REPUBLIK ÖSTERREICH

BUNDESKANZLERAMT

 

Geschäftszahl:

BKA-602.217/0001-V/A/5/2007

 

An das

Bundesministerium für

Wirtschaft und Arbeit

Stubenring 1

1011   W i e n

Sachbearbeiter:

Dr. Brigitte Ohms

Pers. e-mail:

brigitte.ohms@bka.gv.at

Telefon:

01/53115/2462

Ihr Zeichen
vom:

BMWA‑33.430/0020‑I/3/2007
4. Mai 2007

Antwortschreiben bitte unter Anführung der Geschäftszahl an:

 

v@bka.gv.at

 

 

Betrifft:  Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem

              das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz geändert wird;

Begutachtung; Stellungnahme

 

 

 

Zum mit do. oz. Note übermittelten Gesetzesentwurf samt Beilagen nimmt das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst wie folgt Stellung:

I.  Allgemeines:

Zu legistischen Fragen darf allgemein auf die Internet-Adresse http://www.bundeskanzleramt.at/legistik hingewiesen werden, unter der insbesondere

·      die Legistischen Richtlinien 1990 (im Folgenden zitiert mit „LRL ...“) und

·      der – für die Gestaltung von Erläuterungen weiterhin maßgebliche – Teil IV der Legistischen Richtlinien 1979

zugänglich sind.

Die Gemeinschaftsrechtskonformität des im Entwurf vorliegenden Bundesgesetzes ist vornehmlich vom do. Bundesministerium zu beurteilen.

II.  Zum Gesetzesentwurf:

Allgemeines:

Die Einordnung der neuen Bestimmungen über das Recht der Niederlassung und der Dienstleistung unter die „Schlussbestimmungen“ scheint systematisch verfehlt, handelt es sich dabei doch um „Berufsrecht“ im Sinn des ersten Teils des WTBGs, für das man allenfalls ein eigenes Hauptstück einfügen könnte.

Außerdem wird bereits im Sinne einer einheitlichen Vollziehung angeregt, die Um­setzung der Richtlinie 2005/36/EG in diversen Bundesgesetzen koordiniert vorzu­nehmen und inhaltlich gleiche Regelungen auch in idente Rechtstexte zu gießen, noch dazu, wenn die entsprechenden Entwürfe zur gleichen Zeit zur Begutachtung versendet werden.

Zum Einleitungssatz:

Auf das Schreibversehen bei Angabe der ersten Fundstelle darf hingewiesen werden („BGBl. …“).

Zu Z 2 (§ 116):

Es wird darauf hingewiesen, dass die vorgeschlagene Z 1 Berufsanwärter im Sinn der §§ 55 ff unberücksichtigt lässt.

Im Übrigen stellt sich hier die Frage, warum die entsprechenden Straftatbestände des im zugleich zur Begutachtung versendeten Entwurf einer Änderung des ZTG unterschiedlich formuliert sind. Insbesondere wäre zu klären, warum dort in § 38 Z 4 vorgeschlagen wird, „die Verpflichtung zur Information des Dienstleistungsempfängers gemäß § … nicht oder nicht vollständig erfüllt“, zu bestrafen, während im vorliegenden Entwurf (§ 116 Z 5) – ebenso wie im Entwurf einer BibuG-Novelle (§ 89 Z 4) – die bloß nicht vollständige Erfüllung der Informationspflichten nicht angeführt ist.

Zu Z 3 (§ 231):

Der geltende § 231 regelt ganz allgemein zwischenstaatliche Vereinbarungen; bei der nunmehr vorgeschlagenen Fokusierung auf die Richtlinie 2005/36/EG erhebt sich die Frage, ob nicht neben der Schweiz auch andere Länder entsprechende Vereinbarungen mit Österreich geschlossen haben oder schließen wollen, sodass gegebenenfalls eine Bestimmung nach Vorbild des geltenden § 231 zu überlegen wäre.

Die Regelung stellt auf Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten ab. Eine solche Einschränkung steht nicht nur in einem Spannungsverhältnis zur gemeinschafts­rechtlichen Dienst- und Niederlassungsfreiheit, sondern dürfte auch eine Inländer­diskriminierung darstellen. Es wird daher angeregt, so wie im zugleich in Begutachtung stehenden Entwurf der Änderung des ZTG, von „Staatsangehörigen eines Mitglied­staates …“ auszugehen. Dies gilt für § 232 sinngemäß.

Es wäre in Erwägung zu ziehen, bei der erstmaligen Verwendung der Wortfolge „Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum“ den Klammerausdruck „(EWR-Vertragsstaat)“ anzufügen und in weiterer Folge auf diese Kurzform zurückzugreifen.

Es wird angeregt, bei Bezugnahme auf den EWR eine in österreichischen Gesetzen bereits aufzufindende Formulierung zu wählen. Daher könnte etwa der Wortfolge „Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes“ der Vorzug gegeben werden.

Zur Wortfolge „, die den Berechtigungsumfängen der Wirtschaftstreuhandberufe gemäß § 3 und § 5 zuzuordnen sind,“ wird die Frage aufgeworfen, ob hier Dienstleistungen angesprochen werden sollen, „die den in den §§ 3 und 5 angeführten Tätigkeiten entsprechen“.

Abgesehen davon, dass sich die Voraussetzung des Abs. 2 Z 1 bereits aus Abs. 1 ergibt, wird angeregt, sowohl in Z 1 als auch Z 2 des Abs. 2 einheitlich bloß von der Schweiz zu sprechen.

Wenngleich nicht verkannt wird, dass die Ríchtlinie 2005/36/EG selbst teilweise von „Niederlassungsmitgliedstaaten“ spricht, wird zur Erwägung gestellt, statt dessen im gesamten Entwurf den Begriff „Niederlassungsstaat“ zu wählen, wie dies etwa bereits in § 231 Abs. 2 Z 3 des vorliegenden Entwurfes erfolgt, zumal ja auch die Schweiz davon erfasst werden soll.

Es wird angeregt, in Abs. 4 auch zu regeln, wann der Dienstleistungsempfänger die angeführten Informationen erhalten soll. Zur Klarstellung sollte Z 2 dahingehend ergänzt werden, dass die Aufsichtsbehörde des Niederlassungsstaates gemeint ist (siehe Art. 9 lit. a der Richtlinie). Zu Z 4 wird – wie auch für § 232 Abs. 2 Z 4, Abs. 3 und 4 - angeregt, den Begriff „Befähigungsnachweis“ zu verwenden. Die Fundstellenangabe in Z 5 sollte der Zitierregel Rz 55 des EU-Addendums folgen.

Zu Z 4:

Die Novellierungsanordnung 4 bedarf der Umstellung, um nicht teilweise ins Leere zu gehen: die Umbenennung des geltenden § 232 wäre an den Beginn zustellen, denn nach Ersetzung des geltenden § 232 durch „folgenden § 232 samt Überschrift“ würde bei nachfolgender Anordnung der Umbenennung bloß dieser neue Paragraph um­benannt.

Auf das Schreibversehen in Abs. 2 Z 2 darf hingewiesen werden („Mitgliedstaat“); am Ende des Abs. 3 Z 3 wäre nach dem Wort „berechtigt“ ein Beistrich zu setzen.

Im Hinblick auf die Rechtsfolgen (Verweigerung der öffentlichen Bestellung!) sollte vor dem Hintergrund des Art. 18 B‑VG im Gesetz selbst näher umschrieben werden, was als „schwerwiegendes standeswidriges Verhalten“ im Sinn des Abs. 3 zu qualifizieren wäre.

III.  Zu Vorblatt, Erläuterungen und Textgegenüberstellung:

Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst weist auf seine Rundschreiben vom 13. November 1998, GZ 600.824/8-V/2/98 (betreffend Vorblatt und Erläuterungen zu Regierungsvorlagen; Aufnahme eines Hinweises auf Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens), und vom 19. Februar 1999, GZ 600.824/0-V/2/99 (betreffend Legistik und Begutachtungsverfahren; Auswirkungen von Rechtssetzungsvorhaben auf die Beschäftigungslage in Österreich und auf den Wirtschaftsstandort Österreich; Gestaltung von Vorblatt und Erläuterungen) hin, in denen insbesondere um die Aufnahme bestimmter zusätzlicher Hinweise in das Vorblatt und den Allgemeinen Teil der Erläuterungen ersucht wurde.

1. Zum Vorblatt:

Als Angabe der finanziellen Auswirkungen reicht im vorliegenden Fall der Hinweis „Keine“.

2. Zum Besonderen Teil der Erläuterungen:

Es wird empfohlen, die Ausführungen sowohl inhaltlich als auch sprachlich zu überarbeiten, zumal die vorliegende Fassung nur wenige über den Gesetzestext hinausgehende Informationen bietet.

Hinsichtlich der Ausführungen zu Z 2 (§ 116) wird eine Raffung dahingehend angeregt, als der Text beginnend mit „und somit als“ bis „verwaltungsstraffrei gestellt“ entfallen könnte.

Die in Klammern gesetzten (unzutreffenden) Hinweise in den Erläuterungen zu Z 4 (§ 231) sollten entfallen oder entsprechend adaptiert werden.

4. Zur Textgegenüberstellung:

Auf das Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 27. März 2002, GZ 600.824/003‑V/2/2001 (betreffend Legistische Richtlinien; Gestaltung von Textgegenüberstellungen), wird hingewiesen. So sollte jeweils eine Zelle dieser Tabelle je Absatz verwendet werden (siehe dazu auch die technischen Hinweise des zitierten Rundschreibens).

Diese Stellungnahme wird im Sinne der der Entschließung des Nationalrates vom 5. Juli 1961 u.e. auch dem Präsidium des Nationalrats zur Kenntnis gebracht.

 

19. Juli 2007

Für den Bundeskanzler:

i.V. SIESS-SCHERZ

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