Finanzmarktaufsichtsreform 2007
Sehr geehrte Frau Mag. Wagner,
zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bankwesengesetz, das Sparkassengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz und das Nationalbankgesetz geändert werden, nehmen wir wie folgt Stellung:
Zu § 70 BWG
Nach Abs. 1 Zi. 3 und 4 kann die FMA die OeNB mit der Prüfung auch von Unternehmen einer Kreditinstitutsgruppe/bankbezogenen Konglomeraten beauftragen. Um Doppelgleisigkeiten hinsichtlich der nachgelagerten Versicherungsunternehmen in einem Finanzkonglomerat zu vermeiden, ist künftig jedenfalls sicherzustellen, dass auch solche Versicherungsunternehmen weiterhin ausschließlich der Aufsicht/Prüfung der FMA unterliegen.
Zu § 3 FMABG
Nach der derzeitigen Fassung haftet der Bund für die von Organen und Bediensteten der FMA in Vollziehung der Gesetze zugefügten Schäden nach den Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes, wobei er von den Organen und Bediensteten Rückersatz begehren kann.
Eine Analyse der europäischen Rechtslage zeigt jedoch, dass in einer Vielzahl von Mitgliedsstaaten die Haftung des Staates für Mängel in der Aufsicht auf Fälle von mindestens grober Fahrlässigkeit eingeschränkt ist oder überhaupt keine derartige Amtshaftung besteht. Der Grund dieser Haftungseinschränkung liegt darin, dass die Aufsicht über den Finanzmarkt im öffentlichen Interesse (etwa der Gesamtheit der Versicherten oder Bankkunden an der Erhaltung eines funktionierenden und leistungsstarken Versicherungswesens oder Bankenwesens, letztlich aber der gesamten Volkswirtschaft) liegt. Hingegen wurden die Einrichtungen der Aufsicht nicht zum Schutz individueller Ansprüche einzelner Kunden eingerichtet, wenngleich sie indirekt dem Kundeninteresse dienen. Für den (direkten) Schutz der Ansprüche des einzelnen Kunden ist durch andere, diesem Zweck angepasste Institutionen, insbesondere durch die Gerichtsbarkeit, Vorsorge getroffen.
Der Zweck der Aufsicht über den Finanzmarkt ist in Österreich kein anderer als in den übrigen Mitgliedstaaten. Es erscheint daher im Sinne einer Angleichung der Bedingungen, unter denen die Aufsicht erfolgt, geboten, die Amtshaftung des Bundes für die FMA gegenüber Kunden der beaufsichtigten Unternehmen auf Fälle der groben Fahrlässigkeit zu beschränken.
Die Haftung des Staates für aufsichtsbehördliche Maßnahmen gegenüber den beaufsichtigten Unternehmen soll hingegen weiterhin nicht eingeschränkt werden, da eine rechtswidrige Schädigung im Zuge der Verfolgung eines öffentlichen Interesses nicht dem betroffenen Unternehmen angelastet werden kann.
Zu § 8 FMABG
Derzeit sind die beaufsichtigten Unternehmen nur durch zwei von der Wirtschaftskammer Österreich namhaft gemachte und durch den Aufsichtsrat kooptierte Mitglieder in diesem Gremium vertreten. Die kooptierten Mitglieder haben kein Stimmrecht und dürfen nur in bestimmten, budgetwirksamen Angelegenheiten an den Sitzungen teilnehmen.
Im Hinblick darauf, dass die Kosten der Aufsichtstätigkeit auf die Beaufsichtigten überwälzt werden, erscheint es sachgerecht und geboten, auch den kooptierten Mitgliedern ein Stimmrecht und uneingeschränktes Teilnahmerecht (samt Sitzungsunterlagen) einzuräumen.
Zu § 19 FMABG
Hiezu ist allgemein anzumerken, dass es im Zuge der Neustrukturierung keinesfalls zu einer weiteren Kostenbelastung für die Versicherungswirtschaft kommen darf.
Zu § 44b Nationalbankgesetz
Nach dieser neu vorgesehenen Bestimmung hat die OeNB im öffentlichen Interesse das Vorliegen aller jener Umstände zu beobachten, die für die Sicherung der Finanzmarktstabilität in Österreich von Bedeutung sind. Die FMA soll die dazu notwendigen Daten aller Unternehmen der Finanzbranche, also auch der Versicherungsunternehmen, der OeNB auf Verlangen zur Verfügung zu stellen haben. Weiters ist vorgesehen, dass die OeNB diese Daten in eine gemeinsame Datenbank von OeNB und FMA einstellt und verarbeitet.
Wiederum ist, um die Gefahr von Doppelgleisigkeiten auszuschalten, sowie aus Kosten‑ und Effizienzgründen sicherzustellen, dass die im Wege des bestehenden elektronischen Datentransfersystems der österreichischen Versicherungswirtschaft (VISO) der FMA zur Verfügung gestellten Zahlen für die genannten Zwecke genügen und keine weiteren zusätzlichen Meldungen, etwa direkt an die OeNB, zu erfolgen haben.
Darüber hinaus ist im Zusammenhang mit Solvency II generell anzumerken, dass die Finanzmarktaufsichtsreform 2007 keinerlei Auswirkungen auf Zuständigkeiten/Kompetenzen bei Realisierung haben soll.
Generell fordert die Versicherungswirtschaft im Zusammenhang mit einer Neuordnung der Finanzmarktaufsicht, dass die Kommunikationspolitik der FMA sowie die Vielzahl an Verordnungsermächtigungen kritisch überdacht wird.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Louis Norman-Audenhove
Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs