LANDESSCHULRAT
FÜR
NIEDERÖSTERREICH
I-110/61-2008
STELLUNGNAHME
zum Entwurf eines Bundesgesetzes,
mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird
Aus der nunmehr beabsichtigten Neuregelung der §§ 14, 21, 27 und 33, in der jeweils ein „Richtwert“ festgelegt wird, ist nicht ersichtlich, was damit gemeint sein soll. Aus den Erläuterungen ergibt sich, dass die jeweiligen Landesgesetzgebungen von diesem „Richtwert“ abweichen können. Nach der derzeitigen Gesetzeslage durfte der vorgegebene Höchstwert von 30 nicht überschritten werden. Nach der vorliegenden Formulierung heißt das, dass in Zukunft bei Bedarf auch eine höhere Klassenschülerzahl als 30 festgelegt werden kann.
In diesem Zusammenhang ist nicht einsichtig, warum für Schulen in der Bundeskompetenz ein eindeutiger Höchstwert festgelegt wurde und dies im Bereich der Schulen in Landeskompetenz offen bleibt.
In den Erläuterungen wird weiter ausgeführt, dass der vom Bund genehmigte Stellenplan unberührt bleibt.
Wenn nun seitens des Bundes die Absicht besteht, die Klassenschülerhöchstzahl tatsächlich zu senken, so ist es auch erforderlich, dass die entsprechenden zusätzlichen Lehrerstellen zur Verfügung gestellt werden.
Insofern wird die vorgelegte Berechnung angezweifelt. Insbesondere ist die Zahl der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf regional sehr unterschiedlich verteilt.
Zu den einzelnen Bestimmungen wird bemerkt:
§ 11 Abs. 5 soll lauten:
„Soweit es die Schülerzahl zulässt, hat in den Schulstufen (ausgenommen bei der gemeinsamen Führung in der Grundstufe I) jeweils eine Klasse zu entsprechen. Bei besonderen Notwendigkeiten (z.Bsp.: zu geringe Schülerzahl) können mehrere Schulstufen in einer Klasse zusammengefasst werden.“
§ 11 Abs. 5, 3. Satz soll entfallen.
§ 14 Abs. 1 soll lauten:
„Die
Klassenschülerzahl an der Volksschule – ausgenommen der
Vorschulklasse – darf
25 nicht übersteigen und 10 nicht unterschreiten; …“
§ 18 Abs. 2 wäre durch folgenden 3. Satz zu ergänzen:
„Bei zu geringer Schülerzahl können mehrere Schulstufen in einer Klasse zusammengefasst
werden.“
Dies soll sicherstellen, dass auch kleinere Hauptschulen in entlegenen Standorten weiter bestehen können.
§ 21 soll lauten:
„Die Klassenschülerzahl an der Hauptschule darf 25 nicht übersteigen.“
§ 33 soll lauten:
„Die Klassenschülerzahl an der Polytechnischen Schule darf 25 nicht übersteigen.“
Zu § 43 Abs. 1:
Die Wortfolge „und in der Oberstufe 30“ wäre zu streichen, um auch dort eine Klassenschülerhöchstzahl 25 zu ermöglichen. Dies erscheint pädagogisch und entwicklungspsychologisch als äußerst notwendig.
Weiters soll in den §§ 21, 33 und 43 aus Gründen der Klarheit und des besseren Verständnisses die Wortfolge „und soll 20 nicht unterschreiten“ entfallen.
Zu den Erläuterungen:
Finanzielle Auswirkungen
A) Senkung der Klassenschülerhöchstzahl im Bereich der allgemein bildenden Pflichtschulen
Seitens des Landesschulrates für Niederösterreich wurde über das Planstellenverwaltungsprogramm JaNoS bereits im Februar und im März der voraussichtliche Klassen- und Schülerstand für das Schuljahr 2008/2009 an allen allgemein bildenden Pflichtschulen erhoben. Aus den vorliegenden Zahlen ist keine merkliche Veränderung in den zusätzlich entstehenden Klassen infolge der Maßnahme der Senkung der Klassenschülerhöchstzahl gegenüber dem Schuljahr 2007/2008 feststellbar, obwohl im vorliegenden Entwurf auf Grund des anhaltenden demografischen bedingten Schülerrückganges davon ausgegangen wird.
Dieser Schülerrückgang ist aus den vorliegenden Zahlen belegbar und liegt in Niederösterreich bei
VS: - 682 Schülerinnen und Schülern
HS: - 2.014 Schülerinnen und Schülern
PTS: - 140 Schülerinnen und Schülern
ASO: - 31 Schülerinnen und Schülern
APS: - 2.867 Schülerinnen und Schülern.
Basierend auf den
Zielwertregelungen im FAG führt dies zu einem Verlust von
281,1 Planstellen im Bereich der allgemein bildenden Pflichtschulen.
Wie vorab schon erwähnt, hat der Schülerrückgang aber kaum Auswirkungen auf die zusätzlich entstehenden Klassen.
Da seitens des
Bundes nur ein Richtwert im Zusammenhang mit der Senkung der
Klassenschülerhöchstzahl auf den Wert 25 besteht, müssen nicht
alle Klassen mit mehr als
25 Schülerinnen und Schülern geteilt werden. Wenn es pädagogisch
sinnvoll erscheint, können auch andere Maßnahmen der Förderung
in den betroffenen Klassen umgesetzt werden. Diese Maßnahmen erfordern
jedoch nicht das gleiche Ausmaß an Planstellen, wie die Errichtung einer
neuen Klasse.
Im NÖ
Landesausführungsgesetz ist jedoch eine zwingende Teilung bei mehr als
25 Schülerinnen und Schülern in einer Klasse vorgesehen, wodurch
jeweils das volle Ausmaß an Planstellen für jede neue Klasse
notwendig ist.
Auf Grund dieser Tatsachen ist davon auszugehen, dass der zusätzliche Planstellenbedarf annähernd gleich sein wird wie im Schuljahr 2007/2008. Der zusätzliche Bedarf wird sich somit nur um den Planstellenwert aus dem Bereich der Polytechnischen Schulen verringern, da dieser Wert nur einmal anfallen kann.
Aus den vorgenannten Gründen wird die Forderung erhoben, dass der Bund, nicht wie im Entwurf vorgesehen, einen Richtwert im Zusammenhang mit der Senkung der Klassenschülerhöchstzahl vorgibt, sondern eine zwingende Senkung der Klassenschülerhöchstzahl bei mehr als 25 Schülerinnen und Schülern in einer Klasse festlegt, da ansonsten die flächenmäßige Versorgung der zusätzlichen Klassen im Bundesland Niederösterreich nicht gewährleistet werden kann.
B) Senkung der Klassenschülerzahlen im Bereich der allgemein bildenden höheren Schulen
1) Im Vorblatt des Entwurfs wird als ein
Ziel dieser Novelle die „Senkung der Klassenschülerzahl [NICHT der
KlassenschülerHÖCHSTzahl] um durchschnittlich fünf Kinder pro
Klasse“ genannt. Als Grundlage für die Berechnung der notwendigen
Ressourcen wird die Zahl der zusätzlichen Klassen im Schuljahr 2007/2008
herangezogen. Durch diese Maßnahme sei „die durchschnittliche
SchülerInnenzahl in den ersten Klassen der AHS um 2
SchülerInnen“ gesenkt worden. Abgesehen davon, dass
BM Schmied in der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage am 29. Februar
2008 die durchschnittliche Senkung der Schülerzahl in der 5. Schulstufe in
der AHS mit
1,9 beziffert, entspricht das ganz bestimmt nicht dem auf dem Vorblatt
definierten Ziel, die Klassenschülerzahl um durchschnittlich 5 Kinder pro
Klasse zu senken.
2) Der oben zitierten Beantwortung ist
weiters zu entnehmen, dass in 61 Prozent der
1. Klassen AHS im Schuljahr 2007/2008 mehr als 25 Schüler sitzen
müssen. Die in diesem Schuljahr dafür zusätzlich zur
Verfügung gestellten Ressourcen als Grundlage für die Berechnung der
Kosten für eine tatsächliche Umsetzung einer Klassenschülerzahl
25 zu nehmen, ist daher nicht wirklich seriös.
3) Den Ressourcenbedarf für eine zusätzliche Klasse mit 25 Werteinheiten anzugeben, erscheint nicht richtig. Allein für die Gewährleistung des verpflichtenden Unterrichts sind etwa 50 Prozent mehr Ressourcen notwendig! Dabei sind die aliquoten Kosten für Direktor, Administrator, Bibliothekar, EDV-Kustoden oder zusätzliche Angebote (Förderkurse, Nachmittagsbetreuung, Freigegenstände, Unverbindliche Übungen etc.) noch nicht berücksichtigt!
4) Eine Werteinheit wird mit 2.800 Euro
budgetiert. Ein Vollbeschäftigungsäquivalent
(20 Werteinheiten) wird daher mit 56.000 Euro veranschlagt. In den
Erläuterungen zu der bis 31. Mai 2007 befindlichen Begutachtung einer
Änderung der Eröffnungs- und Teilungszahlenverordnung kostete eine
Werteinheit noch 3.000 Euro. Eine Erklärung für diese im vorliegenden
Entwurf eingetretene Verbilligung von Lehrerarbeit erfolgt nicht.
Am 6. Februar 2008 wurden die Richtwerte für die Durchschnittspersonalausgaben/-kosten, die Durchschnittsmietkosten und den kalkulatorischen Zinssatz im Bundesgesetzblatt veröffentlicht (BGBl. II Nr. 48/2008). Diese Werte haben bei der Ermittlung und Darstellung der finanziellen Auswirkungen herangezogen zu werden, die sich durch ein geplantes Bundesgesetz, eine Verordnung, eine über- oder zwischenstaatliche Vereinbarung oder eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG ergeben. Danach ist bei einem Lehrer mit universitärem Lehramtstudium 2007 von einem Durchschnittsaufwand in der Höhe von 55.193 (VB) bzw. 66.839 (Beamter) Euro auszugehen. Bei einem Pflichtschullehrer sind 54.700 (VB) bzw. 60.705 (Beamte) Euro zu veranschlagen. In den finanziellen Erläuterungen wird hingegen nur mit 50.519 Euro gerechnet.
5) Nach Angaben der Statistik Austria besuchten im Schuljahr 2006/2007 639.433 Schüler allgemein bildende Pflichtschulen und 116.674 Schüler die AHS-Unterstufe. Die durchschnittliche Schülerzahl pro Klasse betrug in Volksschulen 20,1, in Hauptschulen 22,9, in Sonderschulen 7,1, in Polytechnischen Schulen 22,7 und in der AHS-Unterstufe 27,4.
Für die Umsetzung der Senkung der Klassenschülerzahl in den allgemein bildenden Pflichtschulen werden in den Erläuterungen Ausgaben von insgesamt 706,35 Millionen Euro ausgewiesen. Für die Umsetzung in der AHS-Unterstufe werden insgesamt Ausgaben von 51,398 Millionen Euro veranschlagt.
Selbst
ohne Berücksichtigung der deutlich höheren Schülerzahlen in der
AHS-Unterstufe käme man bei einer aliquoten Bereitstellung von Mitteln
für den AHS-Bereich auf
128,88 Millionen Euro (706,35 x 116.674 / 639.433).
6) Derzeit werden der AHS pro Schüler 1,67 Werteinheiten zur Verfügung gestellt – bei einer gesetzlichen Klassenschülerhöchstzahl 30. Um bei einer Senkung der Klassenschülerzahl auf 25 eine gleich bleibende Ressourcenausstattung zu gewährleisten, müsste dieser Wert auf 2,004 erhöht werden (30 x 1,67 = 25 x 2,004), denn die Kosten verursacht nicht der einzelne Schüler, sondern die Organisationseinheit Klasse.
Ausgehend
von den Zahlen des Schuljahres 2006/2007 (116.674 Schüler in der
AHS-Unterstufe) bedeutet das letztlich einen Mehrbedarf von 38.969,116
Werteinheiten (116.674 x 2,004 – 116.674 x 1,67), die bei gleich
bleibenden Schülerzahlen – und von dieser Annahme geht das BMUKK bei
den Berechnungen aus – im Endausbau im Schuljahr 2010/2011 in das System
fließen müssten. Ausgewiesen werden aber nur
6.500 Werteinheiten.
Der
tatsächliche Bedarf zur Umsetzung der Senkung der Klassenschülerzahl
in der
AHS-Unterstufe ist also 6x so hoch wie angegeben.
Verbesserung der Unterrichtsqualität an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen:
Die Erläuterungen zur Begutachtungsvorlage für die Änderung des Schulorganisationsgesetzes beinhalten auch umfangreiche Ausführungen betreffend Maßnahmen zur Verbesserung der Unterrichtsqualität im gesamten Oberstufenbereich, insbesondere auch in den BMHS. Dabei wird neben der Teilung des Pflichtgegenstandes „Deutsch“ in den Klassen der 9. Schulstufe mit mehr als 30 SchülerInnen folgendes Maßnahmenpaket ab dem Schuljahr 2008/2009 vorgesehen:
Die im Rahmen der Erläuterung vorgeschlagenen Maßnahmen sind jedenfalls dazu geeignet, die Unterrichtsqualität weiter zu steigern, insbesondere durch die Möglichkeit in wichtigen Kernbereichen verstärkt auf die individuelle Lernerfordernisse der SchülerInnen einzugehen.
Die vorgesehenen Maßnahmen erscheinen auch geeignet die Drop-out-Rate weiter zu reduzieren.
Um entsprechende erlassmäßige Zuteilung der Ressourcen zur Umsetzung dieser wichtigen Maßnahmen ab dem Schuljahr 2008/2009 durch das BMUKK wird ersucht.