52/BI XXIV. GP

Eingebracht am 06.11.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Bürgerinitiative

 

Parlamentarische Bürgerinitiative betreffend

Schluss mit der Zeitumstellung

„JA, ich bin für die europaweite Abschaffung der Zeitumstellung und für die Abhaltung eines EU- Referendums darüber, ob die bisherige Normalzeit oder die bisherige Sommerzeit als neue, durchgängige Normalzeit festgelegt werden soll.“

 

 

Seitens der Einbringerlnnen wird das Vorliegen einer Bundeskompetenz in folgender Hinsicht angenommen:

Die zweimal jährliche Zeitumstellung beruht auf mehreren EU-Richtlinien. Die Umsetzungskompetenz für EU-Richtlinien liegt beim Bund.

 

 

 

 

 

ANLIEGEN:

Der Nationalrat wird ersucht,

sich mit den Einwänden der Einbringerlnnen gegen die zweimal jährliche Zeitumstellung zu befassen (insbesondere gesundheitliche Belastungen - speziell für Kinder, Nacht- und Schichtabeiterlnnen, Ältere sowie chronisch Kranke - und Sicherheitsrisken (steigende Unfallhäufigkeit infolge von Jetlag- Phänomenen; siehe Beiblatt)) und mit entsprechenden Beschlüssen darauf hinzuwirken, dass von der österreichischen Bundesregierung die Abschaffung der Zeitumstellung auf EU-Ebene thematisiert wird und es in der Folge zur Umsetzung der zentralen Forderung der Einbringerlnnen kommt: „europaweite Abschaffung der Zeitumstellung und Abhaltung eines EU-Referendums darüber, ob die bisherige Normalzeit oder die bisherige Sommerzeit als neue, durchgängige Normalzeit festgelegt werden soll“.

Beiblatt.

 

 


Die Störung des

inneren Zeitgefüges macht krank

 

Alle Lebewesen haben einen eigenen zeitlichen Rhythmus. Doch dieser Rhythmus folgt nicht automatisch dem Wechsel von Tag und Nacht! Eine Mimose zum Beispiel öffnet und schließt ihre Blätter selbst dann, wenn man sie im Dunkeln hält. Noch erstaunlicher wird es, wenn man höhere Lebewesen betrachtet. Bei diesen unterliegt jedes einzelne Organ seinem eigenen Auf und Ab von Aktivitäts- und Ruhephasen.

Damit die vielfältigen Abläufe in unserem Körper richtig zusammen spielen können, müssen sie fortwährend in einen gemeinsamen Takt gebracht und in diesem Takt gehalten werden. Das geschieht durch den regelmäßigen Wechsel von Tag und Nacht.

Das bedeutet: Jede Veränderung in der Abfolge von Hell und Dunkel wirkt sich auf das sensible Gleichgewicht im Körper aus.

Ganz massive Probleme entstehen, wenn die Störungen des Tageslicht-Zyklus sprunghaft vor sich gehen. Etwa bei Flügen über mehrere Zeitzonen hinweg. Hier kommt es zum Jetlag, der Organismus ist tagelang durcheinander. Noch dramatischer sind die Belastungen bei Nachtarbeit und Schichtarbeit! Letztere wird von der Weltgesundheitsorganisation mittlerweile als Krebsrisiko eingestuft.

Doch selbst die „eine kleine Stunde“ der Zeitumstellung im Frühjahr und im Herbst bringt den Organismus so sehr aus dem Gleichgewicht, dass die Folgen noch sieben Wochen danach im Blutbefund nachweisbar sind. Und dieses „Unrund-Laufen“ der Stoffwechselprozesse hat schwerwiegende Konsequenzen, die weit über ein unterschiedlich ausgeprägtes Unbehagen hinaus gehen. Untersuchungen zeigen, dass in den Wochen nach der Zeitumstellung:

          deutlich mehr Herzinfarkte auftreten

          sowie die Zahl der Unfälle steigt.

Risikofaktor Müdigkeitsgesellschaft

Das Tageslicht sorgt zwar dafür, dass die Stoffwechselprozesse im Körper einem gemeinsamen Takt folgen; doch ergibt sich bei jedem Menschen ein ganz eigener biologischer Schlaf-und-Wach- Rhythmus daraus.

Es gibt Menschen, die es früh ins Bett zieht und solche, die gerne länger auf bleiben. Und in beiden Gruppen findet sich die gleiche Verteilung zwischen jenen, die viel Schlaf brauchen und jenen, die mit wenig Schlaf auskommen. Dass beim Schlafengehen und Aufstehen alles „nur eine Frage der Gewöhnung und Disziplin wäre“, ist falsch.

 


Und es hat nachweislich negative Folgen für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit, wenn man die biologischen Schlaf-Bedürfnisse ignoriert. Unsere Gesellschaft zwingt aber immer mehr Menschen, genau das zu tun:

1.       Schulbeginn Zeiten sind zu früh angesetzt.

2.        Arbeitszeiten bieten Großteils zu wenig persönlichen Spielraum  − und sie sind, wie die Arbeitsmedizin bewiesen hat, viel zu lang: ab einer täglichen Arbeitszeit von sechs Stunden nimmt die Fehler- und Unfallhäufigkeit deutlich zu.

3.        Nacht- und Schichtarbeit werden trotz ihrer dramatischen Auswirkungen viel zu bedenkenlos praktiziert.

Eine steigende Zahl von Menschen lebt deshalb in einem andauernden, gesellschaftlich verursachten Jetlag: Ständig übermüdet und gesundheitlich „aus dem Tritt“.

Und das wird nach Auffassung von Soziologen und Arbeitsmedizinern zu einem immer größeren Risiko in allen Bereichen, wo es um Sicherheit und die Verantwortung für Menschenleben geht.

Mit der jährlich zweimaligen Zeitumstellung wird dieses Gefahrenpotential weiter und weiter verschärft. Und zwar völlig unnötig und ohne jeden positiven gesellschaftlichen Effekt. Das wirtschaftliche Argument der Energie-Ersparnis ist längst widerlegt.

Führende Wissenschaftler wie der Chrono-Biologe Till Roenneberg vom Max Planck Institut oder der Arbeitsmediziner und Jetlag-Experte Rainer Müller vom Institut für Sozialpolitik der Universität Bremen sind sich einig, dass die Belastung des inneren Zeitgefüges der Menschen verringert werden muss − wo immer es geht.

Warum nicht schon längst?!

Kaum jemand ist glücklich über den plötzlichen Wechsel im Hell-Dunkel-Rhythmus, der rund um die Zeitumstellung im Frühling und Herbst den Organismus belastet. Die meisten Menschen leiden darunter. Aber die Sommerzeit selbst hat viele AnhängerInnen. Sie halten die „langen Abende nach Dienstschluss“ in der warmen Jahreszeit für einen Gewinn an Lebensqualität. Deshalb wird die Diskussion über die Zeitumstellung stets zu einer emotionalen Debatte, die quer durch alle Bevölkerungsgruppen und politischen Lager verläuft. Kaum jemand hat deshalb den Mut, das Thema politisch anzugehen.

Der Kern des Problems ist, dass man immer von einer falschen Alternative ausgeht: Entweder Zeitumstellung zweimal im Jahr − oder nie mehr Sommerzeit.

Aus diesem Grund fordern wir neben der definitiven Abschaffung der Zeitumstellung zusätzlich ein EU-weites Referendum. Bei diesem Referendum sollen die BürgerInnen entscheiden: welche von den bisher halbjährlich wechselnden Zeiten zukünftig zur neuen und durchgängigen Ganzjahreszeit werden soll.

Die Bedenken gegen Bürgerlnnen-Befragungen in der EU sind bekannt: Angst vor mangelndem Interesse der BürgerInnen. Angst vor einer ideologischen Spaltung, Angst vor der Verstärkung nationalstaatlicher Bruchlinien. Doch auf das vorgeschlagene Referendum trifft keine dieser Befürchtungen zu. Denn es geht dabei um eine Frage, die jedeN persönlich betrifft, die nicht ideologisch besetzt ist und die keine nationalen Interessen berührt.


 

Parlamentarische Bürgerinitiative betreffend

 

     Schluss mit der Zeitumstellung

 

 

 

 

 

   Martin
      Gstöttner