883 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Familienausschusses

über den 5. Österreichischen Familienbericht 1999 bis 2009, vorgelegt vom Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend (III-157 der Beilagen)

„Der drei Bände umfassende 5 Österreichische Familienbericht, der einen Überblick über die Entwicklung der familienpolitischen Maßnahmen gibt und Einblicke in die Institution Familie in Österreich gewährt, bezieht sich auf die Jahre 1999 bis 2009.

Familien- und Bevölkerungsentwicklung in Österreich

Österreich wird bis 2075 mit einem deutlichen Bevölkerungswachstum rechnen können. Für 2050 erwartet die Statistik Austria eine Bevölkerungszahl von etwa 9,5 Millionen. Kräftigen Anstiegen sieht man bei der Lebenserwartung entgegen. Der erwartete Zustrom von MigrantInnen werde, so der Bericht, aber einer starken Schrumpfung bei den mittleren Altersgruppen und damit den Erwerbsfähigen entgegenwirken.

Die Zahl der Haushalte wuchs zwischen 1950 und 2008 schneller als die Einwohnerzahl und liegt nun bei 3,5 Mio. Laut Mikrozensus lag die Zahl der Familienhaushalte 2007 bei 2,3 Mio., wovon 2 Mio. auf Ehepaare und Lebensgemeinschaften entfielen.

Bis 2050 wird die Zahl der Familien laut Bericht um rund 12 % auf 2,6 Mio. ansteigen, wobei von einer Veränderung der familiären Zusammensetzung auszugehen ist. Auch ist mit einem weiteren Anstieg bei den Lebensgemeinschaften zu rechnen, da sich die ÖsterreicherInnen immer seltener zur Eheschließung entscheiden. Das Leben in einer Partnerbeziehung bildet für einen Großteil der ÖsterreicherInnen einen zentralen Bestandteil ihrer Biografie.

Kleinkinder unter drei Jahren gab es 2007 in weniger als einem Zehntel aller Familien und hier weit häufiger im Rahmen von Lebensgemeinschaften (15,3 %) als im Rahmen von Ehen (8,7 %) – was der Bericht als Hinweis darauf versteht, dass Lebensgemeinschaften zum Teil erst nach der Geburt von Kindern in eine Ehe münden. Was die Scheidungszahlen anbelangt, so war zwischen 1961 und 2008 ein Anstieg von 13,8 auf 47,8 % zu verzeichnen. Familiäre Beziehungen zwischen Großeltern- und Enkelgeneration sind zu Beginn des 21. Jahrhunderts für einen Großteil der österreichischen Bevölkerung zur Normalität geworden.

Auswirkungen des sozialen Wandels auf die Institution Familie

Die zeitgenössische Familienforschung versteht Familie heute nicht mehr einseitig als Opfer, sondern als Akteurin des sozialen Wandels, doch gelte es, die Auswirkungen unbeabsichtigter Effekte im Auge zu behalten. Kritisch gelte es aber auch auf die Zunahme atypischer und prekärer Beschäftigungsverhältnisse zu blicken, von denen vor allem Frauen und junge Menschen betroffen sind. Familiäre Bande bleiben aber – trotz des Trends zur Individualisierung - von Bedeutung.

Positive Entwicklungen vor dem Hintergrund des Wertewandels verzeichne man u. a. auf dem Gebiet der gewaltfreien Erziehung: Die Anwendung von Gewalt als Erziehungsmaßnahme habe deutlich abgenommen.

Familie und Zeitmanagement

Der auffälligste Wandel der Arbeitszeit in den letzten 20 Jahren, der den Familienalltag vor große Herausforderungen stellt, vollzieht sich vor dem Hintergrund der Erosion des sogenannten Normalarbeitsverhältnisses. So nimmt der Anteil der Erwerbstätigen mit einer Standardarbeitszeit zwischen 35 und 40 Stunden ab, sodass es zu Verschiebungen in Richtung zweier Extreme kommt: Dabei entstehe eine Gruppe, die länger als 48 Stunden die Woche beschäftigt ist, und eine weitere, stetig wachsende, deren Arbeitszeit so gering bemessen ist, dass der erzielte Erwerbserlös nicht mehr für Lebensunterhalt und langfristige Absicherung ausreicht.

Trends in Bezug auf Familienplanung und -gründung

Ein Leben mit Kindern gehört nach wie vor zu den Lebensplänen eines Großteils der ÖsterreicherInnen. An der Norm der Zwei-Kind-Familie hat sich in den vergangenen Jahren jedoch kaum etwas verändert. Die Abnahme des persönlichen Kinderwunsches der ÖsterreicherInnen wird neben demografischen Faktoren aber auch mit den Folgen der wachsenden Diskrepanz zwischen hohen materiellen Konsumaspirationen und geringer ökonomischer Absicherung in Verbindung gebracht.

Das durchschnittliche Erstgeburtsalter der ÖsterreicherInnen lag 2008 bei 28,1 Jahren, jenes von Frauen mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft im Schnitt bei 26,2 Jahren. Als ideales Alter für die Geburt des ersten Kindes nennen 25- bis 39-jährige Frauen im Durchschnitt 24,1 Jahre. Kinderlosigkeit, die in Österreich traditionell hoch ist, wird häufig nicht geplant.

Trotz des Anstiegs der Frauenerwerbsquote blieb die Aufteilung der unbezahlten Arbeiten im Haushalt und bei der Kinderbetreuung relativ unverändert und damit einseitig zu Lasten der Frauen und Mütter. Das Angebot an außerfamiliären Kinderbetreuungsplätzen nahm im Berichtszeitraum zu.

Darüber hinaus enthält der Bericht u. a. Informationen zu den Bereichen Sozialisation, Schule, Arbeitswelt, Wohnen, Obsorge und ökonomische Situation von Familien.“

 

Der Familienausschuss hat den gegenständlichen Bericht in seiner Sitzung am 14. September 2010 in Verhandlung genommen.

 

Aufgrund eines am 10. September 2010 eingebrachten Verlangens des Grünen Klubs wird der vorliegende Bericht gemäß § 28b Abs. 4 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates nicht enderledigt.

 

An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Adelheid Irina Fürntrath-Moretti die Abgeordneten Gabriele Binder-Maier, Anneliese Kitzmüller, Mag. Daniela Musiol, Ursula Haubner, Mag. Gisela Wurm, Edith Mühlberghuber, Tanja Windbüchler-Souschill, Angela Lueger, Martina Schenk sowie die Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek und die Ausschussobfrau Abgeordnete Ridi Maria Steibl.

 

Gemäß § 40 GOG-NR wurden Univ.Ass. Dr. Mag. Martina Beham, Mag. Alois Guger, Mag. Winfried Moser, Prof. Dr. Rainer Münz, Mag. Martina Pecher, Sybille Pirklbauer, Dr. Christiane Rille-Pfeiffer sowie Prof. Herbert Vonach als Expertinnen und Experten den Beratungen beigezogen.

 

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem Nationalrat die Kenntnisnahme des gegenständlichen Berichtes zu empfehlen.

 

Als Berichterstatterin für das Plenum wurde Abgeordnete Adelheid Irina Fürntrath-Moretti gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Familienausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle den 5. Österreichischen Familienbericht 1999 bis 2009, vorgelegt vom Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend (III-157 der Beilagen) zur Kenntnis nehmen.

 

Wien, 2010 09 14

                 Adelheid Irina Fürntrath-Moretti                                                 Ridi Maria Steibl

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau