1667 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Finanzausschusses

über die Regierungsvorlage (1648 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird

Seit der Änderung des Art. 3 der Richtlinie 2006/48/EG durch die Richtlinie 2009/111/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Änderung der Richtlinien 2006/48/EG, 2006/49/EG und 2007/64/EG hinsichtlich Zentralorganisationen zugeordneter Banken, bestimmter Eigenmittelbestandteile, Großkredite, Aufsichtsregelungen und Krisenmanagement können durch den Wegfall der Befristung auch jene Mitgliedstaaten die speziellen Gruppenaufsichtsvorschriften des Art. 3 der Richtlinie 2006/48/EG einführen, die der Europäischen Union seit 1980 beigetreten sind.

Die Umsetzung des Art. 3 der Richtlinie 2006/48/EG soll sicherstellen, dass für österreichische Kredit­institute die gleichen Wettbewerbsbedingungen wie für Kreditinstitute aus anderen Mitgliedstaaten gelten.

Der Ausschuss der europäischen Bankaufsichtsbehörden (CEBS) hat zur Sicherstellung der Konvergenz der Aufsichtspraktiken Leitlinien zur Auslegung des Art. 3 der Richtlinie 2006/48/EG veröffentlicht, die bei der Umsetzung entsprechend berücksichtigt wurden.

Art. 9 des Vorschlags der Europäischen Kommission für eine Verordnung KOM(2011) 452 vom 20.7.2011 bietet weiterhin die im geltenden EU-Recht vorgesehene Rechtsgrundlage für Kreditinstitute-Verbünde zur nationalen Umsetzung an.

Kreditinstitute-Verbünde sind ein in Europa bewährtes Organisations- und Aufsichtsmodell. Bei diesem Modell übernimmt eine Zentralorganisation die wesentlichen Steuerungsfunktionen in einer Gruppe, deren Mitglieder rechtlich selbständig bleiben, jedoch die organisatorische Infrastruktur gemeinsam nutzen, wodurch erhebliche wirtschaftliche Synergieeffekte realisiert werden können. Die Einhaltung und Überwachung jener Ordnungsnormen, die im Gesetzesvorschlag explizit festgelegt werden, erfolgt auf konsolidierter Ebene. Vorbedingung ist die Vollkonsolidierung und eine wirksame Steuerung der Kapital- und Liquiditätsallokation innerhalb des Verbundes. Die Verbindlichkeiten der zugeordneten Institute sind gemeinsame Verbindlichkeiten des Verbundes oder werden von der Zentralorganisation garantiert.

 

Der Finanzausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 15. Februar 2012 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen der Berichterstatterin Abgeordnete Dorothea Schittenhelm die Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Ing. Peter Westenthaler, Elmar Podgorschek, Mag. Peter Michael Ikrath, Dr. Christoph Matznetter sowie der Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Mag. Andreas Schieder und der Ausschussobmann Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Kai Jan Krainer einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Zu § 23 Abs. 4b, 7 und 8:

Mit diesen Änderungen soll einerseits dem Umstand Rechnung getragen werden, dass gemäß Vorschlag der Europäischen Kommission vom 20. Juli 2011 zur Umsetzung von Basel III in der EU ab 1. Jänner 2013 neue Eigenmittelbestimmungen in Kraft treten sollen. Da die Kriterien für die künftige Anrechenbarkeit von Eigenmittelbestandteilen zur Erfüllung des Eigenmittelerfordernisses noch im Rat und Europäischen Parlament behandelt werden, besteht im Hinblick auf Ersatzbeschaffungen das Problem, dass derzeit keine Rechtssicherheit besteht, ob neu ausgegebene Instrumente auch künftig den Anrechnungserfordernissen genügen. Daher soll die FMA ermächtigt werden, bei Kündigungen oder vorzeitigen Rückzahlungen bis 31. Dezember 2012 die Ersatzbeschaffung erst zu einem späteren Zeitpunkt zu verlangen, zu dem diese Rechtssicherheit in hinreichender Weise gegeben ist, wobei in zeitlicher Hinsicht auch auf Marktbedingungen Bedacht genommen werden kann. Bei einer Ersatzbeschaffung im Rahmen des § 23 Abs. 4b Z 3 und Abs. 7 Z 5 kann aus derzeitiger Sicht davon ausgegangen werden, dass sämtliche gemäß den künftigen Basel III-Bestimmungen anrechenbaren Eigenmittelinstrumente als Ersatzbeschaffung geeignet sind.

Andererseits soll auch klar gestellt werden, dass eine Kündigung von Instrumenten dann möglich ist, wenn sich die steuerliche oder regulatorische Behandlung ändert. Der Entfall der Ersatzbeschaffung wirkt sowohl regulatorisch als auch zivilrechtlich. Sollte sie regulatorisch nicht erforderlich sein, ist sie es auch zivilrechtlich nicht: Sollte die Ersatzbeschaffung eine vereinbarte Kündigungsvoraussetzung sein, so entfällt diese Voraussetzung, wenn die Notwendigkeit dazu regulatorisch nicht besteht.

Zu § 23 Abs. 10a:

Die derzeit in § 23 Abs. 10 vorgesehene Anrechenbarkeit der Haftsummenzuschläge auf die Eigenmittel wird nach den CRR/CRD IV-Rechtsakten nicht mehr zulässig sein. Wenngleich während eines mehrjährigen Übergangszeitraums noch eine absinkende Anrechenbarkeit möglich bleibt, sollten sich Kreditgenossenschaften frühzeitig auf die Stärkung hochwertiger Eigenmittel konzentrieren. Um dies zu erleichtern, sollen sie die Möglichkeit erhalten, durch Satzungsänderung die Haftung der Mitglieder auf den Geschäftsanteil zu beschränken, sofern auch danach die Einhaltung der BWG-Ordnungsnormen gewährleistet ist.

Die entsprechende gesetzliche Regelung soll im BWG – konkret in einem neuen Abs. 10a des § 23 – erfolgen, da sie nur von Genossenschaften in Anspruch genommen werden kann, die im Zeitpunkt der Abschaffung der Nachschusspflicht über eine aufrechte Konzession zum Betreiben von Bankgeschäften verfügen. Eine entsprechende Änderung des Genossenschaftsvertrags setzt außerdem die Bestätigung eines dafür nach den einschlägigen Vorschriften bestellten Revisors voraus, dass die Einhaltung der Ordnungsnormen des BWG (§§ 22 bis 29) auch dann gewährleistet ist, wenn die Anrechnung der Haftsummenzuschläge als Eigenmittel entfällt. Die Beseitigung der Nachschusspflicht kommt daher nur in wirtschaftlich gesunden Kreditgenossenschaften in Betracht.

Während ein positives Gutachten des Revisors über die weiterhin gewährleistete Einhaltung der Ordnungsnormen unabdingbare Voraussetzung für die Abschaffung der Nachschusspflicht ist, hat die Bestätigung der Vereinbarkeit dieser Maßnahme mit den Interessen der Genossenschaftsgläubiger nach Satz 3 fakultativen Charakter: Kann der Revisor diese Aussage nicht treffen, ist eine entsprechende Änderung des Genossenschaftsvertrags also dennoch zulässig. In diesem Fall ist allerdings eine individuelle Verständigung der bekannten Gläubiger der Genossenschaft im Sinn von § 33a Abs. 1 letzter Satz GenG erforderlich. Wird die Vereinbarkeit mit den Gläubigerinteressen vom Revisor hingegen bestätigt, reicht die Bekanntmachung des Generalversammlungsbeschlusses und des Gläubigeraufgebot durch das Firmenbuchgericht nach Satz 2 der zitierten Bestimmung.

Als Anhaltspunkte für die Beurteilung, ob die Gläubigerinteressen ausreichend gewahrt sind, kommen insbesondere folgende Kriterien in Betracht: Ein starkes, insbesondere dauerhaftes Absinken der Eigenmittel sollte jedenfalls bei Annäherung an die regulatorischen Mindestwerte vermieden werden; dabei ist eine vorausschauende Betrachtung anzuwenden, die – entsprechend dem Vorsichtsprinzip – auch absehbare wirtschaftliche und regulatorische Entwicklungen einbezieht. Die Hereinnahme zusätzlichen, vorzugsweise höherwertigen Eigenkapitals ist von Vorteil (z. B. Ausgabe zusätzlicher Geschäftsanteile, Ausgabe von Geschäftsanteilen mit höherem Nennwert, sonstige Eigenmittelstärkung). Weiters darf die Beschränkung der Haftung auf den Geschäftsanteil nicht in Zusammenhang mit erkennbaren Prozess- oder sonstigen Rechtsrisiken für die Genossenschaft erfolgen.

Durch den letzten Satz der neuen Bestimmung wird – noch deutlicher als bei der Genossenschaftsverschmelzung, bei der nach § 2 GenVG ebenfalls ein Gutachten eines Revisors einzuholen ist (vgl. näher dazu Weiß in Dellinger [Hrsg.], Genossenschaftsgesetz § 2 GenVG Rz 10) – klargestellt, dass für eine allfällige Ersatzpflicht des Revisors die höheren Haftungsgrenzen des § 62a maßgeblich sind.

Zu § 30a Abs. 5:

Hinsichtlich des Wegfalls der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 oder wenn der Kreditinstitute-Verbund nicht mehr in der Lage ist, den Aufsichtsanforderungen gemäß Abs. 7 zu genügen, ist ebenfalls eine Anzeigepflicht gegenüber der FMA vorgesehen, um in weiterer Folge mit Bescheid feststellen zu können, dass kein Kreditinstitute-Verbund mehr vorliegt, eine solche Anzeige ist jedoch nicht Voraussetzung für eine entsprechende Feststellung der FMA.

Zu § 30a Abs. 7:

Der Entfall des Verweises ist die Beseitigung eines Redaktionsversehens. Die Verpflichtungen gemäß § 40ff (Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung) bleiben in Entsprechung der 3. EU-Geldwäsche-Richtlinie auf Einzelinstitutsebene bestehen. Ganz generell ist festzuhalten, dass im Hinblick auf die Verantwortung des Geschäftsleiters eines zugeordneten Instituts einerseits und der Verantwortung der Zentralorganisation für den Verbund andererseits klar ist, dass die in § 39 Abs. 1 BWG normierten Verpflichtungen für die Geschäftsleiter der zugeordneten Institute nur insoweit gelten, als diese nicht Verpflichtungen der Zentralorganisation betreffen. Die Sorgfaltspflichten der Geschäftsleiter der Zentralorganisation umfassen dementsprechend auch die Aufgaben des Kreditinstitute-Verbundes.

Zu § 30a Abs. 10:

Beseitigung von Redaktionsversehen. Explizit klargestellt sei, dass § 39 Abs. 1 für den einzelnen Geschäftsleiter eines angeschlossenen Instituts nur insofern zur Anwendung kommt, als es sich nicht um Verpflichtungen der Zentralorganisation handelt. Korrespondierend sei klargestellt, dass § 39 Abs. 1 BWG auf die Geschäftsleiter der Zentralorganisation auch im Hinblick auf deren Aufgaben im Kreditinstitute-Verbund zur Anwendung kommt.

Zu §§ 43, 44, 60 Abs. 1, 63 Abs. 4, 70 Abs. 1 und 4a:

Den §§ 43 und 44 (Jahresabschlüsse etc.), sowie § 70 Abs. 1 und Abs. 4a BWG ist zur Klarstellung von analytischen und behördlichen Handlungsmöglichkeiten die Wortfolge Kreditinstitute-Verbund hinzuzufügen. Der Bankprüfer hat auch betreffend Kreditinstitute-Verbund eine Anlage zum Prüfungsbericht gemäß § 63 Abs. 5 BWG zu erstellen, deren nähere Ausgestaltung die FMA durch Verordnung festzulegen hat.

Zu § 98 Abs. 2:

Beseitigung eines Redaktionsversehens im Einleitungssatz (Verweisfehler); weiters Klarstellung, dass es sich um die Verantwortung gemäß § 9 VStG handelt.

Z 7a sanktioniert Verstöße gegen § 30a Abs. 5.

Zu Entfall von Z 7 und Z 9:

Die Verpflichtungen gemäß §§ 40ff (Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung) bleiben auf Einzelinstitutsebene bestehen; infolgedessen sind auch keine Strafen für Pflichtverletzungen auf Verbundsebene vorzusehen.

Zu § 103n Abs. 2:

Stellt klar, dass die Bestimmungen zur Ersatzbeschaffung auch auf bereits begebene Kapitalinstrumente Anwendung finden.

Zu § 103p:

Art. 3 der RL 2006/48/EG enthält keine Regelungen über Rechts- und Organisationsform der Zentralorganisation. Aus Gründen der Rechtssicherheit und um einen möglichst breiten Anwendungsbereich sicher zu stellen, wird klargestellt, dass eine rechtsformneutrale Neugründung der Zentralorganisation, unabhängig von der Rechtsform des einbringenden Kreditinstituts, möglich ist. Der im Rechtsbestand bewährte § 92 soll hierbei im Wesentlichen Anwendung finden, wobei auf einzelne Unterschiede in der Zielsetzung der Einbringungen und die unterschiedlichen Rechtsformen Bedacht zu nehmen war. Dem Schutz der Gläubiger der Einbringenden wird dadurch Rechnung getragen, dass die Einbringenden weiter für die eingebrachten Verbindlichkeiten haften. Die zeitliche Befristung des § 103p ergibt sich aus der künftig direkt anzuwendenden CCR-Bestimmung (Art. 9), jedoch wurde nicht auf deren voraussichtlichen In-Kraft-Tretens-Termin (1. Jänner 2013) abgestellt, da einerseits Verschiebungen nicht völlig auszuschließen sind und weiters allfällige stichtagsnahe Einbringungen und Gründungen von Kreditinstitute-Verbünden nicht gefährdet werden sollen.

Zu § 108 Z 4:

§ 108 Z 4 korreliert mit § 23 Abs. 10a und trägt der teils auch genossenschaftsrechtlichen Natur dieser Bestimmung Rechnung.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Kai Jan Krainer mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, G, dagegen: F, B) beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2012 02 15

                          Dorothea Schittenhelm                                               Dkfm. Dr. Günter Stummvoll

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann