7340/J XXIV. GP

Eingelangt am 23.12.2010
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr. Graf

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesministerin für Finanzen

betreffend Verkauf der Anglo Irish Austria und Geldwäscheverdacht“.

In einem aktuellen Artikel des irischen Village Magazine“ wird auf die merkwürdigen Umstände hingewiesen, unter denen die Österreich-Tochter der Anglo Irish Bank, die Anglos Irish Bank (Austria) AG, unmittelbar vor der der Verstaatlichung der Muttergesellschaft in Dublin wegen gravierender Liquiditätsknappheit an eine Schweizer Bank - die Valartis Bank AG - verkauft wurde. Dieser Verkauf ergibt aus betriebswirtschaftlicher Sicht keinen Sinn, da die beträchtlichen Einlagen bei der Anglo Irish Bank (Austria) AG in Wien für die "trockene" Mutterfirma in Dublin eine Liquiditätsquelle darstellten. Es ist unklar, warum Sean Fitzpatrick, der Anglo-Chef in Dublin, diesen Verkauf getätigt hat. Fitzpatrick wurde von der irischen Polizei im März dieses Jahres im Zuge der laufenden Ermittlungen über den Anglo-Zusammenbruch kurzfristig festgenommen. Die Anglo Irish Austria wird zudem in einem Artikel des Nachrichtenmagazins profil“aus dem März 2010 als eine von drei österreichischen Banken genannt, über deren Konten in großen Stil Geld der italienischen Mafia gewaschen worden sein soll. Der Vorgang wird im Profil so beschrieben:

Wiener Konten. Dies erklärt die Wien-Reise von Carlo das Stinktier“ Focarelli, Manlio Denaro und Ricardo Scoponi im Dezember 2005: Sie hatten für I-Globe ein Konto bei der Raiffeisen Zentralbank (RZB) eröffnet. Auf das Wiener Konto von I- Globe mit der Nummer 154052493 gingen zwischen März und September 2006 insgesamt 287,93 Millionen Euro von Telecom Italia und Fastweb ein. Irgendwann im Laufe des Jahres 2006 muss sich auch der Unternehmer Dario die Giraffe“ Panozzo in Wien aufgehalten haben. Ihm ist die Gesellschaft Planetarium Srl zuzuordnen, auf deren RZB-Konto mit der Nummer 154073218 ab September 2006 die stattliche Summe von insgesamt 858,21 Millionen Euro überwiesen wurde.

Auch in diesem Fall kam das Geld direkt von Telecom Italia und Fastweb. Die beiden Gesellschaften mit Bankverbindungen in Wien waren nur Durchlaufposten. Planetarium und I-Globe blieben nämlich nicht lange auf dem Geld sitzen. Sie überwiesen es nach Abzug einer kleinen Bearbeitungsgebühr an zwei weitere Tarngesellschaften mit Sitz in Panama: Broker Management SA und Karelia  Business Group SA. Das Geld blieb allerdings weiterhin in Österreich. Beide Unternehmen hatten je ein Konto bei der Wiener Niederlassung der Anglo Irish Bank und bei der Bank Austria. Über die gewaltigen Geldflüsse notieren die römischen


Ermittler: Weitere Ausgänge von 318.820.036,00 wurden zwischen 22.9.2006 und 30.4.2007 auf das Konto 52096003504 der Bank Austria Creditanstalt überwiesen, das auf die Karelia Business Group SA ... ausgestellt ist.“

Die profil vorliegenden Unterlagen der italienischen Behörden zeigen deutlich, dass Wien Dreh- und Angelpunkt der inkriminierten Geschäfte war. Von den 14 Konten, derer sich die Italiener bedienten, befanden sich nur zwei nicht in Österreich. Über 14 Tarngesellschaften und deren 14 Konten wurden also den Behörden zufolge

innerhalb von etwa zwei Jahren mehr als zwei Milliarden Euro geschleust - jeder Cent davon war mindestens einmal in Wien.

An leitender Stelle in der Anglo Irish Austria war der ehemalige Leiter der Bankenaufsicht im Finanzministerium, Anton Stanzel, tätig. Stanzel wurde auf Grund seiner Tätigkeit sogar im Jahr 2001 zu einem Mitglied des Board of Directors“ im Mutterkonzern in Dublin bestellt, aus welchem er im Jahr 2005 in den Ruhestand übertrat.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Herrn Bundesminister für Finanzen folgende

Anfrage:

1.              Wie ist Ihr Kenntnisstand über den Verkauf der Anglo Irish Bank (Austria) AG  an die Schweizer Valartis Bank AG im Jahr 2008?

2.      Gab es eine Prüfung dieses Verkaufs durch staatliche Behörden? Wenn ja, durch welche und mit welchen Ergebnissen?

3.      Sofern eine Prüfung stattfand: Wurde dabei untersucht, warum Valartis vom Verkäufer ein billiges Darlehen für den Kauf der Bank eingeräumt wurde?

4.      Waren den prüfenden Behörden zu diesem Zeitpunkt Vorwürfe bekannt, wonach über Konten bei der Anglo Irish Bank (Austria) AG in großem Stil Geld der italienischen Mafia gewaschen worden sein soll?

5.      Wenn den Behörden das bekannt war: Welchen Einfluss hatte die Kenntnis darüber auf die Überprüfung des Verkaufs an eine Schweizer Bank?

6.      Sind von der Anglo Irish Bank (Austria) AG oder der Valartis Bank (Austria)   AG im Zeitraum 2005 bis 2010 Meldungen wegen des Verdachtes der Geldwäsche ergangen? Wenn ja, wie viele?

7.      Sollten Meldungen wegen Verdachts der Geldwäsche ergangen sein: Wurde daraufhin ermittelt und wie ist der Stand der diesbezüglichen Verfahren?

8.      Entspricht es Ihrem Verständnis von effektiver Bankenkontrolle, wenn Personen mitsamt ihrem als Bankenaufseher erworbenem Wissen die Seiten wechseln und Dienstnehmer von Banken werden?

9.      Planen Sie gesetzliche oder dienstvertragliche Maßnahmen, um derartige „Überläufe“von kontrollierenden zu kontrollierten Organen künftig zu verhindern?