9437/J XXIV. GP
Eingelangt am 07.10.2011
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Anfrage
der Abgeordneten Alev Korun, Freundinnen und Freunde an denBundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten
betreffend missverstandenen Dialog: ÖVP/SPÖ unterstützen das „Internationale König-Abdullah-Bin-Abdulaziz Zentru für Interreligiösen und Interkulturellen Dialog“
Die Bundesregierung hat die Pläne für ein von Saudi-Arabien initiiertes und finanziertes sogenanntes „Internationales König-Abdullah-Bin-Abdulaziz Zentrum für Interreligiösen und Interkulturellen Dialog“ in Wien am 4. Oktober 2011 im Ministerrat abgesegnet. Außenminister Spindelegger plant trotz massiver Kritik die Verträge am 13. Oktober zu unterfertigen. Das "Internationale König-Abdullah-Bin-Abdulaziz Zentrum für Interreligiösen und Interkulturellen Dialog" ist ein Hohn angesichts der schrecklichen Menschenrechtslage in Saudi-Arabien, insbesondere wegen des dortigen Totalverbots anderer Religionen.
Ausgerechnet Saudi-Arabien soll mithilfe der Regierung nun eine Plattform für sogenannten „internationalen interreligiösen Dialog“ geboten werden, wo dort auf "Abfall vom Islam" die Todesstrafe steht. Auch Reporte von Amnesty International belegen zahlreiche Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Verfolgung Andersgläubiger durch den saudi-arabischen Staat. Es scheint so, als würde die österreichische Bundesregierung sich hier wirtschaftspolitische Vorteile in der Region durch das Wegschauen bei massiven Menschenrechtsverletzungen erkaufen wollen. Mit der Unterstützung des Zentrums bietet Außenminister Spindelegger – trotz eindringlicher Warnung von Experten, dass solche Zentren für aggressive Missionierungstätigkeit genutzt werden könnten - dem Wahhabismus eine Bühne mitten in Österreich und Europa.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1) Warum ging die österreichische Regierung auf den "Wunsch" des
saudi- arabischen Königs Abdullah Bin Abdulaziz ein, ein "Internationales König-Abdullah-Bin-Abdulaziz Zentrum für
Interreligiösen und Interkulturellen Dialog" in
Wien zu errichten, wissend dass es in Saudi-Arabien weder Religionsfreiheit
noch Rechte für die tausenden ArbeitsmigrantInnen, geschweige denn einen
"interkulturellen Dialog" mit diesen gibt?
2) Ist Ihnen bekannt, dass in Saudi-Arabien auf den "Abfall vom
Islam" die Todesstrafe droht? Wenn ja, wie verträgt sich das mit dem
Vorhaben des saudischen Königs, den "Dialog" mit anderen
ReligionsanhängerInnen fördern zu wollen?
3) Wurden an den Abschluss des Vertrages irgendwelche menschenrechtsrelevanten
Bedingungen geknüpft? Wenn ja, welche?
4) Ist Ihnen bekannt, dass in Saudi-Arabien nicht-moslemische Gottesdienste
selbst in Privatwohnungen sowie alle Arten christlicher Insignien und
Bücher verboten sind (siehe Länderkurzbericht von Amnesty
International) und Juden und Jüdinnen in das Land gar nicht einreisen
dürfen? Wenn ja, wie verträgt sich das mit dem Vorhaben des
saudischen Königs, den "Dialog" mit anderen ReligionsanhängerInnen
fördern zu wollen?
5) Aus dem Jahresbericht von Amnesty International 2011: Yahya Mokhtar, ein
sudanesischer Arzt, durfte im Mai 2011 endlich in den Sudan ausreisen, nachdem
er seit 2008 mit seiner Familie in Saudi-Arabien festgesessen war, weil sein
ehemaliger Arbeitgeber ihm nicht erlaubte, das Land zu verlassen. Andere
Fälle von körperlichen Verletzungen, die ArbeitsmigrantInnen in Saudi
Arabien von ihren ArbeitgeberInnen zugefügt wurden, sind ebenfalls im
Bericht dokumentiert. Wie vertragen sich solche Fälle mit dem
"interkulturellen Dialog", den König Abdullah mit dem seinen
Namen tragenden Zentrum fördern will?
6) Wie kann man mit einem Regime einen interreligiösen Dialog führen,
der diesen im eigenen Land nicht nur unterlässt, sondern religiöse
Minderheiten verfolgt und Religions- und Gewissensfreiheit verbietet?
7) Wirtschaftskontakte bzw. -aufträge in welcher Höhe erhoffen Sie
sich als Folge des "Dialogzentrums"?
8) Wann und durch wen wurde der interimistische Leiter des Zentrums, der
saudische Vize-Minister Faisal bin Muammar, bestellt, der Medienberichten
zufolge offensichtlich bereits vor dem Ministerratsbeschluss am 4.10.2011 dem
Zentrum vorstand?
9) Weshalb leitet ein Vizeminister eines Staates, der andere Religionen als den
Wahhabismus im Land verbietet, interimistisch das Zentrum für
interreligiösen Dialog?
10) Das vom Ministerrat am 4.Oktober 2011 genehmigte Abkommen zur Errichtung
des Zentrums sieht beim Verwaltungsrat (Board of Directors) drei Mitglieder aus
dem Christentum und drei aus dem Islam vor, jedoch bloß ein Mitglied aus
dem Judentum und jeweils eines aus dem Buddhismus und Hinduismus. Warum werden
diese Weltreligionen unterschiedlich behandelt und wer hat diese Aufteilung
entschieden?
11) Wie bringen Sie
dieses geplante Zentrum und die damit verbundene Signalwirkung, dass die
Menschenrechtslage in in Österreich investierenden Ländern für
Österreich bei Kooperationen keinerlei Rolle spielt, mit ihrem Sitz im
UN-Menschenrechtsrat in Einklang?