9886/J XXIV. GP

Eingelangt am 17.11.2011
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde

 

 

an die Bundesministerin für Inneres

 

 

betreffend Rechtsextremismus und der Ball des Wiener Korporationsringes

 

 

Der Wiener Korporations-Ball, auch Ball des Wiener Kooperationsrings (WKR) oder WKR-Ball, ist ein jährlich stattfindender Ball verschiedenster Studentenverbindungen im Wiener Fasching. Gemeinsam mit dem "Heldengedenken" am 8. Mai stellt er einen der jährlichen Höhepunkte für österreichische und europäische RechtextremistInnen dar. An einem der nobelsten Orte der Republik, in der Wiener Hofburg, treffen sich Burschenschafter und die Spitzen des internationalen Rechtsextremismus gemeinsam mit der FPÖ.

 

Die Presse schreibt am 29. Jänner 2009: „Das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW) beurteilt die Studentenverbindungen, die im WKR zusammengeschlossen sind, als dem deutschnationalen bis rechtsextremen Milieu entstammend. Dabei seien vor allem die Mitglieder rechtsextremer Burschenschaften tonangebend, erklärt DÖW-Mitarbeiter Heribert Schiedel gegenüber der Austria Presse Agentur.“

 

2008 war der prominenteste Gast der französische Rechtsextremist Jean Marie Le Pen, ein weiterer Gast war der Neonazi Jörg Hähnel, von der Nationaldemokratischen Partei Deutschland (NDP). Hähnel sorgte 2007 für einen Eklat während der Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV), in der er die NS-Justiz und die Hinrichtung des Widerstandskämpfers Erwin Nöldner verteidigte. Er zeigte somit „offen seine Sympathie für den Nationalsozialismus und die damalige Ermordung politischer Gegner“. (Zitat: Neues Deutschland) Am 13 Jänner 2007 billigte er während einer Rede öffentlich die Tötung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Im Oktober 2008 wurde Hähnel deswegen wegen Billigung von Straftaten schuldig gesprochen. Vor der Bundestagswahl 2009 ließ Jörg Hähnel rassistische und provokante Briefe an 22 Politiker mit Migrationshintergrund aus Berliner Bezirksverordnetenversammlungen verschickt. Darin forderte er sie auf, das Land zu verlassen. Hähnel wurde wegen Volksverhetzung 2010 zu zehn Monaten Haft verurteilt (nicht rechtskräftig). Hähnel tritt auch als „Nationaler Liedermacher“ auf und beteiligte sich an Gedenkkonzerte für ehemalige SS-Angehörige.


In den letzten Jahren fanden sich eine ganze Reihe von RechtsextremistInnen am Ball ein, darunter:

 

Bruno Gollnisch, EP-Mandatar des Front National (F). 2005 bezeichnete er Antirassismus als „geistiges AIDS“. 2004 behauptete er, im Zuge einer Untersuchungskommission wegen rechtsextremer Vorfälle an der Universität, wo Gollnisch lehrt: „Ich bestreite nicht die Existenz der Konzentrationslager, aber was die Anzahl der Toten betrifft, könnten Historiker darüber diskutieren. Was die Existenz von Gaskammern angeht, so müssen Historiker darüber entscheiden.“ Wegen dieser Äußerungen wurde ein Strafverfahren wegen Holocaustleugnung gegen ihn eingeleitet. Im März 2005 beschloss der Verwaltungsrat der Universität, ihn für fünf Jahre von der Universität auszuschließen.

 

Enrique Ravello, Chefredakteur der Zeitschrift „IdentidaD“, ein spanischer Faschist („Tierra y Pueblo“). 2007 nahm Ravello an einer Konferenz von Rechtsextremisten teil. Unter den Teilnehmern war, neben Ravello, auch der deutsche Rechtsterrorist Manfred Roeder.

 

Patrik Brinkmann, ein schwedischer Millionär und Stifter der Stiftung Kontinent Europa, die sich zum Ziel gesetzt hat die Kooperation der europäischen Rechtsextremen voranzutreiben.

 

Andreas Molau, damals noch Kandidat für den Vorsitz der neonazistischen NPD, später Pressesprecher der DVU. Inzwischen ist er für die rechtsextreme Bürgerbewegung pro NRW tätig. Im Jahre 2006 erschien unter seinem Namen eine Zeichnung beim antisemitischen Teheraner Holocaust-Karikaturen-Wettbewerb. Dieser Wettbewerb wurde von einer iranischen Zeitung ausgerufen und wurde unter anderen von dem ehemaligen UN-Generalsekretär Kofi Annan , der Organisation Reporter ohne Grenzen und der Anti-Defamation-League scharf verurteilt (Die Karikatur: http://www.irancartoon.com/120/occupation/Andreas%20Molau/index.htm).

 

Matthias Faust, ehemaliger Präsident der rechtsextremen Deutschen Volksunion (DVU). Seit Ende 2010 ist er stellvertretender Bundesvorsitzender der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD).

 

Alexander Dugin, ein russischer Rechtsextremist und Mitbegründer der „Nationalbolschewistischen Partei Russlands“ (1994) und der „Eurasischen Partei“ (2002)

 

Markus Beisicht, Vorsitzender der rechtsextremen Gruppe „Bürgerbewegung pro Köln“, früher Funktionär der Partei „Die Republikaner“, dann der „Deutschen Liga für Volk und Heimat“.

 

Filip Dewinter, Fraktionsvorsitzender des rechtsextremen belgischen Vlaams Belang.

 

Jacques Cordonnier von der Rechtspartei Elsaß zuerst (Alsace d’abord).

 

In europäischen Medien wird es einhellig als Skandal empfunden, dass sich RechtsextremistInnen, international geächtete Politiker sowie rabiate RassistInnen und AntisemitInnen in der Hofburg treffe können.


Bereits als 1998 der Rektor der Technischen Universität München, Wolfgang A. Herrmann, den „Ehrenschutz“ beim Ball des Wiener Kooperationsrings übernahm, gab es in Deutschland dagegen eine Protestwelle. Dieser „Ehrenschutz“ wurde nicht nur im Bayerischen Landtag problematisiert, sondern wurde auch von den Medien scharf verurteilt. Herrmann entschuldigte sich daraufhin in einer Ausgabe der Süddeutschen Zeitung (http://www.hagalil.com/archiv/2009/01/26/walzer/).

 

In Österreich dagegen sehen die verantwortlichen PolitikerInnen offenbar keinen Handlungsbedarf, wenn sich Rechtsextreme und deutschnationale Burschenschafter weiter in der geschichtsträchtigen Hofburg, dem Amtssitz des Bundespräsidenten, zu einen der jährlichen Höhepunkte für österreichische und europäische RechtextremistInnen, treffen.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

1. Welche Definition von Rechtsextremismus legt die Behörde ihre Tätigkeit zu Grunde.

 

2. Handelt es sich nach Einschätzung der Behörde, beim Wiener Korporations Ring um eine rechtsextreme Gruppierung bzw. um eine Vernetzung rechtsextremer Gruppierungen?

 

2a. Falls Nein, warum nicht?

 

3. Handelt es sich nach Einschätzung der Behörde, beim WKR-Ball um ein rechtsextremes Treffen?

 

3a. Falls Nein, warum nicht?

 

4 Handelt es sich nach Einschätzung der Behörde, bei der derzeit vorsitzenden Burschenschaft des WKR, der aB! Olympia, um eine rechtsextreme Gruppierung?

 

4a. Falls Nein, warum nicht?

 

5. Steht die Burschenschaft Olympia unter Beobachtung durch den Verfassungsschutz?

 

5a. Falls Ja, warum?

 

5b. Falls Nein, warum nicht?

 

6. Stehen Burschenschaften unter Beobachtung durch den Verfassungsschutz?

 

6a. Falls Ja, warum?

 

6b. Falls Nein, warum nicht?

 

7. Warum wird der WKR-Ball nicht im Verfassungsschutzbericht angeführt?


8. Steht dieses rechtsextreme Treffen und Treffen im Umfeld des WKR-Ball unter Beobachtung Ihrer Behörde?

 

8a. Falls Ja, warum?

 

8b. Falls Nein, warum nicht?

 

9. Beobachteten die letzten Jahre Beamte des BVT bzw. des LVT den WKR-Ball?

 

9a. Falls Ja, warum?

 

9b. Falls Nein, warum nicht?

 

10. Werden sie den Ball 2012 mit Beamten des BVT bzw. des LVT beobachten?

 

10a. Falls Ja, warum?

 

10b. Falls Nein, warum nicht?

 

11. Stehen Sie in Kontakt mit Polizei- bzw. Verfassungsschutzbehörden bzw. nachrichtendienstliche Behörden anderer Länder betreffs Informationsaustausch über die BesucherInnen des Balls und den TeilnehmerInnen an Treffen rund um den WKR-Ball?

 

11a. Falls Ja, mit welchen?

 

12. Sind Ihnen in den letzten Jahren Treffen von BallteilnehmerInnen zu Vernetzungszwecken bekannt, mit dem Verfassungsschutz widerläufigen Zielen?

 

12a. Falls Ja, welche?

 

13. Ist ihnen die Teilnahme von BesucherInnen des Balls aus dem Ausland bekannt, die aufgrund ihrer Tätigkeit in ihrer Heimat hier in Österreich mit dem NS-Verbotsgesetz in Konflikt kommen würden?

 

14. Ist ihnen bekannt, ob Personen aus dem Ausland am Ball teilnehmen, die eine militärische oder paramilitärische Ausbildung besitzen und in Verbindung zu österreichischen RechtsextremistInnen bzw. Neonazis stehen.

 

15. Ist ihnen bekannt, ob in der Vergangenheit BesucherInnen des Balls in Verbindung mit rechtsextremen bzw. neonazistischen Personen aus dem Ausland standen, die eine militärische oder paramilitärische Ausbildung besitzen?

 

16. Ist Ihnen bekannt, ob aktive oder ehemalige Mitglieder der Burschenschaft Olympia in der Neonazi-Szene aktiv sind oder waren?

 

17. Ist Ihnen bekannt, ob aktive oder ehemalige Mitglieder der Burschenschaft Silesia in der Neonazi-Szene aktiv sind oder waren?

 

18. Ist Ihnen bekannt, ob aktive oder ehemalige Mitglieder anderer Burschenschaften, pennaler Burschenschaften, Corps, Ferialverbindungen, Sängerschaften oder akademischen Turnvereine, in der Neonazi-Szene aktiv waren oder noch sind?

 

19. Ist Ihnen bekannt, ob RechtsextremistInnen oder Neonazis aus dem Ausland am Ball teilnehmen werden oder teilgenommen haben?

 

20. Ist Ihnen bekannt, ob TeilnehmerInnen des Balls in Verbindung mit der Neonazi-Szene stehen oder standen?

 

21. Ist Ihnen bekannt, ob TeilnehmerInnen des Balls in Verbindung mit dem Neonazi-Netzwerk Alpen-Donau stehen oder standen?

 

22. Ist Ihnen bekannt, ob Mitglieder oder ehemalige Mitglieder von Burschenschaften, pennalen Verbindungen oder anderen studentischen Verbindungen in Verbindung mit dem Neonazi-Netzwerk Alpen-Donau stehen oder standen?

 

23. Ist Ihnen bekannt, ob TeilnehmerInnen des Balls in Verbindung mit der Neonazi-Seite der-funke.info; siegfriedskopf.tk; logr.org/siegfriedskopf stehen oder standen?

 

24. Ist Ihnen bekannt, ob Mitglieder oder ehemalige Mitglieder von Burschenschaften, pennalen Verbindungen oder anderen studentischen Verbindungen in Verbindung mit der Neonazi-Seite der-funke.info; siegfriedskopf.tk; logr.org/siegfriedskopf stehen oder standen??

 

25. Ist Ihnen bekannt, ob TeilnehmerInnen des Balls in Verbindung mit der neonazistischen Gruppierung „Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik“ (AFP) stehen oder standen?

 

26. Ist Ihnen bekannt, ob Mitglieder oder ehemalige Mitglieder von Burschenschaften, pennalen Verbindungen oder anderen studentischen Verbindungen in Verbindung mit der neonazistischen Gruppierung „Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik“ (AFP) stehen oder standen?

 

27. Ist Ihnen bekannt, ob TeilnehmerInnen des Balls in Verbindung mit der neonazistischen Gruppierung „Akademische Ferialverbindung „Reich““ stehen oder standen?

 

28. Ist Ihnen bekannt, ob Mitglieder oder ehemalige Mitglieder von Burschenschaften, pennalen Verbindungen oder anderen studentischen Verbindungen in Verbindung mit der neonazistischen Gruppierung „Akademische Ferialverbindung „Reich““ stehen oder standen?

 

29. Ist Ihnen bekannt ob BesucherInnen des Balls oder ehemalige bzw. aktive Mitglieder der diversen Arten von Schüler- oder Studentenverbindungen an paramilitärischen Übungen, bzw. sogenannte „Wehrsportübungen“ im Inland teilgenommen haben?

 

30. Ist Ihnen bekannt ob BesucherInnen des Balls oder ehemalige bzw. aktive Mitglieder der diversen Arten von Schüler- oder Studentenverbindungen an paramilitärischen Übungen, bzw. sogenannte „Wehrsportübungen“ im Ausland teilgenommen haben?