10502/J XXIV. GP

Eingelangt am 01.02.2012
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Anfrage

 

der Abgeordneten Daniela Musiol, Freundinnen und Freunde an den/die Bundesministerin für Justiz

betreffend Missbrauch in der römisch-katholischen Kirche

BEGRÜNDUNG

 

Mittlerweile ist der Öffentlichkeit schon seit einigen Jahren bekannt, dass es immer wieder zu Missbrauch durch Priester und Angehörige der Kirche an Kindern und Jugendlichen kam und kommt. Sexualisierte Übergriffe sind in kirchlichen und kirchennahen Einrichtungen keine Einzelfälle, sie scheinen systematisch aufgetreten zu sein. Die aktuelle Gesetzeslage begünstigt die Verurteilung der Täter nicht gerade. Die Zuwendung zu den Opfern dieser Gewalttaten ist wichtig, genauso aber auch der Blick auf die Täter und die Transparenz der Verurteilungs-Grundlage.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Wie viele Priester und Ordensangehörige wurden seit 1945 in Österreich von den Staatsanwaltschaften (gegliedert nach Jahren) angeklagt?

2)    Wie viele Priester und Ordensleute wurden seit 1945 in Österreich  strafrechtlich (gegliedert nach Jahren) verurteilt?

3)    Wie viele Priester und Ordenspersonen wurden seit 1945 in Österreich wegen Sexualdelikten (gegliedert nach Jahren) angezeigt?

4)    Wie viele Priester und Ordenspersonen wurden seit 1945 in Österreich wegen Sexualdelikten (gegliedert nach Jahren) angeklagt?

5)    Wie viele der gem Frage 4 eröffneten Strafverfahren wurden (gegliedert nach Jahren) diversionell erledigt?


6)    Wie viele Priester und Ordenspersonen wurden seit 1945 in Österreich wegen Sexualdelikten (gegliedert nach Jahren) rechtskräftig verurteilt?

7)    Wie viele Verurteilung (Frage 6) erfolgten bedingt? Wie viele erfolgten teilbedingt?

8)    Das Dollfuß-Konkordat von 1933 enthält den bis heute gültigen Artikel XX mit Privilegien für Priester und Ordenspersonen im Falle von strafrechtlichen Ermittlungen. Zitat:

Laut Konkordat: Im Falle der strafgerichtlichen Belangung eines Geistlichen oder einer Ordensperson hat das staatliche Gericht sofort den für den Belangten zuständigen Diözesanordinarius zu verständigen und demselben raschestens die Ergebnisse der Voruntersuchung und gegebenenfalls das Endurteil des Gerichtes sowohl in der ersten als auch in der Berufungsinstanz zu übermitteln.

Im Falle der Verhaftung und Anhaltung in Haft soll der Geistliche (Ordensperson) mit der seinem Stande und seinem hierarchischen Grade gebührenden Rücksicht behandelt werden.

Gibt es für diesen Artikel eigene Durchführungsbestimmungen/Erlässe im Bereich des BMI bzw. des BMJ für die Festnahme und Anhaltung von Geistlichen und Ordenspersonen?

9)    Wenn ja, welche?

10) Wenn nein, warum wird keine Vorsorge für die Einhaltung eines völkerrechtlichen Vertrags getroffen?

11) Wie steht die Bundesministerin für Justiz zu diesem Privileg?

12) Gibt es Anstrengungen der Republik, dieses nicht mehr zeitgemäße Privileg für Priester und Ordensangehörige abzuschaffen?

13) Außerdem genießen nach einer bis heute gültigen Bestimmung des Dollfuß-Konkordats von 1933 Priester- und Ordensgewänder besonderen Schutz der Republik Österreich. Zitat:Artikel XXI. Der Gebrauch des kirchlichen oder Ordensgewandes seitens Laien oder seitens Geistlicher und Ordenspersonen, denen er von der zuständigen Kirchenbehörde durch endgültige Anordnung verboten worden ist, die zu diesem Zwecke der zuständigen staatlichen Behörde amtlich bekanntzugeben sein wird, ist unter den gleichen Sanktionen und Strafen verboten, mit welchen der Mißbrauch der militärischen Uniform verboten und bestraft wird.

Wie lauten die entsprechenden Straf- Militär- Verwaltungs- oder Zivilrechtsbestimmungen?

14)  Wie hoch sind die dafür vorgesehenen Strafenrahmen?

15)  Wie viele Anzeigen hat es seit 1945 gemäß diesen Bestimmungen gegeben?

16)  Wie viele Verurteilungen/Strafbescheide hat es seit 1945 gemäß diesen Bestimmungen geben?

17)  Ist gemäß diesen Bestimmungen auch das Tragen von Priester- und Ordensgewändern im Fasching untersagt?

18)  Gelten sinngemäße Bestimmungen auch für andere Glaubensgemeinschaften?

19)  Falls nein, warum wird die katholische Glaubensgemeinschaft anderen Gemeinschaften gegenüber bevorteilt?

20)  Gelten sinngemäße Bestimmungen auch für andere Berufsgruppen wie Feuerwehr, Ärzteschaft und dergleichen?

21)  Weiters findet sich eine Sonderbefreiung für Priester und Ordenspersonen im Artikel XVII des Dollfuß-Konkordats von 1933:Das Einkommen, indessen Genuß die Geistlichen kraft ihres Amtes stehen, ist im gleichen Maße exekutionsfrei, in dem es die Bezüge der Angestellten des Bundes sind. Was sind die Auswirkungen dieses Artikels?