11024/J XXIV. GP

Eingelangt am 16.03.2012
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Anfrage

 

der Abgeordneten Alev Korun, Freundinnen und Freunde an den/die

Bundesministerin für Inneres

betreffend Dublin Verfahren

BEGRÜNDUNG

Im Jänner 2012 stoppte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) per vorläufiger Maßnahme die Rückschiebung eines Asylwerbers nach Ungarn - einem sogenannten Dublin Fall" - da seit Ende 2010 in Ungarn AsylwerberInnen nach ihrem Asylantrag bzw. einer Dublin-Rückschiebung oftmals bis zu einem Jahr lang inhaftiert werden. Tatsächlich hat das Straßburger Gericht im Jänner 2012 noch zwei weitere Dublin-Rückschiebungen von Österreich nach Italien unterbunden. Die rechtlichen Hürden gegen die EU-weiten Rückschiebungen von Asylwerbern laut Dublin-Il-Verordnung in jenes Land, in dem die Flüchtlinge erstmals Unionsboden betreten haben, werden durch EGMR-Urteile zusehends höher. Nach Griechenland, wohin derzeit europaweit kein Asylwerber zurückgeschickt wird, rückten nun auch die Defizite in anderen EU-Staaten in den Mittelpunkt (Standard 12.Jänner 2012). Die Dublin-Il Verordnung betrifft viele AsylwerberInnen in Österreich.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1)      Wie viele Dublinverfahren" (§5 AsylG) waren im Jahr 2010 bzw. 2011 (nach Jahren aufgegliedert) anhängig?

2)    Wie viele der jeweils 2010 und 2011 (nach Jahren aufgegliedert) anhängig gewordenen Zulassungsverfahren im Asylverfahren waren Dublinverfahren?


3)      Wie viele der 2010 bzw. 2011 (nach Jahren aufgegliedert) im Zulassungsverfahren befindlichen AsylwerberInnen wurden zum Asylverfahren zugelassen?

4)      Wie viele der AsylwerberInnen im laufenden Zulassungsverfahren 2010 bzw. 2011 (nach Jahren aufgegliedert) haben sich zu einer freiwilligen Rückkehr entschieden?

5)      Wie viele Ersuchen sogenannte Dublin-In" Fälle in Österreich aufzunehmen, also Personen, dessen Asylantrag Österreich zu bearbeiten hat weil sie erstmals EU- Boden in Österreich betreten haben, gab es in den Jahren 2010 bzw. 2011 (nach Jahren aufgegliedert)?

6)    Wie viele dieser Dublin-In Fälle wurden von Österreich letztendlich 2010 und 2011 (nach Jahren aufgegliedert) rückübernommen?

7)    Wie viele Ersuchen Österreichs an andere Mitgliedstaaten sogenannte Dublin- Out" Fälle, also Personen, dessen Asylanträge andere Mitgliedsstaaten zu bearbeiten haben, weil sie erstmals EU-Boden in diesen Mitgliedsstaaten betreten haben, gab es in den Jahren 2010 bzw. 2011 (nach Jahren aufgegliedert)?

8)      Wie viele dieser Dublin-Out Fälle wurden von anderen Mitgliedstaaten 2010 und 2011 (nach Jahren aufgegliedert) letztendlich übernommen?

9)      Wie war die Bilanz der Dublin-Fälle im Jahr 2010 bzw. 2011 (nach Jahren aufgegliedert) bei Gegenüberstellung von Dublin-In" und Dublin-Out" Fällen?

10) Wie hoch beliefen sich die Kosten 2010 bzw. 2011 (nach Jahren aufgegliedert) für die Führung von Dublinverfahren im Innenministerium (Konsultationen, Personal, Schubhaft usw.)?

11) Wie hoch beliefen sich die Kosten 2010 bzw. 2011 (nach Jahren aufgegliedert) für die Überstellung der Dublin Fälle in einen anderen Mitgliedsstaat bzw. zurück nach Österreich?

12) Wie hoch waren 2010 bzw. 2011 (nach Jahren aufgegliedert) die Kosten für die Rechtsberatung von AsylwerberInnen im Dublin Verfahren, aufgegliedert auf den BMI-Anteil und europäische Fonds und aufgegliedert nach den rechtsberatenden Organisationen?

13) Welche Organisationen sind derzeit mit der Beratung in Dublin-Verfahren beauftragt? Wie viele MitarbeiterInnen mit welchen Qualifikationen stellen diese Organisationen bereit?


14) Welche Organisationen waren 2009-2012 (nach Jahren, Bundesland und Projekt aufgegliedert) mit der Beratung im Dublin-Verfahren beauftragt?

a)    Wie viele AsylwerberInnen wurden durch diese Organisationen 2009-2012 (nach Jahren, Bundesland und Projekt aufgegliedert) beraten?

b)    Wie viele MitarbeiterInnen mit welchen Qualifikationen stellten die Organisationen für diese Beratung bereit?

15) Wie lange dauerten die im Rahmen eines Dublinverfahrens stattfindenden Konsultationsverfahren zur Abklärung der Zuständigkeit im Durchschnitt 2010 bzw. 2011 (nach Jahren aufgegliedert)?

a)      Was war die längste Wartedauer?

b)      Was war die längste Schubhaftdauer aufgrund eines anhängigen Dublinverfahrens?

16) Für wie viele Dublin-Fälle wurde 2010 bzw. 2011 (nach Jahren aufgegliedert) aufgrund des Ablaufs der Überstellungsfrist Österreich zuständig?

17)  Wie viele der 2010 bzw. 2011 (nach Jahren aufgegliedert) anhängigen Dublin-Verfahren betrafen unbegleiteten minderjährige AsylwerberInnen?

18)  Wie viele dieser unbegleiteten Minderjährigen wurden 2010 bzw. 2011 (nach Jahren aufgegliedert) aufgrund der Dublin-Verordnung in einen anderen Mitgliedsstaat ausgewiesen und wie viele wurden zum Asylverfahren in Österreich zugelassen?

19) Wie viele Dublinverfahren 2010 bzw. 2011 (nach Jahren aufgegliedert) dauerten länger als

a)      1 Monat

b)      2 Monate

c)       3 Monate

d)      4 Monate

e)      5 Monate

f)     6 Monate

g)    7 Monate

h)    8 Monate

i)     9 Monate

j)      10 Monate

k)    11 Monate

l)      12 Monate

m)  1,5 Jahre

n)    2 Jahre

o)    3 Jahre?


20) Wie viele Selbsteintritte Österreichs aus humanitären Gründen gemäß Art. 15 Dublin-VO gab es 2010 bzw. 2011 (nach Jahren aufgegliedert)?

21) Wie viele Selbsteintritte anderer Mitgliedsstaaten gab es aus humanitären Gründen gemäß Art- 15 Dublin-VO 2010 bzw. 2011 (nach Jahren aufgegliedert)    auf    das    Ersuchen    Österreichs    hin?

22) Wie werden Sie mit Rückschiebungen von Dublin-Fällen nach Ungarn umgehen, nachdem feststeht dass Ungarn AsylwerberInnen und sog. Dublin-Fälle" häufig bis zu einem Jahr inhaftiert?

23) Werden Sie Rücküberstellungen bzw. Rückschiebungen nach der Dublin-VO nach Ungarn aussetzen?

24) Wie viele Gesuche auf Aufnahme oder Wiederaufnahme an Ungarn hat Österreich 2010 bzw. 2011 (nach Jahren aufgegliedert) gestellt?

a)      Wie oft hat Ungarn diesen Gesuchen zugestimmt, wie oft abgelehnt (gegliedert nach Aufnahme und Wiederaufnahme)?

b)      In wie vielen Fällen wurde eine Überstellung nach Ungarn vollzogen?

25) Wie viele Gesuche auf Aufnahme oder Wiederaufnahme an Griechenland hat Österreich 2010 bzw. 2011 (nach Jahren aufgegliedert) gestellt?

a)      Wie oft hat Griechenland diesen Gesuchen zugestimmt (gegliedert nach Aufnahme und Wiederaufnahme)?

b)      In wie vielen Fällen wurde eine Überstellung nach Griechenland vollzogen?

26) Wie viele Gesuche auf Aufnahme oder Wiederaufnahme an Italien hat Österreich 2010 bzw. 2011 (nach Jahren aufgegliedert) gestellt?

a)      Wie oft hat Italien diesen Gesuchen zugestimmt (gegliedert nach Aufnahme und Wiederaufnahme)?

b)      In wie vielen Fällen wurde eine Überstellung nach Italien vollzogen?

27) Wie wollen Sie in Zukunft sicherstellen, dass Rückschiebungen sog. Dublin-Fälle" aus Österreich nicht wieder vom Europäischen Menschenrechtsgerichtshof mit vorläufiger Maßnahme gestoppt werden müssen (siehe Ungarn-Entscheidung des EGMR Jänner 2012), um die Gefahr einer Menschenrechtsverletzung zu vermeiden?

28) Seit November 2011 wird im Asylverfahren ein Länderbericht zu Ungarn herangezogen, der auf Auskünften des ungarischen Asyl- u. Migrationsamtes einserseits und Auskünften des Verbindungsbeamten an der österreichischen Botschaft aufbaut.

a)    Welche Quellen bzw. Auskunftspersonen wurden für die Erstellung des Länderberichtes Ungarn herangezogen?


b)      Inwiefern wurde die politische Motivation hinter der Situationsschilderung zur Lage von AsylwerberInnen in Ungarn seitens des ungarischen Asylamtes hinterfragt?

c)       Inwiefern besitzt ein Verbindungsbeamter der österreichischen Botschaft Qualifikationen, um einen fundierten Einblick in die rechtliche, tatsächliche und menschenrechtliche Lage von AsylwerberInnen in Ungarn zu geben?

d)      Inwiefern finden in diesen Länderbericht Berichte von auf Asyl spezialisierten Organisationen, die der UNHCR und NGOs Eingang?

29) Welche Position vertritt das Innenministerium bezüglich der in der auf EU-Ebene diskutierten Überarbeitung des Dublin-Il Abkommens?