15595/J XXIV. GP

Eingelangt am 25.07.2013
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Anfrage

 

der Abgeordneten Karl Öllinger, Freundinnen und Freunde an den/die Bundesministerin für Justiz

betreffend Objekt 21

BEGRÜNDUNG

 

In der Causa der neonazistischen Gruppe „Objekt 21“ in Desselbrunn (OÖ), die  für eine erhebliche Anzahl von kriminellen Delikten verantwortlich gemacht wird, gibt es jetzt die ersten Strafprozesse.

Beunruhigend ist allerdings, dass die Anzeigen wegen NS- Wiederbetätigung gegen die Führungsstruktur des kriminellen Neonazi- Netzwerkes um „Objekt 21“, die angeblich  im Frühjahr 2011 erfolgt sind, erst jetzt im Juni 2013 – zu (noch nicht rechtskräftigen) Anklageschriften  gegen sieben Personen geführt haben.

Schon im Juni 2010 berichtete die Tageszeitung „Österreich“ (16.6.2010), dass der Verfassungsschutz genügend Beweise gesammelt habe, aber die Staatsanwaltschaft Wels verschleppe. Die Zeitung zitierte damals einen Richter mit folgender Aussage: „ …. da in Windern sind es Dutzende, die sich umgeben von Reichsadler und SS-Symbolik treffen. Der Tatbestand ist eindeutig“. (Österreich, 16.6.2010)

Die „Oberösterreichischen Nachrichten“ berichteten fast ein Jahr später, am 14.4.2011, dass die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wels „in Kürze zum Abschluss kommen“ dürften.

Es hat dann noch mehr als weitere zwei Jahre gedauert, bis  die Anklagebehörde Anklageschriften auf den Tisch legen konnte. Allerdings ist die Zahl derer, die wegen NS- Wiederbetätigung angeklagt werden, von ursprünglich zehn Personen auf sieben Personen geschrumpft, wie aus diversen Medienberichten hervorgeht. Die Anklagen stützen sich laut Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Wels auf Vorwürfe, die den Zeitraum 2008 bis 2010 betreffen.

Resümierend müssen wir deshalb  festhalten, dass es für das kriminelle Neonazi-Netzwerk von „Objekt 21“ möglich war, aufgrund der überlangen  Dauer der Ermittlungen wegen NS- Wiederbetätigung in den Folgejahren in den Folgejahren (nach 2010) noch eine erhebliche Anzahl von Straftaten zu verüben, bevor einige Mitglieder der Gruppe festgenommen und in der Folge in Untersuchungshaft genommen wurden.

Beunruhigend ist auch, dass der mutmaßliche Chef der Gruppe, Jürgen W., der ab Herbst 2010 seine Freiheitstrafe wegen NS-Wiederbetätigung in der Justizanstalt Suben verbüßte, von dort aus offensichtlich etliche der kriminellen Aktivitäten dirigieren konnte und über Facebook als „Suben Knaki“ propagandistisch aktiv war und auch jetzt, in der Untersuchungshaft, so aktiv ist, dass sich andere Verdächtige bzw. Angeklagte durch ihn bedroht fühlen. Auch soll es Versuche der Bedrohung bzw. des Widerrufs von Aussagen von Tatverdächtigen gegeben haben.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1). Wann erfolgte die erste Anzeige betreffend NS-Wiederbetätigung nach dem Verbotsgesetz gegen Personen bzw. die Verantwortlichen von Objekt 21?

2). Durch welche  und wie viele Anzeiger wurde die Staatsanwaltschaft auf den Verdacht der NS-Wiederbetätigung  durch Objekt 21 aufmerksam gemacht?

3). Die ersten Medienberichte über neonazistische Aktivitäten von Objekt 21 erschienen im Frühjahr 2010. Hat die Staatsanwaltschaft von sich aus Ermittlungen wegen des Verdachts der NS-Wiederbetätigung eingeleitet? Wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht?

4). Im Juni 2010 wurde erstmals medial der Vorwurf geäußert, dass die Staatsanwaltschaft Wels trotz ausreichender Beweise die Ermittlungen verschleppe. Hat Ihr Ressort bzw. vorgesetzte Behörden damals bzw. in der Folge Berichte von der Staatsanwaltschaft Wels angefordert? Wenn ja, wann und mit welchen Aufträgen bzw. Ergebnissen?

5).  Warum haben die Ermittlungen wegen NS-Wiederbetätigung gegen maßgebliche Personen von Objekt 21 erst jetzt – im Sommer 2013 – zu entsprechenden  Anklageschriften geführt?

6). Im Frühjahr 2013 wurde von zehn Personen im Umfeld von Objekt 21 berichtet, gegen die wegen des Verdachtes der NS-Wiederbetätigung ermittelt würde. Laut Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Wels vom 6.6.2013 wird aber nur gegen  sieben Personen Anklage erhoben. Welche Gründe waren für diese Reduktion maßgeblich?

7). Sind die Anklageschriften gegen Personen von Objekt 21 mittlerweile rechtskräftig? Wenn nein, warum nicht?

8). Ist es richtig, dass Jürgen W. während seiner Haftstrafe in Suben über Facebook propagandistisch im Sinn des NS-Verbotsgesetzes tätig werden konnte?

9). Welche Erkenntnisse liegen Ihnen bzw. Ihrem Ressort darüber vor, dass Jürgen W. während seiner Haft in Suben über die Freigänge von anderen Inhaftierten mitentscheiden konnte?

10). Welche Erkenntnisse liegen Ihnen darüber vor, dass Jürgen W. oder andere  Personen  Aussagen von  anderen Verdächtigen oder Zeugen durch Drohung oder finanzielle Angebote zu beeinflussen versuchten?

11).Wie viele und welche Personen aus dem Umfeld von Objekt 21 befinden sich zum Stichtag noch in Untersuchungshaft?

12). Wie viele und welche Personen wurden seit Beginn der Ermittlungen gegen Objekt 21  in Untersuchungshaft genommen bzw. aus dieser entlassen?

13). Welche Erkenntnisse liegen Ihnen vor, dass sich aus der Untersuchungshaft entlassene Personen im Sinne des NS-Verbotsgesetzes wieder bzw. weiter betätigen?

14). Gibt es Haftbefehle gegen Personen, die keine österreichischen Staatsbürger sind  im Zusammenhang mit Delikten rund um Objekt 21? Wenn ja, gegen welche bzw. wie viele Personen? Wenn nein, warum nicht?