Vorblatt

Probleme:

             - Die zwingende Verbindung von Jugendstrafsachen und Pflegschaftssachen in der Geschäftsverteilung der Gerichte hat sich in der Praxis nicht bewährt.

             - Die Behandlung unklarer Eingaben wirft in der Praxis Probleme auf.

             - Der Dienstweg in Angelegenheiten der Justizverwaltung der Bezirksgerichte wird als ineffizient angesehen.

             - Verbände im Sinne des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes benötigen insbesondere für Ausschreibungen Bestätigungen, dass sie nicht nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz verurteilt wurden und dass kein Strafverfahren gegen sie anhängig ist.

             - Die Justiz erbringt in Bezug auf die steigende Zahl der Rechtspraktikanten in budgetär nicht mehr länger zu verkraftender Weise Ausbildungsleistungen für Dritte (v.a. Rechtsberufe), ohne dass dies in irgendeiner Form abgegolten würde.

             - Die Einsatzmöglichkeiten für Richteramtsanwärter nach Ablegung der Richteramtsprüfung sind nicht flexibel genug.

             - Im Rechtspflegergesetz soll einem langjährigen Anliegen der Bundesvertretung Justiz in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst Rechnung getragen werden.

             - Die Strafjustiz sieht sich steigender Kostenbelastung für Unterbringungen und gesundheitsbezogenen Maßnamen im Suchtmittelgesetz gegenüber.

             - Die Belastungen im Strafverfahren durch Inanspruchnahme von Dolmetschleistungen und Entscheidungen über Kosten und Gebühren steigen.

Ziele:

             - Begleitend zur Erstellung des Budgets sollen eine Reihe von Bestimmungen in budgetwirksamer Weise geändert werden. Gleichzeitig sollen diese Änderungen zu einer Entlastung der Justiz und einer effizienteren Nutzung der Ressourcen führen.

             -  Entfall der zwingenden Verbindung von Jugendstrafsachen und Pflegschaftssachen von Minderjährigen in der Geschäftsverteilung.

             - Schaffung einer praxisbezogenen Regelung zur Behandlung unklarer Eingaben.

             - Straffung des Dienstweges in Angelegenheiten der Justizverwaltung der Bezirksgerichte.

             - Schaffung einer Rechtsgrundlage, um Verbänden im Sinne des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes gegebenenfalls Amtsbestätigungen darüber ausstellen zu können, dass sie nicht nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz verurteilt wurden und dass kein Strafverfahren gegen sie anhängig ist.

             - Durch eine Reduktion der Dauer der Gerichtspraxis von derzeit neun auf künftig fünf Monate und eine maßvolle Absenkung des Ausbildungsbeitrags wird eine budgetäre Entlastung erreicht.

             - Die Einsatzmöglichkeiten für Richteramtsanwärter nach Ablegung der Richteramtsprüfung werden flexibler gestaltet, ausgeweitet und klarer definiert. Überdies sollen im RStDG bei Reihungskriterien zur Klarstellung die Bezugnahmen auf den Vorrückungsstichtag durch ein Abstellen auf die längere Dienstzeit als Richter und Staatsanwalt ersetzt werden. Weiters sind Begleitregelungen für die neue Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) zu treffen.

             - Im Rechtspflegergesetz soll einem langjährigen Anliegen der Bundesvertretung Justiz in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst Rechnung getragen werden.

             - Reduktion des Anwendungsbereichs der Unterbringung durch Ausschluss der reinen Vermögensdelinquenz.

             - Die Möglichkeit, die Geldstrafe zur Gänze bedingt nachzusehen, soll entfallen.

             - Die Straflosigkeitsgrenze im Bereich der fahrlässigen Körperverletzung soll angehoben werden.

             - Straflosigkeit Für den Fall der Zahlung des gesamten Unterhaltsrückstand soll Straflosigkeit eintreten (§ 198 Abs. 3 StGB).

             - Die Aufwendungen der Justiz für gesundheitsbezogene Maßnahmen sollen reduziert werden.

             - Bessere Einsatz von Arbeitskapazitäten im Strafverfahren durch erleichterte Inanspruchnahme von Dolmetschleistungen und Reduktion der Gerichtsbesetzung bei Beschwerden gegen Entscheidungen über Kosten und Gebühren.

Inhalt/Problemlösung:

             - Entfall der verpflichtenden Zuweisung der Jugendstraf- und Pflegschaftssachen von Minderjährigen in § 26 Abs. 7 GOG.

             - Schaffung einer praxisbezogenen Regelung zur Behandlung unklarer Eingaben.

             - Straffung des Dienstweges in Angelegenheiten der Justizverwaltung der Bezirksgerichte durch unmittelbare elektronische Berichtsvorlage vom Bezirksgericht zum Oberlandesgericht (unter gleichzeitiger abschriftlicher Information der Landesgerichtsebene).

             - Schaffung einer Rechtsgrundlage, um Verbänden im Sinne des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes gegebenenfalls Amtsbestätigungen darüber ausstellen zu können, dass sie nicht nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz verurteilt wurden und dass kein Strafverfahren gegen sie anhängig ist.

             - Die Erweiterung der Zustellmöglichkeiten der Gerichte, denen nun für elektronische Zustellungen subsidiär zum ERV auch die Zustellung durch elektronische Zustelldienste ermöglicht werden soll, soll guter Übersichtlichkeit halber in jener Bestimmung angesiedelt werden, die schon bisher die elektronische Zustellung (mit ERV) regelt.

             - Verpflichtung von Banken und Versicherungen zur Teilnahme am ERV

             - Der Entwurf schlägt die Kürzung der Gerichtspraxis von derzeit neun auf künftig fünf Monate  (bei leicht vermindertem Ausbildungsbeitrag) zur Nutzung des dahintersteckenden Einsparungspotenzials vor. Dazu sind Anpassungen im Rechtspraktikantengesetz, in der Rechtsanwaltsordnung, im Rechtsanwaltsprüfungsgesetz, in der Notariatsordnung, im Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz und im Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 erforderlich. Im ersten Ausbildungsmonat erfolgen erfahrungsgemäß hauptsächlich eine erste Einweisung und grundlegende Einschulung. Es erscheint daher gerechtfertigt, vor dem Hintergrund einer künftig grundsätzlich fünfmonatigen Gerichtspraxis betraglich von vier Monaten (nach derzeitigen Ansätzen) auszugehen, dies jedoch auf die in den Berufsgesetzen künftig vorgesehenen fünf Monate umzulegen. Nach Inkrafttreten des neuen Betrags wird in Summe für fünf Ausbildungsmonate derselbe Ausbildungsbeitrag ausbezahlt werden wie derzeit für vier Monate. Dadurch verringert sich auch der Aufwand bei den Sonderzahlungen. Ziel dieser Maßnahme ist eine spürbare budgetäre Entlastung des Justizressorts; auch eine Entspannung im Hinblick auf die bei vielen Gerichten herrschende Raumnot ist zu erwarten. Im Zuge dieser Anpassungen erfolgen im RPG auch einige weitere Adaptierungen vor allem als organisatorische Folge der Verkürzung.

             - Die Ausbildungsmöglichkeiten für Richteramtsanwärter werden gemäß den aktuellen Erfordernissen auf Ausbildungen im Bereich der Wirtschaft erweitert.

             - Für Richter und insbesondere auch Staatsanwälte werden Zuteilungsmöglichkeiten zu Wirtschaftseinrichtungen geschaffen (Fortbildung im Bereich der Wirtschaft).

             - Die Einsatzmöglichkeiten für Richteramtsanwärter nach Ablegung der Richteramtsprüfung werden flexibler gestaltet (z.B. Einvernahmen jeglicher Art, Protokolle, Parteienverkehr) und klarer definiert. Überdies werden im RStDG bei Reihungskriterien zur Klarstellung die Bezugnahmen auf den Vorrückungsstichtag durch ein Abstellen auf die längere Dienstzeit als Richter und Staatsanwalt ersetzt. Weiters sind Begleitregelungen für die neue Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) zu treffen.

             - Richteramtsanwärtern, die die Richteramtsprüfung erfolgreich abgelegt haben, soll künftig auch die Vertretung der Anklage vor dem Landesgericht als Schöffengericht sowie die Vertretung im Rechtsmittelverfahren vor dem Oberlandesgericht übertragen werden können.

             - Im Rechtspflegergesetz soll einem langjährigen Anliegen der Bundesvertretung Justiz in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst Rechnung getragen werden.

             - Im vergangenen Jahr ist – vor dem Hintergrund zweier Erkenntnisse des Obersten Gerichtshofs – die Diskussion über die Einflussmöglichkeit von Begünstigten auf die Führung der Geschäfte der Privatstiftung erneut aufgeflammt. Durch den vorliegenden Entwurf sollen notwendige Klarstellungen in diesem Zusammenhang vorgenommen werden. Zudem soll eine Offenlegungspflicht für den Fall statuiert werden, dass der Begünstigte einer Privatstiftung nicht in der Stiftungsurkunde bzw. Stiftungszusatzurkunde bezeichnet ist, sondern im Sinne des § 5 zweiter Satz festgestellt wird.

Alternativen

Keine.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens

- Finanzielle Auswirkungen

             - Die Auswirkungen der zivilrechtlichen Maßnahmen lassen Konsolidierungs- und Einsparungseffekte erwarten. Insgesamt wird die geplante Gesetzesänderung darüber hinaus zu einer effizienteren Nutzung von Arbeitskapazitäten im Bereich der Gerichte sowie zu einer Entlastung der Gerichte führen. Diese Maßnahmen sind notwendig, um die Kernaufgaben der Justiz auch weiterhin erfüllen zu können.

             - Finanzielle Auswirkungen in Bezug auf das RPG: Durch die Verkürzung der Dauer der Gerichtspraxis (und die maßvolle Absenkung des Ausbildungsbeitrags) wird von einem Einsparungspotenzial von fünf bis sechs Millionen Euro ausgegangen, wobei sich exakte Zahlen noch nicht prognostizieren lassen. Auf Grund der erforderlichen längeren Legisvakanz kommen die Einsparungswirkungen aber erst ab dem Jahr 2012 sukzessive zum Tragen.

             - Hinsichtlich des Bundesgesetzes zur Rückführung der Kühlgeräteentsorgungsbeiträge der Konsumenten sind die finanziellen Auswirkungen erst nach Rechnungslegung durch die Privatstiftung bezifferbar.

- Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

-- Auswirkungen auf die Beschäftigungslage und den Wirtschaftsstandort Österreich

Die vorgeschlagenen Regelungen werden keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich haben. Längerfristig sind Maßnahmen, die zu einer Verbesserung des Zugangs zum Recht führen, dem Wirtschaftsstandort Österreich aber förderlich.

-- Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Bürger/innen und für Unternehmen

Es sind weder Informationsverpflichtungen für Unternehmen noch Verwaltungslasten für Bürger/innen vorgesehen, die Mehrkosten verursachen würden.

-- Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit

Das Regelungsvorhaben ist nicht klimarelevant.

- Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht

Die vorgeschlagenen Regelungen verbessern für alle Personen den Zugang zum Recht.

- Geschlechtsspezifische Auswirkungen

Keine.

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Rechtsvorschriften der Europäischen Union werden durch die zivil- und zivilverfahrensrechtlichen Maßnahmen nicht berührt. Es handelt sich um nicht harmonisierte Regelungsbereiche (Gerichtsgebühren).

Auch im Übrigen ergeben sich keine Berührungspunkte; die vorgesehenen Regelungen fallen nicht unter den Anwendungsbereich des Rechtes der Europäischen Union.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Keine.

Aspekte der Deregulierung

Keine.

Kompetenzgrundlage

Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes stützt sich auf Artikel 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Zivilrechtswesen). Die Kompetenz zur Regelung des Gerichtsgebühren- und Einbringungsrechts stützt sich auf Artikel 10 Abs. 1 Z 4 B-VG bzw. § 7 Abs. 1 F-VG 1948, weil es sich dabei um eine Angelegenheit der Bundesfinanzen im Sinn der erstgenannten bzw. um Bundesabgaben im Sinn der zweitgenannten Bestimmung handelt.


 

Erläuterungen

A. Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte der Regierungsvorlage

Zum X. Hauptstück (Justiz)

Zum 1. Abschnitt (Zivilrechtsangelegenheiten)

Die Änderungen in den zivil- und zivilverfahrensrechtlichen Bestimmungen verfolgen primär das Ziel, die Gerichte zu entlasten. Dies gilt auch für die Anpassungen im Gebührenrecht.

Hinsichtlich der Änderungen der Notariatsordnung, der Rechtsanwaltsordnung, des Rechtsanwaltsprüfungsgesetzes wird auf die Hauptgesichtspunkte zu Art. 32 verwiesen.

Im Rechtspflegergesetz soll einem langjährigen Anliegen der Bundesvertretung Justiz in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst Rechnung getragen werden.

Im Lichte der im Jahr 2009 ergangenen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes 6 Ob 42/09h und 6 Ob 145/09f ist die Diskussion über die Einflussmöglichkeit von Begünstigten auf die Führung der Geschäfte der Privatstiftung durch die Übernahme von Funktionen in deren Organen – insbesondere in den in der Praxis häufig eingerichteten Beiräten – ein weiteres Mal aufgeflammt. Dabei wurde auch der Ruf an den Gesetzgeber laut, im Privatstiftungsrecht notwendige Klarstellungen vorzunehmen. Sie sollen einerseits die vom Privatstiftungsgesetz vorgesehene Flexibilität für die Ausgestaltung der weiteren Organe im Sinn des § 14 Abs. 2 PSG wahren, andererseits aber auch die Grenzen der Begünstigtenbeteiligung aufzeigen. Zudem soll – in Reaktion auf die Kritik der FATF im Mutual Evaluation Report bezüglich Anti-Money Laundering and Combating the Financing of Terrorism in Austria – zur Steigerung der Transparenz eine Offenlegungspflicht für den Fall statuiert werden, dass der Begünstigte einer Privatstiftung nicht in der Stiftungsurkunde bzw. Stiftungszusatzurkunde bezeichnet ist, sondern im Sinne des § 5 zweiter Satz festgestellt wird.

Zum 2. Abschnitt (Strafrechtsangelegenheiten)

Die Änderungen in den straf- und strafverfahrensrechtlichen Bestimmungen verfolgen primär das Ziel, Staatsanwaltschaften und Gerichte zu entlasten. Im Bereich der Unterbringung sollen - einer Anregung des Rechnungshofs folgend – Entlastungseffekte durch Ausschluss der reinen Vermögensdelinquenz erreicht werden.

Im Suchtmittelgesetz sollen Maßnahmen ergriffen werden, die dem Trend kürzerer Therapieangebote (vor allem im Bereich stationärer Therapien) folgen und damit einen besseren Einsatz der aufgewendeten Mittel erlauben.

Im Strafvollzugsgesetz sollen die Aufwendungen für die Entlassungshilfe auf ein sozial gerechtes Ausmaß beschränkt werden.

Die Änderungen im Strafregistergesetz dienen der Vermeidung von besonderen Aufwendungen für Programmschritte im Rahmen der Erneuerung des Strafregisterprogramms.

Zum 3. Abschnitt (Justizverwaltung)

Artikel 32 (Gerichtsorganisationsgesetz)

Durch die Novellierung des GOG sollen in folgenden Bereichen Anpassungen an geänderte Rahmenbedingungen vorgenommen werden:

             - Aufhebung der verpflichtenden Zuweisung von Pflegschaftssachen von Minderjährigen, bei denen aus einem bestimmten Anlass eine Gefährdung der persönlichen Entwicklung zu besorgen ist, zu denselben Gerichtsabteilungen wie für die sie betreffenden Jugendstrafsachen und Strafsachen gegen junge Erwachsene.

             - Schaffung einer praxisbezogenen Regelung zur Behandlung unklarer Eingaben.

             - Straffung des Dienstweges in Angelegenheiten der Justizverwaltung der Bezirksgerichte durch unmittelbare elektronische Berichtsvorlage vom Bezirksgericht zum Oberlandesgericht (unter gleichzeitiger abschriftlicher Information der Landesgerichtsebene, soweit dies im Hinblick auf die Dienstaufsicht erforderlich ist).

             - Österreichische Unternehmen bzw. Verbände im Sinne des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes, BGBl. I Nr. 151/2005, benötigen insbesondere für die Beteiligung an Ausschreibungen (v.a. auch im Ausland) "Leumundszeugnisse", d.h. Bestätigungen, dass sie nicht nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz verurteilt wurden und dass kein Strafverfahren gegen sie anhängig ist. Derzeit werden - als freiwillige Serviceleistung für die Wirtschaft - von der Zentralleitung des Bundesministeriums für Justiz solche „Negativ-Bestätigungen“ aus der Verfahrensautomation Justiz ausgestellt. Dafür besteht jedoch keine eindeutige gesetzliche Grundlage, zumal die Ansuchenden in einem solchen Fall gerade eben nicht Verfahrensbeteiligte oder Parteien sind. Auf Grund der steigenden Anzahl derartiger Anfragen und im Interesse der Rechtssicherheit soll dafür nun eine Regelung unmittelbar im GOG geschaffen werden. Mit der Umsetzung werden die Oberstaatsanwaltschaften betraut. Um Zuständigkeitsfragen zu vermeiden, wird im gegebenen Zusammenhang eine jeweils österreichweite Zuständigkeit jeder Oberstaatsanwaltschaft festgelegt, sodass sich die Verbände im Bedarfsfall an jede der vier Oberstaatsanwaltschaften wenden können. Diese Bestätigungen können von einem Verband jeweils nur für sich und auch nicht von Dritten verlangt werden. Parallel dazu erfolgt eine Regelung über die Gebühren im Gerichtsgebührengesetz.

             - Verpflichtung von Banken und Versicherungen zur Teilnahme am ERV

Artikel 33 (Rechtspraktikantengesetz)

Hauptgesichtspunkt dieses Teils des Entwurfes ist die Kürzung der Dauer der Gerichtspraxis von derzeit neun auf fünf Monate (bei maßvoller Absenkung des Ausbildungsbeitrags), jeweils mit entsprechender Legisvakanz. Dadurch soll sowohl eine budgetäre Entlastung, als auch eine Besserung des Platzmangels an vielen Gerichten erreicht werden.

Die vorgeschlagenen Änderungen sind im Zuge der Durchführung der Maßnahme der Verkürzung der Gerichtspraxis erforderlich. Im Rechtspraktikantengesetz wird bezüglich der Dauer des Rechtsanspruchs auf Zulassung zur Gerichtspraxis lediglich auf andere Bestimmungen verwiesen. Flankierend sind dennoch die vorgeschlagenen Anpassungen (insbesondere in den verschiedenen Berufsbestimmungen) nötig.

Um eine verfassungskonforme Übergangsfrist zu gewährleisten, kommt frühestens der 1. Jänner 2012 als Datum des Inkrafttretens in Frage. Dies scheint erforderlich, weil der Verfassungsgerichtshof im Jahr 2000 mit seinem Erkenntnis G59/00 eine neu eingeführte Bestimmung aufhob, welche die Streichung der Sonderzahlungen für Rechtspraktikanten ohne Übergangsfrist zum Inhalt hatte. Darin führte er unter Berufung auf den Vertrauensschutz aus, dass es sich um einen plötzlichen und intensiven Eingriff in eine erworbene Rechtsposition handle. Da es sich bei der hier avisierten Maßnahme definitiv auch um einen schwerwiegenden Eingriff handelt, sollte durch eine lange Übergangsfrist größtmögliche Verfassungskonformität angestrebt werden.

Der vorliegende Entwurf für eine Novelle des Rechtspraktikantengesetzes verfolgt überdies folgende Ziele:

             - Berücksichtigung der geänderten studienrechtlichen Voraussetzungen

             - Schaffung einer Möglichkeit, Rechtspraktikanten bei nachträglichem Hervorkommen von fehlenden Zulassungserfordernissen auszuschließen

             - Erweiterung der Einsatzmöglichkeiten nach Absolvierung der gesetzlichen Mindestdauer der Gerichtspraxis

             - Verbesserung der reisegebührenrechtlichen Regelung nach Absolvierung der gesetzlichen Mindestdauer der Gerichtspraxis

Artikel 34 (Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz)

Die Einsatzmöglichkeiten für Richteramtsanwärter nach Ablegung der Richteramtsprüfung werden flexibler gestaltet (z.B. Einvernahmen jeglicher Art, Protokolle, Parteienverkehr) sowie überdies verdeutlicht und bedarfsgerecht ausgeweitet.

Die Ausbildungsmöglichkeiten für Richteramtsanwärter werden gemäß den aktuellen Erfordernissen erweitert (Ausbildungen im Bereich der Wirtschaft).

Überdies sollen im RStDG bei Reihungskriterien zur Klarstellung die Bezugnahmen auf den Vorrückungsstichtag durch ein Abstellen auf die längere Dienstzeit als Richter und Staatsanwalt ersetzt werden.

Weiters sind Begleitreglungen für die neue Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) zu treffen; die WKStA wird auch im RStDG entsprechend verankert.

Fortbildung im Bereich der Wirtschaft: Richter und insbesondere auch Staatsanwälte sollen im Rahmen der dienstlichen Möglichkeiten und nach Bedarf ihre wirtschaftlichen Kenntnisse und das Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge durch Praktika bei Unternehmen oder wirtschaftsnahen Einrichtungen vertiefen können. Während der Dauer dieser Praktika (Dienstzuteilungen) soll jedoch nicht ihre dienst- und besoldungsrechtliche Stellung berührt werden.

Im Übrigen wird auf die Hauptgesichtspunkte zu Artikel 2 verwiesen.

Artikel 35 (Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979)

Auf die Hauptgesichtspunkte zu Artikel 32 wird verwiesen.

Artikel 36 (Staatsanwaltschaftsgesetz)

Richteramtsanwärtern, die die Richteramtsprüfung erfolgreich abgelegt haben, soll künftig auch die Vertretung der Anklage vor dem Landesgericht als Schöffengericht sowie die Vertretung im Rechtsmittelverfahren vor dem Oberlandesgericht übertragen werden können.

 

 

Finanzielle Auswirkungen:

Die budgetären Auswirkungen der zivil- und zivilverfahrensrechtlichen Maßnahmen (Artikel 1 bis 23) lassen sich mangels verfügbarer Einzeldaten in der Gesamtschau nicht näher quantifizieren. Insgesamt wird die geplante Gesetzesänderung jedoch zu einer effizienteren Nutzung von Arbeitskapazitäten im Bereich der Gerichte sowie zu einer Entlastung der Gerichte und schließlich zu einer Erhöhung der Gebühreneinkünfte führen. Diese Maßnahmen sind notwendig, um die Kernaufgaben der Justiz auch weiterhin erfüllen zu können.

Ähnliches gilt für die Auswirkungen der straf- und strafverfahrensrechtlichen Maßnahmen. Sie dienen einer effizienten Nutzung von Arbeitskapazitäten auf Ebene der Staatsanwaltschaften und Gerichte und sollen vor allem im Bereich der Vermeidung der Unterbringung aus Anlass reiner Vermögensdelinquenz und der Begrenzung der Ausgaben für gesundheitsbezogenen Maßnahmen nach dem Suchtmittelgesetz insgesamt zu einer Ausgabenbegrenzung beitragen.

Sowohl die Etablierung der Justiz-Ombudsstelle als auch die Anpassung der Justizverwaltungskapazitäten erfolgen ohne Personalvermehrung.

Finanzielle Auswirkungen RPG: Durch diese Maßnahme sind erhebliche Einsparungen zu erwarten, wobei das Einsparungspotenzial bei rund fünf bis sechs Millionen Euro liegen dürfte. Die sich erfahrungsgemäß immer wieder ändernde Anzahl von Studienabgängern und Anmeldungen zur Gerichtspraxis erschweren eine exaktere Prognose. Überdies ist zu berücksichtigen, dass eine längere Legisvakanz vorgesehen werden muss, weshalb die Einsparungswirkungen erst ab dem Jahr 2012 sukzessive zum Tragen kommen können.

Hinsichtlich des Bundesgesetzes zur Rückführung der Kühlgeräteentsorgungsbeiträge der Konsumenten sind die finanziellen Auswirkungen erst nach Rechnungslegung durch die Privatstiftung bezifferbar.

Auswirkungen auf die Beschäftigungslage und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Im Hinblick auf das weitgehende Fehlen konkreter Außenwirkungen lassen die geplanten Adaptierungen praktisch keine Auswirkungen auf die Beschäftigungslage in Österreich oder auf den Wirtschaftsstandort Österreich erwarten.

Auswirkungen in sozialer Hinsicht:

Keine

Kompetenzgrundlage:

Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes stützt sich auf Artikel 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Zivil- und Strafrechtswesen). Die Kompetenz zur Regelung des Gerichtsgebühren- und Einbringungsrechts stützt sich auf Artikel 10 Abs. 1 Z 4 B-VG bzw. § 7 Abs. 1 F-VG 1948, weil es sich dabei um eine Angelegenheit der Bundesfinanzen im Sinn der erstgenannten bzw. um Bundesabgaben im Sinn der zweitgenannten Bestimmung handelt.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine


B. Besonderer Teil

Zum X. Hauptstück (Justiz)

Zum 1. Abschnitt (Zivilrechtsangelegenheiten)

Allgemeines:

Zu Artikel 1 (Änderung des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes):

- Klarstellung, dass im sozialgerichtlichen Verfahren die Einholung bloß eines oder mehrerer Gutachten durch die Rechtsmittelinstanz weder die Erledigung verzögert noch einen erheblichen Mehraufwand an Kosten verursacht.

- Entfall der Anhörung des Klägers bei Überweisung wegen Unzuständigkeit

- Keine Protokollierungspflicht der Gründe für die Änderung der Senatszusammensetzung

- Vorrangige Verwendung von „justizeigenen“ Dolmetschern

- Anpassungen an die Einschränkung der Zulässigkeit von Protokollaranbringen

Zu Artikel 2 (Änderung des Außerstreitgesetzes):

- Übernahme einiger in der ZPO vorgenommener Änderungen

- Entfall der Berücksichtigung verspäteter Rechtsmittel

Zu Artikel 3, 11, 20 und 22 (Änderung des Baurechtsgesetzes, der Insolvenzordnung, des Urkundenhinterlegungsgesetzes und des Wohnungseigentumsgesetzes):

Mit dem BBG 2009 wurde in der ZPO für sämtliche verfahrenseinleitende Schriftstücke – von wenigen Ausnahmen abgesehen – die Zustellung mit RSb anstelle RSa gesetzlich verankert, wodurch Postgebühren in erheblichem Ausmaß (bereits im ersten Halbjahr 2010 über eine Million Euro) eingespart werden. Nunmehr sollen auch die weiteren der Zuständigkeit des Bundesministeriums für Justiz unterliegenden Gesetze auf die Zustellung mit RSb umgestellt werden, womit weitere Einsparungen verbunden sind.

Zu Artikel 4 (Änderung des Eisenbahn-Enteigungsentschädigungsgesetzes)

- Einführung einer Kostenregelung für das Verwaltungsverfahren.

- Anpassungen an die Änderungen der Zustellvorschriften für Klagen

Zu Artikel 5 (Änderung der Exekutionsordnung):

- Zustellung der Exekutionsbewilligung bei geringen Streitwerten auch im vereinfachten Bewilligungsverfahren durch den Gerichtsvollzieher

- Anpassungen an die Änderungen der Zustellvorschriften für Klagen

Zu Artikel 6 (Änderung des Firmenbuchgesetzes):

- Ermöglichung einer Zwangsstrafverfügung anstelle der nicht der Rechtskraft fähigen Androhung in allen Zwangsstrafenverfahren nach dem FBG

Zu Artikel 7 (Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes):

- Entfall der Beratung bei medizinisch unterstützter Fortpflanzung durch die Gerichte

Zu Artikel 8 (Änderung des Gebührenanspruchsgesetzes):

- Vereinfachungen bei den Aufrundungsregeln

Zu Artikel 9 (Änderung des Gerichtlichen Einbringungsgesetzes):

- Neuregelung und Vereinfachung des Zurückbehaltungsrechts an gerichtlich verwahrten Gegenständen zur Sicherung bereits absehbarer Ansprüche auf Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren

Zu Artikel 10 (Änderung des Gerichtsgebührengesetzes):

Der Fokus der Änderung zahlreicher Einzelbestimmungen richtet sich primär darauf, Verwaltungsvereinfachungen zu erreichen und die Gerichte von jenen Aufgaben zu entlasten, die nicht zu deren Kernaufgaben gehören, um die vorhandenen Kapazitäten effizienter nutzen zu können. Ein wesentliches Gebührenmehraufkommen in nicht exakt quantifizierbarer Höhe ist lediglich aus der Anhebung der Eintragungsgebühren im Grundbuch um 0,1% zu erwarten.

Zu Art. 12 (Änderung der Jurisdiktionsnorm):

Entscheidung über Kostenrekurse, Berufungen im Kostenpunkt und Rekurse gegen Sachverständigengebührenbestimmungsbeschlüsse durch den Einzelrichter im Rechtsmittelverfahren.

Zu Art 13 (Änderung der Notariatsordnung):

- Kürzung der Dauer der Gerichtspraxis

- Umstellung auf Rsb-Zustellungen

Zu Artikel 14 (Änderungen des Privatstiftungsgesetzes):

- Offenlegungspflicht gegenüber dem Finanzamt auch für nicht in der Stiftungsurkunde bezeichnete Begünstigte

- Entscheidung über die Abberufung des Stiftungsvorstands bedarf besonderer Mehrheiten bzw. der Einstimmigkeit sowie weitere Beschränkungen bei Abberufungen

- Anwendung der Unvereinbarkeitsregeln auch auf Personen, die von Begünstigten mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt werden

Zu Art. 15 und 16 (Änderung der Rechtsanwaltsordnung und des Rechtsanwaltsprüfungsgesetzes):

Kürzung der Dauer der Gerichtspraxis

Zu Art 17 (Änderung des Rechtspflegergesetzes):

Entscheidung über Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Rechtspflegers durch das Gericht zweiter Instanz; Entfall der Stattgabe durch den Erstrichter sowie Umbenennung in Diplomrechtspfleger

Zu Artikel 18 (Änderung des Strafrechtlichen Entschädigungsgesetzes 2005):

- Einführung einer Ober- bzw. Untergrenze für den Ersatz des immateriellen Schadens

Zu Artikel 19 (Änderung des Unternehmensgesetzbuchs):

- Festsetzung eines Mindestbetrags für Zwangsstrafen bei Verstoß gegen die Offenlegungspflichten

- Einleitung des Zwangsstrafenverfahrens bei Nichtvorlage von Jahresabschlüssen mittels Zwangsstrafverfügung

Zu Artikel 21 (Schaffung eines Verwahrungs- und Einziehungsgesetzes):

- Einführung von Verfahrensregeln für die gerichtliche Hinterlegung

- Verkürzung der Fristen und Vereinfachung der Einziehung von erlegten Gegenständen

- Einführung eines Verteilungsverfahrens bei Großverwahrnissen

Zu Artikel 23 (Änderung der Zivilprozessordnung):

- Entscheidung über die Kosten eines Verfahrens erst nach Rechtskraft der Hauptentscheidung und Klarstellung von Zweifelsfragen.

- Selbststattgabe durch den Einzelrichter bei Berufungen gegen ein Versäumungsurteil aus dem Grund mangelhafter Zustellung.

- Zwischenurteil über den Einwand der Verjährung

- Keine Anfechtung von Kostenentscheidungen, wenn der strittige Betrag unter 50 Euro liegt

- Vorrangige Beweisaufnahme mittels Videotechnik anstelle von Rechtshilfe.

- Nichtberücksichtigung von Schriftsätzen, die beleidigende Äußerungen enthalten sowie unklarer, sinn- oder zweckloser Schriftsätze.

- Entfall der verhandlungsfreien Zeit

- Einschränkung von Protokollaranbringen

- Ermöglichung der Zustellung auch durch Nutzung von elektronischen Zustelldiensten

- Zustellung an juristische Personen an der im Firmenbuch eingetragenen Adresse

Zu den einzelnen Artikeln:

Zu Art. 1 (Änderung des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes):

Zu Z 1 (§ 12):

Einer der Grundsätze für die Bildung des Senats in Arbeits- und Sozialrechtssachen besagt, dass sich die Senatszusammensetzung nicht ändern soll. Verstöße dagegen können aber nicht geltend gemacht werden (§ 38 Abs. 2). Soweit eine Änderung der Zusammensetzung nicht vermieden werden kann, sind nach geltender Rechtslage die Gründe hiefür im Akt festzuhalten. Dieser unnötige Formalismus soll entfallen. Dadurch wird Verfahrensaufwand vermieden.

Zu Z 2 (§ 35):

Die vorgeschlagene Änderung setzt den mit diesem Gesetzesvorhaben vorgeschlagenen Entfall des Protokollaranbringens in Zivilverfahren um. S hiezu die Erläuterungen zu den §§ 64 u.a. ZPO.

Zu Z 3 (§ 38):

Bei sachlicher oder örtlicher Unzuständigkeit hat das angerufene Gericht die Rechtssache nicht wie im streitigen Verfahren zurückzuweisen, sondern von Amts wegen an das zuständige Gericht zu überweisen. Davor hat es den Kläger hiezu anzuhören und ihm Gelegenheit zu geben, ein seiner Meinung nach zuständiges Gericht zu benennen bzw. in den Fällen, in denen vom Beklagten ein anderes Gericht als das zuständige benannt wird, seine Meinung hiezu einzuholen. Dies führt zu Verzögerungen im Verfahren. Die Verpflichtung zur zwingenden Anhörung des Klägers soll daher entfallen und das Gericht ohne Befassung des Klägers über das zuständige Gericht entscheiden. Kommen mehrere Gerichte in Frage, so ist dasjenige auszuwählen, das unter Bedachtnahme auf die in den örtlichen Zuständigkeitsvorschriften zum Ausdruck kommende Wertung in Betracht kommt.

Zu Z 4 (§ 39):

Die vorgeschlagenen Änderungen der Abs. 1 und 2 setzen den mit diesem Gesetzesvorhaben vorgeschlagenen Entfall von Protokollaranbringen in Zivilverfahren für das Verfahren in Arbeits- und Sozialrechtssachen um. Siehe hiezu die Erläuterungen zu den §§ 64 u.a. sowie §§ 461 u.a. ZPO. Im Bereich dieser Verfahren stehen den Parteien, insbesondere wenn sie Unterstützung bei der Formulierung ihrer Anträge oder Rechtsmittel brauchen, neben der Möglichkeit, die Verfahrenshilfe samt Beigebung eines Rechtsanwalts zu beantragen, zahlreiche Stellen (vor allem Arbeiterkammer und Gewerkschaft) zur Verfügung, die über Spezialwissen in diesem Bereich verfügen. Im ASGG (§ 40) besteht ja auch die Möglichkeit, sich nicht nur von Rechtsanwälten, sondern auch von Funktionären und Arbeitnehmern einer gesetzlichen Interessenvertretung oder freiwilligen kollektivvertragsfähigen Berufsvereinigung vertreten zu lassen. Durch diese Möglichkeiten ist ausreichend sichergestellt, dass Parteien Unterstützung erhalten.

Abs. 4 ordnet an, dass die Bestimmungen über die verhandlungsfreie Zeit in Arbeits- und Sozialrechtssachen keine Anwendung finden. Durch den vorgeschlagenen gänzlichen Entfall der verhandlungsfreien Zeit in der Zivilprozessordnung ist die Ausnahme überflüssig.

Zu Z 5 (§ 67):

Die Fristen für Klagen gegen Bescheide der Sozialversicherungsträger sollen vereinheitlicht werden. Dies dient der Verfahrensvereinfachung.

Zu Z 6 (§ 75):

Die Justiz ist mit erheblichen Ausgaben im Bereich der Dolmetscher belastet. Laut einem Gutachten der Fa. ROI hat sich gezeigt, dass durch Insourcing von Dolmetschleistungen in den gängigsten Sprachen bundesweit erhebliche Einsparungseffekte erreicht werden könnten. Es soll daher – im Zivilverfahrensbereich vorerst auf sozialgerichtliche Verfahren beschränkt – die Möglichkeit geschaffen werden, auf von der Justiz bereitgestellte Dolmetscher zugreifen zu können. Stehen solche in der benötigten Sprache und zur angefragten Zeit, also für den vorgesehenen Tagsatzungstermin oder den für allfällige Übersetzungen vorgesehenen Zeitraum zur Verfügung, so muss ein Dolmetscher aus dem zur Verfügung gestellten Personenkreis bestellt werden. Steht kein geeigneter Dolmetscher zur Verfügung, so soll in erster Linie ein Dolmetscher aus der von den Präsidenten der Landesgerichte geführten Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste bestellt werden. Erst wenn auch dort kein geeigneter Dolmetscher gefunden werden kann, kann eine sonstige geeignete Person bestellt werden. Durch diese Maßnahme wird es zu keinen Qualitätseinbußen bei den benötigten Dolmetschleistungen kommen; die vom Bundesministerium für Justiz oder von der Justizbetreuungsagentur zur Verfügung gestellten Personen werden den an die allgemein beeideten und gerichtlich zertifzierten Dolmetscherinnen oder Dolmetscher gestellten Qualitätsanforderungen entsprechen.

Diese bestellten Dolmetscher haben keinen Anspruch auf Gebühren nach dem Gebührenanspruchsgesetz; die Kosten ihrer Tätigkeit werden durch eine Gebühr nach Tarifpost 1 II berücksichtigt.

Zu Z 7 (§ 90):

§ 496 Abs. 3 ZPO sieht vor, dass statt einer Zurück(ver)weisung der Sache an das Prozessgericht erster Instanz zur Verhandlung und Urteilsfällung das Berufungsgericht die in erster Instanz durchgeführte Verhandlung, soweit erforderlich, selbst zu ergänzen und durch Urteil in der Sache selbst zu erkennen hat, wenn nicht anzunehmen ist, dass dadurch im Vergleich zur Zurück(ver)weisung die Erledigung verzögert oder ein erheblicher Mehraufwand an Kosten verursacht würde. Mit der vorgeschlagenen Änderung des § 90, der die Besonderheiten des Rechtsmittelverfahrens in Sozialrechtssachen enthält, soll klargestellt werden, dass ein Anwendungsfall des § 496 Abs. 3 ZPO, der auch für das Verfahren in Arbeits- und Sozialrechtssachen gilt, jedenfalls dann vorliegt, wenn in einem sozialgerichtlichen Verfahren nach Ansicht des Berufungsgerichtes über die Einholung weiterer Gutachten hinaus keine weiteren Beweise mehr aufzunehmen sind. Ergänzt wird die Regelung durch die Anordnung, dass Vorbringen, wonach sich der Gesundheitszustand geändert habe, auch im Beweisergänzungsverfahren unzulässig ist. In diesen Konstellationen ist durch die Beweisaufnahme in zweiter Instanz gerade kein Mehraufwand für das Verfahren zu befürchten: im Gegenteil, es kommt ohne Zurück(ver)weisung an das Prozessgericht erster Instanz zu einer rascheren Erledigung. Nur dann, wenn sich aufgrund des eingeholten Gutachtens unabsehbare Weiterungen ergeben, soll eine Zurückverweisung in diesem Stadium des Verfahrens durch die zweite Instanz erfolgen.

Zu Art. 2 (Änderung des Außerstreitgesetzes):

Zu Z 1 (§ 10):

In die Zivilprozessordnung sollen in einen neu eingefügten § 86a ZPO Bestimmungen über den Umgang mit beleidigenden sowie verworrenen, unklaren sowie sinn- oder zwecklosen Schriftsätzen aufgenommen werden. Diese sollen auch im Außerstreitverfahren Anwendung finden. § 10 AußStrG wird daher um diesen Verweis ergänzt.

Zu Z 2 (§ 23):

Die in der Zivilprozessordnung vorgesehene verhandlungsfreie Zeit soll entfallen; die Ausnahme für das Außerstreitverfahren ist daher überflüssig.

Zu Z 3 (§ 46):

§ 46 Abs. 3 sieht vor, dass Beschlüsse auch noch nach Ablauf der Rekursfrist angefochten werden können, wenn ihre Abänderung oder Aufhebung mit keinem Nachteil für eine andere Person verbunden ist. Diese schon im Außerstreitpatent von 1854 enthaltene Bestimmung wurde im Zuge der Reform des Außerstreitgesetzes übernommen. Bereits die Erläuterungen haben hiezu unter anderem ausgeführt, dass dadurch in weit mehr Fällen Erwartungen geweckt werden, als ihnen entsprochen werden. Die Bestimmung habe jedoch in einigen Konstellationen einen sinnvollen Anwendungsbereich und werde daher übernommen. Nach nunmehr fast fünfjähriger Anwendung der Bestimmungen des neuen Außerstreitgesetzes zeigt sich, dass die Regelung mittlerweile so gut wie keinen Anwendungsbereich mehr hat, die zweite Instanz und der Oberste Gerichtshof aber in zahlreichen Fällen befasst werden, die letztlich abschlägig behandelt werden.

Einerseits ist die vorgesehene Möglichkeit der Anfechtung von Beschlüssen auch nach Ablauf der Rekursfrist teils schon kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung ausgeschlossen, so etwa im Sachwalterbestellungsverfahren, in den wohnrechtlichen Verfahren (§ 37 Abs. 3 Z 14 MRG, § 52 Abs. 2 WEG, § 22 Abs. 4 WGG, § 25 Abs. 2 HeizKG), im Grundbuchsverfahren (§ 123 Abs. 2 GBG ist lex specialis; RS0124683) und im Entschädigungsverfahren nach dem EisbEG. Andererseits zeigt sich in der Rechtsprechung, dass jene Fälle, in denen eine Änderung einer Entscheidung ohne Nachteil für eine andere Person möglich ist, kaum vorliegen. So verneint die Rechtsprechung die Möglichkeit der Berücksichtigung eines verspäteten Rechtsmittels ua im Bereich der Obsorge und des Besuchsrechts, bei der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse oder gegen die Einantwortung.

Nur in wenigen Fällen besteht die Möglichkeit der Berücksichtigung eines verspäteten Rechtsmittels, und zwar zB gegen die Zurückweisung eines vom Sachwalter im eigenen Namen ergriffenen Rekurses, das sich letztlich gegen eine Weisung des Pflegschaftsgerichts wendete (RS0007137 [T11]) oder gegen die Verhängung einer Ordnungsstrafe nach § 86 ZPO iVm § 22 AußStrG (7 Ob 88/09f). Im firmenbuchrechtlichen Zwangsstrafenverfahren sah der OGH früher ebenfalls einen Anwendungsbereich (RS0123332). Aufgrund zwischenzeitiger Gesetzesänderungen vertritt der OGH jedoch nunmehr die Auffassung, dass in der Aufhebung oder Abänderung eines Zwangsstrafenbeschlusses ein „Nachteil“ iSd § 46 Abs. 3 AußStrG iVm § 15 Abs. 1 FBG für die Republik Österreich liege, der der Berücksichtigung verspäteter Rekurse entgegensteht (6 Ob 252/09s).

Es verbleibt also nur ein ganz geringer (unbedeutender) Anwendungsbereich des Abs. 3, der jedoch in keinem Verhältnis zu dem damit verbundenen Aufwand der Gerichte steht. Die Befassung der Instanzgerichte mit verspäteten Rekursen, die letztlich ohnedies nicht berücksichtigt werden können, bindet Kapazitäten, die besser für die Behandlung von rechtzeitigen und damit inhaltlich zu beurteilenden Rechtsmitteln verwendet werden. Die Bestimmung soll daher ersatzlos entfallen.

Aus rechtspolitischen Überlegungen und mangels Vorliegens eines besonderen Schutzbedürfnisses besteht auch kein Anlass, in diesen Bereichen die Möglichkeit der Anfechtung von Beschlüssen nach Ablauf der Rechtsmittelfrist durch Einführung von Sonderregelungen aufrechtzuerhalten. Insbesondere ist es nicht notwendig und sogar abzulehnen, im außerstreitigen Verfahren einen verspäteten Rekurs gegen die Verhängung einer Ordnungsstrafe nach § 86 ZPO iVm § 22 AußStrG zuzulassen. Auch die ZPO sieht weder in diesem Fall noch generell eine Möglichkeit der Berücksichtigung eines verspäteten Rechtsmittels vor; eine Divergenz zwischen streitigem und außerstreitigem Verfahren erscheint in diesem Bereich auch nicht gerechtfertigt.

Zu Z 4 (§ 47):

Die vorgeschlagene Änderung setzt den mit diesem Gesetzesvorhaben vorgeschlagenen Entfall des Protokollarrekurses in nach der Zivilprozessordnung zu entscheidenden Angelegenheiten (s. hiezu die Erläuterungen zu den §§ 461 ff ZPO) auch für die ins Außerstreitverfahren fallenden Angelegenheiten um. Die für den Entfall sprechenden Argumente gelten in gleicher Weise für das Außerstreitverfahren, wenn nicht noch stärker. Gerade in den oft hoch emotional geführten Verfahren ist das Verfassen eines Rechtsmittels durch ein Gerichtsorgan sehr problematisch. Da im Übrigen im Außerstreitverfahren für die Einbringung eines Rekurses keine Vertretungspflicht besteht und die formalen Anforderungen an den Rekurs gering sind, führt der Entfall der Protokollierungsmöglichkeit auch unter Berücksichtigung bestehender Beratungsmöglichkeiten zu keiner Verringerung des Rechtsschutzes.

Zu den Art. 3, 11, 20 und 22 (Änderung des Baurechtsgesetzes, der Insolvenzordnung, des Urkundenhinterlegungsgesetzes und des Wohnungseigentumsgesetzes):

Seit dem Budgetbegleitgesetz 2009, BGBl. I Nr. 52/2009, sind durch die mit 1.7.2009 in Kraft getretene Änderung des § 106 Abs. 1 ZPO Klagen mit Zustellnachweis zuzustellen; die Zustellung an einen Ersatzempfänger ist zulässig (RSb). In denjenigen Fällen, in denen das Gesetz anordnet, dass bestimmte Schriftstücke „wie Klagen zuzustellen sind“, ist durch den direkten Verweis eine Anpassung nicht erforderlich. Das Gesetz ordnet aber auch häufig ausdrücklich die Zustellung „zu eigenen Handen“ an. Die Eigenhandzustellung soll nun auch in diesen Fällen entfallen. Eine sachliche Rechtfertigung für diese Sonderregeln nicht mehr vor. Lediglich bei der Bestellung eines Sachwalters soll der Bestellungsbeschluss dem Betroffenen nach wie vor zu eigenen Handen zugestellt werden, weil der mit der Bestellung eines Sachwalters verbundene Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen schwerwiegend ist. Der Ausnahmecharakter zeigt sich auch daran, dass dem Betroffenen jedenfalls – auch wenn dessen Geschäftsunfähigkeit offenkundig ist – zuzustellen ist (§ 124 Abs. 2 AußStrG).

Zu Art. 4 (Änderung des Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetzes):

Allgemeines

In seinem, von der Literatur unter anderem als epochal bzw. völlig überzeugend bezeichneten Erkenntnis vom 11.02.1993, Zl. 90/06/0211 hat der VwGH (in Abkehr von seiner durch Jahrzehnte vertretenen Meinung) ausgesprochen, dass zu den Kosten des Enteignungsverfahrens im Sinne des § 44 EisbEG auch jene der rechtsfreundlichen Vertretung zählen.

Diese Ansichten des VwGH zu den Vertretungskosten fanden 1995 auch explizit Eingang in des EisbEG. Mit BGBl Nr. 297/1995 (Strukturanpassungsgesetz) wurde der § 44 EisbEG um einen Absatz erweitert, wonach im gerichtlichen Verfahren zur Feststellung der Entschädigung der Enteignete auf der Grundlage des von ihm ersiegten Entschädigungsbetrages Anspruch auf Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen, durch das Gerichtsverfahren verursachten Kosten seiner rechtsfreundlichen Vertretung und sachverständigen Beratung hat. Gleichzeitig wurde dem § 7 EisbEG ein Abs. 3 angefügt, wonach dem Enteigneten zur Abgeltung von Aufwendungen, die ihm durch rechtsfreundliche Vertretung oder sachverständige Beratung im Verwaltungsverfahren entstehen können, eine Pauschalvergütung von 1,5 % der Enteignungsentschädigung, mindestens aber 5 000 S, gebührt ohne dass es eines Nachweises bedarf.

In diesem Zusammenhang seien die relevanten Bestimmungen des EisbEG sowohl in der jeweils geltenden als auch in ihren historischen Fassungen wiedergegeben. Damit sollen, in Zusammenschau der relevanten Bestimmungen des EisbEG in den jeweiligen Fassungen mit den zu der Frage des Kostenersatzes ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidungen, die unter anderem durch diese Novelle klarzustellende aktuelle zu Auslegungsschwierigkeiten führende Rechtslage betreffend den Ersatz der (angemessenen) Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung der Enteignungsgegner durch das Bahnunternehmen im Verwaltungsverfahren, dargestellt werden.

§ 7 EisbEG in der Fassung bis 04.05.1995 (vor dem Strukturanpassungsgesetz) lautete:

„§ 7. (1) Bei der Ermittlung der Entschädigung ist auf Verhältnisse keine Rücksicht zu nehmen, die ersichtlich in der Absicht hervorgerufen worden sind, sie als Grundlage für die Erhöhung der Ansprüche auf Entschädigung zu benützen.

(2) Der Wert der besonderen Vorliebe, dann eine Werterhöhung, die der Gegenstand der Enteignung infolge der Anlage der Eisenbahn erfährt, bleiben bei der Berechnung der Entschädigung außer Betracht.“

§ 7 EisbEG in der Fassung bis 30.06.1999 lautete:

„§ 7. (1) Bei der Ermittlung der Entschädigung ist auf Verhältnisse keine Rücksicht zu nehmen, die ersichtlich in der Absicht hervorgerufen worden sind, sie als Grundlage für die Erhöhung der Ansprüche auf Entschädigung zu benützen.

(2) Der Wert der besonderen Vorliebe, dann eine Werterhöhung, die der Gegenstand der Enteignung infolge der Anlage der Eisenbahn erfährt, bleiben bei der Berechnung der Entschädigung außer Betracht.

(3) Dem Enteigneten gebührt zur Abgeltung von Aufwendungen, die ihm durch rechtsfreundliche Vertretung oder sachverständige Beratung im Verwaltungsverfahren entstehen können, eine Pauschalvergütung von 1,5 vH der Enteignungsentschädigung, mindestens aber 5 000 S, ohne daß es eines Nachweises bedarf.“

§ 7 EisbEG in der geltenden Fassung lautet:

„§ 7. (1) Bei der Ermittlung der Entschädigung ist auf Verhältnisse keine Rücksicht zu nehmen, die ersichtlich in der Absicht hervorgerufen worden sind, sie als Grundlage für die Erhöhung der Ansprüche auf Entschädigung zu benützen.

(2) Der Wert der besonderen Vorliebe, dann eine Werterhöhung, die der Gegenstand der Enteignung infolge der Anlage der Eisenbahn erfährt, bleiben bei der Berechnung der Entschädigung außer Betracht.

(3) (Anm.: aufgehoben durch VfGH, BGBl. I Nr. 156/1998)“

§ 44 EisbEG in der Fassung bis 04.05.1995 (vor dem Strukturanpassungsgesetz) lautete:

„§ 44 Die Kosten des Enteignungsverfahrens und der gerichtlichen Feststellung der Entschädigung sind, soweit sie nicht durch ein ungerechtfertigtes Einschreiten einer Partei hervorgerufen wurden, vom Eisenbahnunternehmen zu bestreiten.“

§ 44 EisbEG in der geltenden Fassung lautet:

„§ 44 (1) Die Kosten des Enteignungsverfahrens und der gerichtlichen Feststellung der Entschädigung sind, soweit sie nicht durch ein ungerechtfertigtes Einschreiten einer Partei hervorgerufen werden, vom Eisenbahnunternehmen zu bestreiten.

(2) Im gerichtlichen Verfahren zur Feststellung der Entschädigung hat der Enteignete auf der Grundlage des von ihm ersiegten Entschädigungsbetrages Anspruch auf Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen, durch das Gerichtsverfahren verursachten Kosten seiner rechtsfreundlichen Vertretung und sachverständigen Beratung. Als ersiegter Entschädigungsbetrag ist die Differenz zwischen dem gerichtlich zugesprochenen Entschädigungsbetrag und jenem Betrag anzusehen, den der Enteignungswerber zu leisten offenkundig bereit war. § 41 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 2 und Abs. 3 ZPO ist anzuwenden.“

Gemäß § 74 Abs. 1 AVG hat zwar grundsätzlich jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu tragen (Grundsatz der Selbsttragung). Nach § 74 Abs. 2 leg. cit bestimmen die Verwaltungsvorschriften, inwiefern einem Beteiligten ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht.

§ 44 Abs. 1 EisbEG regelt, dass die Kosten des Enteignungsverfahrens und der gerichtlichen Feststellung der Entschädigung von dem Eisenbahnunternehmen (Enteignungswerber) zu bestreiten sind, soweit diese Kosten nicht durch ein ungerechtfertigtes Einschreiten einer Partei hervorgerufen werden. Schließlich normiert § 44 Abs. 2 EisbEG, dass im gerichtlichen Verfahren zur Feststellung der Entschädigung der Enteignete auf der Grundlage des von ihm ersiegten Entschädigungsbetrages Anspruch auf Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen, durch das Gerichtsverfahren verursachten Kosten seiner rechtsfreundlichen Vertretung und sachverständigen Beratung hat.

Der ebenfalls mit dem Strukturanpassungsgesetz im Jahre 1995, zusammen mit dem § 44 Abs. 2, eingeführte § 7 Abs. 3 bestimmte, bis zu seiner Aufhebung durch den VfGH im Jahre 1998, dass dem Enteigneten zur Abgeltung von Aufwendungen, die ihm durch die rechtsfreundliche Vertretung und sachverständige Beratung im Verwaltungsverfahren entstehen können, eine bestimmte Pauschalvergütung gebührt. Die historische Rechtslage regelte somit in sich schlüssig den Ersatz der (angemessenen) Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung sowohl im Verwaltungsverfahren (§ 7 Abs. 3 EisbEG) als auch im gerichtlichen Verfahren zur Feststellung der Entschädigung (§ 44 Abs. 2 EisbEG).

Der VfGH hob mit Erkenntnis vom 17.06.1998 (Slg. Nr. 15190) § 7 Abs. 3 EisbEG als verfassungswidrig auf, da die Regelung dem Gleichheitssatz widersprach, soweit sie einen Kostenersatzanspruch im Verwaltungsverfahren lediglich für den „Enteigneten“ vorsah, nicht hingegen für Eigentümer, soweit sie im Enteignungsverfahren durch Abweisung des Enteignungsbegehrens ganz oder teilweise obsiegt hatten. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass der VfGH den § 7 Abs. 3 EisbEG nicht wegen der Ersatzpflicht der Kosten rechtsfreundlicher Vertretung im Verwaltungsverfahren an sich, sondern aufgrund des Umstandes, dass diese Regelung den in einem Enteignungsverfahren obsiegenden Enteignungsgegner dadurch benachteiligte, dass diesem im Verwaltungsverfahren kein Verfahrenskostenersatz zuerkannt werden durfte, aufgehoben hat.

Der Gesetzgeber ging auch nach der Aufhebung des § 7 Abs. 3 durch den VfGH aufgrund von § 44 Abs. 1 EisbEG und der Entscheidung des VwGH vom 11.02.1993, Zl. 90/06/0211 (die trotz geänderter Rechtslage heranzuziehen ist) davon aus, dass der Enteignungswerber die Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung im Verwaltungsverfahren zu ersetzen hat. Diese Tatsache belegen insbesondere auch die Materialien zum Außerstreit-Begleitgesetz (EB RV 225 BlgNR 22. GP 16), wo es unter anderem heißt, dass im Interesse des Enteignungsgegners davon abgesehen wird, eine Nachfolgeregelung zu der mit Ablauf des 30. 06. 1999 außer Kraft getretenen Bestimmung des § 7 Abs. 3 EisbEG vorzuschlagen. Auch weiterhin solle das Eisenbahnunternehmen also verpflichtet sein, die Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung des Enteigneten im Verwaltungsverfahren nach den von der Rechtsprechung dazu entwickelten Grundsätzen zu ersetzen.

Obwohl das Gesetz somit auch weiterhin von einer Kostenersatzpflicht des Enteignungswerbers auch hinsichtlich der Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung ausgeht, wurde in Verwaltungsverfahren die Meinung vertreten, der Gesetzgeber habe durch § 44 Abs. 2 EisbEG explizit festgelegt, dass die Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung ausschließlich im gerichtlichen Verfahren zur Feststellung der Entschädigung und nicht auch im Verwaltungsverfahren gebühren. Eine gegenteilige Interpretation des EisbEG, wonach Kostenersatz nur hinsichtlich der Vertretungskosten im gerichtlichen Verfahren zur Feststellung der Entschädigung gebühre, würde jedoch nicht zuletzt gegen das Gleichheitsgebot und gegen die Grundsätze des Rechts auf ein faires Verfahren verstoßen. Eine Differenzierung dahingehend, dass im gerichtlichen Neufestsetzungsverfahren die Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung ersetzt werden müssten, nicht aber im Verwaltungsverfahren, bei dem es unter anderem darum geht, dem in der Regel finanziell schwächeren Enteignungsgegner, in dessen Eigentum eingegriffen werden soll, die Möglichkeit zu geben, seine Rechte effektiv und angemessen verfolgen zu können, ist sachlich nicht zu rechtfertigen.

Um allfälligen Auslegungsschwierigkeiten bzw. einer Erschwerung der Rechtsdurchsetzung des Enteignungsgegners in der Verwaltungspraxis vorzubeugen, soll nunmehr eine klare Regelung im Hinblick auf den Ersatz der Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung durch das Eisenbahnunternehmen getroffen werden.

Da aufgrund der Aufhebung des § 7 Abs. 3 EisbEG eine Pauschalierung der vom Eisenbahnunternehmen zu ersetzenden Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung im Verwaltungsverfahren nicht mehr möglich ist und der VfGH, wie bereits oben dargelegt, sich nicht gegen die Pauschalierung an sich ausgesprochen hat, soll durch die Einführung einer Regelung, die für bestimmte Fälle einen pauschalierten Kostenersatz vorsieht, eine rasche Abdeckung der Kosten der Enteignungsgegner durch das Eisenbahnunternehmen ermöglicht werden.

Zu den einzelnen Bestimmungen

Zu § 7 Abs. 3:

Mit dieser Bestimmung wird klargestellt, dass der Enteignungsgegner im Enteignungsverfahren Anspruch auf Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten seiner rechtsfreundlichen Vertretung und sachverständigen Beratung hat.

Dem Enteignungsgegner gebührt voller Kostenersatz, soweit der Enteignungsantrag ab- oder zurückgewiesen oder in einem nicht nur geringfügigen Umfang zurückgezogen wird. In allen anderen Fällen gebührt dem Enteignungsgegner eine Pauschalvergütung in Höhe von 1,5 vH der festgesetzten Enteignungsentschädigung, mindestens aber 500 Euro und höchstens 7 500 Euro.

Das Wort „soweit“ im zweiten Satz bringt zum Ausdruck, dass die Regelung des zweiten Satzes auch dann zum Tragen kommt, wenn der Enteignungsantrag zum Teil ab- oder zurückgewiesen wird. In diesem Fall gebührt dem Enteignungsgegner Ersatz seiner Kosten entsprechend dem Verhältnis seines Obsiegens zum partiellen Erfolg des Enteignungsantrages.

Zu § 43 Abs. 1:

Auf die Erläuterungen zu Art. 3 u.a. wird verwiesen.

Zu § 48 Abs. 4:

Die Übergangsbestimmung stellt klar, dass der geänderte § 7 Abs. 3 lediglich auf jene Verfahren anzuwenden ist, bei denen der Antrag auf Enteignung nach dem 31. Dezember 2010 bei der Behörde eingelangt ist.

Verfahren, bei denen der Antrag auf Enteignung vor diesem Zeitpunkt eingelangt ist, sind nach den bisher geltenden Vorschriften zu Ende zu führen.

Zu Art. 5 (Änderung der Exekutionsordnung):

Zur Änderung in § 80 wird auf die Erläuterungen zu Art. 3 u.a. verwiesen.

Zur Änderung in § 249: In der Fahrnisexekution ist dem Verpflichteten die Exekutionsbewilligung erst bei Vornahme der Pfändung zuzustellen, wenn sie im ordentlichen Bewilligungsverfahren ergangen ist. Im vereinfachten Bewilligungsverfahren ist hingegen die Exekutionsbewilligung in der Fahrnisexekution vorweg dem Verpflichteten zuzustellen, und der Vollzug der Pfändung darf erst frühestens 14 Tage nach dieser Zustellung erfolgen.

Diese vorherige Zustellung kann entfallen, wenn die hereinzubringende Forderung an Kapital 500 Euro nicht übersteigt und die Zahlung der hereinzubringenden Forderung aufgrund der Zustellung der Exekutionsbewilligung nicht zu erwarten ist. Damit soll auch im vereinfachten Bewilligungsverfahren die Zustellung durch den Gerichtsvollzieher beim Vollzug ermöglicht werden, sodass hohe Portokosten eingespart werden können.

Zu Art. 6 (Änderung des Firmenbuchgesetzes):

Im § 15 Abs. 3 soll angeordnet werden, dass auf Zwangsstrafenverfahren die Bestimmungen des § 283 Abs. 2 und 3 UGB mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden sind, dass das Gericht anstelle der Androhung einer Zwangsstrafe mit Zwangsstrafverfügung im Bereich des für den Pflichtverstoß vorgesehenen Strafrahmens vorgehen kann. Zur Zwangsstrafverfügung siehe die Erläuterungen zu Artikel X18 (§§ 283, 906 und 907 UGB).

Zu Art. 7 (Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes):

Zu Z 1 (§ 7 Abs. 3):

Nach § 7 Abs. 3 FMedG hat einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung „eine eingehende Beratung durch ein Gericht oder einen Notar über die rechtlichen Folgen der Zustimmung“ voranzugehen. Es hat sich gezeigt, dass eine derartige Beratung – nicht bloß eine Information über die Rechtslage – das letztlich zur Entscheidung berufene Gericht in einen Rollenkonflikt führt. Im Hinblick auf die Auflassung der notariellen Tätigkeit der Gerichte im Zusammenhang mit Zustimmungen zur medizinisch unterstützten Fortpflanzung soll auch diese Bestimmung aufgehoben werden.

Zu Z 2 (§ 8 Abs. 1):

Die Bestimmung regelt die äußere Form einer Zustimmung zu einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung unter Lebensgefährten oder bei Verwendung des Samen eines Dritten. Sie kann derzeit bei einem Notar oder bei Gericht erklärt werden. Im Sinn einer Konzentration der Außerstreitgerichte auf deren Entscheidungstätigkeit in strittigen Fällen soll die Beurkundungsbefugnis der Gerichte beseitigt werden.

Zu Art. 8 (Änderung des Gebührenanspruchsgesetzes):

Zu Z 1 (§ 1):

Dolmetscher, die dem Gericht oder der Staatsanwaltschaft gemäß § 75 Abs. 4 ASGG oder § 126 Abs. 2a StPO zur Verfügung gestellt werden, werden auf Basis einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Bundesministerium für Justiz oder der Justizbetreuungsagentur tätig, im Rahmen derer auch ihre Entlohnung zu regeln ist. Die vorgeschlagene Ergänzung des § 1 GebAG stellt im Hinblick darauf klar, dass sie keinen Gebührenanspruch nach diesem Gesetz haben.

Zu Z 2 (§ 20 Abs. 3):

Die für die Zeugengebühren nach § 20 Abs. 3 GebAG vorgesehene Aufrundungsregel soll durch die Anordnung einer kaufmännischen Rundung ersetzt werden.

Zu Z 3 (§ 39 Abs. 2):

Die für die Sachverständigengebühren vorgesehene Rundungsregelung soll vereinfacht werden. In Hinkunft soll hier auf volle Euro abzurunden sein.

Zu Z 4 (§ 64):

Die für Zuschlagsverordnungen betreffend die festen Gebührenbeträge nach dem GebAG vorgesehene Rundungsregel soll durch die Anordnung einer kaufmännischen Rundung ersetzt werden.

Zu Art. 9 (Änderung des Gerichtlichen Einbringungsgesetzes):

Zu Z 1 und 2 (§§ 5 und 19a):

Zur Sicherung der in § 1 GEG genannten Beträge – also etwa der Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren, der Geldstrafen, der Kosten des Strafverfahrens und des Strafvollzugs sowie aller Kosten in Zivilverfahren, die aus Amtsgeldern berichtigt worden sind – soll dem Bund schon vor dem Entstehen beziehungsweise der Entscheidung über den Anspruch ein Zurückbehaltungsrecht an den in gerichtliche Verwahrung genommenen Geldbeträgen und beweglichen körperlichen Sachen des Zahlungspflichtigen einschließlich der erlegten Kostenvorschüsse sowie an sichergestellten und beschlagnahmten Gegenständen (§§ 109, 110 und 115 StPO) des Beschuldigten (Angeklagten) zustehen. Dieses Zurückbehaltungsrecht soll auch in Ansehung jener Beträge bestehen, von deren Entrichtung die Partei im Wege der Verfahrenshilfe einstweilig befreit war (§§ 8, 9 GGG), bevor über die Nachzahlung entschieden ist. Es unterliegt den gleichen Beschränkungen, die bei der Eintreibung der zu sichernden Beträge zu beachten sind und soll wie schon bisher den Vorschriften über die Einziehung vorgehen.

Nach § 19 Abs. 5 soll § 5 mit 1. Jänner 2011 in Kraft treten und auf Verwahrnisse anzuwenden sein, die sich nach dem 31. Dezember 2010 in gerichtlicher Verwahrung befinden.

Zu Art. 10 (Änderung des Gerichtsgebührengesetzes):

Zu Z 1 lit. a, Z 4 lit. a, Z 11 lit. a und c sowie Z 24 lit. b (§ 2 Z 1 lit. c, § 7 Abs. 1 Z 1, TP 1 Z I und II, Art. VI Z 41):

Die Justiz ist mit erheblichen Ausgaben im Bereich der Dolmetscher/innen belastet. Durch Insourcing von Dolmetschleistungen in den gängigsten Sprachen können bundesweit erhebliche Einsparungseffekte für die Justiz erreicht werden, weil diese Leistungen vielfach auch endgültig aus Amtsgeldern zu entlohnen sind und so unmittelbar das Justizbudget belasten. In Verfahren, in denen Dolmetscher/innen besonders häufig beizuziehen sind, dies sind in Zivilrechtssachen in erster Linie Sozialrechtsverfahren, soll daher die Möglichkeit geschaffen werden, auf vom Bundesministerium für Justiz oder in dessen Auftrag von der Justizbetreuungsagentur zur Verfügung gestellte „Amtsdolmetscher/innen“ zugreifen zu können (§ 75 Abs. 4 ASGG).

Um diese Kostenminimierung auch verfahrensrechtlich mit einer Entlastung durch Abschaffung von Doppelgleisigkeiten zu begleiten, soll das bislang bestehende Erfordernis der Schaffung zweier Titel (Bestimmung der Höhe der Gebühr durch das Gericht mit Beschluss und sodann Schaffung eines Exekutionstitels seitens der Justizverwaltung mittels Zahlungsauftrag zur Eintreibung) abgeschafft werden. Anstelle der aufwändig nach Einzelleistungen zu berechnenden Entlohnung der Dolmetschtätigkeit samt Fahrtkosten und Zeitversäumnis nach dem GebAG durch die Rechtsprechung soll eine viel einfacher zu handhabende Dolmetschpauschale von 159 Euro in Form einer Gerichtsgebühr treten. Diese soll – von einer extrapolierten Berechnung der durchschnittlichen Kosten ausgehend und auf Erfahrungswerten beim LGSt Wien beruhend – in etwa dem durchschnittlichen Aufwand der Justiz für die Beiziehung eines Dolmetschers oder einer Dolmetscherin in einem Gerichtsverfahren entsprechen und – vorläufig nur im sozialgerichtlichen Verfahren – im Justizverwaltungsweg zu bestimmen sein, um das sozialgerichtliche Verfahren von Sachaufwand und Personalkosten zu entlasten. Durch die alleinige Vorschreibung und Bestimmung von Pauschalgebühren – dem System des GEG folgend – von Kostenbeamt/innen (der gehaltsmäßigen Einstufung V3 bzw. V4) sollen insbesondere die Rechtsprechungsorgane von einer Aufgabe entlastet werden, die nicht den Kernbereich richterlicher Tätigkeit betrifft.

Um die Bestimmung und Einhebung der Pauschale zu vereinfachen, soll die Dolmetschpauschale von 159 Euro kostengünstig in Form einer Gerichtsgebühr entsprechend den Kostentragungsregeln des sozialgerichtlichen Verfahrens vorgeschrieben, bestimmt und eingehoben werden. Dies bedeutet, dass davon nur Versicherungsträger betroffen sind, die nicht von der Kostenersatzregel des § 93 ASGG erfasst werden (also keine Träger der Sozialversicherung sind). Demnach soll in Sozialrechtssachen vom Versicherungsträger – wenn er nicht Träger der Sozialversicherung ist – entsprechend der Kostentragungsregel des § 77 Abs. 1 ASGG eine Pauschalgebühr nach dem Gerichtsgebührengesetz zu entrichten sein. Für diese Pauschalgebühr zur Abgeltung einer „Amtsdolmetschleistung“ soll innerhalb der Tarifpost 1 ein neuer Abschnitt II gebildet werden. Die Pauschale soll nicht gleich nach Abschluss der Dolmetschleistung, sondern erst mit der Zustellung der Entscheidung der jeweiligen Instanz an den Versicherungsträger fällig werden. Gebührenauslösend sollen in der jeweiligen Instanz, in der die Dolmetschleistung erbracht wurde, nur diese Instanz erledigende Entscheidungen sein (also Entscheidungen in der oder über die Sache, welche das Klagebegehren zurückweisen, diesem stattgeben oder dieses abweisen bzw. in Rechtsmittelverfahren auch Aufhebungsbeschlüsse).

Im Übergangsrecht (Art. VI Z 41) ist vorgesehen, dass die §§ 2 Z 1 lit. c, 7 Abs. 1 Z 1 und die Tarifpost 1 Z II mit 1. Juli 2011 in Kraft treten und auf „Amtsdolmetschleistungen“ anzuwenden sein sollen, die nach dem 30. Juni 2011 ergehen.

Zu Z 1 lit. b, Z 4 lit. b, Z 5, Z 22 und Z 24 lit. b (§ 2 Z 7, § 7 Abs. 1 Z 3, § 12 Abs. 2, TP 14 Z 11, TP 14 Anm. 3, 4, 5 und 6, Art. VI Z 39):

Die Oberstaatsanwaltschaften haben nach dem vorgeschlagenen § 89m Abs. 1 GOG aus dem elektronischen Register einem Verband (§ 2 Abs. 1 Verbandsverantwortlichkeitsgesetz, VbVG) auf Antrag darüber Auskunft zu erteilen, ob der Verband strafgerichtlich verurteilt wurde, und ob gegen den Verband ein Strafverfahren geführt wird. Hierfür soll in der Tarifpost 14 Z 11 ein neuer Gebührentatbestand vorgesehen werden. Die Gebühr soll 50 Euro betragen und ist je angefragtem Rechtsträger zu entrichten. Das bedeutet, dass bei einem Antrag auf Erteilung einer Registerauskunft für mehrere (auch verbundene) Rechtsträger die Gebühr für jeden einzelnen Rechtsträger gesondert anfällt.

Eine natürliche Person hat für eine Strafregisterauskunft eine – geringere – Bundesgebühr in Höhe von 26,40 Euro zuzüglich einer Bundesverwaltungsabgabe in Höhe von 2,10 Euro zu entrichten. Der mit der Erteilung einer Registerauskunft nach dem VbVG verbundene Aufwand ist aber größer, weil zunächst im Firmenbuch überprüft werden muss, ob das beantragende Organ tatsächlich vertretungsbefugt ist, um dann nicht nur – wie bei Strafregisterauskünften – nach vorliegenden Verurteilungen, sondern auch nach laufenden Verfahren zu suchen. Da für Verfahren nach dem VbVG kein eigenständiges Register besteht, muss hierbei eine Abfrage in allen Registern der Justiz vorgenommen werden.

Wie auch bei anderen Gebührentatbeständen vorgesehen, soll in der Anmerkung 3 zur Tarifpost 14 klargestellt werden, dass mit der Entrichtung der Gebühr für die Erteilung einer Registerauskunft nur die erste Ausfertigung abgegolten ist. Werden mehrere Ausfertigungen begehrt, so ist für jede weitere Ausfertigung der Registerauskunft eine Gebühr von 2 Euro zu entrichten. Für diese Gebühr ist – wie auch für sonstige Abschriften (vgl. Anmerkung 8 zur Tarifpost 15) – eine eigene Rundungsregelung erforderlich, um eine adäquate Valorisierung des Gebührenbetrags sicherzustellen und exorbitante Steigerungen zu vermeiden. Dabei kann nicht auf volle Euro-Beträge abgestellt und entsprechend auf- bzw. abgerundet werden, sondern ist eine Aufrundung jeweils nur auf die nächsten vollen 10 Cent vorzusehen.

Fälligkeit und Zahlungspflicht der neuen Gebühren richten sich nach §§ 2 Z 7 und 7 Abs. 1 Z 3. Die Gebühr wird mit der Überreichung des Antrags, bei Protokollaranträgen mit dem Beginn der Niederschrift fällig. Zahlungspflichtig ist derjenige, der die Registerauskunft bestellt, veranlasst oder in dessen Interesse diese ausgestellt wird.

Im Übergangsrecht (Art. VI Z 39) ist vorgesehen, dass die in der Tarifpost 14 Z 11 vorgesehene Gebühr auf Anträge anzuwenden ist, die nach dem 31. Dezember 2010 bei der Behörde einlangen.

Zu Z 1 lit. c, Z 2, Z 3, Z 9, Z 18 lit. c, d sowie g bis j und Z 24 lit. b (§ 2 Z 8, § 4 Abs. 6, § 6a Abs. 1, § 26b Abs. 1 und 3, TP 9 lit. d und e, TP 9 Anm. 13 bis 17, Art. VI Z 42):

Nach Fertigstellung der Applikation „Grundbuch neu“ soll von der derzeit in der Grundstücksdatenbankverordnung 2009 (GDBV 2009) vorgesehenen Zeilengebühr für Abfragen über die Verrechnungsstellen abgegangen und sollen verschiedene „Flat-Rates“ eingeführt werden: Für eine Vollabfrage soll eine Gebühr von 3 Euro je abgefragter Einlagezahl vorgesehen werden, die unabhängig vom Datenumfang der Einlagezahl zu entrichten ist. Weiters sollen diverse eingeschränkte Abfrageprodukte vorgesehen werden, für die eine Gebühr von 1,50 Euro je abgefragter Einlage- oder Tagebuchzahl oder Person anfällt. Für Abfragen aus der Urkundensammlung wird eine Gebühr von 0,90 Euro je abgefragter Urkunde vorgeschlagen. Für Abfragen durch Körperschaften öffentlichen Rechts ist bereits in § 1 Abs. 2 GDBV 2009 eine einheitliche Gebühr in Höhe von 1,09 Euro je Abfrage vorgesehen. Da bei der GDBV 2009 seit deren erstmaligem In-Kraft-Treten 1999 keine Indexanpassung vorgenommen wurde, soll der Betrag entsprechend der Veränderung des VPI 1996 festgesetzt werden und zukünftig 1,40 Euro betragen. Bei Abschriften aus dem Hauptbuch des Grundbuchs und dessen Hilfsverzeichnissen (Tarifpost 9 lit. d), die bei Gericht beantragt werden, soll zukünftig nicht mehr auf deren Umfang abgestellt werden, sondern ebenfalls einheitlich eine Gebühr von 12 Euro anfallen. Bei der Festsetzung der Höhe der „Flat-Rates“ müssen jeweils auch die Betriebs-, Wartungs- und Entwicklungskosten der Abfrageprodukte im Rahmen der Applikation „Grundbuch neu“ sowie die Personalkosten Deckung finden.

Die Einführung von „Flat-Rates“ (auch „Flat-Fees“ genannt) soll zur Klarheit für die Endnutzer beitragen, ist für sie nach diesem System doch schon vor der Abfrage erkennbar, welche Gebührenpflicht entstehen wird. Die Zeilengebühr kann demgegenüber bei umfangreichen Einlagezahlen überraschend hohe Gebührenbeträge ergeben.

Die Fälligkeit und Zahlungspflicht werden im neuen § 26b Abs. 1 und 3 geregelt. Der Anspruch des Bundes auf die Gebühr wird – wie bisher mit der Abfrage der Verrechnungsstelle dieser gegenüber – begründet. Zahlungspflichtig sind auch weiterhin nur die mit dem Zugang zur Grundbuchsdatenbank beauftragten Verrechnungsstellen, die über Auftrag der Endnutzer die Abfragen durchführen und von diesen auftragsgemäß entlohnt werden, bzw. die Bundesrechenzentrum GmbH für Abfragen im Auftrag einer Körperschaft öffentlichen Rechts.

Die Verrechnungsstellen bleiben alleinige Gebührenschuldner gegenüber dem Bund. Mit den Endnutzern, in deren Auftrag sie die Anfragen durchführen, besteht in der Regel ein privatrechtliches Verhältnis. In der Anmerkung 13 zu Tarifpost 9 ist daher vorgesehen, dass die Verrechnungsstellen bei Abfragen nach Tarifpost 9 lit. e nur einen vom Bundesministerium für Justiz zu genehmigenden angemessenen Zuschlag für die eigene Tätigkeit in Rechnung stellen können, um die Endnutzer vor übertriebenen Honorarvorstellungen der Verrechnungsstellen zu schützen und ein allfälliges Ausnützen einer Monopolstellung bzw. ein allfälliges Kartell zur Einnahmenoptimierung verlässlich hintanhalten zu können. Die Voraussetzungen für geeignete Rechtsträger zur Beauftragung als Verrechnungsstelle legt die Bundesministerin für Justiz wie bisher im Vertragsweg fest.

Da mit der Übernahme der Gebühren für Abfragen nach den §§ 6 und 7 GUG in das GGG die GDBV 2009 obsolet wird, soll auch die Bestimmung des § 2 GDBV 2009 zur Klarstellung in die Anmerkung 17 zur Tarifpost 9 übernommen werden.

Für die in der Tarifpost 9 lit. e vorgesehenen Pauschalgebühren ist aufgrund ihrer geringen Höhe eine eigene Rundungsregelung erforderlich, um eine adäquate Valorisierung des Gebührenbetrags sicherzustellen (siehe die Erläuterungen zu Z 1 lit. b, Z 4 lit. b, Z 5, Z 22 und Z 24 lit. b).

Die vorgeschlagenen Änderungen in § 2 Z 8, § 4 Abs. 6 sowie TP 9 Anm. 15 haben rein redaktionellen Charakter. Sie dienen der Vereinheitlichung der Terminologie (etwa für „Kopien, Ablichtungen, Auszüge und Ausdrucke“).

Im Übergangsrecht (Art. VI Z 42) ist vorgesehen, dass die neuen Bestimmungen im Zusammenhang mit Abfragen nach den §§ 6 und 7 GUG mit 1. Oktober 2011 in Kraft treten. Mit In-Kraft-Treten der Tarifpost 9 lit. e tritt die GDBV 2009 außer Kraft. Die Verordnungen sollen nur auf Abfragen anzuwenden sein, die vor dem 1. Oktober 2011 durchgeführt werden. Die neuen Bestimmungen der Tarifpost 9 lit. e sowie des § 26b sind demnach auf Abfragen anzuwenden, die nach dem 30. September 2011 erfolgen.

Zu Z 6, Z 7, Z 10, Z 11 lit. b, Z 12, Z 13, Z 14 sowie Z 24 lit. b (§§ 16, 17, 31a, TP 1 bis 4, Art. VI Z 39):

§ 16 regelt die Bemessungsgrundlage bei bestimmten Streitigkeiten (z.B. bei Bestandstreitigkeiten), sie beträgt derzeit 733 Euro bzw. 2 465 Euro. § 17 sieht in Ermangelung anderer Bewertungsregelungen für bezirksgerichtliche und arbeitsrechtliche Streitigkeiten eine Bemessungsgrundlage von 1 232 Euro und für Streitigkeiten, die in die Zuständigkeit der Gerichtshöfe fallen, eine Bemessungsgrundlage von 6 162 Euro vor. Im Sinn einer allgemeinen Verwaltungsvereinfachung sollen auch diese Beträge durch runde (leichter merkbare) Beträge ersetzt werden. Diese Änderung hat keine einnahmenseitigen Auswirkungen, weil dadurch kein Wechsel der Gebührenstufe bedingt ist. Um nicht in Folge einer Indexanpassung erneut schwer merkbare Beträge zu erhalten, soll hier die Indexanpassung nicht mehr nach § 31a Abs. 1, sondern von Zeit zu Zeit durch Gesetz erfolgen, sobald die Indexsteigerung eine Anhebung auf einen runden Betrag zulässt.

Im Rahmen der Euro-Umstellung wurden die – die Streitwertgrenzen in den Tarifposten 1 bis 4 bildenden – ursprünglich runden Schillingbeträge auf Euro-Beträge umgerechnet. Dadurch sind schwer merkbare Streitwertgrenzen entstanden, die nun wiederum durch runde Eurobeträge ersetzt werden sollen. Durch diese „Glättung“ der Gebührenstufen nach unten sollen sie für die Anwender wieder leichter merk- und handhabbar werden. Neben der darin liegenden Verwaltungsvereinfachung ist auch ein gewisser – vom Klägerverhalten abhängiger und daher nur schwer einschätzbarer – positiver einnahmenseitiger Effekt zu erwarten, der dem ansteigenden Aufwand in Folge erhöhter Komplexität der Zivilprozesse Rechnung tragen soll.

Durch ein Redaktionsversehen wurden die Fixbeträge, die bei Streitwerten über 363 360 Euro der Prozentkomponente hinzurechnen sind, in den Tarifposten 1 bis 3 GGG gelegentlich nicht im erforderlichen Ausmaß, nämlich auch entsprechend § 31a Abs. 2, indexiert, sodass derzeit für Klagen mit einem Streitwert von knapp über 363 360 Euro weniger Gebühren zu entrichten sind als für Klagen mit einem Streitwert unter 363 360 Euro. Diese Rechenfehler sollen mit der neuen Festsetzung der Fixbeträge behoben und die Fixbeträge wieder so gestaltet werden, dass sie die ursprünglichen den Streitwerthöhen entsprechenden Relationen wiederherstellen.

Im Übergangsrecht (Art. VI Z 39) ist vorgesehen, dass die neuen Streitwertgrenzen mit 1. Jänner 2011 in Kraft treten und auf Klagen, Anträge und Rechtsmittel anzuwenden sein sollen, die nach dem 31. Dezember 2010 bei Gericht einlangen.

Zu Z 8 und Z 24 lit. b (§ 18 Abs. 2 Z 2a, Art. VI Z 39):

Mit dem vorgeschlagenen § 18 Abs. 2 Z 2a soll für die ständige Rechtsprechung des VwGH (siehe Stabentheiner, Gerichtsgebühren9 [2010] E 53 ff, vgl. etwa zuletzt VwGH 8.9.2010 Zl. 2010/16/0117) nunmehr auch eine explizite gesetzliche Grundlage geschaffen werden. Durch die solcherart bewirkte Transparenz im Gesetz soll der Justizverwaltung eine Vielzahl von Rechtsmittelverfahren erspart und so der Aufwand hiefür gesenkt werden. Nebenbei wird auch Rechtsklarheit für die Vergleichsparteien geschaffen und es ihnen so erleichtert, eine gebührenschonende Gestaltung ihrer Vereinbarung zu wählen, und z.B. soweit die Sicherung der wiederkehrenden Leistung nicht bezweckt sein sollte, auf deren Erwähnung im Vergleich zu verzichten. Damit sollen die doch immer wieder aufgetretenen, stereotypen negativen Überraschungseffekte im Gerichtsgebührenbestimmungsverfahren vermieden und Rechtsklarheit auch für alle Rechtsanwender geschaffen werden, denen die Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts in Gebührensachen nicht immer geläufig ist.

Wiederkehrende Leistungen (z.B. der Mietzins) sind immer dann in die Bemessungsgrundlage eines Vergleichs, der eine Räumungsverpflichtung (egal ob zeitlich fixiert oder nicht) enthält oder darauf Bezug nimmt, einzurechnen, wenn die Räumungsverpflichtung (auch) der Sicherung der wiederkehrenden Leistungen dient (zB weil Monat für Monat auf die Durchsetzung der Räumungsverpflichtung nur insofern jeweils verzichtet wird, als die wiederkehrende Leistung erfolgt).

Nach Art. VI Z 39 soll § 18 in der neuen Fassung auf Vergleiche anzuwenden sein, die nach dem 31. Dezember 2010 geschlossen werden.

Zu Z 9, Z 19 lit. b, c, d sowie h bis j und Z 24 lit. b (§ 26b Abs. 2 und 3, TP 10 Z III lit. a und b, Z IV, TP 10 Anm. 17 und 20 bis 23, Art. VI Z 40)

Die Gebühren für Abfragen aus dem Firmenbuch über die Verrechnungsstellen sollen direkt im GGG geregelt werden. Dabei sollen die in der Firmenbuchdatenbankverordnung (FB-DBV) bestehenden Abfrageprodukte vollständig erhalten bleiben. Da bei den Abfragegebühren in der FB-DBV seit deren erstmaligem Inkrafttreten im Jahr 1999 keine Indexanpassung erfolgt ist, sollen die Gebührenbeträge entsprechend der Veränderung des VPI 1996 indexiert werden (Steigerung 25,3%). Die errechneten Beträge sollen auf volle 10 Cent auf- beziehungsweise abgerundet werden, wobei Beträge bis einschließlich 5 Cent abgerundet und Beträge über 5 Cent aufgerundet werden sollen. Der errechnete Betrag für jene Gebühren, die bisher 10 Cent betrugen, wurde auf den nächsten Cent gerundet. Zusätzlich soll ein neues Abfrageprodukt geschaffen werden, das es den Abfragenden (und damit auch den Endnutzern) ermöglicht, sämtliche im Firmenbuch sowie der elektronischen Urkundensammlung enthaltenen Informationen und Urkunden eines Rechtsträgers in einem Schritt zu erhalten. Für dieses „All-in-One“ Produkt, das aus einem aktuellen Firmenbuchauszug mit historischen (gelöschten) Daten und Gewerberegister-Daten sowie allen in der elektronischen Urkundensammlung enthaltenen Urkunden des jeweiligen Rechtsträgers besteht, wird eine Gebühr von 7,50 Euro vorgeschlagen (entsprechend der Annahme, dass pro Rechtsträger im Schnitt drei Urkunden in der Urkundensammlung des Firmenbuchs enthalten sind). Für die Suche im Zweig Firmeninformation ist die Einführung einer Flat-Rate (Flat-Fee) in Höhe von 5 Euro vorgesehen, die je abgefragter Firmen- oder Personenliste nur einmal zu entrichten ist. Für die weitere Recherche mittels der vorhandenen Verknüpfungen fällt sohin keine weitere Gebühr mehr an. Das derzeit bestehende Gebührensystem für die Suche im Zweig Firmeninformation, bei dem für jeden „Klick“ auf eine Verlinkung erneut eine Gebühr anfällt, soll nicht mehr angeboten werden.

Fälligkeit und Zahlungspflicht werden im neuen § 26b Abs. 2 und 3 geregelt. Der Anspruch des Bundes auf die Gebühr wird wie bisher mit der Abfrage begründet. Zahlungspflichtig bleiben die mit dem Zugang zur Firmenbuchdatenbank beauftragten Verrechnungsstellen, die über Auftrag der Endnutzer die Abfragen durchführen, bzw. die Bundesrechenzentrum GmbH für im Auftrag des Bundes, der öffentlich-rechtlichen Fonds, deren Abgang der Bund zu decken hat, der im jeweiligen Bundesfinanzgesetz bezeichneten Monopol- und Bundesbetriebe, der Länder, der Gemeinden, der Sozialhilfeverbände sowie der Körperschaften öffentlichen Rechts durchgeführte Abfragen sowie für Sammelabfragen.

Die Verrechnungsstellen bleiben Gebührenschuldnerinnen gegenüber dem Bund. Mit den Endnutzern, in deren Auftrag sie die Anfragen durchführen, haben sie in der Regel ein privatrechtliches Verhältnis. In Anmerkung 22 zur Tarifpost 10 ist daher vorgesehen, dass die Verrechnungsstellen bei Abfragen nach Tarifpost 10 Z IV wie bei Grundbuchsabfragen einen vom Bundesministerium für Justiz zu genehmigenden für die eigene Tätigkeit angemessenen Zuschlag in Rechnung stellen können. Die Voraussetzungen für geeignete Rechtsträger zur Beauftragung als Verrechnungsstelle legt die Bundesministerin für Justiz auch weiterhin im Vertragsweg fest.

Da mit der Übernahme der Gebühren für Abfragen nach § 34 FBG in das GGG die FB-DBV obsolet wird, soll auch die Bestimmung des § 4 FB-DBV zur Klarstellung in die Anmerkung 17 zur Tarifpost 10 übernommen werden.

Für die in der Tarifpost 10 Z IV lit. a Z 1 bis 10, 13, 16 und 17 sowie lit. b vorgesehenen Pauschalgebühren ist aufgrund ihrer geringen Höhe eine eigene Rundungsregelung erforderlich, um eine adäquate Valorisierung des jeweiligen Gebührenbetrags sicherzustellen (siehe die Erläuterungen zu Z 1 lit. b, Z 4 lit. b, Z 5, Z 22 und Z 24 lit. b). Auch die Anwendung dieser (für geringe Gebührenbeträge geschaffenen) Rundungsregel würde bei den in der Tarifpost 10 Z IV lit. a Z 11, 12, 14 und 15 vorgesehenen Pauschalgebühren zu einer unangemessenen Gebührensteigerung führen, weshalb für diese Pauschalgebühren eine weitere Rundungsregel erforderlich war, bei der nicht auf die nächsten vollen 10 Cent, sondern auf den nächsten Cent aufzurunden ist.

Im Übergangsrecht (Art. VI Z 40) ist vorgesehen, dass die neuen Bestimmungen im Zusammenhang mit Abfragen nach § 34 FBG mit 1. April 2011 in Kraft treten sollen. Mit dem Inkrafttreten der Tarifpost 10 Z IV soll die FB-DBV außer Kraft treten. Die FB-DBV soll nur noch auf Abfragen anzuwenden sein, die vor dem 1. April 2011 durchgeführt werden. Die neuen Bestimmungen der Tarifpost 10 Z IV sowie des § 26b sind auf Abfragen anzuwenden, die nach dem 31. März 2011 erfolgen.

Zu Z 15 (Überschrift vor TP 5):

In der Überschrift vor der Tarifpost 5 soll klar zum Ausdruck kommen, dass es sich bei allen Gebühren um Pauschalgebühren handelt. Sämtliche Gebühren des GGG sind pauschaliter bezogen auf den Durchschnittsfall ermittelt und sind somit als Pauschalgebühren für einzelne Verfahrenshandlungen, einzelne Verfahrensabschnitte oder für das gesamte Verfahren zu werten. Mit dieser Klarstellung soll insoweit eine Vereinfachung bewirkt werden, als damit Streitpunkte der Auslegung obsolet werden, die bislang wiederholt unnötigen Verfahrensaufwand erzeugt haben.

Zu Z 16 und 17 (Überschrift vor TP 7, TP 7 Anm. 8):

Im Rahmen des BBG 2009 wurde in der Tarifpost 7 lit. c eine Entscheidungsgebühr für Prüfverfahren eingeführt, die der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung einer Rechtshandlung oder der Bestätigung einer Pflegschaftsrechnung vorausgehen. Die Einführung dieser Gebühr war im Hinblick auf das immer höher werdende Haftungsrisiko und den mit der Überprüfung der immer diffiziler werdenden Vermögensgebarung verbundenen, steigenden Aufwand der Gerichte erforderlich.

Schon bisher bestand selbstverständlich die Möglichkeit, auf Antrag von der Entrichtung dieser Pauschalgebühren befreit zu werden, wenn die Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe vorlagen. Nunmehr wird für die Bestätigung der Pflegschaftsrechnung nach Tarifpost 7 lit. c Z 2 eine Gebührenbefreiung in jenen Fällen vorgeschlagen, in denen wohl in aller Regel bislang Verfahrenshilfe zu bewilligen war. Die Gebührenbefreiung greift nämlich nur, wenn als einziges Vermögen „Sparguthaben“ – egal in welcher Form (z.B. auch in Form von Wertpapieren) – bis zu 4 000 Euro vorhanden ist. Der Betrag orientiert sich an jenem, der auch bei der Gewährung von Sozialhilfe durch die Länder unberücksichtigt bleibt. Als weitere Voraussetzung darf das jährliche Einkommen nach Abzug der vom Einkommen zu entrichtenden Steuern und Abgaben 10 000 Euro nicht übersteigen. Dabei sind – wie schon in § 276 Abs. 1 ABGB geregelt – Bezüge nicht zu berücksichtigen, die kraft gesetzlicher Anordnung ausschließlich zur Deckung bestimmter Aufwendungen dienen. Als wichtigste Beispiele für derartige Bezüge sind das Pflegegeld und die Mietzinsbeihilfe zu nennen. Durch die Einführung einer gesetzlichen Gebührenbefreiung soll nicht nur eine Entlastung der gerichtlichen Entscheidungsorgane, sondern auch der gesetzlichen Vertreter erreicht werden. Ein Verfahren über einen Verfahrenshilfeantrag ist sohin nicht mehr notwendig. Die Partei (bzw. ihr Vertreter) hat die Gebührenbefreiung lediglich – gegenüber der Kostenbeamtin bzw. dem Kostenbeamten – geltend zu machen, wobei das Vorliegen der Voraussetzungen in der Regel schon aus der Pflegschaftsrechnung selbst (den dort in Summe angeführten Vermögenswerten und Einkommen) hervorgehen wird. Von Amts wegen haben die Kostenbeamt/innen (wie schon bisher das Gericht) allerdings nicht zu überprüfen, ob die Voraussetzungen der Gebührenbefreiung (bisher der Verfahrenshilfe) gegeben sind. Sind die Voraussetzungen der Anmerkung 8 zur Tarifpost 7 nicht erfüllt, besteht auch weiterhin nur die Möglichkeit einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zu stellen, um von der Entrichtung der Gerichtsgebühren (vorläufig) befreit zu werden.

In der Überschrift vor der Tarifpost 7 soll – wie auch in der Überschrift vor der Tarifpost 5 – zum Ausdruck kommen, dass es sich bei allen Gebühren um Pauschalgebühren handelt. Zu den damit verbundenen Erwägungen siehe die Erläuterungen zu Z 15.

Zu Z 18 lit. a, b, e und f, Z 19 lit. a, e und f sowie Z 24 lit. b (TP 9 lit. a und b Z 1 und 3 sowie Anm. 1a und 3a, TP 10 Z 1 lit. a sowie Anm. 1a und 3a, Art. VI Z 39):

Der Elektronische Rechtsverkehr (im Sinn der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr, BGBl. II Nr. 481/2005 idgF) wurde im Laufe der Zeit für die direkte Übernahme aller Arten von Dokumenten in die Datenbank der Verfahrensautomation verfügbar gemacht. Dies erspart die nochmalige elektronische Erfassung der Dokumente bei Gericht und bewirkt damit eine reale Personaleinsparung und die Vermeidung von Eingabefehlern. Damit können Verfahren auch schneller durchgeführt werden, weil sich die Zeit der Übertragung gegenüber dem herkömmlichen Postweg auf ein Minimum reduziert. Nunmehr soll der mit der Verwaltung von papierenen Eingaben verbundene höhere Aufwand der Justiz auch gebührenrechtlich abgebildet und dadurch ein positiver Steuerungseffekt erzielt werden. Die Einbringung im ERV soll deshalb als Regelfall für die Eingabengebühr in TP 9 lit. a sowie TP 10 Z I lit. a festgelegt werden. Dazu werden die nach geltendem Recht für Eingaben im ERV mit elektronischer Vorlage aller Urkunden für die Urkundensammlung jeweils in den Anm. 3a bestehenden Gebührenermäßigungen von 7 Euro aufgehoben und in die Bemessung der Eingabengebühren aufgenommen; die geltenden Beträge vermindern sich sohin um 7 Euro. Entsprechend dem höheren Aufwand sollen sich die Pauschalgebühren jeweils um 15 Euro erhöhen, wenn eine Gruchbuchs- oder Firmenbucheingabe nicht im elektronischen Rechtsverkehr übermittelt wird.

Die Grundbuchsgebühren sollen zudem moderat – nämlich um 0,1 % – erhöht werden. Diese Anhebung um einen Zehntelprozentpunkt soll auch einen Ausgleich für die Gebührensenkung bei den Eingabegebühren für Eingaben im elektronischen Rechtsverkehr (ohne Vorlage von Urkunden für die Urkundensammlung) schaffen und sohin einfache Gesuche entlasten.

Die Tarifpost 9 lit. a und b, ihre Anmerkung 1a sowie die Tarifpost 10 lit. a sowie ihre Anmerkung 1a sind auf Eingaben und Eintragungen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2010 einlangen beziehungsweise erfolgen; die Anmerkungen 3a zu den Tarifposten 9 und 10 treten mit 1. Jänner 2011 außer Kraft, sind also noch auf Eingaben anzuwenden, die zuvor eingelangt sind (Art. VI Z 39).

Zu Z 19 lit. g, Z 24 lit. b (TP 10 Anm. 15a, Art. VI Z 39):

Um die Gerichte – insbesondere im letzten Quartal des Jahres – zu entlasten, soll die Gebührenfreiheit für elektronische Einreichungen gemäß §§ 277 bis 281 UGB, die mangels Überschreitens der Umsatzerlösgrenze in Papierform erfolgen dürften, auf in den ersten sechs Monaten der Offenlegungsfrist erfolgende Vorlagen beschränkt werden.

Im Übergangsrecht ist vorgesehen, dass die neue Regelung auf Einreichungen anzuwenden ist, für die die Offenlegungsfrist nach dem 31. März 2011 endet, damit sich die Offenlegungspflichtigen auf die neuen Regelungen einstellen können und Überraschungseffekte vermieden werden.

Zu Z 20 und 21 (Überschrift TP 12a, TP 12a Anm. 4 und 5):

Die mit dem BBG 2009 eingeführte Tarifpost 12a samt Überschrift regelt die Rechtsmittelgebühr für die unter II. bis IV. angeführten „außerstreitigen“ Verfahren. Der Begriff „außerstreitigen“ führte mitunter – ungeachtet der entsprechenden Ausführungen in den Anmerkungen – zur unnötigen Verfahrensaufwand produzierenden Streitfrage, ob auch Exekutions- und Insolvenzverfahren unter die neue Tarifpost 12a fallen können. Im Erlass vom 14.7.2009 über Neuerungen im Gerichtsgebührenrecht im Zusammenhang mit dem Budgetbegleitgesetz 2009 wurde unter Hinweis auf die entsprechenden Anmerkungen klargestellt, dass damit alle nicht streitigen Verfahren (Außerstreitverfahren einschließlich Exekutions- und Insolvenzverfahren) erfasst werden. Dennoch soll der an sich überflüssige Begriff „außerstreitigen“ in der Überschrift vor Tarifpost 12a entfallen, um derartige Missverständnisse zu vermeiden. Durch den Verweis auf die unter II. bis IV. angeführten Verfahren ist hinreichend klar determiniert, für welche Verfahren die Rechtsmittelgebühren der Tarifpost 12a zu entrichten sind.

Im Zusammenhang mit der mit dem BBG 2009 eingeführten Rechtsmittelgebühr für die unter II. bis IV angeführten Verfahren sind diverse Missverständnisse aufgetreten, die trotz einer entsprechenden Klarstellung im Erlass vom 14.7.2009 nicht vollends beseitigt werden konnten. Vor allem im Exekutionsverfahren hat sich gezeigt, dass Rechtsmittelgerichte die zu ersetzenden Gerichtsgebühren nach dem Rechtsmittelinteresse berechnet haben, wodurch eine Benachteiligung der betreibenden Gläubiger bei Ausmessung ihres Kostenersatzanspruchs droht. Das Rechtsmittelinteresse ist aber entsprechend § 19 GGG für die Bemessung der Pauschalgebühren nach der Tarifpost 12a im Verein mit der Tarifpost 4 ohne Belang. Dies soll mit der Einfügung in der Anmerkung 4 zur Tarifpost 12a klargestellt werden.

Mit der neuen Anmerkung 5 soll weiters verdeutlicht werden, dass die Gebühr für ein Rechtsmittel nach den zum Zeitpunkt der Rechtsmittelerhebung geltenden Gebührensätzen zu bemessen ist und nicht nach den zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens erster Instanz geltenden. Dies entspricht auch der Systematik für die Berechnung der Pauschalgebühren nach den Tarifposten 2 und 3, wonach jeweils die zum Zeitpunkt der Einbringung des Rechtsmittels vorgesehene Gebühr zu entrichten ist.

Im Übergangsrecht (Art. VI Z 39) ist vorgesehen, dass die Anmerkung 5 zu Tarifpost 12a mit 1. Jänner 2011 in Kraft tritt und auf Rechtsmittel anzuwenden ist, die nach dem 31. Dezember 2010 bei Gericht einlangen. Letztlich sollte sich aber keine Änderung ergeben, da die Anmerkung 5 nur der Klarstellung dient und die Gebühr auch schon für Anträge, die vor dem 31. Dezember 2010 einlangen, entsprechend zu berechnen ist.

Zu Z 23, Z 24 lit. b (TP 15, Art. VI Z 39):

Nach der Tarifpost 15 Anmerkung 6 ist für unbeglaubigte Aktenabschriften, Aktenablichtungen und sonstige Kopien eine Gebühr in der Höhe von einem Euro für jede angefangene Seite, werden sie von der Partei selbst hergestellt, eine Gebühr in der Höhe von 50 Cent für jede angefangene Seite zu entrichten. In der Praxis hat sich die Frage ergeben, inwieweit diese Gebührenbestimmung auf die Erstellung und Aushändigung (Übermittlung) von Aktenabschriften in elektronischer Form – also insbesondere auf das „Einscannen“, Filmen oder Fotografieren von Akten(teilen) bzw. die Übermittlung elektronischer Kopien – anwendbar ist (zur Rechtsansicht des Bundesministeriums für Justiz auf Basis der geltenden Rechtslage siehe den Erlass vom 26. Juli 2010, BMJ-B18.000/0006-I 7/2010).

In Anm. 6 wird nun ausdrücklich normiert, dass für die einer Partei ausgestellte Kopie einer elektronischen Datei eine Gebühr in Höhe von ein Euro pro Datei (und nicht Seite) zu entrichten ist. Dies setzt aber voraus, dass dem Gericht bereits eine elektronische Abbildung (z.B. ein elektronisches Eingangsstück, eine Polizeianzeige, ein Sachverständigengutachten oder ein in einem sogenannten „Großverfahren“ zwecks Erleichterung der Verfahrensführung von Amts wegen gescannter Akt) zur Verfügung steht. Die Höhe der Gebühr lässt sich bei elektronischen Vervielfältigungsvorgängen, die in keinerlei unmittelbarem Zusammenhang mit der Seitenanzahl des Aktes oder Aktenteils mehr stehen (z.B. bei Herstellung einer elektronischen Kopie einer elektronischen Datei, die auch  elektronisch übermittelt wird), nicht mehr an Hand der – von der jeweiligen Formatierung, zB Schriftgröße, Schriftart, etc. der gewählten Ansicht abhängigen – Seitenzahlen feststellen. Die – nur mittelbar zugrunde liegenden – Seiten werden in ihrer Gesamtheit meist in den Dateiformaten „PDF“, gelegentlich auch „TIFF”, „XLS” bzw. „JPG” (also jeweils in Form einer zusammengefassten “elektronischen” Seite) kopiert und übermittelt. Dies spricht dafür, bei einem solchen Kopiervorgang die Datei selbst einer Aktenseite gleichzuhalten. Pro übermittelter Kopie einer elektronischen Datei ist demnach ein Euro pro Datei (= Seite) festzusetzen. In welcher Form die Übermittlung der elektronischen Dateien auf Antrag durch die Justiz erfolgt, ob per E-Mail, im Wege des Elektronischen Rechtsverkehrs oder durch Aushändigung einer DVD, usw., ist für den Gebührentatbestand ohne Belang.

Wird dagegen auf Betreiben einer Partei der Akteninhalt vom Gericht gescannt und (in einer Datenbank des Gerichts oder auf einem anderen – z.B. auch von der Partei bereit gestellten – Datenträger wie CD, DVD, USB-Stick etc.) gespeichert, so wird eine elektronische Aktenablichtung im Sinn der Tarifpost 15 Anmerkung 6 hergestellt. Für jede „angefangene“ Seite – gemeint kann hier nur die „abgelichtete“ bzw. „kopierte“ Seite sein (was wie beim zeitgemäßen Kopiervorgang und Ausdruck auf Papier in Form eines Scans jeder Seite erfolgt) – ist daher von der Partei auch weiterhin ein Euro zu entrichten. Nimmt die Partei selbst die elektronische Ablichtung des Aktes oder von Teilen des Aktes vor, sei es mit Gerichtsgeräten, sei es mit eigenen Geräten (z.B. mit einem mobilen Scangerät, mit einer Video- oder Fotokamera bzw. einer solchen Funktion eines Handys oder Computers), so hat sie hierfür – entsprechend dem Überwachungsaufwand und den mit der Aktenbereitstellung verbundenen Fixkosten – 50 Cent pro angefangener Seite zu entrichten.

Zur Klarstellung festzuhalten bleibt, dass sich aus den Gerichtsgebührenbestimmungen kein Anspruch auf Akteneinsicht oder Übermittlung von Abschriften (auch nicht in einer bestimmten Form, so etwa in elektronischer Form) ableiten lässt. Die Gewährung von Akteneinsicht und die Art dieser Gewährung sind ausschließlich Sache der unabhängigen Rechtsprechung bzw. in Justizverwaltungsangelegenheiten des jeweils entscheidungsbefugten Organs. Dabei sind der Richter oder Rechtspfleger bzw. das sonst entscheidungsbefugte Organ an die für die Führung des Verfahrens sowie des Aktes jeweils maßgeblichen Vorschriften gebunden.

Die Anpassungen betreffend die Überschrift in der TP 15, deren lit. a sowie Anm. 6 und 7 zur TP 15 sind rein redaktioneller Natur.

Zu Z 24 lit. a (Art. VI Z 28):

Mit der Euro-Gerichtsgebühren-Novelle wurden in § 10 Abs. 1 und § 13 Abs. 1 GGG Regelungen zur materiellen Derogation sämtlicher bis dahin in Geltung gestandenen Gesetzesbestimmungen über die (persönliche oder sachliche) Befreiung von den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren geschaffen. Von dieser „Regenschirmderogation“ wurden nur zwei Gruppen von Befreiungsbestimmungen ausgenommen, nämlich zum einen jene, deren Existenz in Staatsverträgen (dazu zählen auch Vereinbarungen nach Art. 15a B-VG) verpflichtend vorgesehen ist, und zum anderen ein taxativ aufgezählter Katalog von Gebührenbefreiungen, die aus sachlichen Überlegungen ausnahmsweise aufrecht bleiben sollten. Diese zweit genannten Gebührenbefreiungen wurden in § 10 Abs. 1 und § 13 Abs. 1 GGG im Einzelnen angeführt (vgl. dazu RV 759 BlgNR 21. GP 23 und 27 ff).

Diese materielle Derogation erfasste allerdings nur solche Abgabenbefreiungsregelungen, die vor dem 1. Jänner 2002 in Kraft traten. Hingegen konnte sich die Derogationswirkung nach der lex-posterior-Regel nicht auf solche Gesetzesbestimmungen über Abgabenbefreiungen erstrecken, die nach dem 31.12.2001 in Kraft traten. Um die mit der Euro-Gerichtsgebühren-Novelle herbeigeführte Rechtsbereinigung im Bereich der Gerichtsgebührenbefreiungen nicht wieder allmählich „entschwinden“ zu lassen, wurde im Budgetbegleitgesetz 2007 eine neue Derogationsanordnung für die im Zeitraum vom 1. Jänner 2002 bis zum Ablauf des 30. Juni 2007 in Kraft getretenen Abgabenbefreiungen getroffen. Diese Derogationsanordnung findet sich seither in der Z 28 des Art. VI GGG. Auch dabei wurden von der Regenschirmderogation wieder zwei grundsätzliche Ausnahmen gemacht. Die erste Ausnahme betraf wieder jene Abgabenbefreiungen, die auf Staatsverträgen basieren. Die zweite Gruppe von Ausnahmen wurde im zweiten Satz der Z 28 taxativ aufgezählt; es sind dies Abgabenbefreiungen für Ausgliederungen und ähnliche Vorgänge, die beiden „Hochwasser-Gebührenbefreiungen“ der Jahre 2002 und 2005 sowie die firmenbuchrechtliche Übergangsregelung des § 907 Abs. 4 Z 3 UGB zur Handelsrechtsreform.

In dem etwas mehr als dreijährigen Zeitraum seit Jahresmitte 2007 hat sich nun wieder eine Anzahl von allgemeinen Abgabenbefreiungen „angesammelt“, für die sich zum Teil nur implizit, zum Teil aber auch ausdrücklich die Streitfrage stellen kann, ob diese auch die Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren umfassen. Durch die Neufassung der Derogationsanordnung in Art. VI Z 28 sollen nunmehr wieder taxativ alle Gebührenbefreiungen aufgelistet und neu hinzukommend auch jene Gebührenbefreiungen erfasst werden, die seit dem Budgetbegleitgesetz 2007 in Kraft traten und nicht einer der beiden genannten Ausnahmegruppen angehören (z.B. ZAMGG). Alle anderen allenfalls befreiend wirkenden Abgabenbefreiungsbestimmungen werden damit nach der lex-posterior-Regel hinsichtlich der Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren unwirksam. Durch diese Klarstellung soll unnötiger Verwaltungsaufwand durch die Klärung der Rechtsfrage in Einzelverfahren vermieden und vorweg für die Kostenbeamt/innen als Entscheidungsträger/innen auch weiterhin durch eine taxative Liste Rechtsklarheit erhalten werden.

Zusammenfassend ergibt sich hinsichtlich der in Rede stehenden „Regenschirmderogation“ für die seit 2007 in Kraft getretenen "Abgabenbefreiungen" Folgendes:

Die im GGG ursprünglich für Gebietskörperschaften, Körperschaften öffentlichen Rechts sowie Monopol- und Staatsbetriebe vorgesehenen persönlichen Gebührenbefreiungen für 'Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren wurden bereits mit 1.10.1999 durch die Euro-Gerichtsgebühren-Novelle, BGBl. I Nr. 106/1999, weitgehend eingeschränkt und schließlich mit der sogenannten "Regenschirmderogation" mit 1.1.2002 beseitigt (BGBl. I Nr. 131/2001: Neufassung der § 10 GGG über die persönlichen Gebührenbefreiungen sowie § 13 GGG über die sachlichen Gebührenbefreiungen). Damit wurde allen in anderen gesetzlichen Vorschriften bestehenden Gebührenbefreiungen derogiert. Davon waren damals sowohl andere Ressorts als auch die Länder betroffen, die Abschaffung der Gebührenbefreiungen hat zu erheblichen Mehreinnahmen der Justiz geführt. Gleichzeitig war damit eine wesentliche Verwaltungsvereinfachung und -entlastung verbunden, weil die Gebührenbefreiungen nunmehr taxativ im GGG aufgelistet waren.

Seit damals ist es kaum mehr zu Gebührenbefreiungen in Ansehung des Gerichtsgebührengesetzes in anderen Bundes- und Landesgesetzen gekommen, soweit davon nicht Ausgliederungsvorgänge sowie die Förderung der Neugründung von Unternehmen nach dem NeuFöG betroffen waren. Diese "Regenschirmderogation" hat sich als Verwaltungsvereinfachungsmaßnahme zur Entlastung der Justizverwaltung von unnötigen Verfahren derart bewährt, dass sie zuletzt mit 1. Juli 2007, BGBl. I Nr. 24/2007, in Art. VI Z 28 GGG erneuert wurde, indem im Übergangsrecht die seit 1.1.2002 neu hinzugekommenen Gebührenbefreiungen wieder in einer taxativen Liste - für die Kostenbeamt/innen leicht nachvollziehbar - aufgezählt wurden.

Im Hinblick auf die damit verbundene Verwaltungsvereinfachung und Transparenz für die Rechtsanwender soll diese "Regenschirmderogation" nunmehr im BBG 2011 - 2013 erneuert werden. Damit sind keine Mehreinnahmen für die Justiz verbunden. Soweit ersichtlich, wurden - mit Ausnahme des geplanten ZAMGG - seit 1.7.2007 keinerlei Befreiungen von Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren in Bundes- oder Landesgesetzen vorgesehen.

Wesentlich ist die Bestimmung aber deswegen, weil in etlichen Bundes- und Landesgesetzen immer wieder jeweils eine bloße Befreiung von den Verwaltungsabgaben vorgesehen wird (so soll auch im ZAMGG eine solche Befreiung für nicht mehr die Ausgliederung betreffende Vorgänge vorgesehen werden), die jedoch nach der Judikatur nicht auch die Befreiung von den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren umfasst, was vielen Parteien nicht bekannt ist und mangels "Regenschirmderogation" immer wieder zu unnötigen und aufwändigen Verfahren über das Vorliegen einer vermeintlichen Befreiung auch von Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren führt und letztlich frustrierten Verfahrensaufwand für die Justiz zur Folge hat. Dieser Mehraufwand durch unnötige Berichtigungsverfahren soll durch die Erneuerung der Regenschirmderogation vermieden werden, um schon im Gesetz diese Auslegungsfrage klarzustellen (dass alle Gerichts- und Justizverwaltungsgebührenbefreiungen taxativ im GGG aufgelistet sind und Befreiungen von Verwaltungsabgaben sohin keine Befreiungen von Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren umfassen können). Eine inhaltliche Rechtsänderung ist damit nicht verbunden.

Zu Z 24 lit. b (Art. VI Z 43):

Mit der vorgeschlagenen Bestimmung soll als einheitlicher Zeitpunkt für die Anwendung des § 31a festgehalten werden, dass Ausgangsgrundlage für die Neufestsetzung der zugrundeliegenden, geänderten oder neu eingeführten Gebühren jeweils die für März 2009 verlautbarte Indexzahl des von der Bundesanstalt „Statistik Österreich“ veröffentlichten Verbraucherpreisindexes 2000 ist. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass sämtliche Gebühren einheitlich valorisiert werden und nicht eine gestaffelte Anpassung erfolgen muss.

Zu Art. 12 (Änderung der Jurisdiktionsnorm):

Zu Z 1 (§ 8a):

Während das Einzelrichterverfahren in erster Instanz mit wenigen Ausnahmen der Regelfall ist, sind in zweiter Instanz grundsätzlich Senate zur Entscheidung berufen. Dieser Grundsatz soll zur Erzielung einer zusätzlichen Straffung der Verfahren und Einsparung richterlicher Kapazitäten insofern eingeschränkt werden, als über Rechtsmittel gegen Entscheidungen über den Kostenpunkt und über die Gebühren der Sachverständigen in Hinkunft der Einzelrichter entscheiden soll. Dies soll auch dann gelten, wenn die Entscheidung über den Kostenpunkt im Rahmen der Berufung angefochten wird. Ein einheitliches System ist vernünftig und sachgerecht. Der Einzelrichter ist daher zur Entscheidung z. B. nicht nur dann befugt, wenn über die Kosten in einem eigenen Beschluss entschieden wurde und dieser mit Rekurs angefochten wird, sondern auch, wenn die Kostenentscheidung im Urteil enthalten und dieses mit Berufung auch im Kostenpunkt angefochten wird.

Der Begriff „über den Kostenpunkt“ ist § 528 Abs. 2 Z 3 ZPO entnommen; die hiezu entwickelte Judikatur soll auch in dieser Frage Anwendung finden.

Beim Obersten Gerichtshof, der nicht über Rekurse gegen Kostenentscheidungen befindet, wohl aber in bestimmten Konstellationen gemäß § 41 GebAG über Sachverständigen- und Dolmetschergebühren entscheidet, ist nach wie vor ein einfacher Senat zuständig. Die Schaffung der Zuständigkeit des Dreiersenates (§ 7 OGHG) wäre zu überlegen.

Zu Z 2 (§ 121a):

Durch den Entfall dieser Bestimmung wird die Jurisdiktionsnorm an die Aufhebung der Beratung und der gerichtlichen Form der Zustimmung zu einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung unter Lebensgefährten oder bei Verwendung des Samen eines Dritten angepasst (s. die Erläuterungen zu den Änderungen des FMedG).

Zu Art. 13 (Änderung der Notariatsordnung):

Zur Änderung in Z 1 wird auf die Erläuterungen zum Baurechtsgesetz u.a. verwiesen. Zur Änderung in Z 2 wird auf die Erläuterungen zu den Änderungen des Rechtspraktikantengesetzes verwiesen.

Zu Art. 14 (Änderung des Privatstiftungsgesetzes):

Zu Z 1 (§ 5):

Die FATF (Financial Action Task Force on Money Laundering) hat in ihrem Mutual Evaluation Report betreffend Anti-Money Laundering and Combating the Financing of Terrorism in Austria die Transparenz österreichischer Privatstiftungen kritisiert. Um dieser Kritik zu begegnen, wurde mit dem Abgabenänderungsgesetz 2010 - AbgÄG 2010, BGBl I Nr. 34/2010, eine Änderung des Körperschaftsteuergesetzes 1988 (§ 13 Abs 6) dahingehend vorgenommen, dass Privatstiftungen zur zeitnahen Vorlage von Stiftungsurkunde und Stiftungszusatzurkunde in der jeweils geltenden Fassung an das zuständige Finanzamt verpflichtet sind. Von dieser Offenlegungspflicht sind jedoch jene Fälle nicht umfasst, in denen der Begünstigte weder in der Stiftungsurkunde noch in der Stiftungszusatzurkunde individualisierbar bezeichnet ist, sondern von der vom Stifter dazu berufenen Stelle (§ 9 Abs. 1 Z 3 PSG) bzw. vom Stiftungsvorstand als solcher festgestellt wird.

Auch in diesem Fall sollen nunmehr die als Begünstige festgestellten Personen offengelegt werden. Der Stiftungsvorstand soll daher verpflichtet sein, dem für die Erhebung der Körperschaftsteuer der Privatstiftung zuständigen Finanzamt den Begünstigten unverzüglich nach dessen Feststellung durch die dazu berufene Stelle (§ 5 zweiter Satz PSG) bekanntzugeben. Die Mitteilung soll über FinanzOnline zu erfolgen haben, wobei der Begünstigte individualisierbar zu bezeichnen ist (insbesondere durch Name und Geburtsdatum). Weiterhin soll aber für eine solche Feststellung des Begünstigten keine förmliche Entscheidung gefordert sein, sondern soll eine solche auch konkludent erfolgen können.

Zu Z 2 (§ 14 Abs. 3 und 4):

§ 14 Abs. 2 ermöglicht es dem Stifter, neben den in Abs. 1 genannten Stiftungsorganen noch weitere Organe zur Wahrung des Stiftungszwecks vorzusehen. Die Befugnisse, die solchen Organen eingeräumt werden können, werden im Gesetz zwar nicht genauer geregelt, sie sind aber – wie aus der Systematik des Gesetzes sowie aus der Wortfolge „zur Wahrung des Stiftungszwecks“ in § 14 Abs. 2 abzuleiten ist – nicht unbegrenzt.

Das PSG weist den in § 14 Abs. 1 genannten Stiftungsorganen ihren Aufgabenbereich grundsätzlich zwingend zu. Einschränkungen durch die Stiftungserklärung sind nur dort zulässig, wo sie vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehen sind. Ansonsten darf durch die in der Stiftungserklärung vorgenommenen Festlegungen weder den Bestimmungen über den Aufgabenbereich der Organe derogiert werden noch die im Gesetz vorgezeichnete Struktur der Privatstiftung und die Aufgabenverteilung zwischen den Organen unterlaufen werden. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Privatstiftungsgesetz (1132 BlgNR 18. GP) wird als Beispiel für ein solches Unterlaufen die vollständige Bindung des Stiftungsvorstands an die Zustimmung anderer Organe genannt. Ebenso wäre ein generelles Weisungsrecht eines anderen Organs gegenüber dem Stiftungsvorstand zu beurteilen, da ein solches den Stiftungsvorstand zu einem bloßen Vollzugsorgan degradieren würde (Arnold, PSG, § 14 Rz 30). In diesem Sinne sprechen auch schon die Erläuterungen der Regierungsvorlage zum Privatstiftungsgesetz in Zusammenhang mit weiteren Organen im Sinne des § 14 Abs. 2 von „Kontroll- oder Beratungsorganen“. Auch der OGH hat in seiner Entscheidung 6 Ob 239/08b ausdrücklich festgehalten, dass die Gestaltungsfreiheit bei der Einrichtung zusätzlicher Stiftungsorgane ihre Grenze in Regelungen findet, „durch die es zu einer Umgehung grundlegender Prinzipien des Stiftungsrechts käme, mit denen Rechte und Pflichten der in § 14 Abs 1 PSG genannten Organe derart verlagert würden, dass diese praktisch obsolet erschienen oder die einem anderen Organ zwingend zugewiesenen Aufgabenbereiche eingeschränkt werden. Soweit nicht eine gesetzliche Ausnahme vorgesehen ist, darf die Stiftungserklärung den gesetzlichen Bestimmungen, die einem Stiftungsorgan einen bestimmten Aufgabenbereich zuordnen, nicht widersprechen.“

Die stärkste Einflussmöglichkeit, die einem solchen weiteren Organ in diesem Sinne zukommen kann, ist die Befugnis zur Abberufung des Stiftungsvorstands oder eines seiner Mitglieder. Diese ist zwar grundsätzlich – auch ohne dass dies im Gesetz ausdrücklich erwähnt werden müsste – insofern eingeschränkt, als eine Abberufung nur unter der Voraussetzung des Vorliegens sachlicher Abberufungsgründe erfolgen kann, weil sonst – im Sinne der obigen Ausführungen – die Aufgabenverteilung des PSG unterlaufen würde. Dies hat der OGH bereits in seiner Entscheidung 6 Ob 60/01v klargestellt. Er hat dort festgehalten, dass „der Stifter einem Dritten nicht das Recht einräumen kann, den Vorstand (Vorstandsmitglieder) jederzeit ohne sachliche Begründung abzuberufen. Die Einräumung einer völlig freien Abberufungsbefugnis schränkt die Geschäftsführung des Vorstandes unzulässig ein und führt im Ergebnis dazu, dass der zur Abberufung Berechtigte in alle Vorstandsentscheidungen eingreifen kann; sie bringt die Gefahr mit sich, dass der Vorstand zum bloßen Vollzugsorgan degradiert wird. Der Abberufungsberechtigte könnte so dem Vorstand einen Willen aufzwingen, der nicht jenem des Stifters entspricht, den zu erfüllen Aufgabe des Vorstandes ist.“

Dennoch erscheint es angesichts der massiven Eingriffsmöglichkeit in die Führung der Privatstiftung, die die Abberufung des Stiftungsvorstands oder eines seiner Mitglieder bietet, sachgerecht, besondere Kriterien für die dahingehende Willensbildung einzuziehen. Dementsprechend sieht der vorgeschlagene Abs. 3 für Entscheidungen über die Abberufung des Stiftungsvorstands oder eines seiner Mitglieder erhöhte Quoren – nämlich Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen, bei Organen, die weniger als vier Mitglieder haben, sogar Stimmeneinhelligkeit – vor.

Zusätzlich soll in ganz bestimmten Fällen – nämlich bei Entscheidungen über die Abberufung des Stiftungsvorstands oder eines seiner Mitglieder aus anderen als den in § 27 Abs. 2 Z 1 bis 3 ausdrücklich angeführten Gründen – eine weitere Einschränkung vorgenommen werden: Bei solchen Entscheidungen soll nämlich nach dem vorgeschlagene Abs. 4 Begünstigten und deren Angehörigen im Sinne des § 15 Abs. 2 sowie Personen, die von diesen mit der Wahrnehmung ihrer Interessen in dem Organ gemäß Abs. 2 beauftragt wurden (Näheres dazu bei den Ausführungen zu § 15 Abs. 3a und § 23 Abs. 2), nicht die Mehrheit der Stimmrechte zustehen. Somit soll zwar weiterhin für die Besetzung eines weiteren Organs im Sinne des § 14 Abs. 2 gesetzlich keine Regelung getroffen (und damit die höchstmögliche Flexibilität aufrechterhalten) werden. Einem weiteren Organ im Sinne des § 14 Abs. 2 soll daher grundsätzlich eine beliebige Kopfzahl an Begünstigten und deren Angehörigen sowie von diesen mit der Wahrnehmung ihrer Interessen in dem Organ beauftragten Personen angehören können, wodurch dem Kontroll- und Informationsbedürfnis der Begünstigten Rechnung getragen werden soll. Auch die Befugnis eines solchen Organs, den Stiftungsvorstand oder eines seiner Mitglieder abzuberufen, soll an diesem Grundsatz nichts ändern. Allerdings soll in bestimmten Fällen – nämlich bei der Abberufung des Stiftungsvorstands(-mitglieds) aus anderen als jenen Gründen, die das Gesetz selbst als „Hauptfälle“ der Abberufung ansieht – die Möglichkeit der Begünstigten, ihrer Angehörigen sowie der Personen, die von diesen mit der Wahrnehmung ihrer Interessen betraut wurden, auf die Willensbildung bei der Abberufung einzuwirken, eingeschränkt werden. In der Stiftungsurkunde muss dafür vorgesorgt werden, dass bei solchen Entscheidungen nicht mehr als die Hälfte der Stimmen Personen zukommt, die Begünstigte oder Angehörige von Begünstigten sind oder die von Begünstigten oder deren Angehörigen mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt wurden.

Zur Klarstellung sei an dieser Stelle noch festgehalten, dass diese neuen Regelungen nichts an den sonstigen Befugnissen eines Beirats ändern. Insbesondere kann einem (auch mit Begünstigten besetzten) Beirat weiterhin das Recht zur Bestellung des Stiftungsvorstands eingeräumt werden. Auch Zustimmungsrechte zu Geschäftsführungsmaßnahmen können ihm vorbehalten sein.

Zu Z 3 (§ 15 Abs. 2):

Bei dieser Änderung handelt es sich um die Behebung eines Redaktionsversehens in Zusammenhang mit dem Familienrechts-Änderungsgesetz 2009 – FamRÄG 2009, BGBl. I Nr. 75/2009.

Zu Z 4 und 5 (§ 15 Abs. 3a und § 23 Abs. 2):

Auch durch die letzten Entscheidungen des OGH ist es in der Praxis zu einiger Auslegungsunsicherheit darüber gekommen, inwieweit die für Begünstigte geltenden Unvereinbarkeitsregelungen auf Vertreter von Begünstigten anzuwenden sind. Durch die nun in § 14 Abs. 4, § 15 Abs. 3a und § 23 Abs. 2 vorgenommenen Ergänzungen sollen notwendige Klarstellungen geschaffen werden.

Grundgedanke dieser Regelungen ist es, zu verhindern, dass die einen Begünstigten (oder seine Angehörigen im Verständnis des § 15 Abs. 2) von der Tätigkeit in einem Stiftungsorgan ausschließenden Unvereinbarkeitsbestimmungen umgangen werden, indem eine Person dorthin entsandt wird, die dem Begünstigten (oder seinen Angehörigen) weisungsunterworfen, also in ihrem Verhalten von ihm steuerbar, ist. Eine solche Weisungsgebundenheit ist typischerweise in einem Auftragsverhältnis betreffend die Tätigkeit in dem Stiftungsorgan gegeben. In diesem Sinne sollen die für Begünstigte und ihre Angehörigen geltenden Unvereinbarkeitsbestimmungen bzw. Einschränkungen für die Tätigkeit im Vorstand, im Aufsichtsrat und in einem allfälligen weiteren Organ gemäß § 14 Abs. 2 auch auf Personen, die von diesen mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt wurden, Anwendung finden.

Zu Z 6 (§ 42):

Die Verwaltungsstrafbestimmung ist notwendig, um die in § 5 und Art. XI Abs. 1b angeordnete Offenlegungspflicht gegenüber dem Finanzamt angemessen zu sanktionieren.

Zu Z 7 (Art. XI Abs. 1b):

Die vorgesehene Legisvakanz für die Bestimmungen über die Offenlegungspflicht erscheint dem dadurch entstehenden Aufwand angemessen. Für die Bekanntgabe der zum 31. März 2011 bestehenden oder nach § 5 festgestellten Begünstigten soll eine Frist bis 30. Juni 2011 offenstehen.

Zu Art. 15 und 16 (Änderung der Rechtsanwaltsordnung und des Rechtsanwaltsprüfungsgesetzes):

Auf die Erläuterungen zu den Änderungen des Rechtspraktikantengesetzes wird verwiesen.

Zu Art. 17 (Änderung des Rechtspflegergesetzes):

Zu Z 1 (§ 5):

Im Rechtspflegergesetz soll einem langjährigen Anliegen der Bundesvertretung Justiz in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst Rechnung getragen werden.

Zu Z 2 (§ 11):

Entscheidungen des Rechtspflegers können genauso wie die eines Richters angefochten werden. Neben der Möglichkeit der Selbststattgabe durch den Rechtspfleger in eingeschränkten Fällen kann über Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Rechtspflegers aber auch der Richter entscheiden, allerdings nur stattgebend.  Findet der Richter, dass dem Rechtsmittel nicht oder nur teilweise Folge zu geben wäre, so ist dieses dem Rechtsmittelgericht vorzulegen. Die Entscheidung des Rechtspflegers wird somit in vielen Fällen zweimal kontrolliert. Findet der Richter, dass dem Rechtsmittel nicht stattzugeben ist, so ist der mit der Überprüfung verbundene Aufwand frustriert. Es soll daher die Überprüfungstätigkeit des Richters entfallen und das Rechtsmittel sofort dem Instanzgericht vorgelegt werden. Damit wird auch verdeutlicht, dass der Rechtspfleger in den ihm zugewiesenen Wirkungskreisen ein dem Richter gleichwertiges Entscheidungsorgan ist.

Zu Art. 18 (Änderung des Strafrechtlichen Entschädigungsgesetzes 2005):

Mit dem vorliegenden Entwurf soll den bisherigen Erfahrungen mit der Vollziehung des StEG 2005 Rechnung getragen werden. Vor allem soll für den Ersatz des immateriellen Schadens eine Ober- bzw. Untergrenze eingeführt werden. An den Grundwertungen dieses international vorbildlichen Gesetzes soll indessen nicht gerüttelt werden.

Zu Z 1 (§ 2):

Hier soll eine von der Rechtsprechung (OGH 1 Ob 169/07w EvBl 2008/40) aufgedeckte Lücke des Gesetzes geschlossen werden. Der Entwurf stellt ausdrücklich klar, dass nur ein Freispruch oder ein „Außer-Verfolgung-Setzen“ von der dem Betroffenen angelasteten Tat einen Entschädigungsanspruch eröffnet. Wird der Betroffene zwar wegen der selben Tat, aber auf Grund einer anderen Bestimmung des Strafgesetzbuchs verurteilt, so soll ihm kein Anspruch auf Ersatz nach diesem Bundesgesetz zustehen. Die strafrechtliche Einordnung als „einheitliche Tat“ soll also auch auf den zivilrechtlichen Ersatzanspruch durchschlagen. Dagegen soll sich nichts daran ändern, dass dem Betroffenen nach einem Teilfreispruch von mehreren real zusammentreffenden strafbaren Handlungen ein Ersatzanspruch gewährt werden kann.

Zu Z 2 bis 4 (§ 3):

Der Entwurf stellt mit Abs. 1 Z 5 klar, dass auch der Rücktritt von der Verfolgung durch den Staatsanwalt  oder die aus den nämlichen Gründen erfolgende Einstellung des Verfahrens durch das Gericht (s. die §§ 198 ff. StPO) eine Haftung des Bundes ausschließt. Diese Gründe sind mit den sonstigen Ausschlussgründen des § 3 Abs. 1 StEG 2005 vergleichbar.

Die Änderung in Abs. 2 ist rein redaktioneller Natur.

Die Aufhebung des Abs. 3 ermöglicht künftig allgemein, also in allen Fällen der gesetzwidrigen Haft, die Anrechnung der Zeit der Anhaltung auf eine Strafe und in Verbindung damit die Einschränkung oder auch den Ausschluss eines Ersatzanspruchs.

Zu Z 5 (§ 5):

Mit der vorgeschlagenen Ergänzung des Abs. 2 soll die Höhe des „Schmerzengeldes“ für den Entzug der persönlichen Freiheit festgelegt werden. Der Entwurf folgt hier der deutschen Praxis, in der sich ein Betrag von 20 Euro pro Tag eingespielt hat. Das soll aber nur die Untergrenze dieses Anspruchsteils sein. Im Einzelfall soll auch über diesen Betrag hinausgegangen werden können, wobei die Kriterien des § 5 Abs. 2 dritter Satz herangezogen werden können. Die vorgeschlagene Begrenzung des immateriellen Schadens erklärt sich daraus, dass solche Ansprüche auch dann geltend gemacht werden können, wenn der Entzug der persönlichen Freiheit niemandem als Verschulden angelastet werden kann. Haftungsgrenzen sind in solchen Konstellationen aber nicht unüblich.

Zu den Z 6 und 7 (§§ 13 und 14):

Die neuen Beträge sollen nach den Übergangsvorschriften dann maßgeblich sein, wenn der Entzug der persönlichen Freiheit nach dem 31. Dezember 2010 begonnen hat. „Altfälle“, in denen die Festnahme oder Anhaltung vor diesem Zeitpunkt vorgenommen wurden, sollen nach den bisher maßgeblichen Regeln behandelt werden. Das gilt gleichermaßen für die gesetzwidrige Haft, für die ungerechtfertigte Haft sowie für die Fälle der Wiederaufnahme (s. § 2 Abs. 1 Z 1 – 3 StEG 2005).

Zu Art. 19 (Änderung des Unternehmensgesetzbuchs):

Zu Z 1 bis 3 (§§ 283, 906 und 907):

In der Praxis hat sich gezeigt, dass nicht einmal die Hälfte aller vorlagepflichtigen Unternehmen ihre im Gemeinschaftsrecht grundgelegten Offenlegungspflichten fristgerecht erfüllt. Daraus könnten sich Zweifel ergeben, dass Österreich seinen Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsrecht, geeignete Maßnahmen zur Durchsetzung dieser Vorlagepflichten vorzusehen, ausreichend nachkommt. Deswegen soll mit den vorgeschlagenen Regelungen eine effizientere und raschere Durchsetzung der Pflichten zur Vorlage der Jahresabschlüsse bewirkt werden. Im § 283 UGB soll daher zu diesem Zweck sowohl die Festlegung einer Mindeststrafe als auch deren automationsunterstützte Verhängung im Wege einer Zwangsstrafverfügung erfolgen. Die Schaffung einer Zwangsstrafverfügung anstelle der bisher meist wirkungslosen bloßen Strafandrohung dient gleichzeitig auch einer den Sach- und Personalaufwand optimierenden Verbesserung der Verfahrensabläufe sowie der Vermeidung der bislang durchaus üblichen Rechtsmittelverfahren über die Strafhöhe, was in Zeiten einer besonders angespannten Personalsituation von großer Bedeutung ist. Einen weiteren Effekt der sofort automationsunterstützt ergehenden Zwangsstrafverfügungen bei nicht fristgerechter Offenlegung stellen die zu erwartenden Mehreinnahmen dar, weil bei Verstößen gegen die Offenlegungspflicht mehr und schneller Zwangsstrafen verhängt werden können als im aufwändigeren und schwerfälligeren ordentlichen Verfahren.

Im § 283 Abs. 1 soll daher der bestehende Strafrahmen für eine Zwangsstrafe von bis zu 3 600 Euro dahingehend modifiziert werden, dass die Untergrenze dieses Strafrahmens auf 700 Euro angehoben wird. Berücksichtigt man, dass sich die derzeit für den Erstverstoß verhängten Strafen im Durchschnitt auf etwa 750 Euro belaufen, scheint eine Festlegung mit 700 Euro sachgerecht (§ 283 Abs. 1 erster Satz). Die Zwangsstrafe soll ohne vorausgehende Erhebungen automationsunterstützt mit einem festgesetzten Betrag verhängt werden, wenn die Offenlegung nicht bis zum letzten Tag der Offenlegungsfrist erfolgt ist. Unverändert zur bislang geltenden Regelung soll sich die Strafdrohung gegen die jeweils handlungspflichtigen Personen richten, sodass ein Zwangsstrafenverfahren auch gegen mehrere Offenlegungspflichtige nebeneinander eingeleitet werden kann. Wie bisher ist eine solche Zwangsstrafe jedoch dann nicht zu verhängen, wenn der Pflicht zur Offenlegung entgegensteht, dass sich der offenlegungspflichtige Rechtsträger im Konkurs oder in Liquidation befindet, soweit dieser Umstand anhand der Firmenbucheintragung offenkundig ist (§ 283 Abs. 1 zweiter Satz). Schon bisher war die wiederholte Verhängung von Zwangsstrafen zulässig. Nunmehr soll vom Gericht eine weitere Zwangsstrafe zu verhängen sein, soweit die offenlegungspflichtigen Personen ihrer Pflicht auch binnen weiterer zwei Monate nicht nachgekommen sind (§ 283 Abs. 1 dritter Satz). Auch die Verhängung einer weiteren Zwangsstrafe soll automationsunterstützt erfolgen.

Die Zwangsstrafe soll vorerst ohne vorausgehende Erhebungen und ohne Androhung mittels Zwangsstrafverfügung automationsunterstützt mit dem festgesetzten Mindestbetrag verhängt werden. Es wird vorgeschlagen, die Zwangsstrafverfügung wie alle verfahrenseinleitenden Schriftsätze und Entscheidungen im Zivilverfahren sowie den Beschluss über die Verhängung der Zwangsstrafe im ordentlichen Verfahren nachweislich zuzustellen. Entsprechend der Änderung des § 106 Abs. 1 ZPO im Bundesgesetz BGBl. I Nr. 52/2009 soll für diese Beschlüsse auch die Ersatzzustellung zulässig sein (vgl. die Ausführungen zu den Änderungen in anderen Verfahrensgesetzen in Art. X3, X4, X5, X11, X19 und X21). Im § 283 Abs. 2 soll dies für die Zwangsstrafverfügung ausdrücklich geregelt werden.

Die in Abs. 2 neu eingeführte Zwangsstrafverfügung erfüllt die Funktion der Androhung, welche bislang nach dem allgemeinen Verständnis der Rechtskraft nicht zugänglich war. Die Zwangsstrafverfügung soll aber im Unterschied zur Androhung mangels Einspruchs in Rechtskraft erwachsen und so das aufwändigere ordentliche Zwangsstrafenverfahren vermeiden. Die Erlassung einer Zwangsstrafverfügung soll ohne Anhörung der vorlagepflichtigen Person erfolgen, dieser soll allerdings ausreichend Rechtschutz durch die Möglichkeit gewährt werden, binnen 14 Tagen gegen die jeweilige Zwangsstrafverfügung einen begründeten Einspruch einzubringen. Damit soll die Gelegenheit geboten werden, die Säumnis rechtfertigende, entlastende Umstände vorzubringen und die Gründe für die Nichtbefolgung der Pflichten nach Abs. 1 darzulegen. Von der Verhängung der Zwangsstrafverfügung kann im Rahmen einer Ermessensentscheidung abgesehen werden, soweit das vorlagepflichtige Organ an der Erfüllung der Verpflichtung durch ein unabwendbares oder unvorhergesehenes Ereignis gehindert war. In Anlehnung an die Bestimmungen der ZPO ist ein Ereignis dann als „unabwendbar“ zu beurteilen, wenn es auch mit den einem Durchschnittsmenschen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nicht verhindert hätte werden können, auch wenn sein Eintritt vorhersehbar war, wie etwa in den Fällen der höheren Gewalt. Bei Prüfung der Unabwendbarkeit ist von einem objektiven Maßstab auszugehen. Als „unvorhergesehen“ ist ein Ereignis zu qualifizieren, das entweder ein Durchschnittsmensch nicht vorhersehen konnte oder das der Vorlagepflichtige bei Berücksichtigung der persönlich zumutbaren Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwarten konnte. Nicht fristgerechte und/oder keine Begründung enthaltende Einsprüche sind beschlussmäßig zurückzuweisen, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann bei Versäumen der Einspruchsfrist und Vorliegen der Voraussetzungen bewilligt werden (§ 283 Abs. 2).

Wird rechtzeitig ein begründeter Einspruch gegen die Zwangsstrafverfügung erhoben, so soll diese außer Kraft treten und nach Abs. 3 das ordentliche Verfahren von Amts wegen einzuleiten sein. Zur Wahrung des rechtlichen Gehörs und im Sinn eines fair trial sind dann die erforderlichen Erhebungen wie etwa die Anhörung des vorlagepflichtigen Organs vorzunehmen, bevor die Entscheidung über die Verhängung der Zwangsstrafe getroffen werden kann. Gelangt das Gericht zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen für die Verhängung einer Zwangsstrafe nicht vorliegen, soll nunmehr klargestellt werden, dass zwecks Rechtssicherheit und -klarheit mit Beschluss die Einstellung des Verfahrens auszusprechen ist. Ergibt sich im Verfahren, dass eine Zwangsstrafe zu verhängen ist, so soll keine feste Relation zur ursprünglichen Strafhöhe festgesetzt sein, sondern diese im Rahmen des zur Verfügung stehenden Strafrahmens ausgemessen werden. Dabei darf die zu verhängende Zwangsstrafe den für die Zwangsstrafverfügung gesetzlich festgelegten Mindestbetrag (als Untergrenze des Strafrahmens) nicht unterschreiten, diesen aber übersteigen, um so dem Strafcharakter der Zwangsstrafe bestmöglich zu entsprechen. Der Strafrahmen soll entsprechend dem Verschuldensgrad sowie der Art und Schwere des Verstoßes und – im Hinblick auf die Wirksamkeit der Sanktion – auch der Leistungsfähigkeit ausgeschöpft werden können. Die vorgeschlagene Strafobergrenze soll die Höhe der jeweils zu verhängenden Einzelstrafe begrenzen, nicht aber die zulässige Gesamtsumme bei fortgesetzten, jeweils einer Zwangsstrafe unterliegenden Verstößen (§ 283 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 4). Falls gegen mehrere Zwangsstrafverfügungen Einspruch erhoben und die Zwangsstrafenverfahren verbunden werden, kann der mit Zwangsstrafe festgesetzte Betrag die Summe der mit Zwangsstrafverfügungen auferlegten Strafen übersteigen. Ein Unterschreiten dieser Summe ist hingegen nicht möglich, weil die mittels Zwangsstrafverfügungen verhängten Zwangsstrafen jeweils in Höhe der Strafuntergrenze bemessen sind. Da die Zwangsstrafverfügung bereits dem Zweck einer Androhung der Strafe dient (Warnfunktion), soll die Zwangsstrafe im nachfolgenden ordentlichen Verfahren ohne eine solche verhängt werden. Den Beschluss, mit dem eine Zwangsstrafe festgesetzt wurde, kann das jeweilige Organ mit Rechtsmittel bekämpfen.

In Abs. 3 soll vorgesehen werden, nicht bereits die Zwangsstrafverfügung, sondern erst den – auch wenn noch nicht rechtskräftigen – Beschluss, mit dem die Zwangsstrafe verhängt wird, der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Sowohl die Kostentragung für die Veröffentlichung als auch der Umstand, dass die Zwangsstrafe den Betrag der Zwangsstrafverfügung nicht unterschreiten darf, soll die zur Offenlegung Verpflichteten veranlassen, ihren Pflichten rasch nachzukommen und aussichtslose oder mutwillige, der Verzögerung dienende Einsprüche gegen die Zwangsstrafverfügungen zu unterlassen. An den Modalitäten der Veröffentlichung und der Kostentragung hiefür soll sich nichts ändern. Wie in den Erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zum Bundesgesetz BGBl. I Nr. 142/2000 zum 2. Teil (Justiz), Art. 2 (Änderungen des Handelsgesetzbuches), Z 1 (§ 10 HGB) festgehalten, sollen die Veröffentlichungen in einem gedruckten Medium (dem „Amtsblatt zur Wiener Zeitung“) und im Internet, nämlich in der Ediktsdatei nach § 89j GOG, erfolgen. Die zu veröffentlichenden Daten sollen wie bisher vom Firmenbuchgericht der Wiener Zeitung zur Veröffentlichung übermittelt werden, das Entgelt für die Veröffentlichung wird die Wiener Zeitung GmbH als Werklohn für die vorgenommene Einschaltung unmittelbar dem betroffenen Unternehmen zu fakturieren haben.

Bei fortgesetztem Zuwiderhandeln und Nichtbefolgung der Pflichten nach Abs. 1 soll gemäß Abs. 4 im Abstand von jeweils zwei Monaten eine weitere Zwangsstrafverfügung automationsunterstützt erlassen werden, wobei die Zwangsstrafe grundsätzlich betragsmäßig unverändert bleibt. Nützt der Vorlagepflichtige den ihm zur Erfüllung seiner Pflicht zugestandenen zweimonatigen Zeitraum nicht, soll neuerlich eine Zwangsstrafverfügung verhängt werden, um die Vorlagepflichtigen in stärkerem Ausmaß zur fristgerechten Pflichtbefolgung zu veranlassen. Eine schematisierte Vorgehensweise mit Aufwandsoptimierung durch Verhängung von Zwangsstrafverfügungen mit im Gesetz festgelegten Strafbeträgen bietet sich gerade beim Verstoß gegen die Offenlegungsfristen, die von einem Gutteil der Vorlagepflichtigen nicht eingehalten werden, an, weil meist keinerlei Rechtfertigung für die Verspätung besteht und der Verfahrensmehraufwand für das ordentliche Verfahren lediglich der Verzögerung der Pflichterfüllung dient. Im Hinblick auf die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben und Rechtsprechung des EuGH (vgl. Gruber, Bilanzpublizität für jedermann, Überlegungen zum „Daihatsu“-Urteil des EuGH, RdW 1998, 525 [526 mwN]), die Sanktion einer Zwangsstrafe könne nur dann als geeignete Maßregel und damit als entsprechende Umsetzung der Publizitätsrichtlinie angesehen werden, wenn sie auch abschreckend sei und unter Berücksichtigung, dass die vorgesehenen Strafen deutlich milder als die Mittel zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche – beispielsweise sieht § 359 Abs. 1 EO vor, dass eine Geldstrafe je Antrag 100 000 Euro nicht übersteigen darf – sind, scheint die vorgeschlagene Einführung eines Mindestbetrages und die bei fortgesetztem Zuwiderhandeln wiederholt verhängte Zwangsstrafe jedenfalls sachgerecht und verhältnismäßig.

Die für Organe mittelgroßer (§ 221 Abs. 2) und großer (§ 221 Abs. 3) Kapitalgesellschaften in Abs. 5 vorgeschlagenen höheren Zwangsstrafen im Fall weiteren Zuwiderhandelns in Ansehung der Strafuntergrenze (wie bereits im geltenden Recht in Ansehung der Strafobergrenze vorgesehen) gründen sich auf deren stärkere finanzielle Leistungsfähigkeit bzw. deren üblicherweise höhere Honorierung, deren größere gesamtwirtschaftliche Bedeutung im Hinblick auf die Erfüllung der Vorlagepflicht im Vergleich zu kleinen Gesellschaften und die damit verbundene Notwendigkeit, eine Zwangsstrafe spürbar zu gestalten. Die Offenlegungspflichtigen sollen mit empfindlichen Mitteln zur Befolgung angehalten und die Zwangsstrafe in einer Höhe festgesetzt werden, sodass die Erzwingung der Offenlegung wahrscheinlich scheint.

Am repressiven Charakter der Zwangsstrafe soll sich – wie in Abs. 6 vorgeschlagen – nichts ändern, sodass die Zwangsstrafe auch dann zu vollstrecken und der auferlegte Betrag einzuheben ist, wenn der Zweck, die Offenlegungspflichtigen zur Vorlage zu veranlassen, erreicht ist. Nachträgliche Änderungen können die Festsetzung und den Vollzug der Zwangsstrafe nicht hindern und so die Wirksamkeit einer verhängten Zwangsstrafe beeinträchtigen. Die Sanktion ist daher nicht primär als Beugemittel zu qualifizieren, sondern als Sanktion für Fehlverhalten, die eine geeignete Maßnahme zur Durchsetzung der Vorlagepflicht darstellen und finanziellen sowie in gewisser Weise auch psychologischen Druck ausüben soll.

Erlegt der Zahlungspflichtige nach Rechtskraft der Zwangsstrafe den geschuldeten Betrag nicht, so hat der Kostenbeamte gemäß § 6 Abs. 1 GEG zur Vollstreckung einen Zahlungsauftrag zu erlassen.

Derzeit richtet sich die Zwangsstrafe nur gegen die jeweiligen Organe, die zur Offenlegung verpflichtet sind. In Abs. 7 wird vorgeschlagen, nun auch die Gesellschaft zur Pflichterfüllung durch Verhängung von Zwangsstrafen anzuhalten. Dies scheint vor allem deshalb zweckmäßig, weil sich die vorlegungspflichtigen Organe vermehrt erfolglos darauf berufen, durch Weisung der Gesellschafter an der Erfüllung ihrer Pflichten gehindert zu sein. Da die Gesellschaft nur durch ihre Organe handeln kann, wird die Entscheidung über die Zwangsstrafe deren gesetzlichem Vertreter zuzustellen sein.

Wiewohl die Änderungen des § 283 über die Zwangsstrafen bereits mit 1. Jänner 2011 in Kraft treten sollen, kann die Sanktionierung nach dem neuen Regime nur für Pflichtverstöße zum Tragen kommen, die nach dem 31. Dezember 2010 erfolgen, sodass den Vorlagepflichtigen ein Zeitraum von mindestens zwei Monaten zugestanden werden muss, ihren Offenlegungspflichten zu entsprechen, bevor eine Strafverfügung erlassen werden kann. Wurde einer bestehenden Offenlegungspflicht vom 1. Jänner 2011 bis einschließlich 28. Februar 2011 nicht nachgekommen, so kann entsprechend der vorgeschlagenen Übergangsregelung ein Zwangsstrafverfahren in Ansehung dieser Säumnisperiode frühestens am 1. März 2011 (unter Berücksichtigung einer für den Postlauf anzunehmenden Frist von zwei Wochen erst in der zweiten Märzhälfte) und nur mit Zwangsstrafverfügung eingeleitet werden. Für vor dem Inkrafttretenszeitpunkt liegende Säumnisperioden kann weiterhin nur die alte Rechtslage maßgeblich bleiben. Ist für diese Vorperiode bereits ein Zwangsstrafverfahren anhängig, so ist über die Zwangsstrafe für dieses Fehlverhalten im ordentlichen Verfahren nach alter Rechtslage zu entscheiden. Für die an das Inkrafttreten anschließenden Säumnisperioden ist hingegen jeweils mit Zwangsstrafverfügung nach der neuen Rechtslage im Zweimonatsrhythmus vorzugehen.

Angesichts der für das Zwangsstrafenverfahren bei Verstoß gegen die Offenlegungspflichten neu vorgeschlagenen Verhängung der Zwangsstrafen mittels Zwangsstrafverfügung soll diese Verfahrenskonstruktion auch für andere Zwangsstrafenverfahren im Firmenbuchverfahren nutzbar gemacht werden können, wenn dies nach dem freien Ermessen des Entscheidungsorgans einer Verfahrensvereinfachung, -verbilligung oder -beschleunigung dienlich sein könnte oder die Durchsetzung und/oder Sanktionierung erleichtert (§ 15 Abs. 3 FBG).

Zu Art. 21 (Bundesgesetz über die Hinterlegung und Einziehung von Verwahrnissen):

Das Verwahrungs- und Einziehungsrecht bereitet einige Vollzugsprobleme, die nicht zuletzt auf die Verfahrensbestimmungen des Bundesgesetzes vom 26. November 1963, BGBl. Nr. 281, über die Einziehung gerichtlicher Verwahrnisse (im Folgenden: Einziehungsgesetz) zurückzuführen sein könnten. Diese Defizite können – vor allem im Zusammenhang mit der Hinterlegung von Verwahrnissen im Anschluss an ein Strafverfahren – zu erheblichen Kostenfolgen für den Bund führen. Darüber hinaus hat es der OGH  – nicht zuletzt im Interesse des Gläubigers – auch ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage für zulässig erachtet, dass das Gericht bei drohendem Verderben, bei Gefahr einer krassen Wertminderung der Sache oder beim Auflaufen unverhältnismäßiger Kosten für eine Verwertung der Sache sorgt und den erzielten Erlös verwahrt (OGH 23.2.1999 EvBl 1999/137). Hier empfiehlt es sich, die Judikatur im Gesetz selbst festzuschreiben und weiter zu entwickeln. Nicht ganz klar sind ferner die Kostenfolgen der Verwahrung durch vom Gericht bestellte Verwahrer. Das Verhältnis zwischen dem Hinterleger und einem vom Gericht bestellten Verwahrer ist privatrechtlicher Natur (Reischauer in Rummel, ABGB³ Rz 24 zu § 1425 ABGB mwN). Zwischen dem Verwahrer und dem Erlagsgegner besteht kein unmittelbares Rechtsverhältnis. Vor allem hat der Verwahrer keine unmittelbaren Ansprüche gegen den Erlagsgegner auf Ersatz der Verwahrungskosten (Danzl, Kommentar zur Geo, Anm. 12 zu § 284 Geo.). Auch das kann im Ergebnis zu nicht vernachlässigbaren Kostenfolgen für den Bund führen. Gravierende Schwierigkeiten bereitet letztlich die Hinterlegung von Verwahrnissen zugunsten einer Vielzahl von Erlagsgegnern.

Diesen und anderen Problemen soll durch eine Neuregelung des Erlags- und Einziehungsverfahrens Rechnung getragen werden. Zudem sollen einige Grundzüge der an eine Hinterlegung anschließenden Ausfolgung geregelt werden. Diese Bestimmungen zielen darauf ab, das Verfahren zur Hinterlegung und Einziehung schneller, einfacher und billiger zu gestalten. Das liegt im Interesse der Beteiligten, aber auch im Interesse des Bundes. Mit einer bloßen Novellierung des Einziehungsgesetzes allein scheint es dabei nicht getan zu sein. Vielmehr bedarf es neuer Bestimmungen, die rasch, einfach und damit kostengünstig zu vollziehen sind.

Der vorliegende Entwurf geht auf Beratungen einer vom Bundesministerium für Justiz eingesetzten Arbeitsgruppe zurück, in der das geltende Recht evaluiert und im Anschluss daran Verbesserungsvorschläge ausgearbeitet wurden. Diese Vorschläge sollen nun mit dem Entwurf übernommen und zum Teil weiter ausgebaut werden.

Zu den §§ 1 und 2:

§ 1 des Entwurfs umschreibt den Anwendungsbereich des Gesetzes. Es soll für den gerichtlichen Erlag, die Einziehung und die Ausfolgung von Verwahrnissen durch die ordentlichen Gerichte gelten. Die seit der Erlassung des Einziehungsgesetzes eingetretenen Änderungen in der Gerichtsorganisation sollen in Abs. 1 berücksichtigt werden. Der in § 1 Abs. 1 Einziehungsgesetz verwendete Zusatz ,,in bürgerlichen Rechtssachen“ ist nicht mehr notwendig, weil im vorgeschlagenen Abs. 2 die Strafgerichte angesprochen werden und sich daraus ergibt, dass sich Abs. 1 nur auf Zivilsachen beziehen kann. Arbeitsgerichtliche und Leistungsstreitsachen der Sozialversicherung werden seit der Erlassung des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes von den ordentlichen Gerichten erledigt. Ebenso gehören die  Kartellgerichte zu den ordentlichen Gerichten, sie müssen nicht mehr besonders genannt werden. Sachen der Rückstellungskommissionen gibt es zwar nach wie vor, aber nur mehr in geringer Anzahl. Auf diese Verfahren soll nicht mehr im Anwendungsbereich, sondern in der Übergangsbestimmung des vorgeschlagenen § 18 Abs. 3 des Entwurfs Bedacht genommen werden.

Der zweite Satz des § 1 Abs. 1 stellt klar, dass in den in diesem Bundesgesetz geregelten Angelegenheiten (also die Hinterlegung nach § 1425 ABGB und andere Erlagssachen, die Ausfolgung eines gerichtlichen Verwahrnisses und dessen Einziehung) im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden ist. Dabei sind die allgemeinen Vorschriften des Außerstreitgesetzes mit den im Entwurf vorgesehenen Besonderheiten anzuwenden. Die Grundsätze der bisherigen Rechtsprechung, etwa zur Antrags- und Rechtsmittelbefugnis, können im Sinn der Rechtskontinuität übernommen werden. Diese Verweisung in das Außerstreitverfahren geht freilich nur so weit, als im vorgeschlagenen Bundesgesetz nichts anderes bestimmt wird. Damit werden zum einen die Verfügung über und die Verwertung von eingezogenen Sachen angesprochen, die – § 10 Abs. 3 des Entwurfs – nach Rechtskraft eines Ausfolgungsbeschlusses oder nach Rechtskraft der gerichtlichen Einziehung im Rahmen der Justizverwaltung erfolgen soll. Zum anderen soll sich nichts daran ändern, dass ein Ausfolgungsberechtigter seinen Anspruch nach Einziehung auf dem streitigen Rechtsweg geltend zu machen hat (s. näher § 13 Abs. 3 des Entwurfs).

Bei der Vorbereitung des Entwurfs hat das Bundesministerium für Justiz erwogen, in Hinterlegungssachen nach § 1425 ABGB auch das Verfahren, in dem über die Berechtigung eines Erlags oder die Ersetzung einer Zustimmung zur Ausfolgung entscheiden wird, dem Erlagsgericht zuzuweisen, so wie etwa mit der Außerstreitreform die Entscheidung über den Erbrechtsstreit dem Verlassenschaftsgericht übertragen worden ist. Diese Überlegung greift der vorliegende Entwurf aber nicht auf, zumal die damit verbundenen Synergieeffekte gering sein dürften und die Hinterlegung  einer Sache allein noch keine ausreichende Rechtfertigung dafür bilden kann, eine besondere Gerichtszuständigkeit vorzusehen. Es soll sich also nichts daran ändern, dass über die strittige Berechtigung eines Erlags oder die Zustimmung zur Ausfolgung gesondert verhandelt oder entschieden werden muss, und zwar in der Regel in einem Zivilprozess. Das soll nach dem Konzept des Entwurfs auch für Hinterlegungssachen gelten, in dem eine Vielzahl von Erlagsgegnern oder Ausfolgungswerbern genannt wird bzw. einschreitet. Für solche Konstellationen sieht der Entwurf aber mit der Bestellung eines besonderen Kurators ein Instrument vor, das eine gütliche Einigung erleichtern soll (s. näher § 4 des Entwurfs) und damit den Prozess vermeidet.

In § 1 Abs. 2 des Entwurfs soll zunächst klargestellt werden, dass der Bereich der Strafjustiz vom Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommen ist. Damit ist im Prinzip ebenfalls keine Änderung der Rechtslage verbunden (vgl. § 2 Abs. 1 Einziehungsgesetz). Allerdings soll mit der Anführung der Staatsanwaltschaften auf deren Kompetenzen im Ermittlungsverfahren Rücksicht genommen werden (vgl. OGH 11.3.2010, 12 Os 82/09i).

Nach § 2 Abs. 4 Einziehungsgesetz bleiben die Auktionsvorschriften nach dem Auktionshallengesetz unberührt. Mit der Exekutionsordnungs-Novelle 1995 wurden die Regelungen des Auktionshallengesetzes weitgehend in die Exekutionsordnung eingebaut. Diesen Änderungen der Rechtslage muss entsprochen werden. Der Anwendungsbereich des vorgeschlagenen Verwahrungs- und Einziehungsgesetzes soll sich in diesem Sinn nicht auf die Hinterlegung oder Verwertung gerichtlich gepfändeter Gegenstände erstrecken. Bei der Verwertung im Exekutionsverfahren kommt es weder auf die Art der Verwertung noch auf die ausführende Person an. Auch auf die Hinterlegung nach § 307 EO sollen die vorgeschlagenen Regelungen nicht Anwendung finden.

Der vorgeschlagene § 2 entspricht ebenfalls dem geltenden Recht (§ 2 Abs. 2 Einziehungsgesetz). Diese Regelung soll übernommen werden, um jegliche Unklarheiten auszuschließen. Auch hier gilt es, die den Staatsanwaltschaften seit der Neugestaltung des Ermittlungsverfahrens zukommenden Aufgaben zu berücksichtigen (vgl. dazu wiederum OGH 11.3.2010, 12 Os 82/09i). Die vorgeschlagene Bestimmung soll weiters klarstellen, dass die Vertretung der Interessen des Bundes als Erleger im weiteren Verfahren, also nach Einbringung des Hinterlegungsantrags durch das Gericht oder die Staatsanwaltschaft der Finanzprokuratur zukommt. Das dient nicht zuletzt der Entlastung der Strafgerichte und Staatsanwaltschaften, die insoweit von der Aufgabe entbunden werden, im Verfahren die Parteirechte des Bundes wahrzunehmen.

Dagegen soll § 2 Abs. 3 Einziehungsgesetz nicht übernommen werden. Es versteht sich wohl von selbst, dass Verwahrnisse, deren Ausfolgung ein fremder Staat im Zusammenhang mit einer Auslieferungssache verlangt, nicht nach dem vorgeschlagenen Verwahrungs- und Einziehungsgesetz, sondern nach den hiefür maßgeblichen Vorschriften und Übereinkommen des Auslieferungsrechts behandelt werden.

Zu § 3:

Mit den §§ 3 bis 6 sollen einige Grundzüge für den gerichtlichen Erlag und die daran anschließende Ausfolgung des Verwahrnisses vorgesehen werden. Auch damit sind keine umwälzenden Änderungen der Rechtslage verbunden. Die Bestimmungen dienen im Wesentlichen der Klarstellung sowie dem Bemühen, den gerichtlichen Erlag und namentlich die Hinterlegung nach § 1425 ABGB durch einfache und zweckmäßige Verfahrensbestimmungen zu begleiten und auf solche Art und Weise die Gerichte zu entlasten.

Der Erleger soll in seinem Antrag nach § 3 Abs. 1 des Entwurfs den Erlagsgrund, die zu erlegende Sache sowie den oder die ihm bekannten Erlagsgegner anführen. Er hat im Antrag auch die Anschrift des Erlagsgegners bekanntzugeben. Von der Verpflichtung zur Angabe des Erlagsgegners oder dessen Anschrift ist er nur befreit, wenn er zugleich glaubhaft macht, dass er diese Informationen trotz zumutbarer Erhebungen nicht herausfinden konnte. Die von ihm vorgenommenen Erhebungen hat der Antragsteller im Antrag im Detail darzulegen. Kommt er seiner Behauptungs- und Bescheinigungspflicht nicht nach, so hat das Hinterlegungsgericht den Antrag abzuweisen. Von der „Bescheinigungspflicht“ sind nur die Strafgerichte und die Staatsanwaltschaften im Rahmen des strafrechtlichen Erlags nach § 2 des Entwurfs befreit (vgl. § 3 Abs. 5 des Entwurfs).

Darüber hinaus soll es dem Erleger freigestellt werden, bestimmte Ausfolgungsbedingungen festzusetzen; an diese Bedingungen ist das Gericht gebunden. Mit diesen Klarstellungen ist keine Änderung der Rechtslage (siehe dazu Reischauer in Rummel, ABGB³ Rz 17 ff. zu § 1425 ABGB) verbunden.

Über den Erlagsantrag ist mit Beschluss abzusprechen. Wenn die Verwahrung der Sache voraussichtlich nicht nur geringfügige Kosten verursachen wird, hat das Gericht die Annahme vom Erlag eines Vorschusses auf die Verwahrungskosten abhängig zu machen. Einen solchen Vorschuss wird das Gericht dem Erleger vor allem dann abverlangen müssen, wenn die Sache von einer dritten Person verwahrt werden muss. Bei Geldverwahrnissen und Sachverwahrnissen, die bei Gericht oder in der Verwahrungsabteilung aufbewahrt werden können, werden die Kosten im Allgemeinen nur geringfügig sein. Wenn der Erleger dem gerichtlichen Auftrag zur Bevorschussung der Verwahrungskosten nicht innerhalb von 14 Tagen nachkommt, hat das Gericht den Hinterlegungsantrag abzuweisen.

Auch von der Vorschusspflicht sollen die Gerichte und Staatsanwaltschaften im strafrechtlichen Erlag nach § 2 befreit sein (s. näher § 3 Abs. 5).

§ 3 Abs. 3 des Entwurfs statuiert einige besondere Anforderungen an den Annahmebeschluss. Das Gericht hat darin den verwahrten Gegenstand näher zu beschreiben sowie den (vom Erleger) angeführten – schlüssigen – Erlagsgrund sowie allfällige Ausfolgungsbedingungen anzugeben. Darüber hinaus hat es im Beschluss auch auf die in den §§ 7 ff. des Entwurfs vorgesehenen Bestimmungen über die Einziehung des Verwahrnisses hinzuweisen. Diese Belehrung soll der Information der Beteiligten dienen, sie soll sie sogleich über das weitere Schicksal der bei Gericht hinterlegten Sachen informieren und von vornherein klare Verhältnisse schaffen.

Der Beschluss über die Annahme des Erlags durch das Gericht soll nach § 3 Abs. 4 des Entwurfs sowohl dem Erleger als auch dem oder den Erlagsgegnern zugestellt werden. Bei einer Abweisung des Erlagsantrags durch das Gericht wird der Beschluss dagegen nur dem Erleger zuzustellen sein.

Probleme ergeben sich in der Praxis vor allem beim strafgerichtlichen Erlag bei der Zustellung des Annahmebeschlusses, wenn von einem Erlagsgegner keine Anschrift bekannt ist. Nach einfachen Erhebungsschritten wird derzeit ein Zustell- oder Abwesenheitskurator bestellt. Ein gerichtlicher Erlag befreit den Erleger erst mit der Zustellung des Annahmebeschlusses an den Erlagsgegner von seiner Schuld. Der Kurator darf einem allfälligen Ausfolgungsantrag nicht zustimmen, sondern muss sich jedenfalls klagen lassen. Daher sieht der zweite Satz des § 3 Abs. 4 des Entwurfs vor, dass in einem solchen Fall der Beschluss in der Ediktsdatei kundzumachen ist. Diese Bekanntgabe soll im strafrechtlichen Erlag die Verpflichtung zur Bestellung eines Zustell- oder Abwesenheitskurators für die Entgegennahme des Annahmebeschlusses ersetzen, zumal auf Grund der Suchmöglichkeiten in der Ediktsdatei ein Erlagsgegner, dem der Annahmebeschluss wegen unbekannten Aufenthalts nicht zugestellt werden kann, größere Aussichten als bisher hat, von einer gerichtlichen Hinterlegung zu erfahren.

Zu § 4:

Als wesentliche Neuerung eröffnet § 4 des Entwurfs dem Gericht die Möglichkeit, in Verfahren, in denen nach einem strafrechtlichen Erlag (s. § 2 des Entwurfs) auf der Seite der Erlagsgegner oder der Ausfolgungswerber mehr als zehn Personen auftreten, einen Kurator zu bestellen. Das setzt voraus, dass die Erlagsgegner oder Ausfolgungswerber im Wesentlichen gleich gelagerte Interessen verfolgen. Das wird beispielsweise dann der Fall sein, wenn bestimmte Gelder zu Gunsten einer Vielzahl von geschädigten Anlegern hinterlegt werden. Die Interessen der Erlagsgegner oder Ausfolgungswerber werden in einem solchen Fall insoweit gleich gelagert sein, als sie ihre Schadenersatzansprüche aus diesem Erlag befriedigen wollen.

Der Kurator soll diese Parteien im Hinterlegungs- oder Ausfolgungsverfahren vertreten, so lange dem die einzelnen Erlagsgegner oder Ausfolgungswerber jeweils für sich (nicht mit Wirkung für die anderen) nicht widersprechen oder soweit das Gericht den Kurator nicht aus anderen Gründen von Amts wegen oder auf dessen Antrag enthebt. Die Vertretungsbefugnis des Kurators umfasst dabei auch Erlagsgegner, die unbekannt oder unbekannten Aufenthalts sind. Für sie muss also nicht noch eigens ein Abwesenheits- oder Zustellkurator bestellt werden.

Die Möglichkeit der Bestellung eines gemeinsamen Kurators soll dazu beitragen, Massenverfahren für das Gericht leichter zu handhaben, weil ihm nur ein Ansprechpartner gegenübersteht. Dem Kurator soll es seinerseits obliegen, sich mit den von ihn vertretenen Parteien abzustimmen und möglichst eine gütliche Einigung vorzubereiten. Als Kurator kann das Gericht auf Grund der besonderen rechtlichen Anforderungen an diese Aufgaben nur einen Rechtsanwalt oder Notar bestellen. Dabei hat es darauf zu achten, dass der Vertreter eine zügige Erledigung des Verfahrens (also die möglichst rasche Ausfolgung des Verwahrnisses) gewährleisten kann. Die hiefür maßgeblichen Kriterien lehnen sich an die Bestimmung des § 80a Abs. 1 Insolvenzordnung an. Die Aufgaben eines solchen Kurators gleichen nämlich vielfach den Aufgaben eines Masseverwalters. Die Bestellung dieses Kurators soll auch in der Ediktsdatei kundgemacht werden.

Der Kurator hat den Kontakt mit den von ihm vertretenen Erlagsgegnern und Ausfolgungswerber aufzunehmen und zu halten. Er hat im Rahmen seiner gesetzlichen Vertretungsbefugnis die von ihnen geltend gemachten Ansprüche dem Grunde und der Höhe nach auf ihre Plausibilität und Richtigkeit hin zu überprüfen. Diese Verpflichtung dient der Vorbereitung einer gütlichen Einigung zwischen den Beteiligten, auf die der Kurator hinzuwirken hat. Im Rahmen dieser Befugnisse wird der Kurator in eigener Verantwortung und selbständig tätig, ohne dass er an Weisungen des Hinterlegungsgerichts gebunden ist.

Wenn ein Erlagsgegner unbekannt oder unbekannten Aufenthalts ist, hat der Kurator alle nach Maßgabe des Einzelfalls angemessenen Maßnahmen (also nicht bloß „einfache Erhebungen“ im Verständnis des § 3 Abs. 4 des Entwurfs) zu ergreifen, um ihn oder seine Anschrift in Erfahrung zu bringen. Diese Verpflichtung steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass eine solche Maßnahme nicht aussichtslos ist und auch keine unverhältnismäßig hohen Kosten verursacht.

In der Praxis bereitet in Verfahren mit einer Vielzahl von Erlagsgegnern oder Ausfolgungswerber die Verteilung des hinterlegten Betrags unter anderem deshalb Schwierigkeiten, weil die Verwahrnisse vielfach nicht zur vollen Befriedigung der Erlagsgegner oder Ausfolgungswerber ausreichen. Hier soll sich der Kurator im Rahmen seiner Vertretungstätigkeit bemühen, eine gütliche Einigung zwischen den Beteiligten herbeizuführen. § 4 Abs. 4 des Entwurfs verpflichtet ihn in diesem Sinn, eine Verteilungsordnung vorzubereiten, mit der eine solche einvernehmliche Lösung in die Wege geleitet werden kann. Der Kurator hat die für eine Ausfolgung notwendigen Zustimmungserklärungen einzuholen und dem Erlagsgericht zu übermitteln.

Wenn die Beteiligten damit einverstanden sind, ist es auch möglich, nur einen Teil des Verwahrnisses zu verteilen und den Rest bei Gericht zu belassen, sei es, dass damit die Ansprüche von Erlagsgegnern befriedigt werden, die unbekannt oder unbekannten Aufenthalts sind und bleiben, sei es, dass die Berechtigung der Ansprüche auf diesen Rest in einem zivilgerichtlichen Verfahren geklärt wird.

Die Kosten eines solchen Kurators sind vom Gericht zu bestimmen. Dabei sollen die für die Entlohnung des Masseverwalters maßgeblichen Bestimmungen angewendet werden, was sich wiederum aus der Vergleichbarkeit der Aufgaben des Kurators mit jenen des Masseverwalters erklärt. Dabei kann das Gericht den Kurator zweckmäßigerweise auch ermächtigen, die ihm rechtskräftig zugesprochenen Kosten aus dem Erlag selbst zu entnehmen. Die Kosten des Kurators sollen zu den Verwahrungskosten gehören (§ 6 Abs. 2 Z 2 des Entwurfs). Sie sind anteilig von den Empfangsberechtigten dem Bund zu ersetzen, soweit sie dieser getragen hat (und sich der Kurator nicht unmittelbar aus dem Erlag befriedigt oder seine Kosten anderweitig erhalten hat).

Zu § 5:

Die §§ 5 und 6 des Entwurfs regeln das Ausfolgungsverfahren. Sie sind – siehe § 14 des Entwurfs – auch dann anzuwenden, wenn die Ausfolgung des Verwahrnisses nach der Einleitung des Einziehungsverfahrens begehrt wird.

Ein Antrag auf Ausfolgung soll nach § 5 Abs. 1 des Entwurfs dem Hinterleger, den Erlagsgegnern und allfälligen anderen Ausfolgungswerbern zugestellt werden.

Die Erlagsgegner können durch ihre Erklärung bestimmen, an wen das Verwahrnis ausgefolgt werden soll. Daher empfiehlt es sich zur Beschleunigung des Ausfolgungsverfahrens, dass ihnen das Gericht für ihre Zustimmung zur Ausfolgung eine Frist setzt (§ 5 Abs. 2 des Entwurfs). All das soll in sinngemäßer Anwendung der bewährten Regelung des § 17 AußStrG erfolgen. In der gerichtlichen Aufforderung sollen die Erlagsgegner über die möglichen Folgen einer Nichtäußerung belehrt werden.

Zu § 6:

Nach § 6 Abs. 1 des Entwurfs hat das Gericht in einem Ausfolgungsbeschluss das Verwahrnis näher zu umschreiben. Darüber hinaus hat es die in § 6 Abs. 2 definierten Verwahrungskosten zu bestimmen. Soweit sie der Bund getragen hat, sind sie – vgl. § 16 Abs. 1 des Entwurfs – vom Empfangsberechtigten vor der eigentlichen Ausfolgung des Verwahrnisses zu entrichten. Der Entwurf sieht in diesem Zusammenhang davon ab, im Ausfolgungsverfahren Kostenersatzregelungen vorzusehen. Über den Ersatz von Verwahrungskosten (einschließlich eines verbrauchten Vorschusses auf die Verwahrungskosten nach § 3 Abs. 2) soll vielmehr zwischen den Beteiligten auf dem Zivilrechtsweg entschieden werden. Dabei wird es im Wesentlichen darauf ankommen, ob der Erlag zu Recht oder zu Unrecht erfolgt ist. Mit dieser Frage soll sich aber nicht das Hinterlegungsgericht befassen.

Verwahrungskosten sind Kosten, die dem Gericht für die Verwahrung und die Erhaltung des Wertes des Verwahrnisses erwachsen, einschließlich der Kosten eines vom Gericht bestellten Verwahrers (Abs. 2 Z 1), weiters die Kosten eines vom Gericht bestellten Kurators (nach § 4 des Entwurfs) sowie die Gebühren und Barauslagen nach dem Bundesgesetz vom 4. Juli 1962, BGBI. Nr. 182, über die Gebühren für Verwahrnisse der gerichtlichen Verwahrungsabteilungen.

Zu § 7:

In den §§ 7 ff. des Entwurfs wird das Verfahren zur Einziehung gerichtlicher Verwahrnisse näher geregelt. Im Verhältnis zum Einziehungsgesetz sollen die Einziehungsfristen verkürzt werden, auch soll im Gesetz selbst ausdrücklich klargestellt werden, in welchen Fällen eine vorzeitige Einziehung in die Wege zu leiten ist. Die damit verbundenen Beschleunigungen liegen im Interesse des Empfangsberechtigten, aber auch im Interesse des Bundes, weil dadurch der Aufwand der Gerichte und die Kosten der Verwahrung reduziert werden können. Materiell-rechtliche Ansprüche an einer Sache bleiben insoweit gewahrt, als nach der Einziehung während eines Zeitraums von 30 Jahren die Herausgabe des Erlöses des eingezogenen Verwahrnisses begehrt werden kann. Diese Frist des Einziehungsgesetzes (§ 11 Abs. 1) soll also verlängert werden, auch sollen die Obergrenzen (von 500 bzw. 5 000 Schilling bzw. das entsprechende Euro-Äquivalent) im Interesse des Empfangsberechtigten nicht übernommen werden.

Nach den §§ 3 und 4 Einziehungsgesetz ist für die Einziehungsfrist zwischen geringwertigen und anderen Verwahrnissen zu unterscheiden: Die einen können nach einem bzw. drei Jahren, die anderen hingegen erst nach  30 Jahren eingezogen werden. Dieses komplizierte System soll vereinfacht werden, indem in § 7 Abs. 1 des Entwurfs nur mehr auf zwei Fristen abgestellt und dazu auch noch die Möglichkeit einer vorzeitigen Einziehung vorgesehen wird. Geringwertige Verwahrnisse bis zu einem Wert von 5 000 Euro sind grundsätzlich nach einem Jahr für den Bund einzuziehen, andere Verwahrnisse nach fünf Jahren. Der Lauf dieser Fristen soll aber nach § 8 zweiter Satz des Entwurfs in denjenigen Fällen, in denen eine längere Verwahrung aus bestimmten Gründen erforderlich ist (der Entwurf führt hier als Beispiele ein anhängiges Verfahren über die Ausfolgung oder die Ersetzung einer Zustimmung, das Erfordernis einer Sicherstellung oder ein pflegschaftsgerichtlichen Verfahren), gehemmt werden.

Eine vorzeitige Einziehung vor Ablauf der ein- bzw. fünfjährigen Frist soll nach § 7 Abs. 2 des Entwurfs zunächst bei Verwahrnissen zulässig sein, die verderblich sind oder bei denen eine erhebliche (nicht unbedingt „krasse“) Wertminderung im Zuge der Verwahrung zu befürchten ist. Gedacht ist hier vor allem an Kraftfahrzeuge, deren Zeitwert während einer unter Umständen jahrelangen Verwahrung gegen Null hin sinkt. Erheblich wird eine Wertminderung im Allgemeinen schon dann sein, wenn das Verwahrnis in einem Jahr mehr als zehn Prozent an Wert verliert. Von einer solchen Verwahrung hat der Empfangsberechtigte nichts, hier ist es im Gegenteil in seinem Interesse, dass das Verwahrungsverhältnis rasch beendet wird. Zusätzlich sollen Verwahrnisse dann eingezogen werden, wenn die Verwahrungs- und Werterhaltungskosten den Wert der verwahrten Sache übersteigen. Auch dies liegt im Interesse des Empfangsberechtigten. Es ist beispielsweise wirtschaftlich nicht vertretbar, wenn etwa schon nach einem halben Jahr die Verwahrungskosten von (angenommen) monatlich zehn Euro den Wert eines alten Fahrrads (50 Euro) übersteigen. Die vorgeschlagene Regelung eröffnet dabei die Möglichkeit, die Sache schon im Zeitpunkt der Erkennbarkeit der Unwirtschaftlichkeit der weiteren Verwahrung einzuziehen. Dies wird in hohem Maß von der individuellen Beschaffenheit der Sache abhängig sein (z. B. schneller Wertverlust und hohe Verwahrungskosten). Dabei wird aber auch zu berücksichtigen sein, ob eine Ausfolgung wahrscheinlich ist (was etwa dann nicht der Fall sein wird, wenn ein Zivilprozess wegen dieser Sache anhängig ist). Liegen aber keine Anhaltspunkte für eine Ausfolgung vor, so sollte möglichst frühzeitig eingezogen werden, um im Interesse des Empfangsberechtigten den Wertverlust gering zu halten.

Für den – fristbestimmenden – Wert der Verwahrnisse soll es nach § 7 Abs. 1 des Entwurfs nur mehr auf eine Wertgrenze, nämlich den Betrag von 5 000 Euro ankommen. Die Frage der Zusammenrechnung soll künftig nur bei geringwertigen Verwahrnissen von Bedeutung sein. Was eine gemeinsame Verwahrnismasse ist, ergibt sich aus der Standblattzahl.

Zu § 8:

Die Einziehungsfrist soll nach § 8 des Entwurfs mit dem Tag des Erlags beginnen. Nur dann können nämlich alle Wertänderungen im Verlauf der gerichtlichen Hinterlegung berücksichtigt werden.

Zum zweiten Satz sei auf die Erläuterungen zu § 7 Abs. 1 des Entwurfs verwiesen.

Zu § 9:

§ 9 des Entwurfs regelt zunächst den Stichtag für die – wertbestimmte – Einziehungsfrist. Hier soll es zweckmäßigerweise auf den Beginn des Einziehungsverfahrens ankommen. Wenn der Wert einer schon länger als ein Jahr bei Gericht erliegenden Sache unter den Betrag von  5 000 Euro fällt, soll sogleich mit dem Einziehungsverfahren begonnen werden.

Zu § 10:

§ 10 des Entwurfs entspricht dem § 6 Einziehungsgesetz.

Nach dem vorgeschlagenen Abs. 3 soll die Verfügung über und die Verwertung von rechtskräftig eingezogenen Verwahrnissen dem Vorsteher oder Präsidenten des Verwahrschaftsgerichts obliegen. Diese mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 8/2006 eingeführte Regelung hat sich bewährt und soll daher übernommen sowie ausgebaut (s. näher § 12 Abs. 3 des Entwurfs) werden.

Zu § 11:

Das Einziehungsverfahren ist grundsätzlich von Amts wegen einzuleiten. Darüber hinaus soll aber auch dem Vorsteher oder Präsidenten des Verwahrschaftsgerichts und dem Erleger ein Antragsrecht auf Einleitung des Verfahrens eingeräumt werden. Auch der Erleger kann ein Interesse an einer raschen Einziehung haben. Von der Einleitung des Einziehungsverfahrens sind der Erleger und der Erlagsgegner, gegebenenfalls auch ein Ausfolgungswerber, sowie auch andere Personen, für die das Verwahrnis erlegt worden ist, ohne Zustellnachweis zu verständigen.

Die Schätzung des Wertes des Verwahrnisses soll nach der im Verlassenschaftsverfahren eingelebten Regelung des § 145 Abs. 3 AußStrG erfolgen, also auf einfache Weise und ohne weitwendige Erhebungen tunlichst ohne Beiziehung eines Sachverständigen (§ 11 Abs. 2 des Entwurfs).

Die bevorstehende Einziehung soll vom Gericht nach § 11 Abs. 3 des Entwurfs auch in der Ediktsdatei kundgemacht werden. Die Verpflichtung zum Anschlag an der Gerichtstafel und an der Amtstafel der Gerichtsgemeinde (§ 8 Abs. 1 Einziehungsgesetz) kann im Hinblick auf die größere Publizität des elektronisch abrufbaren Ediktes entfallen. Das Edikt soll in der Ediktsdatei über einen Zeitraum von zehn Jahren (berechnet ab dem Erlagstag) abfragbar sein.

Die Frist für die Veröffentlichung in der Ediktsdatei soll gemäß § 11 Abs. 4 des Entwurfs drei Monate betragen, damit ein potenzieller Ausfolgungswerber angemessen Zeit hat, von der Einleitung des Einziehungsverfahrens Kenntnis zu erlangen. Die einmonatige Frist des § 8 Abs. 4 Einziehungsgesetz dürfte, wie die Beratungen der Arbeitsgruppe gezeigt haben, zu kurz sein.

Der Einziehungsbeschluss ist denjenigen Personen zuzustellen, die auch von der Einleitung dieses Verfahrens zu verständigen sind.  Der Vorsteher (Präsident) des Verwahrschaftsgerichts soll dagegen erst nach Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses von der erfolgten Einziehung (ohne Zustellnachweis) verständigt werden.

Zu § 12:

§ 12 Abs. 1 des Entwurfs stellt klar, dass der Bund mit der Rechtskraft des Einziehungsbeschlusses originär das Eigentum am Verwahrnis erwirbt. Die weitere Verfügung und die Verwertung der nun dem Bund gehörigen Sache soll dem Vorsteher (Präsidenten) des Verwahrschaftsgerichts obliegen (vgl. auch § 10 Abs. 3 des Entwurfs). Geldverwahrnisse sind nach Einziehung zugunsten des Bundes/Bundesministerium für Justiz zu verbuchen. Sachverwahrnisse sind grundsätzlich bestmöglich zu verwerten, es sei denn, dass sie für Zwecke der Justiz gebraucht oder für wissenschaftliche, geschichtliche oder bildnerische Zwecke einer geeigneten Stelle überlassen werden können; in diesem Fall ist ihr Verkehrswert durch einfache Erhebungen (§ 11 Abs. 2 des Entwurfs) zu erheben und festzuhalten.

Die Verwertung der eingezogenen Sache soll grundsätzlich durch eine öffentliche Versteigerung durch einen hiezu befugten Unternehmer oder das Exekutionsgericht erfolgen. Sachverwahrnisse mit einem Börsen- oder Marktpreis können aus freier Hand verkauft werden, ebenso Gegenstände, für die in einer Versteigerung nicht einmal das geringste Gebot erreicht wird. Wertpapiere mit einem Börsen- oder Marktpreis und Sparurkunden müssen solcherart verwertet werden. Diese Verwertungsregelungen orientieren sich an den Bestimmungen über den Pfandverkauf (vgl. dazu § 466b Abs. 2 und 4 ABGB).

Zu den §§ 13 und 14:

Der Ausfolgungsberechtigte soll gemäß § 13 Abs. 1 des Entwurfs auch noch nach der Einziehung des Verwahrnisses seine Ansprüche beim Vorsteher bzw. Präsidenten des Verwahrschaftsgerichts geltend machen können. Dabei soll er zwischen der Ausfolgung der allenfalls noch vorhandenen Sache und des Erlöses der verwerteten Sache bzw. des (nach § 12 Abs. 3 erhobenen) Verkehrswerts einer nicht verwerteten Sache im Zeitpunkt der Einziehung wählen können. Dieses Wahlrecht des Ausfolgungswerbers soll aber insoweit eingeschränkt werden, als die Ausfolgung der Sache noch möglich ist. Dabei ist nicht nur auf die rein faktischen, sondern auch auf die wirtschaftlichen Gegebenheiten abzustellen. Wirtschaftlich wird die Ausfolgung der Sache beispielsweise dann unmöglich sein, wenn zur Rückgabe die Auflösung von langfristigen Verträgen notwendig wäre.

Der Ausfolgungsanspruch soll in 30 Jahren ab der Rechtskraft des Einziehungsbeschlusses verjähren.

Der Vorsteher (Präsident) des Verwahrschaftsgerichts hat von einem bei ihm eingelangten Ausfolgungsantrag das Gericht zu verständigen. Daraufhin hat das Gericht die bis zur Rechtskraft der Einziehung aufgelaufenen Verwahrungskosten im Verständnis des § 6 Abs. 2 des Entwurfs zu bestimmen. Diese Kosten sind bei einer allfälligen Ausfolgung des Verwahrnisses vom Empfänger der Sache zu entrichten (vgl. § 16 Abs. 1 des Entwurfs).

Ungeachtet einer solchen Kostenbestimmung kann der Vorsteher (Präsidenten) des Verwahrschaftsgerichts den Antrag auf Ausfolgung des Verwahrnisses ganz oder teilweise ablehnen, weil er den Antrag auf Ausfolgung nicht für berechtigt erachtet. In einem solchen Fall kann der Ausfolgungswerber seinen Anspruch – so wie nach geltendem Recht (§ 11 Abs. 2 Einziehungsgesetz) auf dem ordentlichen Rechtsweg mit Klage gegen den Bund geltend machen. Auch hier wird der Bund durch die Finanzprokuratur vertreten, ohne dass dies eigens gesagt werden muss.

§ 14 des Entwurfs stellt schließlich klar, dass die Verfahrensregelungen über die Ausfolgung einer hinterlegten Sache (§§ 4 bis 6 des Entwurfs) auch dann anzuwenden sind, wenn das Verwahrschaftsgericht ein Einziehungsverfahren eingeleitet hat. Dem Verwahrschaftsgericht soll für einen solchen Fall aber die Möglichkeit eingeräumt werden, das bereits eingeleitete Einziehungsverfahren zu unterbrechen. Das Einziehungsverfahren ist einzustellen, wenn das Verwahrnis im weiteren Verlauf ausgefolgt wird.

Zu § 15:

Die §§ 15 bis 17 des Entwurfs gelten sowohl für den Fall, dass die hinterlegte Sache im Verfahren nach den §§ 4 ff. des Entwurfs ausgefolgt wird, als auch für die Ausfolgung nach einer Einziehung (§ 13 des Entwurfs).

Zur Ausfolgung bzw. Überweisung des Geldbetrags soll es nach § 16 Abs. 1 des Entwurfs erst dann kommen, wenn der Empfangsberechtigte die vom Bund getragenen Verwahrungskosten begleicht. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, dass der Vorsteher (Präsident) des Verwahrschaftsgerichts dem Empfangsberechtigten noch einmal die Höhe der Verwahrungskosten bekanntgibt. Zugleich hat er den Empfangsberechtigten aufzufordern, ein Konto für die Überweisung von Geldbeträgen oder – bei Sachverwahrnissen – die von ihm gewünschte Art der Übergabe mitzuteilen.

§ 16 Abs. 2 des Entwurfs stellt klar, dass der Empfangsberechtigte die Gefahr und die Kosten der Übersendung zu tragen hat.

Zu den §§ 16 und 17:

Die Ausfolgung des Verwahrnisses setzt nach dem vorgeschlagenen § 16 voraus, dass der Empfangsberechtigte die bisher vom Bund getragenen Verwahrungskosten entrichtet. Damit soll allerdings keine Zahlungspflicht, sondern nur eine Zahlungsmöglichkeit geschaffen werden. Nimmt sie der Empfangsberechtigte nicht wahr, dann soll ihm das Verwahrnis nicht ausgefolgt werden. Unter den vom Bund getragenen Verwahrungskosten sind die vom Gericht bestimmten Kosten zu verstehen, die nicht der Erleger bevorschusst hat (§ 3 Abs. 2 des Entwurfs) und die nicht unmittelbar aus dem Erlag entnommen worden sind (vgl. § 4 Abs. 5 des Entwurfs).

Bei Geldverwahrnissen oder Geldbeträgen (aus dem Erlös der eingezogenen Sache) soll der Vorsteher (Präsident) der Verwahrschaftsgerichts berechtigt sein, die Verfahrenskosten vom Auszahlungsbetrag abzuziehen. Bei Sachverwahrnissen sind die Kosten unmittelbar oder per Nachnahme einzuheben.

Soweit ein vom Hinterleger nach § 3 Abs. 2 des Entwurfs entrichteter Vorschuss die Verwahrungskosten übersteigt, ist die Differenz dem Hinterleger zurückzuzahlen. Über die Frage, ob der Hinterleger einen „verbrauchten“ Vorschuss vom Empfangsberechtigten ersetzt verlangen kann, soll nicht im Ausfolgungsverfahren, sondern auf dem Zivilrechtsweg entschieden werden.

Die Rechtsfolgen einer Säumnis des Empfangsberechtigten regelt der vorgeschlagene § 17: Der Vorsteher (Präsident) des Verwahrschaftsgerichts hat in einem solchen Fall sogleich nach § 12 Abs. 2 des Entwurfs vorzugehen und das Verwahrnis zu verwerten, auch wenn es noch nicht eingezogen worden ist.

Zu § 18:

Die Bestimmung enthält die notwendigen Inkrafttretens- und Übergangsregeln. Das neue Gesetz soll mit 1. Mai 2011 in Kraft treten. Damit soll eine ausreichend lange Legisvakanz vorgesehen werden, während derer die notwendigen administrativen Begleitmaßnahmen zur Umstellung auf das neue Recht vorbereitet werden können. Die neuen Regelungen sollen auch auf „Altverwahrnisse“ Anwendung finden, über deren Ausfolgung oder Einziehung bis zum Inkrafttreten noch nicht in erster Instanz entschieden worden ist. Das Gleiche soll für Verwahrnisse gelten, die noch in Sachen der Rückstellungskommissionen bei den Gerichten liegen (§ 17 Abs. 2 und 3 des Entwurfs).

Zu Art. 23 (Änderung der Zivilprozessordnung):

Zu Z 1 (§ 52):

Die Entscheidung über den Kostenersatz ist eine in einer Vielzahl von Fällen mit großem Aufwand verbundene Aufgabe der Gerichte. Längere Verfahrensdauer, eine große Anzahl verzeichneter Leistungen, mehrere am Verfahren Beteiligte, Tarifänderungen, geänderte Bemessungsgrundlagen z. B. durch Klagsausdehnungen oder -einschränkungen, Teilzusprüche und unterschiedliche Obsiegensquoten in mehreren Verfahrensabschnitten sowie fehlerhaft oder zu Unrecht verzeichnete Leistungen bewirken häufig, dass für die Kostenentscheidung umfangreiche und daher entsprechend zeitintensive Berechnungen erforderlich sind. Dazu kommt noch die rechtliche Beurteilung teils schwieriger Auslegungsfragen. Das von der Rechtsprechung aus den im Gesetz festgelegten Grundsätzen des Kostenersatzrechts entwickelte ausdifferenzierte, auf möglichst gerechte Entscheidung nicht nur in der Hauptsache, sondern auch im Kostenpunkt ausgerichtete Regelwerk führt dazu, dass Kostenentscheidungen in manchen Fällen schwieriger sind als die Entscheidung in der Hauptsache, zumindest aber viel Zeit in Anspruch nehmen.

Da die Kostenentscheidung wegen des ihr zu Grunde liegenden Obsiegensprinzips mit der Entscheidung in der Sache selbst verknüpft ist, steht sie – zusätzlich zu ihrer eigenen inneren Richtigkeit – auch stets unter der Bedingung, dass die Entscheidung über die Hauptsache auch rechtskräftig wird. Wird die Entscheidung in der Sache selbst abgeändert oder aufgehoben, so fällt die Grundlage für die Kostenentscheidung weg. Damit ist die für die Kostenentscheidung aufgewendete Zeit und Mühe frustriert.

Mit der Änderung des Abs. 1 soll eine Entlastung der Gerichte von jenen Kostenentscheidungen stattfinden, die vor Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache wegen deren Aufhebung oder Abänderung frustrierter und damit vermeidbarer Arbeitsaufwand sind. Es wird vorgesehen, dass sich das Gericht die Kostenentscheidung auch bis zur rechtskräftigen Erledigung der Hauptsache vorbehalten kann. Durch die Anknüpfung an die rechtskräftige Erledigung einer Streitsache ist sichergestellt, dass die wesentlichen Entscheidungsgrundlagen der Kostenentscheidung dem Grunde nach bereits unverrückbar vorliegen.

Die Trennung der Entscheidung in der Sache von der Entscheidung über die Kosten ist zusätzlich eine Maßnahme, die dazu führen wird, dass die Entscheidungen rascher gefällt werden können, weil der rechnerische Aufwand auf einen späteren Zeitpunkt verschoben wird und der zeitliche Aufwand daher geringer ist. Schon bisher ist wegen der gesonderten Anfechtbarkeit der Kostenentscheidung eine zeitliche Parallelität der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache und der Kostenentscheidung nicht zwingend.

Hat bereits das Erstgericht die Kostenentscheidung vorbehalten, so haben auch die Rechtsmittelgerichte keine Kostenentscheidung zu treffen, weder über die Kosten erster Instanz noch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens. Diese Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung durch das Erstgericht nach rechtskräftiger Erledigung der Streitsache vorbehalten. Dadurch soll eine Vielzahl einzelner Titel die Kosten betreffend in einem Verfahren verhindert werden. Ein (erstmaliger) Kostenvorbehalt ist aber nicht nur durch das Erstgericht, sondern auch durch das Rechtsmittelgericht möglich. Hat das Erstgericht in seine Entscheidung eine Kostenentscheidung aufgenommen, so kann dessen ungeachtet das in zweiter Instanz tätig werdende Gericht wiederum seine Kostenentscheidung vorbehalten, sofern seine Entscheidung noch durch ein weiteres Rechtsmittel bekämpfbar ist.

Wurde die Kostenentscheidung vorbehalten, so hat über die Verpflichtung zum Kostenersatz für das gesamte Verfahren nach rechtskräftiger Erledigung der Streitsache das Erstgericht zu entscheiden. Dies unabhängig davon, ob es selbst einen Kostenvorbehalt ausgesprochen hat oder erst die Rechtsmittelinstanz die Kostenentscheidung vorbehalten hat.

Ist eine Entscheidung unanfechtbar, so ist nach Abs. 2 erster Satz ein Kostenvorbehalt nicht zulässig. Dies würde nur zu einer unnötigen Verzögerung führen; in diesem Fall liegt die Entscheidungsgrundlage ja bereits vor.

Hält es das Gericht jedoch nach der Lage des Falles für angebracht, so soll es - außer die Vorinstanz hat bereits die Kostenentscheidung vorbehalten - nach wie vor schon aus Anlass der Erledigung der Hauptsache für die Instanz eine Kostenentscheidung fällen können. Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn eine Anfechtung der Entscheidung nicht zu erwarten ist oder die Kostenentscheidung keinen besonderen Aufwand verursacht. Die Beurteilung, welche Vorgangsweise im Einzelfall gewählt wird, bleibt dem Gericht vorbehalten.

Wie bisher sollen auch die zahlreichen von der Entscheidung in der Hauptsache unabhängigen Kostenentscheidungen, welche die ZPO kennt und die für sich alleine (z. B. Kostenersatz für eine frustrierte Tagsatzung durch den säumigen Zeugen) oder als Begleitung von Zwischenentscheidungen (z. B. Entscheidung über den Kostenersatz im Zwischenstreit über die örtliche Zuständigkeit) auftreten, sogleich gefällt werden.

Die Bestimmung des Abs. 3 über den Vorbehalt der vom Ergebnis des noch offenen Verfahrens abhängigen und deshalb vorläufig unmöglichen Kostenentscheidung beim Teilurteil bleibt unverändert. Das Gericht kann aber auch dann, wenn es in der Lage wäre, über die Kosten zu entscheiden, diese Entscheidung nach Abs. 1 bis zur rechtskräftigen Erledigung der Streitsache vorbehalten.

Im Übrigen soll die Verpflichtung des Gerichts, über den Kostenersatz von Amts wegen zu entscheiden, beibehalten und keine gesonderte Antragstellung eingeführt werden (Abs. 4). Die bloße Vorlage des Kostenverzeichnisses ist also weiterhin ausreichend.

Wie bisher sind daher das Kostenverzeichnis im Verfahren erster Instanz vor Schluss der mündlichen Verhandlung zu legen, allfällige Einwendungen zum Kostenverzeichnis der anderen Partei innerhalb der Frist des § 54 Abs. 1a zu erheben sowie die Kosten eines allenfalls folgenden Rechtsmittelverfahrens dort zu verzeichnen.

Zu Z 2 (§ 54):

Mit dem Budgetbegleitgesetz 2009 (BGBl. I Nr. 52/2009) wurde in § 54 ZPO ein Abs. 1a eingefügt, der zum einen den Parteien rechtliches Gehör bereits vor der Kostenentscheidung einräumen wollte und zum anderen eine Entlastung der Gerichte im Zusammenhang mit der Kostenentscheidung zum Ziel hatte. Die Absicht des Gesetzgebers, die Gerichte durch diese Bestimmung zu entlasten, wurde in den Materialien zum obgenannten Budgetbegleitgesetz 2009 (Regierungsvorlage 113 der XXIV. GP) näher erläutert. Danach sollten nicht begründet bestrittene Positionen des Kostenverzeichnisses der Entscheidung „ungeprüft“ zugrunde zu legen sein. Eine amtswegige Wahrnehmung von unrichtig verzeichneten Leistungen sollte nicht mehr vorgesehen sein. Die Einführung dieser Bestimmung führte in Lehre und Rechtsprechung zu höchst kontroversen Ansichten. Dabei wurde von einem Teil der Lehre und auch von Teilen der Rechtsprechung in Frage gestellt, ob die Positionen des Kostenverzeichnisses auch ohne Vorliegen einer begründeten Bestreitung nicht dennoch auf ihre Schlüssigkeit, ihre Übereinstimmung mit dem Akteninhalt sowie auf zwingende gesetzliche Bestimmungen zu überprüfen seien. Neben der Rechtsauffassung, das Gericht sei zwar nicht verpflichtet, wohl aber berechtigt, die Kostennote auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, wurde sogar vertreten, dass die Gesetzesänderung keinerlei Auswirkungen hätte. Hätte der Gesetzgeber die Gerichte zwingen wollen, geltende Gesetze nicht anzuwenden und wissentlich falsch zu entscheiden, so hätte er diese Absicht im Gesetzestext und nicht bloß in den Erläuterungen festschreiben müssen (OLG Linz, 4 R 205/09h).

Die unmissverständliche Intention des Gesetzgebers, dass das Gericht die verzeichneten Kosten ohne Einwendungen nicht zu prüfen, sondern diese so wie sie verzeichnet sind „seiner Entscheidung zu Grunde zu legen“ hat, findet auch im Gesetzeswortlaut ihre Deckung. Aufgrund der sich anders entwickelnden Rechtsprechung soll der Wille des Gesetzgebers nunmehr durch die Ergänzung des Gesetzestextes des § 54 Abs. 1a durch die Einfügung der Wendung „ungeprüft“ klar zum Ausdruck gebracht werden. Wurde eine Position falsch verzeichnet und dies nicht vom Gegner in Einwendungen gerügt, so ist die falsche Position ohne weitere Prüfung der Kostenentscheidung zugrunde zu legen. Dies betrifft nicht nur Fragen der richtigen Bemessungsgrundlage, sondern auch die Beurteilung, ob eine verzeichnete Leistung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung erforderlich war. Nur so kann eine tatsächliche Entlastung der Gerichte erreicht werden.

Klargestellt werden soll auch, dass dann, wenn das Kostenverzeichnis dem Gegner nicht gleichzeitig mit dessen Übergabe an das Gericht ausgehändigt wird, die Partei ihren Kostenersatzanspruch verliert (dies verneinend Höllwerth, Einwendungen gegen die Kosten - § 54 Abs 1a ZPO. Die Dispositionsmaxime im Kostenersatzrecht, ÖJZ 2009/80 [745]). Damit sind die Rechtsfolgen gleich wie bei Nichtvorlage an das Gericht geregelt. Die rechtzeitige Übermittlung an den Gegner und damit einhergehend die Wahrung seines rechtlichen Gehörs soll dadurch gewährleistet werden.

Diese Regelung soll weiterhin nur für das am Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz gelegte Kostenverzeichnis gelten; in allen anderen Fällen bleibt es bei der bisherigen Regelung.

Klargestellt werden soll auch, dass für die Einwendungen zum Kostenverzeichnis ein Kostenersatz nicht stattfindet. Die aus Gründen der Verfahrensökonomie geschaffene Regelung des § 54 Abs. 1a ZPO soll nicht dazu führen, dass gleichsam ein „Verfahren im Verfahren“ eröffnet wird und die Gerichte nicht nur die eigentliche Kostenfrage unter Berücksichtigung der Einwendungen zu prüfen haben, sondern darüber hinaus noch zu einer gesonderten und kostenmäßig eigenständigen Prüfung der Berechtigung der Einwendungen unter sinngemäßer Heranziehung des § 11 RATG gezwungen sind. Eine vergleichbare Regelung findet sich in § 41 Abs. 3 letzter Satz GebAG für das Verfahren betreffend die Gebührenbestimmung der Sachverständigen (bzw. der Dolmetscher), in dem für Äußerungen der Parteien zum Gebührenantrag des Sachverständigen nach § 39 Abs. 1 GebAG ebenfalls kein Kostenersatz stattfindet. Die Bestimmung des § 41 Abs. 3 letzter Satz GebAG geht sogar noch weiter, indem sie den Kostenersatz darüber hinaus für das gesamte Rechtsmittelverfahren ausschließt (vgl. Krammer-Schmidt, SDG-GebAG3 § 41 GebAG Anm. 16).

Zu Z 3, 4, 7, 8, 9, 13, 14, 15, 16, 18, 19, 20, 21, 22, 32 und 33 (§§ 64, 65, 149, 162, 212, 286, 355, 384, 387, 434, 435, 438, 439, 448, 562 und 564):

Die Zivilprozessordnung, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz und das Außerstreitgesetz sehen als Grundsatz vor, dass Klagen, Anträge, Erklärungen und Mitteilungen zu gerichtlichem Protokoll gegeben werden können. Die Parteien erwarten hiebei vom Richter, dass er im Zuge des protokollarischen Anbringens umfassend informiert, belehrt und letztlich auch berät. Dies ist gerade bei der Aufnahme von Klagen eine schwierige und vor allem sehr zeitaufwändige Aufgabe, die von den Gerichten in dieser Form einerseits auf Grund der angespannten Personalsituation, andererseits aber auch, weil es sich dabei gerade um keine Tätigkeit eines objektiven Entscheidungsorgans handelt, nicht geleistet werden kann. Voraussetzung für die Aufnahme einer Klage ist ja nicht nur eine umfassende Informationsaufnahme mit der Partei, sondern vor allem eine den Interessen der Partei bestmöglich dienende Darstellung ihres Standpunkts. Dies ist aber nicht Aufgabe eines Entscheidungsorgans, vielmehr müssen diese objektiv und unparteiisch handeln und ständig die Grenze zur Befangenheit ausloten. Ein Richter darf nicht zum Rechtsfreund einer Partei werden. Er kann in keinem Fall prozesstaktische Empfehlungen abgeben, dies auch dann nicht, wenn er in weiterer Folge nicht selbst als Richter des Verfahrens tätig werden muss. Eine Prozessstrategie zu überlegen und auch zu verfolgen oder in weiterer Folge auf Schritte des Gegners zu reagieren, ist Aufgabe der rechtsberatenden Berufe, also der Rechtsanwälte sowie der Notare. Diese informieren und beraten eine Partei nicht nur im Vorfeld eines Verfahrens über die Möglichkeiten, außergerichtliche Maßnahmen zu ergreifen, über Erfolgsaussichten und Kostenrisiko eines Gerichtsverfahrens und die zweckmäßige Vorgangsweise, sondern sind auch für das Verfassen einer Klage bzw. eines Antrags die richtigen Ansprechpartner. Es ist deren Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die von ihnen vertretenen Parteien rasch und kostengünstig zu ihrem Recht kommen.

Durch die Protokollierung der Klage durch einen Richter, auch wenn es nicht der das Verfahren letztlich führende Richter ist, entsteht bei der gegnerischen Partei häufig der Eindruck, dass das Entscheidungsorgan voreingenommen ist und auf Seiten der klagenden Partei steht. Einerseits durch den intensiveren Kontakt mit dieser Partei und weil befürchtet wird, dass, wenn ein Richter die Klage aufgenommen hat, „schon was dran sein wird“. Andererseits besteht die Sorge, ein Richter würde ungern eine Klage, die er selbst oder ein Kollege aufgenommen hat, abweisen. Auch dieser – unrichtige – Eindruck soll vermieden werden. Die Aufnahme einer Klage durch das Entscheidungsorgan selbst oder durch einen Kollegen vom selben oder dem Nachbargericht entspricht auch nicht den Grundsätzen eines modernen Rechtsstaats. Es haben daher nur wenige europäische Staaten vergleichbare Regelungen.

Aus diesem Grund soll das Verfassen einer Klage im klassischen Zivilprozess einschließlich des arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahrens nicht mehr von den Gerichten wahrgenommen, sondern den Parteien in Eigenverantwortung überlassen werden. Wenn die Parteien meinen, dazu nicht in der Lage zu sein, so können sie sich an die für diese Tätigkeit ausgebildete Personengruppe, nämlich an die Angehörigen der rechtsberatenden Berufe wenden. Je nach dem Gegenstand der Klage stehen aber auch zahlreiche weitere Anlaufstellen (wie beispielsweise die Arbeiterkammer, der VKI, die Gewerkschaften, Frauenberatungsstellen, Familienberatungsstellen, Mietervereinigung, Mieterbund u. ä.) zur Verfügung. Auf Grund dieses umfangreichen Angebots sind Defizite im Rechtsschutz nicht zu befürchten. Parteien, die der Beratung und/oder Vertretung durch einen Rechtsanwalt bedürfen, jedoch nicht über ausreichende finanzielle Mittel dafür verfügen, haben bereits jetzt die Möglichkeit, im Rahmen der Verfahrenshilfe kostenlos einen Rechtsanwalt als Vertreter beigegeben zu bekommen.

Erhalten bleiben soll die Möglichkeit protokollarischen Anbringens hingegen im Außerstreitverfahren, weil dieses Verfahren ganz besonders vom Gedanken der Rechtsfürsorge geprägt ist, wenngleich in Zukunft auch in diesem Bereich Alternativen zum protokollarischen Anbringen anzudenken sein werden.

Die Bestimmungen, die das protokollarische Anbringen allgemein regeln, nämlich die §§ 434, 435 und 439, sollen daher aufgehoben werden. Damit entfällt nicht nur die Zulässigkeit protokollarischen Anbringens, sondern auch die – das Pendant zur Protokollierung darstellenden und sehr weit gefassten – Verbesserungsvorschriften für Klagen, die von unvertretenen Parteien eingebracht werden. In Hinkunft sollen hiefür die Verbesserungsvorschriften der §§ 84 f. gelten. Für den Entfall der bisherigen Verbesserungsbestimmung gelten dieselben Argumente wie bei der Protokollarklage. Im Übrigen würde der durch den Wegfall der Protokollarklagen zu erzielende Entlastungseffekt zunichte gemacht.

In den übrigen Bestimmungen werden weitere Anpassungen vorgenommen. Dies betrifft § 65 Abs. 1 (Entfall der Möglichkeit, gemeinsam mit einem Verfahrenshilfeantrag eine Klage, einen Widerspruch gegen ein Versäumungsurteil oder den Einspruch gegen einen Zahlungsbefehl zu Protokoll zu geben), § 149 Abs. 1 (Wiedereinsetzungsantrag), § 162 Abs. 2 (Antrag auf Unterbrechung), § 212 Abs. 5 (Widerspruch gegen das Protokoll), § 286 Abs. 2 (Antrag auf Ergänzung der Beweisaufnahme), § 355 Abs. 2 (Ablehnung des Sachverständigen), §§ 384 Abs. 3, 387 Abs. 1 (Beweissicherungsantrag), § 438 (Zustellung der Ladung samt Protokollarklage), § 448 (Erhebung eines Einspruch) und die §§ 562 Abs. 1 sowie 564 Abs. 1 (protokollarisches Anbringen der Aufkündigung).

Die Möglichkeit, einen Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe zu Protokoll zu erklären, soll hingegen weiterhin bestehen bleiben. Ist eine Partei ohne Hilfe nicht in der Lage eine Klage zu verfassen, stehen ihr aber auch die finanziellen Mittel, sich einen Anwalt zu nehmen, nicht zur Verfügung, so soll der Partei bei diesem ersten Schritt Unterstützung geboten werden. Dies spart den Gerichten gleichzeitig arbeitsintensive Verbesserungsverfahren. Auch Rekurse in Verfahrenshilfeangelegenheiten sollen daher weiterhin zu Protokoll gegeben werden können. Zur Gänze entfallen soll aber die bisher in § 64 Abs. 1 Z 4 vorgesehene, in der Praxis aber kaum verwendete Möglichkeit, einen Gerichtsbediensteten oder Rechtspraktikanten als Vertreter einer nicht durch einen Rechtsanwalt vertretenen Person zu bestellen. Diese Möglichkeit der Beigabe eines gerichtsnahen Vertreters soll, um jeglichen Anschein von Befangenheit zu vermeiden, entfallen.

Ebenfalls beibehalten wird die Zulässigkeit protokollarischen Anbringens für Zeugen (keine Änderung in den §§ 323, 324 und 348).

Zu Z 5 (§ 86a):

Beleidigende Ausfälle in Schriftsätzen gegenüber Richtern oder dritten Personen sind im Gerichtsalltag keine Seltenheit mehr. In den letzten Jahren häufen sich die Fälle, in denen Schriftsätze bei Gericht einlangen, die Beschimpfungen und sonstige Ausfälle enthalten. Meist handelt es sich auch nicht um eine einzige Eingabe, sondern es werden oft eine Vielzahl solcher Schriftsätze im Laufe eines Verfahrens von derselben Partei eingebracht.

Beispiele für solche Beleidigungen und Beschimpfungen finden sich etwa in 3 Ob 153/08h zitiert: „In seinem Rechtsmittel bezeichnet der Rekurswerber - teilweise namentlich genannte - Richter (auch des Obersten Gerichtshofs) als „Kinderficker", „Quotenfotzen", „Verbrecherhuren", „psychopathische Päderasten", „Araberfotze", „Quotenhuren", „Schwuchtelwichser", „Inzuchtrichter" und dergleichen. Er verwendet das (explizite) Götzzitat und andere unflätige Aufforderungen.“

Weitere Beispiele finden sich in 7 Ob 199/99m: „So wie bereits in zahlreichen früheren Eingaben enthält auch die gegenständliche Rechtsmitteleingabe wiederum zahlreiche die bisher befassten Gerichtspersonen, aber auch die Justiz (speziell des Bundeslandes Vorarlberg) insgesamt nicht bloß heftig kritisierende, sondern diese in unsachlicher Art und Weise verunglimpfende Passagen. Diese münden in der hier dem Obersten Gerichtshof vorgelegten Eingabe in der sogar - offenbar vom Einschreiter selbst - farblich besonders hervorgehobenen Passage, dass die "Beamten" (der österreichischen Justiz) ihn und seine Blutsverwandten "die ganze Zeit als Wilde aus (dem) Balkan" behandelt hätten und (durch die bisherige Aktenführung in Verbindung mit den getroffenen Entscheidungen) tatsächlich "im Gegenteil nur ihren eigenen Primitivismus und genetische Neigung zum Raub, Unfähigkeit, Amoral, Lügnerei etc gezeigt" hätten. Des weiteren werden diese "Beamten der Justiz" auch als "Verbrecher" tituliert, die "von Raub, rechtswidrigem Verhalten, Verfahrensverstößen und Verletzung von EMRK etc" motiviert wären und hievor ihre "Augen verschließen, um Schadenersatzforderungen zu verhindern". Schließlich wird der "fetten Justiz in Vorarlberg" auch noch vorgeworfen, ihn mit ihren "Machenschaften" und "Gutachten auf Bestellung" nur "austricksen" zu wollen; er wolle daher (endlich) seine Kinder zurück, weil er "germanisierte, von NAZIS erzogene Kinder nicht brauchen kann."

Derartige Beschimpfungen sind in einem gerichtlichen Verfahren fehl am Platz und einer sachlichen Durchführung abträglich. Sie binden Kapazitäten, die für die Führung dieses Verfahrens, aber auch anderer Verfahren nicht zur Verfügung stehen. Derzeit besteht in diesen Fällen nur die Möglichkeit, eine Ordnungsstrafe zu verhängen. Bei Personen, deren finanzielle Verhältnisse die Hereinbringung einer verhängten Ordnungsstrafe nicht zulassen, zeigt dies keinerlei Wirkung. Es hat sich aber gezeigt, dass diese Sanktion auch in anderen Fällen nicht ausreichend ist, um ein angemessenes Verhalten der Parteien zu erreichen. Es bedarf daher zusätzlicher Reaktionsformen. Um zu erreichen, dass die Parteien sich in ihren Schriftsätzen einer angemessenen Ausdrucksweise bedienen, soll neben der derzeit bestehenden Möglichkeit der Verhängung einer Ordnungsstrafe vorgesehen werden, dass Schriftsätze, die beleidigende Äußerungen gegenüber dem Gericht, Parteien, Zeugen, Sachverständigen und anderen am Verfahren teilnehmenden Personen (§ 86) enthalten, vom Gericht nicht mehr zu behandeln sind, wenn die Partei nicht bereit ist, die Beleidigungen zu unterlassen.

Bringt eine Partei einen beleidigenden Schriftsatz ein, so soll der Richter/Rechtspfleger in Hinkunft von Amts wegen der Partei den Auftrag erteilen, den Schriftsatz zu verbessern und ohne Beleidigungen und Beschimpfungen unter Verwendung einer angemessener Ausdrucksweise neuerlich einzubringen. Wird der Schriftsatz unverändert oder mit neuerlichen, anderen Beleidigungen oder Beschimpfungen wieder eingebracht, so ist er zurückzuweisen. Weitere Schriftsätze, die von derselben Partei im selben Verfahren eingebracht werden und die wiederum Beleidigungen oder Beschimpfungen enthalten, sind dann ohne Verbesserungsversuch und ohne weitere Belehrung einfach zum Akt zu nehmen und nicht weiter zu behandeln. Auf diese Rechtsfolge ist die Partei bereits im ersten Verbesserungsauftrag hinzuweisen. Der Zurückweisungsbeschluss ist anfechtbar; die Anfechtung richtet sich nach allgemeinen Grundsätzen. In der Regel ist also – in den Grenzen des § 517 ZPO – ein Rekurs zulässig. Der Verbesserungsauftrag selbst ist nicht anfechtbar: Die Rechtsstellung der Partei wird erst durch die Zurückweisung des nicht verbesserten Schriftsatzes berührt. Der Rechtsschutz der Partei ist durch die Möglichkeit der Anfechtung des Zurückweisungsbeschlusses gewahrt, bei den weiteren Eingaben, die nicht mehr zurückzuweisen, sondern nur abzulegen sind, kann gegebenenfalls durch einen Fristsetzungsantrag eine Überprüfung erreicht werden oder dies im Rahmen der allgemeinen Rechtsmittelmöglichkeiten aufgegriffen werden.

Durch die Verwendung der Formulierung „zur ordnungsmäßigen geschäftlichen Behandlung nicht geeignet“ soll klargestellt werden, dass Beleidigungen in Schriftsätzen wie ein Form- oder Inhaltsmangel zu behandeln sind. Es soll damit eine einheitliche Systematik gewährleistet werden. Dies gilt sowohl für das Verbesserungsverfahren, als auch für die Frage, ob eine Frist für die Verbesserung zu setzen ist (s. § 85 Abs 2).

Durch diese Bestimmung soll keineswegs eine sachliche (berechtigte oder unberechtigte) Kritik an gerichtlichen Entscheidungen oder der Vorgangsweise des Gerichts verhindert, sondern nur gesichert werden, dass sich die am Verfahren beteiligten Personen einer sachlichen Ausdrucksweise bedienen.

Aber nicht nur beleidigende Äußerungen in Schriftsätzen sollen dazu führen, dass das Gericht Schriftsätze nicht behandelt. In den letzten Jahren häufen sich auch die Fälle, in denen Schriftsätze bei Gericht einlangen, deren Sinn und Zweck für den Richter nicht erkennbar ist, bei denen das damit Angestrebte nicht herausgefiltert werden kann oder in welchen immer wieder dieselben Anträge gestellt oder dieselben Behauptungen aufgestellt werden. Dies führt zu erheblichem Arbeitsaufwand, weil derartige Schriftsätze nicht nur mühsam zu lesen sind, sondern eine inhaltliche Erledigung nicht möglich ist. Die Prozessordnung gibt aber keine konkrete Anleitung, wie damit umzugehen ist. Insbesondere kennt sie ein bloßes Unberücksichtigt-Lassen von Aktenstücken nicht. Dies soll nun ausdrücklich vorgesehen werden. Geschäftsstücke, die zur ordnungsmäßigen geschäftlichen Behandlung nicht geeignet sind (§ 84), sollen in bestimmten Fällen nicht behandelt werden. Bringt eine Partei in einem Verfahren erstmals einen verworrenen, unklaren oder sinn- bzw. zwecklosen Schriftsatz bei Gericht ein, so soll dieser ohne Verbesserungsversuch zurückgewiesen werden. Gleichzeitig ist die Partei darauf hinzuweisen, dass weitere derartige Eingaben in Hinkunft nicht behandelt, sondern sofort abgelegt werden. Bringt die Partei weitere solcher Schriftsätze im selben Verfahren ein, so sind sie nicht zu behandeln. Hievon ist die Partei nicht mehr zu verständigen; ein Aktenvermerk reicht aus. Durch diese Regelung soll eine Entlastung der Gerichte bewirkt werden. Langfristig soll sie dazu führen, dass derartige Schriftsätze nicht mehr eingebracht werden.

Die neue Regelung grenzt sich klar von jenen Bestimmungen ab, welche die faktische Postulationsunfähigkeit der Partei erfassen. Kann sich eine Partei nicht verständlich ausdrücken, sei es wegen mangelnder Sprachkenntnisse, sei es wegen dauernder (Gehörlosigkeit, Stummheit) oder vorübergehender Sprechbehinderung (Heiserkeit, Trunkenheit, Übelkeit), so ist auf die §§ 73a, 185 und 432 Abs. 3 ZPO (bzw § 4 Abs. 2 und 3 AußStrG) zurückzugreifen. Diese Bestimmungen finden aber keine Anwendung, wenn eine Partei zwar zu einer verständlichen Äußerung fähig ist, das Gericht jedoch mit unergiebigen Eingaben behelligt. Diese Fälle werden nun vom neuen § 86a erfasst.

Die neue Bestimmung gilt für das streitige und – über den Verweis in § 10 AußStrG – auch für das außerstreitige Verfahren.

Zu Z 6 (§ 87):

§ 87 Abs. 1 enthält schon derzeit eine grundlegende Regelung über die für den Zivilprozess (und über entsprechende Verweisungen: das gesamte Zivilverfahren) maßgeblichen zustellrechtlichen Vorschriften. Dem Grundsatz der Spezialität (lex specialis derogat legi generali) folgend, werden die zustellrechtlichen Regelungen der ZPO subsidiär von denen des Zustellgesetzes ergänzt. Bereits mit der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs sind neben diese ursprünglich auf die physische Zustellung („Brief“) abstellende Reihenfolge die Regeln des GOG über den elektronischen Rechtsverkehr getreten, welche die ZPO nun diesbezüglich ergänzen und ebenfalls subsidiär anzuwenden sind. Aus Anlass der Einführung von Regeln über elektronische Zustellungen („elektronische Zustelldienste“) in das Zustellgesetz wurde daher in diesem seine Anwendung auf gerichtliche Zustellungen ausgeschlossen (§ 28 Abs. 2 ZustG).

Nun sollen unter bestimmten Bedingungen Gerichte auch Zustellungen im Wege der elektronischen Zustelldienste und Verwaltungsbehörden Zustellungen im Wege des ERV vornehmen können. Es ist daher notwendig, die Reihenfolge der zustellrechtlichen Regelungen auch gesetzlich festzuhalten. Gerichtliche Zustellungen sollen daher wie bisher primär nach den Regeln der ZPO, subsidiär nach den Regeln des GOG und, soweit das GOG keine Regelungen enthält, nach den Regeln des Zustellgesetzes vorgenommen werden.

Zu Z 6a (§ 92):

Vorbild dieser Bestimmung ist § 21 Abs. 3 FBG des vorliegenden Entwurfs. Der schon im geltenden § 21 Abs. 3 FBG zu Grunde gelegte Gedanke, dass im Firmenbuch eingetragenen Personen an der dem Firmenbuch gerade als für Zustellungen maßgeblich bekannt gegebenen Geschäftsanschrift auch tatsächlich zugestellt werden können soll und sie die Verantwortung für die Richtigkeit derartiger Eintragungen zu tragen haben, soll mit gewissen Anpassungen auch für das Zivilverfahren fruchtbar gemacht werden.

Abs. 1 dieser Bestimmung regelt die Bedingungen, die erfüllt sein müssen, dass eine Zustellung durch Aufnahme einer Mitteilung in die Ediktsdatei erfolgen kann. Der persönliche Anwendungsbereich dieser Bestimmung sind im Firmenbuch eingetragene juristische Personen. Insofern unterscheidet sich Abs. 1 vom Anwendungsbereich des (freilich auf das Firmenbuchverfahren beschränkten) § 21 Abs. 3 FBG, weil dieser auch die im Firmenbuch eingetragenen natürlichen Personen und Personengemeinschaften erfasst. Natürliche Personen, die auch in anderen Bereichen des Rechts ein breiteres Spektrum rechtlich bedeutsamer Handlungen setzen (etwa: Familienrecht, Erbrecht…) müssen außerhalb eines Firmenbuchverfahrens nicht unbedingt davon ausgehen, dass gerade die im Firmenbuch als für Zustellungen maßgeblich eingetragene inländische Geschäftsanschrift die für den gesamten Rechtsverkehr relevante Anschrift ist; für juristische Personen, die in das Firmenbuch eingetragen sind und deren „Leben“ das Geschäftsleben ist, ist dies hingegen die „erste Adresse“.

Primär ist im Zivilverfahren zunächst an der oder den in der Klage bekanntgegebenen Adresse(n) zuzustellen. Zu einer Anwendung der vorgeschlagenen Bestimmung kann es daher nur kommen, wenn die im Firmenbuch als für Zustellungen maßgeblich eingetragene Geschäftsanschrift entweder bereits die in der Klage genannte Adresse des Beklagten ist oder sie zumindest nach Zustellanständen in weiterer Folge vom Kläger genannt wird. Kann die Zustellung einer Klage an dieser Adresse nun nicht bewirkt werden, weil sie tatsächlich keine Abgabestelle (mehr) ist, so besteht für den Kläger nach wie vor die Möglichkeit, eine andere Abgabestelle im Inland bekanntzugeben. Dies wären z.B. die sich allenfalls auch aus dem Firmenbuch ergebenden Abgabestellen von passiv zum Empfang befugten Vertretern der juristischen Person. Kann nun der Kläger keine weitere Abgabestelle im Inland benennen und beantragt daher die Zustellung durch Aufnahme einer Mitteilung in die Ediktsdatei, so hat das Gericht als Element eines fairen Verfahrens zuvor noch Zustellungen (von Amts wegen) an jenen anderen Abgabestellen im Inland zu unternehmen, die ihm ohne weitere Ermittlungen bekannt sind. Darunter sind etwa inländische Privatanschriften der Mitglieder des vertretungsbefugten Organe oder eines Prokuristen zu verstehen (§ 3 Abs. 2 FBG), die sich aus jenem Firmenbuchauszug ergeben, der vom Kläger vorgelegt wurde, um die Voraussetzungen für die Ediktalzustellung zu belegen.

Die Zustellung nach Abs. 1 erfolgt in der in § 115 ZPO vorgesehen Form, dass das Zustellstück selbst bei Gericht verbleibt und eine Mitteilung über den Umstand, dass im Gerichtsakt ein Zustellstück bereitgehalten wird, in die Ediktsdatei eingeschaltet wird; die Bestellung eines Kurators ist dabei nicht geboten. Über die Mitteilung nach § 115 ZPO hinaus ist in dem Edikt ausdrücklich auch darauf hinzuweisen, dass in weiterer Folge Zustellungen durch „stille“ Hinterlegung bei Gericht erfolgen, also eine weitere Bekanntmachung durch Edikt nicht mehr stattfindet.

Abs. 1 ist auf die Fälle der Zustellung von Klagen (und sonstigen das Verfahren für eine Partei einleitenden Schriftstücken) beschränkt; jene Fälle, in denen eine der Parteien bereits nach Kenntnis von einem Gerichtsverfahren ihre bisherige Abgabestelle ändert, ohne dies dem Gericht unverzüglich mitzuteilen, unterliegen nach wie vor dem Regime des § 8 Zustellgesetz.

Zur Diskussion gestellt wird, dass wie in § 115 ZPO, aber anders als nach § 21 Abs. 3 FBG die Zustellung als mit der Aufnahme der Mitteilung in die Ediktsdatei bewirkt gilt. Diese Verkürzung allfälliger Fristen ist deshalb hinzunehmen, weil dem Zustellungsempfänger der Umstand zuzurechnen ist, dass die immerhin dem Firmenbuch gegenüber als für Zustellungen maßgeblich bekanntgegebene Geschäftsanschrift „nicht funktioniert“.

In Abs. 2 wird eine Regelung dafür getroffen, wie weitere Schriftstücke zuzustellen sind.

Zu Z 10 und 11 (Achter Titel und §§ 222 bis 225):

Die ZPO ordnet allgemein in der Zeit von 15. Juli bis 25. August und von 24. Dezember bis 6. Jänner eine verhandlungsfreie Zeit an (vor der Zivilverfahrens-Novelle 2002 als Gerichtsferien bezeichnet). Mit dem Begriff „verhandlungsfreie Zeit“ ist nicht nur das Verbot, Tagsatzungen abzuhalten, sondern auch der Stillstand von Fristen verbunden. Eine solche verhandlungsfreie Zeit gibt es weder im Strafverfahren noch im Exekutionsverfahren, Konkursverfahren oder Außerstreitverfahren. Auch im gesamten Arbeits- und Sozialgerichtsverfahren gibt es keine verhandlungsfreie Zeit.

Dieses Rechtsinstitut ist nicht mehr zeitgemäß. Auch das Wirtschaftsleben kennt keine „Sommer- und Winterferien“. Eine zügige Verhandlungsführung und die rasche Entscheidung über Rechtsmittel sollen nicht behindert werden. Das Rechtsinstitut der verhandlungsfreien Zeit soll daher zur Gänze entfallen.

Dadurch kommt es zu einer rascheren Verfahrensführung, weil weder Fristen gehemmt sind noch Einschränkungen bei der Verhandlungsführung bestehen. Vor allem durch die Hemmung und damit Verlängerung der Fristen kommt es auch zu einer unausgewogenen Arbeitsverteilung vor allem bei den Rechtsmittelsenaten, die in den Sommermonaten weniger Anfall und ab Oktober, November ein größeres Arbeitspensum zu bewältigen haben. Aber auch im erstinstanzlichen Verfahren führt der Stillstand von Fristen ebenfalls zu einer unausgewogenen Arbeitsverteilung, weil ja nicht nur Rechtsmittelfristen verlängert werden. So wird etwa auch die Frist, die für den Erlag eines Kostenvorschusses aufgetragen wird, durch die verhandlungsfreie Zeit verlängert, sodass die Beauftragung eines Sachverständigen oder ein Zustellvorgang (Übersetzungen hiefür) verzögert wird. Gleiches gilt für Äußerungsfristen zu Anträgen. Durch die gleichmäßige Verteilung der Arbeitsmenge können die Gerichtsverfahren rascher abgewickelt, die Ressourcen besser eingesetzt und damit die Effizienz gesteigert werden.

Darüber hinaus führt die Verlängerung der Fristen dazu, dass diese aufwändiger zu berechnen sind. Dies bedeutet einerseits einen Mehraufwand für das Gericht, andererseits führt es nicht selten zu Berechnungsfehlern, und zwar auch durch Rechtsanwälte und zu einer Vielzahl von Rechtsmittelentscheidungen über die Frage der Rechtzeitigkeit. Auch diese unnötige Mehrbelastung kann durch den Entfall der verhandlungsfreien Zeit vermieden werden.

Zu Z 12 (§ 277):

Die mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 128/2004 als § 91a GOG eingeführte und mit der Zivilverfahrens-Novelle 2009, BGBl. I Nr. 30/2009, als § 277 übernommene unmittelbare Beweisaufnahme unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung („Videoeinvernahme“) steht derzeit als Alternative zur Einvernahme eines Zeugen (§ 328) oder einer Partei (§ 375) durch einen ersuchten Richter zur Verfügung. Sie kann unter den gleichen Voraussetzungen (§ 328 Abs. 1; arg.: „statt“) durchgeführt werden, wenn sie technisch möglich ist und diese Vorgangsweise auch verfahrensökonomisch ist.

Die Erfahrungen und Rückmeldungen zur „Videoeinvernahme“ aus der Praxis sind positiv. Seit einiger Zeit steht nicht nur eine fast flächendeckende Ausstattung österreichischer Bezirksgerichte mit technischen Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung zur Verfügung, sondern auch ein zentrales Reservierungssystem über das Intranet des Bundesministeriums für Justiz. Da die „Videoeinvernahme“ aus verfahrensrechtlichen Überlegungen (erhöhte Unmittelbarkeit, erleichterte Ausübung des Fragerechts der Parteien, Möglichkeit der Interaktion und Nachfrage) der Einvernahme durch einen ersuchten Richter vorzuziehen ist, soll sie künftig nicht bloß alternativ, sondern primär zum Einsatz kommen.

Dies soll durch einen bloß leicht geänderten Wortlaut des § 277 bewirkt werden: Nach wie vor kommt eine „Videoeinvernahme“ nur dann in Betracht, wenn die Voraussetzungen des Einsatzes eines ersuchten Richters vorliegen und die technischen Möglichkeiten vorhanden sind. Künftig hat (statt derzeit: kann) das Gericht als Regelfall diese Form der Einvernahme zu wählen, wenn nicht ausnahmsweise ein anderer Richter zu ersuchen ist. Eine Ausnahme kommt allgemein aus Zweckmäßigkeitsgründen in Betracht, aber auch dann, wenn besondere Gründe für die Einvernahme durch einen ersuchten Richter sprechen. In die Zweckmäßigkeitsüberlegungen aus Gründen der Verfahrensökonomie sind alle Verfahrenszwecke (Raschheit des Verfahrens, materielle Wahrheitsfindung, Kosten usw.), insbesondere aber die Verfahrensökonomie einzubeziehen. So wären etwa ein auf diese Weise leichter zu koordinierender Termin für eine Einvernahme oder sehr hohe Kosten der Videoeinvernahme derartige Gründe. Beispiele für die besonderen Gründe, die für eine Einvernahme durch den ersuchten Richter sprechen, wären z.B. umfangreiche Vorhalte von Urkunden und physischen Augenscheinsgegenständen, weiters etwa die Notwendigkeit, eine nicht transportfähige Person zu Hause aufzusuchen.

Zu Z 17 (§ 393a):

Schon bisher kann, wenn in Streitigkeiten über Leistungsbegehren ein Anspruch dem Grunde und der Höhe nach streitig und die Sache zunächst nur in Ansehung des Grundes entscheidungsreif ist, gemäß § 393 Abs. 1 ein Zwischenurteil über den Grund des Anspruchs ergehen. Die Funktion dieses Zwischenurteiles ist rein prozessökonomisch; die den Grund des Leistungsanspruches betreffenden Fragen sollen vorweg und mit Bindung für den laufenden Rechtsstreit erledigt werden.

Nicht einzeln herausgegriffen und vorweg geklärt werden können hingegen einzelne Anspruchsvoraussetzungen und anspruchsvernichtende Einwände, wie etwa die Frage einer allfälligen Verjährung eines oder aller mit derselben Klage geltend gemachten Ansprüche. Bei stetig komplizierter werdenden Sachverhalten zeigt sich jedoch, dass die Frage, ob ein Anspruch verjährt ist, oftmals strittig und unklar ist. Bis sie im Instanzenzug endgültig entschieden ist, muss ein oftmals umfangreiches Verfahren über den geltend gemachten Anspruch durchgeführt werden, in dem alle entscheidungsrelevanten Fragen geklärt werden müssen. Dies führt dann, wenn entgegen der Ansicht des Erstgerichts der Anspruch doch verjährt ist, zu frustriertem Verfahrensaufwand und unnötigen Kosten.

Mit § 393a soll die Möglichkeit geschaffen werden, über die Frage einer allfälligen Verjährung des Anspruchs vorab eine dies verneinende bindende Entscheidung zu treffen. Dadurch können Fälle, in denen Ansprüche tatsächlich verjährt sind, das Erstgericht (allenfalls auch das Berufungsgericht) aber gegenteiliger Rechtsauffassung ist, einer rascheren und kostengünstigeren Erledigung zugeführt werden.

Das Urteil nach § 393a ist nicht an einen gesonderten Antrag der Parteien gebunden, sondern kann auch von Amts wegen gefällt werden. Daran, dass die Verjährung gemäß § 1501 ABGB nur über Einrede aufzugreifen ist, soll sich aber selbstverständlich nichts ändern.

Die Fällung eines die Verjährung bejahenden Urteils nach § 393a ist nicht zulässig. Entscheidet das Gericht, dass einer der oder sämtliche geltend gemachten Ansprüche verjährt sind, so ist die Sache bereits zur Entscheidung reif und es hat ein abweisendes Endurteil (allenfalls Teilurteil) über das Klagebegehren zu fällen.

Zu Z 23, 24, 25, 26, 27 lit. a, 28, 30 und 31 (§§ 461, 465, 467, 468, 469 Abs. 1, 473a, 520 und § 521a):

Die ZPO, das ASGG und das AußStrG sehen als Grundsatz vor, dass Klagen, Anträge, Erklärungen, Mitteilungen, und unter bestimmten Voraussetzungen sogar Rechtsmittel zu gerichtlichem Protokoll gegeben werden können. Die Parteien erwarten vom Richter/Rechtspfleger, dass er im Zuge des protokollarischen Anbringens noch umfassend informiert, belehrt und letztlich auch berät. Dies ist gerade bei der Aufnahme von Rechtsmitteln eine schwierige und vor allem sehr zeitaufwändige Aufgabe, die von den Gerichten in dieser Form nicht geleistet werden kann, setzt doch der Beistand beim Aufzeigen von „Fehlern“ des Entscheidungsorgans, die gemacht wurden, sei es im Rahmen der Beweiswürdigung, sei es in der Gestaltung des Verfahrens oder bei der rechtlichen Beurteilung, eine genaue Kenntnis des Aktes voraus, um der Partei zu einem sinnvollen Rechtsmittel zu verhelfen. Derartiges ist nur dann ohne sehr großen Zeitaufwand möglich, wenn das Rechtsmittel von der Person aufgenommen wird, die auch die Entscheidung getroffen hat. Dies führt aber dazu, dass das Entscheidungsorgan Argumente gegen seine eigene Entscheidung formulieren und untermauern helfen müsste. Die Aufnahme von Rechtsmitteln gegen Entscheidungen eines anderen Entscheidungsorgans verlangt – wie bereits oben ausgeführt – ein intensives Aktenstudium, das aufgrund der derzeitigen Personalsituation keinesfalls leistbar ist. Diese Situation wird von Entscheidungsorganen zu Recht als unbefriedigend empfunden und soll daher geändert werden. Es soll daher die Möglichkeit, Rechtsmittel zu Protokoll geben zu können, entfallen.

Die Beratungstätigkeit, ob ein Rechtsmittel gegen eine gerichtliche Entscheidung zulässig ist, die Einschätzung der Erfolgsaussichten eines prinzipiell zulässigen Rechtsmittels sowie das Ausführen dieses Rechtsmittels stellen eine ganz wesentliche Aufgabe der Rechtsanwaltschaft, und in den Bereichen, in denen auch Notare vertretungsbefugt sind, des Notariats dar. Diese informieren und beraten eine Partei nicht nur im Vorfeld eines Verfahrens über Erfolgsaussichten, Kostenrisiko und zweckmäßige Vorgangsweise, sondern sind auch für das Verfassen eines Rechtsmittels die richtigen Ansprechpartner. Es ist deren Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die von ihnen vertretenen Parteien rasch und kostengünstig zu ihrem Recht kommen. Die Gerichte können Beratungstätigkeit nur sehr eingeschränkt leisten, weil die Entscheidungsorgane immer unparteiisch agieren und ständig die Grenze zur Befangenheit ausloten müssen.

Parteien, die von der Möglichkeit, ein Rechtsmittel zu Protokoll zu geben, Gebrauch machen, erwarten, dass der Richter/der Rechtspfleger die beratende Funktion eines Rechtsanwaltes übernimmt. Das Entscheidungsorgan soll also nicht nur über die Erfolgsaussichten und allfällige Kostenfolgen informieren, sondern auch mithelfen zu entscheiden, welcher Rechtsmittelantrag gestellt und vor allem welche Rechtsmittelgründe geltend gemacht werden sollen. Dies ist aber ureigene Aufgabe der rechtsberatenden Berufe.

Durch diese Maßnahme sind keine Defizite im Rechtsschutz zu befürchten. Neben der Möglichkeit, von Anwälten bei der „Ersten anwaltlichen Auskunft“ kostenlos Informationen und eine erste Einschätzung zu erhalten, gibt es zahlreiche weitere Anlaufstellen (wie beispielsweise die Arbeiterkammer, den VKI, die Gewerkschaften, Frauenberatungsstellen, Familienberatungsstellen, Mietervereinigung, Mieterbund u.ä.), wenn sich die Partei in Angelegenheiten, in denen keine Anwaltspflicht besteht, keines Anwalts bedienen möchte. Parteien, die der Beratung und/oder Vertretung durch einen Rechtsanwalt bedürfen, jedoch nicht über ausreichende finanzielle Mittel dafür verfügen, haben bereits jetzt die Möglichkeit, im Rahmen der Verfahrenshilfe kostenlos einen Rechtsanwalt als Vertreter beigegeben zu bekommen.

Es sollen daher in Hinkunft Berufungen und Rekurse nicht mehr zu Protokoll gegeben werden können. Bei Berufungen ist dies ohnedies nur in Ausnahmefällen möglich, nämlich dann, wenn an dem Gerichtsort nicht wenigstens zwei Rechtsanwälte ihren Sitz haben und nicht schon in erster Instanz Anwaltspflicht vorlag. Diese Ausnahmeregelung ist schon aufgrund der bestehenden hohen Anwaltsdichte und der hohen Mobiliät in Österreich nicht mehr erforderlich.

Die Änderung in § 465 setzt den Entfall der Protokollarberufung um, wobei auch die Anmeldung der Berufung in Hinkunft nur mehr schriftlich möglich sein soll (Änderung des § 461). Die Änderungen in § 468 sehen konsequenterweise auch für die Berufungsbeantwortung keine Protokollierungsmöglichkeit mehr vor. In den §§ 467, 469 und 473a werden die Verweise auf die jeweiligen Protokolle gestrichen. § 520 und § 521a sehen den Entfall der Protokollierungsmöglichkeit für den Rekurs und die Rekursbeantwortung vor.

Zu Z 27 lit. b (§ 469 Abs. 3):

Versäumungsurteile, bei denen aufgrund eines Zustellfehlers unrichtigerweise von einer Säumnis ausgegangen wurde, können mit Berufung, gestützt auf den Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs. 1 Z 4 (der Partei wurde die Möglichkeit, vor Gericht zu verhandeln durch ungesetzlichen Vorgang, insbesondere durch Unterlassung der Zustellung entzogen) angefochten werden. Die in der Berufung angeführten Zustellmängel sind gemäß Abs. 1 letzter Satz vom Erstgericht zu erheben, der gegnerischen Partei ist hiezu rechtliches Gehör zu gewähren. Erst dann ist der Akt dem Berufungsgericht vorzulegen. Dieser Vorgang soll nunmehr „abgekürzt“ werden. Dem Vorbild des § 522 und des § 50 AußStrG folgend soll dem Erstgericht die Möglichkeit geboten werden, in diesen einfach gelagerten Fällen der Berufung selbst stattzugeben. Dies führt zu einer rascheren Entscheidung über die Berufung und damit auch zu einer schnelleren Fortsetzung des Verfahrens über die Sache. Das aufgrund einer fehlerhaften oder unterlassenen Zustellung des Auftrags zur Erstattung der Klagebeantwortung oder der Ladung zur ersten Verhandlung ergangene Versäumungsurteil soll möglichst einfach beseitigt werden können.

Das Erstgericht soll aber nur dann selbst entscheiden können, wenn es der Berufung stattgibt. Eine Abweisung und damit ein Abschneiden des Zugangs zum Recht soll nur dem Berufungsgericht zustehen. Will das Erstgericht der Berufung keine Folge geben, so hat es die Akten dem Berufungsgericht zur Entscheidung vorzulegen. Ein Anspruch des Rechtmittelwerbers auf Entscheidung durch das Erstgericht wird durch diese Bestimmung nicht geschaffen.

Hält das Erstgericht die Berufungsgründe für gegeben und gibt es der Berufung daher selbst Folge, so soll diese Entscheidung nicht anfechtbar sein. Damit wird dieser Fall ähnlich wie die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand behandelt, bei der die Stattgabe des Wiedereinsetzungsantrags ebenfalls nicht anfechtbar ist. So ist eine rasche Fortsetzung des Verfahrens über die Sache gewährleistet.

Zu Z 29 (§ 517):

Kostenentscheidungen sollen dann, wenn es lediglich um geringe Beträge geht, nicht mehr angefochten werden können. Der mit der Behandlung von Rekursen in diesen Fällen verbundene Aufwand, steht in keinem Verhältnis zum allenfalls Ersieg- oder Abwehrbaren. Damit wird eine Entlastung der Rechtsmittelgerichte bewirkt.

Zu Art. 24 (Inkrafttreten, Schluss- und Übergangsbestimmungen):

Die Bestimmung enthält die Inkrafttretens, Schluss- und Übergangsbestimmungen derjenigen Gesetze, die im jeweiligen Gesetz selbst keine eigenen Regelungen vorsehen.

Zum 2. Abschnitt (Strafrechtsangelegenheiten)

Allgemeines:

Zu Artikel 25 (Änderung des Strafgesetzbuches):

- Ausschluss der reinen Vermögensdelinquenz vom Anwendungsbereich der Unterbringung (§ 21 Abs. 3 StGB);

- Entfall der Möglichkeit, die Geldstrafe zur Gänze bedingt nachzusehen (§§ 43 Abs. 1 und 43a Abs. 1 StGB);

- Anhebung der Straflosigkeitsgrenze im Bereich der fahrlässigen Körperverletzung (§ 88 Abs. 2 Z 2 und 3 StGB);

- Straflosigkeit bei Zahlung des gesamten Unterhaltsrückstand (§ 198 Abs. 3 StGB).

Zu Artikel 26 (Änderung des Suchtmittelgesetzes):

- Ermächtigung der Justizanstalten für den Erwerb, den Besitz und die Verarbeitung von Suchtmitteln vorzusehen, soweit diese zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben benötigt werden (§ 6 Abs. 4d SMG);

- Reduktion der Aufwendungen der Justiz für gesundheitsbezogene Maßnahmen (§§ 35 Abs. 3 bis 6, Abs. 8, 39 Abs. 1 und 2 sowie 41 Abs. 2 und 4 SMG);

Zu Art 27 (Änderung der Strafprozessordnung 1975):

- Reduktion der Gerichtsbesetzung bei Beschwerden gegen Entscheidungen über Kosten (§§ 31 und 33 StPO);

- Vorrang der Zustellung auf elektronischem Weg (§ 83 Abs. 1 und 2 StPO);

- Beseitigung der Möglichkeit des protokollarischen Anbringens in Strafsachen (§§ 84 Abs. 2, 88 Abs. 1 und 285 Abs. 3 StPO);

- Beseitigung des Kassationsverbots im Beschwerdeverfahren gegen Beschlüsse (§ 89 Abs. 2 StPO);

- Reduktion und Effizienz bei Inanspruchnahme von Dolmetschleistungen (§ 126 Abs. 2a StPO);

- Vorrang der Vernehmung im Wege einer Videokonferenz (§ 153 StPO);

- Entfall der Verrechnung von Hausgeld für Untersuchungshäftlinge ohne Beschäftigung (§ 187 StPO);

Zu Art 28 (Änderung des Jugendgerichtsgesetzes):

- Entfall der Jugendschutzsachen (§ 25 JGG);

Zu Art. 29 (Änderung des Strafvollzugsgesetzes):

- Begrenzung der Entlassungshilfe (§§ 54 Abs. 4, 150 Abs. 3 StVG).

Zu Art. 30 (Änderung des Strafregistergesetzes):

- Vermeidung der Erstellung einer eigenen Datenbank für jene Personen, welche vor dem 1. Jänner 1990 letztmals zu einer höchstens einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurden (§ 13b Strafregistergesetz).

Zu den einzelnen Artikeln:

Zu Art 25 (Änderung des Strafgesetzbuches):

Zu Z 1 (§ 21 Abs. 3 StGB):

Erfahrungen zeigen, dass ein überraschend hoher Anteil der Unterbringungen auf reine Vermögensdelinquenz zurückzuführen ist. Für diesen Bereich erscheint jedoch der Einsatz vorbeugender Maßnahmen weder notwendig noch in Anbetracht des Grundrechtseingriffs und der Kostenbelastung angemessen.

Zu Z 2 und 3 (§§ 43 Abs. 1 und 43a Abs. 1 StGB):

Die Rechtsprechung schätzt die kriminalpolitische Effektivität der bedingten und der unbedingten Geldstrafe geringer ein als jenen der bedingten Freiheitsstrafe (vgl. EvBl 1984/59 = RZ 1983/75). Demzufolge ist mit bedingter Nachsicht einer Geldstrafe nur dann vorzugehen, wenn der Unrechts- und Schuldgehalt der Straftat bloß ein Ausmaß erreicht, das die Abgeltung der Tat durch Ausspruch einer Unrechtsfolge mit relativ geringem Strafwert rechtfertigt oder aber die Geldstrafe in ihrem Ausmaß an Tagessätzen eine derartige Höhe erreicht, dass die bloße Androhung des Vollzugs bereits deswegen straftatverhindernd wirken kann (SSt 57/54, 61/87). Deshalb gelangt Jerabek zum Schluss, dass nur sehr hohe oder sehr geringe Geldstrafe (dh mit hohem oder geringem Unrechts- und Schuldgehalt)für eine bedingte Nachsicht in Betracht  kommen (Jerabek, in WK-StGB² Rz 25 § 43). Da bei Taten mit einem geringen Unrechts- und Schuldgehalt ein Vergleich mit der Diversion durchaus gezogen werden kann und bei der Diversion auch die Zahlung eines Geldbetrages (§ 200 StPO) nicht nachgesehen werden kann und bei hohem Unrechts- und Schuldgehalt auch ein Ausspruch einer teilbedingten Geldstrafe die Effektivität der Strafe steigert, scheint eine gänzliche Abschaffung der (gänzlich) bedingten Geldstrafe als geboten.

Aus diesem Grund soll eine dem § 26 Abs. 1 FinStrG vergleichbare Regelung eingeführt werden, wonach höchstens die Hälfte einer Geldstrafe bedingt nachgesehen werden kann.

Zu Z 4 (§ 88 Abs. 2 Z 3 StGB):

Die Anhebung der Straflosigkeitsgrenze von drei auf vierzehn Tagen scheint – unter dem Blickwinkel, dass eine Straflosigkeit nur eintritt, wenn kein schweres Verschulden vorliegt – unter dem Aspekt der Funktion des gerichtlichen Strafrechts als ultima ratio rechtspolitisch vertretbar und zweckmäßig.

Damit entfällt auch die Notwendigkeit einer bestimmte Medizinalberufe privilegierenden Bestimmung.

Die Änderung im § 88 StGB wird unterschiedliche Ergebnisse erzielen, nämlich einerseits einen Rückgang an Einnahmen aus Geldbußen (Diversion) und Geldstrafen, andererseits jedoch einen Rückgang an SV-Gebühren. Näher prognostizieren lässt sich das jedoch derzeit kaum, weil (der Aspekt wird in den IT-Registern nicht als Verfahrensdatum erfasst) eine genaue Auswertung der Verfahren zwischen drei und 14 Tagen Körperverletzung nicht zur Verfügung steht.

Zu Z 3 (§ 198 Abs. 3 StGB):

Mit § 198 Abs. 3 StGB wird eine besondere Form der tätigen Reue eingeführt, die es dem Täter (Unterhaltsschuldner) ermöglichen soll, Straffreiheit zu erlangen, wenn er bis zum Schluss der Verhandlung den aushaftenden Unterhaltsbetrag zur Gänze dem Unterhaltsberechtigten oder dem gesetzlichen Vertreter bezahlt. In den Fällen des § 198 Abs. 2 StGB soll aber keine tätige Reue zulässig sein.

Zu Art 26 (Änderung des Suchtmittelgesetzes):

Zu Z 1 (§ 6 Abs. 4b SMG):

Nach § 57 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) dürfen Arzneimittel vom Hersteller, Depositeur oder Arzneimittel-Großhändler (direkt) unter anderem an Einrichtungen des Bundesheeres (Z 6), Justizanstalten (Z 7), an wissenschaftliche Institute und Untersuchungsanstalten und die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) (Z 8) sowie an organisierte Notarztdienste abgegeben werden.

In den Erlaubnistatbeständen der §§ 6, 6a SMG sind von den angeführten Einrichtungen das Bundesheer (§ 6 Abs. 4), wissenschaftliche Institute und Untersuchungsanstalten (§ 6 Abs. 1 Z 2), die AGES (§ 6a) und die Notarztdienste (§ 6 Abs. 4a) ausdrücklich genannt. Für die Justizanstalten konnte zwar bisher die Zulässigkeit des Erwerbs und Besitzes von suchtmittelhaltigen Arzneimitteln bzw. Suchtmitteln aus § 6 Abs. 1 Z 2 SMG in Verbindung mit § 6 der Suchtgift-V und § 68a StVG abgeleitet werden; eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage scheint jedoch zweckmäßig, zumal die Justizanstalten im Hinblick auf die große Zahl von Insassen, die Suchtmittel missbrauchen oder an diese gewöhnt sind, Substitutionsprogramme betreiben.

Es wird daher vorgeschlagen, auch für Justizanstalten – die im Einzelnen in den §§ 8 und 158 bis 160 StVG umschrieben sind – eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung für den Erwerb, den Besitz und die Verarbeitung von Suchtmitteln vorzusehen, soweit diese zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben benötigt werden.

Zu Z 2 bis Z 9 (§§ 35 Abs. 3 bis 6 und Abs. 8, 39 Abs. 1 und Abs. 2 sowie 41 Abs. 2 und 4 SMG):

1. Im Suchtmittelgesetz soll der Trend zur Diversifikation der Behandlungsmöglichkeiten (Entwicklung von Langzeit- zu Kurzzeittherapie und generell eine Flexibilisierung der Therapieangebote, siehe Bericht zur Drogensituation 2009, Seite 26) verstärkt werden, wodurch ein zielgerichteter Einsatz die dafür vom Bund aufgewendeten finanziellen Mittel erreicht werden soll.

Da sich die Höhe der aus dem Justizbudget zu tragenden Kosten aus den von den Gerichten den Einrichtungen zugesprochenen Kosten ergibt und diese wiederum davon abhängen, welche Art von Therapie von den Bezirksverwaltungsbehörden als Gesundheitsbehörden vorgesehen wird und wie lange diese dauert, bestehen für die Zentralstelle derzeit keinerlei Möglichkeiten, die Höhe der Kosten zu steuern. Aus diesem Grund sind die Aufwendungen der Justiz für gesundheitsbezogene Maßnahmen in den letzten Jahren in einem die Inflationsrate deutlich übersteigenden Ausmaß gestiegen (2005: 4,61 Mio. Euro; 2006: 4,85 Mio Euro; 2007: 5,86 Mio Euro; 2008: 6,48 Mio Euro; 2009: 7,03 Mio Euro). Der größte Teil dieser Kosten entfällt auf stationäre Therapie, für die in den Verträgen, die das BMJ mit verschiedenen Einrichtungen geschlossen hat, pauschale Tagessätze von um die 100 Euro vereinbart worden sind.

2. Um in diesem Sinn die weitere Entwicklung von Langzeit- zu Kurzzeittherapie zu fördern, wird vorgeschlagen, dass Staatsanwaltschaft und Gericht auch die in naher Zukunft einzurichtende ärztliche Einrichtung der Justiz mit einer Stellungnahme über den Bedarf und die Zweckmäßigkeit einer Therapieart und -dauer beauftragen können; die Dauer einer stationären Aufnahme soll allgemein auf einen Zeitraum von sechs Monaten befristet werden, wobei hier dem Trend zur kürzeren Behandlungsdauer gefolgt wird  (§ 35 Abs. 3 Z 2, Abs. 5 und Abs. 6 SMG).

3. In den Fällen des § 35 Abs. 4 SMG soll darüber hinaus ein Ermessen der Staatsanwaltschaft ausgeschlossen sein; liegen die dort genannten Voraussetzungen vor, so soll künftig die Staatsanwaltschaft von der Einholung einer Stellungnahme über die Notwendigkeit einer gesundheitsbezogenen Maßnahme abzusehen haben.

4. Die Bestimmung über den Kostenbeitrag im Falle einer diversionellen Erledigung in § 388 StPO ist nach ihrem Wortlaut auch auf Diversion nach § 35 SMG anzuwenden. In der Praxis sind aber bisweilen Unsicherheiten darüber aufgetreten, ob auch in diesen Fällen ein Kostenbeitrag möglich ist.

Durch die Aufnahme einer Verweises auf § 388 StPO in § 35 Abs. 8 SMG soll daher die Rechtslage klargestellt werden.

5. In § 39 Abs. 1 soll klargestellt werden, dass vor einem Beschluss des Gerichts über den Aufschub des Strafvollzuges zu dem Zweck, dass sich der Verurteilte einer gesundheitsbezogenen Maßnahme unterziehen kann, die Staatsanwaltschaft anzuhören ist.

6. Analog zu § 35 Abs. 3 Z 2 SMG soll die Staatsanwaltschaft auch vor einem solchen Aufschub eine Stellungnahme der ärztlichen Einrichtung der Justiz über die Zweckmäßigkeit und Kostenangemessenheit der beabsichtigen Therapieart und -dauer einholen können und daran auch grundsätzlich gebunden sein, es sei denn, dass sich die Umstände seit der Stellungnahme oder Begutachtung erheblich verändert haben (§ 39 Abs. 2 SMG).

7. Schließlich soll die Dauer einer stationären Maßnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten befristet werden, wodurch der Trend zu immer kürzeren Langzeittherapien verstärkt werden soll (§ 39 Abs. 3 SMG, vgl. Bericht zur Drogensituation 2009, Seiten 26 und 33).

8. Soweit der Bund zur Tragung der Kosten verpflichtet ist, soll die Möglichkeit eröffnet werden, dem Verurteilten anstelle des Behandlungsbeitrags einen Pauschalkostenbeitrag aufzuerlegen, der nach den Grundsätzen des § 381 StPO zu bemessen sein wird.

9. § 41 Abs 4 wurde zuletzt mit der SMG-Novelle 2007 geändert; schon damals wurden Anpassungen an die neue Systematik und an die Paragraphenbezeichnungen der neuen StPO (BGBl. I Nr. 19/2004) vorgenommen.

In der Praxis hat sich allerdings gezeigt, dass der mit Inkrafttreten des Strafprozessreformgesetzes geänderten Zuständigkeitsverteilung im Ermittlungsverfahren nicht in ausreichendem Maße Rechnung getragen wurde. Während Bezirksgerichte nach § 29 StPO nur mehr im Hauptverfahren tätig sind und die gerichtlichen Zuständigkeiten im Rahmen des Ermittlungsverfahrens beim Einzelrichter des Landesgerichtes konzentriert sind (vgl. § 31 Abs. 1 StPO, wobei im Hinblick auf die Bestimmung von Sachverständigengebühren § 52 GebAG zu beachten ist), hat nach § 41 Abs. 4 im Falle des § 35 SMG weiterhin jenes Gericht, das für das Hauptverfahren zuständig wäre, die vom Bund zu übernehmenden Kosten mit Beschluss zu bestimmen und anzuweisen; geht daher die StA bei einem in die Zuständigkeit der Bezirksgerichte fallenden Delikt nach § 35 SMG vor, ist das Bezirksgericht im Ermittlungsverfahren zur Bestimmung der Kosten zuständig (dies betrifft wohl eine große Zahl der in der Praxis vorkommenden Fälle).

§ 41 Abs. 4 soll daher nunmehr an die seit Inkrafttreten des Strafprozessreformgesetzes geltende Zuständigkeitssystematik der StPO angepasst und folglich – auch entsprechend § 52 GebAG – die Zuständigkeit des Einzelrichters beim Landesgericht vorgesehen werden.

Zu Art 27 (Änderung der Strafprozessordnung 1975):

Zu Z 1 und 2 (§§ 31 und 33 StPO):

Im Verfahren über Beschwerden gegen Entscheidungen über Kosten soll künftig der Einzelrichter des Landesgerichts (§ 31 Abs. 5 StPO) oder des Oberlandesgerichts (§ 33 Abs. 2 erster Satz StPO) entscheiden. Diese Verfahrensvereinfachung soll für den neu vorgesehenen Pauschalkostenbeitrag im Falle der Zurück- oder Abweisung eines Antrags auf Fortführung gemäß § 196 StPO, für sämtliche Entscheidungen nach dem 18. Hauptstück und für die Bestimmung der Gebühren der Sachverständigen und Dolmetscher nach dem GebAG 1975 gelten. Im Übrigen bleibt die Senatsbesetzung vor dem Landesgericht (§ 31 Abs. 6 StPO) und dem Oberlandesgericht (§ 33 Abs. 2 zweiter Satz StPO) unberührt.

Zu Z 3 (§ 83 Abs. 1 und 2 StPO):

Es soll klargestellt werden, dass im Regelfall ein Zustellnachweis nicht erforderlich ist. Nach der geltenden Bestimmung werden häufig teure Zustellungen mit Zustellnachweis angeordnet, obwohl dies nicht zwingend wäre. Überdies kommt der kostengünstigen Zustellung im Weg des ERV der Vorrang zu, die im Strafverfahren die Wirkung einer Zustellung mit Zustellnachweis hat. Zusätzlich soll eine Zustellung über elektronische Zustelldienste nach dem 3. Abschnitt des Zustellgesetzes ermöglicht werden (siehe auch § 87 Abs. 1 ZPO in der Fassung des Artikels 22 Z 6 dieses Entwurfs).

Zu Z 4, 5 und 10 (§§ 84 Abs. 2, 88 Abs. 1und 285 Abs. 3StPO):

Die Möglichkeit des protokollarischen Anbringens in Strafsachen soll wegen ihrer geringen praktischen Bedeutung und des im Einzelfall hohen Aufwands beseitigt werden (§ 84 Abs. 2 StPO). Gleiches soll für Anträge auf Verlängerung der Rechtsmittelfrist (§ 285 Abs. 3 StPO) und grundsätzlich auch für Beschwerden gelten, sofern sie nicht – wie etwa im Fall der Verhängung und Fortsetzung der Untersuchungshaft - unmittelbar nach mündlicher Verkündung des Beschlusses zu Protokoll gegeben werden (§ 88 Abs. 1 StPO). Die Möglichkeit der protokollarischen Anmeldung einer Nichtigkeitsbeschwerde (§ 285a Z 3 StPO) und einer Berufung vor den Bezirksgerichten (§ 467 Abs. 4 StPO) soll hingegen beibehalten werden, weil die sofortige Anmeldung nach Erteilung der Rechtsmittelbelehrung in der Hauptverhandlung keinen besonderen Mehraufwand erzeugt.

Zu Z 6 (§ 89 Abs. 2 StPO):

Mit Urteil vom 29. Oktober 2009, 12 Os 80/09w, erkannte der OGH, dass eine kassatorische Entscheidung das Gesetz in der Bestimmung des § 89 Abs. 2 zweiter Satz StPO verletzt. Nach der Begründung des OGH ordnete der Gesetzgeber – in Abweichung von der bisherigen, auf § 114 StPO aF gegründeten Vorgangsweise der Beschwerdegerichte – eine ausdrückliche Entscheidung „in der Sache“ an, selbst für den Fall (nach Beschwerdeerhebung) weggefallener Beschwer. Überdies fehle es für das Beschwerdeverfahren an einer korrespondierenden Norm zu § 293 Abs. 2 StPO, der im Verfahren zur Anfechtung von Urteilen eine explizite Bindung des Erstgerichtes an die kassatorische Rechtsansicht des Rechtsmittelgerichtes vorsehe.

Die Rechtsansicht des OGH führt nun zu der unerwünschten Konsequenz, dass selbst ein äußerst mangelhafter Beschluss des Erstgerichts (etwa fehlende Begründung) nicht aufgehoben werden kann, sondern gleichsam durch das OLG nachzuholen ist, was insbesondere bei umfangreichen Ermittlungsverfahren einen unvertretbaren Aufwand erzeugt. Deshalb soll in § 89 Abs. 2 StPO nunmehr eine Klarstellung erfolgen und hat das Rechtsmittelgericht kassatorisch zu entscheiden, wenn das Erstgericht zu Unrecht seine Unzuständigkeit ausgesprochen, die Anträge nicht erledigt, zur Entscheidung in der Sache erforderliche Beweisaufnahmen unterlassen hat oder wenn einer in § 281 Abs. 1 Z 5 oder 5a StPO angeführten Gründe vorliegt; dh das Rechtsmittelgericht hat den Beschluss aufzuheben und dem Erstgericht nach Verfahrensergänzung die neuerliche Entscheidung aufzutragen. Durch den Verweis auf § 293 Abs. 2 StPO soll sichergestellt werden, dass das Erstgericht an die Rechtsansicht des Rechtsmittelgerichtes gebunden ist.

Für die Fälle der Bewilligung der Festnahme und Verhängung und Fortsetzung der Untersuchungshaft soll daran festgehalten werden, dass das Oberlandesgericht ausnahmslos in der Sache zu entscheiden hat. Eine meritorische Entscheidung des OLG iSd § 176 Abs. 5 hat damit diejenige des Erstgerichts nicht bloß zu beurteilen, sondern zu ersetzen (14 Os 47/02, SSt 64/18; 14 Os 138/03, SSt 2003/81; 13 Os 46/05x, EvBl 2005/145, 681 = JBl 2006, 469 [Burgstaller]; 14 Os 59/06t, 60/06i, 61/06m, SSt 2006/47 = EvBl 2006/132, 690 = JBl 2007, 264 ua; Fabrizy StPO10 § 176 Rz 8). Das OLG hat daher die Haftfrage für den Zeitpunkt seiner Beschlussfassung neu zu beurteilen, gegebenenfalls unter Bedachtnahme auf neue Umstände, auch von Amts wegen (§ 89 Abs. 2 zweiter Satz StPO), und auf das Überraschungsverbot. Ordnet das OLG die Fortdauer der Haft an, muss die Beschwerdeentscheidung alle in § 179 Abs. 4 Z 1 bis 5 StPO genannten Elemente eines Fortsetzungsbeschlusses enthalten (§ 176 Abs 5 letzter Halbsatz StPO).

Zu Z 7 (§ 126 Abs. 2 bis 2c StPO):

Die Justiz ist mit erheblichen Ausgaben im Bereich der Dolmetscher belastet. Laut einem Gutachten der Fa. ROI hat sich gezeigt, dass durch Insourcing von Dolmetschleistungen in den gängigsten Sprachen bundesweit erhebliche Einsparungseffekte erreicht werden könnten. Es soll daher die Möglichkeit geschaffen werden, auf von der Justiz bereitgestellte Dolmetscher zugreifen zu können. Stehen solche in der benötigten Sprache und zur angefragten Zeit, also für den vorgesehenen Verhandlungstermin oder den für allfällige Übersetzungen vorgesehenen Zeitraum zur Verfügung, so muss ein Dolmetscher aus dem zur Verfügung gestellten Personenkreis bestellt werden. Steht kein geeigneter Dolmetscher zur Verfügung, so soll in erster Linie ein Dolmetscher aus der von den Präsidenten der Landesgerichte geführten Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste bestellt werden. Erst wenn auch dort kein geeigneter Dolmetscher gefunden werden kann, kann eine sonstige geeignete Person bestellt werden. Durch diese Maßnahme wird es zu keinen Qualitätseinbußen bei den benötigten Dolmetschleistungen kommen; die vom Bundesministerium für Justiz oder von der Justizbetreuungsagentur zur Verfügung gestellten Personen werden den an die allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Dolmetscherinnen oder Dolmetscher gestellten Qualitätsanforderungen entsprechen. Diese bestellten Dolmetscher haben keine Anspruch auf Gebühren nach den Gebührenanspruchsgesetz iSd § 127 Abs. 1 StPO; die Kosten ihrer Tätigkeit werden im Wege des § 381 berücksichtigt.

Steht ein solcher Dolmetscher nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung, oder besteht Grund zur Annahme, dass einer der Gründe des § 126 Abs. 4 StPO (Befangenheit, mangelnde Sachkunde) vorliegt, so kann auch eine andere Person als Dolmetscher bestellt werden, wobei vorrangig eine in die Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste (§ 2 Abs. 1 SDG) eingetragene Person zu bestellen ist. Werden sogenannte Ad-Hoc-Dolmetscher bestellt, so sind diese nach § 126 Abs. 2 letzter Satz StPO über ihre wesentlichen Rechte und Pflichten zu informieren. Schließlich wird in § 126 Abs. 2c StPO darauf hingewiesen, dass bei der Wahl von Sachverständigen oder Dolmetschern und der Bestimmung des Umfangs ihres Auftrags nach den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit vorzugehen ist.

Zu Z 8 (§ 153 Abs. 4 StPO):

Die bisher vorgesehene Möglichkeit, eine andere Staatsanwaltschaft oder ein anderes Gericht im Rechtshilfeweg um Einvernahme eines Beschuldigten oder Zeugen zu ersuchen ist angesichts der weitgehend vorhandenen Einrichtungen zur Einvernahme im Wege einer Videokonferenz nicht mehr notwendig. Da die Einvernahme im unmittelbaren Weg durch die zuständige Staatsanwaltschaft oder das zuständige Gericht einerseits aufgrund des Entfalls der Vorbereitung und Durchführung der Vernehmung durch die um Rechtshilfe ersuchten Staatsanwälte und Richter unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie vorzuziehen ist und andererseits aufgrund der besseren Vertrautheit des zuständigen Staatsanwalts oder Richters mit dem Gegenstand des Verfahrens auch in aller Regeln zu besseren Ergebnissen führt, entfällt diese Form der innerstaatlichen Rechtshilfe. Stattdessen soll die Einvernahme unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung zum Regelfall werden. Aufgrund der Bedeutung des persönlichen Eindrucks soll die Möglichkeit zur Ladung des Beschuldigten oder Zeugen vor die zuständige Staatsanwaltschaft oder das zuständige Gericht aus besonderen Gründen weiter bestehen bleiben, wobei die mit der Anreise zum Ort der Vernehmung verbundenen Belastungen des Beschuldigten oder Zeugen und die dafür anfallenden Aufwendungen mit der Bedeutung der Sache abzuwägen sein werden.

Zu Z 9 (§ 187 Abs. 3 StPO):

Im Hinblick darauf, dass Untersuchungshäftlinge nicht zur Arbeit verpflichtet sind und sie nur schwer in den Arbeitsprozess innerhalb der Anstalt eingliedert werden können, scheint es gerechtfertigt, einem Beschuldigten, dem unverschuldet keine Arbeit zugewiesen werden kann, kein Hausgeld zuzuschreiben.

Zu Z 10 (§ 196 StPO):

Durch die vorgeschlagene Änderung des § 196 StPO soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass bei Zurück- bzw. Abweisung eines Antrags auf Fortführung auch ein Pauschalkostenbeitrag in der Höhe von 90 Euro vom Gericht einzuheben ist. Für den Fall der Stattgebung des Antrages ist ein solcher Beitrag nicht einzuheben. Für das Verfahren zur Einhebung des Betrages gilt § 391 StPO sinngemäß. Haben mehrere Opfer wegen derselben Handlung erfolglos eine Fortführung beantragt, so haften sie für den Pauschalkostenbeitrag zur ungeteilten Hand.

Zu Z 12 (§§ 381 Abs. 1 Z 2a und Abs. 6 StPO):

Wird ein von der Justizbetreuungsagentur beschäftigter Dolmetscher bestellt, so sollen dessen Kosten pauschal mit 159 Euro abgegolten werden; die Kosten der übrigen Dolmetscher bemessen sich nach den auf Grund des GebAG im Einzelfall bestimmten Gebühren. Beide Kostenanteile sind dem zum Kostenersatz Verpflichteten jedoch nur insoweit aufzuerlegen, als die Beiziehung dieser Personen nicht ausschließlich deshalb erfolgte, um dem Angeklagten ein faires Verfahren gewährleisten zu können.

Zu Z 13 (§ 514 Abs. 11 StPO):

Grundsätzlich sollen die Bestimmungen mit 1. Jänner 2011 in Kraft treten. Zwecks organisatorischer Vorbereitung der Bestellung von Dolmetschern, die vom Bundesministerium für Justiz oder in dessen Auftrag von der Justizbetreuungsagentur zur Verfügung gestellt werden, sollen die Bestimmung der § 126 Abs. 2, 2a bis 2c und 381 Abs. 1 Z 2a und Abs. 6 StPO zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft treten.

Zu Art. 28 (Änderung des Jugendgerichtsgesetzes)

Zu Z 1 (§ 25 JGG):

Das geltende Recht sieht vor, dass jene Gerichtsabteilungen, die für Jugendstrafsachen und Strafsachen junger Erwachsener zuständig sind, auch Jugendschutzsachen (Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 StGB, soweit der Unterhaltsberechtigte minderjährig ist; Vernachlässigung der der Pflege, Erziehung und Beaufsichtigung nach § 199 StGB) zu behandeln haben: Die diesbezügliche Regelung der Gerichtsbesetzung trifft § 25 JGG, die Regelung der Geschäftsverteilung die §§ 26 Abs. 7 und 32 Abs. 6 GOG. § 26 Abs. 7 GOG sieht überdies vor, dass von denselben Gerichtsabteilungen auch Pflegschaftssachen wahrzunehmen sind, soweit es um entwicklungsgefährdete Minderjährige geht.

Beide Bestimmungen scheinen jedoch nicht mehr zeitgemäß und bedeuten überdies zusätzliche Erschwernisse für die Praxis; sie sollen daher entfallen.

Die Behandlung von Strafsachen und Pflegschaftssachen durch dieselbe Gerichtsabteilung bedeutet eine Doppelrolle für das Gericht: Dieses hat in Strafsachen Sanktionen zu verhängen oder zumindest anzudrohen, in Pflegschaftssachen aber fürsorglich die Interessen, teils auch die Rechte des Jugendlichen wahrzunehmen. Diese Doppelrolle scheint aus heutiger Sicht einerseits für den betroffenen Jugendlichen und andere Parteien schwer nachvollziehbar, kann aber auch im Richter einen Rollenkonflikt auslösen. Aus diesen Gründen (und wegen praktischen Schwierigkeiten bei der Erstellung der Geschäftsverteilung und bei der Übertragung von Pflegschaftsakten) wird die Bestimmung von der Praxis vielfach nicht eingehalten.

Der Entwurf schlägt daher vor, die Pflicht zur Behandlung von Strafsachen und Pflegschaftssachen durch die selbe Gerichtsabteilung entfallen zu lassen (siehe näher Art. 31, zu §§ 26 Abs. 7 und 32 Abs. 6 GOG); dadurch wird aber ein Gericht, das dies weiter für sinnvoll hält, nicht gehindert, auch künftig eine Behandlung durch die selbe Gerichtsabteilung in der Geschäftsverteilung vorzusehen.

Aus ähnlichen Gründen wird auch vorgeschlagen, die Pflicht zur Behandlung von Jugendschutzsachen in derselben Gerichtsabteilung, die für Jugendstrafsachen und Strafsachen junger Erwachsener zuständig ist, aufzuheben. Inhaltliche Bezüge bestehen wohl eher zwischen Pflegschaftssachen und Jugendschutzsachen (nämlich Fragen des Unterhaltsrechts), nicht aber zwischen Jugendschutzsachen und Jugendstrafsachen. Es ist auch nicht ersichtlich, warum gerade eine Verletzung des Unterhalts eines Jugendlichen oder eine Vernachlässigung eines Jugendlichen in einer besonderen Gerichtsbesetzung und einer besonderen Gerichtsabteilung behandelt werden, nicht aber etwa Misshandlungen oder sexueller Missbrauch.

Es wird daher vorgeschlagen, die Bezugnahme auf Jugendschutzsachen in §§ 26 Abs. 7 und 32 Abs. 6 GOG sowie die Bestimmung des § 25 JGG zur Gänze entfallen zu lassen, wodurch sich auch der Verfahrensaufwand für Bezirksanwälte verringern lässt.

Zu Art 29 (Änderungen des Strafvollzugsgesetzes):

Nach § 54 Abs. 4 StVG sind den Strafgefangenen bei der Entlassung als Hausgeld und als Rücklage gutgeschriebene Geldbeträge auszuzahlen. Diese Entlassungshilfe hat sich an sich bewährt, bedarf jedoch zur Missbrauchsvermeidung und aus budgetären Gründen einer zweifachen Einschränkung. Zum einen soll der Betrag, bis zu dem von den Strafgefangenen Angespartes aufgestockt werden kann, mit der Hälfte des Existenzminimums festgesetzt werden. Durch entlassungsnahe Verfügungen über Hausgeld und Rücklage ist es zum anderen derzeit möglich, den Kontostand (gezielt) so weit abzusenken, dass – mag darin, zumal wenn die Verfügungen im Einzelnen legitimen Zwecken dienen (insbesondere Überweisungen an Angehörige), auch nicht immer ein Verschulden des/der Strafgefangenen zu erblicken sein – erst dadurch ein Anspruch auf einen Zuschuss nach § 150 Abs. 3 StVG entsteht. Dem soll durch die vorgeschlagene Regelung insofern Einhalt geboten werden, als die Rücklage – abgesehen von Fällen, in denen sie die erforderliche Höhe (unverschuldet) noch nicht erreichen konnte – den Strafgefangenen jedenfalls in der Höhe der Hälfte des Existenzminimums (für den ersten Monat nach der Entlassung), verbleiben soll, wodurch die nach § 150 Abs 3 StVG erforderliche Bedürftigkeit jedenfalls nicht mehr gegeben wäre. Der nach § 150 Abs. 3 iVm § 54 Abs. 4 StVG relevante Betrag wird zwar aus Hausgeld und Rücklage gespeist. Zumal das Hausgeld nach § 54 Abs. 2 erster Satz StVG den Strafgefangenen aber grundsätzlich für die Verschaffung von Sachgütern und Leistungen während des Vollzuges zur Verfügung steht, erscheint eine Regelung im Bereich des Hausgelds (wie eine Einkaufssperre in einem bestimmten Zeitraum vor der Entlassung oder eine Differenzierung nach Bedarfsnotwendigkeit) weder gleichermaßen zweckmäßig noch unter Gesichtspunkten des administrativen Aufwands sinnvoll.

Zu Artikel 30 (Änderung des Strafregistergesetzes):

Nach § 6 Abs. 6 TilgG idF BGBl. Nr. 68/1972 war die Auskunftsbeschränkung nicht von der Zahl der Verurteilungen abhängig. Es musste nur jedes Urteil den Voraussetzungen der § 6 Abs 2 und 3 TilgG idF BGBl. Nr. 68/1972 entsprechen. Gemäß § 6 Abs. 3 leg. cit. sollte die Auskunftsbeschränkung jedoch erst eintreten, wenn von der Tilgungsfrist bereits drei Jahre verstrichen waren.

Gemäß § 6 Abs 6 TilgG idF BGBl. Nr. 605/1987 steht seit 1. Jänner 1990 mehrfach Verurteilten die Auskunftsbeschränkung nur zu, wenn die Zahl der Verurteilungen vier und die Summe der Freiheitsstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen neun Monate, bei Jugendstraftaten achtzehn Monate nicht übersteigt. Eine nach einem früheren Recht bereits eingetretene Auskunftsbeschränkung konnte nur durch eine nach diesem Zeitpunkt erfolgte Verurteilung aufgehoben werden, für welche die Auskunftsbeschränkung des § 6 Abs. 6 TilgG idF BGBl. Nr. 605/1987 nicht vorlag oder im Zusammenhang mit den früheren Verurteilungen Zahl und Ausmaß der Verurteilungen insgesamt so vermehrt wurden, dass eine Auskunftsbeschränkung nicht mehr zulässig ist (Art. XX Abs. 6 BGBl. Nr. 605/1987). Eine derartige Auskunftsbeschränkung alten Rechts käme daher nunmehr lediglich dann zum Tragen, wenn die Tilgungsfrist mangels Vollzugs einer Verurteilung noch nicht begonnen hat.

Nach einer Auswertung durch das Strafregisteramt sind bei 1066 Personen 1513 Verurteilungen ohne Vollzugdatum dokumentiert, die vor dem 1. Jänner 1990 rechtskräftig wurden. In mehr als 90 % dieser Fälle trat die Rechtskraft nach 27. April 1987 ein und stammten rund 70 % von Bezirksgerichten, sodass davon auszugehen ist, dass in der Regel keine strengeren als sechsmonatige, höchstens aber einjährige Freiheitsstrafen verhängt wurden.

Um nunmehr im Zuge der derzeit laufenden Erneuerung des Strafregisterprogramms eine kostenintensive Erstellung einer eigenen Datenbank für diese Personengruppe zu vermeiden, soll daher jenen Personen, welche vor dem 1. Jänner 1990 letztmals zu einer höchstens einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurden, deren Vollzug jedoch unterblieben ist und denen die Auskunftsbeschränkung nach der ursprünglichen, nicht aber der geltenden Fassung des § 6 Abs. 6 TilgG zusteht, diese Strafe mit Wirkung vom 01. Jänner 2005 rückwirkend nachgesehen werden.

In § 59 StGB ist für Strafen bis zu drei Monaten eine 5-jährige, für solche bis zu einem Jahr eine 10-jährige Vollstreckungsverjährungsfrist vorgesehen, sodass seit 1. Jänner 1990 das Vierfache bzw. Doppelte dieser Fristen verstrichen ist. Die Aufrechterhaltung des Strafanspruches scheint daher weder geeignet, der Sicherheit der Bevölkerung zu dienen, noch geboten, um die Autorität der Strafrechtspflege zu erhalten. Aufgrund der in § 6 Abs. 3 TilgG idF BGBl. Nr. 68/1972 vorgesehenen dreijährigen Frist ab Beginn der Tilgungsfrist für den Eintritt der Auskunftsbeschränkung sollen die Verurteilungen rückwirkend für vollstreckt erklärt werden.

§ 13b Abs. 1 StRegG orientiert sich an § 2 Abs. 1 Amnestie 1995, BGBl. Nr. 350/1995 mit entsprechend verschobenen Zeiträumen. Um einen Mehraufwand für das erkennende Gericht zu vermeiden, sollen die Gerichte vom Strafregisteramt lediglich von der Strafnachsicht in Kenntnis gesetzt werden. Bei Nichtvorliegen der in Abs. 1 vorgesehenen Voraussetzungen ist von diesem das Strafregisteramt zu verständigen und die Berichtigung des Strafregisters zu veranlassen.

Zum 3. Abschnitt (Sonstiges)

 

Zu den einzelnen Artikeln:

Zu Artikel 32 (Änderungen des Gerichtsorganisationsgesetzes)

Zu Z  1 und 2 (§ 26 Abs. 7, § 32 Abs. 6 GOG):

§ 26 Abs. 7 GOG sieht derzeit vor, dass Jugendstrafsachen, Jugendschutzsachen, Strafsachen gegen junge Erwachsene und die Pflegschaftssachen von Minderjährigen, bei denen aus einem bestimmten Anlass eine Gefährdung der persönlichen Entwicklung zu besorgen ist, denselben Gerichtsabteilungen zuzuweisen sind, wobei alle dieselbe Person betreffenden Angelegenheiten in einer Gerichtsabteilung konzentriert werden.  Die Konzentration dieser Materien in einer Gerichtsabteilung wurde vorgesehen, um Synergien zwischen dem Straf- und Pflegschaftsbereich nutzen zu können. In der Praxis hat sich allerdings herausgestellt, dass die Anzahl der Fälle, bei denen sich aus einem Strafverfahren Hinweise auf eine Gefährdung der persönlichen Entwicklung ergeben, die pflegschaftsgerichtliche Maßnahmen erforderlich machen und bei denen diese Synergien daher genützt werden können, gering sind. Die Befolgung des § 26 Abs. 7 GOG bereitet demgegenüber im Hinblick auf die Auslastung mit Jugendstraf- und Pflegschaftssachen bei kleineren Gerichten erhebliche Schwierigkeiten. Es soll daher die vorgesehene Konzentration aufgegeben werden. Der Schutz „gefährdeter“ Minderjähriger ist auch beim „normalen“ Pflegschaftsrichter gewahrt. Ein weiteres Ziel der Schaffung dieser Bestimmung mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 19/2001 war es aber auch, die Jugendstrafsachen sowie die Strafsachen gegen junge Erwachsene gerichtsabteilungsmäßig zu konzentrieren. Das soll beibehalten werden. Eine allfällige Kombination dieser Angelegenheiten mit anderen Materien kann aber den einzelnen Personalsenaten im Rahmen der Geschäftsverteilung überlassen werden.

Mittelbar wird die neue Regelung auch ermöglichen, dass die Anzahl der Verhandlungstage in den bezirksgerichtlichen Strafsachen aufgrund der konzentrierteren Wahrnehmung durch eine geringere Anzahl von mit Strafsachen befassten Richtern tendenziell zurückgehen und dadurch der Reiseaufwand für die Bezirksanwälte vermindert wird.

Eine zu § 26 parallele Änderung erfolgt in § 32 Abs. 6 GOG (Streichung der Worte "die Jugendschutzsachen").

Zu Z 3 (§ 78 Abs. 5 und 6 GOG):

Diese Bestimmungen sollen die Justiz einschließlich der Justizverwaltung entlasten.

Vielfach werden deren Organe auf allen Ebenen (einschließlich der staatsanwaltschaftlichen Behörden und des Bundesministeriums für Justiz) mit Beschwerden oder Eingaben befasst, die die Justiz insgesamt oder ihre Angehörigen beleidigen oder aus denen – auch beim besten Willen – nicht erschlossen werden kann, welche auch nur einigermaßen erfolgversprechenden Maßnahmen getroffen werden sollen. Bislang fehlt eine eindeutige Regelung, die die Justizverwaltungsorgane befugt, solche Eingaben abzulegen und nicht weiter zu behandeln. Der vorgeschlagene § 78 Abs. 5 GOG sieht eine entsprechende Ermächtigung vor. Sie bezieht sich einerseits auf Aufsichtsbeschwerden und Eingaben, die beleidigende Ausführungen im Sinn des Abs. 4 enthalten, also die dem Gericht (der Justiz) schuldige Achtung verletzen oder Justizangehörige und die an einem Verfahren Beteiligten beleidigen. Solche Eingaben oder Schriftsätze kann das zuständige Organ nach pflichtgemäßem Ermessen zu den Akten nehmen. Im Rahmen dieses Ermessensspielraums wird es aber auch prüfen müssen, ob und inwieweit die Beschwerde nicht doch auch Ausführungen enthält, denen trotz der „Ausfälle“ des Beschwerdeführers inhaltlich nachgegangen werden soll. An den Sanktionen für Beleidigungen, die Abs. 4 vorsieht, soll sich durch die Befugnis zur umstandslosen Ablage nichts ändern.

Die Möglichkeit, Aufsichtsbeschwerden und andere Eingaben nicht weiter zu behandeln, soll ferner für Eingaben eröffnet werden, denen mangels eines inhaltlichen Substrats nicht näher nachgegangen werden kann. Das gilt für verworrene, unklare, sinn- oder zwecklose Beschwerdebehauptungen, für Beschwerden, die kein Beschwerdebegehren erkennen lassen und für  Eingaben, die vorangegangene Beschwerden nur wiederholen. Auch hier hat das zuständige Organ nach pflichtgemäßem Ermessen zu handeln. Im Allgemeinen wird es derartige Eingaben nicht bis ins Einzelne lesen und bewerten müssen; vielmehr wird nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls eine überblicksartige Durchsicht bzw. oberflächliche Prüfung ausreichen, etwa bei fehlendem oder nicht ausreichend erkennbarem Begehren. Auch wird es in diesen Fällen nicht erforderlich sein, eine nähere inhaltliche Überprüfung zur weiteren Abklärung der Beschwerde in die Wege zu leiten.

Je nach den Umständen des Einzelfalls kann es sich auch empfehlen, dem Beschwerdeführer auf seine Eingabe einmalig zu antworten und darauf hinzuweisen, dass eine weitere Korrespondenz nicht in Frage kommt bzw. nicht erfolgen wird. Die vorgeschlagene Regelung schließt es also nicht aus,  dass dem Einschreiter noch einmal die Gelegenheit gegeben wird, sein Begehren zu konkretisieren. In vielen Fällen wird es aber auch zweckmäßig sein, auf die Eingabe von vornherein nicht zu reagieren.

Der letzte Satz der vorgeschlagenen Regelung bezieht sich auf mündliche oder telefonische Beschwerden. Hier werden die Organe der Justizverwaltung ermächtigt, auf solche beleidigende oder unsubstanziierte Beschwerden nicht weiter einzugehen und das Gespräch abzubrechen. Der Gesprächsinhalt muss nicht in einem Aktenvermerk dokumentiert werden, wenngleich sich das wiederum nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls empfehlen kann.

Gleiches sieht § 78 Abs. 6 für im Wesentlichen aus Beschimpfungen bestehende Schriftsätze und Anzeigen vor.

Zu Z 4 (§ 78c GOG):

Durch § 78c GOG soll eine Straffung des Dienstweges in Angelegenheiten der Justizverwaltung der Bezirksgerichte erreicht werden. Vor allem soll dadurch vermieden werden, dass künftig in ein und derselben Angelegenheit Justizverwaltungsakten sowohl auf der Ebene der Landes- als auch der Oberlandesgerichte geführt werden. Unter einem erfolgt im GOG eine grundsätzliche Klarstellung in Bezug auf den Dienstweg in Justizverwaltungsangelegenheiten.

Insbesondere werden die Bezirksgerichte in Justizverwaltungs- einschließlich Personalsachen zur unmittelbaren elektronischen Berichtsvorlage vom Bezirksgericht an das jeweilige Oberlandesgericht verpflichtet. Dies soll unter gleichzeitiger abschriftlicher Information der Landesgerichtsebene erfolgen, allerdings nur, soweit dies für die Wahrnehmung der Dienstaufsicht (§ 31 Abs. 1 zweiter Satz und § 76) unerlässlich ist.

Unberührt bleiben – neben der Dienstaufsicht – auch die Zuständigkeiten der Präsidenten der Gerichtshöfe erster Instanz nach dem Gebührenanspruchsgesetz, BGBl. Nr. 136/1975, und dem Gerichtlichen Einbringungsgesetz, BGBl. Nr. 288/1962.

Zu den Angelegenheiten der Justizverwaltung gehören auch die Personalangelegenheiten.

Berichtsaufträge und Berichte in Angelegenheiten der Justizverwaltung sind unter Nutzung der Möglichkeiten moderner Kommunikationstechnologie zu erstellen und weiterzuleiten.

Zu Z 5 (§ 89a GOG):

Die Erweiterung der Zustellmöglichkeiten der Gerichte, denen nun für elektronische Zustellungen subsidiär zum ERV auch die Zustellung durch elektronische Zustelldienste ermöglicht werden soll, soll guter Übersichtlichkeit halber in jener Bestimmung angesiedelt werden, die schon bisher die elektronische Zustellung (mit ERV) regelt.

Da die Zustellung über den ERV unter Bedachtnahme auf die Bedürfnisse der Gerichte in enger Verflechtung mit der Verfahrensautomation Justiz entwickelt wurde, soll sie auch die primäre elektronische Zustellart bleiben und die – im Einzelnen auch teurere – Zustellung über elektronische Zustelldienste ausdrücklich lediglich subsidiär erfolgen.

Zu Z 6 (§ 89c Abs. 6 GOG):

Mit § 89c Abs. 5 GOG werden Rechtsanwälte und Notare verpflichtet, Eingaben und im Original vorzulegende Beilagen im Grundbuchs- oder Firmenbuchverfahren, welche elektronisch eingebracht werden dürfen, nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten im elektronischen Rechtsverkehr (ERV) einzubringen. Diese Bestimmung hat sich in der Praxis bewährt und zu bedeutenden Einsparungen (Porto, Entfall von Dateneingaben, Manipulationsaufwand etc.) für die Justiz geführt.

Dieses Einsparungspotenzial des elektronischen Rechtsverkehrs soll nun auch in weiteren Bereichen genutzt werden. Könnten die 100 größten Nicht-ERV-Einbringer für den ERV gewonnen werden, wären Einsparungen von etwa 150.000 Euro pro Jahr möglich. Ein weiterer Schritt zum Ausbau des ERV soll nun durch Einführung einer dem § 89c Abs. 5 GOG nachgebildeten Verpflichtung für Banken und Versicherungen - die einen großen Teil der noch nicht elektronisch an die Gerichte übermittelten Eingaben an Gerichte ausmachen - getan werden.

Die Formulierung „nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten“ bezieht sich sowohl auf die IT-Ausstattung im Bereich der Justiz, als auch auf die technische Machbarkeit auf Seiten der Parteien. Zudem soll den Banken und Versicherungen durch den vorgesehenen späteren Inkrafttretenstermin Zeit für die entsprechenden Vorbereitungen eingeräumt werden.

Zu Z 7 (§ 89m GOG):

Österreichische Unternehmen bzw. Verbände im Sinne des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes, BGBl. I Nr. 151/2005, benötigen insbesondere für die Beteiligung an Ausschreibungen im Ausland Bestätigungen, dass sie nicht nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz verurteilt wurden und dass kein Strafverfahren gegen sie anhängig ist. Derzeit werden - als Serviceleistung für die Wirtschaft - von der Zentralleitung des Bundesministeriums für Justiz solche „Negativ-Bestätigungen“ aus der Verfahrensautomation Justiz ausgestellt. Ohne diese Bestätigungen hätten österreichische Unternehmen eklatante Wettbewerbsnachteile im Ausland. Zwar ist im Jahr 2006 mit dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG) eine strafrechtliche Verantwortlichkeit von juristischen Personen und bestimmten Personengesellschaften ("Verbänden") eingeführt worden; Verbände können aber, wenn sie gerichtlich verurteilt worden sind, mangels rechtlicher Grundlagen nicht im Strafregister eingetragen werden. Es gibt bisher also für Verbände kein Pendant zur Strafregisterauskunft für natürliche Personen. Allerdings wären Strafregisterauskünfte allein für die dargestellten Zwecke österreichischer Unternehmen unzureichend, weil auch bestätigt werden soll, dass kein Strafverfahren (auch bei der Staatsanwaltschaft) anhängig ist.

Auf Grund der steigenden Anzahl derartiger Anfragen und im Interesse der Rechtssicherheit soll nun eine Regelung unmittelbar im GOG geschaffen werden. Auskünfte sollen auf Antrag eines Verbandes für diesen erteilt werden; Dritten soll die Auskunft nicht erteilt werden. Durch die Worte "aus dem elektronischen Register" soll klargestellt werden, dass es sich um eine bundesweite Abfrage handeln soll.

Die Erteilung der Auskünfte soll Aufgabe der Oberstaatsanwaltschaften sein. Um Zuständigkeitsfragen zu vermeiden, soll eine österreichweite Zuständigkeit jeder Oberstaatsanwaltschaft festgelegt werden, sodass sich die Verbände im Bedarfsfall an jede der vier Oberstaatsanwaltschaften wenden können.

Der Verweis auf § 50 Satz 2 StPO im zweiten Satz von Abs. 3 soll sicherstellen, dass unter jenen Voraussetzungen, in denen nach der StPO eine Information des Beschuldigten über das gegen ihn geführte Strafverfahren zu unterbleiben hat (Gefährdung von Ermittlungen), der Auskunft diese Information nicht entnommen werden kann (ähnlich wie in § 26 Abs. 5 DSG).

Der Mehraufwand der Justiz soll durch eine entsprechende Vergebührung ausgeglichen werden; die diesbezüglichen Regelungen sollen im Gerichtsgebührengesetz erfolgen.

Zu Z 8 (§ 98 Abs. 13 GOG):

Die Bestimmung enthält die erforderlichen Inkrafttretensregelungen.

Zu Artikel 33 (Änderungen des Rechtspraktikantengesetzes)

Zu Z 2, 3 und 4 (§ 5 RPG):

Die der Gerichtspraxis soll künftig grundsätzlich nur mehr fünf Monate (bei maßvoll vermindertem Ausbildungsbeitrag) dauern. Die konkreten Anpassungen dazu erfolgen in den Bestimmungen über die jeweiligen Berufserfordernisse (Rechtsanwaltsordnung, Rechtsanwaltsprüfungsgesetz, Notariatsordnung, Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979), auf die das RPG in Bezug auf den Anspruch auf Zulassung zur Gerichtspraxis verweist.

Im Hinblick auf diese Verkürzung der Dauer der Gerichtspraxis erscheint eine flexiblere Regelung der Verwendung sinnvoller; freilich soll die Ausbildung auch weiterhin (jedenfalls) beim Landesgericht und beim Bezirksgericht erfolgen.

Zu Z 6 (§ 6 Abs. 3 RPG):

Rechtspraktikanten sollen nach einer (nunmehr fünfmonatigen) Ausbildung bei Gericht unter sinngemäßer Anwendung dieses Bundesgesetzes (so wie schon jetzt bei einer Justizanstalt) auch beim Oberlandesgericht und beim Bundesministerium für Justiz ausgebildet werden können.

Zu Z 11 (§ 17 RPG):

Im ersten Ausbildungsmonat erfolgen erfahrungsgemäß hauptsächlich eine erste Einweisung und grundlegende Einschulung. Es erscheint daher, vor dem Hintergrund einer künftig grundsätzlich fünfmonatigen Gerichtspraxis gerechtfertigt, betraglich in etwa von vier Monaten (nach derzeitigen Ansätzen) auszugehen.

Zu den weiteren Änderungen im RPG:

Durch die Neufassung des § 1 Abs. 1 soll der Änderung der einschlägigen Berufsrechte durch Umstellung auf ein Studium des österreichischen Rechts als Berufs-, Ernennungs- oder Eintragungserfordernis (§ 2 Abs. 1 Z 4 RStDG, § 3 RAO, § 2 Abs. 1 RAPG§ 6a NO, Anlage 1 Z 1.17 BDG 1979) Rechnung getragen werden. Einen Rechtsanspruch auf Zulassung zur Gerichtspraxis im Sinne des § 2 Abs. 1 RPG hat also, wer – abgesehen von sonstigen Zulassungsvoraussetzungen – nachweislich im Sinne der genannten Bestimmungen die wissenschaftliche Berufsvorbereitung, also ein österreichisches Studium der Rechtswissenschaften, ein Studium des österreichischen Rechts oder ein gleichwertiges Studium für einen Beruf erfolgreich abgeschlossen hat, für den die Gerichtspraxis gesetzlich als Berufs-, Ernennungs- oder Eintragungserfordernis vorgesehen ist. Dieses Studium des österreichischen Rechts muss nicht unbedingt an einer österreichischen Universität absolviert worden sein. Hingegen ist für die fakultative Zulassung zur Gerichtspraxis gemäß § 25 auf ein rechtswissenschaftliches Studium abzustellen, das den gesetzlichen Berufs-, Ernennungs- oder Eintragungserfordernissen für die wissenschaftliche Berufsvorbereitung nicht genügt, also kein „Studium des österreichischen Rechts“ ist.

Des Weiteren soll dem Inkrafttreten des Strafprozessreformgesetzes mit 1. Jänner 2008 (vgl. etwa die gleichlautenden Anpassungen in § 102 Abs. 6 RStDG, § 94 Abs. 2 Z 3 BDG 1979) mit der geänderten Stellung der Staatsanwaltschaften im Ermittlungsverfahren Rechnung getragen werden. Weiters fehlt bisher unter den Meldepflichten des § 11 jene, die sich auf den Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z 1 RPG bezieht. Mit der Neuformulierung des § 12 Abs. 5 soll klargestellt werden, dass es sich hier nicht nur um neue, sondern auch um bloß neu hervorgekommene Tatsachen handeln kann. Andernfalls bestünde in einem Fall, bei dem ein bereits vorliegender Ausschließungsgrund im Zeitpunkt der Zulassung womöglich ohne jedes Verschulden nicht bekannt war, keinerlei Handhabe.

Hinsichtlich der Änderungen der Notariatsordnung, der Rechtsanwaltsordnung und des Rechtsanwaltsprüfungsgesetzes wird auf die Erläuterungen zu Art. 32 sowie auf Art. 13, 14 und 15 verwiesen.

Zu Artikel 34 (Änderungen des Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetzes)

Hinsichtlich der Verkürzung der Dauer der Gerichtspraxis wird auf die Erläuterungen zu Artikel 32 verwiesen.

Die Einsatzmöglichkeiten für Richteramtsanwärter nach Ablegung der Richteramtsprüfung werden flexibler gestaltet (wie z.B. Anträge, Parteienverkehr, Ermittlungsverfahren), verdeutlicht und maßvoll ausgeweitet. Durch die Wortfolge „verstärkte Heranziehung“ in § 24 Abs. 2 Z 1 bis 3 wird zum Ausdruck gebracht, dass die Richteramtsanwärter auch bereits vor Ablegung der Richteramtsprüfung zu derartigen Tätigkeiten herangezogen werden.

Überdies sollen im RStDG bei Reihungskriterien zur Klarstellung die Bezugnahmen auf den Vorrückungsstichtag durch ein Abstellen auf die längere Dienstzeit als Richter und Staatsanwalt ersetzt werden. Hintergrund ist, dass auf Grund des Nebeneinanders unterschiedlicher Regelungsregime bei der Ermittlung des Vorrückungsstichtags im Gehaltsgesetz (Ermittlung ab dem 18. Lebensjahr bzw. künftig ab dem durchschnittlichen Ende der Schulpflicht) der Vorrückungsstichtag in Hinkunft an Aussagekraft verlieren wird; seine Heranziehung könnte zu Missverständnissen führen.

Den Richtern und insbesondere Staatsanwälten soll im Rahmen der dienstlichen Möglichkeiten und nach Bedarf ermöglicht werden, ihre wirtschaftlichen Kenntnisse durch Praktika bei Unternehmen oder wirtschaftsnahen Einrichtungen zu vertiefen. Während der Dauer dieser Praktika (Dienstzuteilungen) soll jedoch nicht ihre dienst- und besoldungsrechtliche Stellung berührt werden.

Weiters sind Begleitreglungen für die neue Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) zu treffen. Die Gelegenheit wird dazu benützt, um die WKStA im RStDG zu verankern:

             - Im § 175 Abs. 1 Z 5 und 6 wird jeweils der Begriff "Korruptionsstaatsanwaltschaft" durch den Begriff "Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA)" ersetzt;

             - Im § 190 Abs. 2 lit. d bis f wird jeweils der Begriff "Korruptionsstaatsanwaltschaft" durch den Begriff "WKStA" ersetzt;

             - Im § 197 Abs. 1 wird in der Gehaltsgruppe II jeweils der Begriff "Korruptionsstaatsanwaltschaft" durch den Begriff "WKStA" ersetzt;

             - Die Überschrift des 204a lautet künftig: "Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA)";

             - Im § 204a Abs. 1 wird  jeweils der Begriff "Korruptionsstaatsanwaltschaft" durch den Begriff "WKStA" ersetzt.

Zu Artikel 35 (Änderungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979)

Auf die Erläuterungen zu Artikel 32 wird verwiesen.

Zu Artikel 36 (Änderungen des Staatsanwaltschaftsgesetzes)

Richteramtsanwärtern, die die Richteramtsprüfung erfolgreich abgelegt haben, soll künftig auch die Vertretung der Anklage vor dem Landesgericht als Schöffengericht sowie die Vertretung im Rechtsmittelverfahren vor dem Oberlandesgericht übertragen werden können.

Zu Artikel 37 (Bundesgesetz zur Rückführung der Kühlgeräteentsorgungsbeiträge der Konsumenten)

Die Kühlgeräte-Verordnung (BGBl 1992/408) sah zum Zweck der Entsorgung von Kühlgeräten eine Verpflichtung zur Einhebung eines Pfandbetrags beim Verkauf von Kühlschränken vor.

Um diese zu vermeiden, richtete die Branche im Einklang mit der Verordnung ein flächendeckendes Entsorgungsgutschein- bzw. Entsorgungsanzahlungssystem ein, das vom Verein Umwelt-Forum-Haushalt-Kühlgeräteverwertung und dessen Umwelt-Forum-Haushalt-GmbH (UFH-GmbH) betrieben wurde. Die Käufer von Kühlschränken leisteten darin (über die Verkäufer) Zahlungen an die UFH-GmbH, die dafür die Verpflichtung zur Entsorgung des Kühlschranks bzw. der Sicherstellung der Entsorgung unter Anrechnung der geleisteten Zahlung übernahm. Dieses System wurde mit der Umsetzung der Elektroaltgeräte-Richtlinie (RL 2002/96/EG, ABl. 2003 L 37/24) durch die Elektroaltegeräte-Verordnung (BGBl II 2005/121) obsolet, weil seit diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf kostenlose Entsorgung bestand. Dadurch blieb das eingenommene und (großteils) noch nicht verwendete Geld bei der UFH-GmbH übrig. Seither bestehen zwar bereicherungsrechtliche Ansprüche der Käufer auf Rückzahlung der geleisteten Beträge direkt gegenüber der UFH-GmbH oder gegenüber dem jeweiligen Verkäufer, der seinerseits einen entsprechenden Anspruch gegenüber der UFH-GmbH geltend machen kann, doch solche Forderungen wurden bisher kaum gestellt. Von einem konkludenten Forderungsverzicht kann aber generell nicht ausgegangen werden, und die Ansprüche sind auch nicht verjährt. Die UFH-GmbH wurde inzwischen von ihrem Alleingesellschafter, dem Verein UFH, in eine Privatstiftung eingebracht, die neben der umweltgerechten Entsorgung von Hausgeräten auch eine Reihe anderer Zwecke verfolgt, darunter die Finanzierung von Unternehmen und Betrieben.

Ausgangspunkt des vorgeschlagenen Gesetzesentwurfs ist die Überlegung, dass es bei den in der Privatstiftung angesammelten Geldern um Mittel handelt, die von Konsumenten geleistet wurden und hinsichtlich derer der Zweck der Verwendung – nämlich die Entsorgung der Kühlgeräte – weggefallen ist. Eine Übertragung der Gelder an die Republik Österreich erscheint vor diesem Hintergrund sachlich gerechtfertigt und erforderlich,  da nur auf diese Weise sichergestellt werden kann, dass diese zweckentsprechend – nämlich zur Förderung des Verbraucherschutzes – verwendet werden. Die gesetzliche Regelung ist auch deshalb erforderlich, weil – wie die Erfahrung gezeigt hat - die meisten Konsumenten ihre diesbezüglichen Ansprüche nicht geltend machen.

Kompetenzgrundlage ist Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Zivilrecht).

Ergänzend zur Übertragung des Rückzahlungsanspruchs ist eine Haftung der GmbH und der Privatstiftung vorgesehen. Durch die Möglichkeit eines Freibeweises werden bisherige gutgläubige Dispositionen dieser Rechtsträger geschützt.

Weiters ist normiert, dass für den Fall, dass Konsumenten ihre Forderung auf Rückzahlung des Entsorgungsbeitrags stellen, die Republik Österreich Kühlschrankkäufern gegenüber die Rückzahlungsverpflichtung übernimmt.

Der Rechnungslegungsanspruch ist erforderlich, um die genaue Höhe der in der Privatstiftung befindlichen Gelder festzustellen. Um die Verjährung der angelaufenen Zinsen zu verhindern, wurde die Anwendung von § 1480 ABGB ausgeschlossen.