Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll8. Sitzung / Seite 26

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Österreich geht, was Reaktionsgeschwindigkeit und Konsequenz betrifft, mit sehr gu­tem Beispiel voran. Speziell unsere beiden bereits beschlossenen und zum Teil auch in Umsetzung befindlichen Konjunkturpakete nehmen vieles von dem vorweg, was künftig von den Mitgliedstaaten verlangt wird. Österreich kann daher sehr selbstbewusst auch von anderen Staaten ein ähnlich entschlossenes und wirksames Vorgehen verlangen, denn der Mehrwert, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch für unsere Maß­nahmen entsteht gerade erst durch die Koordinierung der nationalen Maßnahmen. Es sind gemeinsame Probleme, die nur gemeinsam bestmöglich gelöst werden können.

Insgesamt zeigt die Krise, dass jene die richtigen Konzepte haben und auch immer hatten, die nicht einem schrankenlosen Marktmechanismus das Wort reden, sondern verbindliche Regeln, Kontrollen und soziale Mindeststandards einfordern – als Rah­men, innerhalb dessen die Marktwirtschaft funktionieren kann und nicht letztendlich in sich zusammenbricht. Insofern kann diese Krise auch eine Chance sein, wenn jetzt die richtigen Schlüsse gezogen werden. Antizyklische Konjunkturpolitik ist eben nicht ein Relikt aus der politischen Mottenkiste, wie gerade uns Sozialdemokratinnen und Sozi­aldemokraten immer vorgeworfen wurde, sondern das Konzept, das am wenigsten kri­senanfällig ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Das erkennen jetzt – spät, aber doch – erfreulicherweise immer mehr als konservativ und wirtschaftsliberal einzustufende Persönlichkeiten des politischen Lebens. Wenn etwa EU-Kommissionspräsident Barroso vom „Rezessionsteufelskreis“ spricht und von der Kommission nicht nur geduldet, sondern sogar dazu aufgerufen wird, konjunktur­belebende Maßnahmen zu setzen, auch wenn Haushaltsdefizite in Kauf genommen werden müssen, dann ist das ein Zeichen für eine deutliche Kurskorrektur.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Älteren unter Ihnen erinnern sich viel­leicht noch daran, was Kreisky etwa an Schelten einstecken musste für den Aus­spruch, dass ihm ein paar Millionen Schilling Schulden weniger schlaflose Nächte be­reiten als ein paar tausend Arbeitslose mehr. Das sollte man sich auch wieder in Erin­nerung rufen. (Rufe bei der ÖVP: Das ist eine gefährliche Drohung!) – Das ist keine ge­fährliche Drohung. Ich rufe hier ganz besonders zur Erinnerung an vergangene Zeiten und vergangene Aussagen auf.

Ich begrüße auch ausdrücklich die ausgewogene Sicht der Bundesregierung im Be­reich der Klimaschutzpolitik. Es hat überhaupt keinen Sinn, Standortverlagerungen zu provozieren (Abg. Dr. Haimbuchner: Aber beim Cross-Border-Leasing haben Sie schon zugestimmt!), die bei uns Arbeitsplätze kosten, wenn anderswo vielleicht noch umweltschädigender produziert wird, noch mehr Emissionen produziert werden, die letztendlich unser gemeinsames Klima schädigen. Wir haben nur diese eine Welt, und diese Welt sollten wir auch gemeinsam schützen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Schüssel zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


9.34.43

Abgeordneter Dr. Wolfgang Schüssel (ÖVP): Frau Präsidentin! Hohes Haus! In­nerhalb weniger Monate ist tatsächlich ein massiver Absturz der Weltbörsen und der Weltwirtschaft zu verzeichnen gewesen. Die Börsen haben allein in diesem Jahr 23 000 Milliarden Dollar an Wert verloren, die Banken global fast 3 Billionen Dollar. Da ist eine tödliche Mischung innerhalb einiger Monate zusammengekommen: Auf der einen Seite gab es massive Preissteigerungen bei den Rohstoffen, bei Erdöl eine sol­che auf 150 Dollar pro Barrel, die Inflation ist angestiegen, wir haben eine Kreditver­knappung, einen Credit Crunch, zu verzeichnen gehabt – und natürlich hat das auf die


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