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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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11. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 22. Jänner 2009

 

 


Stenographisches Protokoll

11. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode       Donnerstag, 22. Jänner 2009

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 22. Jänner 2009: 9.05 – 20.16 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über den Antrag 155/A der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes­ministeriengesetz 1986 geändert wird (Bundesministeriengesetz-Novelle 2008)

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Privatfernsehgesetz und das Privatradiogesetz geändert werden

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Mediengesetz geändert wird

4. Punkt: Bericht über den Antrag 314/A der Abgeordneten Jakob Auer, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem eine vorläu­fige Vorsorge für das Finanzjahr 2009 getroffen wird (Gesetzliches Budgetproviso­rium 2009)

5. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Ge­setzbuch geändert wird (18/A)

6. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Zivil­pakt (ZIP-G) geschaffen sowie das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Miet­rechtsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz, die Zivilprozessordnung, das Allgemei­ne Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Gewerb­liche Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsge­setz, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung, die Bundesabgabenordnung, das Verwaltungsstrafgesetz, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz, die Jurisdikti­onsnorm, das Einkommensteuergesetz, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (Fremdenrechtspaket 2005), das Asylgesetz 2005 (Fremdenrechtspaket 2005), das Fremdenpolizeigesetz 2005 (Fremdenrechtspaket 2005) geändert wird (19/A)

7. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfas­sungsgesetz und das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert werden (31/A)

8. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthalts-


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gesetz, das Asylgesetz 2005 und das Fremdenpolizeigesetz 2005 geändert werden (Bleiberechtsgesetz – 2008) (32/A)

9. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert und ein Bundesgesetz, mit dem ein Gesetz über die Instandsetzung und Fürsorge jüdischer Friedhöfe erlassen wird (33/A)

10. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die Höhe des existenzsichernden Min­destlohnes (Mindestlohngesetz) (34/A)

11. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Gesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl I 2005/100, idF BGBl Nr. 4/2008, geändert wird (35/A)

12. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Waffengesetz 1996 geändert wird (36/A)

13. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur sozialen Absicherung von Künstlerinnen und Künstlern geschaffen und das geltende Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz (K-SVFG) aufgehoben wird (64/A)

14. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz, das Klub­finanzierungsgesetz und das Publizistikförderungsgesetz geändert werden (Förderung der Beteiligung von Frauen in der Politik) (73/A)

15. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staatsanwalt­schaft Klagenfurt (GZ 12 St 114/08p) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Gabriel Obernosterer

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 12

Ordnungsruf ................................................................................................................... 51

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwor­tung 182/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung .................................................................................................... 37

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung         143

Redner/Rednerinnen:

Gerald Grosz ............................................................................................................... 144

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ... 148

Staatssekretär Dr. Josef Ostermayer ................................................................... ... 150

Wolfgang Großruck ................................................................................................ ... 152

Mag. Dr. Manfred Haimbuchner ........................................................................... ... 154


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Mag. Gernot Darmann ........................................................................................... ... 155

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 157

Antrag der Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen auf Nichtkenntnisnahme der Anfragebeantwortung 182/AB – Ablehnung .......................................................... 157, 158

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwor­tung 175/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung .................................................................................................... 37

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung         158

Redner/Rednerinnen:

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................ ... 159

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................ ... 161

Gerhard Steier ......................................................................................................... ... 164

Franz Glaser ............................................................................................................ ... 165

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ... 167

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ... 168

Mag. Christiane Brunner ....................................................................................... ... 169

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 37

Mitteilung der Präsidentin Mag. Barbara Prammer betreffend Umbau des Na­tionalratssitzungssaals           ............................................................................................................................... 44

Antrag des Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler im Sinne des § 18 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Anwesenheit des Bundeskanzlers – Ablehnung .................................................  147, 148

Wortmeldungen in diesem Zusammenhang:

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ... 147

Karlheinz Kopf ........................................................................................................ ... 148

Fragestunde (1.)

Bundeskanzleramt ....................................................................................................... 12

Kai Jan Krainer (4/M); Peter Haubner, Gerhard Huber, Mag. Werner Kogler, Bernhard Themessl

Erwin Hornek (2/M); Mag. Rainer Widmann, Mag. Christiane Brunner, Ing. Nor­bert Hofer, Petra Bayr

Dr. Johannes Hübner (1/M); Mag. Elisabeth Grossmann, Mag. Karin Hakl, Ing. Peter Westenthaler, Mag. Ulrike Lunacek

Josef Bucher (7/M); Dieter Brosz, Harald Vilimsky, Dr. Josef Cap, Dr. Peter Sonnberger

Mag. Alev Korun (6/M); Lutz Weinzinger, Angela Lueger, Ing. Norbert Kapeller, Mag. Ewald Stadler

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 12

Ausschüsse

Zuweisungen .................................  31, 183, 188, 194, 199, 205, 210, 215, 219, 224, 230


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Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 155/A der Ab­geordneten Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird (Bundesministeriengesetz-Novelle 2008) (39 d.B.)           ............................................................................................................................... 37

Redner/Rednerinnen:

Mag. Harald Stefan ................................................................................................. ..... 38

Dr. Peter Wittmann ................................................................................................. ..... 39

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ..... 41

Mag. Wilhelm Molterer ........................................................................................... ..... 44

Mag. Daniela Musiol ............................................................................................... ..... 46

Staatssekretär Dr. Josef Ostermayer ................................................................... ..... 47

Mag. Elisabeth Grossmann ........................................................................................ 49

Ing. Christian Höbart .................................................................................................... 49

Karl Donabauer ....................................................................................................... ..... 51

Ursula Haubner ....................................................................................................... ..... 53

Dr. Günther Kräuter ............................................................................................... ..... 57

Dieter Brosz ............................................................................................................. ..... 59

Dr. Peter Sonnberger ............................................................................................. ..... 61

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ..... 62

Johann Singer ......................................................................................................... ..... 63

Mag. Dr. Martin Graf ............................................................................................... ..... 64

Mag. Gertrude Aubauer ......................................................................................... ..... 68

Anneliese Kitzmüller .............................................................................................. ..... 68

Carmen Gartelgruber ............................................................................................. ..... 69

Mario Kunasek ........................................................................................................ ..... 70

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kolle­gen betreffend die Freiwilligenpolitik – Ablehnung .................................................................................  56, 73

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bündelung der Forschungskompetenzen in einem Minis­terium – Ablehnung ........  67, 74

Entschließungsantrag der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines eigenständigen Familienministeriums – Ablehnung ....................  72, 74

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umbenennung des Bundesministeriums für Landesver­teidigung – Ablehnung .....  71, 74

Annahme des Gesetzentwurfes ..................................................................................... 73

2. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (19 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Privatfernsehgesetz und das Privatradio­gesetz geändert werden (40 d.B.)                       74

Redner/Rednerinnen:

Mag. Harald Stefan ................................................................................................. ..... 74

Dr. Peter Wittmann ................................................................................................. ..... 77

Stefan Petzner ......................................................................................................... ..... 78

Karlheinz Kopf ........................................................................................................ ..... 79

Dr. Johannes Hübner ............................................................................................. ..... 80

Dieter Brosz ............................................................................................................. ..... 82

Staatssekretär Dr. Josef Ostermayer ................................................................... ..... 84


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Herbert Scheibner .................................................................................................. ..... 86

Stefan Prähauser .................................................................................................... ..... 88

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ...................................................................................... ..... 89

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 92

Mag. Daniela Musiol ..................................................................................................... 94

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dieter Brosz, Dr. Josef Cap, Karl­heinz Kopf, Mag. Harald Stefan, Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen betreffend einen freiwilligen Verzicht auf Unterbrecherwerbung der Privatfern-
seh- und Privatradiobetreiber bei Kindersendungen und Kinderfilmen – Annah-
me (E 9) ...................................................................................................................  85,
96

Annahme des Gesetzentwurfes ..................................................................................... 95

3. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (20 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Mediengesetz geändert wird (41 d.B.) ............................................................ 96

Redner/Rednerinnen:

Angela Lueger ......................................................................................................... ..... 97

Gabriel Obernosterer ............................................................................................. ..... 98

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ..... 98

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ..... 99

Dieter Brosz ................................................................................................................ 104

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 104

4. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 314/A der Abge­ordneten Jakob Auer, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem eine vorläufige Vorsorge für das Finanzjahr 2009 getrof­fen wird (Gesetzliches Budgetprovisorium 2009) (35 d.B.) ..... 105

Redner/Rednerinnen:

Alois Gradauer ........................................................................................................... 105

Jakob Auer .............................................................................................................. ... 106

Josef Bucher ........................................................................................................... ... 125

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ... 126

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ... 127

Staatssekretär Dr. Reinhold Lopatka ................................................................... ... 131

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ................................................................................ ... 132

Lutz Weinzinger ...................................................................................................... ... 134

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................ ... 135

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ... 135

Franz Eßl .................................................................................................................. ... 139

Bernhard Themessl ................................................................................................ ... 140

Heidrun Silhavy ....................................................................................................... ... 141

Oswald Klikovits ..................................................................................................... ... 142

Franz Kirchgatterer ...........................................................................................  143, 171

Gerhard Steier ......................................................................................................... ... 172

Marianne Hagenhofer ............................................................................................. ... 173

Ing. Mag. Hubert Kuzdas ........................................................................................ ... 174

Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ... 175

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Modifizierungen des „Bankenrettungspaketes“ in Hinblick auf Fremdwährungskredite – Ablehnung          137, 177

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 176


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 6

5. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürger­liche Gesetzbuch geändert wird (18/A)                         177

Redner/Rednerinnen:

Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................. 177

Sonja Ablinger ............................................................................................................ 179

Mag. Heribert Donnerbauer ................................................................................... ... 180

Dr. Gerhard Kurzmann .......................................................................................... ... 181

Stefan Petzner ............................................................................................................ 182

Zuweisung des Antrages 18/A an den Justizausschuss ............................................. 183

6. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Zivilpakt (ZIP-G) geschaffen sowie das Allgemeine bürgerliche Gesetz­buch, das Mietrechtsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz, die Zivilprozess­ordnung, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversiche­rungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kran­ken- und Unfallversicherungsgesetz, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessord­nung, die Bundesabgabenordnung, das Verwaltungsstrafgesetz, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz, die Jurisdiktionsnorm, das Einkommensteuer­gesetz, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (Fremdenrechtspaket 2005), das Asylgesetz 2005 (Fremdenrechtspaket 2005), das Fremdenpolizeige­setz 2005 (Fremdenrechtspaket 2005) geändert wird (19/A) ......... 183

Redner/Rednerinnen:

Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................. 183

Sonja Ablinger ........................................................................................................ ... 185

Mag. Bernd Schönegger ........................................................................................ ... 186

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ... 186

Martina Schenk ....................................................................................................... ... 188

Zuweisung des Antrages 19/A an den Justizausschuss ............................................. 188

7. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Na­tionalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert werden (31/A)             ............................................................................................................................. 188

Redner/Rednerinnen:

Dieter Brosz ................................................................................................................ 189

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 190

Mag. Dr. Beatrix Karl .............................................................................................. ... 191

Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ... 192

Zuweisung des Antrages 31/A an den Geschäftsordnungsausschuss ....................... 194

8. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Asylgesetz 2005 und das Fremdenpolizeigesetz 2005 ge­ändert werden (Bleiberechtsgesetz – 2008) (32/A) ... 194

Redner/Rednerinnen:

Mag. Alev Korun ..................................................................................................... ... 194

Angela Lueger ......................................................................................................... ... 195

Günter Kößl ............................................................................................................. ... 196

Lutz Weinzinger ...................................................................................................... ... 197

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ... 197

Zuweisung des Antrages 32/A an den Ausschuss für innere Angelegenheiten .......... 199


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 7

9. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert und ein Bundesgesetz, mit dem ein Gesetz über die Instandsetzung und Fürsorge jüdischer Friedhöfe erlassen wird (33/A)                                                                                                                                                            199

Redner/Rednerinnen:

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .................................................................................. 199

Mag. Christine Lapp ............................................................................................... ... 201

Mag. Katharina Cortolezis-Schlager .................................................................... ... 201

Werner Neubauer .................................................................................................... ... 203

Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ... 203

Zuweisung des Antrages 33/A an den Verfassungsausschuss .................................. 205

10. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die Höhe des existenz­sichernden Mindestlohnes (Mindestlohngesetz) (34/A)    ............................................................................................................................. 205

Redner/Rednerinnen:

Mag. Birgit Schatz .................................................................................................. ... 205

Wolfgang Katzian .................................................................................................... ... 206

Barbara Riener ........................................................................................................ ... 208

Mag. Roman Haider ................................................................................................ ... 209

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 209

Zuweisung des Antrages 34/A an den Ausschuss für Arbeit und Soziales ................. 210

11. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Gesetz, mit dem das Niederlassungs- und Auf­enthaltsgesetz, BGBl I 2005/100, idF BGBl Nr. 4/2008, geändert wird (35/A) .................................................................................................................... 211

Redner/Rednerinnen:

Mag. Alev Korun ......................................................................................................... 211

Angela Lueger ......................................................................................................... ... 212

Nikolaus Prinz ......................................................................................................... ... 213

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ... 213

Ernest Windholz ...................................................................................................... ... 214

Zuweisung des Antrages 35/A an den Ausschuss für innere Angelegenheiten .......... 215

12. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Waffengesetz 1996 geändert wird (36/A) ................ 215

Redner/Rednerinnen:

Mag. Birgit Schatz .................................................................................................. ... 215

Mag. Johann Maier ................................................................................................. ... 216

Adelheid Irina Fürntrath-Moretti ............................................................................... 217

Ing. Norbert Hofer ...................................................................................................... 218

Christoph Hagen ........................................................................................................ 218

Zuweisung des Antrages 36/A an den Ausschuss für innere Angelegenheiten .......... 219

13. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesge­setz zur sozialen Absicherung von Künstlerinnen und Künstlern geschaffen und das geltende Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz (K-SVFG) aufgehoben wird (64/A) ............................................................................................................................ 219


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 8

Redner/Rednerinnen:

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ...................................................................................... ... 219

Ewald Sacher .......................................................................................................... ... 220

Silvia Fuhrmann ...................................................................................................... ... 221

Mag. Heidemarie Unterreiner ................................................................................ ... 222

Josef Jury .................................................................................................................... 223

Zuweisung des Antrages 64/A an den Kulturausschuss ............................................. 224

14. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteienge­setz, das Klubfinanzierungsgesetz und das Publizistikförderungsgesetz geändert werden (Förderung der Beteiligung von Frauen in der Politik) (73/A)         ............................................................................................................................. 224

Redner/Rednerinnen:

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................... 224

Sonja Ablinger ........................................................................................................ ... 225

Mag. Dr. Beatrix Karl .............................................................................................. ... 226

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 227

Martina Schenk ....................................................................................................... ... 228

Carmen Gartelgruber ............................................................................................. ... 229

Zuweisung des Antrages 73/A an den Gleichbehandlungsausschuss ........................ 230

15. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staats­anwaltschaft Klagenfurt (GZ 12 St 114/08p) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Gabriel Obernosterer (46 d.B.) ................................................................................................. 230

Annahme des Ausschussantrages .............................................................................. 230

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen betreffend notwendige Änderungen beim Rauchverbot in der Gastronomie (397/A)(E)

Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mediengesetz geändert wird (398/A)

Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einrichtung einer Verwaltungseinheit für Computersicherheit nach dem Muster des in der Bundsrepublik Deutschland bestehenden Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (399/A)(E)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer bundesweiten Skihelmpflicht bis zum 14. Lebensjahr (400/A)(E)

Barbara Riener, Renate Csörgits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Pensionsgesetz 1965 und das Bundesbahn-Pensionsgesetz ge­ändert werden (401/A)

DDr. Werner Königshofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend BAWAG-P.S.K. (402/A)(E)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erste-Hilfe-Ausbildung an Schulen (403/A)(E)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 9

Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zum Schutz und Erhalt der deutschen Sprache geschaffen wird (404/A)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderaktion Photovoltaik im Rahmen des Klimafonds (405/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung UVP-Gesetz (406/A)(E)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung und steuerliche Absetzbarkeit von Kunstsponsoring (407/A)(E)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Dienstrecht der Landeslehrer (Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetz – LDG 1984) geändert wird (408/A)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Dienstrecht der Beamten (Beamten-Dienstrechts­gesetz 1979 – BDG 1979) geändert wird (409/A)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Legalisierung des Kunstflu­ges für Hänge- und Paragleiten (410/A)(E)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend echte Demokratisierung im Schulwesen (411/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Halbierung der Mehrwert­steuer auf Energie aus erneuerbaren heimischen Ressourcen (412/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beschleunigung und Verein­fachung des Stromanbieterwechsels (413/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Basiskonten ohne Überzie­hungsrahmen (414/A)(E)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bündelung der For­schungskompetenzen in einem Ministerium (415/A)(E)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend bessere finanzielle Aus­stattung der Universitäten (416/A)(E)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzierung von Vor­ziehprofessuren an österreichischen Universitäten in der Höhe von 120 Millionen € (417/A)(E)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung Kollektivver­trag für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Universitäten (418/A)(E)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Finanzierung der Fachhochschulen (419/A)(E)

Hermann Krist, Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung und Weiterentwicklung der Anti-Dopingbestimmungen (420/A)(E)

Ing. Peter Westenthaler, Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluie­rung und Weiterentwicklung der Anti-Dopingbestimmungen (421/A)(E)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 10

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfas­sungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, geändert wird (422/A)

Mag. Johann Maier, Gabriele Tamandl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schutz von Kindern bei der Nutzung des Internet und anderer Kommunikationstechnologien (Safer Internet)“ (423/A)(E)

Renate Csörgits, Barbara Riener, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeitsmarktförderungsge-
setz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsge­setz 1977, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Land­arbeitsgesetz 1984 und das Beschäftigungsförderungsgesetz geändert werden (Be­schäftigungsförderungsgesetz 2009)
(424/A)

Karlheinz Kopf, Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem die Europawahlordnung und das Europa-Wählerevidenzgesetz geändert werden (425/A)

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Empfehlungen des Rech­nungshofes bezüglich staatliche Informations- und Werbemaßnahme (426/A)(E)

Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert wird (427/A)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die berufsmäßige Ausübung der Sozialarbeit (428/A)

Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorsteuerabzug für betrieblich genutzte Pkw (429/A)(E)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Ausstattung neuer Woh­nungen und Häuser mit Kaminen (430/A)(E)

Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einrichtung einer Ver­waltungseinheit für Computersicherheit nach dem Muster des in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (431/A)(E)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Ordnung von Unterricht und Erziehung in den im Schulorganisationsgesetz geregelten Schulen (Schulunterrichtsgesetz – SchUG) geän­dert wird (432/A)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines Kompetenz­zentrums für Luftfahrttechnik in der Region Aichfeld/Murboden (433/A)(E)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Unternehmensfinanzierungs­rettungspaket (434/A)(E)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen für mehr Anleger­schutz (435/A)(E)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend BZÖ-Investitionsanreizpaket (436/A)(E)

Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entfall der Sozialversicherungs­beiträge im Rahmen der Lehrlingsausbildung (437/A)(E)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 11

Anfragen der Abgeordneten

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Begrenzung des Anteils nicht deutschsprachiger Schülerinnen und Schüler an den oberösterreichischen Pflichtschulen auf 30 Prozent (713/J)

Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Drogentests beim österreichischen Bundesheer (714/J)

Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Aufklärung über die Kosten für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in Zusammenhang mit der Teilnahme österreichischer Soldaten an EUFOR/TCHAD/RCA (715/J)

Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Drogentests bei der österreichischen Exekutive (716/J)

Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Drogentests bei österreichischen Justizwachebeamten (717/J)

Peter Stauber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Feinstaubbelastung im Lavant­tal (718/J)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Südamerika-Reise von Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer (719/J)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft und Arbeit betreffend Cross-Border-Leasinggeschäfte der Verbundgesellschaft (720/J)

Mag. Rosa Lohfeyer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Förderung des Projekts „fairea-GmbH-gut so!“ (721/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Personalaufstockung der Polizeiinspektion Spittal/Drau (722/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend versandten Budgetvorschlag an das Bundesministerium für Inneres (723/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend versandte Budgetvorschläge an die Bundesministerien (724/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend versandten Budgetvorschlag an das Bundesministerium für Landes­verteidigung (725/J)

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffent­lichen Dienst betreffend Männerabteilung (726/J)

Anfragebeantwortung

des Präsidenten des Rechnungshofes auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen (274/AB zu 204/J)


09.05.02


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 12

Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neuge­bauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die Sitzung.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Mag. Muttonen, Pendl, Praßl, Herbert, Dr. Winter und Mag. Steinhauser.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Michael Spindelegger wird durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich sowie die Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter durch den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Dr. Johannes Hahn vertreten.

09.05.54Fragestunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Fragestunde.

Für die heutige Fragestunde wurde folgender Modus wie in der vergangenen Gesetz­gebungsperiode in der Präsidiale vereinbart: Die Fragestellungen durch die Damen und Herren Abgeordneten werden von den beiden Rednerpulten im Halbrund vorge­nommen, die Beantwortung durch den Herrn Bundeskanzler vom Rednerpult der Abge­ordneten.

Für die Haupt- und Zusatzfragesteller und -stellerinnen jeder Fraktion ist jeweils eine Minute Redezeit vorgesehen. Die Beantwortung der Hauptfrage durch den Herrn Bun­deskanzler soll 2 Minuten, jene der Zusatzfragen jeweils eine Minute betragen.

20 Sekunden vor Ende der jeweiligen Redezeit werde ich auf den Ablauf aufmerksam machen, und zwar durch ein kurzes Glockenzeichen, weil alle anderen Unterbrechun­gen in dieser kurzen Zeit nicht durchführbar sind. Ich werde also 20 Sekunden vor Ab­lauf der Redezeit kurz läuten und ersuche Sie alle, sich im Sinne der Effizienz an diese kurzen Redezeiten auch wirklich zu halten.

Ich beginne jetzt – um 9.07 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen.

Ich darf den Herrn Bundeskanzler bitten, sich am Rednerpult der Abgeordneten einzu­finden.

Bundeskanzleramt

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen nunmehr zur 1. Anfrage, das ist die des Herrn Abgeordneten Krainer an den Herrn Bundeskanzler. – Bitte.

 



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Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Guten Morgen, Herr Bundes­kanzler! Ich darf die Fragestunde mit der Hauptfrage eröffnen, die wahrscheinlich auch für die Bundesregierung und für das Parlament die wesentliche für die nächstkommen­den Monate und Jahre ist. (Unruhe im Saal.)

4/M

„Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung zur Belebung der Konjunktur?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Da ich bereits die Gelegenheit hatte, diese Frage in diesem Haus zu beantworten, möchte ich nur zusammenfassend sagen, dass durch das Zusammenwirken jener Maßnahmen, die wir vereinbart haben – Steuersenkung, Bankenpaket, Konjunkturprogramme, Stärkung des AWS, Forschungsmittel –, mit den Bundesländermaßnahmen immerhin ein Volumen von 8 Milliarden € erreichbar ist. Das ist ein Volumen, das mehr als 2 Prozent unseres BIP entspricht und damit in Europa an zweiter Stelle von der Bedeutung und von der Gewichtung her liegt. Gemessen werden dabei alle realistischen Faktoren, also nicht Doppel- oder Dreifachverrechnungen von bereits eingeplanten, sondern von tatsächlich vorgezogenen Maßnahmen. Das ist ein Volumen, das zeigt, dass die Kraftanstrengung hoch ist.

Trotzdem würde ich nicht behaupten, das alles reicht aus. Wenn man die wirtschaftli­che Entwicklung und die Zukunft der Entwicklung nicht genau vorhersagen kann, dann kann man seriöserweise auch die Antwort auf die Frage, ob diese Maßnahmen ausrei­chen, nicht vorhersagen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.

 


Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Bundeskanzler! Der Konjunkturexperte des Wifo, Marterbauer, hat eine plastische Rechnung angestellt. Er hat gesagt, wenn Österreich 1 Prozent des BIP in Form von öffentlichen Investitionen investiert, dann steigert das das Bruttoinlandsprodukt um zirka 1 Prozent und schafft 15 000 bis 20 000 Arbeitsplätze.

Wenn nicht nur Österreich das macht, sondern wenn das alle Länder der Europäischen Union im gleichen Ausmaß machen, dann hat das eine Auswirkung auf das BIP-Wachstum von 2 bis 3 Prozent beziehungsweise von zirka 40 000 Arbeitsplätzen für Österreich.

Es ist – wie ich denke – noch nicht so weit, dass in Europa alle Länder ähnliche Pro­gramme auflegen wie wir, aber die Deutschen haben jetzt nach längerem Zögern auch ein eigenes Konjunkturprogramm aufgelegt. Welche Auswirkungen wird das Ihrer Mei­nung nach auf Österreich haben?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Da mehr als 43 Prozent aller in Österreich herge­stellten Waren exportiert werden, der Großteil der Handelsbeziehungen, wie wir wis­sen, innerhalb Europas stattfindet und wir besondere wirtschaftliche Handelsbeziehun­gen zu Deutschland haben, ist für uns natürlich wichtig, dass die Diskussion auch dort zu einem ähnlichen Ergebnis führt, was mittlerweile nach anfänglichen kontroversiellen Diskussionen wie bei uns auch der Fall ist, und dass unsere Nachbarn oder unsere Haupthandelspartner ebenfalls darauf setzen, nicht abzuwarten, wie manche anfäng­lich versucht haben zu überlegen, sondern bereits die ersten Monate des Jahres zu nutzen, um Maßnahmen zu beschließen. Jeder von uns weiß ja, dass zwischen dem


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 14

Beschluss einer Maßnahme, der Umsetzung und der Wirkung ohnehin genug Zeit ver­geht, manches Mal zu viel Zeit.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Haubner, bitte.

 


Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Guten Morgen, Herr Bundeskanzler! Öster­reichs Unternehmen sind in einer sehr guten Verfassung und erfolgreich unterwegs, sie haben in den letzen Jahren gut gewirtschaftet. Wir in Österreich können, wie ich meine, stolz auf unsere Unternehmerinnen und Unternehmer sein, vor allem auf unsere KMUs. Sie bilden das Rückgrat der Wirtschaft, beschäftigen zwei Drittel der Personen und bilden 85 Prozent der Lehrlinge aus. Ich denke, in Krisenzeiten bedeutet diese Tatsache ein starkes Standbein. Wir haben eine Sonderstellung in Europa.

Meine Frage dazu: Wie wird sichergestellt, dass durch dies Konjunkturpakete auch tat­sächlich die Klein- und Mittelbetriebe profitieren?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Herr Abgeordneter, Sie wissen, die größten Sor­gen macht uns die Frage, ob das zusätzliche Partizipationsmodell für die Banken und damit die Eigenkapitalstärkung auch den gewünschten Erfolg haben wird, ob die Finan­zierung, die Kredite, die von kleineren und mittleren Betrieben benötigt werden, dann tatsächlich leichter und zu leistbaren Zinskonditionen erhältlich sein werden. Alles an­dere würde Auftragsbücher leeren und die Arbeitslosigkeit erhöhen.

Daher ist diese Anstrengung, mit den Banken diese Vereinbarungen zu schließen, voll im Gange. Es kann auch hier noch nicht endgültig beurteilt werden, ob das tatsächlich dazu führt, dass wieder ausreichend Finanzierung für kleine und mittlere Betriebe zur Verfügung steht. Das ist die Kernfrage in ganz Europa.

Es gibt kaum jemanden, der sich nicht die Frage stellt, ob nicht noch zusätzliche Mög­lichkeiten von Anleihen, ob nicht sozusagen eine „Bad Bank“ geschaffen werden soll­ten, ob nicht andere Maßnahmen gesetzt werden sollten, die helfen, die Finanzierung von Klein- und Mittelbetrieben rascher zu garantieren. Wir haben darauf gesetzt, 15 Milliarden € zur Verbesserung der Eigenmittel bereitzuhalten. Das ist entscheidend dafür, dass Kredite gegeben werden können.

Wir arbeiten an diesem Modell intensiv. Es gibt aber erst eine Bank, die das auch überwiesen bekommen hat. Daher lässt es sich noch nicht abschließend beurteilen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Huber.

 


Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Guten Morgen, Herr Bundeskanzler! Als ein­ziger Osttiroler Abgeordneter beschäftigt mich naturgemäß die wirtschaftliche Lage Westösterreichs. Deshalb alarmiert mich die Tatsache, dass die Firma Liebherr, der größte Arbeitgeber Osttirols, aufgrund der drohenden Auftragsrückgänge 1 500 Mitar­beiter in Kurzarbeit wird schicken müssen.

Nun meine Frage: Welche Alternativen zu den bestehenden Arbeitsmodellen sehen Sie für die österreichische Wirtschaft außer der von Ihnen angestrebten Flexibilisierung der Kurzarbeit?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Man muss wissen, dass die Nachfrage der Kon­sumenten und der Kunden durch nichts vom Staat wirklich ersetzbar ist. Die Frage in einzelnen Bereichen betrifft derzeit den Automotive-Bereich, weil er am stärksten betroffen ist. Ob so etwas wie eine Verschrottungs- oder Bonusprämie einen Sinn hat, diskutieren wir gerade intensiv. Ich denke, dass der Gedanke an einen direkten Ein-


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griff, der die Nachfrage von Kunden oder Konsumenten ersetzt, etwas ist, von dem man sich nicht zu viel versprechen soll.

Unsere Maßnahmen, auch für einzelne Betriebe, auch für Betriebe, die derzeit Kurzar­beit brauchen, bleiben politische Rahmenbedingungen, die für alle möglichst gleich sind. Und das sind Kaufkraftstärkung der Bevölkerung, Verbesserung der Kredit- und Finanzierungssituation der Betriebe und Ankurbelung der Konjunktur und nicht Einzel­hilfen für Betriebe, wo man manches Mal die staatlichen Möglichkeiten überschätzt. Daher sollte man auch nicht mehr versprechen, als man halten kann.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Kogler, bitte.

Ich habe die Bitte, die Zusatzfragen auch so zu stellen, dass der Herr Bundeskanzler eine Chance hat, sie in einer Minute zu beantworten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Wir stimmen ja überein, dass konjunkturpolitische Maßnahmen – das war ja die Inten­tion der Hauptfrage – dann welche sind und auch funktionieren, wenn sie relativ rasch greifen, aber nicht dann, wenn sie möglicherweise so lange verzögert sind, dass wir dann in den Aufschwung hinein investieren. Das wäre ja genau falsch.

Jetzt habe ich aber den Verdacht, dass Sie wirklich glauben, was Sie den Zeitungen erzählen! Ich stelle fest, wir sind mittlerweile bei 8 Milliarden € nach dieser Zeitungs­annonce. Es ist eine Aneinanderreihung von Hausnummern.

Ich frage Sie ganz konkret: Was von diesen angekündigten Maßnahmen ist schon in­vestiert? Wo ist schon etwas passiert? Und was steht in den nächsten Monaten unmit­telbar bevor und nicht erst Ende des Jahres oder 2010 oder gar 2011? Das würde nämlich genau schiefgehen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Erstens: Ihr Verdacht ist richtig, ich glaube, was ich sage. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie kennen den Umfang der Steuerreform, die bis Ende März so fixiert sein soll, dass eine Nachzahlung für die Bürger, rückwirkend mit 1. Jänner 2009, keine Woche ver­lieren lässt. Ich zähle Ihnen alle Maßnahmen auf, wenn Sie wollen. Mein Büro ist da sehr ordentlich und gibt mir immer alles mit. Ich weiß aber nicht, ob das in einer Minute möglich ist. Unterlagen über Maßnahmen für Familien, über Maßnahmen, die die AWS-Unterstützung für Betriebe verstärkt haben, über Maßnahmen der 15 Milliarden € Eigenkapitalstärkung von Banken, von denen erst eine abberufen hat und wo aktuelle Verhandlungen mit anderen Banken stattfinden, über das Vorziehen des Baus von Bahnhöfen und Schulen mit Listen, die ersichtlich machen, wo immer in Österreich diese Schulen früher gebaut werden als vorgesehen, kann ich Ihnen aber gerne zur Verfügung stellen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter The­messl.

 


Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Guten Morgen, Herr Bundeskanzler! Wir haben nicht nur heute, sondern auch in den letzen Wochen in mehreren Aussendun­gen von Ihnen gehört, wie wichtig Ihnen die Wirtschaftskrise ist, wie wichtig das Kon­junkturpaket ist. Das ist okay so.

Jetzt meine Frage an Sie: Sind Ihnen die Meinung und die Vorschläge der Opposition so unwichtig, dass Sie sich erlauben können, den dafür zuständigen Ausschuss, näm­lich den Wirtschaftsausschuss, der für wirtschaftliche Fragen und Energie zuständig


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wäre, erst fünf Monate nach der Angelobung der Abgeordneten, also Ende März, das erste Mal damit zu befassen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich organisiere nicht die Termine der Ausschüsse persönlich, kann Ihnen aber versprechen, dass es mir ein persönliches Anliegen ist, dass in diesem Haus so wie heute, so wie gestern, so wie die letzten Wochen ausrei­chend Raum geboten wird, die Vorschläge, die von der Opposition kommen, zu beur­teilen. Ich habe auch einen Termin angesetzt, ein Fünfparteiengespräch, das sowohl Einsparungspotenzial als auch Möglichkeiten für Ausgaben und damit für eine Ankur­belung der Konjunktur zum Inhalt hat.

Ich hoffe, Sie machen mich jetzt nicht zuständig für die Termingestaltung im Hohen Haus und dessen Ausschüsse.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nunmehr zur 2. Anfrage, der des Herrn Abgeordneten Hornek. – Bitte.

 


Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Einen schönen guten Morgen, Herr Bundeskanz­ler! Herr Bundeskanzler, aufgrund der Ereignisse, die es im Zuge der Gaskrise gege­ben hat, hat es viele Diskussionen gegeben, im Speziellen über die Reaktivierung von Reaktorblöcken.

Ich darf daher folgende Frage an Sie richten:

2/M

„Welche Initiativen werden Sie auf europäischer Ebene setzen, damit eine Reaktivie­rung gefährlicher Reaktorblöcke wie z.B. in Bohunice, Kosloduj und Ignalina ausge­schlossen werden kann?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich habe gemeinsam mit dem Wirtschaftsminister und dem Umweltminister sehr intensive Gespräche mit den Verantwortlichen der Slo­wakei betreffend Bohunice geführt, da der konkreteste Verdacht bestand, nachdem öf­fentliche Erklärungen uns in Sorge versetzt hatten, dass der Reaktor Bohunice reakti­viert wird. Wir – und auch ich – haben diese Gespräche mit dem Ministerpräsidenten genutzt, um die Frage zu stellen, ob vielleicht der Reaktor schon auf geringer Stufe in Betrieb genommen wurde. Es gibt ja, wie auch Oppositionsabgeordnete zu Recht dar­auf hingewiesen haben, verschiedene Stufen, auf denen man einen Reaktor aktiviert.

Daraufhin hat Ministerpräsident Fico angeboten, dass ein Beobachter des Umweltmi­nisteriums, ein Experte, vor Ort geladen wird, um sich vor Ort davon zu überzeugen, dass keinerlei – auch nicht auf unterster technischer Ebene – Inbetriebnahme vorberei­tet und nichts in Gang gesetzt wurde.

Das war mir sehr wichtig, und ich bin auch sehr froh darüber, dass der Experte umge­hend aufgebrochen und rasch wieder zurückgekommen ist und sein Bericht eine ein­deutige Antwort enthält, nämlich dass es zu keiner auch nur beginnenden Inbetrieb­nahme oder Vorbereitung der Inbetriebnahme gekommen ist, die technisch messbar wäre.

Somit ist also keine Vertragsverletzung erfolgt. Das ist ein wesentlicher Punkt für uns, der die Frage der Kernenergie, die Frage der Sicherheit, aber letztlich auch die Frage, wie viel denn ein Vertrag wert ist, beinhaltet. Daher scheinen mir diese Diskussionen eine besondere Bedeutung gehabt zu haben.


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Es zeigt aber, dass auch in unseren Nachbarländern eine intensive Diskussion stattfin­det, wie man die Energieversorgung sichern kann. Und auch wenn ich weiß, dass etwa ein Land eine Ausnahmeregelung für den Notfall hat, hoffe ich, dass die Energiever­sorgung so diversifiziert wird und man damit nicht nur von einer Energieform abhängig ist, dass die erneuerbaren Energien, die Maßnahmen der Energieeffizienz so durchge­setzt werden, dass es kein Land notwendig hat, auf Basis dessen eine Entscheidung zu treffen, ob die Stromversorgung im eigenen Land nicht mehr gewährleistet ist oder ein Reaktor in Betrieb genommen werden muss – noch dazu einer, der eigentlich aus Sicherheitsgründen und aufgrund von Bedenken hinsichtlich der Sicherheit abgeschal­tet wurde.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Widmann.

 


Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Guten Morgen, Herr Bundeskanzler! Ich wünsche Ihnen auch ein gutes Neues Jahr! Sie werden es brauchen, gerade bei der gescheiterten Atompolitik der letzten und der derzeitigen Regierung.

Der Nationalrat hat 2007 einstimmig beschlossen, eine Völkerrechtsklage gegen Tschechien einzubringen, um die Sicherheitsstandards dort durchzusetzen – 28,8 Me­ter-Bühne, Ventile. – Das ist nicht passiert, obwohl Sie im Regierungsprogramm auf Seite 79 verankert haben, dass diese „Bundesregierung alle rechtlichen Möglichkeiten zur Wahrung österreichischer Sicherheitsinteressen nutzen“ wird. – Das ist das eine.

Das Zweite ist EURATOM: Sie zahlen jährlich 40 Millionen € an die europäische Atom­lobby, um Hochrisikoreaktoren länger am Leben zu erhalten. 80 Prozent der Öster­reicher sagen, sie wollen raus aus EURATOM und diese Mittel für erneuerbare Energie einsetzen. Sie schreiben außerdem im Regierungsprogramm, dass Sie „gegen jede Art der Förderung der Kernenergienutzung“ eintreten werden.

Ich frage Sie daher: Welche konkreten Maßnahmen werden Sie ergreifen, um aus dem EURATOM-Vertrag auszusteigen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Danke, ich wünsche Ihnen auch alles Gute im Neuen Jahr und für das Neue Jahr! (Abg. Mag. Stadler: und an die Frau Gemahlin!) Ich möchte von der realistischen Perspektive ausgehen, denn ich neige dazu, bei einer Beantwortung immer auch die realistische Perspektive und den Grad der Umsetzung mit zu behandeln.

Zum Thema erneuerbare Energie gibt es in Europa eine Übereinkunft, dass bis zum Jahr 2020 der Anteil an erneuerbarer Energie 20 Prozent betragen soll. Das bedeutet für Österreich 34 Prozent und ist, wenn es in Europa umgesetzt wird – und man setzt sich Ziele, um sie umzusetzen – und wenn die Ernsthaftigkeit, die beim Beschluss vor­handen war, auch in der Umsetzung vorherrscht, ein engagiertes, richtiges Ziel.

Diesbezüglich haben wir in Österreich viel zu tun. Es haben aber auch viele andere Länder in der Diskussion gezeigt, dass es für sie nicht leicht ist, diese Zielvereinbarung einzugehen.

Anders ist die Frage der Atomenergie zu sehen: Da herrscht – wenn ich von drei Län­dern absehe – in allen Ländern eine andere Auffassung als die, die wir vertreten. – Im Gegenteil, es gibt, wie Sie wissen, Nachbarländer – sowohl innerhalb der Europäi­schen Union, wie etwa Slowenien, um jetzt nicht wieder die Slowakei zu nennen, oder natürlich auch große Länder wie Frankreich, als auch außerhalb der Europäischen Union, wie die Schweiz –, die ganz offen für den Ausbau von Atomenergie eintreten,


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die also unsere politische Meinung nicht teilen. Das senkt den Durchsetzungsgrad und erschwert die Möglichkeit der Durchsetzung.

Wenn EURATOM die Aufgabe hat, Atomenergie zu fördern, müssen wir entschieden dagegen auftreten. Wenn EURATOM sich umorientiert in Richtung Absicherung, Si­cherheitsauflagen und Suche nach alternativen Energien, dann findet das sicher unse­re Zustimmung.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Brunner, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Die Ereignisse im Energiebereich in den letzten Wochen haben die Diskussionen um die Atomkraft wieder aufflammen lassen – auch in Österreich, nicht zuletzt durch Ihren ehemaligen Finanzminister und auch aufgrund eines mangelnden Bekenntnisses zu den erneuerbaren Energien.

Meine Frage an Sie jetzt – die Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher lehnt ja Atomkraft ganz klar ab –: Was haben Sie im Bereich der Stromkennzeichnung vor? Welche Maßnahmen werden Sie setzen, damit für die Kundinnen und Kunden ganz klar ersichtlich und leicht verständlich wird, wie sich der Strommix der verschiedenen Anbieter tatsächlich zusammensetzt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Es wird sicher Aufgabe des Umweltministeriums sein, diese Verbesserung der Einschätzungsmöglichkeit, der Klarheit und der Informa­tion für die Konsumenten zu erreichen. Ihre Bemerkung, dass wir uns nicht ausrei­chend für erneuerbare Energie einsetzen, teile ich jedoch nicht, im Gegenteil: Ich bin davon überzeugt, dass zum Beispiel hinsichtlich Energieeffizienz sehr viel erreicht wurde. Ich sage das als jemand, der 13 Jahre lang in einer Landesregierung sehr viel für die Stadterneuerung getan hat und auch verantwortlich dafür war und daher auch das Potenzial an Energieeffizienz kennt. Man möge sich etwa den Unterschied zwi­schen einem Haus der siebziger Jahre und einem Niedrigenergiehaus, das wir heute bauen, anschauen.

Auch bei den Maßnahmen, die nachträglich noch möglich sind, die natürlich weit über Wohnbauten hinaus Bürobauten und vieles mehr betreffen, denke ich, dass wir sehr engagiert vorgehen müssen und das auch werden. Ich hoffe, dass wir Sie in diesem Punkt der erneuerbaren Energie noch überzeugen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Hofer, bitte.

 


Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Herr Bundeskanzler! Österreich ist leider von Risikoreaktoren umgeben – Temelín gehört dazu. Auch da stellt sich die Frage, was Verträge – nämlich das Melker Abkommen – tatsächlich wert sind.

Wir müssen aber auch erkennen, dass Österreich leider in hohem Ausmaß auch von Atomstromimporten abhängig ist. Das heißt, die Energiepolitik ist in diesem Sinn nicht wirklich ehrlich, wenn wir Kernkraft kritisieren und selbst importieren.

In welchem Zeitraum trauen Sie sich zu, Österreich durch eine kluge Energiepolitik endgültig von Atomstromimporten unabhängig zu machen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Da getraue ich mich seriöserweise nicht, Ihnen ein Datum zu nennen, sondern ich nenne Ihnen die Anstrengungen, die natürlich auch den Preis betreffen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 19

Ich war erst vor Kurzem in einem Tiroler Betrieb, der zu 100 Prozent Solartechnologie erzeugt und in diesem Bereich zu 100 Prozent exportiert, weil er keinen Absatzmarkt im eigenen Land vorfindet. Das zeigt, dass einerseits die Bereitschaft für den Einsatz von Solarenergie noch nicht ausreichend vorhanden ist, aber andererseits auch der Preis noch nicht ausreichend geklärt ist.

Ich habe dort in einer offenen Diskussion die Frage gestellt, ob es stimmt, dass die Experten sagen, der Preis der Erzeugung – immer gemessen an der Einheit – liegt bei der Solarenergie im Wesentlichen beim Doppelten unseres derzeitigen Energieprei­ses. – Nun, jeder Vergleich hinkt und jeder kann Ausnahmen nennen, aber im Wesent­lichen stimmt das.

Das heißt, wenn wir über das Ökostromgesetz eine Verteuerung für den Konsumenten erreichen, dann ist ein anderer Punkt, den wir verlangen, nämlich die Sozialverträglich­keit von Maßnahmen, nicht erreicht. Wir müssen also durch Forschung und Entwick­lung, durch mehr Flexibilität bei den Energiebetreibern und Verantwortlichen auf dem Energiesektor und durch eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit erreichen, dass die­se Energieformen schneller zu Bedeutung kommen. Dann brauchen wir auch weniger Importe. Und damit stellt sich dann Ihre Frage nicht mehr.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Bayr, bitte.

 


Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Schönen guten Morgen, Herr Bundeskanzler! Auf­grund der ausgebliebenen Gaslieferungen aus Russland hat ja Slowenien unter ande­rem erwogen, zwei der eben erst abgeschalteten Reaktorblöcke von Bohunice wieder in Betrieb zu nehmen, was alle Atomkraftgegner – sprich fast alle Österreicher und Österreicherinnen – sehr alarmiert hat, auch uns in der Politik. Sie haben ja Gespräche mit der Slowakei geführt, wie Sie erwähnt haben.

Mich würde interessieren: Wie denken Sie aufgrund der Erfahrungen aus den Gesprä­chen, die Sie geführt haben, wird sich die Sache Bohunice weiterentwickeln?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Wenn die Gaslieferungen jetzt wieder eine gewis­se Kontinuität und Verlässlichkeit aufweisen und damit die Energieversorgung unseres Nachbarlandes gesichert ist, dann bin ich felsenfest davon überzeugt, dass alle Beteu­erungen auch der Verantwortlichen dort, nicht daran zu denken, Bohunice in Betrieb zu nehmen, richtig sind.

Ich habe die Meinung nie geteilt, dass man die Gaskrise nutzen wolle, um vielleicht durch eine Diskussion das Ziel der Reaktivierung von Bohunice zu erreichen. Ich kann Ihnen aber natürlich nicht sagen, was passieren und wie jemand entscheiden würde, wenn die Energieversorgung in einem Nachbarland zusammenbräche oder diese Ge­fahr ernsthaft drohte und Lieferungen von umliegenden Ländern, also Ersatzprogram­me, nicht möglich wären.

Ministerpräsidentem Fico war es sehr wichtig, zu sagen, dass er sich ausschließlich für den Fall, dass es keine andere Möglichkeit einer Energieversorgung gäbe und auch keine Hilfe durch Österreich oder andere Länder möglich wäre, weil die technische Machbarkeit in der Verteilung und in der Infrastruktur nicht gegeben wäre, mit dieser Frage beschäftigen würde.

 


Ich weiß, dass wir auch dann nicht damit einverstanden sind, massiv dagegen auftre­ten werden und für die Gewährleistung der Einhaltung des Vertrages eintreten werden, aber ich wollte in aller Offenheit sagen, welches Motiv unser Nachbarland hatte, über­haupt darüber zu diskutieren.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 20

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage 1/M des Herrn Abge­ordneten Dr. Hübner an den Bundeskanzler. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Herr Bundeskanzler, die Einhaltung ge­gebener Versprechungen ist für die Glaubwürdigkeit unserer Demokratie und unseres Systems von großer Bedeutung. Nun haben Sie – Sie persönlich und die SPÖ – vor der letzten Wahl zugesagt, dass künftige Änderungen im EU-Vertragswerk einer Volks­abstimmung unterzogen werden.

Sie haben auch noch im Wahlkampf und vor der Wahl diesen Standpunkt gehalten. Am 26.9. haben Sie im Nationalrat neben anderen Fraktionen einem diesbezüglichen FPÖ-Antrag zugestimmt. Vor Weihnachten und gestern haben Sie aber entsprechenden An­trägen nicht mehr zugestimmt.

Ein Bruch einer solchen Zusage wäre zwar auch für die SPÖ schlecht, was uns weni­ger berührt, aber besonders schlecht wäre das für das österreichische politische Sys­tem und seine Glaubwürdigkeit, was uns mehr Sorge macht.

Deshalb unsere Frage:

1/M

„Wie wollen Sie als Bundeskanzler die Einlösung Ihres Wahlversprechens gewährleis­ten, dass zukünftige Änderungen der Verträge über die Europäische Union und über die Arbeitsweise der Europäischen Union, die die österreichischen Interessen berüh­ren, sowie die Ratifizierung eines geänderten Vertrages von Lissabon und insbesonde­re auch ein möglicher Beitritt der Türkei zur EU, durch eine Volksabstimmung in Öster­reich entschieden werden, zumal ein diesbezüglicher Antrag der FPÖ in der National­ratssitzung vom 3. Dezember 2008 von der SPÖ abgelehnt wurde?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich verstehe, dass es auch die Aufgabe einer Oppositionspartei ist, gerade bei solch einem Thema, über das auch in der Bevölke­rung viel diskutiert wird, ein bisschen den Eindruck zu erwecken, als hätten wir unsere Meinung geändert.

Die SPÖ hat ihre Meinung nicht geändert. Es gibt einen Beschluss, der in mehreren Punkten die Haltung zur Europäischen Union definiert, und dazu gehört auch, dass die SPÖ als Partei eindeutig – so wie ich das ja auch immer vertrete – der Meinung ist, es sollte für den Fall eines neuen Vertrages, einer Vertragsänderung, die die Interessen Österreichs berührt, eine Volksabstimmung stattfinden.

Nun ist die Frage, ob es ausreichend ist, diese Meinung als Partei zu haben, wenn der Koalitionspartner anderer Meinung ist. Das hängt davon ab, was passiert, wenn der Fall eintritt. Dann ist zu beurteilen, ob man die Gelegenheit hat, den Koalitionspartner zu überzeugen, oder nicht. Vorher ist das eine Diskussion, in der jeder die Möglichkeit hat, seine Argumente vorzubringen.

Sie wissen, dass im Koalitionsabkommen sehr bewusst nicht festgelegt wurde, dass wir auf diese Meinung, auf diese Haltung, auf diese Vorgangsweise verzichten. Es ist das Recht jeder Partei, eine eigenständige Meinung zu formulieren. Wenn der Fall ein­tritt, haben Koalitionsparteien dann – Koalitionsparteien grundsätzlich; ich meine das weit über diese Regierung hinaus – darüber zu befinden, wie sie vorgehen und wie sie ihrer Meinung Nachdruck verleihen wollen.


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Da dieser Fall heute nicht ansteht, ist heute im Parlament die Entscheidung darüber nicht zu treffen. Sollte so ein Fall anstehen, werden wir – so wie auch in der Zeit bis dahin – unsere Meinung vertreten. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Hübner, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Da es ja für die Wähler und Wählerinnen und für das österreichische Volk schlechthin vor allem angesichts der anstehenden Wahlvorgänge von gewisser Bedeutung ist, wie die Haltung der SPÖ ist: Wenn es Ihnen nunmehr im Falle einer neuerlichen Ratifizierung des Lissabon-Vertrages zufolge einer Änderung der irischen Haltung nicht gelingt, den Koalitionspartner von der Not­wendigkeit einer Volksabstimmung zu überzeugen, werden Sie dann die Volksabstim­mung fallen lassen oder den Koalitionspartner?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich glaube, Sie kennen meine Antwort; daher fällt es mir leicht, mich ganz kurz zu fassen. Ich werde unsere Meinung und meine Meinung in einem Diskussionsprozess engagiert vertreten und das Ende einer Diskussion dann bekannt geben, wenn das Ende da ist.

Zu Irland: Es ist ganz eindeutig, dass der Premierminister Irlands gesagt hat, er will gar kein neue Ratifikation. Das ist ein kleiner Unterschied zu dem, was auch manches Mal von dem ein oder anderen – nicht von Ihnen persönlich – in der Öffentlichkeit gesagt wird. Irland hat dezidiert festgehalten und, da lege ich Wert darauf, das auch im Europäischen Rat deutlich formuliert, wenn sie neu abstimmen – und das ist aus­schließlich eine Entscheidung Irlands, und ich bin auch der Meinung, niemand hat Irland dazu zu drängen; das ist eine Frage, die in Irland selbst zu beschließen ist –, dann ist ihrer Meinung nach keine neue Ratifikation notwendig. Die Punkte, die Irland und der irische Premierminister immer wieder nennen, sind Punkte der Interpretation, die nichts mit einer Ratifikation zu tun haben. Zumindest ist das der Standpunkt Irlands bis zur heutigen Stunde.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Grossmann, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Bundeskanzler, eine Volksab­stimmung ist eine Möglichkeit, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Europäische Union zu erhöhen. Welche weiteren Möglichkeiten sehen Sie, um das erklärte Ziel der Bundesregierung einer Vertrauensstärkung in die Europäische Union und ihre Institu­tionen zu erreichen, gerade angesichts der angespannten wirtschaftlichen Situation?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich sehe das in zwei Punkten: indem sich die Realität ändert, und zwar grundlegend, insbesondere im sozialen und bürgernahen Bereich. Das heißt, wenn sich die Realität ändert und die Menschen das Gefühl haben, dass die Europäische Union gerade in sozialen Fragen oder in Fragen der Bürgernähe auch gerechtfertigte Beschlüsse fasst, dann ändert sich auch die Wahrnehmung. – Das ist der eine Punkt.

Der andere Punkt ist, dass die Europäische Union in einigen Bereichen manchmal be­reits eine Aktivität setzt, die nicht bekannt genug ist oder die manche nicht gut genug bekannt machen. Da ist es dann natürlich unsere Aufgabe, meine Aufgabe, die Auf­gabe der Verantwortlichen, die Aufgabe des Außenministers, deutlich zu machen, wo die Stärken der Europäischen Union liegen.


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Ich sehe das also schon von zwei Seiten: Eine bessere Politik ermöglicht mehr Akzep­tanz, und eine klarere, bessere, deutlichere, geradlinigere Bekanntmachung von positi­ven Dingen der Europäischen Union gehört auf der anderen Seite auch dazu.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Hakl, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Herr Bundeskanzler, es war ja heute schon ein­mal ganz kurz die Frage, aber ich denke, es interessiert die Menschen sehr, deswegen noch einmal ganz konkret: Die ÖVP hat im Dezember 2004 mit der damaligen Bundes­regierung beschlossen, dass bei einem allfälligen Beitritt der Türkei zur EU die Bevöl­kerung jedenfalls die Letztentscheidung haben wird, und zwar im Rahmen einer Volks­abstimmung. Es würde mich ganz konkret interessieren, wie Sie und die jetzige Bun­desregierung dazu stehen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Der Beschluss, der erfolgt ist, ist auch der Stand­punkt der Bundesregierung heute. Da sind eine völlig gemeinsame Vorgangsweise und ein völlig gemeinsamer Standpunkt erkennbar. Wir haben immer einerseits unsere Be­denken und andererseits Auflagen zur Diskussion eines Beitritts der Türkei geäußert.

Auch da weiß niemand, wie sich diese Diskussion entwickeln wird, ob es überhaupt je zu diesem Tag kommen wird, an dem eine Volksabstimmung stattfinden würde. Auch da kann niemand hellsehen und sagen, das wird in eineinhalb Jahren sein – so wie das eben bei anderen Fragen auch der Fall ist, dass niemand den Zeitpunkt kennt, zu dem so etwas eintritt. Es herrscht in der Regierung jedoch völlige Übereinstimmung beider Parteien darüber, dass es, sollte so ein Zeitpunkt eintreten, zu einer Volksabstimmung kommen muss.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Ing. Westen­thaler, bitte.

 


Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Bundeskanzler, die deutsche Bundesregierung hat gestern durch ihren Außenminister verlauten lassen, dass sie bereit ist, Guantánamo-Häftlinge in Europa aufzunehmen. – Wir sind da gänzlich ande­rer Meinung. Wir sind der Meinung, dass trotz der Zustimmung zur Schließung von Guantánamo die Konsequenzen die USA zu tragen haben.

Wenn dort Häftlinge gefangen sind, bei denen es keine gesetzliche Grundlage für die Freiheitsberaubung gibt, müssen sie freigelassen werden. Wenn sie nicht in ihr Land reisen dürfen oder aus Menschenrechtsgründen nicht zurückkehren sollten, dann soll­ten sie in Amerika bleiben. Generell gilt für alle anderen, dass es überhaupt keinen Grund gibt, jemanden, der für die USA ein Sicherheitsrisiko darstellt, nach Europa zu holen, sozusagen ein Sicherheitsrisiko zu importieren.

Meine Frage daher: Werden Sie sich auf Ebene der Europäischen Union für oder ge­gen einen Aufnahme von Guantánamo-Häftlingen einsetzen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Das ist deshalb eine theoretische Frage, weil sie niemand gestellt hat. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf beim BZÖ: Eben passiert! Zuhören!)

Ohne Herrn Westenthaler unterschätzen zu wollen, aber: Weder für die Vereinigten Staaten von Amerika noch für die Europäische Union kann er Fragen stellen. – Unsere Haltung ist bekannt. Diese unterscheidet sich ja nicht von Ihrer grundsätzlichen Hal­tung. Wir haben immer gesagt, das ist eine Frage, die die Vereinigten Staaten zu lösen


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haben, aber es gibt auch keine Anfrage an uns, die wir zu bearbeiten hätten. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Lunacek, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Bundeskanzler, im Vertrag von Lis­sabon, über den die Grünen ja die Bevölkerung in einer europäischen Volksabstim­mung abstimmen lassen wollten, ist auch die Energiesolidarität verankert. Das ist ja etwas, was wir gerade in den letzten Tagen und Wochen sehr wichtig gefunden hätten und von dem wir wissen, wie notwendig das für Gesamteuropa wäre. Die Einzigen, die bisher wirklich solidarisch miteinander sind, sind die Vertreter der Atomlobby. Jetzt
war ich schon sehr erstaunt zu hören, dass Ihr Berater, der frühere Finanzminister Androsch, anscheinend auch zu denen gehört und sich für die Atomkraft ausgespro­chen hat.

Herr Bundeskanzler, werden Sie die gesamtösterreichische Linie des Neins zur Atom­kraft beibehalten? Was werden Sie vor allem tun, um in der EU endlich Verbündete zu finden? Es sind nämlich nicht nur drei Staaten, die gegen Atomkraft sind, sondern es sind insgesamt zehn, die noch keine Atomkraftwerke haben und wo es auch in den Regierungen so aussieht. Was werden Sie also tun, um sich endlich die nötigen Ver­bündeten in Europa gegen die Atomkraft zu suchen und zu holen, um gemeinsam aktiv zu werden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Unsere Linie bleibt konsequent. Wir sind gegen Atomenergie, auch wenn es in Österreich Politiker, Experten, ehemalige Politiker, viel­leicht auch aktive Politiker gibt, die anderer Meinung sind. (Abg. Mag. Lunacek: Ihr Be­rater!) – Ja, vielleicht auch in meiner Partei, vielleicht sogar der eine oder andere von Ihren Wählern, was weiß man in einer Gesellschaft, in der jeder das Recht auf eine eigene Meinung hat; es kann leicht passieren, dass jemand eine andere Meinung hat als wir oder als ich oder als wir beide. Das ändert aber nichts an unserem Standpunkt, an unserer Haltung, auch nicht an der Haltung der SPÖ, auch nicht an der Haltung der Bundesregierung.

Wir sind gegen Atomenergie und überzeugt davon, dass Atomenergie der falsche Weg ist, dass einerseits die Risiken, die Sicherheitsrisiken, die Fragen der Endlagerung un­gelöst sind und dass andererseits bei dieser Fülle an ungelösten Fragen und damit auch Sicherheitsbedenken Atomenergie die falsche Richtung aufzeigt. Es ist immerhin gelungen, bei der Zielsetzung von erneuerbarer Energie jene Atomlobbyisten in die Schranken zu weisen, die vorhatten, sogar unter dem Segel der erneuerbaren Energie Atomenergie irgendwie mit ins Boot zu holen. Die Zielsetzung dieser 20 Prozent-Gren­ze, die wir im Jahr 2020 erreichen wollen, ist selbstverständlich ohne Atomenergie.

Es gibt also immer wieder mehrere Länder, die sich zu Energieeinsparung und erneu­erbarer Energie bekennen, aber immer wenn wir Anträge stellen, grundsätzlich gegen den Bau von Atomkraftwerken zu sein oder sich grundsätzlich gegen Atomenergie aus­zusprechen oder gerade betreffend EURATOM-Vertrag etwa die Haltung völlig zu än­dern, dann sind wir oft schon froh, wenn wir drei Länder als Unterstützer finden.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Anfrage 7/M, das ist die des Herrn Abgeordneten Bucher. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Herr Bundeskanzler, meine Frage betrifft den Ös­terreichischen Rundfunk.


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7/M

„Der ORF befindet sich derzeit in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation – u.a. weil sein wirtschaftlicher Abgang 2008 100 Millionen Euro betragen hat und für das Jahr 2009 weitere 30 Millionen Euro Abgang prognostiziert sind. Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um einen leistungsfähigen öffentlichen Rundfunk zu sichern, der mit den Mitteln, die er erhält, auch auskommt?“

Wobei der ORF hofft, dass etwa 55 Millionen € aus dem Steuertopf als Ersatz für die Gebührenbefreiungen kommen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Auch ich bin davon überzeugt, dass das Manage­ment einen kurz-, mittel- und langfristigen Plan, ein Konzept mit sehr konkreten Maß­nahmen vorzulegen hat. Es gibt einen sogenannten ORF-internen Fahrplan, der für 23. Februar eine Finanzausschusssitzung festsetzt, in der dem Stiftungsrat dieses Strategie- und Strukturkonzept vorzulegen ist. Am 2. April findet eine Stiftungsrats­sitzung statt, in der dieses Strategie- und Strukturkonzept ebenfalls diskutiert und dann auch abgestimmt werden soll.

Also ohne tiefgreifende Änderungen bin auch ich sorgenvoll und sehe die Entwicklung nicht gesichert. Ich möchte allerdings die 100 Millionen € ein bisschen relativieren. 28 Millionen € etwa haben sich durch Sonderprojekte ergeben, durch die Übertragung der Olympischen Sommerspiele. Aber es gibt auch andere Punkte, nämlich dass um 27,4 Millionen € geringere Werbeerlöse und ein um 38,9 Millionen € geringeres Finanz­ergebnis erzielt wurden, was natürlich mit der allgemeinen Finanzmarktsituation zu tun hat, aber trotzdem zeigt, dass die Rücklagen des ORF, die es ja gibt, geringer werden.

Und jeder weiß, wenn man operativ ohnehin auch in den letzten Jahren keine Gewinne geschrieben hat und Rücklagen aufgebraucht werden, dass man in eine fatale Situa­tion geraten kann. Daher ist jetzt der richtige Zeitpunkt, eine derartige Situation zu ver­hindern. Ich möchte nicht, dass man wie bei der AUA dann plötzlich überrascht vor einer Situation steht, die man Jahre oder Monate vorher sehen hätte sollen oder kön­nen. Daher werde ich mich sehr dafür einsetzen, dass nicht nur der Fahrplan, sondern auch der Inhalt hält.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Klubobmann Bucher, bitte.

 


Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Wir nehmen mit Genugtuung zur Kenntnis, dass Sie den denselben Fehler, den Sie bei der AUA gemacht haben, nicht wiederholen wol­len, wo Sie ja bekanntlich der AUA 500 Millionen € aus Steuergeldern nachgeschos­sen, mit auf den Weg gegeben haben.

Sie haben von Strukturveränderungen gesprochen, die natürlich auch in personeller Hinsicht angedacht sind. Ihr Koalitionspartner sagt, der Herr Generaldirektor des ORF gehört gefeuert. Meine Zusatzfrage jetzt: Wird zukünftig davon auszugehen sein, dass es auch im ORF eine Proporzlösung gibt, das heißt rote und schwarze Direktoren?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Wenn der Fahrplan mit Finanzausschuss- und Stif­tungsratssitzung ein Strategie- und Strukturkonzept zum Inhalt hat, lässt sich zum heu­tigen Zeitpunkt nicht abschätzen, welche organisatorischen Änderungen notwendig und welche organisatorischen Änderungen, die dann zu beschließen wären, dem Par­lament vorzulegen sein werden. Das heißt, eine Diskussion, die zu einer Änderung der Organisation führen würde, wäre ohnehin hier im Parlament mit Ihnen gemeinsam zu


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führen, und dann wäre ein Beschluss zu fassen. Erst danach würden sich personelle Fragen stellen.

Ob und wann diese Organisationsänderungen notwendig sind, das zeigt sich, wenn man weiß, wohin man will und wie man dorthin will. Das heißt, das Strategie- und Strukturkonzept ist der erste Schritt. (Abg. Ing. Westenthaler: Hoffentlich kommt es bald!) Alle weiteren Schritte würden aber ohnehin in diesem Hohen Haus zu beraten und zu beschließen sein.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Brosz, bitte.

 


Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Zunächst freut es mich, dass es für den ORF möglich ist, diese Fragestunde zu übertragen, obwohl es mittlerweile in den Plenarsaal hineinregnet. Geruchsfernsehen gibt es Gott sei Dank noch nicht, weil der durch­nässte Teppich ja heute für eine besondere Atmosphäre sorgt. Aber das wäre vielleicht ein guter Wink dahin gehend, dass man den Umbau, die Verzögerung beim Umbau des Plenarsaals doch überdenkt, denn es gibt offenbar doch Notwendigkeiten. (Allge­meiner Beifall. – Abg. Ing. Westenthaler: Die Frau Präsidentin hat das blockiert!)

Aber nun zum ORF. Kollege Bucher hat es schon angesprochen, dass es ja auch eine Frage der Einnahmen ist, nicht nur der Ausgaben, und die Frage des Ersatzes der Ge­bührenbefreiungen ist eine, die seit Jahren ansteht. Der ORF trägt eigentlich die Kos­ten für eine sozialpolitische Maßnahme, die sehr richtig und gut ist, aber es ist sicher notwendig, auch darüber nachzudenken.

Ich frage ich Sie daher: Sind Sie dafür, dass dem ORF die Gebührenbefreiungen in Zu­kunft ersetzt werden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Der ORF hat verschiedene Einnahmen, die von der Politik und von den gesetzlichen Rahmenbedingungen her festgelegt sind. Ich weiß, dass das kein Idealzustand ist, dass die Politik Rahmenbedingungen festlegt, wonach Werbezeiten definiert werden, wonach andere Rahmenbedingungen für ein Unternehmen zu treffen sind, das natürlich dann innerhalb dieser Rahmenbedingungen zu agieren hat, und das ist keine einfache Situation. Ich glaube, dass für unser Land der ORF eine sehr große kulturelle Bedeutung hat, auch für die Information unserer Bürgerinnen und Bürger. Und die Objektivität der Information ist ein wichtiger Faktor, sodass der ORF zu sichern ist.

Nun: Es sich so leicht zu machen, dass man sagt, man hat auf der einen Seite Gebüh­ren, die man erhöht, und auf der anderen Seite hat man Einnahmen durch Werbe­zeiten, und wenn das nicht ausreicht, dann sagt man der Regierung, sie soll dem ORF noch zusätzliche Mittel zuführen, das scheint mir doch zu kurz gegriffen zu sein. Der nächste Schritt wäre dann, zu sagen, diese Mittel reichen nicht aus, man soll mehr Mittel überweisen, man soll die Rahmenbedingungen für mehr Einnahmen erschließen. Ich glaube, nach diesem Motto kann man den ORF nicht führen.

 


Man braucht ein Strukturkonzept und ein Strategiekonzept, das diese Fragen beant­wortet. Erst dann kann man ernstzunehmenderweise die Frage stellen, ob man zusätz­lich Steuermittel – und wir sprechen da immer über Steuermittel; etwas anderes haben wir ja nicht zu vergeben – zuschießt. Ob dann noch zusätzlich zu den Gebühren, zu den Möglichkeiten der Werbezeiten auch Steuermittel notwendig sind, das kann man wirklich erst am Schluss beantworten. Das einfach so nebenbei zu überweisen, würde ich für eine falsche Strategie halten.


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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Vilimsky, bitte.

 


Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Herr Bundeskanzler, erlauben Sie mir, diese Frage an Sie nicht nur als Chef der Bundesregierung, sondern auch als Sozialdemo­kraten und Chef der Sozialdemokratie zu richten. Der ORF hat ja nicht nur einen Schuldenstand von 100 Millionen € und ein operatives Defizit 2009 von wahrscheinlich mehr als 30 Millionen €. Auf der einen Seite ist es so, dass der ORF im absoluten Quo­tenkeller ist, während die Gebühren auf Rekordniveau sind. Es kommt eine Flop-Pro­duktion nach der anderen. Ich sage nur „Mitten im 8en“ oder „Extrazimmer“; da wurden jeweils 10 Millionen € in den Sand gesetzt. Dafür sollen 1 000 Mitarbeiter – kleine Ka­meraleute, Redakteure – vor die Türe gesetzt werden.

Ich frage Sie als Bundeskanzler und Sozialdemokraten: Ist für Sie eine Gehaltsstruktur, bei welcher der Chef des ORF, Herr Wrabetz, 349 000 € im Jahr verdient, vertretbar? Die Direktoren kassieren 250 000 € im Jahr, der Herr Informationsdirektor Oberhauser und der Herr Programmdirektor Lorenz haben in ihrer aktiven Zeit eine halbe Million Abfertigung kassiert. Ist das für Sie als Bundeskanzler und Sozialdemokrat moralisch vertretbar?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich sage Ihnen sehr offen: Ich bin auch bei an­deren Unternehmen immer wieder mit dieser Frage konfrontiert. Und dass Ihnen, mir, der Bevölkerung, der Öffentlichkeit diese Gehälter sehr hoch erscheinen, weil sie hoch sind, ist ja unbestritten. Die Frage ist: Welche Leistung steht dem gegenüber? – Nicht akzeptieren würde ich, wenn diesen hohen Gehältern keine Leistung gegenübersteht. Nur würde ich dann nicht vorschlagen, die Gehälter zu kürzen, sondern ich würde vor­schlagen, die Leistung zu erhöhen oder die Personen auszuwechseln. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Klubobmann Dr. Cap, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Bundeskanzler, der ORF hat natürlich für die österreichische Kulturidentität höchste Bedeutung. Im internationalen Vergleich kann er sich trotz aller berechtigten Kritik eher sehen lassen. Wenn wir uns den Jah­resmarktanteil anschauen, dann sehen wir, dass der ORF beim Fernsehen innerhalb des europäischen Raumes an dritter Stelle und beim Radio an erster Stelle liegt. Und wir sind alle stolz darauf, dass der ORF unabhängig und objektiv ist.

Meine Frage: Ich glaube, es ist sicherlich auch das Konzept, dass das in Zukunft so sein soll, oder?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich würde sowohl die Unabhängigkeit als auch die Objektivität, die natürlich eine eigene Diskussion in der Beurteilung benötigt, die sicher länger als eine Minute dauert, als Prinzip voll unterschreiben, glaube aber, dass die Sicherung des ORF damit zusammenhängt, dass man vor der jetzigen Situation nicht die Augen verschließt und darauf wartet, dass eine Katastrophe eintritt, sondern dass man die Augen öffnet und diesen vereinbarten Zeitplan mit dem vereinbarten Inhalt vorlegt. (Abg. Ing. Westenthaler: Und das Management auswechselt! Das ist wichtig!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Sonnberger, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Ein herzliches oberösterreichisches Grüß Gott; Guten Morgen ist für einen Oberösterrei­cher fast schon zu spät.


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Im Regierungsprogramm ist die Rede davon, dass das ORF-Gesetz im Lichte der Er­gebnisse des derzeit laufenden Beihilfeverfahrens anzupassen ist und gegebenenfalls die Intensivierung der behördlichen Aufsicht über den ORF zu prüfen ist.

Herr Bundeskanzler! Wann wird die Bundesregierung eine Novelle des ORF-Gesetzes vorlegen, um unter anderem das Ergebnis des EU-Verfahrens umzusetzen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Die Ergebnisse des Verfahrens auf Ebene der Europäischen Union liegen zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vor. Es ist zugesagt, dass sie im April/Mai vorhanden sein werden, um dann auf Basis dieser Ergebnisse ebenfalls über die Organisation diskutieren zu können.

Ich glaube aber, dass die Vorgaben oder Vorschriften oder Wünsche oder Anregungen der Europäischen Union nur ein Teil einer Organisationsdiskussion sein können. Der andere Teil einer Organisationsdiskussion muss sein, wie ein Unternehmen so geführt werden kann, auch von den Gremien so effizient geführt werden kann, auch die Be­denken des Rechnungshofes so ernsthaft eingearbeitet werden können, dass das, was die Mehrheit dieses Hohen Hauses will, nämlich den ORF als eigenständige Institution zu erhalten, auch wirtschaftlich gewährleistet ist.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Danke schön, Herr Bundeskanzler.

Wir gelangen zur Anfrage 6/M, das ist die der Frau Abgeordneten Mag. Korun an den Herrn Bundeskanzler. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Ihr Vor­gänger, Bundeskanzler Gusenbauer, hat den Umgang mit der Familie Zogaj wortwört­lich als „grauslich“ bezeichnet. Sie haben am 13. Jänner gemeinsam mit Ihrem Vize­kanzler gesagt, Sie stellen sich zu hundert Prozent hinter die Position der Innenminis­terin, die unter anderem lautet, dass 8- beziehungsweise 9-jährige Kinder, die in den letzten 14 Monaten ihre Mutter nicht sehen durften, noch einmal abgeschoben werden.

Deshalb frage ich Sie, Herr Bundeskanzler:

6/M

„Entspricht die unerbittliche und kompromisslose Haltung der Innenministerin im Fall von Familie Zogaj dem Regierungsstandpunkt zum Bleiberecht für integrierte Fami­lien?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Die Frau Innenministerin hat in dieser Regierungs­sitzung, die Sie ansprechen, über den Stand des Verfahrens berichtet. Ich betone, es ist eine behördliche Entscheidung zu treffen, aber keine politische oder gar parteipoli­tische Entscheidung.

Die Aufgabe der Politik ist es, Rahmenbedingungen zu setzen und im Falle eines Blei­berechts – da hat ja der Verfassungsgerichtshof gesagt, dass hier etwas Neues vorzu­legen ist – auch entsprechende Änderungen vorzulegen.

Sie wissen, dass die Innenministerin einen derartigen Vorschlag versandt hat und die Stellungnahmen dazu eingetroffen sind, manche davon kritisch, manche zustimmend. Es geht jetzt darum, auch heute beim Treffen der Landeshauptleute, diese Ausnahmen und diese Neufassung für ein Bleiberecht zu definieren.

Es ist aber undenkbar – und es ist jedem persönlich unbenommen, wie er selbst etwas emotional sieht –, dass wir im Parlament und dann in der Regierung etwas festlegen –


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und ich beziehe das jetzt schon ein –, auch in Zukunft Ausnahmen für ein Bleiberecht festlegen, aber dann, wenn jemand weder in die Regel noch in die Ausnahme fällt, zu sagen, es ist trotzdem anders. Das würde die Glaubwürdigkeit und Sinnhaftigkeit von Regel und Ausnahme in Frage stellen – außerdem die Gleichheit. Es muss nämlich jeder die Chance haben, entweder in die Regel oder in die Ausnahme zu fallen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Korun, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Herr Bundeskanzler, danke für Ihre Antwort. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass die jetzige Regelung des humanitären Blei­berechts es auch vorsehen würde und könnte, dass die Familie Zogaj ein Bleiberecht bekommt, aber auch das verweigert Ihre Innenministerin.

Meine Zusatzfrage: Sie haben gesagt, keine Regierung wird je eine Regelung verein­baren, die nicht im Einklang mit dem Rechtsstaat ist. Der von Ihnen genannte Gesetz­entwurf der Innenministerin sieht unter anderem vor, dass Landeshauptleute einen Bleiberechtsbeirat einrichten können oder auch nicht – wenn sie nicht wollen –, dass sie nicht gebunden sind an die Empfehlungen, die dieser Beirat, falls er überhaupt ein­gerichtet wird, ausspricht, und dass die Leute, die vom Bleiberecht betroffen sind, aber trotzdem einen Gönner zu finden haben, der für fünf Jahre für sämtliche Kosten auf­kommt.

Wie erklären Sie sich, dass das Grundrecht auf Familienleben mit so einem Entwurf eigentlich mit Füßen getreten wird, wenn die Personen keinen Gönner finden oder kein Bleiberechtsbeirat von einem Landeshauptmann, wie beispielsweise in Kärnten ange­kündigt, eingerichtet wird? (Abg. Mag. Stadler: Familienzusammenführung im Kosovo! Der Kosovo ist frei!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Frau Abgeordnete, die Entscheidung darüber, ob jemand, der einen Antrag stellt, als Einzelfall in eine Regelung fällt oder nicht, ist keine parteipolitische Beurteilung, es ist eine Frage der behördlichen Entscheidung, und darauf hat die Innenministerin verwiesen.

Dass mehr als hundert Anträge in diesem Fall, aber auch in anderen Fällen eine Zahl von Anträgen gestellt wurden, über welche die Behörde zu befinden hat, welche Ent­scheidung zu treffen ist, ob jemand in die Regelung hineinfällt oder nicht, ist eine ande­re Frage.

Es steht jedem frei, auch behördliche Entscheidungen richtig oder falsch zu finden. Tatsache ist, es handelt sich um behördliche Entscheidungen, die zur Kenntnis zu neh­men sind. Darauf hat die Innenministerin, wie ich meine, zu Recht hingewiesen.

Die Frage, ob es ein Bleiberecht mit Ausnahmen gibt, in die die Landeshauptleute ein­bezogen werden, und in welcher Form, hat eine sehr kontroversielle Diskussion aus­gelöst. Dass die Landeshauptleute zu hören sind, ist bekannt. Aber die Frage, welche Integration und welche Integrationsstufe erreicht ist, ob sie stärker einzubeziehen sind, wird heute bei den Landeshauptleuten mit den betroffenen Landeshauptleuten, von denen sich einige sehr kritisch zu Wort gemeldet haben, auszudiskutieren sein. Es gab jedenfalls das Bemühen, jene Länder einzubeziehen, die auch in der Vergangenheit – ich darf nur kurz an Oberösterreich erinnern – Beschlüsse gefasst haben, welche Mei­nung sie vertreten, und die auch im Verfahren schon bisher eine Rolle gespielt haben. Also so abwegig scheint mir die Idee der Innenministerin nicht zu sein, diese auch einzubeziehen.


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Der zweite Punkt, der im Asylrecht schon bekannt ist, dass jemand die Haftung über­nimmt, etwa für die Wohnung oder für die Kosten des Lebensunterhalts, ist auch kein ganz neuer. Die Frage ist: Wie ist das organisiert? Wie können Möglichkeiten des Missbrauchs – derartige Bedenken sind von manchen Organisationen gekommen, ob das jetzt Haftung, Patenschaft oder vergleichbare Regelungen betrifft – möglichst aus­geschaltet werden? Auch das sehe ich so, dass dahinter das Motiv steckt, ein Bleibe­recht mit Ausnahmen zu schaffen.

Ausnahmen müssen irgendwelche Kriterien haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir eine Ausnahme schaffen, für die gilt: Es fällt jeder darunter. Kaum versucht man, die Ausnahme so zu gestalten, dass es eben eine Ausnahme bleibt, ist eines sicher: Es wird nie hundertprozentige Zufriedenheit geben, und es wird, wenn Sie dann den jeweiligen Einzelfall betrachten, auch immer wieder zu menschlichen und persönlichen Härten kommen. (Abg. Mag. Lunacek: Das war aber keine Antwort!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Weinzinger, bitte.

 


Abgeordneter Lutz Weinzinger (FPÖ): Herr Bundeskanzler! Tief beeindruckt von der Hauptfrage meiner Vorfragerin erlaube ich mir, diese Frage von einem anderen Stand­punkt aus zu beleuchten. Entspricht die eher nachgiebige und kompromissbereite Haltung der Innenministerin im Fall der Familie Zogaj dem Regierungsstandpunkt zur rechtmäßigen Abwicklung unseres Einwanderungsrechtes und zur rechtmäßigen Be­handlung von illegalen Einwanderern, die noch dazu das Asylrecht missbrauchen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich stehe hinter der Vorgangsweise und betrachte das auch als rechtmäßig, wie die Innenministerin vorgeht.

Ich möchte Ihnen aber auch etwas sagen, das ich als positiv erachte: Beim Asylge­richtshof sind 22 000 Verfahren anhängig, und das ist zu viel. Der Asylgerichtshof hat im ersten Halbjahr seiner Tätigkeit 6 500 Fälle erledigt. Das heißt, dieser Rückstau-Abbau, der ja Teil des Problems war – alles hat viel zu lange gedauert, die Verfahren haben zu lange gedauert –, ist mit jenen Maßnahmen, die das Hohe Haus beschlossen hat und die von der Regierung umgesetzt werden, zumindest im ersten Halbjahr eben mit der Erledigung von 6 500 Fällen auf dem richtigen Weg. Dieser Rückstau würde daher, wenn es so weitergeht, bis Ende 2010 – das ist auch das Ziel – abgebaut sein. Ich halte diese Vorgangsweise, zu sagen, wir schaffen ein Bleiberecht mit Ausnah­men – wie der Verfassungsgerichtshof auch gesagt hat, dass hier ein Überdenken stattzufinden hat –, wir arbeiten rascher bei den Verfahren, wir beschäftigen uns mit der Frage: Wie gehen wir eigentlich vor, wenn jemand eine Ablehnung hat? – auch hier sind Maßnahmen zu setzen –, für besser, als wir verwenden das für irgendwelche par­teipolitische Polemiken. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Lueger.

 


Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundes­kanzler! Im Augenblick diskutieren wir recht heftig die Neuregelung des humanitären Aufenthaltes. Der Verfassungsgerichtshof hat die Bestimmung, wonach der Aufenthalt von Amts wegen erteilt werden soll, als verfassungswidrig aufgehoben und den Ge­setzgeber aufgefordert, diese innerhalb einer Frist zu reparieren. Diese Frist läuft mit 31. März 2009 ab, und der Entwurf, der jetzt vorliegt, sieht zwei unterschiedliche Maß­nahmen vor: die der Regelung der Altfälle vor 1. Jänner 2003, wo eben die Möglichkeit besteht, diesen Beirat der Landeshauptleute einzurichten, worüber heute schon die Diskussion der Landeshauptleute in der Landeshauptleutekonferenz geführt wird, und


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die der Neufälle ab 1. Jänner 2003, wonach es kein zusätzliches Verfahren geben soll, sondern ganz einfach schon mit eingegliedert wird.

Somit komme ich zu meiner Frage: Wie sollen die humanitären Aspekte bei künftigen Verfahren geprüft werden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Wenn nach diesem Entwurf, der sehr viele Stel­lungnahmen ausgelöst hat, mit den Landeshauptleuten eine Regelung gefunden wird, um einmal klarlegen zu können, welche Rolle die Länder spielen sollen und welche Verantwortung die Landeshauptleute hier mit übernehmen sollen, ist die zweite Fra­ge – worüber hier im Hohen Haus noch ausführlichere Diskussionen als diese einminü­tige jetzt stattfinden werden –: Wie kann man diese Ausnahmen überhaupt bewerten oder diese Patenschaften oder Übernahmen? Wo ist denn überhaupt eine Übernahme erforderlich? Es sind ja nicht alle Fälle so, dass die Betroffenen keine Wohnung haben oder sich nicht durch Arbeit ihren Lebensunterhalt verdienen könnten.

Vielleicht kommt es hier noch zu Verbesserungen und differenzierten Vorgangsweisen. Ich weiß, dass die Innenministerin engagiert daran arbeitet, und ich meine, dass wir dann hier im Hohen Haus die Bewertung gemeinsam vorzunehmen haben. Ich kann nur vorweg sagen, ich bin überzeugt, dass es bei diesem Thema nie möglich sein wird, dass zum Schluss alle zufrieden – im wahrsten Sinne des Wortes – sind.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Ka­peller, bitte.

 


Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Na­türlich ist der ganze Themenkomplex: humanitärer Aufenthalt, Bleiberecht, Asyl, sehr differenziert zu sehen, auf der einen Seite humanitär, auf der anderen Seite in Entspre­chung der Gesetzgebung. Der Verfassungsgerichtshof hat die Bestimmungen über den humanitären Aufenthalt aufgehoben, die Frau Bundesministerin für Inneres hat darauf­hin einen Gesetzentwurf vorgelegt, der diesen Themenkomplex neu regeln soll, mit Patenschaft et cetera, um eben diesen Aufenthaltstitel zu ermöglichen, um eine Geset­zeslücke zu schließen.

Dahingehend meine Frage an Sie: Stehen Sie weiterhin zu dem im Regierungsüberein­kommen dargestellten Prinzip der Patenschaft?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich stehe hundertprozentig dazu, einen Weg zu finden, der es auch – ich sage als Beispiel – Organisationen ermöglicht, so etwas zu übernehmen. Ich kann nicht beurteilen, wie es der Innenministerin gelingt, Formen der Missbrauchsbekämpfung auch für Einzelpersonen einzuarbeiten. Ich kann nur sagen, dass vom Prinzip her die Idee erstens nicht neu ist und dass sie zweitens eine Frage der konkreten gesetzlichen Bestimmungen ist. Also um Ihre Frage zu beantworten: Ja.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Stad­ler, bitte.

 


Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Bundeskanzler! Der Asylmissbrauchs­fall Zogaj empört nicht nur die Menschen in Oberösterreich, sondern empört die Bevöl­kerung österreichweit. Die Republik steht meiner Ansicht nach vor der Frage: Zogaj oder Rechtsstaat. Diese Frage stellen sich auch die rechtstreuen Bürger, und die rö­misch-katholische Kirche, insbesondere die Diözese Linz, wird die Frage zu klären haben, ob Kirchenbeitragsgeld für Seelsorge verwendet wird oder für Schlepperhilfe eines Priesters. Das ist dann auch unsere Aufgabe, einmal laut über den Kirchenbei­trag und über das Kirchenbeitragsgesetz zu diskutieren. (Beifall beim BZÖ.)


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Daher meine Frage, Herr Bundeskanzler: Was wird Ihre Regierung unternehmen, da­mit einerseits die mittlerweile schon unerträgliche Verhöhnung des Rechtsstaates im Asylmissbrauchsfall Zogaj endlich beendet wird und andererseits die Schlepperhilfe durch einen hauptamtlichen Kirchenfunktionär, der aus Kirchenbeitragsmitteln bezahlt wird, abgestellt und sanktioniert wird? (Abg. Mag. Lunacek: Von „humanitär“ haben Sie noch nichts gehört!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Zum Rechtsstaat gehört auch dazu, dass wir die Beurteilung, ob ein Antrag von jemandem anerkannt wird oder nicht, auch dem Rechts­staat überlassen, nämlich der Behörde, dass wir die Beurteilung, ob jemand Schlepper ist oder nicht, auch dem Rechtsstaat überlassen, nämlich der Beweiswürdigung und der Verurteilung, und nicht hier im Parlament die eigene politische Meinung gleich mit dem Urteil verknüpfen.

Diese Trennung im Rechtsstaat und daher auch dieser Respekt vor Entscheidungen der Behörden und Ermittlungen, falls es um Schlepperwesen geht, dieser Respekt dem Rechtsstaat gegenüber gehören auch dazu. Zu einem Rechtsstaat, den Sie hier zu Recht eingemahnt haben, auch, dass Politiker und Regierungen die Verantwortung dafür tragen und keine Verhöhnung des Rechtsstaats zulassen, gehört es auch, keine vorschnellen Verurteilungen hier im Hohen Haus vorzunehmen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Lunacek.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich bedanke mich beim Herrn Bundeskanzler.

Die 60 Minuten der Fragestunde sind bereits überschritten, somit beende ich die Fra­gestunde.

Ich bedanke mich noch einmal beim Herrn Bundeskanzler. (Beifall bei der SPÖ.)

10.10.34Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsge­genstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsord­nung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Anfragebeantwortung: 274/AB.

B. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Antrag 322/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pflegefreistellung bei stationären Aufenthalt von Kindern,

Antrag 324/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Koppelung einer rückzahlungsfreien Sozialhilfe an einen allgemeinen Sozialdienst,

Antrag 325/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kündigungswelle und Massenarbeitslosigkeit im Zuge der Finanzmarktkrise,

Antrag 359/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anrechnung des Partnereinkommens bei der Notstandshilfe,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 32

Antrag 366/A der Abgeordneten Renate Csörgits, Barbara Riener, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungs­gesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversiche­rungsgesetz geändert werden,

Antrag 393/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Umsetzung eines Maßnahmenpakets für freiwillige Helferinnen und Helfer,

Antrag 395/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der monatlichen Beitragsleistung in der Mitarbeiter- und Selbstän­digenvorsorge,

Antrag 396/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend finanzielle Unterstützung von Menschen mit Behinderungen aufgrund von Diskriminierung;

Familienausschuss:

Antrag 377/A(E) der Abgeordneten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend frühere Auszahlung von Familienleistungen sowie monatliche Auszahlung der Familienbeihilfe,

Antrag 379/A(E) der Abgeordneten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Auslandsadoptionsgesetz,

Antrag 386/A der Abgeordneten Ridi Steibl, Gabriele Binder-Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz ge­ändert wird;

Finanzausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Übertragung von Bundesbeteili­gungen in das Eigentum der ÖIAG geändert wird (32 d.B.),

Bundesgesetz betreffend die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen (33 d.B.),

EU-Finanzstrafvollstreckungsgesetz – EU-FinStrVG (37 d.B.),

Abgabenverwaltungsreformgesetz – AbgVRefG (38 d.B.),

Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages an den HIPC Trust Fund zur Entschuldung Liberias (44 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Börsegesetz 1989, das Sparkassengesetz, das Bundesfinanzierungsgesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Be­triebspensionsgesetz und das Finanzkonglomerategesetz geändert und das Bör­sefondsgesetz 1993 und das Börsefondsüberleitungsgesetz aufgehoben werden (45 d.B.),

Antrag 368/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Investitionsfreibetrag für thermische Sanierungsmaßnahmen;

Gesundheitsausschuss:

Antrag 348/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Streichung des Selbstbehaltes von Kindern bei stationärem Krankenhausauf­enthalt,

Antrag 358/A der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem ein Fonds


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zur Finanzierung der In-vitro-Fertilisation eingerichtet wird (IVF-Fonds-Gesetz), geän­dert wird,

Antrag 361/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung klarer Strukturen für die Pränataldiagnostik,

Antrag 363/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine konsequente Herkunftskennzeichnung bei Lebensmitteln,

Antrag 385/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aktionsplan für gesunde Ernährung und Bewegung;

Justizausschuss:

Antrag 317/A(E) der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend strafrechtliche Verantwortlichkeit krimineller Bank- und Finanzdienstleis­tungsmanager,

Antrag 353/A(E) der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Installation eines Gepäckscanners in der Justizanstalt Wien Josefstadt,

Antrag 360/A(E) der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betref­fend sofortige Wiedereinführung des Tasers bei der Justizwache;

Ausschuss für Konsumentenschutz:

Antrag 352/A(E) der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Vereinheitlichung der Rücktrittsrechte,

Antrag 367/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine konsequente Herkunftskennzeichnung bei Lebensmitteln,

Antrag 383/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Verbrauchs- und Emissionswerte von Kraftfahrzeugen,

Antrag 389/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen be­treffend die Notwendigkeit transparenter, nachvollziehbarer und vergleichbarer Strom­rechnungen und Tarifgestaltungen;

Kulturausschuss:

Antrag 316/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Schutz österreichischer Kulturgüter,

Antrag 378/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend die Schlechterstellung von PensionsbezieherInnen im K-SVFG;

Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:

Antrag 387/A(E) der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Beendigung der steuerlichen Ungleichbehandlung von pauschalierten Land- und Forstwirten;

Ausschuss für Menschenrechte:

Antrag 375/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Maßnahmen für eine aktive Menschenrechtspolitik in Österreich,

Antrag 376/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Ratifizierung des 12. Zusatzprotokolles zur EMRK;

Tourismusausschuss:

Antrag 369/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Radmitnahme im Zug – Optimierung der Bahn-Fahrrad-Schnittstelle im Inter­esse des Radtourismus in Österreich,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 34

Antrag 373/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Verbesserung der staatlichen Rahmenbedingungen für thermisch-energetische Sanierungen von Betrieben und Gebäuden der Tourismus- und Freizeitwirtschaft, ins­besondere aus dem KMU-Segment;

Umweltausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Klima- und Energiefondsgesetz (KLI.EN-FondsG) geän­dert wird (36 d.B.),

Antrag 323/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Förderung des Ankaufes von Pelletkaminöfen für Personen mit Anspruch auf Heizkostenzuschuss,

Antrag 342/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend sofortigen Planungs- und Baustopp für eine 3. Piste beim Flughafen Wien-Schwechat,

Antrag 344/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend das Verhalten Tschechiens beim Ausbau des AKW Temelίn,

Antrag 347/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Strategiekonferenz Elektromobilität,

Antrag 381/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anti-Atom-Paket;

Unterrichtsausschuss:

Antrag 365/A(E) der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Gleichstellung von LehrerInnen am Landesinstitut für Hörbehinderte in Salz­burg mit jenen anderer Institute für Hörbehinderte,

Antrag 380/A(E) der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Qualitätsmanagement an Schulen, Bildungsstandards als Grundlage der Leh­rerfortbildung und Personalentwicklung,

Antrag 384/A(E) der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Einrichtung einer Pflichtschule in den Erstaufnahmelagern Traiskirchen und Thalham nach dem Vorbild der Heilstättenschulen;

Verfassungsausschuss:

Antrag 337/A der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl Nr. 1/1930, geändert wird,

Antrag 339/A(E) der Abgeordneten Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Entfall des Pensionssicherungsbeitrages bis zur Höhe der ASVG-Höchstpension,

Antrag 340/A(E) der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen betref­fend verfassungsmäßige Verankerung des Tierschutzes in Form einer Staatszielbe­stimmung,

Antrag 343/A(E) der Abgeordneten Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Harmonisierung der Pensions- und Dienst- und Besoldungsrechte von Bund, Län­dern und Gemeinden,

Antrag 346/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Verankerung der Schutzmachtfunktion Österreichs für die Südtiroler deutscher und ladinischer Muttersprache,


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Antrag 390/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Europawahlordnung, das Europa-Wäh­lerevidenzgesetz, die Nationalrats-Wahlordnung 1992, das Wählerevidenzgesetz 1973 und das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971 geändert werden;

Verkehrsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Schiffahrtsgesetz geändert wird (34 d.B.),

Antrag 318/A(E) der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Abschaffung der fahrleistungsabhängigen Maut für Busse,

Antrag 319/A der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betref-
fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit dem Vor­schriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), BGBl. Nr. 159/1960, geändert wird,

Antrag 320/A der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über Zuschussleistungen zu Fernsprechentgelten (Fernsprechentgeltzuschussgesetz – FeZG) geändert wird,

Antrag 321/A der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Mauteinhebung auf Bun­desstraßen (Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 – BStMG) geändert wird,

Antrag 326/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend die Anpassung der Rundfunkgebühr,

Antrag 327/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend das Erstellen eines Etappenplans zum Abbau von sprachlichen Barrieren im Bereich des ORF-Sendeangebotes,

Antrag 328/A(E) der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Mindesthöhe von Verkehrszeichen zum Schutze blinder und stark sehbehinderter Personen,

Antrag 329/A(E) der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Infrastrukturinvestitionsplan für die Weststeiermark,

Antrag 330/A der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betref-
fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit dem Vor­schriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), BGBl. Nr. 159/1960, geändert wird,

Antrag 331/A der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird,

Antrag 332/A(E) der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betref­fend eine qualitativ hochwertige, flächendeckende und allgemein erschwingliche Ver­sorgung mit Postdienstleistungen,

Antrag 333/A(E) der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Liberalisierung der notwendigen Voraussetzungen zum Betrieb von Fahrschulen und Neuausrichtung des Berufes „Fahrlehrer“,

Antrag 334/A(E) der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Umsetzung der vierten Donaubrücke samt Westring im Sinne einer seit 30 Jahren längst überfälligen Strukturverbesserung zum Wohle der Bürger,

Antrag 335/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Westring samt 4. Donaubrücke für Linz,


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Antrag 336/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Ausweitung der ÖBB-Aktion „7-Euro-Senioren-Ticket“,

Antrag 338/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Beteiligung des Bundes am Bau einer Umfahrung für Schützen am Gebirge,

Antrag 345/A(E) der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Neuregelung des ÖPNRV inklusive einer Aufrechterhaltung der Buslinie 890 der steiermärkischen Landesbahnen,

Antrag 349/A(E) der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betref­fend transparente Regelungen im Zusammenhang mit Mehrwertdiensten,

Antrag 350/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Telefonvermittlungsdienst für gehörlose, hör- und sprechbehinderte Menschen,

Antrag 351/A(E) der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Wechselkennzeichen Auto – Motorrad,

Antrag 354/A der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz vom 2. Dezember 1957 über die Luftfahrt (Luftfahrtgesetz – LFG),

Antrag 355/A der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die Mauteinhebung auf Bundesstraßen (Bundesstraßen-Maut­gesetz 2002 – BStMG),

Antrag 356/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Bemessungsgrundlage der Versicherungssteuer bei Kraftfahrzeugen,

Antrag 357/A(E) der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Schaffung der Mitfahrmöglichkeit in Schulbussen für Nichtschüler,

Antrag 370/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen be­treffend zügigen Ausbau des Lkw-Kontrollstellennetzes,

Antrag 371/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Beseitigung von Benachteiligungen für Radfahrende beim Kilometergeld,

Antrag 372/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Kooperation ÖBB-Tourismusbetriebe,

Antrag 391/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Verkehrssicherheit an schallgeschützten Autobahnstrecken,

Antrag 392/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Bekämpfung von Handydiebstählen,

Antrag 394/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer 6-Monats-Vignette;

Ausschuss für Wirtschaft und Industrie:

Antrag 341/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend die Neuregelung der Netzgebühren,

Antrag 362/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend einen Ausbaustopp für neue Gasleitungen, insbesondere die Tauerngaslei­tung,

Antrag 364/A(E) der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Masterplan für ein energieautarkes Österreich,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 37

Antrag 382/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorlage eines Energieplans für Österreich bis 2030,

Antrag 388/A(E) der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kolle-
gen betreffend die Notwendigkeit transparenter, nachvollziehbarer und vergleichbarer Stromrechnungen und Tarifgestaltungen.

*****

10.10.50Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortungen 175/AB und 182/AB

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 175/AB der Anfrage 138/J der Abgeordneten Dr. Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Espoo-Verfahren zur MVA Heiligen­kreuz durch den Herrn Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft abzuhalten.

Diese kurze Debatte findet gemäß § 57a Abs. 4 der Geschäftsordnung nach Erledi­gung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr statt.

*****

Weiters teile ich vor Eingang in die Tagesordnung mit, dass das gemäß § 92 der Ge­schäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwor­tung 182/AB der Anfrage 151/J der Abgeordneten Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Reisesucht der abgewählten Bundesregierung im Jahr 2008 durch den Herrn Bundeskanzler abzuhalten.

Diese kurze Debatte findet gemäß § 57a Abs. 4 der Geschäftsordnung im Anschluss an die vorher angekündigte kurze Debatte statt.

Wir gehen nun in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt:

Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 8 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 108 Minuten, Freiheitliche 96 so­wie BZÖ und Grüne je 84 Minuten.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein entspre­chendes Zeichen. – Danke. Das ist einstimmig angenommen.

10.12.321. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 155/A der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird (Bundesminis­teriengesetz-Novelle 2008) (39 d.B.)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 38

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Stefan mit einer gewünschten Redezeit von 5 Minuten. – Bitte.

 


10.13.06

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­te Damen und Herren! Das Bundesministeriengesetz regelt die Aufteilung der Themen auf die einzelnen Ministerien, und zweifellos ist dafür nicht entscheidend, was eine Re­gierung sich vornimmt und wie sich das inhaltlich ausgestaltet, sondern das finden wir natürlich im Regierungsprogramm. Wir haben schon festgestellt, das Regierungspro­gramm erweckt den Eindruck, dass man versucht, durchzutauchen, möglichst wenig aufzufallen, nur keine Wellen, wie man so schön sagt, und das Ganze möglichst gut medial zu verarbeiten. Das sind die Lehren aus der letzten Zeit.

Dennoch muss man auch feststellen, dass es ein Symbol dafür ist, wie eine Regierung an die Dinge herangeht, wenn sie ihre Ministerien aufteilt und die Themen auf die ein­zelnen Ressorts verteilt. Wir haben dabei insbesondere drei Kritikpunkte anzumerken:

Erstens: das neue Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend. Einerseits wird dadurch dem Wirtschaftsminister die Kompetenz für Arbeitsmarktpolitik und Ar­beitslosenversicherung entzogen, diese geht ins Sozialministerium, andererseits wird eine neue Kompetenz, die mit der Wirtschaftskompetenz nur ganz am Rande zu tun hat, nämlich für Familie und Jugend, hinzugefügt. Das hat es noch nie gegeben. Seit dem Jahr 1920 waren die Wirtschaftsfragen stets in einem eigenen Ministerium und ohne einen weiteren Zusatz angesiedelt. Das heißt, es war immer ganz klar: Das ist ein wesentlicher Punkt der Republik, der so gezielt zu behandeln ist, dass er auch ein eigenes Ministerium bekommt – ohne in Verbindung mit einer weiteren fremden The­matik. Diesmal ist das anders.

Gerade heute, angesichts der momentanen Wirtschaftsdaten, aufgrund derer die Er­wartungen für die nächsten Jahre sehr pessimistisch ausschauen und wir davon aus­gehen müssen, dass das Wirtschaftswachstum gegen null geht, es vielleicht sogar zu einer Minusentwicklung kommt, gerade heute, wo es Studien gibt, dass die Arbeitslo­senzahlen in den nächsten beiden Jahren um insgesamt 45 000 ansteigen werden, möchte man doch annehmen, dass der Wirtschaftsminister und sein Ministerium sich vollkommen auf die Gesamtproblematik konzentrieren und sich nicht nur um zwei oder drei Fragen, die alle für sich sehr wesentlich sind – nämlich Wirtschaft, Familie und Jugend –, zu kümmern haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Auch im Familienbereich wäre großer Handlungsbedarf gegeben. Wir wissen, dass es hier eine Ungleichbehandlung gibt, gerade für Mehrkinderfamilien, dass hier finanzielle Ungerechtigkeiten vorliegen, die zu beseitigen wären. Wir wissen, dass die Geburten­zahlen dramatisch niedrig sind und daher alle Maßnahmen zu ergreifen wären, um hier eine Verbesserung durchzuführen. Das jetzt zu vermischen und einen Minister mit zwei und damit nur mit zwei halben Kompetenzen auszustatten, das ist sehr problematisch. Wir waren und sind nach wie vor dafür, ein eigenes Familienministerium zu einzurich­ten. Das wäre ein Bereich, der das auch verdienen würde. (Beifall bei der FPÖ.)

Ein weiterer Punkt, der zweite Punkt, den wir kritisieren: Die Forschung wird aus uner­klärlichen Gründen auf zwei Ministerien aufgeteilt, und zwar auf das Bundesministe­rium für Verkehr, Innovation und Technologie und auf das Bundesministerium für Wis­senschaft und Forschung. Warum? – Um die Effizienz zu senken. Das kann es wohl nicht sein. Damit wird doch eine Schwächung dieses Bereichs erreicht, daher ist das von uns abzulehnen.


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Dritter Punkt: das neue Ministerium Sport und Landesverteidigung. – Auch hier ist ganz klar, seit es ein Landesverteidigungsministerium gibt – oder wie auch immer es davor geheißen hat –, war das eine eigene Kompetenz, es war ein eigenes Ministerium, das sich darauf konzentriert hat. Jetzt wird der Sport dazugelegt. Ich habe mir überlegt, ob das vielleicht ein Rückgriff auf Turnvater Jahn ist, denn am Anfang der Turnbewegung war ja die Wehrertüchtigung ein wesentlicher Punkt.

Vielleicht hat man deswegen gesagt, Sport und Landesverteidigung müssen zusam­mengelegt werden, aber ich nehme eigentlich nicht an, dass hier dieses historische Wissen überhaupt vorhanden ist. Wenn ja, dann vielleicht nicht unbedingt die Liebe dazu, das so zu machen, also muss ein anderer Grund dahinter stehen. Ich kann es mir nur so vorstellen: ein Minister, der an sich mit seinem Ressort überfordert ist, daher negative Berichterstattung hat und an sich als Minister doch sehr problematisch ist; im­merhin hat er bei einer Gewissensprüfung erklärt, dass er es moralisch nicht vertreten kann, mit der Waffe in der Hand zu dienen – es jetzt aber moralisch vertreten kann, Soldaten in Kriegseinsätze zu schicken. Also eine klassische Chuzpe! (Beifall bei der FPÖ.)

Um davon abzulenken, braucht er offenbar eine positive Berichterstattung. Und was gibt es Schöneres, als sich mit Sportlern zu zeigen? – Im Winter mit den Wintersport­lern, die noch dazu erfolgreich sind; es steht vielleicht nicht so gut mit anderen Sport­arten im Sommer, aber diese Zeit wird er schon überwinden, es wird ihm schon gelin­gen, sich gut zu präsentieren. – Das ist auf jeden Fall ein Humbug, das lehnen wir ab, denn das ist eine Vermengung, die nicht wirklich sinnvoll ist.

Es ist schon richtig, es gibt Sportler, die beim Bundesheer sind, das sind Spitzensport­ler, aber das ist erstens nur ein Teil des Spitzensports. Zweitens ist es viel wichtiger, in erster Linie auf den Breitensport und auf die Entwicklung des Spitzensportlers sein Augenmerk zu richten. Die Sportler entwickeln sich nicht beim Bundesheer, sondern die kommen erst zum Bundesheer, wenn sie Spitzensportler sind. Sie wachsen in Ver­einen und Schulen heran, und dorthin müsste man das Gewicht legen. Wenn man für Sport ein Ministerium finden will, dann wäre Sport bei den Bereichen Bildung oder Ge­sundheit anzusiedeln und nicht bei der Landesverteidigung. (Beifall bei der FPÖ.)

Damit haben wir Gründe genug, das Gesetz abzulehnen.

Abschließend darf ich noch festhalten, dass ich Martin Graf sehr dankbar bin, dass er so standhaft geblieben ist und damit ein Zeichen gesetzt hat, dass linke Menschenhatz und Stasi-Methoden in unserer Republik keinen Platz haben dürfen. (Beifall bei der FPÖ.)

10.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Dr. Wittmann. 5 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


10.20.04

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Kurz zu meinem Vorredner. Der letzte Satz war wirklich entbehrlich. Außerdem hat er nichts mit der Materie zu tun gehabt. (Beifall bei der SPÖ. – Rufe bei der FPÖ: Notwendig! Notwendig! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Wir sprechen über das Bundesministeriengesetz. Das kann man natürlich so und so sehen. Es wird immer Gründe geben, die für diese Regelung sprechen. Es wird Grün­de geben, die dagegen sprechen. Aber es gibt zwei Prinzipien, die sich durchziehen bei der Ausgestaltung dieses Bundesministeriengesetzes: Das eine ist das Prinzip der Sparsamkeit, und das andere ist das Prinzip der Synergien.


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Prinzip der Sparsamkeit: Man hat zwei Regierungsposten eingespart. Man kann na­türlich beliebige Ministerien dazu erfinden, da haben wir alle Phantasie genug, Neues zu entwickeln, aber es muss eingespart werden in Zeiten wie diesen. Das ist, glaube ich, das oberste Prinzip. Und das ist mit diesem Bundesministeriengesetz geschehen.

Prinzip der Synergien: Wir haben auch die Synergien fokussiert auf Bereiche, die zu­sammengehören. So sind die Bereiche Arbeit und Soziales wieder zusammengeführt worden, weil man gesehen hat, dass es mehr Synergien in diesem Bereich gibt als in anderen Bereichen. Das heißt, es ist eine vernünftige Lösung, diese Agenden zusam­menzuziehen.

Zum Bereich Wirtschaft: Da muss man schon anmerken, dass es im Wirtschaftsminis­terium eine eigene Staatssekretärin für Familie und Jugend geben wird. Ich glaube, auch das ist eine vernünftige Lösung, dass man hier ein geteiltes Vorgehen hat, aber das unter einem Ministerium zusammenfasst, um hier auch die Synergien nutzen zu können.

Bleibt das Ministerium für Landesverteidigung und Sport zu erwähnen, das ebenfalls eine neue Kompetenzverteilung hat. Dieses Ministerium ist auch aus der Sicht der Synergie gesehen ein sehr interessantes, nämlich aus folgendem Grund: Mein Vorred­ner vergisst, dass der Sport nach unserer Verfassung an sich Landessache ist. Das heißt, dass die gesetzgebenden Akte im Sportbereich im Wesentlichen in den Ländern passieren. Man hat sich nach dem Zweiten Weltkrieg entschieden, nicht sozusagen den Staatssport in Österreich, wie es in anderen Ländern der Fall ist, zu etablieren, sondern man hat die Autonomie des Sportes gewählt.

Das heißt, die Verteilung eines Großteils der Mittel, die der Bund zur Verfügung stellt, liegt in der Autonomie des Sports. Darauf hat ein Minister gar keinen Einfluss. Das betrifft hauptsächlich die Mittel für den Breitensport und jene Sportarten, die die Basis bilden. Es bleibt ein kleiner Teil, nämlich die allgemeine Sportförderung, die zu vertei­len dem Sportminister obliegt. Und diese allgemeine Sportförderung ist im Wesentli­chen eine Unterstützung, die den Spitzensport betrifft.

Wenn man Spitzensport in einem Ministerium hat, dann ist es nicht weit vom Verteidi­gungsministerium, weil die Spitzensportler die größte Unterstützung in der sozialen Ab­federung durch die Beschäftigung beim Bundesheer erhalten. Das heißt, auch hier wird die Synergie genutzt, indem der Bereich der Fördermittel für den Spitzensport und die soziale Absicherung des Spitzensportes zusammengeführt werden, aber die Auto­nomie des Sports bei der Verteilung der Breitensportmittel, die der BSO, der Bundes­sportorganisation, obliegt, gewährleistet bleibt. Wir haben somit weiterhin eine Tren­nung zwischen Staat und Sport. Diese Trennung und die Autonomie des Sportes sind eines jener Prinzipien, die eigentlich das Wesen des österreichischen Sports ausma­chen.

Man kann sagen, die BSO war eine der ersten NGOs nach dem Zweiten Weltkrieg. (Abg. Mag. Molterer: Jawohl, Herr Präsident!) Ohne dass man gewusst hat, dass es später einmal NGOs geben wird, hat man hier schon die Autonomie vorweggenom­men. Ich glaube, diese Unantastbarkeit – und das ist über Parteigrenzen hinweg unbe­stritten – und dass die Verteilung der Mittel für den Sport autonom erfolgen soll, das ist ein Prinzip, das der österreichischen Republik und der Entwicklung im Sport immer gut getan hat.

Zum Schluss: Ich glaube, dass mit dieser Novelle die Sparsamkeit, die Nutzung von Synergien und eine effiziente Verwaltung gewährleistet sind. Letztendlich wird der Er­folg von den Personen abhängen, die in diesen Ministerien arbeiten. Ich glaube, mit Minister Darabos haben wir einen sehr sportaffinen Minister, der sich auch auskennt im Sport, ist er doch selbst einer, der Sport betreibt. (Abg. Kickl: Der gleich alle einsper-


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ren will!) Daher glaube ich, dass der Sport bei ihm gut aufgehoben ist. (Beifall bei der SPÖ.)

10.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Stadler gelangt nun mit einer gewünschten Redezeit von 10 Minuten zu Wort. – Bitte.

 


10.25.00

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Bevor ich zur Sache selbst komme, mein Appell an Sie, Frau Präsidentin: Ziehen Sie das Bau­programm durch, sonst läuft das Parlament wirklich Gefahr, dauerhaft als nicht mehr ganz dicht zu gelten. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Scheibner: Eine wirkliche Blamage! – Abg. Ing. Westenthaler: Wer hat Sie da bera­ten, Frau Präsidentin?)

Wenn die Bevölkerung den Eindruck bekommt, dass das Klima da herinnen wie im Dschungel bei „Mausi“ ist, dann werden wir wirklich Gefahr laufen, als nicht mehr ganz dicht zu gelten. Wenn es einmal durch das Dach heruntertropft, dann ist einfach bautechnisch und „dachwassertechnisch“ Handlungsbedarf. Sanieren Sie das Gebäu­de – egal, ob die Fraktionen mitgehen oder nicht! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Aber nun zu Ihnen, Herr Bundeskanzler Ostermayer. Das ist keine Freud’sche Fehlleis­tung, das ist durchaus absichtlich, denn ich habe noch nie einen Bundeskanzler erlebt, der einen Staatssekretär hat, der ihm folgt wie ein Schatten. Der macht keinen Schritt ohne den Herrn Ostermayer. Ich habe noch einen anderen Fall erlebt, aber den stellen Sie ja schon in den Schatten, Sie und der Herr Bundeskanzler Faymann. Wieso neh­men Sie nicht wieder dort Platz, wo Sie vorher Platz genommen haben? Da gehören Sie eh hin!

Meine Damen und Herren! Herr „Bundeskanzler“ Ostermayer! Ich bin ein bisschen ent­setzt gewesen – Frau Präsidentin, das geht auch in Ihre Richtung –, mit welcher Non­chalance der eigentlich nominierte Bundeskanzler Faymann den Fragesteller Westen­thaler abserviert hat. Diese Frage hat niemand gestellt, hat er gesagt. Kollege Westen­thaler stellt vorher eine Frage, und darauf sagt Faymann, diese Frage hat niemand gestellt. Entweder bist du für den Herrn Faymann ein Niemand – das ist auch mög­lich –, für mich aber nicht, und für den Rest des Hauses auch nicht, für den „Bundes­kanzler“ Ostermayer vermutlich auch nicht. Er wollte sie einfach nicht beantworten. Er wollte eine Frage, die ein Abgeordneter stellt, nicht beantworten, so nach der Devise: „Frag doch den Inder!“ anstatt den Herrn Faymann! (Heiterkeit und Beifall beim BZÖ.)

Meine Damen und Herren, wenn das die Linie ist, wie man in Zukunft die Fragestunde gestaltet, sozusagen nach der Methode „Frag doch den Inder!“, dann können wir sie abschaffen. Dann ist sie schon wieder gescheitert, bevor man sie richtig neu eingeführt hat.

Daher mein Appell an Sie, Herr „Bundeskanzler“ Ostermayer: Wenn Sie einmal wirklich hier stehen und die Fragen beantworten, dann machen Sie es nicht so wie Ihr Vorgän­ger Faymann!

Nun zum Bundesministeriengesetz. (Abg. Riepl: Na endlich!) – Du kommst schon dran, Kollege Cap! (Heiterkeit.) Weil ich dich gerade im Visier habe: Ich bin dankbar für den Zwischenruf, denn die Frage des Kollegen Westenthaler war schon entscheidend vor dem Hintergrund deiner neuen Amerika-Verliebtheit, wenn der Herr Steinmeier, dein Genosse in Deutschland, der Genosse Steinmeier verlangt, dass wir Guantána­mo-Häftlinge in der Europäischen Union aufnehmen sollen. Wir sollen also sozusagen die Menschenrechtsproblematik der Amerikaner lösen, indem wir jetzt deren Häftlinge


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übernehmen, die sie seit Jahr und Tag menschenrechtswidrig auf Guantánamo ohne rechtsstaatliches Verfahren festhalten!

Hätten wir so etwas gemacht, na ich möchte die Zahl der Weisen aus dem Morgen­land, aus dem Euroland gar nicht wissen, die sie uns hergeschickt hätten, meine Da­men und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Da schweigt der Herr Cap! Das ist ihm natürlich peinlich gewesen, dass sein Bundes­kanzler, der formelle Bundeskanzler dazu keine Meinung hat. Das war nämlich nichts, was er dazu gesagt hat.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Aber was ist von den Versprechungen des Herrn Faymann überhaupt zu halten? Er hat gesagt, er wird die Regierung substan­tiell verkleinern. Wissen Sie, was das ist, die substantielle Verkleinerung der Regie­rung? – Zwei Staatssekretäre weniger. Dabei ist dem Herrn Faymann zugute zu halten, dass er wahrscheinlich nicht gewusst hat, dass diese gar nicht zur Bundesregierung gehören. Das kann ich mir nämlich nicht vorstellen, dass er immer noch glaubt, dass er wirklich die Regierung verkleinert hätte, weil er der irrigen Annahme ist, dass Staats­sekretäre Mitglieder der Regierung seien. Vielleicht bringt ihm das jemand von euch einmal bei.

Meine Damen und Herren, Faymann hat in Wirklichkeit also schon bei der Regierungs­bildung sein erstes Wahlversprechen gebrochen. Ich habe daher kein Vertrauen, dass er andere Wahlversprechen, die er gemacht hat, halten wird.

Ich sage Ihnen eines, Herr Ostermayer. – Jetzt weiß ich nicht, soll ich „Staatssekretär“ oder soll ich „Bundeskanzler“ sagen? Was ist Ihnen lieber? Es ist Ihnen lieber „Bundes­kanzler“, gell? (Heiterkeit und Beifall beim BZÖ.) – Also, Herr „Bundeskanzler“ Oster­mayer, wissen Sie, Sie sind ja auch einer von denen, die es schon verstehen, es sich zu richten. Das muss man einmal zusammenbringen: als Kabinettsleiter des dama­ligen Infrastrukturministers 1 000 € mehr zu verdienen als ein Staatssekretär! Das ist schon eine Leistung. Das zeigt in etwa schon, wohin bei ihm die Reise geht. Da musste nämlich die Republik – da haben Sie von der ÖVP, glaube ich, auch selber gestaunt – monatlich 14 180 € auf das Konto des Herrn Ostermayer überweisen, bevor er Staatssekretär wurde. (Rufe beim BZÖ: Wie viel?) 14 180 €! Das ist wirklich ein schmales Gehalterl für das, was er getan hat.

14 180 €, das sind ein bisschen mehr als 20 000 €, die man pro Monat an den Fonds für Wohnbau und Stadterneuerung refundieren musste, weil von dort ist Ostermayer nämlich verliehen worden. – Rein zufällig eine sozialistische Domäne des früheren Wohnbaustadtrates Faymann.

Man sieht also, man richtet es sich immer; das zieht sich wie ein roter Faden durch.

Wir haben das einmal analysiert, der Kollege Grosz hat eine Anfrageserie gemacht, die sehr aufschlussreich war. Und ich zeige Ihnen jetzt, wie Ihre Einsparungsmaßnahmen ausschauen. Die Einsparungsmaßnahmen schauen folgendermaßen aus: Diese neue Regierung hat neu bestellt eine Sektion, zwei Gruppen, zwölf Abteilungen, 25 Referate und eine neue Stabstelle. Und umbesetzt, damit man gleich die neue koalitionäre Fär­bung einführt, hat man gleich elf Sektionen, zwölf Gruppen, zumeist mit Roten, 64 Ab­teilungen, 15 Referate und 17 Stabstellen, meine Damen und Herren. – Das ist alles „Einsparung“, wie sie die Regierung Faymann sieht.

Man sieht dann auch, wie das läuft. Ich will lhnen zwei Beispiele nennen. Erstes Bei­spiel: Sozialministerium; das geht aus der Anfragebeantwortung hervor: Da wurde eine Kommission eingerichtet zur Umfärbung des Sozialministeriums. Vorsitzende dieser Kommission war die provisorische Leiterin der Sektion V, eine frühere Sekretärin der Frau Minister Hostasch. Rein zufällig sozialdemokratisch, ich will es Ihnen nur sagen.


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Mitglied ist der Leiter des Ministerbüros – natürlich ein strammer Roter. Und dann ist jeweils ein Mitglied der Gewerkschaft öffentlicher Dienst/Zentralausschuss im Bundes­ministerium für Soziales und Konsumentenschutz entsandt worden. Zack, bum, potz Blitz, schon wieder ein Roter – reiner Zufall natürlich.

Dann ist es natürlich kaum verwunderlich, wenn die neue Leitung der Abteilung Kom­munikation und Service die Frau Dr. Gisela Kirchler-Lidy bekommen hat, langjährige Sekretärin, Mitarbeiterin, Pressesprecherin der Ministerin Hostasch und des Bundesmi­nisters Buchinger. Wieder zufällig eine Rote. – Also so zieht sich das durch.

Noch besser ist es im Verteidigungsministerium. Dass er vom Militär keine Ahnung hat, das will ich dem Zivildiener Darabos nachsehen. Dass er unglücklich war, dass er als Zivildiener das Verteidigungsressort führen muss, will ich ihm auch nachsehen. Deswe­gen ist er jetzt ja therapeutisch glücklich gemacht worden mit den Sportagenden; auf diese komme ich noch extra zu sprechen, meine Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Aber eines kann er schon, ja, gelernt ist gelernt! Das können die Sozialdemokraten: Kaum sind sie an der Macht und an den Futtertrögen, geht es wieder los. Er hat Fol­gendes geantwortet, ich will es Ihnen vorlesen:

Der Begutachtungskommission für die Bestellung des Leiters der Sektion I, des Chefs des Generalstabes, des stellvertretenden Chefs des Generalstabes, des Leiters der Sektion II, des Leiters der Sektion III, des Leiters der Sektion IV, des Leiters der Grup­pe Präsidiale und Disziplinarwesen, des Leiters der Gruppe Rechtswesen und Legistik, des Leiters der Gruppe Personal und Ergänzungswesen, des Leiters des Bereiches Kommunikation und Abteilung, Kommunikation B sowie der Direktion für Sicherheits­politik gehörten Generalmajor Steiner, Leiter der Gruppe Revision, als Vorsitzender – jetzt müssen Sie sich festhalten! – und Stefan Kammerhofer, Chef des Kabinetts des Bundesministers, als Mitglied an.

Jetzt können Sie sich drei Mal ausrechnen, was da herausgekommen ist: natürlich eine einzige Umfärbeaktion in Rot! (Pfui-Rufe beim BZÖ.) Alles natürlich eine einzige Ein­sparungsmaßnahme nach den Versprechungen des Herrn Faymann.

Und jetzt bin ich beim Wehrsportminister Darabos. Das ist offensichtlich eine Konzes­sion an die FPÖ, an den Lieblingspartner des Herrn Faymann, auf Länderebene und irgendwann einmal auch auf Bundesebene. Jetzt ist er glücklich, jetzt darf er endlich Minister spielen. Und was fällt ihm als Erstes ein? – Nicht nur umfärben, sondern Sportler überhaupt zu kriminalisieren, nämlich jeden Dopingfall zum Kriminalfall zu ma­chen.

Kollege Jarolim hat das im Verfassungsausschuss noch begeistert unterstützt, dem Ausschussvorsitzenden ist das Gesicht dabei eingeschlafen. Wo ist der Kollege Wittmann? Dir ist das Gesicht dabei eingeschlafen, weil du uns schlüssig nachgewie­sen hast, dass dann jeder Jugendliche, der auch nur „Nasivin“ verwendet, in Zukunft ein Straftäter wäre, meine Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Ist das das Ziel des Herrn Darabos? Dann, muss ich sagen, ist es ein sehr gefährliches Wechseln der Ministerzuständigkeit gewesen. Hätte man ihn doch befreit von diesem Ministerium, das er offensichtlich nicht will! Das Verteidigungsministerium liegt ihm nicht, das glaube ich ihm auch als ehemaligem Zivildiener. Hätte man ihn davon be­freit, dann hätte er auch als Abgeordneter weiterwerken können, oder irgendein ande­rer Umfärbeposten hätte sich schon für ihn gefunden, meine Damen und Herren. (Bei­fall beim BZÖ.)

Jedenfalls, Herr „Bundeskanzler“ Ostermayer, dieses Bundesministeriengesetz ist nicht dazu angetan, Vertrauen im Haus zu wecken, und ist auch nicht dazu angetan, die Be-


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völkerung zu beruhigen, und ist schon gar nicht dazu angetan, Wahlversprechen in Sachen Einsparungen glaubhaft umzusetzen. (Beifall beim BZÖ.)

10.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren, bevor ich dem Herrn Abgeordneten Mag. Molterer das Wort erteile, lassen Sie mich, nachdem ich jetzt zwei Mal hier im Saal angesprochen wurde, einige wenige Klarstellungen machen.

Erstens: Gerade ich als Präsidentin habe das Projekt des Umbaus des Nationalratssit­zungssaals nicht im Entferntesten irgendwann bestritten.

Zweitens: Ich war es, die daran kontinuierlich gearbeitet hat, um den Grundsatzbe­schluss 04 umzusetzen. (Abg. Scheibner: Dann machen Sie es!)

Drittens: Die Unterstützung auch so mancher Fraktionen, auch so mancher Abgeord­neter war bislang endenwollend.

Viertens: Ich habe in der Präsidiale vergangenen Freitag angekündigt, dass wir derzeit dabei sind, die Baumängel zu erheben, um die Notwendigkeit der Dringlichkeit genau zu wissen. Das hat sich fast erübrigt auf Grund dieses heutigen Ereignisses.

Fünftens: Ich erwarte mir breiteste Unterstützung der Abgeordneten auch in Zukunft, um den Umbau des Nationalratssitzungssaales auch wirklich realisieren zu können, denn das geht nur im großen Einvernehmen mit den Fraktionen in diesem Haus. (Bei­fall bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP, BZÖ und Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Aber bevor das Dach herunterfällt!)

*****

Wir gehen nun weiter in der Rednerliste.

Herr Abgeordneter Mag. Molterer gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.36.24

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Frau Präsidentin! Wenn Sie die Frage des Einvernehmens der Fraktionen für den Umbau des Plenarsaales ansprechen, sage ich Ihnen namens der Österreichischen Volkspartei – und nicht nur namens der ÖVP, nehme ich an –, dass wir für diesen Umbau sind. Ich sage Ihnen auch ganz offen, es ist nicht eine Frage, die man lächerlich darstellen sollte, ob jetzt das Parlament dicht ist oder nicht, und ich sage Ihnen auch im Sinne der hier tätigen Abgeordneten, dass Be­triebe, die in einer derartigen Art und Weise für ihre Mitarbeiter Räumlichkeiten zur Ver­fügung stellen, relativ schnell gesperrt werden würden. Da würde das Arbeitsinspekto­rat kommen, zusperren und sagen: Kommt wieder, wann ihr umgebaut habt! (Beifall bei ÖVP und BZÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Daher sage ich Ihnen auch mit dem notwendigen Selbstbewusstsein, das Abgeordnete für ihre Arbeit haben müssen: Ja, wir stehen zu diesem Umbau, er ist auch jederzeit zu argumentieren, und daher bitte ich, dass dieser Prozess, den wir eingeleitet haben, auch positiv fortgesetzt wird. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und BZÖ.)

Meine Damen und Herren, nun zum Bundesministeriengesetz. Darüber lässt sich treff­lich streiten. Es ist geradezu jedes Mal dieselbe Debatte. Das Bundesministeriengesetz steht immer unter dem nach außen hin so schön klingenden strategischen Titel: Ver­kleinern wir die Regierung! Und wenn das dann geschieht, kommen die Fraktionen, die in Opposition sind, und sagen: Und das hätten wir gerne als Ministerium, das hätten wir gerne, das hätten wir gerne, und das hätten wir gerne. Wenn Sie die Summe der in den Oppositionsreden heute verlangten Ministerien oder Staatssekretariate zusam-


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menzählen, werden Sie draufkommen, eigentlich ist diese Regierung zu klein. Und dann stelle ich mir vor, es wäre eine andere Regierung, nämlich eine größere Regie­rung, dann weiß ich, was die Opposition sagen würde. Sie würde sagen, sie ist zu groß.

Also: Wie man es macht, ist es falsch. Deshalb sage ich, das Ministeriengesetz ist so, wie es sich diese Regierung vorgenommen hat, dass sie mit dieser Struktur arbeiten will. Und daher hat das selbstverständlich auch unsere Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP.)

Drei Sätze zu den angesprochenen Punkten.

Zum Sport: Auch da kann man diskutieren, natürlich, das ist mir klar. Worüber man aber nicht diskutieren kann, ist die Sportpolitik, nämlich dann, wenn sie falsch läuft. Und wenn die Ankündigung des zukünftigen Sportministers, was Doping und Strafrecht betrifft, ernst genommen werden sollte, dann sage ich: Nicht mit uns! Nicht mit uns! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Das ist eine falsche Entwicklung, und da teile ich auch die Meinung des Kollegen Witt­mann absolut: Wir dürfen selbstverständlich nie nachlassen, wenn es um den Kampf gegen Doping geht. Wir dürfen aber sicher auch nicht in Richtung Kriminalisierung ge­hen, die völlig falsche Effekte hat, die im Kampf gegen Doping überhaupt nichts Posi­tives bringt, sondern in Wahrheit nur Junge kriminalisiert. Daher: Es kommt immer auf die Politik an.

Gleiches gilt für die Frage Familie und Wirtschaft. Das ist an sich eine interessante Kombination, aber nicht unter dem Motto, dass die Familien sozusagen wirtschafts­freundlicher gemacht werden sollen, sondern die Zielsetzung dabei ist, die Wirtschaft familienfreundlicher zu machen, weil es ja um die Frage der Vereinbarkeit von Beruf und Familie geht. (Beifall bei der ÖVP.) Insofern also durchaus eine interessante Kom­bination.

In der Frage Arbeit hatten wir bisher eine Bundesministerienstruktur, wo die Kompe­tenzen für Arbeit und Wirtschaft in einem Ministerium miteinander verknüpft waren, und ich würde sagen: Die Ergebnisse der letzten Jahre haben an sich für diese Struktur gesprochen! Mit dieser Struktur haben wir eine Arbeitsmarktentwicklung eingeleitet, die im vergangenen Jahr in Österreich Vollbeschäftigung bedeutet hat.

Jetzt ist die Entscheidung anders gefallen. Ich hoffe, dass die erwartete Synergie auch tatsächlich eintritt. Die Arbeitsmarktentwicklung wird eines der ganz großen Sorgenkin­der in dieser Legislaturperiode sein und braucht daher jede – ich betone: jede! – mög­liche Unterstützung im positiven Sinn. Wir hoffen, dass diese Entscheidung richtig ist.

Nun auch eine Bemerkung zur Frage Forschung und zu dem, was diesbezüglich an­gesprochen worden ist. Reden Sie mit den Leuten, die in der Forschung tätig sind, und die werden Ihnen sagen, dass es nicht relevant ist, in welchem Ministerium der For­schungsbereich angesiedelt ist, sondern dass es relevant ist, dass es bei der For­schung mit einer Stimme ankommt. Und das ist gesichert, weil es natürlich klar ist, dass Wirtschaft mit Forschung zu tun hat und auch in der Infrastruktur und in Innova­tion, wie es der Titel schon sagt, Forschung steckt und natürlich de facto auch im Bereich des Wissenschaftsministeriums gut angesiedelt ist.

So gesehen kann man sagen: Das vorliegende Gesetz ist ein vernünftiges Gesetz. Wir werden diesem Gesetz gerne zustimmen und sind sicher, dass auf Basis dieses Ge­setzes in den zu erwartenden schwierigen Zeiten – beschönigen wir nichts, das werden schwierige Zeiten! – von dieser Bundesregierung gute Politik gemacht wird. Österreich braucht sie! (Beifall bei der ÖVP.)

10.41



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 46

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Mu­siol. 6 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


10.41.38

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte BesucherInnen auf den Rängen! Ich möchte gleich auf meinen Vorredner eingehen, der meinte, dass eigentlich diese Regierung zu klein sei, und ihm erwidern: Nein, das ist sie nicht, sie ist nur falsch priorisiert! Es gibt auf der einen Seite drei Regierungsmitglieder im Finanzministerium, aber es gibt auf der anderen Seite kein eigenständiges Ministerium für den Bereich Energie- und Umweltpolitik. Mit diesem Umstand möchte ich mich gleich beschäftigen. (Beifall bei den Grünen.)

Das vorliegende Bundesministeriengesetz ist von der selben Visionslosigkeit geprägt wie auch das Regierungsprogramm. Erst gestern haben wir eine von uns Grünen ver­langte Dringliche Anfrage betreffend „Versagen und Orientierungslosigkeit der Bundes­regierung in der Energiepolitik“ diskutiert. Daher sollte eigentlich spätestens jetzt allen Mitgliedern dieses Hohen Hauses bewusst sein, wie wichtig Energiepolitik im Bereich der Umweltpolitik ist, welche Schlüsselfunktion diese da hat, und zwar nicht nur für den Klimaschutz, sondern auch in der Frage des ökosozialen Umbaus unseres Wirtschafts­systems und für die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen.

Aber Sie haben es wiederum versäumt, für den Bereich Energie- und Umweltpolitik ein eigenes Ministerium zu schaffen. Statt dessen haben Sie die Umweltpolitik wiederum dem Landwirtschaftsministerium zugeordnet, wo sie weiterhin als Anhängsel ihr Dasein fristen wird. Die Vergangenheit hat schon gezeigt, dass es Landwirtschaftsminister, die in Sachen Klientelpolitik geübt sind – der Bauernbund sei hier nur als ein Beispiel ge­nannt –, logischerweise schwer haben, weil sie einen Interessenskonflikt haben, der sich beispielsweise darin äußert, dass es kaum möglich ist, Strenge beim Schutz der Gewässer walten zu lassen, wenn gleichzeitig die Interessen der Landwirtschaft be­rücksichtigt werden sollen. (Abg. Großruck: Wo wohnen Sie denn?)

Daher fordern wir Grünen auch heute wieder – wie schon seit langem! – ein eigenes Ministerium, das für Umwelt- und Energiepolitik zuständig ist und das der Umwelt- und Energiepolitik, die gerade in diesen Tagen hohe Aktualität gewonnen hat, den Stellen­wert einräumt, den sie verdient. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte jetzt auf einem weiteren Themenbereich zu sprechen kommen, und zwar als Verfassungssprecherin und Familiensprecherin. Im Gegensatz zu den anderen Op­positionsparteien haben wir Grünen kein Problem damit, dass das Familienstaats­sekretariat im Wirtschaftsministerium angesiedelt ist. Ganz im Gegenteil! Wir glauben, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine der zentralen Aufgaben und eine der größten Herausforderungen im Wirtschaftsbereich ist, aber wir haben ein Problem mit dem, was inhaltlich im Moment in diesem Bereich passiert.

Letzte Woche hat die ÖVP-Klausur ihre Ergebnisse vorgestellt. Dabei wurde ein soge­nanntes 15. Familiengehalt präsentiert, das im Wesentlichen nichts anderes ist als die bisher kolportierten sogenannten Familienentlastungen, die geplant sind. Und wenn ich mir vergegenwärtige, was Herr Klubobmann Kopf gestern in der Debatte zum Justizmi­nisterium gesagt hat, nämlich – ich zitiere –: „Die Schwächsten – und das sind die Kin­der – brauchen unseren Schutz. Und das ist uns als Familienpartei ein besonderes An­liegen“, dann frage ich mich, ob es für Sie die Schwächsten und die noch Schwächeren gibt, denn Ihr Familienpaket macht da Unterschiede. Ihr Familienpaket behandelt näm­lich nicht jedes Kind gleich, denn während die einen Schwächsten Berücksichtigung finden, müssen die anderen Schwächsten durch die Finger schauen. (Beifall bei den Grünen.)


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Diese ungleiche Behandlung kann ich Ihnen anhand von Zahlen demonstrieren. Unser Steuerexperte Bruno Rossmann hat sich die Mühe gemacht, das zu machen, was die ÖVP unterlassen hat, nämlich auch ein Rechenbeispiel neben den anderen Rechen­beispielen, die Sie auf der ÖVP-Homepage haben, zu machen, nämlich betreffend die Situation von Alleinerziehenden.

Dieses Rechenbeispiel zeigt, dass eine alleinerziehende Mutter mit einem fünfjährigen Kind und einem Einkommen von 1 100 € brutto pro Monat auf Grund der von Ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen eine Entlastung von 199,90 € pro Jahr bekommt, wäh­rend eine Familie, wo es zwei verdienende Personen gibt, von denen eine Person 6 000 € brutto und die andere Person 4 000 € brutto verdient, ebenso mit einem Kind im Alter von fünf Jahren, eine Entlastung von 3 519,60 € pro Jahr oder 293,30 € pro Monat erfährt. Da heißt, diese Familie erhält pro Monat sogar mehr als die Alleinerzie­herin mit einem Kind pro Jahr.

Ich frage Sie, liebe Regierungsparteien, nochmals – und ich werde nicht müde werden, Sie das zu fragen, bis sich diesbezüglich inhaltlich etwas ändert –: Wo ist Ihr soziales Gewissen? Wo haben Sie Ihr soziales Gewissen gelassen? Ich hoffe, Sie nutzen die Zeit bis zum nächsten Plenum dazu, dieses in der Pfandleihe abzuholen, und legen hier andere Vorschläge im Bereich der Familienpolitik vor. (Beifall bei den Grünen.)

10.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Herr Staatssekretär Dr. Oster­mayer zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 


10.46.54

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Regierungsparteien haben sich im Zuge der Koalitionsverhandlungen auf die nun gewählte Form der Aufteilung der Minis­terien und der Zuordnung der Kompetenzen geeinigt, weil sie der Meinung sind, dass das eine taugliche Grundlage dafür ist, das Regierungsprogramm umzusetzen. Dass man darüber trefflich streiten kann, ist klar, wie es schon der Abgeordnete Mag. Molte­rer gesagt hat. Das war schon in der Vergangenheit so. Es ist immer darüber diskutiert worden, welche Bereiche am besten zu welchem Ministerium passen. Das ist aber nicht nur innerösterreichisch ein Thema, sondern das ist international genauso eine Frage, über die diskutiert wird. Wenn man sich anschaut, wie die Zuordnungen in an­deren Staaten sind, sieht man, dass es da sehr unterschiedliche Varianten gibt.

Ich habe mir konkret das Beispiel Sport angeschaut. Sport ist fast in jedem Staat bei einem anderen Ministerium zugeordnet. Ein Land gibt es allerdings – das ist gestern mehrmals im Zusammenhang mit der Europäischen Union genannt worden –, nämlich die Schweiz, wo es eine ähnliche Kombination gibt, wie sie jetzt bei uns vorgeschlagen wird, nämlich wo Landesverteidigung und Sport miteinander kombiniert werden.

Es hat mehrere Überlegungen gegeben, wie man das Bundesministeriengesetz verän­dern soll. Eine der Überlegungen war, dass man – ich sage es jetzt bezugnehmend auf den Abgeordneten Stadler so – die Zahl der Personen auf der Regierungsbank ver­kleinert. Die Menschen sehen das normalerweise als Verkleinerung der Bundesregie­rung. Ich weiß, es ist eine Verkleinerung um nur zwei Staatssekretäre, aber immerhin eine Reduktion der Zahl der Mitglieder der Bundesregierung. Wäre jedoch das Gegen­teil passiert, hätte es, nehme ich an, eine wesentlich heftigere Kritik gegeben.

Damit einhergehend war natürlich nicht möglich, das zu erfüllen, was hier jetzt und auch im Verfassungsausschuss mehrfach gefordert wurde, nämlich, dass es für ein­zelne Themen eigene Ministerien geben soll. Es besteht überhaupt kein Zweifel daran, dass das Thema „Sport“, das Thema „Umwelt“, das Thema „Familie“ oder das Thema


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„Jugend“ sehr wichtige Themen sind, aber trotzdem war es notwendig, dass man, wenn man die Regierung verkleinern beziehungsweise die Zahl der Personen auf der Regierungsbank reduzieren wollte, eine Zusammenfassung von Themen vornimmt. Und da haben wir natürlich Überlegungen angestellt und uns zu jedem einzelnen Be­reich Gedanken gemacht, welche Entscheidung wir da fällen sollen.

Die zweite Überlegung war, dass man nicht einzelne Abteilungen verschiebt, sondern dass man, wenn Verschiebungen vorgenommen werden, möglichst große Bereiche, die jetzt schon zusammenarbeiten, verschiebt. Daher haben wir den gesamten Bereich Arbeit, nämlich Arbeitsrecht und Arbeitsmarkt, vom Wirtschaftsministerium in das Sozi­alministerium und den Bereich Sport vom Bundeskanzleramt in das Verteidigungsmi­nisterium verschoben. Der Bereich Familie und Jugend kam in das Wirtschaftsminis­terium, wo Frau Staatssekretärin Marek als zusätzliches Ressortmitglied dieses Thema betreut, was zeigt, wie wichtig uns dieser Bereich ist. Das steht auch der Meinung des Abgeordneten Stefan entgegen, der hier sagte, dass der Wirtschaftsminister mit zu vielen Agenden belastet werde.

Es sind hier noch viele andere Punkte angesprochen worden, die erwähnenswert wä­ren, aber um es kurz zu machen werde ich nur einen Punkt herausgreifen, und zwar den Bereich „Forschung“. Es wurde nach den Regierungsverhandlungen eine Einigung dahingehend erzielt, dass die Grundlagenforschung, die bisher zwischen dem Infra­struktur- und Forschungsministerium auf der einen Seite und dem Wissenschaftsminis­terium auf der anderen Seite, und zwar mit dem FWF, dem Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, aufgeteilt war, zur Gänze in die Kompetenz des Wis­senschaftsministeriums fallen soll.

Betreffend die angewandte Forschung hat der Abgeordnete Molterer die Frage gestellt: Hat sich die Teilung, die da bisher bestanden hat, nämlich einerseits zwischen dem Infrastruktur- und dem Forschungsministerium und andererseits dem Wirtschaftsminis­terium, bewährt? Ich sage: Ja, sie hat sich bewährt! Denn: Diejenigen, die um For­schungsförderung angesucht haben, die Projekte eingereicht haben, haben nicht er­kannt – ja konnten nicht erkennen! –, dass es dahinter sozusagen zwei Eigentümer der Forschungsförderungsgesellschaft gab, und zwar auch deshalb, weil die Kooperation zwischen dem bisherigen Verkehrs- und Infrastrukturminister, dem jetzigen Bundes­kanzler Faymann, und dem damaligen Wirtschaftsminister, dem jetzigen Herrn Abge­ordneten Bartenstein, in diesem Bereich sehr gut funktioniert hat und damit das Prinzip des One-stop-shops erfüllt war.

Die Frage der Zusammenarbeit wird gerade auch in der Zukunft – in naher und wahr­scheinlich auch mittlerer Zukunft – insbesondere in den wichtigen Bereichen Wirt­schaft, Arbeitsplatzbeschaffung und Konjunkturbelebung eine große Rolle spielen, und daher kommen das Arbeitsrecht und der Arbeitsmarktbereich in das Sozialministerium.

Ich glaube, es haben die bisherigen Wochen schon gezeigt, dass es da eine hervor­ragende Zusammenarbeit zwischen dem Sozialminister beziehungsweise demnächst Arbeit- und Sozialminister, wenn das hier so beschlossen wird, und dem Wirtschafts­minister gibt. Ich nenne dafür nur das Beispiel Kurzarbeit, wo es eine sehr rasche und kooperative Erarbeitung eines Konzeptes gab, wie in Zukunft solche Probleme gelöst werden können.

Wie schon eingangs gesagt: Natürlich kann man sehr intensiv darüber diskutieren, wel­che Bereiche wohin kommen sollen oder gehören. Das Wesentlichste ist aber, dass eine Regierung zusammenarbeitet. Das ist das primäre Ziel: dass man sehr intensiv und konstruktiv zusammenarbeitet, um die anstehenden Probleme gemeinsam zu be­wältigen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.53



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 49

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Gross­mann zu Wort. 3 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


10.53.40

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekre­tär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Immer wenn das Bundesministerienge­setz diskutiert wird, vollzieht sich dasselbe Ritual: Es sollen zwar insgesamt Regie­rungsposten eingespart werden, aber für spezielle Themen – die zweifellos wichtig sind – sollen eigene Ministerien eingerichtet werden.

Kollege Stefan hat als Beispiel dafür den Bereich Familie genannt, der zweifellos ganz wichtig ist. Kollegin Musiol hat die Wichtigkeit des Bereiches Umwelt hervorgehoben. Die Grünen thematisieren sonst auch gerne das Thema „Integration“ und fordern für dieses ein eigenes Ministerium, aber das ist heute bisher noch nicht geschehen. Für all diese wichtigen Themen sollen nach Ansicht verschiedener Personen eigene Ministe­rien eingerichtet werden, insgesamt soll aber bei der Bundesregierung eingespart wer­den. Um der Forderung nach Sparsamkeit nachkommen zu können, ist es wichtig, dass man bestimmte Bereiche zusammenfasst, wie das auch der Herr Staatssekretär hier schon gesagt hat, ohne dass damit eine Abwertung dieser Bereiche einhergeht. Es werden trotzdem alle Bereiche mit der ihrer Wichtigkeit gebührenden Aufmerksamkeit betreut.

Beim Bundesministeriengesetz, wo die Arbeitsaufteilung und die Kompetenzverteilung festgelegt werden, bewahrheitet sich wie bei kaum einem anderen Thema der be­rühmt-berüchtigte Grundsatz: Einem jeden recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann! Es gibt einfach so viele verschiedene Sichtweisen, und jede für sich hat ihre guten Gründe, ihre speziellen Motivationslagen, und da muss einfach eine Abwägung getroffen werden. Wesentliche Kriterien sind jedenfalls klare Zuständigkeiten, die klare Verantwortlichkeiten zuordnen lassen, und das ist das wesentliche Qualitätsmerkmal der Verwaltung.

Der Kompetenzball soll möglichst wenig zwischen den Ressorts hin und her gescho­ben werden. Dass sich das nicht ganz vermeiden lässt, ist klar. Die Ressorts sollen eben so geordnet werden, dass Verwandtes möglichst unter einem Dach betreut wird, um möglichst viele Synergie- und damit auch Einsparungseffekte zu erreichen.

Die Bürgerinnen und Bürger sollen möglichst wenig durch Kompetenzzersplitterung verwirrt werden. Also die Verwaltung soll möglichst einfach gestaltet sein und auch schlüssig sein.

Ganz wichtig ist es, dass es in ein und demselben Ressort keine Interessenskollisionen gibt, dass schon der Anschein dessen hintangehalten wird. Das hatten wir, als die Arbeitsmarktagenden dem Wirtschaftsressort zugeordnet waren, und dieser Mangel ist jetzt bei dieser Ressortverteilung endlich beseitigt worden.

Alles in allem kann man sagen, dass bei diesem Bundesministeriengesetz den Grund­sätzen der Effizienz, Zweckmäßigkeit, Sparsamkeit und Transparenz durchaus ent­sprochen wurde. Und wie gesagt: Einem jeden recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Aubauer.)

10.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Ing. Höbart zu Wort. Gewünschte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


10.56.54

Abgeordneter Ing. Christian Höbart (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Als ich mir die neue Ressortaufteilung und Kompetenz-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 50

verteilung angesehen habe, im Speziellen jene betreffend die Familien- und Jugend­agenden, ist mir als dem Jugendsprecher meiner Partei und zweifachem Familienvater wirklich nahezu das Grauen gekommen. Warum? Weil ich das Gefühl hatte, dass für Sie die Familien- und Jugendagenden anscheinend völlig belanglos sind, dass sie für die Regierung von solch geringem Interesse sind, dass es wirklich meine schlimmsten Befürchtungen übertrifft.

Ich muss hier an Sie die Frage stellen: Hat sich bei dieser Aktion, die Familien- und Jugendagenden im Wirtschaftsministerium anzusiedeln, irgendwer von Ihnen etwas überlegt? Das glaube ich nicht, denn sonst könnte das nicht so sein. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich glaube vielmehr, dass es das Ziel dieser Regierung war, der schlechtesten Fami­lien- und Jugendministerin der Zweiten Republik, nämlich der Frau Dr. Kdolsky, den Rang abzulaufen. Und da muss ich sagen: Das ist Ihnen perfekt gelungen! (Beifall bei der FPÖ.)

Um Ihnen diese „traurige Gestalt“ nochmals in Erinnerung zu rufen, sozusagen ein Best of dessen, was diese ehemalige Familienministerin bei uns in der Republik alles getan hat, zu geben, nenne ich hier einige Beispiele: Sie hat Kleinkinder als lästig bezeichnet. Frau Kdolsky war es, die lieber Schweinsbraten gegessen und auf Partys getanzt hat, als die Probleme und Herausforderungen der Familien und Jugendlichen ernst zu nehmen. (Abg. Hornek: Schauen Sie sich einmal selber in den Spiegel!) Frau Kdolsky war es, die als Kinderlose für eine höhere Geburtenrate in unserer Republik sorgen wollte. (Abg. Schittenhelm: Haben Sie keine Inhalte? – Weitere anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich bezeichne das als alles andere denn authentisch. Und wir alle in diesem Hohen Hause wissen, dass diese Aktionen der ehemaligen Familien­ministerin gehörig in die Hose gegangen sind. (Ruf bei der ÖVP: Inferior! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Was passiert jetzt? – Völlig sang- und klanglos hängt man Familien- und Jugendagen­den an das Wirtschaftsministerium an. Ich vergleiche das mit einem Wurmfortsatz, denn das ist eigentlich nichts anderes. (Beifall bei der FPÖ.)

Da können Sie noch so viel von familien- und jugendpolitischen Maßnahmen sprechen, die Sie in dieser Legislaturperiode zu setzen vorhaben, die Optik dieser Vorgehens­weise ist schlicht fatal. So etwas habe ich überhaupt noch nie erlebt. Aber dass die Re­gierungsparteien ÖVP und SPÖ als Familienparteien schon längst abgedankt haben, ist ja hinlänglich bekannt. Das zeigt sich auch an den letzten Wahlergebnissen. Es haben nämlich 40 Prozent der Jugendlichen bis 30 Jahre die FPÖ gewählt. Und ich freue mich schon jetzt auf die Auseinandersetzung, wenn du, liebe Laura (Zwischenruf der Abg. Rudas), wenn Sie, Frau Rudas, jede dieser Stimmen zurückholen wollen. Auf diese Auseinandersetzung freue ich mich schon ganz besonders.

Wir Freiheitliche sehen die Familie als unverrückbare Keimzelle in einer funktionieren­den Gesellschaft, und die Jugend ist schlichtweg unsere Zukunft. Und da müssen wir gemeinsam massiv investieren. Wir müssen gewichtige monetäre, aber auch gesell­schaftspolitische Maßnahmen setzen, und das ohne Wenn und Aber, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Daher fordern wir von den Freiheitlichen, dass es ein eigenes Familien- und Jugend­ministerium gibt, wie dies schon einmal der Fall war, im Idealfall zusätzlich mit den Sportagenden, um so dieser wichtigen Materie mit aller Vehemenz Rechnung zu tra­gen.

Abschließend möchte auch ich unserem Dritten Präsidenten Martin Graf ein herzliches Dankeschön aussprechen, nämlich ein Danke für die Aufrichtigkeit und Standhaftigkeit


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 51

gegen diesen permanenten linken Tugendterror. Martin, weiter so! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Rädler: Sind Sie Mitarbeiter? Sind Sie dieser Mitarbeiter?)

11.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Höbart, Sie haben gleich mehrfach Anlass gegeben, Ihnen einen Ordnungsruf zu erteilen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Ich mache es ein Mal.

Es geziemt sich nicht, sich in der Art und Weise, wie Sie es hier getan haben, gegen­über einem früheren Regierungsmitglied zu verhalten.

Zum Zweiten sind Sie auf das Thema Bundesministeriengesetz so gut wie nicht einge­gangen.

Und ich ersuche Sie, hinsichtlich Ihrer Wortwahl in Zukunft sorgfältiger umzugehen.

Damit ein Ordnungsruf an Sie, Herr Abgeordneter Höbart. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Donabauer zum Wort.

 


11.02.11

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Frau Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Zu meinem Vorredner: Der letzte Satz war entbehrlich. Er kann darüber denken und philosophieren, wie er möchte, aber wir brauchen uns das nicht ständig anzuhören.

Zum Zweiten: Es darf jeder Kritik üben, aber bitte nicht so. Und wenn Sie besser wer­den wollen – das ist Ihnen ja unbenommen –, dann nehmen Sie sich Anleihe bei Mag. Stadler, der kann das nämlich sehr gut. Nur, mit dem sind Sie zerstritten, aber das ist Ihr Problem. Denn ich denke, dieses Haus verdient sich auch einen anderen Beitrag. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Punkt drei: Diese Regierung wird sicherlich nicht alle Erwartungen erfüllen – das ist undenkbar –, sie wird aber mit Sicherheit ihr Bestes geben und für dieses Land arbei­ten. Sie wird sich an zwei Grundsätze halten, nämlich an jenen der Sparsamkeit und an jenen der Zweckmäßigkeit.

Da ich schon lange Jahre hier sein darf, habe ich auch schon sehr viele Diskussionen miterlebt. Es ist eine Besonderheit meiner Gruppe, meiner Partei, der Volkspartei, dass sie seit 1986 in der Regierung ist. Und ich erinnere mich sehr genau daran – ich bin noch nicht so lange hier –, welche Argumente die Oppositionsparteien eingebracht haben. Eigentlich immer dieselben. Egal, wer in Opposition war. Nur die Grünen haben sich bis heute nicht drübergetraut, in eine Regierung einzutreten – das ist ihre Sache, das ist nicht mein Thema. Es war immer dasselbe, es wurde gesagt: Die Regierung ist zu groß, und das sollte anders sein. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Schauen Sie: Diese Regierung hat eine Zusammensetzung, für die sich die beiden Parteien, die für dieses Land die Verantwortung übernommen haben, entschieden ha­ben. Sie meinten, dass wir so gut aufgestellt sind für die Herausforderungen, die zwei­felsfrei auf uns zukommen.

Da die Grün-Sprecherin – sie ist nicht im Saal; macht nichts, geht nicht ab – gemeint hat, die Energiepolitik in diesem Land sei falsch, weil es kein punziertes Energieminis­terium gibt, darf ich Ihnen sagen: Gnädige Frau, schauen Sie sich die Energiepolitik an, die Martin Bartenstein als Wirtschaftsminister in schwierigster Zeit gemacht hat, 2004, 2005, 2006. – Danke, Martin! Das darf gesagt werden! (Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Schauen Sie sich an, welche Energiepolitik Minister Mitterlehner in den letzten Tagen gemacht hat. Ich denke, es geht nichts ab, die Energiepolitik ist im Wirtschaftsressort ordentlich eingebettet und wird dort auch professionell betreut. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 52

Und wenn Sie meinten, dass die Umweltpolitik im Agrarressort schlecht angesiedelt ist, darf ich Ihnen zur Umwelt- und Energiepolitik, Frau Kollegin – jetzt sind Sie ja wieder im Saal –, eines sagen: Eine Politik, wie Sie sie betreiben, nämlich alles zu verlangen und andererseits gegen alles zu sein, ist nicht zu vollziehen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn Sie meinen, dass wir in unserem Land eine schlechte Umweltpolitik haben, und zwar nur deshalb, weil sie im Agrarressort angesiedelt ist, sage ich Ihnen: Das Wasser eines Großteils unserer Seen hat Trinkwasserqualität. Zeigen Sie mir Ähnliches an­derswo in Europa! Ein Großteil unserer Flüsse hat Badequalität. Zeigen Sie mir irgend­wo Ähnliches! – Ich weiß daher nicht, wofür man sich da entschuldigen soll. Das macht doch keinen Sinn! (Beifall bei der ÖVP.)

Sie müssen schon, wenn Sie reden und etwas behaupten, wissen, dass man darauf auch Antworten bekommt. Ich denke, wir haben hier auch für die Zukunft mit Berlako­vich in der Kombination Agrarwirtschaft, Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Umwelt nach wie vor eine sehr gute Präsenz. Berlakovich wird es in den nächsten Jahren nicht leicht haben, die Herausforderungen zu bewältigen. Aber insgesamt meine ich auch, dass es vertretbar ist, dass der Herr Vizekanzler im Finanzministerium, das er führt – eine der verantwortungsvollsten Aufgaben –, zwei Staatssekretäre hat. Warum auch nicht? Er hat auch ein breites Spektrum an Aufgaben und Agenden abzudecken, und er wird sich im großen Spannungsfeld der Erwartungen fast aller Bürger und Gruppen und der Möglichkeiten, die leider sehr anders geworden sind, durchbringen müssen.

Ich denke daher, dass dieses Bundesministeriengesetz eine gute Voraussetzung für eine gedeihliche Arbeit in den nächsten Jahren ist. (Beifall des Abg. Kopf.) Wir werden uns auch darum bemühen.

Ich meine, dass auch im Bereich Soziales und Gesundheit große Fragen auf uns zu­kommen. Dieser Bereich war auch mit Herrn Kollegen Haupt oder mit Frau Kollegin Haubner nicht schlecht abgedeckt, nein, in keinster Weise. Aber ich denke, wir haben mit den beiden Persönlichkeiten, die diese Ressorts abdecken, Kenner des Geschäfts. Und ob der Bereich Arbeit im Wirtschafts- oder im Sozialministerium ist, wird nicht ent­scheidend sein. Es wird darum gehen, wie es uns gelingen wird, Arbeit zu schaffen und Arbeitslosigkeit zu verhindern. Das werden die Themen sein. Und da sind wir alle in höchstem Maße gefordert.

Gestern waren die Regierungsmitglieder hier anwesend und es wurde die neue Justiz­ministerin vorgestellt. Und das ist auch eine Besonderheit dieser Regierung: eine Jus­tizministerin von dieser Qualität und von dieser Professionalität zu haben (Abg. Grosz: Deswegen ist sie ja auch ein „Mitglied“ der ÖVP!), die von sich aus erklärt, dass sie abseits der Parteien steht und sich ganz der Sache widmet. Sie wird mit allen hier Poli­tik machen, Politik machen müssen, weil es viele Fragen der Gesellschaft gibt, die wir miteinander zu diskutieren und letzten Endes auch zu bewältigen haben.

Wir stimmen diesem Gesetz selbstverständlich zu. Die Meinung einiger Damen und Herren von den Oppositionsparteien kennen wir aus dem Verfassungsausschuss. Es gibt keine besonderen Argumente, das sind mehr oder weniger oppositionelle Riten; soll so sein.

Wir alle sind in diesen bewegten Zeiten gefordert, wichtige Entscheidungen zu treffen, und dafür brauchen wir Zusammenarbeit, da braucht sich keiner auszunehmen. Dazu brauchen wir Begleitung und auch eine solide, breite Unterstützung.

Es geht um entscheidende Fragen für unser Land, und ich denke, dass es richtig ist, dass wir sowohl die Opposition als auch die Bürger insgesamt und die Medien einla-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 53

den, diese Regierungsarbeit zu begleiten, absolut kritische Anmerkungen zu machen – sachlich kritische sind noch besser und gute Vorschläge am allerbesten.

Es geht um die Zukunft unseres Landes, für das wir alle Verantwortung tragen. Über­zogene Erwartungen lohnen sich kaum. Solide Arbeit und umfassende Information wird Ihnen diese Regierung in den nächsten Jahren bieten, und ich denke, profitieren wird davon unser Land Österreich. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Bravo!)

11.09


Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächste spricht Frau Abgeordnete Haubner. – Bitte.

 


11.09.14

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatsse­kretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Dem Nationalrat liegen jetzt erstmals zwei Regierungsvorlagen vor, man sieht, dass die Regierung ein bisschen etwas ar­beitet. (Abg. Bucher: Kurzarbeit!)

Ich denke, diese Vorlage zur Änderung des Bundesministeriengesetzes ist vergleich­bar mit dem Regierungsprogramm: So wenig konkret das Regierungsprogramm ist, so voll es von Sammelsurien ist, Optimierungen, Erweiterungen, Arbeitsgruppen und Ähn­lichem, so wenig verständlich ist die Aufteilung nach diesem Bundesministeriengesetz und so wenig an Einsparungen und an finanziellen Einsparungen enthält dieses Bun­desministeriengesetz. (Beifall beim BZÖ.)

Ich möchte jetzt sagen, was aus unserer Sicht Priorität hat – es ist nicht so, dass wir nur deswegen dagegen sind, weil wir in Opposition sind. Priorität hat unter anderem die Politik für Generationen. In der Zeit von 2000 bis 2006 gab es beim Sozialministe­rium das große Generationenministerium, in dem alle Generationen angesiedelt waren, in dem die Aufgaben, die Politik für Jung und Alt, für Familien, für Menschen mit Behin­derung zentriert waren und gemacht wurden. Die Erfahrung hat uns gezeigt, dass das gut war.

Jetzt hat man die Generationen wieder zersplittert, und zwar in dem Sinn, dass man die Familien als Anhängsel ins Wirtschaftsministerium gegeben hat – ich kann nur sa­gen, als Anhängsel, auch wenn Sie, Kollege Molterer, gesagt haben, der Grund und die Zielsetzung sind, dass man die Arbeitswelt familienfreundlicher macht. Das ist schon richtig, aber dann hätte ich mir in den letzten zwei Monaten vom formalen Wirt­schafts-/Familienminister ein Signal in diese Richtung erwartet. Aber der hat sich über­haupt nicht geäußert. Erst als das Bundesministeriengesetz vorgelegen ist, habe ich gesehen, dass der Wirtschaftsminister auch noch Familienminister ist. Diesbezüglich hört man ja nichts von ihm. Ich meine daher, diese Begründung ist eine gute und schöne Ausrede, aber diese Regelung wird nicht sehr viel bringen. (Beifall beim BZÖ.)

Die Frau Staatssekretärin Marek hat ja auch noch nicht viel gesagt. Nichts gegen die Frau Staatssekretärin persönlich, die ich als Frau sehr schätze, aber sie hat bis jetzt eigentlich nur von sich reden gemacht, als es darum ging, wie man den Kindergeld­zuschuss, der zu viel bezogen wurde und der zurückbezahlt werden muss, von den Eltern zurückfordert. – Das ist ihr bisheriger Beitrag zur Familienpolitik!

Die Senioren und Seniorinnen sind weiter im Sozialministerium, und die Frauen sind in einem eigenen Frauenministerium. Ich frage Sie, werte Kolleginnen und Kollegen: Wo sind die Männer? Wo sind die Männer geblieben? (Beifall beim BZÖ.)

Ich erinnere mich, es hat eine Männer-Abteilung gegeben, und ich suche in der Vertei­lung des Aufgabenbereiches des Sozialministeriums die Männer. Die Männer sind ver­loren gegangen. – Vielleicht kann mir das jemand beantworten. Vielleicht hat sie aber auch die Frau Frauenministerin aufgenommen, und die arbeitet nun daran, dass ihr


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Frauenministerium ein wirkliches Gleichstellungsministerium wird? Vielleicht ist das die große Überraschung, die in den nächsten Wochen auf das Parlament zukommt.

Das, was hier vorliegt, ist auch ein Ausdruck und ein Sinnbild für eine Politik, die der­zeit nicht funktioniert, gerade auch in der Familienpolitik. Die Familienpolitik ist reich an Ankündigungen und Versprechen. Jeden Tag hören wir gerade vom Herrn Vizekanz­ler – er wird nicht müde, das zu sagen –, was den Familien alles in der Tasche bleibt, wie viel Geld sie bekommen. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, die Familien spüren nichts davon, dass sie mehr bekommen. Wenn man mit ihnen spricht, hört man nur, dass sie spüren, dass mit 1. Jänner alles teurer geworden ist, dass die Energiepreise gestiegen sind, die Strompreise, die Gaspreise und so weiter. Andererseits wird aber ständig ver­sprochen: Ihr kriegt schon etwas, wartet nur! Das werden 2 000, 3 000 € sein! – Ich sage Ihnen: Das böse Erwachen wird dann noch kommen! (Beifall beim BZÖ.)

Man wird aber auch nicht müde, zu sagen, dass das verpflichtende Kindergartenjahr kommt. Auch dadurch wird für die Familien alles leichter und besser. – Ja, richtig, gut und schön, dass man diese Idee des Kärntner Landeshauptmanns Haider aufgreift und Kärnten das erste Bundesland ist, wo es das schon gibt, darüber freue ich mich (Beifall beim BZÖ), aber wann wird es so weit sein? Vertröstet man die Familien auch auf den Sankt-Nimmerleins-Tag?

Oder: Was ist mit dem Vatermonat? – Das ist jetzt schon die zweite Regierung, die sagt, dass der Vatermonat kommen wird. (Abg. Grosz: Eine unsoziale Regierung!) Die vorige Regierung hat das auch gesagt.

Oder: Was ist mit dem Jugendwohlfahrtsgesetz? – Die vorige Familienministerin hat immer gesagt, dass sie es fertig in der Schublade hat. Warum liegt dieses Gesetz nicht vor?

Ich habe gestern mit großer Freude gehört, dass die Frau Justizministerin gesagt hat, dass ihr der Schutz der Kinder sehr wichtig ist. Als ich sie gestern gehört habe, habe ich mir gedacht, das wäre eigentlich die richtige Familienministerin, man hätte die Familienagenden in das Justizministerium geben sollen, denn dort wäre eine starke Lobby, eine starke Vertretung. (Beifall beim BZÖ.)

Wo ist die große Allianz für die Familien, von der immer alle sprechen? – Hier be­stehen also großer Handlungsbedarf und große Konzeptlosigkeit.

Große Konzeptlosigkeit und Untätigkeit findet man auch im Sozialministerium. In Zeiten wie diesen müsste man eigentlich jeden Tag hören, was der Sozialminister vorhat, was er umsetzt – aber man hört nichts! Man hört nur, dass er mit Sozialpartnern Kurzar­beitsregelungen mit besserer Qualifizierung verhandelt; aber er verhandelt schon sehr lange. Er hätte im Dezember unseren in diese Richtung gehenden Antrag nicht ableh­nen müssen, sondern hätte ihn aufgreifen können.

In Interviews mit dem Herrn Sozialminister ist zu lesen, dass er die Subventionen nach Sparpotenzial durchsucht.

Es ist ihm wichtig, dass wir für Jugendliche, die arbeitslos sind, überbetriebliche Lehr­werkstätten haben – etwas „ganz Neues“!

Und wichtig ist ihm auch – das ist in einem Interview nachzulesen –, dass das faktische Pensionsantrittsalter höher wird. Aber er sagt nicht, was wir mit denen über 50 tun, die keine Arbeit mehr haben und keinen Job mehr bekommen!

Gerade im Sozialbereich besteht daher großer Handlungsbedarf. Und ich erwarte mir vom Sozialminister, dass er einmal ordentlich sagt, was er da tun wird. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Dr. Königshofer.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 55

Lassen Sie mich zum Abschluss noch eine Besonderheit – für mich ist das eine Beson­derheit – feststellen: Beim Aufgabenbereich des Sozialministeriums steht, dass die Freiwilligenarbeit im Einvernehmen mit dem Wirtschaftsministerium gemacht wird. Das ist ein ganz neuer Satz, so etwas habe ich in einer Aufgabenverteilung bisher noch nie gelesen. Und da frage ich mich: Ist man doch ein bisschen misstrauisch zwischen Rot und Schwarz, sodass man sich gegenseitig beobachtet, oder ist das eine Folge des­sen, dass Minister Buchinger in der vergangenen Legislaturperiode in der Freiwilligen­arbeit total versagt hat, dass er überhaupt nichts gemacht hat, dass er die Freiwilligen­organisationen wirklich im Regen stehen hat lassen (Ruf bei der SPÖ: Das stimmt ja nicht!) und sie nur mit Sonntagsreden abgespeist hat? – Eines von beiden wird zutref­fen. (Beifall beim BZÖ.)

Es ist daher, meine ich, höchst an der Zeit, dass wir gerade bei der Freiwilligenarbeit mit Sonntagsreden aufhören, denn die Freiwilligenarbeit ist ein unverzichtbarer Be­standteil der Lebensqualität in Österreich. Die freiwilligen Helferinnen und Helfer – ob das jetzt Feuerwehr, Rotes Kreuz, Bergrettung und so weiter ist – arbeiten im Interesse der Bevölkerung, und das ist mehr als beeindruckend.

Daher wollen wir dem Herrn Sozialminister und dem Herrn Wirtschafts-/Familienminis­ter ein bisschen Nachhilfe geben und einen entsprechenden Antrag einbringen, damit sie auch etwas zum Arbeiten haben:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner, Dolinschek, Dr. Spadiut, Kollegin und Kollegen be­treffend die Freiwilligenpolitik

Die unterfertigten Abgeordneten stellen folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, die Umsetzung der nachstehenden Maßnahmen in der Freiwilligenarbeit ehest möglich vorzubereiten und dem Nationalrat die entspre­chenden Gesetzesvorschläge zu übermitteln:

einen weitergehenden Versicherungsschutz für Freiwillige in Hilfsorganisationen,

Bonus für Betriebe, die freiwillige Mitglieder von Blaulichtorganisationen einstellen,

Abgeltung der Lohnkosten bei längeren Einsätzen,

bevorzugte Behandlung bei der Aufnahme in den öffentlichen Dienst,

Berücksichtigung im Rahmen der Schwerarbeiterregelung für freiwillige Mitglieder von Blaulichtorganisationen, die im Rahmen von schwierigen Einsätzen regelmäßig schwe­ren physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt sind,

steuerliche Absetzbarkeit von Spenden an freiwilligen Hilfsorganisationen, wie insbe­sondere an die freiwilligen Feuerwehren und

bessere Unterstützung bei der Ausstattung an Geräten für freiwillige Hilfsorganisatio­nen

*****


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 56

Meine Damen und Herren von der Regierung, beenden Sie Ihren Dauerschlaf, been­den Sie Ihre Politik der Versprechungen und der Ankündigungen und gehen Sie an die Arbeit! Setzen Sie Maßnahmen für die Menschen, dass sie auch bei diesen ankom­men! – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

11.19


Präsident Fritz Neugebauer: Der von Kollegin Haubner eingebrachte Entschließungs­antrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner, Dolinschek, Dr. Spadiut, Kollegin und Kollegen be­treffend die Freiwilligenpolitik

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 155/A der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird (Bundesministeriengesetz-Novelle 2008) (39 d.B.)

Aufgrund der Novelle des Bundesministeriengesetzes soll die Freiwilligenpolitik künftig vom Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz im Einverneh­men mit dem Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend koordiniert wer­den.

Dabei stellt die Tätigkeit der Freiwilligen in Österreich im Rahmen der Bürgergesell­schaft einen unverzichtbaren Bestandteil der Lebensqualität in Österreich dar. Denn tagtäglich leisten freiwillige Helferinnen und Helfer eine unschätzbar wertvolle Arbeit für unsere Gesellschaft. Vor allem in Katastrophenfällen wird eindrucksvoll vor Augen ge­führt, wie wichtig die Arbeit von freiwilligen Helferinnen und Helfern ist. Zudem nehmen sie ihre Aufgaben oft bis zur totalen Erschöpfung wahr. Auch setzen Freiwillige beim Einsatz ihre Gesundheit, manchmal sogar ihr Leben aufs Spiel.

Was freiwillige Helferinnen und Helfer beispielsweise bei der Feuerwehr, Rotes Kreuz oder Bergrettung im Interesse der Bevölkerung leisten, ist beeindruckend. Für sie ist Solidarität kein leeres Wort, sondern wird ständig von ihnen gelebt. In Zeiten, in denen oftmals Eigennutz und Egoismus dominiert stellen sie ihre Freizeit und ihre Energie der Allgemeinheit zur Verfügung.

Es ist daher höchste Zeit, dass die unermüdliche und unentgeltliche Arbeit dieser Men­schen endlich entsprechend honoriert wird. Dies soll aber nicht durch Gesten und Lip­penbekenntnisse, sondern durch konkrete Aktionen erfolgen.

Ein Maßnahmenpaket für die freiwilligen Helferinnen und Helfer muss geschnürt wer­den, um Schutz und Sicherheit auch für die Freiwilligen zu gewährleisten. Denn die Freiwilligenarbeit muss jene Wertschätzung bekommen, die sie verdient. Zudem sind Anreize zu schaffen, um mehr Menschen zu einer Mitarbeit bei einer Hilfsorganisation zu animieren.

Daher sollen Personen, die in Hilfsorganisationen tätig sind, bei einer Anstellung im öf­fentlichen Dienst bevorzugt behandelt werden. Auch Betriebe, die freiwillige Mitglieder von Blaulichtorganisationen einstellen sollen einen Bonus erhalten. Weiters muss ge­währleistet werden, dass es für Freiwillige in Hilfsorganisationen einen weitergehenden Versicherungsschutz gibt.

Da Feuerwehrleute und Helfer von freiwilligen Hilfsorganisationen bei Einsätzen durch ihre Abwesenheit vom Arbeitsplatz zu einem Kostenfaktor für die Unternehmer werden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 57

können sollen Betriebe, die ihren Mitarbeitern den Einsatz in Hilfsorganisationen er­möglichen, steuerliche Anreize wie die Abgeltung der Lohnkosten bei längeren Einsät­zen bekommen.

Weiters muss eine sozial- und arbeitsrechtliche Absicherung für ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen umgesetzt werden.

Da freiwillige Mitglieder von Blaulichtorganisationen bei Einsätzen regelmäßig schwers­ten psychischen und physischen Belastungen ausgesetzt sind sollen auch diese bei der Schwerarbeiterregelung berücksichtigt werden.

Zudem muss die steuerliche Absetzbarkeit von Spenden an freiwilligen Hilfsorganisa­tionen insbesondere bei freiwilligen Feuerwehren umgesetzt werden.

Weiters soll eine bessere Unterstützung bei der Ausstattung an Geräten bei freiwilligen Hilfsorganisationen wie Feuerwehren etc. sichergestellt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, die Umsetzung der nachstehenden Maßnahmen in der Freiwilligenarbeit ehest möglich vorzubereiten und dem Nationalrat die entspre­chenden Gesetzesvorschläge zu übermitteln:

einen weitergehenden Versicherungsschutz für Freiwillige in Hilfsorganisationen,

Bonus für Betriebe, die freiwillige Mitglieder von Blaulichtorganisationen einstellen,

Abgeltung der Lohnkosten bei längeren Einsätzen,

bevorzugte Behandlung bei der Aufnahme in den öffentlichen Dienst,

Berücksichtigung im Rahmen der Schwerarbeiterregelung für freiwillige Mitglieder von Blaulichtorganisationen, die im Rahmen von schwierigen Einsätzen regelmäßig schwe­ren physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt sind,

steuerliche Absetzbarkeit von Spenden an freiwilligen Hilfsorganisationen, wie insbe­sondere an die freiwilligen Feuerwehren und

bessere Unterstützung bei der Ausstattung an Geräten für freiwillige Hilfsorganisatio­nen

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Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kräuter zu Wort. – Bitte.

 


11.19.10

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich versuche es einmal mit einer Gemeinsamkeit quer durch alle Fraktionen: Ich freue mich sehr, dass der Zustand des Plenarsaales in der heutigen Sitzung Thema ist. Ehrlich gesagt, wenn ich mir so die Reaktionen anschaue, ob per Akklamation oder durch Aussagen, scheint ja klar, dass die SPÖ für den Umbau ist, dass die ÖVP für den Umbau ist, dass das BZÖ für den Umbau ist, dass die Grünen für den Umbau sind.


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Ich würde mich sehr freuen – ich habe ja auch vereinzelt Applaus in den Reihen der FPÖ geortet –, wenn auch der Dritte Präsident des Nationalrates, der ja auch noch zu Wort gemeldet ist, ein klares Bekenntnis für diesen Umbau ablegt. Dann werden wir das sehr schnell flottkriegen. Es ist ein Gutachten in Auftrag gegeben worden, es wird in wenigen Wochen vorliegen, und ich denke, dann kommen wir in dieser Sache ans Ziel, und das wäre insgesamt für uns alle etwas sehr, sehr Positives.

Daher mein Appell an die Damen und Herren von der FPÖ: Entschließen Sie
sich, ringen Sie sich durch, legen Sie ein klares Bekenntnis zu diesem Umbau ab! Dann werden wir diesen Umbau durchführen können. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brosz.)

Was war denn das Besondere, meine Damen und Herren – ich möchte fast sagen: das Vorbildliche –, bei der personellen Bildung dieser Bundesregierung:

Hat es einen Streit gegeben um Posten und Positionen? – Nicht eine einzige Minute hat es einen Streit gegeben! Und das kommt bei der Bevölkerung natürlich sehr gut an, wie wir aus Umfragen ablesen können.

Gibt es mehr Sessel auf der Regierungsbank? – Nein, es gibt weniger Sessel, und da­durch wird auch eine Spargesinnung zum Ausdruck gebracht. (Abg. Grosz: Zwei Staatssekretäre! – Da hätten wir zwei Brunnen auch einsparen können! Zwei Hydran­ten! – Ironische Heiterkeit des Abg. Grosz.)

Gibt es bei dieser Zusammensetzung programmierte Bruchstellen? – Nein, meine Da­men und Herren! Es findet sich auch die Sozialpartnerschaft wieder. Es ist ein sehr ge­schickt austariertes personelles Angebot, und, ehrlich gesagt, das ist das Entscheiden­de bei dieser Wirtschaftssituation, beim Kampf gegen Arbeitslosigkeit. Daher können wir von der Sozialdemokratie nur sagen: Die Zusammensetzung dieser Bundesregie­rung ist vorbildhaft! (Beifall bei der SPÖ.)

Das steht – da bin ich ja ohnedies ganz Ihrer Meinung – sehr im Kontrast zur Vergan­genheit. Diesbezüglich hat ja die Opposition nicht unrecht gehabt: Streit, Untergriffe hat man vorwerfen können, fehlende Gemeinsamkeit und so weiter. Aber die Politik hat sich neu orientiert! Das ist noch nicht ganz angekommen. Wir sind in der Phase (Rufe der Abgeordneten Petzner und Ursula Haubner: Des Stillstands! Des Stillstands!), wo Sie sich erstaunt die Augen reiben, wo Sie das noch gar nicht fassen können und nicht wissen, wie Sie mit dieser Situation umgehen sollen. (Abg. Grosz: „Obama ist in Wien gelandet!“ Diese Geschichte haben wir gestern schon gehört!)

Haben Sie Konzepte? Haben Sie Vorschläge? – (Ruf beim BZÖ: ... Tiefschlaf! – Abg. Grosz: „,Airforce I‘ has landed in Vienna!“) Na ja, die Linie hat ja der Herr Strache vor­gegeben: Ganz am Beginn, noch bevor diese Bundesregierung angelobt war, hat er sie schon als „Gruselkabinett“ diffamiert – mit dem Ergebnis, dass jetzt Redner hier an das Pult treten und dann mit einer ganzen Serie von Ordnungsrufen wieder in die Sitzbank zurückkehren. So kann es ja wirklich nicht sein.

Auch eine Anmerkung zum Kollegen Stadler. – Also, ehrlich gesagt, ich habe das als sehr sachlich empfunden (Abg. Neubauer: Haben Sie zum Thema auch etwas zu sa­gen?): Der Herr Bundeskanzler hat im Zusammenhang mit der Anfrage die Zuständig­keiten erklärt. Dazu kann man anderer Meinung sein. Nur: Wenn man Respekt ein­mahnt, meine Damen und Herren, dann kann man nicht hier Respektlosigkeit zum Prinzip machen! Und diese Tiraden des Kollegen Stadler sind ja wirklich abzulehnen. (Abg. Grosz: Wenn er recht hat, hat er recht!)

Ein Letztes: Was den Wunsch nach zusätzlichen Ministerien betrifft, nämlich für Fami­lie, Sport, Energie, Integration – diese Bereiche wurden genannt –, muss ich sagen: Das wären vier Ministerien mehr! Da hätten wir gleich einen Tischler gebraucht, um die


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Regierungsbank zu verlängern. (Abg. Grosz: Man könnte aber ein paar untätige ein­sparen, denn davon sitzen genug da – sinnlos, nutzlos, ...!) Na, was hätten Sie dann gesagt, Frau Haubner? Seien Sie mir nicht böse, da wären ja „aufgebläht“ und „Steuer­geldverschwendung“ noch die zurückhaltendsten Vokabel gewesen.

Daher würde ich bitten: Suchen wir Gemeinsamkeiten! – aber bei Ihrer Kritik achten Sie bitte darauf, dass diese ein bisschen Konsistenz hat, sonst fällt es sehr, sehr schwer, damit vernünftig umzugehen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neubauer: Das ist eine bescheidene Rede gewesen! ... Besseres gewohnt!)

11.23


Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


11.23.12

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Grundsätz­lich geht es ja bei Bundesministeriengesetzen dann immer um die Frage: Welche Aus­wirkung hat eine Verschiebung von einem Ressort zum anderen? Kollege Donabauer hat erklärt, dass es eigentlich ohnedies wurscht ist, wo ein Bereich angesiedelt ist, son­dern dass es darum geht, was dann darin stattfindet. Das ist immer die klassische Fra­ge. Dann hätte man allerdings die Frage, wohin die Arbeitsagenden ressortieren sollen, im Jahr 2000 auch in diesem Sinne diskutieren können, und man hätte den Bereich Arbeit damals auch woanders lassen können. Es ist aber anders gekommen, und die SPÖ hat das damals auch kritisiert.

Es wird also mit Verschiebungen von Ressorts schon ein symbolisches Zeichen ge­setzt: Erstens einmal geht es um die Frage, was man damit ausdrücken will, und zwei­tens um eine gewisse politische Gewichtung, die damit verbunden ist. Insofern ist es natürlich aus unserer Sicht ein sehr positiver Aspekt, dass die Arbeitsagenden wieder im Sozialministerium angesiedelt sind.

Ich möchte mich aber mit dem Thema Sport befassen, nachdem das im Ausschuss schon fast das Hauptthema gewesen ist, nämlich der Umstand, dass der Sport jetzt beim Verteidigungsministerium angesiedelt wird. Ich habe dazu eine etwas ambivalen­te Haltung. Grundsätzlich habe ich wenig Freude, wenn das ein Zeichen dafür sein sollte, dass es um militärischere Strukturen im Sport geht, weil es in Österreich, glaube ich, ohnehin schon so ist, dass das Bundesheer relativ starken Einfluss – vielleicht weniger auf die Sportpolitik, aber auf die Sportstruktur – hat. Wir wissen, dass es viele Spitzensportler gibt – gerade in den Bereichen, wo es nicht um sehr viele Einnahmen geht –, die ohne das Bundesheer ihren Sport gar nicht ausüben könnten, und dass es fast notgedrungen so ist, dass man sich, wenn man in gewissen Sportbereichen aktiv sein will, beim Bundesheer einfinden muss, dort eine Karriere machen muss, Bundes­heerangehöriger sein muss, um den Sport ausüben zu können.

Ich finde, darüber kann man grundsätzlich schon nachdenken, denn letztlich sind es ebenfalls Steuergelder, die dafür verwendet werden, und mir würde es besser gefallen, wenn es diese Notwendigkeit, zum Bundesheer zu gehen, so nicht geben würde – bei aller Akzeptanz dessen, was das Bundesheer zum Teil für den Sport leistet.

Insofern ist es schon wichtig, dass es da keine Verschmelzung gibt. Wenn also jetzt herauskommen sollte, dass auch das, was bisher als Sportressort unabhängig war, sozusagen nur mehr mit dem Bundesheer verflochten wird, dann hätte das aus meiner Sicht sicher schwerwiegende Folgen. Ich nehme aber nicht an, dass das geplant ist.

Was aber eigentlich die Diskussion im Sportausschuss ausgelöst hat, war etwas an­ders. Da geht es ja, glaube ich, weniger um die Frage, wohin dieser Bereich ressortiert, sondern um die Person Darabos, der, glaube ich, zwei Ansagen gemacht hat, die durchaus neu waren – und wo es zu einer davon eine große Kritik gibt –, nämlich


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einerseits hinsichtlich der Frage Doping und Strafrecht und andererseits betreffend die Bündelung von Sportförderung.

Bei der Bündelung der Sportförderung kann ich Darabos in weiten Teilen folgen. Wir haben in Österreich eine Situation, wo die Gießkanne das oberste Prinzip der För­derung ist. Das kann bis zu einem gewissen Grad auch so sein, aber im Spitzensport braucht es, glaube ich, auch neue Überlegungen. Wenn man Österreich mit anderen Ländern vergleicht, dann sieht man ja: Bei den Erfolgen im Wintersport ist Österreich eine Macht, im Sommersport schaut es schon deutlich anders aus. Und dort, glaube ich, muss man die Förderstrukturen überdenken, weil es notwendig ist, dass hier auch gezielte Förderung möglich ist. Es gibt Länder, die Spitzensportförderung fokussieren: Schweden beispielsweise ist im Sommersport ein sehr erfolgreiches Land, es fokus­siert de facto auf zwölf Sportbereiche, wo wirklich gefördert wird, wo Strukturen aufge­baut werden, wo auch Vorbildwirkung gegeben ist, was dann auch zum Breitensport führt. In Österreich hingegen gibt es da eine sehr breite Streuung.

Da ist, finde ich, wirklich der Ansatz richtig, zu sagen, wir brauchen Fokussierung. Da­zu gab es auch schon einige Kritik. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass wir eine Struktur haben, bei der die BSO im Parlament sehr stark vertreten ist, durch den Prä­sidenten Wittmann, der natürlich hier eine kleine Unvereinbarkeit hat, denn: Dort muss er das Prinzip der Gießkanne predigen – anderes kann er ja wohl kaum tun. (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben die führenden Vertreter der Dachverbände im Parlament – eine doppelte Struktur. Also: So gebunden wie der Sportbereich ist, glaube ich, kaum ein anderer. Da gibt es irgendwie derartige Zugriffe von außen, dass kaum frei agiert werden kann. Da gibt es mehrfache Abhängigkeiten – und daher auch Schwierigkeiten, etwas umzuset­zen.

Aber ich hoffe, dass man zu dem Konsens kommen kann, dass wir gerade im Som­mersport durchaus gezielter fördern sollten, dass gewisse Bereiche auch im Spitzen­sportbereich besser dastehen sollten und dass auch der Breitensport ein Thema ist, dem man sich widmen sollte. Insofern war ja auch immer wieder die Überlegung: Was ist mit dem Unterrichtsministerium? – Das hat diese Agenden jetzt auch nicht bekom­men. Aber deshalb kann das Thema, dass Bewegung und Sport einfach zurückge­drängt worden ist und viel weniger Möglichkeiten gegeben sind, nicht erledigt sein. Das soll wieder ausgeweitet werden.

Abschließend zum Thema Doping. – Die Debatten werden in den nächsten Wochen weitergehen. Doping ist aus unserer Sicht ein Thema, wo eine konsequente politische Bekämpfung notwendig ist, nämlich auch um Sport in Österreich zu unterstützen, und wo wir bei den letzten Novellierungen immer wieder den Eindruck gehabt haben, es gibt einen gewissen resistenten Widerstand gegen eine wirklich effektive Anti-Doping-Gesetzgebung.

Das werden wir uns auch noch im Detail anschauen: wie eigentlich die Kontrollmecha­nismen jetzt funktionieren, ob beispielsweise die Instanzen, die im Bundeskanzleramt zur Kontrolle eingesetzt sind, wirklich kontrollieren oder ob dort irgendwelche Schwä­chen vorhanden sind. Ich glaube, sie sind es. – Bei einzelnen gesetzlichen Bestimmun­gen gab es dann noch immer so einen Widerstand – teilweise aus den Verbänden – bei der Gesetzeswerdung, der nicht nachvollziehbar war.

Der Vorschlag von Darabos, Doping strafrechtlich zu verfolgen, ist aus meiner Sicht etwas, worüber man erstens einmal sehr gründlich diskutieren sollte, bevor man da ir­gendwo ansetzt, und wo es zweitens nicht darum gehen kann, das Vergehen selbst unter das Strafrecht zu stellen – diesen Konsens gibt es in diesem Haus, soweit mir bekannt ist, nach wie vor.


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Allerdings: Die Frage, wo es Notwendigkeiten gibt, bei Doping auch Verfolgung wirklich möglich zu machen, ist auch neu zu diskutieren – gerade auch unter dem Eindruck der Erkenntnisse aus dem Fall Kohl –, wo einfach die Möglichkeit notwendig ist, wirklich effektiv auf richtige Aussagen zu drängen beziehungsweise darauf, dass überhaupt Aussagen getätigt werden, um Maßnahmen setzen zu können. Wenn es Sportler gibt, die sagen: Mich interessiert das nicht, ich werde zwei Jahre gesperrt; ich brauche keine Aussage zu machen, die Sperre bekomme ich sowieso!, dann ist das, glaube ich, ein unbefriedigender Zustand, angesichts dessen wir überlegen müssen: Welche Maß­nahmen kann es geben, um hier Klarheit zu schaffen?

Es kann im Dopingbereich aus anderen Gründen schwer die Position einreißen, es soll halt jeder dopen, wie er will, weil das jeden Sport zusammenhauen würde und es so weit ausgenützt würde, dass es auch gesundheitlich bedenklich würde.

Wir sind also für eine Doping-Bekämpfung, für wirksame Anti-Doping-Maßnahmen. Und die Frage, das Vergehen Doping unter das Strafrecht zu stellen, ist etwas, was wir sehr seriös in diesem Haus diskutieren sollten. (Beifall bei den Grünen.)

11.29


Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Dr. Sonnber­ger. – Bitte.

 


11.30.01

Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Aufgaben wurden verteilt, und entscheidend ist natür­lich nicht nur die Verteilung der Aufgaben, sondern vor allem, wie sie erfüllt und umge­setzt werden.

Ich glaube, die Regierung hat da durchaus einen guten Start hingelegt. Wenn wir uns den Bereich Arbeit anschauen, der in das Sozialministerium wechselt, so ist zu sagen: Die Menschen interessiert vor allem: Werden die Konjunkturpakete greifen? Werden die Menschen auch in Zukunft Arbeit haben? – Ich glaube, das sind die entscheiden­den Fragen, und da gilt es gemeinsam an einem Strang zu ziehen, damit diese Kon­junkturpakete in den nächsten Monaten auch erfolgreich umgesetzt werden können.

Der Bereich Familie und Jugend wandert zum Wirtschaftsministerium. Frau Staatsse­kretärin Marek wird diese Aufgabe sicherlich hervorragend lösen. Denn: Entscheidend ist eine vernünftige Familienpolitik! Entscheidend ist eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf! Entscheidend ist, wie Willi Molterer schon richtig sagte, dass die Arbeitswelt familienfreundlicher werden muss.

Entscheidend ist auch, dass das Gratis-Kindergartenjahr umgesetzt wird – und ich freue mich schon auch, dass diesbezüglich in Oberösterreich bereits ein weiterer Schritt gegangen wird und dort ab 1. September 2009 drei Jahre Gratis-Kindergarten angeboten werden.

Im Bereich Familie werden auch besondere Schwerpunkte im Zuge der Steuerreform gesetzt werden. Ja, es wird ein 15. Monatseinkommen für Familien geben! Die Fami­lien werden diese Steuerreform merkbar spüren. Sie werden wirksam entlastet werden, und sie werden letztendlich mehr Geld zum Leben in der Tasche haben.

Der Sport wandert zur Landesverteidigung. Hier ist auch zu erwähnen: Was in den letzten Jahren zusätzlich an Sportmitteln lukriert wurde, das war schon eine erfreuliche Entwicklung. Und diese Entwicklung wird jetzt fortgeschrieben.

Was die Doping-Diskussion betrifft, so schließe ich mich da auch eher der Meinung von Herrn Molterer und Herrn Peter Wittmann an. Ich glaube, man soll nicht in erster Linie die Sportler kriminalisieren, sondern man muss hier andere Maßnahmen setzen,


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um das Doping wirksam zu bekämpfen und einzudämmen. (Beifall des Abg. Dr. Bar­tenstein.)

Durch dieses Gesetz ergehen auch Aufträge zur Strukturierung der Verwaltungsbehör­den, Ämter und Einrichtungen mit dem Ziel, den Grundsätzen der Wirkungsorientie­rung, Effizienz und Transparenz zu dienen. Das sind Vorarbeiten, damit sich das Ele­ment der Wirkungsorientierung im neuen Haushaltsrecht als leitendes Prinzip entfalten kann. Es geht um ein optimales Zusammenwirken und Abstimmen der drei Säulen Organisation, Budget und Wirkung.

Ich ersuche daher, diesem Gesetz die Zustimmung zu geben. (Beifall bei der ÖVP.)

11.33


Präsident Fritz Neugebauer: Nun spricht Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer. – Bitte.

 


11.33.13

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Zunächst zum Grundsätzlichen: Als älterer Mensch in diesem Hause lade ich alle Fraktionen ein, eine Abrüstung bei der Wortwahl, die in den letzten Stunden zu vernehmen war, vorzunehmen. Jede Fraktion möge vor ihrer eigenen Türe kehren! (Beifall bei Abgeordneten von FPÖ, SPÖ und ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Gestern wäre das ...!)

Ich hoffe, das findet auch Zustimmung bei der sozialdemokratischen Fraktion. (Weite­rer Zwischenruf.) – Alle Fraktionen mögen das eigene Haus bestellen. (Abg. Kopf: Was meinen Sie jetzt? Heute?)

Bei dieser Gelegenheit weise ich auch darauf hin, dass es uns auf allen Funktionsebe­nen des Staates guttut, die Institutionen des Staates zu respektieren – gleich auf wel­cher Ebene und egal, in welcher Gestaltungsform und Organisationsform sie sich dar­bieten. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Das kann man nur unterstützen!)

Wir beschädigen uns alle selbst, wenn wir von diesem Grundsatz abweichen. (Abg. Kopf: Ja! Stimmt!) – Danke vielmals.

Nächster Punkt: Ich möchte mich in einigen Ausführungen auf den Kollegen Dona­bauer, den ich sehr schätze, beziehen, der gemeint hat, die Regierung will ihr Bestes tun. – Ich habe noch keine Regierung erlebt, die nicht von sich selbst überzeugt war und auch bekundet hat, das Beste tun zu wollen. Das ist unbestritten. Ob es tatsächlich so war, dass sie das Beste getan hat, beurteilen ja schließlich immer die Wähler. (Abg. Schönpass: Ja: Für wen?)

Insofern sind wir berechtigt und aufgefordert, an den Dingen des Staates auch als Op­positionspartei nach unserem besten Wissen und Gewissen teilzunehmen, wobei uns vorrangig der Anspruch der Kritik – ich möchte auch betonen: der sachlichen Kritik – zukommt, und, wie ebenfalls Herr Kollege Donabauer gesagt hat, mit eigenen Vor­schlägen anzutreten.

Zur von uns abgelehnten Anreicherung der Kompetenz des Landesverteidigungsminis­teriums durch Sport wurde schon Hinreichendes gesagt. Ich persönlich halte auch diese Kompetenzvermischung für unglücklich. Vielmehr wäre es richtig gewesen, ein Ministerium für Familie, Jugend und Sport einzurichten. Die Fragen der Finanzierung, die wir schon im Verfassungsausschuss erörtert haben, darf ich noch einmal damit quittieren, dass ja die Beamtenschaft existiert und es nur um eine organisatorische Umschichtung geht, sodass das Teuerungsargument keinesfalls Platz greifen könnte.

Zweiter Punkt: Ich darf auf das zu sprechen kommen, was nach meiner Überzeugung bisher fehlt – und damit komme ich zu dem eigenen Vorschlag. Ich weise das Hohe Haus darauf hin, dass wir in einer Zeit leben, in der wir noch in einer anderen Art ab-


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hängig sind von den funktionsfähigen Systemen als jener, die die letzte Energiekrise betroffen hat – aber das hat dann einen Verwandtschaftsbezug –: Das ist die Abhän­gigkeit von dem gesamten EDV-System.

Für alle Dinge, die die Lebensfähigkeit des Staates steuern und erhalten – beginnend bei der Energievorsorgung, Gas, Strom, Elektrizität für die öffentliche und private Ver­sorgung, für Spitäler, andere Einrichtungen, für Wasser, Kommunikation und alle sons­tigen Steuerungsmittel –, verwenden alle Staaten, auch Österreich, IT-Systeme. Und ich weise darauf hin, dass diese Systeme derzeit völlig ungeschützt Angriffen von außen ausgesetzt sind. Ich glaube, der Staat Lettland war Opfer eines externen IT-An­griffes im August. Der Staat wurde drei Tage völlig lahmgelegt. Der einzige Staat, der derzeit in organisatorischer Hinsicht erkannt hat, dass ein Änderungsbedarf besteht, ist die Bundesrepublik Deutschland.

Ich ersuche daher – und wir haben diesbezüglich einen Selbständigen Entschließungs­antrag eingebracht, der dem Verfassungsausschuss zuzuweisen sein wird –, eine Ver­waltungseinheit für Computersicherheit einzurichten, eben nach dem Muster der Bun­desrepublik Deutschland. Dort besteht ein Bundesamt für Sicherheit in der Informa­tionstechnik unter der Leitung eines Staatssekretärs. Es müsste bei uns erkannt und bedacht werden, dass eine derartige als nationale Sicherheitsbehörde eingerichtete Institution, die sich mit allen Bedrohungen und Angriffen, die gemäß den Grundsätzen der Umfassenden Landesverteidigung zu erkennen sind, auseinandersetzt, dringlich auch bei uns geboten wäre. Eine nationale Sicherheitsbehörde, die im Sinne der Um­fassenden Landesverteidigung Raum greifend die Sicherheit von Computersystemen vor Missbrauch und Sabotage gewährleistet und überwacht, wäre eben in Österreich einzurichten – und zwar organisatorisch sinnvollerweise beim Bundeskanzleramt, unter der Leitung eines Staatssekretärs.

Wir wissen, dass beim Finanzministerium zwei Staatssekretäre bestehen. Man könnte einen dieser beiden Herren für diese sehr, sehr wesentliche Aufgabe vorsehen und be­stellen. Das Argument Ersparnis lasse ich – ergänzend sei es gesagt – nicht gelten, denn das, was wir uns durch eine solche Vorsorge bei einem eventuell eintretenden Schadensfall ersparen können, ist das Geld allemal wert. Wir müssen uns auch auf diesem Gebiet auf der Höhe der Zeit einrichten. Ich hoffe, dass ein sinnvoller Vor­schlag der Opposition das Wohlgefallen im Sinne der weiteren Debatte finden wird. – Danke vielmals. (Beifall bei der FPÖ.)

11.39


Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächster kommt Herr Abgeordneter Singer zu Wort. – Bitte.

 


11.40.01

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ressortverschiebungen hat es bisher nach jeder Regierungsbildung gegeben, und in den meisten Fällen ist es auch müßig, darüber zu streiten, weil einfach mehrere Sichtweisen zulässig sind. Entscheidend ist für mich, dass wir das nötige Vertrauen in die Entscheidungsträger der Bundesregie­rung setzen. Dazu gehören in erster Linie unsere Damen und Herren Bundesminister und Staatssekretäre, in weiterer Folge aber auch die verantwortlichen Bediensteten in der entsprechenden Abteilung der einzelnen Ressorts. Ich bin überzeugt, dass die han­delnden Personen das Vertrauen rechtfertigen werden.

Erfreulich ist für mich die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Wirtschaft mit einem eigenen Staatssekretariat für Familie und Jugend, konkret in der Zuständigkeit von Frau Staatssekretärin Christine Marek. Ich erwarte mir, dass in dieser Konstellation das Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ eine wichtige Rolle spielt.


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Sehr geehrte Damen und Herren! Der Sportbereich wandert nun in das Ressort der Landesverteidigung. Ich appelliere an Herrn Bundesminister Darabos, bei der Mittelver­wendung nicht nur an unsere prominenten und teilweise erfolgreichen Spitzensportler zu denken, sondern auch den Breitensport nicht aus den Augen zu verlieren. Die Ver­eine im Allgemeinen und die Sportvereine im Besonderen sind in unseren Ländern und Gemeinden eine wesentliche Stütze unserer Gesellschaft, eine wesentliche Stütze für die Entfaltungsmöglichkeit junger Menschen. Es ist daher wichtig, ihnen die notwendi­gen Ressourcen zur Verfügung zu stellen.

Vereine brauchen aber auch den Einsatz ihrer Funktionäre, also das Engagement von zahlreichen ehrenamtlichen Helfern. In dieser Hinsicht freue ich mich, dass die Freiwil­ligenpolitik auch im Wirtschaftsressort unter Frau Staatssekretärin Marek einen beson­deren Stellenwert gefunden hat. Hier erwarte ich mir weiterhin die nötige Anerkennung, Wertschätzung und Förderung jener Menschen in unserem Land, die mehr tun, als sie tun müssen. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

11.42


Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Dr. Graf. – Bitte.

 


11.42.18

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Da von verschiedenen Rednern schon einiges zum Umbau des Hohen Hauses gesagt wurde, möchte ich auch die Meinung unserer Fraktion hiezu nicht verschweigen.

Es steht außer Streit, dass wir gerne bereit sind, Instandhaltungen, Reparaturen, aber auch Vorsorgen, die zu treffen sind, mitzutragen, wenn es darum geht, im Parlament Umbaumaßnahmen vorzunehmen. Die Argumentation jetzt, im Zuge der Konjunktur­krise, den Umbau des Parlaments als Konjunkturmaßnahme zu sehen, kann ich nicht nachvollziehen, weil wir ja wissen, dass im Rahmen des geplanten Vorhabens wesent­liche Teile davon ja nicht vor dem Jahr 2011 wirksam werden. In diesem Zusammen­hang möchte ich auf Ausschreibungsfristen, Planungsphasen und vieles andere mehr hinweisen.

Was viel wichtiger ist, ist: Wir brauchen jetzt Investitionen in unsere Wirtschaft, und da­her muss man sich hier in kreativer Weise überlegen, wo diese Investitionen am sinn­vollsten wären. Selbstverständlich – das steht ja immer außer Streit – ist dort, wo ein Schaden eintritt, dieser zu beheben. Und grundsätzlich liegt die Frau Präsidentin, die ja die Entscheidung getroffen hat, das zunächst einmal zu sistieren, ja nicht falsch. Man hätte vielleicht eine andere Wortwahl treffen können, man hätte die Präsidiale vorher damit befassen können, man hätte aber vielleicht auch die eingesetzte Baukommis­sion, die ja über alle Fraktionsgrenzen hinweg getagt und viel Arbeit investiert hat, in der ja die Fraktionsexperten drinnen gesessen sind, vorweg diesbezüglich informieren können.

Es ist vielleicht ein nicht angenehmer Beigeschmack, dass man es mehr oder weniger aus der Zeitung erfahren hat, und das ist nicht wirklich optimal. Aber sei’s, wie’s sei. (Beifall bei der FPÖ.)

Natürlich muss man bei der Adaptierung des Plenarsaals unterscheiden: Was sind notwendige Maßnahmen? Was sind nützliche Maßnahmen? Und was sind darüber hin­aus Modernisierungsmaßnahmen? Eine Abstimmungsanlage etwa um mehrere Millio­nen Euro zu bestellen, die man europaweit ausschreiben muss und wo vielleicht am Ende der Zuschlag an eine französische, englische oder sonstige Firma geht, wird kaum eine Konjunkturmaßnahme in Österreich darstellen.

Natürlich gibt es unterschiedliche Zeiten. Dieses Jahr haben wir etwas mehr Sitzungen auf Grund der Budgetverhandlungen, während wir voriges Jahr weniger hatten. Aber


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 65

durchschnittlich finden 20 Sitzungen im Jahr statt. Ich habe noch keinen einzigen Ab­geordneten, der neu in dieses Hohe Haus gekommen ist, gehört, der gesagt hat: Weil die Bedingungen hier so schlecht sind, möchte ich da nicht hinein! Das habe ich noch nie gehört. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Rädler.) Haben Sie das gehört?

Für Umbaumaßnahmen sind wir dort, wo es baulich und gesetzlich vorgeschrieben ist, durchaus zu haben, und wenn es gesetzliche und bauliche Gebote hiezu gibt, werden wir uns dafür aussprechen und werden wir das auch mittragen. Aber diese Maßnah­men müssen jetzt einmal auf den Tisch gelegt werden, und zwar in der Reihenfolge der Dringlichkeit und nach dem Kriterium, aus welchem Grund was gemacht werden muss.

Für viel wichtiger halte ich aber die Ausstattung der Büros der Mitarbeiter, der Büros der Klubmitarbeiter, der Büros der Abgeordneten, der Büros der Parlamentsbediens­teten. (Abg. Rädler: Nicht immer über die Mitarbeiter reden!) – Ich rede immer gerne über die Mitarbeiter – Sie nicht! – Diese Büros müsste man sich einmal ansehen, und wir wissen alle, dass wir da unzumutbare Zustände haben und dass wir da relativ rasch mit Konjunkturmaßnahmen und unter Verwendung der entsprechenden Budgetmittel sofort etwas bewirken könnten, um auch die Arbeitsqualität in diesem Haus sofort zu verbessern. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Rädler: Für die Mitarbeiter?)

Wir sind gesprächsbereit für alles, haben nie irgendeine Sanktion oder irgendein Prä­judiz gesetzt. Wichtig ist, dass wir eingebunden sind (Abg. Hornek: Sie sind ja Präsi­dent, oder?) und dass wir im Vorfeld darüber sprechen, was in diesem Hohen Haus punkto Ausstattung und Baumaßnahmen passiert.

Zum Kernthema meiner Rede, die ich jetzt sehr verkürzen muss. – Alle Jahre wieder ist natürlich die Bündelung der Kompetenzen in der Forschung ein Thema, die ja nicht auf drei Ministerien verteilt ist, sondern mindestens auf vier, eher fünf oder sechs, weil ja auch das Landwirtschaftsministerium breite Forschungskompetenz hat und weil ja auch andere, Gesundheitsministerium, aber auch das Bildungsministerium, wie wir letztes Jahr ja feststellen mussten, ein neues außeruniversitäres Forschungsinstitut ge­gründet hat und Ähnliches mehr, und es ist hier beschlossen worden, das zu bündeln. Und daher sagen wir: Hier tut es seit sehr, sehr vielen Jahren not – und wir haben alle miteinander, geben wir es doch zu, nicht die Kraft dazu gehabt –, das, was wirklich Sinn macht, zu verwirklichen.

Als die Freiheitliche Partei in die Regierung eingetreten ist, hat man sie diesbezüglich geprügelt. Davor haben die Freiheitlichen die anderen Regierungen geprügelt, und es ist immer der gleiche Status; er entwickelt sich nicht wesentlich fort. Daher der Wunsch, der von allen Experten geteilt wird – die Experten fordern das sogar –, hier eine Bündelung vorzunehmen, damit man auch eine Sprache nicht nur in Österreich, sondern auch gegenüber der Europäischen Union spricht.

Wer ist der Forschungsminister im Außenauftritt? Es ist zwar definiert, aber im Inland wissen es viele nicht, nicht einmal Experten, dass der Bundesminister Hahn der For­schungsminister ist, aber die wesentlichen Forschungsförderungs- und Infrastrukturmo­mente in der Kompetenz des BMVIT oder des BMWA liegen und Ähnliches mehr.

Daher bringe ich noch einmal folgenden Entschließungsantrag ein:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zuleiten, die alle Forschungskompetenzen hinsichtlich Inhalt und Förderungsinstrumen­ten im Bundesminister für Wissenschaft und Forschung bündelt.“

*****


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Wir glauben, dass das die richtige Maßnahme ist. Das soll ein erster Schritt sein – die anderen Ministerien haben wir noch gar nicht durchforstet – oder ein weiterer Schritt, nachdem man auf operativer Ebene ja in der Regierung 2000 bis 2002 alles umgesetzt hat. – Und es muss ja gut gewesen sein, denn man hat daran bis zum heutigen Tag nichts geändert.

Jetzt muss ich schon noch auch einen kurzen Schwenk zum Bereich Sport machen, der jetzt im Ministerium von Minister Darabos angesiedelt ist, und die Frage stellen, ob das überhaupt Sinn macht, wobei man dann auch noch darauf hinweisen muss, dass man – es ist dazu schon einiges gesagt worden – in Sachen Doping kriminalisieren möchte oder das zumindest andenkt.

Wir halten das nicht für richtig; das ist schon ausführlich erläutert worden. Ich will nicht, dass die Militärpolizei eine neue Aufgabe bekommt und jetzt als neue „Doping-Schnüf­felbehörde“ die Doping-Sünder jagt oder das Heeresnachrichtenamt hier eingeschaltet wird und Ähnliches mehr. Das will ich eigentlich nicht, das muss man in Wirklichkeit auseinanderhalten. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich hätte auch Vorstellungen, über die man einmal diskutieren könnte, etwa, ob es nicht Sinn macht, den Sport zum Beispiel bei den Universitätsagenden anzuhängen. Da gibt es Universitätssportinstitute. Das ist schon eher ein Breitensport, aber auch Spitzensport. Da gibt es auch viele Argumente.

In der Vergangenheit aber hat man sich immer darauf verständigt: Sport ist eine Kern­kompetenz, die man in einem eigenen, sichtbaren Bereich behalten möchte, angesie­delt an der höchsten Stelle, nämlich im Bundeskanzleramt. Von dieser Argumentation geht man jetzt ab, und ich finde das grundsätzlich schade, aber es wird wahrscheinlich ohnehin egal sein.

Diesen Eindruck gewinnt man nämlich, wenn man das Interview des Herrn Bundes­kanzlers vom Freitag, dem 16. Jänner 2009, in der „Kronen Zeitung“ – wo sonst?, müsste man eigentlich sagen –, diesmal auf der Sportseite, auf welcher er bei einem Event zu sehen ist, liest, wo er zum Wechsel der Sportagenden in das Verteidigungs­ministerium gefragt wurde: „Warum dieser Wechsel? Interessieren Sie sich nicht für Sport?“, und er darauf antwortete: „Natürlich, schon!“ – wer in Österreich interessiert sich nicht für Sport?, könnte man da fragen! –, und Bundeskanzler Faymann des Wei­teren zur Antwort gab, und das ist das Entscheidende: „Aber als Bundeskanzler bin ich ohnehin für alle Ministerien und Bereiche zuständig, also auch für den Sport!“ – Zitat­ende.

In diesem Sinne könnte man eigentlich meinen, wir bräuchten gar keine Ministerien, wir bräuchten nur einen Bundeskanzler – er ist ja ohnehin für alles zuständig – und dann einzelne Staatssekretäre dazu; das würde reichen. Zumindest sieht er seine Aufgabe so. Ich weiß nicht, wie das in der Koalition vereinbart ist. Ich hoffe, nicht so, wie ich es jetzt dargestellt habe. Selbstverständlich gibt es eine umfassendere Kompetenz auch des Herrn Bundeskanzlers. Hier schießt er allerdings etwas übers Ziel, aber vielleicht wurde er ja auch, wie viele von uns und unsere Mitarbeiter, in den Medien falsch zitiert, falsch interpretiert (Beifall bei der FPÖ), und vielleicht wurde das ja alles ganz anders gemeint.

Wenn wir hier in diesem Hohen Haus daran denken, Kompetenzen zu bündeln, egal, in welchem Bereich, sollten wir uns selber bei der Nase nehmen. Ich glaube, einer der wichtigsten Schritte, die wir gehen sollten, ist der – ich komme gerade von einer Ter­minfindung in einem Ausschuss; es ist schier unmöglich, Termine zu vereinbaren, wir haben auch zu viele Ausschüsse (Abg. Mag. Darmann: Es gibt keine Ausschussta­ge!) –, einmal anzudenken, ob wir hier nicht die Kompetenzen bündeln und weniger Ausschüsse machen sollten, nachgelagert vielleicht den Ministerien plus den eigenen


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formalen Ausschüssen, und viel mehr in die Unterausschüsse gehen und dort verstärkt die Diskussionen abführen sollten, also hier eine Kompetenzbündelung vornehmen sollten.

Das wäre vielleicht auch ein Vorschlag im Sinne von Sparsamkeit und sinnvoller Effi­zienz. Da sind wir selber gefragt, nicht die Bundesregierung, und in diesem Sinn würde ich meinen, in die Diskussion einzutreten. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.52


Präsident Fritz Neugebauer: Der vorgetragene Entschließungsantrag ist ordnungsge­mäß eingebracht und ausreichend unterstützt und wird daher mit behandelt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Dr. Graf und weiterer Abgeordneter betreffend Bündelung der Forschungskompetenzen in einem Ministerium, eingebracht in der Plenarsitzung am 22. Jänner 2009 im Zuge der Debatte zu TOP 1

Seit langem wird seitens der Wissenschaft und Forschung gefordert, die Forschungs-kompetenzen in einem Ressort zu bündeln.

Beispielsweise haben im Jahr 2007 Professor Ardelt, damals als Rektor der Universität Linz, und Professor Winckler, Rektor der Universität Wien, verlangt, die Inhalte und die Instrumente der Förderung der Forschung in einem Ressort zu vereinen und ihre For­derung wie folgt begründet: "Wie die Wirtschaftsförderung im Wirtschaftsministerium, die Förderung der Landwirtschaft im Landwirtschafts-ministerium angesiedelt ist, ist es im Interesse der Wissenschaft, dass der FWF dem Wissenschaftsministerium zugeord­net wird, weil der FWF vor allem für Grundlagenforschung und damit für Universitäten von zentraler Bedeutung ist".

Aber nicht nur die Grundlagenforschung, auch die Förderung der anwendungsorientier­ten Forschung, die in der FFG angesiedelt ist, welche dem BMVIT und dem BMWA zugeordnet ist, soll nach der Überzeugung der Antragsteller in die Kompetenz des Wis­senschaftsministeriums gegeben werden.

Langfristig gesehen sollen alle Forschungsagenden, die derzeit vom Landwirtschafts­ministerium über das Sozial- und Gesundheitsministerium, das Unterrichtsministerium, das Wirtschafts- und das Verkehrsministerium bis zum Wissenschaftsministerium ge­streut sind, im Wissenschaftsministerium gebündelt werden.

Die beantragte Zusammenführung der bisher auf Wirtschaftsministerium und Verkehrs­ministerium aufgeteilten Forschungszuständigkeiten im Wissenschafts-ministerium stellt für die Antragsteller nur den ersten Schritt auf dem richtigen Weg dar.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zuleiten, die alle Forschungskompetenzen hinsichtlich Inhalt und Förderungsinstrumen­ten im Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung bündelt.“

*****

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 68

Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Aubauer. – Bitte.

 


11.53.10

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Es hat jetzt schon viele Vorschläge und Anregungen gegeben, vom Umbau des Hauses bis zu neuen Ministerien, bis zu weniger Ausschüssen, aber: Was ist denn die wichtigste Fra­ge, die wir uns stellen müssen? Sie lautet nämlich nicht: Wie groß oder wie klein ist die Regierung, müssen wir jetzt die Regierungsbank verlängern oder nicht, gibt es mehr oder weniger Ausschüsse?, denn auf die Größe kommt es nicht an, sondern auf die Qualität. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Arbeitet die Regierung gut? Gelingt es ihr, Arbeitsplätze zu schaffen? Schafft sie es, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Österreicher Jobs finden? Schafft sie es, dass unsere Familien eine gute Gesundheitsversorgung haben, und schafft sie es, dass Ältere auch eine Pension bekommen, von der sie in Würde leben können? – Darum geht es doch, das wollen wir, und das soll auch in den neuen Strukturen er­möglicht werden.

Machen wir einen Check nach den ersten Arbeitswochen: Was ist denn schon pas­siert? Wie ist Österreich bisher mit den wirtschaftlichen Herausforderungen fertig ge­worden?

Die Regierung hat einen Schutzschirm gespannt, vom Banken-Paket bis zu vorgezoge­nen Investitionen und vieles mehr. Die Krise hat viele Länder im Griff, aber ich meine, werte Kolleginnen und Kollegen, Österreich hat die Krise bisher auch sehr gut im Griff. (Beifall bei der ÖVP.)

Als Anwältin älterer Menschen möchte ich hier noch einen Appell an den Sozialminister richten – er ist ja künftig auch für Arbeit zuständig. Wir wünschen uns eine Offensive für ältere Arbeitnehmer, denn es kann nicht sein, dass in wirtschaftlich schwierigen Zei­ten ältere Menschen ihre Arbeitsplätze verlieren, dass Ältere als Erstes zum alten Eisen geworfen werden! Engagieren wir uns gemeinsam dafür!

Und da bin ich ganz bei Ihnen, Herr Staatssekretär Ostermayer: Nicht auf die Türschil­der in den Ministerien kommt es an, sondern darauf, wie unsere Minister arbeiten, wie wir alle arbeiten. Daran werden wir gemessen. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.55


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kitzmüller. – Bitte.

 


11.55.57

Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! Sehr geehrtes Hohes Haus! Ich möchte einen Entschlie­ßungsantrag einbringen, der folgenden Wortlaut hat:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zuleiten, die ein eigenständiges Bundesministerium für Familie, Jugend, Frauen und Männer vorsieht. In dieses Ministerium sind neben den Familien- und Jugend-Agenden auch die Frauen-Agenden, die bisher im Bundeskanzleramt, und die Männer-Agenden, die bisher im Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz angesiedelt wa­ren, einzugliedern.

*****

Meine Damen und Herren, mit der Vorlage, mit den vorliegenden Änderungen des Bundesministeriengesetzes werden die Kompetenzen teilweise neu verteilt, und es


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 69

steht nicht zum Besseren für die Familien, ganz im Gegenteil. Als freiheitliche Familien­sprecherin habe ich Sorge, wohin die Familienagenden laufen: Sie laufen uneinge­schränkt in das Wirtschaftsministerium.

Meine Damen und Herren, ich glaube nicht, dass die Familienpolitik so untergeordnet werden kann, dass sie kein eigenständiges Ministerium benötigt. Vor allem angesichts der derzeitigen Wirtschaftskrise glaube ich das nicht. Ich bin mir sicher, dass im Wirt­schaftsministerium die Familienagenden gänzlich in den Agenden der Wirtschaft unter­gehen werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Vor allem angesichts der dramatischen demographischen Entwicklung, insbesondere bei den einheimischen mittelständischen Bevölkerungsgruppen, müsste das politische Zukunftsthema eindeutig die Familienpolitik sein. Stattdessen wird in Zeiten, in denen sich unser Land auf dem Weg in eine Weltwirtschaftskrise befindet, die Familienpolitik, ein Kernthema, der Wirtschaftspolitik eigentlich absolut untergeordnet. Es wird negiert, es geht unter und wird auch nicht berücksichtigt.

Die steuerliche Gerechtigkeit mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip zu verwirklichen wird kein Weg sein, der an unserem Familien-Steuer-Splitting-System vorbeiführt. Eine In­flationsanpassung sämtlicher Familienleistungen würde als Minimalforderung zumin­dest eine Sicherung des finanziellen Standards von 2003 darstellen und Anreize zur Familiengründung bieten, denn die Geburtenzahlen sinken ständig.

Meine Damen und Herren, dieser Tendenz ist entgegenzuwirken, aber derartige Kom­petenzen sind aus dem Wirtschaftsministerium leider nicht zu erwarten. Spitzenreiter bei den niedrigen Geburtenraten bei unseren einheimischen mittelständischen Betrie­ben, Firmen und Familien ist vor allem ist der 15. Wiener Gemeindebezirk, wo wir noch 67,7 Prozent Geburten von einheimischen, von österreichischen Müttern haben, und dem Mikrozensus aus dem ersten Quartal ist auch zu entnehmen, dass nur bei 44 Pro­zent der Wiener Bevölkerung unter 30 Jahren beide Elternteile in Österreich geboren wurden. Bei den Unter-15-Jährigen ist es noch weit schlimmer.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alle, die unter Familienpolitik eine gemein­same Politik zwischen Vater, Mutter, Kind, also Frauen, Männern und Jugend verste­hen, haben nicht nur die moralische Verpflichtung sich selber gegenüber, sondern auch unserer österreichischen Bevölkerung und den Wählern gegenüber, unserem An­trag beizupflichten und ihn zu unterstützen. (Beifall bei der FPÖ.)

11.59


Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächste spricht Frau Abgeordnete Gartelgruber. – Bitte, Frau Kollegin.

 


12.00.32

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Vorweg bleibt mir als freiheitliche Frauenspre­cherin nur festzustellen, dass der frauenpolitische Anspruch, den gerade die SPÖ in der Vergangenheit stets erhoben hat, mit diesem vorliegenden Antrag keineswegs er­füllt wurde. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn man schon der Ansicht ist und dies auch stets kommuniziert, es müsse ein Frau­enministerium geben, so sollte man dieses auch mit entsprechenden Kompetenzen ausrüsten. Tatsächlich sollen gemäß diesem vorliegenden Antrag neben dem Bundes­kanzleramt zwölf weitere Bundesministerien im Sinne des Artikels 77 des Bundes-Verfassungsgesetzes eingerichtet werden. Ein Frauenministerium findet sich aber nicht dabei.

Die sogenannte Frauenministerin ist wieder einmal nur eine Bundesministerin im Kanz­leramt ohne zusätzliche Kompetenzen oder Aufgaben. Die sogenannte Ministerin ist


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 70

eine bessere Staatssekretärin ohne eigenes Haus und ohne eigenes Budget. Die Mittel für die Frauenpolitik werden vom Ressortleiter, sprich dem Bundeskanzler, und eben­falls vom Finanzministerium festgesetzt. Die sogenannte Ministerin kann bestenfalls als Beisitzerin fungieren. Sie selbst kann nicht einmal finanzielle Absicherungen von Frau­enprojekten und Fraueninitiativen garantieren.

Die Konstruktion ist dieselbe wie vor 30 Jahren. Was aber bei Johanna Dohnal noch als innovativ galt und aufgrund der damaligen politischen Rahmenbedingungen nicht anders möglich gewesen sein mag, wirkt heute eher wie eine Verlegenheitslösung. Die drängendsten Probleme, mit denen sich Frauen heutzutage in Österreich auseinander­setzen müssen – Frauen in der Familie, Frauen am Arbeitsmarkt, Armutsgefährdung, Alterssicherung, Frauengesundheit –, sind tatsächlich in anderen Ministerien beheima­tet. Ein schwerer Fehler ist vor allem auch, dass die Kompetenzen von Familie und Frauen nicht zusammengelegt worden sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich sage, verantwortungsvolle Familienpolitik kann es nicht ohne verantwortungsvolle Frauenpolitik geben. Die Zusammenlegung der Wirtschaftsagenden mit Kompeten­zen ... (Abg. Silhavy: Gibt es in der Wirtschaft keine Frauen?) – aber die Agenden gehören zusammengelegt, denn auch Frauen mit Familie benötigen die Unterstützung des Familienministeriums. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Silhavy: Frauen ohne Familie nicht?) Nein, das habe ich jetzt nicht gesagt!

Tatsächlich stand nicht eine sinnvolle Kompetenzaufteilung oder eine kraftvolle Frau­enpolitik bei der Erstellung des Bundesministeriengesetzes im Vordergrund, vielmehr geht es darum, sich gegenüber der linken Frauschaft mit einem Alibiministerium Luft zu verschaffen und gleichzeitig die Einflussbereiche der beiden Koalitionspartner abzuste­cken beziehungsweise deren Machtansprüche abzustimmen.

Natürlich kann man sich auch selber in die Tasche lügen, Motive verschweigen und das neue Frauenministerium als großartige Einrichtung anpreisen. Glauben Sie aber nicht, dass die Menschen in diesem Lande dies nicht durchschauen. Viele Frauen wer­den diesen Etikettenschwindel sehr wohl bemerken.

Für mich steht fest: Diesem Gesetz kann man aus sachlicher Vernunft heraus als auf­rechte Frau nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.04


Präsident Fritz Neugebauer: Die bislang letzte Wortmeldung hiezu kommt von Herrn Abgeordnetem Kunasek. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.05.01

Abgeordneter Mario Kunasek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die uns jetzt vorliegende Gesetzesnovelle sieht also vor, dass zum ersten Mal seit Bestehen der Zweiten Republik dem Bundesministerium für Landesverteidigung mit dem Sport ein zweiter Aufgabenbereich zugewiesen wer­den soll.

Der Verfassungsausschuss hat mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP das so beschlos­sen, und ich glaube auch den Grund dafür zu kennen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich als Personalvertreter im Bundesheer glaube, dass Herr Bundesminis­ter Darabos, der leider – das muss man sagen – bei der Bundesheerreform bisher ge­scheitert ist, versucht, sich mit dem Sport zu profilieren, sein Image aufzupolieren und von seinem Versagen in diesem Bereich abzulenken. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn man einen Blick auf die Internetseite des Noch-Bundesministeriums für Landes­verteidigung wirft, wird man erkennen, in welche Richtung es in Zukunft gehen wird. Ganze fünf Presseaussendungen des Herrn Ministers Darabos gab es im heurigen Jahr: zwei davon Gratulationen an Sportler, ein Bericht über einen Garnisonsball in


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 71

Kärnten, eine Aussendung zur Drogenproblematik im Bundesheer und ein nicht beson­ders rühmlicher Tagesbefehl zum Jahreswechsel, auf den ich später noch kurz einge­hen möchte.

Aber auch die Termine des Herrn Ministers Darabos, die bisher veröffentlicht wurden, sprechen eine deutliche Sprache: Kick-off-Veranstaltung der EM im Palais Auersperg, Vierschanzentournee Bischofshofen, Weltcupausflug nach Kitzbühel an diesem Wo­chenende. Ich frage mich schon, wo bei diesen vielen VIP-Terminen noch Zeit bleibt, für die Landesverteidigung und auch für das Landesverteidigungsministerium und seine Soldaten einzutreten. (Beifall bei der FPÖ.)

Sehr geehrter Herr Minister Darabos, wir Freiheitlichen würden uns wünschen, dass Sie, anstatt von einem VIP-Zelt zum anderen zu jetten, ein bisschen mehr auch Trup­penbesuche wahrnehmen, um mit den Bediensteten des Bundesheeres, mit den Sol­daten über eine gescheiterte Reform zu sprechen, und wir würden uns auch wün­schen, dass Sie Ihre Zeit und Energie dafür aufwenden, mit dem Finanzminister ent­sprechende budgetäre Mittel sicherzustellen. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Wir Freiheitliche sind der Meinung, dass das Bundesministerium für Landesverteidigung als solches auch weiter­hin bestehen soll, und wir werden daher auch einen entsprechenden Antrag einbrin­gen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Fichtenbauer, Kunasek, Mag. Stefan, Weinzinger und weiterer Abgeordneter

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regie­rungsvorlage zum Bundesministeriengesetz vorzulegen, welche ein Bundesministe­rium, das ausschließlich für die Angelegenheiten der Landesverteidigung verantwort­lich zeichnet, vorsieht.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen wir der Landesverteidigung und dem Bundesheer in diesem Haus jenen Stellenwert zukommen, den es sich auch verdient hat. Ich glaube, als verantwortungsvoller Politiker sollten wir das auch so wahrnehmen. (Beifall bei der FPÖ.)

12.08


Präsident Fritz Neugebauer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Fichtenbauer, Kunasek, Mag. Stefan, Weinzinger und weiterer Abgeordneter betreffend Umbenennung des Bundesministeriums für Landesverteidi­gung

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 1 betreffend Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 155/A der Abgeordneten Dr. Josef Cap,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 72

Karlheinz Kopf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird (Bundesministeriengesetz-Novelle 2008) in der 11. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 22. Jänner 2008

Die geplante Fusion von Landesverteidigungsministerium mit dem Sport stellt in mehr­facher Hinsicht ein Problem dar.

Zum ersten Mal seit Bestehen der Zweiten Republik wird dem Bundesministerium für Landesverteidigung ein zweites Ressort beigefügt. Grundsätzlich sollte man glauben, dass ein Bundesminister für Landesverteidigung in diesen Zeiten genug zu tun hätte, wenn man sich die kritische Lage in der sich das Bundesheer seit der ins Stocken geratenen Bundesheerreform befindet, vor Augen führt. Die Verunsicherung bei den Bediensteten ist hoch, die Stimmung schlecht, das Bundesheer de facto bankrott. Das Budget 2009 für die Landesverteidigung wird wieder von Einsparungen geprägt sein, denn bei der Sicherheit zu sparen ist am einfachsten. Finanziell aufwendige Auslands­missionen werden aus internationalen Prestigegründen weitergeführt, der Heimat­schutz bleibt dabei auf der Strecke. Die Landesverteidigung erfährt zusätzlich durch diese Entwicklung eine weitere Abwertung durch die Bundesregierung.

Nun könnte man fast glauben, dass die Zusammenlegung von Landesverteidigung und Sport ein Schritt ist, um vom bisherigen Scheitern des Bundesministers in der Landes­verteidigung abzulenken und sich über den Sport zu profilieren.

Zum anderen gibt es die berechtigte Befürchtung, dass dadurch die Förderung des Spitzensports zu Lasten des Breitensports zu sehr in den Vordergrund gerückt werden könnte.

Es scheint, dass Landesverteidigung sowie unser Bundesheer absolut keinen Stellen­wert für die Regierung mehr hat. Sport ist ohne Zweifel ein wesentlicher und wichtiger Bestandteil des Bundesheers und der gesamten Gesellschaft. Trotzdem muss das Landesverteidigungsministerium eigenständig weiter bestehen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regie­rungsvorlage zum Bundesministeriengesetz vorzulegen, welche ein Bundesministe­rium, das ausschließlich für die Angelegenheiten der Landesverteidigung verantwort­lich zeichnet, vorsieht.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Übrigens ist auch der Entschließungsantrag, den Kollegin Anneliese Kitzmüller vorhin eingebracht hat, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit zur Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kitzmüller und weiterer Abgeordneter betreffend Schaffung eines eigenständigen Familienministeriums


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 73

eingebracht im Zuge der Debatte zu Tagesordnungspunkt 1 Bericht des Verfassungs­ausschusses über den Antrag 155/A der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesministe­riengesetz 1986 geändert wird (Bundesministeriengesetz-Novelle 2008) (39 d.B.) in der 11. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP., am 22. Jänner 2009

Die Familienpolitik wird auf internationaler und europäischer Ebene und leider zuneh­mend auch auf nationaler Ebene nur noch als Werkzeug der Wirtschaftspolitik angese­hen. Diese Entwicklung soll durch die vorgeschlagene Ansiedlung der Familienagen­den im Wirtschaftsministerium abgeschlossen werden. Dass sich zukünftig die bishe­rige Staatssekretärin für Arbeit und Wirtschaft auch um die Familienpolitik in Österreich kümmern wird und damit auf die Möglichkeit der Bestellung von einer bzw. einem ausgewiesenen Expertin/en im Bereich Familie verzichtet wurde, rundet das Bild nur ab.

Angesichts der dramatischen demografischen Entwicklung, insbesondere im Bereich der einheimischen, mittelständischen Bevölkerung müsste das politische Zukunftsthe­ma und Betätigungsfeld schlechthin die Familienpolitik sein. Stattdessen wird in Zeiten in denen sich unser Land auf dem Weg in eine Weltwirtschaftskrise befindet, die Fami­lienpolitik der Wirtschaftspolitik untergeordnet. Gerade in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit und wirtschaftlicher Stagnation wären demografische und familienpolitische Konzepte abseits der eingeschlagenen Scheuklappenpolitik in Richtung der ausschließlichen Schaffung von Kinderbetreuungsplätzen dringend erforderlich.

Solche Konzepte sind aus dem Wirtschaftsministerium jedoch kaum zu erwarten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zuleiten, die ein eigenständiges Bundesministerium für Familie, Jugend, Frauen und Männer vorsieht. In dieses Ministerium sind neben den Familien-, und Jugend-Agen­den auch die Frauen-Agenden, die bisher im Bundeskanzleramt, und die Männer-Agenden, die bisher im Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz ange­siedelt waren, einzugliedern.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wortmeldungen hiezu liegen nicht mehr vor. Die De­batte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Bundesministeriengesetz-Novelle 2009 samt Titel und Eingang (39 der Beilagen).

Wer diesem Entwurf zustimmt, von dem erbitte ich ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit beschlossen.

Ich darf zur dritten Lesung kommen.

Wer auch in dritter Lesung dem Entwurf zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend die Freiwilligenpolitik.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 74

Wer diesem Antrag beitritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag findet keine Mehrheit und ist abgelehnt.

Wir kommen zum Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bündelung der Forschungskompetenzen in einem Ministerium.

Wer dem beitritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das findet keine Mehrheit und ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines eigenständigen Fami­lienministeriums.

Wer dem beitritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und abge­lehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umbenennung des Bundes­ministeriums für Landesverteidigung.

Zustimmung? – Das ist die Minderheit und abgelehnt.

12.10.042. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (19 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Privatfernsehgesetz und das Privatradiogesetz geändert werden (40 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Stefan. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.10.10

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Privatfernsehgesetz: Eine alte freiheitliche Forderung, dass das duale Rundfunksystem installiert werden kann. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ha­ben wir der Regierung gemeinsam vorgelegt!) Keine Frage, eine alte freiheitliche For­derung. Genau das habe ich gesagt, ich habe ja nichts anderes gesagt. Das ist viel­leicht eine Übersetzungsfrage. Damit werden jetzt die Werbeeinschränkungen für Pri­vatsender erleichtert.

Man könnte natürlich sagen, der Markt regelt das selbst und man kann es ganz freige­ben, man kann also Werbezeiten völlig freigeben, und man wird dann schon sehen, ob das Publikum dem dann noch folgt. Man ist aber doch zu dem Schluss gekommen, dass es hier ordnungspolitische Maßnahmen geben sollte, und daher gibt es hier Re­gelungen.

Allerdings gibt es einen Punkt, der uns bei dieser Regelung sehr stört. Bisher war es nur möglich, Kindersendungen erst ab einer Mindestdauer von 45 Minuten zu unterbre­chen. Die vorliegende Regierungsvorlage würde aber vorsehen, dass man bereits Kin­dersendungen mit einer Dauer von 30 Minuten unterbrechen könnte.

Warum man hier eine Verschlechterung des Kinderschutzes einführen will, ist sehr fragwürdig, und es hat auch niemand ein echtes Argument dafür gefunden. Mit dem Argument, die Eltern sollten schon darauf achten, was sich ihre Kinder anschauen, und sie sollen halt zu öffentlich-rechtlichen Sendern übergehen, könnte man natürlich über­haupt jede Regelung wieder abschaffen und könnte meinen – das habe ich schon vor-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 75

her gesagt –, der Markt regelt sich von selbst und die Leute sollen halt die Kinder das nicht anschauen lassen.

Tatsache ist natürlich: Es ist wichtig, den Kinderschutz auch hier durchzusetzen. Wir haben daher auch den internationalen Vergleich gesucht und gesehen, dass zum Bei­spiel in Dänemark und Schweden bei Kindern unter 12 Jahren überhaupt Werbeverbot in den Kindersendungen besteht. Auch in Großbritannien und Belgien gibt es einen be­deutend höheren Schutz bei TV-Sendungen für Kinder. Wir würden da also stark hin­terherhinken.

Wir haben daher einen Abänderungsantrag erarbeitet, den wir hier einbringen. Inten­tion dieses Antrages ist es – um es kurz zu sagen, weil es aus dem Gesetzestext dann meistens schwieriger abzuleiten ist –, dass Kindersendungen erst ab einer Dauer von 45 Minuten und genau nur einmal unterbrochen werden dürfen. Damit wird hintange­halten, dass es viele Unterbrechungen gibt.

Unser Vorschlag lautet nunmehr wie folgt:

Es geht um Artikel 1 Z 1 in § 36, wo der Absatz 3 lauten soll wie folgt:

„Übertragungen von Fernsehfilmen (mit Ausnahme von Serien, Reihen und Dokumen­tarfilmen), Kinospielfilmen und Nachrichtensendungen dürfen für jeden programmierten Zeitraum von 30 Minuten einmal für Fernsehwerbung und Teleshopping unterbrochen werden. Die Übertragung von Kindersendungen darf für jeden programmierten Zeit­raum von mindestens 45 Minuten höchstens einmal unterbrochen werden, jedoch nur wenn die Gesamtdauer der Sendung nach dem Sendeplan mehr als 45 Minuten be­trägt. Die Unterbrechung darf allerdings frühestens nach 30 Minuten erfolgen.“

Analog dazu dann im Artikel 2 Z 3 § 19 Absatz 6:

„Die Übertragung von Gottesdiensten und Sendungen religiösen Inhalts darf nicht durch Werbung unterbrochen werden. Nachrichtensendungen dürfen für jeden pro­grammierten Zeitraum von mindestens 30 Minuten höchstens einmal für Werbung un­terbrochen werden. Die Übertragung von Kindersendungen darf für jeden program­mierten Zeitraum von mindestens 45 Minuten höchstens einmal unterbrochen werden, jedoch nur, wenn die Gesamtdauer der Sendung nach dem Spielplan mehr als 45 Mi­nuten beträgt. Die Unterbrechung darf allerdings frühestens nach 30 Minuten erfolgen.“

Da wir befürchten müssen, dass die Regierungsparteien trotz des wohl wirklich sachli­chen und guten Arguments, ohne jede Polemik, dem offenbar nicht beitreten wollen, gibt es auch einen Entschließungsantrag aller Parteien; einen zahnlosen Tiger zweifel­los, aber immerhin von der Intention her sinnvoll – daher werden wir dem natürlich bei­treten –, nämlich dass die Bundesregierung ersucht wird, den Betreibern von Privat­fernseh- und Privatradioanstalten nahezulegen, in Kindersendungen keine Werbe­unterbrechungen durchzuführen.

Wie gesagt, wir werden das unterstützen, fürchten aber, dass das eine weitaus schwä­chere Regelung ist. Wir hoffen daher auch im Sinne des schon mehrfach angespro­chenen neuen Stils hier im Parlament, dass man hier vielleicht einen wirklich sinnvollen und rein sachlichen Antrag der Opposition übernimmt.

Es ist bei Ausweitung der Werbezeiten im Privatfernsehen natürlich zu befürchten, dass der ORF aufgrund seiner finanziellen Krise hier ein bisschen nachhinken und sa­gen wird, dass er auch Werbeunterbrechungen will.

Es ist so, dass wir zweifellos für das duale System sind, daher auch für die Beibehal­tung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens, allerdings müssten dazu erst einmal die wirklich massiven Probleme aus dem Weg geräumt werden, insbesondere im Bereich der Verwendung des Geldes, der sparsamen und sinnvollen Verwendung, aber auch


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im Bereich der Einhaltung des öffentlichen Auftrages. Erst dann, wenn diese beiden Punkte tatsächlich geregelt sind, kann man mit dem ORF und mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch zufrieden sein. Das wird aber mein Kollege Johannes Hübner noch im Detail ausführen.

Jedenfalls fordere ich Sie auf, unserem Antrag beizutreten und damit dem Kinder­schutz einen erhöhten Stellenwert zu geben. (Beifall bei der FPÖ.)

12.16


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Antrag ist ordnungsgemäß unterstützt und wird mit behandelt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Stefan, Ing. Hofer und weiterer Abgeordneter zum Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (19 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Privatfernsehgesetz und das Privatradiogesetz geändert werden (40 d.B.):

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Artikel 1 Z 1 § 36 Absatz 3 lautet wie folgt:

„§ 36 (3) Übertragungen von Fernsehfilmen (mit Ausnahme von Serien, Reihen und Dokumentarfilmen), Kinospielfilmen und Nachrichtensendungen dürfen für jeden pro­grammierten Zeitraum von 30 Minuten einmal für Fernsehwerbung und Teleshopping unterbrochen werden. Die Übertragung von Kindersendungen darf für jeden program­mierten Zeitraum von mindestens 45 Minuten höchstens einmal unterbrochen werden, jedoch nur wenn die Gesamtdauer der Sendung nach dem Sendeplan mehr als 45 Mi­nuten beträgt. Die Unterbrechung darf allerdings frühestens nach 30 Minuten erfolgen.“

Artikel 2 Z 3 § 19 Absatz 6 lautet wie folgt:

„§ 19 (6) Die Übertragung von Gottesdiensten und Sendungen religiösen Inhalts darf nicht durch Werbung unterbrochen werden. Nachrichtensendungen dürfen für jeden programmierten Zeitraum von mindestens 30 Minuten höchstens einmal für Werbung unterbrochen werden. Die Übertragung von Kindersendungen darf für jeden program­mierten Zeitraum von mindestens 45 Minuten höchstens einmal unterbrochen werden, jedoch nur wenn die Gesamtdauer der Sendung nach dem Spielplan mehr als 45 Mi­nuten beträgt. Die Unterbrechung darf allerdings frühestens nach 30 Minuten erfolgen.“

Begründung

Die erweiterte Einnahmemöglichkeit des Privatfernsehens und Privatradios durch Wer­bung ist zu begrüßen, da keine regelmäßige Einnahme durch Gebühren für sie vorge­sehen ist. Dennoch sollte der Schutz der Kinder, die durch Werbungen stark beein­flusst werden, Vorrang haben.

In der alten Regelung des Privatfernsehgesetztes und des Privatradiogesetzes war eine Werbeunterbrechung erst nach 45 Minuten möglich. Die neue Regelung sieht je­doch schon eine Werbeunterbrechung bei Kindersendungen, die länger als 30 Minuten dauern, vor.


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Dänemark und Schweden haben Werbeverbote bei Kindern unter 12 Jahre. Auch in Großbritannien und Belgien gibt es einen höheren Schutz für Kinder bezüglich TV-Werbungen zwischen oder während Kindersendungen.

Die strengeren Kinderschutzregelungen von Dänemark, Schweden, Großbritannien und Belgien sollten als Vorbild genommen werden. Demzufolge sollte die alte Rege­lung, dass Kindersendungen, die einen programmierten Zeitraum von 45 Minuten ha­ben, durch Werbung oder Teleshopping nur einmal unterbrochen werden dürfen, wenn die Gesamtdauer der Sendung nach dem Spielplan mehr als 45 Minuten beträgt, daher eher verschärft werden.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte.

 


12.16.43

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Bei dieser Änderung des Privatfernsehgesetzes handelt es sich um die Umsetzung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste, die an die Stelle der Fernsehrichtlinie getreten ist. Gerade diese Richtlinie enthält eine Menge von Liberalisierungen, die im Bereich der Fernsehwerbung und auch des Tele­shoppings Geltung haben werden.

Die vorgezogene Anpassung an diese Richtlinie haben wir deswegen jetzt schon auf der Tagesordnung, weil eine weitergehende Anpassung an diese Richtlinie noch folgen wird müssen, um den Standort Österreich im internationalen Vergleich abzusichern, und weil das ein relativ kleiner Standort ist und wir natürlich, wenn wir diese Liberalisie­rung jetzt vorziehen, schneller in den Genuss dieser Liberalisierungsrichtlinien kommen und damit wettbewerbsfähiger sind und auch diesen Standort Österreich für internatio­nale Betreiber besser halten können.

Wir haben in dieser Richtlinie neue Unterbrechungsmöglichkeiten, sie soll letztendlich eine Erleichterung zur Finanzierung des dualen Systems bringen und stellt natürlich auch ein Bekenntnis zum dualen System dar.

Diese Möglichkeit, Kindersendungen nach 30 Minuten zu unterbrechen, gibt es ja jetzt auch schon, und ich halte diesen freiwilligen Appell für durchaus zielführend, denn diese Möglichkeit ist auch jetzt nicht bis zum Exzess ausgenutzt worden, sondern die Beschränkung wurde letztendlich bis jetzt auch eingehalten, obwohl es anders möglich gewesen wäre.

Es ist nur jetzt etwas anders, dass man sagt, man kann sich innerhalb der 30 Minuten aussuchen, wann man das macht, aber dauern muss es trotzdem jetzt auch schon über 30 Minuten, damit eine Unterbrechung möglich ist. Das heißt also, man hat jetzt schon auch berücksichtigt, dass das möglich war. Ich glaube, dass dieser freiwillige Appell auch weiterhin dahin gehend ausgelegt wird, weil er ja auch jetzt schon so gehandhabt wurde. Viel hat sich nämlich da wirklich nicht geändert in diesem Zusam­menhang.

Ich halte es aber für richtig, dass man diese Unterbrechungen zulässt. Ich halte es auch für richtig, dass man eine Beschränkung dahin gehend hat, dass man den Zu­sammenhang nicht beeinträchtigen soll und dass man auch die Art und Dauer der Sen­dung berücksichtigt, wann man diese Werbeeinschaltungen macht, also nicht willkür­lich, sondern es soll schon auch noch einen Zusammenhang geben.


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Ich halte es auch für richtig, dass dieser Tagesprozentsatz von 20 Prozent aufgehoben wurde, und ich glaube, dass diese Maßnahmen dazu dienen können, das duale Sys­tem zu stärken und letztendlich auch eine Vielfalt an Medienberichterstattung zu er­möglichen.

Wir werden daher dieser Regelung zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.19


Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächster kommt Herr Abgeordneter Petzner zu Wort. – Bitte, Herr Kollege. (Abg. Großruck  in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Petzner –: Jetzt sag es uns hinein!)

 


12.20.20

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Guten Morgen, nach diesen zwei eher langwei­ligen Redebeiträgen! (Beifall beim BZÖ.) – Sehr geehrter Herr Präsident! Herr „Bun­deskanzler“ Ostermayer! Meine Damen und Herren! Es ist heute hier vom Kinder­schutz gesprochen worden, es sind auch Abänderungsanträge eingebracht worden, und es gibt weiters einen gemeinsamen Antrag, dem sich das BZÖ angeschlossen hat, einen Entschließungsantrag, der überhaupt einen freiwilligen Verzicht von den Privat­fernseh- und Privatradiobetreibern fordert.

Es ist grundsätzlich richtig: Der Kinderschutz ist wichtig und ist auch dem BZÖ ein An­liegen. Aber es ist das große Problem bei dieser vorliegenden Änderung des Privat­fernsehgesetzes, dass die Frage der Kontrolle unklar ist. Das heißt, ich kann strenge Bestimmungen machen, ich kann diese ganz streng machen, ich kann es überhaupt verbieten, was den Kinderschutz betrifft und die Werbung in Kindersendungen betrifft, die Frage ist immer: Wer kontrolliert es?

Es wird nicht kontrolliert, die Kontrolle ist nicht geregelt! Damit ist auch nicht sicherge­stellt, ob das, was hier von den Parteien heute beschlossen wird – mit Ausnahme des BZÖ –, auch eingehalten wird. (Beifall beim BZÖ.) Das heißt, es hilft der beste Kinder­schutz nichts, wenn er nicht kontrolliert wird. – So viel dazu.

Grundsätzlich sind wir natürlich der Auffassung, dass eine Ausweitung der Werbezei­ten richtig ist, weil dies den Wettbewerb fördert und stärkt und weil es vor allem in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, mit denen ja auch die Werbebranche zu kämpfen hat, wichtig ist, dieser auch die Möglichkeit zu geben, durch eine Ausweitung entsprechend gegenzusteuern.

Ich bin aber persönlich der Meinung – und damit komme ich zum ORF –, dass man auch dem ORF in dieser Phase helfen muss. Man darf den ORF nicht nur kritisieren. Es gibt hier sehr viel Reformbedarf, das ist richtig, auch personellen Reformbedarf. Wir sind von Alexander Wrabetz enttäuscht, das sagen wir ganz offen; hier gehört die Füh­rung ausgewechselt! (Beifall beim BZÖ.)

Aber, meine Damen und Herren, man muss dem ORF auch helfen. Es reicht nicht, allein Herrn Wrabetz auszutauschen, sondern man muss dem ORF, und hier vor allem den Landesstudios, auch helfen. Die Landesstudios haben massiv damit zu kämpfen, dass die strengen Werbebestimmungen, die den Landesstudios auferlegt wurden, da­zu führen, dass die Landesstudios vor dem finanziellen Kollaps stehen. Ich bin hier der Meinung, dass wir eine Diskussion darüber beginnen sollten, ob wir nicht die Werbe­bestimmungen für den öffentlich-rechtlichen Bereich, und zwar ausschließlich und nur im Bereich der Landesstudios, wieder lockern sollten, um für die Landesstudios das finanzielle Überleben sicherstellen zu können. (Beifall beim BZÖ.) – Das ist der eine Teil.

Der andere Teil ist, dass man sich die Frage stellen muss: Wie geht es mit dem ORF insgesamt weiter? – Wir haben ja vorgeschlagen, dass wir eine unabhängige Reform-


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kommission von nationalen und internationalen Experten einsetzen, die sich einmal den ORF wirklich anschauen, ihn auf Herz und Nieren prüfen und dann wirklich die Weichen stellen, die notwendig sind. Alles, was bisher gemacht wurde, sind doch Larifari-Maßnahmen!

Dem ORF geht es heute nicht besser, sondern schlechter; die „weißen Elefanten“ sind nicht weniger, sondern mehr geworden; die Kosten sind nicht weniger, sondern mehr geworden; und vor allem ist auch das Programm nicht besser, sondern schlechter ge­worden. (Beifall beim BZÖ.)

Ich denke da etwa an das Beispiel der britischen BBC, die es sehr gut hinbekommen hat, eine unabhängige Reformkommission einzusetzen, die genau diese Bereiche an­geht und für genau diese Bereiche Lösungsvorschläge macht, sodass wir dann eine Führung einsetzen, die willens und vor allem auch fähig ist, diese Reformvorschläge umzusetzen. Dann können wir den öffentlich-rechtlichen Bereich erhalten und sichern, was ich im Sinne der Mediendemokratie für ganz, ganz wichtig halte. Ich halte einen öffentlich-rechtlichen Sender, einen starken öffentlichen Rundfunk für eine wichtige Grundvoraussetzung in einer Mediendemokratie, im Sinne der Menschen, aber auch im Sinne des ORF. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

12.24


Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächster spricht Herr Klubobmann Kopf. – Bitte.

 


12.25.10

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Da­men und Herren! Diese Umsetzung der EU-Richtlinie Mediendienste ist, glaube ich, ein wichtiger Beitrag zur Sicherung des dualen Rundfunks. Natürlich bringt dies auch ein paar Korrekturen im Bereich Werbung/Unterbrecherwerbung mit sich.

Ich denke, dass der Antrag, der vorhin eingebracht wurde, dieser Richtlinie nicht wirk­lich entsprechen würde. Deswegen halte ich den Entschließungsantrag, der nachher vom Kollegen Brosz eingebracht werden wird, für notwendig und für den richtigen Weg. Dass wir an die Privatfernsehanstalten herantreten und dass vom zuständigen Ministe­rium versucht werden soll, eine freiwillige Vereinbarung über Beschränkungen in die­sem Bereich zustande zu bringen, halte ich für absolut richtig. Aber Fakt ist, dass wir diese Dinge auf ein Minimum beschränken sollten. Vor allem bei Kindersendungen ist dies natürlich völlig angebracht, keine Frage.

Generell ist es in der Medienpolitik eine besondere Aufgabe für uns, dass wir mit unse­ren Maßnahmen, unseren gesetzlichen Maßnahmen versuchen sollten, eine pluralis­tische, vielfältige Medienlandschaft zu erhalten und dafür die entsprechenden Rahmen­bedingungen zu schaffen. Ich denke, es wird auch eine zweite Etappe der Umsetzung der Richtlinie notwendig sein, um nämlich in der Frage des Product Placements Nach­besserungen vorzunehmen. Da werden wir schon aus diesem Grund auch ins ORF-Gesetz hineingehen müssen.

Damit auch ein Wort zum ORF: Nicht nur deswegen, denke ich, wird es notwendig sein, das ORF-Gesetz da oder dort zu adaptieren, wenngleich ich durchaus feststelle – damals sicher noch nicht persönlich als Mediensprecher in unserer Partei zuständig –, dass das Mediengesetz beziehungsweise das ORF-Gesetz an sich ein in der Struktur gutes Gesetz ist. Aber die Erfahrungen der letzten Jahre in der Anwendung haben ein­fach gezeigt, dass es durchaus ein paar Bereiche gibt, in denen Korrekturbedarf be­steht. Das betrifft die Größe der Organe und verschiedene andere Bereiche mehr, aber ... (Abg. Bucher: Die jetzt schwarz besetzt sind!)

Na ja, die Besetzungen, Kollege Bucher, sind dann natürlich Sache der einzelnen Gre­mien. Das heißt, wenn jetzt Einzelne aus der Politik gleich auf der zweiten und dritten


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Ebene des Stufenbaus Veränderungen verlangen, dann geht das ein bisschen am Strukturaufbau vorbei. Wir sind letzten Endes dazu aufgerufen, mit den Entsendungs­rechten, die wir haben (Abg. Ing. Westenthaler: Neu ausschreiben!) – auch die politi­schen Parteien oder die Regierung –, das zuständige Organ, den Stiftungsrat, durch Entsendungen zu besetzen, und dieser wiederum ist dann dazu aufgerufen, die Ge­schäftsführung zu bestellen, aber nicht umgekehrt!

Das heißt, unser Auftrag lautet nicht, eine Geschäftsführung zu bestellen. Es ist
uns natürlich unbenommen, die Tätigkeit der Geschäftsführung zu bewerten. (Abg. Ing. Westenthaler – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Aber Pröll sagt das!) Es ist uns ja unbenommen, die Tätigkeit der Geschäftsführung zu bewerten und zu beurtei­len, denn was haben wir letzten Endes auf dem Tisch? – Einen Rechnungshofbericht, der mit Sicherheit unbefriedigend, was heißt unbefriedigend, der vernichtend ist! (Abg. Ing. Westenthaler: Verheerend!) Er ist vernichtend, das ist überhaupt keine Frage. Auch wenn der eine oder andere Punkt aus diesem Rechnungshofbericht in der Zwi­schenzeit in Umsetzung ist, sind ganz substanzielle Punkte und Kritikpunkte dieses Berichtes nach wie vor nicht erledigt.

Wir alle kennen die Klagen verschiedenster Stiftungsratsmitglieder, die uns immer wie­der berichten, dass sie seit geraumer Zeit mittelfristig ein Unternehmenskonzept vorle­gen. Dass natürlich ein mittelfristiges Finanzkonzept, wie es vorgelegt wurde, wenig Sinn macht, wenn ich als Unterlage nicht auch ein mittel- und langfristiges Unterneh­menskonzept mit einer entsprechenden Unternehmensstrategie sozusagen als Unter­futter habe – sonst hängt ja die Finanzplanung in der Luft –, das sind durchaus Dinge, anhand deren man die Geschäftsführung auch kritisieren kann und muss.

Aber noch einmal, ich denke, unsere Aufgabe wird folgende sein: Um dieses wichtige Leitmedium in der österreichischen Medienlandschaft auch mit seinem öffentlich-recht­lichen Auftrag zu erhalten und zu stärken, wird es notwendig sein, diese Aufgabe im ORF-Gesetz jetzt zügig in Angriff zu nehmen, die Strukturierung des Unternehmens zu überdenken, die mittel- und langfristige Zielsetzung zu diskutieren und das darauf an­zupassen.

Noch einmal: Die Politik wäre schlecht beraten, wenn sie in das Unternehmen direkt so eingreifen wollte, wie manche sich das vorstellen. Das ist nicht unsere politische Auf­gabe. Wir gestalten die Rahmenbedingungen; das werden wir in den nächsten Wochen und Monaten tun, auch, indem wir das ORF-Gesetz anzupassen haben werden – da­bei müssen wir die Kritik berücksichtigen, dabei werden wir die EU-Entscheidungen zu berücksichtigen haben –, aber alles mit dem Ziel, dieses Unternehmen zukunftsfest zu machen und für die Zukunft abzusichern. (Beifall bei der ÖVP.)

12.30


Präsident Fritz Neugebauer: Der Nächste auf der Rednerliste ist Herr Abgeordneter Dr. Hübner. – Bitte. (Es vergehen ca. 20 Sekunden, bis sich Abg. Dr. Hübner zum Red­nerpult begibt. – Ruf bei der ÖVP: Da ist die Redezeit schon weg! – Abg. Scheibner: Das ist ein Auftritt!)

 


12.30.48

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Grüß Gott! Entschuldigen Sie den etwas verzögerten Auftritt, aber ich habe nicht gewusst, dass sich so viele von der Redner­liste haben streichen lassen. (Abg. Brosz: Freiheitliche? – Abg. Ing. Westenthaler: So viele Freiheitliche?) Na, es ist mir nicht aufgefallen, dass jetzt Freiheitliche vor mir fehlen. (Abg. Ing. Westenthaler: Wo ist Vilimsky?)

Ich darf dort weitermachen, wo mein Fraktionskollegen-Vorredner Mag. Stefan geendet hat, und zwar beim Spannungsfeld des dualen Mediensystems, das wir wollen, sprich


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beim Verhältnis zwischen den privaten Medien und dem ORF. Es hat ja heute schon ein Wortmelder des grünen Blocks moniert, dass man den ORF stärken muss. Er hat angeregt, dem ORF mehr Geld zu geben und zu überlegen, ob man nicht denjenigen Teil des vom Gebührenzahler inkassierten Betrages, der den Ländern für Kulturförde­rungen und Ähnliches zur Verfügung steht, direkt dem ORF geben kann. Ich fürchte, mit der Lockerung der Werbezeiten, die wir jetzt den Richtlinien gemäß für den privaten Teil des Medienbereichs beschließen werden, werden wir auch die Tür für neue Be­gehrlichkeiten des ORF nach mehr Geld öffnen.

Prinzipiell sind auch wir für die Erhaltung des öffentlichen Rundfunks und öffentlichen Fernsehens als einer wesentlichen Säule eines funktionierenden demokratischen Staatswesens – aber zu vernünftigen Bedingungen und zu vernünftigen Kosten! Das alles ist beim ORF in den letzten Jahren in keiner Weise mehr der Fall gewesen. Der ORF hat sich zu einem riesigen Monstrum entwickelt, und niemand im ORF ist bereit gewesen, die Konsequenzen daraus zu ziehen, dass man nicht mehr im Zeitalter des Monopols lebt und dass man nicht mehr hundert Prozent der Zuschauer bedient, son­dern dass man einer der Mitbewerber am Markt ist.

Ich darf auf eines verweisen: Der ORF allein hat so genannte Gebühreneinnahmen – also Steuereinnahmen, kann man sagen, denn zwischen Gebühren und Steuern ist nur ein rechtstheoretischer, aber kein praktischer Unterschied für den Bürger –, die über 500 Millionen € im Jahr ausmachen. 500 Millionen €, das ist bedeutend mehr als die Gesamtsumme aller Werbeeinnahmen, die private Medienteilnehmer am österreichi­schen audiovisuellen Markt erzielen; das ist bedeutend mehr! Allein die Gebührenein­nahmen, die öffentliche Finanzierung des ORF, übersteigt das Finanzierungsfunda­ment aller privaten Anbieter bei Weitem. Private Anbieter haben nichts anderes als Werbeeinnahmen, das heißt, Werbeeinnahmen sind ihr alleiniges Fundament.

Der ORF geht mit diesen Geldern in einer Weise um, die wir eigentlich nicht tolerie-
ren sollten. Der ORF hat Kosten von über 1 Milliarde € im Jahr, beschäftigt weit über 4 000 Mitarbeiter und bewegt sich in einem Kostenrahmen, der ungefähr das Doppelte von jenem vergleichbarer öffentlich-rechtlicher Anstalten beträgt. Die Anstalten etwa in Finnland, in Dänemark, in Norwegen, aber auch in Belgien kommen mit etwa der Hälfte des Budgets des ORF aus und machen auch passable, dem öffentlich-rechtlichen Auftrag entsprechende Programme, sowohl Fernseh- als auch Rundfunkprogramme in gleicher Zahl, üblicherweise auch zwei Fernsehprogramme und zwischen zwei und fünf Rundfunkprogramme.

Wir brauchen hier das Doppelte für einen vergleichbaren Markt, und noch dazu für einen Markt, in dem wir auch sehr viel auf dem riesigen deutschen Markt zukaufen können. Der deutsche oder deutschsprachige Markt ist ja einer der größten Medien­märkte, und jeder, der zukaufen kann, ist in einer wirtschaftlich äußerst günstigen Lage, in einer viel besseren Lage als einer, der alles selbst produzieren muss – wie einer, der auf dem dänischen oder finnischen Markt auftritt, wo es nichts zuzukaufen gibt. Da kann man zukaufen und synchronisieren, aber kein fertiges Produkt erwerben.

Der ORF hat Strukturen, von den Direktoren herab angefangen, die einfach so nicht beibehalten werden sollen. Die gültigen Verträge der Direktoren stellen fest, dass un­abhängig von der Dauer ihrer Beschäftigung zwölf Monatsgehälter als Abfertigung zu zahlen sind. Das ist aber nur ein kleiner Teil; ich möchte hier keine Abrechnung mit dem Privilegienstadel ORF machen, das ist nur ein Streiflicht gewesen.

Ich bitte daher, bei diesem Beschluss über die Lockerung der Werbezeiten, den wir letztendlich mittragen werden, jetzt schon klarzustellen und jetzt schon die innere Ent­scheidung in allen Klubs zu treffen, dass das nicht der Anfang für eine neue Zusatz­finanzierung des ORF aus Steuermitteln, aus öffentlichen Geldern werden darf, son-


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dern dass der ORF seine Probleme im Rahmen des bestehenden Einnahmenbereichs allein und ohne weitere Zufuhr lösen muss. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.35


Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


12.36.06

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Zunächst, glaube ich, kann man feststellen, dass Unterbrecherwerbung im Fernsehen wahr­scheinlich für niemanden ein besonderes Anliegen ist. Die Leute, die sich freuen, wenn der Film unterbrochen wird, halten sich wahrscheinlich in einem beschränkten Rah­men. Auf der anderen Seite wissen wir alle, dass Privatfernsehen ohne Werbeeinnah­men nicht möglich ist; beim öffentlich-rechtlichen gibt es unterschiedliche Konstruktio­nen.

Insofern haben wir jetzt eine Situation, in der wir sehen, dass Werbefenster de facto sehr viele Möglichkeiten bieten, um Werbeeinnahmen aus Österreich abzuziehen, und dass dort liberalere Bestimmungen gelten, als wir sie jetzt haben. Deshalb stimmen wir grundsätzlich dieser Anpassung an die EU-Richtlinie zu, wobei es schon einzelne Punkte gibt, die wir, wenn wir die Richtlinie selbst machen könnten, anders gestalten würden, das ist keine Frage. Wir finden es schade, dass im Bereich der Kindersendun­gen die Werbemöglichkeiten erweitert werden. Beispielsweise im Privatradiobereich war es bisher überhaupt ausgeschlossen; die Werberichtlinie sagt jetzt, es ist zulässig, beziehungsweise es gibt auch bei längeren Kindersendungen nun die Möglichkeit, öfter zu unterbrechen. Das sind Dinge, die wir anders gestaltet hätten.

Wir sehen aber, dass es eine Richtlinie ist und dass es insofern wahrscheinlich auch Sinn macht, Gespräche zu führen, um zu versuchen, in Österreich, auch wenn es dann vielleicht erweiterte Möglichkeiten gibt, trotzdem anders damit umzugehen.

Deshalb freue ich mich darüber, dass ich jetzt auch formal den bereits angekündigten Entschließungsantrag der Abgeordneten Brosz, Cap, Kopf, Stefan und Petzner betreffend freiwilligen Verzicht auf Unterbrecherwerbung der Privatfernseh- und Privat­radiobetreiber bei Kindersendungen und Kinderfilmen einbringen kann.

Der Antrag lautet:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, mit den Betreibern von Privatfernseh- und Privatradioanstalten in Gespräche einzutreten, um einen freiwil­ligen Verzicht auf Unterbrecherwerbung bei Kindersendungen und Kinderfilmen unab­hängig von der Dauer zu erreichen.“

*****

Insofern halte ich das gar nicht für einen „Papiertiger“, wie es Kollege Stefan genannt hat, weil ein Verzicht sogar mehr wäre, als nach der jetzigen Regelung möglich ist. Es stimmt aber, dass es wahrscheinlich auch nicht in diesem Ausmaß ausgeschöpft wor­den ist. Man muss ja nicht jede EU-Richtlinie, die da ist, so weit ausschöpfen, dass man alles macht. Insofern freue ich mich, dass es diesen Konsens gegeben hat, hier in Gespräche einzutreten und dann wahrscheinlich auch das Ergebnis dieser Gespräche in absehbarer Zeit zu erfahren.

Aber lassen Sie auch mich auf den ORF zu sprechen kommen. Das ist natürlich eine Debatte, die in der Tonalität unterschiedlich geführt wird. Im Unterschied zu dem, was man vom Kollegen Kopf gehört hat, hört man aus ÖVP-Kreisen, unter anderem vom niederösterreichischen Landeshauptmann, schon auch andere Töne. Dort ist nicht mehr die Rede davon, dass es eine Struktur gibt, wonach der ORF auch unabhängig


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ist und selbst entscheiden kann, sondern da wird eingefordert: Rübe ab! Das hat Herr Klubobmann Kopf jetzt nicht in dieser Form gemacht. (Abg. Kopf: Das habe ich nicht gesagt!)

Das habe ich gerade gesagt: Du unterscheidest dich vom Landeshauptmann von Nie­derösterreich in der Tonalität einigermaßen. Die Frage ... (Abg. Kopf: In der Frisur!) In der Frisur, ja. (Heiterkeit des Redners.)

Die Frage ist natürlich generell: Wie schaut es mit den Einnahmen und den Ausga-
ben des ORF aus? – Der Rechnungshofbericht zeigt, glaube ich, für alle offensicht-
lich, dass es einen Veränderungsbedarf gibt; darüber braucht man gar nicht zu disku­tieren: Dinge wie Abfertigungsregelungen – auch angesichts dessen, was bei normalen ArbeitnehmerInnen im Abfertigungsbereich Standard ist – von 12 Monatsgehältern, 24 Monatsgehältern, noch dazu dann, wenn man im Vorpensionsalter vom Angestell­tenstatus ins Direktorium wechselt und nachher trotzdem noch einmal den Anspruch auf eine Abfertigung in Höhe von Jahresgehältern hat – daran sieht man schon, dass die Struktur in diesem System einfach nicht stimmen kann. Darüber brauchen wir gar nicht zu diskutieren.

Der Punkt ist nur, dass etliche dieser Kosten auch als Folge von politischen Entschei­dungen hervortreten, nämlich dann, wenn aus politischen Gründen gerade wieder eine Geschäftsführung abgesägt wird, die „weißen Elefanten“ freigesetzt werden, die wir auch kennen, weil dann eben politisch unliebsame Köpfe entfernt werden oder weil so­zusagen umgefärbt wird. Das kennen wir aus dem ORF seit Jahren, da hat die Politik, glaube ich, auch eine Mitverantwortung.

Der Punkt ist nur folgende Frage: Will man dieses Unternehmen so weit sicherstellen, dass eine unabhängige öffentlich-rechtliche Berichterstattung gewährleistet werden kann? – Und auch da hört man sehr unterschiedliche Stimmen, denn ich habe den Eindruck, dass gerade in Kreisen der ÖVP, zumindest in Teilen davon, ein massiver Wunsch besteht, den ORF nicht in dieser Form aufrechtzuerhalten, dass es offenbar darum geht, Teile des ORF zu privatisieren, nämlich genau die Bereiche, die sich eigentlich auch selbst tragen können – Stichwort: Raiffeisen will offenbar ORF1 und Ö3 an sich ziehen. Was das dann mit einer unabhängigen Berichterstattung zu tun haben soll, weiß ich nicht mehr.

Wenn also das Bild so aussieht, dass der ORF dann einzig und allein den Auftrag hat, ein kulturelles Programm zu machen, ein hoch stehendes Programm zu machen, und dass all das, bei dem eigentlich relativ viele Leute zuschauen, privatisiert werden soll – noch dazu mit einem politischen Hintergrund, der mir überhaupt nicht gefällt –, dann muss man sagen: So kann das Unternehmen mit Sicherheit nicht bestehen bleiben! Ich glaube, dass es auch nicht im Interesse Österreichs sein kann, de facto bei jenen Be­reichen, bei denen es wirklich einen hohen Zuschauerschnitt gibt, bei denen noch relativ viele Leute schauen, egal ob das Ö3 ist oder ob das die ORF-Sendungen sind, herzugehen und zu sagen: Weg damit! Das ist nicht mehr Teil der öffentlichen Hand, sondern entschieden wird von außen!

Diesbezüglich muss man schon dazusagen, dass sich aus unserer Sicht in den letzten zwei Jahren schon etwas verändert hat. Das BZÖ macht den Eindruck, Herr Westen­thaler ist vor allem deshalb unglücklich, weil er bei Weitem nicht so oft vorkommt, wie er das gerne hätte, aber das kann ja kein Kriterium für eine Beurteilung sein. (Abg. Scheibner: Solche Sorgen habt ihr nicht! Ihr kommt ja laufend ...!)

Was sich aus unserer Sicht verändert hat, ist, dass es mehr Unabhängigkeit in den Re­daktionen gibt – über einzelne Sendungen kann man immer diskutieren – und dass es eine Berichterstattung gibt, die mit Sicherheit kritischer geworden ist. Ich glaube, nie-


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mand, der sich das anschaut, wird sagen können, dass irgendeine Partei ausgenom­men wird und eine in vielen Bereichen besonders freundliche Berichterstattung hat.

Das, was unter Lindner stattgefunden hat, als es de facto einen direkten Zugriff einer Regierungspartei, nämlich der Bundeskanzlerpartei unter Schüssel, auf die Redaktio­nen und auf die Unabhängigkeit der Sendungen gegeben hat, das ist, glaube ich, deut­lich beschränkt worden. Diesbezüglich sollte es im Interesse aller liegen, dass das auch so aufrecht bleibt, unabhängig von den strukturellen Veränderungen.

Meine Befürchtung ist, dass diese Unabhängigkeit des ORF gefährdet ist, dass es in die Richtung geht, dass Parteipolitik offenbar wieder in den Mittelpunkt rücken und der Durchgriff der Parteizentralen gestärkt werden soll. Und das werden wir mit Sicherheit nicht mittragen. (Beifall bei den Grünen.)

12.42


Präsident Fritz Neugebauer: Ich darf nun Herrn Staatssekretär Dr. Ostermayer das Wort erteilen. – Bitte.

 


12.42.35

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrtes Hohes Haus! Ich freue mich, dass es zu zwei Punkten in gro­ßem Ausmaß Konsens gibt.

Der eine Punkt ist, dass es auch weiterhin einen starken öffentlich-rechtlichen ORF ge­ben soll und dass das ein Unternehmen ist, das für die österreichische Gesellschaft und insgesamt auch sozusagen für deren Selbstverständnis sehr wichtig ist.

Dass es dort in nächster Zeit einige Aufgaben zu erfüllen gibt, steht außer Zweifel. Der Rechnungshofbericht hat etliche Punkte aufgezeigt und auch manche Vorschläge ge­macht, was im Unternehmen zu tun ist, und mir scheint es doch auch wichtig zu sein, zu differenzieren, wer welche Aufgaben zu erfüllen hat.

Ein Zukunftskonzept vorzulegen ist natürlich die Aufgabe des Generaldirektors, des Di­rektoriums, und das Ganze im Zusammenwirken mit dem Stiftungsrat. Es gibt aber auch einige Bereiche, die wir in nächster Zeit zu erfüllen haben, also solche, wo wir Aufgaben vorzubereiten haben, die wir dann dem Parlament zur Beschlussfassung vorzulegen haben.

Dazu gehört auch etwas, das Bundeskanzler Faymann schon am Vormittag erwähnt hat, nämlich dass es dieses Beihilfeverfahren bei der Europäischen Kommission gibt – da wurde im Dezember zugesagt, dass es im April oder spätestens im Mai die Ent­scheidung dazu geben soll –, und daran knüpft dann auch die Frage der Änderung der Medienbehörde an. Also das sind Dinge, die wir vorzubereiten und dann hier auch zu beschließen haben.

Ich freue mich, dass es aber auch zu einem zweiten Themenbereich weitgehenden Konsens gibt, nämlich zum Thema duales Rundfunksystem. Darum geht es eigentlich in dem Gesetzesvorschlag, der jetzt vorliegt, also um die Frage: Wie kann man Betrei­bern von Privatfernsehen beziehungsweise Privatradio so weit ökonomisch behilflich sein, dass sie auch in der österreichischen Radio- und Fernsehlandschaft überleben können? – Dabei geht es vor allem auch um die Frage der ökonomischen Beeinflus­sung durch die deutschen Fernsehsender, da wir eine Situation haben, die es in Euro­pa nur in wenigen weiteren Bereichen gibt, nämlich dass es einen großen Nachbarn gibt, der die gleiche Sprache spricht, wodurch natürlich auch Werbung und Quote und so weiter sehr intensiv beeinflusst werden.

Was wir jetzt vorliegen haben, ist daher der erste Teil der Umsetzung einer europäi­schen Richtlinie, nämlich der Mediendiensterichtlinie, und ich möchte in diesem Zu-


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sammenhang auch Frau Abgeordneter Silhavy, die gerade nicht im Saal ist, und den Kollegen für die Vorarbeiten, die dazu geleistet wurden, danken. Das hat natürlich zur Folge, dass die ökonomischen Möglichkeiten der Privatrundfunkanstalten gestärkt wer­den sollen, was mehr Werbung, mehr Teleshopping bedeutet, weil das deren Einnah­mequelle ist.

Im Wesentlichen setzen wir die Richtlinie 1 : 1 um, das heißt, wir haben da bei den legistischen Vorgaben keinen wirklichen Spielraum gehabt, aber zu einem Punkt, der jetzt sehr intensiv diskutiert wurde, möchte ich eine Anmerkung machen, nämlich zur Frage der Kindersendungen und der Unterbrechung von Kindersendungen.

Die Rundfunkrechtsexperten, die sich das noch einmal angeschaut haben, sind ein­deutig der Meinung, dass es keine Veränderung der gesetzlichen Rahmenbedingun­gen gibt, was die Unterbrechung von Kindersendungen anlangt, das heißt, es ist eine Verschiebung von einem Absatz in einen anderen Absatz. Ich bringe jetzt ein Beispiel, wie sich das auswirkt und auch bisher schon ausgewirkt hat, nämlich dass Kindersen­dungen unter 30 Minuten nicht unterbrochen werden dürfen, und wenn sie länger dau­ern als 30 Minuten – also sagen wir beispielsweise 31 Minuten – dürfen sie einmal un­terbrochen werden.

Da es eine zweite Regelung gibt, wo noch einmal die 30 Minuten erwähnt werden, heißt das, dass eine zweite Unterbrechung erst stattfinden darf, wenn die nächsten 30 Minuten, also in Summe 60 Minuten, überschritten werden. Also insofern gibt es da eine relativ klare Regelung. (Zwischenruf des Abg. Dr. Zinggl.) – Das würde nach die­ser Regelung bei 90 Minuten zwei Unterbrechungen, ab 91 Minuten drei Unterbrechun­gen bedeuten. (Abg. Dr. Zinggl: Bisher haben wir nur eine!) Das ist eigentlich die Fortführung, bloß die legistische Verschiebung, die es im Vergleich zum derzeitigen Recht gegeben hat.

Aber diese Entschließung kommt ja wahrscheinlich zustande, da dieser Entschlie­ßungsantrag von einer so breiten Basis unterstützt wird, und dann werden wir an die Privatrundfunkbetreiber herantreten und sie bitten, dass dieser Entschließung Folge geleistet wird.

Lassen Sie mich abschließend noch erwähnen, dass die Umsetzung des zweiten Teils beziehungsweise des dann noch nicht umgesetzten Teils dieser Mediendienstericht­linie gerade in Vorbereitung ist und dass es mit den Hauptakteuren in diesem Bereich entsprechende Arbeitsgruppen gibt. Wir werden noch im Frühjahr einen Entwurf in Begutachtung schicken, und das Ziel ist, dass bis Herbst entsprechende Vorlagen hier im Parlament eingebracht werden sollen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.48


Präsident Fritz Neugebauer: Danke, Herr Staatssekretär.

Der zuvor von Kollegem Brosz eingebrachte Antrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Brosz, Cap, Kopf, Stefan, Petzner betreffend eines freiwilligen Ver­zichts auf Unterbrecherwerbung der Privatfernseh- und Privatradiobetreiber bei Kinder­sendungen und Kinderfilmen

eingebracht im Zuge der Debatte TOP 2 über Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage 19 d.B.: Bundesgesetz, mit dem das Privatfernsehgesetz und das Privatradiogesetz geändert werden (40 d.B.)


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Mit der Änderung des Privatfernsehgesetzes und des Privatradiogesetzes wird die Richtlinie 2007/65/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimm­ter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (Mediendiensterichtlinie) umgesetzt.

Vorgesehen ist eine Anpassung der restriktiveren österreichischen Gesetzeslage im Bereich der Fernsehwerbung und des Teleshoppings. Damit soll auch die Wettbe­werbsfähigkeit der österreichischen Anbieter gegenüber den stark konkurrierenden, vor allem von Deutschland aus betriebenen Werbefenstern gestärkt werden.

Kinder haben bei Werbung ein erhöhtes Schutzbedürfnis. Ein Verzicht der österrei­chischen Anbieter auf Werbeunterbrechungen bei Kindersendungen und Kinderfilmen wäre wünschenswert.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, mit den Betreibern von Privatfernseh- und Privatradioanstalten in Gespräche einzutreten, um einen freiwil­ligen Verzicht auf Unterbrecherwerbung bei Kindersendungen und Kinderfilmen unab­hängig von der Dauer zu erreichen.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort. – Bitte.

 


12.48.43

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion wird diese Vorlage ablehnen; Herr Abgeordneter Petzner hat auch schon entsprechend erläutert, warum.

Ein Punkt ist natürlich, dass es sich um Inhalte einer EU-Richtlinie handelt, und es sollte nicht immer als Ausrede verwendet werden, dass man das eben entsprechend umsetzen muss und sich nicht dagegen wehren kann, denn in diesem Zusammenhang stellt sich schon die Frage, wer denn an der Erstellung dieser Richtlinie mitgearbeitet hat. – Da würden wir uns auch erwarten, dass sich Österreich stärker einbringt. (Beifall beim BZÖ.)

Wenn man sich schon nicht durchsetzen kann, dann muss man das nicht musterschü­lerhaft so rasch wie möglich umsetzen – wir hätten ja bis Jahresende Zeit –, denn gerade diese Frage der Unterbrecherwerbungen bei Kindersendungen halte ich für äußerst kritisch.

Wir haben uns jetzt auf einen Entschließungsantrag geeinigt, in dem wir die Fernseh­anstalten zu einem freiwilligen Verzicht auffordern und sie darum ersuchen. – Der frei­willige Verzicht ist schön, und ich hoffe, der Antrag ist mehr wert als das Papier, auf dem er gedruckt ist; ich fürchte nur, dass das leider ein Wunsch sein wird, der nicht in Erfüllung geht, aber das wäre eine wichtige Maßnahme.

Auch betreffend die Altersgruppe wird nicht unterschieden, und, Herr Staatssekretär, Sie wissen es vielleicht: Gerade bei Kleinkindern ist es besonders problematisch, wenn ein Film – vielleicht auch eine Kindersendung –, der einen gewissen dramatischen Auf-


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bau hat, dann mittendrin für ein paar Minuten unterbrochen wird und dort irgendwelche Werbung für Kinderspielzeug gemacht wird.

Herr Kollege Cap hat im Ausschuss ja auch noch den Aspekt der Eltern mit einge­bracht, dass man dann beim nächsten Familienausflug gleich beim Spielwarengeschäft vorbeigehen und das dann kaufen muss, weil es dann eben einen entsprechenden Druck seitens der jungen Generation gibt; das aber nur nebenbei bemerkt. Ich meine jedenfalls, aus pädagogischen Gründen ist das ganz einfach abzulehnen. Ich verstehe wirklich nicht, warum man einer derartigen Richtlinie auch auf EU-Ebene zustimmen kann. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Deshalb auch die Frage, warum Österreich da sozusagen Musterschüler sein soll. In Bezug auf Unterbrecherwerbungen gibt es ja Beschränkungen für die Privatfernsehan­stalten. Diese Unterbrecherwerbungen sind nicht angenehm – da gebe ich dem Kolle­gen Brosz recht –, aber klar ist, dass das für die privaten Fernsehanstalten notwendig ist, weil sie eben so entsprechende Mehreinnahmen für ihren Betrieb erzielen können.

Herr Staatssekretär Ostermayer, wir haben darüber im Ausschuss diskutiert, haben da­zu jedoch keine Antwort bekommen. Daher noch einmal: Das gilt ja für die österreichi­schen Fernsehanstalten. Und mit dieser Beschränkung – zwölf Minuten in der Stunde – wird man leben können, jedoch meine ich, dass es mehr als nur ein subjektiver Ein­druck ist, dass jene Fernsehanstalten, die von anderen Ländern nach Österreich her­einstrahlen, ganz andere Richtlinien haben als diese zwölf Minuten Werbung in der Stunde, denn da hat man eher den Eindruck, dass die Werbung schon fast länger dauert als der Film. Okay, das ist subjektiv; aber auch objektiv werden diese zwölf Mi­nuten sicherlich übertroffen.

Wenn dann diese private Fernsehanstalten aus dem Ausland auch noch österreichi­sche Werbefenster haben, dann werden doch diese Bestimmungen, die wir heute hier beschließen, geradezu ad absurdum geführt, zumindest für das heurige Jahr, denn die Deutschen werden das, wie ich gehört habe, erst später ratifizieren. – Auch das also ein Argument gegen die Beschlussfassung dieser Richtlinie zu diesem Zeitpunkt. (Bei­fall beim BZÖ.)

Letzter Punkt: Der ORF darf ja als öffentlich-rechtliche Fernsehanstalt und Rundfunk­anstalt keine Unterbrecherwerbung machen. Und das sollte, glaube ich, ein Konsens sein und auch bleiben, dass die Konsumentinnen und Konsumenten, die mit Gebühren für den Erhalt dieser Fernsehanstalt aufzukommen haben, dann wenigstens nicht mit dieser Unterbrecherwerbung belästigt werden. Das sollte durchaus auch als Argument des ORF zur Eigenwerbung eingesetzt werden; das wird ja viel zu wenig ins Treffen geführt. Das kann doch auch in Zukunft das Argument sein, sich einen Film beim ORF anzuschauen – oder, was Deutschland betrifft, ARD und ZDF –, denn da braucht man eben zum Anschauen eines Films nur zwei Drittel der Zeit aufzuwenden, die dafür bei einer privaten Fernsehanstalt erforderlich wäre.

Zur Frage der Qualität: Da, glaube ich, ist es ein falsches Argument, wenn man sagt, der ORF hat das Problem mit den Quoten – die guten Filme, die Quoten bringen, lau­fen woanders, und der ORF müsse sich mit Kulturauftrag und Sonstigem herumschla­gen. Schauen wir uns doch nur an, welche Sendungen im ORF – neben den Sportsen­dungen – die bei Weitem höchsten Einschaltquoten haben, und zwar übers Jahr gese­hen: Das ist „Universum“, also durchaus qualitativ hochstehende Sendungen. Und es stellt sich daher die Frage, warum es nur diese eine Sendeleiste und nicht viel mehr gibt. Man sieht ja, dass man auch mit Qualität, mit Dokumentationen und so weiter sehr wohl die entsprechenden Quoten erreichen kann; das ist aber vielleicht etwas mühsam für die Fernsehanstalt, weil man eben dann auch selbst etwas produzieren muss.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 88

Zur Frage der Objektivität des ORF: Herr Kollege Brosz, dass ihr euch nicht be­schwert, das ist mir klar – denn so gut, wie die Grünen im ORF, aber auch bei den an­deren Medien für wenig Leistung und für wenig Inhalt präsentiert werden, da würde ich mich auch nicht beschweren. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.) Da wäre es einmal interessant, für mehr Objektivität zu sorgen, und wir sind schon sehr gespannt, wie sich das gerade beim ORF darstellt.

Lassen Sie mich zusammenfassend sagen, dass wir dieser Richtlinie leider nicht zu­stimmen können. „Leider“ nicht, weil wir den Inhalten gerne zustimmen würden, son­dern weil wir nicht verstehen, warum man es zu diesem Zeitpunkt beschließen muss, und weil wir auch die Inhalte sehr kritisch sehen.

Abgesehen davon ist das auch ein Anlass, sich nicht immer nur auf die EU auszureden und dann zu überlegen, warum all die Leute gegen diese Europäische Union sind, son­dern sich eher zu fragen, wie solche Richtlinien zustande kommen, wo sich doch jedes Mitgliedsland entsprechend einbringen kann. (Beifall beim BZÖ.)

12.55


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Prähauser. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.55.10

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatsse­kretär! Hohes Haus! Betreffend diese Novellierung darf ich mich inhaltlich Klubobmann Kopf und Peter Wittmann anschließen. Ich möchte mich aber trotzdem zu privatem Rundfunk und Fernsehen äußern, weil ich der Meinung bin, dass man, wenn es schon einen Tagesordnungspunkt gibt, der sich mit dem Privaten beschäftigt, auch darauf eingehen sollte.

Es ist keine Frage, dass wir im Interesse der Wirtschaftlichkeit dafür Sorge tragen müs­sen, im System eines dualen Rundfunks, das wir ja alle so wollten, auch dem Privaten eine Überlebenschance zu geben. (Zwischenruf des Abg. Mag. Molterer.) In diesem Zusammenhang ist es natürlich auch wichtig, gegen ausländische Konkurrenz be­stehen zu können. – Das ist der eine Punkt.

Tatsächlich ist es aber so, dass wir als Gesetzgeber die Grundlagen schaffen, aller­dings immer wieder bereit sind, wenn irgendwo Probleme auftauchen, „zizerlweise“ Novellierungen zu treffen, die wir eigentlich gar nicht hätten durchführen müssen, wenn wir beizeiten ein wirklich gutes Privatradio- und -TV-Gesetz beschlossen hätten. Ich behaupte, dass da die Privaten auf der einen Seite wirklich alleine gelassen werden, dass aber auch der ORF, dessen Unterstützung ich gleichfalls einfordere – das ist überhaupt keine Frage –, mit den gegebenen Umständen nicht wirklich zurande kommt.

Ich weise nur auf einen eigenartigen Zustand in Salzburg hin: Wir haben dort das „Salzburg TV“ und auch ein privates Radio. Wie wir wissen, gehört das inzwischen Herrn Mateschitz, weil der ursprüngliche Betreiber eben nicht mehr in der Lage war, eine Finanzierung zu gewährleisten, um das TV wirklich wirtschaftlich zu führen. In die­sem Zusammenhang gibt es folgende Situation: Jeden Abend um 19.30 Uhr, zur Zeit der Ausstrahlung der Nachrichten, werden auf „ORF 2“ ganz normal die Nachrichten gesendet, und beim Fenster des „Salzburg TV“ flimmert die Mattscheibe, weil der ORF in den Verhandlungen durchgedrückt hat, das Privat-TV zu dieser Zeit auszuschal­ten. – Das halte ich schlichtweg für verrückt (Beifall bei SPÖ, ÖVP sowie des Abg. Brosz), zumal wir auf der anderen Seite versuchen, Zeiten zu finden, den Leuten die Chance zu geben, in der Öffentlichkeit dafür zu sorgen, dass sie gesehen werden und damit auch Werbung verkaufen können.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 89

Ich rede jetzt gar nicht von den vielen Radiosendern, die wir zugelassen und gewollt haben, ohne uns zu überlegen, wie diese denn überleben. – Dass es zufällig ein Unter­nehmen gab, das letztlich viele insolvente Radiobetreiber aufgesaugt hat, um eine ös­terreichweite Frequenz zu bekommen, war ein Glücksfall für die Betreffenden, aber nicht das, was der Gesetzgeber in Wirklichkeit wollte. Deshalb sollte man in Zukunft darüber nachdenken, wie man auf der einen Seite dem ORF, der in Zukunft natürlich auch nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten wird arbeiten müssen, seine Existenz er­möglicht, und auf der anderen Seite den Privaten, von denen wir erwarten, dass sie ihren Teil der Information der Menschen erledigen, eine Chance gibt, überleben zu können.

Herr Staatssekretär Ostermayer, ich bin dankbar für die Worte, die Sie gefunden ha­ben, da sie mich mit sehr viel Optimismus erfüllen, dass wir in der nächsten Zeit einen klaren Weg finden werden.

Ich würde vorschlagen, dass wir uns zusammensetzen und gemeinsam ehrlich dar-
über nachdenken, wie wir beide Situationen in den Griff bekommen und beiden –
dem ORF auf der einen Seite und den Privaten auf der anderen Seite – eine bessere Überlebenschance gewährleisten können. – Danke. (Beifall bei SPÖ, ÖVP sowie des Abg. Brosz.)

12.58


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. – Bitte.

 


12.58.43

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Meine Damen und Herren! In dritter Lesung werden wir der Novellierung wegen der Medienvielfalt, der Stärkung des dualen Systems, der Vereinheitlichung der Gesetze und so weiter zustimmen, aber insgesamt, meine Damen und Herren – dessen müssen wir uns bewusst sein –, handelt es sich um eine Verdünnung, um eine Vergiftung und eine Verschlechterung der Qualität des Mediums Fernsehen und Rundfunk. – Das muss klar sein.

Natürlich können wir sagen, wir haben diesbezüglich keine Verantwortung, denn die Verantwortung liegt bei den Menschen, weil diese entscheiden, ob sie sich vor den Fernsehschirm setzen oder nicht, aber dann bräuchten wir ja diese ganze ethische und kulturelle Tugend überhaupt nicht vorzutäuschen, die in den Gesetzen irgendwie ent­halten ist.

Die Farce an dem Ganzen zeigt sich ja in der EU-Richtlinie selbst, wenn beispielsweise Gottesdienste ausgenommen werden und bei der Liberalisierung nicht „mitspielen“ dür­fen. – Das heißt, bei Gottesdiensten darf nicht unterbrochen werden (Abg. Mag. Stad­ler: Das hängt von der Konfession ab!); bei Begräbnissen zum Beispiel werden offen­sichtlich keine religiösen Gefühle verletzt, das geht wieder. (Präsident Dr. Graf über­nimmt den Vorsitz.)

Jetzt kann man sich überlegen, wo der Gesetzgeber in der Lage ist, Schranken zu set­zen, und wo nicht. Bei Kindersendungen offensichtlich überhaupt nicht, das interessiert den Gesetzgeber nicht, das hält er nicht für notwendig. Er sagt, dass die Eltern für ihre Kinder verantwortlich sind. Die Eltern setzen aber ihre „Gschrappen“ vor den Fernseh­schirm (Abg. Mag. Molterer: Schön sprechen! Es heißt „Kinder“!) und hoffen, dass sie dann ein paar Minuten Zeit haben, etwas anderes zu tun. Aus den paar Minuten wer­den ein paar Stunden, und dann passieren diese Dinge, die uns allen bekannt sind: Auf der Wunschliste an den Weihnachtsmann steht irgendeine Firma, die wir alle nicht ken­nen, und wehe, das Kind bekommt dann nicht das, was auf der Wunschliste steht:


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Dann ist das Bubi oder das Mädel superenttäuscht, daher wird es gekauft. – So funk­tioniert das alles.

Das Zweite, was dazukommt – und mich besonders stört –, ist die Emotionalisierung, die da eintritt, und die Art, wie mit Kindern umgegangen wird, die bei einem Film wie „Bambi“ voll ins Geschehen einsteigen und dann durch Unterbrechungen neurotisiert werden.

Herr Staatssekretär, Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass das eine vehemente Ver­schlechterung ist! Bisher hatten wir bei einem Film wie zum Beispiel „Bambi“, der 90 Minuten dauert, eine Unterbrechungsmöglichkeit mit einem Block, und jetzt haben wir drei. Und es sind nicht 91, sondern 90 Minuten. Wir haben drei Blöcke, die man da hineinrechnen kann. Herr Kollege Molterer, wenn Sie es nicht glauben: Ich habe mit dem Vertreter der KommAustria und auch mit der Rechtsanwältin von der RTR gespro­chen. Sie alle haben das genau wie ich gesehen, nämlich als wesentliche Verschlech­terung.

Jetzt komme ich zu dem, was Kollege Scheibner angesprochen hat, der im Moment nicht da ist. (Abg. Bucher: Aber ich bin da!) Es geht nicht nur darum, dass der zeitliche Rahmen unnötig früh ausgeschöpft wird, sondern eigentlich darum, dass dieses EU-Gesetz ja witzigerweise Schutz bieten soll. Das heißt, wenn wir wollen, können wir strengere Regeln einbringen, nur keine liberaleren. Es geht also in die ganz andere Richtung, nur haben wir das offensichtlich alle noch nicht verstanden. Darum glaube ich, dass man diesen Abänderungsantrag, den ich jetzt einbringe, zum Schutz der Kin­der noch einmal überdenken sollte.

Auch mit anderen Dingen hätte ich so meine Probleme, aber wenn es um Kinder geht, hört der Spaß auf. Da tragen wir, meine ich, eine große Verantwortung, die wir wahr­nehmen sollen. Der Antrag beinhaltet im Wesentlichen die Beibehaltung des meiner Meinung nach ohnehin schon viel zu liberalen Gesetzes, was die Kindersendungen betrifft.

Ich muss das jetzt leider vorlesen, das dauert lang, es ist im Wesentlichen die Beibe­haltung des Alten.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Zinggl, Mag. Musiol, Kolleginnen und Kollegen, zum Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage 19 d.B.: Bundesgesetz, mit dem das Privatfernsehgesetz und das Privatradiogesetz geändert werden (40 d.B.)

Antrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Privatfernsehgesetz und das Privatradiogesetz geändert werden, in der Fassung des Berichtes des Verfas­sungsausschusses (40 d.B.) wird wie folgt geändert:

In Artikel 1 Z 1 lautet der letzte Satz des § 36 Abs. 1:

„Kindersendungen, die eine programmierte Sendezeit von weniger als 30 Minuten ha­ben, dürfen nicht durch Werbung oder Teleshopping unterbrochen werden. Beträgt ihre programmierte Sendezeit mindestens 30 Minuten, so kann für jeden vollen Zeitraum von 45 Minuten einmal unterbrochen werden, wobei zwischen zwei aufeinanderfolgen­den Unterbrechungen innerhalb der Sendungen ein Abstand von mindestens 20 Minu­ten zu liegen hat. Eine weitere Unterbrechung ist zulässig, wenn die programmierte


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Sendedauer um mindestens 20 Minuten über zwei oder mehrere volle 45 Minuten Zeit­räume hinausgeht.“

In Artikel 2 Z 3 lautet der letzte Satz des § 19 Abs. 6:

„Kindersendungen, die eine programmierte Sendezeit von weniger als 30 Minuten ha­ben, dürfen nicht durch Werbung unterbrochen werden. Beträgt ihre programmierte Sendezeit mindestens 30 Minuten, so kann für jeden vollen Zeitraum von 45 Minuten einmal unterbrochen werden, wobei zwischen zwei aufeinanderfolgenden Unterbre­chungen innerhalb der Sendungen ein Abstand von mindestens 20 Minuten zu liegen hat. Eine weitere Unterbrechung ist zulässig, wenn die programmierte Sendedauer um mindestens 20 Minuten über zwei oder mehrere volle 45 Minuten Zeiträume hinaus­geht.“

*****

Abschließend noch ein Satz zum ORF und zum dualen System: Was machen wir da in Wirklichkeit? Wir schrauben, indem wir das liberaler machen, an der Gesamtmedien­landschaft. Im Moment haben die Privaten durch ihre Freiräume einen Wettbewerbs­vorteil. Der ORF ist durch das Gesetz beschränkt und kann daher Werbesendungen nicht so einbringen, wie es die Privaten können.

Das ist an sich ein ganz gutes System. Jetzt gehen aber Lobbyisten her und schauen, dass bei der EU die Richtlinien lockerer werden, und wir ziehen alle nach. Die Privaten können jetzt genau genommen machen, was sie wollen, denn das Gesetz sagt ja in Wirklichkeit aus, dass sie senden und Werbeblöcke einschalten dürfen, wann sie wol­len.

Der ORF ist jetzt in der blöden Situation, einen extremen Wettbewerbsnachteil zu ha­ben. Diesen hat er auch bisher schon gehabt. Bis jetzt haben wir gesagt, gut, das ist richtig, damit die Privaten von den Werbungen leben können. Aber wenn sich das jetzt verschärft, wird der ORF nachziehen. Insgesamt schrauben wir da in die verkehrte Richtung, meine Damen und Herren, denn am Schluss gibt es dann keinen Wettbe­werbsvorteil für irgendjemanden, sondern nur schlechteres Fernsehen! Das ist es, was Sie jetzt gemacht haben! (Beifall bei den Grünen.)

13.05


Präsident Fritz Neugebauer: Der Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Zinggl, Mag. Musiol, Kolleginnen und Kollegen, zum Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage 19 d.B.: Bundesgesetz, mit dem das Privatfernsehgesetz und das Privatradiogesetz geändert werden (40 d.B.)

Antrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Privatfernsehgesetz und das Privatradiogesetz geändert werden, in der Fassung des Berichtes des Verfas­sungsausschusses (40 d.B.) wird wie folgt geändert:


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In Artikel 1 Z 1 lautet der letzte Satz des § 36 Abs. 1:

„Kindersendungen, die eine programmierte Sendezeit von weniger als 30 Minuten ha­ben, dürfen nicht durch Werbung oder Teleshopping unterbrochen werden. Beträgt ihre programmierte Sendezeit mindestens 30 Minuten, so kann für jeden vollen Zeitraum von 45 Minuten einmal unterbrochen werden, wobei zwischen zwei aufeinanderfolgen­den Unterbrechungen innerhalb der Sendungen ein Abstand von mindestens 20 Minu­ten zu liegen hat. Eine weitere Unterbrechung ist zulässig, wenn die programmierte Sendedauer um mindestens 20 Minuten über zwei oder mehrere volle 45 Minuten Zeit­räume hinausgeht.“

In Artikel 2 Z 3 lautet der letzte Satz des § 19 Abs. 6:

„Kindersendungen, die eine programmierte Sendezeit von weniger als 30 Minuten ha­ben, dürfen nicht durch Werbung unterbrochen werden. Beträgt ihre programmierte Sendezeit mindestens 30 Minuten, so kann für jeden vollen Zeitraum von 45 Minuten einmal unterbrochen werden, wobei zwischen zwei aufeinanderfolgenden Unterbre­chungen innerhalb der Sendungen ein Abstand von mindestens 20 Minuten zu liegen hat. Eine weitere Unterbrechung ist zulässig, wenn die programmierte Sendedauer um mindestens 20 Minuten über zwei oder mehrere volle 45 Minuten Zeiträume hinaus­geht.“

Begründung:

Kinder sind besonders anfällig für Suggestionen, und deshalb sollte für Kindersendun­gen statt einer Ausweitung eine Einschränkung der Werbemöglichkeiten angestrebt werden. Die Entwicklungsfähigkeit des privaten Fernseh- und Radiomarkts ist ver­gleichsweise weniger notwendig.

Die Beibehaltung der bisherigen Rechtslage im Bereich des PrTV-Gesetzes und das Zuwarten bis zur Erstellung eines Gesamtpakets zur Umsetzung aller neuen Bestim­mungen der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste im PrTV-G schützt Kinder auch noch nicht ausreichend vor Werbesendungen. Es gibt aber deswegen noch kei­nen Grund, die Bestimmungen zu lockern.

Im Bereich des Privatradiogesetzes ist nach der derzeitigen Rechtslage eine Unterbre­chung von Kindersendungen durch Werbeeinschaltungen überhaupt nicht möglich. Auch in diesem Bereich sollte jedoch der Schutz von Kindern jedenfalls nicht in dem in der Regierungsvorlage geforderten Ausmaß eingeschränkt werden. Es sollte daher eine Anpassung an die Bestimmungen des PrTV-G erfolgen.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Dr. Cap. Gewünschte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


13.05.40

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Mit Interesse ver­folge ich die verschiedenen Redebeiträge in dieser Diskussion. Es gibt natürlich sehr viele neue Abgeordnete im Haus, aber wenn ich mich richtig erinnere, wurde diese neue Geschäftsleitung des ORF damals mit Stiftungsrat-Stimmen unter Beteiligung aller Parteien – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß  bestellt. Allein die Ge­schäftsführung hatte eine Zweidrittelmehrheit. Bei der Bestellung des Generaldirektors waren es 20 Stimmen, wovon zwei sogar aus dem ÖVP-Freundeskreis kamen. Das alles soll man nicht vergessen, wenn hier jetzt eine Geschichte erzählt wird, die mit den


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Tatsachen und Fakten, die damals im Hintergrund gestanden sind, nicht ganz zusam­menhängt. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Ein Öffentlich-Rechtlicher hat es im Moment nicht ganz einfach. Die Zeiten haben sich geändert. Erstens gibt es Einschränkungen für seinen Handlungsspielraum. Man ver­sucht natürlich, das duale System durch Regelungen bei der Balancierung in den Griff zu bekommen, aber man muss diese Problematik sehen.

Auf der anderen Seite herrscht bei vielen eine Geisteshaltung vor, in der der ORF mit einem Sport- oder Kulturministerium verwechselt wird: Ein Sportveranstalter weiß na­türlich, dass er bestimmte Sponsoren nur dann bekommt, wenn der ORF überträgt – unabhängig davon, ob die Quote entsprechend ist oder nicht; bei verschiedenen Kul­turveranstaltungen ist das ebenso.

Das ist im Prinzip okay. Man muss nur wissen, dass das alles Geld kostet, und man kann nicht so tun, als ob es nichts kostete. Es ist im Gegensatz zu früher auch bei den Werbefenstern eine Entwicklung eingetreten, die Werbungen sind mittlerweile schon im Wiener Dialekt hörbar, damit da ein gewisser engerer Konnex da ist, und vom Werbemarkt werden schon bis zu 300 Millionen € abgeschöpft; in früheren Jahren war das nicht so.

Es gibt also schon längst weder eine Sendemonopol- noch eine Empfangsmonopol­situation. Die Haushalte sind alle schon mit Antennen und Kabeln versorgt; es ist eine harte Konkurrenz. Die Einnahmensituation des ORF gestaltet sich nicht nur aus den Rundfunkgebühren, sondern auch aus den Werbeeinnahmen. Natürlich bestand auch da immer ein Bestreben nach einer Balancierung.

Nun zu den berühmten 100 Millionen €, über die jetzt immer wieder diskutiert wurde. Auch der Herr Bundeskanzler hat es heute schon gesagt: Wie bei vielen anderen Fir­men auch, hat sich die Wirtschafts- und Finanzkrise niedergeschlagen, und zwar bei den Finanzveranlagungen und natürlich bei den Werbeeinnahmen. Da müssen wir aber einmal über alle Managements aller Unternehmen – privat, staatlich, wie auch immer – diskutieren, und eigentlich in Amerika anfangen, denn dort hat das begonnen. Also sich hier herzustellen und zu sagen, es gehe jetzt um 100 Millionen wegen Miss­wirtschaft, das stimmt so nicht. Man muss sich die 100 Millionen anschauen.

Das war eben die Wirtschafts- und Finanzkrise. Das betrifft diese zwei Posten. Der eine Posten, den der Herr Bundeskanzler heute erwähnt hat – 29 Millionen € von den 100 Millionen € –, war die Finanzierung der Olympischen Spiele und der Fußball-Euro­pameisterschaft. Den Aufschrei hätte ich mir angehört, wenn man das seitens des ORF nicht in diesem umfangreichen Ausmaß geleistet hätte, wenn diese Übertragung nicht gewesen wäre! Die Europameisterschaft ist eben ein Flaggschiff, eine wichtige Sache für die ganze Region.

Das sind schon 29 von den 100. Dann bleiben noch die 10 Millionen für die Finanzie­rung des „Nachschießens“ in die Pensionskassen, was auch eine Folge der Wirt­schafts- und Finanzkrise ist. Trotzdem ist es richtig, dass man Überlegungen anstellt, sich Gedanken macht, Verbesserungen vornimmt. Der Stiftungsrat hat sich das auch vorgenommen. Meines Wissens werden sie am 2. April zusammenkommen, und die Geschäftsführung wird ein Reformkonzept vorlegen. Dann liegt es natürlich am Stif­tungsrat, ob sie das unterstützen und mitgehen.

Dahinter schwingt aber trotzdem eine grundsätzliche Frage, was nämlich den Hand­lungsspielraum und die Zukunftsperspektive eines Öffentlich-Rechtlichen zum Beispiel auch in Österreich betrifft. Dazu sage ich: Das ist ein kostbares Gut, ein Kultur- und Identitätselement. Angesichts der vielen anderen Sender und Kanäle, die zur Auswahl stehen, ist es wichtig, einen wirklich funktionierenden öffentlich-rechtlichen zu haben.


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Daher bin ich der Meinung, dass da keine Privatisierung stattfinden soll, dass die Fern­sehkanäle und der Radio-Rundfunk weiter bestehen sollen.

Ich denke, man muss auch einmal das Positive sagen; das habe ich heute in meiner Frage schon am Anfang getan. Was die Jahresmarktanteile betrifft, steht der ORF in­nerhalb der Europäischen Union beim Fernsehen an dritter und beim Rundfunk an ers­ter Stelle. Ich finde, das ist eine sehr positive Sache. Da wirken viele hochqualifizierte Kräfte im Unternehmen mit, damit es diese Programmgestaltung und diese Programm­schöpfung gibt. Der ORF ist wichtig für die Filmwirtschaft, er ist überhaupt für die Wirt­schaft wichtig und spielt da, so meine ich, eine ganz wesentliche Rolle.

Ich meine auch, dass das Maß an journalistischer Freiheit ein respektables ist. Es ist ja die Aufgabe, dass es in der Berichterstattung Unabhängigkeit und Objektivität gibt. Das wurde in den öffentlichen Kommentaren immer hervorgehoben und herausgestrichen. Also, wenn Sie so wollen, ist es ein Plädoyer dafür, diesen öffentlich-rechtlichen Rund­funk als ein hohes Gut zu betrachten und alles zu unternehmen, damit er auch weiter seine Aufgabe erfüllen kann.

Was auch noch angeschnitten wurde und was ich abschließend noch erwähnen möch­te: Auch die Sache mit dem Stiftungsrat und mit dem Publikumsrat ist etwas, wo man sagen muss, da wird Pluralität gewahrt.

Viele haben sich das damals überlegt, und beim Rundfunkgesetz im Jahre 2001 war es ein wesentliches Element, dass man damals nicht angerührt hat, nämlich dass die Plu­ralität im Stiftungsrat und im Publikumsrat gewahrt bleibt – ob das die Länder sind, ob das vom Publikum her die verschiedenen Sparten Sport, Kultur oder Kirche sind, dass das alles dabei berücksichtigt wird. Daher bin ich der Auffassung, dass man diese De­batte mit hoher Verantwortung führen soll. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

13.12


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Musiol. Gewünschte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


13.12.18

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Besucherinnen auf der Galerie! Als Verfassungs- und Familiensprecherin der Grünen möchte auch ich mich zu den Unterbrechersendungen beziehungsweise Wer­besendungen bei Kinderfilmen und Kindersendungen zu Wort melden.

Im Verfassungsausschuss waren wir uns ja sehr schnell darüber einig, dass Kinder, was die Frage der Werbung bei Kindersendungen betrifft, ein hohes, ein erhöhtes Schutzbedürfnis haben; allein in der Frage, wie wir ihnen diesen Schutz gewähren wollen, gab es Uneinigkeit. Umso mehr freut es mich, dass die Initiative des Kollegen Brosz, einen gemeinsamen Entschließungsantrag zur freiwilligen Beschränkung der Privatsender einzubringen, von allen Parteien mitgetragen wird.

Ich möchte hier aber noch einmal ein bisschen fundierter einbringen, was die Wissen­schaft und die Forschung zu diesem Thema erbracht hat. Ich möchte Ihnen dazu eine spezielle Studie sozusagen hervorkramen, denn im Verfassungsausschuss haben wir über Markenfixierung und Konsumverhalten gesprochen, aber was wir dabei verges­sen haben, ist, dass es auch weitere Auswirkungen von Werbesendungen gibt, näm­lich die auf das Essverhalten, sprich auf die Gesundheit unserer Kinder.

So haben Wissenschafter in Großbritannien an der Liverpooler Universität neun- bis elfjährigen Kindern TV-Spots vorgespielt, und zwar zwei verschiedene Arten von TV-Spots. Bei der einen Gruppe waren es Werbe-Spots für Süßigkeiten, bei der anderen


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solche für Spielzeug. Die Kinder hatten beim Ansehen von Cartoons, die durch diese Werbe-Spots unterbrochen wurden, allerlei Leckereien zur Verfügung.

Das Ergebnis ist erschütternd. Die Auswertung ergab, dass die Kinder beim Ansehen jener Werbespots, die Süßigkeiten bewarben, ihren Konsum von Süßigkeiten um bis zu 100 Prozent erhöhten. Vor allem Kinder, die bereits Essprobleme haben, also dicke Kinder, haben um 101 Prozent mehr Süßigkeiten gegessen, wenn diese Unterbrechun­gen kamen, als wenn sie nicht kamen. Das heißt, hier sind wir gefordert, auch im Sinne der Gesundheit unserer Kinder besonders vorsichtig zu sein. (Beifall bei den Grünen.)

Besonders amüsant waren im Verfassungsausschuss die Erlebnisberichte diverser Kollegen – ich sage jetzt bewusst „Kollegen“, denn es waren vor allem männliche Kol­legen –, die da aus ihrem Leben erzählt haben, wie sie – unter Anführungszeichen – „Opfer“ der Wünsche ihrer Kinder – oder ihrer Enkelkinder, das wurde nicht so dezidiert ausgedrückt – werden, wenn diese zuvor Werbe-Spots gesehen hatten.

Ich glaube, diese Studie, die ich gerade zitiert habe, zeigt, dass es wichtig ist, nicht nur für die Geldbörsen der Eltern Schutz zu bieten, sondern auch für die Kinder selbst, was ihr Konsum- und Markenverhalten betrifft, und zwar im Sinne ihrer Gesundheit.

Ein Seitenaspekt der Diskussion war die Frage, ob es denn nicht in der Verantwortung der Eltern liege, da einzuschreiten. Natürlich tragen Eltern Verantwortung, aber es ist eben gerade Aufgabe der GesetzgeberInnen, auch die Rahmenbedingungen für den Schutz zu schaffen. Würden wir dies nicht tun, könnten wir das wohl in sämtlichen Be­reichen, wo wir Schutzbestimmungen für Kinder einrichten, auch gleich fallen lassen. Umso wichtiger ist es, da vorsichtig zu sein.

Ich möchte mit einem Test abschließen, den ich mit Ihnen durchführen möchte – wobei das keine Werbeunterbrechung ist. Es wurde ein Test mit Kindern im Alter von vier bis 13 Jahren durchgeführt. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) – Sie können gerne daran teilnehmen, Herr Kollege Scheibner! Ich kann Ihnen vorab erzählen: vier- bis sechs­jährige Kindern schnitten bei diesem Test mit 75 Prozent ab – ich sage Ihnen danach, wie genau –, und zwölf- bis 13-jährige Kinder mit 15 Prozent. Ich ersuche Sie, so wie diese Kinder folgenden Werbejingle zu vervollständigen: Haribo  (Ruf beim BZÖ: Macht Grüne froh!) – Macht Grüne froh? Macht Kinder froh. Ich danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 40 der Beilagen.

Hiezu liegen folgende Anträge vor:

Ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Zinggl, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Stefan, Kolleginnen und Kollegen.

Ich werde zunächst über die von den erwähnten Abänderungsanträgen betroffenen Teile der Systematik des Gesetzentwurfes entsprechend und schließlich über die restli­chen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Zinggl, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsan­trag betreffend § 36 Absatz 1 in Artikel 1 Ziffer 1 eingebracht.

Jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, ersuche ich um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.


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Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche die Mitglieder des Hohen Hauses bei Zustimmung um ein bejahendes Zei­chen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Stefan, Kolleginnen und Kollegen vor, der sich auf § 36 Absatz 3 in Artikel 1 Ziffer 1 bezieht.

Wer hiefür eintritt, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Min­derheit und somit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür eintreten um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Zinggl, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsan­trag eingebracht, der sich auf § 19 Absatz 6 in Artikel 2 Ziffer 3 bezieht.

Wer hiefür eintritt, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Min­derheit und somit abgelehnt.

Außerdem liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Stefan, Kolleginnen und Kollegen vor, der sich ebenfalls auf § 19 Absatz 6 in Artikel 2 Ziffer 3 bezieht.

Wer hiefür eintritt, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten um ein Zeichen der Zustim­mung. – Dies ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein dies­bezügliches Zeichen. – Dies ist die Mehrheit und somit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Brosz, Dr. Cap, Kopf, Mag. Stefan, Petzner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend einen freiwilligen Verzicht auf Unterbrecherwerbung der Privatfernseh- und Privat­radiobetreiber bei Kindersendungen und Kinderfilmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Dies ist einstimmig angenommen. (E 9.)

13.20.413. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (20 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Mediengesetz geändert wird (41 d.B.)

 



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Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Lueger. Freiwillige Redezeit­beschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


13.21.12

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen des Hohen Hauses! Diese Regierungsvorlage sieht eine Anpassung an das elektronische Zeitalter vor. Es gab einen langen, zweijäh­rigen Diskussionsprozess, der sowohl mit allen mitbetroffenen Ressorts geführt wur­de – unter anderem mit dem Bundesministerium für Justiz und dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur –, als auch mit den Medieninhabern, dem Österreichi­schen Zeitschriftenverband, dem Hauptverband des Buchhandels, und vor allem mit den Internetdienste-Anbietern, auf dessen Grundlage jetzt diese Regierungsvorlage er­stellt wurde.

Es ist nichts anderes als eine Weiterentwicklung der bestehenden Regelung, wo Pflichtexemplare für Druckwerke und für Offline-Medien vorgesehen sind, wo in Zu­kunft aber auch eine verpflichtende Ablieferung von Online-Medien an die Österreichi­sche Nationalbibliothek vorgesehen ist.

Es wurde sehr darauf geachtet, dass es zu einem ausgewogenen Gleichgewicht kommt. Was meine ich damit? – Es sollen sowohl das Sammelinteresse der Bibliothe­ken und die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Medieninhaber berücksichtigt werden, als auch ein unbürokratisches Sammelsystem gefunden werden, damit niemand zusätzlich belastet wird.

Diese Regelung soll gleichzeitig sicherstellen, dass es durch den Übergang zu den digitalen Medien zu keinen Sammellücken kommt, was in Zukunft bedeuten würde, dass wissenschaftliches Arbeiten erschwert würde, weil ganz einfach gewisse Dinge nicht vorhanden sind.

Gleichzeitig ist diese Vorlage auch im Einklang mit der Digitalisierungsstrategie der Europäischen Union und dem Übergang zu digitalen Bibliotheken zu sehen.

Das automatisierte Sammelverfahren soll mit Systemen, den sogenannten Web­crawlern und Webspidern erfolgen, damit ein erhöhter Aufwand vermieden wird und es zu keiner zusätzlichen finanziellen und arbeitsmäßigen Belastung der Medieninhaber kommt.

Nur, wenn es aus technischen Gründen ganz einfach nicht möglich ist, dass die Öster­reichische Nationalbibliothek selbst zu arbeiten beginnt, dann erhalten Medieninhaber eine Aufforderung, durch die sie zur Ablieferung der elektronischen Medien verpflichtet werden. Ohne Auftrag brauchen diese von selbst nicht tätig zu werden. Das heißt, man hat wirklich versucht, den administrativen Aufwand so gering wie möglich zu halten.

Um eine finanzielle Benachteiligung gegenüber den Medieninhabern, die in Papierform abliefern, zu vermeiden, wurden die Kosten mit einem absoluten Betrag von 250 € gedeckelt. Alles, was darüber hinausgeht, wird von der Österreichischen Nationalbiblio­thek getragen.

Eingearbeitet wurden sehr wohl auch die Bedenken der Wirtschaftskammer Österreich; die Bedenken wurden nicht nur aufgegriffen, sondern auch eingearbeitet. Jungunter­nehmerInnen und vor allen Dingen jene Medieninhaber, die reine Hobby-Medien ha­ben, sollen in den ersten beiden Jahren ihrer Tätigkeit keine Kosten zu tragen haben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 98

Zur Vereinfachung des Ablieferungssystems wurde vereinbart, dass ausschließlich die Österreichische Nationalbibliothek zuständig ist und diese dann ihre Unterlagen an alle anderen Sammelbibliotheken verteilt.

Als Schutzmechanismus für wirtschaftliche Interessen – so wie wir das auch aus ande­ren Medien kennen – ist eine sogenannte Beantragung einer Sperrfrist möglich, wo es dann den Bibliotheksbenutzern nicht möglich sein soll, in diese Medieninhalte einzuse­hen.

Nutzungsmöglichkeiten sind insofern geregelt, als man noch zusätzlich eine Vereinba­rung treffen kann, dass die Nutzung ausschließlich an den Standorten der Bibliotheken erfolgen soll.

Wenn die Regierungsvorlage heute eine mehrheitliche oder einstimmige Zustimmung erhält – im Ausschuss gab es dazu eine einstimmige Zustimmung –, soll sie mit 1. März 2009 in Kraft treten. Meine Fraktion wird dieser Regierungsvorlage zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Obernosterer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


13.26.18

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Anfangs möchte ich mich bei der Regie­rung und bei dem Ausschuss für die Aufbereitung des Bundesgesetzes, mit dem das Mediengesetz geändert wird, recht herzlich bedanken.

Meine Vorrednerin, Kollegin Lueger, hat das ja schon ausführlich berichtet: Es geht konkret um die Weiterentwicklung der bestehenden Regelung über das Pflichtexem­plarrecht. Druckwerke und elektronische Offline-Medien sind davon erfasst, die Online-Medien kommen dazu.

Es soll damit erreicht werden, dass bei der Österreichischen Nationalbibliothek und den anderen Sammelbibliotheken, insbesondere bei den Universitäts- und Landes­bibliotheken, keine Sammellücken entstehen.

Die Österreichische Nationalbibliothek soll automatisiert das Sammelverfahren einset­zen, womit wirtschaftliche eine Belastung der Medieninhaber so weit wie möglich ver­mieden werden soll. Wenn es technisch nicht möglich ist, sind die Medieninhaber zur Mitwirkung bei der Ablieferung ihrer elektronischen Medien verpflichtet, jedoch mit einer Kostenbeschränkung. Hobby- und Jungunternehmer sind von den Kosten in den ersten zwei Jahren befreit.

Die Medieninhaber haben mit der Österreichischen Nationalbibliothek nur einen An­sprechpartner.

Wie gesagt: Ich danke dem Ausschuss, danke der Regierung. Auch die ÖVP steht voll hinter dieser Änderung des Mediengesetzes, und es freut uns ganz besonders, dass diese Änderung wahrscheinlich einstimmige Zustimmung finden wird. (Beifall bei der ÖVP.)

13.28


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


13.28.25

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Staatssekretär! Das ist eine Einvernehmensmaterie, die auch selbstverständlich unse-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 99

re Zustimmung findet, weil es vernünftig ist, im Wege der Ablieferungspflicht für die Nationalbibliothek Passwort-geschützte Online-Medien zu übermitteln und auch die Kostendeckelung von 250 € vorzusehen. Das ist gut und vernünftig.

Es bietet diese Materie Anlass, weitere Schritte, die auf dem Gebiet des Medienrech­tes, namentlich des Verfahrensrechtes, vernünftigerweise anzugehen sind, zu setzen. Da gibt es einige Unzulänglichkeiten, insbesondere auf verfahrensrechtlicher Ebene. Man hört, dass seitens des zuständigen Ministeriums Änderungen geplant sind. Das ist gut und schön.

Es muss auf dem Gebiet des Opferschutzes bei Medienberichterstattungen zu einer Verbesserung kommen; derzeit ist der Schutz zu schwach. Einzelne medienrechtliche Verfahrensschritte sind zu korrigieren. Seitens des BZÖ liegt ja im Verfassungsaus­schuss ein Antrag, der sich unserer Kenntnis nach auf eine von anwaltlicher Seite bei­gebrachte Stellungnahme stützt, die vernünftig ist.

Und schließlich und endlich wird auch darüber zu reflektieren sein, ob man verfahrens­rechtlich definitiv beim Strafrecht bleiben soll und dabei endgültig gut aufgehoben ist. Ich denke insbesondere an die Verfahren von Widerrufsvorgängen und Widerrufspflich­ten. Darüber wird noch näher zu beraten sein.

Abgesehen davon ist die heutige Materie auch von unserer Seite eine Einvernehmens­materie. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

13.30


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Stadler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


13.30.43

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Zunächst ein­mal hat mich die Rede des Kollegen Obernosterer ein bisschen an das Sprichwort erin­nert: Man kann auch großen Leuten mit kleinen Sachen große Freude machen! – Das ist die wirklich vernachlässigbarste Materie, die wir seit langem aus der Regierung be­kommen haben. Aber er kommt heraus und freut sich, dass die Regierung so gut gear­beitet hat, hart gerungen hat und die ÖVP mit sich selbst auch. Und jetzt ist sie freudi­gen Herzens zum Entschluss gekommen, dass sie zustimmen soll. (Beifall beim BZÖ.)

Haben Sie sich überhaupt angeschaut, worum es da geht? – Es geht darum, ob die Nationalbibliothek ein paar elektronische Medienerzeugnisse sammeln darf oder nicht. Das wäre eine Durchwinkmaterie für die Mitternachtsstunde gewesen. Nein, warum ist das bei uns am Nachmittag zur Hauptdebattenzeit auf der Tagesordnung? – Richtig geraten: Weil die Regierung sonst gar nichts tut. (Beifall beim BZÖ.)

Außer irgendwelchen Durchwinkmaterien hat diese Regierung bisher nur an der eige­nen Medienperformance gearbeitet. Das wissen wir ja! Bei dem Naheverhältnis, das der Herr Bundeskanzler zu bestimmten Onkeln hat, ist es auch kein Wunder.

Sie tun so, als ob das eine Leistung wäre. Bitte, das haben die Beamten gemacht, glauben Sie mir das! Das haben die Beamten gemacht, das ist eine Durchwinkmaterie sogar im Begutachtungsverfahren gewesen. Nicht einmal die Stellungnahmen sind nennenswert, was die Kollegin von der sozialdemokratischen Fraktion dazu verwendet hat, um ihre Rede aufzufetten. Denn worüber soll man bei dieser Materie überhaupt reden?

Sammeln sollen sie! Sollen sie sammeln, in Ordnung! Ich bin überhaupt der Meinung, dass man dafür kein Gesetz mehr bräuchte, das könnte man im Verordnungswege auch machen. Das wäre auch ein Vorschlag zur Verwaltungsvereinfachung. Da müsste man nicht einen langen Gesetzgebungsprozess in Gang setzen. (Beifall beim BZÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 100

Wir haben daher im Verfassungsausschuss den Vorschlag gemacht, die Geschichte im Interesse des Bürgers – der Kollege Fichtenbauer hat das kurz erwähnt – sozusagen aufzufetten, damit wenigstens ein bisschen etwas herauskommt.

Daher bringe ich jetzt im eigenen Namen sowie im Namen meiner Kollegen folgenden Abänderungsantrag ein. – Ich referiere ihn kurz; er wird ohnehin verteilt.

Im § 13 Abs. 7 soll es eine Änderung geben. Da liegt ein Redaktionsversehen vor. Se­hen Sie, Herr Kollege Obernosterer, so genau wird hier gearbeitet! Da gibt es nämlich ein Redaktionsversehen zu verantworten, eine reine Tautologie. Da heißt es nämlich bis jetzt „ohne Einschränkungen und Weglassungen“ haben Veröffentlichungsbegeh­ren zu erfolgen.

Das ist eine Tautologie: Einschränkungen und Weglassungen. In Wirklichkeit muss es heißen: ohne Einschaltungen und Weglassungen. – Eine einfache Sache! Da brau­chen Sie wirklich keine große ideologische Debatte zu führen, machen Sie es einfach! Dann ist dieses Redaktionsversehen erledigt. (Beifall beim BZÖ.)

Nächste Sache – das ist jetzt schon grundsätzlicher –: Derzeit ist es möglich, dass richterliche Entscheidungen über solche Veröffentlichungsbegehren ohne Verhand­lung stattfinden können. Wir haben nachgewiesen, dass das gegen Art. 6 Abs. 1 der EMRK verstößt. Das ist eine grundrechtliche Geschichte. Wir schlagen vor, dass das in Zukunft mit einer Verhandlung erfolgen soll. (Zwischenruf des Abg. Eßl.) – Nicht lär­men! Erkundigen Sie sich bei Ihrem Kollegen, der vor Ihnen sitzt! Das ist ein Anwalt, der könnte Ihnen sagen, dass die sechswöchige Frist etwa bei Privatanklagedelikten weggefallen ist.

Warum machen wir das nicht auch im Mediengesetz als Nachvollzug? Das ist notwen­dig, es gibt diese sechswöchige Frist nicht mehr. Beim Mediengesetz ist es immer noch drinnen. Warum streichen Sie es nicht ganz einfach? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Eßl.) Das ist keine ideologische Frage. Sie werden deswegen Ihre schwarze Gesinnung nicht an den Nagel hängen müssen! Machen Sie es ganz einfach! Es ist eine Redaktionsgeschichte, simpel, einfach. (Beifall beim BZÖ.)

Wissen Sie, Herr Kollege, auch die nächsten Regelungen, die drinnen sind ... (Abg. Eßl: Sie wissen ...!) – Beruhigen Sie sich doch wieder! Es gibt andere Dinge, über die man sich echauffieren kann. Dass die Regierung nichts tut, das wäre zum Beispiel eine Echauffierung wert, aber doch nicht so etwas, so eine leicht erkennbare und auch leicht begreifbare Sache! (Beifall beim BZÖ.)

Enttäuscht bin ich über Klubobmann Kopf. Klubobmann Kopf hat uns im Ausschuss noch versprochen, dass er sich die Sache anschauen wird. (Ruf bei der ÖVP: Das gibt es nicht!) – O ja, uns wurde von der ÖVP versprochen – bei den SPÖ-Versprechungen bin ich vorsichtiger –, dass man sich diesen Antrag anschaut, die Geschichte, die wir vorgeschlagen haben, mit heute in einem Abänderungsantrag über die Bühne bringt. (Abg. Kopf: Was bist du ...?) Es geht um den Abänderungsantrag zum Mediengesetz – für dich, wenn du zu spät gekommen bist!

Das sind Dinge, die im Interesse des Bürgers sind und die Regierungsvorlage, die wirklich dürftig genug ist, auffetten und damit auch Redaktionsversehen, die bis jetzt im Gesetz drinnen sind, korrigieren würden.

Kollege Bartenstein hat zu mir gesagt: Das ist alles wunderbar, das können wir sofort machen! – Und damit Sie nicht glauben, dass wir uns das aus den Fingernägeln geso­gen haben: Das haben wir vorberaten lassen vom Medienrechts-Papst ... (Abg. Kopf: In welchem Ausschuss war das? Da war ich gar nicht dabei!) – Bartenstein war es, ich muss das korrigieren, aber er hat in deinem Namen gesprochen. Er hat gesagt: Nein, nein, wenn der Kopf nichts dagegen hat, dann wird das gemacht. (Zwischenruf bei der ÖVP.)


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Kopf hat sich gar nicht damit befasst! Das ist das Problem, meine Damen und Herren! Er hat sich genauso wenig damit befasst, wie sich die Regierung damit befasst hat. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Kopf: Bleib bitte bei der Wahrheit und erinnere dich, mit wem du geredet hast!)

Es ist eine simple, einfache Sache, notwendig um Redaktionsversehen zu beseitigen, um ein menschenrechtliches Defizit zu beseitigen, das im Mediengesetz drinnen ist, vom Medienrechts-Papst in Österreich vorbereitet.

Der Wiener Kommentar zum Medienrecht stammt von diesem Mann; das ist Dr. Rami. Der hat wirklich eine Ahnung davon, glauben Sie mir das! Ich kann nur empfehlen, wenn Sie einmal ein medienrechtliches Problem haben: Gehen Sie zu ihm! Es gehen die prominentesten Leute dieses Landes zu Dr. Rami. Ich bin übrigens auch Klient dort, so kann ich ein bisschen Schleichwerbung betreiben. (Zwischenruf des Abg. Eßl.)

Diese Versehen sind mit einem einfachen, simplen Abänderungsantrag behebbar. Dann stimmt das Mediengesetz auch wieder einigermaßen mit den anderen Gesetzen, insbesondere mit den letzten Strafprozessnovellen, die Ihr Kollege ja mit vorbereitet hat, überein. Da werden Sie mir nicht widersprechen können.

Machen Sie das ganz einfach heute und tun Sie nicht lange herum, denn Sie verkom­plizieren das Ganze schon wieder! Jetzt muss das Ganze erst wieder zur Regierung, damit die Regierung sagt, ob das, was Dr. Rami, auf den Sie sich bei jeder Gelegen­heit berufen – denn Sie schauen auch nur im Wiener Kommentar nach, was der Rami dort drinnen geschrieben hat –, da drinnen schreibt, wohl auch stimmt, was er im An­trag auch noch mit verbrochen hat. Das ist einfach Aufblähung, Verkomplizierung! Es ist simpel, einfach: Ziehen Sie es heute drüber und machen Sie keine langen Spom­panadln! (Beifall beim BZÖ.)

13.37


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben in seinen Grundzügen erläuterte Abän­derungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und ausreichend unterstützt, wurde gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung an die Abgeordneten verteilt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Stadler, Kolleginnen und Kollegen, eingebracht im Zuge der Debatte über TOP 3, Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvor­lage (20 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Mediengesetz geändert wird (41 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die oben bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

Nach Z. 2. werden folgende Ziffern 2a und 2b eingefügt:

2a. § 13 Abs. 7 lautet:

(7) Die Veröffentlichung hat ohne Einschaltungen und Weglassungen zu geschehen. Ein Zusatz hat sich von ihr deutlich abzuheben.

2b. § 15 Abs. 1 lautet:

(1) Wurden Einwendungen innerhalb der gesetzlichen Frist nicht erhoben, so hat der Einzelrichter binnen fünf Werktagen nach Ablauf der Frist durch Beschluss zu entschei­den. Dem Antrag ist ohne Verhandlung stattzugeben, es sei denn, dass er offensicht-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 102

lich nicht berechtigt ist; in letzterem Fall ist § 41 Abs. 5 sinngemäß anzuwenden. Ge­gen die Entscheidung des Einzelrichters steht die Beschwerde an das übergeordnete Gericht zu. Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung.

Nach Z 3 werden folgende Ziffern 3a und 3b eingefügt:

3a. § 33 Abs. 3 entfällt; die bisherigen Absätze 4 und 5 erhalten die Absatzbezeichnun­gen 3 und 4.

3b. § 42 lautet:

§ 42. Wird gegen ein periodisches Medium eine gerichtlich strafbare Handlung gegen die Ehre gerichtet, ohne dass erkennbar ist, auf welche Person der Angriff abzielt, so ist der Herausgeber berechtigt, Anklage einzubringen.

Ziffer 11 lautet:

11. Der Einleitungssatz des § 50 lautet:

„Nur die §§ 1, 23, 28 bis 42, 43 Abs. 4, 47 Abs. 1 und 2, 48, 49, im Falle der Z 3 dieser Bestimmung auch § 43b Abs. 1, 2 und 7 sowie im Falle der Z 4 dieser Bestimmung auch § 25 Abs. 5, nicht aber die anderen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, sind auch anzuwenden auf“

Nach Z 11 wird folgende Ziffer 11a eingefügt:

11a. § 50 Z 1 lautet:

1. die Medien ausländischer Medieninhaber, es sei denn, dass das Medium zur Gänze oder nahezu ausschließlich im Inland verbreitet wird;

Ziffer 21 lautet:

21. Nach § 56 wird folgender § 57 samt Überschrift angefügt:

Vollziehung

„§ 57. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind betraut:

1. hinsichtlich der § 1 Abs. 1 Z 12, §§ 6 bis 23, §§ 28 bis 42, § 43c, § 46 Abs. 1 bis 3 und § 51, des § 54 Abs. 2 bis 8 sowie des § 56 Abs. 1 die Bundesministerin für Justiz;

2. hinsichtlich der §§ 2 bis 5 und des § 54 Abs. 1 die Bundesministerin für Justiz und der Bundesminister für Wirtschaft , Familie und Jugend;

3. hinsichtlich der §§ 27, 45, 46 Abs. 4 und 49 die Bundesministerin für Inneres;

4. hinsichtlich der §§ 43a und 43b der Bundeskanzler im Einvernehmen mit der Bun­desministerin für Unterricht, Kunst und Kultur;

5. hinsichtlich der §§ 47 und 48 die Bundesministerin für Inneres und der Bundes­kanzler;

6. hinsichtlich des § 50 der Bundeskanzler und die Bundesministerin für Justiz;

7. hinsichtlich des § 52 der jeweils zuständige Bundesminister;

8. im Übrigen der Bundeskanzler.“

Wien, am 22. Jänner 2009

Erläuterungen

Das Mediengesetz enthält einige problematische Passagen und Redaktionsversehen, die im Zuge der geplanten Novelle leicht zu beseitigen sind.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 103

Zu Z 2a (§ 13 Abs. 7 MedienG):

Die Formulierung „ohne Einschränkungen und Weglassungen“ ist tautologisch und be­ruht ganz offensichtlich auf einem Redaktionsversehen des JAB zur Stammfassung des MedienG (743 dB NR 15. GP), da die parallele Vorschrift des § 46 Abs. 3 (erster Satz) MedienG richtig „ohne Einschaltungen und Weglassungen“ lautet (vgl. Rami, WK² MedienG § 13 Rz 29).

Zu Z 2b (§ 15 Abs. 1 MedienG):

Die Wendung „ohne Verhandlung“ verstößt gegen Art 6 Abs. 1 (vgl. Rami, WK² MedienG § 15 Rz 6).

Zu Z 3a (33 Abs. 3 MedienG):

Das StrafprozessreformG (BGBl I 2004/19) hat die sechswöchige Privatanklagefrist (§ 46 Abs. 1 StPO) beseitigt; Gleiches ist im Zuge des StrafprozessreformG II (BGBl I 2007/112) auch für die Frist des § 13 Abs. 2 VbVG geschehen. Es sollte daher auch die Vorschrift des § 33 Abs. 3 MedienG gestrichen werden, zumal im Zuge der MedienG-Novelle 1992 (BGBl 1993/20) ohnehin übersehen worden war, diese an die Neuregelung des selbständigen Einziehungsverfahrens anzupassen (vgl. Rami, WK² MedienG § 33 Rz 22).

Zu Z 3b (§ 42 MedienG):

Vom Wortlaut des § 42 MedienG wären auch bloß verwaltungsrechtlich strafbare Ehrenkränkungen erfasst, zumal § 7a Abs. 1, § 7b Abs. 1 MedienG den Begriff „ge­richtlich strafbare Handlung“ gebrauchen. Das war vom Gesetzgeber aber nicht gewollt (Rami, WK² MedienG § 42 Rz 3) und könnte anlässlich der Novelle klargestellt werden.

Zu Z11. und Z 11a (Einleitungssatz zu § 50 und § 50 Z 1 MedienG):

Mit der MedienG-Novelle 2005 (BGBl I 2005/49) wurden einige Privilegien, die in der Stammfassung des MedienG nur dem Medienunternehmen (§ 1 Abs. 1 Z 6 MedienG) eingeräumt worden waren, auf den Medieninhaber (§ 1 Abs. 1 Z 8 MedienG) ausgedehnt (§ 6 Abs. 1, § 18 Abs. 3 MedienG). Es wurde jedoch übersehen, dies auch in § 50 Z 1 MedienG zu verankern (Rami, WK² MedienG § 50 Rz 4), was jetzt nach­geholt werden könnte.

Dazu kommt, dass die Wendung „es sei denn, dass das Medium zur Gänze oder na­hezu ausschließlich im Inland verbreitet wird“, bei wörtlicher Auslegung zu sinnlosen und sachlich nicht gerechtfertigten (Art 7 Abs. 1 B-VG) Ergebnissen führen würde: So wären etwa die Begriffsbestimmungen des § 1 MedienG oder das Medienprivileg des § 42 MedienG auch auf Medien ausländischer Unternehmen anwendbar, gerade dann aber nicht, wenn das Medium zur Gänze oder nahezu ausschließlich im Inland verbrei­tet wird.

Zu Z 21 (§ 57 MedienG):

Die vorgesehenen Änderungen betreffen lediglich Anpassungen an die durch die Bun­desministeriengesetz-Novelle 2009 zu erwartenden neuen Bezeichnungen der Bun­desministerien.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 104

13.37.38

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Im Gegen­satz zum Herrn Stadler finde ich, dass es nicht ganz irrelevant ist, was in diesem Ge­setz drinnen steht, weil die Frage der Archivierung von Publikationen, die mittlerweile nicht mehr (Abg. Mag. Stadler: Ja, aber nicht zur Haupt...!) – ja, das ist ein anderes Kapitel! – im Printbereich erscheinen, etwas ist, was zunehmend zum Thema wird. Faktum ist, dass es zum Teil wirklich schwierig ist nachzuvollziehen, was wo elektro­nisch erschienen ist, und es schon Sinn macht, mit einer Gesetzesänderung, die letzt­lich auch die Kosten für die Betreiber beschränkt, sicherzustellen, dass entsprechende Publikationen auch angefordert werden können. Insofern stimmen wir dem zu.

Wir werden auch dem Abänderungsantrag des BZÖ, des Kollegen Stadler zustimmen, wobei ich allerdings schon sagen muss, dass die Vorgangsweise für die Diskussion ein bisschen schwierig war. Wir haben es auch im Ausschuss bekommen. Das ist eine Materie, die man sich schon anschauen muss, um es zu beurteilen. Aus dem Stegreif ist es schwierig, das zu beurteilen. Jetzt hatten wir eine Woche Zeit, um es zu über­prüfen. Wir werden dem zustimmen, aber eine Diskussion im Ausschuss wäre natürlich bei solchen Materien noch sinnvoller.

Ich höre aber und gehe davon aus, dass es so sein wird, dass das Mediengesetz ge­nerell geändert werden soll. Wir gehen davon aus, dass etliche Punkte, die anstehen, worüber man einmal generell diskutieren sollte, demnächst auch das Haus beschäfti­gen werden. Es wäre erfreulich – da hat Kollege Stadler nämlich recht –, dass es hier das Angebot gibt, darüber zu reden und nicht nur die Regierungsvorlage auf den Tisch zu bekommen, die dann wieder so sein muss, wie sie ist.

Zumindest diese Zusage würde ich gerne aufgreifen, dass es beim Mediengesetz ent­sprechende Verhandlungen zwischen den Fraktionen gibt, bevor das dem Hohen Haus vorgelegt wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 20 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Stadler, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse daher zunächst über die von diesem Zusatz- beziehungsweise Abänderungs­antrag betroffenen Teile des Gesetzentwurfes und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage abstimmen.

Die Abgeordneten Mag. Stadler, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betreffend die Einfügung neuer Ziffern 2a, 2b, 3a, 3b und 11a eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Weiters liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Stadler, Kolleginnen und Kollegen vor, welcher sich auf die Ziffern 11 und 21 des Gesetzentwurfes bezieht.

Jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, ersuche ich um ein Zeichen. Das ist ebenfalls die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 105

Ich ersuche die Mitglieder des Hohen Hauses im Falle der Zustimmung um ein beja­hendes Zeichen. – Das ist einstimmig so angenommen.

Schließlich lasse ich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzent­wurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage abstimmen.

Ich ersuche die Mitglieder des Hohen Hauses, die sich hiefür aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Dies ist ebenfalls einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

13.41.444. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 314/A der Abgeordneten Jakob Auer, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem eine vorläufige Vorsorge für das Finanzjahr 2009 getroffen wird (Gesetz­liches Budgetprovisorium 2009) (35 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gradauer. Gewünschte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


13.42.17

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatsse­kretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor nunmehr sechs Monaten hat der damali­ge Finanzminister und Vizekanzler Molterer gesagt „Es reicht!“, hat damit Neuwahlen – und Kosten in der Höhe von mehr als 100 Millionen € – ausgelöst und war auch der Grund dafür, dass wir bis heute kein Budget für 2009 und 2010 haben. Deshalb ist es notwendig, dieses Budgetprovisorium zu beschließen.

Bevor wir dies tun, sollten wir uns aber anschauen, wie es eigentlich mit dem Bud­get 2008 ausschaut. Das Defizit steigt weiter, trotz bester Wirtschaftslage. Wir sind zur­zeit bei 190 Milliarden € Schuldenstand des Staates Österreich, und von Sparen über­haupt keine Spur! Es gibt keine Staatsreform, es gibt keine Verwaltungsreform, es gibt keine Bürokratiereform. Vorschläge, die der Rechnungshof gemacht hat, werden nicht umgesetzt. Es gibt viel Gerede über eine Gesundheitsreform, aber keine Maßnahmen.

Ein Einsparungspotential in der Höhe von 6 Milliarden € wurde nicht wahrgenommen. Die Steuerreform kommt zu spät. Der Finanzausgleich selbst ist mit den Ländern na­türlich in einer sehr schnellen Aktion über die Bühne gegangen, und es wurde erreicht, dass so manche Gemeinde sehr viel Liquidität hatte, dass bis jetzt um die 100 Gemein­den in Swap-Spekulationen verwickelt sind, und dies ohne Konsequenzen für die Bür­germeister, die dafür verantwortlich sind, die das verursacht haben. – Sie treten auch nicht zurück – alles nachzulesen. Bund, Länder und Gemeinden werden im Rahmen dieses Finanzausgleichs in keinster Weise zu Einsparungen verpflichtet.

Es gibt keine zusätzlichen Mittel für Sicherheit, für die Familien, und es gibt abenteuer­liche Zustände im Budgetbereich. Einige Beispiele: ASFINAG – Ablöse der geschass­ten Manager; ÖBB – Söllinger und Huber verzockten 623 Millionen € im Swap-Bereich, natürlich bei vollen Abfertigungen; die Finanzmarktaufsicht und die Bankenaufsicht ha­ben zugelassen, dass das Kreditrisiko der österreichischen Banken im Osten auf über


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200 Milliarden € angestiegen ist; die AUA wird verschenkt, und sozusagen als Mitgift kommen noch 500 Millionen € dazu. Dafür knausert man bei Pflegegeld, Pensions­erhöhungen, Heizkosten und einigem mehr. Das verstehen die Menschen nicht, meine Damen und Herren, und diese Misswirtschaft soll weitergehen, aber nicht mit der Freiheitlichen Partei, das sage ich Ihnen auch! (Beifall bei der FPÖ.)

Der Finanzfahrplan für die nächsten fünf Jahre ist prognostiziert, und wenn man sich die Ziffern anschaut – Quelle: Staatsschuldenausschuss via APA –, sieht man, dass die Staatsschulden von 60 auf 66 Prozent des BIP steigen, der Schuldenstand von 172 Milliarden auf 217,7 Milliarden, und die Zinsen, die wir dafür bezahlen, von 7,6 Mil­liarden auf 9,3 Milliarden. Das kann man sich gar nicht vorstellen, aber man kann ge­genrechnen: Die Gelder für Arbeitslose, für Notstandshilfe, für Kindergeld, für Pflege­geld und für Familienbeihilfe betragen zirka 8,9 Milliarden im Jahr – also in etwa den­selben Betrag, der auch an Zinsen anfällt.

Ein Wort noch zum Bankenhilfspaket – wir haben im Ausschuss schon darüber gespro­chen –: Schnell, schnell wurde dieses Bankenhilfspaket in einer Sondersitzung be­schlossen. Man hatte den Eindruck, das muss an einem Tag passieren, sonst ist alles aus. Jetzt, vier Monate später, stellen wir fest, dass beim Bankenhilfspaket von den 8 Milliarden, die als Kapital zur Verfügung stehen, nur 900 Millionen € abgerufen sind.

Ich habe Herrn Minister Pröll unlängst gefragt, was denn da los sei, warum bei den Banken nichts passiere, warum er nicht antreibe. Da hat er gesagt, man könne nichts machen, die Banken wollen das Geld nicht. – Ich finde, es wäre schon Aufgabe einer Regierung, da aufs Gas zu steigen, und es ist auch die Pflicht der Regierung, dafür einzutreten und diesen Finanzkreislauf wieder in Ordnung und in Schwung zu bringen.

Wenn es im Finanzbereich des Staates Österreich keine großen, nachhaltigen Maß­nahmen und Strategien gibt, die zur nachhaltigen Verbesserung beitragen und etwa bei Verwaltung, Bürokratie, Gesundheits- oder Staatsreform Einsparungen zusammen­bringen, sehe ich für die nachfolgenden Generationen sehr schwarz. (Beifall bei der FPÖ.)

13.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Auer zu Wort gemeldet. Gewünschte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


13.47.47

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es war interessant, dem Kollegen Gradauer zuzuhören, was alles nicht geschehen sei, wo die Regierung säumig sei und was man nicht um­gesetzt hätte. Er hat auch gemeint, man sei knausrig bei den Pensionen, beim Pflege­geld und so weiter. Darf ich nur freundlich daran erinnern: Am 25. September, Herr Kollege Gradauer, gab es doch gerade in dieser Hinsicht hier im Hohen Haus relativ übereinstimmende Beschlüsse. (Abg. Bucher: Am 24.!) Heute das zu kritisieren, was man selbst beschlossen hat, das ist schon bemerkenswert. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es ist richtig, man sollte sich, bevor man das Budgetprovi­sorium beschließt, ansehen, wie das Budget 2008 und die damit zusammenhängende Lage und die Fakten des Jahres 2008 ausschauen. Wenn man da einen internationa­len und einen europäischen Vergleich zieht, kann sich Österreich durchaus sehen las­sen. – Das sei ganz leidenschaftslos festgehalten, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Zu meinen, weil durch einen hervorragenden Finanzausgleich eine Reihe von Gemein­den aufgrund eines großartigen finanziellen Segens in Geld geschwommen wären und


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daher auch Swap-Spekulationen gemacht hätten, das ist schon eine kühne Behaup­tung. Das ist verantwortungslos, da gebe ich Ihnen Recht, denn eine Gemeinde hat nicht zu spekulieren – damit das klargestellt ist –, aber das hat mit dem Finanzaus­gleich nichts zu tun; da gibt es andere Dinge. Man sollte sich ansehen, wie sich der Finanzausgleich gerade bei diesen Gemeinden tatsächlich ausgewirkt hat. – Da am wenigsten, das sei einmal festgehalten.

Meine Damen und Herren, Sie wissen selber besser als alle anderen, dass das neue Budget in Zukunft nach dem neuen Haushaltsrecht zu beschließen sein wird. Das neue Haushaltsrecht des Bundes stellt eine durchaus bemerkenswerte Änderung dar. Da sei auch gesagt, dass die Sektion mit Herrn Sektionschef Steger hervorragende Arbeit ge­leistet hat; wir haben ja dieses neue Gesetz 2007 einstimmig beschlossen.

Ich möchte Herrn Sektionschef Dr. Steger von dieser Stelle aus die besten Gene­sungswünsche übermitteln – er hat jetzt gewisse krankheitsbedingte Probleme –, denn er ist gerade auch in diesem Bereich ein sehr wertvoller Unterstützer bei der Umset­zung.

Ich darf heute, noch bevor wir zum Beschluss kommen, einen Abänderungsantrag zu diesem Budgetprovisorium einbringen.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Jakob Auer, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen zur Regie­rungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem eine vorläufige Vorsorge für das Finanzjahr 2009 getroffen wird (Gesetzliches Budgetprovisorium 2009)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. Im § 6 wird nach der Z 7 folgende neue Z 8 angefügt:

„8. Der Personalplan 2008, das ist der Stellenplan 2008 in seiner neuen Gliederung ge­mäß § 1, erhält jeweils

a) im Teil II.A hinsichtlich der Untergliederungen 10 „Bundeskanzleramt“, 14 „Militäri­sche Angelegenheiten und Sport“, 21 „Soziales und Konsumentenschutz“, 24 „Gesund­heit“ und 40 „Wirtschaft“,

b) im Annex Teil 1b hinsichtlich der Untergliederungen 10 „Bundeskanzleramt“, sowie 14 „Militärische Angelegenheiten und Sport“,

c) im Annex Teil 2 hinsichtlich der Untergliederungen 10 „Bundeskanzleramt“, sowie 14 „Militärische Angelegenheiten und Sport“ und

d) im Annex Teil 3 hinsichtlich der Untergliederung 14 „Militärische Angelegenheiten und Sport“

die aus der Anlage ersichtliche Fassung.“

*****

Es geht darum, die Auswirkungen der Kompetenzänderungen der Bundesministerien­gesetz-Novelle 2009 auf den Personalplan – vormals war das der Stellenplan – umzu­legen.

Meine Damen und Herren, ich möchte es nicht verabsäumen, folgenden Hinweis zu geben, bevor das neue Budget dann tatsächlich zu beschließen sein wird – den Fahr­plan gibt es ja bereits betreffend Ausschussberatungen und Budgetrede und auch des neuen Spielraumes, der bezüglich des Ablaufs in den Ausschussberatungen vereinbart


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worden ist –: Es ist heute darauf hingewiesen worden, dass der Plenarsaal umzubauen wäre, sodass er den Gegebenheiten entspricht. Dem ist an sich nichts hinzuzufügen.

Ich möchte aber noch an etwas anderes erinnern, bevor das Budget beraten wird: Wenn man sich den Deutschen Bundestag ansieht und den Raum, den ein deutscher Parlamentarier zur Verfügung hat – nämlich 54 m² Bürofläche pro Mandatar (der Red­ner hält eine Zeitschrift in die Höhe) –, so kann man sagen, das ist notwendig oder nicht. Ich möchte es nur zu bedenken geben, angesichts dessen, unter welchen Bedin­gungen hier im österreichischen Parlament manche Mitarbeiter, auch Parlamentarier, arbeiten müssen.

Auf noch etwas möchte ich hinweisen: Im Deutschen Bundestag hat ein Mandatar – ich habe das heute ausdrucken lassen – zur Finanzierung für Mitarbeiter 14 312 € im Mo­nat zur Verfügung. Sie wissen selbst, wie wenig ein österreichischer Parlamentarier hat. Ich meine, dass es höchste Zeit ist, auch darüber ein bisschen nachzudenken, so­dass ein Mandatar zumindest in der Lage ist, einen Akademiker alleine ausreichend zu beschäftigen.

Die Anforderungen an Parlamentarier werden mehr. Es ist notwendig, da auch die erforderlichen Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Es muss ja nicht in dem Tempo passieren, wie die Klubfinanzierung angepasst worden ist. Die ist zwar teurer, aber ge­rechter. Ich bekenne mich dazu, ich habe auch mitgestimmt. Es wäre aber gerecht und zeitgemäß, auch für die Mandatare entsprechende Ressourcen zur Verfügung zu stel­len. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

13.53


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag wurde in groben Zügen erläutert. Er wird gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung verteilt, ist ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Jakob Auer, Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem eine vorläufige Vorsorge für das Finanzjahr 2009 getroffen wird (Gesetzliches Budgetprovisorium 2009) (314 der Beilagen), in der Fassung des Berichtes des Budgetausschusses (35 der Beilagen):

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. Im § 6 wird nach der Z 7 folgende neue Z 8 angefügt:

„8. Der Personalplan 2008, das ist der Stellenplan 2008 in seiner neuen Gliederung gemäß § 1, erhält jeweils

a) im Teil II.A hinsichtlich der Untergliederungen 10 „Bundeskanzleramt“, 14 „Militäri­sche Angelegenheiten und Sport“, 21 „Soziales und Konsumentenschutz“, 24 „Gesund­heit“ und 40 „Wirtschaft“,

b) im Annex Teil 1b hinsichtlich der Untergliederungen 10 „Bundeskanzleramt“, sowie 14 „Militärische Angelegenheiten und Sport“,

c) im Annex Teil 2 hinsichtlich der Untergliederungen 10 „Bundeskanzleramt“, sowie 14 „Militärische Angelegenheiten und Sport“ und

d) im Annex Teil 3 hinsichtlich der Untergliederung 14 „Militärische Angelegenheiten und Sport“

die aus der Anlage ersichtliche Fassung.“


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Begründung:

Auswirkungen der Kompetenzänderungen der Bundesministeriengesetz-Novelle 2009 auf den Personalplan (vormals Stellenplan) 2008.

Anlage


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Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Bucher. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.53.49

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielleicht gleich zur Anregung von Ausschussobmann Kollegen Auer: Ich denke, das wäre ein grundlegend falsches Signal, würden wir jetzt in einer sehr angespannten wirtschaftlichen Situation solche Maßnahmen setzen. Es geht ja nicht nur um die Bankenkrise und die Finanzkrise, sondern wir befinden uns in einer Rezession und in einer Wirtschaftskrise, wie wir sie in der Zweiten Republik noch nicht gehabt haben, mit einem Ausgang, den wir nicht erahnen können.

Wir befinden uns in einer Banken- und Finanzkrise, die niemand versteht, die ein No­wotny heute nicht im vollen Umfang verstehen kann, die auch ein Liebscher nicht ver­stehen kann, wie er gestern, glaube ich, in einem Interview ansatzweise zugegeben hat, die auch viele andere Finanz- und Kapitalmarktexperten nicht verstehen können – weder das Zustandekommen noch die Auswirkungen, die in den nächsten Monaten und in den nächsten zwei Jahren auf uns zukommen. (Abg. Jakob Auer: absehbar!)

Jetzt gibt es viele, die sagen, das war alles absehbar. Es gibt viele Propheten, die jetzt auftauchen und sagen, sie haben das immer schon gesagt, das war immer schon ihr Standpunkt. – Die, die dann mit solchen Antworten auf uns warten, wird es auch in Zukunft immer geben, aber das ändert ja an der Gesamtsituation nichts! Ich denke, es wäre jetzt der falsche Moment, denn diese Budgetsituation wird ja für Sie, Herr Staats­sekretär, auch nicht einfach, falls Sie in die Budgetverhandlungen eingebunden sein werden, was ich annehme.

Ein ausgeglichenes Budget ist ohnehin nicht machbar. Es werden auch die Konver­genzkriterien mit den 3 Prozent nicht einzuhalten sein. Ich glaube, dieser Meinung wer­den sich alle anschließen, die in der letzten Zeit oder in den letzten Jahren an Budget­verhandlungen teilgenommen haben. Ich denke, da muss der Staat mit gutem Beispiel vorangehen. Da kann das Hohe Haus nicht für die Parlamentarier und ihre Angestell­ten oder für ein schmuckes Haus mehr Geld verlangen, während die Bürger den Gürtel enger schnallen müssen. – Ich glaube, das wäre ein grundlegend falsches Signal, das schlechteste, das wir aussenden können. (Beifall beim BZÖ.)

Wir sollten dafür sorgen, dass wir jetzt in einer klugen Übereinstimmung aller sorgsame Gesetze beschließen, alles, was jetzt an Vorschlägen da ist, mitberücksichtigen, gut überdacht, nicht von Haus aus diesen politischen Reflex annehmen, dass alles, was von der Opposition kommt, schlecht ist. Das würde ich nicht raten, denn wir haben in Österreich, wenn ich nur das Bankenrettungspaket heranziehe, einen sehr guten Weg beschritten, nämlich dass wir außer Streit gestellt haben, dass wir den Banken helfen und ihnen das Geld, die Sicherheit in Form von Haftungen und Eigenkapitalaufbesse­rung geben, weil wir nicht wollen, dass das gesamte Wirtschaftssystem zusammen­bricht. – Diese Übereinstimmung hat es gegeben.

Es gibt aber Korrekturbedarf. Das sieht heute jeder ein. Alle, die das Bankenrettungs­paket mitbeschlossen haben – und auch jene, die damit befasst sind, das umzuset­zen –, wissen, dass es Reparaturbedarf gibt. Ich glaube, dass wir uns ernsthaft zusam­mensetzen sollten – so rasch als möglich –, um darüber nachzudenken, wie wir dafür sorgen, dass diese 100 Milliarden, die wir richtigerweise zur Verfügung gestellt haben, auch dort ankommen, wo wir sie hintransferieren wollen, nämlich in die Realwirtschaft. (Beifall beim BZÖ.)

Das muss der Weg sein, den wir jetzt beschreiten, um nicht nur unser Gewissen zu be­ruhigen und zu sagen, wir haben ohnehin alles getan, in Abstimmung mit der Europäi­schen Union, mit der Weltbank. Wir stehen in einem Kontext mit allen, die dazu ange-


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treten sind, diese enorme, globale Wirtschaftskrise in den Griff zu bekommen, aber wir sollten in erster Linie dafür sorgen, dass jene Gesetze, die wir hier verabschieden, auch wirksam dort ankommen, wo sie greifen sollen, nämlich in der Wirtschaft zur Be­hebung der Arbeitsmarktkrise und zu einer Belebung der Wirtschaft. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

13.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Krainer. Gewünschte Redezeit: 4 Minuten.

 


13.58.37

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Danke an die Präsident! Herr Kollege Bucher, wenn Sie sagen, dass das das falsche Signal wäre, und der Staat müsse mit gutem Beispiel vorangehen: Wenn weite Teile der Bevölkerung den Gürtel enger schnallen müssen, dann muss der Staat aber in Wirklichkeit genau das Gegenteil tun, denn der Staat muss ja expansive Politik machen, um einen Konjunkturabschwung zu verhin­dern. (Abg. Bucher: Aber nicht für uns Abgeordnete!)

Der Vorschlag des Kollegen Auer, eine expansive Form der Beschäftigung zu schaffen und Beschäftigung auszuweiten – rein konjunkturpolitisch, es hätte jetzt nicht den Effekt, dass wir dadurch Tausende Arbeitsplätze schaffen –, wäre im Prinzip ein Vor­schlag, der beschäftigungswirksam und positiv wäre, was das betrifft.

Über die Arbeitsbedingungen von Parlamentariern reden wir ja nicht nur jetzt, und es ist ja nicht das erste Mal, dass der Kollege Auer genau darauf aufmerksam macht, son­dern das ist ja, wenn ich das so sagen darf, ein Steckenpferd. Immer wieder thema­tisiert der Kollege Auer auch die Arbeitsbedingungen von uns Abgeordneten hier – in guten wie in schlechten Zeiten. Und man kann nicht sagen, jetzt sind gute Zeiten, jetzt können wir es nicht machen, und jetzt sind schlechte Zeiten, jetzt können wir es auch nicht machen – dann machen wir es nämlich gar nicht. Es entsteht auch immer die Diskussion um das Beispiel Deutschland: Das seien ja zehn Mal so viele Einwohner, und unser Parlament sei viel zu groß.

Glaubt denn irgendjemand, dass die Deutschen deswegen zehn Mal so viele Gesetze beschließen wie wir, dass deren Gesetze zehn Mal so lange sind wie unsere? – Nein, überhaupt nicht! Sie beschließen wahrscheinlich ziemlich gleich viele Gesetze wie wir, gleich viele Staatsverträge wie wir. (Abg. Bucher: Die Gesetze werden durchgewun­ken, weil es EU-Richtlinien sind!) Und die Summe der Arbeit ist für den einzelnen Abgeordneten dieselbe. Der einzige Unterschied ist, dass der Wahlkreis eines deut­schen Abgeordneten größer ist und er deswegen mehr Zeit in seinem Wahlkreis ver­bringen muss als ein österreichischer Abgeordneter/eine österreichische Abgeordnete, um Kontakt zu halten. Aber das ist schon der einzige Unterschied, den es gibt.

Der Arbeitsaufwand mit diesen Kopfzahlen-Diskussionen ist meiner Meinung nach völ­lig fehl am Platz, weil die Deutschen wirklich nicht zehn Mal so viele Gesetze beschlie­ßen wie wir, oder glaubt das irgendjemand? (Abg. Mag. Darmann: Es geht um die Qualität!) – Ja, natürlich. Die Qualität ist entscheidend, das ist keine Frage. Aber wollen Sie jetzt sagen, dass die Qualität der Gesetze sinkt, wenn mehr Abgeordnete an der Diskussion beteiligt sind? (Abg. Mag. Darmann: Wir wollen nicht mehr Abgeordnete!) – Sinkt die, wenn es mehr Abgeordnete gibt? Oder steigt die, wenn es weniger sind? Oder steht das nicht wirklich in einem direkten Zusammenhang? Sonst müsste ja die Qualität der Gesetze in allen größeren Ländern in Parlamenten mit 600 bis 700 Abge­ordneten schlechter sein als unsere, wenn Sie diese Rechnung aufstellen. Also auch mit der Qualität kommen Sie in dieser Diskussion nicht sehr weit.


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Die entscheidende Frage für die Budgetpolitik der nächsten Jahre wird – das ist auch schon von mehreren Vorrednern angesprochen worden – die Frage der Konjunkturpoli­tik sein, die Frage von Arbeitsplätzen, die Frage des Arbeitsmarktes, die Frage, wie wir die Wirtschaft ankurbeln und wie wir verhindern, dass wir in eine Abwärtsspirale gera­ten. In einer Abwärtsspirale sind wir zumindest dort, was die Konjunkturprognosen be­trifft; von Monat zu Monat werden diese schlechter.

Da das Defizitkriterium angesprochen wurde: Wir haben im Fahrplan zwischen den Ko­alitionspartnern vereinbart, dass wir dieses Jahr doch deutlich unter 3 Prozent und nächstes Jahr knapp an die 3 Prozent kommen wollen; das ist ein politisches Ziel. Aber ich glaube, es ist beiden Koalitionsparteien klar, das diese Vereinbarung und diese Ziele natürlich auch auf einer Prognose basieren, die auch von der wirtschaftlichen Entwicklung überholt werden kann, genauso wie es umgekehrt auch der Fall war.

Es gab bei der vorigen Regierung auch auf Basis der Zahlen 2006 einen Budgetfahr­plan; dieser war wesentlich besser. Die Schulden beziehungsweise das Defizit sind in den Jahren 2007/2008 nicht angestiegen, sondern gesunken, Kollege Gradauer, näm­lich nicht nur gesunken im Vergleich zu den Jahren davor, sondern auch deutlich im Vergleich zum Budgetfahrplan. Und Folgendes muss klar sein: Im Vergleich zum Bud­getfahrplan sind natürlich das Defizit 2007 und das Defizit 2008 geringer gewesen, als im Budgetfahrplan budgetiert war. Das können Sie sich anschauen. Wir bekommen ja die Abschlüsse für das Jahr 2008 in den nächsten Wochen ins Haus, wo wir uns das anschauen können.

Aber der Schwerpunkt wird Konjunkturpolitik sein, nämlich nicht nur für Finanz- oder Budgetpolitiker, sondern allgemein. Die wesentlichen Vorhaben der Regierung müssen natürlich alle auf die Konjunkturwirksamkeit, auf die Auswirkung auf Beschäftigung, auf die Auswirkung auf dem Arbeitsmarkt abgeklopft werden. Wesentlich ist – das sage ich auch –: Es ist relativ leicht, in einer Krise, in der der Staat das auch machen muss, mit einem Defizit in die Höhe zu gehen. Das ist die leichte Übung. Die schwierige Übung ist ja dann, mit dem Defizit wieder herunterzukommen.

Da geht einiges automatisch durch die automatischen Stabilisatoren, aber nicht genug. Und da ist auch für meine Fraktion wesentlich, dass wir sagen, in den wichtigen Berei­chen wie Bildung und Gesundheit kann man nicht sparen. Ganz im Gegenteil! Wir wol­len ja entlasten und wollen den Faktor Arbeit, die Leistungseinkommen auch weiterhin entlasten, weil das viel zu hoch besteuert ist in Österreich. Die Leistungseinkommen sind viel zu hoch besteuert – auch nach der Steuerreform im Vergleich zu allen ande­ren Einkommensarten. Deswegen wollen wir dort den Schwerpunkt haben. Wir sagen auch klar, dass es auf der Ausgabenseite Punkte gibt, bei denen in Wirklichkeit zusätz­liche Investitionen notwendig sind – und nicht das Ansetzen des Rotstifts!

Das ist eine Diskussion, die wir wahrscheinlich nicht heute, aber möglichst bald führen wollen, womöglich erst in drei oder vier Jahren. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.04


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Gewünschte Redezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


14.04.23

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Her­ren! Irgendwie ist diese Debatte schon seltsam, denn eigentlich wäre dies für den heu­tigen Tag jener Tagesordnungspunkt, wo man allenfalls über wirtschafts-, konjunktur-, mithin beschäftigungspolitische Maßnahmen und die Stellung der Budget- und Finanz­politik im Kontext diskutieren könnte.


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Klar ist, dass die größte Wirtschaftskrise seit 80 Jahren im Heranrollen ist, ein mittlerer Tsunami. Und man ertappt eigentlich immer mehr Entscheidungsträger dabei, wie sie auf der flachen Terrasse noch zwischen Espresso und Eislutscher hin- und herschwan­ken, anstatt dass sie sich mit ihren Maßnahmen geistig in den zweiten Stock bewegen und endlich einmal anständig gegenhalten, so gut das noch überhaupt geht.

Da ist natürlich der Staat mit seinen Maßnahmen gefordert. Was hat das jetzt alles mit diesen Budgetdingen zu tun? – Na, dass wir jetzt ein Provisorium brauchen, nach der Haushaltsrechtsreform mittlerweile sofort ein gesetzliches, das ist ja so weit unbestrit­ten. Das ist alles völlig in Ordnung. Da haben wir eine sehr konsensuale und vernünf­tige, von allen gewürdigte Debatte im Ausschuss gehabt. Aber jetzt wäre Gelegenheit, einmal hinzuschauen, was dann mit der Budgetplanung überhaupt passiert, nämlich vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise.

Das Regierungsprogramm sieht in seinem Budgetpfad noch 2,2 Prozent Defizit des BIP für dieses Jahr vor und im nächsten Jahr – Kollege Stummvoll wird mir aushelfen – irgendwas auch nicht weit weg davon, basierend auf Wirtschaftswachstumsprognosen, die für heuer 0,0 – also nichts – voraussehen und im nächsten Jahr immerhin plus 0,8. Das ist aber Stand November. Da ist jetzt meinetwegen niemandem ein Vorwurf zu machen. Aber im Dezember und im Jänner haben verschiedene Institute, von der EU-Kommission abwärts, diese Prognosen viel dramatischer beschrieben. Und diese Bud­getpfade sind ja nicht zu halten. Darüber wollen wir einmal diskutieren.

Sie nicken. Recht so! Aber der Herr Finanzminister wurde gestern zitiert – er hat es vorgestern gesagt, bei Tageszeitungen rückgerechnet –: Nein, 2,4, und dann ist es aus. – Na gratuliere! Kann man schon auch haben wollen, da muss er aber dazusagen, wo er das dann wieder im heurigen Jahr radikal einsparen will. Entweder ist das ein Wunschprogramm und er setzt sich nicht mit der Realität auseinander. Oder: Wenn er es aber ernst meint, ist er natürlich ein Gefährlicher, was die Konjunktur- und Beschäf­tigungspolitik betrifft, denn die Erkenntnis wird sich jetzt ja wohl durchgesetzt haben, dass der Staat eine wesentliche Rolle im Gegensteuern gegen diese Krise einzuneh­men hat.

Natürlich müssen wir schauen, und zwar viel rascher, als diese beiden sogenannten Konjunkturpakete zu greifen beginnen, dass jetzt wirklich Maßnahmen in die Gänge kommen. Und da kann es nicht sein, dass man aufgrund einer völlig falsch verstande­nen Budgetdisziplin im radikalsten Abschwung, den es seit ganz langer Zeit gegeben hat, das auch noch verstärkt. Das wäre doch völlig absurd! Also muss man da jetzt lockerlassen. Die Schwierigkeit wird ja viel eher sein, dass man dann, wenn hoffentlich wieder ein Wirtschaftsaufschwung zu Stande kommt, auch wirklich gegensteuert und entsprechende Effizienzmaßnahmen vornimmt. Das ist immer schwieriger, das wissen wir schon. Da stehen wir aber auch nicht an mit Vorschlägen, da dürfen Sie uns schon etwas zutrauen.

Es ist heute der Rechnungshof genannt worden. Ja, da gibt es eine Reihe von Vor­schlägen, wo man etwas machen kann. Das ist aber nicht unser Punkt. Effizienz ist im­mer gut. Aber jetzt muss einmal erkannt werden, dass Wirtschaftspolitik in erster Linie auch Finanzpolitik ist. Da kann man nicht sozusagen jemandem, der ohnehin schon fast keine Luft bekommt, mit Abwürgen noch helfen wollen.

Sehen Sie, das ist jetzt das Problem mit dem Zitat, mit dem der Finanzminister hausie­ren geht, der sagt, man kann ja eine Krise, die durch Schulden verursacht ist, nicht mit Schulden bekämpfen. – Also so einen Unsinn habe ich seit Grasser nicht mehr gehört!

Gestern hat Herr Abgeordneter Schüssel das Gleiche noch einmal gesagt. – Ja, natür­lich ist die Krise mit verursacht oder vor allem ausgelöst worden – es gibt viele andere Ursachen auch noch; wir kennen die Systemschwächen des jetzt organisierten Kapi-


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talismus – durch die völlig überzogene Kreditpolitik in den USA. Na das schon! Aber das ist ja ein ganz anderer Schuldentypus. Da haben sich Private übernommen, die ausstaffiert waren mit, öffentlich angereizt, zu locker gewährten Überkrediten. Das ist schon richtig, es war schon zu viel Geld da für diesen Unfug.

Es ist auch eine Frage der Vermögensverteilung, warum es zu so etwas kommt. Aber das ist doch ein ganz anderes Schuldenphänomen, als wenn man jetzt, wenn die Krise sozusagen in die Realwirtschaft durchschlägt und nicht irgendwo in der Finanzwirt­schaft herumgeistert, wirklich gegensteuern will. Das ist halt so! Wenn man Geld in die Hand nimmt, muss man immer fragen, wofür ist es. Und wenn es jetzt um öffentliche Investitionen geht, um gegenzusteuern, so ist das einmal primär nichts Schlechtes, sondern etwas Gutes. Es muss mir also einmal irgendjemand erklären, was dieser Unfug mit dem Zitat soll.

Wir werden wieder zwei Generationen von HandelsakademielehrerInnen brauchen, um das wegzubringen, was da so in den Raum gestellt wird. Genauso wie mit den Grasser’schen Ausritten zur Budget-, Finanz- und Wirtschaftspolitik. Da kann man sich empören über so einen Unfug.

Was es jetzt braucht, ist: erstens genau hinzuschauen, wie die Budgetentwicklung sein wird. Auch wenn die EU-Kommission zu Beginn dieser Woche sagte, das Wachstum sei viel geringer und das würde heuer zu einem Budgetdefizit von 3,0 Prozent, also ge­nau die Maastricht-Grenze, und nächstes Jahr sogar von 3,6 Prozent führen, dann muss uns das nicht daran hindern, vernünftig einzusparen. Ganz sicher nicht! Aber die Maßnahmen und Investitionen, die vernünftig sind, sollen um Gottes willen trotzdem stattfinden. Dann zählen wir die Zehntelprozent zusammen. Und wenn einmal der Auf­schwung da ist, dann können wir sozusagen wieder gegenhalten. Da sind wir dann alle herzlich eingeladen, die ganzen Vorschläge vom Rechnungshof et cetera durchzuge­hen. Das ist ja nicht das Problem. Also: Bitte schön nicht abwürgen!

Eigentlich ist das Problem ein umgekehrtes. Die sogenannten Konjunkturpakete grei­fen nicht oder viel zu spät. Schauen wir es uns an! Erstes Konjunkturpaket: Mittel­standsmilliarde, ressortierend beim Wirtschaftsministerium. – Ja, wissen Sie, diese neu zu schaffende Stelle, wenn man so will, eine kleine öffentliche Investitionsbank, die ist noch nicht einmal gegründet! Da werden gerade die Managementposten ausgeschrie­ben. Als Anforderung steht dort – ich habe mir das angeschaut –, dass irgendwann ein­mal Leitlinien zu erarbeiten sind. Und wenn es diese Leitlinien gibt, kann man vielleicht einmal einen Antrag stellen. Es ist ja von Steuerberatern schon im Herbst kritisiert worden, dass das alles viel zu lange dauert.

Wir sind dann mit den Maßnahmen fertig, wenn der Aufschwung vielleicht ohnehin schon von woandersher wieder kommt. Das ist doch der Unfug an der Sache! Es geht kein Kredit hinaus, es funktioniert nicht! Bald wäre es schon viel gescheiter, auch was das Bankenpaket betrifft, wenn der Staat schon eingreifen will, dass man den Firmen unmittelbar mit direkten Haftungen unter die Arme greift, wenn das Ganze nicht ins Rollen kommt. – Aber das Bankenpaket lasse ich gnädigerweise jetzt einmal weg.

Das zweite Konjunkturpaket funktioniert auch nicht, kann gar nicht funktionieren: de­gressive Abschreibungen – so ein Unsinn! Es ist kein Unsinn als Maßnahme, aber es ist nicht konjunkturfördernd und schon gar nicht jetzt. Warum? – Weil eine vorgezoge­ne Abschreibung für Unternehmen dann interessant ist, wenn man besonders hohe Gewinnerwartungen hat. Nur dann ist es ein Anreiz. Wer hat denn in der Situation eine hohe Gewinnerwartung? Die haben ja ganz andere Sorgen! Das geht also völlig ins Leere! Sie setzen aber durchschnittlich 400 Millionen € pro Jahr oder ungefähr so viel ein. Sie können mich ja dann korrigieren, Herr Staatssekretär, ich hoffe auch, dass Sie


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zu den aufgeworfenen Fragen Stellung nehmen. Das hilft der Konjunktur überhaupt nicht!

Diese Zahlen mischen aber der Herr Finanzminister und der Herr Bundeskanzler dau­ernd in ihrer Hausnummernökonomie aneinander, und Letzterer kommt, so wie heute in der Früh, auf 8 Milliarden. Alles Humbug! Stimmt so nicht! Stimmt so nicht! (Zwi­schenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Genauso gut muss man die einzige sinnvolle, sofort wirksame Maßnahme hinterfragen, nämlich die 100 Millionen € für die thermische Sanierung. Was passiert da? – Das dau­ert auch lange. Da ist von einem Ministerium zum anderen der Kontakt einmal in die Richtung, wie man überhaupt diesen Scheck organisiert, dass da etwas weitergeht. Bis das funktioniert, ist es auch Herbst. Jetzt müsste das passieren!

Wo ist denn die Initiative für die öffentlichen Gebäude? – Die BIG rennt herum und weiß gar nicht, wie sie tun soll. Sie gibt Pressekonferenzen. Wenn man hinter den Ku­lissen mit den Leuten redet, kommt man drauf, dass das alles nicht hinhaut. Und wir werden die Nagelprobe machen. Deshalb ist jetzt nicht primär gefragt, ob der Budget­saldo 2,2, 2,3, 2,4 oder gar 3,0 Prozent ist, sondern dass endlich etwas funktioniert in dieser Republik. Das muss Ihnen doch einleuchten! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ich sage das ja nur deshalb – eigentlich müsste ich mich gar nicht so aufregen, wenn ich nicht wirklich an das glauben würde, was ich sage; da muss man sich dann nämlich aufregen –, damit es jetzt einmal im Protokoll steht, denn wir werden in einem halben Jahr hier stehen, und es wird genau all das eingetreten sein, was ich eben sagte. Auch dazu ist es manchmal nicht schlecht, das erwähnt zu haben. Insofern waren diese 8 Minuten aus oppositioneller Sicht – es waren ja mehrere Fraktionen dabei, das habe ich an den Reaktionen gesehen – jetzt nicht schlecht investiert, weil ich weiß, dass wir uns ziemlich einig sind, dass das viele so sehen. Und das muss gar nicht mit weiterem Argwohn zu tun haben, aber ich lade Sie ein oder fordere Sie auf:

Denken Sie nach! Machen Sie da etwas, was schneller greift und wirkt! Und lassen Sie nicht den Herrn Bundeskanzler durch die Landschaft irren und von 8 Milliarden reden, die nirgends sind! Die greift er nicht, die spürt er nicht, er weiß es auch nicht, er ist ja da auch kein Experte. Aber man sollte ihn nicht das glauben lassen, was er da beauf­tragt wurde zu reden. Das habe ich heute in der Früh gesagt, und das stimmt wie nur was, und genau diese Probleme werden wir alle bekommen. (Abg. Krainer: Du kriegst das schriftlich von ihm!)

Über die Banken sagen wir heute nichts, darauf haben wir uns verständigt. Und wenn Sie schon die Gemeinden angesprochen haben – ja, da könnte man schon bei ein paar sparen, weil das, was sich da bei niederösterreichischen, burgenländischen, steiri­schen im Besonderen abspielt, das ist Sodom und Gomorrha. Da gebe ich Ihnen recht, da könnte man einmal in Effizienz investieren. Wir wissen ja, welche Gemeinden wir besonders meinen, der Herr Staatssekretär und ich, aber heute ist für Hartberg keine Zeit. Aber dort bräuchte man drei Staatskommissäre, damit einmal etwas weitergeht.

Das gehört alles untersucht, das passiert aber nicht. Also: Die Ausweitung der Prüf­kompetenzen des Rechnungshofs wäre hier eine nützliche Investition, auch wenn Sie dann immer wo sparen wollen. Aber, wie gesagt: Investieren dort, wo es notwendig ist; sparen dort, wo verschwendet wird, und das nicht dauernd vermischen! Das wäre doch schon einmal ein Beginn.

Wie gesagt: Der Tsunami rollt, und Sie sitzen am Strand und entscheiden sich zwi­schen Eislutscher und Kaffeehäferl. Das funktioniert nicht. Auf in die oberen Etagen, freier Blick, Maßnahmen ergreifen! (Beifall bei den Grünen.)

14.15



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 131

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Lopatka. – Bitte.

 


14.15.40

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Reinhold Lopatka: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Dr. Matznetter richtet laute Bemerkungen quer durch den Sitzungssaal an Abg. Mag. Kogler.) – Gut, Kollege Matz­netter ist nachher ohnehin noch zu Wort gemeldet. Darf ich vielleicht beginnen?

Man darf, so glaube ich, die jetzige Situation keinesfalls mit einem Tsunami verglei­chen. Dort gibt es eine Naturgewalt, wo tatsächlich von der Politik kein Einfluss genom­men werden kann, einen Tsunami muss man über sich ergehen lassen, während hier sehr wohl die Politik gefordert ist und die Bundesregierung es auch so gesehen hat, dass man Gegenmaßnahmen setzen kann, um diese Welle abzuschwächen. Die Bun­desregierung hat vom ersten Tag an, als sie berufen worden ist, rasch die Arbeit aufge­nommen.

Ich möchte jetzt nicht über 8 oder 6 Milliarden streiten, aber Fakt ist, dass sowohl die steuerliche Entlastung als auch die beiden Konjunkturpakete und natürlich alles, was im Bankenbereich unternommen wird, ganz konkrete Maßnahmen sind. Funktionieren wird es nur dann, wenn es die Politik schafft, direkt mit der Wirtschaft und mit der Ban­kenwelt zusammenzuarbeiten.

Während wir hier sitzen, sitzt der Finanzminister mit den wichtigsten Vertretern der österreichischen Wirtschaft, der österreichischen Industrie und der österreichischen Banken zusammen, um genau diesen Schulterschluss zu schaffen. Das ist der Weg, den die Regierung gehen möchte und gehen wird.

Der zweite Punkt, der hier angesprochen worden ist, ist der Rechnungshof. Nicht nach­her, sondern wir werden hier parallel dazu die Arbeit aufnehmen. Anscheinend ist nicht von allen detailliert das Regierungsprogramm gelesen worden. Dort ist klar fest­gehalten worden, dass bei diesen vielen Projekten, die der Rechnungshof gemeinsam mit dem Staatsschuldenausschuss aufgezeigt hat, wo richtigerweise mehr Effizienz möglich ist, diese Arbeit parallel zum Budget Anfang Februar aufgenommen wird.

Im Finanzministerium wird momentan an all diesen Projekten – das sind alles Großpro­jekte – intensivst gearbeitet, meine Damen und Herren, um das Doppelbudget, das letzte Woche am Freitag den einzelnen Ressorts zugestellt worden ist, auch ordentlich und zügig zu verhandeln, damit Österreich im europäischen Kontext dort bleibt, wo Ös­terreich jetzt steht.

Meine Damen und Herren, unsere Situation ist im Ländervergleich besser. Das wird auch in internationalen Medien genauso gesehen. Natürlich trifft uns auch die Krise, wobei die Situation in Österreich aber weitaus besser ist als insgesamt in der Eurozone und auch im gesamten europäischen Raum.

Der Budgetpfad darf aus der Sicht des Finanzministeriums nicht völlig aus den Augen verloren werden. Natürlich haben wir uns daran zu orientieren, und wir müssen auf der Ausgabenseite, was die einzelnen Ministerien betrifft, haushalten, damit wir – und nie­mand weiß, wie lange diese Krise dauert und wie intensiv sie uns noch in den nächsten Jahren befassen wird; was im nächsten halben Jahr auf uns zukommt, das ist halb­wegs absehbar – dann auch noch Möglichkeiten haben, um wirkungsvoll gegen diese auf uns zukommenden, zweifelsohne großen Herausforderungen auch die entspre­chenden Schritte zu setzen und sie kraftvoll anzugehen.

Letztendlich, meine Damen und Herren, geht es vor allem auch um Menschen, die die große Sorge haben, dass sie ihre Arbeit verlieren. Österreich wird da gerade arbeits­marktpolitische Maßnahmen setzen und wird es durch Maßnahmen im Bereich der


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Kurzarbeit schaffen, dass wir eindeutig eine bessere Position einnehmen werden. Bei uns wird laut EU-Prognose – das ist vorgestern veröffentlicht worden – die Arbeitslo­senquote 2009 bei rund 5 Prozent liegen, während sie in der Eurozone bei über 9 Pro­zent und innerhalb der EU bei knapp 9 Prozent liegen wird.

Die Verschuldung, wie schon von Abgeordnetem Kogler angesprochen, wird von der Europäischen Kommission eben in der Höhe des Maastricht-Zieles gesehen, während die Eurozone bei 4 Prozent – laut EU-Kommission – liegen wird und die EU-27 bei 4,4 Prozent. Es wird uns – leider – ein Rückgang des BIP um 1,2 Prozent prognosti­ziert. In der Eurozone sind es beinahe 2 Prozent, 1,9 Prozent genau, bei den EU-27 1,8 Prozent.

In dieser Situation befinden wir uns, und daher gilt es, gemeinsam zügig, aber nicht überhastet und dann vielleicht mit vielen Fehlern beladen diese Konjunkturpakete um­zusetzen. Das wird nur dann gelingen, wenn eben die Zusammenarbeit mit der Wirt­schaft, mit der Industrie auf gute Schienen gestellt wird – und das macht gerade zu die­ser Stunde der Finanzminister.

Für die Verhandlungen, die der Finanzminister gemeinsam mit Kollegem Schieder und mir mit allen Ressorts führen wird, sind richtigerweise auch Schwerpunkte gesetzt wor­den. Das ist ohnehin schon bekannt: im Bereich der Bildung, im Bereich der Universitä­ten, im Bereich der Forschung, aber natürlich auch in einem anderen wichtigen Be­reich, nämlich dort, wo es um die innere Sicherheit geht. Bei den anderen Ressorts wird es schwierige Verhandlungen geben; das liegt auf der Hand. Wir werden diese Verhandlungen führen, im Geist, in dem diese Regierung arbeitet.

Wir wissen, dass die Herausforderungen größer sind als bei den Regierungen, die in den vergangenen Jahrzehnten die Verantwortung getragen haben. Aber dieser Druck schweißt auch zusammen, und daher bin ich mir sicher, dass wir nach diesem gesetz­lichen Budgetprovisorium gemeinsam zu einem sehr guten Budget kommen werden. Dafür bitte ich Sie dann um möglichst breite Unterstützung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.22


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Dkfm. Dr. Stummvoll. Gewünschte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


14.22.34

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatsse­kretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst ein paar Worte zu meinen Vorrednern. Ich glaube, die Differenz zwischen dem Obmann des Budgetausschusses, Jakob Auer, und dem Klubobmann Seppi Bucher, der jetzt auch zuhört, wie ich sehe (Abg. Bucher: Ich höre immer zu!), ist sehr einfach zu erklären: Jakob Auer hat aus der Sicht des einzelnen, einfachen Abgeordneten geschildert. Lieber Seppi, für einen Klubobmann, hauptberuflich, mit der Infrastruktur eines Klubobmanns, mit vielen Mitar­beitern, ist die Sicht natürlich eine andere. (Abg. Bucher: Einem Mitarbeiter!) Das ist gar keine Frage. Aber aus der Sicht eines einzelnen Abgeordneten, der nicht Klubob­mann ist, der nebenbei auch noch einen Hauptberuf hat, sieht die Situation eben so aus. Da bin ich vollkommen der Meinung des Jakob Auer. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Was Kollegen Kogler betrifft – er weiß, wie sehr ich ihn schätze, ich habe das auch öffentlich wiederholt erklärt –, möchte ich eines schon sagen: Herr Kollege Kogler, auch ich gehöre zu jenen, die sagen, wir müssen wahnsinnig Acht geben. Auch wenn wir jetzt in dieser Situation Geld in die Hand nehmen müssen – gar keine Frage, das ist notwendig –, müssen wir schon wahnsinnig Acht geben – das ist ein schmaler Grad, auf dem wir da wandern –, dass wir nicht erneut in eine Schuldenspirale hineintappen. Sie haben auch zugegeben, im Grunde wurde diese Weltfinanzkrise durch eine exzes-


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sive, nicht nur private, auch öffentliche Verschuldung in den USA ausgelöst. Die Ameri­kaner haben jahrelang nicht gespart, über ihre Verhältnisse gelebt und das alles mit Schulden finanziert; siehe den Hypothekarmarkt, siehe auch seinerzeit die offizielle Politik der Clinton-Administration: Jeder Amerikaner soll ein Eigenheim, möglichst ein Haus haben. Deren Finanzierung hat letzten Endes die faulen Kredite ausgelöst, die wiederum diese Weltfinanzkrise ausgelöst haben.

Was mir Sorge macht, das darf ich schon auch sagen, ist – und das wurde auch in der gestrigen Debatte schon genannt –: Wenn man täglich hört, wie viele Hunderte, ja Tau­sende Milliarden Dollar oder Euro schuldenfinanziert aufgenommen werden müssen, dann, muss ich ehrlich sagen, muss man wirklich Acht geben. Täglich bekommen wir neue Horrormeldungen, erst gestern wieder: Mittel- und Osteuropa hat einen Liquidi­tätsbedarf von 400 Milliarden €, gleichzeitig werden dort die Währungen abgewertet. Also ich muss ehrlich sagen, das, was sich derzeit abspielt – und ich glaube, da sind wir einer Meinung, Herr Kollege Kogler –, ist zweifellos die mit Abstand größte Heraus­forderung für unsere Generation im Bereich der Wirtschafts- und Finanzpolitik, gar keine Frage.

Was mir außerdem noch Sorge macht – das möchte ich sagen, weil es auch Thema im Budgetausschuss war, in Hinblick auf die 7,1 Milliarden, die von der Ausgleichsrück­lage transferiert werden, voranschlagswirksam für 2009 –, ist, dass offensichtlich die Politik beim Bankenpaket – das war ein einstimmiger Beschluss – sehr rasch gehan­delt hat, aber bis heute mit Ausnahme einer einzigen Bank alle nur in Warteposition sind. Wir wollen niemanden zwingen, es war ein Angebot der Politik: Wenn ihr Schwie­rigkeiten habt, stellen wir euch das zur Verfügung.

Ich muss ehrlich sagen – ich habe das schon im Ausschuss gesagt –, das liegt nicht an irgendwelchen Verzögerungen oder bürokratischen Belangen im Finanzministerium, sondern das liegt offensichtlich daran, dass zwischen den Banken das Vertrauen im­mer noch nicht vorhanden ist und auch Entscheidungen in den Banken zwischen den Organen, Vorstand, Aufsichtsrat, relativ lange dauern. Mir ist schon klar, dass viele sagen, die Voraussetzungen, die Bedingungen sind nicht attraktiv genug. Aber was ’s wiegt, das hat’s. Das Angebot der Politik liegt auf dem Tisch, die Banken können zu­greifen – zwingen werden wir sie aber nicht.

Noch ein Wort, meine Damen und Herren, zur Schuldenproblematik. Noch einmal: Ich bekenne mich dazu, ich habe auch mitgestimmt, ich werde auch bei der Steuerentlas­tung mitstimmen: Wir brauchen Konjunkturpaket 1, wir brauchen Konjunkturpaket 2, wir brauchen die steuerliche Entlastung. Diese drei Maßnahmen kosten 6 Milliarden €, die durchschnittliche Verzinsung der Staatsverschuldung liegt derzeit bei 4,22 Prozent. Das heißt, allein diese Maßnahme belastet uns in Zukunft jedes Jahr mit 250 Millio­nen € Zinsen; das sind in alten Schilling 3,5 Milliarden jedes Jahr nur für die Zinsen, um das zu finanzieren. Also da steckt, Herr Mag. Kogler, schon eine gewisse Dramatik drinnen, sosehr es notwendig ist, jetzt Geld in die Hand zu nehmen. Dazu bekenne ich mich nach wie vor, aber im Grunde müssten wir jetzt, und das wäre die Chance, aus­gabenseitig jene Strukturreformen durchführen, die die Ausgabendynamik bremsen, und zwar bei gleichzeitiger Qualitätssicherung.

Ich glaube, wir sind einer Meinung: Es ist immer viel leichter, sich darauf zu einigen, Geld auszugeben, als die Ausgabendynamik in jenen Bereichen zu bremsen, die be­sonders sensibel sind. Nützen wir aber diese Chance, ich lade auch die Opposition dazu ein. Ich werde – Mag. Kogler weiß das und die anderen auch –, ich werde wieder informelle Gespräche mit den Fraktionsführern im Finanzausschuss führen. Jede gute Idee, die von der Opposition kommt, greifen wir gerne auf. Ich gebe zu, Herr Mag. Kog­ler, natürlich ist es das Vorrecht der Opposition, alles zu kritisieren, alles besser zu


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wissen, aber ich lade Sie ein, Ihr Besserwissen dann durch konkrete Ideen und Kon­zepte auf den Tisch zu legen. – Ich danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP.)

14.27


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Weinzinger. Gewünschte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


14.27.49

Abgeordneter Lutz Weinzinger (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Gesetzliches Budgetprovisorium 2009, darum geht es im Endef­fekt. Klar, das ist eine Fortsetzung des Budgets, das wir für 2007 und 2008 hatten, klar, wir als Opposition haben uns das Budget anders vorgestellt, wollten andere Schwer­punkte setzen – wir können daher diesem Budgetprovisorium, obwohl es natürlich not­wendig ist, nicht zustimmen, aus Konsequenz nicht zustimmen.

Die einen sagen, es ist in Ordnung, die anderen sagen, da haben wir uns dieses oder jenes anders vorgestellt. So ist das in einer Demokratie, wo man ja verschiedene Mei­nungen haben kann und haben darf.

Ich muss Ihnen sagen, es macht mir keine Sorgen, dass wir ein Budgetprovisorium ha­ben. Es macht mir keine Sorgen, dass ÖVP und SPÖ sagen, das ist gut und großartig, und dass die Opposition oder wir auf jeden Fall sagen, das ist nicht gut. Aber Sorgen, echte Sorgen bereitet mir das, was seit Monaten über unseren Köpfen hängt. Ich bin nur ein kleines Mitglied des Budgetausschusses und des Finanzausschusses, aber ich sage Ihnen, es ist wirklich oft der Fall, dass ich in der Nacht aufwache und fast zittere (Abg. Großruck: Das ist das Alter!) – aufgrund von allen möglichen Informationen, die man bekommt, aufgrund von Meldungen, die man bekommt, wo man nur denken kann: Um Gottes willen, was sind das für Beträge!

Mein Vorredner, der geschätzte Abgeordnete Stummvoll, hat es gesagt: Bank Austria-Chef Erich Hampel, der im UniCredit-Konzernvorstand für Osteuropa verantwortlich ist, hat am Mittwoch einen international akkordierten Plan für Osteuropa eingefordert, um der Krise Herr zu werden. Was will er, was glaubt er, was wir brauchen? 400 Milliar­den sind nötig, ist heute auf der Homepage des ORF zu lesen. 400 Milliarden sind notwendig! Was sind das für Beträge? Und vor allem: Es hängen unsere Großbanken in diesem Osteuropa-Geschäft drinnen, das uns jahrelang als großartig, als prächtig, als wunderbar vorgejubelt wurde. Wir kennen sogar die Summen: ausstehende Kredite in der Höhe von 300 Milliarden Dollar, das sind 228 Milliarden €. – Das, meine Damen und Herren, macht mir Sorgen, das macht mich bange. Um Gottes willen, was ist denn da geschehen? Was sind denn das für Summen?

Im Jahre 1811 – das habe ich heute erfahren – hat der Staat Österreich das erste und das letzte Mal offiziell Staatsbankrott angekündigt, ausgerufen. Im Jahr 1811! Die da­malige Situation – wenn man sich in der Geschichte ein bisschen auskennt – ist be­kannt, aber wir sind ja auch knapp davor. Wo war denn da wirklich die Finanzmarktauf­sicht? Wo war denn das Instrument, das für unsere Banken und auch für Großbanken zuständig ist: die Nationalbank? Wie kann die Nationalbank prüfen, wenn etwa 30 Pro­zent der Nationalbank Eigentum der zu prüfenden Banken sind? Da stimmt doch etwas nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich bin kein Freund von Verstaatlichungen, wo immer man hinschaut, aber eine Natio­nalbank hat dem Staat allein zu gehören! Das müssten wir uns überlegen. (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.) Da müssen wir früher oder später hingreifen und Änderungen durchführen, damit die Männer und Frauen, die nach uns hier herinnen sitzen, nicht zit­ternd in der Nacht aufwachen müssen, weil sie – einige wenige, und ich bin überzeugt, die finden sich (in Richtung Regierungsparteien) in Ihren Kreisen, in Ihren Reihen über-


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all – die Verantwortung kaum mehr ertragen können. Ich möchte nicht in der Haut des Finanzministers stecken, ich möchte nicht in der Haut des zuständigen Staatssekretärs stecken, ich möchte nicht einmal in der Haut der Obleute des Budgetausschusses und des Finanzausschusses stecken. Mir genügt es schon, dass ich als kleines Mitglied dieser Ausschüsse diese Verantwortung mitzutragen habe.

Da müssen Sie wirklich hervorragende Arbeit, beste Arbeit leisten, und ich verspreche Ihnen, dass ich vonseiten der Opposition diese Ihre Arbeit in Zukunft mit meinen Freunden viel, viel genauer überprüfen werde, damit so etwas für die nächsten Gene­rationen nicht mehr geschieht. (Beifall bei der FPÖ.)

14.33


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. Gewünschte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


14.33.27

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, dass Kollege Weinzinger hier ein besonders düsteres Bild von den österrei­chischen Banken in Osteuropa gezeichnet hat. (Abg. Silhavy: Er hat das Parlament mit der Geisterbahn verwechselt! – Zwischenruf bei der FPÖ.) Man muss schon einmal eines klar feststellen: Es kommt doch in erster Linie darauf an, ob 400 Milliarden faule Kredite oder 400 Milliarden € für Investitionen in Infrastruktur in diesen Ländern ge­schaffen wurden. Wie wir wissen, wurde dort nicht mit diesen spekulativen Papieren gearbeitet, sondern wirklich in die Realwirtschaft investiert. Daher wird dieses Problem, so, wie es hier dargestellt wurde, nicht eintreten. (Abg. Dr. Haimbuchner: Es wird aber trotzdem jemand zurückzahlen müssen!) Das ist klar.

Das ist überhaupt die Frage. Da heute noch niemand weiß, wie viel an diesen faulen Volumina weltweit unterwegs ist, stellt sich die Frage – es diskutieren auch Experten in dieser Richtung –, ob es überhaupt Sinn macht, vom Staat den Banken immer wieder sozusagen frisches Kapital oder frische Darlehen zur Verfügung zu stellen (Abg. Dr. Haimbuchner: Richtig!), oder ob es nicht sinnvoller ist, einerseits die Einlagen zu sichern, aber andererseits auch die Entschuldung der Betriebe und Konsumenten fort­zuführen und somit bei den Banken wieder zu einer Eigenkapitalstärkung und zu einer kritischen Masse zu finden. (Abg. Dr. Haimbuchner: In die eigene Infrastruktur inves­tieren!)

Ich bin auch kein Experte, ich bin auch kein Volkswirt, aber ich bin überzeugt, dass hier in den nächsten Monaten und vielleicht auch in den nächsten Jahren intensive Debat­ten, wie man das Problem wieder in den Griff bekommen wird, stattfinden werden.

In diesem Sinne haben wir jedenfalls vorgesorgt, indem diese Bankenfinanzierung be­ziehungsweise Bankenkreditierung auch in diesem Budgetprovisorium vorgesehen ist. Ich glaube, wir werden in den nächsten Wochen schon erste, sehr konkrete Informa­tionen von den Banken bekommen, wie der Bedarf tatsächlich ist. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Lugar. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


14.35.44

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Jetzt weiß ich, warum die FPÖ nicht in die Regierung wollte: Ich glaube, man hat Rücksicht genommen auf Herrn Weinzinger und seinen Schlaf, dass er nicht seines Schlafes beraubt wird. (Beifall beim BZÖ.) Als Abgeordneter muss man das auf jeden


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Fall aushalten, dass es auch einmal schwierige Zeiten gibt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Haimbuchner.) Da muss man halt an entsprechenden Lösungen arbeiten. (Abg. Dr. Haimbuchner: Bei Ihrer Rede schläft man eh ein!) Spaß beiseite. (Abg. Dr. Haim­buchner: Das war nicht lustig!) Doch, sehr lustig sogar. (Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.) Beruhigen Sie sich wieder!

Herr Finanzminister Pröll hat im Ausschuss gesagt, dass es keinerlei Probleme gibt, wenn Wirtschaftstreibende Kredite wollen. Der Herr Finanzminister sieht da kein Pro­blem. Gestern bei Herrn Faymann hat das anders geklungen. Er hat wörtlich gesagt, es sei im Moment sehr schwierig, Kredite zu bekommen, speziell für KMUs. – Also wer von diesem dynamischen Duo hat jetzt recht? In diesem Fall hat der Herr Bundeskanz­ler recht. Das ist sehr wohl schwierig, ich habe das selbst erleben müssen. Ich bin letzte Woche in Niederösterreich bei einigen Betrieben gewesen, und die haben mir aus erster Hand berichtet, dass es sehr wohl schwierig ist, Kredite zu bekommen, und dass die Banken hier immer noch säumig sind.

Jetzt lautet die Frage: Woher kommt das? Warum geben die Banken keine Kredite? Warum geben die Banken österreichischen Firmen keine Kredite? Herr Hampel, seines Zeichens Vorstandsmitglied der UniCredit und gleichzeitig Bank Austria-Chef hat ge­sagt – ich zitiere wörtlich –:

Es müsse verhindert werden, dass Kapitalflüsse nach Osteuropa versiegen. UniCredit werde die Tochtergesellschaften in der Region weiter mit Geld versorgen, um die Kreditvergabe an dortige Unternehmen und Verbraucher aufrechtzuerhalten. – Zitatende.

Das heißt, Herr Hampel macht sich sehr große Sorgen um die Kreditversorgung im Osten. Also dort muss man schauen, dass die Kredite weiter fließen! Ich glaube, als Herr Pröll gesagt hat, die Kredite fließen an die Wirtschaft, hat er die im Osten gemeint und nicht die hier in Österreich. (Beifall bei der FPÖ.) Wahrscheinlich müssen die KMUs in Zukunft in Bukarest Kredite beantragen, dort bekommen sie sie wahrschein­lich leichter als hier in Österreich.

Die Financial Times Deutschland schreibt dazu – Zitat –: „Die Töchter ausländi­scher Banken“ im Osten „sind auf die Geldversorgung über ihre Muttergesellschaften angewiesen, da sie über vergleichsweise geringe Einlagen verfügen ...“

Was heißt das, meine Damen und Herren? (Abg. Dr. Haimbuchner: Wenig Einlagen!) Das heißt nichts anderes, als dass unsere Spareinlagen in den Osten wandern und dort den Konsum befriedigen. Und das ist genau das Problem. Das sind diese Blüten, die in den letzten zehn, fünfzehn Jahren im Osten gewachsen sind, und zwar wurde hier eine Immobilienblase mit unserem Geld finanziert. Wenn man sich die Immobilien­preise im Osten anschaut, muss man feststellen, sie haben sich verdreifacht in den letzten zehn Jahren. Und das war unser Geld! Mit unserem Geld hat man dort Immobi­lienpreise in immer höhere Unhöhen getrieben, wo keinerlei realer Wert dahinterstand. Und jetzt pumpen die heimischen Banken weiter Luft in diese Blase, um sozusagen ihr Versagen nicht publik werden zu lassen. – Das ist die Wahrheit. (Beifall beim BZÖ.)

Wir müssen in dieser Situation, wo es im Bankensystem an allen Ecken und Enden Probleme gibt, das Bankensystem ändern. Wir müssen es dahin gehend ändern, dass die Banken wieder in den Wirtschaftskreislauf investieren und nicht in abstruse Immo­bilienspekulationen, wo Wertsteigerungen von 30, 40 Prozent im Jahr stattgefunden ha­ben.

Die schlimmste Blüte, von der ich in den letzten Wochen gehört habe, ist Folgende: Es wird international angedacht, eine Bad Bank zu gründen. Eine böse Bank soll also gegründet werden, und diese böse Bank, um das einmal frei zu übersetzen, soll den


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kompletten Finanzmüll, diesen Finanz-Sondermüll übernehmen und in ihre Bücher nehmen. Und wer soll dafür haften? Was glauben Sie, wer soll dafür haften? – Der Steuerzahler, so wie immer! (Beifall beim BZÖ.)

Die Gewinne werden privatisiert, und die Verluste werden sozialisiert. So läuft das in unserem System. Das heißt, man bereichert sich an den Gewinnen, und wenn dann Verluste auftreten, dann läuft man zum Steuerzahler und sagt, bitte, mach deine Ta­schen auf. (Beifall beim BZÖ.)

Wir brauchen keine Bad Bank, wir brauchen eine Good Bank, wir brauchen eine gute Bank, eine neue Bank – die kann meinetwegen auch bei der Nationalbank angesiedelt sein –, die unbelastet von diesen Kreditleichen agieren kann, die mit frischem Geld ver­sorgt wird und die dazu verpflichtet wird, das Geld eins zu eins in die Wirtschaft zu ste­cken.

Das heißt, wenn wir schon die Banken unterstützen, dann nicht über die Umwege von irgendwelchen Spekulanten, wo das Geld dann versickert, sondern wir wollen, dass das Geld direkt in die Wirtschaft fließt. Und das geht nur über eine neu gegründete Bank, weil die alten Banken anscheinend zu stark durch diese faulen Kredite, durch diese Phantasie-Spekulationen belastet sind.

Eines ist auch ganz sicher: Wenn der Nebel dieser Finanzkrise sich gelichtet hat und wir einen klareren Blick auf die Situation haben werden, dann wird der Steuerzahler uns fragen: Wo sind meine Milliarden hingeflossen? Denn eines ist auch sicher: Die Milliarden, die wir hier in das Finanzsystem stecken und die versickern werden und nicht dort ankommen, wo wir sie haben wollen, das sind die Steuern von morgen, und dieses Geld wird den Österreichern dann in der Tasche fehlen. Dafür stehen wir vom BZÖ nicht zur Verfügung. (Beifall beim BZÖ.)

In diesem Zusammenhang bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein, der die Problematik der Fremdwährungskredite in Österreich noch einmal beleuchtet.

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Das Bundesministerium für Finanzen wird ersucht, einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch den das Bankenrettungspaket um Regelungen ergänzt wird, durch die Banken im Falle der Inanspruchnahme von Staatshilfen im Gegenzug verpflichtet werden kön­nen, im Bereich von Fremdwährungskrediten auf die Durchsetzung bestimmter Ver­tragsvereinbarungen wie Zwangskonvertierungen oder Sicherungserhöhungen für einen bestimmten Zeitraum zu verzichten.“

*****

Danke. (Beifall beim BZÖ.)

14.43


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhand­lung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bucher, Ing. Westenthaler, Windholz, Ing. Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend Modifizierungen des „Bankenrettungspaketes“ in Hinblick auf Fremdwährungskredite


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eingebracht in der Sitzung des Nationalrates am 22.01.2009 im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 4:

Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 314/A der Abgeordneten Jakob Auer, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem eine vorläufige Vorsorge für das Finanzjahr 2009 getroffen wird (Gesetzliches Budgetprovi­sorium 2009) (35 d.B.)

Mit dem vom Nationalrat beschlossenen „Bankenrettungspaket“ wurde eine staatliche Hilfsmaßnahme in einem Gesamtumfang von 90 Milliarden Euro für Banken und Ver­sicherungen geschnürt, was zur Stabilisierung des Finanzmarktes und zur Sicherung des österreichischen Wohlstandes notwendig war.

Im Rahmen der Vorverhandlungen des Bankenpaketes vertrat das BZÖ vehement die Ansicht, dass die Begünstigungen nur unter strengen Auflagen und Bedingungen ge­währt werden dürfen und präsentierte einen Abänderungsantrag, dessen Inhalt größ­tenteils in die §§ 2 Abs. 5 Finanzmarktstabilitätsgesetz und § 1 Abs. 4 Interbankmarkt­stärkungsgesetz Eingang gefunden hat. Rechtstechnisch wurde der Weg über eine Verordnungsermächtigung gewählt, um ein konkretes Regelwerk für die Inanspruch­nahme von Begünstigungen zu erreichen. Die Regelungen der Verordnungsermächti­gung sollten dazu dienen, einem verantwortungsvollen und objektiven Verordnungs­geber gewisse Zielvorgaben zu geben.

Die Idee zur Bindung der Begünstigungen an bestimmte Anforderung basierte insbe­sondere auf dem Gedanken, dass die Banken einen erheblichen Beitrag zur aktuellen Situation der Märkte geleistet haben und daher eine gewisse Mitverantwortung tragen, so dass sie umgekehrt bei Inanspruchnahme von staatlichen Begünstigungen auch ge­wisse Gegenleistungen und -pflichten erfüllen müssen. Zu bedenken ist auch, dass im Haftungsfalle letztlich Steuergelder und somit das Geld der Bürgerinnen und Bürger betroffen ist. Sicherzustellen ist daher, dass die Steuergelder treuhänderisch ausrei­chend geschützt werden.

Aktuell häufen sich Meldungen über Fremdwährungskredite, in denen Banken von Kreditnehmern aufgrund der veränderten Bedingungen im Zuge der Finanzkrise „neue“ Sicherheiten verlangen. Zudem wird in diesem Zusammenhang davon gesprochen, dass „Zwangskonvertierungen“ erfolgen. Bedenklich erscheint insoweit, dass mit der­artigen Maßnahmen der Banken existenzielle Folgen für die Kreditnehmer verbunden sein können, diese aber keine staatlichen Rettungsanker in der Art eines Bankenret­tungspakets zur Verfügung haben. Weiters profitieren die Banken von der Zwangslage der Betroffenen, indem „Umstellungs-Provisionen“ fällig werden und die Kreditzinsen nach Umstellung auf Eurokredite höher sind. Aufgrund dieser Tatsachen erscheint es angemessen, von den Banken Verantwortung auch im Bereich der Fremdwährungs­kredite einzufordern, soweit sie sich selber in der Lage als Forderungssteller befinden. Daher sind im Rahmen der Verordnungsermächtigungen der §§ 1 Abs. 4 Interbank­marktstärkungsgesetz und 2 Abs. 5 Finanzmarktstabilitätsgesetz Regelungen einzufü­gen, mit denen Banken verpflichtet werden können, bei Innanspruchnahme von Leis­tungen im Sinne der vorgenannten Gesetze im Bereich von Fremdwährungskrediten in zeitlicher Hinsicht zurückhaltend bei der Durchsetzung bestimmter Vertragsvereinba­rungen (z.B. Rechte auf zusätzliche Sicherheiten oder Zwangkonvertierungen) agieren zu müssen, soweit derartige Regelungen im Zuge der Finanzkrise schlagend geworden sind.

Aus den genannten Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden


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Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Das Bundesministerium für Finanzen wird ersucht, einen Gesetzesentwurf vorzulegen, durch den das Bankenrettungspaket um Regelungen ergänzt wird, durch die Banken im Falle der Inanspruchnahme von Staatshilfen im Gegenzug verpflichtet werden kön­nen, im Bereich von Fremdwährungskrediten auf die Durchsetzung bestimmter Ver­tragsvereinbarungen wie Zwangskonvertierungen oder Sicherungserhöhungen für einen bestimmten Zeitraum zu verzichten.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abge­ordneter Eßl. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


14.43.35

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr ge­ehrten Kolleginnen und Kollegen! Mit dem heutigen Beschluss wird sichergestellt, dass der Bundeshaushalt bereits in der neuen Kompetenzverteilung auf Grund des Bundes­ministeriengesetzes vollzogen werden kann. Bindende Grundlage für die Gebarung bildet das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2008 in der geltenden Fassung, das, wie gesagt, auf Grund der neuen Haushaltsreform jetzt auch schon umzusetzen ist.

Aus diesem Grund möchte ich noch einmal ganz kurz darauf eingehen und daran erin­nern, dass dieses neue Haushaltsrecht doch wesentliche Vorteile für die Vollziehung in den nächsten Jahren bringen wird und in Folge vor allem auch für die Wirtschaft durch erhöhte Flexibilität.

Anreize zur effizienten Mittelverwendung, bessere Planbarkeit, volle Rücklagenfähig­keit für Ressorts, freie Verwendung der Rücklagen für die Ressorts und keine Vorfinan­zierung für die Rücklagen, das sind wesentliche Punkte, die wichtig sind in der Umset­zung des Budgets.

Zweiter Punkt, den wir heute beschließen, ist das Bankenpaket. Ich würde es eigentlich lieber „Wirtschaftsbelebungsmaßnahme“ nennen, weil eben den Banken Geld zur Ver­fügung gestellt werden kann, wenn sie es anfordern, um ihr Eigenkapital zu stärken. Wir wissen, dass die Politik, Finanzminister Sepp Pröll und auch das Parlament sehr, sehr schnell gehandelt haben, als es darauf angekommen ist, etwas zu tun. Es sind 8 Milliarden aufgenommen worden, aber die Banken haben im vergangenen Jahr da­von nur 900 Millionen in Anspruch genommen.

Jetzt geht es darum, dass wir mit diesem Beschluss die Möglichkeit schaffen, dass die restlichen Mittel von diesen 8 Milliarden im Jahr 2009, wenn dies erforderlich ist, von den Banken auch entsprechend abgerufen werden können.

Wir wissen, das Paket war notwendig, wir wissen, ausgehend von einer unverantwortli­chen Politik in Amerika rund um die dortigen Investmentbanken gibt es auch Auswir­kungen auf die Wirtschaft in Europa. Es hat sich einmal mehr gezeigt, wie das mit einer Seifenblasen-Politik so ist, nämlich dass eine Seifenblase relativ rasch steigt und zu­nimmt und im Medienwald auch schön glitzern, aber auch sehr schnell zerplatzen kann, wenn sie zu hoch gestiegen ist. Darum halte ich es wie die ÖVP insgesamt, nämlich dass wir eine solide und nachhaltige Politik zum Wohle der Menschen machen müssen – und eben keine Seifenblasen-Politik.

Wenn ich sehe, dass zum Beispiel in Amerika für 2010 eine Neuverschuldung von 9 Prozent des Bruttoinlandsproduktes geplant ist, dann weiß ich nicht, was das in


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Folge noch bringen wird und ob wir dann nicht etwas erleben müssen, was uns allen nicht passt.

Noch einmal: Die Politik hat die Aufgabe, Vertrauen zu schaffen, die Wirtschaft zu stär­ken und den kleinen Sparern Sicherheit zu geben.

Ein Letztes noch: Es ist gestern der Wirtschaftsstandort Hallein mit seiner Papierfabrik angesprochen worden. Da stehe ich natürlich als Salzburger Abgeordneter voll hinter den Initiativen der Landespolitik, möchte aber auch darauf hinweisen, nicht nur die Pa­pierfabrik, sondern vor allem auch die Zellstoffproduktion gehört entsprechend abge­sichert. Das sollte uns in Salzburg auch entsprechend viel wert sein.

Stimmen wir also diesem Gesetzesantrag heute zu! Wir brauchen das, um eine gute Politik für die BürgerInnen in unserem Land zu machen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Themessl. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


14.47.38

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Mei­ne Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Staatssekretär Lopatka hat gemeint, wir stehen im Vergleich zu anderen relativ gut da, weil diese Regierung schnell und rasch gehandelt hat. Mit Ausnahme des Banken-Paketes muss ich Ihnen sagen, ich weiß nicht, was Sie unter schnell und rasch verstehen, denn das Konjunkturpaket 1, die so­genannte Mittelstandsmilliarde, kommt dort nicht an, wo sie hingehört, es verpufft – und das Konjunkturpaket 2 und die Steuerreform sind noch nicht beschlossen. Daher können Sie nicht davon reden, dass schnell und rasch gehandelt wurde.

Ich gehe noch ein auf einen meiner Vorredner, und zwar auf die Ausführungen des Ab­geordneten Kogler. Er hat nämlich vollkommen recht. Und zwar geht es hier um diesen Budgetpfad, den die Bundesregierung sich im Regierungsprogramm vorgenommen hat. Das ist okay so, aber dieser Pfad ist damals auf Grund von Zahlen und Prognosen aus dem Oktober des vergangenen Jahres erstellt worden. Wir schaffen mit diesem Budgetprovisorium, das wir logischerweise brauchen, damit das Ganze weitergeht, fast ein halbes Jahr. Laut Ihrem Zeitplan sollte das neue Doppelbudget Ende Mai erstellt werden.

Jetzt wäre das alles kein Problem, wenn das vorangegangene Jahr schlechter wäre als das Jahr 2009, aber es ist genau umgekehrt. Mit einem Budgetprovisorium tritt die so­genannte Zwölftelregelung in Kraft, und wenn die Ressorts, die ausgabenseitig im letz­ten Jahr relativ gut bedacht waren, jetzt im ersten halben Jahr dieses Budgetproviso­rium zur Gänze ausnützen, dann bleibt Ihnen viel zu wenig Spielraum, um für die not­wendigen Maßnahmen, wie zum Beispiel Konjunkturpaket 2 oder Steuerreform, welche Dinge auch immer auf uns zukommen werden, entsprechende Mittel freizusetzen. Das heißt, der Budgetpfad wird nicht halten.

Was mich schon wundert, ist, dass der Budgetpfad seitens des Finanzministers nicht revidiert wurde. Ausgegangen ist man bei der Erstellung des Budgetpfades von Zahlen aus dem Oktober, wo sowohl das Wifo als auch das IHS mit leichten Zuwachsraten im Wirtschaftsbereich gerechnet haben. Sowohl das Wifo als auch das IHS und in weite­rer Folge natürlich auch die EU-Kommission haben im Dezember und im Jänner diese Zahlen stark revidiert. Das heißt, es wurde klar, dass wir mit einer Rezession zu rech­nen haben, dass wir mit einem Rückgang der Wirtschaft zu rechnen haben – und Sie wollen Ihren Budgetpfad einhalten. Das ist ein lobenswertes Ziel, da gebe ich Ihnen schon recht, aber wenn Sie jetzt bei diesem Budgetprovisorium nicht aufpassen und sich ausgabenseitig voll auf das letzte Jahr verlassen und das Geld zur Gänze dort


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ausgegeben wird, wo es letztes Jahr vielleicht noch machbar war, dann nehmen Sie sich selbst einen Spielraum für das Doppelbudget der nächsten zwei Jahre, um diesen Budgetpfad einhalten zu können.

Wie Sie richtig erkannt haben, Herr Staatssekretär: Sie müssen mit diesen Dingen haushalten – und ich hoffe, Sie nehmen das selbst auch ernst. (Beifall bei der FPÖ.)

14.50


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Silhavy. Gewünschte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


14.50.48

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Das gesetzliche Budgetprovisorium 2009 ist unter allen Frak­tionen unbestritten. Zumindest ist dies so in der Ausschussdiskussion herausgekom­men. Deswegen wundere ich mich ein bisschen über die Wortmeldung meines Vorred­ners, der eigentlich der Vorlage entnehmen hätte müssen, dass es Bindungen bei den Ermessensausgaben gibt, die genau dem entgegenwirken, was er hier behauptet hat.

Alles in allem ist die Diskussion auch im Ausschuss so verlaufen, dass in erster Linie über das Bankenpaket diskutiert worden ist, das auch jetzt in der Plenardiskussion einen breiten Spielraum eingenommen hat. Und ich widerspreche allen, die behaupten, dass die Regierung hier nicht schnell genug gehandelt hätte. Die Regierung hat sehr schnell gehandelt, deswegen haben wir ja auf die EU-Bewilligungen warten müssen, um ein Beispiel zu sagen. Das zweite Beispiel, das hier nicht andiskutiert worden ist, aber ein wesentlicher Aspekt ist, ist die Änderung bei der Einlagensicherung, die ein ganz wichtiger Beitrag zur Sicherung und zur Stabilisierung genau in diesem Bereich gewesen ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Einen Punkt, den ich erwähnen möchte, ist der Faktor, dass wir viele Stabilisatoren haben, weil wir in Österreich ein sozialstaatliches System haben. Das wird immer wie­der unterschätzt. Ich glaube, man sollte jetzt die Gelegenheit hier ergreifen und auch auf den Stabilitätsaspekt des Sozialstaates hinweisen. Neben allen anderen Errungen­schaften, die wir durch ein sozialstaatliches System haben, verfügen wir gerade in kri­senhaften Zeiten über wertvolle Stabilisatoren, die andere Staaten nicht haben.

Besonders betonen möchte ich aber zwei Punkte, die mir besonders wichtig sind im Hinblick auf die Konjunktur beziehungsweise Konjunkturbelebung. Ein Punkt ist der Be­reich Tourismus. Wir haben im Tourismus rund 180 000 Beschäftigte, wir haben im Tourismus relativ viele Betriebe, die klein strukturiert sind, die im KMU-Bereich sind. Ich freue mich sehr, dass es gelungen ist, ein Sonderbudget 2009 für die Österreich Werbung zustande zu bringen, weil es mir ganz wesentlich erscheint, dass man nicht erst auf diesen Konjunkturabschwung reagiert, wenn er bereits da ist, sondern dass man diesem bereits im Vorfeld aktiv entgegentritt und so versucht, Konjunkturein­brüche im Tourismusbereich zu verhindern.

Besonders wichtig erscheint mir auch die Einführung der Mikrokredite für die Touris­mus- und Freizeitwirtschaft, denn damit erzielen wir auch hier besonders viele Be­schäftigungseffekte, und das zeigt genau die Zielsetzung dieser Bundesregierung, nämlich in erster Linie Maßnahmen zu ergreifen, um Arbeitslosigkeit bereits im Vorfeld zu bekämpfen beziehungsweise gar nicht zustande kommen zu lassen.

In diesem Zusammenhang darf man auch Maßnahmen wie die Flexibilität bei Kurzar­beitszeiten nicht unterschätzen; Kurzarbeit ist jedenfalls wesentlich besser als Arbeits­losigkeit. Wir würden uns wünschen, die Wirtschaft bräuchte diese Maßnahme nicht, aber hier ist rasches Handeln gefragt.


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Das alles zeigt eindeutig, dass der erste Gegner, den diese Bundesregierung hat – Bundeskanzler Faymann hat auch in dem Haus klare Aussagen diesbezüglich getä­tigt –, die Arbeitslosigkeit ist. Oberstes Ziel dieser Bundesregierung ist die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit oder von drohender Arbeitslosigkeit, und sie schafft Rahmenbedin­gungen, um Arbeitslosigkeit bestmöglich zu bekämpfen. Das, meine Damen und Her­ren, sind die wirklichen Aufgaben, vor denen wir stehen, und diese Bundesregierung nimmt diese Aufgaben ernst und wird sie mit aller Kraft erfüllen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.54


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Klikovits. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.54.47

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ge­schätzte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben von meinen Vorrednern zum Budgetprovisorium heute schon viel gehört und möglicherweise auch gelernt. Ich teile nicht die Ängste, die der Kollege Lutz Weinzinger hat. Schlaflose Nächte bereiten mir weder das künftige Budget noch die beiden vergangenen.

Wie Herr Staatssekretär Lopatka bereits ausgeführt hat, haben wir in einer wirklich sehr schwierigen Situation der Krise, die weltweit auch auf uns hereingebrochen ist, mit geeigneten Maßnahmen bereits entgegengewirkt. Das Bankenpaket ist zweifelsfrei eine dieser wichtigen Maßnahmen, auch wenn die Mittel, aus welchen Gründen auch immer, von den Banken noch nicht in dem Ausmaß in Anspruch genommen wurden, wie diese von uns vorgesehenen 8 Milliarden vermuten ließen. Aber es ist wichtig, dass wir mit diesem Bankenpaket und auch den konjunkturbelebenden Maßnahmen jetzt der österreichischen Wirtschaft signalisieren, tatsächlich auch Arbeitsplätze zu si­chern, und dass wir das sehr ambitionierte Programm, das sich die Bundesregierung für die nächsten Jahre vorgenommen hat, auch tatsächlich umsetzen. Das Budgetpro­visorium ist ein notwendiger legistischer Rahmen, der jetzt einmal das Wichtigste er­laubt und ermöglicht.

Aber gestatten Sie mir, geschätzte Damen und Herren, doch auch ein positives Bild
in diese doch etwas düstere Diskussion, die manchmal hier geführt wird, zu brin-
gen. Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen, unter denen dieses Budget zu erstel­len ist, hat die Bundesregierung wichtige Maßnahmen angekündigt, die sie auch um­setzen wird, wie zum Beispiel die Entlastung unserer Familien, die Entlastung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land im Rahmen der Steuerreform. 160 000 Menschen zusätzlich in diesem Land werden durch diese Steuerreform unter der Steuerfreigrenze liegen und somit keine Steuern zahlen.

Viele andere Maßnahmen mehr werden im Rahmen des zu erstellenden Budgets, das, wie gesagt, eine sehr schwierige Sache sein wird und auch keine großen Sprünge zu­lassen wird, dazu beitragen, dass wir den Staatshaushalt weiterhin stabil halten wer­den können, um eine gute und soziale Politik in diesem Land auch künftighin zu er­möglichen.

Ich persönlich bedanke mich beim Herrn Staatssekretär und vor allem auch bei un­serem Finanzminister und bin froh darüber, dass der „Nährvater Josef“ garantiert ein tolles Budget für die nächsten zwei Jahre erstellen wird, damit der Kollege Weinzinger und alle anderen Pessimisten in Zukunft besser schlafen werden können. (Beifall bei der ÖVP.)

14.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kirchgatterer. Gewünschte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 



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14.58.20

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! In einer wirtschaftlich angespannten Situation, in einer wirtschaftlich angespannten Lage gilt es in der Haushaltspolitik, in der Budget­politik die Kräfte zu bündeln, Schwerpunkte festzulegen und Prioritäten zu setzen.

Kollege Themessl hat darauf hingewiesen, dass die Steuerreform noch nicht beschlos­sen ist. Die Steuerreform ist ein wesentlicher Punkt der Steuer- und Budgetpolitik, und Sie können sicher sein, es wird eine Steuerreform kommen, die die niedrigsten Ein­kommen entlastet, Geld, das direkt in den Konsum geht. Und zum anderen wird es eine Steuerreform für den Mittelstand sein. Für uns ist der Mittelstand sehr wichtig, wir wollen keine Gesellschaft mit wenigen Reichen und vielen Armen, wir brauchen einen starken Mittelstand, und daher sind wir für diese Steuerreform.

Die Steuerreform wird auch eine Steuerreform für die Klein- und Mittelbetriebe, für die Ein-Personen-Unternehmungen sein. Diese werden entlastet, es werden die Investitio­nen gefördert, und die Chancengleichheit, die Steuergerechtigkeit im Vergleich zu den Großunternehmen wird verbessert. Zudem wird die Steuerreform mit 1. Jänner heuri­gen Jahres rückwirkend in Kraft treten und daher den Menschen rasch zugute kom­men. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Völlig anders und völlig kontraproduktiv hingegen waren die Vorschläge, die Ankündi­gungen der Post AG, Schließungen vorzunehmen und Massenkündigungen auszu­sprechen. Ich bin sehr froh darüber, dass Bundeskanzler Werner Faymann dies ge­stoppt hat und dass Bundesministerin Doris Bures aus ganzer Überzeugung hinter seiner Vorgangsweise steht.

Es gibt Beispiele, wo das Postmanagement in ganz provokanter Form, besonders dreist gegen die Interessen der Postkunden vorgeht. Ich darf dafür ein Beispiel brin­gen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, es ist 15 Uhr. Es bleibt Ihnen überlassen, Ihre Rede jetzt mit einem Schlusssatz zu beenden oder nach den beiden Kurzdebatten Ihre Rede fortzusetzen. Was ist Ihnen lieber? Unterbrechen Sie Ihre Rede und setzen Sie Ihre Ausführungen nachher fort?

 


Abgeordneter Franz Kirchgatterer (fortsetzend): Sind mir zwei Sätze gestattet?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Leider nur einer.

 


Abgeordneter Franz Kirchgatterer (fortsetzend): Ich möchte nur noch sagen: Ich habe hier einen Aushang, der befindet sich auf dem Postamt 4606 Wels-Pernau, und da wird darauf hingewiesen, dass die Postkunden eines Stadtteiles mit 12 000 Einwoh­nern, wo es viele Industrie- und Gewerbebetriebe mit vielen Mitarbeitern gibt, fortge­schickt werden, um ihre eingeschriebenen Postsendungen, Behördenbriefe und Pakete woanders abzuholen. Ich fordere die Verantwortlichen auf ...

15.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: So, Herr Abgeordneter, das war der Satz, der noch erlaubt war. Mehr kann ich nicht zulassen, denn wir müssen Punkt 15 Uhr die Verhandlungen zu diesem Tagesordnungspunkt unterbrechen. Ich gehe davon aus, dass Sie Ihre Rede nach den beiden Kurzdebatten fortsetzen werden.

(Beifall bei der SPÖ für den das Rednerpult verlassenden Abg. Kirchgatterer.)

15.02.01Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 182/AB

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Aufgrund der Bestimmungen des § 57b Abs. 5 der Geschäftsordnung in Verbindung mit § 60 Abs. 3 gelangt zunächst die Kurzdebatte


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über die schriftliche Anfragebeantwortung 182/AB auf Verlangen der Abgeordneten Grosz, Kolleginnen und Kollegen vor der Kurzdebatte über die schriftliche Anfragebe­antwortung 175/AB auf Verlangen der Abgeordneten Dr. Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen zum Aufruf.

Somit gelangen wir nun zur kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung des Bun­deskanzlers mit der Ordnungszahl 182/AB. Die erwähnte Anfragebeantwortung ist be­reits verteilt worden, sodass sich deren Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei dem Erstredner zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zukommt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten StaatssekretärInnen sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Ich ersuche nun Herrn Abgeordneten Grosz als Antragsteller des Verlangens, die De­batte zu eröffnen. Noch einmal: Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

 


15.03.30

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich darf eingangs gleich einmal feststellen: Es ist schon sehr eigenartig, dass, wenn sich eine Bundesregierung gegenüber dem Parlament wegen Reisekosten in der Höhe von 3 Millionen € zu verantworten hat, einmal mehr der „Geheim-Bundeskanzler“ dieser Republik, Herr Ostermayer, anwesend ist, anstatt dass sich der wahre Bundeskanzler, nämlich jener, der angelobt worden ist, hier der Verantwortung stellt und Rede und Antwort steht für Reisekosten, die in der Geschichte der Zweiten Republik einmalig waren. (Beifall beim BZÖ.)

Sharm El-Sheikh dürfte Ihnen bekannt sein, Nizza einigen von uns, viele können sich das nicht leisten, Südafrika oder Südamerika möglicherweise. Der Abgeordnete Cap besuchte – sicherlich auf ideologischen Dienstreisen – Los Angeles und Singapur. Es ist im Jahr 2008 kaum ein Tag vergangen, wo nicht uns Österreicherinnen und Ös­terreichern Mitglieder der Bundesregierung aus dem Flugzeug gewunken haben. Es
ist kaum ein Tag vergangen, wo sich nicht die gescheiterte Bundesregierung über schlechte Umfragewerte, über Streit, über Stillstand in einem der Luxusorte dieser Welt vergnügt und darüber hinweggetröstet hat.

Es ist, glaube ich, im Jahr 2008 kaum ein Ort auf dieser Welt nicht von den ehemaligen und auch nunmehrigen Mitgliedern der österreichischen Bundesregierung sozusagen heimgesucht worden. Das Jahr 2008 war geprägt von Streit und Stillstand in Österreich und von der Heimsuchung des Auslandes.

Das alles wäre durchaus erklärbar, wenn Sie Ihre Quietschenten einpacken würden und irgendwo auf Sommerurlaub fahren und sich wochenlang entspannen würden. Das würde Ihnen niemand übelnehmen. Nur: wir diskutieren hier und heute über Steuer­geld! Wunderschöne Orte auf der Welt, herrliches Wetter, tagelange Aufenthalte, tage­lange nutzlose Aufenthalte, staatspolitisch kaum begründbare Auslandsreisen, Lear­jets: Das alles, damit man sich ein wenig an „Denver Clan“ und „Dallas“ erinnert und damit man auch als österreichisches Regierungsmitglied einen Learjet besteigen kann. Einladungen wurden ausgesprochen auf Steuerzahlerkosten an befreundete Unterneh­mer, an Lebenspartnerinnen und Lebenspartner, an Journalisten, an eine riesen En­tourage, die man quasi auf Steuerzahlerkosten mitgenommen hat.

Sehr geehrte Damen und Herren von der Sozialdemokratie, aber auch die Restbestän­de von der Österreichischen Volkspartei, die sich in diesem Saal noch versammelt ha­ben, was Sie aber vergessen, ist Folgendes: Es ist das Geld der Österreicherinnen und


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Österreicher, das hier ausgegeben wird, es ist das Geld der Steuerzahler, das Geld jener Menschen, denen die vorhergehende Bundesregierung erklärt hat und denen auch die nunmehrige Bundesregierung erklärt, dass sie Geld für sinnvolle Projekte un­seres Landes nicht hat.

Lesen Sie den Armutsbericht, der vor drei Wochen erschienen ist! Lesen Sie den Be­richt des Sozialministeriums zur Lage von Menschen mit Behinderungen in Österreich! Vergegenwärtigen Sie sich noch einmal die Diskussion, wo es darum geht, dass Sie von 4 500 Familien in diesem Land Kindergeldrückzahlungen in einer unsozialen Art und Weise einfordern! (Beifall beim BZÖ sowie Rufe: Ein Skandal!)

Vergegenwärtigen Sie sich Ihr eigenes Scheitern über den Zeitraum von einem Jahr, und zwar sozialpolitisch und wirtschaftspolitisch, und führen Sie sich die Summe von 2 808 377 € vor Augen! Für jene, die es mit dem Euro nicht so haben, noch einmal in Schilling: 38 600 000 S an Steuergeld allein für Reisen von Regierungsmitgliedern, Staatssekretären und ihrer Begleitung! Und da ist noch nicht einmal die Beamtenschar, die wir täglich nach Brüssel im sogenannten „Leukoplastbomber“, dem Linienflug zwi­schen Brüssel und Wien, hin und her karren, mit eingerechnet. Nein, diesen Betrag verschlangen allein die Auslandsdienstreisen der Mitglieder der Bundesregierung. Das ergibt für das Jahr 2008 pro Mitglied der Bundesregierung die unglaubliche Zahl von 140 000 €. Dieser Betrag wurde pro Mitglied der Bundesregierung, egal, ob Staatsse­kretär oder Minister, im Jahr für Auslandsdienstreisen verschleudert. Oder, um es noch deutlicher zu sagen: Allein für die Auslandsdienstreisen der Bundesregierung verplem­pert man, verschleudert man am Tag 7 693 €. (Rufe beim BZÖ: Unglaublich!)

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist ein Sinnbild der ehemaligen Bundes­regierung und der jetzigen Bundesregierung und ihres Umganges mit Steuergeld! (Bei­fall beim BZÖ sowie Rufe: Unglaublich!)

Es ist ein Sinnbild des Grauens, ein Sinnbild der Verschwendung, und es ist, um mit den Worten von Alfred Gusenbauer zu sprechen, die Verluderung der Sitten! Ja, neh­men Sie es zur Kenntnis: Sie, die so im vorigen Jahr in die Taschen der Steuerzah­lerinnen und Steuerzahler gegriffen haben, sind die Fleisch gewordene Verluderung der Sitten! (Beifall beim BZÖ. – Öh-Rufe bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wenn man sich die Anfragebeantwortung durchliest und sich die Details genauer an­schaut, dann könnte man fast meinen, dass in der vorhergehenden Bundesregierung und in der jetzigen Bundesregierung die Hottentotten gehaust haben beziehungsweise hausen, dass Sodom und Gomorrha ausgebrochen ist, wenn es darum geht, Steuer­geld beim Fenster hinauszuschmeißen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ohne Scham, ohne Moral, ohne Anstand wurde in die Taschen der Steuerzahler ge­griffen, um Luxusreisen für die Mitglieder der Bundesregierung zu finanzieren, um die Entourage zu befriedigen. Ich kann heute schon feststellen, auch weil Klubobmann Cap als Nächster reden wird, wahrscheinlich das vierzigste Jahr in Serie zum gleichen Thema, immer in unterschiedlichen Funktionen: Alle vorhergegangenen Bundesregie­rungen waren volkstümlich gesagt ein Lercherl dagegen! Ich hoffe, Sie verstehen, was ein Lercherl ist. Also kommen Sie gar nicht hier heraus, um aus den acht Jahren der Regierung Schüssel et cetera irgendwelche Rechnungen herauszuzaubern! Die waren ein Lercherl dagegen.

Wir stellen hier im Parlament fest: Es ist einzigartig in der Geschichte der Zweiten Re­publik, wie seitens Gusenbauer, Faymann, Molterer und Pröll mit Steuergeld umgegan­gen worden ist! Dass die Außenministerin dabei Spitzenreiterin war, ist noch erklärbar, weil sie ja Österreich im Ausland vertritt, und da kann sie ja nicht die Maulwurfshügel der Steiermark bereisen. Das verstehen wir schon, dass sie diplomatische Kontakte pflegen muss.


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Aber dass der Bundeskanzler der Republik Österreich, Herr Gusenbauer, der einein­halb Jahre hindurch durch Stillstand, durch Streit, durch Barolo-Verkostungen und durch Verwechslung von Barroso mit Barolo geglänzt hat, die unglaubliche Summe von 855 000 € für seine Reisen nach Südamerika, Mexiko et cetera aufgewendet hat, ist für niemanden erklärbar.

Dass ein Verteidigungsminister, der hier in diesem Land das Heereswesen zu organi­sieren hat, hier in diesem Land für die Sicherheit unserer Heeresangehörigen zu sor­gen hat, für Dienstreisen immerhin noch die erkleckliche Summe von 163 000 € sozu­sagen beim Kamin hinausgeheizt hat, ist durchaus eigenartig. Ich habe daher den Ein­druck – und diesen Eindruck teilen mit mir viele Österreicherinnen und Österreicher –, dass offensichtlich die Mitglieder der Bundesregierung ihre eigenen persönlichen Defi­zite mit Auslandsreisen ausgeglichen haben.

Dieses psychologische Phänomen kennen wir auch bei Käufen von übergroßen Autos, wo man offensichtlich eigene Defizite auszugleichen versucht. Das ist alles schön und gut, aber: Die Österreicherinnen und Österreicher, die so ihre Defizite ausgleichen, zahlen sich wenigstens ihre Autos oder ihre Reisen selbst. – Ihnen, sehr geehrte Da­men und Herren, wurden sie aber vom Steuerzahler bezahlt! (Beifall beim BZÖ.)

Unabhängig davon, dass Gusenbauer, Darabos und wie sie alle heißen, Spitzenreiter bei Auslandsdienstreisen waren und auch solche angeordnet haben, ist es doch eine Neuigkeit, dass die Bundesregierung einfach hergegangen ist und sogenannte amts­fremde Personen nicht nur zu ihren Reisen eingeladen hat – was ja an sich noch er­klärbar wäre, weil es ja sinnvoll ist, dass etwa Fachleute bei Wirtschaftsdelegationen mitfahren, um Unternehmenskontakte im Ausland zu knüpfen –, sondern es auch ge­stattet hat, dass diese amtsfremden Personen auf Kosten der Republik Österreich für Kost und Logis dort in der Gegend herumgefahren sind. (Abg. Mag. Stadler: Da schau her!)

Allein für die Einladung, die an amtsfremde Personen durch die österreichische Bun­desregierung ausgesprochen wurde, wurde Steuergeld in der Höhe von 721 411 € auf­gewendet. Aber es ist kein einziger Rückzahlungsbeleg zu finden. Es gab keine einzige Rückforderung an einen Unternehmer oder an einen Journalisten. (Abg. Ing. Westen­thaler: Unglaublich!) Es gab keine einzige Privatbeteiligung einer Lebenspartnerin/ei­nes Lebenspartners. Es gab auch keine einzige Rückzahlung eines Freundes, der im argentinischen Parlament, offensichtlich vom Rotwein „geschwängert“, über die öster­reichische Innenpolitik philosophiert hat. (Abg. Großruck: Wer war das?)

Das ist das, was wir kritisieren, sehr geehrte Damen und Herren: dass Sie bei Ihrer Reisepolitik nicht einmal in der Lage waren, auf das österreichische Steuergeld zu schauen, wenn es darum gegangen ist, amts- und ressortfremde Personen auf das goldene VIP-Sitzchen im Learjet einzuladen! (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glo­ckenzeichen.)

Auf diese Fragen möchten wir eine Antwort haben, und ich komme daher zu den vier kurzen Punkten, Frau Präsidentin.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nein, Herr Abgeordneter, Sie kommen nicht mehr zu den vier kurzen Punkten, weil die 10 Minuten Ihrer Redezeit abgelaufen sind.

Es tut mir leid, diese 10 Minuten Redezeit sind bindend und nicht variabel interpretier­bar. (Abg. Grosz: Einen Satz noch?) Einen Satz lasse ich noch zu.

 


Abgeordneter Gerald Grosz (fortsetzend): Daher die Frage: Wer sind diese amts­fremden Personen? Und: Werden Sie dafür Sorge tragen, dass in Zukunft die Reise­kosten von solchen Personen zurückerstattet werden und dass klare Richtlinien für Auslandsdienstreisen der Mitglieder der Bundesregierung gelten, so wie für jeden Be-


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amten dieses Landes auch? – Danke. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Zur Geschäftsordnung! Ein Antrag!)

15.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es gibt einen Antrag zur Geschäftsordnung. –Bitte, Herr Klubobmann. – Nicht „Herr Klubobmann“, sondern: Herr Abgeordneter. (Abg. Ing. Westenthaler: Es war halt die Gewohnheit!)

 


15.14.38

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr ge­ehrte Frau Präsidentin! Es fällt den ganzen Tag bereits auf, mit welcher Despektierlich­keit diese Bundesregierung das Parlament behandelt, indem bei keinerlei der wichtigen Debatten in den vergangenen Stunden Minister oder der Bundeskanzler hier anwesend waren, auch nicht bei dem wichtigen Gesetz, mit welchem die Ministerien neu eingeteilt werden.

Offensichtlich hat diese Bundesregierung einen „Parlamentsstaatssekretär“, der immer dann entsandt wird, wenn man glaubt, dass es genügt, dass man sich hier im Parla­ment hersetzt und ein bisserl zuhört. Das geht nicht, meine Damen und Herren!

Diese Anfragebeantwortung betrifft den Bundeskanzler. Sie ist ein Skandal sonderglei­chen, weil sie nicht korrekt beantwortet worden ist, und sie betrifft, wie heute unser Redner ausgeführt hat, sogar Privatpersonen, die bei Reisen der Bundesregierungs­mitglieder dabei waren.

Der Herr Bundeskanzler findet es aber nicht der Mühe wert, hier zu erscheinen.

Wir stellen daher laut § 18 Abs. 3 der Geschäftsordnung den Antrag, dass der Bun­deskanzler hier an dieser Sitzung teilnehmen muss, und ich ersuche, darüber gleich abzustimmen. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

15.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann Dr. Cap zur Geschäftsord­nung. – Bitte.

 


15.15.41

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich sehe das durch die Geschäftsordnung nicht gedeckt. Der Herr Bundeskanzler ist ja vertreten durch den Herrn Staatssekretär. (Abg. Ing. Westenthaler: Man kann ihn jederzeit herbeischaffen! Ich habe den Antrag dazu gestellt!) Daher ist diese Abstimmung meiner Auffassung nach nicht zulässig. – Punkt eins. (Abg. Ing. Westenthaler: Der Antrag ist selbstver­ständlich zulässig! § 18 Abs. 3 GOG!)

Punkt zwei: Es bleibt Ihnen natürlich unbenommen, eine Geschäftsordnungsdebatte zu missbrauchen, um eine politische Debatte zu führen. Wir haben nämlich hier jetzt ohnehin eine Kurzdebatte, wo wir in aller Ruhe all die Fragen, die Sie angesprochen haben, aufarbeiten und diskutieren können.

Das Einzige, was ich mir gewünscht hätte, ist ein wirklich sachlicher Diskussionsbei­trag, mit dem man auch etwas hätte anfangen können, aber das müssen Sie dann mit Ihrem Redner, der vorhin gesprochen hat, besprechen. (Abg. Mag. Stadler: Geh bitte, das ist jetzt eine Rede!)

Ansonsten ist zu sagen: Es ist dieses Parlament selbstverständlich verpflichtet, ord­nungsgemäß diese Kurzdebatte wie geplant hier durchzuführen (Abg. Ing. Westen­thaler: Sie sollten einmal die Geschäftsordnung lernen, Herr Abgeordneter Cap! Unser Antrag ist selbstverständlich zulässig!), wo wir uns mit den einzelnen Punkten, die Sie


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hier angesprochen haben, auch auseinandersetzen wollen. Wir werden uns mit Sicher­heit damit auch auseinandersetzen.

15.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich weiters Herr Klubobmann Kopf zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.16.49

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Kollege Westenthaler, selbstverständlich ist Ihr Antrag nach der Geschäftsordnung zulässig. (Abg. Ing. Westenthaler: Aber das weiß der Klubobmann Cap nicht!) Ich nehme auch nicht an, dass das formal bestritten wird. (Abg. Ing. Westenthaler: O ja, Klubobmann Cap hat das gerade formal bestritten! Er hat noch nicht die Geschäftsordnung gelernt!)

Tatsache ist, dass der Staatssekretär des Bundeskanzleramtes in Vertretung des Herrn Bundeskanzlers hier anwesend ist. Das ist eine Usance. Diese Möglichkeit der Vertretung des Herrn Bundeskanzlers gibt es. (Abg. Ing. Westenthaler – in Anbetracht dessen, dass immer mehr Abgeordnete wegen der anstehenden Abstimmung in den Sitzungssaal kommen –: Holt die Leute herein! Schnell, schnell!) – Durch Ihre Zwi­schenrufe dauert es nur noch länger.

Wie gesagt, das ist eine Möglichkeit der Vertretung des Bundeskanzlers, die selbstver­ständlich besteht. Der Herr Bundeskanzler hat eine Vielzahl von Terminen wahrzuneh­men, und daher wird ihm ein Staatssekretär beigegeben.

Wir haben heute als ersten Tagesordnungspunkt das Bundesministeriengesetz behan­delt und wissen, dass an dieser Vertretung nichts auszusetzen ist. Aber dieser Antrag ist ein Gag, eine Aktion von dir, Herr Kollege Westenthaler, wie wir sie ja schon in viel­facher Form kennen. Selbstverständlich werden wir diesen Antrag ablehnen, denn der Herr Staatssekretär vertritt das Bundeskanzleramt hier bestens und wird das, nehme ich an, auch weiterhin tun. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Der sitzt bestens!)

15.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich lasse nun über den gestellten Antrag auf Herbeischaffung des Herrn Bundeskanzlers abstimmen.

Wer diesem Geschäftsordnungsantrag zustimmt, den ersuche ich um ein entsprechen­des Zeichen. (Abg. Ing. Westenthaler: Die Stimmen zählen!) – Dieser Antrag ist abge­lehnt. Es sind 53 Pro-Stimmen und bedeutend mehr Contra-Stimmen.

*****

Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Dr. Cap zu Wort. – Bitte.

 


15.20.08

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich muss wirklich fragen: Was ist der Hintergrund dieser Kurzdebatte seitens des BZÖ? Sollen Regie­rungsmitglieder nur mehr zwischen Wien und Graz oder Wien und Klagenfurt pendeln und überhaupt nicht mehr ins Ausland fahren, das Ausland meiden, weil ja dort das Böse und das Schlechte angesiedelt ist? – Die Tätigkeit einer Bundesregierung noch provinzieller anzulegen, als Sie das gerade tun, in einer Zeit der internationalen, der europäischen, der weltweiten Vernetzung, ist ja nicht möglich. Das ist unfassbar, Sie disqualifizieren sich ja selbst. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)


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Daran kann auch der ungelenke Büttenredner aus Graz nichts ändern, der immer nach vor kommt und versucht (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP), die Sache mit irgendwel­chen absurden Argumentationen zu begründen.

Ich werde jetzt ein bisschen Nachhilfeunterricht geben, denn der Grazer Gemeinderat mit seiner verantwortungsvollen Tätigkeit ist eine Sache, hier im Nationalrat werden jedoch die Tätigkeiten der Bundesregierung diskutiert. Ich möchte Ihnen das doch nicht verheimlichen – offensichtlich war ja die Einschulung im BZÖ-Klub nicht ausreichend, um mit dieser Sache umgehen zu können. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie müssen ein­mal die Geschäftsordnung lernen, bevor Sie da reden! Seminar! – Abg. Grosz: Ich war fünf Jahre Mitarbeiter einer Bundesregierung!)

Sie müssen sehen, dass die Bundesregierung Österreich zu vertreten hat, zum Bei­spiel in der Europäischen Union – Sie sollten ja wissen, dass wir Mitglied in der Euro­päischen Union sind. Das sollten Sie für die nächste Rede mitschreiben, damit Sie das voll drauf haben, und in Ihren Chip einbrennen. (Abg. Grosz: Ich gebe Ihnen am bes­ten eine Einschulung!)

Das Zweite ist: Wenn es eine UNO-Generalversammlung gibt, kann es durchaus sinnvoll sein, dass ein Regierungschef dort anwesend ist. Denn es gibt, wie Sie
wissen sollten, die UNO, und in dieser UNO ist Österreich Mitglied. – Mitschreiben:
M, I, T, G, L. – Daher wäre es wichtig, dass Sie wissen, dass das durchaus gängig ist.

Weiters ist ganz entscheidend: Es gibt die OSZE – O, S, Z, E, wieder mitschrei-
ben, das ist wichtig, denn Sie haben ja keine Unterlagen, Sie verhungern ja geistig in der BZÖ-Fraktion, daher brauchen Sie jetzt Unterricht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Ein bisschen kräftiger! Ein paar Kraftausdrücke brauchen wir! Ein bisschen tiefer!)

Das Nächste ist: Es ist sehr wichtig, dass es wirtschaftliche Beziehungen gibt. Wirt­schaftliche Beziehungen sind einmal auf rein privatwirtschaftlicher Ebene – ein Unter­nehmer reist in ein anderes Land zu einem anderen Unternehmer und macht ein Ge­schäft, oder er macht es online; für jene, die schon etwas fortschrittlicher unterwegs sind. Eine andere Möglichkeit ist, eine Regierung, ein Regierungsmitglied, der Bundes­kanzler fährt in ein Land – zum Beispiel nach Argentinien, nach Chile –, in dem es eine Wirtschaft gibt, und es gibt Interesse, die Wirtschaftskontakte anzukurbeln. Wenn das von einem Regierungschef, von einer Delegation offiziell unterstützt wird, ist das natür­lich eine großartige Sache.

Herr Kollege, man macht also eine Reise, man plant sie, man fährt dorthin, es gibt eine große Wirtschaftsdelegation – ich habe sogar die Liste von der einen großen Delega­tion mit, wo sehr anerkannte Personen, das Who’s who der österreichischen Unterneh­men, der Banken gemeinsam mit dem Bundeskanzler dorthin gefahren sind. Und was machen die dort? – Die versuchen, dort Wirtschaftskontakte aufzunehmen. Warum? – Damit es Aufträge gibt. Wenn es Aufträge gibt, dann gibt es hier Produktion. Wenn es Produktion gibt, dann gibt es Arbeitsplätze, dann werden Produkte hergestellt, die ihrerseits wieder verkauft werden müssen. (Abg. Grosz: Dann sollen sie es aber zah­len! Wenn sie ein Geschäft machen, sollen sie es zahlen!)

Nein, nein, das ist wichtig! Da haben Sie ein echtes Problem, weil Sie mit dem nicht ganz zurande gekommen sind, nämlich wenn es um die Beschreibung all dieser Rei­sen, die Sie hier angesprochen haben, gegangen ist. Diese Reisen sind, wie ich meine, von wirklich größter Bedeutung. Da kann es natürlich auch Reisen in Länder geben, die besondere Entwicklungen durchmachen wollen und in die man extra deswegen fährt. (Abg. Grosz: Dazu haben sie den Herrn Gusenbauer gebraucht?!) Das kann teil­weise in Lateinamerika, teilweise in Afrika sein. Es gibt auch Delegationen, wo Regie­rungsmitglieder mitfahren – der Wirtschaftsminister.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 150

Aber der Reise-Kaiser überhaupt seit 1945 war Ihr Hubert Gorbach. Das war der Rei­se-Kaiser! (Beifall bei der SPÖ.) Der ist landauf, landab in der Gegend umhergefahren, weil er einen Job gesucht und keinen gefunden hat. Dann hat er eben versucht, einen Brief aufzusetzen, damit er einen Job findet; das ist das Problem. Und Gorbach hat das Reisen nichts geholfen, es war sogar kontraproduktiv (Abg. Grosz: Aber die Reisen haben sie sich selbst bezahlt! Da war er nicht mehr im Ministerium, die hat er sich selbst bezahlt! Ihr greift in die Taschen der Steuerzahler!), denn wenn die Ihren Hubert Gorbach kennengelernt haben, haben sie alle die Luken dicht gemacht, haben sofort Warn-Telexe weggeschickt und gesagt: Achtung, wenn ein gewisser Vizekanzler Gor­bach kommt, sofort die Türen schließen, der will einen Job, der will eine „Hack’n“ ha­ben, lasst ihn nicht herein! – Das war der Reise-Kaiser! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich finde, es ist mutig, dass Sie hier herauskommen und hier Vorträge halten. (Abg. Grosz: Das ist sehr mutig, dass man nicht einmal ...!) Also: Zurück ins Kisterl und von vorne anfangen! (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

15.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Staatssekretär Dr. Ostermayer. Ich mache darauf aufmerksam: Die Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler – in Richtung Staatssekretär Dr. Oster­mayer –: Welche Freundinnen sind denn da ...?)

 


15.25.35

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! (Abg. Ing. Westenthaler: Welche Lebensgefährtinnen waren denn das, die 78, die da mitgefahren sind?) Ich möchte überhaupt nicht auf die Polemik eingehen, sondern nur ein paar Anmerkungen zur Sache selbst machen. (Abg. Ing. Westenthaler: Da muss ja einer drei haben!)

Als der jetzige Bundeskanzler Faymann Verkehrsminister wurde, hatten wir ebenfalls Anfragen zu beantworten, die den Vorgänger betroffen haben – das war der schon er­wähnte Vizekanzler und Verkehrsminister Hubert Gorbach (Abg. Mag. Stadler: Der hat doch keine 78 Lebensgefährtinnen gehabt! – Abg. Ing. Westenthaler: Der ist glücklich verheiratet!) –, und ich kann Ihnen sagen, dass er natürlich nicht die Reisen selbst bezahlt hat, sondern dass die Anfrage korrekt so beantwortet wurde, dass alle Reisen angegeben wurden, die Vizekanzler und Verkehrsminister Gorbach in seiner Funktion gemacht hat.

Ich kann noch eine Anmerkung dazu machen (Abg. Grosz: Es geht aber um Ihre!) – ja, ja, ich komme schon dazu –: Die Reisekosten, die Verkehrsminister Gorbach hatte, be­trugen ein Vielfaches – ein Vielfaches! – der Reisekosten, die Verkehrsminister Fay­mann in seiner Amtszeit hatte. (Abg. Ing. Westenthaler: Wir reden aber von Ihrer Be­antwortung! – Abg. Grosz: Wie viel der gesamten?)

Es waren, um das auch gleich anzumerken und zu vervollständigen, auch die Reprä­sentationskosten, die Herr Vizekanzler und Verkehrsminister Hubert Gorbach hatte, ein Vielfaches der Repräsentationskosten, die Verkehrsminister Faymann hatte. (Abg. Riepl: Genau!)

Aber nun zur jetzigen Anfrage: Wir waren sozusagen wieder in der Situation, dass wir eine Anfragebeantwortung machen mussten zu Reisen des Vorgängers, der vorigen Bundesregierung. Wir haben uns das natürlich angeschaut, und das ist auch sehr prä­zise aufgelistet worden. Einen Teil davon, der sozusagen den Inhalt der Reisen betrifft, hat Klubobmann Cap vorher schon erwähnt. Man sollte dabei auch berücksichtigen, dass es nicht nur, wie Herr Abgeordneter Grosz gesagt hat, verständlich ist, wenn die Frau Außenministerin höhere Reisekosten hatte, da nicht nur die Außenministerin, son-


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dern natürlich auch der Bundeskanzler und die anderen Regierungsmitglieder Ver­pflichtungen haben (Abg. Ing. Westenthaler: Aber nicht mit Freundinnen! Sollen sie die Freundinnen zu Hause lassen!), bei denen sie Termine im Ausland wahrnehmen.

Das sind einerseits die Ministerräte, die Fachministerräte bei den einzelnen Ministern und Ministerinnen, es sind die Europäischen Räte, bei denen der Bundeskanzler und die Außenministerin oder der Außenminister Österreich vertreten. (Abg. Ing. Westen­thaler: Warum mit so vielen Freundinnen?) Und ich glaube nicht, dass Sie ernsthaft empfehlen würden, dass man diese Veranstaltungen, bei denen die Interessen der Österreicherinnen und Österreicher wahrgenommen werden, nicht besucht und dort nicht das Wort und die Stimme erhebt und die Position Österreichs vertritt.

Ich kann Ihnen auch sagen, dass es natürlich Absicht ist – ich würde davon ausgehen, dass das auch in der Vergangenheit so gehandhabt wurde –, dass man möglichst sparsam umgeht und das Reisebudget mit möglichst geringen Kosten sozusagen be­lastet. Aber trotzdem ist es im einen oder anderen Fall natürlich sinnvoll, dass auch an­dere Teilnehmer mitgenommen werden.

Was jetzt sozusagen die ressortfremden Personen betrifft, betrifft das einerseits Perso­nen, die mitfahren, die nicht aus demselben Ressort sind (Abg. Grosz: Nicht ressort­fremde, amtsfremde!) – Moment, ja, ja, ich komme schon dazu –, an das die Anfrage gerichtet wurde und das diese beantwortet hat, sondern teilweise aus anderen Res­sorts – auch das macht im einen oder anderen Fall Sinn (Abg. Grosz: Amtsfremde!) –, und andererseits die amtsfremden Personen.

Ich kann ganz konkret auf die eine Reise, die ja auch medial diskutiert wurde und auf die Sie offenbar abstellen (Abg. Grosz: Auf alle anderen auch!), eingehen, nämlich auf die eine Reise nach Südamerika. Da gab es den EU-Südamerika-Gipfel, zu dem sich alle Premierminister, Kanzler et cetera aus Europa begaben. Und diese Reise wurde auch dazu genutzt, amtsfremde Personen – aber nicht Freundinnen, sondern Wirt­schaftsvertreter – mitzunehmen. (Abg. Grosz: Aber die zahlen sich das ja selbst! Mit dem Bundespräsidenten zahlen sie es sich selbst, und in anderen Ressorts auch!) Ja.

Es war das in Abstimmung mit der Wirtschaftskammer. Es wurde mit der Wirtschafts­kammer diskutiert, wen die für sinnvoll erachten, dorthin mitzunehmen. (Abg. Grosz: Dann soll es die Wirtschaftskammer zahlen!) Das war eine Liste mit 61 Wirtschaftsver­tretern, wenn ich mich jetzt richtig erinnere, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es 61 waren, und es gab auch, um das auch anzumerken, eine Refundierung von diesen Wirtschaftsvertretern. (Abg. Grosz: Also, die ganze Reise hat noch mehr gekostet!) – Nein, nein, ich komme schon dazu.

Nur: Wenn Sie eine Anfrage stellen, werden die Gesamtkosten angegeben – das ist halt im Budget und im Haushalt des Bundes so –, und es gibt auf der anderen Seite dann eine Einnahmenposition. Das wird bei Wirtschaftsvertretern so gehandhabt (Abg. Grosz: Steht ja auch in dieser Anfrage, wie hoch die Refundierung war! Null!), das wird, glaube ich – ich weiß jetzt aber nicht, ob das lückenlos ist –, auch mit Journalisten so gemacht, dass die dann teilweise oder zur Gänze die Kosten refundieren. Wir wer­den das auch in Zukunft so handhaben.

Ihre Anfrage und Ihr Statement haben ja eigentlich die Vergangenheit betroffen. Sie haben ja auch gesagt, dass die jetzige Bundesregierung das so handhabt. Ich glaube, es hat noch nicht allzu viele Auslandsreisen der jetzigen Bundesregierung gegeben. Ich kann es für den Herrn Bundeskanzler ganz konkret sagen: Er war beim Europäi­schen Rat, er war in der Schweiz, er wird in den nächsten Tagen Premier Topolánek und Bundeskanzlerin Merkel besuchen, und er wird natürlich auch in Zukunft immer wieder, wenn es sinnvoll erscheint – unter „sinnvoll“ meine ich, sinnvoll im Sinne der österreichischen Steuerzahler –, die Kontakte aufrechterhalten.


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Es gab eine Autoreise, nur damit das auch erwähnt ist, in die Slowakei, und zwar nach Bratislava, zu der Veranstaltung, bei der es um die Euro-Einführung ging, die ja mit 1. Jänner dieses Jahres in der Slowakei stattgefunden hat. Und diese Kontakte ma­chen Sinn.

Ich kann jetzt ein konkretes Beispiel bringen: Natürlich ist es sinnvoll, eine Person so­zusagen face-to-face zu kennen, wenn man etwa mit Bundeskanzlerin Merkel telefo­niert im Hinblick auf die Gaslieferungsthematik, die uns in den letzten Tagen und Wo­chen beschäftigt hat. Und es macht auch Sinn, beispielsweise Premier Fico möglichst gut zu kennen, wenn es darum geht – und da hat es etliche Telefonate gegeben –, die Wiederinbetriebnahme von Bohunice zu verhindern.

Abschließend und auf den Punkt gebracht: Ich bin bei Ihnen, wenn es darum geht, möglichst sparsam – auch bei Dienstreisen – mit Steuermitteln umzugehen, auch bei Repräsentationskosten möglichst sparsam mit Steuermitteln umzugehen (Abg. Grosz: Gibt es eh schon eine Anfrage!), aber auf der anderen Seite wäre es meines Erachtens ein schwerer Fehler, die Chancen, die österreichischen Interessen im Ausland zu ver­treten, nicht wahrzunehmen mit dem Argument, das Sie gebracht haben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Groß­ruck. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


15.34.13

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Lieber Gerald Grosz! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Gerald Grosz und sein BZÖ wollen es heute ganz genau wissen: Was ist passiert?

Gleich vorweg einmal völlig emotionslos: Es ist das Recht des Parlaments, im Sinne der Ausübung der Kontrolle, darüber informiert zu werden, was die Minister machen – etwas ganz Normales. Es ist das Recht der Opposition, nachzufragen und nachzuboh­ren und vielleicht zu versuchen, das eine oder andere Kleingeld zu verdienen. Aber es ist genauso das Recht der Regierungsparteien und der Verantwortlichen, zu argumen­tieren und hier auch etwas Licht und Wahrheit in diese Angriffe, in diese Grosz’schen Angriffe zu bringen, um sie etwas kleiner zu machen.

In diesem Fall ist es ganz leicht, meine Damen und Herren: Wir brauchen nur in der Mottenkiste der Parlamentsgeschichte etwas nachzublättern – das werde ich nachher tun. Zuerst aber lassen Sie mich feststellen, dass es, glaube ich, keine Frage ist, dass es notwendig ist, dass es wichtig ist, gerade für ein kleines Land wie Österreich, gute internationale Beziehungen zu haben, internationale Netzwerke aufzubauen, um nicht nur bei politischen Entscheidungen, nicht nur in Krisenfällen, sondern auch unserer ös­terreichischen Wirtschaft zu helfen und sie zu unterstützen.

Ich kenne eine Reihe von Abgeordneten hier herinnen, ob das Kollege Scheibner ist, der richtigerweise und auch vernünftigerweise besondere Beziehungen in den arabi­schen Raum, zu Syrien hat, ob das Kollege Schennach vom Bundesrat ist, der in der Ukraine sehr viele Kontakte hat (Abg. Grosz: Die zahlen sich aber ihre Reisen selbst!), oder auch ich selbst in Albanien. Ich war mehr als 30-mal dort, meine Damen und Her­ren, nicht aus Eigennutz, weil es mich so interessiert, sondern weil wir dort Freund­schaften aufgebaut haben und weil viele Firmen aus Österreich auch zu mir kommen und sagen: Hilf mir bitte, du kennst die Leute unten! Wenn man Kontakte hat, wenn es Schwierigkeiten bei Hilfslieferungen gibt, dann ruft man einen an, der an der Grenze hilft. Oder wenn Firmen Aufträge wollen, ist es dasselbe. Ich glaube, dazu sind wir auch unseren Bürgern gegenüber verpflichtet.


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Und genau das tut auch die Regierung. Das macht die Regierung und das machen die Minister. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich glaube, dass Kontakt und Kontaktpflege sehr wichtig sind. Da haben wir auf der einen Seite die Kosten des Reisens, die heute kritisiert werden. – Die Kosten der Emp­fänge gehen mir ab, Herr Grosz, denn es kommen ja auch sehr viele Staatsbesuche nach Österreich. Da könnte man genauso kritisieren, wieso dieser Minister und jener König kommen muss, wieso der Papst nach Österreich kommen muss. Das kostet viel Geld, und wir alle müssen das durch Steuergelder zahlen. Das ist die Kehrseite. Fan­gen Sie einmal da an zu kritisieren. Aber ich glaube, dass wir alle stolz sind, wenn wir eine möglichst große Besuchstätigkeit in Österreich haben und wenn Österreich als kleines Land auch im großen Weltgefüge wichtig ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Jetzt erklären Sie mir die Inseratekosten von 10 Millionen €!)

Die Ministerverantwortung, Herr Grosz, ist wahrzunehmen, und ich meine, es ist jedem Minister überlassen, zu entscheiden, wohin er fährt und mit wem – im Rahmen der budgetären Möglichkeiten.

Ich glaube, im Vergleich zu anderen Staaten sind die Kosten dafür in Österreich ja gering. Wir haben weder Regierungsflugzeuge noch andere, die ein Vielfaches kosten würden, die kleinere Länder als Österreich haben.

Jetzt komme ich zu einem Blick in die Mottenkiste. Herr Grosz, wir brauchen nicht so weit zurückzublicken, es ist ja heute schon erwähnt worden: Der Standort bestimmt den Standpunkt. Wären Sie heute in der Regierung, wäre diese Frage sicherlich nicht gekommen, davon bin ich hundertprozentig überzeugt; aber sie ist halt gekommen.

Wir brauchen nur ein paar Jahre zurückzublättern. Schlagzeile in „ÖSTERREICH“ vom 19. November 2006: Teure Weltreisen. Rund 148 000 € wandte Staatssekretär Eduard Mainoni für Dienstreisen auf. 79 Tage verbrachte Forschungsstaatssekretär Eduard Mainoni während seiner zweieinhalbjährigen Amtszeit im Ausland. (Abg. Grosz: Das ist ein Lercherl gegen diese Bundesregierung!)

Ich schätze Mainoni sehr (Abg. Grosz: Staatssekretär der Regierung Schüssel!), bin gut befreundet mit ihm, kritisiere auch nicht, dass er weg war, denn er hat das sicher im Sinne Österreichs getan. (Abg. Grosz: Ein Lercherl! Wissen Sie, was ein Lercherl ist?) – Lieber Freund, hör mir zu!

Die große Reiselust Gorbachs. – Es heißt in dem Artikel weiter: Die Reiselust war dem­nach im Infrastrukturministerium von Hubert Gorbach stark ausgeprägt. Der für den Verkehr zuständige Ressortchef und Vizekanzler brachte es laut Anfragebeantwortung auf 58 Auslandsbesuche. Zusammen mit den beiden Staatssekretären auf über 60. Das Gorbach-Ressort ließ auch das Bundeskanzleramt hinter sich. Regierungschef Wolfgang Schüssel, Staatssekretär Morak und Staatssekretär Schweitzer brachten es insgesamt nur auf 49. (Abg. Ing. Westenthaler: Wer war denn da Staatssekretär? – Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Also ein Sündenregister, wenn man so sagen kann, wenn man zurückblättert. (Abg. Grosz: Das war aber ein Lercherl! Dagegen war Herr Gorbach ein Sparmeister!)

Herr Kollege Grosz, da aber Reisen auch etwas Positives ist – hören Sie zu und befol­gen Sie meinen Rat! (Abg. Grosz: Seine Mitarbeiter haben lange nicht so viel verdient wie die Mitarbeiter des ehemaligen Verkehrsministers!) –:

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen.

Und manchem täte es ganz gut, auch diesen Weg zu wählen.

Es wäre nur zum eignen Wohl,

weil Reisen ja auch bilden soll.

In diesem Sinne. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

15.39



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 154

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Haimbuch­ner zum Wort. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Diese Aktion ist ein or­dentlicher Rohrkrepierer, Westenthaler!)

 


15.39.32

Abgeordneter Mag. Dr. Manfred Haimbuchner (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsiden­tin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ja, bei solch einer Debatte kann man zwei Standpunkte einnehmen: Man kann den Standpunkt des Herrn Kollegen Grosz einnehmen, der sich hier enorm echauffiert hat – aber ich habe oft das Gefühl, dass man beim BZÖ beleidigt ist, weil man nicht dabei war. (Beifall bei der FPÖ.)

Man kann auch die Position des Klubobmannes Cap einnehmen und da vielleicht auch einen kabarettistischen Aspekt mit einbeziehen. Dem zuzuhören ist auch ganz interes­sant – keine Frage. Eines ist jedoch ganz klar: Es ist unbestritten, dass die höchsten Repräsentanten der Republik Kontakt zu anderen Staaten und zu internationalen Or­ganisationen pflegen müssen. (Abg. Grosz: Das wird die Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher interessieren!) Und es ist auch klar, dass das Ganze Geld kostet. Ich glaube nicht, dass das jemand bestreitet.

Ich meine, es ist nur eben die Regierung selbst auch schuld und braucht sich nicht auf­zuregen, weil die Opposition da etwas kritisiert und weil man vielleicht Publicity haben will. Das ist nicht richtig, und ich glaube, die Regierung hat deswegen selbst schuld, weil man diese Dinge ganz einfach transparenter gestalten müsste. Wenn man sich die Anfragebeantwortung durchliest, dann fragt man sich schon, was da teilweise wirklich passiert ist. Man könnte so das Gefühl bekommen – jetzt bringe ich vielleicht auch einen kabarettistischen Aspekt hinein –, wenn man sich an den berühmten Film „Auf der Flucht“ mit Harrison Ford erinnert, dass die Reisetätigkeit des ehemaligen Bun­deskanzlers vielleicht durchaus etwas mit der Flucht zu tun hat: mit der Flucht vor dem lästigen Koalitionspartner, mit der Flucht vor den lästigen Genossen, vor dem „Gesude­re“. – Da ist es vielleicht doch in Argentinien ein bisschen schöner. Man hat durchaus Verständnis dafür. (Beifall bei der FPÖ.)

Interessant ist aber die Antwort zur Frage 7, „Welchen konkreten Effekt beziehungs­weise welchen konkreten Nutzen konnte mit den unter Punkt 1 genannten Reisen für die österreichische Bevölkerung beziehungsweise für die Republik erreicht werden?“. – Sie lautet:

„Sämtliche dieser Auslandsdienstreisen wurden zum Zweck der Unterstützung der Re­gierungstätigkeit und somit im politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Interesse Österreichs durchgeführt.“

Also damit begründen Sie Ausgaben für den Bundeskanzler, für Mitarbeiter und für amtsfremde Personen sowie für andere Positionen in der Höhe von 807 714,14 €?! (Abg. Faul: Das hat der Gorbach in einem Monat geschafft!) Und da wundern Sie sich, dass dann die Kritik groß ist? – Da müssen Sie sich halt schon einmal Gedanken dar­über machen, wie Sie das dem Parlament vermitteln!

Sie sagen vielleicht, da sind Aufträge lukriert worden. Und: Selbstverständlich muss man international tätig sein, selbstverständlich muss man Kontakte pflegen, und selbst­verständlich ist es gut für die Republik, wenn dann auch wirtschaftlich etwas heraus­schaut – das ist ja alles überhaupt keine Frage. Aber: Sie würden sich leichter tun, wenn Sie auch konkrete Ergebnisse vorlegen können! Denn wenn Sie nur anführen: „amtsfremde Personen € 447 324,44“, und in Klammer dann noch „(Flug Südamerika)“, ja bitte, dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn man als Abgeordneter des Hohen Hauses, noch dazu als Oppositioneller, das kritisiert und wenn man Sie dafür angreift! Das müssen Sie also einmal begründen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 155

Und dann wäre auch noch Folgendes interessant: Sie sagen, Journalisten sind dabei, und die refundieren das dann vielleicht, oder vielleicht auch die amtsfremden Perso­nen. (Abg. Grosz: Wie hoch war die Refundierung? Wie hoch?) – Ja, wieso schreiben Sie denn das, bitte, nicht in die Anfragebeantwortung hinein? Wieso schreiben Sie das nicht ganz klar und deutlich hinein, wer das dann letztendlich refundiert hat und wie dann sozusagen die Nettokosten ausschauen? Sie machen das ja alles gar nicht, und dann gehen Sie her und beschweren sich über eine Anfrage! Da sollten Sie natürlich auch ein bisschen vorsichtiger sein. Schreiben Sie das hinein, wer das refundiert hat! Machen wir eine neuerliche Anfrage dazu!

Interessant ist auch Folgendes: Wenn ich richtig informiert bin, dann gibt es noch eine offene Anfrage zum Flug des Bundeskanzlers, und die ist bis heute nicht beantwortet worden. Da wird noch immer kolportiert, dass angeblich dieser Flug 700 000 € gekos-
tet hat aufgrund dessen, dass hier ein Learjet gechartert worden ist. Bitte begründen Sie das einfach, oder legen Sie es einmal dar! Transparenz ist wichtig! Transparenz wird überall gefordert, bei jedem Gewerbetreibenden wird sie gefordert – aber da spielt Transparenz keine Rolle?! Bei uns Abgeordneten spielt auch Transparenz eine große Rolle. Da muss man alle möglichen Listen auflegen, und das ist ja auch durchaus inter­essant und ist vielleicht auch gut so, aber da geht es nicht um solche Summen wie in diesen Bereichen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da brauchen Sie sich also wirklich nicht zu wundern. – Wie gesagt, es ist keine Frage, dass das alles etwas kostet, es ist keine Frage, dass wir diese Kontakte benötigen, und wir sind natürlich davon überzeugt, dass das auch manchmal etwas bringt. Auf der anderen Seite, was die Journalisten anbelangt: Mich wundert es ja oft nicht, dass es dann solche Hochglanzreportagen in gewissen Magazinen gibt. Ich bin mir da oft nicht so sicher, ob da etwas refundiert wird oder nicht.

Daher: Wir brauchen Transparenz in diesem Bereich, und wir brauchen auch ein wirt­schaftliches, sparsames Umgehen mit Steuergeld. Das ist Ihre Aufgabe und unsere Aufgabe in diesem Hohen Haus. (Beifall bei der FPÖ.)

15.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Darmann zu Wort. 5 Minuten. – Bitte.

 


15.45.00

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuseher zu Hause! Es ist ja entlar­vend, in welcher Art und Weise die Regierungsparteien auf diese Thematik reagieren. Denn: Mit welchem finanziellen Aufwand sowie persönlichen Kontakten zu den diver­sen Printmedien und auch elektronischen Medien hier in Österreich hat diese neue Regierung versucht, sich als Regierung neuen Stils darzustellen! Dabei sitzen hier – heute leider nicht, aber generell – 90 Prozent jener Personen, die in der alten Regie­rung gesessen sind, und nutzen hier nicht den neuen Stil, den sie immer wieder selbst anpreisen, um wirklich zu sagen: Ja, das waren Ausgaben, die nicht zu rechtfertigen waren.

Herr Klubobmann Cap, Sie legen hier an diesem Rednerpult ein Niveau an den Tag, welches dieses Hohen Hauses wirklich nicht würdig ist! (Abg. Grosz: Pfui!) Es ist un­glaublich, in welcher Art und Weise und auf welchem Niveau Sie hier (Abg. Riepl: Die Rede war in Ordnung!) mit persönlichen Anschüttungen daherkommen, um abzulenken von den Zahlen, die voriges Jahr in Ihren Bereichen entstanden sind – und ausschließ­lich in Ihren Bereichen! (Beifall beim BZÖ.)


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Was man sich bei dieser Debatte erwarten hätte können, ist eines: dass die Regie­rungsabgeordneten hier im Hohen Haus sich zwar sehr wohl aufregen, aber aufregen über die Zahlen, die durch die Anfrage unseres Rechnungshofsprechers Grosz ans Tageslicht gekommen sind – nicht über die Tatsache, dass wir etwas erfragt haben, sondern wirklich über die schockierenden Zahlen.

Ich wiederhole nur kurz und gehe noch einmal auf die Auslandsreisen ein: Wenn, wie es auch schon gesagt wurde, die Außenministerin letztes Jahr 861 943 € und ein paar zerquetschte Cent für Auslandsreisen ausgegeben hat, dann ist das vielleicht recht und schön. Als Abgeordneter dieses Hauses weiß man schließlich, dass man als Außen­minister auch dafür zuständig ist, in der Welt herumzugondeln, diplomatische Kontakte zu pflegen und seiner Arbeit nachzukommen.

Wenn dann aber, wie jeder weiß – und das ist ja ein offenes Geheimnis –, Herr Bun­deskanzler Gusenbauer durch die Welt geschickt wurde, um ja nicht hier in Österreich präsent zu sein und Ihre Partei irgendwie in den Medien schlechtzumachen, dann ist das etwas, was nicht auf Steuerzahlerkosten erfolgen kann! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Grosz: Das ist eigentlich illegale Parteienfinanzierung!)

Es ist ein Skandal, dass im letzten Jahr pro Regierungsmitglied 140 000 € ausgegeben wurden, und es ist ein Skandal, dass pro Tag 7 600 € ausgegeben wurden – also über 100 000 gute alte österreichische Schilling.

Was aber noch viel mehr ein Skandal ist – und darauf komme ich erst jetzt zu spre­chen –, das sind die Inseratkosten dieser alten Bundesregierung, die zum Großteil jetzt in dieser neuen Konstellation auch wieder vorhanden ist. Denn: Von 7. Juli 2008 – und Sie wissen genau, was da war: „Es reicht!“, hat damals eine Person gesagt – bis 28. September 2008, in rund drei Monaten, hat die alte – und auch wieder neue – Bundesregierung 8 929 862,80 € für Inserate und Marketingmaßnahmen der Bundes­regierung ausgegeben. In drei Monaten! – Das ist ein Skandal! Das sind Steuergelder, die hier verwendet wurden in einer Zeit, in der es offenkundig Wahlkampf gegeben hat. (Beifall beim BZÖ.)

Da ist zu hinterfragen – und da kann sich jeder Regierungsabgeordnete an den eige­nen Ohren nehmen –, ob das korrekt ist: In einer Zeit offenkundigen Wahlkampfs die eigenen Parteikassen zu stützen durch Steuergelder in den Ministerien und in dieser Zeit 9 Millionen € auszugeben für Inserate, die nicht notwendig sind.

Und vor allem: Was hat man marketingmäßig denn verkaufen müssen? – In diesem Jahr 2008 und auch 2007 hat diese Regierung nichts getan (Abg. Mag. Stadler: Still­stand!), was man hätte vermarkten können oder der Bevölkerung in Österreich weis­machen können, außer (Abg. Grosz: Stillstand!) den Stillstand zu überdecken. Still­stand und Streit zu überdecken, und das um 9 Millionen € in drei Monaten: Das ist ein Skandal! (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Dr. Graf.)

Das ist wirklich ein Skandal, und das gehört auch hier klipp und klar gesagt. Und es wäre auch fein, wenn die einen oder anderen Medien, die sich selbst als unabhängig bezeichnen, aber die Sie in Ihrer Hand haben, auch über diese Zahlen berichten wür­den.

Ich komme nun aber zum Schluss, da mir auch die Redezeit leider ausgeht. Wichtig ist Folgendes, geschätzte Kollegen – und da sind Sie nun gefordert –: Dem Rechnungs­hof sind diese Zahlen auch aufgestoßen, und der Rechnungshof hat einen ganz kon­kreten Vorschlag gemacht, nämlich hinkünftig in Wahlkampfphasen keine solche Mar­ketingkampagnen mehr zu ermöglichen. Das werden wir heute mittels eines Antrages des BZÖ auch einbringen (Abg. Grosz: Gegen eure Verschwendungssucht! – Abg. Dr. Cap: In Kärnten! – Abg. Grosz: Gegen die sozialistische Verschwendungssucht!),


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und wir sind gespannt, ob die Regierungsparteien diesen Antrag unterstützen wer­den. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Mag. Stadler: So was hat der Gorbach nicht gemacht! Das kann man ihm nicht vorwerfen!)

15.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Geschäftsordnungsantrag auf Nichtkennt­nisnahme der Anfragebeantwortung liegt bei mir vor und ist auch ordnungsgemäß ein­gebracht. Ich lasse am Ende der Debatte darüber abstimmen.

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.50.04

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst vielleicht die gute Nachricht zum Tag – beziehungsweise für das Ansehen des Hauses nicht so gute Nachricht –: Frau Abge­ordnete Winter ist für ihre unsäglichen Äußerungen in erster Instanz verurteilt wor­den. – Das erleichtert, muss ich sagen. (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt aber zum Thema: Herr Kollege Grosz, ich finde, Sie haben dem Anliegen, das Sie eigentlich vortragen sollten – und zu Recht vortragen sollten –, einen schlechten Dienst erwiesen. Ja, wir sind der Meinung, man muss auch als Oppositionspartei die Rechte auf Kontrolle wahrnehmen. Ja, wir erwarten uns von allen Ministerien Antworten. Aber da fängt das Problem schon an: Man muss auch die richtigen Fragen stellen! (Abg. Mag. Stadler: Stellen Sie sie!)

Wenn Sie, Herr Kollege Grosz, leider nicht die Frage nach den Refundierungen stellen, nicht nur  (Abg. Grosz: Das steht ja drinnen!) – Nein, Moment! Präzise muss man fragen! (Abg. Mag. Stadler: Machen Sie es besser!)

Sie fragen: „Gab es für diese Auslandsaufenthalte eine Kostenrefundierung aus Mitteln der Europäischen Union?“

Entschuldigung: Warum soll die Europäische Union eine Kostenrefundierung geben, wenn der Bundeskanzler mit einer Delegation nach Südamerika fährt? (Abg. Grosz: Das hätte er beantworten können!) – Sie hätten fragen müssen: Gab es überhaupt eine Kostenrefundierung, auch jenseits der Europäischen Union?

Das ist die Frage, Herr Staatssekretär, die wir an Sie haben. Sie haben gesagt, es gab eine Refundierung, ja. (Abg. Grosz: Wie hoch?) – Wir wollen wissen: In welcher Hö­he? – Das ist eine sinnvolle Frage. Aber man muss die Frage auch so stellen. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Ich bin mit der Qualität der Anfragebeantwortung jenseits dieses einen Punktes gar nicht so unzufrieden. Das ist – leider, muss man dazusagen – wesentlich mehr, als Minister Gorbach zu seinen Zeiten jemals beantwortet hat. Und er stand da­mit nicht allein, sondern man war damals durchaus einer Meinung, dass man Fragen der Opposition, bei denen es um Dienstreisen, Kabinettsmitarbeiter et cetera oder auch um Repräsentationskosten geht, nicht so genau beantworten muss. Das ist leider ein Problem. – Insofern bin ich mit der Qualität dieser Anfragebeantwortung nicht so unzu­frieden.

Ich bin eigentlich auch ganz zufrieden über die Debatte. Na selbstverständlich sollen Minister und auch Bundeskanzler reisen! Selbstverständlich soll eine Opposition dabei Information einfordern, wenn etwa eine große Wirtschaftsdelegation mitfährt – was ja auch sinnvoll ist. Mich stören nicht 78 Mitreisende, sondern mich stört, dass es keine Antwort gibt auf die Fragen: Was haben die bezahlt für ihren Flug? Wurden sie dazu eingeladen? (Abg. Grosz: Und wer es war!) Wurden sie eingeladen, für ihren Flug – der ja offensichtlich auch den Wirtschaftsunternehmen Nutzen bringen soll – einen Bei-


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trag zu leisten? – Keine Ahnung! Das wissen wir nicht. Das Problem liegt an Ihrer Fra­gestellung, Herr Kollege Grosz. (Abg. Mag. Stadler: Nein, das Problem liegt an ...!) – Ja, leider, es liegt an der Fragestellung!

Aber kommen wir noch einmal zu einem anderen Aspekt. – Es wurde leider vom Kol­legen Großruck nur auf die Zahl der Reisen hingewiesen. Der Anfragebeantwortung können wir entnehmen, dass das Bundeskanzleramt im Jahr 2008 so rund 850 000 € für alle Reisen verbraucht hat. Der Beantwortung der Anfrage, die ich zu Minister Gor­bach gestellt habe, kann man entnehmen, dass er im Jahr 2003 knapp 1 Million €, im Jahr 2004 ebenfalls 1 Million € und im Jahr 2005 1,4 Millionen € verbraucht hat.

Gorbach war auf Reisen – das hat er beantwortet –, die ihn nach Kairo, auch zur Amts­angelobung des neuen Papstes geführt haben. Er war auf dem Kongress der Schwei­zer Bäcker- und Konditorenmeister und hat dort eine Ansprache gehalten. Er war in Dubai, er war beim Eisenbahn-Symposium in Algier und hat in Aachen eine Eröff­nungsrede zum Weltfest des Pferdesports unter dem Motto „Endlich. Österreich.“ ge­halten.

Man kann sich seinen Teil dazu denken. Der Punkt ist nicht: Wo war er überall? – ob­wohl das auch schon gesagt wurde: Gorbach war sehr heftig auf Reisen –, sondern man wird sich beispielsweise auseinandersetzen müssen mit der Frage: Wer war da mit? Wurde damals refundiert? – Nein, überhaupt nicht wurde refundiert! Es wurde nicht einmal eine Antwort gegeben, ob refundiert wurde, obwohl die Frage teilweise ge­stellt wurde.

Das sind die Punkte, Herr Kollege Grosz, zu denen ich mir wünschen würde, dass man etwas seriöser in die Debatte eingehen kann. Ich bin der Letzte, der dem Ministerium beziehungsweise dem Bundeskanzler vorwirft, dass er ins Ausland fährt. Ja, das soll er – genauso wie wir auch vom Ausland besucht werden sollen. Aber dort, wo sich bei­spielsweise Minister eine Woche oder zwei Wochen im Ausland aufhalten – zwei Wo­chen, es gibt solche Reisen! –, dort beginnt das Problem, Herr Kollege Grosz. Und das haben Sie leider auch in Ihrer Stellungnahme hier nicht ausreichend thematisiert. (Bei­fall bei den Grünen. – Abg. Mag. Stadler: Sie können es ja machen!)

15.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich lasse abstimmen über den Antrag der Abgeordneten Mag. Darmann und Grosz auf Nichtkenntnisnahme der Beantwortung 182/AB der schriftlichen Anfrage 151/J der Abgeordneten Grosz, Kolleginnen und Kollegen.

Wer der Nichtkenntnisnahme zustimmt, den ersuche ich um ein entsprechendes Zei­chen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist damit abgelehnt.

15.56.17Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 175/AB

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft mit der Ordnungszahl 175/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass sich eine Verle­sung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei dem Erstredner zur


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Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zukommt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung und zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Ich ersuche nun Herrn Abgeordneten Dr. Van der Bellen als Antragsteller, die Debatte zu eröffnen. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler – auf Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich weisend –: Bitte! Da ist der Minister da! – Sehr löblich! Sehr löblich!)

 


15.57.03

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Meine Damen und Herren! Von den Reisekosten zur Müllverbrennung im Südburgenland. Ich freue mich, dass Herr Minister Berlakovich persönlich anwesend ist – da können wir uns eine GO-De­batte wie die von vorhin ersparen.

Herr Minister, darf ich davon ausgehen, dass es Ihre erste Teilnahme an einer Anfra­gebesprechung ist? (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich nickt bejahend.) – Das ist also eine Premiere. Ich frage das deswegen, weil es – Sie werden lachen – nach mei­ner über 14-jährigen Tätigkeit im Parlament auch meine Premiere als „Besprecher“ einer Antwort auf eine schriftlichen Anfrage ist. (Beifall bei den Grünen.)

Wissen Sie, es tut schon weh, wenn man relativ wenige Fragen stellt – eigentlich sehr wenige – und dann feststellen muss:

Frage 1 a), b), c), d): Nicht beantwortet. – Frage 2 a), b), c), d): Nicht beantwortet. – Frage 3 a): Beantwortet. – Frage 3 b), c), d): Nicht beantwortet. – Frage 4 a), b): Nicht beantwortet. – Frage 5 a), b): Nicht beantwortet. – Frage 6 a) bis d): Beantwortet. – Und Frage 7 auch.

Wenn wir es durchzählen, so sehen wir: Es sind 15 von 21 Fragen nicht beantwortet worden. Wissen Sie, Herr Minister, die Botschaft, die man da bekommt, ist doch letzt­lich: Aha, da ist wieder so ein Querulant; den lassen wir jetzt blöd sterben.

Ich finde, das ist nicht die Antwort, die wir – und jetzt spreche ich für alle Abgeordneten dieses Hauses – verdienen. Es passt aber gut in das Bild beziehungsweise zu dem Eindruck, den wir, nämlich die Abgeordneten der Oppositionsparteien, ob das jetzt die Grünen, die Freiheitlichen oder das BZÖ sind, über die letzten Jahre zunehmend ha­ben, nämlich, dass schriftliche Anfragen von Abgeordneten als lästig empfunden wer­den, als Querulantentum, wo man geschwind darüberfahren kann, damit der Form Ge­nüge getan ist, aber möglichst wenig hineinschreibt an Dingen, die der Abgeordnete eventuell sogar in seiner Tätigkeit verwerten könnte. (Beifall bei den Grünen.)

Ich finde, so geht das nicht, mit dieser zunehmenden Nachlässigkeit! Mein Eindruck ist, dass das nicht an den Beamten, sondern zunehmend an der – wie soll ich sagen? – Indolenz der Ministerbüros liegt, die die Antwortentwürfe der Beamtinnen und Beamten noch zusammenstreichen, damit in der Antwort ja nichts mehr drinnen steht.

Wir nehmen hier nur Kontrollrechte wahr, Herr Bundesminister, Kontrollrechte gegen­über der Bundesregierung, und Informationsrechte – sehr häufig, wenn nicht überwie­gend, gar nicht so sehr in unserem Interesse, sondern im Interesse der Bürger und Bürgerinnen, die an uns solche Fragen richten; Bürger und Bürgerinnen, im Übrigen, im Inland und im Ausland, so wie in diesem Fall, nämlich im Falle von Ungarn.

Vielleicht sage ich gleich vorweg: Es hat schon Ausnahmen gegeben, aber es sind wirklich eher Ausnahmen. Unsere Anfrage bezüglich der Raab zum Beispiel wurde vom Umweltministerium sehr genau, sehr ausführlich beantwortet. Es ging hier natür­lich nicht um Julius Raab, sondern um den Fluss Raab, der im Südburgenland die Grenze nach Ungarn überschreitet und dort in ekelhafter und abscheulicher Weise zu


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schäumen beginnt. Das ist eine Schande für das Umweltmusterland Österreich, wie wir uns gerne berühmen. Ich möchte nicht wissen, was in Österreich los ist, wenn aus Un­garn ein Fluss bei uns über die Grenze hereinkommt und zu schäumen beginnt. Es ist nur leider so, dass alle Flüsse nach Ungarn fließen, aber nicht umgekehrt. (Beifall bei den Grünen.)

Hier hat Ungarn also ein legitimes Interesse, dieses Problem zu lösen.

Genauso ist es bei der Müllverbrennung in Heiligenkreuz im Burgenland. Herr Minister, das ist nicht irgendein „Pimperl-Projekt“. Die Müllverbrennung in Heiligenkreuz hat eine Kapazität, die das Zehnfache des Müllaufkommens des gesamten Burgenlandes be­trifft. Das Zehnfache! Woher werden die ihren Müll beziehen? Aus der Oststeier­mark? – Das glaube ich nicht, weil in Frohnleiten ein weiteres Müllverbrennungsprojekt mit 450 000 Tonnen existiert, das vor der Fertigstellung steht.

Ja woher wird denn dieser Müll für Heiligenkreuz kommen? – Da gibt es Interesse der Bürgerinitiativen, der Leute vor Ort, nicht nur der Ungarn, aber auch der Ungarn, der Leute vor Ort, in Österreich, die sich Sorgen machen über das zusätzliche Verkehrs­aufkommen. No na! Dieser Müll muss ja dorthin transportiert werden, und die Schlacke und der Dreck, die übrig bleiben, müssen wieder abtransportiert werden. Wo wird die­ser Müll herkommen?

Herr Minister, reden Sie sich da nicht darauf aus, dass die Burgenländische Landesre­gierung zuständig ist und nicht Sie! Für Umweltverfahren, auch für Verfahren im Rah­men der Müllverbrennung in weiten Bereichen sind immer noch Sie zuständig, nämlich das Umweltministerium. Wenn sich nämlich der Verdacht bestätigt – und ich sehe gar keine andere Möglichkeit angesichts der Kapazitäten der Müllverbrennung in Öster­reich –, dass dieser Müll importiert werden muss, dann muss ich sagen: Das ist geneh­migungspflichtig! Woher wird dieser Müll importiert? Ist es Ihr wirtschaftspolitisches Konzept, dass wir jetzt im Zuge der Wirtschaftskrise in Österreich lauter Müllverbren­nungsanlagen aufstellen?! Das kann doch nicht Ihr Ernst sein! (Beifall bei den Grü­nen. – Abg. Hornek: Was ist Ihre Alternative?)

Abgesehen davon, Herr Minister: Sie berufen sich bei Ihrer Nichtbeantwortung der An­frage sehr stark darauf, dass im Burgenland ein Umweltverträglichkeitsverfahren läuft. Ja, stimmt! Na und? Deswegen sind Sie immer noch in weiten Bereichen zuständig. Insbesondere wird die Espoo-Konvention, jenes internationale, transnationale Ver­fahren zur Prüfung von Projekten mit grenzüberschreitenden Auswirkungen, natürlich maßgeblich vom Umweltministerium geführt – und nicht von irgendjemanden sonst!

In diesem Punkt ist Ihre Anfragebeantwortung sogar ausführlich: Da heißt es, dass in diesem Komitee, in dieser Arbeitsgruppe – oder wie lautet der offizielle Name? –, in dieser Konsultativgruppe von österreichischer Seite drei hochrangige Beamte vertre­ten sind, und von diesen dreien sind zwei hochrangige Beamte des Umweltministe­riums und einer von der Burgenländischen Landesregierung.

Also: Es kann keine Rede davon sein, dass Sie nicht zuständig sind. Sie sind für eine Reihe dieser Fragen unmittelbar oder mittelbar als Umweltminister zuständig.

Ich möchte nicht, dass das einreißt, dass die Beantwortung von Fragen als lästige Pflichtübung betrachtet wird – je kürzer und je uninformativer, desto besser. (Beifall bei den Grünen.) Ich glaube, hier sicherlich auch im Interesse der Kollegen von der Frei­heitlichen Partei und des BZÖ sprechen zu können. Sie sind neu im Amt, Herr Bundes­minister, und deswegen wollten wir die Gelegenheit nutzen, es Ihnen gleich zu sagen, jetzt, zu Beginn, damit es nicht einreißt.

Es gibt da noch einen Punkt, der möglicherweise allerdings erst in vier Jahren wieder schlagend wird, nämlich die leidige Willkür bei der Beantwortung von schriftlichen An-


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fragen, wenn die Legislaturperiode auslauft. Uns ist es zum Beispiel mit Anfragen an Ihr Ministerium, Herr Bundesminister, passiert, dass bei zwei schriftlichen Anfragen, die an ein- und demselben Tag kurz vor Auslaufen der Legislaturperiode eingebracht wur­den, die eine innerhalb der Frist, aber schon in der neuen Legislaturperiode beantwor­tet wurde, und die andere nicht, mit dem Hinweis darauf: Die alte Periode ist ausgelau­fen, die Anfrage ist damit hinfällig!

Das ist schlichte Willkür! Sollen wir uns jetzt täglich bei Ihnen im Ministerbüro anstellen und fragen: Macht ihr es jetzt so oder anders? Das ist ja Zeitverschwendung! Ganz ab­gesehen davon, dass ich keine Lust habe – und ich glaube, kein Abgeordneter dieses Hauses hat Lust dazu –, in Zukunft bei einer schriftlichen Anfrage seitenweise begrün­den zu müssen, warum wir glauben – aufgrund der Verfassungslage, aufgrund des Bundesministeriengesetzes und so weiter –, dass ein bestimmter Minister in einer be­stimmten Frage zuständig ist, wenn es geradezu offenkundig ist, weshalb der Umwelt­minister im Rahmen der Müllverbrennung zuständig ist, und zwar, um unsere Fragen zu beantworten, aber auch, um die berechtigten Fragen der ungarischen Seite zu be­antworten. Und nichts anderes haben wir in diesem Rahmen getan! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundesminister, Sie haben jetzt noch Gelegenheit, die 15 nicht beantworteten Fragen im Rahmen dieser Besprechung über die Beantwortung unserer schriftlichen Anfrage zu beantworten. Ich hoffe nicht, dass Sie es sich zum Gaudium machen, uns zu zwingen, noch weitere und noch weitere und noch weitere schriftliche Anfragen zu machen und Sie hier im Parlament damit zu belästigen. Es geht doch schneller und einfacher, im Interesse beider Seiten. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

16.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister. Ihre Wortmeldung soll 10 Minuten nicht übersteigen.

 


16.06.29

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Professor Van der Bellen, ich hätte mir bis vor Kurzem nicht träumen lassen, dass wir hier gemeinsam Premiere feiern: Wie Sie gesagt haben, Sie bei dieser Diskussion über die Anfragebeantwortung, und ich, der ich mich, erst seit Kurzem im Amt, dieser Dis­kussion stelle. Ich tue das aber sehr gerne und sage dazu, dass Sie mir das nicht un­terstellen dürfen, dass ich sozusagen Sie oder andere, die Anfragen stellen, als Queru­lanten, Nörgler oder sonstige Unruhestifter bezeichne. Überhaupt nicht, keinesfalls!

Wie Sie wissen habe ich selber jahrelang der Legislative angehört, dem Burgenlän­dischen Landtag, und ich war dort mit großer Begeisterung Parlamentarier, auch im Sinne – aber ich möchte jetzt nicht vom Thema abschweifen – eines gelebten Föde­ralismus und der Stärke zum Beispiel auch der österreichischen bundesstaatlichen Ordnung, mit selbstbewussten Landtagen, mit eigener Legislative – im Gegensatz zu den ungarischen Komitaten, die wohl über Komitatspräsidentschaften verfügen, aber eigentlich über keine gesetzgebenden Möglichkeiten und immer in der Zentrale Buda­pest fragen müssen.

Sie können mir wirklich glauben, dass ich das respektiere, und natürlich auch das Fra­gerecht. Das steht ja wohl außer Zweifel. Und dass noch dazu die Opposition das ge­nau wissen will, ist auch klar.

Ich bin ja nicht nur hier, sondern ich bin auch im Burgenländischen Landtag mit dieser Frage konfrontiert worden, auch von einem Kollegen von Ihnen, von den Grünen, und


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ich habe mich dort genauso verhalten wie jetzt: Ich habe mich nicht in ein laufendes Verfahren eingemischt. Und dieses Recht ersuche ich Sie, genauso wie ich Ihr Recht respektiere, dass Sie fragen und die Sachen genau wissen wollen, schon auch zu re­spektieren.

Mein grundsätzlicher Zugang ist, dass ich mich nicht vor Verantwortung drücke, aber nicht in ein laufendes Verfahren einmische. Das war im Burgenland so, und so ist es auch hier. (Beifall bei der ÖVP.)

Im Übrigen möchte ich dazu sagen, wenn Sie meinten, bei der Schaumbildung in der Raab ist es gegangen und hier nicht, dass der große Unterschied eben der ist: Hier gibt es ein laufendes UVP-Verfahren, bei der Raab war das nicht der Fall!

Bei der Raab – nur zur Erinnerung – hat es ein riesiges Schaum-Problem gegeben. Nach Studien der TU Wien war das sozusagen ein Schaum, der nach den wissen­schaftlichen Analysen vielleicht kein ökologisches Problem darstellte, sondern ein ol­faktorisches Problem – also mit einem Wort: Es hat gestunken – und eben optisch nicht schön war.

Wir haben uns dann im Rahmen einer Arbeitsgruppe des seinerzeitigen Bundesminis­ters Pröll und des ungarischen Amtskollegen, unter Beiziehung des Burgenlandes und der Steiermark, auf ein Maßnahmenpaket verständigt, das jetzt umgesetzt wird, und wir haben dort – und das ist schon ein schönes Modell einer vernünftigen Zusammen­arbeit zwischen Österreich und Ungarn gewesen – Lösungen erzielt. Das heißt, die steirischen Lederfabriken machen eine zusätzliche Abwasserreinigung, die eine im Burgenland, und die Ungarn haben das akzeptiert. Ich sage es auch deswegen, weil es, immer wieder von der Raab, von Ungarn zu uns hereingetragen, heißt: Da geht nichts weiter! – Das stimmt nicht! Es werden diese Maßnahmen umgesetzt, Investitio­nen in einem großen Bereich getätigt, um ein vernünftiges Verhältnis mit den Ungarn zu haben.

Aber in dieser Sache hier ist es tatsächlich so – Sie haben es erwähnt –, dass die zu­ständige UVP-Behörde die Burgenländische Landesregierung ist, der Herr Landes­hauptmann, und das Verfahren läuft auch jetzt so. Ich bin zuständig als Lebensminis­terium, nicht ad personam. Als Lebensministerium sind wir Kontaktstellen im Rahmen der Espoo-Konvention über die Umweltverträglichkeitsprüfung, und dann als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde nach AWG. Als zweite Instanz im UVP-Verfahren gibt es den Umweltsenat, der ja weisungsfrei ist und der dann entscheiden kann, falls es zu Einsprüchen kommt.

Und ich nehme mir, wie gesagt, das Recht heraus, mich aus dem gegenständlichen UVP-Verfahren, das läuft und das auch nicht in meinen Vollzugsbereich fällt, herauszu­halten. Sie wissen, dem Interpellationsrecht – ich habe es in der Anfragebeantwortung ohnehin erwähnt – unterliegen ausschließlich Gegenstände des eigenen Vollzugsbe­reichs. Fassen Sie es bitte nicht als Bösartigkeit auf, aber das ist mein Zugang dazu.

Im Übrigen möchte ich darauf verweisen, dass für Gegenstände der Vollziehung des UVP-Gesetzes der Umweltrat eingerichtet wurde. Dieser hat vor Kurzem getagt, und da war Ihre Kollegin, meine „Landsfrau“ sozusagen, dabei und hat dieses Thema nicht angeschnitten. Der Umweltrat wurde ja deswegen eingerichtet, um das Thema zu be­sprechen. Nach meiner Information haben sie darüber nicht gesprochen. Da müssen Sie bitte in den eigenen Reihen nachfragen, wie das ist. Ich möchte das nicht pole­misch sagen, sondern nur anmerken, dass es sinnvoll wäre, das dort zu besprechen, weil der Umweltrat genau deswegen eingerichtet wurde.

Aber ich möchte auch hier erklären, dass das Verfahren insofern ordnungsgemäß ab­geführt wird, als Ungarn dort eine massive Parteienstellung hat. Dort hat die Burgen-


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ländische Landesregierung das Verfahren eingeleitet, Ungarn ist betroffener Staat, Slo­wenien hat das abgelehnt und hat gesagt: Interessiert uns nicht, berührt uns nicht, wir sind nicht dabei! Das hat im Oktober 2007 begonnen; da wurde der Antrag auf Umwelt­verträglichkeitsprüfung eingebracht. Ungarn hat Stellung genommen – und zirka 6 000 Bürger aus Österreich und Ungarn haben sich hier beteiligt. Es ist ja nicht so, dass das im stillen Kämmerlein oder unter Ausschluss der Öffentlichkeit passiert, sondern es ist vielmehr so, dass das unter gewaltiger Beteiligung der betroffenen Bürger, auch der ungarischen Staatsbürger, denen auch Dolmetscher zur Verfügung gestellt werden, die hier volle Parteistellung haben, geschieht.

Man muss sich das vorstellen: Das ist ein gewaltiges Verfahren – auch im Interesse einer guten Nachbarschaft! Das Umweltverträglichkeitsgutachten ist seit Sommer 2008 fertig, und derzeit befindet sich der Bescheid in Ausarbeitung.

Die von Ihnen erwähnte konsultative Begleitgruppe ist ja außerhalb des UVP-Verfah­rens. Sie haben das so ein bisschen elegant vermischt, als ob diese Teil des Verfah­rens wäre. Das UVP-Verfahren läuft, und daneben hat mein Vorgänger Josef Pröll die konsultative Begleitgruppe eingerichtet, mit ungarischen und österreichischen Kolle­gen, um Irritationen bei den Ungarn zu vermeiden. Da sind sechs Mitglieder dabei: der ungarische Staatssekretär Oláh, Vertreter des Ministeriums, der Bürgermeister von Szentgotthárd, also der betroffenen Stadt an der Grenze, was den Wirtschaftspark in Heiligenkreuz angeht, und die österreichischen Mitglieder sind Sektionschef Zahrer aus meinem Haus, Abteilungsleiter Holzer, ebenfalls aus meinem Haus, und der zuständi­ge Hofrat der Burgenländischen Landesregierung, Hombauer.

In dieser Arbeitsgruppe geht es darum, außerhalb des UVP-Verfahrens mit den Un­garn zu reden, wo man hier Irritationen vermeiden kann, oder vielleicht darüber zu sprechen, ob man Synergien erzielen kann, beispielsweise dass dann, wenn diese An­lage läuft, die Stadt Szentgotthárd in diesem Zusammenhang eine Fernwärmeversor­gung bekommt. Die Ungarn haben Interesse bekundet. Ob da etwas zustande kommt, wird man sehen. Es kommt auch zum Austausch betrieblicher Daten, und ich unter­stütze diese Idee des Josef Pröll, dass man den Ungarn volle Transparenz bietet und sagt, wie man gemeinsam Lösungen erzielen könnte.

Zum Projekt selbst. – Es steht ja wohl außer Streit, dass jemand, der ein Projekt ein­reicht, vollen Anspruch auf Rechtsstaatlichkeit hat, darauf, dass ein ordnungsgemäßes Verfahren abgeführt werden soll. Für diejenigen, die es nicht wissen: Das Ziel des Pro­jekts, der RVH Reststoffverwertung GmbH, ist, dass man den Industriebetrieb Lenzing Fibers mit der Wärme aus dieser Reststoffverwertung versorgt, weil dieser ansonsten mit Erdgas versorgt werden müsste. Der Betrieb sagt: Wir brauchen mehr Energie, wir können Gott sei Dank die Produktion ausweiten. Ich sage dazu – und dieser Problema­tik bin ich mir bewusst –: in einem extrem strukturschwachen Gebiet, Jennersdorf, Be­zirk Güssing, wo es um Arbeitsplätze geht. Aber das kann nicht das einzige Argument sein, da gebe ich Ihnen absolut recht, auch aus Umweltsicht. Ich bin kein Fürsprecher dieses Projekts, ich bin für ein ordnungsgemäßes Verfahren. Aber die Idee, die dahin­ter steht, hat schon etwas, finde ich, nämlich den Betrieb statt mit Erdgas sozusagen mit kontrollierten Abfällen zu betreiben – ohne das Projekt zu werten.

Gerade in Zeiten, wo wir über erneuerbare Energie reden, ist es schon so, dass wir – gerade hier in Wien ist das ja ein gutes Beispiel – über die Fernwärme eine energe­tische Versorgung durch Verbrennung von Abfall erreichen.

Das ist ein Ziel, wo wir uns auch treffen, nämlich in Richtung einer Energieautarkie Österreichs zu gehen. – Nicht mit diesem Projekt hier, aber wir müssen insgesamt alle Möglichkeiten ausnützen, um hier energieautark zu werden, irgendwann einmal; das ist eine wunderschöne Vision. Mir gefällt es sehr, und ich unterstütze das voll, im Be-


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wusstsein, dass wir fossile Energieträger brauchen, Erdgas und Erdöl, sicher noch eine gewisse Zeit, aber ich denke mir, hier werden wir noch öfter über diese Sache reden.

Jedenfalls bin gerade ich – und damit möchte ich das Thema abschließen –, der aus einem Gebiet kommt, das an Ungarn grenzt, wo wir eine jahrzehntelange Tradition ha­ben, mit den Ungarn auf freundschaftlicher Ebene zu kooperieren, dafür, nach dem Wegfall des Eisernen Vorhangs, nach der Perspektive der EU-Erweiterung in dem gan­zen Gebiet eine neue Dynamik zu erreichen, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch kul­turell. Was das Zusammenleben der Menschen anlangt – die Sprache ist dort eine Barriere; ich bewundere jeden, der Ungarisch kann! –, ist es schon eine tolle Perspek­tive, und daher habe ich großes Interesse, dass Ungarn voll dabei und informiert ist; gar keine Frage.

Abschließend: Für mich ist vom Fachlichen her auch entscheidend, dass die Umwelt­verträglichkeit dieses Projekts eindeutig nachgewiesen wird. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

16.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steier. Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit ab nun für jeden Redner/jede Rednerin 5 Minuten beträgt. – Bitte.

 


16.16.18

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Damen und Herren! Ich möchte eingangs ausdrücklich festhalten, dass zu der von der BEGAS geplanten Reststoffverwertungsanlage in Heiligenkreuz im Bezirk Jen­nersdorf eine umfangreiche Umweltverträglichkeitsprüfung bei der Burgenländischen Landesregierung läuft, wie das auch der Herr Bundesminister betont hat.

Weiters – das ist auch wichtig – ist festzuhalten, dass im Rahmen einer integrativen Gesamtbewertung des Projekts alle verfahrenstechnischen Grundlagen berücksichtigt werden. Erfasst wurden auch Alternativuntersuchungen und die Auswirkungen unter­schiedlichster Bereiche.

Meine geschätzten Damen und Herren, die Größenordnung dieses Projekts und die Tatsache, dass sich die geplante thermische Reststoffverwertungsanlage in Grenz­nähe zu Ungarn befindet, hat dieser geplanten MVA Heiligenkreuz a priori sehr hohe Aufmerksamkeit zukommen lassen.

Angesichts der internationalen Verpflichtungen, die Österreich im Zuge der Espoo-Kon­vention eingegangen ist, wurden, wie auch der Anfragebeantwortung durch den Herrn Bundesminister zu entnehmen ist, zwei Konsultationssitzungen mit Ungarn durchge­führt.

Eine gute nachbarschaftliche Vernetzung ist weiters durch die konsultative Arbeitsgrup­pe und in der Folge durch eine Arbeitsgruppe auf lokaler Ebene gegeben. „In dieser Arbeitsgruppe soll“ – ich zitiere aus der Anfragebeantwortung des Ministers – „unab­hängig vom Genehmigungsverfahren über weitere Möglichkeiten und Details diskutiert werden (u.a. Auslotung von Synergien für die ungarische Seite, insbesondere der Aus­bau der Fernwärmeversorgung, Austausch betrieblicher Daten).“

Geschätzte Damen und Herren, angesichts der Tatsache, dass, wie eingangs ausge­führt, alle gesetzlich vorgeschriebenen Regelungen eingehalten werden, und auch an­gesichts des Umfangs des UVP-Gutachtens ist der implizierte Vorwurf der Grünen, dass keine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Anlage erfolgt wäre, sicher nicht haltbar, auch nicht der Vorwurf mangelnder Information. Das Gutachten zum Projekt lag öffentlich zur Einsicht auf. Im September 2008 fand in der Oberwarter Messehalle


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die öffentliche mündliche Verhandlung mit Projektpräsentation und Projekterörterung statt.

Geteilter Meinung kann man sein, Herr Professor Van der Bellen, über die Dimensio­nierung der Anlage mit einer hohen Durchsatzmenge zur thermischen Reststoffverwer­tung. Allerdings gebe ich zu bedenken, dass hier weder gefährliche Abfälle noch unsor­tierter Müll verbrannt werden sollen. So drückt es der Betreiber aus. Außerdem sollen die verwendeten Abfälle zu einem hohen Anteil umweltfreundlich mit der Bahn angelie­fert werden.

Abgesehen davon wird die Anlage Strom und Wärme mit sehr hohem Wirkungsgrad erzeugen, die die Versorgung der Produktionsanlagen der Lenzing Fibers GesmbH im grenzüberschreitenden Businesspark Heiligenkreuz gewährleisten wird. Angesichts der Ankündigung, dass auch der Ausbau der Fernwärmeversorgung auf ungarischer Seite angedacht ist, ist das Konzept durchaus schlüssig.

Geschätzte Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend noch eine kurze Anmer­kung zum Thema Abfall machen. Im Umweltministerium gibt es seit einiger Zeit inten­sive Gespräche zur Neuorganisation der Verpackungsverordnung. Angesichts der Viel­zahl offener Probleme in diesem Bereich wäre ein transparenter Prozess erforderlich, der die nötige Akzeptanz bei den beteiligten und betroffenen Kreisen findet.

Ich darf daher heute auf diesem Weg meine Erwartung an Sie, Herr Umweltminister, formulieren, dass wir, bezogen auf die VVO, ein Modell finden, welches fairen Wettbe­werb unter Wahrung hoher Standards sicherstellt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Glaser zu Wort. Ebenfalls 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.20.45

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst festhalten, dass ich weiß und überzeugt bin, dass die Beantwortung durch den Herrn Bundesminister so­wohl in Schrift als auch in Wort wirklich absolut korrekt und bestmöglich erfolgt ist.

Ich glaube, gerade Niki Berlakovich hat bei der Bewältigung des Konflikts an der Raab gezeigt, dass es ihm wichtig ist, dass es Lösungen gibt, und dass es ihm wichtig ist, dass diese Lösungen gemeinsam mit unseren Nachbarn, den Ungarn, herbeigeführt werden.

Ich stehe auch nicht an, zu sagen, dass in dem Fall mit dem Schaum auf der Raab zweifelsohne wir die Verursacher waren und die Ungarn sich zu Recht aufgeregt ha­ben, aber es ist Niki Berlakovich gelungen, eine Gesprächsebene zu finden und Lösun­gen zu finden. Ich bin überzeugt, dass er auch in diesem Fall bei der Müllverbren­nungsanlage in Heiligenkreuz bestmöglich seine Person zu einer guten Bewältigung dieser Sache einsetzen wird. Danke, Niki! (Beifall bei der ÖVP.)

Die Müllverbrennungsanlage in Heiligenkreuz ist zu Recht ein Thema in dieser Region dort, auch im benachbarten Ungarn. In der näheren Umgebung dieser Müllverbren­nungsanlage ist es durchaus auch ein parteiübergreifendes Thema, es wird zweifels­ohne von allen Schichten der Bevölkerung kritisch gesehen, aber ich glaube, wir dürfen da die Dinge nicht nur einseitig betrachten, wie es, glaube ich, teilweise von der Grü­nen Seite geschieht, sondern wir müssen versuchen, alle Aspekte dieser Müllverbren­nungsanlage und was damit verbunden ist, zu sehen. Wir müssen sowohl die Be­troffenheit der Bürger ernst nehmen als auch die mit dieser Müllverbrennungsanlage


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ebenfalls verbundenen Entwicklungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit dem Gewer­bepark und nicht nur mit dieser Müllverbrennungsanlage.

Die Vorgangsweise ist also klar: Es muss hier wirklich so sein, dass alle Aspekte best­möglich beleuchtet werden. Es muss – und es hat sie auch schon gegeben – eine poli­tische Willensbildung dazu geben – die hat es sowohl bei der S 7 gegeben, Kollegin Brunner, als auch hier in diesem Fall, und in all diesen Fällen ist die Politik in Burgen­land der Meinung, dass man das umsetzen soll –, und dann muss es die fachlich, sachlich korrekte Beurteilung dieses Projekts geben, wie es zurzeit bei der S 7 mit dem Umweltverträglichkeitsverfahren passiert, wie es im Falle der Umweltverträglichkeits­prüfung bereits eine Verhandlung gegeben hat im September dieses Jahres unter Be­rücksichtigung auch der Umweltverträglichkeit.

Es wird in den nächsten Wochen wahrscheinlich einen Bescheid aus dieser Verhand­lung geben, und es wird egal, wie dieser Bescheid ausgehen wird, die jeweils nicht zufriedene Seite wahrscheinlich dagegen berufen, und es wird in die zweite Instanz, zum Umweltsenat, wie es von Niki Berlakovich, von unserem Minister, bereits gesagt wurde, gehen. Dann hat man immer noch die Möglichkeit, länderübergreifend – also gesamtösterreichisch gesehen und auch Ungarn mit eingeschlossen – eine faire Be­trachtung und Beurteilung dieses Projektes vorzunehmen.

Aber ich möchte auch, unabhängig jetzt vom rechtlichen Standpunkt, politisch ganz klar meine Meinung dazu sagen. Ich glaube, wir müssen hier einfach erkennen: Das Burgenland hat keine eigene Müllverbrennungsanlage. Wir liefern unseren Müll zurzeit nach Oberösterreich, also transportiert wird er allemal. Man kann streiten über die Mengen, die hin und her geliefert werden.

Die Größe der Anlage hängt ursprünglich zusammen mit den Möglichkeiten mit Len­zing Lyocell beziehungsweise mit dem Gewerbepark, hängt einzig und allein damit zu­sammen, dass diese Wärme gebraucht wird von Lenzing Lyocell, vom Gewerbepark, aber auch von unserer ungarischen Partnerstadt St. Gotthard, einschließlich des Opel-Werkes. Opel hat zum Beispiel in den vergangenen Tagen der Gaskrise schließen müssen und ist daher durchaus sehr interessiert daran, dass hier eine alternative Ener­giequelle zur Verfügung steht.

Zu dem, was Sie bezüglich des Standortes gefragt haben, dass der eine Beeinträchti­gung für die Landschaft wäre: Also wenn eine derartige Anlage mitten in einem Gewer­bepark steht, dann glaube ich nicht, dass das wirklich eine Beeinträchtigung der Land­schaft ist, auch nicht des Naturparks. Und was die Schadstoffe betrifft, darf ich Ihnen sagen, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass da schlechtere Abgaseinrichtungen vorgesehen wären als in Wien, wo es, glaube ich, zwei oder drei derartige, auch in der Dimension vergleichbare Anlagen gibt.

Die Belastung der Kläranlage, die Sie ansprechen, ist in meinen Augen eigentlich ver­nachlässigbar. Ich kann mir das beim besten Willen nicht vorstellen. Das ist eine Anla­ge, die bei weitem nicht ausgelastet ist und noch sehr, sehr viel an Einwohnergleich­werten vertragen kann.

Abschließend möchte ich ganz einfach festhalten: Wir müssen die Diskussion mit der Bevölkerung und die Information weiter vorantreiben. Wir müssen das auch mit den Ungarn tun. Ich hoffe, dass wir in dieser Region aus dem Dornröschenschlaf erwachen und gemeinsam eine Entwicklung dieser Region vorantreiben können. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

16.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Hofer. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 167

16.26.24

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte unterstreichen, dass es eine politische Entscheidung war, dieses Projekt in Südburgenland zu starten, und dass der Grundstein für dieses Projekt die Errichtung des sogenannten Lyocell-Werkes in Heiligenkreuz war.

Man hat, als Burgenland Ziel-1-Fördergebiet war, mit sehr viel Geld dieses Projekt von Oberösterreich ins Burgenland geholt, und man hat damals – das wird vielen von Ihnen vielleicht nicht bekannt sein – einen Arbeitsplatz mit umgerechnet 700 000 € gefördert. Sie können sich leicht ausrechnen, dass man, wenn man eine derartige Summe ein­setzt, in Wirklichkeit die Arbeitnehmer mit den Zinsen bezahlen könnte, wenn man das Geld auf die Bank legen würde. Das heißt, das war in Wirklichkeit eine volkswirtschaft­lich sehr, sehr problematische Entscheidung, weil wir in Wirklichkeit mit öffentlichen Geldern ein Werk von Oberösterreich ins Burgenland geholt haben.

Das waren die Voraussetzungen. Man hat damals versprochen, es gibt Arbeitsplätze in Südburgenland. Sie müssen wissen, in Südburgenland gibt es Probleme, was den Ar­beitsmarkt anbelangt. Es hat dann aber in der ersten Phase nicht so ausgesehen, als könnten sehr viele Burgenländer dort beschäftigt werden. Ich glaube, Herr Minister, es waren dort insgesamt 100 Personen beschäftigt. In der Anfangsphase war es natürlich vor allem Personal aus Oberösterreich, weil das ganze Werk in der Anfangsphase ja nicht von neuen Arbeitskräften betreut werden konnte. (Zwischenbemerkung von Bun­desminister Dipl.-Ing. Berlakovich.) – Auch Steirer. Ja, Herr Bundesminister.

Das heißt, wir haben jetzt dieses Werk im Südburgenland, es gibt Probleme mit der Auslastung des Wirtschaftsparks Heiligenkreuz, und nun, meine Damen und Herren, kommt diese thermische Abfallverwertungsanlage. Dass Ungarn hier sehr sensibel ist, ist klar. Die Vorgeschichte mit der Schaumbildung im Bereich der Raab ist angespro­chen worden. Die Schaumbildung war offensichtlich verursacht durch Lederfabriken im Vorfeld, durch mehrere Fabriken. Der Schaum hat gestunken. Die Ungarn waren sehr verunsichert und haben sogar dazu aufgerufen, kein Bier mehr aus Österreich zu trinken aus Protest und aus Ärger über diese Schaumbildung. Das Problem ist Gott sei Dank positiv gelöst worden. Aber jetzt müssen wir das Projekt dieser thermischen Ab­fallverwertungsanlage ganz kühl, sachlich und nüchtern betrachten.

Die Dimension dieses Projektes ist derart gestaltet, dass dort die zehnfache Menge des Mülls, der in Burgenland anfällt, verwertet werden kann. Das heißt, ein riesiges Projekt für burgenländische Verhältnisse. Es ist weiters so, dass rund 70 Prozent der Abfallmenge mit der Bahn zu dieser thermischen Abfallverwertungsanlage transportiert werden kann. Das heißt im Umkehrschluss aber auch, dass die dreifache Menge des Mülls, der im gesamten Burgenland anfällt, nicht über die Bahn angeliefert werden kann, dass die dreifache Menge des Abfalls, der im gesamten Burgenland anfällt, über Lkws zu dieser Anlage geliefert werden muss. Das bedeutet natürlich auch eine große Belastung für diese Region, das bedeutet eine Belastung mit Feinstaub, und diese Lkws werden ja auch nicht unbedingt sonderlich leise sein.

Noch etwas ist geplant – und auch das muss gesagt werden –, nämlich dass hier Vor­klärschlämme eingesetzt werden. Dann wird es eben dieses olfaktorische Problem, das Sie angeführt haben, auch in diesem Bereich geben, weil diese Vorklärschlämme natürlich fürchterlich stinken. Wer schon einmal hinter so einem Lkw nachgefahren ist – da sind Container drauf, in denen dieser Vorklärschlamm drinnen ist –, der weiß, dass diese Container nicht dicht sind. Das heißt – egal, ob mit Bahn oder mit dem Lkw –, da verliert man Flüssigkeit, die kommt auf den Boden, und diese Flüssigkeit stinkt natür­lich. Daher ist es zu verstehen, dass die Bevölkerung in dieser Region diesem Projekt sehr, sehr skeptisch gegenübersteht.


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Ich kann verstehen, dass die Verantwortlichen der BEGAS hier auch den finanziellen Aspekt betrachten und natürlich ein Geschäft machen wollen, das Geschäft mit dem Müll, das zwar nicht jetzt im Moment, aber doch über längere Zeit betrachtet ein gutes Geschäft ist, aber man muss auch sehen, dass dadurch die Belastung für diese Region enorm ist.

Jetzt versetzen Sie sich einmal in die Lage eines Südburgenländers in einer Region, die über viele Jahre hinweg benachteiligt war, in der es immer noch wenig Arbeits­plätze gibt, der auch bei Lenzing Lyocell keinen Arbeitsplatz gefunden hat, versetzen Sie sich in die Situation der Klein- und Mittelbetriebe, die auch Arbeitnehmer beschäfti­gen und die nicht 700 000 € an Förderung pro Arbeitsplatz bekommen. Die sind natür­lich unzufrieden, weil man den Eindruck hat, man wird jetzt zum Mistkübel der ganzen Region. Die zehnfache Abfallmenge wird dort verbrannt, nur ein Zehntel davon wird im Burgenland anfallen. Das heißt, es muss dieser Abfall nicht von nah, sondern von fern zu dieser thermischen Abfallverwertungsanlage transportiert werden.

Daher glaube ich, es muss der bessere Weg sein, auch hier kleinräumig zu denken, keine langen Strecken zu bewältigen, sondern zu versuchen, kleinere Anlagen zu pro­jektieren, damit man den Müll aus der Region dort verwerten kann. (Beifall bei der FPÖ.)

16.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Widmann zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.31.55

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Stellen Sie sich vor, Sie bauen eine Müllverwertungsanlage mit nicht zehn-, son­dern elffacher Kapazität – denn das ist die genaue Zahl – dessen, was im Burgenland anfällt, in eine Thermen- und Tourismusregion. Das ist so, als ob man ein Bordell ne­ben eine Kirche baut. (Zwischenruf des Abg. Großruck.) Wer macht denn so etwas?, fragt Gernot Deutsch, Geschäftsführer der Heiltherme Bad Waltersdorf, Herr Kollege von der ÖVP, nicht der Rainer Widmann. So ist das! (Beifall beim BZÖ.)

Wer macht denn so etwas? Und der Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist ja der, dass zwar der Herr Umweltminister, den ich sehr schätze, hier steht und sagt, er macht ein UVP-Verfahren mit der rot-schwarzen Landesregierung, aber im Wesentlichen die Sache schon entschieden ist. Das ist der Punkt! Das haben wir ja gerade bei den Ausführungen gehört.

Die FPÖ ist ein bisserl dafür und ein bisserl dagegen, aber sie weiß auch nicht ganz genau, wo sie umweltpolitisch und arbeitsmarktpolitisch das Ei hinlegen soll, lieber Lutz Weinzinger. So ist das! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Weinzinger: Hauptsache, auf die FPÖ losgehen!) Und das, obwohl eine breite Öffentlichkeit, Gemeinden, die ungari­schen Nachbarn, Bürger, Umweltschutzvereine, Greenpeace, Global 2000, Naturver­eine dagegen sind.

Wissen Sie, wie das die Landesrätin Ursula Haubner als Umweltlandesrätin in Oberös­terreich gemacht hat? – Sie hat einen Umweltbeirat eingerichtet bei der WAV in Wels, sie hat das vorher abgeklärt, und sie hat die Kapazitäten auf das Bundesland Oberös­terreich abgestellt und nicht so wie im Burgenland, wo man das Elffache unter Umstän­den aus der ganzen EU herankarren will. Machen Sie das Burgenland nicht zum Müll­importland Österreichs, meine Herren und Damen! (Beifall beim BZÖ.)

Ich bin schon gespannt darauf, wie diese UVP ausschauen wird, denn da gibt es sach­lich sehr viele Dinge, die zu berücksichtigen sind. Sie reden von der S 7. Ich bin dafür, dass die S 7 gebaut wird, aber es gibt keinen Straßenanschluss, es gibt keinen Bahn-


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anschluss. Denken Sie an das IG-Luft. Es gibt dort genügend Gemeinden, die Sanie­rungsgebiete sind. Wie geht denn das unter einen Hut? Und denken Sie, die Europäer von der ÖVP, auch daran, was die EU sagt. Es ist ein europarechtliches Grundprinzip, dass man den Abfall dort entsorgen soll, wo er anfällt. Denken Sie auch daran! Oder passt jetzt die EU auf einmal nicht mehr hinein in dieses Konzept? (Abg. Donabauer: Ach Gott!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, man kann es sich nicht so einfach machen. Sie werden Müll aus der EU ins Burgenland importieren und haben Ihren Umweltlan­desrat, Ihren Landwirtschaftsminister exportiert. Mir wäre es lieber, er hätte die Proble­me dort vor Ort gelöst und hätte einen Umweltbeirat eingerichtet. (Beifall beim BZÖ.)

Das wäre eine gescheite Vorgangsweise. Machen Sie doch einen Müllverbrennungs­gipfel im Burgenland mit der Landesregierung! Fragen Sie Ihren Koalitionspartner von der SPÖ, den roten Landeshauptmann, ob es dort gescheite Lösungen gibt! Machen Sie das! Es hält Sie keiner auf.

Daher sage ich – und das ist auch wichtig –: Im Südburgenland und auch in der Südoststeiermark sind im Tourismus, im Wellnessbereich, im Thermenbereich rund 10 000 Menschen und ihre Arbeitsplätze betroffen. Die Müllverbrennungsanlage schafft hundert Arbeitsplätze. Wir reden hier vom Faktor 100. Wenn Sie, liebe Herren und Da­men von der ÖVP und von der SPÖ, hundert Arbeitsplätze gegen zehntausend aufs Spiel setzen wollen, dann tun Sie das. Aber nicht mit uns! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Donabauer: Nehmen Sie den Müll?)

Ich weiß schon, dass die ÖVP ein bisserl nervös ist, weil einfach die Konzepte fehlen und weil man einfach drüberfahren will. Man will einfach drüberfahren über die Leute, über die Region, über den Umweltschutz. Man will Fakten schaffen. So ist es! Ich ken­ne euch ja. Genau so ist die ÖVP!

Daher sage ich Ja zum Erhalt von 10 000 Arbeitsplätzen in dieser Region, Ja zu ver­nünftigen regionalen Abfallwirtschaftskonzepten, die auf diese Region abgestimmt sind, aber Nein zum Mülltransit, Nein zum Müllimport (Abg. Rädler: Nein zum Burgen­land!) und Nein zur Geschäftemacherei auf dem Rücken der Natur und der Arbeits­plätze. Schützen Sie unser Burgenland, damit es nicht zum Müllland Nummer eins in Österreich wird! (Beifall beim BZÖ.)

16.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Brunner zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.36.32

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Damen und Herren! Ich möchte auch den Vertreter der ungarischen Botschaft bei uns begrüßen. (Beifall bei den Grünen. Der Angespro­chene dankt mit einem Neigen des Kopfes.)

Die Fragen, die Kollege Van der Bellen an Sie gestellt hat, haben sich nicht nur auf die UVP bezogen, sondern sind auch Fragen, die von der ungarischen Seite im Zuge des Espoo-Verfahrens gestellt wurden. Also, es gibt hier sehr wohl Interesse, dass diese Fragen auch beantwortet werden.

Sie haben hier den Hinweis gegeben, dass das ja in den UVP-Unterlagen zu finden sei. Die UVP-Unterlagen liegen bis zur mündlichen Verhandlung zur öffentlichen Ein­sicht auf, und als Burgenländer wissen Sie wahrscheinlich, dass diese Verhandlung am 16. und 17. September des letzten Jahres in Oberwart stattgefunden hat. Also eine öffentliche Einsichtnahme ist jetzt leider nicht mehr möglich.


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Sie schreiben in Ihrer Beantwortung auch, dass diese Anlage dazu dient, Abfälle sinn­voll zu verwerten. Ich habe mir diese Unterlagen in den Sommermonaten sehr genau angeschaut, und ich werde jetzt begründen, warum wir Grüne diese Anlage ablehnen und die Bürgerinitiativen sowohl in Ungarn wie auch in Österreich weiterhin unterstüt­zen werden, und ich werde nicht, wie Kollege Steier vorhin, ein Werbeblatt der BEGAS vorlesen.

Die Anlage – es ist schon erwähnt worden – dient dazu, 325 000 Tonnen Müll im Jahr zu verbrennen. Das ist mehr als die zehnfache Menge des burgenländischen Müllauf­kommens. Dass das nichts zur Unabhängigkeit in der Energieversorgung beiträgt, son­dern uns im Gegenteil noch mehr von Importen abhängig macht, ist wohl klar.

Der Müll muss importiert werden, muss herangekarrt werden. Das löst Verkehrsströme aus, das führt zu Emissionen – und das alles in einem Feinstaubsanierungsgebiet! (Abg. Großruck: Sie kennen sich überhaupt nicht aus! Schauen Sie sich das einmal genau an!)

Die Anlage befindet sich direkt in der Nähe von Natur- und Nationalparks, und ich glaube, wer von Ihnen das Südburgenland kennt, der wird wohl zustimmen, dass ein 60 Meter hohes Gebäude mit zwei 98 Meter hohen Schornsteinen nicht in das Land­schaftsbild passt, auch wenn man einem Gutachter noch so viel Geld gibt, damit er sagt, es passt dorthin. Das passt ganz sicher nicht dorthin. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist schon angesprochen worden, für wen diese Anlage gebaut werden soll, nämlich für eine einzige Firma, die Lenzing Fibres, und es geht nicht darum, dass diese Firma Energie bekommen soll – sie hat Energieversorgung –, sondern es geht nur darum, dass sie billigere Energie bekommen soll, während die regionalen Betriebe und die Be­völkerung keine einzige Kilowattstunde bekommen und weiterhin von teurer Energie abhängig sind.

Diese Anlage gefährdet die Arbeitsplätze in den regionalen Betrieben, vor allem in un­seren Tourismusbetrieben, die auf sanften Tourismus setzen und eigentlich von unse­rer noch intakten Natur und Landschaft leben.

Was mir besonders Sorge bereitet, sind unsere nachbarschaftlichen Beziehungen mit Ungarn. Wir wissen es, wir haben oft im Burgenland gejammert, wir leben in einer Randlage, wir sind benachteiligt. Jetzt haben wir durch die Öffnung der Grenzen die Chance, uns auch wirtschaftlich zusammenzutun und von dieser Vereinigung Europas zu profitieren, doch jetzt werden durch so ein unsinniges Projekt diese nachbarschaft­lichen Beziehungen gefährdet. Und das ist auch keine Art, wie man mit seinen Nach­barn umgeht. (Beifall bei den Grünen.)

Damit komme ich zum laufenden Verfahren, das schon mehrfach angesprochen wur­de. Ich habe die Problematiken, die in diesem Verfahren stattgefunden haben – und da gibt es mehrere –, natürlich im Umweltrat angesprochen, kann aber hier aus Zeitgrün­den leider nur einige davon aufzählen.

Sie haben es angesprochen: Es sind 6 000 Parteien. 6 000 Nachbarinnen und Nach­barn haben sich als Partei in dieses Verfahren hineinreklamiert – aber nicht, weil sie von der Behörde oder von der Betreiberin eingeladen wurden, sondern aus eigener Ini­tiative! Diesen Parteien, diesen Bewohnerinnen und Bewohnern, wurde es so schwer wie möglich gemacht, im Verfahren an der Verhandlung teilzunehmen. Die Verhand­lung wurde nach Oberwart verlegt, damit eben die Leute es schwerer haben, dorthin zu kommen.

Das geht weiter zu einem Vorstandsdirektor Simandl, der untergriffige Meldungen über alle Kritikerinnen und Kritiker verbreitet, und endet in einem Landeshauptmann, der das Projekt schon von vornherein befürwortet hat und eindeutig parteiisch ist. (Beifall


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 171

bei den Grünen. – Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Das müssen Sie dem Lan­deshauptmann sagen!)

Ich weiß, dass Sie für die Abwicklung des Verfahrens nicht zuständig sind. Aber Sie sind zuständig dafür oder treffen die Entscheidung darüber, ob Österreich ein Müll-Im­portland wird oder nicht. Wir haben bereits so viel an Müllverbrennungskapazitäten, wie wir Restmüllaufkommen haben. Wenn alle geplanten Anlagen umgesetzt werden, dann werden wir doppelt so viel an Müllverbrennungsanlagen haben, wie wir überhaupt Müll zu verbrennen haben. Daher fordere ich Sie auf, hier die entsprechenden Rah­menbedingungen zu schaffen und diesem Wildwuchs, dem Wildwuchs solcher unsinni­ger Projekte ein Ende zu bereiten.

Im Übrigen gibt es hier noch eine offene, oder eine auch beantwortete Frage meiner Kollegin Lichtenecker aus dem vergangenen Jahr. Da haben wir genau nachgefragt, wie es sich mit den Müllim- und -exporten aus den einzelnen Bundesländern verhält. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Dies wurde von Ihrem Ministe­rium auch unzureichend beantwortet. (Beifall bei den Grünen.)

16.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

16.42.03Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die Verhandlungen über den 4. Punkt der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kirchgatterer. Wenn Sie wollen, Herr Abgeordne­ter, stelle ich die Uhr auf 2 Minuten. – Bitte.

 


16.42.18

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ) (fortsetzend): Meine Damen und Herren, ich darf zur Diskussion über das Budgetprovisorium zurückkommen, ausgehend auf der einen Seite von den positiven Maßnahmen der Bundesregierung, auf der anderen Seite des Verhaltens des Managements der Post AG mit dem Beispiel des Postam­tes 4606, wo Postkunden weggeschickt werden, wenn sie eingeschriebene Briefsen­dungen abholen wollen.

Es ist ein Postamt, das stark frequentiert ist, für 12 000 Bewohner in einem Gebiet mit großen Industriebetrieben und Gewerbebetrieben; daher ist es auch für die Arbeitneh­mer dieser Betriebe von großer Bedeutung. Es gibt in der Bevölkerung natürlich Unmut über diese Provokation, ich möchte sagen, diese Schikane der Post AG. In meinem Bundesland, in Oberösterreich, werden von den Gemeinden Resolutionen verfasst und Resolutionen beschlossen, in Gemeinden mit SPÖ-Mehrheit und auch in Gemeinden mit ÖVP-Mehrheit. (Abg. Hornek: Der Generaldirektor war Bürochef bei der SPÖ! Dass Sie es wissen!)

Ich fordere die Verantwortlichen der Post AG auf, hier einzulenken und die Versorgung flächendeckend sicherzustellen, besonders in den Bezirken in Oberösterreich, wie ge­sagt, in SPÖ- und ÖVP-Gemeinden. Resolutionen dazu sind verfasst; ich möchte dies hier noch ausdrücklich unterstützen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Steier zu Wort. Gewünschte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 172

16.43.57

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Her­ren! Herr Staatssekretär! Das gesetzliche Budgetprovisorium 2009 trifft Vorsorge für die Zeit bis zur Verabschiedung des Budgets, die voraussichtlich Ende Mai erfolgen wird. Die Voraussetzungen haben meine Vorredner vor Beginn der kurzen Debatten besprochen. Es geht darum, dass die Voraussetzungen von der Wahl her beziehungs­weise vom Budget-Bundesgesetz her geändert wurden und daher jetzt auch dieses Provisorium erfolgen muss.

Uns allen ist bewusst, dass wir angesichts der internationalen Finanzkrise und schlech­ter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen alle vor großen Herausforderungen stehen, auf die es rechtzeitig und schnell zu reagieren gilt. Die Politik wird sich in dieser Krise zu bewähren haben, denn die Erwartungen, die in uns alle gesetzt werden, sind rie­sengroß. Mit dem Konjunkturbelebungsgesetz, mit den Maßnahmen des Regierungs­programms und nicht zuletzt mit Hilfe des Budgetkurses sollen die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise für jeden und jede Einzelne/n möglichst gering gehalten werden.

Hier gibt es verschiedenste Theorien, auch diese wurden zum Teil schon angespro­chen. Tatsache ist, dass es jetzt gilt, mehr einzusetzen, als möglicherweise nachher jede Form von Arbeitslosigkeit beziehungsweise von Firmeneinbrüchen kosten würde. Diese politische Linie verfolgen wir, und diese werden wir auch künftig mit Nachdruck umsetzen.

Im Zuge des gesetzlichen Budgetprovisoriums wird weiters dafür vorgesorgt, dass der noch nicht abgerufene Teil der 8 Milliarden € aus dem Bankenpaket bei Bedarf zu Be­ginn des Finanzjahres 2009 für die Eigenkapitalstärkung unserer Banken zur Verfü­gung steht. Obwohl der EU-Sanktus zum Bankenpaket schon im Dezember erfolgt ist, scheint die Dringlichkeit der Maßnahmen bei den Banken selbst noch nicht gegeben zu sein. Aber hier vertrauen wir darauf, dass es notwendige Schritte im Vorgespräch ge­geben hat, die, wie wir heute gehört haben, gelöst wurden. Hoffentlich wird jetzt derje­nige, der als Kleinunternehmer oder als Privater einen Kredit braucht, diesen auch ge­währt bekommen. Das benötigt unsere Wirtschaft, das benötigen wir insgesamt. Diese konkrete Kreditklemme für Investitionen muss gelöst werden, und da gehören alle An­strengungen unternommen.

Neben kurzfristigen Impulsen für die Konjunktur, Infrastrukturinvestitionen, Zukunfts­investitionen und der Entlastung von ArbeitnehmerInnen dürfen wir ökologische Invest­ments nicht aus den Augen verlieren. Konkret gilt dies für Investitionen in Umwelt, Kli­maschutz und Energieinfrastruktur, wie zum Beispiel eine moderne, effiziente, ökologi­sche Energienutzung oder neue Technologien zur nachhaltigen Energieversorgung.

Geschätzte Damen und Herren, fest steht, dass als Folge des Gasstreits zwischen Russland und der Ukraine ein großer Teil der europäischen Erdgasversorgung sprich­wörtlich auf der Strecke geblieben ist. Dies hat uns die Abhängigkeit der EU von Ener­gieimporten und die Notwendigkeit einer echten europäischen Energiepolitik sowie der Verbesserung der Energieeffizienz, aber auch die Notwendigkeit der Nutzung einheimi­scher Ressourcen und alternativer Energieformen deutlichst vor Augen geführt. Nur dann, wenn wir jetzt das Richtige tun, haben wir – und davon dürften wir alle gemein­sam überzeugt sein – eine Chance, gestärkt aus der Krise herauszukommen.

Wir von der Sozialdemokratie werden alles unternehmen, um den einzelnen Menschen zu helfen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Hagen­hofer. Gewünschte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 173

16.47.54

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist heute ja schon oft davon gesprochen worden: Die Situation, vor der wir jetzt stehen, diese Krise ist von einer Finanzkrise in den USA ausgegangen und schlägt sich täglich mehr und mehr in unserer Realwirt­schaft nieder. Es ist – ich glaube, das kann man wirklich ohne Übertreibung sagen – die Bundesregierung gewesen, die sofort reagiert hat, wobei auch alle Parteien daran mitgewirkt haben – beim Bankenpaket –, dass der Geldfluss aufrecht bleibt. Es war wiederum die Bundesregierung sofort mit einem Mittelstands-Konjunkturpaket zur Stel­le, um Arbeitsplätze und Wirtschaft überhaupt so weit wie möglich abzusichern.

Dass sich diese Ansätze – auf ein paar davon möchte ich jetzt eingehen – natürlich im Budgetprovisorium, aber auch im nachfolgenden Budget niederschlagen werden, ist klar. Die Bundesregierung hat es als erklärtes Ziel ausgegeben, dass die Arbeitsplatz­erhaltung und die Arbeitsplatzstützung sozusagen das wesentlichste Ziel oder das er­klärte Ziel in dieser Situation sind. Das ist gut so, denn die Menschen müssen sich – so wie auch die Wirtschaft – in schwierigen Zeiten auf die Regierung verlassen können.

Herr Staatssekretär, ich möchte Ihnen ein Beispiel dafür mitgeben, wo der Geldfluss offensichtlich noch nicht richtig funktioniert. Ein Unternehmer – sein Betrieb mit 80 Mit­arbeitern ist als Mittelbetrieb einzureihen – wollte eine Kreditaufstockung. Seit Oktober sind dort die Aufträge eingebrochen, und die Firma wollte, um die Arbeitskräfte nicht freistellen zu müssen, eine Kreditaufstockung um 200 000 €. Es handelt sich um ein noch voriges Jahr von der Bank positiv bewertetes Unternehmen. Heuer haben sie dort von der Bank den Auftrag bekommen, für 2009 sozusagen eine Bilanzprognose zu er­bringen.

Ich glaube, Herr Staatssekretär, wenn Sie ein solches Beispiel hernehmen, dann se­hen Sie, da stimmt etwas noch nicht. Der Geldfluss ist noch nicht wirklich dort, wo er sein soll. Heute Vormittag habe ich von Ihnen auch gehört, dass der Finanzminister mit den Bankenvertretern beieinandersitzt, und das ist gut so.

Auch ein weiteres Paket, das schon vorher akkordiert ist und raschest beschlossen werden wird, wird sehr starke Hilfe bringen, nämlich dadurch, dass in bestimmten Be­reichen die Kurzarbeit abgeändert wird, und zwar insofern, als während der Kurzarbeit auch Qualifikationen erworben werden können. Das ist ein ganz, ganz positives Signal dafür, wie man als Arbeitnehmer, aber auch im Unternehmen aus der Krise wieder gestärkt hervorgehen kann.

Noch etwas kommt bei der Kurzarbeit hinzu, und das muss man auch sagen: Solange die Menschen mit Kurzarbeit in Arbeit gehalten werden können, fließen Geldströme in Krankenkassen und in Pensionsversicherungen. Bei Arbeitslosigkeit ist das eben weni­ger und hinsichtlich der Pensionsversicherung gar nicht der Fall. Daher ist das ein ganz wesentliches Instrument, und die Menschen haben noch immer das Gefühl, sie sind in Arbeit und nicht arbeitslos. Daher ist es auch ganz wichtig, dass das schon angegan­gen worden ist.

Die Jugend braucht eine Chance, die Jugend braucht Hoffnung, und die Jugend muss das Signal bekommen – das bekommt sie mit den zusätzlichen Lehrwerkstätten, die auch von der Regierung in dieser Situation angesprochen wurden, um sie umzuset­zen –: Ihr werdet gebraucht, und wenn kein Arbeitsplatz zur Verfügung steht, aus wel­chen Gründen immer, so habt ihr in überbetrieblichen Lehrwerkstätten dazu die Mög­lichkeit.

Ich denke, das sind Signale, mit denen wir gut in die Situation hineingehen können. Wir werden Kraft brauchen, um das gemeinsam durchzutauchen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.52



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 174

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kuzdas zu Wort. 4 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


16.52.12

Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Wir befinden uns – das ist nichts Neues – mitten in einer Wirtschafts­krise, die eigentlich aus einer importierten Finanzkrise entstanden ist. Die Realwirt­schaft ist unmittelbar betroffen. Aber über Maßnahmen zu schwadronieren oder Scha­denfreude darüber zu äußern, ob irgendjemand in einem halben Jahr Recht behalten wird, ist, glaube ich, zu wenig und hilft uns nicht weiter.

Was weiterhilft, sind die Konjunkturpakete, die die Bundesregierung entwickelt hat und die wir auch schon beschlossen haben. Wir brauchen uns auch im internationalen Ver­gleich nicht für diese Konjunkturpakete zu genieren. Worum es jetzt geht, ist, dass das Geld auch dort ankommt, wo es hin soll, damit die wirtschaftliche Talfahrt zu Ende geht. Da müssen wir die Banken in die Pflicht nehmen. Wir dürfen aber auch nicht ver­gessen – wenn man zum Beispiel an die Maßnahmenpakete betreffend Bundesimmo­bilien denkt –, dass öffentliche Auftragsvergaben ausgeschrieben werden müssen und dass dies eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt.

Meine Damen und Herren, eine Krise müssen wir auch so sehen, wie sie wirklich ist: Eine Krise gehört zum Leben dazu, egal, ob im privaten Bereich oder in der Wirtschaft. Das ist nicht schönzureden, es ist aber auch nicht der Weltuntergang. Wir müssen mit der Krise richtig umgehen, sie kann aber auch eine Chance sein. So wie John Maynard Keynes einmal gemeint hat: Fehler sind nützlich, aber nur, wenn man sie schnell findet; ich bringe hier den Zusatz an: und rechtzeitig und richtig gegensteuert. Die Krise als Chance und Herausforderung, nicht nur für den Staat, die Krise als Chance auch für Unternehmen, als Chance, die Produktions- und Wertschöpfungsprozesse zu evaluie­ren, und als Chance, neue Strukturen zu schaffen, auch, um aus der Krise gestärkt hervorzugehen.

Natürlich – und das wissen wir – gibt es leider auch Verlierer der Krise, und gerade um diese Menschen müssen wir uns kümmern: zum Beispiel um jene, die Angst haben, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, oder um jene, die ihn schon verloren haben und auf Ar­beitsuche sind. Leider steigt deren Anzahl; wir wissen das. Ich weiß es aus meinen Sprechstunden; da mutiert das Bezirksbüro fast zu einer Außenstelle des AMS.

Was aber Mut macht, sind viele Unternehmen, gerade Klein- und Mittelbetriebe, die noch immer sehr gut dastehen, und das sollte auch ein wenig die Stimmung heben. Warum spreche ich von dieser Stimmung? – Weil ich der Meinung bin, dass eine Krise auch stimmungsabhängig ist. Man spricht nicht umsonst von der Stimmung auf den Aktienmärkten, von der Stimmung in den Unternehmen, und man spricht von der Stimmung auf dem Arbeitsmarkt. Investitionsentscheidungen werden aus emotionalen Überlegungen oft hinausgeschoben und Ankäufe oft nicht getätigt; das kann auch kon­traproduktiv sein.

Viele Unternehmen, die mitten in der Krise stehen und deren Aktienkurse dadurch ge­fallen sind, stehen aufgrund der Ergebnisse und der Struktur nicht schlechter da als vor der Krise. Nicht umsonst wird in den Vereinigten Staaten von Amerika dem neuen Prä­sidenten als Motivator zugetraut, die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Dazu wird er Kon­junkturpakete verabschieden, dazu fordert er seine Landsleute auf, mit ihm ein Stück des Weges zu gehen, und er motiviert sie zum Aufbruch, zu einem Neuanfang. Er ap­pelliert an die Kreativität, das Engagement und die Kraft seiner Landsleute. Es scheint ihm zu gelingen, und das ist ihm zu wünschen.

Der gegenteilige Fall wäre die sogenannte selbsterfüllende Prophezeiung: nur lange genug die Wirtschaft krankjammern, dann wird sie noch kränker. Da möchte ich auch


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die Rolle der Medien kritisch beleuchten. Krankjammern und jeden Tag Horrormeldun­gen verbreiten, das hilft niemandem, eine sachliche Berichterstattung würde ausrei­chen. Die Menschen halten die Wahrheit aus, und sie haben sich auch die Wahrheit verdient.

Krankjammern macht krank und gefährdet die Wirtschaft. Krankjammern gefährdet Ar­beitsplätze, und Arbeitslosigkeit ist wohl die teuerste Krisenerscheinung. Dem müssen wir entschieden entgegenwirken. Die Bundesregierung tut das, und Konjunkturpolitik ist in Krisenzeiten wichtiger als so manches Konvergenzkriterium. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. 4 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


16.56.43

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatsekretär! Meine Damen und Herren! Logischerweise haben wir eine Debatte zum Budgetprovi­sorium über das Kernthema dieser Tage geführt: Wie hat es zu dieser Krise kommen können? – Bei aller oft durchaus auch, sagen wir, pointierten Zuspitzung, wie Politiker sich mit Themen auseinandersetzen, sollten wir es uns bei so einem Thema nicht allzu leicht machen. Denn über die Konsequenzen dieser Krise haben wir in sehr eindrucks­vollen Worten auch von den Kolleginnen und Kollegen aus den Bundesländern gehört, wie die Auswirkungen im konkreten Leben der Menschen sind.

Was war die Ursache? – Barack Obama hat es vorgestern in seiner Rede ganz knapp bezeichnet: Die Gier weniger ist eine wesentliche Ursache dafür gewesen, dass wir an diesem Punkt angelangt sind. Genau mit dieser Fragestellung sollten wir uns auseinan­dersetzen: Was ist mit einem gut funktionierenden marktwirtschaftlichen System pas­siert, das über Jahrzehnte eine Prosperität ohnegleichen mit sich gebracht hat?

Die Antwort findet sich in einer Politik, die in den letzten 20 Jahren in vielen Ländern dieser Welt stattgefunden und auf alle Bereiche übergegriffen hat. Spekulation ist nicht Marktwirtschaft! Im Gegenteil: Bestimmt die Spekulation das wirtschaftliche Gesche­hen – die Preisbildung, die Angebots- und Nachfragebildung –, dann stört sie genau jenen Vorgang, der die Stärke der Marktwirtschaft darstellt. Jene „invisible hand“ des Adam Smith funktioniert ja nur deswegen, weil der Produzent, weil der Unternehmer in dem Moment, in dem die Nachfrage steigt, mehr produziert und so lange mehr produ­ziert, wie er einen Gewinn daraus zieht. Damit sorgt er, wenn die Nachfrage stärker wird, automatisch für mehr Produktion.

Was tut der Spekulant, wenn er erwartet, dass morgen die Nachfrage und, so gesehen, auch der Preis steigt? – Er liefert nicht mehr, sondern er hält zurück. Genau diese Stö­rung des marktwirtschaftlichen Verhältnisses ist der Grund dafür, dass solche Märkte nicht unsere reale markwirtschaftliche Produktion von Gütern und Dienstleistungen bestimmen dürfen!

Meine Damen und Herren, jetzt sind wir bei den Aufräumarbeiten. Eine der Aufräum­arbeiten haben wir gut gemacht, und zwar hinsichtlich der Frage: Wie stelle ich sicher, dass wir nicht eine Kernschmelze wie in den zwanziger und dreißiger Jahren erle­ben? – Jede Kritik, die aus allen Fraktionen darüber vorgebracht worden ist, dass das Bankenpaket noch nicht die notwendige Finanzierung für die Unternehmungen mit sich bringt, ist richtig. Aber nicht deswegen haben wir das Bankenpaket hier in solcher Eile beschlossen, sondern der wesentliche Grund für dieses Paket war folgender: Wir mussten und wollten verhindern, dass wir jemals wieder eine Zeit erleben, in der die


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Menschen zu den Bankschaltern stürmen, Bargeld abheben und damit einen Zustand auslösen, den wir nicht mehr beherrschen können!

Aber diesen Teil ... (Abg. Bucher: Über 10 Milliarden!) Nein, nein, dieser Teil ... (Abg. Bucher: Einlagensicherung: 10 Milliarden!) Da brauchen auch Sie, die Sie mitgestimmt haben, Herr Kollege Bucher, nicht Ihr Licht unter den Scheffel zu stellen. (Abg. Bu­cher: Nein, das war nicht richtig!) Hier haben wir einstimmig verantwortungsvoll gehan­delt.

Jetzt gilt es, den Teil zwei zu erfüllen: Wir brauchen eine zufriedenstellende Kredit­situation für die KMUs; wir brauchen eine Finanzierung für die Industriebetriebe. Da hat wieder Präsident Leitl recht: Wenn das in den nächsten Wochen nicht funktioniert, wer­den wir darüber nachdenken müssen, ob wir nicht auch im Bereich der Großfinanzie­rungen – dort, wo wir nicht wie bei den KMUs mit Programmen wie jenem des AWS ar­beiten können – helfen können. Wir werden uns in diesem Haus noch oft damit ausein­andersetzen.

Daher ist es meines Erachtens nicht sinnvoll, eine gute Maßnahme wie dieses Banken­paket, mit dem wir genau das Schlimmste verhindert haben und zu dem jeder von uns einen verantwortungsvollen Beitrag geleistet hat, jetzt schlechtzureden. Damit erwe­cken wir nämlich bei der Bevölkerung den Eindruck, dass das, was die Politik tut, in dieser Situation nichts bringt, und wenn der Glauben daran, dass wir helfen können, er­heblich geringer wird, dann verschlimmern wir die Krise.

Daher mein Appell: Wir haben gemeinsam gut gehandelt, und in den Punkten, in de­nen das geschehen ist, soll das auch gegenüber der Bevölkerung klar betont werden. Die Politik steht in der Schuldigkeit der Bevölkerung, aber die Politik hat ihren Part diesfalls auch gut erfüllt. Wenn Not am Mann oder an der Frau ist, dann handelt in dieser Republik die gesamte Politik. Ich glaube, darauf können wir stolz sein, und das sollten wir nicht schlechtreden! (Beifall bei der SPÖ.)

Das Budgetprovisorium ist ein notwendiger Zwischenschritt für dieses Budget, das eines der schwierigsten sein wird, das wir in letzter Zeit hatten. Der Finanzminister und Vizekanzler plant ein Projekt, mit dem er gleichzeitig einerseits die Aufgabe des Re­gierungsprogramms erfüllen soll, nämlich genug Mittel zur Bekämpfung der Krise zur Verfügung zu stellen, ohne eine extensive Verschuldung auszulösen, und andererseits während des Nachfragemangels so zu sparen, dass wir nicht die Konjunktur, die noch vorhanden ist, auch noch verschlechtern. Diese schwierige Passage werden wir im Frühjahr diskutieren. Das ist keine leichte Aufgabe für die Damen und Herren, die das zu bewältigen haben, und dafür ist unsere volle Unterstützung nötig.

Ich denke, auf diesem Weg ist das Provisorium ein richtiger Schritt. Die schwierigste Aufgabe, Herr Staatssekretär Lopatka, steht noch bevor, und wir warten darauf, wie das Ergebnis ausschauen wird! Ich hoffe und glaube aber, dass es bei dieser Regie­rung gut sein wird. – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

17.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 35 der Beilagen.

Hiezu liegt ein gemeinsamer Zusatzantrag der Abgeordneten Jakob Auer, Krainer, Kol­leginnen und Kollegen vor.


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Da nur dieser eine gemeinsame Antrag gestellt wurde, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichts unter Berücksichtigung des oben erwähnten Zusatzantrags abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichts unter Berücksichtigung des Zusatzan­trags der Abgeordneten Jakob Auer, Krainer, Kolleginnen und Kollegen zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist wiederum die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Modifizierungen des „Banken­rettungspaketes“ in Hinblick auf Fremdwährungskredite.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

17.04.205. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Ge­setzbuch geändert wird (18/A)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 5. Punkt der Tagesord­nung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zunächst erhält die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Mag. Lunacek, mit einer ge­wünschten Redezeit von 5 Minuten das Wort. – Bitte.

 


17.04.43

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren hier im Hohen Haus! Die beiden Anträge betreffend diese erste Lesung im Zu­sammenhang mit der Öffnung der Ehe für Lesben und Schwule und dem Zivilpakt, dem Partnerschaftsrecht für Lesben, Schwule und Heteros, habe ich in diesem Haus schon des Öfteren präsentiert. Wir bringen jetzt zum dritten Mal zu diesen beiden Tagesord­nungspunkten unsere Gesetzesanträge ein und wollen diese hier auch diskutieren.

Ich werde mich jetzt auf den Antrag, der die Öffnung der Ehe betrifft, beziehen. Wir legen ihn nun, wie gesagt, zum dritten Mal vor. Dieser Antrag löst immer wieder heftige Emotionen nach dem Motto aus: Wie kommen die – nämlich die Menschen in diesem Land, die sich in einen Menschen des eigenen Geschlechts verlieben – nur auf die Idee, auch heiraten zu wollen? Das kommt in den besten Familien vor! Das kommt in allen Gesellschaftsschichten, Einkommensschichten und Berufsfeldern vor. Schwule und Lesben gibt es überall, auch in diesem Haus, wie wir wissen. Ich bin nur eine da­von. Es gibt wohl noch mehrere. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Es geht darum, für uns Lesben und Schwule in diesem Lande endlich gleiche Rechte festzulegen. Ungefähr 10 Prozent der Bevölkerung leben so. Sie alle kennen wahr­scheinlich irgendjemanden. Und wenn Sie meinen, Sie kennen niemanden, dann stimmt das wahrscheinlich nicht: Eine davon bin nämlich ich, es gibt aber in Ihrem Um­feld sehr wohl lesbische Frauen und schwule Männer. Nicht alle sagen das offen, weil


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sie Angst haben, diskriminiert zu werden, den Job zu verlieren oder von der Familie nicht mehr beachtet zu werden.

Es gibt solche Fälle, auch wenn Sie glauben, dass das heutzutage nicht mehr so ist. Es ist aber in Österreich schon viel besser geworden. Vor zehn oder zwanzig Jahren hat sich noch kaum jemand getraut, offen zu ihrer oder seiner Homosexualität zu ste­hen. Das ist also auch besser geworden.

Es gibt Umfragen, die beweisen, dass etwa zwei Drittel der Bevölkerung für eingetra­gene Partnerschaften sind, und sogar diese Umfragen sind jetzt schon fünf Jahre alt. Es gibt eine Eurobarometerumfrage, in der festgehalten ist, dass sogar in Österreich 49 Prozent der Bevölkerung für die Öffnung der Ehe für Lesben und Schwule sind, also für diesen Antrag, der Ihnen heute hier in erster Lesung vorliegt. (Zwischenruf des Abg. Weinzinger.) – Hören Sie zu! 49 Prozent sind dafür! Das gilt wohl auch für Leute in Ihren Reihen, Herr Abgeordneter Weinzinger, auch wenn es nicht gesagt wird: Auch in Ihren Reihen gibt es Lesben und Schwule!

Es gibt auch eine Entschließung des Europaparlaments, die festhält, dass es in keinem EU-Land Diskriminierung von Lesben und Schwulen geben sollte. Das gilt mittlerweile für den Bereich des Berufs. Da gibt es ein Gleichbehandlungsgesetz, nach welchem Lesben und Schwule im Bereich des Berufs nicht mehr diskriminiert werden dürfen und klagen könnten, wenn das geschieht. Im Bereich der Partnerschaften gibt es jedoch noch immer nichts.

Österreich ist von den 15 alten EU-Staaten nur einer von drei, die noch keine Regelung haben. Hier liegt dem Parlament noch kein dezidierter Gesetzesvorschlag vor, der von der Regierung eingebracht wurde. Dies ist nur mehr in Griechenland, Italien und Öster­reich der Fall. In Irland, wo die Grünen in der Regierung sind, wird derzeit darüber ver­handelt. Aber auch in unseren Nachbarstaaten, in jenen, die erst seit Kurzem bei der EU sind, gibt es schon entsprechende Regelungen. In Tschechien, Slowenien und Un­garn besteht bereits ein diesbezügliches Gesetz. – Österreich ist da ziemlich im Hinter­treffen, und es wird daher höchste Zeit, dass auch wir in diesem Land endlich gleiche Rechte bekommen!

Das hat auch mit dem zu tun, was ich vorhin erwähnt habe: Viele haben noch immer Angst, offen dazu zu stehen und ihre Beziehung offen zu leben, ohne sich zum Beispiel auf der Straße zu fürchten, wenn sie mit der Partnerin oder dem Partner Händchen hal­tend gehen. Probleme gibt es zum Beispiel auch anlässlich der Weihnachtsfeier im Be­trieb, wenn die PartnerInnen auch eingeladen sind. Dann sagen die Betroffenen, dass sie alleinstehend sind oder mit der Schwester zusammenleben. Sie leben also sozusa­gen offiziell als Single. (Abg. Dr. Haimbuchner: Das hat auch etwas für sich!) – Es hat auch etwas für sich, offiziell als Single zu leben, das mag sein, aber viele Menschen wollen eben die gleichen Rechte!

Diejenigen von Ihnen, die verheiratet sind, erinnern sich vielleicht an die Zeit, als Sie geheiratet haben: Sie haben damals den Freundinnen und Freunden gesagt, dass Sie heiraten werden. Oder Sie haben erzählt, dass Sie einen Heiratsantrag bekommen haben. Sie haben sich damals doch sicherlich sehr darüber gefreut. Sie haben sich sicherlich auch auf die Hochzeit und auf die Hochzeitsfeier gefreut, zu der die ganze Familie und Verwandtschaft – wenn man auch nicht immer alle mag – und natürlich Freundinnen und Freunde eingeladen waren, um gemeinsam offen und öffentlich zu feiern. Sie wollten offen und öffentlich auf einem Standesamt feiern, dass Sie vorha­ben, mit Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner das Leben gemeinsam zu meistern in guten wie in schlechten Zeiten, wie es halt so heißt. Das sollte nicht bei einem Notar im Kam­merl geschehen, sondern offen und öffentlich.


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Erinnern Sie sich daran, wie Sie sich darauf gefreut haben und glücklich darüber wa­ren, dass das ein wunderschönes Fest war? Menschen wie ich und andere Lesben und Schwule in diesem Land dürfen das nicht! Es ist uns verboten, dies zu feiern und dafür auch öffentliche Unterstützung zu bekommen, nämlich offene und öffentliche Unterstüt­zung, dass wir auch in schwierigen Zeiten sagen können, dass wir jetzt Unterstützung von irgendjemandem aus der Verwandtschaft oder Bekanntschaft brauchen, aber na­türlich auch Unterstützung vonseiten des Staates, gemäß welcher diese Beziehungen in diesem Land gleichgestellt sind und die Partner die gleichen Rechte und Pflichten füreinander übernehmen. (Beifall bei den Grünen.)

Dabei geht es natürlich auch um die Unterstützung dafür, dass diese Beziehungen auch halten. Allerdings ist es ja bei den Heterosexuellen auch nicht so, dass die Bezie­hungen immer auf ewig halten, auch davon gehen viele zugrunde.

Es gibt auch die Befürchtung, dass, wenn Lesben und Schwule diese Gleichstellung hätten und heiraten oder auch nur eine eingetragene Partnerschaft haben dürften, die heterosexuellen Ehen ausgehöhlt werden würden. – Ich glaube, das tun die Heterose­xuellen schon selbst! Dazu brauchen sie nicht die Lesben und Schwulen!

Ein Punkt noch: In der Perspektivengruppe der ÖVP, die 2007 ihre Pläne vorgestellt hat, gab es damals bei den Debatten innerhalb der ÖVP auch eine eher sehr konserva­tive Gruppe, in welcher sogar die Meinung vertreten wurde, dass die ÖVP darauf be­stehen sollte, die Ehe für Lesben und Schwule zu öffnen, weil das verhindern würde, dass die Ehe ausgehöhlt wird.

Ich wünsche mir sehr, dass in dieser ersten Lesung und dann auch im Justizausschuss nicht nur endlich der Schritt auch vonseiten der Regierung in Richtung eingetragene Partnerschaft getan wird, sondern sehr wohl auch überlegt wird, auch die Ehe zu öff­nen. Fürchten Sie sich nicht, meine Damen und Herren, das Abendland wir nicht unter­gehen! (Beifall bei den Grünen.)

17.12


Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ablinger. – Bitte.

 


17.12.20

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Her­ren! Hohes Haus! Liebe Uli Lunacek, wir fürchten uns nicht! Du hast völlig recht: Lesben und Schwule gibt es überall – it happens to the best, it happens to the rest –, und dieses Land geht deswegen nicht unter.

Zudem hast du, Kollegin Lunacek, auch recht: Natürlich dauert es schon viel zu lange, dass eingetragene Partnerschaften als gleichberechtigte Grundlage für Homosexuelle garantiert werden. Dutzende Länder – du hast es gesagt – haben schon Gesetzesvor­schläge im Parlament durchgebracht.

Auch wir von der SPÖ begreifen den Einsatz gegen Diskriminierung als demokratische Verpflichtung, und das gilt in besonderem Maße für diese Materie. Es gibt kein biss­chen Gleichheit, und Gleichheit ist nicht teilbar.

Die SPÖ hat sich schon in Parteitagsbeschlüssen und verschiedenen Entschließungen seit 2000 dazu ausgesprochen. 2005 hat mein Kollege Jarolim einen entsprechenden Gesetzentwurf eingebracht. 2006 ist es erstmals gelungen, in der Regierungserklärung eine entsprechende Absicht und Vereinbarung zu definieren, und Ministerin Berger hat das aufgenommen und verhandelt.


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Ich brauche hier nicht zu erklären, warum es bisher zu keinem Abschluss gekommen ist. Es ist aber jedenfalls klar, dass wir uns dafür einsetzen. Das bleibt, glaube ich, un­widersprochen.

Auch in der Regierungserklärung 2008 findet sich ein entsprechendes Bekenntnis zur rechtlichen Absicherung der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft. Sicherlich ist deine Ungeduld aber fraglos berechtigt! Leider können wir aber, wie wir wissen, hier im Par­lament keine Absichtserklärung zwischen uns beiden treffen, sondern es geht um eine entsprechende Mehrheit. Selbstverständlich wäre es besser, wenn Österreich schon ein solches Gesetz hätte. Die SPÖ bekennt sich – keine Frage! – zu dem Grundsatz: Gleich viel Recht für gleich viel Liebe. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stefan: Wel­ches Recht bekommt man für Liebe?)

Unser Gesetzentwurf von 2005, den der Kollege eingebracht hat, macht klar, dass wir für eine eingetragene Partnerschaft vor dem Standesamt für gleichgeschlechtliche Paare und für eine Gleichstellungsklausel für nicht eheliche Lebensgemeinschaften eintreten.

Ganz zum Schluss möchte ich noch etwas sagen. Im Rahmen des Festaktes „15 Jahre Rechtskomitee Lambda“ hier im Haus am 2. Oktober 2006 sagte Günther Tolar, der ehemalige Bundesvorsitzende der SoHo im Rahmen der Gratulationen an Lambda:

„Ich bin jetzt 67 Jahre alt, ich würde es eben wahnsinnig gerne noch erleben, mit mei­nem Mann in diesem Land, das wir lieben, so leben zu dürfen, wie wir wollen.“ – Das war 2006.

Jetzt schreiben wir das Jahr 2009, und Günther Tolar wird 70. Hoffentlich geht sein Wunsch zum 70. Geburtstag in Erfüllung, er hätte es sich verdient, und fraglos hätten es sich die Lesben und Schwulen in diesem Land verdient! (Beifall bei der SPÖ.)

17.15


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort kommt nun Herr Abgeordneter Mag. Donner­bauer. – Bitte.

 


17.15.26

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Werte Frau Kollegin Lunacek, auch wir von der ÖVP fürchten uns nicht, keine Angst! Und auch Sie brauchen sich nicht zu fürchten! Sie verbreiten, wie viele andere auch, immer wieder dieses hart­näckige Gerücht, dass es in Österreich verboten wäre, sich zu freuen, und dass es in Österreich gleichgeschlechtlichen Paaren verboten wäre, zu feiern. Das ist einfach nicht der Fall! Feiern Sie, freuen Sie sich, das Recht in Österreich wird Sie daran nicht hindern! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Lunacek: Es ist für uns verboten, auf dem Standesamt zu heiraten!)

Werte Frau Kollegin Lunacek, wir sind, wie Sie wissen – Sie haben ja auch die Per­spektivengruppe und deren Ergebnis zitiert –, auch dafür, dass ein entsprechendes rechtliches Institut eingeführt wird. Dem vorliegenden Antrag – und das ist wahrschein­lich auch keine Überraschung –, den wir jetzt hier diskutieren, werden wir allerdings nicht zustimmen, und zwar aus zwei verschiedenen Gründen.

Erstens – und Sie sprechen das in der Begründung eigentlich selber an –: Was Sie mit Ihrem Antrag bewirken würden, wäre eine rechtliche Verpflichtung zweier Personen gleichen Geschlechts, Kinder zu zeugen. – Ich glaube, das kann der Gesetzgeber wohl nicht vorschreiben. Es liegt nicht in unserer Zuständigkeit, zwei gleichgeschlechtlichen Menschen die Zeugung von Kindern gesetzlich vorzuschreiben. Das geht wohl in eine falsche Richtung.


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Aber selbst wenn man das ABGB weitergehend ändern würde, was notwendig wäre, um es sozusagen überhaupt biologisch in die Realität zu bringen, ist für uns die Öff­nung der Ehe nicht der richtige Weg. Die Ehe ist nämlich ein Instrument beziehungs­weise Institut, das weitergehende Aufgaben erfüllt. Dabei geht es eben, wie der Wort­laut des § 44 ABGB schon seit fast 200 Jahren besagt, auch um die Zeugung, Erzie­hung und Aufzucht der Kinder für die Gesellschaft. Ich meine, das ist eben etwas mehr, als wenn zwei Personen sich zusammenfinden und gemeinsam leben wollen. Das ist etwas anderes, und daher haben wir diese Diskussion geführt, und zwar sehr intensiv geführt.

Wir sagen: Es soll ein rechtliches Instrument für zwei Personen gleichen Geschlechts geben. Wir waren schon sehr weit in dieser Diskussion. Das soll wirklich maßgeschnei­dert sein, denn es wollen, wie Sie wissen, auch viele homosexuelle Paare gerade das, was Ehe in unserer Rechtsordnung bedeutet, nicht eins zu eins für sich übernehmen. Es soll also eine maßgeschneiderte Lösung geben, was wir auch im Regierungspro­gramm wieder festgehalten haben. Es wird eine Arbeitsgruppe geben, und es wird ein entsprechendes Ergebnis geben, nämlich ein Rechtsinstitut für Paare gleichen Ge­schlechts. (Beifall bei der ÖVP.)

17.18


Präsident Fritz Neugebauer: Nun spricht Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann. – Bitte.

 


17.18.11

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Freiheitliche Partei wird der vorliegenden Gesetzesinitiative der Grü­nen nicht zustimmen. Das wird Sie, sehr geehrte Damen und Herren, nicht überra­schen, weil wir Freiheitlichen in Fragen der Familienpolitik und des Primats der Ehe im­mer eine klare Linie vertreten haben und unsere eigene Wählerschaft und Mitglieder in der Vergangenheit auch mit keinen Perspektivearbeitsgruppen verunsichert haben.

Es gibt – das stelle ich damit deutlich fest – keine Diskriminierung homosexueller Part­nerschaften in Österreich, auch wenn das von interessierter Seite beziehungsweise bestimmten Gruppierungen immer wieder behauptet wird. (Beifall bei der FPÖ. – Zwi­schenruf der Abg. Mag. Lunacek.)

Es gibt deshalb keine Diskriminierung, meine Damen und Herren, weil es für Homose­xuelle heute schon möglich ist, einen Großteil der mit der Eheschließung einhergehen­den Rechtsfragen mittels Notariatsakts oder sonstiger privatrechtlicher Rechtsakte zu vereinbaren.

Wenn also jetzt wieder gefordert wird, es müsse endlich eine sogenannte – und ich sage ausdrücklich: sogenannte – Gleichstellung der Ehe mit homosexuellen Partner­schaften erfolgen, dann sagen wir Freiheitlichen ganz klar und deutlich: Für uns ist ein öffentliches Interesse an einer solchen Gleichstellung nicht gegeben, denn es würde sich dabei nicht um eine familienrechtliche Gleichstellung handeln, sondern in Wirklich­keit um eine personenstandsrechtliche Privilegierung von gleichgeschlechtlichen Part­nerschaften gegenüber der Ehe. Und dafür steht die Freiheitliche Partei nicht zur Ver­fügung! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir Freiheitlichen stimmen in der Beurteilung dieser Frage viel eher mit dem Stand­punkt der Erzdiözese Wien überein, von der es in einer Resolution des Pastoralrates vom 12. Juni vergangenen Jahres heißt; ich zitiere wörtlich. (Abg. Mag. Stadler: Wann waren Sie denn das letzte Mal in der Kirche? – Abg. Grosz: ... in Graz ...! – Weitere Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Stadler und Grosz.) – Du bist leider nicht sehr oft in Graz, lieber Ewald Stadler. – Ich zitiere:


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„Dass nun gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften über weite Strecken dem Insti­tut der Ehe nachgebildet und quasi gleichgestellt werden sollen, bedeutet für uns allein schon wegen der generativen Funktion der Ehe von Mann und Frau, die sie zum Bio­top künftiger Generationen macht, eine unerträgliche Missachtung ihrer Bedeutung. Die scheinbare Beseitigung von ,Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Partnerschaf­ten schafft in Wirklichkeit eine nicht leicht erträgliche Diskriminierung der Institution Ehe und Familie, weil Ungleiches gleich behandelt wird.“

Dem, meine Damen und Herren, ist wohl nichts hinzuzufügen. (Beifall bei der FPÖ.)

17.21


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Petzner. – Bitte.

 


17.21.11

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Frau Kollegin Lunacek! Auch von unserer Seite muss ich Ihnen sagen, dass das das BZÖ diesem Antrag sicher nicht zustimmen kann (Abg. Dr. Kurzmann: Na geh! – Abg. Dr. Haimbuchner: Wieso denn?), und zwar aus folgenden Gründen: Es ist mir wichtig, hier auszuführen, dass das nicht nur eine Frage von Recht und Gerechtigkeit ist, sondern dass diese sehr sensible Frage auch eine Frage der Ethik ist. – Das ist eine Frage der Ethik!

In Ihrem Antrag geht es schlichtweg darum, dass Sie nicht nur die Ehe für Homose­xuelle wollen – wobei ich grundsätzlich die Frage stelle, ob das unbedingt Ehe heißen und damit eine Provokation verursacht werden muss, da Sie durch diesen Begriff „Ehe“, der auch ein kirchlicher Begriff ist, gewisse Gesellschaftsgruppen provozieren; ich glaube, dass das nicht notwendig ist –, sondern dass in Ihrer Linie weitergehend der nächste Punkt ja das Ziel ist, dass Homosexuelle Kinder adoptieren können sol­len – und dazu sagen wir ganz klar nein, weil das ethisch nicht verantwortbar ist. (Bei­fall bei BZÖ und FPÖ.)

Das ist ethisch nicht verantwortbar! Ein Kind braucht Vater und Mutter! Dazu gibt es auch entsprechende Studien, die ich gerne mit Ihnen diskutiere. – Insofern ist dieser Antrag ethisch einfach nicht verantwortbar und wird daher von uns abgelehnt. (Zwi­schenruf der Abg. Mag. Lunacek.)

Sie haben aber recht – damit komme ich zu Ihrer Begründung, und da ist auch Kollege Kurzmann nicht ganz auf dem aktuellen Stand –, wenn Sie anmerken, dass es natür­lich zum Beispiel, wie Sie das in Ihrer Begründung ausgeführt haben, bei der Schen­kungssteuer, im Mietrecht, im Erbrecht, in der Zivilprozessordnung Benachteiligungen gibt. (Abg. Mag. Stefan: Es gibt keine Schenkungssteuer! – Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Die haben wir schon abgeschafft!) – Diese müssen aufgehoben werden und da muss eine Gleichstellung stattfinden.

Hier müssen die entsprechenden Gesetzestexte korrigiert werden, aber das kann und darf nicht in einer Homo-Ehe beziehungsweise in der Adoption von Kindern enden (Beifall beim BZÖ), sondern das sind zwei völlig verschiedene Paar Schuhe. – Das ist auch die Position des BZÖ dazu.

Ich könnte jetzt auch, weil heute so viel von Barack Obama gesprochen wurde, Sie, Frau Kollegin von der SPÖ, fragen: Wissen Sie, was der katholische Chefprediger von Barack Obama über die Homo-Ehe gesagt hat? – Die Homo-Ehe ist eine Sünde, hat er gesagt, und Sie reden den ganzen Tag von Barack Obama – wunderbar! (Abg. Ablinger: ... das ist nicht entscheidend!)

Die Frage ist: Was brauchen wir wirklich? – Ich glaube, wir brauchen nicht die Homo-Ehe, sondern was wir in Österreich zum Beispiel brauchen, Frau Kollegin Lunacek,
das wäre das Kärntner Modell im Bereich jener Mütter, die über 60 Jahre alt sind, Kinder großgezogen haben und keine Pension bekommen! Es gibt österreichweit


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160 000 Mütter, die Kinder großgezogen haben und keinen Cent von Vater Staat be­kommen. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Steibl: Was hat das eine mit dem anderen zu tun?) Da müssen wir etwas tun, da müssen wir helfen!

Was wir brauchen, ist das Kärntner Modell im Bereich des Kindergartens! (Neuerlicher Beifall beim BZÖ.) Wir in Kärnten haben als einziges Bundesland drei Jahre Gratis-Kin­dergarten eingeführt; jetzt folgt das Bundesland Oberösterreich nach und verkauft die­ses Modell als sein eigenes. Landeshauptmann Jörg Haider hat es vorbildhaft für ganz Österreich erfunden und umgesetzt. – Das brauchen wir! (Beifall beim BZÖ.)

Wir müssen das, was uns wichtig ist, bewahren und schützen, und das sind die Kinder. Daher ein Nein zur Adoption von Kindern und ein Ja zur Förderung und zum Schutz von Kindern, zur Förderung und zum Schutz von Müttern mit dem Gratis-Kindergarten und zum Beispiel mit dem Müttergeld, wie es das in Kärnten schon gibt. (Zwischenruf der Abg. Binder-Maier.)

Ich denke, das sind die entscheidenden Zukunftsfragen, das sind die Fragen, die die Österreicherinnen und Österreicher bewegen! Und wenn Sie einmal ehrlich zu sich selbst sind, dann werden Sie feststellen, dass in Wahrheit die Klientel, die Sie vertre­ten, auch kein allzu großes Interesse daran hat, das in Gesetzesform zu wissen, denn wer sich liebt, der liebt sich, und dafür braucht er keine Paragraphen. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

17.25


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 18/A dem Justizausschuss zu.

17.25.216. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Zivilpakt (ZIP-G) geschaffen sowie das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Mietrechtsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz, die Zivilprozessordnung, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfall­versicherungsgesetz, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung, die Bun­desabgabenordnung, das Verwaltungsstrafgesetz, das Allgemeine Verwaltungs­verfahrensgesetz, die Jurisdiktionsnorm, das Einkommensteuergesetz, das Nie­derlassungs- und Aufenthaltsgesetz (Fremdenrechtspaket 2005), das Asylge­setz 2005 (Fremdenrechtspaket 2005), das Fremdenpolizeigesetz 2005 (Fremden­rechtspaket 2005) geändert wird (19/A)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir gelangen zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Zu Wort gelangt die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. – Bitte.

 


17.25.41

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Nun folgt also die Fort­setzung. – Zunächst einmal zu Herrn Abgeordnetem Petzner: Dürfen dann eigentlich lesbische Mütter in Kärnten ihre Kinder auch in die Kindergärten geben und Kindergeld beziehen? – Die Antwort auf diese Frage sind Sie mir noch schuldig geblieben, viel­leicht geben Sie sie mir dann. (Abg. Petzner: Natürlich! Natürlich!)

An ihn und an alle anderen, die gefunden haben, Adoption gehöre für gleichge­schlechtliche Paare verboten, weil Kinder einen Vater und eine Mutter brauchen. (Abg.


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Ursula Haubner: Wieso? Die haben ja auch eine Mutter!) – Zum Ersten: Wie gehen Sie mit Alleinerziehenden oder mit Geschiedenen um, die dann vielleicht als Mutter oder Vater allein mit den Kindern leben? Dürfen auch die in Kärnten nicht in den Kin­dergarten gehen oder Kindergeld beziehen, weil sie ja nicht dem Idealbild der Familie entsprechen? – Das schaue ich mir an!

Zum Zweiten – an alle, die finden, dass ihnen das Wohl der Kinder so am Herzen liegt: Sie wissen wahrscheinlich auch, dass es Kinder gibt, deren Mütter lesbisch sind oder deren Väter schwul. Sie können sich das vielleicht nicht vorstellen, aber es gibt Men­schen, die einige Zeit ihres Lebens in einer heterosexuellen Beziehung leben und dann erst später draufkommen, dass sie sich mehr zum eigenen Geschlecht hingezogen fühlen – ich kenne mehrere davon –, und die haben schon Kinder.

Wollen Sie diesen Kindern jetzt verbieten, in diesen Familien zu leben? – Das bedeutet es nämlich, wenn Sie die Adoption für gleichgeschlechtliche Paare nicht ermöglichen wollen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ursula Haubner: Die adoptiert werden, die ha­ben ja eine Mutter!) Ich kenne mehrere davon!

Das bedeutet nämlich, dass diese Kinder keine Sicherheit in ihren Familien haben: keine Sicherheit, wer für sie in die Schule gehen darf, ob sozusagen die Co-Mutter in der Schule auch Auskunft über das Kind bekommt. – Das sind ganz reale Situationen! Das heißt, Sie machen den Kindern das Leben schwer, wenn Sie zum Beispiel die Stiefkind-Adoption in einem Gesetz, das ja hoffentlich jetzt bald einmal kommt, nicht vorsehen.

Diesbezüglich freut es mich ja, wenn Herr Kollege Donnerbauer gesagt hat, es wird ein Rechtsinstitut geben, und ich weiß auch, Sonja Ablinger, von den Bemühungen in der letzten GP. – Was mich daran immer gestört hat, ist, dass da nur der Bereich der Justiz betrachtet wurde, aber die Dinge, bei denen die Leute tatsächlich alltägliche Schwierig­keiten haben, waren nicht dabei: Sozial- und Pensionsversicherung, die schon ange­sprochene Adoption oder wenn sich jemand in jemanden verliebt, der nicht aus Öster­reich oder einem anderen EU-Staat kommt. – Beispiele gibt es zur Genüge.

Vor Kurzem hat sich folgende Frage gestellt: Ein Österreicher und ein Kubaner, die seit mehreren Jahren zusammenleben, was müssten die in Österreich tun? – Die einzige Chance, die sie haben, ist auszuwandern! (Zwischenruf des Abg. Kickl.) Gut, Sie wol­len sowieso keine Ausländer im Land, da müssen die Österreicher gleich mitgehen. Das ist eine Variante, die die FPÖ vorschlagen würde. Die andere Variante wäre, diese Beziehungen einfach abzubrechen, weil die Menschen kein Recht haben, gemeinsam hier zu leben. – Ist das christlich, Herr Kollege Donnerbauer? Was sagen Sie denn die­sen Leuten?

Einer davon hat Ihrem Parteichef Pröll geschrieben, und die Antwort lautet wie folgt: Man wolle sicher nicht diskriminieren, man bekenne sich dazu, einer Partnerschaft eine Rechtsbasis zu bieten, damit sie füreinander Verantwortung übernehmen können, und so weiter. – Das schreibt Ihr Parteichef Pröll diesem Österreicher und diesem Kubaner zurück. Auf die Frage, wie sie gemeinsam in Österreich leben können, wenn nicht auch das Fremdengesetz so geändert wird, dass das möglich ist, hat er keine Antwort gege­ben. (Abg. Dr. Rosenkranz: Wieso ist der Kubaner eigentlich da?)

Ich ersuche Sie sehr darum, sich mit einigen dieser Paare, die es in Österreich gibt, zu treffen. Hören Sie sich die Probleme, die diese haben, an, und schaffen Sie, wenn Sie es hoffentlich dazu bringen, – nicht den ZIP, der hier jetzt vorliegt, denn ich weiß schon, dass Sie den nicht wollen – endlich ein umfassendes Rechtsinstitut. Hören Sie sich zuerst die Probleme an, die diese Paare haben – ich kann Ihnen mehrere nennen; ein paar haben Ihnen auch schon geschrieben –, und machen Sie ein umfassendes


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Gesetz, inklusive Möglichkeiten im Fremdenrecht. – Ich weiß, das ist auch für hetero­sexuelle Paare nicht einfach, aber die haben ein bisschen mehr Chancen.

Verhindern Sie, dass Leute aufgrund der Menschen, in die sie sich verlieben, dieses Land verlassen müssen! Liebe hält sich nämlich nicht an ideologische Vorstellungen, meine Damen und Herren. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.29


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Ablinger. – Bitte.

 


17.30.02

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Her­ren! Ich verstehe nicht, warum es bei diesem Thema immer zu den unseriösesten Zwi­schenrufen von Seiten der FPÖ kommt; ich weiß nicht, welche Ängste da dahinter­stecken. Dabei entsteht ein Klima hier herinnen, bei dem ich mich frage, wovor Sie sich fürchten.

Kollege Kurzmann ist auf den Zusammenhang zwischen Ehe und Kindern eingegan­gen. – Wir werden gemeinsam eine eingetragene Partnerschaft verhandeln, keine Fra­ge, aber diese Diskussion über Ehe und Kinder verstehe ich aus folgendem Grund nicht: Heißt das für Sie, dass eine Ehe zwangsaufgelöst werden muss, wenn sie kin­derlos bleibt? (Abg. Dr. Rosenkranz: Nein, also nein!) – Das würde dieser Logik ent­sprechen! Oder heißt das, dass es zur Zwangsverheiratung kommt, wenn Paare sich entscheiden, Kinder zu haben, aber nicht zu heiraten? – Das zu diesen Themen. (Abg. Dr. Haimbuchner: Das ist österreichisches Eherecht! – Abg. Mag. Stefan: Also, das ABGB gibt es schon 200 Jahre! Haben Sie es schon gelesen?)

Zum Gesetzentwurf selbst, zum Zivilpakt ... (Neuerliche Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Es wird nicht seriöser wenn Sie lauter werden.

Zum Zivilpakt selbst möchte ich nur eines sagen: Unser vorrangiges Ziel ist die einge­tragene Partnerschaft. – Wir haben das jetzt gerade diskutiert. Der Zivilpakt ist dafür jedenfalls kein Ersatz. Eigentlich war das sozusagen nur die Einstiegsphase in Fran­kreich und in Luxemburg. Er hat sich in dieser Form aber nicht als eine Art „Ehe light“ durchgesetzt, und deswegen würde ich sagen, dass die zentralen Anstrengungen je­denfalls in Richtung eingetragene Partnerschaft gehen müssen. Natürlich würde der Zivilpakt neue Möglichkeiten schaffen, aber ich glaube nicht, dass er mehr Gleichheit schafft, und das ist der entscheidende Punkt!

Die Position, die wir 2005 eingebracht haben, war auf der einen Seite die eingetragene Partnerschaft und auf der anderen Seite die Gleichstellungsklausel für nichteheliche Lebensgemeinschaften – wobei es ja sogar, wenn ich mich recht erinnere, Kritik von LAMBDA gibt (Zwischenruf der Abg. Mag. Lunacek), weil sie das auch nicht als das Gelbe vom Ei sehen, was euren Vorschlag, den Gesetzesvorschlag ZIP, betrifft, und zwar deswegen ... (Abg. Mag. Lunacek: Gemeinsam mit der Ehe!) – Ich weiß schon, was du jetzt meinst: Das ist diese nächste Variante, aber ich sage trotzdem, unsere zentrale Anstrengung ist eine andere, nämlich die Frage der Lebensgemeinschaften generell anzuschauen, aber nicht der Zivilpakt. – Ich glaube, darum sollte es gehen.

Darüber brauchen wir eine seriöse Diskussion im Haus, und ich hoffe, wie gesagt, dass wir das hier bald gemeinsam mit seriösen Mitstreiterinnen und Mitstreitern beschließen können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.32


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Schönegger. – Bitte.

 



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17.32.42

Abgeordneter Mag. Bernd Schönegger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, es ist in der Tat so, dass Partnerschaften und Familien heute auf unterschiedliche Art gebildet werden. Ja, es ist so, dass Part­nerschaften und Familien auch auf vielfältigste Art und Weise real gelebt werden. – Ich bin durchaus geneigt zu sagen beziehungsweise manche mögen dazu sagen, das ist auch gut so.

Wir sind jeden Tag bei unserer Arbeit hier im Haus gefordert, diesen realen Lebensum­ständen auch Rechnung zu tragen, unsererseits jedoch nicht gänzlich ohne den gesell­schaftspolitischen Grundwerten und familienpolitischen Grundpfeilern ihren notwendi­gen und wichtigen Platz einzuräumen.

Ja, auch Menschen in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften wollen – und ich sa-
ge: völlig zu Recht – füreinander Verantwortung übernehmen (Zwischenruf des Abg. Mayerhofer), auch Menschen in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften wollen – völlig zu Recht – Rechtssicherheit haben, und auch sie möchten – zu Recht –, dass ihr je­weiliger Partner/ihre jeweilige Partnerin versorgt ist. Füreinander Verantwortung zu übernehmen heißt aber auch immer, Rechte und Pflichten zu haben. – Genau das fehlt jedoch in diesem Vorschlag in einigen Punkten.

Die im vorgeschlagenen Zivilpakt geregelten gleichgeschlechtlichen und verschieden­geschlechtlichen Partnerschaften sollen eine Gleichstellung der Rechte mit denen einer Ehe erhalten, jedoch fehlen teilweise die aus einer Ehe entstehenden Pflichten. – So geht es nicht. Man kann sich nicht nur die Rosinen herauspicken.

Im der Regierungsbildung zugrunde liegenden Regierungsprogramm, zwischen ÖVP und SPÖ vereinbart, steht auf Seite 118 eine Vorgangsweise, um gleichgeschlechtliche Partnerschaften auch wirklich abzusichern. Diese Vorgangsweise ist in Aussicht ge­nommen, und es werden in weiterer Folge zu jedem Punkt Arbeitsgruppen gebildet, die die Details festlegen werden.

Für uns muss das Institut der Ehe und der traditionellen Familie weiterhin eine Sonder­stellung innehaben. Die Bedeutung von funktionierenden und traditionellen Familien darf daher unter keinen Umständen geschmälert werden. Bei verschiedengeschlechtli­chen Partnerschaften hat für uns aus christlich-sozialer Sicht die traditionelle Form des Zusammenlebens stets Vorrang, auch wenn andere Formen – das sei ganz klar und deutlich gesagt – zu ermöglichen und legistisch ordentlich auszustatten sind. Die Ab­wertung der Ehe zu einer reinen Wirtschaftsgemeinschaft kommt für uns nicht in Frage.

Lassen Sie mich daher für die Österreichische Volkspartei unmissverständlich formulie­ren: Wir als Volkspartei werden diesen Themenkomplex weiter in der für uns so typi­schen Breite zu diskutieren haben, denn wir sind einer modernen und den realen Le­bensumständen der Menschen entsprechenden Gesellschaftspolitik verpflichtet.

Ich darf Ihnen versichern, dass zwischen Diskriminierung gleichgeschlechtlicher bezie­hungsweise verschiedengeschlechtlicher Partnerschaften und den von manchen als solche empfundenen Angriffen auf das Institut der Ehe noch viel Platz für Diskussionen und für eine besonnene Gesellschaftspolitik ist, und dafür treten wir ein. – Danke. (Bei­fall bei der ÖVP.)

17.36


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. – Bitte.

 


17.36.39

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Um nichts wiederholen zu müssen, schließe ich dort an, wo mein Kollege Dr. Kurzmann geendet hat.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 187

Dass es die Grün-Fraktion mit ihrer Sicht der Dinge nicht besonders ernst meint, mag man ja schon daran erkennen, dass es eigentlich andere Inhalte gibt. Sie haben näm­lich vergessen, dass aufgrund dieses Zivilpakts wahrscheinlich auch eine Änderung des Staatsbürgerschaftsgesetzes zu erfolgen hätte. Das fehlt aber in Ihrem Antrag. (Abg. Mag. Lunacek: ... Sie können ja einen Abänderungsantrag einbringen!)

Dass diese Sache nicht besonders ernst gemeint ist – ich habe gehört, es geht hier ums Feiern, dass man es den prospektiven Schwiegereltern sagt und Ähnliches (Abg. Mag. Lunacek: Haben Sie sich nicht gefreut, als Sie geheiratet haben?) –, mag man auch daran ersehen, dass das mit dem Institut der Ehe und der Ernsthaftigkeit, die hin­ter dieser steht, überhaupt nicht zu vergleichen ist, denn in der Begründung schreiben Sie, dass es keinen Pflichtenkatalog wie für die Ehe gibt, da die LebenspartnerInnen eines Zivilpaktes die Art ihrer Lebensführung und Ausgestaltung ihrer Beziehung selbst gestalten können. Es muss kein gemeinsames Wohnen geben, es muss keine Treue geben, wenn sechs Monate vergangen sind, kann man einfach sagen, das war nichts, machen wir die nächste Lebenspartnerschaft mit jemand anderem! (Abg. Mag. Luna­cek: ... wie viele ... Paare lassen sich scheiden?) – Das ist doch nichts Ernsthaftes, das ist doch etwas anderes, als wenn man sagt, wir wollen gemeinsam durchs Leben gehen.

Des Weiteren sind doch verschiedene Punkte, die Sie ändern wollen, bereits längst aufgehoben. Gehen Sie zu einem Anwalt, lassen Sie sich darüber beraten, wie Sie Probleme im Mietrecht, im Wohnungseigentumsrecht, im Erbrecht und Ähnliches auch anders lösen können, ohne das mit diesem Institut zu machen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich möchte auch noch darauf zurückkommen, welche andere Problematik – Sie haben es angeschnitten – aus einer Beziehung zwischen einem Österreicher und einem ku­banischen Staatsangehörigen erwachsen kann: Ich weiß nicht, wo das Problem liegen soll, denn ich nehme ja an, dass dieser kubanische Staatsbürger legal in Österreich lebt, wodurch es für das Zusammenleben überhaupt kein Problem gibt.

Wenn er illegal in Österreich aufhältig wäre, gibt es eine relativ klare Judikatur des Ver­waltungs- und Verfassungsgerichtshofes, in der es heißt, dass selbst Menschen in heterosexuellen Partnerschaften und Ehen, die wissen, dass der andere kein Aufent­haltsrecht hier hat, unter Umständen damit rechnen müssen, dass der Partner zum Beispiel wegen einer Straftat abgeschoben werden kann, und der Österreicher muss mitgehen. (Abg. Mag. Lunacek: Und der Österreicher muss auswandern!) – Die Liebe kann oft Grenzen überwinden, sowohl in die eine als auch in die andere Richtung, da soll man niemanden aufhalten. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir sehen natürlich auch, dass sich unter Umständen eine Problematik bei Scheinasy­lanten ergibt, die allenfalls Scheinlebenspartnerschaften eingehen, um sich so ein Auf­enthaltsrecht erschleichen zu können. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Mag. Luna­cek.) So wie bei einer Scheinehe taucht dann der Fall auf, dass man nach sechs Mo­naten den Pakt wieder aufkündigt, und dann gibt es den nächsten und den nächsten – und dann leitet man vielleicht noch ein Bleiberecht ab. Dem können wir nicht zustim­men!

Gerade wenn so etwas von einer Partei kommt, die sagt, sie ist naturverbunden und steht mit der Natur auf Du und Du, wundert es mich, warum sie eine Adoption bei gleichgeschlechtlichen Paaren will. Akzeptieren Sie die Natur und dass es eben nur dann Kinder gibt, wenn sich Mann und Frau verbinden! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Lapp: Na, Sie kennen sich aber in der Biologie nicht gut aus!)

17.39


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 188

17.40.01

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Da­men und Herren! Ein Zivilpakt – was darf man sich darunter vorstellen? Ein Zivilpakt ist laut vorliegendem Antrag der Grünen ein Vertrag, mit dem zwei natürliche Personen öffentlich ihren Willen erklären, in dauerhafter Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft zu leben und gegenseitig Rechte und Pflichten einzugehen, wobei sich im grünen Antrag die Normierung von Pflichten lediglich auf wechselseitige Unterhaltspflichten während des aufrechten Zivilpaktes beschränkt.

Die Grünen glauben, mit diesem Zivilpakt die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften zu beenden. Sie wollen aber auch verschiedengeschlechtli­chen Paaren, die ihre Beziehung nicht in Form einer Ehe leben wollen, die Möglichkeit einer rechtlichen Absicherung dieser Beziehung geben. Das ist für mich umso weniger nachvollziehbar, als hier parallel zur Institution der Ehe ein Pakt gefordert wird, der nur berechtigt und begünstigt, aber nicht wirklich verpflichtet. (Beifall beim BZÖ.)

In der Begründung heißt es unter anderem, es gibt keinen Pflichtenkatalog wie für die Ehe, da die LebenspartnerInnen eines Zivilpaktes die Art ihrer Lebensführung und die Ausgestaltung ihrer Beziehung zueinander völlig frei und subjektiv gestalten können sollen. Das heißt, es gibt keine gesetzlich vorgeschriebene Pflicht zum gemeinsamen Wohnen oder zur Treue. – Das ist für uns nicht akzeptabel! (Beifall beim BZÖ.)

Beziehungen mit ernsthafter und dauerhafter Absicht münden in der Regel irgendwann in eine Ehe, mit allen Vor- und Nachteilen und mit Verantwortung. In Beziehungen mit Fluchtcharakter, bei denen also sozusagen ein Hintertürl offen bleibt, sollen diesem Antrag gemäß Vorteile genossen werden können, aber keinerlei Pflichten und Verant­wortung getragen werden müssen. Ist das förderlich für die individuelle oder auch ge­sellschaftliche Interpretation von Ehe, Beziehung et cetera, oder wird die Konsumge­sellschaft gefördert? Konsumiere ich Liebe, und dann entledige ich mich der Reste, wenn ich nicht mehr mag? – Das kann es wohl nicht sein! (Beifall beim BZÖ.)

Der von den Grünen vorgeschlagene Zivilpakt sieht also keine gegenseitigen Pflichten vor. Das heißt aber nichts anderes als, dass man diesen Zivilpakt auch aus rein wirt­schaftlichen Gründen schließen kann, zum Beispiel im Hinblick auf die Vorteile im Sozi­alversicherungs- oder im Asylbereich. Da wird dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet, zumal eine Lösung des Paktes grundlos, im Einvernehmen und sozusagen ab der ersten Stunde möglich sein wird. (Beifall beim BZÖ.)

Wir vom BZÖ sprechen uns weiterhin für eine Reform des Familienrechts im Interesse der Kinder aus und halten auch eine Überarbeitung des Ehe- und Scheidungsrechts für dringend erforderlich. (Beifall beim BZÖ.)

17.42


Präsident Fritz Neugebauer: Es ist hiezu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 19/A dem Justizausschuss zu.

17.43.087. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfas­sungsgesetz und das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Natio­nalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert werden (31/A)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir gelangen nun zum 7. Punkt der Tagesordnung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 189

Erstredner ist Herr Abgeordneter Brosz. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


17.43.28

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Die Minderheitsrechte im Parla­ment werden uns, so nehme ich an, in den nächsten Monaten noch intensiver beschäf­tigen. Wir haben zu Beginn dieser Legislaturperiode sehr rasch einen Antrag zur Er­möglichung des Untersuchungsausschusses als Minderheitsrecht eingebracht.

Für alle, die jetzt möglicherweise im Detail zu diesem Antrag reden werden: Das ist ein Diskussionsvorschlag, über den man natürlich reden kann und über den auch ge­sprochen werden wird. Es gibt ein paar Grundzüge, die relevant sind. Insofern bin ich schon gespannt, wie das ab morgen im Geschäftsordnungskomitee diskutiert werden wird, weil ich vor allem von Seiten der ÖVP – ich habe mich da ein bisschen an das Ostbahn-Kurti-Lied „A Schritt vire, zwa Schritt z’ruck“ erinnert gefühlt – verschiedene Meldungen vernommen habe, von es soll kommen bis zum ein bisschen Einbremsen durch den Präsidenten Neugebauer, der ohnehin im Komitee sein und dort auch seine Meinung vertreten wird, wo das dann wieder weniger klar war. (Abg. Kopf: He, he, he, Dieter!)

Ich denke, dass ein Minderheitsrecht auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses dem österreichischen Parlament sehr gut tun würde. Das Prinzip, dass eine Kontrolle mit dem schärfsten Instrument nur stattfinden kann, wenn die Mehrheit zustimmt, ist etwas, was wirklich überholungsbedürftig ist.

Man muss allerdings ein paar Dinge berücksichtigen. Da gebe ich allen Recht, die sa­gen, man darf das nicht so überfrachten, dass wir dann mehrere Untersuchungsaus­schüsse parallel haben, die das Instrument entwerten. – Korrekt, das finde ich auch. Deswegen ist auch in unserem Antrag schon eine Beschränkung enthalten. Auch darüber, wie viele es sein sollen, kann man diskutieren.

Ein Minderheitsrecht sollte auch so ausgestaltet sein, dass dann auf jeden Fall auch der Ausschuss damit leben kann. Es wäre schwierig, wenn nur die Einsetzung ein Minderheitsrecht wäre, aber jeder Beweisbeschluss, jede Ladung von Sachverständi­gen, von Zeugen eine Mehrheit braucht. Das führte das Instrument dann wieder ad ab­surdum. Auch da kann man über Details reden und sich anschauen, wie viel das sein wird. Es muss nicht unbeschränkt sein.

Skeptisch sind wir hinsichtlich einer fixen zeitlichen Beschränkung, die auch schon mehrfach angesprochen worden ist. Wir kennen das aus den letzten Ausschüssen. In denen hat sozusagen schon die Aussicht auf ein baldiges Ende beispielsweise dazu geführt, dass Akten extrem spät vorgelegt worden sind, dass wir erhebliche Verzöge­rungen hinnehmen mussten.

Wenn man es so macht, dass es eine Beschränkung auch der Opposition ist, sodass nämlich nicht mehrere Untersuchungsausschüsse parallel laufen dürfen, dann glaube ich, dass man sich hinsichtlich der zeitlichen Erstreckung nicht sonderlich fürchten muss, weil ja auch die Opposition nichts davon hat, wenn ein Ausschuss ewig dauert, denn das beschränkt sie nämlich darin, andere einführen zu können. Außerdem wäre ein vorzeitiges Ende nicht sonderlich sinnvoll, weil dann die Opposition vermutlich den gleichen Ausschuss wieder einsetzen würde, solange sie das Gefühl hat, die Thematik sei nicht ausreichend behandelt worden.

Es ist also schon mit einer gewissen Abwägung zu rechnen. Das Interesse der Oppo­sition, relativ rasch zu neuen Themen einen Untersuchungsausschuss durchführen zu können, bewirkt im Zusammenhang mit einer Beschränkung, dass nicht viele Untersu-


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chungsausschüsse parallel laufen können, dass sie nicht unbeschränkt ausgedehnt werden.

Ich freue mich schon auf die Diskussionen. Ich bin sehr gespannt, wie die Positionie­rungen im Geschäftsordnungskomitee und darüber hinaus erfolgen werden. Ich hoffe, dass wir in dieser Legislaturperiode – und ich nehme Karlheinz Kopf beim Wort, der gesagt hat, da wird ein Minderheitsrecht kommen – zu einer Lösung kommen, die auch für alle tragbar ist, und eine Mehrheit gewinnen, die hoffentlich zu einer einstimmigen Beschlussfassung führen wird. (Abg. Kopf: Das war kein Freibrief für alle Forderun­gen!) – Das habe ich ja gesagt!

Es geht auch nicht darum, dass wir genau diesen Vorschlag durchbringen wollen, son­dern wir wollen darüber reden. Es muss jedoch ein lebbares Instrument werden, mit dem man auch arbeiten kann und wo nicht nur der Name draufsteht. Das muss auch klar sein. Kontrolle in dieser Form muss so gestaltet werden, dass sie auch wirklich ausgeübt werden kann. (Beifall bei den Grünen.)

17.46


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner ist Herr Klubobmann Dr. Cap. – Bitte.

 


17.46.56

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Ich danke meinem Vorredner, der im Wesentli­chen die einzelnen Problemfelder sehr deutlich angeführt hat. Morgen wird diese Komi­teesitzung stattfinden, und wir müssen natürlich schauen, dass bei all diesen Debatten über den Untersuchungsausschuss als Minderheitsrecht jetzt endlich einmal ein Ergeb­nis herauskommt, weil wir das alles schon sehr lange diskutieren. Wir sollten uns jetzt bemühen, dass das wirklich zu einem Ergebnis führt. (Abg. Ing. Westenthaler: Das sagt er schon seit zehn Jahren! – Abg. Grosz: Seit 40 Jahren sagt er das schon!)

Ich bin da auch am Nachdenken und Diskutieren mit vielen, was die Zeitbeschränkung betrifft, denn es wäre natürlich auch keine Lösung, eine Zeitbeschränkung einzuführen, wenn dann wieder ein Antrag eingebracht wird und der Ausschuss in der Folge wieder für sechs Monate eingesetzt wird. Ein Untersuchungsausschuss, der den Zeitbogen überspannt und dann auch das öffentliche Interesse verliert, ist auch nicht unbedingt die Lösung. Wir können ja auch aus dem letzten Untersuchungsausschuss lernen, der beinahe dazu geführt hat, dass fast die ganze Republik durchleuchtet worden wäre, wenn ich mir den „Speisezettel“ all der Beweisthemen anschaue, die sich dieser Unter­suchungsausschuss – damals auch mit unseren Stimmen – gegeben hat.

Es ist ganz klug, wenn maximal zwei Untersuchungsausschüsse parallel stattfinden dürfen, und man muss dann auch schauen, dass sie nicht so lange dauern. Man muss sich auch dessen bewusst sein, dass dieser Ausschuss auch ein parlamentarischer Ausschuss ist. Wir haben fünf konkurrierende Parteien, und ich kann schon verstehen, dass die Partei, die den Vorsitzenden stellt, den Vorteil hat, dass dieser sich und seine Partei als ganz besonders investigativ profilieren kann. Dafür muss man eine Lösung zu finden versuchen. Das soll ja auch keine Inquisitionsstelle werden. Wer auch immer jeweils die Regierung stellen wird, der wird das nicht wollen. Umgekehrt will die Regie­rung, wenn sie wirklich für den Untersuchungsausschuss als Minderheitsrecht eintritt, dass das eine glaubwürdige Einrichtung wird und nicht so geknebelt ist, dass daraus nichts werden kann.

Ich denke also, dass da eine wirklich fein ziselierte Arbeit erforderlich sein wird, die diese Balance schafft, damit – und das sollte das gemeinsame Ziel sein – die Einrich­tung eines Untersuchungsausschusses hier, aber auch außerhalb des Hauses ein Höchstmaß an Glaubwürdigkeit genießt. (Abg. Ing. Westenthaler: Immer dieselbe Re­de!) – Nein! „Dieselbe Rede“, das ist deswegen nicht wahr, weil es in drei Punkten eine


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Weiterentwicklung der Debatte ist. (Abg. Ing. Westenthaler: Seit 40 Jahren dieselbe Rede mit der Samtpfote!) – Nein, das stimmt nicht!

Wir sollten versuchen, gemeinsam einen Weg zu finden, wozu wir immer bereit waren. Wir haben in dem Haus bei Anträgen für Untersuchungsausschüsse als Minderheits­recht mitgestimmt, und wir haben hier in dem Haus in der letzten Legislaturperiode bei der Einsetzung von Untersuchungsausschüssen mitgestimmt. Es kann also niemand sagen, dass wir da nicht bereit gewesen wären mitzumachen.

Es muss jedoch eine Balance da sein, die die größtmögliche Glaubwürdigkeit garan­tiert. (Abg. Grosz: Cap, der ungekrönte König der Schmähtandler!) Und wenn ich das schon öfters gesagt haben sollte, so werde ich das immer und immer wieder sagen, weil ich denke, dass es wichtig ist, das so oft wie möglich zu kommunizieren. (Abg. Ing. Westenthaler: Dann sind Sie aber gescheitert, wenn das nie umgesetzt wurde!) – Nein, gescheitert kann man nicht sagen. Das ist nicht einseitig zu adressieren. Ge­scheitert ist dann das Parlament, das Hohe Haus, wenn wir nichts zusammenbringen. Und das wäre schade. (Abg. Grosz: Und das liegt aber in Ihrer Verantwortung!) – Nein, es ist auch nicht Aufgabe der Regierung, den Untersuchungsausschuss als Min­derheitsrecht zu etablieren, sondern dass müssen wir gemeinsam tun. Wir müssen schauen, dass alle fünf Parteien auf einen gemeinsamen Nenner kommen. (Abg. Grosz: Seit 40 Jahren ist es dasselbe!)

Schauen Sie, mir ist das ein Anliegen. Ihnen ist es ein Anliegen, einfach dazwischen­zuflöten, also machen Sie ruhig weiter. (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Grosz.)

17.50


Präsident Fritz Neugebauer: Frau Abgeordnete Dr. Karl ist die nächste Rednerin. – Bitte.

 


17.50.45

Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kol­leginnen und Kollegen! Der Wunsch, die Minderheitsrechte im Nationalrat auszubauen, ist ja nichts Neues. Wir diskutieren schon des Längeren darüber, und im Zuge dieser Diskussionen sind wir auch an andere EU-Mitgliedstaaten herangetreten und haben sie gebeten, uns über ihre Minderheitsrechte zu informieren – und siehe da, es hat sich herausgestellt, dass die österreichische Nationalratsgeschäftsordnung besonders min­derheitsfreundlich ist.

Es hat sich auch erwiesen, dass lediglich in einem europäischen Staat – nämlich in Deutschland – der Untersuchungsausschuss als Minderheitsrecht ausgestaltet ist; aber selbst diese Aussage muss man näher präzisieren: In Deutschland kann zwar ein Vier­tel der Bundestagsmitglieder die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses bean­tragen, die Festlegung des Untersuchungsgegenstandes erfolgt jedoch durch Be­schluss des Bundestages. Hält der Bundestag den Einsetzungsantrag für teilweise ver­fassungswidrig, so wird der Untersuchungsgegenstand entsprechend eingeschränkt. Dagegen steht dann eine Organklage offen. (Abg. Grosz: Die wollen wir ohnehin auch!) – Ja, darüber können wir diskutieren; da bin ich offen.

Dieses System unterscheidet sich somit ganz grundlegend vom hier vorliegenden An­trag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses auf Verlangen von 20 Abgeord­neten. Dies ändert allerdings nichts daran, dass wir das Anliegen, die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses auch einer Minderheit zu ermöglichen, für legitim halten.

Allerdings gilt es zuerst sicherzustellen – das ist ja auch schon durch meine Vorredner angedeutet worden –, dass wir die Untersuchungsausschüsse und damit die für Un­tersuchungsausschüsse geltende Verfahrensordnung den üblichen Standards eines


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Rechtsstaates entsprechend ausgestalten und dass wir auch darauf hinwirken, dass das Verfahren keinen Tribunalcharakter mehr hat.

Dass dies höchst an der Zeit ist, belegt etwa die Aussage des Verfahrensanwaltes in der letzten Sitzung des U-Ausschusses betreffend das Innenministerium. Der Verfah­rensanwalt sagte wörtlich Folgendes:

„Eigentlicher Anlass, mich zu Wort zu melden, ist die Bemerkung, dass hier die Aus­kunftspersonen teilweise wie Beschuldigte behandelt wurden.“

Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, kann nicht unser gemeinsames Anlie­gen sein.

Diese Aussage belegt, dass sich der Untersuchungsausschuss leider zum parteipoli­tischen Tribunal entwickelt hat, in dem Objektivität, Sachlichkeit und Transparenz eine untergeordnete Rolle spielen. Die Beseitigung derartiger Missstände muss vordring­liches Anliegen sein.

Wenn uns dies gelingt – und davon gehe ich aus –, steht aus unserer Sicht der Einräu­mung eines Minderheitsrechts bei der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nichts entgegen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.53


Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler zu Wort. – Bitte.

 


17.53.54

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Meine sehr geehrten Damen und Her­ren! Herr Präsident! Immer wieder dasselbe! Wir diskutieren zum x-ten Mal Verbesse­rungen von Minderheitsrechten hier in diesem Hohen Haus, in dem Fall was Untersu­chungsausschüsse anlangt, und immer dasselbe Szenario! Herr Klubobmann „Barack“ Cap kommt heraus, stellt sich her – auf Samtpfoten, gesenkten Hauptes und mit Da­ckelblick – und erklärt uns mit wirklich bedeutungsschwangeren Worten, wie sehr er doch für den Ausbau der Minderheitsrechte sei. (Abg. Grosz: Ziemlich alt ist der schon, der Dackelblick!) Das macht Cap seit 40 Jahren; zum 17. Mal dieselbe Rede. Die kann er mittlerweile schon auswendig, deswegen sagt er sie auch immer auf. Nur, geschehen tut nichts!

Ihre Aussagen, Kollege Cap, zum Thema Ausweitung der Minderheitsrechte, Untersu­chungsausschüsse et cetera haben denselben Bestand wie ein Schneemann im Mai. Genau das Gleiche: kurz einmal aufgebaut und gleich wieder zerronnen. Das ist un­glaubwürdig, was Sie machen. (Abg. Riepl: Das war sehr lustig jetzt!)

Es ist auch eine Schande für den Parlamentarismus, die Menschen und die Abgeord­neten am Schmäh zu führen, wie dies Herr Klubobmann Cap pausenlos macht. Das muss man auch einmal sagen. (Beifall beim BZÖ.)

Sie, Herr Cap, sind damit als Klubobmann in der eigenen Fraktion gescheitert, in den Regierungsfraktionen und überhaupt hier im Hohen Haus, weil Sie seit Jahr und Tag Versprechungen machen, sozusagen immer gegenüber den Oppositionsparteien. – Sie waren ja selbst eine Zeit lang Oppositionspartei, da haben Sie es natürlich vehement gefordert und einen Ausbau der Minderheitsrechte unbedingt verlangt.

Wenn es jedoch darauf ankommt, wenn Sie die Möglichkeit dazu haben, wenn Sie die Macht dazu haben und die Mehrheit dazu haben, dann, Herr Klubobmann Cap, ziehen Sie im wahrsten Sinne des Wortes den Schwanz ein und wollen davon nichts mehr wissen. Das ist die Wahrheit, Herr Klubobmann Cap! Genieren Sie sich dafür, dass Sie hier immer herauskommen und immer die Unwahrheit behaupten! Das müssen Sie ein­mal machen! (Beifall beim BZÖ.)


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Herr Klubobmann Cap, der ganze heutige Tag hat das widerlegt, was Sie immer be­haupten. Was sich hier heute in diesem Hohen Haus abgespielt hat, wie despektierlich die Regierungsparteien den ganzen langen Tag über dieses Hohes Haus behandeln! Obwohl es um wichtige Gesetze gegangen ist, obwohl es auch um Ministeriengesetze gegangen ist, war gerade einmal ein Minister auf kurze Stippvisite hier: Herr Berlako­vich war – ich freue mich darüber! – auf 3 Minuten da. Auf 3 Minuten!

Zwischendurch hat die Regierung alles an die Staatssekretäre delegiert. Das ist der neue Stil dieser Regierung. Wir delegieren an die Staatssekretäre, an die Ostermayers und wie sie alle heißen. Die sitzen dann da mit einem lustigen Gesicht und sagen ir­gendwelche Belanglosigkeiten. – So nimmt man das Parlament nicht ernst, Herr Klub­obmann Cap! Das ist kein Ernstnehmen des Parlamentarismus! (Beifall beim BZÖ.)

Und so geht es weiter! Erinnern wir uns, wie Klubobmann Cap hier gestanden ist, be­deutungsschwanger, genauso wie vorhin, Dackelblick. Na selbstverständlich, der neue Parlamentarismus, der werde bedeuten, dass wir auch vernünftige Anträge der Oppo­sition beschließen werden.

Alle – und ich sage es noch einmal: alle – Anträge der Opposition – und es können nicht alle unvernünftig sein, Herr Kollege, das wissen Sie genau – inklusive des An­trags des Abgeordneten Stadler zum Mediengesetz beispielsweise, von dem alle sa­gen, er ist eigentlich vernünftig, da sollten wir darüber diskutieren, sind vom Tisch ge­wischt, sind abgelehnt worden, weil es die Regierungsparteien so wollen! Weil ihr dar­überfahrt und weil es den neuen Parlamentarismus à la Cap gar nicht gibt, Herr Klub­obmann! Genieren Sie sich auch dafür! Das sage ich Ihnen ganz deutlich. (Beifall beim BZÖ.)

Das geht weiter! Das ist ja noch gar nicht alles! Keine Regierungsmitglieder da, Anträ­ge werden abgelehnt, und jetzt kommt es: Ausschüsse werden blockiert. Seit fünf Wo­chen blockiert die sozialdemokratische Fraktion die Einberufung des Sportausschus­ses. Nicht, weil wir keinen Termin finden – dieses „Argument“ ist vorgeschoben –, nicht, weil die sozialdemokratischen Abgeordneten seit fünf Wochen alle auf Urlaub sind – nein, nein, Sie sind ohnehin da –, sondern weil es einen permanenten Streit gibt, einen massiven Konflikt innerhalb der Sozialdemokratie zwischen dem BSO-Präsiden­ten Wittmann, zwischen Teilen der Fraktion und dem künftigen Sportminister Darabos, weil sie sich nicht darauf einigen können, ob man künftig Sportler vor den Strafrichter zerren soll oder nicht. Und deswegen leidet das ganze Parlament: Es wird vertagt, es wird blockiert, es wird kein Sportausschuss einberufen!

Das ist auch kein neuer Parlamentarismus. – Wir wollen arbeiten. Wir wollen die Aus­schüsse haben, und wir wollen Gesetze beschließen, Herr Klubobmann Cap, nicht blo­ckieren. (Beifall beim BZÖ.)

Und überhaupt, was das Parlament da geboten bekommt! Was arbeitet ihr eigentlich den ganzen langen Tag in der Regierung? Keine ordentlichen Gesetzesvorlagen! Da werden fast von Mittag weg erste Lesungen diskutiert. Die Opposition strengt sich an, bringt Alternativen und Initiativen ein, aber von der Regierung merke ich nichts. Wo sind Ihre großen Vorhaben in den letzten Wochen, die Sie angekündigt haben?

Ich sage, das ist wirklich peinlich! Es ist peinlich, wie Sie, Herr Klubobmann Cap, den Parlamentarismus mit Füßen treten! Kommen Sie nie mehr wieder hier heraus und sprechen über die Ausweitung von Minderheitsrechten, denn das wäre eine wirkliche Drohung! Behalten Sie es lieber für sich! – Hätten Sie geschwiegen, dann wären Sie ein Philosoph geblieben, Herr Klubobmann Cap. (Beifall beim BZÖ.)

17.58



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 194

Präsident Fritz Neugebauer: Es ist hiezu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Ich weise diesen Antrag 31/A dem Geschäftsordnungsausschuss zu.

17.58.518. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufent­haltsgesetz, das Asylgesetz 2005 und das Fremdenpolizeigesetz 2005 geändert werden (Bleiberechtsgesetz – 2008) (32/A)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Erste Wortmeldung: Frau Mag. Korun. – Bitte.

 


17.59.12

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in der ersten Sitzung des Nationalrates nach der Wahl unseren Bleiberechtsantrag, unseren Gesetzesantrag zur Schaffung eines Blei­berechts beziehungsweise zur rechtsstaatlichen Umsetzung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs noch einmal eingebracht.

Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom Sommer 2008 ist inzwischen allen Kollegen und Kolleginnen im Haus bekannt, setze ich einmal voraus, zumindest dem Vernehmen nach. Der österreichische Verfassungsgerichtshof hat nämlich im Gegen­satz zu einigen Fraktionen hier im Hohen Haus erkannt, dass es ein Problem gibt, nämlich dass ausländische Staatsbürger teilweise ihr Grundrecht auf Familien- und Privatleben nicht verwirklichen können, wenn Ihnen kein rechtsstaatliches Verfahren für ein Bleiberecht zur Verfügung steht.

Dieses Problem wurde vom Verfassungsgerichtshof erkannt. Deshalb hat der Verfas­sungsgerichtshof Bestimmungen des jetzigen sogenannten Fremdenrechts aufgeho­ben und eine Reparaturfrist gesetzt.

Die Grünen haben schon länger einen Gesetzesantrag vorbereitet und ausgearbeitet, der selbst bei diesem qualitativ sehr schlechten sogenannten Fremdenrecht durch Än­derungen gewährleisten würde, dass das Grundrecht auf Familien- und Privatleben umgesetzt wird.

Im vorliegenden Antrag betreffend Schaffung eines rechtsstaatlichen Bleiberechts geht es uns um zwei Gruppen.

Erstens geht es um die sogenannten Langzeitasylwerber und Langzeitasylwerberin­nen. Das sind Menschen, die vor inzwischen vielen Jahren Asylanträge gestellt haben und denen großteils wegen der Rechtsverweigerung, wegen des österreichischen Asyl­systems kein Asyl gewährt wurde. Diese Menschen leben inzwischen drei, vier, fünf, sechs, sieben, teilweise bis zu zehn Jahre hier, haben hier inzwischen Wurzeln ge­schlagen, Familien gegründet, deren Kinder gehen inzwischen hier in die Schule. Das sind Menschen, die teilweise oder großteils sehr gut integriert sind, wo die Kinder perfekt Deutsch sprechen, in der Schule erfolgreich sind und beispielsweise keine Ausbildungen absolvieren dürfen, weil das Aufenthaltsrecht fehlt. (Zwischenruf des Abg. Jury.)

Zum Beispiel zu dieser Gruppe hat der Verfassungsgerichtshof gesagt, es könne nicht sein, dass das humanitäre Aufenthaltsrecht ein Willkürakt des Innenministers oder der Innenministerin ist, es müsse ein rechtsstaatlich genormtes Verfahren für solch ein Bleiberecht geben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 195

Der vorliegende Bleiberechtsantrag der Grünen würde dieses rechtsstaatliche Verfah­ren schaffen, nämlich für Asylwerber und Asylwerberinnen, die länger als drei Jahre im Asylverfahren sind, die beim Asylverfahren mitgewirkt haben und nicht straffällig ge­worden sind. Für diese Personen verlangen wir, wie auch der Verfassungsgerichtshof gesagt hat, ein gesetzlich normiertes Bleiberecht. (Beifall bei den Grünen.)

Zur zweiten Gruppe der Betroffenen gehören Personen, die aus unterschiedlichen Gründen über kein Aufenthaltsrecht verfügen, aber auch langjährig in Österreich leben, hier Wurzeln geschlagen haben und integriert sind. Das sind teilweise Opfer der frühe­ren Fremdengesetze, beispielsweise des Aufenthaltsgesetzes, das zu einer beispiello­sen Illegalisierungswelle geführt hat.

Übrigens, ein Detail am Rande: Der vorliegende Bleiberechtsentwurf der Frau Innenmi­nisterin Fekter sieht wieder solch eine Illegalisierungswelle vor, vor der wir jetzt schon warnen und gegen die wir ankämpfen, denn es kann nicht sein, dass ganz legal hier lebende und niedergelassene Menschen durch kuriose Fristen und Gesetzesbestim­mungen ihren legalen Aufenthalt verlieren.

Für diese zweite Gruppe, nämlich für Illegalisierte und für Menschen, die länger in Ös­terreich sind, verlangen wir ebenfalls einen Zugang zum Bleiberecht und ein rechts­staatliches Verfahren und sagen: Wann, wenn nicht jetzt, soll der grüne Bleiberechts­antrag behandelt werden? – Auf jeden Fall gleichzeitig mit dem Bleiberechtsentwurf von Frau Innenministerin Fekter, den sie übrigens höchstwahrscheinlich abändern wird.

Alle, die die Abendausgabe von Zeitungen lesen, wissen, dass die meisten Landes­hauptleute diesem Entwurf eine Abfuhr erteilt haben. Aus unterschiedlichen Gründen sind darin mehrere Bestimmungen enthalten, die nicht rechtskonform sind – allein der grüne Bleiberechtsantrag ist die Gewähr dafür, dass der Beschluss des Verfas­sungsgerichtshofs umgesetzt wird.

In diesem Sinne hoffen wir auf produktive und hoffentlich niveauvolle Debatten im In­nenausschuss. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

18.04


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte.

 


18.04.19

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Wir hatten heute schon in der Fragestunde die Möglichkeit, an den Herrn Bundeskanzler Fragen über die Neuregelung des humani­tären Aufenthalts zu richten.

Parallel zu diesem Entwurf, der bis dato sehr ausführlich diskutiert wurde und wird, zu dem es sehr, sehr viele unterschiedliche Meinungen gibt, hat heute Vormittag die Lan­deshauptleutekonferenz stattgefunden.

Diese Landeshauptleutekonferenz hat, wie Kollegin Korun schon angedeutet hat, pa­rallel zu unserer Sitzung im Hohen Haus im Wiener Rathaus stattgefunden. Den Vor­sitz hatte Herr Bürgermeister Häupl. (Abg. Petzner: Leider!) Die Landeshauptleute ha­ben dabei den Entwurf nicht zur Gänze befürwortet.

Ich würde einmal sagen, dass all jene Fälle, die nach dem 1. Jänner 2003 in diesem Entwurf berücksichtigt sind, sehr wohl befürwortet wurden und hiezu keine Änderungen verlangt wurden.

Schwierig wird es hingegen bei den sogenannten Altfällen, das sind Fälle, die vor dem 1. Jänner 2003 waren. Da gibt es natürlich auch seitens der Landeshauptleute an die Frau Ministerin Aussagen wie: Das ist realitätsfremd! Man muss die Vorgaben auch da-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 196

hin gehend prüfen, ob sie mit dem Spruch des Verfassungsgerichtshofes zusammen­passen, und es gibt Landeshauptleute, die mit Änderungen rechnen.

Es hat sich dazu auch die Wiener Integrationsstadträtin zu Wort gemeldet. Auch sie kann einigen Passagen ihre Zustimmung nicht geben. Das richtet sich generell gegen die Patenschaften. Die Patenschaften, die Frau Innenministerin Fekter bis dato auf­rechterhalten möchte, sind sicherlich noch zu überdenken und zu diskutieren, nämlich ob es da eine gemeinsame Form geben kann, die für die meisten eine gemeinsam zu tragende Lösung darstellen könnte.

Die zweite Variante, nämlich dieser Beirat, der seitens der Landeshauptleute gebildet hätte werden können, ist bei dieser Landeshauptleutekonferenz ohnedies gefallen.

Streitpunkt ist die Kompetenzverteilung zwischen dem Bund und den Ländern, wo die Frau Innenministerin zugesagt hat, dass sie noch eine juristische Prüfung veranlassen wird. Die Länder möchten zwar diesen Beirat nicht haben, aber ihre Zustimmung zum Bleiberecht letztendlich doch erteilen können. Die letzte Entscheidung soll jedoch bei der Innenministerin bleiben. Es gibt eine Reihe von Wünschen, die die Landeshaupt­leute heute auch geäußert haben.

Zusammenfassend: Betreffend die Patenschaft muss es noch eine ausführliche Dis­kussion geben.

Ich freue mich sehr, dass es seit gestern erstmals eine juristische Evaluierung von drei Jahren Fremdenrechtspaket gibt. Vielleicht kann man das im Zuge dieser Neuüberar­beitung, die jetzt auch Frau Innenministerin Fekter zugesagt hat, mit einfließen lassen, damit man dann über diesen Antrag – im Ausschuss – ausführlich diskutieren kann. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Petzner: Wissen Sie, was die Frau Ministerin noch for­dert? Sonderanstalten in Kärnten!)

18.08


Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Kößl. – Bitte.

 


18.08.11

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Geschätzte Damen und Herren! Dem vorliegen­den Antrag der Grünen können wir wirklich nichts abgewinnen. In dieser Form schon gar nicht, weil die in diesem Antrag vorgeschlagenen Regelungen sehr allgemein, un­differenziert und äußerst weitreichend sind und weil dieser Antrag Anreize einer Umge­hungs- und einer Missbrauchsmöglichkeit dieses Gesetzes enthält, die wir wirklich nicht haben wollen. (Abg. Mag. Korun: Welche zum Beispiel?)

Missbrauch ist etwas, das wir in den letzten Jahren in Hülle und Fülle hatten, und wir haben uns bemüht, diesen so weit wie möglich einzudämmen. Ich glaube, es ist nicht sinnvoll, hier Gesetzesänderungen vorzunehmen, mit denen diesem Missbrauch wie­der Tür und Tor geöffnet werden.

Der Gesetzentwurf wird von der Frau Innenminister vorgelegt, weil beim humanitären Aufenthalt eine Änderung durchzuführen ist, weil der Verfassungsgerichtshof dem, wie wir das in den letzten Jahren gehandhabt haben, nicht zugestimmt hat. Das wird si­cherlich durchgeführt werden.

Da das Thema Patenschaft angesprochen wurde: Ich glaube, dass das ein möglicher Weg ist, aber es kann nicht sein, dass Organisationen oder Einzelpersonen Paten­schaften übernehmen und diese in weiterer Folge von der öffentlichen Hand unterstüt­zen und fördern lassen. Das wird es sicherlich nicht geben.

Eines ist klar: Ein gesetzlich normiertes Bleiberecht wird es mit Sicherheit nicht geben, Frau Kollegin.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 197

Wenn Sie sich den Antrag genau anschauen, sehen Sie, dass es darin sinngemäß heißt: Fremden kann auf Antrag eine Niederlassungsbewilligung aus humanitären Gründen unbeschränkt erteilt werden, wenn sie seit mehr als fünf Jahren überwiegend in Österreich aufhältig sind, auch wenn sie die Voraussetzungen des § 11 nicht erfül­len. Ist der Fremde mehr als acht Jahre in Österreich, werden humanitäre Gründe wi­derleglich vermutet.

Das ist eine klassische Bleiberechtsregelung für illegale Fremde! Das wird es mit der ÖVP sicher nicht geben, nämlich dass das Gesetz in dieser Form umgesetzt wird. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Mag. Korun.)

18.11


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Weinzinger. – Bitte.

 


18.11.16

Abgeordneter Lutz Weinzinger (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Mag. Korun, Sie haben eine niveauvolle Debatte erhofft, haben aber die erste Lesung mit einer allgemeinen Beleidigung begonnen. Sie sagen einfach, unsere Recht­sprechung führe Scheinasylanten oder Asylanten oder Menschen, die das Asylrecht beanspruchen, in die Illegalität. Das ist eine Beleidigung unseres Rechtssystems, un­seres Staates! Das kann es doch nicht geben! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

Das kann es doch nicht geben, dass man, weil man es nicht wahrhaben will, einfach sagt: Er ist gekommen, will das Asylrecht, nützt alles aus, wie und so lange es nur geht, mit allen Berufungen und Wiederaufnahmen und noch einmal Berufungen, dann ist er vier Jahre hier – und dann wird er eingebürgert! Wissen Sie, was das ist? – Da findet illegale Einwanderung statt!

Sie sind Abgeordnete im österreichischen Nationalrat, und als Abgeordnete sind Sie
für unsere österreichischen Staatsbürger zuständig! Und unsere österreichischen Staatsbürger leiden mehr und mehr unter dieser illegalen Zuwanderung! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Jury. – Zwischenruf der Abg. Mag. Korun.)

Gestern konnten sie – unwidersprochen! – in einer großen österreichischen Tageszei­tung lesen: 10 000 der Asylwerber sind bei uns straffällig geworden! – Wer kommt denn da zu uns und bittet um Asyl?! (Beifall bei der FPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei den Grünen.)

Asyl ist ein heiliges Recht, das nicht missbraucht werden darf. Und unser Staat hat die Aufgabe und den Auftrag, zu verhindern, dass dieses heilige Recht missbraucht wird.

Wer Asyl wirklich braucht, ist bei uns selbstverständlich geschützt. Wer aber hierher kommt, um hier besser leben zu können als in seiner Heimat, der ist hier fehl am Platz! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

18.13


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.

 


18.13.44

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Da­men und Herren von den Grünen, ich sage Ihnen jetzt mit allem Niveau, dass die Ab­lehnungsquote für Asylanten in diesem Land immer noch mehr als 90 Prozent beträgt. (Abg. Mag. Korun: Das ist falsch!)


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Das heißt, dass nur einer von zehn substanziell, nämlich im Sinne der Genfer Konven­tion wirklich den Asylstatus verdient. Das, wovon Sie hier reden, und das, was Sie hier vorschlagen, nämlich ein Bleiberecht für Asylwerber, ist nichts anderes als die Ver­rechtlichung einer ganz gezielten Form, der sogenannten Aufenthaltsertrotzung!

Den Behörden vorzuwerfen, dass die Verfahren so lange dauern, ist wirklich ein star­kes Stück, denn der Grund für die lange Verfahrensdauer – glauben Sie mir das, denn das habe ich fünfeinhalb Jahre lang als Volksanwalt ziemlich genau geprüft – sind unglaublich gute Spezialisten, die als Rechtsanwälte, zumeist im grünen Nahbereich, dafür sorgen, dass die Verfahren verschleppt werden. Das ist das Fakt, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

Ich kann Ihnen selbstverständlich auch Beispiele nennen. Ich habe in meiner ganzen Zeit als Volksanwalt keine zehn Fälle gefunden, wo die Behörde dafür verantwortlich war, dass das Verfahren verschleppt wurde. Einen habe ich gefunden. Bei einer Ser­bin ist der Akt in Verschütt geraten, die war zehn Jahre lang wie ein U-Boot tätig und der Anwalt hat immer gesagt: Uns ist das ja nur recht, wenn die Behörde nichts ent­scheidet, dann können wir am Schluss sagen, die Behörde war säumig – und jetzt ist sie integriert! Und genau so war es dann ja auch.

Dass sie in der Zwischenzeit sogar mehrfach straffällig wurde, hat der Herr Anwalt – übrigens im Nahbereich der Grünen – geflissentlich verschwiegen, das war kein The­ma für ihn.

Natürlich, so läuft das, meine Damen und Herren! Es gibt mittlerweile sogar einen eigens spezialisierten Anwaltsstand, der sich auf die Vollstreckungsvereitelung von Ab­schiebemaßnahmen spezialisiert hat. Da gibt es sozusagen ein Briefing, bei dem ge­nau gesagt wird: Kinder verschwinden lassen; brüllen, wenn man ins Flugzeug kommt, dann sagt der Kapitän: Kann ich leider nicht mitnehmen, ist ein großes Sicherheitsrisi­ko, weg damit! – So läuft das Ganze ab, meine Damen und Herren!

Und dann stellt sich die grüne Abgeordnete hier heraus und sagt: Die Behörde ist schuld, deswegen müssen wir sie hereinlassen – weil sie es sich ja gar so gut gerichtet haben! – Mit uns mit Sicherheit nicht, Frau Kollegin, und mit der Mehrheit der Bevöl­kerung dieses Landes auch nicht! (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ. – Zwischenrufe der Abg. Mag. Korun.)

Das Zweite, das Sie hier vorschlagen, ist nichts anderes als eine Lex Zogaj. Ich habe heute dem Bundeskanzler schon gesagt, dass hier der Rechtsstaat gefordert ist. Ich bin gespannt, er hat hier große Versprechungen gemacht.

Aber ich sage jetzt noch etwas in Richtung der katholischen Kirche: Wenn weiterhin der Bischof von Linz oder in Zukunft andere Bischöfe zuschauen, wie Seelsorger das, was sie aus Kirchenbeitragsgeldern an Gehältern beziehen, dafür ausgeben, Schlep­pertätigkeiten auszuüben, und illegaler Einwanderung Vorschub leisten, anstatt es für die Seelsorge zu verwenden, dann, schwöre ich Ihnen, werde ich hier – das sage ich jetzt in Richtung der Bischofskonferenz (Abg. Mag. Korun: Wer weiß, ob sie jetzt zu­schauen?!) – einer der ersten sein, der dafür Sorge tragen wird, dass das letzte Nazi­gesetz, das in diesem Land noch gilt, nämlich die Kirchenbeitragsordnung, auch noch gekippt wird! (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, ich garantiere Ihnen das, und zwar mit gutem Gewissen als Katholik. Denn jene Kirchenfunktionäre, die mit Kirchenbeitragsgeldern mehr Schaden in der Kirche anrichten, als sie im Rahmen der Seelsorge Gutes für die Gläubigen draußen tun, haben es nicht verdient, Zwangsbeiträge einheben zu dürfen! (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ. – Zwischenrufe bei den Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 199

Und schon gar nicht haben sie es verdient, mit Deckung oder Stillschweigen der Bi­schöfe in diesem Land Recht zu brechen – und das alles noch unter dem Titel Political Correctness und der angeblichen Humanität. Das ist nicht Humanität!

Humanität wäre es gewesen, wenn Herr Pfarrer Friedl dieser Mutter gesagt hätte: Zu­rück zu deinen Kindern in den Kosovo, der Kosovo ist frei, der Kosovo ist unabhängig, dort ist deine Familie, geh zu ihr anstatt die Familie über Ungarn wieder hereinzuholen! (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei Grünen und SPÖ.)

Das ist Humanität, meine Damen und Herren! Das, was Herr Pfarrer Friedl macht, ist Heuchelei mit Kirchenbeitragsmitteln. Das werden wir schonungslos aufdecken! Und ich warne die Bischöfe: Der Kirchenbeitrag, die Kirchensteuer ist die unpopulärste Ab­gabe, die es in diesem Lande gibt. Die Bischöfe sollten sich überlegen, ob sie damit Schleppertätigkeiten finanzieren wollen oder nicht! (Beifall beim BZÖ und bei Abgeord­neten der FPÖ. – Abg. Grosz: Bravo! – Zwischenrufe bei Grünen und SPÖ.)

18.17


Präsident Fritz Neugebauer: Es liegt hiezu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Den Antrag 32/A weise ich dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zu.

18.18.079. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bun­des-Verfassungsgesetz geändert und ein Bundesgesetz, mit dem ein Gesetz über die Instandsetzung und Fürsorge jüdischer Friedhöfe erlassen wird (33/A)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir gelangen nun zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Zu Wort gelangt die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig-Piesczek. – Bitte.

 


18.18.39

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir zwei Sätze zu den Ausführungen meines Vorredners. (Abg. Mag. Stadler: Nein, ich erlaube nicht!)

Ich finde es immer wieder bemerkenswert, wie man sich als Jurist – zumindest als je­mand, der sich als Jurist bezeichnet – völlig abkoppelt von internationalen Rechtsfra­gen, von Menschenrechtskonventionen, von der Judikatur des Verfassungsgerichtsho­fes, von der Rechtsentwicklung in vielen anderen europäischen Staaten, wie man sich diesen Debatten so völlig verschließen kann!

Ich möchte Sie noch um Folgendes bitten: Wenn Sie Probleme innerhalb der katholi­schen Kirche haben, dann tragen Sie das bitte nicht hier aus! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Stadler: Frau Oberg’scheit, das Kirchenbeitragsgesetz ist Teil der Bundes­gesetzgebung!) Und bitte machen Sie Leute, die sich hier nicht zur Wehr setzen können – wie die Bischofskonferenz –, nicht mit solchen Aussagen schlecht, indem Sie ihnen Rechtsbruch und Schlepperei vorwerfen!

Das hat in diesem Haus wirklich nichts verloren! Bitte nehmen Sie das zurück und wahren Sie die Grenzen dieses Hauses! Also die Bischofskonferenz brauchen wir hier nicht zu diskutieren! Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Stadler: Das werde ich selber entscheiden, Frau Oberg’scheit! – Präsident Neugebauer gibt das Glocken­zeichen.) – Sie haben Ihre Redezeit gehabt!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 200

Ich möchte noch einmal betonen, dass sich die Menschen, die Sie hier mit den Rechts­bruchvorwürfen bedacht haben, nicht zur Wehr setzen können. (Beifall bei den Grü­nen. – Zwischenrufe beim BZÖ.) Sie könnten sich vielleicht mit einem anderen Geset­zesvorschlag ein bisschen auseinandersetzen. – Ich bin übrigens evangelisch, falls Sie das interessiert.

Sie könnten sich gerne mit einem anderen Rechtsvorschlag auseinandersetzen, näm­lich mit unserem Vorschlag, was die Instandsetzung und Instandhaltung der jüdischen Friedhöfe betrifft, und auch ein bisschen mit den internationalen Verpflichtungen, die Österreich eingegangen ist. Ein Rechtssystem besteht nicht nur aus nationalen, son­dern auch aus internationalen Regeln. Es gehören auch Selbstverpflichtungen dazu, es gehören Verträge dazu. Es ist, wie ich meine, international gute Praxis, dass man diese auch ernst nimmt und zumindest irgendwann einmal erfüllt.

Bei den jüdischen Friedhöfen ist es bis zum Jahr 2008 nicht gelungen, einer Verpflich­tung der Republik aus dem Jahr 2001, nämlich der Instandsetzung und Instandhaltung der jüdischen Friedhöfe nachzukommen. Ich denke, dass Föderalismus- und Kompe­tenzstreitigkeiten bei solch einem Problem keine Ausrede sein dürfen, auch nicht mehr länger sein dürfen. Deswegen liegt unser Vorschlag vor.

Ich möchte Ihnen noch einmal die Lage erklären, weil ich immer wieder das Gefühl habe, dass da grobe Missverständnisse vorherrschen.

Warum haben wir überhaupt eine Verantwortung für die jüdischen Friedhöfe? – Ich glaube, ich brauche Ihnen die Zahlen nicht noch einmal vor Augen zu führen. Die jüdi­sche Gemeinde war vor dem Zweiten Weltkrieg, vor dem Holocaust bedeutend größer, ist jetzt sehr klein geworden und hat nicht einmal ansatzweise die Kraft und die Mög­lichkeit, die Gräber der Menschen, deren Nachkommen vertrieben oder ermordet wur­den, instand zu setzen und instand zu halten. – Das ist das moralische Argument, wenn Sie wollen, es gibt aber auch eine rechtliche Verpflichtung dafür.

Es gibt aus meiner Sicht auch ein politisches Argument, das für viele andere Bereiche sehr wohl zugetroffen hat, offensichtlich hier nicht. Wir haben in diesem Bereich Kultur­denkmäler, die sehr wertvoll sind. Der Jüdische Friedhof in Währing zum Beispiel ist einer der letzten Biedermeierfriedhöfe Europas. Er verfällt, vermodert immer weiter vor sich hin. Wir machen uns, wie ich meine, international auch lächerlich, wenn wir nach Stürmen wie Cyrill zum Beispiel zuschauen müssen, wie amerikanische Marines dort aufmarschieren und zumindest so viel Aufräumarbeit leisten, dass die Gräber nicht durch eine größere Sturmböe unmittelbar zerstört werden.

Ich denke, die Stadt Wien, der Bund, die Bundesländer müssen es zustande bringen, dass man nach sieben Jahren Kompetenzstreitigkeiten eine Lösung für dieses Problem findet. (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben hier einen Vorschlag. Es ist schade, dass es nicht gelungen ist, das im Ge­denkjahr 2008, 70 Jahre nach dem „Anschluss“, abschließend zu lösen. Aber ich hoffe diesbezüglich auf einen Neustart. Nachdem die Republik ja bereits 1948 die Kriegsgrä­berfürsorge für die Alliierten, aber auch für Täter – nämlich auch für solche, die tätig waren, auch in SS-Funktionen tätig waren – sowohl mit dem Schwarzen Kreuz als auch mit Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler übernommen hat, allerdings nicht die der Opfer, ist es 60 Jahre nach diesem Beschluss an der Zeit, die Opfergrä­ber mit einzubeziehen in eine Lösung, die sehr praktikabel wäre, nämlich dass das Schwarze Kreuz genauso die jüdischen Gräber mitpflegt wie Kriegsdenkmäler und wie Gräber zum Beispiel auch von den SS-Offizieren.

In diesem Sinne freue ich mich auf eine konstruktive Diskussion und möchte Sie eines bitten – vor allem SPÖ und ÖVP –: Für Kompetenzstreitigkeiten sind wir nicht zustän-


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dig, ich bitte, diese Debatte zu beenden! Die Republik muss es schaffen, dieses Pro­blem zu lösen, ohne dass man sagt, das ist die Gemeinde Wien oder das ist das Bun­desland A. Es muss gelingen, das in diesem Jahr zu lösen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.23


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lapp. – Bitte.

 


18.23.22

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Kollegin Dr. Glawischnig-Piesczek, ich bedanke mich auch bei Ihnen für diese Initiati­ve. Es ist so, dass sich Präsidentin Prammer mit dem Nationalfonds, mit dem Zukunfts­fonds in dieser Angelegenheit sehr intensiv bemüht, dass es über das Unterrichts- und Kulturministerium und über die Wissenschaftsabteilung der Stadt Wien auch schon Bemühungen gibt, dass es Buchprojekte zu diesem Thema gibt.

Ich denke, wie immer bei der Aufarbeitung der Geschichte ist es sehr wichtig, dass man nicht locker lässt, dass man dranbleibt und dass man dieses Thema abschließt und vor allem diese Friedhofspflege unterstützt. Für mich als Simmeringerin ist der Zentralfriedhof ein Bestandteil des Alltags. Da kenne ich auch beim Tor 1 den jüdi­schen Teil. Ich denke, dass man da Geschichte atmet. Und da auch die jüdische Ge­schichte Teil der österreichischen Geschichte ist, ist es sehr wichtig, dass man diese Friedhöfe unterstützt und fördert. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist natürlich so, dass es immer wieder darum geht, woher das Geld kommt, von wel­cher Gebietskörperschaft in unserem Land die finanziellen Mittel dafür aufgebracht werden. Ich denke aber, dass sämtliche Ebenen in unserem Land dahinterstehen, dass es hier zu einer Lösung kommen muss.

Ich möchte daher auch auf das Regierungsprogramm verweisen, wo auf Seite 221 festgehalten ist:

„Gemeinsame Anstrengung mit Ländern und Gemeinden, des Nationalfonds sowie Dritter zur Restaurierung und Erhaltung der jüdischen Friedhöfe und unverzügliche Ein­leitung der noch ausstehenden zusätzlichen Maßnahmen.“

Ich denke, das ist wieder ein Dokument dafür, dass wir uns von diesen wichtigen Tradi­tionen, von diesem wichtigen Teil der österreichischen Geschichte nicht verabschieden wollen, sondern dass das hergerichtet werden muss und dass dieser Teil der österrei­chischen Geschichte nicht verfallen darf. (Beifall bei der SPÖ.)

18.25


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Cortole­zis-Schlager. – Bitte.

 


18.25.48

Abgeordnete Mag. Katharina Cortolezis-Schlager (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Lapp, Sie als Wienerin und Simmeringerin kennen genauso gut wie ich den tragischen Zustand des Jüdischen Friedhofs Währing. Dass Sie sich heute immer noch trauen, sich ans Rednerpult zu stellen und Wien zu verteidigen, wundert mich. Schauen wir doch, dass wir die Kooperation, das gute Klima hier nutzen, um miteinander in Wien endlich eine Renovierung in Gang zu setzen! Dieser unwür­dige Zustand muss einfach beendet werden.

Das Washingtoner Abkommen gilt für alle von uns, unabhängig davon, ob das Bund, Land oder Gemeinde ist. Es regelt nur das Verhältnis nach außen, aber nicht nach innen, Frau Abgeordnete Glawischnig-Piesczek, und das wissen Sie so gut wie ich.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 202

Ich möchte Ihnen gerne ein paar Schnurren aus der Wiener Landesregierung erzählen, damit Sie wissen, warum man in diesem Fall nicht um die Kompetenzstreitigkeiten herumkommt. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Nein, danke, die kenne ich!)

Ich sage Ihnen, wofür sich Wien nicht zuständig fühlt, obwohl es eigentlich zuständig wäre, und wie spannend, aber auch deprimierend es für eine nichtamtsführende Stadt­rätin war, den Landeshauptmann immer wieder an die Verfassung zu erinnern.

Ich frage Sie: Schauen Sie sich die Pflichtschulen in Wien an – heißt das jetzt, dass der Bund auch ausgerechnet für Wien die Pflichtschulen sanieren soll, nur weil Wien glaubt, kein Geld dafür zu haben. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist schon etwas ande­res!) Soll das Gratis-Kindergartenjahr jetzt ausschließlich in Wien durch den Bund ge­zahlt werden? Sollen die Kindergärten jetzt dadurch erhalten werden? – Das heißt, wir kommen nicht darum herum, dass eine Verfassung die Kompetenzen regelt und Ver­lässlichkeit in der Zuständigkeit sein muss.

Der Währinger Friedhof ist ein trauriges Ergebnis der seit Jahrzehnten andauernden Versäumnisse der Gemeinde Wien. Nach Angaben der Israelitischen Kultusgemeinde wären 14 Millionen € notwendig. Es liegt an Bürgermeister Häupl, diesen Versäumnis­sen aus der Vergangenheit entsprechend nachzukommen.

Das Regierungsprogramm sieht zusätzliche Mittel vor, und um genau die kann es ge­hen, um diese zusätzlichen Mittel, für deren Aufbringung der Bund sehr wohl eine poli­tische und moralische Verantwortung hat. Aber es kann nicht der Ersatz der Zuständig­keit sein, Friedhöfe in der Gemeinde von der Gemeinde erhalten zu lassen. Wir sollten daher von Zusatz und nicht von Ersatz reden: zusätzliche Mittel.

Aber Wien in diesem Punkt aus der Pflicht zu nehmen hieße, überall dort, wo es eine schlampige Wahrnehmung in der Umsetzung der Kompetenz gibt, würde der Bund im Nachhinein einspringen. Das würde dem Gerechtigkeitsprinzip jener Länder widerspre­chen, die sehr wohl dafür aufkommen und einverstanden sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Es geht daher darum, dass alle ihre Verantwortung wahrnehmen und nicht nur acht Bundesländer, aber das neunte Bundesland Wien glaubt, anders sein zu können, sich aussuchen zu können, ob es das Geld für den Erhalt und die Renovierung der jüdi­schen Friedhöfe verwendet oder für die Aufstockung des Presse- und Informations­dienstes in Wien. (Abg. Mag. Lapp: Sie sind im falschen Haus mit Ihrer Rede!)

Ich sage Ihnen, ein 10-Milliarden-Budget hat eine Menge an Millionen jährlich für Öf­fentlichkeitsarbeit. Ich wünsche mir, dass wir auch darüber im Verfassungsausschuss reden, was mit Gemeinden geschieht, die ihre Verantwortung nicht wahrnehmen. Wie kann die Verfassung künftig sicherstellen, dass Gemeinden, die ihrer Verantwortung nicht nachkommen, entsprechend zur Verantwortung gezogen werden? – Das ist mit eine Frage, die im Verfassungsausschuss geklärt werden muss.

Ich bin es leid, von Kindergärten über Pflichtschulerhaltung bis zur Erhaltung der Fried­höfe immer am Beispiel von Wien zu sagen, dass das Kompetenzstreitigkeiten sind. (Abg. Mag. Lapp: Sie sind im Hohen Haus! – Abg. Dr. Jarolim: Reden Sie über die U6!) Es ist nicht die Kompetenzstreitigkeit, es ist das Wahrnehmen und Übernehmen von Verantwortung, von Rechten und von Pflichten. Daran werden sich auch die Stadt Wien und Bürgermeister Häupl gewöhnen müssen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Ja­rolim: Kollege Neugebauer ist bitte hier nicht der Rathausmann, sondern der Präsident des Nationalrates!)

18.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Neubauer. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 203

18.30.30

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie wir ja seit der letzten Debatte wissen, sind die Gemeinden gemäß Artikel 118 B-VG für Aufrechterhaltung und Pflege der entsprechenden Anlagen zuständig. Und wie wir aus Erfahrungen der letzten Jahren wissen, nehmen die Verant­wortlichen dieser Gemeinden das auch aufrichtig war, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Das heißt, wenn wir darüber reden, welche Mängel in der Umsetzung bestehen, dann können wir das auch durchaus tun, aber die Kirche nicht im Dorf zu lassen, weil ge­meint wird, aufgrund eines Vorfalls, der wirklich zu bedauern ist, die Verfassung ändern zu müssen, halte ich für absolut überzogen.

Wir Freiheitlichen haben im Wiener Landtag fünf Initiativen gestartet, um diesen Miss­stand zu beheben. Es ist, wie meine Vorrednerin bereits gesagt hat, dem dortigen Bür­germeister Häupl zu „verdanken“, dass alle diese Initiativen leider Gottes abgelehnt wurden.

Ich darf aber, weil sich die Grünen in ihrer Argumentation auf ein internationales Ab­kommen, auf das Washingtoner Abkommen stützen, eine Anfragebeantwortung zu Ge­hör geben, die diesen Punkt tatsächlich auch berücksichtigt. Diese Anfrage wurde vom Herrn Bundesminister für Finanzen auch getätigt.

Ich zitiere: „Punkt 8 des Washingtoner Abkommens zur Thematik schreibt fest, dass ‚Österreich zusätzliche Unterstützung für die Restaurierung und Erhaltung jüdischer Friedhöfe leisten wird’. Das Washingtoner Abkommen macht weder eine Aussage über Umfang und Natur dieser Unterstützung noch zur innerstaatlichen Zuständigkeit.

Das Washingtoner Abkommen trägt durch die Verpflichtung Österreichs zu einer ‚zu­sätzlichen’ Unterstützung im Übrigen auch dem Umstand Rechnung, dass bereits von anderen Einrichtungen und Rechtsträgern Leistungen zur Restaurierung und Erhaltung jüdischer Friedhöfe erbracht wurden und laufend erbracht werden. Das Washingtoner Abkommen verlangt kein von der Bundesregierung zu erarbeitendes Gesamtkonzept.“

Und ich zitiere weiter: „Wie oben dargstellt, sind nun weitere wichtige Schritte vorgese­hen. Diese sollten allerdings unter Bedachtnahme auf die bestehenden Zuständigkei­ten, wonach für Angelegenheiten der Erhaltung und Sanierung von Friedhöfen die Bun­desländer beziehungsweise die Gemeinden zuständig sind, gesetzt werden.“

Dem, meine sehr geehrten Damen und Herren, können wir uns sehr herzlich anschlie­ßen, weil wir auch diese Ansicht vertreten. (Beifall bei der FPÖ.)

Darüber hinaus möchte ich noch auf eine wirkliche Problematik in diesem Zusammen­hang hinweisen: Frau Abgeordnete Glawischnig, wenn wir hier einen Einzelfall herneh­men, um die Bundesverfassung zu ändern, wie wollen Sie das für alle anerkannten Religionsgemeinschaften in Österreich dann handhaben? Da wird es auch den einen oder anderen Problemfall geben.

Ich bin der Meinung, wir sollten hier wirklich die Kirche im Dorf lassen. Die Gemeinden machen das gut. Deshalb können wir Ihrem Antrag nicht beitreten. (Beifall bei der FPÖ.)

18.34


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Westentha­ler. – Bitte.

 


18.34.14

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man soll ja nicht von der Intelligenz so manchen Zwischenrufs auf


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 204

die Intelligenz eines einzelnen Abgeordneten schließen. Beim Justizsprecher der SPÖ, Jarolim, tue ich mir deshalb sehr schwer, denn: Sagen Sie, wissen Sie, was Sie da manchmal alles von sich geben? (Abg. Mag. Lapp: Das können Sie aber vom Kollegen Stadler genauso gut ...!) Da steht Frau Cortolezis-Schlager und hält hier eine Rede, ihr Statement, eine Abhandlung über den Zustand der jüdischen Friedhöfe in Wien, und der Kollege Jarolim brüllt herunter: „Reden Sie lieber über die U 6!“ – Ich frage mich wirklich: Meinen Sie das manchmal alles ernst? (Abg. Dr. Jarolim: Da sind Sie aber der Richtige!)

Was braut sich da eigentlich zusammen, wenn wir hier eine ernsthafte Debatte über eine gute Initiative führen wollen, über die jüdischen Friedhöfe, die wir zu erhalten ver­pflichtet sind – und der Herr Kollege Jarolim sagt: Reden Sie über die U6?!

Jetzt ist mir ziemlich klar, warum das in Wien, in Währing nicht funktioniert, weil offen­bar in Wien die Sozialdemokraten auch so denken und es ihnen völlig wurscht ist, dass der Jüdische Friedhof in Währing dahinmodert und mittlerweile zu einem Schandfleck geworden ist. Der gehört endlich saniert; da gehört endlich etwas getan! (Beifall beim BZÖ.)

Die Debatte ist ja nicht neu. Wir haben ja im vergangenen Mai auch schon darüber dis­kutiert, und wir haben die Initiative der damaligen Präsidentin Glawischnig sehr be­grüßt – selbstverständlich! –, weil wir uns zum Washingtoner Abkommen bekennen, das übrigens in der Regierung Schüssel/Riess-Passer am 25. Jänner 2001 unterzeich­net wurde, also nicht unter einer sozialdemokratischen Regierung; das war unsere Re­gierung.

Wir haben uns dazu verpflichtet, darauf zu schauen, dass wir der Israelitischen Kultus­gemeinde hier auch unter die Arme greifen, weil wir wissen, dass sie es selbst nicht zustande bringt, die jüdischen Friedhöfe in Österreich dem Washingtoner Abkommen entsprechend, aber auch ihres Glaubens wegen – sie sind zu einer immerwährenden Instandhaltung der jüdischen Friedhöfe verpflichtet – zu erhalten.

Das war ein gutes Abkommen, und wir stehen auch dazu. Wir haben im Mai noch das Argument gehabt – und das ist noch immer diskussionswürdig, Frau Cortolezis-Schla­ger –: Kompetenzen zwischen Bund und Ländern soll man nicht aufgrund von Anlass­gesetzgebung verschieben. Wir waren damals auch der Meinung. Ich muss aber heute sagen: Nachdem das schon wieder einige Monate her ist und wieder überhaupt nichts passiert ist, muss man sich schön langsam in dieser einen Frage Gedanken machen und überlegen – vielleicht in Form und über die Möglichkeit des Finanzausgleichs, aber zumindest mit vehementem Druck –, dass man endlich diesem Washingtoner Abkom­men auch in Österreich gerecht wird. Wir unterstützen das voll und ganz, weil wir wirk­lich der Meinung sind, dass da etwas getan werden muss. (Beifall beim BZÖ.)

Ich möchte aber zwei Punkte bringen, die wir etwas kritisch sehen, die man noch aus­diskutieren muss. – Frau Glawischnig, Sie kennen sie schon, ich möchte sie wiederho­len. – Das eine ist die Zumutbarkeit für Grundstückseigentümer in Hinblick auf entschä­digungslose Duldungspflichten. Sie haben in Ihrem Antrag nicht nur Friedhöfe, die wir vielleicht noch gar nicht kennen, aber die existieren, sondern auch einzelne Grabstät­ten, die möglicherweise mit Gebäuden überbaut sind, auf Grundstücken, die dann loka­lisiert werden und wo dann der Grundstückseigentümer völlig entschädigungslos mögli­cherweise den Abriss dieses Überbaus vornehmen lassen muss. Ich glaube nicht, dass das im Sinne und Interesse sein kann, dass es zu solchen Schwierigkeiten kommt.

Das Zweite ist: Jawohl, wir sind auch dafür, dass Grabschändungen bestraft werden sollen. Da sind wir dafür. Das passiert immer wieder. Es ist so ziemlich eine der ab­scheulichsten Taten, Friedhöfe und Gräber zu schänden. Das ist so. Dieser Meinung sind wir auch. (Beifall beim BZÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 205

Ich gebe auch zu, dass das in letzter Zeit vermehrt auf jüdischen Friedhöfen vorgekom­men ist. Aber, Frau Präsidentin oder Frau Ex-Präsidentin Glawischnig, es ausschließ­lich nur auf jüdische Friedhöfe zu beziehen, wäre mir zu kurz gegriffen! Ich bin der Mei­nung, dass jegliche Grabschändung schwer zu bestrafen ist – und nicht nur aus­schließlich jüdischer Gräber. Wenn wir über eine Erhöhung des Strafrahmens für sol­chen Taten diskutieren wollen, diskutieren wir darüber, aber bitte unterscheiden wir in dieser Frage nicht zwischen verschiedenen Konfessionen, sondern halten wir fest, dass Grabschändung generell ein abscheuliches Delikt ist, das schwer bestraft wer­den soll. Das wäre unser Anliegen. (Beifall beim BZÖ.)

18.38


Präsident Fritz Neugebauer: Da hiezu keine weitere Wortmeldung vorliegt, ist die De­batte geschlossen.

Ich weise diesen Antrag 33/A dem Verfassungsausschuss zu.

18.38.5610. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz über die Höhe des existenzsichernden Min­destlohnes (Mindestlohngesetz) (34/A)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Die Antragstellerin ist die Erstrednerin. – Frau Kollegin Schatz, Sie haben das Wort.

 


18.39.13

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wieder einmal beantragen wir Grüne einen gesetzlichen Mindestlohn in der Höhe von 7,25 € in der Stunde. Das ergibt bei einer Vollzeitbeschäftigung einen Ertrag von 1000 € netto. Dieser gesetzliche Mindestlohn soll jährlich fix valorisiert werden.

Meine Damen und Herren, jedes Jahr werden uns Studien und Untersuchungen vorge­legt, die deutlich zeigen, wie erschreckend viele Menschen in Österreich Vollzeit arbei­ten und sich trotzdem Wohnen, Essen und Heizen kaum leisten können. Die Möglich­keit, sich einen Computer zu kaufen oder auch einmal auf Urlaub zu fahren, ist in so einer Lebenssituation ohnehin utopisch. Ich beziehe mich jetzt nicht primär auf jene Betroffenen, die prekär beschäftigt, geringfügig beschäftigt sind – das werden ja auch immer mehr –, auch nicht auf die vielen Teilzeitbeschäftigten, sondern es geht wirklich um Menschen, die den ganzen Tag arbeiten und trotzdem ein Leben an der Schwelle der Armutsgefährdung führen müssen.

Meine Damen und Herren, der aktuelle Armutsbericht spricht von 230 000 Personen in Österreich, die von dieser Situation betroffen sind. Und der Einkommensbericht – auch der neue jetzt wieder – sagt uns einmal mehr, dass gerade die untersten und niedrigs­ten Einkommen in den letzten Jahren stagniert sind beziehungsweise durch die Infla­tion sogar real an Wert verloren haben. Dass von dieser Situation leider nach wie vor hauptsächlich Frauen betroffen sind, dürfte Ihnen eigentlich auch nicht neu sein.

Meine Damen und Herren, wir haben diese besorgniserregenden Daten seit Jahren – und trotzdem geht kaum etwas voran. Es ist für mich absolut unverständlich, warum sich keine der beiden Regierungsparteien für die Frage eines existenzsichernden Min­destlohnes als Mittel der Armutsbekämpfung für zuständig erklärt. Und ich spreche nicht von Transferleistungen, von Streichung oder Kürzung der Arbeitslosenversiche­rungsbeiträge, auch nicht von einer allfälligen Steuerreform, sondern ich spreche da­von, dass die Politik die Unternehmen einfach in die Pflicht nehmen muss, wenn es um so eine Mindestnorm geht. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 206

Es ist ganz besonders dann notwendig, gesetzlich einzugreifen, wenn die Unterneh­men von selbst derart niedrige Mindestlöhne zahlen, wie das leider in Österreich nach wie vor der Fall ist.

Meine Damen und Herren, Sie fühlen sich nicht zuständig – auch Sie nicht, meine Da­men und Herren von der ÖVP. Für Sie regelt der Markt den Wert der Arbeit, und Sie sagen, solange es Menschen gibt, die für so wenig Geld arbeiten, wird das schon pas­sen, und wenn wir in Österreich keine armen Schlucker mehr haben, die das tun müs­sen, dann holen wir sie aus dem Osten oder aus dem Süden. (Abg. Großruck: Das ist völlig falsch! Eine Unterstellung! Kollektivverträge!)

Und damit das ganze System nicht kollabiert, damit diese Ausgebeuteten nicht irgend­wann einmal draufkommen, dass sie ausgebeutet sind beziehungsweise dagegen re­voltieren, haben wir dann die öffentliche Hand. Die öffentliche Hand soll das ausglei­chen, die soll zuschießen, die soll dann zahlen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das ist nicht die Haltung der Grünen. Der Lohn für eine Vollzeitbeschäftigung muss einfach existenzsichernd sein – und wenn die Unternehmen nicht bereit sind, dieses auch ethische Mindestmaß zu erfüllen, dann braucht es gesetzliche Vorgaben.

Meine Damen und Herren von der SPÖ, auch Ihre starre Haltung kann ich nicht nach­vollziehen. Auch Sie sagen, Sie seien nicht zuständig. Sie schieben die Verantwortung auf die Gewerkschaften, doch was ist dabei herausgekommen? 1 000 € brutto, 848 € netto, und das ist einfach zu wenig. Sie wissen, dass die Lebenshaltungskosten jähr­lich steigen – jetzt gerade durch die Inflation im letzten Jahr noch einmal rapide. Da ist das zu wenig. (Ruf bei der ÖVP: Jetzt sinken sie wieder!)

Es geht nämlich nicht nur darum, dass die 848 € zu wenig sind, sondern es sind ja noch nicht einmal alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit diesen 848 € abgesi­chert. Es gibt nach wie vor Branchen, wo nicht einmal das umgesetzt ist! Die Angestell­ten, Apotheker, freie Berufe, Notare, MasseurInnen, FußpflegerInnen et cetera – in die­sen Gruppen und in der riesigen Gruppe der Freien Dienstnehmer gibt es nicht einmal das! Unsere Regelung würde sie mit einschließen.

Meine Damen und Herren, bitte kommen Sie mir auch nicht immer wieder mit der Lohnverhandlungshoheit der Kollektivvertragspartner, denn es geht nur um eine Unter­grenze. Es geht um einen Schutz nach unten, um einen Schutz vor Armut. Was im­mer Sie darüber hinaus in Ihren Kollektivvertragsverhandlungen für die Arbeitnehme­rinnen und Arbeitnehmer herausholen, das begrüßen wir. Den Schutz müssen aber offensichtlich wir politisch festlegen, denn sonst geschieht es nicht.

Liebe Damen und Herren, ich hoffe, Sie ändern Ihre Position dazu, und die Debatte im Ausschuss wird konstruktiv. (Beifall bei den Grünen.)

18.44


Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Katzian zu Wort. – Bitte.

 


18.44.21

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Schatz, ich bin sehr dankbar für den Beginn dieser Diskussion. Ich glaube, wir werden Gelegenheit haben, diese Diskussion im Sozialausschuss und in anderen Bereichen fortzusetzen. Es sind von Ihnen in der Einleitung zu dieser Debatte einige Dinge ge­nannt worden, die ich zum einen absolut nachvollziehen kann und wo ich auch glaube, dass es wichtig ist, dass wir uns in der politischen Debatte und im politischen Diskurs damit auseinandersetzen – Stichwort: Veränderungen in der Arbeitswelt, Armut trotz Arbeit, und all die Entwicklungen, die es da gibt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 207

Wo wir jedoch skeptisch sind und wo wir nicht glauben, dass es die Lösung für diese Probleme ist, das ist beim gesetzlichen Mindestlohn. In ganz Europa wird eine Debatte um den gesetzlichen Mindestlohn geführt. Es gibt europäische Länder, die den gesetz­lichen Mindestlohn realisiert haben, und es gibt Länder, die den gesetzlichen Mindest­lohn nicht realisiert haben – wie Österreich –, wo aber andere Rahmenbedingungen vorzufinden sind.

Wenn man in der Diskussion Vergleiche zieht und etwa England betrachtet, dann sieht man, dass es in England eine wesentlich geringere Kollektivvertragsabdeckung gibt als in anderen Ländern.

Was die Diskussion über die Mindestlöhne in diesen Ländern auch mit sich gebracht hat, ist die Tatsache, dass die Anpassung dieser Mindestlöhne – und nur wenn sie an­gepasst werden, machen sie Sinn – jetzt in der Krise teilweise ausgesetzt wurde. Es gibt Beispiele in Europa, wo die Anpassung der Mindestlöhne durch die Wirtschafts­krise ausgesetzt wurde oder so niedrig erfolgt ist, dass die Mindestlöhne die von Ihnen gewünschte Wirkung nicht mehr erzielen können.

Ein weiterer wichtiger Grund, warum wir bei dieser Entwicklung skeptisch sind, ist die Tatsache, dass wir in Österreich pro Jahr über 600 Kollektivverträge – wie ich meine, sehr gut und im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – abschließen, dass es sich bei diesen Kollektivvertragsverhandlungen um eine sehr stark an den In­teressen und an den Rahmenbedingungen der jeweiligen Branche orientierte Ausein­andersetzung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern handelt und dass genau diese Flexibilität verschiedener Branchenkollektivverträge auch dazu führt, dass man die Situation in der jeweiligen Branche möglichst umfassend berücksichtigen kann, um dann in weiterer Folge die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Das heißt, unser jetziges System zeichnet sich auch durch eine sehr große Flexibilität aus.

Die Zweckmäßigkeit gesetzlicher Mindestlöhne ist auch davon abhängig, wie viele Be­schäftigte durch Kollektivverträge erfasst werden. Ich habe schon darauf hingewiesen, in Großbritannien liegt die KV-Deckungsrate bei 13 Prozent. Das heißt, 13 Prozent der Beschäftigten unterliegen überhaupt einem Kollektivvertrag. Da ist es klar, da braucht es einen gesetzlichen Mindestlohn. Die Debatte in Deutschland, wo es keinen gesetzli­chen Mindestlohn gibt, aber sehr viele politische Kräfte und auch die Gewerkschaften, die einen gesetzlichen Mindestlohn verlangen, findet deshalb statt, weil die Kollektiv­vertragsabdeckung mittlerweile auf unter 50 Prozent gesunken ist und daher eine Situation besteht, in der sehr viele – auch große – Bereiche nicht mehr durch einen Kollektivvertrag abgedeckt sind. Daher ist mir klar, dass die Gewerkschaften in Deutschland diese Forderung aufstellen, und ich kann sie dementsprechend auch nur unterstützen.

Die Kollektivvertragsabdeckung in Österreich liegt hingegen bei 95 Prozent, und wir haben viele Elemente, die zwar keinen gesetzlichen Mindestlohn bedeuten, die aber gesetzlichen Mindeststandards nahekommen und diesen zumindest sehr ähnlich sind.

Zum einen sind die Kollektivverträge, die in Österreich abgeschlossen werden, allge­mein verbindlich. – Das bedeutet, dass sie für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh­mer einer Branche gelten.

Zum Zweiten gibt es eine Reihe weiterer Möglichkeiten, die entsprechend eingesetzt werden können, um Mindeststandards im Einkommen festzusetzen: sei es die Möglich­keit der Satzung, die Möglichkeit des Mindestlohntarifs oder die Möglichkeit, die ortsüb­liche Bezahlung durchzusetzen. Für all diese verschiedenen Möglichkeiten gibt es ent­sprechende rechtliche Instrumente. Diese Möglichkeiten, diese rechtlichen Vorausset­zungen sind in Österreich wesentlich besser vorbereitet und wesentlich besser imple­mentiert als in den meisten anderen europäischen Ländern.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 208

Zu den 1 000 € Mindestlohn möchte ich noch Folgendes sagen: Es stimmt, es gibt noch einzelne Bereiche, wo das noch nicht zur Gänze umgesetzt ist. Das sind fast aus­schließlich Bereiche, die nicht in den Kompetenzbereich der Wirtschaftskammer fallen. Vor allem bei den freien Berufen gibt da sehr schwierige und zähe Auseinandersetzun­gen. Vor Kurzem haben wir bei den Rechtsanwälten – ein langjähriges „Kampffeld“, kann man fast sagen – einen Durchbruch erzielt. Es gibt jetzt auch schon für die Wie­ner Rechtsanwälte einen entsprechenden Kollektivvertrag, und wir sind zuversichtlich, schon in Bälde die Lücken, die es da noch gibt, zu schließen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Rädler.)

18.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nun spricht Frau Abgeordnete Riener. – Bitte.

 


18.49.53

Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kollegin­nen und Kollegen! Frau Mag. Schatz hat es schon anfangs in ihrer Rede gesagt: Ich finde Ihre Zähigkeit, immer wieder Anträge zum selben Thema zu stellen, bemerkens­wert. Ich kann nur sagen: Wir bleiben aber – wie Kollege Katzian ausgeführt hat – auch dabei, dass die Regelung des Mindestlohnes sowie überhaupt die Lohngestaltung eine Sache der Sozialpartner ist.

Es ist aber ein wichtiges Thema, Sie haben recht, und wir werden uns der Diskussion auch nicht verschließen. Ich möchte aber auch in Erinnerung rufen, dass bei der letz­ten Antragstellung Ihrerseits Frau Staatssekretärin Marek dazu Stellung genommen und berichtet hat, dass es seit Juli 2007 die prinzipielle Einigung bei den Sozialpart-
nern gibt, den Mindestlohn etappenweise in allen Branchen umzusetzen. Dass dies noch nicht ganz gelungen ist, haben wir eben gehört, aber es wird diese Umsetzung auch von einer sozialpartnerschaftlichen Kommission in Begleitung des Wirtschaftsfor­schungsinstituts kontrolliert und überprüft.

Es ist also ein Auge darauf gerichtet. Manche Dinge laufen nicht sofort, gehen nicht gleich über die Bühne, ich weiß es. Ihnen geht es zu langsam, aber ich bin so wie mein Vorredner davon überzeugt, dass wir sehr wohl auf einem guten Weg zu einer flächen­deckenden Umsetzung in Richtung eines Mindestlohnes von 1 000 € sind.

Weiters möchte ich erwähnen, dass wir auch gesetzliche Maßnahmen und Möglichkei­ten ausschöpfen wie zum Beispiel den Wegfall des Arbeitslosen-Versicherungsbeitra­ges beziehungsweise die Senkung des Arbeitslosen-Versicherungsbeitrags für alle bis zu einem Einkommen von 1 350 €, was bedeutet, dass die Menschen in ihrem Geld­börsel mehr Geld zur Verfügung haben. (Abg. Öllinger: Maximal 3 Prozent!) Das kann man auch nicht einfach vom Tisch wischen.

Ich weiß, dass das Thema auch deswegen wichtig ist, weil, wie unser Landeshaupt­mann-Stellvertreter Hermann Schützenhöfer immer sagt, die Arbeit auch Sinnerfüllung des Lebens bedeutet. Ich sage das in Bezug auf die kommende Diskussion zur be­darfsorientierten Mindestsicherung, die jetzt im Regierungsprogramm wieder verankert ist. Meiner Meinung nach ist es aber wichtig, dass es einen Anreiz über die Lohnge­staltung gibt.

Deswegen bin ich auch Ihrer Meinung: Es muss einen Mindestlohn geben. Über die Form sind wir aber unterschiedlicher Ansicht. Ich sage, die Sozialpartner sind die Ge­eigneten, das auszuverhandeln, denn so ist das auf längere Sicht auch wirklich trag­fähig und umsetzbar. Sie meinen, es müsse einen gesetzlichen Mindestlohn geben. – So hat jeder seine Haltung, aber ich denke, dass wir in der Diskussion zur bedarfs­orientierten Mindestsicherung dieses Thema wieder auf dem Tisch haben werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 209

Ich kann Ihnen versichern, der ÖVP ist es ein Anliegen, dass die Menschen auch ge­nug Geld zum Leben haben, und wir werden, obwohl wir der Meinung sind, dass die Sozialpartner die Lohngestaltung weiter behalten sollen, alle Kräfte einsetzen, damit es so bald als möglich einen Mindestlohn von 1 000 € für alle, die in Österreich ihr Geld verdienen, gibt. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.53


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Haider. – Bitte.

 


18.53.18

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Die Grünen haben ja diesen Antrag, wie meine beiden Vorredner bereits gesagt haben, schon in der vergangenen Gesetzgebungs­periode eingebracht, und damals wurde er abgelehnt, wie auch die Antragstellerin schon gesagt hat. Wir haben damals zugestimmt, und es ändert sich dabei nicht viel; dabei könnte man es auch bewenden lassen.

Ich möchte aber trotzdem noch auf zwei Aspekte eingehen. Herr Kollege Katzian hat vorhin wortreich erklärt, dass in Österreich eine Lösung über Kollektivverträge besser sei, auch auf Grund der sozialpartnerschaftlichen Zusammenarbeit, und Frau Kollegin Riener hat diese Vereinbarung aus dem Jahr 2007 – Grundsatzvereinbarung zum Min­destlohn – angesprochen.

Ich weise nur darauf hin, dass diese Grundsatzvereinbarung zum Mindestlohn auch einen Termin beinhaltet – der wäre vor drei Wochen gewesen, der 1. 1. 2009 –, ab dem es – so haben sich WKO-Präsident Leitl und der damalige ÖGB-Präsident Hunds­torfer geeinigt – einen Generalkollektivvertrag geben soll, wenn bis dahin nicht über­all das gemeinsame Ziel der Sozialpartner erfüllt ist, sich auf gemeinsame Kollektivver­träge zu einigen. – Es sind immer noch 41 Branchen ohne Kollektivvertrag.

Der zweite Punkt ist auch etwas, das aus der vergangenen Gesetzgebungsperiode stammt und noch nicht Gesetzeskraft erlangt hat, nämlich die bedarfsorientierte Min­destsicherung. Sie werden sich erinnern, das war die „Buchinger-Mindestsicherung“. Die sollte auch seit 1. Jänner 2009 in Kraft sein, ist aber auch nicht in Kraft getreten.

Wenn man diese beiden Aspekte beachtet, ist Folgendes wichtig: Beim Generalkollek­tivvertrag ist es uns schon lieber, dass das im Parlament im Ausschuss – mit einem Mindestlohn, wenn es sein muss – abgearbeitet wird. Bei der Mindestsicherung ist wichtig, dass sie österreichischen Staatsbürgern zugute kommt. Wichtig ist auch die Unterscheidung: Es muss dringend dafür Sorge getragen werden, dass der Mindest­lohn eine entsprechende Höhe hat, denn es darf keinesfalls so sein, dass durch dieses Modell der Grundsicherung auch vermehrt Anreize für das Nichtstun geschaffen wer­den. Wenn man für eine Vollbeschäftigung nur ein paar Euro mehr erhält als für das Nichtstun, dann redet man der sozialen Hängematte das Wort, und das ist keine Moti­vation, um arbeiten zu gehen. Diesen Aspekt muss man bei diesem Thema auf jeden Fall berücksichtigen. (Beifall bei der FPÖ.)

18.56


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 


18.56.22

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehr­te Damen und Herren! Hohes Haus! In Anbetracht des Auseinanderdriftens von Lohn- und Gewinnquoten, der Lohnspreizung und vor allem durch die Öffnung, die Deregulie­rung und die Flexibilisierung der Arbeitsmärkte verschärft sich natürlich die Situation


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 210

beim Einkommen. Wenig qualifizierte Arbeitskräfte sind davon besonders betroffen. Diese haben in den letzten Jahren eigentlich einen Reallohnverlust erlitten. Trotz Voll­zeitbeschäftigung leben so manche an der Armutsschwelle. Vor allem sind die Be­schäftigten in den Branchen Handel, Textil, Reinigung, Tourismus und so weiter stark betroffen, die zwar – im Gegensatz zu vielen Berufen im freien Gewerbe, wie bei Nota­ren, Rechtsanwälten oder Ärzten, wo das nicht der Fall ist – minder bezahlt werden, obwohl die Chefs ganz tüchtig abkassieren.

Herr Kollege Katzian, Sie sagen, in Österreich sind 95 Prozent der Beschäftigten über Kollektivverträge abgedeckt. Mir geht es aber auch um die 5 Prozent, die dort nicht abgedeckt sind. (Beifall beim BZÖ. Zwischenruf des Abg. Katzian.) – Ja, Ihnen auch, aber, Herr Kollege Katzian, das ist eben die Problematik, wo die Sozialpartnerschaft sozusagen säumig ist, wo sie nichts zustande gebracht hat. (Abg. Ursula Haubner: Genau!) Es gibt zwar die Sozialpartnerschaft, die zuständig ist, aber damit nicht zu­rechtkommt.

Herr Kollege Katzian, Sie haben zum Beispiel bezüglich der Mindestlöhne Warnungen ausgesprochen. Von 27 EU-Staaten haben mittlerweile 20 Staaten den Mindestlohn eingeführt. Wenn Sie davon sprechen, dass die Anpassung der Mindestlöhne in Eng­land aufgrund der schlechten Wirtschaftslage ausgesetzt worden ist: Wer sagt denn, dass man sie aussetzen muss? Das ist eine Frage des Gesetzgebers, der muss sie ja nicht aussetzen! Es sollte eigentlich jedes Jahr eine reale Steigerung geben.

Zum Branchenkollektivvertrag, der angeblich so flexibel ist: Wo ist er denn flexibel? Flexibel nach unten, denn die Leute haben in den letzten Jahren einen Reallohnverlust erlitten, und die Armutsgefährdung schreitet massiv voran, Herr Kollege! (Beifall beim BZÖ.)

Deswegen ist es wichtig, in diesen Bereichen zu handeln. (Zwischenruf des Abg. Räd­ler.) Der Antrag mit 7,25 € pro Stunde, der uns hier vorliegt, entspricht bei Vollbe­schäftigung einem Gehalt von 1 276 € brutto pro Monat. Wir haben ein Modell mit 1 300 €. Von einer Vollzeitbeschäftigung heruntergerechnet kommen wir ungefähr auf das Gleiche.

Es ist auch wichtig, dass die Differenz zwischen einem erwerbslosen Einkommen und einem Arbeitseinkommen auch groß genug ist, sodass der Anreiz da ist, eine angebo­tene Stelle auch anzunehmen. Wenn wir heute über eine bedarfsorientierte Mindest­sicherung sprechen, so beinhaltet das Bundesmodell 772 € brutto, 14 Mal im Jahr, mit einem Kinderzuschlag von15 bis 18 Prozent. In Kärnten haben wir ein Modell mit 612 €, aber mit 30 bis 40 Prozent Kinderzuschlag. (Beifall beim BZÖ.)

Meiner Meinung nach sollten wir ein Jahr lang beobachten, was besser ist, denn die Familien werden natürlich mehr unterstützt, wenn der Kinderzuschlag höher ist. Das einmal dazu.

Meiner Meinung nach ist es wichtig, dass wir in Anbetracht dieser Tatsachen auch in Österreich einen gesetzlichen Mindestlohn einführen, denn damit verhindern wir eine weitere Verarmung. Die Armut in Österreich wird immer ärger, und auch der Armutsbe­richt sagt, dass das Auseinanderdriften von Einkommen von Leuten, die unqualifiziert oder wenig qualifiziert sind, und von Managergehältern dramatische Formen annimmt. Auch die Freiberufler sollten wir stärker berücksichtigen. (Beifall beim BZÖ.)

18.59


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist hiezu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 34/A dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zu.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 211

19.00.3511. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Gesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsge­setz, BGBl I 2005/100, idF BGBl Nr. 4/2008, geändert wird (35/A)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Die Antragstellerin erhält hiezu das Wort. – Bitte.

 


19.00.50

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Niederlassungs- und Aufenthaltsrecht erschwert das Leben von binationalen Paaren in Österreich. Warum? – Weil es pauschal vorsieht, dass für Familienzusammenführungen eine Antragstellung im Ausland vorgesehen ist. Das mag in den Fällen Sinn machen, wo sich die ausländischen Ehepartner im Aus­land befinden, dort macht es natürlich Sinn, dass sie den Antrag auf Familiengemein­schaft, auf Familienzusammenführung im Ausland stellen. (Präsident Dr. Graf über­nimmt den Vorsitz.)

Wo diese Bestimmung aber überhaupt keinen Sinn macht, das ist bei Leuten, die be­reits in Österreich leben. Und es gibt nicht wenige Fälle von Asylwerbern und Asylwer­berinnen – und damit sind wir teilweise wieder beim Thema, wie lange Asylverfahren dauern und wie sie enden –, es gibt nicht wenige Fälle von Ehepartnern von österrei­chischen Staatsangehörigen, die bereits in Österreich aufhältig sind, die in einem Asylverfahren sind, die Ehen schließen und die ins Ausland verwiesen werden, damit sie ein Visum bekommen.

Wir Grüne sagen, das ist absurd, denn es ergibt überhaupt keinen Sinn, warum Men­schen, die schon hier leben, die teilweise Familienväter, Familienmütter geworden sind oder werden, um einem Formalerfordernis zu entsprechen, das Land verlassen müs­sen, dann meistens auch ihren Job verlieren, weil es nicht selten ein halbes Jahr bis ein Jahr dauert, bis sie ein Visum bekommen. Sie müssen inzwischen im Ausland war­ten. Der österreichische Ehepartner/die österreichische Ehepartnerin muss inzwischen die Kinder alleine versorgen, alleine verdienen. Und jetzt kommt’s: Diese Person muss auch noch alleine ein Einkommen nachweisen, das in den meisten Fällen dann natür­lich nicht ausreicht, damit eine gesamte Familie davon leben kann.

Es sind unter anderem diese Fälle, die wir meinen, wenn wir sehr ehrlich von „Illegali­sierungen“ sprechen. Da geht es darum, dass man den Menschen, die bereits in Öster­reich leben und die hier Familien gegründet haben, die Lebensgrundlage entzieht, und zwar mit gesetzlichen Bestimmungen. Auch das beinhaltet leider unser Rechtssys­tem – und das gehört geändert. (Beifall bei den Grünen.)

Genau das haben wir auch mit diesem Antrag zur Änderung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes im Sinn. Eine erfreuliche Nachricht für alle Menschen, die auf menschenrechtliche Verfahren und auf das Grundrecht auf Familien- und Privatleben Wert legen: Es gibt ein neues Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofes, das besagt, dass Familienangehörige von EU-Staatsbürgern oder von EWR-Staatsbürgern und -Staatsbürgerinnen Freizügigkeit in der gesamten EU genießen und dass diese den Antrag auf Familienzusammenführung, den Antrag auf ein Visum auch in der EU stel­len dürfen und können. (Abg. Scheibner: Großartig!)

Dieses Erkenntnis ist vom 7. Jänner 2009; es ist der Frau Innenministerin inzwischen auch bekannt, weshalb wir davon ausgehen, dass die entsprechenden Bestimmungen


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des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes schleunigst geändert werden müssen. Auch deshalb ist es uns ein wichtiges Anliegen, dass unser Gesetzesantrag so schnell wie möglich im Innenausschuss behandelt wird. Und sollte dieser Antrag von uns nicht angenommen werden, dann erwarten wir uns einen gesetzeskonformen Umsetzungs­vorschlag der Frau Innenministerin, der auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes entspricht. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

19.04


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Lueger. 4 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


19.05.10

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Da­men und Herren des Hohen Hauses! Frau Kollegin Korun, Sie haben mit diesem An­trag eine Änderung im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz beantragt, wobei der § 21 Absatz 1 aussagt, dass Erstanträge im Ausland zu stellen sind und auch dort deren Entscheidung abzuwarten ist.

Der in diesem Gesetz genannte Absatz 2 regelt dadurch auch Ausnahmen, und hier verlangen Sie die Änderung, nämlich den Entfall des letzten Halbsatzes, der lautet: „nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts“.

Es stimmt, es hat im Jahr 2006 nach Inkrafttreten des Fremdenrechtspakets bei den sogenannten binationalen Ehen Schwierigkeiten im Vollzug gegeben. Stimmt! Derzeit sind mir aber nicht wirklich Fälle bekannt. Aber wenn ich den Änderungsvorschlag rich­tig interpretiere, würde das bedeuten, dass alle Menschen, die keine rechtmäßige Ein­reise haben, hier in Österreich bleiben können, den Antrag stellen und das Verfahren auch hier abwarten können. (Abg. Großruck: So ist es! Genau das will sie!)

Ich befürchte jedoch, dass das ein großer Anreiz für Schlepperbanden sein könnte. Menschenhandel und Sklaverei sind leider keine Begriffe des letzten Jahrhunderts; Frauen und Männer werden leider mit falschen Versprechungen nach Europa gelockt. Ganze Familienverbände legen ihr Geld zusammen, damit einzelne Personen diese „Reise“ – unter Anführungszeichen – antreten können.

Ich darf Ihnen in diesem Zusammenhang ein Buch empfehlen, ein Buch von Mary Kreutzer und Corinna Milborn, Titel: „Ware Frau“. Es ist die Geschichte von Joana Adesuwa Reiterer, selbst eine ehemals Betroffene, die jetzt Frauen berät. (Abg. Öllin­ger: Kennen wir!) Da gibt es Berichte über riskante Recherchen betreffend Menschen­händler, über verabscheuungswürdige Methoden der Frauenhändler, denn großteils betrifft es Frauen. Und es gibt einen Bericht darüber, dass Menschenhandel, Sklaverei und Ausbeutung letztendlich in Zwangsprostitution für viele Frauen und Männer endet. (Zwischenruf der Abg. Mag. Korun.)

Ich würde es mir wirklich wünschen, wenn wir das im Ausschuss so diskutieren: Es muss unsere Aufgabe sein, dass diese Missstände, die es heute, hier und jetzt, gibt, aufhören. Dafür setze ich mich ein und ich glaube, da werden auch die anderen Frak­tionen mitgehen. (Abg. Mag. Korun: Aber warum setzen Sie binationale Ehen mit Men­schenhandel gleich?)

Aber man muss auch vorsichtig sein und immer darauf achten, dass man richtig infor­miert wird. Widersprüchliche Aussagen sind sehr rasch da und dann kann man durch­wegs in der Öffentlichkeit – wie in der Abendausgabe der morgigen „Krone“ zitiert – un­ter Beschuss kommen. – Ich danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

19.08



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 213

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abge­ordneter Prinz. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.08.51

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf vorweg festhalten, dass wir seitens der Österreichischen Volkspartei keinen Bedarf für gesetzliche Änderungen im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz sehen. Es gibt keine Notwendigkeit, dass wir Möglichkeiten der Inlandsantragstellung per Gesetz ausweiten. Die geplante Novellierung reicht vollkommen aus.

Erlauben Sie mir aber ein paar Gedanken als Bewohner und Bürgermeister der kleinen Landgemeinde St. Nikola an der Donau, die jahrzehntelange Erfahrung mit Flüchtlin­gen und Asylwerbern hat. Niemand verschließt sich in Österreich Menschen, die poli­tisch oder religiös verfolgt werden, wenn es um die notwendige Aufnahmeunterstüt­zung hier bei uns geht.

Ich könnte Ihnen hier an dieser Stelle einige Beispiele, wie jenes der Familie Bakhtiari, welche aus dem Iran nach Österreich geflüchtet ist, schildern. Das würde allerdings den Zeitrahmen etwas sprengen.

Kein europäisches Land leistet im Vergleich so viel wie Österreich. Wir werden aber nicht alle, die aus wirtschaftlichen Gründen nach Österreich kommen und hier bleiben wollen, auch aufnehmen können.

Die bestehenden Gesetze müssen für alle gelten – egal, ob jemand die Unterstützung von Medien oder verschiedenen Organisationen hat. (Abg. Mag. Korun: Binationale Paare ...!) Konkret hat das auch für die Mitglieder der Familie Zogaj zu gelten. Die Asylverfahren sind dort abzuwickeln, wo die Anträge gestellt wurden. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn die sozialdemokratischen und grünen Mitglieder der oberösterreichischen Lan­desregierung dafür sind, das alle Asylanträge der Familie Zogaj in Österreich bearbei­tet und abgewickelt werden, wäre es durchaus sinnvoll, die Anregung der Frau Innen­ministerin Dr. Maria Fekter, nämlich der Patenschaften, möglichst schnell zu diskutie­ren und zu realisieren. (Abg. Mag. Korun: Sie reden ja von ganz etwas anderem!) Damit könnten vielleicht Herr Landesrat Rudolf Anschober und Herr Landesrat Josef Ackerl die Patenschaft für alle Mitglieder der Familie Zogaj übernehmen. Darüber kön­nen wir gerne diskutieren, Frau Kollegin Korun.

Gesetzliche Änderungen im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz sind derzeit aber nicht notwendig. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

19.10


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. Vereinbarte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.11.07

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Es geht, wie Frau Abgeordnete Korun hier immer wieder durch Zwischenrufe eingemahnt hat, um die Problematik von binationalen Ehen, insbesondere um diejenigen, wo in Öster­reich wohnhafte Asylwerber einen österreichischen Ehepartner/eine österreichische Ehepartnerin finden. Hier wurde – unter Anführungszeichen – eine „Verschärfung“ im seinerzeitigen Fremdenrechtspaket vorgenommen, weil leider Gottes, was wir immer anprangern, Missbrauch mit diesen Instituten betrieben wurde.

Ws ist wahrscheinlich auch den Kolleginnen und Kollegen der grünen Fraktion be­kannt, dass es auch – unter Anführungszeichen – das „Institut der Scheinehe“ gibt, nur um einen österreichischen Aufenthalt zu bekommen. Leider ist in der Vergangenheit


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derart viel Missbrauch mit diesem Institut und auch überhaupt mit der Familienzusam­menführung betrieben worden, dass jemand, der nach Österreich gekommen ist, legal die Staatsbürgerschaft erworben hat – auch vollkommen in Ordnung –, aber Not­standshilfeempfänger war, dann seine Frau, seine Kinder, seine Schwiegereltern, sei­ne Eltern nach Österreich holen konnte – und wir haben Armut importiert. Das ist an sich auch nicht das, was wir uns unter einer geordneten Fremdenpolitik vorstellen. Da­her hat es dieses restriktive Gesetz gegeben.

In einem stimme ich Ihnen zu, wenn Sie sagen, das Verfahren lange dauern. Es kann nicht angehen, dass eine Botschaft so lange mit der Bearbeitung braucht. Ich gehe jetzt davon aus, dass es ja wirklich auch Ehen gibt, die, wie Sie auch richtig angeführt haben, keine Scheinehen sind, sondern wo es ein glückliches Familienleben gab und wo sich zum Beispiel auch Nachwuchs eingestellt hat. (Abg. Mag. Korun: Danke! – Abg. Öllinger: Scheinehen werden eher bei FPÖ ...!) – Das gibt es. Aber es ist eine Zumutung und die Verwaltung ist hier gefordert.

Es kann nicht sein, dass ein Antrag, der im Ausland nach den Bestimmungen des Ge­setzes abgegeben wurde, vier bis sechs Monate nur bei der Botschaft liegen bleibt, bevor er überhaupt nach Österreich zur zuständigen Behörde kommt. Das ist ein Miss­stand; lange Dauer in der Verwaltung ist ein Problem.

Da sind wir ganz bei Ihnen: Das kann durchaus kürzer sein. Wenn es eine echte Ehe ist, kann man in einem kurzen Verfahren feststellen, dass jemand nach Österreich kommen darf. Wenn es eine Scheinehe ist, dann gehört es ins Ausland. Auch etwas anderes gibt es: Sobald er nämlich das Asylverfahren beendet hat, ist er eben nicht mehr rechtmäßig in Österreich. Und es kann nicht sein, einerseits Asyl zu haben und andererseits ein Aufenthaltsverfahren, ein Visum zu bekommen. Das geht von unserer Rechtsordnung her nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

19.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Windholz. Vereinbarte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.13.41

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Abgeord­nete Kollegin Mag. Korun, es wird Sie sicherlich nicht verwundern, dass Sie auch vom BZÖ eine klare Abfuhr für diese Pläne erhalten werden. Ihre Zielrichtung ist eine Ge­samtstrategie, die die Grünen da verfolgen. Sie sagen natürlich auch – durchaus in be­rechtigter Weise –, dass es Einzelfälle gibt, die Härten darstellen, aber Sie wollen eine Gesamtlockerung: bei der Niederlassungsbewilligung den Begriff des humanitären Auf­enthalts, bei den Erstanträgen die Rechtmäßigkeit als Voraussetzung herausnehmen.

Nun: Es geht mitunter um die Genehmigung beim Asylrecht. Die Ablehnungsquoten geben all jenen Recht, die davor warnen, dass Asyl immer wieder missbraucht wird, und zwar in einer Größenordnung, wo man sich, glaube ich, zu Recht einmal ansehen sollte, wie sich die Rechtsänderung, ab Juli Verfassungsgerichtshofzuständigkeit, aus­gewirkt hat. Wenn Sie sich vor Augen halten, dass man dort in einem Halbjahr 1 202 Asylbeschwerden bekommen hat, was für das ganze Jahr gesehen ein Drittel aller Anträge darstellt, und dass bis jetzt nicht einmal die Hälfte abgearbeitet wurde, dann müssen Sie sich die Bilanz ansehen. Und die Bilanz besagt, dass von 588 be­arbeiteten Asylbeschwerden lediglich vier stattgegeben wurde. Also, ich glaube, klarer geht es nicht, dass man es hier mit Asylmissbrauch zu tun hat. (Beifall beim BZÖ.)

Wir erteilen daher allen Überlegungen, dieses Asylrecht aufzulockern, eine Absage. All diese Bestimmungen wären ein Anreiz für jene, die damit miserabelste Geschäfte machen – weil die Armen sind immer diejenigen, die angelockt werden, hierher zu


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kommen. (Abg. Krainer: Was ist das für ein „Anreiz“?) Geschickte Rechtsanwälte – Mag. Stadler hat das zu Recht angesprochen, dass das natürlich sehr in die Länge gezogen wird – schöpfen dann alle Rechtsmittel aus. (Abg. Krainer: Wieso ist das Missbrauch, wenn jemand zu Gericht geht?) Das ist natürlich auch ein wichtiger Be­reich, sodass wir immer wieder eine Verfahrensverkürzung einfordern.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass das Asylrecht in unserer Republik massiv miss­braucht wird. Es geht daher nicht darum, die Rechtsbestimmungen zu entschärfen, sondern ganz im Gegenteil! (Beifall beim BZÖ.)

19.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist hiezu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 35/A dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zu.

19.16.3612. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Waffengesetz 1996 geändert wird (36/A)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst die Antragstellerin. Ich erteile es ihr hiermit. Gewünschte Redezeit: 5 Minuten.

 


19.17.07

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Meine Damen und Herren! Bei diesem An­trag zur Änderung des Waffengesetzes geht es um die Problematik der Fliegerbom­benblindgänger, die nach wie vor in österreichischem Grund und Boden sind. Es ist wichtig, diese Blindgänger möglichst bald zu finden, zu entschärfen und zu entsorgen.

Und damit Sie dieses Problem nicht unterschätzen: Österreichweit gehen Experten da­von aus, dass es noch 15 000 solcher Blindgänger gibt. Alleine in der Stadt Salzburg gibt es rund 120 Verdachtsmomente im entsprechenden Bombenkataster, und das alles im besiedelten Gebiet. Immer wieder kommt es auch zu plötzlichen Explosionen solcher Blindgänger, zuletzt erst im Herbst in einer Gärtnerei in Wien, wo ein ziemlich großer Krater entstanden ist. Es gab natürlich einen Schaden, verletzt worden ist er­freulicherweise niemand.

Aber trotzdem: Dieser Zustand ist durchaus gefährlich. Ich denke, 60 Jahre nach Kriegsende gehört dieses Problem endlich gelöst. Man muss dafür sorgen, dass diese Blindgänger auch gefunden und dann geborgen und entsorgt werden.

Der Grund dafür, warum das alles so schleppend passiert, ist, wie so häufig, das feh­lende Geld. Während relativ klar geregelt ist, dass für Bergung und Entsorgung das Innenministerium aufkommen muss, müssen die Kosten der Sondierung bis dato vom Grundeigentümer getragen werden. Sie müssen sich das vorstellen: Wenn der Grund­eigentümer eine Privatperson ist, dann muss er für die enormen Kosten dieser Sondie­rung, die bis zu 100 000 € betragen können, aufkommen. Und wenn er Pech hat und es zu einer Detonation solch einer Fliegerbombe kommt, entsteht ein Schaden, nicht nur auf seinem Grundstück, sondern womöglich auch an den angrenzenden Grundstü­cken, auch an den angrenzenden Gebäuden. Und da haftet laut Waffengesetz der Bund nur bis zu einer Höhe von – damals noch; also das steht noch so im Gesetz – einer Million Schilling, das sind rund 70 000 €. Jetzt denke ich, Sie können selbst ein-


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schätzen, 70 000 € sind bei einem massiven Riss in einem Gebäude oder vielen zer­brochenen Fensterscheiben nicht sehr viel.

Meine Damen und Herren, ich denke, diese Sachlage ist völlig inakzeptabel. Es geht auf der einen Seite um die Kostenübernahme für die Sondierung und auf der anderen Seite auch um eine gänzliche Haftungsübernahme für Schäden, die eben zum Beispiel auf Nachbargrundstücken entstehen.

Ich möchte noch hinzufügen, dass es neben privaten Grundeigentümern, die durch so eine Situation wirklich in massive finanzielle Schwierigkeiten kommen können, natürlich auch öffentliche Grundeigentümer gibt, die von dieser Situation betroffen sind.

In dieser Sache führt etwa die Stadt Salzburg mittlerweile seit Jahren ein Verfahren ge­genüber dem Bund. Die Entscheidungen zu diesem Verfahren waren in jeder Instanz anders. Momentan ist es so, dass die Materie zwischen OGH und Verfassungsge­richtshof hin und hergereicht wird, weil sich niemand wirklich für zuständig erklärt; es ist nicht klar, wer zuständig ist. Letzten Endes fußt dieses ganze Dilemma darauf, dass wir eben keine klare gesetzliche Regelung haben.

Ich denke, solch eine Regelung ist wirklich längst überfällig. Der vorliegende Antrag ist ein Lösungsansatz dafür. Wir hatten ihn – Frau Kollegin Riener ist jetzt weg – auch schon einmal im Innenausschuss, und damals gab es eine Debatte, bei der Vertreter aller Parteien meinten, es sei ein interessanter Ansatz oder auch ein konstruktiver An­satz, aber der Antrag wurde damals vertagt mit dem Hinweis auf einen Ministerialent­wurf des damaligen Innenministers Platter. Dieser Ministerialentwurf war aber derart unbefriedigend, dass er die Begutachtung nicht überlebt hat. Das heißt, wir stehen nach wie vor ohne irgendeine Lösung da, wir sind in dieser Sache in keiner Weise wei­tergekommen.

Ich hoffe, dass bei der nächsten Debatte im Innenausschuss etwas weitergeht, denn das Problem braucht wirklich dringend eine Lösung. (Beifall bei den Grünen.)

19.21


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. Gewünschte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


19.21.25

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollegin Birgit Schatz hat das Problem dargestellt, von dem nicht nur die Stadt Salzburg, sondern viele Städte und Gemeinden betroffen sind, die in der Nähe oder entlang von Bahnstrecken liegen. Wir haben in Österreich Tau­sende – genaue Zahlen gibt es nicht – derartiger Verdachtsflächen oder Flächen, wo vermutet wird, dass sich möglicherweise Blindgänger im Boden befinden, und haben dazu eine Rechtslage, die absolut unbefriedigend ist; eine Rechtslage, die den Grund­eigentümer, und zwar auch den Grundeigentümer, der zufällig zu einem Grundstück kommt, zwingt, die Kosten für das Auffinden und Freilegen eines Blindgängers zu über­nehmen.

Der Bund – das hat Kollegin Schatz richtig dargestellt – übernimmt nur die Kosten der Entsorgung. Das heißt, die Bombe wird zur Explosion gebracht, und dann gibt es die eingeschränkte Haftung des Bundes für Schäden an Nachbargrundstücken oder Nach­barliegenschaften.

Eine absolut unbefriedigende Rechtssituation! Daher führt auch die Stadt Salzburg mit Zustimmung des Städtebundes, des Gemeindebundes einen Musterprozess. Zurzeit herrscht da ein Kompetenzkonflikt. Während das Landesgericht Salzburg als Erstge­richt die Haftung des Bundes grundsätzlich bejaht hat, hat das Oberlandesgericht wie­derum diese Haftung verneint, und der Oberste Gerichtshof hat überhaupt die Meinung


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vertreten, dass es sich um keine zivilrechtliche Auseinandersetzung handelt, sondern dass der Verfassungsgerichtshof zuständig wäre. Wir haben uns erwartet, dass es eine klare Regelung gibt, dass es eine klare Entscheidung gibt und dass dann aufgrund die­ser Entscheidung auch das Hohe Haus eine entsprechende Entscheidung trifft.

Niemand weiß zurzeit, wie der Verfassungsgerichtshof entscheidet, ob der Verfas­sungsgerichtshof beispielsweise die Rechtssache wieder an den Obersten Gerichtshof zurückverweist. (Abg. Mag. Stadler: Das ist eine öffentlich-rechtliche Sache, das war von vornherein klar!) – Behaupten Sie! Wir werden das sehen in der Entscheidung des VfGH, und es wird eine sehr interessante Entscheidung werden, Kollege Stadler. Dann werden wir in diesem Haus auch die notwendigen Schlussfolgerungen zu tragen ha­ben.

Besonders bekannt ist ein Fall in Salzburg, wo eine Grundstückseigentümerin, eine normale Konsumentin, eine Arbeiterin, eine Kassiererin in einem Großmarkt, ein Grundstück geerbt hat. Es gab eine Verdachtsfläche, es wurde ein Blindgänger vermu­tet, gefunden – und die Kosten für das Freilegen musste die Grundstückseigentümerin übernehmen. Das Freilegen ist das tatsächliche Problem, Kollegin Schatz! Wir brau­chen eine Regelung, wer die Freilegung vornimmt. Wenn man das allein Privaten über­antwortet, dann stoßen sich ein paar gesund, und das kann sicherlich nicht so sein.

Daher: Wir stehen diesem Antrag grundsätzlich positiv gegenüber und werden die Ent­scheidung abwarten. Unsere Fraktion und, wie ich glaube, alle Fraktionen in diesem Hause sind der Auffassung, dass wir dazu eine klare Regelung benötigen.

Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte ganz kurz zu einem anderen Thema etwas sagen – auch zu einer Bombengeschichte –, nämlich zu dem Skandal, dass in Hallein ein finnischer Konzern eine Papierfabrik von Finnland aus ge­schlossen hat. 485 Menschen haben ihren Arbeitsplatz verloren. Im Namen aller Salz­burger Abgeordneten, und zwar aller Fraktionen, ersuche ich Sie, Solidarität mit den Salzburger Arbeitnehmern, nämlich mit den Personen zu zeigen, die ihren Arbeitsplatz verloren haben.

Es gibt eine Postkartenaktion an die Präsidentin in Finnland. Ich ersuche Sie, diese Postkarten zu unterschreiben, an die finnische Präsidentin weiterzuleiten oder mir zu übergeben, damit auch wir klar sagen, so wie in Salzburg, wir stehen hinter diesen ge­kündigten Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen und setzen uns für den Betriebs­standort Hallein ein. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fürntrath-Moretti. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.26.35

Abgeordnete Adelheid Irina Fürntrath-Moretti (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Auch wir von der ÖVP sind natürlich der Meinung, dass es nicht sein kann, dass ein Grundbesitzer, der ein Grundstück kauft und im Zuge von Umbauarbeiten oder Gra­bungsarbeiten auf eine Fliegerbombe stößt, diese selbst entsorgen muss beziehungs­weise die Zahlungen dafür leisten muss. Selbstverständlich sollen diese Zahlungen auch von der öffentlichen Hand übernommen werden. Das ist für uns eine Selbstver­ständlichkeit, denn der Grundbesitzer kann nichts dafür, dass diese Fliegerbombe im Zweiten Weltkrieg abgeworfen worden ist und nicht explodiert ist.

Minister Platter hat ja schon in der letzten Legislaturperiode, wie bereits erwähnt, einen Ministerialentwurf vorgelegt, der, wie auch erwähnt, nicht durch die Begutachtung ge­gangen ist. Das verstehe ich zwar nicht ganz – darüber werden wir noch verhandeln müssen –, denn er hat angeboten, dass wenigstens 35 Prozent vom Bund bezahlt


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werden. Und er hat, wie das der Rechnungshof empfohlen hat, vorgeschlagen, dass die restlichen Entsorgungskosten vom Land beziehungsweise von den Gemeinden be­zahlt werden sollten.

Man muss dazusagen, dass dabei immense Kosten entstehen; Frau Abgeordnete Schatz hat das auch gesagt. Es gibt in etwa 15 000 Fliegerbomben; es können auch mehr sein, wir wissen es nicht. Es ist nicht genau erfasst, wie viele Fliegerbomben ab­geworfen und nicht explodiert und nicht entsorgt worden sind. Das steht fest. Es kann dem Staat beziehungsweise dem Steuerzahler, der das ja bezahlt, in der momentanen wirtschaftlich angespannten Situation nicht zugemutet werden, dass jede Fliegerbom­be, die noch irgendwo fünf Meter oder tiefer unter der Erde liegt, gesucht und eine Menge Geld dafür ausgegeben wird, um diese zu entsorgen. Sie haben es angespro­chen, bis zu 100 000 € pro Fliegerbomben sind das. Rechnen Sie das hoch, 15 000 mal 100 000! (Abg. Mag. Schatz: Und das Risiko!)

Das Risiko entsteht sicher nur dann, wenn wir in der Folge von Grabungsarbeiten auf die Bomben stoßen. Das ist ein primäres Risiko, und dann sollte sicher die öffentliche Hand dafür zur Verantwortung gezogen werden. Dafür sind wir auch.

Im Übrigen – mein Vorredner Maier hat es angesprochen – sind wir auch der Meinung, dass wir das Urteil des Verfassungsgerichtshofes abwarten und dann zu einer Ent­scheidung kommen sollten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.28


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Hofer. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.29.01

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann nicht verstehen, dass die Verantwortung weiterhin meistens Privatpersonen tragen müssen, die, wenn es Grabungsarbeiten gibt und man auf eine Fliegerbombe stößt, dann wirklich mit erheblichen finanziellen Problemen zu kämpfen hätten. Ich bin auch der Meinung, dass der vorgelegte Antrag, dieser Antragsentwurf der Frau Kolle­gin Schatz, ein wirklich guter Antrag ist, und wir können uns sehr gut vorstellen, dem auch beizutreten.

Sie, Frau Kollegin Fürntrath, argumentieren, der Staat kann es sich zurzeit nicht leis­ten, die Verantwortung zu übernehmen. – Es geht ja gar nicht darum, jetzt alle Flieger­bomben zu suchen, aufzuspüren, auszugraben und so weiter, sondern es geht vor allem darum – und das ist der Kern –, dass man dafür Sorge trägt, dass dann, wenn jemand auf seinem Privatgrundstück auf eine Fliegerbombe stößt, er kein finanzielles Risiko zu tragen hat. In den meisten Fällen bedeutet das, auch wenn der Staat, wie im Ministerialentwurf vorgesehen, 35 Prozent der Kosten übernimmt, für die betroffene Person ein wirklich existenzielles Problem.

Daher bin ich der Meinung, dass wir diese Aufgabe sehr rasch lösen sollten, um damit auch sicherzustellen, dass Betroffene, die sich vielleicht ein Grundstück kaufen oder ein Grundstück erben und dann vielleicht auf diesem Grundstütz etwas zu bauen pla­nen, einen Keller ausheben, dann nicht in große finanzielle Schwierigkeiten geraten. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

19.30


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Hagen. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.30.46

Abgeordneter Christoph Hagen (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Auch wir sind der Meinung, dass dieser Antrag ein guter ist und deswegen auch befür-


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wortet werden soll. Ich möchte aber anmerken, dass die Entschärfung von Fliegerbom­ben und so weiter im öffentlichen Sicherheitsinteresse liegt, dass dieses überwiegt und dass schon deshalb die Kostenübernahme für die Entschärfung dieser Bomben durch die Allgemeinheit vorgegeben ist. Also dass es dazu noch eines Antrags bedarf, ist schon traurig für unsere Republik. (Beifall beim BZÖ.)

Ich sehe auch nicht ein, dass ich zum Beispiel, wenn ich in die Verlegenheit kommen würde, als heute 40-Jähriger für die Überbleibsel der amerikanischen Bombenteppiche und was weiß ich alles den Kopf hinhalten soll. Ich glaube, dass dieser Antrag auch als eine Art Vergangenheitsbewältigung gesehen werden sollte, damit wir jungen Men­schen, wir Österreicher, die wir hier in diesem Land leben, entlastet werden, und des­halb ist diesem Antrag zuzustimmen. (Beifall beim BZÖ.)

19.32


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist hiezu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 36/A dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zu.

19.32.1913. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur sozia­len Absicherung von Künstlerinnen und Künstlern geschaffen und das geltende Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz (K-SVFG) aufgehoben wird (64/A)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 13. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.32.46

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die finanzielle Situation der Künstler und Künstlerinnen in unserem Land ist katastrophal – und damit leider auch die Kulturpolitik, die so etwas zulässt.

Wir wissen das schon länger, aber die zuständige Ministerin hat es uns nicht geglaubt. Wir haben gesagt, sie könnte ja eine Untersuchung anstellen, und die Studie, die jetzt vorliegt, beweist das. Es ist erschreckend: Ein Drittel aller Künstler und Künstlerinnen verdient weniger als 700 € im Monat – das ist weit unter der Armutsgrenze –, und die Frauen – wen wundert’s? – sogar noch weniger, nämlich unter 600 €, und das inklusive aller Nebenjobs und Nebeneinkommen.

Künstlerin oder Künstler zu sein bedeutet heute, ein fünf Mal höheres Risiko zu haben, arm zu werden, als der Durchschnitt der Bevölkerung, und das ist schon erschreckend. Was ist das für eine Kulturnation, die sich so etwas leistet? Man könnte jetzt natürlich sagen: Dann sollen sie halt mehr arbeiten! – Die Studie ergibt 52 Stunden Wochen­arbeitszeit als Durchschnitt, und das ist auch mehr, als wir uns gedacht haben. Man könnte sagen, dann sind sie vielleicht schlecht ausgebildet. – Ich kann darauf hinwei­sen, dass die Studie ergibt, dass 73 Prozent der Künstler und Künstlerinnen höchstes Ausbildungsniveau haben, nämlich ein akademisches. Also das kann es auch nicht sein.

Wie kommt es dann? – Ich kann es erklären: Wenn eine Autorin zum Beispiel drei, vier, fünf Jahre an einem Roman schreibt – und Romane sind nicht immer ein Erfolg – und selbst wenn der Roman ein Erfolg ist, dann trägt dieser einfach nicht diese lange Zeit.


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Das heißt, das ist schon eine Berufsgruppe mit einem sehr unsicheren, sehr unregel­mäßigen Einkommen, wo kaum eine andere Berufsgruppe in der Richtung mithalten kann. Ohne Arbeitslosenversicherung – klar, obwohl sie ständig einzahlen. Kein Wun­der, dass diese Studie letztlich auch ergibt, dass 60 Prozent von ihnen sehr unglücklich sind, Angst wegen der Zukunft haben, Stress haben und so weiter.

Das, was wir als Gesetzgeber uns sozusagen geleistet haben, ist ein Künstler-Sozial­versicherungsfondsgesetz, und das hilft gar nichts. Das hilft ungefähr so wie ein Kopf­wehpulver, wenn man am Verhungern ist. Daher haben wir Grüne schon im Jahr 2006 ein Modell zur sozialen Mindestabsicherung von 1 100 € im Monat eingebracht. Wer weniger verdient, bekommt die Differenz sozusagen finanziert. Ich würde Sie bitten, mit uns im Ausschuss über die Verwirklichung eines solchen Gesetzes zu sprechen. Viel­leicht hat der eine oder die andere unter Ihnen auch ein Herz für Künstler. Ich hoffe es. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Sacher. Gewünschte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


19.35.48

Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich freue mich, nach einem bewegten politischen Leben mit kantiger Kulturpolitik in einem der letzten feudalen Fürstentümer punkto Kultur, nämlich in Niederösterreich, hier im Hohen Haus auch im Kulturausschuss mitwirken zu dürfen. Ich freue mich auf die Diskussionen, und einer solchen stellen wir uns gleich heute.

Die Grünen bringen zum wiederholten Male den erwähnten Antrag ein, der zuletzt vom Kulturausschuss am 26. Februar 2008 behandelt worden ist und dort auch keine Mehr­heit gefunden hat. Wiederholung macht diesen Antrag aus meiner Sicht nicht besser. Warum? – Der Antrag der Grünen fordert die Aufhebung eines meines Erachtens gu­ten Kompromisses und den Ersatz durch eine schlechtere Reform. Das Künstler-Sozi­alversicherungsfondsgesetz wurde nämlich im Vorjahr novelliert und in wichtigen Punk­ten zum Wohle der Künstler verbessert, zum Beispiel bei den Einkommensgrenzen.

Die untere Einkommensgrenze konnte aus Verfassungsgründen nicht abgeschafft wer­den, es wurde jedoch eine Verbesserung erzielt, die durch die Berücksichtigung von Einnahmen erfolgt, die aus künstlerischen Tätigkeiten gegeben sind, wie zum Beispiel Preisgelder oder Stipendien. Damit wird die Untergrenze für den Anspruch auf den Zu­schuss zur Künstlersozialversicherung angehoben. Es wurde auch ermöglicht, Einnah­men aus nicht selbständiger Tätigkeit unter der Geringfügigkeit zu berücksichtigen, oder es wurde die Aliquotierung kurzzeitiger künstlerischer Tätigkeit berücksichtigt.

Eine weitere Verbesserung hat stattgefunden. Diese Verbesserung ergab sich aus der Möglichkeit, den Zuschuss aus dem Künstler-Sozialversicherungsfonds nicht nur für Pensionsbeiträge, sondern auch für Krankenversicherungs- und Unfallversicherungs­beiträge verwenden zu können.

Aber auch die Obergrenze wurde durch die Novellierung 2008 angehoben, und zwar auf knapp 20 500 €. Somit fallen mehr Künstlerinnen und Künstler als vorher unter die­se Zuschussregelung. Das war doch bereits ein Fortschritt gegenüber dem, was vorher gegeben war.

Ein Erfolg, der sicher auch dem Engagement unserer Frau Bundesministerin Dr. Clau­dia Schmied zu verdanken ist und auch dem Konsens mit dem ÖVP-Kultursprecher Morak, der hier gefunden worden ist. Ein Kompromiss wohl, aber eine deutliche Ver­besserung, die 2008 in Kraft getreten ist.


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Zuletzt wurde noch durch eine Verordnung der Frau Bundesministerin eine Erhöhung des Beitragszuschusses um 20 Prozent durchgesetzt, nämlich von 1 026 € auf 1 230 €. Also mit Sicherheit ein Fortschritt.

Man könnte noch weitere Verbesserungen aufzählen, die eine deutliche Hebung des sozialen Standards der Künstlerinnen und Künstler bewirkt haben.

Ihr Entwurf, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, ist aus unserer Sicht keine Verbesserung, weil er zu kompliziert ist, weil er schwer zu administrieren ist, Ihr Modell ist zu widersprüchlich und in sich unausgegoren. Es zeigt gravierende Mängel auf, und das ist nicht nur unsere Bewertung, sondern diese Bewertung hat auch der Kulturrat getroffen. Wir werden als Sozialdemokraten für uns wohl in An­spruch nehmen können, die bessere Sozialpolitik für die Künstlerinnen und Künstler im Sinne einer wirklich freien Kunst in Österreich machen zu dürfen.

In diesem Sinne freue ich mich auf die Diskussion im zuständigen Ausschuss. (Beifall bei der SPÖ.)

19.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fuhrmann. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.40.13

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegin­nen und Kollegen! Ich glaube, wir sind uns alle darin einig, dass die Politik die Aufgabe hat, Künstlerinnen und Künstler darin zu unterstützen, dass sie ihr schöpferisches Ge­stalten auch umsetzen können.

Der Bericht zur sozialen Lage der Künstlerinnen und Künstler, den Frau Bundesminis­ter Schmied eingeleitet hat, hat zum Ausdruck gebracht, dass die soziale Lage tatsäch­lich keine rosige ist, und insofern herrscht auch Handlungsbedarf seitens der Politik. Ich glaube, auch hier sind wir uns alle einig.

Die Frage ist: Wie kann man die Situation, vor allem auch die soziale Absicherung der Kunstschaffenden in Österreich, verbessern? Ich glaube nicht, dass das durch ein Gesetz oder eine Künstlersozialkasse, wie es sie in Deutschland bereits gibt, erreicht werden kann, denn dort wird genau die soziale Treffsicherheit diskutiert. Und der grüne Vorschlag zielt ja auf das deutsche Modell ab. Ich glaube, dass man das mit großer Skepsis betrachten muss, nämlich deshalb, weil die soziale Treffsicherheit zu hinterfra­gen ist und in Deutschland auch ganz klar gesagt wird, dass der Verwaltungsaufwand in keinem Fall dafürsteht, gemessen an dem, was letztendlich dann dem einzelnen Künstler und der Künstlerin zugute kommt.

Insofern meine ich, dass unser Künstlersozialversicherungsfonds, der damals von Staatssekretär Morak eingeführt worden ist, ein gutes und bewährtes System ist. Es wurde schon angesprochen, dass dieser Fonds einmal evaluiert wurde, um Erfah­rungen aus den letzten Jahren mit Gesundheitsversicherung und Sozialversicherung et cetera hier einfließen zu lassen.

Im Übrigen möchte ich auch bemerken, dass es immerhin 5 000 Künstlerinnen und Künstler sind, vor allem in den unteren Einkommensschichten, die eine Unterstützung bekommen, die bis zu 14 000 € geht.

Ich glaube, dass dieses System, wenn es Mängel gibt, weiter auszubauen ist und in Zukunft auch dafür Sorge getragen werden muss, dass jene Künstlerinnen und Künst­ler, die von der schöpferischen Eigenkraft nicht leben können, vom Staat unterstützt werden, wenngleich ich der Meinung bin, dass wir unsere Kunstschaffenden in Öster-


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reich dahin gehend stärken müssen, dass es ihnen möglich ist, durch ihre eigene Tä­tigkeit, durch ihre eigene Leistung eine Existenz aufzubauen.

Die Frau Bundesminister hat, ausgehend von dem Bericht zur sozialen Lage der Künstlerinnen und Künstler, eine interministerielle Arbeitsgruppe eingerichtet. Ich den­ke, es macht Sinn, die Vorschläge dieser Arbeitsgruppe abzuwarten. Frau Bundesmi­nister Schmied wird auf jeden Fall die Unterstützung von mir als Kunst- und Kulturspre­cherin und natürlich auch von der ÖVP haben, wenn es darum geht, Rahmenbedin­gungen für die Kulturpolitik, für die Kunstschaffenden in Österreich zu verbessern, und ich lade auch die Grünen ein, sich konstruktiv daran zu beteiligen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.43


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Unterreiner. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.43.26

Abgeordnete Mag. Heidemarie Unterreiner (FPÖ): Werter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Damen und Herren aller Fraktionen hier im Haus! Aufgrund der schwierigen sozialen Situation vieler Künstlerinnen und vieler Künstler haben sich die Freiheitlichen bereits im Jahr 2000 für ein entsprechendes Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz stark gemacht. Wichtig war für uns in diesem Zusammenhang, dass vor allem die Pen­sionsabsicherung auch bei einem geringen Einkommen gewährleistet ist.

Nun liegt der Antrag der Grünen vor. Unserer Meinung nach gibt dieser zwar vor, dass er sich um die sozialen Probleme der Künstler annimmt, aber wenn wir uns das genau­er anschauen, müssen wir feststellen, das ist unserer Ansicht nach ein ideologisches Lenkungsinstrument. Ich werde das gleich damit beweisen, dass sich die Begriffsbe­stimmung geändert hat.

Zum Beispiel steht im vorliegenden Gesetz unter „Begriffsbestimmungen“, wo es um die Definition des Künstlers geht, noch drinnen, dass ein Künstler der ist, der in ver­schiedenen Kunstbereichen aufgrund seiner künstlerischen Befähigung im Rahmen einer künstlerischen Tätigkeit Werke der Kunst schafft.

Im Antrag der Grünen steht jetzt neu, dass ein Künstler ist, wer in einer zeitgenössi­schen Form – also das wird jetzt nur auf die zeitgenössische Form hin projiziert – auf­grund künstlerischer Befähigung und Bemühung tätig ist, Kunst zu schaffen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das würde ja heißen, dass man sich nur zeit­genössisch bemühen muss, Kunst zu schaffen, und dann ist man schon ein Künstler. Die Konsequenz daraus wäre ja, dass sich jeder als Künstler definieren kann, der das sein will, und das müssen wir ablehnen, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Anstatt von Zuschüssen für eine soziale Absicherung soll ein KünstlerInnen-Absiche­rungsgesetz geschaffen werden, das eine monatliche materielle Zuwendung bis zu 1 100 € vorsieht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist natürlich in unseren Augen ein ver­stecktes Grundeinkommen für jedermann. Und auch das lehnen wir ab. (Beifall bei der FPÖ.) In Zeiten der Arbeitslosigkeit, wenn Betriebe zusperren – wir haben heute dar­über gesprochen, wie es jetzt mit dieser Halleiner Papierfabrik ausschaut –, ist es eine Verhöhnung für all diejenigen, die versuchen, mit ihrer Arbeit ein Einkommen zu erzie­len, mit dem sie durchkommen.

Sehr geehrte Damen und Herren, was soll sich jetzt ein Donawitzer Arbeiter denken, wenn er mit einer Aktion „Glut und Feuer“ genauso viel verdienen kann? Warum soll


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der weiterarbeiten? Oder warum soll eigentlich ein Arbeiter in einem Schlachthof wei­terarbeiten? Er könnte ja ein paar Kübel voll Blut nehmen und auf eine weiße Leinwand schütten. (Beifall bei der FPÖ.) Also es ist nicht mehr einzusehen, dass man arbeiten geht, um Geld zu verdienen. (Abg. Krainer: Wenn es wer kauft!)

Na ja, es gibt ja auch einen Landeshauptmann Pröll, der einem ein Museum hinstellen kann. Es gibt ja auch einen Bürgermeister von Wien, wie wir wissen, der Medaillen vergibt. Also man kann schon seinen Marktwert steigern, wenn es Leute gibt, die hinter einem stehen.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir sind der Meinung, dass selbstverständlich Rah­menbedingungen geschaffen werden müssen. Wir Freiheitliche haben immer darauf hingewiesen, dass das notwendig ist. Auch wir stehen natürlich dazu, dass Künstler unterstützt werden müssen. Zum Beispiel ist eine unserer Forderungen die Absetzbar­keit von Kunstankäufen – seit Jahrzehnten verlangen wir das! – oder etwa Kunstspon­soring, ebenso eine Novellierung des Antikorruptionsgesetzes. Aber wir Freiheitlichen lehnen ab, dass ein zentral gelenktes Planwirtschaftsmodell aus dem Grünen Klub sich anmaßt, die soziale Lage der Künstler verbessern zu können. (Beifall bei der FPÖ.)

19.48


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Jury. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.48.02

Abgeordneter Josef Jury (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wenn man sich die Anträge der Grünen heute Nachmittag an­schaut – egal, ob zum Thema Bleiberecht, Asylrecht, Aufenthaltsrecht oder Kulturpoli­tik –, wird hier ein entlarvendes Schema erkennbar, so nach dem Motto: Steter Tropfen höhlt den Stein! Das ist die Politik der Grünen. Das ist aber eine Politik, die uns, glaube ich, in unserer Gesellschaft in Österreich keinen Schritt weiterbringt. (Beifall beim BZÖ.)

Als Bürgermeister der Kultur- und Künstlerstadt Gmünd in Kärnten, der Kulturhaupt­stadt in Kärnten (Oh-Rufe bei SPÖ und ÖVP – Beifall beim BZÖ) muss ich Ihnen zu Ihrem Antrag, Herr Dr. Zinggl, schon ein paar Sachen entgegenhalten.

Wir betreiben in einer relativ kleinen historischen Stadt mit zirka 2 700 Einwohnern mit einer intakten Kulturinitiative vier Galerien, fünf öffentliche Ateliers von einheimischen Künstlern und ein Gastatelier. Und da glaube ich schon, hinreichend kompetent zu sein, um Ihren verwerflichen Aussagen zu einer Grundsicherung für Künstler eine klare Absage zu erteilen. (Beifall beim BZÖ.)

Viel wichtiger ist es – eine Kollegin von der FPÖ hat das bereits angesprochen –, die Absetzbarkeit von Kultursponsoring, von Ankäufen und Unterstützungen Kulturschaf­fender voranzubringen. Das wäre ein gescheiter Weg, das wäre der richtigere Weg – ein Weg, der auch bei den Spenden für die Einsatzorganisationen gegangen wurde. Das wäre ein taugliches Mittel, um die Kulturpolitik in unserem Land weiterzubringen.

Von der Ausstattung unserer Kulturpolitik brauchen wir ja gar nicht zu reden. Der da­malige Staatssekretär Morak sagte: Österreich hat das größte Kulturbudget unseres Planeten Erde. – Herr Dr. Zinggl, Sie sind ein sehr kompetenter Mann im Museums­bereich, das weiß ich, aber diese Ihre Forderung geht in die völlig falsche Richtung. (Beifall beim BZÖ.)

19.51



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 224

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 64/A dem Kulturausschuss zu.

19.51.1914. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz, das Klubfinanzierungsgesetz und das Publizistikförderungsgesetz geändert werden (Förderung der Beteiligung von Frauen in der Politik) (73/A)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Mag. Schwentner. Ge­wünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.51.53

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolle­ginnen und Kollegen! Es ist nicht so schwierig, wie es klingt, sondern eigentlich ganz einfach, auch wenn sich der Name des Gesetzesantrages etwas umfassend anhört. Es ist auch mittlerweile so etwas wie eine grüne „Pflichtübung“, zu versuchen, eine Quote zur Beteiligung der Frauen in der Politik zu forcieren und im Gesetz zu verankern.

Die Ausstellung in der Säulenhalle hier im Hause demonstriert ja ... (Abg. Großruck: Das allgemeine Wahlrecht wollen Sie abschaffen!) – Ja, das wurde vor 90 Jahren be­gründet: Vor 90 Jahren durften Frauen und Männer zum ersten Mal auch Frauen wäh­len; Frauen durften gewählt werden. Das ist lange her und hat lange gebraucht. Da­mals waren es nur acht Frauen, die in den Nationalrat eingezogen sind. Es hat damals auch heftige Debatten dazu gegeben, weil zum Beispiel der großdeutsche Abgeord­nete Albert Ritter von Mühlwerth recht schwere Bedenken dagegen hatte, dass Frauen in die politische Arena und in das „wüste Treiben der Politik“ einziehen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.)

Ich weiß, dass manche Männer noch immer Bedenken dagegen haben, dass Frauen im „wüsten Treiben der Politik“ einen Stellenwert haben, aber die Frauen haben das mittlerweile geschafft und bewiesen (Beifall bei den Grünen), nur haben wir leider noch immer keine Gleichstellung geschafft: nicht in der Politik ... (Abg. Dr. Rosenkranz: Aber ein anderer hat es beantragt! Es war einer von uns, der es beantragt hat! Lernen Sie Geschichte!) – Das ist wunderbar, ich gratuliere Ihnen dazu, nur: Es ist trotzdem noch nicht erreicht.

Es geht darum, dass wir erreichen wollen, dass es endlich eine gewisse Gleichstel­lung in der Politik gibt. Wie sonst lässt es sich erklären, dass der Anteil der Frauen im Nationalrat seit 2006 rückläufig ist! Wir hatten 2002 einen Höhepunkt hier mit 33,9 Prozent Frauen – aber seitdem macht sich eine bedenkliche Trendumkehr be­merkbar. Derzeit gibt es hier einen Frauenanteil von 27,3 Prozent.

Ich halte diesen Zustand für untragbar und denke, dass man da etwas ändern muss, und zwar in Bezug auf eine Quote, die verpflichtend zu sein hat. Ich weiß, dass „Quote“ geradezu ein Reizwort für viele Männer hier im Saal ist, aber dennoch ist das notwendig. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Großruck: Wo leben Sie denn? Leben Sie in Russland, oder wo leben Sie denn? Das ist ja ein Wahnsinn!) – Schauen Sie sich unseren Vorschlag an!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 225

Minister Hahn hat gestern im Zusammenhang mit dem Rücktritt von Rektorin Ingela Brunner gesagt, dass eine Quote nur die zweitbeste Lösung sei. – Wir glauben, es ist die erstbeste Lösung; es ist die beste und einzige Lösung, um die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Politik zu erreichen.

Ich bitte Sie daher – ich sehe, dass meine Redezeit gleich vorbei ist –, unseren Antrag zur Förderung der Gleichstellung von Frauen in der Politik im entsprechenden Aus­schuss zu unterstützen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.54


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Ablinger zu Wort. Gewünschte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


19.54.32

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich halte es für sehr wichtig, dass wir diese Frage hier diskutieren, allerdings, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, Sie haben heute zehn Anträge auf Erste Lesungen gestellt, jedoch: Die Präsenz der Grünen jetzt – und auch tagsüber; seit Beginn der Ersten Le­sungen – zeugt nicht gerade von gesteigertem Interesse Ihrerseits. Und das finde ich irgendwie nicht ganz richtig. Zehn Anträge und so wenig Präsenz! (Beifall bei Abgeord­neten von SPÖ und ÖVP.)

Allerdings halte ich es für ein ganz wesentliches Thema – eine Vorrednerin hat das ja bereits angeschnitten –, sich die Repräsentanz von Frauen auch im österreichischen Nationalrat anzuschauen und leider auch zu sehen, wie dieser Anteil wieder zurück­gegangen ist.

Kollege Großruck, Sie sagen, da gehe es jetzt irgendwie um „stalinistische Vorstellun­gen“ ... (Abg. Großruck: Haben Sie die Anträge gelesen?) Ja. Wir können uns viel­leicht darauf einigen, dass ihr ein bissel ein Problem habt mit der Repräsentanz von Frauen innerhalb der ÖVP. (Abg. Großruck: Parteien werden nicht zugelassen, wenn sie nicht 50 Prozent haben! Ja, wo sind wir denn?) Ich glaube, aus der ÖVP Oberös­terreich sitzt keine einzige Frau hier im Nationalrat. Darum geht es auch; das müssen wir ganz sicher thematisieren.

Ich darf zitieren aus der Erklärung von Athen, stammend von der ersten europäi­schen Konferenz von Frauen in Führungspositionen; diese war im Jahre 1992. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) – Einfach ein bissel zuhören; dabei kann man im Übrigen auch etwas lernen! (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Unruhe im Saal.)

Ich zitiere: „Frauen besitzen die Hälfte des der Menschheit zur Verfügung stehenden Potentials an Begabungen und Fähigkeiten. Ihre Unterrepräsentanz bei Entschei­dungsprozessen gereicht uns allen zum Nachteil.“

Das ist der entscheidende Punkt. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP. – Unruhe im Saal.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn der Geräuschpegel etwas niedriger ist, verstehen wir alle etwas – und Frau Kollegin Ablin­ger ist angehalten, die volle Kraft des Mikrophons zu nutzen.

 


Abgeordnete Sonja Ablinger (fortsetzend): Vor 90 Jahren wurde in Österreich das Frauenwahlrecht eingeführt, jedoch sind wir von gleichberechtigter Vertretung nach
wie vor weit entfernt. Das Ärgerliche in diesem Zusammenhang ist, dass die Frauen in den letzten 30 Jahren enorm aufgeholt haben, was Bildung und Erwerbsbeteiligung betrifft, aber in den entsprechenden Führungspositionen spiegelt sich das in keiner Weise wider. Und das ist deswegen besonders ärgerlich, weil es offensichtlich so ist – es gibt dazu, wie im heutigen „Standard“ nachzulesen, eine wissenschaftliche Untersu-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 226

chung –, dass Frau sein allein genügt. Das heißt, Frauen werden oft aufgrund der Tatsache, dass sie Frauen sind, ausgeschlossen.

Was diesen Antrag anlangt: Grundsätzlich bin ich dafür, dass wir über diese Frage dis­kutieren – ob das dann genauso ausschaut, ist etwas anderes –, denn mittlerweile ist klar: Reine Absichtserklärungen nützen nichts! Wir brauchen uns das ja nur da herin­nen anzuschauen! Reines Wohlwollen und reine Absichtserklärungen, kann ich nur sa­gen – und ich glaube auch, dass einige Frauen von der ÖVP und ganz sicherlich auch von BZÖ und FPÖ die Aussage unterschreiben –, nützen nichts.

Sogar der Präsident der IPU hat gesagt, dass es nur in jenen Parlamenten, wo es ge­setzliche Regelungen gibt – entweder im Parlament oder in den Parteien –, einen ent­sprechend hohen Frauenanteil gibt.

Ganz zum Schluss möchte ich noch etwas zitieren, und zwar den Herrn Prälaten und Bundeskanzler Ignaz Seipel, der zur Einführung des Frauenwahlrechts 1917 gesagt hat:

„Doch glaube ich sagen zu müssen, daß die plötzliche Ausdehnung des Wahlrechts auf alle Frauen von Übel wäre. Es würden dadurch noch viel mehr ungeschulte ... Per­sonen in die politische Arena gerufen, als es ohnehin schon der Fall ist. Aber sollen wir den Frauen das Wahlrecht mit den Pflichten und Lasten, die es mit sich bringt, auf­bürden? Dürfen wir das tun? Gerade darin hätte sich die Ritterlichkeit der Männer zu zeigen, daß sie den Frauen das Hinabsteigen auf den politischen Kampfplatz ersparen, wie umgekehrt ja auch die Frauen den Männern die häuslichen Sorgen abnehmen.“

Keine Frage, so klingt das heute nicht mehr, dass man sagt, die Frauen sind noch nicht so weit; aber was wir immer wieder hören, ist: Die Frauen wollen ja nicht! Das ist sozu­sagen die aktuelle Antwort darauf.

Heute ist für mich der Kampf um das Frauenwahlrecht, die moderne Fassung dessen, dass es um das Menschenrecht der Repräsentanz von Frauen auch in der Politik geht. Und: Da hat es noch nie an den Frauen gelegen.

Deswegen glaube ich, dass es ein guter Vorschlag ist, das zu diskutieren. Die Frau Präsidentin lädt ja auch die Frauensprecherinnen ein; wir hatten dazu schon eine Ver­anstaltung im Palais Epstein. Es wird also Zeit, dass sich da etwas tut. – Danke. (Bei­fall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

19.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Dr. Karl. Gewünschte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


19.59.24

Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kol­leginnen und Kollegen! Ich muss gestehen, dieser Antrag erstaunt mich. Erstaunlich finde ich zum Beispiel den Vorschlag, dass jede Partei, die einen Aktionsplan zur För­derung der Beteiligung von Frauen in der Politik beschließt, eine Prämie von 20 000 € erhalten soll; hingegen sollen bei Erreichung von 75 Prozent der angestrebten Ziele lediglich 10 000 € gebühren.

Für den bloßen Beschluss eines Aktionsplanes zur Frauenförderung 20 000 € zu ge­währen, halte ich für sehr großzügig. Die Zielerreichung ist anscheinend weniger wich­tig.

Noch mehr erstaunt mich aber die vorgeschlagene Änderung der Nationalrats-Wahl­ordnung. Demzufolge müssen alle Parteien auf ihren Regionalparteilisten, Landes­parteilisten und Bundesparteilisten unter den BewerberInnen zumindest 40 Prozent Frauen haben, um zur Nationalratswahl überhaupt zugelassen zu werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 227

Wie Sie wissen, sind das aktive und das passive Wahlrecht verfassungsrechtlich ver­ankert. Wählbar sind gemäß Artikel 26 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes alle Männer und Frauen, die die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen und das 19. Lebensjahr vollendet haben. Wenn die Zulassung von Listen zur Nationalratswahl und damit die Wählbarkeit der dort gelisteten Kandidatinnen und Kandidaten plötzlich auch davon abhängen soll, dass unter den BewerberInnen zumindest 40 Prozent Frau­en sind, so ist das aus verfassungsrechtlicher Sicht mehr als bedenklich.

Aber auch darüber hinaus gilt es, die Zulässigkeit einer derart strikten Quotenregelung zu hinterfragen. Artikel 141 Abs. 4 des EG-Vertrags erlaubt in Hinblick auf die effektive Gewährleistung der vollen Gleichstellung von Männern und Frauen im Arbeitsleben Maßnahmen zur positiven Diskriminierung. Dennoch nimmt der Europäische Gerichts­hof zur Quotenregelung eine sehr kritische Haltung ein. Er geht in ständiger Judikatur davon aus, dass nationale Regelungen, die Frauen bei Ernennungen oder Beförderun­gen absolut und unbedingt den Vorrang einräumen, über eine Förderung der Chancen­gleichheit hinausgehen und daher europarechtswidrig sind.

Eine Quotenregelung ist nur dann europarechtskonform, wenn sie eine Öffnungsklau­sel enthält, die eine objektive Beurteilung der Bewerberinnen und Bewerber, und zwar jedes einzelnen männlichen und weiblichen Bewerbers, gewährleistet, sodass die Be­rücksichtigung eines männlichen Bewerbers nicht von vornherein ausgeschlossen ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Auch darf ich Sie daran erinnern, dass der Oberste Gerichtshof im Jahr 2001 die Rege­lung des § 43 Bundes-Gleichbehandlungsgesetz als gemeinschaftsrechtswidrig qualifi­ziert hat, weil diese den Bewerberinnen bei gleicher Eignung automatisch den Vorrang einräumt, also keine Öffnungsklausel enthält.

Nun weiß ich schon, dass sich der vorliegende Antrag nicht auf die Quotenregelungen im Bereich des Arbeitslebens bezieht. Aus der angesprochenen Judikatur lässt sich aber sehr wohl ein Maßstab ableiten, an dem auch außerhalb des Arbeitslebens ange­ordnete Quotenregelungen gemessen werden sollten.

Schließlich wollen Sie auch die Klubfinanzierung dahin gehend abändern, dass die Förderung reduziert wird, wenn die Frauenquote des Klubs unter 50 Prozent liegt. Wie Sie wissen, sind es nicht die Klubs, die die Listen erstellen. Die Klubs werden hier so­mit für etwas zur Verantwortung gezogen, für das sie gar nichts können. Jemanden für etwas zur Verantwortung zu ziehen, für das er gar nicht verantwortlich ist, halte ich aber nicht nur für verantwortungslos, sondern auch aus rechtsstaatlicher Sicht für äußerst bedenklich. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Riepl: Das ist schön gesagt!)

Hinzu kommt auch noch, dass nach § 7 der Nationalratsgeschäftsordnung die Abge­ordneten derselben wahlwerbenden Partei lediglich das Recht, aber keine Pflicht haben, sich in einem Klub zusammenzuschließen. All das bleibt unberücksichtigt.

Ein derart undurchdachter Antrag verdient keinesfalls Zustimmung. – Danke. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

20.04


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Meine sehr geehrten Damen und Herren, es wurde eine Brille gefunden; sie ist hier bei mir abzuholen. Ich zeige sie hier, obwohl sie der­jenige oder diejenige, dem oder der sie abgeht, ohnehin nicht sieht.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. Ge­wünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


20.04.32

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Im Gegensatz zu meiner Vorrednerin überrascht mich dieser Antrag nicht beson-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 228

ders, denn wir hatten ja so etwas schon einmal in der letzten Gesetzgebungsperiode. Dieser Vorschlag ist schon damals abgelehnt worden, und er wird auch diesmal keine Zustimmung finden.

Ein Antrag, der Quoten für Frauen fordert, ist in Wirklichkeit eine Diskriminierung für Frauen, meine Damen und Herren von den Grünen! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie degradieren damit Frauen zu einem Neutrum, das durch eine Quote hier hinein­kommt, und Sie sind noch nicht einmal so weit, dass Sie es nicht in den Antrag hin­einschreiben würden, denn Sie schreiben in Ihren Antrag hinein, ohne die Frauenquote der Grünen sähe die Gesamtfrauenquote im Nationalrat noch deutlich schlechter
aus. (Abg. Mag. Schwentner: Relativ gesehen ja!) Das heißt ja im Umkehrschluss: Hätten die Grünen nicht die Quote, dann gäbe es dort auch weniger Frauen. (Abg. Mag. Schwentner: Ja, so ist es!)

Damit ist eines ganz klar: Sie, meine Damen von den Grünen, sind hier herinnen als Quotenfrauen, Sie sind also hier nur als Staffage da. Außerdem muss ich Ihnen sagen, meine Damen von den Grünen: Drei Frauen sind herinnen, also ganz so interessant scheint das Thema für die grünen Frauen gar nicht zu sein. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Schwentner und Mag. Musiol.)

Ich glaube, Frauen können sich ganz gut definieren, ohne Kampfemanzen zu sein und ohne immer wieder auf Quoten zurückzugreifen.

Eines sage ich Ihnen auch noch: Schauen Sie sich einmal die Zusammensetzung des Nationalrates an! Wir könnten in weiterer Folge ja auch sogenannte Negativquoten ein­führen. Vielleicht haben wir hier herinnen zu viele Beamte oder zu viele Lehrer in Pro­portion zur Gesamtbevölkerung? – Also, wenn Sie diesen Schluss überall ziehen, dann müssen wir alles reglementieren, und am besten wird es dann sein, wenn wir gleich ausschreiben, was überhaupt kommen darf. (Beifall bei der FPÖ.)

Auf meine Kritik in der letzten Gesetzgebungsperiode, dass solche Anträge letztendlich nur dazu dienen, um in die Parteigremien einzugreifen, haben mir die Vertreter Ihrer Partei gesagt: Das ist erwünscht! Da frage ich mich schon: Was hat das noch mit De­mokratie zu tun, wenn man versucht, mit einem Gesetz in Parteigremien einzugreifen und dann dort zu sagen: Sie darf, sie darf, er darf, er darf! Das geht wirklich an der Demokratie vorbei. Das ist also die Ansicht, die die Grünen von Demokratie haben! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich bin froh, dass Sie mit solchen Blödheiten in diesem Hohen Haus nicht durchkom­men werden. (He-he-Rufe des Abg. Mag. Kogler.) Und ich sage Ihnen ganz ehrlich: Kümmern Sie sich um wirkliche Probleme, die Frauen haben! Kümmern Sie sich um Unkultur! Kümmern Sie sich um Zwangsbeschneidungen, Zwangsehen und um Ehren­morde! Dann würden Sie den Frauen mehr helfen, als wenn Sie Quoten einführen.

Ich sage Ihnen noch etwas: Sie von den Grünen haben immerhin die letzte Wahl ver­loren – und das, obwohl Sie die höchste Frauenquote hatten. (Beifall bei der FPÖ.)

20.07


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schenk. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


20.07.27

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Da­men und Herren! Beenden wir den Zickenkrieg! Für einen Zickenkrieg stehe ich nicht zur Verfügung. (Beifall und Bravorufe beim BZÖ.)

Mit diesem vorliegenden Antrag sollen Maßnahmen beschlossen werden, damit mehr Frauen in politische Entscheidungsgremien, insbesondere in den Nationalrat, gelan-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 229

gen. Mittels eines Bonus-Malus-Systems soll eine hohe Frauenquote in den National­ratsklubs der Parteien belohnt werden und eine niedrige Frauenquote zu Kürzungen bei Förderungen führen. Darüber hinaus soll es gesonderte Mittel für Parteien geben, die einen Aktionsplan zur Frauenförderung beschließen, sowie für Bildungsveranstal­tungen, die auf eine verstärkte politische Beteiligung von Frauen abzielen.

Soll dieser Antrag, speziell die Forderung eines Bonus-Malus-Systems, bedeuten, dass man, solange es keine verpflichtende Quote in Politik und Aufsichtsrat gibt, den Frau­enanteil erkaufen soll? Ich glaube, dass das nicht sinnvoll ist. Wir sind der Meinung: Frauen sollen ihr Selbstbewusstsein entwickeln und nicht sozusagen aufdividiert be­kommen. (Beifall beim BZÖ.)

Derartige Entwicklungen wie die Steigerung des Frauenanteils sollen natürlich wach­sen – und sie sollen schneller wachsen. Sogar die neue Frauenministerin hat vor Kur­zem in den „Salzburger Nachrichten“ ihre Quotenforderung etwas zurückgenommen, indem sie sagte: Eine Quote wird nicht von heute auf morgen gelingen, sondern nur schrittweise gemeinsam möglich sein! – Das ist schon ein besserer Ansatz als der, der in ihrer Rede anlässlich der Regierungserklärung zum Ausdruck kam.

Der Aktionsplan zur Frauenförderung ist allerdings zu begrüßen. Aber für wirklich en­gagierte Politiker versteht sich das von selbst. (Demonstrativer Beifall beim BZÖ.) Dafür eine Belohnung finanzieller Natur in Aussicht zu stellen beziehungsweise zu for­dern, ist frech und wird seitens der Bevölkerung sicher nicht goutiert. Wir wollen das den Wählerinnen und Wählern ersparen. Wir wollen das nicht und vertreten diese Mei­nung auch nicht! (Neuerlicher Beifall beim BZÖ.)

Die Frauen, die sich das tägliche Leben nicht mehr leisten können, werden nichts da­von halten, wenn die Parteien für einen höheren Frauenanteil im Parlament Geld be­kommen. Wenn man sich die Wählerstromanalyse der letzten Nationalratswahl an­sieht, dann ist eindeutig, dass die Quotenregelung nicht gefruchtet hat. Das BZÖ hat keine Frauenquote, aber das BZÖ haben wesentlich mehr Frauen gewählt als die grüne Quotenpartei – und das spricht für uns! (Beifall beim BZÖ.)

Das zeigt, dass unsere Politik gut und richtig ist und wir die richtigen Themen ange­sprochen haben und die richtigen Lösungsvorschläge auf den Tisch gelegt haben. (Beifall beim BZÖ.)

Nur mit der Beseitigung von Ungleichheiten in den Bereichen Familie, Ausbildung und Arbeit erreichen wir letztlich eine nachhaltige Verbesserung der gesamtgesellschaftli­chen Situation der Frauen und damit auch einen höheren Frauenanteil in der Politik.

Und dafür setzen wir uns ein! (Beifall beim BZÖ.)

20.10


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Gartelgruber. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten; Restredezeit der Fraktion: 5 Minu­ten. – Bitte.

 


20.11.03

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Dem von der grünen Fraktion gestellten Antrag, mehr Frauen in die Politik zu bringen, kann ich überhaupt nichts abgewinnen. Allein schon der Vor­schlag, die Zulassung politischer Parteien zur Nationalratswahl an eine Frauenquote zu knüpfen, spricht für sich. Manche Partei, die seit 50 Jahren und mehr in diesem Hohen Haus Verantwortung übernommen hat, würde nach Ihrem Dafürhalten möglicherweise dann den Sessel vor die Tür gestellt bekommen, nur weil sie vielleicht keine Frau auf der Bezirksliste nominiert hat. Und das ist ja eigentlich ein Wahnsinn! (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 230

Auch der Vorschlag, Parteienfinanzierung und Klubförderung von einer Quote abhän­gig zu machen, ist rechtlich und moralisch wirklich bedenklich. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Ich sage: Jeder Abgeordnete in diesem Haus soll nicht nur hinsichtlich seiner Würde und seiner Rechtsstellung, sondern auch finanziell, ohne Unterscheidung nach seinem Geschlecht, gleich viel wert sein, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Die Einführung von Quoten-Frauen halte ich ohnehin generell für eine Schnapsidee (demonstrativer Beifall bei der FPÖ), zumal Frauen dadurch als unfähig hingestellt wer­den, weil man Ihnen unterstellt, Positionen und Mandate nur durch gesetzliche Vorga­ben erreichen zu können. (Jawohl-Rufe und Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeord­neten des BZÖ.)

Dort, wo Frauen stark und mit entsprechenden Qualifikationen auftreten, werden sie sich überall durchsetzen. (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)

Übrigens haben wir im Bereich der Frauenförderung ganz andere Probleme. Der aktu­elle Rechnungshofbericht zum Thema „Frauenförderung“ zeigt einmal mehr, dass frau­enpolitisch einige neue Weichen zu stellen sind. Aber offenbar wird hier immer wieder das gleiche Spiel gespielt, das wir von der linken Frauenpolitik schon seit Langem kennen: Im Wissen, bei relevanten Fragen keine Ergebnisse zustande zu bringen, wer­den einfach Scheindebatten geführt.

Zusammenfassend bleibt mir also nichts anderes festzustellen, als dass mit diesem vorliegenden Antrag nichts anderes geschehen soll, als dass er in die Rundablage ab­zulegen ist – und da gehört er auch hin! (Beifall bei der FPÖ.)

20.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist hiezu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 73/A dem Gleichbehandlungsausschuss zu.

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Zur Information: Wenn die Brille bis zum Ende der Haussitzung hier nicht abgeholt wird, werden wir sie im Besucherzentrum bei den Portieren zur Abholung hinterlegen.

/20.14.2415. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staatsanwaltschaft Klagenfurt (GZ 12 St 114/08p) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Gabriel Obernosterer (46 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zum Wort ist niemand gemeldet. Daher brauche ich die Debatte weder zu eröffnen noch zu schließen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 46 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

„In Behandlung des Ersuchens der Staatsanwaltschaft Klagenfurt, ..., um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Gabriel Obernosterer wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass kein Zusammenhang zwi-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 231

schen dem inkriminierten Sachverhalt und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Gabriel Obernosterer besteht.“

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dies ist einstimmig angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

20.15.54Einlauf

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 397/A bis 437/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 713/J bis 726/J eingelangt.

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Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 20.16 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Die Sitzung ist geschlossen.

20.16.26Schluss der Sitzung: 20.16 Uhr

 

 

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