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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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16. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 11., und Donnerstag, 12. März 2009

 

 


Stenographisches Protokoll

16. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode

Mittwoch, 11., und Donnerstag, 12. März 2009

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 11. März 2009: 9.04 – 24.00 Uhr

                                        Donnerstag, 12. März 2009: 0.00   – 1.08 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird – Steuerreformgesetz 2009 (StRefG 2009)

2. Punkt: Bericht über den Antrag 5/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Absetzbarkeit von Spenden

3. Punkt: Bericht über den Antrag 20/A der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ein­kommensteuergesetz 1988 geändert wird

4. Punkt: Bericht über den Antrag 76/A der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensgesetz 1988 ge­ändert wird

5. Punkt: Bericht über den Antrag 203/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kol­leginnen und Kollegen betreffend steuerliche Entlastung verbrauchsarmer Pkw

6. Punkt: Bericht über den Antrag 282/A(E) der Abgeordneten Lutz Weinzinger, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Konjunkturpaket-Familie

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 und das Bank­wesengesetz geändert werden

8. Punkt: Bericht über den Antrag 435/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Maßnahmen für mehr Anlegerschutz

9. Punkt: Bericht über den Antrag 266/A(E) der Abgeordneten Lutz Weinzinger, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Gehaltsbeschränkungen für Manager staatsnaher Be­triebe und Manager, deren Banken die Unterstützung des Bundes in Anspruch nehmen

10. Punkt: Bericht über den Antrag 70/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend unzureichende Verordnung zum Interbankmarktstär­kungs- und Finanzmarktstabilitätsgesetz


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11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird – Konjunkturbelebungsgesetz 2009

12. Punkt: Bericht über den Antrag 436/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend BZÖ-Investitionsanreizpaket

13. Punkt: Bericht über den Antrag 447/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Stra­che, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ankurbelung der Binnennachfrage

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem eine Ökoprämie für Fahrzeugtausch eingeführt wird (Ökoprämiengesetz)

15. Punkt: Bericht über den Antrag 487/A der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Fritz Neugebauer, Mag. Dr. Martin Graf, Herbert Scheibner, Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert, und ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes­gesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (Zweite Lesung)

16. Punkt: Bericht über den Antrag 464/A der Abgeordneten Ing. Hermann Schultes, Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über Umwelthaf­tung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden (Bundes-Umwelthaftungsge­setz – B-UHG)

17. Punkt: Bericht über den Antrag 169/A der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolle-ginnen und Kollegen betreffend Bundes-Umwelthaftungsgesetz (B-UHG)

18. Punkt: Basler Übereinkommen über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Ver­bringung gefährlicher Abfälle und ihre Entsorgung; Entscheidungen der Vertrags­parteien VI/35 und VII/19 über die Änderung oder Anpassung der Abfalllisten, die in den Anhängen VIII und IX enthalten sind

19. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Klima- und Energiefondsgesetz (KLI.EN-FondsG) geändert wird

20. Punkt: Bericht über den Antrag 504/A(E) der Abgeordneten Fritz Grillitsch, Mag. Kurt Gaßner, Harald Jannach, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beibehaltung der österreichischen Gentechnik-Anbauverbote

21. Punkt: Bericht über den Antrag 271/A der Abgeordneten Mag. Heribert Donner­bauer, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessord­nung 1975, das Strafvollzugsgesetz, das Tilgungsgesetz 1972, das Staatsanwalt­schaftsgesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Strafregistergesetz, das Sicherheits­polizeigesetz und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch geändert werden (Zweites Gewaltschutzgesetz – 2. GeSchG), den

Antrag 81/A der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 15. Feber 1972 über die Tilgung von Verurteilungen und die Beschränkung der Auskunft (Tilgungsgesetz 1972), BGBl. Nr. 68/1972, geändert wird, den

Antrag 82/A der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl. Nr. 60/1974, geändert wird, und über die


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Petition (1/PET) betreffend „Verjährungsverbot für Sexualstraftaten“, überreicht vom Abgeordneten August Wöginger

22. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert wird

23. Punkt: Bericht über den Antrag 87/A der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl. Nr. 60/1974, geändert wird

24. Punkt: Bericht über den Antrag 88/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Stra­che, Kolleginnen und Kollegen betreffend chemische Kastration von Personen, welche rechtskräftig nach § 206 StGB verurteilt wurden

25. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Jurisdiktionsnorm, das Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung, die Zivilprozessordnung, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Außerstreitgesetz, die Exekutionsordnung, die Konkursordnung, das Gerichtsorga­nisationsgesetz, das Rechtspflegergesetz, das Gebührenanspruchsgesetz, das Sach­verständigen- und Dolmetschergesetz, das Gerichtsgebührengesetz und das Miet­rechtsgesetz geändert werden (Zivilverfahrens-Novelle 2009 – ZVN 2009)

26. Punkt: Erklärung der Republik Österreich über die Annahme des Beitritts des Commonwealth der Bahamas zum Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung

27. Punkt: Erklärung der Republik Österreich über die Annahme des Beitritts der Re­publik San Marino zum Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationa­ler Kindesentführung (gemäß § 28a GOG keine Ausschussvorberatung)

28. Punkt: Bericht über den Antrag 513/A der Abgeordneten Dr. Peter Sonnberger, Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz, das Richtwertgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 2002, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz und das Heizkostenabrechnungsgesetz geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2009 – WRN 2009)

29. Punkt: Bericht über den Antrag 486/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Inflationsanpassung des Richtwertmietzinses

30. Punkt: Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien (GZ 25 St 407/08i) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Martin Graf

*****

Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht der Abgeordneten Barbara Riener .................................................. 32

Angelobung des Abgeordneten Werner Amon, MBA ................................................ 32

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 32

Ordnungsrufe ..........................................................................................................  50, 67


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Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwor­tung 526/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung .................................................................................................... 54

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung         194

Redner/Rednerinnen:

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 195

Petra Bayr ................................................................................................................... 197

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ... 198

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ... 199

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ... 201

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................ ... 202

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ... 205

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 55

Ersuchen des Abgeordneten Dieter Brosz, die Abstimmung über Tagesord­nungspunkt 14 auf einen späteren Zeitpunkt zu verlegen .................................................................................... 231

Aktuelle Stunde (4.)

Thema: „Rot-schwarzes Bildungschaos – 100 Tage Stillstandsregierung“ ....... 32

Redner/Rednerinnen:

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ..... 32

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .............................................................. ..... 36

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 37

Werner Amon, MBA ..................................................................................................... 39

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ..... 40

Ursula Haubner ....................................................................................................... ..... 42

Dr. Harald Walser .................................................................................................... ..... 43

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................ ..... 44

Mag. Katharina Cortolezis-Schlager .................................................................... ..... 46

Mag. Heidemarie Unterreiner ................................................................................ ..... 47

Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ..... 48

Mag. Ulrike Lunacek ............................................................................................... ..... 50

Rechnungshof

Verlangen gemäß § 99 Abs. 2 der Geschäftsordnung im Zusammenhang mit dem Antrag 530/A betreffend Gebarungsüberprüfung ................................................................................................ 231

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 52

Unvereinbarkeitsangelegenheiten

Dritter Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses ........................................................ 54

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen be­treffend „Bildungsmilliarde“ Teil 1: Erhöhung des Bildungsbudgets um 525 Millio­nen € für 2009 und 2010 – Budgetgarantie für Bildungsreformen (515/A)(E) ....................................................................................... 143

Begründung: Dr. Eva Glawischnig-Piesczek ............................................................ 145

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .................................................................. 150


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Debatte:

Dr. Harald Walser .................................................................................................... ... 153

Elmar Mayer ................................................................................................................ 157

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 158

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ... 161

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 166

Dieter Brosz ............................................................................................................. ... 173

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .............................................................. ... 176

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................ ... 178

Mag. Katharina Cortolezis-Schlager .................................................................... ... 179

Mag. Dr. Martin Graf ............................................................................................... ... 181

Ernest Windholz ...................................................................................................... ... 184

Mag. Daniela Musiol ................................................................................................... 185

Mag. Laura Rudas ...................................................................................................... 187

Anna Franz .............................................................................................................. ... 188

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ... 189

Christian Faul .......................................................................................................... ... 191

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 193

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Bildungsmilliarde“ Teil 2: Zusätzliche Investitionen in das ös­terreichische Bildungssystem, 475 Millionen € in den Jahren 2009 und 2010 für Infrastruktur und professionelles nicht-pädagogisches Personal – Ablehnung     155, 194

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend grundlegende Reformen im Bildungswesen – anstelle einer Sündenbockpolitik – Ablehnung       163, 194

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kolle­gen betreffend Schulreform- und Konjunkturpaket gegen die bildungspolitische Verarmung Österreichs – Ablehnung  168, 194

Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages 515/A(E) .............................. 194

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (54 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird – Steu­erreformgesetz 2009 (StRefG 2009) (124 d.B.)     ............................................................................................................................... 55

2. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 5/A(E) der Abgeord­neten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Absetzbarkeit von Spenden (125 d.B.) ................ 55

3. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 20/A der Abgeordne­ten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird (126 d.B.) .............................................. 56

4. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 76/A der Abgeordne­ten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensgesetz 1988 geändert wird (127 d.B.)   ............................................................................................................................... 56

5. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 203/A(E) der Abge­ordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend steuerliche Entlastung verbrauchsarmer Pkw (128 d.B.)                   56


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 6

6. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 282/A(E) der Abge­ordneten Lutz Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Konjunkturpaket-Familie (129 d.B.) ..................... 56

Redner/Rednerinnen:

Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ..... 56

Karlheinz Kopf ........................................................................................................ ..... 59

Josef Bucher ........................................................................................................... ..... 62

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ..... 64

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .............................................................................. ..... 68

Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll ................................................................................ 71

Bernhard Themessl ..................................................................................................... 74

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ................................................................................ ..... 75

Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ..... 77

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ..... 79

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ..... 81

Staatssekretär Mag. Andreas Schieder ............................................................... ..... 83

Lutz Weinzinger ...................................................................................................... ..... 85

Jakob Auer .............................................................................................................. ..... 86

Herbert Scheibner .................................................................................................. ..... 87

Mag. Laura Rudas ................................................................................................... ..... 89

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................ ..... 90

Alois Gradauer ........................................................................................................ ..... 92

Gabriele Tamandl ................................................................................................... ..... 94

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ..... 95

Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ..... 96

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ..... 98

Dr. Martin Bartenstein ............................................................................................ ... 101

Mag. Roman Haider ................................................................................................ ... 102

Ing. Erwin Kaipel ..................................................................................................... ... 103

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 103

August Wöginger .................................................................................................... ... 109

Mag. Daniela Musiol ............................................................................................... ... 111

Staatssekretär Dr. Reinhold Lopatka ................................................................... ... 112

Petra Bayr ................................................................................................................... 113

Bernhard Vock ............................................................................................................ 114

Ridi Maria Steibl ......................................................................................................... 114

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ... 115

Peter Haubner ......................................................................................................... ... 118

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ... 119

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................ ... 120

Mag. Roman Haider (tatsächliche Berichtigung) ....................................................... 121

Anneliese Kitzmüller .............................................................................................. ... 121

Maximilian Linder ................................................................................................... ... 122

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ... 123

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend eine kurzfristig deutliche Steuerentlastung und eine mittelfristig umfassende Steuerreform im Sinne des BZÖ-Flat-Tax-Steuermodells – Ableh­nung ................................................................................  105, 126

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Unterstützung von Kurzarbeitern – Ablehnung ...........................................................................  125, 126

Annahme des Gesetzentwurfes in 124 d.B. ................................................................ 125

Kenntnisnahme der fünf Ausschussberichte 125, 126, 127, 128 und 129 d.B. .......... 127


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 7

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (48 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 und das Bankwe­sengesetz geändert werden (130 d.B.)                          127

8. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 435/A(E) der Abge­ordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen für mehr Anlegerschutz (131 d.B.)                     127

9. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 266/A(E) der Abge­ordneten Lutz Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gehaltsbe­schränkungen für Manager staatsnaher Betriebe und Manager, deren Banken die Unterstützung des Bundes in Anspruch nehmen (132 d.B.) .......... 127

10. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 70/A(E) der Ab­geordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend unzureichende Verordnung zum Interbankmarktstärkungs- und Finanzmarktstabilitätsgesetz (133 d.B.) ...................................................................... 127

Redner/Rednerinnen:

Wolfgang Zanger .................................................................................................... ... 128

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ................................................................................ ... 129

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ... 130

Mag. Johann Maier ................................................................................................. ... 131

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ... 132

Mag. Peter Michael Ikrath ...................................................................................... ... 133

DDr. Werner Königshofer ...................................................................................... ... 134

Dr. Johannes Jarolim ............................................................................................. ... 136

Entschließungsantrag der Abgeordneten Lutz Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufrechterhaltung des Bankgeheimnisses – Ablehnung                                               135, 137

Annahme des Gesetzentwurfes in 130 d.B. ................................................................ 137

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 131, 132 und 133 d.B. .......................... 137

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (91 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird – Kon­junkturbelebungsgesetz 2009 (134 d.B.)           ............................................................................................................................. 138

12. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 436/A(E) der Abge­ordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend BZÖ-Investitionsan­reizpaket (135 d.B.) ............ 138

13. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 447/A(E) der Abge­ordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ankurbe­lung der Binnennachfrage (136 d.B.)                       138

Redner/Rednerinnen:

Bernhard Themessl ................................................................................................... 138

Ing. Christian Höbart .................................................................................................. 139

Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ... 142

Ernest Windholz ...................................................................................................... ... 207

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ... 208

Wolfgang Großruck ................................................................................................ ... 209


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 8

Marianne Hagenhofer ............................................................................................. ... 212

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ... 212

Heidrun Silhavy ....................................................................................................... ... 213

Dr. Martin Bartenstein ............................................................................................ ... 214

Franz Riepl ............................................................................................................... ... 215

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ... 215

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Reduzierung der Politikerbezüge sowie der Bezüge der leitenden Beamten um 4 Prozent – Ablehnung              141, 216

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Josef Bucher, Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Neugestaltung des Nationalratssitzungssaales – Annahme (E 14) ..................................................................................................  210, 216

Annahme des Gesetzentwurfes in 134 d.B. ................................................................ 216

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 135 und 136 d.B. .............................. 216

14. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (92 d.B.): Bundesgesetz, mit dem eine Ökoprämie für Fahrzeugtausch eingeführt wird (Ökoprämiengesetz) (137 d.B.)                     216

Redner/Rednerinnen:

Alois Gradauer ........................................................................................................ ... 216

Konrad Steindl ........................................................................................................ ... 218

Maximilian Linder ................................................................................................... ... 219

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ... 219

Dr. Gabriela Moser ................................................................................................. ... 221

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ......................................................... ... 226

Johann Höfinger ..................................................................................................... ... 227

Mag. Werner Kogler (tatsächliche Berichtigung) ....................................................... 228

Dr. Andreas Karlsböck ........................................................................................... ... 229

Hannes Weninger ................................................................................................... ... 230

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ... 230

Entschließungsantrag der Abgeordneten Bernhard Themessl, Kollegin-
nen und Kollegen betreffend Abschaffung der Normverbrauchsabgabe – Ableh­nung  217, 236

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend echte Ökoprämie für den Kauf eines Fahrrads beziehungs­weise einer Öffi-Jahreskarte – Ablehnung  223, 236

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nein zum Gigaliner-Lkw mit über 25 Meter Länge und bis zu 60 Tonnen – Ablehnung  224, 236

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ökoprämie für alte Heizkessel – Ablehnung .......................................................  231, 236

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 235

15. Punkt: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 487/A der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Fritz Neugebauer, Mag. Dr. Martin Graf, Herbert Scheibner, Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungs­gesetz geändert, und ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (94 d.B.) (Zweite Lesung)                   232


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 9

Redner/Rednerinnen:

Otto Pendl ................................................................................................................... 232

Mag. Dr. Beatrix Karl ................................................................................................. 232

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 233

Dieter Brosz ............................................................................................................. ... 234

Annahme des Gesetzentwurfes in zweiter Lesung ..................................................... 235

Gemeinsame Beratung über

16. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 464/A der Abgeord­neten Ing. Hermann Schultes, Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Um­weltschäden (Bundes-Umwelthaftungsgesetz – B-UHG) (96 und Zu 96 d.B.) .................................................................................................................... 236

17. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 169/A der Abgeord­neten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundes-Umwelt­haftungsgesetz (B-UHG) (97 d.B.)               236

Redner/Rednerinnen:

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ... 236

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ... 238

Ing. Robert Lugar ....................................................................................................... 239

Petra Bayr ................................................................................................................... 240

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 241

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................ ... 242

Johann Rädler ......................................................................................................... ... 243

Dr. Susanne Winter ................................................................................................ ... 244

Mag. Josef Auer ...................................................................................................... ... 245

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ... 245

Konrad Steindl ........................................................................................................ ... 246

Mag. Josef Lettenbichler ....................................................................................... ... 246

Franz Hörl ................................................................................................................ ... 248

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die sukzessive Reduktion des Einsatzes von Tragetaschen aus nicht verrottbarem Kunststoff – Ablehnung            237, 249

Annahme des Gesetzentwurfes in 96 d.B. .................................................................. 249

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 97 d.B. ....................................................... 249

18. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (52 d.B.): Basler Übereinkommen über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihre Entsorgung; Entscheidungen der Ver­tragsparteien VI/35 und VII/19 über die Änderung oder Anpassung der Abfalllis­ten, die in den Anhängen VIII und IX enthalten sind (98 d.B.) .................................................... 249

Redner/Rednerinnen:

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 249

Erwin Hornek .......................................................................................................... ... 250

Gerhard Steier ......................................................................................................... ... 250

Werner Neubauer .................................................................................................... ... 251

Martina Schenk ....................................................................................................... ... 252

Andrea Gessl-Ranftl .................................................................................................. 253

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer Meldepflicht bei Lagerung oder Weiterverar­beitung gefährlicher Abfälle – Ablehnung    252, 254

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................. 253


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 10

19. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (36 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Klima- und Energiefondsgesetz (KLI.EN-FondsG) geändert wird (99 d.B.) ......... 254

Redner/Rednerinnen:

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 254

Ing. Hermann Schultes .............................................................................................. 255

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ... 255

Carmen Gartelgruber ............................................................................................. ... 256

Gerhard Huber ........................................................................................................ ... 258

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................ ... 259

Peter Mayer ............................................................................................................. ... 260

Walter Schopf .......................................................................................................... ... 260

Peter Stauber .......................................................................................................... ... 261

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderaktion Photovoltaik im Rahmen des Klimafonds – Ab­lehnung .................  257, 262

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 262

20. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den An­trag 504/A(E) der Abgeordneten Fritz Grillitsch, Mag. Kurt Gaßner, Harald Jan­nach, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Gerhard Huber, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Beibehaltung der österreichischen Gentechnik-Anbauverbote (150 d.B.) ...................................................................................................................... 262

Redner/Rednerinnen:

Jakob Auer .............................................................................................................. ... 262

Mag. Kurt Gaßner ................................................................................................... ... 263

Harald Jannach ....................................................................................................... ... 264

Gerhard Huber ........................................................................................................ ... 265

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ... 265

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................ ... 266

Anna Höllerer .......................................................................................................... ... 268

Rosemarie Schönpass ........................................................................................... ... 269

Peter Mayer ............................................................................................................. ... 269

Walter Schopf .......................................................................................................... ... 270

Franz Eßl ..................................................................................................................... 271

Petra Bayr ................................................................................................................... 272

Franz Hörl .................................................................................................................... 272

Christian Faul ............................................................................................................. 273

Josef Muchitsch ...................................................................................................... ... 273

Ewald Sacher .......................................................................................................... ... 274

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ..................................................................................... ... 275

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 150 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Beibehaltung der österreichischen Gentechnik-Anbauver­bote (E 15) ......................... 276

Gemeinsame Beratung über

21. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 271/A der Abgeord­neten Mag. Heribert Donnerbauer, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung, die Zivilpro­zessordnung, das Außerstreitgesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz, das Tilgungsgesetz 1972, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Verbrechens-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 11

opfergesetz, das Strafregistergesetz, das Sicherheitspolizeigesetz und das Allge­meine Bürgerliche Gesetzbuch geändert werden (Zweites Gewaltschutzgesetz – 2. GeSchG), den

Antrag 81/A der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 15. Feber 1972 über die Tilgung von Verurteilungen und die Beschränkung der Auskunft (Til­gungsgesetz 1972), BGBl. Nr. 68/1972, geändert wird, den

Antrag 82/A der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die mit gerichtli­cher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl. Nr. 60/1974, geändert wird, und über die

Petition (1/PET) betreffend „Verjährungsverbot für Sexualstraftaten“, überreicht vom Abgeordneten August Wöginger (106 d.B.) ..................................................................................................... 276

22. Punkt: Bericht und Antrag des Justizausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert wird (107 d.B.) .............................. 276

23. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 87/A der Abgeordne­ten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Bundesgesetz über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Hand­lungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl. Nr. 60/1974, geändert wird (108 d.B.) ............................................................................................................................. 276

24. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 88/A(E) der Abgeord­neten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend chemische Kastration von Personen, welche rechtskräftig nach § 206 StGB verurteilt wurden (109 d.B.) ...................................................................... 276

Redner/Rednerinnen:

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ... 277

Mag. Heribert Donnerbauer ................................................................................... ... 292

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ... 293

Mag. Gisela Wurm .................................................................................................. ... 300

Mag. Harald Stefan ................................................................................................. ... 301

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 303

Bundesministerin Mag. Claudia Bandion-Ortner .................................................. 305

Mag. Gernot Darmann ............................................................................................... 307

Ridi Maria Steibl ......................................................................................................... 308

Christian Lausch ........................................................................................................ 309

Sonja Ablinger ........................................................................................................ ... 309

Dr. Johannes Hübner ............................................................................................. ... 311

Tanja Windbüchler-Souschill ................................................................................ ... 311

Christoph Hagen ..................................................................................................... ... 313

Anna Franz .............................................................................................................. ... 316

Hannes Fazekas ...................................................................................................... ... 319

August Wöginger .................................................................................................... ... 320

Mag. Elisabeth Grossmann ................................................................................... ... 320

Franz Glaser ............................................................................................................ ... 321

Bundesministerin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................ 322

Otto Pendl ................................................................................................................... 323

Mag. Bernd Schönegger ........................................................................................ ... 324

Gerhard Köfer ......................................................................................................... ... 325

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 106 und 107 d.B. ......................................... 325

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 108 und 109 d.B. .............................. 328


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 12

25. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (89 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Jurisdiktionsnorm, das Einführungsgesetz zur Zivil­prozessordnung, die Zivilprozessordnung, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Außerstreitgesetz, die Exekutionsordnung, die Konkursordnung, das Ge­richtsorganisationsgesetz, das Rechtspflegergesetz, das Gebührenanspruchsge­setz, das Sachverständigen- und Dolmetschergesetz, das Gerichtsgebührenge­setz und das Mietrechtsgesetz geändert werden (Zivilverfahrens-Novelle 2009 – ZVN 2009) (114 d.B.) ................................................. 328

Redner/Rednerinnen:

Mag. Dr. Beatrix Karl .............................................................................................. ... 328

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ... 329

Mag. Gernot Darmann ........................................................................................... ... 329

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 330

Bundesministerin Mag. Claudia Bandion-Ortner ............................................... ... 330

Mag. Peter Michael Ikrath ...................................................................................... ... 331

Mag. Johann Maier ................................................................................................. ... 332

Mag. Karin Hakl ....................................................................................................... ... 333

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 334

26. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (12 d.B.): Erklärung der Republik Österreich über die Annahme des Beitritts des Common­wealth der Bahamas zum Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen As­pekte internationaler Kindesentführung (115 d.B.) ............ 334

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................. 335

27. Punkt: Regierungsvorlage: Erklärung der Republik Österreich über die An­nahme des Beitritts der Republik San Marino zum Übereinkommen über die zivil­rechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (49 d.B.) (gemäß § 28a GOG keine Ausschussvorberatung) ..................................... 335

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................. 335

Gemeinsame Beratung über

28. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 513/A der Abgeord­neten Dr. Peter Sonnberger, Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz, das Richtwertgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 2002, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz und das Heizkostenabrechnungsgesetz geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2009 – WRN 2009) (122 d.B.)         ............................................................................................................................. 335

29. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 486/A(E) der Abge­ordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Inflationsanpassung des Richtwertmietzinses (123 d.B.)                  335

Redner/Rednerinnen:

Erich Tadler ............................................................................................................. ... 335

Dr. Peter Sonnberger ............................................................................................. ... 336

Stefan Markowitz .................................................................................................... ... 337

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ... 338

Bernhard Vock ........................................................................................................ ... 339

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 343

Bundesministerin Mag. Claudia Bandion-Ortner ............................................... ... 344

Mag. Heribert Donnerbauer ................................................................................... ... 345

Franz Kirchgatterer ................................................................................................ ... 346


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 13

Dr. Gabriela Moser ................................................................................................. ... 346

Anna Franz .............................................................................................................. ... 347

Elmar Mayer ................................................................................................................ 347

Jochen Pack ................................................................................................................ 348

Christian Faul ............................................................................................................. 348

Nikolaus Prinz ......................................................................................................... ... 349

Entschließungsantrag der Abgeordneten Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Senkung von Maklerprovisionen und wirksame Maßnah­men zur Unterbindung von Abgabenhinterziehungen in diesem Bereich – Ableh­nung ..............................................................................  337, 350

Annahme des Gesetzentwurfes in 122 d.B. ................................................................ 349

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 123 d.B. ..................................................... 350

30. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staatsan­waltschaft Wien (GZ 25 St 407/08i) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Martin Graf (93 d.B.) ................................................................................................................ 350

Redner/Rednerinnen:

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ... 350

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ... 352

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 355

Otto Pendl ................................................................................................................ ... 356

Mag. Ewald Stadler (tatsächliche Berichtigung) ........................................................ 357

Mag. Dr. Martin Graf ............................................................................................... ... 357

Dr. Peter Sonnberger ............................................................................................. ... 360

Annahme des Ausschussantrages .............................................................................. 360

Eingebracht wurden

Petitionen ...................................................................................................................... 53

Petition betreffend „Neues Geld“ (Ordnungsnummer 16) (überreicht von der Ab­geordneten Carmen Gartelgruber)

Petition betreffend „Verlängerung der U-Bahn (U6) nach Mödling“ (Ordnungs­nummer 17) (überreicht vom Abgeordneten Ing. Christian Höbart)

Petition betreffend „Gentechnikfreies Osttirol“ (Ordnungsnummer 18) (überreicht von den Abgeordneten Gerhard Huber und Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber)

Petition betreffend „Kinderrechte in die Bundesverfassung – initiiert von den oö. Kinderfreunden“ (Ordnungsnummer 19) (überreicht von den Abgeordneten Sonja Ablinger und Mag. Kurt Gaßner)

Petition betreffend „Behindertes Kind – ein Schadensfall?“ (Ordnungsnummer 20) (überreicht von der Abgeordneten Anna Franz)

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 52

95: Übereinkommen des Europarats zur Verhütung des Terrorismus

105: Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird

148: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regie­rung des Staates Israel über gegenseitige Amtshilfe in Zollsachen samt Anhang

149: 12. Ärztegesetz-Novelle


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 14

153: Bundesgesetz, mit dem das Blutsicherheitsgesetz 1999 geändert wird

154: Bundesgesetz, mit dem das Bäderhygienegesetz geändert wird

155: Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Gewebesicherheitsge­setz, das Arzneiwareneinfuhrgesetz 2002 und das Gesundheits- und Ernäh­rungssicherheitsgesetz geändert werden

156: Bundesgesetz, mit dem das Gaswirtschaftsgesetz geändert wird

Berichte ......................................................................................................................... 53

Vorlage 10 BA: Monatserfolg Jänner 2009; BM f. Finanzen

III-38: Bericht Reihe Bund 2009/4; Rechnungshof

III-42: Bericht betreffend EU-Jahresvorschau 2009 zum jährlichen Arbeitspro­gramm der Kommission beziehungsweise des Rates; BM f. Finanzen

III-43: Bericht zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Kommission und des Ra­tes für das Jahr 2009; BM f. Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

III-44: Gemeinsamer Bericht zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäi­schen Kommission für 2009 und zum 18-Monatsprogramm des Rates für 2008/2009; Bundeskanzler und BM f. Frauen und öffentlichen Dienst

III-45: Bericht betreffend Legislativ- und Arbeitsprogramm der Kommission für 2009 sowie dem Achtzehnmonatsprogramm des französischen, tschechischen und schwedischen Vorsitzes; BM f. Inneres

III-46: Bericht betreffend Jahresvorschau 2009 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission sowie des Arbeitspro­gramms des Rates; BM f. Wissenschaft und Forschung

III-47: Bericht betreffend Jahresvorschau 2009 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission sowie des operativen Jah­resprogramms des Rates; BM f. Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasser­wirtschaft

Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG ................................................................. 54

Aufnahme der Verhandlungen über einen Vertrag zwischen der Republik Öster­reich und der Slowakischen Republik zur Änderung und Ergänzung des Vertra­ges zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik über die polizeiliche Zusammenarbeit

Aufnahme der Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Ministerkabinett der Ukraine über die Zusammen­arbeit bei der Bekämpfung der Kriminalität

Anträge der Abgeordneten

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Bildungsmilliar­de“ Teil 1: Erhöhung des Bildungsbudgets um 525 Millionen € für 2009 und 2010 – Budgetgarantie für Bildungsreformen (515/A)(E)

Mag. Heribert Donnerbauer, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geän­dert wird (516/A)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 15

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend bürgerfreundlichere Neure­gelung der Kosten bei Führerschein-Befristungen (517/A)(E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Etablierung kostenfreier Therapien für Kinder und Jugendliche (518/A)(E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kindermedizin: Erwerb von bisher unberücksichtigten Zusatzqualifikationen (519/A)(E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Etablierung von Kompe­tenzzentren mit assoziierten Versorgungsnetzwerken für seltene und chronische Er­krankungen in der Pädiatrie (520/A)(E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend finanzielle Schlechterstel­lung für StudienbeihilfebezieherInnen durch die geplante Novellierung des Einkommen­steuergesetzes (EStG) (521/A)(E)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausdehnung des Dis­kriminierungsschutzes auf Medien und Werbung (522/A)(E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellen der dauerhaf­ten Speicherung und Verfügbarkeit gesundheitlich relevanter Mobilfunk-Daten und ent­sprechender Daten anderer Funksysteme (523/A)(E)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Schenkung der „Federkrone Montezumas“ an Mexiko (524/A)(E)

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechtsanspruch auf kostenlosen Ganztagskinderbetreuungsplatz ab dem vollendeten ersten Lebens­jahr (525/A)(E)

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Schulreform- und Konjunkturpaket gegen die bildungspolitische Verarmung Österreichs (526/A)(E)

Anton Heinzl, Dr. Ferdinand Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einsatz ge­gen die Zulassung von „Gigalinern“ auf europäischer Ebene (527/A)(E)

Mag. Johann Maier, Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der im „Weißbuch Sport“ (EK) formulierten Ziele (528/A)(E)

Hermann Krist, Peter Haubner, Dieter Brosz, Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung des Bundes-Sportförderungsgesetzes 2005 – BSFG, zu­letzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 29/2007 (529/A)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Durchführung einer Sonder­prüfung des Rechnungshofes gemäß § 99 Abs. 2 GOG bezüglich der Gebarung der Bundesbuchhaltungsagentur (530/A) und (Zu 530/A)

Zurückgezogen wurde der Antrag der Abgeordneten

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensgesetz 1988 geändert wird (78/A) (Zu 78/A)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Anweisungskosten von Familienleistungen (1093/J)

Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Fall Luca (1094/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 16

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Leis­tungsansprüche der römisch-katholischen Kirche (1095/J)

Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend die Verwirklichung des Kulturab­kommens zwischen Österreich und Slowenien (1096/J)

Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend die Verwirklichung des Kulturabkommens zwischen Österreich und Slowenien (1097/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Widersprüche in der Spionageaffäre Zeltweg (1098/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesvertei­digung und Sport betreffend Widersprüche in der Spionageaffäre Zeltweg (1099/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Widersprüche in der Spionageaffäre Zeltweg (1100/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Jugendkriminalität in Österreich (1101/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Jugendkriminalität in Spittal (1102/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend: Dubioser Kunstvortrag an einer obersteirischen Bundes­handelsakademie (1103/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Kriminalität im Jänner 2009 (1104/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Sittlichkeitsdelikte 2008 (1105/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Anreize für künftige Unteroffiziere (1106/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Vandalismus und Gewalt in Knittelfeld (1107/J)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend „Ersparnis“ des FLAF durch Umstieg auf die Kin­derbetreuungsgeld-Kurzvarianten (1108/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Langzeit-Asylwerber (1109/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Arbeitspflicht gemäß § 44 StVG (1110/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Nichtverfolgung eines tödlichen Jagdunfalls (1111/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Polizeieinsätze im Umfeld von Flüchtlingsheimen in der Steiermark (1112/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Prozess gegen Nationalratsabgeordnete Dr. Susanne Winter (1113/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 17

Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Standort Arsenal 2 (1114/J)

Mag. Dr. Manfred Haimbuchner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Nichterfüllung von Bedingungen Al Jabers durch die ÖIAG (1115/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Ausbildung eines Justizwachebeamten durch seine Mutter (1116/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Ausschreitungen bei fremdenpolizeilichen Kontrollen (1117/J)

Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend den Staatsbesuch in Israel (1118/J)

Mag. Dr. Manfred Haimbuchner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Ermittlungen gegen Mitglieder der Bewertungskommission im Zuge der Causa Mensdorff (1119/J)

Mag. Dr. Manfred Haimbuchner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Ermittlungen gegen Mitglieder der Bewertungskommission im Zu­ge der Causa Mensdorff (1120/J)

Mag. Dr. Manfred Haimbuchner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend Ermittlungen gegen Mitglieder der Bewer­tungskommission im Zuge der Causa Mensdorff (1121/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend Fremdwährungskredite für private Kunden (1122/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für In­neres betreffend Drogenkriminalität in Steyr (1123/J)

Mag. Dr. Manfred Haimbuchner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend das Kreditvolumen österreichischer Banken in Osteuropa (1124/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend den Schlachthof Bergheim (1125/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Demonstration gegen den WKR-Ball (1126/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Polizeieinsätze im Zusammenhang mit der Johnstraße 45, 1150 Wien (1127/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Gesundheit betreffend die Wiener Gebietskrankenkasse (1128/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Bekämpfung von Wettbewerbsverzerrung, Verstößen gegen das Be­schäftigungsrecht sowie der Steuer- und Abgabenhinterziehung im Bereich von Schi- und Snowboardschulen in Tirol (1129/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Zusammensetzung und Situation der Primary Dealer Group (1130/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäi­sche und internationale Angelegenheiten betreffend das Recht auf Unterricht in der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 18

Muttersprache für Südtiroler Kinder und die Wahrnehmung der Schutzmachtfunktion der Republik Österreich für Südtirol (1131/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Kostenaufkommen für medizinische Behandlung von Haftinsassen in Öster­reich (1132/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Verdacht des gewerbsmäßigen Betruges und Verdacht einer kriminellen Ver­einigung (Akt 33 Ur191/05k) (1133/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Sportförderung durch das Bundesheer im Zusammenhang mit den jüngsten Doping-Fällen im österreichischen Sport (1134/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentli­chen Dienst betreffend 53. Sitzung der UN-Kommission für die Rechtsstellung der Frau (1135/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und in­ternationale Angelegenheiten betreffend 53. Sitzung der UN-Kommission für die Rechtsstellung der Frau (1136/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend das Österreichische Kultur­forum in Warschau (1137/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend eine Blumenkampagne der Agrar­markt Austria (1138/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend ergän­zende Fragen im Zuge der Anfragebeantwortung 538/AB betreffend Nichtdurchführung eines ordentlichen UVP-Verfahrens im Zuge der Erweiterung des AKW-Temelίn (1139/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend ergänzende Fragen im Zuge der Anfra­gebeantwortung 511/AB betreffend Nichtdurchführung eines ordentlichen UVP-Verfah­rens im Zuge der Erweiterung des AKW-Temelίn (1140/J)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Einschränkungen bei der Aus- und Fortbildung und Schulung (1141/J)

Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Maßnahmen im Zuge einer Verkostung von Kalbsembryonen (1142/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Fehlplanungen bezüglich des Jugendkompetenzzentrums Baumgasse (1143/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Kosten einer angemessenen Gerichtsmedizin (1144/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend ergänzende Fragen im Zuge der Anfragebeantwortung 535/AB betreffend Nichtdurchführung eines ordentlichen UVP-Verfahrens im Zuge der Erweiterung des AKW-Temelίn (1145/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Promotion des österreichischen Bundesheeres bei Sportver­anstaltungen (1146/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 19

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Verkauf und Vernichtung von Waffen (1147/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Verkauf und Vernichtung von Waffen – BMI (1148/J)

Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend E-Voting bei ÖH-Wahlen 2009 (1149/J)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend „Barrierefreiheit“ (1150/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend „Illegale Beschäftigung und Schattenwirtschaft im Jahr 2008 – Entziehung der Gewerbeberechtigung“ (1151/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend „Kriminalpolizeiliche Ermittlungen nach § 168a Strafgesetzbuch – Pyramiden­spiele/Schenkkreise etc.“ (1152/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend „Gerichtliche Strafverfahren nach § 168a Strafgesetzbuch“ (1153/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend „gestohlen beziehungsweise als verlustig erklärte e-cards im Jahr 2008“ (1154/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend „gestohlen beziehungsweise als verlustig erklärte e-cards im Jahr 2008“ (1155/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend die Ermittlungsergebnisse der Operation „Leopold“ (1156/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öf­fentlichen Dienst betreffend Kosten Asylwesen (1157/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Kosten Asylwesen (1158/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Kosten Asylwesen (1159/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Kosten Asylwesen (1160/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Kosten Asylwesen (1161/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Kosten Asylwesen (1162/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Kosten Aslywesen (1163/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Kosten Asylwesen (1164/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Fa­milie und Jugend betreffend Kosten Asylwesen (1165/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 20

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Kosten Asylwesen (1166/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend e-Voting bei den ÖH-Wahlen 2009 bezüglich Daten­missbrauch und Auftragsvergabe (1167/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die teilweise Einstellung des Strafverfahrens gegen den früheren Staatsan­walt Dr. Sch. (1168/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend (mindestens) einen weiteren, dem Nationalrat gesetzwidrig bisher nicht vorgelegten Bericht im Eisenbahn-Bereich (1169/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ar­beit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Cross-Border-Leasing“ in den Zu­ständigkeitsbereichen der Ministerien (1170/J)

Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Haftung von Raiffeisen-Mitgliedern (1171/J)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend mögliche Enthaftung von Helmut Elsner (1172/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 21

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Gesundheit betreffend die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau (1173/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Gesundheit betreffend die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse (1174/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Gesundheit betreffend die Salzburger Gebietskrankenkasse (1175/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Gesundheit betreffend die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirt­schaft (1176/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Gesundheit betreffend die Kärntner Gebietskrankenkasse (1177/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Gesundheit betreffend die Burgenländische Gebietskrankenkasse (1178/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Gesundheit betreffend die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (1179/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Gesundheit betreffend die Vorarlberger Gebietskrankenkasse (1180/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Gesundheit betreffend die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse (1181/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Gesundheit betreffend die Steirische Gebietskrankenkasse (1182/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Gesundheit betreffend die Sonderversicherungsanstalt für Bauern (1183/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminis­ter für Gesundheit betreffend die Tiroler Gebietskrankenkasse (1184/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend barrierefreien Zugang sehbehinderter Bürger zum Internetauftritt der öffentli­chen Hand (Binnen-I) (1185/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend barrierefreien Zugang sehbehinderter Bürger zum Internetauftritt der öffentli­chen Hand (Binnen-I) (1186/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend barrierefreien Zugang sehbehinderter Bürger zum Internetauftritt der öffentli­chen Hand (Binnen-I) (1187/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend barrierefreien Zugang sehbe­hinderter Bürger zum Internetauftritt der öffentlichen Hand (Binnen-I) (1188/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend barrierefreien Zugang sehbehinderter Bürger zum Inter­netauftritt der öffentlichen Hand (Binnen-I) (1189/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend barrierefreien Zugang sehbehinderter Bürger zum Internet­auftritt der öffentlichen Hand (Binnen-I) (1190/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend barrierefreien Zugang sehbehinderter Bürger zum Internetauftritt der öffentlichen Hand (Binnen-I) (1191/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend barrierefreien Zugang sehbehinderter Bürger zum Internet­auftritt der öffentlichen Hand (Binnen-I) (1192/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz betreffend barrierefreien Zugang sehbehinderter Bür­ger zum Internetauftritt der öffentlichen Hand (Binnen-I) (1193/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend barrierefreien Zugang sehbehinderter Bürger zum Inter­netauftritt der öffentlichen Hand (Binnen-I) (1194/J)

Franz Hörl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die hohen Treibstoffpreise an Autobahntankstellen und die daraus resultierenden Verkehrsbelastungen für die Anrainer der Brenner- und Inntal-Autobahn (1195/J)

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend Vergabe von Fördermitteln durch AWS (1196/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend klimarelevante Maßnahmen bei der Wohnbausanierung (1197/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend klimarelevante Maßnahmen bei der Wohnbausanierung (1198/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 22

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inne­res betreffend Ustaša-„Gedenkfeiern“ (1199/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend außenpolitische Auswirkungen der Ustaša-„Gedenkfeiern“ (1200/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Banken- und Versicherungspaket – Stand der Ausnutzung (1201/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Schwarze Sulm (1202/J)

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend das Verfahren wegen fahrlässiger Tötung gegen den Ministerpräsidenten von Thüringen Dieter Althaus (1203/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 23

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Bruck an der Mur (1204/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Deutschlandsberg (1205/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Feldbach (1206/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Fürstenfeld (1207/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Graz Umgebung (1208/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Hartberg (1209/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Judenburg (1210/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Knittelfeld (1211/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Leibnitz (1212/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Leoben (1213/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Liezen (1214/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Murau (1215/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Mürzzuschlag (1216/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Radkersburg (1217/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Voitsberg (1218/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Weiz (1219/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend den Miss­brauch der Taxi-Business-Karten durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Regie­rungsbüros (1220/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öf­fentlichen Dienst betreffend den Missbrauch der Taxi-Business-Karten durch Mitarbei­terinnen und Mitarbeiter der Regierungsbüros (1221/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend den Missbrauch der Taxi-Business-Karten durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Regierungsbüros (1222/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend den Missbrauch der Taxi-Business-Karten durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Regierungsbüros (1223/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend den Missbrauch der Taxi-Business-Karten durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Regierungsbüros (1224/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend den Missbrauch der Taxi-Business-Karten durch Mitarbeiterinnen und Mitarbei­ter der Regierungsbüros (1225/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend den Missbrauch der Taxi-Business-Karten durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Regierungsbüros (1226/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend den Missbrauch der Taxi-Business-Karten durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Regierungsbüros (1227/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend den Missbrauch der Taxi-Business-Karten durch Mitarbeite­rinnen und Mitarbeiter der Regierungsbüros (1228/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend den Missbrauch der Taxi-Busi­ness-Karten durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Regierungsbüros (1229/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend den Missbrauch der Taxi-Business-Karten durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Regierungsbüros (1230/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend den Missbrauch der Taxi-Business-Karten durch Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter der Regierungsbüros (1231/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend den Missbrauch der Taxi-Business-Karten durch Mitarbeiterin­nen und Mitarbeiter der Regierungsbüros (1232/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend den Missbrauch der Taxi-Business-Karten durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Regierungsbüros (1233/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 24

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Ver­wendung von Business und Private Jets durch Mitglieder der Bundesregierung und Staatssekretäre (1234/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 25

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öf­fentlichen Dienst betreffend die Verwendung von Business und Private Jets durch Mit­glieder der Bundesregierung und Staatssekretäre (1235/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend die Verwendung von Business und Private Jets durch Mitglieder der Bundesregierung und Staatssekretäre (1236/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend die Verwendung von Business und Private Jets durch Mitglieder der Bundesregierung und Staatssekretäre (1237/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend die Verwendung von Business und Private Jets durch Mitglieder der Bundesregie­rung und Staatssekretäre (1238/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend die Verwendung von Business und Private Jets durch Mitglieder der Bundesre­gierung und Staatssekretäre (1239/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Verwendung von Business und Private Jets durch Mitglieder der Bundesregie­rung und Staatssekretäre (1240/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die Verwendung von Business und Private Jets durch Mitglieder der Bundesregierung und Staatssekretäre (1241/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend die Verwendung von Business und Private Jets durch Mit­glieder der Bundesregierung und Staatssekretäre (1242/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Verwendung von Business und Private Jets durch Mitglieder der Bundesregierung und Staatssekretäre (1243/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend die Verwendung von Business und Private Jets durch Mitglieder der Bundesregierung und Staatssekretäre (1244/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend die Verwendung von Business und Private Jets durch Mitglieder der Bundesregierung und Staatssekretäre (1245/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend die Verwendung von Business und Private Jets durch Mitglieder der Bundesregierung und Staatssekretäre (1246/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend die Verwendung von Business und Private Jets durch Mitglieder der Bundesregierung und Staatssekretäre (1247/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die feudale Büroausstattung der Regierungsmitglieder und deren Kosten (1248/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öf­fentlichen Dienst betreffend die feudale Büroausstattung der Regierungsmitglieder und deren Kosten (1249/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend die feudale Büroausstattung der Regie­rungsmitglieder und deren Kosten (1250/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend die feudale Büroausstattung der Regierungsmit­glieder und deren Kosten (1251/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend die feudale Büroausstattung der Regierungsmitglieder und deren Kosten (1252/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend die feudale Büroausstattung der Regierungsmitglieder und deren Kosten (1253/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die feudale Büroausstattung der Regierungsmitglieder und deren Kosten (1254/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die feudale Büroausstattung der Regierungsmitglieder und deren Kosten (1255/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend die feudale Büroausstattung der Regierungsmitglieder und deren Kosten (1256/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend die feudale Büroausstattung der Regierungsmitglieder und deren Kosten (1257/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend die feudale Büroausstattung der Regierungsmitglieder und deren Kosten (1258/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend die feudale Büroausstattung der Regierungsmitglieder und de­ren Kosten (1259/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend die feudale Büroausstattung der Regierungsmitglieder und deren Kosten (1260/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die feudale Büroausstattung der Regierungsmitglieder und deren Kosten (1261/J)

Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend die angebliche Schaffung von 1 000 zusätzlichen Ar­beitsplätzen beim österreichischen Bundesheer (1262/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Verlegung des Riesenrundgemäldes (1263/J)

Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Stilllegung des Truppenübungsplatzes Aualm (1264/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 26

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Bankenrettungspaket und Finanzmarktbeteiligung Aktiengesellschaft des Bundes (FIMBAG) (1265/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend möglicherweise vorhandene Zahlen bezüglich des Ausmaßes von „Steuerausfäl­len“ durch Niederlassungen österreichischer Banken in Steueroasen (1266/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend die Behindertenmilliarde 2008 in der Steiermark (1267/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Weiz (1268/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Bruck an der Mur (1269/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Deutschlandsberg (1270/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Feldbach (1271/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Fürstenfeld (1272/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Graz Umgebung (1273/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Hartberg (1274/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Judenburg (1275/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Knittelfeld (1276/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Leibnitz (1277/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Leoben (1278/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Liezen (1279/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Murau (1280/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Mürzzuschlag (1281/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Radkersburg (1282/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Voitsberg (1283/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 27

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Betriebsprämie für Berg­bauern“ (1284/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Schulmilchaktion in Öster­reich – Entwicklung“ (1285/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend „Vollziehung der Fertigpackungsverordnung im Jahr 2008“ (1286/J)

*****

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des National­rates betreffend möglicherweise parteipolitisch motivierte Auslassungen und die Verbil­dung der österreichischen Jugend durch in der „Demokratiewerkstatt“ verwendete Lite­ratur (4/JPR)

Zurückgezogen wurden die Anfragen der Abgeordneten

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend den Rechnungshofbericht Bund 2009/1 (804/J) (Zu 804/J)

Karlheinz Kopf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Fa­milie und Jugend betreffend konjunkturelle Auswirkungen der Konjunkturpakete der Bundesregierung (1092/J) (Zu 1092/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeord­neten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (544/AB zu 558/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeord­neten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (545/AB zu 598/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeord­neten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (546/AB zu 611/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (547/AB zu 614/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Chris­tiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (548/AB zu 664/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (549/AB zu 549/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 28

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (550/AB zu 561/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Ro­senkranz, Kolleginnen und Kollegen (551/AB zu 582/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (552/AB zu 601/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (553/AB zu 622/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (554/AB zu 633/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (555/AB zu 639/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (556/AB zu 641/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (557/AB zu 696/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen (558/AB zu 756/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (559/AB zu 764/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen (560/AB zu 789/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen (561/AB zu 821/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (562/AB zu 576/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (563/AB zu 597/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (564/AB zu 610/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen (565/AB zu 537/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen (566/AB zu 538/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen (567/AB zu 539/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordne­ten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (568/AB zu 609/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordne­ten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (569/AB zu 642/J)

des Bundesministers für Gesundheit, auf die Anfrage der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (570/AB zu 688/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neu­bauer, Kolleginnen und Kollegen (571/AB zu 550/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Anneliese Kitz­müller, Kolleginnen und Kollegen (572/AB zu 551/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (573/AB zu 552/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 29

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kol­leginnen und Kollegen (574/AB zu 562/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kol­leginnen und Kollegen (575/AB zu 572/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (576/AB zu 583/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (577/AB zu 602/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (578/AB zu 547/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Josef Lettenbichler, Kolleginnen und Kollegen (579/AB zu 643/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (580/AB zu 801/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (581/AB zu 629/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeord­neten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (582/AB zu 630/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kollegin­nen und Kollegen (583/AB zu 650/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kollegin­nen und Kollegen (584/AB zu 655/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen (585/AB zu 673/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeord­neten Ing. Norbert Kapeller, Kolleginnen und Kollegen (586/AB zu 678/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeord­neten Ing. Norbert Kapeller, Kolleginnen und Kollegen (587/AB zu 679/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeord­neten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (588/AB zu 685/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeord­neten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen (589/AB zu 726/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen (590/AB zu 571/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (591/AB zu 577/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (592/AB zu 578/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (593/AB zu 615/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 30

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen (594/AB zu 625/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kol­leginnen und Kollegen (595/AB zu 634/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (596/AB zu 648/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen (597/AB zu 652/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Leopold Mayer­hofer, Kolleginnen und Kollegen (598/AB zu 659/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (599/AB zu 660/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (600/AB zu 670/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (601/AB zu 754/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (602/AB zu 769/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (603/AB zu 813/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (604/AB zu 626/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (605/AB zu 627/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (606/AB zu 542/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (607/AB zu 544/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (608/AB zu 546/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (609/AB zu 569/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen (610/AB zu 595/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (611/AB zu 608/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordne­ten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (612/AB zu 623/J)

des Bundesministers für Gesundheit, auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (613/AB zu 809/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 31

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (614/AB zu 541/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen (615/AB zu 593/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen (616/AB zu 662/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen (617/AB zu 674/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (618/AB zu 694/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (619/AB zu 548/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (620/AB zu 559/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (621/AB zu 599/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (622/AB zu 612/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (623/AB zu 631/J)

*****

der Präsidentin des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (2/ABPR zu 2/JPR)


09.03.47


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 32

Beginn der Sitzung: 9.04 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neuge­bauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die Sitzung.

Die nicht verlesenen Teile des Amtlichen Protokolls der 14. Sitzung vom 26. Februar 2009 sowie das Amtliche Protokoll der 15. Sitzung vom 27. Februar 2009 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Binder-Maier, Csörgits, Haberzettl, Praßl und Dr. Schüssel.

09.04.11Mandatsverzicht und Angelobung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Von der Bundeswahlbehörde ist die Mitteilung eingelangt, dass die Abgeordnete Barbara Riener auf ihr Mandat verzichtet hat und an ihrer Stelle Herr Abgeordneter Werner Amon in den Nationalrat berufen wurde.

Da der Wahlschein bereits vorliegt und der Genannte im Hause anwesend ist, werde ich sogleich seine Angelobung vornehmen. (Unruhe im Saal.) Meine Damen und Her­ren, ich bitte um ein bisschen mehr Aufmerksamkeit!

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführerin wird der neue Mandatar seine Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten haben.

Ich ersuche nun Frau Schriftführerin Mag. Lohfeyer um die Verlesung der Gelöbnis­formel.

 


9.05.05

Schriftführerin Mag. Rosa Lohfeyer: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

9.05.19

 


Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Ich gelobe.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich begrüße den neuen Herrn Abgeordneten herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

09.05.33Aktuelle Stunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Rot-schwarzes Bildungschaos – 100 Tage Stillstandsregierung“

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Stadler. Herr Abgeordneter, ich mache darauf aufmerksam, dass Ihre Redezeit 10 Minuten beträgt. – Bitte.

(Abg. Pendl steht an der Regierungsbank und spricht mit Bundeskanzler Faymann.) – Herr Abgeordneter Pendl, ich darf Sie bitten, Ihren Platz einzunehmen!

 


9.06.15

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Bun­deskanzler, selbstverständlich in Begleitung des Herrn Staatssekretärs Ostermayer!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 33

(Heiterkeit beim BZÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Ostern steht vor der Tür!) Herr Staatssekretär, ich hoffe, Sie haben heute für Ihren Chef und für Ihre Frau Bundes­minister schon Teletext gelesen. Ich empfehle allen, die jetzt zuschauen, Teletext Sei­te 134 – ich hoffe, es ist noch drinnen –, denn da heißt es:

„Obama fordert längeren Unterricht.“ „Lehrer sollen leistungsbezogen bezahlt werden. Obama kritisierte, dass die US-Schüler im PISA-Test regelmäßig schlecht abschnei­den. In Südkorea gebe es pro Jahr durchschnittlich einen Monat länger Unterricht. ‚Das können wir genauso gut machen‘, sagte der Präsident. Die Herausforderungen des neuen Jahrhunderts verlangen nach mehr Zeit in den Klassenzimmern. Gute Lehrer sollten besser bezahlt, schlechte nachgebildet werden. Obama muss mit Widerstand der mächtigen Lehrergewerkschaft rechnen.“

Meine Damen und Herren, Sie können „Obama“ austauschen und „Schmied“ hinschrei­ben, dann haben Sie eine österreichische Meldung dazu! (Zwischenruf des Abg. Faul.) Sie von der SPÖ beten Herrn Präsidenten Obama dermaßen an, dass ich mir gedacht habe, ich mache Ihnen eine Freude und zitiere gleich einmal Obama.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Das Betrübliche daran ist nur, dass Präsident Obama das durchzieht – während die österreichische Bundesregierung beim ersten Reförmchen, das sie verzagt gewagt hat, schon mit Rücktritten drohen muss. Ist das Ihre Reform, Ihr Reformeifer, Herr Bundeskanzler, Frau Bundesminister? Ein winziges Reförmchen! Wir warten seit 100 Tagen auf eine, und jetzt kommt ein kleines Reförm­chen von zwei zusätzlichen Stunden in Klassenzimmern heraus! Das ist die ganze Re­form, und die Frau Bundesministerin muss mit ihrem Rücktritt drohen, damit sie das überhaupt durchbringt! Das ist ein „Reformeifer“ der Sonderklasse. (Beifall beim BZÖ.)

Frau Bundesminister, wenn Sie sich vor der Lehrergewerkschaft fürchten, dann spre­chen Sie sich bitte weiterhin mit Obama ab; vor der brauchen Sie sich nicht zu fürch­ten! Das ist kein Rücktrittsgrund. Da sind Ihre Schminkrechnungen schon eher gefähr­lich für Sie, die Sie zu Lasten des Steuerzahlers ins Budget fließen lassen. Aber die Lehrergewerkschaft ist es nicht, meine Damen und Herren! Die Lehrergewerkschaft wird sich mit der Politik auseinandersetzen müssen. Die Zeiten, als man glaubte, über die Klassenzimmer Standespolitik machen zu können, die sind vorbei, Herr Präsident Neugebauer! Die sind vorbei. (Beifall beim BZÖ.)

Ich habe mir angeschaut, was die Lehrer derzeit an den Schulen verteilen. – Ich sage jetzt nicht dazu, in welchen Schulen das passiert; ich muss die Kinder schützen! Heute in der Früh hat man ja im Radio gehört, dass Lehrer schon wieder über die Kinder Poli­tik betreiben, Standespolitik in ihrem eigenen Interesse. Wir haben auch empörte Anru­fe bekommen. – Da gibt es Lehrer, die sagen den Schülern in der Klasse: Wenn das kommt, was die Regierung will, dann müsst ihr zwei Stunden länger in der Schule blei­ben! (Ruf beim BZÖ: Ein Skandal ist das! – Abg. Scheibner: Ungeheuerlich!) Das ist eine derartig unverschämte Unwahrheit, dass ich allen Eltern sagen möchte: Lassen Sie es nicht zu, dass Ihre Kinder aufgehetzt werden, meine Damen und Herren! Sagen Sie uns das, wir gehen jedem einzelnen Fall nach. (Beifall beim BZÖ.)

Die Lehrergewerkschaft muss derzeit Informationsveranstaltungen zu diesem Thema für das Lehrerkollegium abhalten. (Abg. Ing. Westenthaler: Das können sie am Wo­chenende machen, nicht in der Schulzeit!) Wir haben einige Mitteilungen erhalten, die an die Eltern ergangen sind: eine aus einem Gymnasium in Wien, eine aus einer Volksschule in Niederösterreich, eine weitere aus einer Volksschule in Niederöster­reich. Ich könnte Ihnen weitere solche Elaborate bringen.

Da heißt es, dass es den Lehrern darum geht, die Qualität des Unterrichts sicherzu­stellen, und dass dazu eine Informationsveranstaltung notwendig sei.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 34

Sie haben richtig geraten, meine Damen und Herren: Diese Informationsveranstaltung findet nicht am Nachmittag statt, wenn kein Unterricht ist, sondern am Vormittag, wenn alle Schüler in der Schule sind und Unterricht wäre. Und dann machen sie sich auch noch heuchlerisch Gedanken über die Qualität des Unterrichts! Das ist Heuchelei zum Quadrat! Das zeigt, wie diese ganze Debatte von der Lehrergewerkschaft aufgezogen wird.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist bedauerlich, dass Sie, Herr Bundes­kanzler, neben Ihrem Staatssekretär nicht auch noch Ihren Vizekanzler mitgebracht ha­ben, denn der weiß derzeit wirklich nicht, was er ist: Ist er jetzt jemand, der sein Budget in Ordnung halten soll – oder die Lehrergewerkschaft seiner eigenen Partei schützen soll? Herr Präsident Neugebauer, was ist er jetzt? (Abg. Großruck: Ein guter Mann!) Was haben Sie Pröll geraten, Kollege Kopf? Was soll er machen? Wollt ihr wirklich der österreichischen Bevölkerung, die derzeit aufgrund der Krise überall den Gürtel enger schnallen muss, einreden, dass man mit einer Berufsgruppe, die einen sicheren Job hat, die in Wirklichkeit 40 Stunden am Arbeitsplatz zu sein hätte, darüber diskutieren soll, ob sie 20 oder 22 Stunden am Dienstort und am Arbeitsplatz sein soll? Wollen Sie wirklich diese Diskussion mit der Bevölkerung führen, Herr Kollege Stummvoll? Wollen wir den Gewerbetreibenden erklären, dass das eine Berufsgruppe mit pragmatisierten, sicheren Jobs, mit einem sicheren Gehalt ist, die darüber diskutiert, ob sie statt 20 Stunden 22 Stunden am Dienstort sein soll, nicht zusätzlich arbeiten soll, denn sie behauptet ja, dass sie daheim arbeitet, sondern einfach nur am Dienstort sein soll?

Frau Bundesminister, machen wir es doch ganz einfach: 40 Stunden am Dienstort, 40 Stunden also am Arbeitsplatz (Beifall beim BZÖ) – dann hört diese Diskussion auf! –, wie jeder andere Arbeiter in diesem Land auch! So ist es doch ganz einfach.

Wir werden Ihnen heute im Rahmen der Debatte, die am Nachmittag zu diesem Thema stattfinden wird, einen 31 Punkte umfassenden Katalog von Maßnahmen vorlegen, Frau Bundesminister! Eine der wesentlichsten Maßnahmen ist, dass der Lehrer in der Schule einen Arbeitsplatz haben soll. (Abg. Dr. Moser spricht mit Abg. Scheibner.) – Frau Kollegin Dr. Moser von den Grünen, Ihr grüner Schal hält Sie ... (Abg. Dr. Moser: Nein!) Sie machen Standespolitik in den Bankreihen! Sie sollten sich nicht so echauf­fieren! (Abg. Dr. Moser: Nein, Herr Kollege! Kommen Sie an die Schulen! Kommen Sie mit einem Quadratmeter Platz aus, ...?) Sie machen Standespolitik in den Bankreihen!

Es ist ja auch verständlich, denn Sie, Frau Kollegin Moser, sind nicht die einzige Lehre­rin mit grünem Schal. Mittlerweile ist ja der Lehrerberuf ein Hort von grüner Ideolo-
gie geworden, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.) Das ist ja einer der Gründe, warum es so weit gekommen ist, dass man dort glaubt, als Sozialschmarotzer sei man besser aufgehoben in diesem Land als als arbeitender Mensch, der dafür Sorge trägt, dass in diesem Land auch eine Steuerleistung zustande kommt, von der man die andern – Sie und Ihresgleichen – dann bezahlen muss. (Zwischenruf des
Abg. Dr. Pirklhuber.)

Ich sage gleich dazu, meine Damen und Herren, dass ich damit immer die Lehrerge­werkschaft meine – jene Lehrergewerkschaft, die es nicht mehr für zumutbar hält, dass die Lehrer zwei Stunden länger bei der Tätigkeit verweilen müssen, für die sie ange­stellt wurden, nämlich zu unterrichten – und sonst nichts, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.) Das ist der zentrale Vorwurf, den man der Lehrergewerkschaft ma­chen muss. (Abg. Dr. Walser: Keine Ahnung!)

Als Vater von sechs Kindern – fünf davon bereits in der Schule – sage ich Ihnen aus eigener Erfahrung, dass ich sehr viele anständige, fleißige, engagierte Lehrer kenne. Und ich kann Ihnen aus fast sechs Jahren Volksanwaltschaftstätigkeit sagen, dass sehr viele anständige, fleißige und vor allem engagierte und couragierte Lehrer dann in


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die Mühle des Getriebes kommen, denn die sind nämlich von der Kollegenschaft nicht erwünscht, insbesondere nicht von parteipolitisch besetzten Direktoren. (Beifall beim BZÖ.)

Ich habe in diesen fast sechs Jahren, in denen ich als Volksanwalt für die Prüfung des Schulsektors zuständig war, derartige Dinge kennen gelernt, dass ich jetzt allen zu­schauenden Lehrern sagen möchte: Sie brauchen bei mir keine Protestbriefe einzurei­chen! Sie brauchen mir keine E-Mails zu schicken! Mich überzeugen nur noch Refor­men, keine Protestbriefe, meine Damen und Herren! Ich habe gesehen, wie verpoliti­siert der gesamte Lehrersektor ist. (Beifall beim BZÖ.)

Ich bringe Ihnen ein Beispiel, das mir eine Mutter geschickt hat, weil es so gut zur ÖVP passt: Der Bürgermeister von Waidhofen an der Ybbs ist HTL-Lehrer mit Lehrverpflich­tung – selbstverständlich, man kann ja nicht auf sein Gehalt verzichten! –, der Vizebür­germeister von der SPÖ ist ebenfalls Lehrer mit Lehrverpflichtung, der Kontrollaus­schussobmann von den Grünen ist ebenfalls Lehrer mit Lehrverpflichtung (Abg. Dr. Walser: Er unterrichtet ja auch!) und ein paar Privilegien, die er sich noch heraus­gehandelt hat. Und jetzt kommt die Pointe: Der Sekretär des Bürgermeisters von der ÖVP ist selbstverständlich auch Lehrer, auch mit voller Lehrverpflichtung und einigen Privilegien, die er sich herausverhandelt hat.

Das ist nur eines von zigtausend Beispielen, wie in Wahrheit der Lehrerberuf zu einer politischen Spielwiese von Links und ÖVP geworden ist, wo man es sich richtet und sich in Wirklichkeit bei erster Gelegenheit von der eigentlichen Tätigkeit, die man zu vollbringen hätte, verabschiedet. (Beifall beim BZÖ.)

Frau Bundesminister Schmied, Sie werden nicht umhinkommen, eine große Reform anzupacken und im Verwaltungssektor einzuschneiden. Es gibt keinen Sektor – Land­wirte ausgenommen! –, der dermaßen durchverwaltet ist wie der Schulsektor. Wir ha­ben eine Landesschulverwaltung, wir haben eine Bundesschulverwaltung, die über die Landesschulräte stattfindet, wir haben für die Berufsschulen eine Schulverwaltung, für die Musikschulen eine Schulverwaltung der Gemeinden und Gemeindeverbände. Wir haben für die landwirtschaftlichen Schulen eine eigene Schulverwaltung, für die Fach­hochschulen eine eigene Schulverwaltung. Wir haben so ziemlich für jeden einzelnen Schultyp eine eigene Schulverwaltung!

Das ist dermaßen durchverwaltet, dass es kein Wunder ist, dass man heute Lehrer, anstatt sie im Klassenzimmer einzusetzen, in der Schulverwaltung einsetzt. Das ist ja grotesk, meine Damen und Herren! Da müssen Sie ansetzen, meine Damen und Her­ren von der ÖVP, da sind auch Sie gefordert! In den Ländern haben Sie ja auch das Sagen. Das betrifft nämlich auch die Zuständigkeit der Länder. Und daher verlangen wir eine Vereinfachung des ganzen Verwaltungsapparates: Konzentration der Lehrer auf ihren Lehrberuf, und die Verwaltungstätigkeit sollen Verwaltungsbeamte machen. (Beifall beim BZÖ.)

Wir verlangen, meine Damen und Herren, dass jeder Lehrer in der Schule einen Ar­beitsplatz hat – das wäre ein Infrastrukturprogramm! Da genügen die 1,6 Milliarden €, die Sie für die nächsten zehn Jahre dafür haben, nicht. Für jeden Lehrer einen Arbeits­platz in der Schule, 40 Stundenwoche in der Schule, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.) Das sind Kernforderungen, die wir an Sie erheben. Das verdient den Be­griff Reform – und nicht dieses Reförmchen, dessentwegen Sie schon Ihren Rücktritt angedroht haben.

Ich frage mich, was das Nächste nach dem Rücktritt sein wird: der Sprung in die Do­nau? Womit werden Sie dann als Nächstes drohen, meine Damen und Herren? (Anhal­tender Beifall beim BZÖ.)

9.16



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 36

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer einleitenden Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Dr. Schmied zu Wort gemeldet. Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit ebenfalls 10 Minuten nicht überschreiten soll. – Bitte, Frau Bundes­ministerin.

 


9.17.11

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich bin Politikerin gewor­den, ich bin Ministerin geworden – und habe mich dazu entschlossen, weil ich etwas gestalten will. Ich möchte die Bildung in diesem Land für die Kinder, für die Enkelkin­der, aber natürlich auch im Interesse der Eltern, der Großeltern, der Lehrer und Lehre­rinnen besser gestalten. (Abg. Scheibner: Wann fangen Sie damit an?)

Ich möchte dazu beitragen, dass Österreich den Anschluss an internationale Entwick­lungen schafft. (Abg. Ing. Westenthaler: Wann fängt das an?) 30 Prozent Risikoschü­ler, schlechte PISA-Ergebnisse, Klagen der Wirtschaft, dass die jungen Menschen in den Grundkompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen zu wenig gut sind, steigende Arbeitslosigkeit vor allem bei jungen Menschen mit geringer Ausbildung, Klagen der Lehrer über Arbeitsüberlastung, Überforderung. Das alles sind Fakten und Tatsachen. Wir müssen handeln, davon bin ich überzeugt. (Beifall bei der SPÖ.)

Bei knappen Budgetvorgaben – und es ist mir nicht gelungen, in zwei Verhandlungs­runden das Budget im Verhandlungswege noch zu erhöhen – sehe ich in der Erhöhung der Lehrverpflichtung um zwei Stunden, die im Übrigen eine Annäherung an internatio­nale Entwicklungen bedeutet, jene Maßnahme, die uns die Basis dafür gibt, die Bil­dungsreform entschlossen fortzusetzen. (Abg. Ing. Westenthaler: Dann ziehen Sie es durch!)

Wir haben – und ich darf sagen: gemeinsam – hier im Hohen Haus in den letzten zwei Jahren auch sehr viele wichtige Projekte gestartet: kleinere Klassen, Kleingruppen­unterricht, Tagesbetreuung, bessere Ausbildung und Fortbildung der Lehrer, bessere Ausstattung der Arbeitsplätze. All das, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind Projekte, die ich bei einem knappen Budget ohne gleichzeitige Strukturreform nicht realisieren kann. Und daher ist es aus meiner Sicht meinen wichtigsten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, den Lehrern und Lehrerinnen durchaus auch zumutbar, diese zwei Stunden mehr, die Verschiebung der Arbeitszeit in den Unterricht als Beitrag zu leisten. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich werde morgen Gespräche mit den Vertretern der Gewerkschaft führen. Ich habe meine Vorschläge und auch die Vorschläge des Finanzministeriums bereits präsentiert. Ich bin offen für alle weiteren Varianten. Aber eines muss uns klar sein: Es geht hier nicht mehr um zwei Stunden Verschiebung der Arbeitszeit zu den Kindern, sondern es geht in Wirklichkeit um die Frage, ob wir den Reformkurs, den eingeschlagenen Weg der Bildung in Österreich weiter fortsetzen – oder ob wir uns zurückkatapultieren in das Jahr 2006.

In diesem Sinn geht es um die Zukunft unseres Landes, und Bildung ist ein zentrales Element. Daher vertrete ich die Haltung, dass gemeinsam mit dem Budgetbeschluss auch diese Strukturreformen getroffen werden müssen, damit wir das gestalten und fortsetzen können, was wir begonnen haben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

Wir haben in den ersten hundert Tagen dieser Bundesregierung schon große Projekte auch im Bildungsbereich beschlossen und weiter fortgesetzt: Infrastrukturprogramm, 600 Millionen € vorgezogen im Rahmen des Konjunkturpakets, auch zur Verbesserung der Arbeitsplätze der Lehrerinnen und Lehrer, aber auch mehr Platz für Tagesbetreu­ung und bessere Ausstattung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 37

Ganz wichtig ist mir die neue Bildung, Ausbildung für alle im Lehrberuf Tätigen: von der Kindergartenpädagogin bis hin zum Lehrer auch in der Erwachsenenbildung. Minis­ter Hahn und ich haben eine Expertengruppe ins Leben gerufen. Bis zum Ende dieses Jahres werden wir konkrete Vorschläge haben. Wichtig ist, dass Lehrerinnen und Leh­rer eine Perspektive haben, dass sie Karrieremöglichkeiten haben, dass sie auch die Möglichkeit haben, in andere Berufsfelder zu wechseln, wenn sie einmal nicht mehr un­terrichten können. Daher ist mir hier die Durchlässigkeit ganz, ganz wichtig. Und ich habe schon einmal das Beispiel gebracht: Warum sollte nicht zum Beispiel ein Lehrer, der Fremdsprachen unterrichtet, wenn er einmal nicht mehr unterrichten will, dann auch in das Dolmetschfach wechseln können? (Abg. Mag. Lunacek: Weil es schon ge­nügend Dolmetscher gibt!) Das geht aber nicht, weil die Ausbildungen, die Curricula nicht zusammenpassen.

Wir müssen die Qualität des Unterrichts verbessern, ein ganz, ganz wichtiges Projekt, das wir gemeinsam mit dem Gesetzesbeschluss Bildungsstandards auf den Weg ge­bracht haben. Diese Qualität ist wichtig. Lehre mit Matura – auch ein Projekt, das wir hier gemeinsam beschlossen haben. Und ich darf Sie informieren, 3 000 Lehrlinge sind in diesem Programm, also viel mehr, als wir ursprünglich erwartet haben. Das ist ganz wichtig, um auch der dualen Ausbildung zu helfen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ein Thema, das wir hier auch oft diskutiert haben, ist der Bereich berufsbildende Schu­len. Wir müssen dort die Kapazitäten ausbauen. Es geht nicht, dass dort 36 Schüler und Schülerinnen in den Klassen sitzen. Dort werden wir bis zum Ende der Legislatur­periode 8 300 neue Plätze schaffen.

Zuletzt freut es mich natürlich auch sehr, dass das Projekt Neue Mittelschule gut auf den Weg gekommen ist. Im September 2009 werden wir an 243 Standorten 20 000 Schüler und Schülerinnen in der Neuen Mittelschule unterrichten. Das sind Ele­mente eines breiten Reformprogramms, das ich über parteipolitische und standespoliti­sche Interessen hinweg umsetzen möchte. Dafür stehe ich, und dafür bin ich gerne Mi­nisterin. (Lebhafter Beifall bei der SPÖ sowie Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Rede­zeit aller weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Aktuellen Stunde laut § 97a Abs. 6 der Geschäftsordnung 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Nächster Redner: Herr Klubobmann Dr. Cap. – Bitte.

 


9.24.55

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich glaube, im Zentrum stehen die Kinder. Es geht um die Zukunft unserer Kinder. (Abg. Ing. Wes­tenthaler: Die haben aber morgen keine Schule!) In dieser Debatte fehlt mir diese Schwerpunktsetzung aber oft. Da wird über alles Mögliche diskutiert. Die Kinder sind das Wichtigste! Und für sie ist dieses Ausbildungssystem, und für sie sind unsere Schulen. Und daher setzen wir uns dafür so vehement ein! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Da komme ich zu einem zweiten Punkt, weil jetzt in den Diskussionen so oft eine Art von – wie soll ich sagen – „Lehrer-Bashing“ zu beobachten ist. Ich verwahre mich da­gegen – ja, ich verwahre mich dagegen! Es geht darum, dass wir die Lehrerinnen und Lehrer mit einbeziehen. Und da gibt es viele, die nur darauf warten, endlich bei Re­formprojekten mitzumachen, viele, die eine Bevormundung durch den einen oder ande­ren stört, die sich dagegen wehren und sagen: Es geht um unsere Kinder, wir haben gute Ideen, wir wollen an dem Reformprozess teilnehmen. Und diese gilt es zu unter­stützen, diese Stimmung und diese Lehrerinnen und Lehrer. Und die Lehrerinnen und Lehrer sind Bündnispartner auf diesem Weg und keine Gegner. Das muss einmal in aller Deutlichkeit festgestellt werden! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)


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Aber es gibt den einen oder anderen Lehrervertreter, der, wie ich meine, ein bisserl ein Problem mit den Jahrhunderten hat. Ich habe mir heute die „Salzburger Nachrichten“ sehr genau angeschaut, wo sich auf Seite 3 ein interessanter Artikel mit dem Titel „Schulverwaltung wie anno 1781“ findet. Da wird der ÖVP-Schulexperte Bernd Schil­cher zitiert, der bei diesen Reformprojekten sehr konstruktiv mitwirkt, eine führende Po­sition in der ÖVP innehatte und zu Recht feststellt – und nicht alles, was Vorredner Ewald Stadler gesagt hat, ist falsch; in diesem Punkt haben Sie wirklich recht –, da handelt es sich um eine Verschiebung der verschiedenen Ebenen. Das Wertvollste ist, dass der Lehrer in der Klasse ist. Und wenn es Veränderungen geben muss, dann ist das im Bereich der Verwaltung, zum Beispiel, was auch die Frau Ministerin angespro­chen hat, beim mittleren Management in den Schulen. Und dann sind wir dazu aufge­fordert, uns darüber Gedanken zu machen und entsprechende Schritte zu setzen.

Vor Beginn der Sitzung hat mir noch ein Mitarbeiter gesagt: Wie war das früher? – In den Pausen ist exerziert worden, und nach 50 Minuten war die Trillerpfeife. Jetzt wird halt geläutet. Wir brauchen uns gar nicht umzustellen, denn bei uns wird kurz vor einer Abstimmung auch geläutet. Das ist eben der Rhythmus.

Ich finde, man kann da wirklich entsprechende Wege gehen, wie zum Beispiel Verklei­nerung der Klassen, wie zum Beispiel Reform in der Verwaltung. Bildungspolitik ist auch Wirtschaftspolitik, und da erhoffe ich mir jetzt die Wortmeldungen derer, die im­mer sagen, sie sind in der Wirtschaft so aktiv, derer, für die die Wirtschaft immer so wichtig ist, wie auch für uns, und ich hoffe, dass man das versteht, dass eine gute Aus­bildung auch für die Wirtschaft wichtig ist (Beifall bei SPÖ, ÖVP sowie BZÖ), nicht nur für die Gesellschaft, nicht nur für den Einzelnen. Das ist die entscheidende Frage!

Ich bin ehrlich und sage, nicht alles, was aus dem 18. Jahrhundert ist, ist schlecht, nein. Selbst die alten Römer haben viele gute Sachen gemacht. So ist es ja auch wie­der nicht. Man muss aber, wenn ein paar Jahrhunderte vergangen sind, einmal darüber nachdenken, wie zeitgemäß das eine oder andere noch ist. (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.) Na ja, bitte schön, Maria Theresia und die Schule sind an sich ein positives Beispiel. Sie müssen sich nur herausarbeiten aus dem 18. Jahrhundert; ich bin bereits im 21. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich denke, wir sollten versuchen, ehrlich an die Sache heranzugehen, vor allem wenn man den Schwerpunkt auf Bildung legt. Ich habe mir die Äußerungen des Finanzminis­ters und Vizekanzlers, die er in der Vergangenheit gemacht hat, sehr genau angehört, wo er selbst gesagt hat, Bildung ist im Zentrum, Bildung ist wichtig. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dann muss man aber auch – Sie können gleich weiter applaudieren – das Geld zur Verfügung stellen, denn wer das Dienst- und Besoldungsrecht erneuern will, wer wirk­lich für die Zukunft unserer Kinder etwas machen will und wer dieses ganze Reform­programm gestalten will, der wird auch die Arbeitsplätze in den Schulen verbessern müssen, damit die Lehrer dort bleiben. Und das ist nicht ein persönlicher Spaß, die Neue Mittelschule, sondern da geht es auch um Verbesserung. Da geht es um die Ver­besserung des Ranking in künftigen PISA-Berichten, da geht es darum, dass unsere Absolventen in Österreich, ja europaweit konkurrenzfähig sind. Darum geht es! Das muss einer der wichtigsten Punkte für eine Regierung trotz Wirtschaftskrise sein!

Daher: Danke an diese Regierung! Danke, Herr Bundeskanzler! Danke, Frau Minister! Danke an jene, die hier mitwirken, dass wir diesen Weg gehen, auch wenn es Wider­stand von jenen gibt, die geistig noch im 18. Jahrhundert sind. Wir alle sind im 21. Jahrhundert angelangt, und wir sollten uns dafür einsetzen, dass dieser Weg auch erfolgreich gegangen werden kann. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.29



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 39

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Amon zu Wort. 5 Minuten. – Bitte.

 


9.30.18

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­deskanzler! Geschätzte Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Diese Bundesregierung ist – ebenso wie die Koalitionspar­teien – mit einem sehr ambitionierten Programm angetreten, und zwar gerade im Be­reich Bildungspolitik; Frau Bundesministerin Schmied hat das ja in ihren Ausführun­gen sehr deutlich gesagt. – Ich glaube, dass dieses ambitionierte Programm auch rich­tig und wichtig ist, weil es für unser Land zukunftsentscheidend ist.

Wir haben eine Fülle von Bildungsreformen auf den Weg gebracht; das Thema Neue Mittelschule wurde ja bereits angesprochen. Die Neue Mittelschule ist dergestalt, dass jedes Bundesland – und in den Bundesländern noch einmal unterschiedlich – verschie­denste Modelle versucht, um eben ein bestes Bildungssystem zu gestalten. Nach Ab­lauf einer gewissen Zeit werden diese unterschiedlichen Modelle evaluiert, und dann wird entschieden, welche Variante die beste für unsere Kinder ist. Und da bin ich ganz bei Ihnen, Herr Klubobmann Cap: Das Bildungssystem ist für unsere Kinder und Ju­gendlichen da – und für sonst niemanden! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordne­ten der SPÖ.)

Wir bauen die Nachmittagsbetreuung weiter aus, wir diskutieren entsprechend dem Regierungsübereinkommen die Reform der Reifeprüfung mit zentralen Elementen, um jedenfalls ein Mindestniveau sicherzustellen. Wir senken die Klassenschülerhöchstzahl auf 25 – also alles Maßnahmen, die eine offensive Bildungspolitik darstellen.

Um aber in der Bildungspolitik erfolgreich zu sein, um in der Bildungspolitik offensiv zu bleiben, bedarf es motivierter Lehrerinnen und Lehrer. Das ist ein ganz entscheidender Punkt, meine Damen und Herren, dass unsere Lehrerinnen und Lehrer motiviert und nicht demotiviert werden! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was beinhaltet jetzt die Botschaft, wenn die Frau Unterrichtsminister den Lehrerinnen und Lehrern sagt: Ihr müsst künftig zwei Stunden mehr unterrichten!? Was ist die Bot­schaft? – Herr Abgeordneter Stadler hat das ja in wunderbarer Weise hier aufgezeigt, indem auch er gesagt hat: Die Botschaft ist, ihr arbeitet eigentlich zu wenig! (Ruf bei der SPÖ: Na geh!) – Da frage ich Sie hier alle, meine Damen und Herren: Motiviert man auf diese Art und Weise Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter?! Ist das die Form des sozialen Dialogs, der in Österreich so hochgehalten wird?! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich frage da gerade Sie, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, weil auch Herr Bundeskanzler Faymann in diesen Tagen erklärt hat, es sei ohnehin völlig egal, was die Gewerkschaft meint, denn das werde auf alle Fälle, wie angekün­digt, kommen. (Abg. Dr. Cap: Das ist nicht in Ordnung!)

Ich frage Sie, meine Damen und Herren Sozialdemokraten, und ich frage Sie das auch als Koalitionspartner: Sollten wir nicht, wie wir das innerhalb der Österreichischen Volkspartei tun – wir von der ÖVP verstehen uns als soziale Integrationspartei (Beifall bei der ÖVP – ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei Abgeordneten der SPÖ) –, ernsthaft auch da einen Dialog zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern führen? (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Frau Bundesministerin Schmied, ich möchte Sie wirklich sehr ersuchen, das Gespräch mit den Lehrerinnen und Lehrern zu suchen und ihnen nicht alle zwei Tage einen neuen Vorschlag über die Medien auszurichten! Ich bitte Sie wirklich, Frau Ministerin: Setzen Sie sich mit den Lehrerinnen und Lehrern an einen Tisch und versuchen Sie, eine gemeinsame Lösung zu entwickeln! – Ihre Rücktrittsdrohung, Frau Ministerin,


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möchte ich gar nicht zur Kenntnis nehmen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.) Mit solchen Drohungen erreicht man meiner Ansicht nach ohnehin nichts; ich halte das da­her für falsch.

Ich meine, wir sollten versuchen, das, was wir im Regierungsprogramm vereinbart ha­ben, auch tatsächlich umzusetzen. Da ist ja auch die Rede von einem neuen Dienst­recht, und da gibt es viele gute Ideen von Ressortseite, von den politischen Parteien, natürlich auch von der Lehrerschaft. Versuchen wir ein solches neues Dienstrecht zu entwickeln, aber tun wir das doch gemeinsam, meine Damen und Herren – und nicht in Konfrontation mit den Lehrerinnen und Lehrern! (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist ja nicht so, dass im Unterrichtsressort das Budget gekürzt worden wäre. Ganz im Gegenteil! Sie selbst, Frau Ministerin Schmied, haben – wir haben uns alle mit Ihnen gefreut – verkündet, dass Sie in diesen Budgetverhandlungen sehr erfolgreich waren, dass es Ihnen gelungen ist, eine deutliche Erhöhung Ihres Bildungsbudgets zu errei­chen. Das ist gut, das ist richtig so. Und auch der Herr Vizekanzler und Finanzminister Pröll hat da ein völlig richtiges Signal gesetzt, nämlich verstärkt in die Bildung zu inves­tieren. Das ist absolut richtig, meine Damen und Herren, und Sie selbst, Frau Ministerin Schmied, haben sich dafür gelobt – auch die Medien haben das getan –, dass Sie bei den Budgetverhandlungen so erfolgreich waren, haben jedoch wenige Tage später ge­sagt, dass Sie mit diesem Budget eigentlich nicht auskommen.

Es geht also darum, dass wir auf der einen Seite die Reformmaßnahmen auf dem Weg lassen – das ist ein guter Weg, und ich bin davon überzeugt, dass wir das Bildungssys­tem gemeinsam sehr gut weiterentwickeln können –, auf der anderen Seite geht es aber auch darum (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), dass wir den Lehrerinnen und Lehrern signalisieren, dass sie für uns eine ganz, ganz wichtige Be­völkerungsgruppe sind, denn schließlich liegt die Zukunft unseres Landes in ihren Hän­den. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

9.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Ro­senkranz. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


9.35.47

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung hier auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Nach meinen Vorred­nern mit so viel Leidenschaft – ich denke da insbesondere an Klubobmann Cap – wun­dert es mich ja fast, warum die Reformen nicht weitergehen. (Abg. Mag. Gaßner: Ge­hen eh weiter!) Die SPÖ ist meines Wissens in der Regierung, daher: Wo gibt’s da jetzt auf einmal einen „Reformstau“? Herr Cap, gibt’s da irgendein Problem mit Ihrem Re­gierungspartner, ist da irgendwo Sand im Getriebe?

Jedenfalls fällt auf – und das dürfte in der jüngeren Geschichte Österreichs ziemlich einzigartig sein –, dass eine Ministerin die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihres eige­nen Ressorts einer derartigen Diffamierungskampagne in den Medien ausgesetzt hat. Man muss sich das einmal vorstellen, wenn beispielsweise die Justizministerin Ähnli­ches bei den Justizwachebeamten, die Innenministerin das bei der Polizei oder der Fi­nanzminister mit seinen Finanzbeamten machen würde! – So ist doch in der Öffentlich­keit der Eindruck entstanden, die Lehrerschaft sei samt und sonders faul und privile­giert. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Dieser Eindruck, der da erweckt wurde, ist eindeutig falsch, denn es gibt Lehrerinnen und Lehrer, die – wie das ja auch hier bereits angeklungen ist – durchaus engagiert und motiviert sind und die an Reformen mitwirken wollen, die aber wissen möchten, wozu. Lehrerinnen und Lehrer wollen nicht der einzige Sündenbock für eine verfehlte nicht nur Bildungs-, sondern generell Gesellschaftspolitik sein. Es kann doch nicht so


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sein, dass Lehrerinnen und Lehrer für all das zur Verantwortung gezogen werden, was in unserer Gesellschaft insgesamt in den letzten Jahren, ja Jahrzehnten verbockt wur­de! (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Da ich jetzt gerade hier den Herrn Präsidenten Neugebauer applaudieren sehe, muss ich schon sagen: Die Gewerkschaft muss sich da leider auch einen Vorwurf gefallen lassen. Frau Ministerin Schmied konnte natürlich – wie jeder andere auch – den Reflex der Lehrergewerkschaft hiezu vorhersehen. Bei dieser herrscht leider Gottes ein re­stringierter Code, denn außer den Wörtern „nein“ und „Streik“ bringt die Lehrergewerk­schaft eigentlich nichts Besonderes heraus. Und damit erweist sie ihren eigenen Ver­tretenen, den Lehrerinnen und Lehrern insgesamt, einen Bärendienst, einen, den sich jedoch die Lehrerinnen und Lehrer nicht verdient haben. (Abg. Amon: ... sozialdemo­kratischen Gewerkschaftern!)

Das Ganze wird ja seitens der Ministerin auch als Solidarbeitrag zu verkaufen ver­sucht, als Solidarbeitrag im Rahmen der Weltwirtschaftskrise, so nach dem Motto: Da müssen wir zusammenstehen; dem entkommt niemand! – Ich warte schon auf die nächsten „Solidarbeiträge“, die im öffentlichen Dienst eingefordert werden – und nicht nur bei den Lehrerinnen und Lehrern.

Tatsache ist: Lehrerinnen und Lehrer sollen jetzt zum Sündenbock gemacht werden, obwohl sie an der Weltwirtschaftskrise sicherlich keine Schuld tragen. – Ich hoffe je­denfalls nur, dass so etwas nicht vielleicht daher kommt, dass der eine oder andere Manager einmal ein Schulsystem genossen hat, das vielleicht nicht optimal gewesen ist.

Meine Damen Herren, mir fehlen aber andere Solidarbeiträge, so zum Beispiel die Solidarbeiträge jener, die die Banken- und Wirtschaftskrise tatsächlich verursacht ha­ben. (Beifall bei der FPÖ.) Wo werden denn Solidaropfer eingefordert beispielsweise von einem Herrn Ötsch von der AUA, von einem Herrn Huber von den ÖBB oder von anderen Managern oder auch von Politikern wie einem Landesrat Sobotka, der in Nie­derösterreich mehrere hundert Millionen Euro in der internationalen Finanzblase ver­zockt hat?! Da gibt es keinen Solidarbeitrag – bei den Lehrerinnen und Lehrern hinge­gen soll es ihn schon geben! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die Lehrerinnen und Lehrer sehen es differenziert und sagen: Ja, wir würden auch ger­ne zwei Stunden länger arbeiten, wenn wir wissen, wofür! Ist es nur deswegen, weil das Projekt Gesamtschule durchgezogen werden soll, jetzt mit dem Schilderl Neue Mittelschule versehen? „Neu“ klingt ja immer gut! Offensichtlich haben sich ja mittler­weile die Linken durchgesetzt, und die ÖVP scheint ihren Widerstand gegen eine Ge­samtschule aufgegeben zu haben, gegen diese gleichmacherische Gesamtschule, wo man sagt: Lieber egalitär statt elitär!, und wo man versucht, Spitzenförderung abzuwür­gen und alles nach unten zu nivellieren! Kann es sein, dass die ÖVP ihren Widerstand dagegen aufgegeben hat? – Nein, das kann nicht sein. (Beifall bei der FPÖ. – Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Mittlerweile schließen sich sogar führende ÖVP-Landeshauptleute diesem Ruf an, aber Sie können natürlich eines machen: Sie schrauben halt auf einem Schulgebäude ir­gendwo ein neues Schilderl an, machen Eröffnungsfeiern, halten Sonntagsreden – und das wird es gewesen sein.

Es geht um ein Gesamtkonzept. Es ist schon angesprochen worden: Arbeitsplätze. Was fehlt mir? Gewalt an Schulen – in keiner Weise erwähnt. Oder: Klassenschüler­höchstzahlen. Es geht um die Frage: Wie schaut der Ausländeranteil beziehungsweise der Anteil von Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache in den Schulen aus, damit hier endlich einmal Ordnung geschaffen wird (Beifall bei der FPÖ), damit das Bildungs­niveau für alle, nämlich für diejenigen, die sich integrieren sollen, und für die heimi­schen Kinder, ein besseres wird? Diesbezüglich geschieht aber gar nichts!


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Die Lehrer sollen jetzt einmal in eine Vorleistung treten, zwei Jahre lang. So wie der letzte Vorschlag lautet, sollen sie jetzt einmal eine Vorleistung erbringen, und dann erst wird eine Reform gemacht. Nein, alles muss gemeinsam auf den Tisch, damit die Moti­vation stimmt! (Beifall bei der FPÖ.)

9.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


9.40.46

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Frau Bun­desministerin! Herr Staatssekretär! Frau Präsidentin! Diese Regierung ist sehr stolz da­rauf, dass sie intern nicht streitet, dass sie sich sozusagen über Probleme hinweg­lächelt, aber das Ungeheuerliche ist für mich, dass Sie, meine Damen und Herren von der Regierung, bei einem so wichtigen Thema wie der Bildungspolitik Ihre unterschied­lichen Meinungen auf dem Rücken der Kinder, auf dem Rücken engagierter Lehrerin­nen und Lehrer austragen. (Beifall beim BZÖ.)

Auf der einen Seite ist da ein mehr als unbeweglicher Finanzminister, der die Zeichen der Zeit nicht erkennt: dass es gerade in Zeiten der Krise notwendig ist, Investitionen in die Bildung zu setzen, anstatt sie wieder hinauszuzögern. Auf der anderen Seite ist da eine Bildungsministerin, die zwar angeblich reformieren will, aber das mit sehr unaus­gegorenen Vorschlägen und sehr punktuell beginnt und letztendlich von ihrem Regie­rungspartner im Regen stehengelassen wird. Es ist ja auch niemand von der ÖVP hier auf der Regierungsbank vertreten bei diesem wesentlichen Thema.

Daher fordere ich die Regierung als Gesamte auf, einmal endlich Farbe zu bekennen in dieser unsäglichen Diskussion über zwei Stunden mehr Arbeit für Lehrerinnen und Lehrer und zu sagen: Ist das jetzt eine Budgetverbesserung, ist das eine Schulquali­tätsverbesserung, ist das eine Solidaritätsmaßnahme in wirtschaftlich schwierigen Zei­ten?

Wenn Sie, Frau Bundesministerin Schmied, sagen, Sie seien offen für alle Varianten, dann kommt vielleicht noch eine Variante dazu, ich weiß es nicht. Für uns vom BZÖ geht es einzig und allein darum, dass unsere Kinder die besten Chancen für Ausbil­dung, für ihre Zukunft bekommen und dass sie vor allem lebenstüchtig werden. Das muss unser Ziel sein! (Beifall beim BZÖ.)

Daher sagen wir ganz klar: Ja zu mehr Zeit für unsere Kinder und Jugendlichen im Un­terricht durch Lehrer, wenn sie diese Zeit zum Beispiel für Nachhilfe und Förderunter­richt verwenden! Wir haben heute, wie Sie wissen, ein Nachhilfeunwesen: 150 Millio­nen € geben Eltern pro Jahr für Nachhilfe aus! 150 Millionen € für 50 000 Schüler! Aus unterschiedlichen sozialen Umfeldern kommend, können sich das viele Eltern nicht mehr leisten. Daher denken wir, dass gerade in diesem Bereich diese zwei Stunden eingesetzt werden können, ja eingesetzt werden müssen. Wir vom BZÖ haben bereits ein Modell im Parlament eingebracht. (Beifall beim BZÖ.)

Wir sagen Ja zu mehr Zeit für unsere Kinder, für unsere Jugend, wenn durch ein wir­kungsvolles Investitionsprogramm und bauliche Maßnahmen der Arbeitsplatz des Leh­rers wirklich in der Schule ist und nicht nur während der Unterrichtszeit, sondern auch für Vorbereitung und Nachbereitung! Das ist derzeit nicht möglich. Und wenn es heißt, 600 Millionen € mehr für diese Maßnahmen, dann frage ich mich: Wann kommen diese Maßnahmen endlich an, wann spüren es auch die Schulen, dass sich daran etwas än­dert?

Wir sagen auch Ja zu mehr Zeit im Unterricht mit den Schülern, wenn eine klare Tren­nung zwischen Schulverwaltung und pädagogischer Arbeit gegeben ist. Das heißt,


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dass Lehrer befreit sein sollen von administrativen Arbeiten – und dass sich das Sys­tem hinentwickelt zu einem effizienten Schulmanagement. Es kommt ja nicht von unge­fähr, dass in einer Studie festgehalten wird, dass in Österreich die Lehrer in etwa nur die Hälfte ihrer Arbeitszeit mit den Schülern verbringen. Das kann es doch nicht sein! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Mag. Stadler: Unglaublich!)

Daher, meine Damen und Herren: Die Diskussion um die zwei Stunden mehr Arbeit für Lehrer und Lehrerinnen zeigt eines ganz klar: nämlich, dass wir echte Probleme in un­serem Bildungssystem haben, dass es zu teuer und zu wenig effizient ist! Die Perso­nalkosten steigen ständig, die Hälfte des Bildungsbudgets wird schon für Personal ver­wendet. Diese Diskussion zeigt weiters, dass das Bildungssystem dergestalt ist, dass zu wenig oder zu spät integriert wird – wir sehen das an den Sprachdefiziten –, dass zu früh selektiert wird und dass die Schule nach wie vor eine ideologische Spielwiese ist, dass sie geprägt ist von Blockade, statt dass sie Antworten auf die Zukunft gibt.

Frau Bundesministerin, ich bitte Sie, rudern Sie nicht wieder zurück, sondern setzen Sie wirklich Reformen! Wann, wenn nicht jetzt? Und wenn Sie die richtigen Schritte set­zen, dann werden Sie unsere Unterstützung haben. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

9.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Wal­ser. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


9.45.47

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Es ist schon einigermaßen vermessen, was Kolle­ge Amon hier zum Besten gibt, zumal es die ÖVP war, die die jetzige Situation im Bil­dungsbereich verschuldet hat. Es waren die bleiernen Jahre unter Ministerin Gehrer, es waren mehr als zehn Jahre Bildungsverweigerung, es waren mehr als zehn Jahre Kaputtsparen des Bildungssystems, die die jetzige Situation herbeigeführt haben. (Bei­fall bei den Grünen. – Abg. Hornek: Das ist ja blanker Unsinn, was Sie hier be­haupten!)

Da sich jetzt herauszustellen und zu jammern, dass keine Reformen gemacht werden, das, bitte, Herr Kollege Amon, geht nicht, das können wir Ihnen nicht durchgehen lassen!

Wir brauchen Bündnispartner an der Schule, Herr Klubobmann Cap. – Er ist gerade am Telefonieren und kann nicht zuhören. – Wir brauchen Bündnispartner, da haben Sie vollkommen recht. So wie es jetzt abläuft in der Regierung, Frau Ministerin – und das ist der große Vorwurf, den wir Ihnen machen –, finden Sie leider keine Bündnis­partner. Wir brauchen sie unter den Schülerinnen und Schülern zuvorderst, denn um diese geht es bitte. (Beifall bei den Grünen.)

Wir brauchen Bündnispartner unter den Eltern, wir brauchen sie aber natürlich auch unter den Lehrerinnen und Lehrern an den Schulen. Und Sie, Herr Kollege Neuge­bauer, sind Hauptverantwortlicher für dieses schlechte Bild, das jetzt in den Medien von den Lehrerinnen und Lehrern gezeichnet wird. Dafür sind Sie verantwortlich mit Blockadepolitik, mit „Nein, nein, nein!“, wenn es um Reformen in den letzten Jahren ge­gangen ist. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Neugebauer: Das ist aber keine Reform! Wo ist denn da eine Reform?)

Jetzt einen Solidarbeitrag ausgerechnet von einer Berufsgruppe zu fordern, das kann doch nicht Ihr Ernst sein, Frau Ministerin! 10 Prozent mehr Arbeitszeit, damit sollen die Lehrerinnen und Lehrer die Reformen bezahlen. Das kann doch nicht sein! Müssen die Ärzte künftig auch auf 10 Prozent Einkommen verzichten, um das Gesundheitssystem


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zu sanieren? Wie ist es mit den anderen Berufsgruppen? Es waren die Banker, es wa­ren die Zocker an den Börsen, die die jetzige Krise verursacht haben – und nicht die Lehrerinnen und Lehrer! So geht es nicht! (Beifall bei den Grünen.)

Was wir von Ihnen hören, sind Ankündigungen. Frau Ministerin, ich attestiere Ihnen: Sie haben viele Probleme im Bildungssystem richtig erkannt, und Sie weisen auch in vielerlei Hinsicht auf Reformmöglichkeiten hin. Nur: Was wir hören, sind Ankündigun­gen, was wir hören, sind keine wirklichen Maßnahmen! Ich verstehe schon, wenn sich die ÖVP erste Reihe fußfrei zurücklehnt, ist sie doch Verursacher der Krise, der Haupt­verursacher. Herr Minister Pröll nennt dieses Problem ein „Zwutschkerlproblem“. Ich habe nachgeschaut, was das bedeutet; man braucht ein Etymologisches Wörterbuch dazu. Es ist kein „Zwutschkerlproblem“, es ist ein Riesenproblem, das wir momentan in unserem Bildungssystem haben, und es wäre nett, wenn sich die Verantwortlichen die­sem auch stellen würden.

Wir haben in diesem Schulsystem vor allem auch ein soziales Problem. Bildung wird in Österreich nach wie vor „vererbt“: Wenn die Eltern nur einen Pflichtschulabschluss haben, dann ist die Chance eines Kindes, in die Unterstufe der AHS zu kommen, bei 10 Prozent; wenn die Eltern Akademiker sind, liegt diese Chance bei 79 Prozent.

Meine Damen und Herren! Österreich ist inzwischen in Europa nach Deutschland jenes Land, das ein Schulsystem hat, das sozial am selektivsten ist. Das heißt, den Reichen wird in diesem Land weiter gegeben, den Armen wird genommen. Kinder aus nicht pri­vilegierten Schichten haben in diesem Schulsystem keine Chancen. Da müssen wir den Hebel ansetzen, da müssen wir endlich etwas tun, denn die Probleme werden massiver, werden größer! (Beifall bei den Grünen.)

Frau Ministerin, ich weiß schon, es ist schwer, mit dem Herrn Finanzminister zu ver­handeln. Kollege Cap hat heute schon das 18. Jahrhundert zitiert. Ich möchte aus dem 19. Jahrhundert zitieren. Da hat der Finanzminister in Dänemark eine Erhöhung des Bildungsetats abgelehnt. Der damalige dänische König Christian VIII. ist auf ihn zuge­gangen und hat gesagt:

Arm und elend sind wir, aber wenn wir jetzt auch noch dumm werden, können wir auf­hören, ein Staat zu sein!

In dieser Situation sind wir in Österreich, fürchte ich, demnächst auch. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

9.50


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


9.50.38

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Ich bin ja wirklich überrascht und froh über den Verlauf dieser Debatte, denn wir können auf jeden Fall festhalten, dass es einen breiten Konsens in diesem Haus darüber gibt, wo­rum es eigentlich geht, nämlich, dass wir uns einig sind darüber, dass wir miteinander die besten Chancen für unsere Kinder schaffen wollen (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP), dass wir – und das sei von dieser Stelle aus auch noch ein­mal betont – in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die Verantwortung haben, für unsere Kinder gemeinsam dafür zu sorgen, dass sie das beste Fundament und die beste Aus­stattung für ihr Leben bekommen – durch unser Bildungssystem. Das ist die gemeinsa­me Verantwortung, die wir haben!

Da muss man den ganzen Bogen betrachten, um den es geht. Es geht nicht nur um die Schule; auch ganz wichtig. Es beginnt im Bereich der frühkindlichen Förderung vor


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der Schule, und es geht auch um den Bereich nach der Schule. Es geht darum, im frühkindlichen Bereich schon spielerisch zu fördern, in den Schulen die besten Bedin­gungen zu schaffen, den freien Hochschulzugang zu sichern und die besten Studien­bedingungen herbeizuführen.

Weil aus meiner Sicht der frühkindliche Bereich manchmal unterschätzt wird, der aber so wichtig ist, bin ich besonders froh und halte das für einen politischen Meilenstein, dass der Wiener Bürgermeister jetzt bekanntgegeben hat, dass künftig in Wien alle Kinder den kostenlosen Zugang zum Kindergarten haben werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Drei Jahre gibt es das in Kärnten schon! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und BZÖ.)

Auch wenn Ihnen das nicht gefällt! Ich verstehe es zwar nicht, sehr geehrte Damen und Herren, denn ich halte das für einen wichtigen Meilenstein. Es geht darum, dass alle Kinder ganztägig einen kostenlosen Kindergartenplatz haben, und das flächen­deckend. Wien hat da wie so oft eine wichtige Vorreiterfunktion, und Sie werden sehen, das Modell wird sich durchsetzen. (Beifall bei der SPÖ. – Widerspruch bei ÖVP und BZÖ.)

Worüber ich auch froh bin, ist, dass wir in den Regierungsverhandlungen gemeinsam mit Kollegin Marek vereinbart haben, dass wir auch bundesweit einen wichtigen Schritt setzen wollen, nämlich das Jahr vor der Schule allen Kindern kostenlos zugänglich zu machen, um die entsprechende Förderung zu haben. (Abg. Ursula Haubner: Das gibt es auch schon in Kärnten!)

Jetzt zum Thema Schule. – Hier steht die Frau Bundesministerin Schmied nach vielen, vielen, vielen Jahren des Stillstands, des beklemmenden Stillstands; das ist vorhin schon erwähnt worden. (Abg. Ursula Haubner: Ja, die letzten drei Jahre!) Frau Bun­desministerin Schmied kam vor ungefähr zwei Jahren und sagte: Jetzt krempeln wir die Ärmel hoch – Aufbruch! Jetzt verbessern wir die Situation an den Schulen, wir machen kleinere Klassen, wir machen mehr Förderung für die Kinder, mehr Sprachförderung, bessere Nachmittagsbetreuung! (Abg. Hornek: Wie lange ist die Frau Minister schon Minister?)

Sie haben das ja auch wahrgenommen, nicht nur ich: Es hat ein wirkliches Aufatmen in den Schulen gegeben! Die Lehrer und Lehrerinnen haben gesagt: Endlich geht etwas weiter! Die Lehrer und Lehrerinnen waren das, die ja wirklich mit den Kindern arbeiten wollen.

Jetzt sagt die Frau Bundesministerin: Wir haben budgetpolitisch schwierige Zeiten, wir brauchen die Lehrer und Lehrerinnen zwei Stunden länger, also mehr von ihrer Ar­beitszeit, in den Klassen! – Jawohl, dort brauchen wir die Lehrer! Wir brauchen die Lehrer und Lehrerinnen bei den Kindern, damit sie mit ihnen arbeiten können!

Ich gebe zu, ich verstehe die Lehrer und Lehrerinnen, dass da einmal kurz eine Schrecksekunde eintritt, dass die sagen: Was passiert da jetzt? Aber Sie alle und ich wissen, es gibt viele, viele sehr engagierte Lehrer und Lehrerinnen, die sagen: Schau­en wir uns das einmal an! Worum geht es da? Wir wollen das Beste für unsere Schüler und Schülerinnen!

Was ich allerdings für hoch problematisch halte – das muss ich hier ganz ehrlich sa­gen –, ist das Agieren der Spitzen der Lehrergewerkschaft in den letzten Wochen, und zwar nicht nur der Ministerin gegenüber. Da sage ich Ihnen ehrlich: Das gefällt mir zwar nicht immer, aber die Ministerin ist eine starke Frau, die steht wie ein Fels in der Brandung! (Beifall bei der SPÖ.)

Was ich längerfristig für sehr bedenklich halte am Agieren der Spitzen der Lehrerge­werkschaft, ist, dass sie den eigenen Leuten mit ihrem Auftreten schaden, weil sie den


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Eindruck erwecken, der nicht stimmt, dass die Lehrer und Lehrerinnen immer nur sofort abblocken und zu allem Nein sagen, dass ihre Einstellung ist: Wir denken nur an uns, und die Kinder sind uns gleich! Doch das stimmt ja überhaupt nicht, aber durch dieses Auftreten wird die Wahrnehmung in der Bevölkerung genau in diese Richtung produ­ziert.

Daher von dieser Stelle aus ein ganz ehrlich gemeinter dringender Appell an die Spit­zen der Lehrergewerkschaft: Denken Sie an die Leute, an die engagierten Lehrer und Lehrerinnen, die Sie zu vertreten haben, und führen Sie konstruktive Verhandlungen im Sinne Ihrer Klientel! (Beifall bei der SPÖ.)

9.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Abgeordnete Mag. Corto­lezis-Schlager. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


9.56.03

Abgeordnete Mag. Katharina Cortolezis-Schlager (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! So viel Einigkeit, wie es heute in diesem Raum zum Thema „die Kinder in den Mittelpunkt rü­cken“ gibt, hat es schon lange nicht gegeben. Ich glaube, das sollten wir an diesem heutigen Tag feiern, dass wir nicht Chaos haben, sondern geordnete politische Zustän­de und dass wir als gemeinsames Oberziel haben: Wie können wir unsere Kinder ge­meinsam bestmöglich fördern? (Beifall bei der ÖVP.)

Bildungsreformen begannen nicht im Jahr 2006, sondern Bildungsreformen begannen, wie manche Vorredner, auch Klubobmann Cap, gesagt haben, bereits unter Maria The­resia sehr nachhaltig. Auch Bundesministerin Gehrer stand zehn Jahre lang für zahlrei­che Bildungsreformen. (Beifall bei der ÖVP. – Widerspruch bei SPÖ und Grünen.) Ich möchte Ihnen daher, auch wenn Sie es nicht gern hören, die Erfolgsbilanz zugänglich machen. (Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.) – Ich weiß, zuhören ist schwierig, und das fällt auch der Bundesministerin manchmal schwer, wenn es um die Interessen der Lehrer und Lehrerinnen geht. Aber auch Abgeordnete sollten ein Vorbild für unsere Schülerinnen und Schüler sein. Zuhören will gelernt sein!

Ich sage Ihnen, dass das Bildungssystem unter anderem daran zu messen ist, wie sehr der Stellenwert von lebenslangem Lernen steigt. Denn, wie Kollegin Kuntzl schon gesagt hat, es endet die Bildung nicht mit der Schule, sondern sie beginnt eigentlich am Ende der Schule mit lebenslangem Lernen, denn Wissen veraltet heute sehr rasch. Unser Bildungssystem zeigt auf, dass die Österreicher europaweit spitze sind, was das lebenslange Lernen betrifft. (Abg. Öllinger: Das ist ja völlig jenseitig, was Sie da sa­gen!) Das heißt, unsere Schülerinnen und Schüler entdecken die Neugier, die Freude am Lernen, am lebenslangen Lernen. (Weitere Zwischenrufe bei Grünen und BZÖ.)

Ich weiß, das ist schwierig, Kollege Stadler, aber halten Sie sich an die Spielregeln des Zuhörens!

81,5 Prozent der Bevölkerung haben einen Sekundarabschluss II. Das ist einer der höchsten Werte in ganz Europa! Und da reden Sie von Chaos!? Ich nenne das Spit­zenqualität, die wir weiter stärken und ausbauen müssen! (Beifall bei der ÖVP. – Zwi­schenruf des Abg. Ing. Westenthaler.)

Unsere Lehrerinnen und Lehrer sind ein besseres Vorbild im Zuhören als Sie, Herr Kol­lege! Ein besseres Vorbild. Ich möchte mich bei unseren Lehrerinnen und Lehrern herzlich bedanken, dass sie nicht so ein Durcheinander in ihrem Klassenzimmer ha­ben, wie wir es heute hier im Parlament haben. In unseren Klassenzimmern ist Ord­nung, ist Miteinander-Reden, ist Miteinander-Lernen angesagt – und nicht das Durch­einander, das hier im Parlament herrscht! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei FPÖ, BZÖ und Grünen.)


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Frau Bundesministerin, ich sehe schon, bei so vielen verschiedenen Meinungen ist es schwierig, den Dialog zu gestalten, weil auch hier im Parlament das Vorbild nicht im­mer vorhanden ist, aber Zuhören ist notwendig, um die Vorschläge der Lehrerinnen und Lehrer kennenzulernen.

Es gibt zahlreiche Vorschläge, die bei mir und bei vielen anderen Kolleginnen in den letzten Tagen eingegangen sind, und wir alle sind uns einig darüber, dass unsere Schülerinnen und Schüler aufgrund veränderter Verhältnisse mehr Betreuung brau­chen.

Einer der Vorschläge könnte es auch sein, die Unterrichtsstunde von 50 Minuten auf 55 Minuten anzuheben; das wäre einmal zu erproben. (Abg. Dr. Haimbuchner: Wow! Das ist eine „Reform“!) Diese Anhebung von 10 Minuten ergäbe im Laufe einer Woche zweieinhalb Stunden mehr Unterrichtszeit. Das wäre eine Form von Solidarbeitrag der Lehrerinnen und Lehrer, die nicht auf Ersparnis hinauslaufen würde, sondern auf mehr Bildungsangebot, das mehr Gruppenangebot, mehr Projektarbeit und mehr Präsenta­tion ermöglichen würde. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, es gibt viele Vorschläge, aber diese Vorschläge können nicht in erster Linie hier im Parlament durchgearbeitet werden, sondern dafür braucht es einen Dialog – einen Dialog aller Schulpartner! Daher bitte ich Sie, Frau Bundesmi­nisterin, mit allen Schulpartnern den Dialog zu suchen.

Da ich heute lesen musste, dass Bundeskanzler Faymann sagte, was die Gewerk­schaften sagen, das sei ihm egal, um die Gewerkschaften gehe es da nicht, muss ich sagen: Es geht um die Lehrervertreter in der Schulpartnerschaft! Es geht um lebendige Schulpartnerschaft zwischen Schülern, Eltern und Lehrern!

Daher mein Appell: Gestalten Sie diesen Dialog miteinander – und nicht gegeneinan­der! Dann werden wir den Erfolgskurs in der Bildung, der durch uns eingeleitet worden ist, auch fortsetzen können. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Da ist die Gehrer noch fortschrittlicher gewesen! Wir wollen wieder die Gehrer!)

10.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Unterrei­ner zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.01.42

Abgeordnete Mag. Heidemarie Unterreiner (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Wenige Monate nach einem Wahlkampf, in dem Sie, Herr Bun­deskanzler, als einzige politische Vision auf Plakaten „genug gestritten“ kundgetan ha­ben, ist die rot-schwarze Regierung in Grabenkämpfe verwickelt, und zwar in Graben­kämpfe, die an die Substanz gehen.

Wir haben auf der einen Seite Sie, Frau Ministerin, die ein gesellschaftspolitisches Konzept, den sozialistischen Bildungstraum „Gesamtschule“ – und ich sage jetzt be­wusst „Gesamtschule“ – umgesetzt haben will, und auf der anderen Seite eine Partei, die stets nur die Interessen ihrer eigenen Klientel im Auge hat und deswegen notwen­dige Reformen blockiert.

Es scheint so zu sein, Frau Ministerin Schmied, dass Sie mehr „Gesamtschule“ wollen, als Sie mit der ÖVP ausgemacht haben, oder dass Finanzminister Pröll gesagt hat: „Gesamtschule“ schon!, aber jetzt weniger Geld hergibt, als zuvor vereinbart.

Es gibt viele berechtigte Reformvorschläge im Bildungsbereich, angefangen von der Rücknahme der umstrittenen Stundenkürzungen unter Ministerin Gehrer, die auf dem Rücken der Kinder ausgetragen wurden und die damals von den Sozialdemokraten ve­hementest kritisiert wurden, die aber jetzt von Ihnen, Frau Ministerin, nicht zurückge­nommen wurden.


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Weiters: Verbesserungen der miserablen Bedingungen der Lehrer. – Die Arbeitsbedin­gungen der Lehrer sind wirklich schwierig, und da muss unbedingt etwas gemacht wer­den. (Beifall bei der FPÖ.)

Oder – für mich als Kulturpolitikerin besonders notwendig und besonders wichtig –: die Verstärkung der musischen Fächer, denn genau die musischen Fächer sind für die Persönlichkeitsbildung junger Menschen von enormer Bedeutung.

Ferner die von uns Freiheitlichen seit Jahrzehnten – wirklich seit Jahrzehnten! – gefor­derten Deutschkenntnisse der Zuwandererkinder. Das ist ein Mangel, sehr geehrte Da­men und Herren, dessen dramatische Folgen das gesamte Bildungssystem finanziell und strukturell aus den Fugen geraten lässt. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie verfolgen jedoch ein einziges Vorhaben, nämlich die Arbeitszeit der Lehrer zu erhö­hen. Das ist eine singuläre Maßnahme, über die man diskutieren kann, aber die man nicht isoliert betrachten kann und die vor allem, so meine ich, kein Vorwand sein soll, über die Hintertür die Gesamtschule einzuführen. Aber das ist anscheinend Ihr Ziel. Ich nehme an, dafür war zu wenig Geld da, und das kann man jetzt nicht anders finanzie­ren.

Sehr geehrte Frau Minister, Sie behaupten zwar immer, dass der Löwenanteil des Bil­dungsbudgets für die Reduzierung der Schülerzahlen in den Schulklassen gebraucht werde – das wäre eine gute Sache! –, aber es gibt noch keine genauen Budgetzahlen. Und da diese noch nicht bekannt sind, könnte es wirklich gut möglich sein, dass nun Ihr Prestigeprojekt „Gesamtschule“ auf die Reise geschickt wird.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir Freiheitlichen sind für eine Reform, bei der es nur Gewinner, aber keine Verlierer gibt. Wir wollen das bestehende Schulsystem opti­mieren und die Schule nicht zum gesellschaftlichen Experimentierfeld machen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich weiß nicht, wer von Ihnen vor einigen Wochen die Diskussion im „Club 2“ verfolgen konnte. Da hat doch die Filmemacherin Ruth Beckermann allen Ernstes gesagt, man müsste so rasch wie möglich eine Gesamtschule einführen, um die Kinder vor ihren al­koholkranken Eltern zu schützen. (Ironische Heiterkeit bei der FPÖ. – Abg. Strache: Das ist eine Sauerei gewesen!) Diese Art von Umerziehung lehnen wir ab! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir von der FPÖ fordern nicht nur singuläre Maßnahmen, sondern ein Gesamtpaket, das die bestmögliche Bildung unserer Jugend im Auge hat! (Beifall bei der FPÖ.)

10.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Ing. Westen­thaler zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.06.13

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist unglaublich, wie sich die Frau Kollegin Kuntzl hier brüstet, weil der Bürgermeister von Wien, dessen mit Millionen an Steuergeldern geschaltete Inserate sie unterstützt, jetzt draufgekom­men ist, dass der Gratiskindergarten kommen sollte.

Ich darf Sie erinnern, Frau Kollegin Kuntzl, dass das BZÖ in Kärnten unter Landes­hauptmann Jörg Haider den Gratiskindergarten bereits vor drei Jahren eingerichtet hat. Guten Morgen nach Wien! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Strache: Das war die FPÖ! Aber macht nichts! – Abg. Dr. Graf: Da hat es das BZÖ gar noch nicht gegeben!) Aber es ist ja durchaus gut, wenn auch die Bundeshauptstadt Wien einmal vom „Modell Kärnten“ lernt. – Das zum Ersten.


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Zum Zweiten: Klubobmann Cap hat hier am Rednerpult gesagt: Das Wichtigste sind die Kinder!, und den Vogel abgeschossen hat überhaupt die Frau Abgeordnete Corto­lezis-Schlager, die feiern will – die will heute feiern! –, weil Sie meint, dass alle die Kin­der so in den Mittelpunkt stellen.

Haben Sie schon vergessen, Herr Kollege Cap und Frau Kollegin Cortolezis-Schlager, der Ihnen heute so zum Feiern zumute ist, was morgen überhaupt stattfindet? Ist das schon aus Ihrem Gedächtnis? – Ich habe es nicht vergessen! Denn: Meine Tochter geht in die zweite Klasse Gymnasium (Zwischenrufe bei den Grünen) und hätte mor­gen in der ersten Stunde – hören Sie gut zu, Herr Öllinger! – Mathematikschularbeit, auf die sie sich mit ihren Klassenkolleginnen sehr gut vorbereitet hat. Diese Schularbeit musste zunächst abgesagt werden, und nun wurde sie gestern in die dritte Unterrichts­stunde verlegt; dafür entfällt aber die Deutsch-Stunde.

Ich frage Sie: Das ist „Kind in den Mittelpunkt stellen“, wenn morgen Schülerinnen und Schüler Schulstunden verlieren, letztlich auch Ausbildung verlieren? Da steht nicht das Kind im Mittelpunkt, sondern da greift eine Benachteiligung unserer Kinder Platz! Das findet morgen statt, weil sich Regierung und Gewerkschaft nicht einigen können. (Bei­fall beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Walser.)

Frau Ministerin, es muss aufhören, dass die Schule zum permanenten Versuchsfeld wird. Sie haben von uns in den letzten Tagen Rückenstärkung bekommen, weil Sie sie offenbar brauchen. Drohen Sie nicht mit dem Rücktritt, sondern vollziehen Sie ihn, wenn Sie nicht in der Lage sind, die Reformen umzusetzen! Dann macht das eben ein anderer, aber drohen Sie nicht mit dem Rücktritt! (Beifall beim BZÖ.)

Kommen Sie jetzt nicht aus Angst vor der „Beton-Fraktion“ in der ÖVP-Gewerkschaft daher und sagen: Na versuchen wir es einmal befristet auf zwei Jahre!– Wir sagen: Es muss Schluss sein mit dem permanenten Schulversuch! Ziehen Sie diese Umschich­tung von zwei Stunden, wo Lehrer nur zwei Stunden länger in der Klasse stehen müs­sen – nicht länger arbeiten, sondern in der Klasse länger stehen müssen – einfach durch! Dann haben Sie unsere Unterstützung, Frau Ministerin. (Beifall beim BZÖ.)

Damit bin ich bei der „Beton-Fraktion“ der schwarzen Lehrergewerkschafter und muss sagen: Die sind ja wirklich nicht zu begreifen! Der Oberste Sowjet in der Sowjetunion war ein Ausbund an Reformfreudigkeit und Modernisierungsstärke im Vergleich zu den schwarzen Lehrergewerkschaftern. Das ist ja unglaublich, was sich dort abspielt! (Bei­fall beim BZÖ.)

Wer gestern im TV den „Report“ gesehen hat, wo man Gott sei Dank all diese Lehrer­gewerkschafter einmal vorgeführt hat – und es hat schon einen Grund, warum der Herr Neugebauer heute zu diesem Thema hier nicht spricht, sich heute dazu nicht zu Wort meldet; er ist jetzt auch gar nicht hier, weil das peinlich ist, was seine Lehrergewerk­schafter gestern im „Report“ von sich gegeben haben –, der konnte erfahren, wie die Arbeitszeit der Lehrer aussieht. Diese Lehrergewerkschafter wurden nämlich dort ge­fragt, wie das bei den Lehrern ist. Und die Antwort lautete: Die Lehrer haben neun Wo­chen Sommerferien, zwei Wochen Weihnachtsferien, eineinhalb Wochen Osterferien und eine Woche Semesterferien. Sie kommen im Jahr auf vier Monate Ferien.

Danach kam die Frage: Und was macht Ihr denn da dagegen? – Darauf hat ein Lehrer­gewerkschafter – ich zitiere ihn jetzt wortwörtlich – gestern im „Report“ gesagt, er gibt es zu, es gibt Sommer-, Semester-, Oster- und Weihnachtsferien, aber was sollen die Lehrer im Klassenzimmer denn machen, wenn die Kinder nicht da sind? (Ironische Hei­terkeit beim BZÖ.)

Das war die Antwort eines Lehrergewerkschafters! Und jetzt streiten wir um zwei Un­terrichtsstunden, um zwei Stunden mehr Anwesenheit der Lehrer bei den Kindern – bei dieser Menge an Schulferien!


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Ich frage mich schön langsam wirklich – gerichtet an die „Beton-Fraktion“ der ÖVP-Lehrervertreter –: Was denkt sich eigentlich heute bei dieser Diskussion über zwei Stunden mehr Anwesenheit der Lehrer im Klassenzimmer bei gleichem Lohn ein Ar­beitnehmer, der gezwungen ist, durch Kurzarbeit weniger arbeiten zu müssen, und der weniger verdient, damit er seinen Job behalten kann? Was denkt sich der bei dieser Diskussion? (Beifall beim BZÖ.)

Was denkt sich bei der Diskussion „zwei Stunden mehr Unterrichtszeit für die Lehrer“ ein Kleingewerbetreibender? Was denkt sich dabei ein kleiner Unternehmer? Was denkt sich dabei ein Facharbeiter? Was denken sich dabei all jene, die um die Existenz ihrer Betriebe kämpfen, die darum kämpfen, dass sie ihren Arbeitsplatz erhalten?

Was denken sich diese Leute dabei, wenn die „Betonschädeln“ in der ÖVP-Fraktion je­de Reform zu verhindern versuchen? (He-Rufe bei der ÖVP.) Das ist eigentlich ein Skandal, was die ÖVP hier aufführt, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Es ist wirklich eine Schande, dass wir eins zu eins von der Wirtschaftskrise in eine Bil­dungskrise kommen. Frau Ministerin, nicht nur Konjunkturpakete für die Wirtschaft sind uns wichtig, sondern auch ein Konjunkturpaket für die Schule und für die Bildung ist einmal angesagt.

Frau Ministerin Schmied, ziehen Sie Ihr Vorhaben durch, Sie haben dabei unsere Un­terstützung – statt nur auf die Lehrer zu schimpfen, denn auch das ist falsch! Die Leh­rer brauchen ein adäquates Umfeld und vor allem leistungsorientierte Gehaltssysteme.

Nur alles einzubetonieren gemeinsam mit der ÖVP und nur ja nichts zu reformieren, das ist der falsche Weg; das ist der Holzweg! Wir brauchen vielmehr eine Schulreform, eine Bildungsreform in diesem Land, die die Kinder wirklich ins Zentrum stellt und nicht nur Alibiaktionen vom Stapel lässt. Das ist wichtig! (Beifall beim BZÖ.)

10.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Westenthaler, für den Aus­druck „Betonschädel“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Abg. Ing. Westenthaler: Für die Wahrheit nehme ich gerne einen Ordnungsruf entgegen! – Abg. Grosz – in Richtung Präsidium –: Das bleibt trotzdem die Wahrheit!)

Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.11.32

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Frau Ministerin! Herr Bundeskanzler! Zu­erst kurz zum Kollegen Westenthaler. – Herr Kollege Westenthaler, was Sie hier auf­führen, entbehrt wirklich jeglichen Sinnes. Sie gehen her und machen die Lehrerinnen und Lehrer zu Sündenböcken für etwas, was hier passiert. Das ist wohl wirklich der fal­sche Weg! (Abg. Ing. Westenthaler: Die Gewerkschaft!) Es geht um Qualitätsverbes­serung, und da geht es um strukturelle Verbesserung und nicht darum, zu sagen, die Lehrer und die Lehrerinnen sind faul. Das ist wirklich das Letzte! (Beifall bei den Grü­nen. – Abg. Grosz: Zuhören!)

Aber insgesamt ist das, was wir hier erleben, doch wohl ein „Regierungsschauspiel“ der besonderen Art. Der Kuschelkurs ist jetzt tatsächlich vorbei, und die angesagte Harmonie ist auch vorbei. Oder wundert es Sie, dass auf der Regierungsbank jetzt nur Vertreter und Vertreterinnen der Sozialdemokraten sitzen?

Die ÖVP sagt: Uns geht das nichts an. – Das finde ich wirklich dramatisch angesichts der Bildungssituation, die wir in Österreich haben!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 51

Aber genauso dramatisch finde ich die Aussage der Kollegin Cortolezis-Schlager, die hier sagt, sie wünscht sich eigentlich die Ministerin Gehrer wieder herbei.

Frau Cortolezis-Schlager, Sie waren in den letzten Jahren nicht im Bundesbereich tä­tig, Sie haben das daher nicht verhindert, aber die ÖVP und die Ministerin Gehrer wa­ren die Verhinderer einer Reform der Bildungspolitik im letzten Jahrzehnt! (Beifall bei den Grünen.)

Verhindert hat die ÖVP so etwas wie eine Gesamtschule, die tatsächlich mehr Bil­dungschancen bringen würde und, wie auch mein Kollege Walser schon gesagt hat, endlich dazu beitragen würde, dass es in Österreich nicht so eine starke Selektion zwi­schen Kindern von Reichen und Kindern von Armen gäbe, sondern dass alle dieselben Chancen hätten. Das hat die ÖVP über Jahre verhindert!

Jetzt ist es der Finanzminister Pröll, der das verhindert. Wie hat er es doch gesagt? Ein „Zwutschkerlproblem“ ist das. – Der Vizekanzler erkennt nicht, was hier tatsächlich los ist.

Es muss jetzt endlich mehr Geld in den Bildungsbereich investiert werden. Jetzt zu sa­gen: Wir brauchen ein Sparprogramm!, das geht nicht. Gerade in Zeiten der Krise muss in Bildung investiert werden. Haben Sie das immer noch nicht kapiert? Man kann jetzt nicht einfach sagen: Wir müssen sparen, sparen, sparen! – und dazu kommt noch die Ministerin Schmied mit einem Vorschlag, der nicht wirklich sinnvoll ist.

Wenn die ÖVP nun zu meinem Erstaunen sagt – der Herr Bildungssprecher Amon hat das vorhin gemacht –, sie ist die „soziale Integrationspartei“, dann muss ich sagen: Herr Kollege Amon und meine Damen und Herren von der ÖVP, der Weihrauch gehört in die Kirche, aber nicht in das Parlament! Solch eine Selbstbeweihräucherung ist wirk­lich nur mehr lächerlich. (Beifall bei den Grünen.)

Ein weiterer Punkt: Im Jahr 2000 war die ÖVP an der Regierung. Damals wurde im europäischen Rahmen die Lissabon-Strategie beschlossen. Erinnern Sie sich noch da­ran? Wissen Sie, was da drinnen gestanden ist? – Da stand drinnen, dass, um im inter­nationalen Wettbewerb zu bestehen, die EU der stärkste wissensbasierte Raum der Welt werden soll, und zwar bis 2010. 2010 ist schon nächstes Jahr. Aber was ist dies­bezüglich bisher geschehen? – Nichts! Österreich hat diesem Ansatz beziehungsweise der Notwendigkeit, in Bildung zu investieren, über die Jahre keine Bedeutung beige­messen.

Es sind vor allem die Ministerin Gehrer und die ÖVP schuld daran, dass es jetzt im Bil­dungsbereich immer noch so große Probleme gibt, dass Österreich beim PISA-Test so schlecht abgeschnitten hat. Wo waren Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, denn die ganzen Jahre? Sie waren an der Regierung, haben aber im Bildungsbereich nichts gemacht. Sie haben nichts dazu beigetragen, diese europäischen Ziele zu errei­chen. (Beifall bei den Grünen.)

Österreich schneidet hier ganz schlecht ab, und jetzt herzugehen und die Ministerin Schmied im Regen stehen zu lassen – wobei ich sagen muss, dass wir Grünen die Vorschläge, die sie macht, nicht teilen –, das ist wirklich das Letzte. Wie wollen Sie so Wissen und Bildung fördern in einer Welt, wo Menschen nur dann Chancen haben, wenn sie Bildung haben? Wie wollen Sie denn das machen? Mit dem Slogan: Kürzen, kürzen, kürzen, sparen, sparen, sparen!?

Die Lehrerinnen und Lehrer haben in der Schule nicht einmal einen eigenen Arbeits­platz. Wie soll denn das gehen? Das ist nicht möglich! Wir fordern daher von Ihnen massive Investitionen in die Bildung. Nur so ist es möglich, tatsächlich die Basis dafür zu schaffen, dass alle Kinder in diesem Land dieselben Chancen haben – egal, ob sie Deutsch als Muttersprache haben oder eine andere; egal, ob die Eltern reich oder arm


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sind. Das bedeutet Investitionen in die Bildung. Und das ist notwendig, um in diesem Europa und in dieser Welt zu bestehen. (Beifall bei den Grünen.)

Genauso wie Bildung ein Gebot der Stunde ist, ist es auch notwendig, dazu beizutra­gen, dass in diesem Europa mehr soziale Sicherheit einzieht, dass dieses Europa tat­sächlich sozialer gestaltet wird. Da gehört auch Bildung dazu. In diesem Zusammen­hang ist es schon mehr als seltsam und zu kritisieren, dass eine Partei wie die Sozial­demokratische Partei Österreichs, deren Vorsitzender jetzt auch Kanzler ist, davon Ab­stand genommen hat, noch bevor die Europawahl überhaupt geschlagen ist, einen Kommissar oder eine Kommissarin zu benennen, um dieses Europa sozialer zu gestal­ten.

Die SPÖ hat in der Europapolitik völlig abgedankt, und die ÖVP ist die „Bildungsverhin­dererpartei“ – also wir haben eine Koalition der Verhinderer. Leider! (Beifall bei den Grünen.)

10.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

10.17.01Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsge­genstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsord­nung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 1093/J bis 1260/J;

Zurückziehungen: 804/J und 1092/J;

Schriftliche Anfrage an die Präsidentin des Nationalrates: 4/JPR;

2. Anfragebeantwortungen: 544/AB bis 623/AB;

Anfragebeantwortung (Präsidentin des Nationalrates): 2/ABPR;

3. Initiativanträge: Zurückziehung: 78/A;

4. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird (105 d.B.),

12. Ärztegesetz-Novelle (149 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Blutsicherheitsgesetz 1999 geändert wird (153 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bäderhygienegesetz geändert wird (154 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Gewebesicherheitsgesetz, das Arzneiwareneinfuhrgesetz 2002 und das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsge­setz geändert werden (155 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Gaswirtschaftsgesetz geändert wird (156 d.B.).

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:


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Budgetausschuss:

Monatserfolg Jänner 2009, vorgelegt vom Bundesminister für Finanzen (Vorla-
ge 10 BA);

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 16 betreffend „Neues Geld“, überreicht von der Abgeordneten Carmen Gar­telgruber,

Petition Nr. 17 betreffend „Verlängerung der U-Bahn (U6) nach Mödling“, überreicht vom Abgeordneten Ing. Christian Höbart,

Petition Nr. 18 betreffend „Gentechnikfreies Osttirol“, überreicht von den Abgeordneten Gerhard Huber und Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber,

Petition Nr. 19 betreffend „Kinderrechte in die Bundesverfassung – initiiert von den oö. Kinderfreunden“, überreicht von den Abgeordneten Sonja Ablinger und Mag. Kurt Gaß­ner,

Petition Nr. 20 betreffend „Behindertes Kind – ein Schadensfall?“, überreicht von der Abgeordneten Anna Franz;

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Finanzausschuss:

Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Staates Israel über gegenseitige Amtshilfe in Zollsachen samt Anhang (148 d.B.);

Justizausschuss:

Übereinkommen des Europarats zur Verhütung des Terrorismus (95 d.B.);

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2009/4 (III-38 d.B.);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Bericht des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zum Le­gislativ- und Arbeitsprogramm der Kommission und des Rates für das Jahr 2009
(III-43 d.B.);

Finanzausschuss:

Bericht des Bundesministers für Finanzen betreffend EU-Jahresvorschau 2009 zum jährlichen Arbeitsprogramm der Kommission beziehungsweise des Rates (III-42 d.B.);

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Bericht der Bundesministerin für Inneres betreffend Legislativ- und Arbeitsprogramm der Kommission für 2009 sowie dem Achtzehnmonatsprogramm des französischen, tschechischen und schwedischen Vorsitzes (III-45 d.B.);

Umweltausschuss:

Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirt­schaft betreffend Jahresvorschau 2009 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeits-


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programms der Europäischen Kommission sowie des operativen Jahresprogramms des Rates (III-47 d.B.);

Verfassungsausschuss:

Gemeinsamer Bericht des Bundeskanzlers und der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst zum Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommis­sion für 2009 und zum 18-Monatsprogramm des Rates für 2008/2009 (III-44 d.B.);

Wissenschaftsausschuss:

Bericht des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung betreffend Jahresvor­schau 2009 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäi­schen Kommission sowie des Arbeitsprogramms des Rates (III-46 d.B.).

C. Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:

Aufnahme der Verhandlungen über einen Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik zur Änderung und Ergänzung des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik über die polizeiliche Zusam­menarbeit,

Aufnahme der Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Regierung der Re­publik Österreich und dem Ministerkabinett der Ukraine über die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Kriminalität.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weiters teile ich mit, dass der Dritte Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses an die Mitglieder des Nationalrates verteilt wurde.

10.17.30Ankündigung eines Dringlichen Antrages

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Abgeordneten Dr. Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen haben vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen ge­stellt, den zum gleichen Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen Antrag 515/A(E) der Abgeordneten Dr. Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Bil­dungsmilliarde“ Teil 1: Erhöhung des Bildungsbudgets um 525 Millionen € für 2009 und 2010 – Budgetgarantie für Bildungsreformen dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird der Dringliche Antrag um 15 Uhr behandelt wer­den.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 526/AB

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weiters teile ich vor Eingang in die Tagesord­nung mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 526/AB der Anfrage 518/J der Abgeordne­ten Mag. Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Wasserrah­menrichtlinie in Bezug auf den Gewässerbewirtschaftungsplan und die Öffentlichkeits­beteiligung durch den Herrn Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft abzuhalten.

Da für die heutige Sitzung die Behandlung eines Dringlichen Antrages verlangt wurde, wird die kurze Debatte im Anschluss an diese stattfinden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 55

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 bis 6, 7 bis 10, 11 bis 13, 16 und 17, 21 bis 24 sowie 28 und 29 der Tages­ordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: In der Präsidialkonferenz wurde folgender Kon­sens erzielt: Es wurde eine Tagesblockzeit von 9 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 122 Minuten, Freiheitliche 108 Mi­nuten sowie BZÖ und Grüne je 95 Minuten.

Für die Zeit der Fernsehübertragung von 10.20 Uhr bis 13 Uhr wurde folgende Rede­zeitvereinbarung getroffen: eine RednerInnenrunde pro Fraktion mit je 10 Minuten, Fi­nanzminister 15 Minuten, eine RednerInnenrunde pro Fraktion mit je 6 Minuten, Staats­sekretär im Bundesministerium für Finanzen 7 Minuten, eine RednerInnenrunde pro Fraktion mit je 5 Minuten, eine RednerInnenrunde mit je 4 Minuten.

Da hier keine nähere Vereinbarung getroffen wurde, schlage ich vor, dass jede Red­nerrunde mit dem Kontraredner oder der Kontrarednerin beginnt, da sonst die Durch­führung der Reihenfolge nicht logisch erscheint.

Gibt es dagegen einen Einwand? – Das ist nicht der Fall. Dann werde ich das als Be­schluss fassen.

Die den Vorsitz führende Präsidentin/der den Vorsitz führende Präsident verteilt vor Beginn der letzten Runde – nach Rücksprache mit den Klubvorsitzenden – die verblei­bende Redezeit auf die fünf Fraktionen in der Weise, dass noch alle Fraktionen in der Fernsehzeit gleichmäßig zu Wort kommen.

Tatsächliche Berichtigungen werden erst nach Ende der Fernsehübertragung aufge­rufen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse über das von mir jetzt Verlesene plus jenem Teil, dass jede Rednerrun­de/Rednerinnenrunde mit einem Kontraredner/einer Kontrarednerin beginnt, abstim­men.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein diesbezüg­liches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

10.20.391. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (54 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird – Steuerreform­gesetz 2009 (StRefG 2009) (124 d.B.)

2. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 5/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Absetzbarkeit von Spen­den (125 d.B.)


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3. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 20/A der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird (126 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 76/A der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensgesetz 1988 geändert wird (127 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 203/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend steuerliche Entlastung verbrauchsarmer Pkw (128 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 282/A(E) der Abgeordneten Lutz Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Konjunkturpaket-Familie (129 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen damit zu den Punkten 1 bis 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Strache mit einer Redezeit von 10 Minu­ten. – Bitte, Herr Klubobmann.

 


10.21.50

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses und zu Hause vor den Fernsehschirmen! Wenn wir heute von der Steuerreform sprechen, kommen wir nicht umhin, auch die Finanz- und Wirtschaftskrise zu beleuchten, die im Wesentlichen ja auch eine Bankenkrise ist.

Die Krise, die wir in den letzten Wochen und Monaten erleben mussten, nimmt immer beängstigendere Formen an. Das bestätigen auch internationale Medien.

Am 6. März schrieb die angesehene „Financial Times Deutschland“, dass der Kapital­markt die Pleite Österreichs befürchtet.

Wörtlich heißt es: „In Europa werden neben Griechenland nur noch Island und Irland als riskanter eingestuft.“

Und die „Financial Times“ nennt auch den Grund dafür, sie schreibt – ich zitiere –: „Ös­terreichs Problem: Das Land setzte wie kein zweites auf das Wachstum Osteuropas. Die Banken vergaben dort Darlehen über 201 Milliarden Euro – 71 Prozent des öster­reichischen Bruttoinlandsprodukts. Im Zuge der Krise befindet sich aber Osteuropa im Niedergang, selbst finanziell solide Länder wie Polen sind mit einem Vertrauensverlust konfrontiert.“ – Zitatende.


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Da nützt es auch nichts, dass der Herr Finanzminister die letzten Wochen – am Nasen­ring von Herrn Generalanwalt Konrad – für das Giebelkreuz und auch für diverse Ban­ken quer durch Europa unterwegs war und sich dort einen Korb nach dem anderen ge­holt hat. (Ironische Heiterkeit von Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll.) Sie haben sich einen Korb nach dem anderen geholt, Herr Finanzminister, wahrscheinlich wollen Sie dem­nächst auch ein Korbfachgeschäft aufmachen, weil Sie gar nicht wissen, was Sie mit den vielen Körben tun sollen, die Sie in den letzten Wochen erhalten haben. Aber da rächen sich natürlich die Versäumnisse der Vergangenheit.

Jetzt rächt es sich auch, die vorschnelle EU-Osterweiterung in der Art und Weise ein­gegangen zu sein. Sie haben sie gegen die Stimmen der FPÖ in diesem Hohen Haus beschlossen! (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt rächt es sich, dass man jahrelang so getan hat, als wäre der ehemalige Ostblock das Land, in dem bald Milch und Honig fließen und es bald rosige Zustände gibt – die­se wurden von Ihnen herbeigeredet.

Nicht nur die internationale Finanzkrise, sondern auch das hemmungslose Spekulan­tentum müssen wir kritisch beleuchten und vor allem verurteilen; insbesondere auch die vielen heimischen Banken, die daran mitgewirkt haben, dass wir uns heute in die­ser Situation befinden – die haben uns in diese Situation gebracht. Und die Bundesre­gierung hat brav genickt und gejubelt und möchte auch jetzt noch keine Kontrollmecha­nismen bei den österreichischen Banken sicherstellen, nämlich Kontrollmechanismen, wie sie sein sollten, dass endlich auch der Rechnungshof die Bilanzen der österrei­chischen Banken kontrollieren kann, denn die FMA, die Finanzmarktaufsicht, hat da versagt; das muss man auch offen anmerken.

Die Realität aufzuzeigen – Herr Kollege Stummvoll, weil Sie mir gestern über die APA kritisch mitgeteilt haben, ich würde etwas krankjammern (Abg. Dr. Stummvoll: Na schon!) –, Fakten auf den Tisch zu legen und nicht Dinge schönzureden, das ist die Pflicht einer anständigen Politik. Sie versuchen doch permanent, die Kopf-in-den-Sand-Politik fortzusetzen! (Abg. Dr. Stummvoll: Überhaupt nicht!) Damit muss Schluss sein! Wir haben die Realität endlich auf den Tisch zu legen und der Bevölkerung reinen Wein einzuschenken – nicht aber das, was Sie tun. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Auswirkungen der Finanzkrise auf die Realwirtschaft in unserem Land werden im­mer stärker. Nennen Sie das „krankjammern“? Das hat doch nichts mit Krankjammern zu tun, dass wir leider diese Realität erleben müssen, dass die Auswirkungen immer negativer auch auf die österreichische Wirtschaft übergreifen und dass die Wirtschafts­prognosen permanent in kürzeren Abständen nach unten revidiert werden müssen. Das ist die Realität, sagen Sie dazu nicht krankjammern. (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll.) Nehmen Sie doch die Realität endlich ernst, und nehmen Sie den Ernst der Lage endlich zur Kenntnis!

Es ist wichtig, die Realität zu erkennen. Wenn gesunde Unternehmen heute schon in der Situation sind, wenn es zum Alltag gehört, dass auch gesunde Unternehmen jetzt bereits diese Krise spüren und Arbeitnehmern und Angestellten kündigen, dann ist das eine dramatische Entwicklung. Und wenn Wirtschaftsforscher davon ausgehen, dass bis Jahresende sogar mit einer Verdoppelung der Zahl der Arbeitslosen in Österreich zu rechnen ist – mit bis zu 600 000 Arbeitslosen rechnen Wirtschaftsforscher –, dann ist das eine dramatische Entwicklung, der man gegensteuern muss.

Wir müssen auch erkennen, dass damit der Staatshaushalt weiter belastet werden würde. Das kostet die Regierung vielleicht nur ein Lachen, wenn man fröhlich hinter mir kuschelt, aber bei 600 000 Arbeitslosen gibt es, sage ich, keine Zeit zum Kuscheln, da braucht es Handlungen. Diese Steuerreform, die Sie setzen, ist leider ein Reförmchen. Man hat den Ernst der Lage nicht erkannt. (Beifall bei der FPÖ.)


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100 000 Arbeitslose kosten die öffentlichen Budgets rund 2,5 Milliarden € mehr, sagt eine ökonomische Faustregel, denn neben dem Geld, das für Arbeitslose aufgewendet werden muss, Arbeitslosengeld, sind natürlich auch Ausfälle bei den Steuern und Sozi­alversicherungsabgaben zu verzeichnen. Das heißt, es gilt, hier gegenzusteuern. Jetzt muss gehandelt werden! Runter mit den Steuern und rauf mit der Entlastung, und zwar kräftig! Nicht kleckern, sondern klotzen ist gefragt. Und genau das fordern wir heute hier mit unserem freiheitlichen Paket auch ein. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber was macht die Regierung? – Sie präsentiert uns ein Reförmchen, das höchstens nach Minimundus passt, aber nicht dieser Krise angemessen entgegentritt; ein Reförm­chen, das dem österreichischen Durchschnittsbürger sage und schreibe 20 € im Monat bringen wird, also 5 € in der Woche. Eine sagenhafte Entlastungssumme für den Durchschnittsbürger: 5 € pro Woche! Eine unglaublich „tolle“ Entlastung für die öster­reichische Bevölkerung, eine steuerpolitische Großtat dieser Regierung und des Fi­nanzministers. Wahrscheinlich werden Sie als der große Reformer in die Geschichte eingehen, noch in Jahrzehnten wird man vom „Fünfer-Josef“ in Österreich reden, von den 5 € pro Woche, die Sie dem Österreicher jetzt im Durchschnitt ersparen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich muss wirklich sagen: eine tolle „Leistung“ – aber eine große Reform ist das sicher­lich nicht!

Es gibt natürlich die Entlastungsschritte, die Sie für die Familien definiert haben. Das ist zu begrüßen, keine Frage, endlich erkennt man, dass man im Bereich der Familien etwas unternehmen muss – aber auch nicht korrekt. Sie machen in Wirklichkeit gerade das, was in den letzten Jahren verabsäumt wurde. In den letzten Jahren, seit dem Jahr 2003 wurden die Familienleistungen nicht valorisiert, und das gleichen Sie jetzt aus. Aber eine Entlastung im eigentlichen Sinn für Familien stellt das nicht dar.

Weiters wird durch die vorgesehene steuerliche Absetzbarkeit außerfamiliärer Kinder­betreuung die schon jetzt vorhandene steuerliche Diskriminierung jener Familien fort­gesetzt, die ihre Kinder zu Hause betreuen. Und das ist ja ein falscher Schritt. (Beifall bei der FPÖ.) Es wäre doch besser, einen höheren Kinderfreibetrag einzuführen, damit alle Familien etwas davon haben. Das heißt, Sie diskriminieren hier weiter.

Herr Bundeskanzler und Herr Finanzminister, dieses Reförmchen gleicht einem Trop­fen auf einem glühend heißen Stein – und Sie versuchen, das den Menschen als Was­serfall darzustellen. Das ist aber leider nicht die Realität. Die Finanzkrise werden Sie mit diesem Reförmchen nicht bewältigen! In Wirklichkeit treiben Sie die kleineren und mittleren Unternehmen weiter in Richtung Problemlage, in Richtung Ruin und die Ös­terreicher in die Armutsfalle!

Ich sage das ganz offen: Heute leben schon über 1,3 Millionen Österreicher an der Ar­mutsgrenze, und das sind fleißige Menschen. Immer mehr fleißige Menschen stellen sich die Frage: Leben wir, um zu arbeiten? – Wir leben nicht, um zu arbeiten. Wir ar­beiten, um zu leben. Und wenn wir arbeiten, wollen wir gut leben. Wenn wir Leistung erbringen, haben wir ein Recht darauf, dass auch eine entsprechende Entlohnung si­chergestellt ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir sollten daher genau da steuerpolitisch ansetzen. 3 Milliarden € wollen Sie für eine Steuerreform, ein Reförmchen ausgeben, die gerade einmal die kalte Progression der letzten Jahre in der Höhe von 2 Milliarden € abdeckt. Das ist die Realität!

Unserer Meinung nach wäre jetzt ein Entlastungspaket von mindestens 6,5 Milliarden bis 7 Milliarden € notwendig; eine echte Tarifsenkung, nämlich eine Senkung des nied­rigsten Steuersatzes auf 25 Prozent, des mittleren Steuersatzes auf 37 bis 40 Prozent


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und des Höchststeuersatzes auf 45 Prozent sowie eine weitere Erhöhung der Progres­sionsstufe. Das wäre notwendig. Das brächte eine wirkliche Entlastung für Leistungs­träger in Österreich. Sie haben sich jedoch bis dato geweigert, diesbezüglich wirklich etwas zu machen.

Aber auch gegen die kalte Progression unternehmen Sie nichts, außer das kalte Lä­cheln des Herrn Bundeskanzlers, mit dem er versucht, alle Probleme wegzulächeln, die wir heute in Österreich vorfinden.

Sie sind leider Gottes nicht bereit, endlich notwendige Entscheidungen zu treffen. Ebenso bei der Stärkung der kleineren und mittleren Unternehmen – Entscheidungen vermisse ich. Ich vermisse die Abschaffung der Kreditvertragsgebühr. Ich vermisse die Abschaffung der Gesellschaftssteuer. Ich vermisse eine ordentliche Lohnnebenkosten­senkung. Ich vermisse die Einführung des finnischen Modells, aber auch die Einfüh­rung einer echten Investitionsbegünstigung. Nichts davon wird gemacht!

All diese Forderungen waren bereits Inhalt freiheitlicher Anträge in diesem Hohen Haus, und Sie haben bis dato alles abgelehnt. Sie sind nicht einmal bereit, im Bereich der Privilegierten anzusetzen, wenn es darum geht, endlich einmal auch bei uns Politi­kern und bei den höchsten und leitenden Beamten dieser Republik etwas zu ändern. Eine Reduzierung der Gehälter von Politikern und der 2 000 höchsten Beamten in Ös­terreich wäre notwendig, nämlich um 4 Prozent, um endlich einmal einen Solidaritäts­beitrag von diesen sicherzustellen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzei­chen.) Diesen Antrag werden wir heute auch einbringen. (Beifall bei der FPÖ.)

Mein Schlusssatz: Der einzige Unterschied zwischen dem Kabinett Gusenbauer und Ihrem heutigen ist jener: Damals haben Sie sich die Haare ausgerissen, heute strei­chen Sie einander über das Haar, aber dahingewurstelt wird nach wie vor. (Beifall bei der FPÖ.)

10.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich darf die Damen und Herren Abgeordneten einladen und auffordern, die Zeit einzuhalten – das war jetzt fast 1 Minute drüber (Abg. Ing. Westenthaler: Sie müssen aufpassen, wenn einer drüberredet!) –, sonst geht sich das mit der Redezeit nicht aus. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie haben nicht aufgepasst! Sie haben weggeschaut!) – Wir haben das Licht dazu. (Abg. Ing. Westenthaler – neu­erlich in Richtung Präsidium –: Sie haben weggeschaut und nicht aufgepasst! Ein biss­chen mehr Aufmerksamkeit!)

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Kopf. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.33.05

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Vizekanzler! Geschätzte Damen und Her­ren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Wir debattieren und beschließen anschlie­ßend eine Steuerreform mit einem Volumen von nahezu 4 Milliarden € an steuerlicher Entlastung. – Viele andere Länder wären froh, könnten sie zum jetzigen Zeitpunkt solch eine Entlastung der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler durchführen und würden sie das im eigenen Parlament zustande bringen. In manch anderen Ländern beginnt man jetzt erst, solche Maßnahmen zu diskutieren. Wir werden es heute beschließen und jede steuerzahlende Österreicherin und jeder steuerzahlende Österreicher wird davon profitieren, und zwar nicht in dem Ausmaß, wie Sie gesagt haben, Herr Strache, sondern in der Größenordnung von etwa 400 € bis zu 1 350 € im Jahr – in Schilling, damit das bei den kleinen Euro-Beträgen nicht untergeht, bis zu 20 000 S pro Jahr. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: 5 € die Woche!)

Herr Strache, es scheint derzeit ein beliebtes Spiel zu sein, hier mit Milliardenbeträgen herumzuwerfen, aber damit allein bewältigt man keine Krise, sondern man schafft da-


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mit vielleicht sogar die nächste Krise. Ein Wunschkonzert jetzt hier vorzutragen, näm­lich was Sie alles vermissen, was man noch alles tun könnte, ist einfach. Auch mir fal­len einige Dinge ein, die ich mir im Laufe der Zeit noch wünschen würde (Abg. Strache: Umsetzen! Umsetzen!), aber jetzt ist es wichtig, dass wir genau darauf achten, was in der Krise konjunkturbelebend wirkt, was in den Unternehmen wirkt und was nett wäre, wenn wir es auch noch hätten. Aber wir müssen das ja letzten Endes al­les bezahlen können und bezahlen, sonst zahlen es unsere Kinder. (Abg. Strache: Wer zahlt die Arbeitslosigkeit?)

Meine Damen und Herren, das Steuer- und Abgabensystem eines Landes legt auch so etwas wie ein Zeugnis ab, nämlich ein Zeugnis über politische Schwerpunktsetzungen. Die Höhe der Steuer- und Abgabenquote eines Landes ist letzten Endes auch Aus­druck dafür, wie stark der Staat in die Freiheit der Menschen und Bürgerinnen und Bür­ger eingreift.

Wir beschließen heute eine, wie ich gesagt habe, umfangreiche Steuersenkung. Wir reduzieren damit den staatlichen Eingriff in die Freiheit der Bürger, und wir setzen eben politische Schwerpunkte: Weil uns die Familien so wichtig sind, setzen wir mit 500 Mil­lionen € einen Entlastungsschwerpunkt für Familien mit Kindern. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Die kalte Progression decken Sie ab!)

Weil uns der unternehmerische Mittelstand so wichtig ist, setzen wir einen Entlastungs­schwerpunkt für die Klein- und Mittelbetriebe mit dem Freibetrag für investierte Gewin­ne – das kommt gleichzeitig auch der Konjunktur zugute. (Abg. Strache: Schauen Sie sich einmal an, wie viele kleine und mittlere Unternehmen keine Gewinne mehr ma­chen!)

Und weil uns auch Fairness gegenüber den Leistungsträgern so wichtig ist – egal, ob selbständig oder unselbständig –, senken wir die Lohn- und Einkommensteuer und ent­lasten damit genau jene, die unser Gemeinwesen mit ihren Steuern finanzieren. Also wir entlasten diejenigen, die auch tatsächlich in diesem Land Steuern zahlen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Wissen Sie, wie viele KMUs keine Gewinne machen?)

Noch eines: Weil uns auch die Solidarität unserer Bürgerinnen und Bürger so wichtig ist, setzen wir mit der steuerlichen Absetzbarkeit für Spenden sowohl für mildtätige Zwecke als auch für Hilfsorganisationen einen weiteren Schwerpunkt, machen diese Solidarität sichtbar und belohnen sie letzten Endes auch in unserem Steuersystem. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! 300 000 Arbeitslose, 30 000 zusätzlich noch in Kurzarbeit, das macht betroffen und zwingt zum Handeln. – Wir handeln, wir stärken die Wirtschaft und wir helfen den Menschen mit unserem Handeln. Wir begegnen dieser Krise mit einem Rettungspaket für die Banken, nicht wegen der Bankmanager, sondern weil wir den Sparerinnen und Sparern die Einlagen sichern und weil wir die Finanzierung der Wirtschaft sicherstellen wollen (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ) und damit letzten Endes auch die Arbeitsplätze sichern wollen.

Wir begegnen der Krise mit zwei Konjunkturpaketen – das ist notwendig, um den welt­weiten dramatischen Konjunktureinbruch abzufedern und damit wiederum Arbeits­plätze zu sichern.

Wir begegnen der Krise mit einer Flexibilisierung der Kurzarbeit – auch das ist notwen­dig, um Arbeitsplätze abzusichern.

Wir begegnen der Krise, wie ich schon gesagt habe, mit einer Entlastung der Steuer­zahler – auch das ist notwendig, um die Kaufkraft zu stärken, damit die Menschen mehr in ihrer Brieftasche behalten, das sie auch ausgeben können und damit die Kon­junktur beleben.


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In diesem Zusammenhang zum Steuerreformpaket, das sich in seiner Dimension und auch in seiner Ausgewogenheit absolut sehen lassen kann, ein persönliches Wort, auch wenn der Adressat jetzt gerade nicht auf seinem Platz ist: Wir haben diese Steuerreform im Rahmen der Koalitionsverhandlungen ausverhandelt. Einer, der diese Verhandlungen damals gemeinsam mit Bundeskanzler Faymann und Finanzminister Pröll maßgeblich gestaltet hat, steht heute nicht mehr im Rampenlicht, ist aber nor­malerweise unter uns. Ich möchte mich bei ihm an dieser Stelle ganz besonders herz­lich bedanken, beim damaligen Finanzminister Willi Molterer. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Wieder einmal bedanken!)

Willi Molterer hat genau das getan, was ich vorhin gesagt habe, nämlich in einer beein­druckenden Art und Weise mit dieser Steuerreform, mit der Gestaltung des Steuersys­tems politische inhaltliche Steuerung vorgenommen.

Meine Damen und Herren, aber machen wir uns nichts vor: Die Krise wird sich ver­schärfen. Vollkommen richtig, Herr Strache! Täglich lesen und hören wir Negativmel­dungen. Was ist die Folge? – Rückgänge bei den Steuereinnahmen, gleichzeitig er­höhte Ausgaben und auch erhöhte Risken. Verneinen wir das nicht. Wir gehen mit den notwendigen Paketen, die wir geschnürt haben, beachtliche Risken ein. Das geht an die Substanz. Das geht eindeutig an die Substanz und an die Grenze der Belastbarkeit des Staatshaushaltes.

Wir haben gesehen, ausländische Zeitungen bringen Horrorberichte – leider, wie man sehen muss, zum Teil aus Österreich gesteuert. Herr Kogler, so manches Wort im „Spiegel“ hätten Sie sich schenken können. (Beifall bei der ÖVP.)

Von diesen tendenziösen, um nicht zu sagen unwahren Berichten geht eine Gefahr für die Bonität unseres Landes aus. Damit gehen eindeutig erhöhte Finanzierungskosten für unsere Schulden, die wir leider haben, einher und das verschärft ja leider noch das bestehende Problem. Was wir brauchen, meine Damen und Herren, auch Herr Kogler, sind nicht solche lancierten Berichte. Was wir brauchen, das ist eine realistische Be­trachtung der österreichischen Situation. Und da steht Österreich um vieles besser da als andere Länder. Wir brauchen nicht solche tendenziösen Berichte, die uns im Aus­land nur schaden und letzten Endes Auswirkungen auf das eigene Land haben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Meinen Sie den Androsch? – Abg. Mag. Kogler: Sinnerfassend lesen, dann sprechen!)

Meine Damen und Herren, es ist richtig, dass der Finanzminister auf der einen Seite viel Geld in die Hand nimmt, um dieser Krise zu begegnen. Es ist aber auch richtig, dass er auf der anderen Seite die Ministerien dazu anhält, im eigenen Verantwortungs­bereich zu sparen. Und da bin ich bei all jenen, die das vorhin bei der Bildungsdebatte gesagt haben, und zwar bei jenen, die nach Reformen gerufen haben. Ich glaube, es wäre falsch, wenn wir schon zum Sparen angehalten sind, dies mit der Rasenmäher-Methode zu tun, also über alle Ausgabenpositionen hinweg.

Gerade jetzt ist die Zeit, Reformen in zwei Richtungen vorzubereiten: zum einen die Qualität der öffentlichen Dienstleistungen zu verbessern, aber auf der anderen Seite darf es natürlich auch nicht verboten sein, die Effizienz, wie wir unsere Dienstleistun­gen erbringen, zu steigern und dadurch zu sparen – nicht an der Qualität sparen, son­dern durch Effizienzsteigerung an der Art und Weise, wie wir unsere Leistung erbrin­gen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, wir machen heute mit einer Steuerentlastung enormen Aus­maßes genau das Richtige. Wir entlasten Familien, wir entlasten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und auch die Unternehmen. Reden wir diese Steuerreform nicht schlecht oder klein, beschließen wir sie gemeinsam! (Abg. Ing. Westenthaler: Wann


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kommt die?) Meistern wir die Krise gemeinsam! Stärken wir die Wirtschaft und helfen wir dadurch den Menschen in diesem Land! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es gelangt nun Herr Klubobmann Bucher zu Wort. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.42.36

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Frau Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich greife den Schlusssatz des Kollegen Kopf auf, der gemeint hat: Meistern wir die Zukunft, gehen wir verantwortungsvoll mit den Steuergeldern um! – Jawohl, das ist auch das Ansinnen der Opposition. Dem fühlen auch wir uns verpflichtet. (Abg. Mag. Gaßner: Stimmen Sie zu!) Die Redebeiträge, auch aus den Reihen der Opposi­tion, sind in diese Richtung gehend.

Aber machen Sie uns nicht dafür verantwortlich, wie Österreich in den ausländischen Medien oft dargestellt wird! Schauen Sie achtsam darauf, wer in den ausländischen Medien zitiert wird! Sie haben dieses Zitat aus dem „Spiegel“ gebracht. Wer ist denn da aller genannt? – Ein gewisser Herr Androsch ist dort genannt, ein gewisser Herr An­drosch, der immerhin der Wirtschaftsberater des Herrn Bundeskanzler ist, der Öster­reich im Ausland schlechtmacht, der die Bonität Österreichs in Frage stellt, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist kein verantwortungsvoller Umgang mit der Re­publik und mit den Steuergeldern. (Beifall beim BZÖ.)

Sagen Sie auch immer die volle Wahrheit dazu! Wir vonseiten der Opposition gehen nach meiner Beurteilung sehr umsichtig mit Kritik um. Wir machen konstruktive Vor­schläge, wir machen Österreich nicht schlecht und wir gehen auch mit der nötigen Ver­antwortung, aus der Opposition heraus, mit all den Vorschlägen der anderen Opposi­tionsparteien, aber auch mit den Vorschlägen der Regierungsparteien sehr achtsam um. Machen Sie uns nicht diesen Vorwurf, halten Sie uns nicht für die Schuldigen, dass wir Österreich schlechtmachen!

Aber wir haben natürlich unsere Kritikpunkte, wenn es darum geht, dass Sie sehr viel ankündigen, was die Wirtschaftskrise oder das Meistern der Wirtschaftskrise anlangt, dass Sie uns seit vielen, vielen Monaten hier gebetsmühlenartig eine Steuerreform vor­beten – immer wieder dasselbe. Ich erinnere daran, dass die Steuerreform, die wir heute hier beschließen – besser gesagt, Sie beschließen sie ohne die Stimmen der Opposition (Abg. Krainer: Das ist ein Fehler!) –, seit fünf Monaten ausverhandelt ist.

Da haben sich Berge bewegt und sind gekreißt und ein Mäuslein wurde geboren, mei­ne sehr geehrten Damen und Herren. Nur 2,2 Milliarden € an Entlastung in Anbetracht der größten Wirtschaftskrise der Zweiten Republik, wo Sie doch in den letzten drei Jah­ren 3 Milliarden € mehr an Steuern eingenommen haben – bei der Umsatzsteuer, bei der Körperschaftsteuer und bei der Lohn- und Einkommensteuer. 3 Milliarden € haben Sie den Österreicherinnen und Österreichern pro Jahr abgenommen und jetzt bekom­men sie 2,2 Milliarden € pro Jahr zurück. Das ist keine große Reform, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Den Damen und Herren von der Sozialdemokratie lege ich diese Darstellung der APA sehr nahe, weil Sie immer von der „größten Entlastung in der Zweiten Republik“ spre­chen. (Der Redner zeigt ein Balkendiagramm.) – „Großartig“ für die Arbeiterinnen und Arbeiter in unserem Land! Geradezu revolutionär, Herr Kollege Cap! Sie werden dann sowieso darauf eine Antwort finden.

Die APA sagt zum Beispiel, bis 12 000 € Einkommen null Entlastung. Da ist eine schwarze Null. Diese Menschen haben von dieser Steuerreform überhaupt nichts.


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(Abg. Krainer: Das ist falsch! – Abg. Strache: Richtig!) Das sind immerhin 2,5 Millio­nen Österreicherinnen und Österreicher. (Abg. Krainer: Das ist falsch!) – Die APA hat das falsch zitiert?

Die nächsten 2,5 Millionen Österreicherinnen und Österreicher erhalten eine Entlas­tung von gerade einmal 49 € im Monat. Das soll die „größte steuerliche Entlastung in der Zweiten Republik“ sein – 49 € im Monat? Gleichzeitig aber nehmen Sie aber den Gemeinden 400 Millionen € weg!

Wissen Sie, was der Umkehrschluss sein wird? – Das ist ganz logisch. Die Gemeinden werden die Gebühren wieder anheben: die Müllgebühr, die Kanalisationsgebühr, die Wasserabgabe. (Abg. Ing. Westenthaler: In Wien fängt es schon an!) All das wird wie­der angehoben werden und die 49 €, die Sie in die eine Tasche hineinstecken, werden wieder aus der anderen Tasche herausgezogen. Das ist Ihre Umverteilungspolitik, die Sie betreiben. Das ist Täuschung des Steuerzahlers, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Man sieht ja anhand dieser Darstellung sehr genau, wo Sie entlasten. Herr Kollege Kopf, da haben Sie schon recht mit 1 317 €. Das betrifft den Herrn Generaldirektor, der 200 000 € verdient. (Abg. Kopf: Du weißt genau, bei welchem Betrag das schon greift!) Das ist derjenige, den Sie angepeilt haben. Aber da oben bleibt gar nichts. (Abg. Strache: Brutto? Was bleibt netto?) Jeder, der 15 000 € brutto pro Jahr verdient, hat gerade einmal 41 € mehr in der Tasche. Das ist Ihre steuerliche Entlastung, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Aber da gibt es ja viele anerkannte Experten – da muss ich gar nicht aus Oppositions­kreisen zitieren –, die das sehr kritisieren und in Frage stellen – wie den Herrn An­drosch zum Beispiel, der gesagt hat, das kann ja nur ein erster kleiner Hüpfer, ein klei­ner Schritt sein. Er sagt, diese Bundesregierung lebt vom Prinzip Hoffnung. – Das sagt schon alles aus. (Abg. Kopf: Zuerst kritisierst du ihn, jetzt ...!)

Oder: Ihr Beratungsinstitut, das Wifo. Herr Aiginger sagt, eine Steuerreform großen Ausmaßes braucht es jetzt in der konjunkturellen Abschwungsphase und in der wirt­schaftlichen Depression, in der wir uns befinden. – Eine umfangreiche Steuerentlas­tung wäre die richtige, die geeignete Maßnahme, um der Wirtschaft entsprechend Hil­festellung anzubieten.

Oder: Herr Schützenhöfer. Ich muss jetzt gar nicht aus Oppositionskreisen zitieren, son­dern Ihre eigenen Parteimitglieder von der ÖVP. Herr Schützenhöfer sagt zum Beispiel, das Volumen ist viel zu gering, 2,2 Milliarden € sind viel zu gering. (Abg. Grosz: Der bringt selbst in der Steiermark nichts zusammen!)

Erwarten Sie bitte nicht, wenn in Ihren Reihen so etwas gesagt wird, dass von der Op­position Zustimmung kommen kann! Wenn Sie selbst alles kritisieren und selbst nicht mit jenen Vorschlägen, die die Regierung bringt, einverstanden sind, dann kann die Opposition auch nicht ihre Zustimmung geben.

Viel besser für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, viel geeigneter für die Wirt­schaft wäre es, wenn wir eine wirklich umfassende, eine strukturell einfache Steuerre­form machen und kein Reförmchen – eine umfassende Reform, durch die wirklich an den Grundfesten des Steuerkonzepts in Österreich einmal Veränderungen vorgenom­men werden, wo man nicht nur an den Steuerschrauben dreht. Sie haben ja nur an zwei Steuerschrauben gedreht. Da hätten Sie in einer halben Stunde diesen Reform­antrag fertig gehabt, aber Sie brauchen fünf Monate dafür, Herr Finanzminister. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Strache.)

In einer Zeit, in der wir in Österreich eine wirtschaftliche Krise haben und Sie für die Banken einspringen, für die Banken überall in Europa herumjetten und sich bemühen,


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diese 100 Milliarden € zusammenzukratzen, um sie zu retten und nicht dazusagen, dass auch der Steuerzahler dafür haftet, nicht dazusagen, dass auch der Steuerzah­ler ... (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Das haben Sie beschlossen!) – Jetzt passen Sie einmal auf, ich gebe Ihnen ein Beispiel, Herr Finanzminister!

Gehen Sie heute in die Erste Bank und nehmen Sie einen Kredit auf! Sie müssen 0,75 Prozent Liquiditätszuschlag für einen Kredit in der Erste Bank bezahlen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das ist der Beitrag des Steuerzahlers für das Ban­kenrettungspaket. Es darf nicht sein, dass der Steuerzahler im Endeffekt wieder zum Handkuss kommt. (Beifall beim BZÖ.)

Für die Banken ja – das erklären Sie einmal den Arbeiterinnen und Arbeitern! In Kärn­ten haben Sie ohnehin eine Antwort darauf bekommen! Erklären Sie das denen einmal: 100 Milliarden € sind für die Banken da, für die Steuerzahler gerade einmal eine Ent­lastung von 2,2 Milliarden €. Diese Relation stimmt nicht überein, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das sollten Sie sich endlich einmal auch vor Augen führen! (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Strache.)

Wenn Sie jetzt nicht wirklich zügig daran gehen, endlich diese Reformschritte einzulei­ten, von denen Sie schon seit Wochen und Monaten sprechen, anstatt der AUA 500 Millionen € nachzuschmeißen, anstatt die ÖBB 600 Millionen € verspekulieren zu lassen – gehen Sie doch endlich daran, das Krankenkassensystem in Österreich zu sanieren, ohne den Kassen vorweg schon einmal die Schulden zu erlassen. Bürden Sie ihnen endlich die Reformen auf! Setzen Sie auch in der Verwaltungs- und Staatsre­form endlich einmal Schritte! Und setzen Sie heute in der Bildungsreform endlich ein­mal die entsprechenden Hebel in Bewegung!

Das sind doch alles Reformmaßnahmen, die Sie brauchen, weil Sie sonst mit dem Budget nicht zu Rande kommen, Herr Finanzminister. Das ist doch augenscheinlich! Sie entlasten jetzt mit 2,2 Milliarden €. Das ist zwar richtig, aber viel zu wenig. Auf der anderen Seite müssen Sie schauen, dass Sie ob der Mindereinahmen aus Steuern, die Sie für das Budget erhalten werden, endlich Vorsorge dafür treffen, dass das Defizit nicht zu hoch wird, denn ansonsten wird die Liquidität, wird die Bonität Österreichs noch mehr darunter leiden, wird der Wirtschaftsstandort, der Wettbewerbsstandort Ös­terreich darunter leiden. Und im Endeffekt wird der Steuerzahler wieder alles bezahlen müssen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

10.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Klubobmann Dr. Cap zu Wort. 10 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt liegt die Latte hoch! Jetzt wird es schwierig! Da kann man nur noch unten durchlaufen!)

 


10.52.01

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Das werde ich gleich richtig stellen, weil da schon wieder von meinem Vorredner mit falschen Informa­tionen gearbeitet wurde. Diese 100 Milliarden sind nicht 100 Milliarden, die den Banken gerade „überreicht“ wurden, sondern in Anspruch genommen wurden bis jetzt meines Wissens 1,8 Milliarden €. Die Banken müssen 8 Prozent Zinsen zahlen, die müssen das zurückzahlen. Das ist ein Haftungsrahmen. (Abg. Bucher: Wer haftet?)

Wissen Sie, was Ihr Kärntner Hypo Alpe-Adria-Modell ist? Ihr Modell Kärnten ist auch im Bankenbereich kein Modell! Dazu sollten Sie einmal ein bisschen deutlicher Stel­lung beziehen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Grosz: Ist das eine Zuckung?)

Ich sage Ihnen gleich noch etwas: Wenn Sie ernst genommen werden wollen, dann ist es einfach zu wenig, wenn Sie sich hier herausstellen und sozusagen Kritik als Politi­kersatz zelebrieren. (Abg. Scheibner: Das wissen wir seit 20 Jahren, wie ...!) Das hilft


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nämlich niemandem, sondern die Frage ist schlicht und einfach: Was ist Ihr Konzept? (Abg. Strache: Seit 2005 kennen wir das!)

Was legen Sie als Alternative auf den Tisch? – Ihnen fällt ja gar nichts ein! Sie kom­men her, aber an die Bürgerinnen und Bürger denken Sie überhaupt nicht! Sie sa-
gen, es ist alles zu langsam, zu spät – der ganze Kalauer, der niemandem etwas hilft. (Abg. Strache: Seit 2005 gibt es die Anträge der Opposition, die Sie negieren!)

Da liegt jetzt etwas auf dem Tisch! Da liegt etwas auf dem Tisch, und zwar, dass da eine Tarifentlastung in der Größenordnung von 2,3 Milliarden € vor sich geht. Und das geht, bitte, zu 88 Prozent an Bezieher von Einkommen bis 4 000 €. Für die findet diese Tarifentlastung statt. 88 Prozent! 9 Prozent betreffen jene, die ein Einkommen von 4 000 € bis 6 000 € haben, und nur 3 Prozent gehen an Einkommen über 6 000 €, und die sind gedeckelt. (Abg. Grosz: Das muss er nachlesen, weil er es selbst nicht glaubt!)

Das ist also sozial ausgewogen, hat in Wirklichkeit eine Verteilungsvernunft und bringt den Bürgerinnen und Bürgern etwas. Da hat Klubobmann Kopf schon recht gehabt: Nicht jedes Land kann es sich leisten, eine Steuerreform in dieser Größenordnung zu machen. Nicht jedes Land kann es sich leisten, diese Tarifentlastung durchzuführen. (Zwischenruf des Abg. Strache.)

Und die Tarifentlastung findet früher statt, denn ursprünglich war die Überlegung, dass sie erst Anfang 2010 kommt, aber aufgrund unseres Drängens findet sie früher statt. Das ist auch vernünftig so, denn das hilft der Konjunktur. Das hilft jedenfalls mit, dass es gelingt, die Wirtschaft in Österreich vielleicht wieder stärker anzukurbeln und auch etwas im Bereich der Arbeitsplatzsicherung zu tun.

Einen letzten Satz noch zu meinem Vorredner; ich habe ja nicht allzu viel Redezeit. Zu dem Modell Kärnten, das heute dauernd propagiert wird: Wissen Sie, Ihr Honeymoon bei den Wahlen und bei den Umfragen wird dann zu Ende sein, wenn Sie die Schul­den, die Sie in Kärnten zu verantworten haben, irgendwann einmal zurückzahlen müs­sen. (Zwischenrufe beim BZÖ.) Irgendwann wird der Tag kommen! (Beifall bei der SPÖ.)

Der eine oder andere Unternehmer unter Ihnen weiß: Es kommt der Tag, an dem Schulden zurückgezahlt werden müssen. (Abg. Strache: Sie haben noch nie Schulden zurückgezahlt! – Abg. Mag. Darmann: Wenn Sie sich mit dem Modell in Kärnten nicht auskennen, ...!) Daher wird auch für Sie dieser Tag kommen, und dann müssen Sie den Kärntnerinnen und Kärntnern endlich reinen Wein einschenken, was wirklich die Auswirkungen Ihrer Politik sind. (Ruf beim BZÖ: Volles Rohr daneben!) Das sage ich Ihnen dazu: Sie werden das selbst spüren. Ich glaube, gerechtigkeitshalber muss man das anmerken. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn dann noch vom BZÖ ein Redner zum Rednerpult kommt und über „Reförmchen“ spricht, muss ich sagen: Hören Sie, leider erinnere ich mich immer noch daran, dass Sie einmal in der Regierung waren. (Abg. Grosz: Was heißt „leider“?) Ich würde es ja lieber verdrängen, sage ich ganz ehrlich, aber was Ihre Regierungsbeteiligung betrifft, da war jede Österreicherin und jeder Österreicher eine Zitrone, die Sie auszupressen begonnen haben. (Abg. Grosz: BAWAG!) Das war die Politik, die Sie damals gemacht haben: Sparpolitik, Sparpolitik, auspressen, auspressen. So war es! (Abg. Mag. Dar­mann: Kinderbetreuungsgeld!)

Bitte erinnern Sie die Österreicherinnen und Österreicher nicht daran! Das war eine schreckliche Zeit. (Abg. Ursula Haubner: Geh, geh!) Sie haben jedenfalls massiv dafür die Verantwortung zu tragen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Abfertigung neu, Kinderbetreuungsgeld!) – Ja klar, das können Sie auch mit Zwischenrufen nicht weg­reden.


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Aber ich sage Ihnen noch etwas, weil es gerade 100 Tage sind – die Sie feiern soll­ten! (Abg. Strache: Auch eine Mogelpackung! Seit 2007 nichts gemacht!) –: Worum es jetzt geht, ist der Kampf um jeden Arbeitsplatz. Das ist ganz entscheidend, das wird unsere Zuseherinnen und Zuseher ganz massiv interessieren, nämlich deswegen, weil dafür Geld zur Verfügung gestellt wird. Es geht ja nicht nur um die Ankurbelung der Konjunktur, dass man mehr Geld in der Geldtasche hat – nein, es geht auch darum, dass um Arbeitsplätze gekämpft wird, dass die Kurzarbeitregelung auf 18 Monate aus­geweitet wird und dass es eine Erweiterung der Arbeitsstiftungen und der Qualifizie­rungsmöglichkeiten während der Kurzarbeit gibt! Das alles sind Maßnahmen, um der Wirtschaftskrise und deren Auswirkungen entgegenzuwirken.

1 Milliarde € wird allein für den Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt, es gibt aber trotz­dem eine Entlastung der Familien: Kinderabsetzbeträge für alle Kinder werden von 610 € auf 700 € angehoben. Künftig ist ein Freibetrag von 220 € pro Kind von der Steu­er absetzbar. Professionelle Kinderbetreuung ist mit einem Betrag von 2 000 € pro Jahr und Kind bis zum 10. Lebensjahr absetzbar. Und, wie heute schon gesagt wurde, in Wien kommt die Einführung des Gratiskindergartens für Kinder von null bis sechs Jah­ren. (Abg. Ursula Haubner: Das gibt es schon! – Abg. Strache: Seit zehn Jahren for­dert das die FPÖ!)

Das können Sie nicht vom Tisch wischen. Das sind wichtige Maßnahmen, die da ge­setzt werden – verantwortungsvoll, überlegt, finanzierbar für die Bürgerinnen und Bür­ger, wichtige Schritte für die Kinder. (Abg. Strache: Ich kann mich noch erinnern, was Häupl gesagt hat, als die FPÖ den kostenlosen Kindergarten in Wien beantragt hat!)

Auch im Bildungsbereich wird, wie Sie heute erfahren mussten, alles unternommen, denn es müssen natürlich laufend Schulen ausgebaut werden. Es muss die Schulstruk­tur verbessert werden. Natürlich kosten niedrigere Klassenschülerhöchstzahlen mehr Geld. Und natürlich ist, um endlich ein positiveres Ergebnis in der PISA-Studie zu errei­chen, diese Qualifizierungsoffensive auf allen Ebenen – für die Schülerinnen und Schü­ler, aber auch für die Lehrerinnen und Lehrer – ein wesentlicher Aspekt.

Auch die Neue Mittelschule und die vielen anderen Projekte sind ein Beitrag dazu, da­mit die Absolventinnen und Absolventen sowohl am nationalen, als auch am internatio­nalen Arbeitsmarkt konkurrenzfähiger sind. Das gilt auch für den Ausbau des Deutsch­unterrichts, wenn Deutsch die zweite Sprache ist, was ganz wichtig für die Integration ist. Auch dafür muss Geld in die Hand genommen werden. Das sind, bitte, Maßnah­men, die ganz entscheidend sind!

Aber auch die Investitionen, die die Wirtschaft ankurbeln sollen – wie etwa die Mittel­standsmilliarde zur Unterstützung von Klein- und Mittelbetrieben – sind zentral. Ich sa­ge Ihnen noch etwas zu den Banken: Natürlich ist damit die Auflage verbunden, dass dann, wenn die Klein- und Mittelbetriebe beispielsweise – aber nicht nur sie – um Kre­dite ansuchen, die Banken auch verpflichtet sind, diese zu gewähren, wenn dann öf­fentliches Geld kommt. (Abg. Scheibner: Wo denn?) Und dieses öffentliche Geld wird auch von der Finanzmarktaufsicht und von der Nationalbank kontrolliert. Also das ist nicht so, wie Sie dauernd tun, dass da irgendjemand 100 Milliarden € geschenkt be­kommt. (Abg. Strache: Wo war die Finanzmarktaufsicht? Die hat geschlafen!)

Das ist ja absurd! Das ist eine Argumentation, die in Wirklichkeit die Menschen nur ver­unsichern soll und die der Wahrheit nicht entspricht. Daher ist ganz wichtig: Mittel­standsmilliarde zur Unterstützung der Klein- und Mittelbetriebe; 2. Konjunkturpaket im Ausmaß von 1,9 Milliarden €; Vorziehen von Bauprojekten des Bundes in der Höhe von 850 Millionen €, wie eben erwähnt: Universitäten und Schulen. (Abg. Ing. Westen­thaler: Wie viele Arbeitslose gibt es in dieser Zeit?)


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570 Millionen € werden für Investitionsanreize für Unternehmen zur Verfügung gestellt, 50 Millionen € für die Forschung. Und wenn ich schon Infrastruktur sage, das ist
der Neubau von Bahnhöfen, Bahnstrecken und Straßen, wofür sich vor allem Doris Bures als Infrastrukturministerin sehr einsetzt. Da sage ich Ihnen: Das sind Maßnah­men, die die Bürgerinnen und Bürger unmittelbar betreffen. Hier wird wirklich alles unternommen, damit die Infrastruktur besser wird, damit die Schulbildung besser wird. (Abg. Bucher: Was macht ihr für die Arbeiter?)

Es gibt die Hackler-Regelung. Wir haben die Pensionen um 3,4 Prozent erhöht (Abg. Strache: Der Bauchladen der roten Illusionen!) – etwas, was übrigens alle gemeinsam gemacht haben –, die Studiengebühren abgeschafft – das haben wir übrigens auch ge­meinsam gemacht (Abg. Strache: Das ist ein Bauchladen der roten Illusionen, was Sie hier vortragen!) – und sind auch dabei geblieben: Die Studiengebühren sind abge­schafft! Das sind alles Maßnahmen, die in Wirklichkeit die Wirtschaft ankurbeln sollen, die gegen die Wirtschaftskrise wirken sollen, die aber zugleich die Zukunftsfähigkeit Österreichs weiter fördern sollen, weiter unterstützen sollen. Und das ist genau das, was auch noch in Verbindung mit der Absicherung des Sozial- und des Gesundheits­systems geschehen soll, wo ebenfalls Geld hineingepumpt werden wird und werden soll, ohne dass die Leistung, die Qualität der Leistung verloren geht.

Jetzt habe ich Ihnen das ein bisserl aufgezählt. (Abg. Strache: Sie haben Ihren roten Bauchladen der Illusionen vorgetragen! Aber in der Realität leben Sie nicht!) Was ha­ben Sie eigentlich heute aufzuzählen gehabt? – Nichts! Ich bin hier gestanden, ich hö­re mir hier immer den gleichen Kalauer an, dass das alles zu wenig ist, zu spät kommt. Was ist Ihr Vorschlag? Sagen Sie es! Die Hausaufgabe haben Sie jetzt einmal zu erle­digen. Kommen Sie heraus und sagen Sie: Was ist Ihr Vorschlag? (Abg. Strache: Den kennen Sie doch seit 2006!) Was würden Sie anders machen? Was würden Sie besser machen? (Abg. Strache: Diese Steuersenkungsanträge liegen seit dem Jahr 2006, bit­te, vor!) Wie würden Sie es finanzieren? Mit welchem Volumen würden Sie es ma­chen? (Abg. Strache: Seit 2006 liegen diese Steuersenkungsanträge, bitte, vor!) – Die Bürgerinnen und Bürger, die Zuseher und Zuseherinnen können sich gar nicht vorstel­len, was die Oppositionsparteien in dieser Wirtschaftskrise wollen, denn sie schlagen nichts vor. Das ist die Wahrheit, vor der wir jetzt stehen.

Meine Damen und Herren von den Oppositionsparteien, Sie haben noch Zeit: Die Fernsehübertragung dauert noch zwei Stunden. Für diejenigen Zuseher, die diese Ge­duld noch aufbringen möchten: Die Opposition hat die Chance, diese Zeit zu nutzen. Ihre Abgeordneten können hier ans Rednerpult treten. (Zwischenrufe beim BZÖ.) – Kurze Zwischenrufe sind keine Kunst. Die stehen unter keiner Qualitätskontrolle. Das ist auch viel zu kurz. Da gehört nicht viel Hirn dazu. Stellen Sie sich hier heraus und sagen Sie, bitte: Was ist Ihr Vorschlag? – Bis jetzt habe ich davon nichts gehört. Ich hoffe, dass das nachher noch kommt. (Abg. Strache: Lesen Sie einmal die Opposi­tionsanträge! Dann würden Sie gescheiter werden, Herr Cap!)

Wir haben jedenfalls in der Tat sehr, sehr viel Geld eingesetzt, sehr, sehr viel an Maß­nahmen gesetzt, um jetzt das Richtige für die Österreicherinnen und Österreicher zu tun. Und wenn Sie es besser wissen, dann sagen Sie es! Bis jetzt haben wir von Ihnen jedenfalls nichts vernommen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Prinz.)

11.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann Cap, für diesen letzten – oder fast letzten – Satz: „Da gehört nicht viel Hirn dazu.“, erteile ich Ihnen einen Ordnungs­ruf.

Als Nächste gelangt Frau Klubobfrau Dr. Glawischnig-Piesczek zu Wort. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



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11.02.29

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Da­men und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der Beitrag von Klubobmann Cap hat jetzt wahrscheinlich nicht so deutlich darauf hinge­wiesen, aber im Grunde diskutieren wir heute das „Steuerreformprojekt“ – unter Anfüh­rungszeichen – der Bundesregierung. Und es lohnt sich schon, ein paar nüchterne Bli­cke darauf zu werfen oder auch ein paar nüchterne Anmerkungen zu diesem Projekt zu machen. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Vorweg: Superlative sind bei dieser Steuerreform bei Weitem nicht angebracht. Und viel Gutes bleibt mir nicht zu befinden. Ich möchte das Positive aber voranstellen:
Mit dieser Steuerreform, mit diesem Projekt wird eine Privilegiendebatte beendet, nämlich die steuerliche Begünstigung von Stock Options – das ist eine steuerliche Be­günstigung von Manager-Zusatzeinkommen. Die wird abgeschafft. Das ist gut so, und wir bekennen auch, dass das eine richtige und wichtige Maßnahme war. Wir haben
es auch lange genug gefordert. – Das ist positiv. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Krainer.)

Allerdings: Von einer Steuerreform im ureigenen Sinne des Wortes – nämlich des Wor­tes „Reform“ – kann man nicht sprechen. Es handelt sich im Wesentlichen um eine Ta­rifsenkung in der Größenordnung von 2,3 Milliarden € und um ein zusätzliches Fami­lienpaket in der Größenordnung von 500 Millionen €. Ich denke, die Zeiten, also die kri­senhaften Entwicklungen auf den Finanzmärkten und dann auch in der Realwirtschaft, lassen für ein österreichisches Parlament nur zwei Fragen zu, nämlich: Welchen Bei­trag leistet diese Steuerreform zur Sicherung von Arbeitsplätzen, zur Verhinderung von Arbeitslosigkeit, welchen Beitrag leistet sie zur Konjunktur? Und: Welchen Beitrag leis­tet diese Steuerreform, um auch die weit auseinanderklaffende Schere zwischen Arm und Reich in Österreich zu schließen? – Das sind die zwei großen Prüfpunkte, anhand derer man dieses „Reformprojekt“ – unter Anführungszeichen – überprüfen muss. Und diese beiden Prüfungen besteht das Projekt nicht! (Beifall bei den Grünen.)

Der Herr Sozialminister hat vor wenigen Wochen einen Bericht vorgelegt – dankens­werterweise, muss man sagen, der Inhalt ist allerdings erschreckend! Der Inhalt ist alarmierend, und er betrifft die soziale Situation in Österreich, das Auseinanderklaffen zwischen Arm und Reich. Wir haben mittlerweile die Situation, dass das reichste Pro­mille in Österreich – das sind ein paar Tausend Menschen – über mehr Vermögen ver­fügt als die Hälfte der österreichischen Bevölkerung. Das ist ein dramatischer Befund, und man möchte meinen, dass mit einer Steuerreform – wie es auch viele Wirtschafts­wissenschafter, aber auch Experten aus allen Interessenvertretungen immer wieder gefordert haben – auch eine Strukturreform mit einhergeht, nämlich dass man den Faktor Arbeit, das Arbeiten entlastet und das arbeitslose Einkommen – nämlich das Einkommen über Vermögen – belastet. Diesbezüglich ist Österreich international Schlusslicht, eines der schlechtesten Länder im OECD-Vergleich.

Man möchte meinen, dass das auch auf der Regierungsbank in irgendeiner Form an­gekommen ist. Mitnichten! Während der Sozialminister in seiner Zeit als Gewerk­schaftspräsident noch mit aller Deutlichkeit betont hat, eine Steuerreform ohne zusätz­liche Vermögensteuern werde es nicht geben, das sei der Eckpfeiler einer Steuerre­form in Österreich, hat er dieses Vorhaben als Sozialminister weitgehend abgelegt und kann sich aus meiner Sicht auch nicht einmal mehr daran erinnern, denn es ist mir nicht bekannt, dass man sich in den Verhandlungen für eine Einschränkung dieser un­glaublichen Schere eingesetzt hätte. Im Gegenteil, es geht um ganz andere Dinge.

Der traurige Befund ist, dass ein Großteil der Bevölkerung, der es dringend braucht, nicht entlastet werden kann, weil man sich nicht traut, eine wesentliche Strukturfrage anzugehen, nämlich die niedrige Besteuerung – oder de facto Gar-nicht-Besteuerung – von Vermögen in Österreich. (Beifall bei den Grünen.)


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Die Krise geht zulasten der unteren Einkommen – das ist der Befund, den, glaube ich, alle teilen. Was heute noch nicht gesagt worden ist, was man aber sagen muss, ist: 2,5 Millionen Menschen in Österreich – diejenigen mit den untersten Einkommen, mit den niedrigsten Einkommen – werden von dieser Steuerreform keinen einzigen Cent erhalten. Sie erhalten keinen einzigen Cent! (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Das stimmt nicht!) Das stimmt, Herr Kollege Finanzminister. Sie verweisen immer darauf, dass bereits letztes Jahr 300 Millionen € über die Senkung von Sozialversicherungsbeiträ­gen (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Genau!), konkret Arbeitslosenversicherungsbeiträgen (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Genau!), für diese Menschen zur Verfügung gestellt wor­den sind. Aber eine kritische Frage darf ich an Sie schon noch stellen – die können Sie dann später beantworten –: Die obersten 10 Prozent erhalten 500 Millionen €, und die untersten 2,5 Millionen Menschen wollen Sie mit 300 Millionen € abspeisen. (Abg. Krainer: Aber das stimmt ja nicht! Das ist ja falsch!) Erscheint das nicht etwas unaus­gewogen (Abg. Krainer: Das stimmt ja nicht, bitte! Das ist ja falsch!), vor allem vor dem Hintergrund, dass die Krise – das ist jeden Tag tatsächlich spürbar – zulasten der unteren Einkommen geht? (Beifall bei den Grünen. – Abg. Krainer: Das stimmt ja nicht!) – Das ist nachweisbar der Fall!

Eine Antwort sind Sie auch schuldig geblieben, nämlich: Wann kommt die Stunde der Wahrheit? Jede Tarifsenkung muss man auch in irgendeiner Form einmal gegenfinan­zieren. Wann wird das stattfinden? Wie wird das stattfinden? Wer werden diejenigen sein, die zur Kasse gebeten werden? – Jetzt merken wir Bestrebungen in allen Res­sorts, bei Ermessensausgaben zu sparen, de facto ein Sparpaket über alle Bereiche hinweg zu machen. Verteilungspolitisch, gerechtigkeitsmäßig ist das unklug und unge­recht. Sie sollten sich lieber überlegen, wie Sie jene Menschen, die am ärgsten belas­tet und betroffen sind, entlasten, anstatt mit dem Rasenmäher über alle Budgets – von der Bildung über das Sozialressort über die Kultur – irgendwie drüberzufahren. (Beifall bei den Grünen.)

Welchen Beitrag leistet das Paket zur Konjunktur? Sie sind sehr stolz darauf, das habe ich auch aus den Hearings herausgehört, dass die Rechnungen der Experten und Ex­pertinnen – es waren eigentlich nur Experten, fällt mir gerade ein, es war keine einzige Frau beim Hearing dabei (Rufe bei ÖVP und FPÖ: ... bei den Grünen?!) – ungefähr in die Richtung von 10 000 zusätzlichen Arbeitsplätzen gehen. (Abg. Tamandl: ... bei den Grünen?) – Sie können sich auch einmal um die Frauenquote bemühen. Da sind nicht immer wir allein dafür zuständig. Das wäre auch eine Aufgabe der ÖVP! (Beifall bei den Grünen.)

10 000 zusätzliche Arbeitsplätze also. Darauf sind Sie stolz. – Das ist auch gut, nur: Mit 3,2 Milliarden € beziehungsweise mit 3 Milliarden € kann man durchaus mehr Arbeits­plätze schaffen. Wenn Sie das in direkte Beschäftigung stecken, nämlich in die Kinder­betreuung, in die Pflege, in zusätzliches Lehrpersonal, ist die Beschäftigungswirkung ein Dreifaches. Das sollten Sie sich schon überlegen, gerade auch vor dem Hinter­grund der derzeitigen Spardiskussion im Bildungsbereich. (Beifall bei den Grünen.)

Das Familienpaket wird schon auch mit einem gewaltigen Schmäh zu verkaufen ver­sucht. Die Werbung, es handle sich hier um ein 13. Gehalt für Familien, ist wirklich ein Schmäh – ein bösartiger Schmäh. Viele Menschen, viele Familien haben von diesem Familienpaket bis auf den Absetzbetrag gar nichts, und das betrifft vor allem allein­erziehende Menschen – das sind 250 000 Frauen. 44 000 Menschen in Österreich, die an der unteren Einkommensgrenze liegen, spüren von diesem Familienpaket gerade einmal 90 €.

Superverdiener – und es sind nicht wenige in Österreich, die trotzdem in diese Einkom­menskategorie fallen – können von diesem Familienpaket 3 500 € lukrieren. (Abg. Krainer: Aber auch Mittelverdiener!) Ich finde das ungerecht. Ich finde, gerade die Al-


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leinerziehenden, gerade die Frauen und Männer in diesem Bereich verdienen sehr viel mehr Zuwendung. Hier kann man daher nicht von einem gerechten Familienpaket sprechen, denn es begünstigt ganz eindeutig jene Menschen, die sehr gut verdienen. (Abg. Krainer: Das stimmt ja auch nicht! Auch bei Einkommen von ... habe ich diese Ersparnisse!) Und in diesen Zeiten ist, glaube ich, diese Debatte in dem Sinn erledigt, als wir eindeutig sagen müssen, wir kümmern uns um diejenigen, die wirklich Probleme haben, anstatt mit der Gießkanne irgendwie etwas auszuschütten.

Eines verstehe ich auch nicht: Sie freuen sich jetzt über den Gratiskindergarten in Wien – vor allem die SPÖ freut sich darüber. (Abg. Krainer: Nein, die Eltern freuen sich darüber, nicht eine Partei!) – Ja, es freuen sich viele darüber; Sie freuen sich aber auch. Es ist jetzt aber eine Glücksfrage, wo man in Österreich wohnt, welches Bundes­land gerade von wem regiert wird, ob man jetzt flächendeckend einen Gratiskindergar­tenplatz hat oder nicht. Das ist eine reine Zufalls-Losentscheidung. (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Das ist eine Wahlentscheidung!)

Ich finde, das ist den Eltern wirklich nicht zuzumuten: Sind sie zufällig in Graz oder an­derswo in der Steiermark oder in Salzburg zu Hause, dann bekommen sie es eben nicht, in Wien vielleicht doch. (Beifall bei den Grünen.)

Warum also nicht hergehen und dieses Volumen, diese 500 Millionen € in eine flächen­deckende Gratiskindergarten-Unterstützung für alle Kinder und für alle Eltern öster­reichweit stecken? – Diese Frage hat die SPÖ bis heute nicht beantwortet. Warum man das auf solchen steuerlichen Umwegen machen muss, leuchtet mir nicht ein. Das ist völlig ungerecht. (Beifall bei den Grünen.)

Ein Punkt aber ist der Gipfel der Ungerechtigkeit, und da blutet, glaube ich, das Herz vieler Menschen, die in Österreich ehrenamtlich arbeiten, vor allem im Umwelt- und Naturschutzbereich: Herr Kollege Pröll, Sie waren früher einmal Umweltminister, und Sie haben in diesem Bereich ganz große Unterstützung erfahren von NGOs, von Um­weltorganisationen, die in vielen Bereichen Pioniere waren. Jetzt sind Sie alle stolz, dass das Gentechnik-Anbauverbot bei der Kommission gehalten hat. (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Weil die Regierung das geschafft hat! Ohne NGOs!)

Sie sagen, die Regierung hat das geschafft, ohne NGOs, aber da frage ich Sie: Wer waren denn die Pioniere des Widerstandes gegen die Gentechnik in Österreich? Wer hat denn ein Gentechnik-Volksbegehren in Österreich eingeleitet? Wer hat denn in die­ser Frage europaweit Impulse gesetzt, in allen europäischen Ländern, mit ehrenamtli­cher Arbeit, wo viele Menschen ... (Abg. Grillitsch: Wir!) – „Wir“?! – Das ist wohl ein Witz, muss ich sagen! Da war die ÖVP noch pro Gentechnik unterwegs, 1993, 1994. (Widerspruch bei der ÖVP.) In Enquete-Kommissionen haben Sie darüber beraten müssen (Abg. Grillitsch: Das haben Sie alles verschlafen, Frau Kollegin!), ob die Landwirtschaft nicht vielleicht gut daran täte, mit gentechnisch veränderten Pflanzen zurückhaltend zu sein – 1993, 1994. Ich kann mich sehr wohl erinnern!

Ich halte das wirklich für eine unglaubliche Diskriminierung und Schlechtbehandlung von Menschen, die sich über Jahre hinweg auch vorausdenkend für Anliegen einge­setzt haben, für ganz Österreich – nicht nur für ganz Österreich, sondern für vernünfti­ge, inhaltlich vorausschauende Politik. Die werden heute hier bestraft: die Umwelt­schutzorganisationen, die Tierschutzorganisationen.

Ich glaube, dass Sie Ihren Kindern zu Hause, die fragen: Wie ist denn das mit dem Re­genwald?, oder: Wie ist denn das mit dem Aussterben von Walen oder von Tier- und Pflanzenarten, die schön und wichtig sind?, das doch auch gerne erzählen. (Abg. Gril­litsch: Wir haben es umgesetzt, die Gentechnikfreiheit!) Aber: Da dürfen die Leute zwar spenden, aber Sie lassen nicht zu, dass das Geld abgesetzt wird. (Abg. Gril­litsch: ... nur reden!)


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Sie sagen „nur reden“. – Sie müssen das noch einmal erklären: Was ist tatsächlich Ihr Kriterium gewesen, diese Arbeit zu diskriminieren? – Dafür gibt es keine Erklärung außer politische Bestrafung (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Nein!), außer, dass Ihnen die­se Menschen nicht passen, weil sie im Tierschutzbereich hie und da auch einmal den Bauern auf die Zehen gestiegen sind – zu Recht, im Übrigen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.12


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun der Herr Bundesminister für Finan­zen Dipl.-Ing. Pröll. – Bitte.

 


11.12.45

Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Zuschauer­galerie, die gekommen sind, um dabei zu sein, wenn die Zeit der Entlastung gekom­men ist (ironische Zwischenrufe bei FPÖ, BZÖ und Grünen), die wir heute diskutieren, mit der größten Steuerreform! (Beifall bei der ÖVP.) – Ich zitiere hier keine Politiker, sondern ich zitiere aus den Beratungen im Ausschuss, wo beim Experten-Hearing die Experten einer Meinung waren (Abg. Zanger: Freilich, „einer Meinung“!), dass diese Steuerreform die stärkste Entlastung für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler bringt, die man in Österreich seit Jahrzehnten gesehen hat. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Cap.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme unter dem Eindruck der Beratun­gen der europäischen Finanzminister, die in den letzten zwei Tagen stattgefunden ha­ben, zurück aus Brüssel, und ich möchte deswegen, bevor ich auf die Eckdaten dieses wichtigen Entlastungspaketes eingehe, auch ganz kurz beleuchten, wo wir stehen, was auf uns zukommt und was aus Sicht der Wirtschaftsforschung für ganz Europa, für die ganze Welt und damit auch für Österreich in den nächsten Wochen und Monaten zu erwarten ist.

Ohne Zweifel stehen wir in finanz- und wirtschaftspolitischer Hinsicht vor der größten Herausforderung seit 1945. Die Daten zeigen konsequent nach unten. Wir haben da­her alle Hände voll zu tun, die Dinge, die notwendig sind und die vorausschauend und proaktiv auf den Weg zu bringen sind, jetzt mit ruhiger Hand anzugehen, um Öster­reich, um die Volkswirtschaft in Balance zu halten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, da ich auch den Oppositionspolitikern sehr aufmerksam zugehört habe: Es ist die Zeit gekommen, nicht irgendwelche politischen Scharmützel auf dem Rücken dieser Krisensituation auszutragen, sondern eher das zu tun, was Sie ja auch gemeinsam in diesem Hohen Haus getan haben, indem Sie näm­lich einstimmig dafür gestimmt haben, dass zur Unterstützung unseres Finanzsystems mit 100 Milliarden € die notwendige Hilfe begonnen wird, um die Spareinlagen zu stabi­lisieren, die Kreditwirtschaft aufrechtzuerhalten – und wo jetzt die notwendigen Maß­nahmen umgesetzt werden. Ich verstehe nicht, warum sich in so angespannten und herausfordernden Zeiten manche wieder von dieser einstimmig getroffenen politi­schen Entscheidung zu verabschieden beginnen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Weil der Finanzminister Molterer etwas anderes versprochen hat ...!)

Das ist nicht dazu angetan, konzentriert und mit ruhiger Hand durch diese größte Krise, die wir seit Langem haben, durchzusteuern. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren: Die wohl wichtigste Währung im Jahr 2009 heißt Vertrauen. Und wir müssen Vertrauen herstellen in die Finanzsys­teme, Vertrauen herstellen auch gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern (Abg. Stra­che: Kontrolle ist besser! Kontrolle ist besser als Vertrauen!), die jetzt darauf vertrauen


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können und müssen (Abg. Strache: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!), dass wir in der Politik die richtigen Dinge einleiten, die notwendig sind, um entsprechende Antwor­ten zu geben.

Wir haben uns in Österreich stärker als in anderen Ländern der Europäischen Union – und auch früher, übrigens – dazu entschieden, auf einen Maßnahmen-Mix zu setzen, nämlich mit dieser größten Steuerreform der letzten Jahrzehnte die Menschen zu ent­lasten und gleichzeitig mit zwei Konjunkturpaketen die Wirtschaft zu stärken, um den Kreislauf der Wirtschaft in den nächsten Monaten und Jahren aufrechterhalten zu kön­nen.

Jetzt zu dem Teil, den wir heute beschließen wollen, zur Steuerreform. – Ich darf mei­nen Beamtinnen und Beamten und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die dieses Gesamtpaket geschnürt haben, von dieser Stelle aus sehr herzlich danken – auch Willi Molterer, der in der Grundkonzeption mit dabei war, und den beiden Staatssekretä­ren –, dass wir in Rekordzeit (Abg. Strache: Seit Jänner 2007!) seit Amtsantritt dieser Regierung ein umfassendes Maßnahmenpaket, auf drei Säulen ruhend, beschließen können.

Das Erste: Wir werden all jene Menschen, die Steuern zahlen, in diesem Schritt spür­bar entlasten. Wir haben übrigens auch schon all jene entlastet – mehr als 2 Millio­nen –, die keine Steuern zahlen – das vergessen Sie immer dazuzusagen –, durch eine Senkung der Arbeitslosensversicherungsbeiträge im Ausmaß von 300 Millionen €. Das wurde bereits frühzeitig im Rahmen der Steuerreform eingelöst und steht heute nicht mehr zur Debatte.

Die zweite Säule, die wir uns vorgenommen haben, ist mit einem Ausmaß von 500 Mil­lionen € und mit neuen Instrumentarien, die wirken werden, dazu gedacht, vor allem den Familien Österreichs unter die Arme zu greifen.

Der dritte Punkt ist, dass wir auch jenen Menschen, die unternehmerisch tätig sind, die Unternehmen, Klein- und Mittelunternehmen haben, mit der Erhöhung des Freibetra­ges von 10 auf 13 Prozent ein klares Signal geben, dass wir in der Krise mit dieser Ent­lastung auf ihre Tatkraft, auf ihre unternehmerische Tätigkeit setzen, weil wir wissen, dass nicht die Politik Arbeitsplätze retten kann, sondern dass wir gerade in so einer schwierigen Phase darauf angewiesen sind, dass Unternehmerinnen und Unternehmer nicht mutlos werden und weiterwirtschaften, auch wenn es eng wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Diese drei Säulen werden uns auch helfen, die entsprechenden notwendigen Dinge zu tun.

Ab 1. Jänner 2009 werden 2,7 Millionen Menschen in Österreich keine Lohn- und Ein­kommensteuer mehr zahlen. Das ist eine Steigerung um 160 000 Menschen, die sich das auch verdient haben. Wir entlasten vom Arbeiter bis zum leitenden Angestellten in einem Ausmaß von 420 € bis maximal 670 € im Jahr. Das ist eine Sozialpolitik, meine sehr geehrten Damen und Herren, ausgleichend und über alle Einkommenschichten hinweg, die keinen Vergleich zu scheuen braucht.

Mit dem Familienpaket werden wir – gerade auch ich als Vater von drei Kindern (Oh-Rufe bei Abgeordneten von Grünen und FPÖ) weiß, was es da an Kosten und an Not­wendigkeiten gibt –, und das ist mir persönlich auch sehr wichtig, mit einem Maßnah­men-Mix die richtigen Signale setzen, auch wenn Frau Abgeordnete Glawischnig ge­sagt hat, es sei irgendwo ein Schmäh in diesem Paket. – Nein, das ist nicht der Fall! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Oh ja, ist es schon!) – Wir werden mit diesem Fami­lienpaket im Schnitt aller ein 15. Einkommen für die Familien Österreichs ermöglichen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Strache: Wo ist das Familiensteuersplitting?)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem Kinderabsetzbetrag, der gemeinsam mit der Familienbeihilfe ausgezahlt wird und den wir auch rückwirkend mit 1. Jän­ner 2009 umsetzen werden, mit der Anpassung des Unterhaltsabsetzbetrages, den wir pro Kind festgesetzt haben, und mit der Einführung der Absetzbarkeit der Kinderbe­treuung wird auch für mich und für uns ein Grundsatz realisiert, der da lautet: Mit stei­gender Kinderzahl steigende Entlastung.

Das ist ein klares Signal. Von der alleinerziehenden Mutter (Abg. Strache: Also von einem Familiensteuersplitting ist nicht die Rede!) bis hin zur Mehrkinderfamilie werden wir progressiv das umsetzen, was wir immer gesagt haben, dass mit steigender Kin­derzahl auch mehr Geld im Börsel bleibt. Das ist eine richtige, nicht nur ökonomisch, sondern auch familienpolitisch richtige Entscheidung. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein Punkt, der vor allem auch jenen Organi­sationen helfen wird, die wir in Zeiten wie diesen auch ganz nötig an unserer Seite brauchen: Es geht um die Frage der Absetzbarkeit der Spenden. Wir wollen heute hier dieses Signal setzen, dass Menschen, die spenden – und das sind sehr viele Öster­reicherinnen und Österreicher –, einen Teil ihres Spendenvolumens und -aufkommens wieder zurückbekommen; aber nur bei Spenden für jene Organisationen – in einem ersten Schritt –, die Dienst am Menschen tun. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordne­ten der SPÖ.)

Jene Organisationen, die die richtigen Dinge zur richtigen Zeit tun, die wir an unserer Seite auch zur Entlastung der öffentlichen Haushalte brauchen, die Organisationen im mildtätigen und sozialen Bereich müssen auch eine entsprechende Entlastung bekom­men. Das wird jetzt umgesetzt, und wir werden dann, wenn vielleicht die öffentlichen Budgets wieder mehr Spielraum hergeben, darüber diskutieren können, derartiges auch für andere Organisationen zu überlegen. Derzeit allerdings, angesichts knapper Mittel und knapper Budgets, müssen wir Prioritäten setzen – und die Priorität wird im Bereich der Mildtätigkeit und auch im Bereich des sozialen Engagements gesetzt. (Bei­fall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Pirklhuber: ... Umwelt­organisationen! Warum bestrafen Sie die Umweltorganisationen?)

Zur dritten Säule, meine sehr geehrten Damen und Herren, zur Frage, wie wir weiter mit der Begünstigung bei Unternehmensgewinnen umgehen: Wir werden den bisheri­gen Freibetrag für investierte Gewinne von 10 auf 13 Prozent anheben. Das führt bei Unternehmerinnen und Unternehmern in diesem Land – je nach Gewinn, ich kann zwei Beispiele nennen – bei einem Gewinn von 20 000 € zu einer Entlastung von 680 € und bei einem Gewinn von 50 000 € zu einer Entlastung von 1 340 €. Wir lassen also auch und vor allem die Unternehmerinnen und Unternehmer in unserem Land nicht im Stich. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses Paket enthält darüber hinaus noch sehr wichtige Maßnahmen – die ich hier im Detail anführen könnte; Sie wissen: Öko­prämie (Abg. Dr. Pirklhuber: ... Fiasko!) und andere Dinge –, die insgesamt, schlüssig, wie sie daliegen, einen ganz wichtigen Akzent zur Bekämpfung der Krisensituation set­zen. Die Steuerreform und zwei Konjunkturpakete im Ausmaß von 6 Milliarden € für Österreich machen 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus. Wir gehen damit auch an alle Grenzen der Finanzierbarkeit, sind bereit, partiell den Schuldenstand der Repu­blik entsprechend zu erhöhen, um kraftvoll helfen zu können, aber wir werden nie ver­gessen, dass wir auch maßvoll wirtschaften müssen. Das, was wir heute an vorüberge­hender Verschuldung eingehen, werden unsere Kinder und Kindeskinder rückzuerstat­ten haben.

Deswegen müssen wir diesen schmalen Grat der wirksamen Hilfe gehen und gleichzei­tig die Schuldensituation und die Finanzierbarkeit des Landes im Auge behalten. Das


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ist eine besondere Herausforderung in besonderen Zeiten. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

6 Milliarden € sind, gemessen an den anderen Volkswirtschaften Europas, absolut im Spitzenfeld zu suchen. (Abg. Strache: Bei den 15 Milliarden für die Banken sind Sie nicht so sparsam!) Wir haben schnell reagiert, wir haben das Ausmaß derart groß ge­spannt, um stärker und schneller als andere Länder durch dieses Krisental gehen zu können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir können daher mit Optimismus in die Zukunft blicken – Pessimismus war gestern! Wir müssen die Realität anerkennen, sie auch offen ansprechen, aber wir müssen alles tun und gemeinsam, klar und effizient an die Bekämpfung dieser Krise gehen. Öster­reich hat schon ganz andere Zeiten gemeistert, etwa die Generation nach 1945. (Abg. Strache: Das waren andere Persönlichkeiten als heute! Das ist das Problem! Das wa­ren noch Persönlichkeiten, Herr Pröll!) Natürlich ist das jetzt eine schwierige Situation, aber wir sollten uns ein Beispiel an jenen nehmen, die diese Republik aufgebaut ha­ben. Gemeinsam, mit all dem, was wir heute auf den Weg bringen, können wir erfolg­reich sein und es schaffen. Lassen wir uns von niemandem diesen Mut zur Zukunft verbauen! – Das ist ein wichtiger Auftrag in sehr schwierigen Zeiten. (Lang anhaltender Beifall bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. Abg. Ing. Westen­thaler: Fürs Protokoll: Die Begeisterung der SPÖ hält sich in Grenzen!)

11.24


Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Themessl. – Bitte.

 


11.24.59

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Meine Damen und Herren vor den Fernseh­schirmen! So viel Antrittsapplaus von der ÖVP hätte ich mir gar nicht erwartet. Das Interessante, Herr Klubobmann Kopf, ist schon: Immer dann, wenn Sie nichts oder fast nichts machen, bemühen Sie den guten alten Schilling, indem Sie in Schilling umrech­nen, damit das Ganze wenigstens von den Zahlen her ein bisschen etwas hergibt. Sie befinden sich nicht nur beim Bildungsniveau im letzten Jahrhundert, sondern offen­sichtlich auch in Bezug auf die Währungsfrage. – So viel zu diesem Teil. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Finanzminister Pröll, Sie sprechen von der größten Steuerreform seit Jahrzehn­ten. – Na ja, das kann man so oder so sehen. Tatsache ist, dass das keine Steuerre­form ist, sondern eine geringfügige Tarifanpassung, die gerade einmal knapp die Infla­tionsrate der letzten drei Jahre abdeckt. Wenn Sie davon ausgehen, dass, wie Sie sa­gen, 5 bis 6 Milliarden € für Konjunkturpakete und Steuerentlastungen europaweit im Spitzenfeld liegen, dann haben Sie sich andere Länder nicht angesehen. Sie sprechen von 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. – In Deutschland sind es 2,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, und es gibt etliche Länder in Europa, die wesentlich mehr ma­chen. Im Vergleich zum Bankenrettungspaket ist das einfach beschämend, was hier gemacht wird. Das Hauptaugenmerk muss doch jetzt eindeutig darauf liegen, die Be­schäftigung in diesem Land sicherzustellen. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie, Herr Finanzminister, haben vor einigen Tagen in einer Runde selbst davon ge­sprochen, dass Sie befürchten, dass wir im Herbst des Jahres 2009 600 000 Arbeits­lose in diesem Land haben werden – was hoffentlich nicht zutrifft; aber auch Wirt­schaftsexperten gehen davon aus, dass das möglich sein könnte. Damit sagen Sie gleichzeitig, dass wir um 400 000 Arbeitslose mehr haben werden als im Herbst des Jahres 2008. Und was 400 000 Arbeitslose mehr kosten, das kann ich Ihnen auch sa­gen: Es gibt eine Faustregel vom Wifo, die ganz klar besagt, dass 100 000 Arbeitslose das Budget des Staates mit 2,5 Milliarden € belasten.


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Herr Finanzminister, jetzt stelle ich Ihnen eine ganz konkrete Frage: Wenn Sie 400 000 zusätzliche Arbeitslose bis zum Herbst dieses Jahres erwarten, dann bedeutet das, dass das Budget des österreichischen Staates mit 10 Milliarden € zusätzlich be­lastet wird – haben Sie das budgetiert? (Abg. Krainer: Zusätzlich 40 000, nicht 400 000!) Ich frage Sie, wo Sie das budgetiert haben, Herr Finanzminister! Wäre es nicht sinnvol­ler, um die Beschäftigung in diesem Land zu sichern, endlich Geld in die Hand zu neh­men, eine Steuerreform zu machen, die sich gewaschen hat, damit den Leuten nicht nur 20 € oder 30 € im Monat, sprich 5 bis 7 € in der Woche übrig bleiben und wir davon ausgehen können, dass die kleinen und mittleren Einkommensbezieher zwischen 150 und 200 € mehr in der Tasche haben? (Beifall bei der FPÖ.)

Dann können wir von einem Konjunkturbelebungspaket sprechen, dann können wir da­von reden, dass die Kaufkraft in unserem Land gestärkt wird – aber nicht angesichts dieses Miniaturpakets, das Sie hier vorlegen.

Sie haben das Konjunkturpaket angesprochen. – Das erste hat noch gar nicht gewirkt, es ist noch nicht dort angekommen, wo Sie es gerne hätten, und beim zweiten, das Sie heute im Zuge dieser Debatte im Laufe des Tages noch beschließen werden, reden wir von 250 Millionen €. Zugegeben, das ist der richtige Ansatz, aber die Wirkung verpufft, weil sie absolut viel zu klein ist. Und das ist nicht nur beschämend, das ist verantwor­tungslos in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wie diesen. (Beifall bei der FPÖ.)

Zu Ihrem Einfallsreichtum, zum Einfallsreichtum dieser Regierung: Sie überlegen, wie man die Autoindustrie stützen kann, weil die Autozulieferer vorwiegend aus Österreich kommen, speziell für die deutsche Autoindustrie, Sie überlegen sich, wie man das Bau­gewerbe und das Baunebengewerbe stützen kann, aber Sie überlegen sich überhaupt nicht, was mit dem Transportgewerbe geschieht. Sie wissen, dass Hunderte von Transportunternehmen in Österreich, alteingesessene Familienbetriebe, vom Bankrott bedroht sind, und Sie sind nicht bereit, die Kfz-Steuer endlich einmal an ein europäi­sches Mittelmaß anzupassen. (Abg. Strache: Die NoVA abschaffen! Die NoVA weg, das wäre es!) Sie schaffen eine Verschrottungsprämie, obgleich es viel sinnvoller wäre, die NoVA temporär auszusetzen, das würde vielen weiterhelfen. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Finanzminister, dass Sie mir nicht glauben, das nehme ich Ihnen noch ab, aber dass Sie Ihren eigenen Wirtschaftsexperten nicht glauben – auch die SPÖ nicht –, das wundert mich. Herr Hannes Androsch, Ihr Vorzeigeindustrieller aus dem roten Bereich, sagt ganz klar im „Format“: Die Politik schläft. „Einen Großbrand kann man ja auch nicht mit der Gießkanne löschen.“ (Beifall bei der FPÖ.)

Um noch einen zu zitieren, nämlich den Ökonomen Erich Streissler, der von der Regie­rung ohnedies sehr „viel“ hält: Faymann hat „null ökonomisches Wissen“, und Pröll liegt wenige Prozentpunkte darüber. – Ich würde sagen, darunter! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.29


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Kollege Dr. Stummvoll. – Bitte.

 


11.30.11

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Wenn wir heute diese Steuerreform diskutieren, so diskutieren wir sie, Herr Kollege Strache, natürlich in einem wirtschaftli­chen Umfeld, das zweifellos die größte Herausforderung der letzten Jahrzehnte ist. Die Weltbank hat am vergangenen Sonntag, und gestern haben die EU-Finanzminister da­rauf hingewiesen: die größte globale, das heißt, weltweite Rezession seit 1945!

Gar keine Frage, das sind die Daten und Fakten. Der Wind bläst uns ins Gesicht, und die Talsohle ist noch nicht erreicht, muss man ehrlicherweise sagen, aber – und das


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macht uns optimistisch – alle Daten und Fakten zeigen: Österreich steht besser da als viele andere Länder auf der Welt – so die Daten- und Faktenlage, die wir heute ken­nen –, und das, Herr Kollege Strache, hat mehrere Gründe.

Erstens: die klein- und mittelbetriebliche Struktur unserer Wirtschaft mit innovativen Unternehmen und fleißigen, tüchtigen Mitarbeitern in den Betrieben, Mitarbeitern, um die uns die ganze Welt beneidet, meine Damen und Herren! Darauf können wir stolz sein, dass wir solch ein Humanpotenzial haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der SPÖ. – Abg. Strache: Denen helfen Sie aber nicht, Herr Stummvoll!)

Wir haben zweitens – das sage ich auch in Richtung meiner Kollegen in der SPÖ-Frak­tion – ein gelebtes Konzept der sozialen Marktwirtschaft, das sich wesentlich unter­scheidet vom neoliberalen Kapitalismus der Wall Street, das muss man auch einmal sagen. Wir leben eine soziale Marktwirtschaft.

Und drittens: Wir haben in den Jahren 2000 bis 2007 sehr erfolgreich Strukturreformen durchgeführt, die es uns heute ermöglichen, solch eine Steuerreform auch umzuset­zen. (Beifall bei der ÖVP.) Deshalb stehen wir besser da als viele andere Länder. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Daher, Herr Kollege Strache: Du kannst die Wirtschaft nicht gesundbeten, aber krank­jammern kannst du sie sehr leicht, denn Wirtschaft heißt Rechenstift und Psychologie. Das heißt: Klare Daten und Fakten, größte Herausforderung seit vielen Jahrzehnten – aber wir stehen besser da als viele andere, und wir sind selbstbewusst, wir werden die­se Krise meistern, auch wenn uns der Wind ins Gesicht bläst!

Diese Steuerreform heute – das wurde vom Herrn Finanzminister bereits betont; das haben die Experten im Hearing im Finanzausschuss gesagt – ist vom Volumen her die größte Steuerreform der letzten Jahrzehnte. Im Vordergrund stehen natürlich nicht strukturelle Reformen, sondern im Vordergrund steht die steuerliche Entlastung, und ich halte das auch für richtig. Ich treffe ständig Leute, die sagen: Hör mir auf mit der Steuerreform! Das Einzige, was ich will: Ich will weniger Steuern zahlen! – Genau dem tragen wir Rechnung. Weniger Steuern zahlen, keine Gegenfinanzierung, indem aus der einen Tasche etwas genommen wird, um es in die andere Tasche hineinzugeben.

Zur allgemeinen Situation: Ich glaube, wir können hier in Österreich wirklich sagen – und darauf kann auch die Opposition stolz sein, sie hat ja damals mitgestimmt –, wir haben sehr rasch die Weichen gestellt. Wir haben Ende Oktober das Bankenpaket be­schlossen, vor dreieinhalb Monaten, dann das Konjunkturpaket eins. Heute beschlie­ßen wir die steuerliche Entlastung, Kaufkraftstärkung. Wir beschließen heute noch das Konjunkturbelebungsgesetz 2009, wir beschließen heute noch die Ökoprämie. Die Po­litik hat also wirklich sehr rasch reagiert, wir haben somit eigentlich eine sehr gute Leis­tungsbilanz der ersten hundert Tage dieser Bundesregierung. (Beifall bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

Dafür bedanke ich mich an dieser Stelle auch bei unserem Koalitionspartner, auch wenn er es sich manchmal nicht verkneifen kann – heute wieder, Herr Klubobmann Cap –, die Jahre 2000 bis 2007 als die „hässlichen Jahre“ zu bezeichnen. Seien Sie so ehrlich, zu sagen, ganz Europa hat uns damals beneidet um diese Reformen, die wir durchgeführt haben, sie sind die Basis für den heutigen Wohlstand! (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Lassen Sie mich Folgendes auch sagen, denn ich nehme gerne auch die Kritik der Op­position auf, die lautet: Alles ist viel zu spät, alles ist viel zu wenig. – Glauben Sie mir, in meinen Schreibtischladen habe ich noch viele Vorschläge, wie man Steuern senken könnte, da sind auch alle Ihre Vorschläge dabei; nur, vergessen Sie nicht, das Budget hat nur zwei Seiten: Einnahmen und Ausgaben. Für jede Milliarde Einnahmen, auf die


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man durch Steuersenkung verzichtet, müsste man eigentlich, um nicht in die Schulden­falle hineinzutappen, auch die Ausgaben um eine Milliarde senken – und mir fehlen Ih­re Vorschläge zur Ausgabensenkung, Herr Kollege Strache. (Abg. Strache: Das haben wir Ihnen gerade bei den Arbeitslosen vorgerechnet!) Da sind Sie sehr schwach. (Bei­fall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Strache: Verwaltungsreform, Gesundheitsre­form, da schlafen Sie!)

Sie, Herr Strache, sind sehr gut im Fordern, im Alles-besser-Wissen – aber dort, wo es um Ausgabeneinsparungen geht, sind Sie in der Regel sehr schmähstad, und auch die Lautstärke Ihrer Zwischenrufe kann diesen Ihren Argumentationsnotstand leider nicht übertünchen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Weil Sie nicht zuhören!)

Noch etwas, meine Damen und Herren, möchte ich sagen in Richtung vieler Kollegen in der SPÖ, nämlich zu der Aussage: Die kleinen Einkommen werden zu wenig entlas­tet. – Wie wir heute gehört haben, zahlt fast jeder zweite an sich Lohn- und Einkom­mensteuerpflichtige überhaupt keine Lohn- und Einkommensteuer mehr. Schauen wir uns die Verteilung an – ich möchte das heute bewusst hier erwähnen, und das ist auch ein Appell von mir an den jetzt nicht mehr anwesenden Sozialminister –, schauen wir uns die soziale Verteilung an! Dazu hat erst vor Kurzem JOANNEUM RESEARCH eine sehr interessante Studie herausgebracht:

Zwei Grazer Familien, beide Familien haben zwei Kinder, eine Familie hat das Min­desteinkommen von 950 €, die andere vier Mal so viel, 3 800 €. Ergebnis: Die Familie mit 3 800 € brutto hat nur 440 € netto mehr als die Familie mit 950 €. – Was heißt denn das? Dass wir eine Kumulierung von Sozialsystemen haben: Bundesebene, Landes­ebene, kommunale Ebene (Abg. Öllinger: Nein! Sie haben keine Ahnung!), was über­haupt keine Transparenz mehr schafft. Ich würde in diesem Hohen Haus gerne einmal die Frage der sozialen Gerechtigkeit unter Einbeziehung aller drei Ebenen, Bund, Län­der, Gemeinde, diskutieren.

Aber lassen Sie uns heute froh sein, dass wir diese Steuerreform beschließen! Wir werden eine Steuerreform beschließen, die einen Impuls gibt für Kaufkraft, für Konsum. Wir sind daher optimistisch, dass wir, dieses kleine Land im Herzen Europas, diese Kri­se als eines der ersten erfolgreich bekämpfen werden. In diesem Sinne: Danke, Herr Finanzminister, für all das, was hier an Vorarbeiten geleistet wurde! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.35


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Kollege Ing. Westenthaler. – Bitte.

 


11.35.43

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss Herrn Abgeordnetem Stummvoll wirklich recht geben in der Beurteilung der Jahre 2000 bis 2007. (Abg. Riepl: Bitte kei­ne Wirtshausrede!) Damals sind wirklich gute Reformen beschlossen worden. Auch die Steuerreform – und das sollte man nicht unterschätzen und auch nicht wegdiskutieren, denn das sind Fakten –, die auf zwei Etappen beschlossen worden ist von der damali­gen schwarz-blauen Regierung Schüssel/Riess-Passer, 2004 und auch 2005, bezie­hungsweise die dann in Kraft getretenen Steuerreformetappen in der Höhe von 3 Mil­liarden € haben es überhaupt erst möglich gemacht, dass in diesem Land 2,5 Millionen Menschen keine Lohn- und Einkommensteuer zahlen. Das war ein großer Wurf, den wir damals gemacht haben. (Beifall bei BZÖ und ÖVP.)

Herr Klubobmann Cap, jetzt komme ich zu Ihrer Rede: Sie haben sich hier hergestellt wie auf einen Markt und haben Ihren Bauchladen, den es gar nicht gibt, proklamiert. Ich frage mich nur, Herr Kollege Cap: Wenn das alles stimmt, was Sie heute gesagt haben, warum kommt das bei Ihren Wählern nicht an?


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Darf ich Ihnen einmal etwas sagen? – Sie haben zwar heute Vormittag in der „Aktuel­len Stunde“ darüber gesprochen, dass Sie lieber im 18. Jahrhundert wären – ich glau­be, so lange sitzen Sie ohnehin schon im Parlament, seit dem 18. Jahrhundert, so ähn­lich kommt mir das auch vor, mit Ihren Ideen (Beifall beim BZÖ) –, aber das kommt bei Ihren Wählern nicht an, die laufen Ihnen nämlich in Scharen davon. Schauen Sie ein­mal im Kalender nach, blättern Sie nach, falls Sie ihn noch haben! Wissen Sie, wann die SPÖ die letzte Wahl gewonnen hat? Im Oktober 2005! Das ist dreieinhalb Jahre her, und seither hat die SPÖ jede Wahl dramatisch verloren. (Abg. Strache: Und das ist gut so!) Das ist das Ergebnis, das Sie einfahren, Herr Kollege Cap, mit Ihren Maß­nahmen, die Sie uns da immer offerieren. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Den 1. März haben Sie von der SPÖ wahrscheinlich schon aus dem Kalender gestri­chen, herausgeschnitten: 10 Prozent weniger in Kärnten, 6 Prozent weniger in Salz­burg – weil Sie sozialpolitisch versagt haben und weil Sie auch jetzt wieder sozialpoli­tisch versagen. (Beifall beim BZÖ.)

Sie von der SPÖ schicken Ihre Funktionäre los – das hat man gestern im „Report“ ge­sehen –, die arme Frau Kollegin Rudas geht „Klinken putzen“ – ich zitiere den „Report“, das stammt nicht von mir; der „Report“ hat gesagt, „geht Klinken putzen“ –, mit einem Fragebogen geht die SPÖ jetzt zu den Haushalten – und was, glauben Sie, steht auf den Fragebögen? – „Was bewegt Österreich?“ Das weiß nämlich die SPÖ nicht, sie muss nachfragen, was Österreich bewegt! Da wundert es mich nicht, dass Sie jede Wahl verlieren, wenn der Sozialminister, der da (in Richtung Regierungsbank) breit sitzt – mittlerweile nicht mehr, er ist auch schon gegangen, das interessiert ihn auch nicht mehr –, das auch nicht weiß.

Ich sage Ihnen, was Österreich bewegt, was Österreich wirklich bewegt. – Die steigen­de Arbeitslosigkeit, die sich immer mehr in Richtung Rekordarbeitslosigkeit bewegt. Das bewegt Österreich! Eine Million Menschen, die an der Armutsgrenze leben, davon 150 000 Kinder, Menschen, die sich das Heizen, das Einkaufen, ja das Leben nicht mehr leisten können, das ist die Realität! Menschen, die einen hohen Steuerdruck ha­ben (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter), den Sie, Herr Ex-Staatssekretär Matznet­ter – warum sind Sie das eigentlich nicht mehr?, wundert mich auch –, mit dieser Steu­erreform überhaupt nicht mildern. Sie schreiben die Armut fort und geben genau jenen Menschen, die es brauchen, überhaupt nichts. Deshalb werden Sie auch die nächste Wahl verlieren, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! (Beifall beim BZÖ.)

Herr Faymann zeigt lieber Bilder, zeigt im Fernsehen, was er für schöne Bilder in sei­nem Büro hängen hat. Es ist ihm völlig egal, was draußen bei den Menschen los ist. Und der Herr Finanzminister – kurz vor Ostern ist das gut, das passt gut – spielt Ver­stecken. Er versteckt alles. Er versteckt das Budget, das dürfen wir erst am 21. April einsehen. Es ist zwar angeblich schon fertig – die Frau Bildungsministerin widerlegt das, weil sie damit gar nicht zufrieden ist –, aber er versteckt es einmal bis 21. April. Versteckt, weggeräumt.

Oder: die Pensionsanpassungen. Es wird nicht darüber gesprochen. Da hört man nur, dass im Finanzministerium bereits wieder eine dramatische Pensionskürzung (Vize­kanzler Dipl.-Ing. Pröll: Falsch!), wie in den letzten Jahren, unter sozialdemokratischer Führung durchgezogen wird, weil die Pensionen wieder unter der durchschnittlichen In­flationsrate erhöht werden. Das ist auch schäbig, Herr Finanzminister! (Abg. Amon: Aber das ist ja alles nicht wahr!) Legen Sie das Budget und die Pensionsanpassung auf den Tisch, wir wollen das von Ihnen wissen! Sie haben die Verantwortung dafür, Herr Fi­nanzminister! (Beifall beim BZÖ. – Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Das stimmt nicht!)


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Zur Steuerreform selbst. – Na, so glücklich schaut die SPÖ da auch nicht drein. Auch der Herr Finanzstaatssekretär, seit Kurzem Steuer- und Finanzexperte, hat im Aus­schuss nicht glücklich dreing’schaut. Er hat auf einmal aus der Schule geplaudert: Beim Eingangssteuersatz und beim Spitzensteuersatz stimmen wir jetzt zwar zu, aber wir müssen schon noch darüber reden, denn das gefällt der SPÖ nicht so.

Also was jetzt? Wo ist da die Einigkeit, die immer beschworen wird? (Zwischenbemer­kung von Staatssekretär Mag. Schieder.) In Wirklichkeit schaffen Sie es mit dieser Steuerreform nicht einmal, die kalte Progression seit dem Jahr 2004 zumindest etwas zu mildern. Da fehlt ein Riesenstück – eine halbe Milliarde! Und wenn wir jetzt noch die Belastungen von Finanzminister Molterer dazurechnen – Mineralölsteuererhöhung, Er­höhungen der Krankenversicherungsbeiträge, Rückforderung von Kindergeld und an­deres –, wenn man das alles addiert, dann ist diese Steuerreform überhaupt nichts wert, weil sie den Menschen unterm Strich nichts bringt, sondern für die Menschen in den letzten Jahren ein Verlustgeschäft ist, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ. Abg. Strache: Ein Nullsummenspiel! Ein echtes Nullsummen­spiel!)

Die soziale Dimension, Herr weggelaufener Sozialminister, zeigt sich in folgendem Bei­spiel sehr, sehr gut: Es werden zwar unterschiedliche Zahlen genannt – die Berech­nungen von Strache sind schon richtig, wenn man den unteren Teil hernimmt, 20 € im Monat, 5 € pro Woche; wenn man den Gesamtdurchschnitt nimmt, stimmt das, was Bucher gesagt hat, 49 € –, aber egal, ob 20, 30 oder 49 €, die sozialpolitische Dimen­sion zeigt sich darin: 20, 30 oder 49 € für die Steuerzahler im Monat, aber ein schrott­reifes 13 Jahre altes Auto ist Ihnen 1 500 € wert. – Das ist Ihre sozialpolitische Dimen­sion. Für eine solche sozialpolitische Dimension sollten Sie sich eigentlich schämen! (Beifall beim BZÖ.)

Herr Kollege Cap, Sie behaupten, wir hätten keine Ideen: Wir haben einen ganz dicken Antrag eingebracht, mit all unseren Ideen, von der Flat-Tax, die übrigens auch in der ÖVP diskutiert wird, bis hin zur Zusammenlegung der Sozialversicherungsanstalten, auch im Ausschuss. Warum erzielen Sie keine Arbeitsplatzeffekte? Warum entlasten Sie Ein-Personen-Unternehmen nicht? Es gibt davon in Österreich 100 000. Wenn wir die bei den Arbeitgeberbeiträgen entlasten und jedes von ihnen auch nur einen einzi­gen Mitarbeiter anstellt, haben wir mit einem Schlag zigtausend neue Arbeitsplätze! – Das ist eine innovative Idee, die wir Ihnen vorschlagen. (Beifall beim BZÖ.)

Oder: Was ist zum Beispiel mit der Leistungsgerechtigkeit? (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) Warum schaffen Sie es nicht, Herr Finanzminister, endlich für Menschen, die mehr leisten, auch mehr zu bezahlen? – Weg mit der Überstunden­besteuerung! Leistung soll sich wieder lohnen in diesem Land! Das verlangen wir vom BZÖ. (Beifall beim BZÖ.)

11.41


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Kollege Krainer. – Bitte.

 


11.42.03

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der ehemals väterliche Freund meines Vorredners hat gesagt, die Wahr­heit ist eine Tochter der Zeit. (Ruf bei der FPÖ: Der Westenthaler hat keine Freunde! Heiterkeit bei der FPÖ.)

Sieht man sich die Pensionserhöhungen zwischen 2000 und heute an, dann merkt man: 2007, 2008, 2009 wurde jeweils über der Inflationsrate erhöht, und davor immer und ausschließlich unter der Inflationsrate – auch wenn Kollege Westenthaler jetzt so tut, als sei das umgekehrt gewesen. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 80

Es stimmt schon, von 2000 bis 2006 war Marketing irgendwie „in“ und irgendwelche Schmähs, die man den Menschen erzählt hat, zum Beispiel von der „größten Steuerre­form aller Zeiten“, von der Sie ja jetzt so großartig gesagt haben, das sei das Aller­beste, was je passiert ist. (Abg. Mag. Kogler: Das ist eh schon wieder der gleiche Schmäh!)

Da können Sie auch gut zuhören, denn Sie sind bei dieser Steuerreform noch mit in der Regierung gesessen und waren damals auch ganz glücklich. (Abg. Dr. Graf: Der Kollege Krainer ist wie der Grasser im neuen Gewand!) Schauen wir uns doch an, was 2004, 2005 beschlossen worden ist und was jetzt 2008, 2009 passieren wird! (Abg. Strache: Krainer ist der Karl-Heinz Grasser der SPÖ! Der Grasser sozialistischer Prä­gung!)

Wir fangen bei den kleinen Einkommen an, das heißt bei Menschen, die so wenig ver­dienen, dass sie keine Lohn- und Einkommensteuer zahlen. – Das heißt nicht, dass sie keine Steuern zahlen, denn sie zahlen natürlich Abgaben und jede Menge anderer Steuern. Schauen wir uns an, was da 2004, 2005 war. – Null! Null Euro! (Abg. Scheib­ner: Stimmt ja nicht! Negativsteuer!)

Was ist 2008, 2009? – Arbeitslosenversicherungsbeiträge gesenkt, eine Ersparnis von durchschnittlich 25 € im Monat, entspricht 350 € im Jahr. Das ist der Durchschnitt. Der Vergleich macht Sie sicher: Was ist, wenn die SPÖ in der Regierung ist? (Abg. Ing. Westenthaler: Warum werden Sie dann nicht gewählt?) Und was ist, wenn Blau oder Orange in der Regierung sind? – Für die kleinen Einkommen ein Riesenunter­schied! (Beifall bei der SPÖ.)

Wie war das bei den mittleren Einkommen? Sie mokieren sich und haben wieder einen „witzigen“ Sager, nämlich „Fünfer-Josef“. – Das soll wahrscheinlich an den Kaisermüh­len Blues erinnern (Abg. Strache: Eine gute Interpretation!), aber Sie meinen quasi, nur 5 € in der Woche. Was war denn 2004, 2005? – 1  gab es damals im Schnitt mehr in der Woche. Jetzt sind es 5 €. Das ist der Unterschied! Der Unterschied ist, damals waren es zirka – Entschuldigung – 2 € in der Woche, 100 € im Jahr. Das war die durch­schnittliche Entlastung bei Ihrer „größten Steuerreform aller Zeiten“! Und jetzt sind es um die 500 €. – Das ist der Unterschied zwischen der SPÖ in der Regierung und Blau oder Orange in der Regierung! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie – auch Kollege Westentaler heute – werden nicht müde, sich über das neue Feind­bild zu mokieren, die Manager, die so viel verdienen. (Abg. Ing. Westenthaler: Ko­misch, dass euch dann keiner wählt! Abg. Mag. Stadler:  dass euch das der Wäh­ler glaubt!) Herr Kollege Strache, fragen Sie den Kollegen Graf, der neben Ihnen sitzt: Der hat damals dafür gestimmt! Und der Kollege Westenthaler ist noch eine Reihe wei­ter vorne gesessen und hat als Klubobmann dafür gestimmt. Was ist denn 2001 mit Wirksamkeit 2002 passiert? – Die Stock Options wurden als Vergütung für Manager eingeführt! Das hat bedeutet, dass Manager durch dieses Gesetz bis zu 35 000 € weni­ger an Steuern bezahlt haben. Das ist das, was Sie beschlossen haben. – Was pas­siert heute? Wir schaffen es ab! Keine Steuerprivilegien für Manager, das ist der Un­terschied! (Beifall bei der SPÖ. Abg. Strache: Das ist ja wieder aufgehoben worden! Gilt das noch?)

Hier herauszukommen und groß zu reden ist einfach, aber schauen wir uns doch die Realität an! Schauen wir uns an, was Sie hier in Wirklichkeit beschlossen haben und was wir jetzt wieder hinter Ihnen aufräumen dürfen!

Das kann man endlos fortsetzen: Damals wurden bei der Steuerreform Investitionen im Ausland steuerlich begünstigt. Wenn Sie im Ausland investiert haben, haben Sie 2004, 2005 Steuervorteile bekommen. (Abg. Strache: Wie schaut das mit der Stif­tungssteuer aus, Herr Kollege?)


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Was machen wir heute mit dem Konjunkturpaket? – Investitionen im Inland, Arbeits­plätze im Inland werden steuerlich gefördert. – Das ist der Unterschied zwischen Blau und Orange und der SPÖ! (Beifall bei der SPÖ. Abg. Strache: Wer hat die Super­reichen in diesem Land entlastet? Wer hat die Stiftungssteuer halbiert? Wer war das?)

Schauen wir uns doch die Verteilung bei den Betrieben, bei den Unternehmen an! Was haben Sie 2004, 2005 gemacht? Große Konzerne – große Steuernachlässe; kleine Be­triebe – nichts. Was machen wir heute? – Freibetrag, vor allem für die kleineren und mittleren Betriebe, und bei den großen Betrieben machen wir keinerlei Steuererleich­terungen. Das ist der Unterschied zwischen Schwarz-Blau in der Regierung und der SPÖ in der Regierung. Das ist die Realität – und nicht nur das, was hier gesagt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Insgesamt wundert mich, dass Sie heute nicht zustimmen, denn Sie könnten mit we­sentlich besserem Gewissen dem heutigen Entwurf zustimmen – weil er sozialer ist und auch die Konjunktur belebt. Wir haben gehört, die Grünen sprechen von „nur“ – unter Anführungszeichen – 10 000 Arbeitsplätzen, andere Experte sagen 13 000 bis 15 000 Arbeitsplätze; auf jeden Fall ist es ein Impuls für die Konjunktur, eine echte Entlastung für die Menschen, das Fünffache von dem, was 2004, 2005 hier beschlos­sen wurde. Da können Sie wirklich mit gutem Gewissen zustimmen. – Wir tun das heu­te. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek:  könnte viel mehr sein! Abg. Strache: Der Herr Krainer war immer nur Parteisekretär, aber nie in der Privat­wirtschaft! Der Herr Krainer war ja nie in der Privatwirtschaft! Sie waren zu lange in Amerika!)

11.47


Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächster gelangt Herr Kollege Mag. Kogler zu Wort. – Bitte.

 


11.47.08

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Her­ren! Mein Vorredner hat immerhin versucht, differenziert zu argumentieren. Das war heute sehr selten zu hören, insbesondere nicht vom Herrn Vizekanzler und Finanz­minister. Das ist deshalb eher traurig, weil die Zeiten angesichts der größten Wirt­schaftskrise – jedenfalls seit wir alle am Leben sind – nicht dazu angetan sind, dass Sie, ähnlich wie Ihr Vor-Vorgänger, mit irgendwelchen NLP-Merksätzen das Parlament und das Publikum behelligen. Es braucht ein bisschen eine differenziertere Debatte, zu der ich Sie tatsächlich einladen und auch herausfordern möchte. (Beifall bei den Grü­nen.)

Sie sind nämlich im Wesentlichen nicht auf die Vorhalte und Vorschläge der Opposition eingegangen, die zum allergrößten Teil – jedenfalls soweit sie Klubobfrau Glawischnig eingebracht hat – mit der Expertise des Wirtschaftsforschungsinstituts – ich habe sie mitgebracht, sie hat etwa 100 Seiten – vom Oktober 2008 übereinstimmen, als Sie sich angeschickt haben, diese Regierung zu bilden. Während Sie uns heute erklären, dass ganz schnell, ganz richtig und überhaupt nur schön gehandelt wurde, haben Sie genau die Vorschläge des Wirtschaftsforschungsinstituts im Wesentlichen ignoriert.

Sie ignorieren in der Analyse meines Erachtens nach wie vor die Dimension und das Ausmaß der Krise, die ja noch lange nicht voll zugeschlagen hat, aber was viel schlim­mer ist, Sie sind ja beratungsresistent, auch gegenüber dem Wirtschaftsforschungs­institut, das zumindest vor dem Jahr 2000 halbwegs ein Einvernehmen mit den Finanz- und Wirtschaftsministern gehabt hat. Und siehe da – Schwarz-Blau ist weg, aber die Vorschläge des Wifo werden von Rot-Schwarz immer noch nicht umgesetzt.

Ich darf aus den Schwerpunkten dieser Studie einige Überschriften zitieren: die Entlas­tung des Faktors Arbeit, die Ökologisierung des Steuersystems, die vermögensbezo-


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genen Abgaben, die Bekämpfung der Kinderarmut und so weiter und so fort. Von alle­dem bleibt bei Ihren Vorschlägen fast nichts übrig.

Schauen Sie, wir stehen ja nicht an, die wenigen Punkte, die positiv sind, auch als sol­che zu markieren. Die sind zum Teil schon erwähnt worden – zum Beispiel die Ab­schaffung der steuerlichen Begünstigung der Stock Options –, und auch im Unterneh­mensbereich ist nicht alles schlecht, wenn die Begünstigung der Besteuerung der nicht entnommenen Gewinne beseitigt wird et cetera.

Aber wenden wir uns doch den großen Fragen und Dimensionen zu: Jetzt geht es ja offensichtlich um – wie die Ökonomen sagen würden – konjunkturpolitische Effekte. Dann kann man sich noch die verteilungspolitischen Effekte dieser Maßnahmen an­schauen. Man könnte es auch übersetzten mit Beschäftigungseffekten und Gerech­tigkeitsfragen, die hier anzusprechen sind.

In beiden ist halt der Befund sehr, sehr dürftig. Wir haben das gewogen, gemessen am Maßstab des Wirtschaftsforschungsinstituts und für zu leicht befunden. Wir können dem Hauptteil dieser angeblichen Reform nicht zustimmen, weil sie nämlich gar keine Reform ist. Dort, wo Beschäftigungswirkung erzeugt werden könnte, dort lassen Sie aus.

Es muss ja sogar Ihnen einleuchten, dass jene Menschen mit dem geringsten Einkom­men – seien es PensionistInnen, seien es ArbeitnehmerInnen mit unteren Einkom­men –, dass genau und immerhin 2,5 Millionen Menschen – mittlerweile ist ja die Zahl außer Streit gestellt – im Zuge dieser Reform nichts bekommen.

Das führt dazu, dass dort, wo mit Sicherheit mehr Nachfrage durch mehr Konsum ent­stehen würde, jetzt nichts geht, obwohl über 3 Milliarden € bewegt werden. Ob die obe­ren und mittleren Einkommensschichten das alles „verkonsumieren“, was wir jetzt nachgeben, darf schon eher bezweifelt werden. Auch das können Sie in den Wifo-Stu­dien nachlesen. Da schrammen Sie an der Aufgabenstellung aber wirklich vorbei, die jetzt – vielleicht hat sie vor einem Jahr noch anders ausgeschaut – lautet, beschäfti­gungspolitische Effekte zu erzeugen, so gut das überhaupt mit einer Steuerreform geht.

Der zweite Aspekt dieser gleichen Sache ist einfach ein Gerechtigkeitsaspekt. Es ist doch so – und alle Studien beweisen es –, dass die unteren Einkommen, die untersten 10, 15 Prozent, seit zehn Jahren real verlieren und das untere Drittel grosso modo stagniert. So ist es!

Was die Vermögensverteilung betrifft, sind wir überhaupt im OECD-Disneyland, weil bei uns von den obersten Vermögen überhaupt keine Steuern gezahlt werden. Man hätte überhaupt gleich ein Steuergesetz beschließen können, das lautet, die Besitzer von besonders großen Vermögen zahlen keine Steuern. In diesem Bereich liegt auch das wirkliche Versagen der sozialdemokratischen Fraktion. Die kann sich doch nicht ganz aus der Linie nehmen: Vor der Wahl herumzurennen und alles Mögliche zu ver­künden und dann derart einzuknicken, dass man die vermögensbezogenen Steuern in den Regierungsverhandlungen nicht einmal mehr anspricht, das ist schon ein Armuts­zeugnis, Herr Minister Hundstorfer! (Beifall bei den Grünen.)

Da hilft es dann auch nichts, wenn Herr Katzian noch irgendwo dort seine Auftritte hat, wo wir uns alle herumtreiben, nämlich dort, wo sich die Leute in Sorge und in Engage­ment an Debatten beteiligen. Das ist ein Doppelspiel, und das werden Sie einmal auflö­sen müssen. Wenn das fünf Jahre so dahingeht, dann haben Sie bald abgedankt, kann ich nur sagen. (Beifall bei den Grünen.)

Diesen gleichen Unfug, muss ich leider sagen, hat auch Herr Staatssekretär Schieder im Ausschuss behauptet. Es geschieht eben zu wenig hier. Das können Sie nicht weg­reden. Ich würde Ihnen deshalb diese Wifo-Studie gerne hierlassen. Sie kommen ja


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jetzt anschließend auch zu Wort, und dann können Sie sie mit nach Hause nehmen und studieren. Vielleicht wird es ja dann einmal ein bisschen ehrlicher und ein bisschen besser mit dem sozialdemokratischen Auftritt.

Ein Letztes: Ich habe ausdrücklich gesagt, Österreich steht gut da. – Das ist wahr. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) Aber wenn wir hier nicht diskutieren dürfen, dass entlang des Bankenpakets mit Nebelwerfern gearbeitet wird, wenn man deshalb als Nestbeschmutzer bezeichnet wird, dann produzieren Sie das Problem und nicht die, die darauf hinweisen. (Beifall bei den Grünen. Abg. Mag. Kogler übergibt Staatssekretär Mag. Schieder ein Exemplar der Wifo-Studie.)

11.53


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Staatssekretär Mag. Schieder. – Bitte.

 


11.53.41

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Mag. Andreas Schieder: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Finanzminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Werter Herr Abgeordneter Kogler, danke, dass Sie mir eine Kopie dagelassen haben. Das wäre aber nicht notwendig gewesen, Sie hätten die Kopiekosten auch ein­sparen können, denn natürlich kenne ich diese Studie und habe sie auch im Büro. (Ruf bei den Grünen: Lesen!)

In Zeiten der wirtschaftlichen Krise geht es darum, die Ziele zu definieren: die Konjunk­tur zu stabilisieren, die Beschäftigung zu fördern und die Arbeitslosigkeit zu bekämp­fen. Das sind die Schwerpunkte von Finanz- und Wirtschaftspolitik in diesen wirtschaft­lich schwierigen Zeiten. Es geht darum, diese Ziele wirkungsvoll, rasch und massiv zu verfolgen, und mit dem heutigen Beschluss, der hier im Nationalrat gefällt wird, tun wir das auch.

Wir haben damit im konjunkturellen Bereich das zweitgrößte Paket innerhalb der Euro­päischen Union geschnürt. Wir liegen, wenn wir noch unsere Sozialleistungen dazu­nehmen, im absoluten Spitzenfeld innerhalb Europas, was die Bekämpfung der Wirt­schaftskrise betrifft. (Abg. Ing. Westenthaler: Aber Sie liegen!) Steuern senken, klei­nere und mittlere Einkommen entlasten, Familien und kleinere und mittlere Unterneh­men entlasten, das stärkt den Konsum, und das gibt Sicherheit.

Ich glaube, es ist ein großer Erfolg dieser Bundesregierung, dass die Steuerreform ab 1. Jänner 2009 gilt, auch vorgezogen wird und dadurch das Geld rasch bei den Men­schen ankommt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein paar Eckpunkte noch: 160 000 Menschen zusätzlich werden durch diesen Be­schluss keine Lohn- und Einkommensteuer mehr bezahlen. Es sind damit insgesamt 2,7 Millionen Menschen, die zwar Einkommen verdienen, aber dafür keine Steuern mehr zahlen müssen.

Daraus ergibt sich auch ein starker Frauenschwerpunkt bei dieser Steuerentlas-
tung, weil Frauen relativ stärker entlastet werden als Männer.
(Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das ist ja wohl ein Scherz! Das ist ein Scherz! Bundesministerin Hei­nisch-Hosek: Das ist kein Scherz! Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek:  es gibt viele, die das nicht haben! Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.) Alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler werden entlastet werden, der Schwerpunkt liegt allerdings bei den kleine­ren und mittleren Einkommen. Frau Abgeordnete Glawischnig! Wenn Sie sich die Ein­kommensverteilung ansehen, dann sehen Sie, dass eben durch diese Entlastung be­sonders Frauen überproportional positiv betroffen sind.

Wir haben auch eine Deckelung bei den obersten Einkommen eingeführt, wo zwar eine Entlastung gerechtfertigt ist, aber wir nicht wollten, dass sie ins Unermessliche steigt, und daher auch einen Deckel eingezogen haben. Prozentuell die stärkste Ent-


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lastung erfolgt bei den Einkommen zwischen 1 200 und 1 600 € – da beträgt sie zwi­schen 400 und 470 € pro Jahr.

88 Prozent des Gesamtvolumens dieser Steuerreform gehen an die Einkommen unter 4 000 €. Wenn wir noch die 300 Millionen Entlastung vom Arbeitslosenversicherungs­geld aus dem Vorjahr hinzuzählen, dann ist ein absoluter Schwerpunkt bei den unters­ten, unteren und mittleren Einkommen gegeben. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Steuersenkung entlastet massiv die Mittelschicht, die kleineren und mittleren Einkommen. Die wichtigste Maßnahme in der Krise ist es eben, kleinere und mittlere Einkommen zu entlasten, auch deshalb, weil dadurch der Konsum angekurbelt wird, die Inlandsnachfrage steigt und damit ein natürlicher Stabilisator für die Konjunktur ent­steht, der von großer Bedeutung ist. Die Konsumnachfrage der privaten Haushalte ist auch das größte Aggregat der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage bei 55 Prozent. Daher ist es besonders wichtig, das Geld auch in diesen Bereich so zu investieren.

Vorher wurde über konjunkturelle Betrachtungen gesprochen: 1,8 Milliarden dieser Steuerentlastung laufen direkt sofort in den Konsum. (Abg. Dr. Van der Bellen: Wer sagt das?) Das ist in Folge dieser Steuersenkung eine massive Ankurbelung des Kon­sums und auch eine Stütze der Konjunktur, die wir da direkt und sofort herstellen. In dem Wifo-Weißbuch – wenn Sie da zum Beispiel einmal in der Teilstudie 11 nachle­sen – können Sie auch lesen, dass die Erhöhung des Einkommens um 1 Prozent schon einen kurzfristigen Anstieg der Konsumausgaben um 0,7 Prozent mit sich bringt – langfristig wird sogar das gesamte Volumen in den Konsum fließen. Daraus er­gibt sich nicht nur, dass 1,8 Milliarden direkt in den Konsum fließen, sondern wenn man sich anschaut, um welche Branchen es sich da handelt, kann man auch sagen, dass dieses Geld schwerpunktmäßig wieder sehr stark in die österreichischen Betrie­be fließt. Eine weitere Folge dieser Steuerentlastung ist auch, dass wir 13 000 neue Jobs schaffen und für 2010 mit einem positiven BIP-Effekt von 0,7 Prozent rechnen können.

Wichtig ist es aber auch, dort zu entlasten, wo es notwendig ist, und Privilegien zu streichen, wo es möglich ist. Ich halte es daher auch für besonders wichtig, dass jene, die es sich leisten können, auch einen Beitrag zur Bekämpfung der Krise leisten. Des­wegen ist die ersatzlose Streichung der Stock Options, eines Privilegs für die Manager, absolut richtig und notwendig, und es ist auch gut, dass wir das heute hier im Zuge die­ser Steuerreform beschließen können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. Abg. Krainer: Da weint der Strache gleich Tränen! Abg. Strache: Das ist eine rote Illusion!)

Es ist aber auch ganz wichtig, dass die Entlastung und die Stärkung der Mittelschicht die soziale Sicherheit in unserem Land gewährleistet und stützt. Wenn wir uns an­schauen, wie in anderen Ländern, wo die soziale Mittelschicht stark belastet ist, die so­zialen Spaltungen zunehmen, dann sehen wir, dass das besonders wichtig ist.

Wir entlasten heute mit diesem Beschluss die Durchschnittsösterreicherin und den Durchschnittsösterreicher. Wir entlasten jene DurchschnittsösterreicherInnen, die alles andere als Durchschnitt sind, weil sie mit ihrer Leistung, mit ihrer fleißigen und harten Arbeit auch einen Gutteil der Steuereinnahmen erwirtschaften, die wir haben, um den Staat zu bedienen. Das sind auch jene Leute, die mit ihrer harten und fleißigen Arbeit die Konjunktur unterstützen.

Daher ist es richtig und notwendig, dass wir mit dem heutigen Beschluss diese Men­schen entlasten, und besonders richtig und notwendig, dass wir das schon rückwirkend mit 1. Jänner 2009 tun werden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. Abg. Ing. Westenthaler: Ich würde den Redenschreiber in Frage stellen! Abg. Stra­che: Das war nicht der Ostermayer!)

11.59



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Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächster gelangt Herr Kollege Weinzinger zu Wort. – Bitte.

 


12.00.01

Abgeordneter Lutz Weinzinger (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Sie werden sich sicherlich daran er­innern, dass wir ab dem Jahre 2006 zwei Jahre lang eine rot-schwarze Koalition erle­ben konnten. Und Sie können sich daran erinnern, dass uns der damalige Finanzminis­ter immer wieder gesagt hat, selbstverständlich soll das Ziel dieser Koalition – aber erst in vier Jahren – eine Steuerreform sein.

Damals gab es noch keine Wirtschaftskrise und noch keine Weltfinanzkrise. Damals boomte alles, und es war klar, dass eine Steuerreform kommen muss. Die Regierung sagte: irgendwann, 2010; die Opposition und insbesondere wir von der Freiheitlichen Partei sagten: Steuerreform jetzt!

Warum wollten wir damals diese Steuerreform? – Vor allem aus Gründen der Gerech­tigkeit, weil durch die Progression und durch die Geldentwertung die Bürger unseres Staates immer weniger Geld in der Hand hatten, weil es ihnen „weggesteuert“ wurde, weil damals schon zu erkennen war, dass durch die Geldentwertung die Progression steigt und für den gleichen Wert wesentlich mehr Steuer bezahlt werden muss.

Das ist der Hintergrund, warum wir damals schon eine Steuerreform haben wollten. Aber da hat man uns gesagt: Ja, selbstverständlich, wir machen eine Steuerreform, aber erst im Jahre 2010! – Jetzt haben wir die Steuerreform und haben das Jahr 2010 noch nicht erreicht. Jetzt wird uns gesagt, dass diese Steuerreform notwendig ist, weil wir eine Wirtschaftskrise haben, ausgelöst durch eine Weltfinanzkrise.

Meine Damen und Herren von der Regierung, im Endeffekt aber machen Sie nichts an­deres als das, was Sie 2006 und 2007 angekündigt haben: Sie machen eine Tarifent­lastung! Sie machen eine Bereinigung, eine ganz schlichte Bereinigung. Und alles, was Sie da jetzt noch dazudichten, ist nicht wahr. Das stimmt nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist einfach nicht wahr, dass Sie damit die Bürger so entlasten, dass dadurch der Konsum wieder angekurbelt wird. Das ist vor allem deswegen nicht wahr, weil Sie ja unter falschen Voraussetzungen gearbeitet haben – und Sie wissen das, hoffe ich doch sehr –: Sie haben die Steuerreform im Dezember und Jänner ausgearbeitet, berechnet und ermittelt aus den damaligen Daten im Hinblick auf das zu erwartende Wirtschafts­wachstum. Im Dezember und Jänner hat man ein Wirtschaftswachstum von 3 Prozent im Plusbereich erwartet. Das war Ihre Berechnungsgrundlage. Inzwischen wissen wir, jetzt, im März, dass es 0,7 Prozent sind – nicht 0,3 Prozent, sondern 0,7 Prozent –, dass es also ein Minus-Wirtschaftswachstum sein wird. Das ist jetzt schon einmal fest­gestellt. Wir wissen aber auch, dass es Prognosen gibt, dass es tatsächlich ein Wirt­schaftswachstum in der Größenordnung von minus 2,5 bis minus 3 Prozent und in der Bundesrepublik Deutschland von minus 5 Prozent geben wird. Und das wäre die Be­rechnungsgrundlage für eine Steuerreform gewesen, wenn Sie es ernst meinen, dass Sie damit der Wirtschaft helfen wollen. Sie haben es offensichtlich nicht ernst gemeint; Sie haben nur eine Tarifbereinigung durchgeführt.

Auch Klubobmann Cap hat gesagt, eine Tarifbereinigung, eine Tarifentlastung in der Höhe von 2,3 Milliarden liegt auf dem Tisch. Und dann kam ein Hilferuf von ihm an die Opposition – ich habe es zumindest so verstanden –, denn er sagte: Von der Opposi­tion kamen ja keine Vorschläge, von der Opposition kamen keine Anregungen. Das heißt, Sie haben sehr wohl erkannt, dass das, was ihr von der Regierung zusammen­gebracht habt, bei Weitem nicht ausreicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wenn zu Beginn dieser heutigen Debatte der Klubobmann und Bundesparteiobmann der Freiheitlichen Partei klar und eindeutig die schon lange


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bestehende freiheitliche Forderung vorgebracht hat, nämlich dass diese Steuerreform nicht 2,3 Milliarden, sondern mindestens 6,8 oder 7 Milliarden (Abg. Donabauer: Zehn wären besser, Herr Kollege, oder elf!) umfassen muss, weil wir ja auch in anderen Be­reichen Geld zur Verfügung stellen, dann hat er recht gehabt, und ich unterstreiche das hiermit! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Graf – in Richtung ÖVP – : Wir sind seriös, Sie nicht!)

12.05


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Auer. (Abg. Stra­che  in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Jakob Auer –: Jetzt kommt die Raiffeisen-Vertretung! – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von FPÖ und ÖVP.)

 


12.05.50

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Geschätzte Damen und Herren Regierungsmitglie­der! Hohes Haus! Herr Präsident! Es ist ein Kompliment für Raiffeisen, dass ich so oft zitiert werde, und Kollege Strache hat ja schon fast ein Problem damit. Das hat er aber immer, wenn jemand erfolgreich ist. Das kann er einfach nicht verkraften! Das kann Kollege Strache nicht verkraften. (Beifall bei der ÖVP.)

Stellen Sie sich vor, neben Strache gäbe es jemanden Zweiten, der auch erfolgreich wäre. Das darf doch nicht sein! Und daher muss man das ein bisschen verstehen.

Meine Damen und Herren! Heute gab es einmal ein ganz tolles, großes Lob seitens der Grünen. Kollege Kogler sagte wörtlich, ja, Österreich stehe gut da. – Mehr an Lob kann ich mir von einem Oppositionsabgeordneten gar nicht erwarten. Er hat ja auch recht damit, und daher sage ich Danke für dieses Lob. Es ist die Bestätigung dessen, was tatsächlich gegeben ist.

Meine Damen und Herren, trotzdem sollte man die Augen vor der Realität nicht ver­schließen. Die wirtschaftliche Situation ist dramatisch, die Weltwirtschaft in der Krise. Da braucht es gar nicht derartige Schlagzeilen wie gestern: Der Weltwirtschaft droht Absturz!, Krise vernichtete 40 Billionen €!, und so weiter. Das ist bekannt.

Meine Damen und Herren, es ist auch bekannt, dass Österreich keine Insel der Seli-
gen ist, weil wir von der Weltwirtschaft abhängig sind in der globalisierten Welt. Kein Konjunkturpaket, keine Steuerreform kann eine Krise beheben, aber doch deutlich mindern. Und ich glaube, diese Steuerreform kommt zum richtigen Zeitpunkt. Sie kommt mit den richtigen Maßnahmen, sie kommt zum richtigen Zeitpunkt. (Abg. Stra­che: 3 Jahre zu spät!)

Ja, Herr Kollege Strache, das ist immer das Problem. Sie würden gerne in Zeiten, in denen die Konjunktur eine Blüte erlebt, auch noch zusätzlich etwas machen (Abg. Strache: Wie in Dänemark, damit das Wirtschaftswachstum weiter wächst!), Sie hätten aber dann, wenn es schwierig ist, überhaupt nichts mehr.

Sie hätten ja heute nichts mehr! Seien Sie doch stolz darauf, dass in den Zeiten, als die FPÖ noch in der Regierung war, Herr Kollege Strache, als Ihre Vorgänger noch in der Regierung waren, die Basis dafür gelegt wurde, dass Österreich heute halbwegs vernünftig auch finanzielle Maßnahmen setzen kann. (Beifall bei der ÖVP.)

Oder wollen Sie so vorgehen, wie es die Amerikaner gemacht haben, nämlich auf Pump zu leben? Kreditfinanzierungen ohne Prüfungen zu machen, dann zu verbriefen, über den Atlantik zu schicken und europäische Banken einzuladen, zu bewerben? (Abg. Strache: Das haben unsere österreichischen Banken betrieben! Das hat die Raiffeisen in Island gemacht und in Osteuropa!) Manche Banker meinten dann vor lau­ter Gier, Immobilienfinanzierungen seien das große Geschäft – und letztlich hat sich Amerika von Europa einen Ausgleich mitfinanzieren lassen. Eine Schande ist das! Eine Schande!


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Meine Damen und Herren, wir sollten doch nicht den gleichen Fehler machen! Gerade diese Steuerreform, die in den unteren Einkommensbereichen bis 4 000 € – und 88 Prozent der untersten Einkommensbezieher profitieren davon – auch ein kräftiges Familienpaket zum Inhalt hat, ist, so kann man durchaus behaupten, die richtige Balan­ce zwischen dem Notwendigen und dem Vertretbaren. Diese Steuerreform ist eine ent­sprechende Stützung des Konsums, eine entsprechende Stützung auch für die unteren Einkommen.

Ja, es ist bedauerlich – das gebe ich als Gemeindesprecher offen zu; es wurde heute bereits gesagt –, dass auch die Gemeinden mitzahlen. Ja, das ist so. Ich hätte mir auch gewünscht, dass, ähnlich wie in Deutschland, die Gemeinden ein eigenes Kon­junkturpaket bekommen, weil fertige Projekte in der Schublade wären und man die Re­gionalwirtschaft sofort stützen könnte. Gar keine Frage. Aber man muss auch trachten, das, was möglich ist, ohne großartige Verschuldung zustande zu bringen und doch auch die richtigen Maßnahmen zu treffen.

Zum Bejammern sogenannter Kreditklemmen, das hier immer wieder mit dem Ban­ken-Paket in Verbindung gebracht wird: Meine Damen und Herren, ich könnte Ihnen manche Bank sagen, die im letzten Jahr eine Finanzierungsausweitung von über 30 Prozent aufzuweisen hat! Jene Firmen, jene Betriebe, die in den guten Jahren ord­nungsgemäße Bilanzen gelegt haben und auch jetzt in der Lage sind, Bilanzen zu le­gen, Fakten zu liefern, haben keine „Kreditklemme“. (Abg. Scheibner: Wo leben Sie überhaupt?!) Aber jene, die „umhergeturtelt“ haben, nicht wussten, Herr Kollege Scheibner, was eine Hausbankfinanzierung und eine entsprechende Hausbankbezie­hung bedeutet, denen das egal war und die sich nur die Rosinen geholt haben, haben jetzt Probleme. Da gebe ich Ihnen recht, die haben jetzt Probleme. Das ist gar keine Frage. (Abg. Scheibner: Sie haben überhaupt keine Ahnung, was jetzt wirklich los ist!)

Aber Sie sagen doch selbst immer, Herr Kollege Scheibner, man sollte solide finanzie­ren. Oder wollen Sie jene Betriebe, die kaputt sind, weiter zu Tode finanzieren? (Abg. Scheibner: Wieder Raiffeisen!) Möchten Sie das? – Das bezweifle ich, meine Damen und Herren. Das wäre unverantwortlich! (Beifall bei der ÖVP.)

Die Osterweiterung wurde heute hier mehrmals kritisch erwähnt. Manche haben ver­gessen, welch großartige Exportzahlen es gab und welche Beschäftigungsabsicherung in Österreich gerade durch diese Exporte erfolgte. Es war eine Meisterleistung der österreichischen Wirtschaft, ihrer Betriebe und Unternehmer – und letztlich auch der Banken, die das finanziert haben. Die hervorragende Osterweiterung sichert uns 400 000 zusätzliche Beschäftigte. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.11


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


12.11.37

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wollte mich eingangs eigentlich mit den Ausführungen des Kollegen Cap beschäfti­gen, aber Kollege Auer hat mich jetzt doch herausgefordert. (Abg. Jakob Auer: Das ist immer gut!) Kollege Auer, ja, das ist immer gut. Es wäre gut, wenn du schon, wie wir jetzt wieder vernommen haben, in einer großen Bank, wie ich glaube, im Aufsichtsrat sitzt. Wunderbar! Da bekommt man ja alle möglichen Prämien und hoffentlich auch entsprechende Informationen. Dann sollte man aber als Abgeordneter hier im Hohen Haus auch etwas dafür tun, dass diese Institutionen auch das machen, wofür sie da sind: dass sie Kredite an die Bevölkerung weitergeben und an die Unternehmungen (Beifall beim BZÖ) – anstatt hier herauszukommen und die Betriebe zu beleidigen, die Betriebe zu verunglimpfen! Man geht hier heraus und sagt: Nur die, die schlecht sind,


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die schlecht arbeiten, die keine Bilanzen legen können, die haben jetzt Probleme, sonst hat niemand ein Problem. (Widerspruch des Abg. Jakob Auer.)

Es ist gut, dass das jetzt vom Fernsehen übertragen wird, denn das ist eine Beleidigung für Hunderte, ja Tausende Unternehmer, die jetzt ums Überleben kämpfen und die im Stich gelassen werden von Ihren Institutionen! Ein Skandal ist das, was Sie in diesem Zusammenhang hier gesagt haben! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Jakob Auer: Zeigen Sie mir eine einzige ...!)

Gepflanzt werden sie von Ihnen, Herr Kollege Auer, im Stich gelassen werden sie! Das ist die Problematik. Der Steuerzahler und der Unternehmer dürfen für die Spekulations­verluste haften, für die Spekulationsverluste, die auch Sie zu verantworten haben. Und dann kommen Sie heraus – ungeheuerlich ist das! – und beleidigen noch die Unterneh­mungen! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Dr. Ferdinand Maier: Wissen Sie überhaupt, wovon Sie reden?) – Ja, ich weiß es! Jetzt kommt der nächste Raiffeisenvertreter! (Heiterkeit.) Das ist großartig! Kommt nur alle heraus. (Abg. Dr. Ferdinand Maier: Wie der Blinde von der Farbe reden Sie! Das ist eine Ungeheuerlichkeit!) Herr Kollege, beruhigen Sie sich! Erstens einmal: Zwischenrufe nur vom eigenen Platz aus! Also gehen Sie wieder hinauf in die letzte Reihe, dann dürfen Sie Zwischenrufe machen! (Heiterkeit und Bei­fall beim BZÖ.)

Ich bringe Ihnen Beispiele. Es kommt ein Unternehmer zu mir, der auch von Ihnen ge­pflanzt worden ist ... (Abg. Dr. Ferdinand Maier: Zeigen Sie uns nur einen Fall!) Schau­en Sie, wie Sie nervös werden! (Abg. Dr. Ferdinand Maier: Märchenonkel!) Nein, kein Märchen, das ist die Realität! Sie sollten sich endlich einmal wirklich in die Wirtschaft begeben und nicht gemütlich in Ihren Banksesseln sitzen und die Leute pflanzen. Das wäre notwendig! (Beifall und Bravorufe beim BZÖ.)

Es hilft auch nichts, wenn dann bestellte Umfragen gebracht werden, wonach alles in Ordnung ist. Dann frage ich mich: Ist alles in Ordnung? Wieso setzen denn dann die Unternehmungen Leute frei? Sind das alles Unternehmer, die keine Bilanzen legen können, Herr Kollege Auer? Das sind alles Misswirtschafter, die jetzt die Bediensteten freisetzen müssen, die jetzt ihre Leute in Kurzarbeit schicken müssen? Das sind alles schlechte Wirtschafter, Herr Kollege? Wollen Sie als ehemalige Wirtschaftspartei das wirklich ernsthaft hier behaupten? – Das ist ja ungeheuerlich! (Abg. Dr. Ferdinand Maier: Sie wissen ja nicht, wovon Sie reden!) Ich weiß es, Herr Kollege, denn im Ge­gensatz zu Ihnen bin ich wirklich in der Privatwirtschaft und rede nicht nur davon. Das ist der Unterschied. (Abg. Dr. Ferdinand Maier: Wann haben Sie wo gearbeitet?)

Meine Damen und Herren, Sie wollen hier in einer Art von Selbsthypnose alles gesund­reden, es ist alles wunderbar. Eine enorme Steuerreform!, haben wir jetzt gehört. Alles wunderbar. Wo sind die Einsparungsvorschläge?, sagt dann Herr Stummvoll. Er hätte so gute Vorschläge gehabt, aber man muss auch sagen, wo es Einsparungen gibt.

Da hätten Sie gestern bei unserem „Österreich-Gespräch“ sein müssen; Ihr Finanzmi­nister war dabei. Da haben wir vom Rechnungshof gehört, was allein im Verwaltungs­bereich einzusparen wäre. Da wären vielleicht auch einmal Ihre Landeshauptleute ge­fordert! (Abg. Dr. Ferdinand Maier: Kärnten voran! Da fangen Sie gleich in Kärnten an!) Jawohl! Einheitliches Dienstrecht bei den Beamten in Bund, Ländern und Gemeinden – das wäre ein Einsparungspotenzial! –, Kompetenzen entflechten. Hurra, kommt einmal mit euren Vorschlägen heraus! (Beifall beim BZÖ.)

Im Gesundheitsbereich (Abg. Jakob Auer: Kärnten!): 3 Milliarden €, Herr Kollege, 3 Milliarden € wären im Gesundheitsbereich einzusparen! Sagen Sie das einmal Ihren Kammervertretern, dass sie nicht auf ihren Privilegien sitzen sollen, sondern einmal wirklich etwas tun sollen, damit wir einsparen. Dann hätten wir schon 6 Milliarden €, die


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wir vom BZÖ den Steuerzahlern geben wollen, der klein- und mittelständischen Wirt­schaft. Das wäre ein interessanter Vorschlag, statt immer nur zu sagen: Die Opposition bringt nichts!, selbst aber nichts zu machen und alles nur gesundzureden. (Beifall beim BZÖ.)

Sie von ÖVP und SPÖ haben die Gebühren- und Abgabenerhöhungen zu verantwor­ten. Sie haben die Strompreiserhöhungen auch in Ihren Bundesländern zu verantwor­ten, in einer Zeit, in der die Bevölkerung ... (Ruf bei der ÖVP: Wer hat die höchsten Ab­gaben?) Wer hat die höchsten Abgaben? Wer? (Rufe bei der ÖVP: Kärnten!) Schon wieder der Kärnten-Vernaderer aus der vorletzten Reihe! Solche Politiker gehören wirklich ins Panoptikum, aber nicht hier ins Hohe Haus! (Beifall beim BZÖ.)

Wir brauchen jetzt Politiker, die wirklich etwas für die Bevölkerung tun und hier nicht große Sprüche klopfen. Ich sage Ihnen: Auch Sie werden die Rechnung noch präsen­tiert bekommen! Leider ist es ernst. Die Wirtschaftskrise ist viel zu ernst, als dass wir uns hier solche Polemiken und Plattitüden anhören müssen. (Beifall und Bravorufe beim BZÖ.)

12.16


Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Kollegin Mag. Ru­das. – Bitte.

 


12.17.05

Abgeordnete Mag. Laura Rudas (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren Minister! Frau Ministerin! Liebe Zuseher zu Hause! Sehr geehrte Gäste auf der Galerie, besonders auch die jungen Gäste, die heute zahlreich gekommen sind! Zuallererst: Ich weiß nicht, welches Bild wir eigentlich der Öffentlichkeit geben. Die schauen zu – und es schreien sich hier Halbstarke an, fallen sich gegenseitig ins Wort. (Abg. Grosz: Wer sind „die“? Meinen Sie die Bürger?)

Sehr geehrte Damen und Herren, die Menschen haben ein Recht darauf, dass hier ge­arbeitet wird, konstruktiv zusammengearbeitet wird und dass sich die Menschen hier gegenseitig ernst nehmen. Wenn Sie Ihre Kollegen nicht ernst nehmen und immer nur dazwischenschreien, dann werden Sie auch die Bürgerinnen und Bürger nicht ernst nehmen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Unser aller Ziel heute muss es sein, Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Alles, was wir tun, alles, woran wir denken, und alles, an dem wir arbeiten, muss ein gemeinsames Ziel haben: den Kampf gegen Arbeitslosigkeit und den Schutz jedes einzelnen Arbeitsplat­zes! (Abg. Ing. Westenthaler: Sind Sie verantwortlich für die Landtagswahlen?) Sehr geehrter Herr Westenthaler, das muss man treffsicher und schnell machen. Und: Ja, wir, die Sozialdemokratische Partei, sind die Partei, die dann eben auch draußen bei den Menschen ist und schaut, ob das, was wir hier beschließen, auch treffsicher an­kommt. Ja, auch heute waren wir um halb acht Uhr in der Früh bei den ÖBB in Simme­ring und haben geschaut, ob die Maßnahmen, die wir hier setzen, auch wirklich an­kommen. (Abg. Dr. Graf: Arbeiterkammer-Wahlkampf!)

Sehr geehrter Herr Westenthaler, dass Sie sich nicht zu den Menschen trauen, ist mir ganz klar. Ich habe kein Problem, „Klinken zu putzen“ und hinauszugehen, mich den Menschen zu stellen, aber Sie sehr wohl! Sagen Sie den Menschen, wogegen Sie heu­te hier stimmen. Sagen Sie den Menschen, dass Sie dagegen stimmen, dass 88 Pro­zent dieser Steuerreform jenen Menschen zu Gute kommen, die ein Einkommen bis 4 000 € brutto haben! Sagen Sie den Menschen, dass Sie gegen 500 Millionen € zur Entlastung der Familien sind! Sagen Sie einer Alleinerzieherin mit zwei Kindern, die ein monatliches Bruttoeinkommen von 1 700 € hat, ein Kind im Kindergarten, ein Kind in der Schule hat, dass Sie dagegen sind, dass sie jährlich eine Entlastung von 1 700 € hat! (Abg. Öllinger: Was ist mit der Alleinerzieherin, die 800 € hat?)


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Ich nehme Sie beim „Klinkenputzen“ mit. Gehen Sie hinaus und sagen Sie den Men­schen, wogegen Sie hier sind, nur weil Sie glauben, gegen alles zu sein kommt gut an. (Beifall bei der SPÖ.)

Irgendwie lässt mich das mit dem „Klinkenputzen“ nicht in Ruhe. Natürlich – als Vor­warnung –, auch morgen gehe ich „Klinken putzen“, auch übermorgen gehe ich „Klin­ken putzen“, und ich weiß, die sozialdemokratische Fraktion und die sozialdemokrati­schen Mitglieder gehen mit „Klinken putzen“, denn die Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer Österreichs sind nicht irgendwelche Wählerinnen und Wähler. (Abg. Ing. Wes­tenthaler: Die Leute wollen das ja gern!) Es sind unsere Wähler, es sind die Wähler der Sozialdemokratie, und die holen wir uns einen nach dem anderen zurück! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe beim BZÖ.)

Ganz verstehe ich ja nicht, dass die Damen und Herren von der Opposition heute da­gegen stimmen, weil sie, als Werner Faymann im Sommer gesagt hat, wie wichtig es ist, die Steuerreform 2009 vorzuziehen, das ja noch unterstützt haben. Da haben sie gesagt: Ja, das muss man! (Abg. Ing. Westenthaler: Also, was bewegt jetzt Öster­reich?) Mein Vorredner Weinzinger hat noch irgendwie gemeint: Nein, Entschuldigung, das wird sich nicht ausgehen!

Werner Faymann hat bewiesen: Natürlich geht es sich aus, wenn man will! – Genau heute, genau jetzt ist der richtige Zeitpunkt für eine Steuerreform. (Abg. Mag. Dar­mann: ... auch Neuwahlen geben!) Ich freue mich darüber, dass das nicht nur von der Regierung und von der Mehrheit des Hohen Hauses so gesehen wird, sondern auch von Experten wie zum Beispiel Otto Farny oder Herrn Felderer. (Abg. Ing. Westentha­ler: Und wem noch?)

Sehr geehrte Damen und Herren! Es kommt keine leichte Zeit auf uns zu. (Abg. Ing. Westenthaler: Das glaube ich: auf die SPÖ nicht!) Wer sagt, er weiß hundertpro­zentig, was alles zu tun ist und was nicht alles noch besser ginge, der sagt nicht ganz die Wahrheit, denn wir wissen in Wirklichkeit nur, dass es sinnvoll ist, wenn wir alle ge­meinsam gegen Arbeitslosigkeit und für ein sicheres Österreich kämpfen. Wichtig ist, dass wir nicht nur predigen, dass die Menschen in unserem Land zusammenhalten, sondern es auch vorleben, dass wir hier im Haus zusammenhalten, wenn es darum geht, Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, die Kaufkraft zu stärken und Menschen, insbeson­dere auch Familien, zu entlasten.

Ich gratuliere der Bundesregierung zu dieser Steuerreform, bedanke mich beim Bun­deskanzler und bei seinem Vizekanzler: Vielen Dank! (Beifall bei der SPÖ und bei Ab­geordneten der ÖVP.)

12.22


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Van der Bel­len. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Lobpreiset den Herrn! – Abg. Dr. Graf: Jetzt wird es wieder fachlich!)

 


12.22.22

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Rudas, jetzt haben Sie uns leider doch verschwiegen (Abg. Dr. Graf: ... sind Sie ja noch jung dagegen!), was vom heute zu diskutierenden Paket, nämlich der Steuerentlastung, bei den ÖBB in Simmering angekommen ist. (Heiterkeit bei Grünen und BZÖ.)

Das hätte ich schon gerne erfahren, ob es die Absetzbarkeit für die Kinderbetreuung oder die Begünstigung der Gewinne bei den Selbständigen ist. Es ist gut, wenn Sie zu den ÖBB fahren – mir ist es egal, zu welchen Tageszeiten –, nur hat das mit dem heu­tigen Tagesordnungspunkt rein gar nichts zu tun, fürchte ich. Dafür haben Sie umso mehr Weihrauch abgelassen, was die heute zu behandelnden Dinge betrifft.


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Meine Damen und Herren, in einem muss man Herrn Pröll ja recht geben: Wir haben die schwerste Wirtschaftskrise seit 1945 vor uns – nicht hinter uns, sondern vor uns! Natürlich legt dies nahe, zu fragen: Ist diese Steuerentlastung, die wir heute behan­deln, konjunkturpolitisch angemessen und ausreichend, ja oder nein? – Die Antwort lautet eindeutig: Nein!

Das ist keine Spekulation, das sind simple Fakten, verehrte Kollegen und Kolleginnen von SPÖ und ÖVP! Ich weiß nicht, bei welchem Hearing Sie waren, Herr Finanzminis­ter Pröll; ich hätte gedacht, wir waren gemeinsam beim selben Hearing. Jedenfalls ha­be ich dort von allen anwesenden Experten – egal, von welcher Fraktion nominiert – et­was anderes als Sie gehört. (Abg. Ing. Westenthaler: Das stimmt!)

Der optimistischste von allen, Herr Kollege Farny von der Arbeiterkammer, hat davon gesprochen, dass dieses Paket vielleicht Arbeitsplätze in der Größenordnung von 13 000 in Österreich sichert. Schön, das ist gut! (Abg. Krainer: „Schafft“, hat er ge­sagt!) Sichert, Herr Kollege – und um wie viel nimmt die Arbeitslosigkeit in Österreich derzeit gerade zu? Wie viele waren das denn? Waren das nicht gerade 50 000 mehr in Österreich? (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Und wie viele werden es am Ende des Jahres sein?

Ich will damit nur sagen: Ja, jede Maßnahme, die die Arbeitslosigkeit in Österreich be­kämpft, ist gut, sie direkt oder indirekt bekämpft, ist gut. Aber tun Sie doch nicht so, als würde diese relativ kleine Steuerentlastung in der Größenordnung von 1 Prozent des BIP das Problem lösen. Nein, sicher nicht! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordne­ten der FPÖ.)

Es kommt etwas hinzu, was wir nicht müde werden zu betonen: Sie hätten mit dem gleichen Einsatz, mit der gleichen Kreditfinanzierung und der gleichen Defiziterhöhung, mehr erreichen können. Sie hätten mehr erreichen können, indem Sie sich konzentriert hätten auf die untersten und unteren Einkommen, im Jargon der Ökonomen: auf jene Leute, die eine hohe Konsumquote haben.

Herr Kollege Schieder hat heute nebenbei gesagt: Na ja, rund 60 oder 70 Prozent die­ser Steuerentlastung gehen direkt in den Konsum. Damit sagt er indirekt, dass die mar­ginale Sparquote 30 bis 40 Prozent beträgt. Das verpufft konjunkturpolitisch wirkungs­los, Herr Kollege Schieder! (Staatssekretär Mag. Schieder: Langfristig ...!) – Wir reden nicht von langfristig, wir reden von der Wirtschaftskrise jetzt! (Staatssekretär Mag. Schieder: Langfristig ist nächstes Jahr!) Jetzt, 2009/2010! (Beifall bei den Grü­nen.)

Erzählen Sie mir nichts über langfristig im Jahr 2020! Das sind auch wichtige Fragen, da werden wir zum Beispiel fragen: Wie haben Sie sich ökologisch bewährt? Nehmen Sie überhaupt wahr, was Obama in den USA macht, diese Mischung aus ökonomisch und ökologisch? – Nein, das tun Sie nicht! Aber das ist ein separates Problem.

Kurzfristig hätten Sie mehr erreichen können, indem Sie sich auf die unteren Einkom­men konzentriert hätten. Das haben Sie nicht getan, insofern ist dieses Konjunkturpa­ket – im Ökonomenjargon – ineffizient! (Beifall bei den Grünen.)

Sie hätten natürlich die Steuern auf Arbeit noch weit stärker senken können ohne In­kaufnahme eines höheren Defizits, wenn Sie eine Gegenfinanzierung zugelassen hät­ten im Bereich jener Steuern, die konjunkturpolitisch, wie soll ich sagen, neutral sind. Das sind in erster Linie die Vermögensteuern; das an die Adresse der SPÖ.

Aber jetzt noch etwas zur ÖVP: Wir haben in Österreich eine bemerkenswerte Situa­tion. Das Zinsniveau sinkt seit Monaten, durch Maßnahmen der EZB, der Bank of Eng­land und so weiter. In Österreich steigen die Kosten der Kreditfinanzierung für die Re­publik, der sogenannte Spread ist auf einer historischen Höhe. Ich habe das noch nie


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erlebt – niemand von uns hat es erlebt –, dass wir so viel mehr zahlen müssen als die Bundesrepublik Deutschland für ihre Kreditfinanzierung. Das Gleiche zeigt sich, nur noch ausgeprägter, bei den sogenannten CDS, den Credit Default Swaps.

Warum erwähne ich das? – Nicht, um das Nest zu beschmutzen, wie Sie mir gleich un­terstellen werden. (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Nein!) Wer hat denn in erster Linie die Aufmerksamkeit der internationalen Finanzmärkte in dieser negativen Weise beför­dert? – Das war unser Finanzminister Pröll, der in einer völlig unvorbereiteten Weise durch Osteuropa gereist ist und die Regierungen dort, sage ich einmal, belästigt hat (Heiterkeit bei den Grünen), der jede diplomatische Vorbereitung hat vermissen lassen (Beifall bei den Grünen), der überhaupt nicht zur Kenntnis genommen hat, wie man in der Europäischen Union Politik macht. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzei­chen.)

Herr Minister Pröll, ich bin damit nicht allein. Lesen Sie den heutigen – Mittwoch, 11. März – Leitartikel in der „Presse“: „Faymann und Pröll: Masters of EU-Desasters“, dann wissen Sie, wovon ich rede. (Beifall bei den Grünen.)

12.27


Präsident Fritz Neugebauer: Im Einvernehmen mit den Klubverantwortlichen erstre­cke ich die Redezeit für die nächsten fünf Debattenbeiträge von 4 auf 5 Minuten.

Zu Wort gemeldet ist Kollege Gradauer. – Bitte. (Abg. Grosz: Falsch! Tamandl! – Abg. Gradauer – auf dem Weg zum Rednerpult –: Tamandl ist dran! Aber ich bin gern dran, kein Problem!)

 


12.28.24

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Ich danke zunächst einmal dafür, dass ich vor Frau Tamandl reden darf. Das tue ich normalerweise nicht, dass ich mich vordränge, aber es ist so befohlen. (Heiterkeit bei der FPÖ.)

Es ist heute von der Regierung und von der Koalition einige Male gesagt worden: Wir können uns Gott sei Dank diese Steuerreform, um die es heute geht, leisten! – Ich den­ke, ich bin im falschen Film. (Abg. Mag. Darmann: Das glaube ich auch, ja!) Wie kom­men Sie denn überhaupt dazu, das zu behaupten? – Wir haben, wenn ich daran erin­nern darf, 180 Milliarden € an Staatsschulden, wir zahlen dafür, der Steuerzahler zahlt dafür im Jahr rund 10 Milliarden € an Zinsen. Sich hier herzustellen und zu sagen, dass wir uns diese Steuerreform leisten können, das ist wohl ein großer Irrtum! (Abg. Krai­ner: Das Doppelte können wir uns laut Strache leisten! – Gegenrufe bei der FPÖ.) Ich komme dann schon noch dazu.

Ich möchte auch zu Herrn Kollegem Auer etwas sagen. Sie haben Amerika angespro­chen und das eigentlich als böses Beispiel hingestellt. – Wir haben im Osten doch auch nicht unsere Hausaufgaben erfüllt! Oder finden Sie es richtig, dass österreichi­sche Banken dort Aushaftungen von über 200 Milliarden € haben? – Ich glaube, das ist genauso danebengegangen, weil das Risiko daraus letztlich der Steuerzahler zu tra­gen hat.

Noch etwas zu den Schulden: Hätten wir in den fetten Jahren, als es uns gut gegangen ist und hohe Steuereinnahmen zu verzeichnen waren, gespart und nicht alles wieder verprasst, dann hätten wir jetzt so viel an Reserven, dass wir eine wirklich vernünftige Steuerreform durchziehen könnten. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich vermisse es schon immer, dass man eine Verwaltungsreform, Staatsreform und Gesundheitsreform wirklich nachhaltig angeht. Darüber wird nur immer in Sonntagsre­den gesprochen, aber gemacht wird es leider Gottes nicht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 93

Ich möchte etwas zur Einkommensentwicklung sagen. Herr Kollege Kogler hat ja schon das Wifo und diesen Bericht erwähnt, ich gehe ein bisschen mehr ins Detail.

Das Volkseinkommen wuchs von 1996 bis 2006 jährlich um 3,6 Prozent, die Arbeitneh­merentgelte im gleichen Zeitraum nur um 2,8 Prozent. Die Arbeitnehmer haben also im Vergleich zum Volkseinkommen um 0,8 Prozent weniger, schwächer verdient. Es wird in dem Bericht eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass es insbesondere in diesem De­zennium zu einem großen Umverteilungsprozess gekommen ist, und zwar von Lohn­einkommen hin zu Gewinn- und Vermögenseinkommen. Von 2001 bis 2006 hat es beim Volkseinkommen jährlich eine Erhöhung um 4,3 Prozent gegeben, die Entloh­nung der Arbeitnehmer ist aber nur um 2,8 Prozent gestiegen.

Das Wifo führt eindeutig aus: Die relative Entlohnung des Faktors Arbeit sinkt, zwi­schen 1978 und 2001 um 7 Prozent und von 2001 bis 2007 um 5,5 Prozent. Die Ge­winne steigen stärker als die Löhne, trotzdem sind die Lohnsteuern wesentlich stärker als die Gewinn- und Unternehmenssteuern gestiegen, nämlich um 21,2 Prozent, hinge­gen erhöhten sich die Unternehmenssteuern in den Jahren von 2002 bis 2007 nur um 17,6 Prozent. Die Inflationsrate hat von 2000 bis 2005 die jährlichen Einkommenszu­wächse weit übertroffen. Das heißt, die Leute haben einen Kaufkraftverlust erlitten; da­von waren die Jugend und die Frauen besonders betroffen.

Ich frage jetzt angesichts dieser Zahlen: Gleicht da die vorliegende Steuerreform in ir­gendeiner Form etwas aus? Wird da gegengesteuert, ja oder nein? – Es ist dies mit einem deutlichen, klaren Nein zu beantworten, denn die kleinen und mittleren Einkom­men sind nach wie vor diejenigen, die benachteiligt werden.

Ich wundere mich nicht darüber, dass die SPÖ all die letzten Wahlen verloren hat. Ich wundere mich überhaupt nicht darüber, weil die Leute genau wissen, dass die ÖVP die SPÖ am Nasenring durch die Gegend zieht. (Beifall bei der FPÖ.) Die SPÖ lässt – und das habe ich hier nachgewiesen – die Wähler eindeutig im Stich!

Angesichts dieser größten wirtschaftlichen Schwierigkeiten, in denen wir uns befin­den – die Arbeitslosigkeit wird auf bis zu 600 000 Menschen ansteigen –, sind außer­gewöhnlichste Belastungen zu erwarten. Wir brauchen daher außergewöhnliche Maß­nahmen, um dem zu begegnen. Damit bin ich jetzt bei Ihnen – ich glaube, Herr Krainer hat das gesagt –: Ich glaube, wir müssten momentan so viel Geld in die Hand nehmen, wie wir in die Hand nehmen können, auch wenn wir damit das Defizit noch einmal aus­dehnen (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen), denn wir müssen unbedingt diese Arbeitslosigkeit in die Schranken weisen.

Mut, Mut und abermals Mut – das brauchen wir in Österreich, und auch einen gewis­sen Effekt, wie ihn Obama in Amerika erreicht hat. Wir brauchen ...

 


Präsident Fritz Neugebauer (neuerlich das Glockenzeichen gebend): Den Schluss­satz, bitte!

 


Abgeordneter Alois Gradauer (fortsetzend): Wir brauchen eine Verdoppelung dieser Steuersumme. (Abg. Dr. Stummvoll: Verdoppelung?) Wir brauchen Abschläge für die Sozialversicherung, für die ...

12.34


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Kollege, wir müssen auch auf die anderen Redner achten. Wir haben eine Redezeit vereinbart.

(Beifall bei der FPÖ für den das Rednerpult verlassenden Abg. Gradauer.)

Ich darf hinzufügen, Herr Kollege Gradauer, dass ich hier nicht befehle. Ich vollziehe eine Vereinbarung in der Redeordnung, die seit dem Erstredner in der Reihenfolge der Fraktionen gleich ist.

Daher kommt jetzt Kollegin Tamandl zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 94

12.34.34

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sehr geehrte Regierungsmitglieder auf der Regierungsbank! Wer­te Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute von der Opposition sehr viel Kritik ge­hört, die wir auch in den letzten Jahren, nämlich bei der letzten Steuerreform, gehört haben und die wir beim Budgethearing gehört haben, als wir die Experten befragt ha­ben. Da ist unter anderem auch die sogenannte Steuerreform 1988 glorifiziert worden.

Wissen Sie, was die Steuerreform 1988 von der heutigen Steuerreform sehr stark un­terscheidet? – Einerseits war die Steuerreform 1988 wirklich eine Struktur- oder eine gravierende Reform, weil wir damals beim Spitzensteuersatz von 62 Prozent auf 50 Prozent heruntergegangen sind. Auf der anderen Seite gab es gravierende Strei­chungen von steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten, wie wir sie jetzt bei dieser Steuer­reform nicht haben. Und wissen Sie, was wir im Gegensatz zu 1988 auch nicht ha­ben? – Wir haben keine Gegenfinanzierung, und dafür müssen wir uns beim Finanzmi­nister und bei der Regierung bedanken. (Beifall bei der ÖVP.)

Dass es sich hier nicht um eine Reform beim Tarif handelt, das kann man auch nicht so stehen lassen. Was soll man denn beim Tarif groß reformieren? – Das haben wir schon das letzte Mal gemacht, indem wir auf eine Durchschnittsberechnung umgestellt haben.

Aber was wirklich einer Reform gleichkommt und was sehr tiefgreifend ist, ist das Fa­milienpaket. Das gab es nämlich vorher nicht, dass wir Freibeträge haben und dass wir die Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten haben. Als Arbeitnehmervertreterin möchte ich schon auch eine Partnerschaft mit der Wirtschaft haben, weil wir eines ganz genau wissen: Die Arbeitsplätze schaffen nicht die Politik und nicht die Regie­rung, sondern die Arbeitsplätze können nur Unternehmen schaffen! (Beifall bei der ÖVP.)

Die Politik kann den Unternehmern nur zur Seite stehen. Aber als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer brauchen wir keinen Klassenkampf, der uns von der Opposition manchmal irgendwo untergeschoben wird, sondern wir brauchen eine Partnerschaft mit den Unternehmen. Gerade deswegen gibt es im Familienpaket auch eine Möglich­keit, dass die Unternehmen ihre Mitarbeiter bei den Kinderbetreuungskosten mit einem Betrag von 500 € unterstützen.

Viele haben natürlich gesagt: Was soll das bedeuten, die Kinderbetreuungskosten wird es in Zukunft vielleicht gar nicht mehr geben? – Ja, vielleicht unterm Jahr, aber eines wissen wir alle: Neun Wochen Urlaub, neun Wochen Ferien kann sich kein Arbeitneh­mer und keine Arbeitnehmerin leisten, das geht überhaupt nicht, und es wird auch da sehr wohl hohe Betreuungskosten geben. (Abg. Grosz: Die Lehrer!) Ja, mag sein. Aber auch andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer brauchen Kinderbetreuung in den Ferien, und gerade für diese wird das eine sehr große Erleichterung sein. (De­monstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es gab auch die Kritik, dass wir nichts für BezieherInnen kleiner Einkommen tun oder getan haben. Da haben diejenigen, die da herinnen sitzen oder vielleicht vorher nicht herinnen waren, die Steuerreform 2003/2004 verschlafen. Was haben wir da ge­macht? – Wir haben Alleinerzieher/innen und Alleinverdienern eine höhere Negativ­steuer ermöglicht, wir haben Kinderzuschläge eingeführt, und wir haben erstmals 10 000 € steuerfrei belassen, das war vorher überhaupt nicht der Fall. Wir haben das jetzt auf 11 000 € angehoben, und jeder, der nur ein bisschen Hausverstand hat, weiß, dass sich das auch auf die nächsten Tarifstufen, auf die nächsten Einkommensstufen auswirkt. Wer das heute also schlechtredet, der soll einmal bessere Vorschläge ma­chen, dass es wirklich auch treffsicher bei den Bürgerinnen und Bürgern ankommt. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 95

Es ist vielleicht noch einmal in Erinnerung zu rufen, was wir im Budgethearing gehört haben; der Herr Finanzminister hat es dargestellt. Es zahlen 2,7 Millionen Steuerzah­ler/innen oder Steuerpflichtige keine Steuern mehr. Es gibt weitere 160 000 Steuer­pflichtige, die keine Steuer mehr zahlen, weil eben eine Steuerpflicht erst ab einem steuerpflichtigen Einkommen von 11 000 € eintritt. Ich denke, das sollen wir nicht im­mer schlechtreden. Das gilt auch bei den Pensionisten: 80 000 Pensionistinnen und Pensionisten werden in Zukunft keine Steuern mehr bezahlen.

Wer das schlechtredet und wer da heute nicht mitstimmt, der kann sich davon verab­schieden, dass er den Menschen in diesem Land eine Entlastung geben möchte. Vor­schläge, die weder leistbar noch realisierbar sind, wandern in die Schublade, das aber können wir umsetzen. Darum sind wir auch in der Regierung und viele von Ihnen auf der Regierungsbank. Danke dem Finanzminister, danke der Regierung für diese Steu­erreform! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.39


Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Ing. Lugar. – Bitte.

 


12.39.23

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Hohes Haus! Die Bundesregierung schätzt die Lage völlig falsch ein. Wenn ich mir hier die Ausführungen des Herrn Kollegen Stummvoll darüber anhöre, dass es in Österreich vergleichsweise gut ist und dass in Österreich die Dinge im internationalen Vergleich gut laufen, dann kann ich gut verste­hen, dass diese Tarifanpassung, die Sie hier als großen Erfolg verkaufen wollen, ge­nau so ausgefallen ist, wie sie ausgefallen ist.

Diese Tarifanpassung ist vielleicht passend für die Krisen, die wir in der Vergangenheit erlebt haben, diese kleinen Konjunkturdellen, die ausgeglichen werden mussten, aber für diese Krise ist diese Tarifanpassung viel zu wenig und in keinster Weise dazu ange­tan, die Probleme tatsächlich zu lösen. (Beifall beim BZÖ.)

Die Lage ist wirklich besorgniserregend, Herr Bundeskanzler! Die Lage muss aber nicht unbedingt schlecht bleiben, Herr Bundeskanzler! (Abg. Mag. Hakl: Der Bundes­kanzler ist gar nicht da!) Sie können diese Krise nicht weglächeln, Herr Bundeskanzler! (Abg. Mag. Hakl: Er ist nicht da! Der Vizekanzler ist da!) – Ja, es stimmt! Sie haben recht! Der Herr Bundeskanzler ist nicht da, wie so oft. Wie so oft ist er nicht da, und ge­nau das ist mein Kritikpunkt.

Ich muss Sie hier ansprechen, Herr Bundeskanzler Faymann, auch wenn Sie nicht an­wesend sind. Es ist nicht meine Schuld, dass sie nicht hier sind. Das müssen Sie sich schon selbst fragen, warum Sie nicht hier sind, aber Sie hatten jetzt eine Schonfrist
von 100 Tagen, und diese Schonfrist ist vorbei. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Mag. Dar­mann: Seit zweieinhalb Jahren ist Faymann schon in der Regierung!)

Sie, Herr Faymann, haben eine hunderttägige Arbeitsverweigerung hier im Hohen Haus betrieben, und jetzt frage ich Sie: Wie können Sie diese Arbeitsverweigerung rechtfertigen? Wie können Sie sie rechtfertigen vor einem Familienvater, der drei Kin­der hat, der im Moment in Kurzarbeit ist, der vor Kurzem ein Haus gebaut hat, über bei­de Ohren verschuldet ist und jetzt die absoluten Existenzängste hat? Er weiß nicht, wie es weitergehen soll. Er ist in Kurzarbeit, er ist von Arbeitslosigkeit bedroht, er hat Schulden über beide Ohren und weiß nicht, wie er seine Familie durchbringen soll. Wie können Sie Ihre Arbeitsverweigerung vor diesem Arbeitslosen, vor diesem potentiellen Arbeitslosen rechtfertigen? Das frage ich Sie, Herr Bundeskanzler!

Dieses Beispiel ist kein Einzelfall. Das ist ein Beispiel von Tausenden anderen, denen es genauso geht. Es gibt im Moment Zehntausende wie diesen Familienvater, die keine Ahnung haben, wie es weitergehen soll. Und jetzt frage ich Sie, Herr Bundeskanzler:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 96

Wie würden Sie in dieser Situation reagieren, wenn Sie nicht wüssten, wie es mit Ihrer Familie weitergeht, wenn Sie keine Perspektive hätten? Und ich sage Ihnen als ehemaliger Arbeitervertreter – Ihre Partei war ja einmal eine Arbeiterpartei, und des­halb müsste es Ihnen eigentlich besonders weh tun –: Arbeitslosigkeit ist Hoffnungs­losigkeit! Und ich kann das nicht oft genug wiederholen. (Beifall beim BZÖ.)

Hunderttausende Arbeitslose und Hunderttausende, die noch arbeitslos werden kön­nen, rufen Ihnen zu, Herr Bundeskanzler: Geben Sie die Arbeitsverweigerung auf und beschließen Sie endlich, erstens, hier anwesend zu sein, und zweitens, konstruktive Vorschläge zu machen. (Beifall beim BZÖ.)

Ich war gestern in einem Gymnasium in Wien, und dort hat mir ein junges, engagiertes Mädchen gesagt, dass Politiker eine sehr große Verantwortung haben, weil sie für das Wohl eines ganzen Landes verantwortlich sind. Und sie hat recht! Wir haben eine sehr große Verantwortung, auch der Herr Bundeskanzler hat eine große Verantwortung. Und deshalb, Herr Bundeskanzler, nehmen Sie diese Verantwortung endlich wahr! (Beifall beim BZÖ.)

Ich spreche jetzt Sie an, Herr Finanzminister, denn Sie sind ja Gott sei Dank hier. Sie sagen immer: Wir haben leider keinen budgetären Spielraum, wir können keine zusätz­lichen Schulden machen. Ich kann Ihnen sagen: Sie haben gar keine Wahl! Sie können sich nur aussuchen, ob Sie jetzt zeitgerecht mit Schulden dafür sorgen wollen, dass Ar­beitsplätze entstehen, oder ob Sie dann, wenn es zu spät ist, die Arbeitslosigkeit finan­zieren wollen. (Abg. Dr. Cap: Was ist Ihre Botschaft?) Das ist der Punkt! Das ist meine Botschaft. Das heißt: Investieren Sie jetzt in Arbeitsplätze und nicht, wenn es zu spät ist, in Arbeitslosigkeit. (Beifall beim BZÖ.)

Wir vom BZÖ reichen Ihnen die Hand; wir stärken Ihnen den Rücken. (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Danke!) Wir werden auf jeden Fall zustimmen, wenn Sie an diese Krise angepasste Vorschläge bringen. Wir werden Ihnen auch dann den Rücken stärken, wenn Sie aufhören, den Menschen Sand in die Augen zu streuen. Und wir werden Ih­nen den Rücken stärken, wenn Sie endlich aufhören, diese Arbeitsverweigerung hier weiter fortzuführen. – Herr Bundeskanzler! Gehen Sie an die Arbeit! (Beifall beim BZÖ. – Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Er ist ja bei der Arbeit!)

12.44


Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächster kommt Herr Abgeordneter Dr. Matznetter zu Wort. – Bitte.

 


12.45.05

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Die Herren Bundesminister, Herren Staatssekretäre! Uns war ein bisschen unklar, was Abgeordneter Scheibner mit Panoptikum gemeint hat. Seit meinem Vorredner war klar, dessen Auftritt war sehr wohl ein Panoptikum.

Jetzt einmal zu den ernsten Dingen. Die Opposition wird heute dagegen stimmen, dass unsere Zuseherinnen und Zuseher, die heute an den Apparaten sitzen (Abg. Groß: Die haben längst abgeschaltet!), bereits spätestens mit Juni im Schnitt 250 € rückwirkend ausbezahlt bekommen – in Summe 500 €. – Ich darf Sie übrigens beruhigen, Fernseh­übertragung findet statt. Ihren Zwischenruf können Sie sich daher sparen.

Da wir gerade Herrn Abgeordneten Bucher hier sitzen haben. Für die Damen und Her­ren an den Fernsehgeräten, die nicht wissen, wer das ist, das ist der Herr, der ver­sucht, ein bisschen Ähnlichkeit mit dem früheren Finanzminister Grasser herzustellen, der aber ein bisschen längere Haare hat. (Abg. Ing. Hofer: Und wem schauen Sie ähn­lich? – Abg. Grosz: Wem schauen Sie ähnlich? – Dem Edlinger Rudi!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 97

Grasser war jener Finanzminister, der Ihnen eine Steuerreform beschert hat, so wie sie Abgeordneter Krainer richtig beschrieben hat, durch die es Subventionen dafür gege­ben hat, wenn Betriebe nach China oder anderswohin verlagert worden sind, wo es null Euro Entlastung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gegeben hat. Bei einer solchen Politik hatten wir nicht nur keine Entlastung, Herr Abgeordneter Bucher, son­dern auch über 500 000 Arbeitslose und damit den fünften Platz in Europa. (Abg. Bu­cher: Es gibt gute Gründe dafür, dass Sie wieder Abgeordneter sind, Herr Ex-Staats­sekretär!)

Heute, mit der Politik von Bundeskanzler Faymann und Vizekanzler Pröll, sind wir an zweiter Stelle, weil diese Regierung es besser macht. Und wir werden es auch durch die Krise hindurch weiterhin besser machen, als es mit Ihrer Beteiligung jemals über­haupt auch nur möglich wäre. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe beim BZÖ.)

Der Herr Arbeitsminister möchte sich gerne mit dem Jahr 2005 auseinandersetzen, ich würde nur gerne zur Zukunft zurückkehren. Wir haben mit dieser Steuerreform sehr wohl auch im Bereich der Familien Akzente gesetzt. Ich erinnere daran, noch vor einem Jahr war auf Seiten des damaligen und heutigen Regierungspartners die Bereit­schaft, eine Steuerreform 2009 zu machen, sagen wir einmal so, noch nicht so weit entwickelt.

Hier sage ich: Gut, dass Sie das getan haben, Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, dass wir nunmehr an einem Strang ziehen und es jetzt machen. Damals war noch die Idee, ein Familiensplitting einzuführen, etwas also, das weiterhin in den Reihen der BZÖ-Abgeordneten gemeinsam mit irgendeiner Flat-Tax-Idee herumkreist. Wir haben dagegen etwas Vernünftiges und Richtiges gemacht, also nicht eine Begünstigung von Spitzenverdienern, sondern etwas, was es Frauen ermöglicht, in stärkerem Ausmaß erwerbstätig zu sein. Und es ist eine gute Maßnahme, die wir jetzt haben: Mit einem 500-Millionen-€-Familienpaket ermöglichen wir eine verstärkte, bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Wir ermöglichen Frauen, die heute arbeiten gehen, auch dann, wenn sie eine Kinderbetreuung am Nachmittag brauchen, steuerliche Erleichterung zu bekommen. (Zwischenruf der Abg. Haubner.)

Wir bescheiden uns nicht damit, Frau Abgeordnete, denn gleichzeitig werden in jenen Bundesländern, wo die SPÖ regiert, zum Beispiel in Wien, die Kindergärten für Kinder von null bis sechs Jahre am Vormittag und Nachmittag unentgeltlich zur Verfügung gestellt. (Zwischenruf des Abg. Grosz.) Die Steiermark ist auch ein gutes Beispiel, Sie haben recht. Das heißt, wir arbeiten in jedem dieser Bereiche, weil wir diese Vereinbar­keit von Beruf und Familie herstellen wollen.

Und ja, wir haben auch Begünstigungen im Bereich der Selbständigen. Und ja, uns war dabei etwas ganz Besonderes wichtig: Statt wie Abgeordneter Bucher eine halbe Mil­lion Euro – so war nämlich die Neuregelung 2002 – Stock Options steuerfrei zu stellen, schaffen wir diesen Teil von Managerbegünstigung ab und machen eine echte KMU-Förderung bis 30 000 € Jahresgewinn. (Abg. Bucher: Da war ich noch nicht im Parla­ment!) Die bekommen künftig nämlich einen Freibetrag von 13 Prozent statt 10 Pro­zent, ohne dass sie Wertpapierkäufe nachweisen müssen. Das ist eine gute Maßnah­me, weil sie Hunderttausenden kleinen Selbständigen die Möglichkeit gibt, Steuerer­leichterungen zu bekommen, und im Unterschied zu Ihrer Steuerpolitik nicht nur für die Konzerne, für die Wall Street und für Spitzenverdiener etwas tut.

Den Notaren, den Steuerberatern, den Apothekern, die 200 000 €, 300 000 € Gewinn haben, nehmen wir dafür die Begünstigung für den nicht entnommenen Gewinn weg, denn eine Sparkasse im Betrieb bei gut verdienenden Freiberuflern brauchen wir nicht, sondern Hilfen bei der Vielzahl von Selbständigen und Handelstreibenden. Und das ist eine gute Maßnahme, die wir hier beschließen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steindl: Auch die Steuerberater?!) – Ja, auch die Steuerberater! Die verdienen gut genug, die brau-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 98

chen keine steuerliche Erleichterung. Da hast du recht, Konrad! Deswegen ist es eine gute Maßnahme, dass wir das heute durchsetzen und umsetzen. (Präsident Neuge­bauer gibt das Glockenzeichen.)

Letzter und wichtigster Punkt: Dieser Kaufkraftimpuls ist einer, den alle spüren werden. Die Menschen werden sich merken, wer dagegen gestimmt hat (Präsident Neuge­bauer gibt neuerlich das Glockenzeichen), nämlich FPÖ, BZÖ und leider auch Grü­ne. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.50


Präsident Fritz Neugebauer: Nun spricht Frau Kollegin Dr. Lichtenecker. – Bitte.

 


12.50.35

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Um den Reigen der kostenlosen Kinderbetreuung zu vervollständigen, führe ich hier als Beispiel Ober­österreich an. In Oberösterreich haben Rudi Anschober und sein Team dafür gesorgt, dass das in Zukunft auch in Oberösterreich kostenlos sein wird. Gratulation an Rudi Anschober! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Prinz: Gratulation an Landeshauptmann Pühringer!)

Selbstverständlich ist es jetzt notwendig, alle Maßnahmen zu setzen, um die Konjunk­tur zu stützen und die Arbeitsplätze abzusichern, aber dabei dürfen wir nicht verges­sen, was die großen Herausforderungen sind. Was sind denn die großen Herausforde­rungen, vor denen wir stehen? – Das ist letztendlich, Österreich und die österreichi­sche Volkswirtschaft krisensicherer und zukunftsorientiert zu machen. Herr Finanzmi­nister! In diese Richtung bleiben strukturelle Reformen aus.

Wirtschafts- und Steuerexperten in Österreich konstatieren, dass es drei große Defizite gibt. Erstens: Die Steuern auf Vermögen sind viel zu niedrig. Zweitens: Die Steuern auf Arbeit sind viel zu hoch. Und drittens: Der Anteil der Umweltsteuern ist sehr niedrig im Vergleich zum Europadurchschnitt. Genau an diesen Defiziten, an diesen Großbaustel­len, meine Damen und Herren, muss gearbeitet werden.

Warum gerade jetzt? Haben wir nicht andere Sorgen? – Ja genau deshalb müssen wir jetzt daran arbeiten, und da geht es um die großen Fragen der Energiesicherheit, der Sicherung der Lebensgrundlagen.

Damit komme ich zum Abänderungsantrag, den die Abgeordneten Glawischnig-Pies­czek, Kogler, Kolleginnen und Kollegen hier einbringen. – Herr Präsident, ich bitte um die Verteilung des Antrags.

Die jetzige Regel für die Absetzbarkeit von Spenden ist beschämend, Herr Finanz­minister, denn Sie vergessen die engagierten Organisationen, die sich international für Menschenrechte einsetzen, für Gesundheit und selbstverständlich auch für Umwelt­schutz und Tierschutz. Genau das sind ja auch Fragen der Verantwortung und des ver­antwortungsvollen Umganges mit der Schöpfung, und den halten wir für wichtig. Des­halb wollen wir, dass diese Organisationen in die Spendenregelung mit einbezogen werden. Zudem soll die Administration in Grenzen gehalten werden. Daher sollen die für die Vergabe des österreichischen Spendengütesiegels durchgeführten Prüfungen auch anerkannt werden.

Die beschränkte Absetzbarkeit von Spenden ist ein Manko, das diese sogenannte Steuerreform hinterlässt. Es gibt keinen Ausblick, keinen Weitblick, wie es denn jetzt in der Krise weitergehen soll.

Was bedeutet denn die Krise für Österreich? Geht es so weiter, oder gibt es eine Än­derung des Weges, den wir gehen? Der österreichische Ökonom Schumpeter, der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 99

1919 und 1920 auch Finanzminister in Österreich war, hat gesagt: Die Krise ist das En­de einer Entwicklung!

Was heißt das, wenn wir jetzt am Ende einer Entwicklung stehen? Wie wollen wir, dass es weitergeht? Wie wollen wir denn, dass sich Österreich, Europa, die Welt weiterent­wickelt? – Wir stehen am Ende eines Weges der Liberalisierung und der Deregulie­rung. Und was ist deren Ergebnis? – Wir erleben nicht eine Krise, wir erleben ein Bün­del von Krisen, meine Damen und Herren. Ein Bündel von Krisen! Wir haben die Fi­nanz- und Wirtschaftskrise, wir haben die Klimakrise, die Energiekrise gepaart mit vie­len sozialen Problemen. (Ruf bei der ÖVP: Die Krise der Grünen!) Und jetzt geht es da­rum, entsprechende Regeln einzuführen. Es geht letztendlich auch darum, ökologi­sche, soziale und ökonomische Leitplanken einzuziehen. Eine wichtige und zentrale Antwort in dieser Hinsicht ist die ökologisch-soziale Steuerreform. (Beifall bei den Grü­nen.)

Meine Damen und Herren, eine ökologisch-soziale Steuerreform bedeutet Aufkom­mensneutralität, bedeutet Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, bedeutet die Entlastung des Faktors Arbeit, und es geht auch darum, den Energieverbrauch in eine richtige Richtung zu lenken. Auch das Wirtschaftsforschungsinstitut bestätigt, dass das der richtige Weg ist. Auf dem sollen wir uns möglichst schnell aufmachen. Dass es geht, haben andere Länder wie Norwegen, Dänemark und Finnland schon vorgezeigt. Das heißt, dass wir hier in der Folge auch den richtigen Schritt machen sollten.

Herr Finanzminister, dieser Reform fehlt der Weitblick, fehlt der Mut, und eigentlich wä­re es längst an der Zeit, genau jetzt in die Zukunft zu schreiten, mit Mut und mit Weit­blick. (Beifall bei den Grünen.)

12.56


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Abänderungsantrag ist ordnungsge­mäß unterstützt. Infolge seines Umfanges wird Ihrem Wunsch nach Vervielfältigung und Verteilung entsprochen.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Kogler, Kolleginnen und Kollegen zum Be­richt des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (54 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird – Steuerreformgesetz 2009 (StRefG 2009)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuer­gesetz 1988 geändert wird – Steuerreformgesetz 2009 (StRefG 2009), in der Fassung des Berichtes des Finanzausschusses (124 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. In Ziffer 7 lautet § 4a Z. 3 lit. b:

„b) Geld an

Körperschaften im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 1 und 2 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 oder

vergleichbare ausländische Körperschaften eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes, deren ausschließlicher


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 100

Zweck – abgesehen von der Mittelverwendung im Sinne des 7. Teilstriches der Z 4 lit. b – das Sammeln von Spenden ist und die zum Zeitpunkt der Zuwendung in der da­für vorgesehenen Liste des Finanzamtes Wien 1/23 (Z 4) eingetragen sind.

Begünstigte Zwecke sind:

mildtätige (humanitäre und wohltätige) und/oder kirchliche Zwecke im Sinne der §§ 34 ff der Bundesabgabenordnung (BAO) und/oder ökologischen Zwecken im Sinne des Umwelt-, Natur- oder Tierschutzes.

Zwecke der Entwicklungszusammenarbeit im Sinne des österreichischen Entwick­lungszusammenarbeitsgesetzes:

die Bekämpfung der Armut in den Entwicklungsländern durch Förderung der wirtschaft­lichen und sozialen Entwicklung, welche zu einem Prozess des nachhaltigen Wirtschaf­tens und des wirtschaftlichen Wachstums, verbunden mit strukturellem, institutionellem und sozialem Wandel führen soll,

die Sicherung des Friedens und der menschlichen Sicherheit, insbesondere durch die Förderung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechten und guter Regie­rungsführung, sowie

die Erhaltung der Umwelt und den Schutz natürlicher Ressourcen als Basis für eine nachhaltige Entwicklung, und

die Hilfestellung in nationalen und internationalen Katastrophenfällen (insbesondere Hochwasser-, Erdrutsch-, Vermurungs- und Lawinenschäden).

Nicht abzugsfähig sind:

Mitgliedsbeiträge in Höhe der satzungsgemäß von ordentlichen Mitgliedern zu entrich­tenden Beiträge, die an eine der Körperschaften im Sinne der lit. a und b bezahlt wer­den,

Zuwendungen an Körperschaften, deren Finanzierung zu einem erheblichen Teil aus Mitteln von zweckgebundenen bundesgesetzlich geregelten Abgaben erfolgt und

Zuwendungen, für welche die Versicherungsnummer (§ 31 ASVG) oder persönliche Kennnummer der Europäischen Krankenversicherungskarte (§ 31a ASVG) gemäß § 18 Abs. 1 Z 8 bekannt gegeben wurde.

Geldzuwendungen und der gemeine Wert von Sachzuwendungen sind insoweit ab­zugsfähig, als sie insgesamt 10% des Gewinnes des unmittelbar vorangegangenen Wirtschaftsjahres nicht übersteigen. Die letzten drei Sätze der Z 1 sind anzuwenden.“

2. In Ziffer 7 lautet § 4a Ziffer 4 lit. a:

„a) für Körperschaften im Sinne der Z 3 lit. a:

Die Körperschaft dient ausschließlich Zwecken nach Maßgabe der §§ 34 ff der Bun­desabgabenordnung.

Die Körperschaft oder deren Vorgängerorganisation (Organisationsfeld mit eigenem Rechnungskreis) dient seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Wesentlichen unmittelbar begünstigten Zwecken gemäß Z 3.

Die Körperschaft unterhält, abgesehen von völlig untergeordneten Nebentätigkeiten, ausschließlich solche wirtschaftliche Tätigkeiten, die unter § 45 Abs. 1, § 45 Abs. 2 oder § 47 der Bundesabgabenordnung fallen oder für welche die Begünstigungen ge­mäß § 45a der Bundesabgabenordnung bestehen bleiben.

Die in Zusammenhang mit der Verwendung der Spenden stehenden Verwaltungskos­ten der Körperschaft übersteigen 10% der Spendeneinnahmen nicht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 101

Wird die Aufnahme in eine Liste erstmalig beantragt, sind die aktuelle Rechtsgrund­lage, die Bestätigungen des Wirtschaftsprüfers für die vorangegangen drei Wirtschafts­jahre oder Bestätigungen zur Vergabe des Österreichischen Spendengütesiegels und die Daten, unter der die Körperschaft im Zentralen Vereinsregister oder im Firmenbuch erfasst ist, dem Finanzamt zu übermitteln “

Begründung

1. Die Einschränkung der begünstigten Zwecke auf mildtätige Zwecke in der EU und im EWR, die Armutsbekämpfung im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit sowie Zwecke in Zusammenhang mit der Hilfestellung in Katastrophenfällen führt dazu, dass eine Reihe von Organisationen, die wertvolle Arbeit für die Menschen und die Gesell­schaft leisten, von der Spendenabsetzbarkeit ausgeschlossen werden.

So ist der Ausschluss von Umwelt- und Tierschutz eine bedenkliche Vorgangsweise und kann nicht mit dem Hinweis auf ökonomische Prioritätensetzungen begründet wer­den, da dieser Bereich in Summe nur 8% des Gesamtspendenvolumens von rund
400 Millionen Euro ausmacht.

Ebenso ist eindeutig sicherzustellen, dass der Einsatz für Menschenrechte und Ge­sundheit auch außerhalb der Grenzen Europas als begünstigter Zweck im Gesetz ver­ankert wird.

Auch die Ziffern 2 (Sicherung des Friedens und der menschlichen Sicherheit, insbe­sondere durch die Förderung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechten und guter Regierungsführung) und 3 (Erhaltung der Umwelt und der Schutz natürlicher Ressourcen als Basis für eine nachhaltige Entwicklung) des § 1 EZA-Gesetzes sollen als integrale Bestandteile der österreichischen EZA-Politik als begünstigte Zwecke be­rücksichtigt werden.

2. Die in der Regierungsvorlage enthaltene Bestimmung, auch rückwirkend zu prüfen, führt zu hohen Kosten bei den Organisationen. Es handelt sich dabei um eine weit um­fangreichere Prüfung als die bereits jetzt durchgeführten Prüfungen für Jahresab­schlüsse oder das Spendengütesiegel. Insgesamt würde diese Bestimmung dazu füh­ren, dass die Organisationen rückwirkend drei Mal geprüft werden: Jahresabschluss, Spendengütesiegel und Spendenabsetzbarkeit. Daher sollen die für die Vergabe des Österreichischen Spendengütesiegels durchgeführten Prüfungen anerkannt werden.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein. – Bitte.

 


12.56.18

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Frau Ministerin! Geschätzte Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Selbstverständlich be­weist die Regierung Mut und auch Weitblick, vor allem aber auch eine realistische Ein­schätzung dessen, was sich in dieser Welt gerade abspielt. Daher auch diese Steuer­reform – ich komme auf die zwei Konjunkturpakete noch kurz zu sprechen –, die dem Hohen Hause vorgelegt wurde. Wir werden dies sehr gerne beschließen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Asiatische Entwicklungsbank hat ges­tern geschätzt, dass bisher eine Jahresweltwirtschaftsleistung durch die Krise vernich­tet wurde. 40 000 Milliarden €! Die Deutschen berichten in diesen Tagen, dass ihre Ex­porte im Jänner um 20 Prozent zurückgegangen sind. In China sind es 26 Prozent, in Japan spricht man von weit über 30 Prozent. Das muss für ein Exportland wie Öster­reich – 60 Prozent unseres Bruttoinlandsproduktes erwirtschaften wir im Ausland durch Exporte von Waren und Dienstleistungen – mehr als ein Alarmsignal sein.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 102

Natürlich ist die Frage, ob Konjunkturpakete und ob diese Steuerreform der Krise Ein­halt gebieten werden können. Das glaube ich persönlich nicht, aber wir können die Kri­se zumindest mildern, können sie abfedern und können jedenfalls die richtigen Maß­nahmen, soweit das in unserer Macht steht, dagegen setzen.

Da kommen wir zur Dimension: Fast 4 Milliarden € – das hat der Finanzminister und Vizekanzler heute gesagt – ist diese Steuerreform wert. Das ist so wenig nicht! Das ist deutlich mehr als ein Prozent des Bruttoinlandproduktes. Zusammen mit den beiden Konjunkturpaketen kommen wir auf knapp oder gut 3 Prozent. Das ist mehr als der EU-Durchschnitt tut. Das ist nicht so viel weniger als Obama samt der amerikanischen Re­gierung tun wird, und das ist allemal beachtlich.

Ich meine, das ist der richtige Schritt zum richtigen Zeitpunkt, der unterstützt gehört. (Beifall bei der ÖVP.)

Lassen Sie mich noch zwei inhaltliche Anmerkungen zur Steuerreform machen. Ich halte es für vernünftig, dass man nach vielen Jahren mit einer Diskriminierung der Ein­kommensteuerzahler de facto aufräumt, dass man das ausräumt mit dem Freibetrag von 13 Prozent. Das ist ein vernünftiges Äquivalent zum 13., 14. Monatsgehalt der Ar­beitnehmer, und ich halte das auch für fair, weil man nämlich Solidarität in beiden Richtungen braucht: Man braucht die Solidarität mit den Schwachen, aber man braucht auch die Solidarität derjenigen, die Steuern zahlen – und das sind nun mal die Besserverdienenden. Hier hat man zumindest einen kleinen Schritt mit der Anhebung der Grenze auf 60 000 € gesetzt.

Wir wissen, so wie wir hier gemeinsam versammelt sind – Experten haben das im Aus­schuss auch gesagt –, dass das eine Valorisierung eigentlich bei 80 000 € erfordert hätte, aber 60 000 € sind ein Schritt, ein kleiner Schritt, und ich danke dafür herzlich. (Beifall bei der ÖVP.)

12.59


Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächster zu Wort gelangt Abgeordneter Mag. Haider.

 


12.59.13

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Geschätzte Gäste! Liebe Schüler auf der Galerie! Das Gegenteil von gut, sehr geehrter Herr Minister Pröll, ist gut gemeint. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich gestehe Ihnen zu, dass Sie es gut meinen, und Sie machen auch Schritte in die richtige Richtung, Herr Minister, aber Sie bleiben auf halbem Wege stehen, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes, auf halbem Wege. Jeder Wirtschaftsforscher sagt Ih­nen, dass eine Entlastung von mindestens 7 Milliarden € notwendig ist, aber Sie blei­ben bei 3 Milliarden €.

Herr Finanzminister, Ihre eigenen Experten im Hearing des Finanzausschusses haben Ihnen gesagt, dass das keine Steuerreform ist. Das ist bestenfalls eine Tarifreform, ja nicht einmal das, es ist eine Tarifänderung, und auch die ist noch viel zu zaghaft. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Wenn wir wissen, dass genau diejenigen Einkommensbezieher, die eine Entlastung am nötigsten hätten, nämlich diejenigen, die unter einem Jahreseinkommen von 11 000 € liegen und von denen man weiß, dass sie jeden einzelnen zusätzlichen Cent zu 100 Prozent in den Konsum stecken, wenn wir also wissen, dass genau diese über­haupt nicht entlastet werden, dann ist uns klar, dass diese Reform wirkungslos verpuf­fen wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Bei den anderen Einkommensgruppen wirkt sich diese Tarifsenkung – Tarifsenkung sage ich jetzt absichtlich – so aus, dass bei einem Jahreseinkommen von 60 000 € die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 103

Ersparnis 112,50 € im Monat betragen wird und dass die Ersparnis bei einem Einkom­men von 1 100 € im Monat 149 € im Jahr betragen wird; das sind 14,41 € im Monat oder 48,03 Cent periodisch pro Tag, Herr Kollege Krainer. 48 Cent!

Liebe Schüler auf der Galerie, das heißt, ein Drittel eurer Eltern wird sich überhaupt nichts ersparen – und bei einem weiteren Drittel von euren Eltern geht es darum, ob sie euch in Zukunft einen halben Kornspitz mehr mit in die Schule geben können. (Bei­fall bei der FPÖ. – Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Doch das will die Regierung hier anpreisen als „großen Wurf“ und als „großartige Steu­erreform“! – Damit, Herr Finanzminister, werden Sie den Konsum nicht steigern kön­nen, damit werden Sie auch die Konjunktur nicht ankurbeln können. Zeigen Sie Mut, Herr Minister, zeigen Sie Entschlossenheit und machen Sie eine Steuerreform, die die­sen Namen auch verdient! Dann haben Sie auch unsere Zustimmung. (Beifall bei der FPÖ.)

13.02


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. 2 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


13.02.17

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Werte Re­gierungsmitglieder! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenngleich die heute zu beschließende Steuerreform im Vorfeld viele Diskussionen ausgelöst hat, so zweifelt wohl heute niemand mehr an der Richtigkeit und Notwendigkeit dieser Reform.

Die Details dazu sind heute schon mehrfach erklärt worden, sodass ich zusammenfas­send festhalten möchte, dass diese Reform zum richtigen Zeitpunkt kommt und dass diese Reform auch die richtigen Adressaten erreicht. Sie erreicht jene, die den Staat ganz wesentlich finanzieren. Das sind in erster Linie die arbeitenden Menschen, und da vor allem die vollbeschäftigten Menschen, und die kleinen Unternehmen. Das ist auch gut so, denn damit ist gewährleistet, dass das Volumen dieser Reform in hohem Ausmaß beim Konsum ankommen wird, und damit werden jene Unternehmen gestärkt, die für 70 Prozent der arbeitenden Menschen Beschäftigung geben.

Die Bandbreite der Maßnahmen ist ein Indiz dafür, dass die Regierungspartner Kom­promissbereitschaft und Handlungsfähigkeit zeigen, was in Krisenzeiten besonders wichtig ist.

Diese Reform ist auch ein Ausgleich für die Teuerung der letzten Jahre. Daher ist es wohl interessant, dass dann, wenn die Preise an den Zapfsäulen sinken, das Thema auch aus den Zeitungen und dem Bewusstsein verdrängt wird, obwohl der hohe Ener­giepreis geblieben ist.

Daher darf es nicht sein, dass einerseits unsere Bundesregierung und die Regierungen insgesamt mit ganzer Kraft gegen die Krise ankämpfen und andere diese Krise miss­brauchen. Diese Kultur, meine Damen und Herren, heißt Unmoral, und dieser haben wir entschieden entgegenzutreten. (Beifall bei der SPÖ.)

13.04


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Haubner. Gewünschte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


13.04.44

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Die Frau Frauenministerin ist leider nicht mehr hier. Das bedauere ich sehr, denn ich hätte gerne gehört, wie sie aus frauenpolitischer Sicht dieses Steuer­entlastungspaket sieht. (Abg. Krainer: Ein zweiter Staatssekretär ist gekommen! Den könnten Sie auch begrüßen!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 104

Hohes Haus! Familie zu haben, muss leistbar sein – ich glaube, da sind wir uns alle einig –, und Steuerentlastung kann ein ganz wichtiger Teil dazu sein. Wenn ich mir jetzt dieses Paket anschaue, dann denke ich mir, einiges hat sich die Regierung schon vom BZÖ abgeschaut, auch im Regierungsprogramm: Es wird das Kinderbetreuungs­geld weitergeführt, es wird der Gratiskindergarten im letzten Jahr verpflichtend.

Da möchte ich schon sozusagen die Welt ein bisschen zurechtrücken angesichts der Jubelmeldungen, die ich zuvor seitens der Wiener Kolleginnen und Kollegen der So­zialdemokratie gehört habe, die gemeint haben, wie toll das in Wien sei. Ich glaube, Wien ist bisher das Schlusslicht in dieser Angelegenheit. Vorreiter war da nach wie vor – und das können Sie nicht wegdiskutieren – Kärnten (Beifall beim BZÖ); Kärnten, wo es schon jahrelang einen Gratiskindergarten gibt; Kärnten, welches das einzige Bundesland ist, das bereits ein verpflichtendes letztes Kindergartenjahr hat.

In Niederösterreich ist es vor einigen Jahren sogar noch so weit gewesen, dass ÖVP und SPÖ gemeinsam gegen die kostenlose Nachmittagsbetreuung im Kindergarten ge­stimmt haben. Also so großartig ist es nicht! Daher sage ich: Lassen Sie die Kirche im Dorf! (Beifall beim BZÖ.)

Beim Steuerreformsystem jubeln Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP vor allem, was das für eine große Familienentlastung ist; eine große Familienent­lastung in der Höhe von 500 Millionen €. Aber das kommt mir fast so vor wie die Ver­sprechungen, die Sie immer geben, bevor Pensionserhöhungen gemacht werden. Da wird den Pensionisten auch alles versprochen. Jetzt werden immer Zahlen in die Dis­kussion geworfen, dass durchschnittlich jeder 225 € gewinnt, und die Menschen glau­ben schön langsam, dass sie durch diese Steuerreform zum Beispiel 225 € Gewinn im Monat haben. Aber wenn man sich anschaut, wie das wirklich ist, dann kommt die gro­ße Ernüchterung!

Wie gesagt, es tut mir sehr leid, dass die Frau Frauenministerin nicht mehr da ist, denn ich muss sagen: Aus frauenpolitischer Sicht ist das eine Katastrophe!, zumal in den Er­läuterungen zur Steuerreform steht:

„Höhere Einkommen profitieren von der Tarifentlastung absolut gesehen mehr als nied­rige, aufgrund der Einkommensschere sind daher nach absoluten Beträgen Männer begünstigt.“

Doch die Frau Frauenministerin gibt in ihrer persönlichen Stellungnahme dann noch zu, dass sie aus frauenpolitischer Sicht das alles begrüßt, weil es gerade Maßnahmen sind zur Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen und der Familien, was gera­de in wirtschaftlich schwierigen Zeiten besonders begrüßenswert ist.

Das ist Tarnen und Täuschen, meine sehr geehrten Damen und Herren, denn Beziehe­rinnen kleiner Einkommen – und es sind immerhin 900 000 unselbständige Frauen, die um die 1 000, 1 100 € verdienen – bezahlen zwar keine Steuer, aber von der Entlas­tung der Kinderbetreuungskosten haben sie null. Sie haben lediglich 7,50 €, den erhöh­ten Kinderabsetzbetrag, den sie noch zusätzlich bekommen.

Also ich frage mich wirklich, wo es da Gerechtigkeit gibt, wo da Gleichwertigkeit be­steht, denn eine Alleinerzieherin mit einem geringen Gehalt muss genauso für Kinder­betreuung bezahlen wie jemand, der ein höheres Einkommen hat. Also da wird nicht unterschieden, und aus unserer Sicht ist das daher eine sehr, sehr unfaire und un­gleich behandelnde Maßnahme, die da gesetzt wird.

Daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, bringen wir – auch aus diesem Grund – einen Entschließungsantrag ein, der vor allem unser BZÖ-Steuerentlas­tungsmodell darstellt, unter anderem auch mit den entsprechenden familienentlasten­den Maßnahmen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 105

Unser Entschließungsantrag wurde oder wird verteilt; ich darf ihn in verkürzter Form zur Kenntnis bringen.

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat ehestmöglich einen beschlussrei­fen Gesetzentwurf vorzulegen, durch den die in der Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschussberichts vorgesehenen Änderungen in dem nachfolgenden Sinne modi­fiziert werden,

dass durchschnittliche Kaufkraftverluste seit dem Jahr 2004 weitgehend abgedeckt werden,

dass ein Gesetzentwurf vorgelegt wird – spätestens bis zum Ende des Jahres 2010 –, durch den das BZÖ-Flat-Tax-Steuermodell mit nachfolgenden Eckpunkten umgesetzt wird:

dass vor allem der Kinderabsetzbetrag auf zirka 1 000 € pro Jahr, das heißt 85 € pro Monat, erhöht wird,

dass der Alleinverdienerabsetzbetrag um zirka 100 € erhöht wird und

dass alle Kinderbetreuungskosten pro Kind und Jahr bis zu einem Höchstbetrag von 2 300 € absetzbar sind, und zwar für jene Eltern, die Familienbeihilfe beziehen, damit sie das auch geltend machen können.

Die Familienbeihilfe soll entsprechend dem Verbraucherpreisindex in jedem Jahr valo­risiert werden.

Auch was die Ausweitung der Spendenabsetzbarkeit anbelangt, möchten wir, dass es nicht nur auf diese Bereiche, wie es vorgesehen ist, beschränkt ist, sondern auch auf Blaulichtorganisation, Umwelt-, Natur- und Tierschutz ausgeweitet wird.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das vorliegende BZÖ-Steuermodell hilft um­fassend und bringt vor allem auch Vereinfachungen und Einsparungen. Das braucht man in diesen Zeiten! – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

13.10


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, wurde in seinen groben Zügen erläutert, wurde bereits gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung an die Abgeordneten verteilt und steht somit mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bucher, Grosz, Petzner, Ing. Westenthaler, Windholz, Ing. Lugar Kolleginnen und Kollegen betreffend einer kurzfristigen deutlichen Steuerentlastung und einer mittelfristig umfassenden Steuerreform im Sinne des BZÖ-Flat-Tax-Steuer­modells

eingebracht in der Sitzung des Nationalrates am 11.03.2009 im Zuge der Debatte
zu Tagesordnungspunkt 1: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorla­ge (54 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird – Steuerreformgesetz 2009 (StRefG 2009) (124 d.B.)

Wie schon mehrfach gefordert ist statt der vergleichsweise geringen „Steuertarifreform“ durch die Bundesregierung eine deutliche kurzfristige Steuerentlastung durchzuführen


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und eine mittelfristige umfassende Steuerreform vorzubereiten, die im Sinne des BZÖ-Steuermodells den Bürgern umfassend hilft und endlich Vereinfachungen und Einspa­rungen bringt.

Die kurzfristige Steuerentlastung

Betrachtet man die Entwicklung der Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit und der darauf entfallenden Abgaben sowie die Steigerung der Verbraucherpreise, so lässt sich zeigen, dass die Anpassung des Einkommensteuertarifs durch die Bundesregierung nicht einmal ausreicht, den durch die „kalte Progression“ seit 2004 eingetretenen Kauf­kraftverlust abzudecken.

Zur Begründung sind die folgenden Berechnungen anzuführen. Einleitend ist anzumer­ken, dass sich die Betrachtung nur auf die lohnsteuerpflichtigen Einkünfte und nicht auf alle einkommensteuerpflichtigen Einkünfte bezieht, weil die statistischen Daten nur für die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bis 2007 vorliegen. Für alle anderen Ein­kunftsarten hingegen nur bis 2005. Da die letzte Steuerreform in zwei Stufen in 2004 und 2005 durchgeführt worden ist, wurde als Bezugsjahr 2004 gewählt.

Der Durchschnittswert des Verbraucherpreisindex 2000 betrug in 2004 108,1 und in 2007 114,6, womit die Inflationsrate in diesem Zeitraum bei 6,01 % lag. Demgegenüber betrug etwa der durchschnittliche Bruttobezug je lohnsteuerpflichtiger Person in 2004 21.307,00 € und in 2007 23.114,00 €, was einer Steigerung um 8,48 % entspricht. Un­ter Berücksichtigung der Inflationsrate betrug die Steigerung real aber nur 2,33 % (Re­aleinkommenszuwachs auf 21.803,00 €). Die Abgaben (Lohnsteuer und Sozialversi­cherung) stiegen in diesem Zeitraum um 9,77 %, die Lohnsteuerbelastung sogar
um 10,07 %. Wären die Abgaben, wie die Bruttobezüge, nur um 2,33 % real gestiegen, so hätten sie sich um 134,00 € von 5.770 € in 2004 auf 5.904 € in 2007 je steuerpflich­tiger Person erhöht. Tatsächlich sind sie aber um 564,00 € gestiegen, wovon 430,00 € auf die „kalte Progression“ zurückzuführen sind. Bei 6.118.306 Lohnsteuerpflichtigen
in 2007 ergibt sich ein Gesamtbetrag von 2.631 Mio. €.

Im Dezember 2008 betrug der Verbraucherpreisindex 2000 118,5. Berücksichtigt man die seit dem Durchschnittswert von 2007 danach eingetretene Inflation von 3,4 %, so errechnet sich ein Betrag von 2.721 Mio. €. Die von der Bundesregierung selbst angegebene Tarifentlastung beträgt aber nur 2.300 Mio. €. Somit fehlen 421 Mio. €, um den durch die Abgabenbelastung seit 2004 eingetretenen Inflationsverlust der Lohn­steuerpflichtigen auch nur auszugleichen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass sich die Tarifentlastung auf alle Einkommensteuerpflichtigen und nicht nur auf die Lohn­steuerpflichtigen bezieht. Berücksichtigt man auch diesen Effekt, so fehlen insgesamt etwa 465 Mio. €.

Insgesamt fordert das BZÖ daher eine Modifizierung, durch die die vorgesehenen Ver­änderungen der Steuertarifstufen insoweit angehoben werden, dass diese weiterge­hend den gezeigten Kaufkraftverlust abdecken.

Mittelfristig umfassende Steuerreform im Sinne des BZÖ-Flat-Tax-Steuermodells

Mittelfristig fordert das BZÖ ein einfaches, aber revolutionäres Steuersystem, durch das die kalte Progression und die soziale Ungerechtigkeit des derzeitigen Steuersys­tems beendet werden. So ist im derzeitigen System die Gesamtbelastung der Einkom­men bereits ab dem Beginn der Steuerpflicht hoch, steigt dann im Bereich der Mittel­stands-Einkommen noch an, um dann bei den sehr gut Verdienenden plötzlich wieder nach unten zu gehen, was sozial ungerecht ist. Gleichzeitig soll durch einen massiven Abbau von Ausnahmeregelungen die Steuergerechtigkeit zugunsten der Kleinverdiener und des Mittelstandes (die derzeit im Gegensatz zu Großbetrieben ihre Besteuerung nicht optimieren können) verbessert werden.


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Kern dieses Vorschlags ist eine Flat-Tax – also ein einheitlicher Abgabensatz –, die zu­sammen mit einem Steuerfreibetrag in Höhe von 11.000 Euro Gerechtigkeit durch eine deutlich niedrigere Gesamtbelastung kleiner und mittlerer Einkommen, aber eine höhe­re Belastung sehr hoher Einkommen garantiert. Die Einheitsabgabe im BZÖ-Modell er­setzt Lohn- und Einkommenssteuer sowie die Sozialversicherungs-Beiträge. Dem Steuerzahler wird nur ein einziger und einheitlicher Prozentsatz abgezogen. Vom Jah­reseinkommen wird zuerst der Steuerfreibetrag von 11.000 Euro subtrahiert. Von der verbleibenden Summe wird die Flat-Tax samt Sozialversicherung in der einheitlichen Höhe von 44 Prozent abgezogen – für Steuer und Sozialversicherung. Im Bereich von Bruttojahreseinkommen zwischen Geringfügigkeitsgrenze und 14.235,28 Euro gilt da­gegen ein einheitlicher Abgabensatz von 10 %, der die jetzigen Abgaben für Sozialver­sicherung und Lohnsteuer (ab 10.000 bzw. 11.000 Euro Jahresbruttoeinkommen) er­setzt. Ausnahmen von der 10%-igen Einheitsabgabe bestehen dagegen beispielsweise für Pensionisten. Insgesamt werden durch das Flat-Tax Modell nahezu alle Steuer­pflichtigen deutlich entlastet. Lediglich für Spitzenverdiener mit sechsstelligen Jahres­gagen steigt die Belastung.

Im Bereich der Familienförderung ist (statt der Schaffung eines Kinderfreibetrages – wie von der Regierung vorgesehen –) der Kinderabsetzbetrag (KAB) auf ca. 1.000 Euro/Jahr bzw. 85 Euro/pro Monat sowie der Alleinverdienerabsetzbetrages um ca. 100 Euro zu erhöhen. Zudem ist die von der Regierung vorgeschlagene Be­schränkung auf öffentliche und private Kindereinrichtungen bzw. „pädagogisch qualifi­ziertes Personal“ abzulehnen, da sie nicht das Randzeitproblem für berufstätige Eltern löst. Zu bedenken ist nämlich, dass speziell Randzonenzeiten, die über die Öffnungs­zeiten von Kinderbetreuungseinrichtungen hinausgehen (ab 16.00 bzw. 17.00 Uhr), in der Betreuung ein Problem darstellen. Da oftmals nur ein bis zwei Stunden überbrückt werden müssen ist es in der Praxis nahezu unmöglich, dafür ausschließlich pädago­gisch geschultes Personal zu finden. Daher ist stattdessen die Absetzbarkeit aller Kin­derbetreuungskosten pro Kind und Jahr (Deckelung bei € 2.300.-) analog zum Bezug der Familienbeihilfe einzuführen, d.h. der Familienbeihilfe beziehende Elternteil soll die Kinderbetreuungskosten steuerlich geltend machen können. Zudem ist die Familienbei­hilfe nach dem Verbraucherpreisindex jährlich zu valorisieren.

Im Bereich der Unternehmensbesteuerung sieht das BZÖ-Modell unter anderem eine einheitlichen Unternehmensbesteuerung – die „Business Tax“ – vor, die die steuerliche Situation des unternehmerischen Mittelstands verbessert. Dafür sollen die bisherigen Einkunftsarten (Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, selbständiger Arbeit und Ge­werbebetrieb) im Sinne des Einkommenssteuergesetzes zu einer Einkunftsart für Un­ternehmen zusammengefasst werden. Zum anderen soll eine rechtsformneutrale Un­ternehmensbesteuerung erfolgen, indem alle Unternehmen ein Wahlrecht zukommt, sich auch nach den Vorschriften für Körperschaften, d.h. mit einem Steuersatz von 25 %, besteuern zu lassen. Weiters sind verschiedene Maßnahmen zur Stärkung von kleinen und mittleren Unternehmen vorgesehen (z.B. Stärkung des Eigenkapitals von KMUs) sowie eine Totalreform der lohsummenabhängigen Abgaben durch Einführung einer einheitlichen Arbeitgeberabgabe, um den Aufwand und die damit verbundenen Verwaltungskosten zu senken.

Im Bereich der Spendenabsetzbarkeit ist zudem eine Ausweitung gegenüber dem Re­gierungsmodell (beispielsweise im Bereich Umwelt-, Natur oder Tierschutz) zu vorge­sehen.

Ein weiterer Eckpfeiler des Steuermodells und wesentlicher Ansatz zur Erreichung we­sentlicher Einsparungsmöglichkeiten ist die Vereinfachung im Bereich der Verwaltung durch eine einzige Abgabenbehörde, eine Berufungsinstanz und ein einheitliches So­zialversicherungssystem statt der immer noch bestehenden ständestaatlichen Un­gleichbehandlung. Somit wäre endlich der Weg für die längst fällige Reform der Sozial-


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versicherungen geebnet. In Kombination mit den im Rahmen der Staats- und Verwal­tungsreform möglichen Ersparnissen wird insoweit die Basis geschaffen, die gegen­über dem Modell der Bundesregierung entstehen Abgabeausfälle zu finanzieren.

Aus den genannten Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat ehestmöglich einen beschlussrei­fen Gesetzesentwurf vorzulegen, durch den die in der Regierungsvorlage (54 d.B.) – Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird – Steuerre­formgesetz 2009 (StRefG 2009) – in der Fassung des Ausschussberichtes (124 d.B.) vorgesehenen Änderungen in dem Sinne modifiziert werden,

dass durch eine stärkere Erhöhung der Steuertarifstufen die aufgezeigten durchschnitt­lichen Kaufkraftverluste seit dem Jahre 2004 weitergehend abgedeckt werden,

und dem Nationalrat einen beschlussreifen Gesetzesentwurf vorzulegen, durch den mittelfristig – spätestens jedoch bis Ende des Jahres 2010 – das BZÖ-Flat-Tax-Steuer­modell mit den folgenden Eckpunkten umgesetzt wird:

für Bruttojahreseinkommen im Bereich zwischen Geringfügigkeitsgrenze und 14.235,28 Euro besteht grundsätzlich ein einheitlicher Abgabensatz von 10 % (Aus­nahme beispielsweise für Pensionisten), der die jetzigen Abgaben für Sozialversiche­rung und Lohnsteuer (ab 10.000 bzw. 11.000 Euro Jahresbruttoeinkommen) ersetzt,

ab einem Bruttojahreseinkommen von 14.235,29 Euro ist eine Flat-Tax-Einheitsabgabe statt der jetzigen Lohn- und Einkommenssteuer- sowie der Sozialversicherungsbeiträ­ge einzuheben, wobei vom Bruttojahreseinkommen zuerst ein Steuerfreibetrag in der Höhe von 11.000 Euro und von der verbleibenden Summe die Flat-Tax in der einheitli­chen Höhe von 44 Prozent abzuziehen sind,

der Kinderabsetzbetrag (KAB) wird auf ca. 1.000 Euro/Jahr bzw. € 85/pro Monat er­höht,

der Alleinverdienerabsetzbetrages wird um ca. 100 Euro erhöht,

alle Kinderbetreuungskosten pro Kind und Jahr sind bis zu einem Höchstbetrag von 2.300 Euro absetzbar, wobei dies analog zum Bezug der Familienbeihilfe erfolgt, d.h. der Familienbeihilfe beziehende Elternteil soll die Kinderbetreuungskosten steuerlich geltend machen können,

die Familienbeihilfe ist entsprechend dem Verbraucherpreisindex in jedem Jahr zu va­lorisieren,

im Bereich der Unternehmensbesteuerung erfolgt eine rechtsformneutrale Unterneh­mensbesteuerung, indem alle Unternehmen ein Wahlrecht zukommt, sich auch nach den Vorschriften für Körperschaften, d.h. mit einem Steuersatz von 25 %, besteuern zu lassen.

die drei betrieblichen Einkunftsarten (Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, selb­ständiger Arbeit und Gewerbebetrieb) werden zu einer einheitlichen Einkunftsart für Unternehmen zusammengefasst,

Einführung verschiedener Maßnahmen zur Stärkung von kleinen und mittleren Unter­nehmen wie beispielsweise die Stärkung des Eigenkapitals von KMUs, Steuergutschrif­ten bei Ablegung von Facharbeiter- oder Meisterprüfungen bzw. vergleichbaren Prü­fungen oder Steuerprämien für Neueinstellungen durch Ein-Mann-Unternehmen,


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Ausweitung der Spendenabsetzbarkeit auf Bereiche wie beispielsweise Blaulichtorga­nisationen, Umwelt-, Natur- oder Tierschutz,

Totalreform der lohsummenabhängigen Abgaben durch Einführung einer einheitlichen Arbeitgeberabgabe, um den Aufwand und die damit verbundenen Verwaltungskosten zu senken und

Installierung einer einzigen Abgabenbehörde, einer Berufungsinstanz und eines ein­heitliches Sozialversicherungssystems zur dringend erforderlichen Vereinfachung im Bereich der Verwaltung.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Wöginger. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


13.11.23

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretä­re! Meine Damen und Herren! Es bestätigt sich wieder einmal: Der Standort bestimmt den Standpunkt! Wenn ich mir die unterschiedlichen Aussagen der Opposition hier an­höre – den meisten ist es zu wenig (Abg. Neubauer: Der Bevölkerung ist es zu we­nig!), aber es gibt auch einige, die sagen, es ist zu viel beziehungsweise es kann der Staatshaushalt aus den Fugen geraten –, dann ist für mich die Bestätigung gegeben, dass wir bei dieser Steuerreform vollkommen richtig liegen und dass dabei auch die Treffsicherheit absolut gegeben ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, durch diese Steuerreform eine spürba­re Entlastung gegeben, und ich möchte den Vorwurf, es seien nur 5 € pro Woche, nicht unkommentiert im Raum stehen lassen, weil es einfach falsch ist.

Es ist nicht richtig! Es ist eine spürbar Entlastung für all jene, die Steuern zahlen, die die Steuertöpfe füllen, und genau dieses Klientel wollen wir gezielt mit dieser Steuer­reform entlasten.

Da ich in vorhergehenden Ausführungen immer wieder gehört habe: Was ist mit jenen, die unter der Lohnsteuergrenze liegen, die also hier von diesem Bereich nicht betroffen sind?, dann muss ich sagen: Diese Menschen sind betroffen beim Kinderabsetzbetrag. Wir haben letzten Sommer 300 Millionen für die Senkung der Arbeitslosenversiche­rungsbeiträge beschlossen. Und ich erinnere auch zurück an die Steuerreform 2004/2005, wo wir bei den Alleinverdienern und Alleinerziehern gestaffelte Kinderzu­schläge eingeführt haben – je mehr Kinder, desto höher die Abschläge –, wodurch bis zu 800 € an Negativsteuer an jene ausbezahlt werden, die keine Steuern zahlen. Das sollte man in Summe mit bewerten! Das würde ich von den Abgeordneten der Opposi­tion auch erwarten. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, das Familienpaket mit 500 Millionen € ist ein absoluter Mei­lenstein in der Familienpolitik. Ich möchte auch den Gratiskindergarten erwähnen, der in Oberösterreich eingeführt wird, und ich gratuliere und bedanke mich bei meinem Landeshauptmann Josef Pühringer, der diese Initiative gesetzt hat und somit im Durch­schnitt den Eltern mit Kindern im Kindergarten eine Ersparnis von 800 € pro Jahr mög­lich macht. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Neubauer: Zehn Jahre haben Sie dazu ge­braucht!)

Die Unterstützung für kleine und mittlere Unternehmen begrüßen wir. Arbeitgeber und Arbeitnehmer stehen zusammen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Das sollte das Credo sein, das wir von hier aus, nämlich vom Parlament, der Bevölkerung mitgeben!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 110

Abschließend, meine Damen und Herren: Die Absetzbarkeit von Spenden begrüße ich außerordentlich, vor allem auch als Betriebsratsvorsitzender des Roten Kreuzes Ober­österreich. Es ist dies ein erster Schritt. Bitte haben Sie Verständnis dafür – wie ge­sagt, es ist ein erster Schritt –, dass wir jene Organisationen bevorzugen, die bei den Menschen ihre Tätigkeit ausüben, nämlich bei den Hilfsorganisationen.

Ich bringe diesbezüglich folgenden Abänderungsantrag ein:

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988 wird wie folgt geändert:

In Z 10 § 18 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:

„Die Körperschaft darf die Sozialversicherungsnummer ausschließlich zur Übermittlung an die Abgabenbehörde verwenden.“

*****

Das ist ein Zusatz, der aus datenschutzrechtlicher Sicht notwendig ist, und ich bitte und ersuche um Zustimmung für dieses großartige Entlastungspaket, für diese Steuer­reform. (Beifall bei der ÖVP.)

13.14


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt. Er wurde verlesen, ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Jan Krainer Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage (54 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird – Steuerreformgesetz 2009 (StRefG 2009) in der Fassung des Finanzausschussberichtes (124 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988 wird wie folgt geändert:

In Z 10 § 18 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:

„Die Körperschaft darf die Sozialversicherungsnummer ausschließlich zur Übermittlung an die Abgabenbehörde verwenden.“

Begründung

Im Interesse des Datenschutzes soll ausdrücklich sichergestellt werden, das die So­zialversicherungsnummer ausschließlich zur Übermittlung an die Abgabenbehörde ver­wendet werden darf.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Mag. Musiol. 4 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 111

13.15.02

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte BesucherInnen auf den Rängen! Der Herr Vizekanzler hat darauf hingewiesen, dass heute über eine wichtige Entlastung für die österreichische Bevölkerung hier ab­gestimmt werden wird. Ich kann nur sagen: Nur für einen Teil der österreichischen Be­völkerung, denn dieses Familienpaket, dieses sogenannte Familienentlastungspaket, bringt nur für einen Teil der Familien eine Entlastung, nämlich für die besserverdienen­den, einkommensstärkeren Familien. Ich werde Ihnen das auch vorrechnen.

Sie nehmen 510 Millionen € in die Hand und verteilen diese in Form von Absetzbeträ­gen und Freibeträgen an genau diese Familien: Familien, die Steuern zahlen, Familien, die einkommensstark sind, die besser verdienen. Währenddessen gibt es in Österreich eine Million Menschen, die in der Armutsgefährdung leben. Das sind 13 Prozent der österreichischen Bevölkerung, darunter 250 000 Kinder und Jugendliche, Alleinerzie­hende, hauptsächlich Frauen. Und das in einem Land, das in Österreich, das eines der reichsten Länder der Welt ist! (Beifall bei den Grünen.)

Ich kann Ihnen das anhand von Beispielen vorrechnen, aus denen ersichtlich wird, dass Ihnen, wie Sie das in dieser Steuerreform dargelegt haben, nicht alle Kinder in Österreich gleich viel wert sind.

Nehmen wir zwei Familien im Vergleich. Beide haben ein fünfjähriges Kind. Zum einen eine Familie, ein DoppelverdienerInnen-Haushalt mit einem gemeinsamen Einkommen von 10 000 € brutto im Monat, zum anderen ein AlleinverdienerInnen-Haushalt mit einem Bruttogehalt von 1 100 €. Was ersparen sich nun diese Familien? – Die Doppel­verdienerInnen-Familie hat eine Ersparnis von 3 519 € pro Jahr oder 293 € pro Monat; demgegenüber steht die AlleinverdienerInnen-Familie mit einer Ersparnis von 199,90 € pro Jahr – also weniger als die andere Familie sich im Monat erspart – oder auf den Monat gerechnet 16,65 € pro Monat. – In Anbetracht dessen von einer sozial gerech­ten Reform zu sprechen, entbehrt jeglicher Realität und ist zynisch! (Beifall bei den Grünen.)

Nicht nur wir, die Grünen, sondern auch namhafte ExpertInnen wie beispielsweise Mar­kus Marterbauer haben darauf hingewiesen, dass es hier bessere Varianten gegeben hätte, die Familien zu entlasten, nämlich indem Sie nicht in Absetzbeträge und Freibe­träge investiert hätten, sondern in Infrastruktur. Sie hätten damit nicht nur die Familien entlastet, sondern Sie hätten damit auch Arbeitsplätze geschaffen.

Im Vergleich: Der Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen hätte seinen Berechnun­gen nach 15 000 Arbeitsplätze gebracht, während die Entlastung der Familien durch Steuern, Absetzbeträge und Freibeträge seinen Berechnungen nach nur 3 000 Arbeitsplätze bringt. Also das Fünffache durch Investition in Infrastruktur wäre möglich gewesen. Davon haben Sie allerdings Abstand genommen.

Stattdessen investieren Sie in die Absetzbarkeit von Kosten für Kinderbetreuungsein­richtungen, obwohl Sie wissen, dass nicht ausreichend Kinderbetreuungseinrichtungen vorhanden sind. In Österreich fehlen 80 000 Plätze. Selbst wenn es Familien gibt, die Steuern zahlen und die von dieser Absetzbarkeit profitieren würden, so ist nicht garan­tiert, dass diese Familien auch mit einem Kinderbetreuungsplatz rechnen können.

Das ist frauenpolitisch ein Wahnsinn, das ist familienpolitisch ein Wahnsinn, und ich bin schon sehr gespannt, wie Sie denn mit der Tatsache, dass das verpflichtende Kinder­gartenjahr nicht eingeführt werden kann, weil zu wenig Plätze vorhanden sind, in den nächsten Monaten umgehen werden.

Da möchte ich jetzt schon noch einmal an Sie als Regierungsparteien ganz konkret ap­pellieren. Sie, die ÖVP, feiern sich regelmäßig als die Familienpartei, aber was Sie zu erwähnen vergessen, ist, dass Sie nur bestimmte Familien damit meinen, nämlich die


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einkommensstarken, die besserverdienenden Familien. Sie vergessen die einkom­mensschwachen Familien, die Alleinerziehenden, jene Familien mit gleichgeschlechtli­chen Elternpaaren (Abg. Zanger: Das sind keine Familien!) und – wie wir morgen auch sehen werden – jene Familien, die aus anderen Staaten zu uns nach Österreich geflo­hen sind, um hier Schutz zu suchen. Das ist offensichtlich Ihr Familienbegriff, und der findet sich auch in Ihrer Familienpolitik wieder.

Und Sie, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, was haben Sie mit die­ser Steuerreform für jene getan, von denen Sie in Ihren Wahlkämpfen oder bei Ihren Klinkenputzveranstaltungen sprechen, nämlich eben von den einkommensschwachen Familien, den Alleinerziehenden, den Frauen? – Nichts! Sie haben diese vergessen! Sie haben sich von der ÖVP über den Tisch ziehen lassen und haben bei einer Politik mitgemacht, die nur Einkommensstärkeren und Besserverdienenden zugute kommt. (Abg. Krainer: Das stimmt doch nicht, bitte!)

Zu allem Überdruss wird auch noch die Einführung der Mindestsicherung verschoben! Ihr Sozialminister hat angekündigt, dass die Mindestsicherung doch nicht so schnell kommen wird. – Glücklicherweise gibt es eine Wiener SPÖ-Stadträtin, Sonja Wehsely, die darauf hinweist und sagt – ich zitiere aus dem „Standard“ –:

„Gerade jetzt, in wirtschaftlich turbulenten Zeiten, brauchen die Schwächeren unserer Gesellschaft einen starken Staat, der sie nicht allein lässt.“ – Zitatende.

Aber weder in der Wiener SPÖ-Politik noch in der Politik dieser Bundesregierung ist davon etwas zu merken.

Wir werden nicht weiter zusehen (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Krainer), wie die Ressourcen in diesem Land so ungerecht verteilt werden, und ich lade Sie, die Damen und Herren von den Regierungsparteien – speziell die Damen und Herren von der SPÖ –, ein: Bringen Sie den Mut auf, mit uns eine gerechte, eine richtige Verteilungs­politik zu machen! (Beifall bei den Grünen.)

13.20


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner ist Herr Staatssekretär Dr. Lopatka. Ich erteile ihm das Wort.

 


13.21.12

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Reinhold Lopatka: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Musiol, ich glaube, Sie haben sich wirklich den falschen Bereich ausgesucht, um die Regierung zu kritisieren, denn es gibt kaum einen zweiten Bereich, in welchem Österreich europa­weit so gut liegt wie bei den Transferleistungen für Kinder und Familien. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Großruck: Genau! – Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.)

Gerade mit dem, was jetzt passiert ist, gibt es eigentlich nur ein weiteres Land in Euro­pa, das bei den Transferleistungen annähernd die Höhe erreicht, die Österreich auf­weist, und das ist Dänemark; das werden Sie aus allen Studien, die es dazu gibt, he­rauslesen können.

Ich habe den Oppositionsrednern sehr genau zugehört, ich darf ihnen aber Folgendes sagen: Eigentlich konnte niemand von ihnen wegreden, dass heute ein guter Tag für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ist, ein guter Tag für die Familien, ein guter Tag auch für die Unternehmerinnen und Unternehmer. (Abg. Zanger: Für die, die zah­len, ist es ...!) – Jawohl! Ich sage „für die Steuerzahler“, weil diese entlastet werden und in Zukunft weniger zahlen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Genau darum ist es gegangen, denn jeder, der Steuern zahlt, ist für mich ein Leis­tungsträger, und hier gehören alle Leistungsträger berücksichtigt – und das ist mit die­ser Steuerreform gelungen, meine Damen und Herren.


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Das Volumen der Reform hat ein Ausmaß, dass sie etwas bewirken wird; das haben auch die Experten im Hearing gesagt. Und diese Steuerreform kommt zum richtigen Zeitpunkt, denn wir befinden uns – das wurde von allen Rednern übereinstimmend er­klärt – in Wirklichkeit noch vor der Krise, wir handeln, bevor sie wirklich auf alle voll durchschlägt. In einzelnen Bereichen spüren wir diese Krise, die auf uns zukommt, na­türlich schon – zweifellos! –, aber wirklich und stark spürbar wird sie erst in den nächs­ten Monaten.

Genau dort wird jetzt ein Impuls gesetzt, der in dieser Phase dann bitter notwendig ist, nämlich für die Sicherung von Arbeitsplätzen etwas zu tun: Wenn durch diese weltwei­te Krise Tausende, ja leider Zehntausende Arbeitsplätze gefährdet sind, dann ist es wichtig, wenn – das hat schon mein Kollege, Staatssekretär Schieder, gesagt, und das wurde auch von den Experten im Steuer-Hearing gesagt – mehr als 10 000 Arbeitsplät­ze durch diesen Impuls gesichert werden. – Die Ankurbelung des Binnenkonsums ist ganz wichtig und notwendig, und die Sicherung von 13 000 Arbeitsplätzen als zweiter Punkt dazu.

Daher bin ich froh darüber, dass wir im Finanzausschuss übereinstimmend und immer­hin auch von einer Oppositionspartei unterstützt zu der Beschlussfassung gekommen sind, dass diese Entlastung für alle tatsächlich noch vor dem Sommer spürbar sein soll, dass diese Aufrollung flächendeckend zu erfolgen hat und die zu viel gezahlte Lohnsteuer rückerstattet wird, und zwar zum frühestmöglichen Zeitpunkt, denn die Menschen brauchen in dieser Krisenphase jeden Euro, und je früher der Euro auf dem Konto des einzelnen Steuerzahlers/der Steuerzahlerin eintrifft, umso besser, umso wir­kungsvoller ist diese Steuerreform in ihrer Umsetzung.

Daher sage ich noch einmal: Heute ist ein guter Tag für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler (Abg. Grosz: Das hat schon der Grasser gesagt! Copyright by Grasser!), und ich wünsche uns noch viele solche Tage – leider werden es aber nur wenige sein können, an denen wir so viel für so viele Menschen machen können wie heute. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Enden wollender Applaus bei der ÖVP – das fürs Protokoll!)

13.24


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Bayr. Ge­wünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


13.24.49

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Als im Jahre 1973 beschlossen wurde, das System von der Familienbesteuerung auf die Individualbe­steuerung umzustellen, war das ein ziemlicher Meilenstein. Es war vor allem ein Mei­lenstein in Sachen Frauenpolitik, weil dadurch natürlich eine Menge negativer Erwerbs­anreize für Frauen weggefallen ist.

Wenn man nun wieder ein Familien-Steuersplitting einführen würde, wie das ein FPÖ-Antrag, den wir jetzt mitbehandeln, will (Zwischenruf des Abg. Zanger), dann würde das durch die Bank Familien bevorzugen, in denen eine Person viel verdient und die andere Person zu Hause bleibt. (Abg. Mag. Stefan: ..., das ist ja nur gerecht!) Das ist nichts, was einem modernen Familienbild entspricht und würde die Gefahr in sich ber­gen, dass sehr viele Mütter vom Arbeitsmarkt ferngehalten würden. (Abg. Mag. Ste-
fan:
Wer hält sie ab?)
Es wäre ein Rückschritt ins letzte Jahrhundert, und dass wir die­sen Antrag heute mit einer sehr breiten Mehrheit ablehnen werden, halte ich für über­aus positiv. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Zweiten ein paar Gedanken zur Frage der Spendenabsetzbarkeit: Ich halte es für einen schönen Erfolg, dass wir jetzt, nach vielen, vielen Jahren der Diskussion (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: „Nach vielen, vielen Jahren“, ...!) einen ersten Schritt in


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 114

dieser Frage machen – ein Schritt, der eine Entlastung von immerhin 100 Millionen € bringt, ist ja auch ein großer Schritt.

Ich sehe es durchaus so, dass es gut ist, zivilgesellschaftliches Engagement in Sachen Armutsbekämpfung, Entwicklungszusammenarbeit, die auch vor allem armutsbekämp­fend wirkt, und Katastrophenhilfe steuerlich zu honorieren, dass das aber auf Dauer al­lein nicht ausreichen wird. Ich habe in meiner politischen Arbeit die Erfahrung gemacht, dass zum Beispiel gerade das Sich-Einsetzen für eine gesunde Umwelt und für Men­schenrechte mit den oben genannten Punkten Hand in Hand geht und auch sehr schwer von ihnen zu trennen ist.

Ich glaube, dass eine Evaluierung in zwei Jahren das sehr klar zeigen wird, und in die­sem Sinne freue ich mich schon auf eine Weiterentwicklung der Spendenabsetzbarkeit in der Zeit nach diesen zwei Jahren. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

13.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Vock. Ge­wünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.27.04

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Obwohl wir in vielen Be­reichen in Europa als Musterschüler dastehen wollen, sind wir es bei der Absetzbarkeit von Spenden nicht, denn in anderen europäischen Staaten gibt es diese schon lange.

Leider sind Spenden für den Natur- und Umweltschutz, aber auch für den Tierschutz davon generell ausgenommen. Damit erschweren wir die Arbeit der ehrenamtlichen Funktionäre, denn gerade in einer Wirtschaftskrise wird zuerst bei den Spenden ge­spart, denn dort kann man Einsparungen treffen.

Vergessen wir auch nicht, dass die ehrenamtlichen Funktionäre dieser Vereine und Or­ganisationen unsere Beamten ersetzen, denn würden diese Vereine diese Arbeit nicht machen, müssten wir sie durch Beamte ersetzen!

Eine generelle Berechtigung für Tierschutzorganisationen zum Beispiel würde nicht be­deuten, dass alle Vereine automatisch in das Recht dieser Absetzbarkeit kommen: Da gibt es dann noch eine Verordnung hinterher, in welcher der Finanzminister einzel-
ne Vereine, gegen die er vielleicht Vorbehalte hat, ausnehmen könnte. (Abg. Groß­ruck: Und die anderen ..., so wie du! Und die anderen kommen dann und beschweren sich, dass sie nicht drankommen!) – Ja, aber dann kann man über Einzelfälle diskutie­ren. (Abg. Großruck: Das tun wir eh!) – Aber derzeit wird generell der Natur-, der Um­welt- und der Tierschutz ausgenommen!

Daher ersuchen wir den Finanzminister, aber auch Sie, Herr Staatssekretär, diese Re­gelung nochmals zu überdenken und die Absetzbarkeit nur von objektiven Kriterien ab­hängig zu machen, wie zum Beispiel das Spendegütesiegel der Kammer der Wirt­schaftstreuhänder, und nicht von persönlichen Empfindungen und Vorbehalten, wie sie der Herr Finanzminister offensichtlich gegenüber den Tierschutzvereinen hat. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Großruck: Das war mehr als dürftig! Das war schwach!)

13.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Steibl. 2 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


13.29.11

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Staats­sekretäre! Werte Damen und Herren! Frau Kollegin Musiol, ich stelle fest, dass Sie sich auf die Arbeit hier im Parlament offensichtlich nicht vorbereitet haben (Abg. Mag. Kog­ler: Was?!), denn sonst würden Sie wissen, erstens – und ich wiederhole das, was


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 115

Herr Staatssekretär Reinhold Lopatka gesagt hat –, dass Österreich die besten Fami­lientransferleistungen hat, dass man bis zu 11 000 € Jahreseinkommen keine Steuern zahlt, dass es weiterhin über 160 000 Menschen gibt, die aus der Steuerpflicht heraus­fallen und – da waren Sie noch nicht im Parlament – dass wir bei der letzten Steuerre­form die Kinderzuschläge eingeführt haben. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Aber gegen die Familienarmut ...! Die Familienarmut ignorieren Sie! Solange das nicht stimmt, werde ich es ...!)

Umso mehr glaube ich, dass es in Ordnung ist, notwendig war und gut ist, dass es jetzt im Zuge dieses Steuerpakets dieses Familienpaket gibt, sozusagen das 15. Gehalt – inklusive der 13. Familienbeihilfe, die schon im Vorjahr ausbezahlt wurde und ab jetzt jährlich im September kommen wird. Das heißt, wir entlasten, fördern und unterstützen unsere Familien mit diesem Steuerpaket mit über 500 Millionen €.

Man kann nicht oft genug sagen, welch große Wirksamkeit das hat: sei es jetzt die Er­höhung des Kinderabsetzbetrages, die Einführung eines Kinderfreibetrages oder auch die steuerliche Absetzbarkeit für Kinderbetreuungskosten; eine Forderung, die einer meiner ersten war, als ich hier in das Hohe Haus eingezogen bin, und die mit der Steu­erreform nun umgesetzt wird.

Abschließend: Mit Polemik und Populismus löst man keine Wirtschaftskrise!. Das ist eine Tatsachenfeststellung unseres Klubobmannes Kopf. Ich denke, dass gerade die Opposition gut daran täte, hier mitzugehen und auch die positiven Dinge zu sehen. In Zeiten wie diesen muss man aber auch sagen können: Wenn ich in diesen Topf etwas einzahle, dann habe ich auch den Anspruch, etwas herauszubekommen. – Frau Kolle­gin Musiol, nehmen Sie das bitte mit! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.31


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Stadler. Gewünschte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte. (Abg. Mag. Stadler – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ein bisserl länger!)

 


13.31.21

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Zunächst möchte ich folgenden Abänderungsantrag einbringen (Zwischenruf des Abg. Groß­ruck – Abg. Grosz: Zuhören, dann lernst du was!):

„In Ziffer 24 wird § 124 b Ziffer 156 um folgenden Satz ergänzt:

,Für Beiträge, die ab dem Kalenderjahr 2010 geleistet werden, ist § 18 Abs. 1 Z 5 nicht mehr anzuwenden.

*****

Dieser Antrag hat zum Ziel – und da werden Sie, Herr Staatssekretär Lopatka, als stu­dierter Theologe mir sicherlich recht geben –, dass der Kirchenbeitrag nicht mehr steu­erlich abgesetzt werden soll. Wir vom BZÖ sind der Meinung – wie übrigens auch der frühere Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Ratzinger –, dass der Kirchenbei­trag eine freiwillige Leistung werden soll und dass dieser unselige und aus der NS-Zeit stammende Zwangskirchenbeitrag endlich weggehört. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Ja! Bravo!)

Herr Staatssekretär Lopatka, da muss Ihnen ja geradezu das Herz aufgehen, wenn ich so etwas verlange. (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Lopatka.) – Ich habe mir gleich gedacht, dass ich Ihnen hiemit eine Freude mache. Wir haben ja schon ein­mal den Antrag eingebracht, diesen unseligen Zwangskirchenbeitrag abzuschaffen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 116

Meine Damen und Herren, ich bin ja froh, dass Kollege Roman Haider wieder da ist. (Abg. Großruck: Wo ist er? Wo ist er?) Wissen Sie, meine Kollegen aus der FPÖ-Fraktion: Ein bisschen sensibler solltet ihr schon sein, wenn ihr die Rednerliste macht!, denn wenn ein Konkursant hier herausgeht und der Regierung vorhält, was sie alles falsch macht, ist das schlichtweg peinlich! (Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Was, ein Konkursant?) – Schlichtweg peinlich ist das!

Dass sich die FPÖ-Oberösterreich als Landesfinanzreferenten einen Konkursanten leistet, das ist deren Sache. (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Ing. Westen­thaler: Was, einen Konkurs hat er gebaut? – Abg. Grosz: Er ist pleite!) – Ist das noch nicht bekannt, dass Roman Haider Konkurs gemacht hat? Das ist doch allgemein im Konkursedikt nachzulesen. Kollege Roman Haider von der FPÖ hat einen Patzen Kon­kurs hingelegt; ja, das ist seine Sache – und es ist natürlich auch die Sache seiner Fraktion, wenn sie hier im Nationalrat einen Konkursanten zum Hauptredner gegen die Regierung macht! (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich halte es für peinlich, meine Damen und Herren, wenn ausgerechnet Kollege Ro­man Haider der Regierung vorrechnet, dass ein Drittel der armen Eltern an die Schüler appelliert, weil diese jetzt sozusagen nur mehr ein halbes Jausenpackerl bekommen können! – Übrigens, Herr Kollege Haider: Wie viele Jausenpackerl sind Sie Ihren Tele­fonistinnen schuldig? (Abg. Mag. Haider: Keins!)

26 000 € sind wie viele halbe Jausenpackerl Ihrer Rechnung nach?! Ich würde einmal sagen, das sind mindestens 13 000 Jausenpackerl, wenn man das pro Stück mit 2 € veranschlagt. Sie können so ein Packerl natürlich auch billiger machen, dann sind es aber umso mehr Packerl, die Sie schulden. Oder sind es 60 000 €, die Sie schuldig ge­blieben sind? – Ihren Auftritt hier halte ich jedenfalls für schlichtweg peinlich! (Ruf bei der FPÖ: Stadler wird langsam peinlich! – Abg. Mag. Stefan: Können wir schön lang­sam zum Thema kommen?)

Daher appelliere ich an die FPÖ-Fraktion, nicht den eigenen Standpunkt dadurch zu entwerten, dass Sie bei der Auswahl Ihrer Debattenredner dermaßen daneben greifen und schon Konkursanten hier herausschicken! Das ist doch schlichtweg peinlich! (Bei­fall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Josef Auer.) – Das ist kein „Segen“, sondern eine Frage des Geschmacks! (Beifall beim BZÖ.) Ich würde die SPÖ genauso herbeuteln, wenn sie einen Konkursanten hier zum Rednerpult schickt, der der Regierung oder der Opposition großartige Vorhaltungen macht.

Mehr als erstaunlich ist, dass Kollege Roman Haider seinen Dienstnehmerinnen zumu­tet, nur mit Unterstützung der Arbeiterkammer zu ihrem Geld kommen zu können! Und erstaunlich ist auch, dass die SPÖ sofort Kopfschmerzen bekommt, wenn ich das dem Kollegen Roman Haider vorwerfe. Daher frage ich Sie von der SPÖ: Welche Sonder­beziehung haben Sie zum Unternehmer, zum Konkursanten Roman Haider? – Ich hät­te mir mehr erwartet, dass Sie von der SPÖ ein mitfühlendes Herz mit den Telefonistin­nen haben, die auf 26 000 € sitzenbleiben! (Abg. Mag. Stefan: Wo bleiben denn die sitzen? ... Insolvenzentgeltfonds!) Aber dafür ist nicht einmal diese Regierung verant­wortlich, sondern schlicht und einfach das Negerantentum in der FPÖ (Beifall beim BZÖ – Abg. Mag. Stefan: Wo bleiben sie denn sitzen? Das ist doch ein blühender Un­sinn! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), die Leute auf die Kandidatenliste setzt, die sich in dieses Haus hereinretten – und dann nicht einmal in der Lage sind, mit ihrem Callcenter eine Petite zu verhindern! (Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan.)

Aha, der Herr Kollege Stefan drängt sich vor, das zu bezahlen. Sie wollen es bezah­len? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan.) Dann, meine Damen und Her­ren, habe ich heute mit meiner Debattenrede etwas erreicht – und ich darf all diesen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 117

geschädigten Damen beziehungsweise dem einen Telefonisten mitteilen, dass das No­tariat Stefan bereit ist, die Forderungen, die gegen Roman Haider bestehen, zu beglei­chen! Danke sehr, Herr Kollege! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Grosz: Das ist sozial!)

Ich habe ja gewusst, warum Kollege Harald Stefan Roman Haider auf die Rednerliste gesetzt hat. Das, meine Damen und Herren, war also der Hintergrund!

Ich habe aber noch eine Sorge und die betrifft jetzt den Kollegen Kurzmann. (Abg. Mag. Stefan: Das ist so billig!) – Es kommt noch billiger beziehungsweise besser, denn: Kollege Kurzmann hat einen Antrag gestellt – dieser wird morgen hier debattiert werden –, und zwar zur „Wahrung der deutschen Sprache“. – Ich war entsetzt, und ich habe mir gedacht, jetzt verstehe ich endlich, warum der Kollege Weinzinger ständig in der Diktion eines Gau-Redners hier heraußen spricht. – Damit nämlich endlich auch seine eigene Fraktion begreift, dass man sich auch im privaten Bereich der deutschen Sprache befleißigen muss, denn welches Unternehmen hat denn der Herr Roman Hai­der? – Er hat ein Callcenter (der Redner spricht dieses Wort betont deutsch aus), wür­de er sagen.

Welche Leistungen bietet denn Roman Haider so an? – „Outbound, Akquisition, Direkt­marketing, Neukundenakquise“. Weiters: „Marktforschung“ – das ist wieder deutsch –, „Terminvereinbarungen, Meinungsforschung, Direktverkauf, Kundenzufriedenheits­analyse“ – und „Mailing“! (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Entsetzlich, meine Da­men und Herren: Mailing! Was sagt denn da der Kollege Kurzmann dazu – und erst der Kollege Weinzinger?!

Ich zitiere weiter: „Stammdatenaktualisierung, Mailingnachfass“. – Ja was ist denn das für eine Wortschöpfung?

Wenn ich mir anschaue, dass Kurzmann verlangt, dass man die deutsche Sprache nicht mit Anglizismen verhunzen soll, dann muss ich fragen: Was ist das für ein schreckliches Unternehmen Ihres FPÖ-Kollegen Roman Haider?

Und dann heißt es, dass das Ganze noch angeboten wird mit „mehr Vertrieb, Marke­ting, Consulting zu fairen Preisen und“ – ich zitiere weiter – „(fast) unschlagbarer Quali­tät“.

Meine Damen und Herren, das ist besagtes Unternehmen. – Das muss ja daneben­gehen. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Zanger: ... too small for Stadler! – Abg. Gradauer: Ewald, das hast du nicht notwendig! – Abg. Dr. Jarolim: Ich muss festhalten: Wir sind fassungslos!)

13.37


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der vorhin verlesene Abänderungsantrag ist ausrei­chend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Stadler, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Finanzausschusses (124 d.B.) über die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird – Steuer­reformgesetz 2009 (StRefG 2009) (54 d.B.).

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 118

„In Ziffer 24 wird § 124b Ziffer 156 um folgenden Satz ergänzt:

„Für Beiträge, die ab dem Kalenderjahr 2010 geleistet werden, ist § 18 Abs. 1 Z 5 nicht mehr anzuwenden.““

Begründung:

Das BZÖ hat mehrfach gefordert, dass Kirchenbeiträge allein auf freiwilliger Basis zu entrichten sind, um die Mitgliedschaft in der Kirche von finanziellen Zwängen zu ent­kleiden. Konsequenterweise bedarf es bei einer schnellstmöglichen Umsetzung dieser Forderung – spätestens bis Anfang des Kalenderjahres 2010 – ab diesem Zeitpunkt keines Absetzbetrages mehr.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Haubner. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


13.37.45

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Regierungsvorlage zur Steuerreform enthält eine Reihe von Entlastungen für alle Österreicherinnen und Ös­terreicher – und ist auch im Speziellen erfreulich für Österreichs Unternehmerinnen und Unternehmer.

Besonders erfreulich ist, dass mit dieser Steuerreform auch langjährige Forderungen der Wirtschaft berücksichtigt werden. Die Erhöhung des Freibetrages von 10 Prozent auf 13 Prozent stellt unsere Unternehmer endlich auch unselbständig Beschäftigten gleich – und das bedeutet somit das Ende der steuerlichen Ungleichbehandlung, weil dieser Freibetrag eine dem 13.  und 14. Gehalt vergleichbare Regelung ist.

Zusätzlich kann bei einem Gewinn von über 30 000 € ein Freibetrag für Investitionen in Anlagegüter, Wertpapiere und Gebäude beansprucht werden.

Durch die Senkung der Einkommensteuer werden all jene entlastet, die Steuer zahlen.

Also alles Maßnahmen, die gerade in konjunkturschwachen Zeiten dafür sorgen, dass mehr Geld in den Geldbörsen und mehr Geld in den Unternehmen bleibt. Damit stär­ken wir die Kaufkraft der Österreicherinnen und Österreicher und verbessern die finan­zielle Situation unserer Betriebe, vor allem unserer KMUs – und geben dadurch mehr Freiraum für weitere Investitionen, und zwar für Investitionen, die wir gerade jetzt drin­gend brauchen, damit die Menschen weiterhin in Beschäftigung bleiben.

Unsere österreichischen klein- und mittelständischen Unternehmen sind das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft und verdienen daher unsere Unterstützung. Unsere KMUs sorgen zu 65 Prozent für Arbeitsplätze – das sind zirka 2,2 Millionen Beschäftig­te –, und sie bilden 85 Prozent der Lehrlinge aus; das sind immerhin 112 000 Lehrlin­ge. Die KMUs sind eine breite und standfeste Säule in wirtschaftlich schwierigen Zei­ten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir als politische Vertreter müssen auch sehr wachsam sein, wenn es um Staatshilfe und um finanzielle Unterstützung im Wirt­schaftsbereich geht.

Staatshilfe darf nie wieder Verstaatlichung bedeuten. Staatshilfe darf immer nur vorü­bergehende Hilfe zur Stärkung von Eigenverantwortung sein; denn wenn es so weit


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 119

kommt, dass der Staat überall hineinregiert, ist mit unserer Wirtschaft bald kein Staat mehr zu machen, und das wollen wir doch alle nicht! – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP.)

13.40


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Hofer. Ge­wünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.40.23

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ein Aspekt wurde heute noch nicht angesprochen, nämlich der, dass Maßnahmen, die wir setzen, um Österreich von ausländischen Energieressour­cen unabhängiger zu machen, auch beschäftigungswirksam sind, und dass wir daher gut daran täten, in diesen Bereich mehr zu investieren als bisher.

Wir haben heute eine Verschrottungsprämie für Autos, die älter als 13 Jahre sind, auf der Tagesordnung. Es wäre eine gute Idee, auch eine Verschrottungsprämie für alte Ölheizkessel umzusetzen, weil heimische Klein- und Mittelbetriebe gerade dort aktiv sind und gerade die Möglichkeit haben, ihre Beschäftigten abzusichern. Außerdem ha­ben wir dabei den großen Vorteil, dass wir durch den Tausch dieser alten Ölheizkessel unabhängiger werden, als dies bisher der Fall war.

Eine weitere Maßnahme, die aus unserer Sicht wesentlich wäre, betrifft die thermische Sanierung. Heute ist es so – ich gehe kurz auf das Thema Steuerrecht ein –, dass ich, wenn ich einen Kredit aufnehme, die Kreditraten im Rahmen der Sonderausgaben gel­tend machen kann. Wenn ich aber das Geld gespart habe und meine thermischen Sa­nierungsmaßnahmen sofort bezahle, habe ich den Nachteil, dass ich diese Beträge nicht über die Jahre aufgeteilt geltend machen kann. Daher wäre es notwendig, auch in diesem Bereich Maßnahmen für jene Personen zu setzen, die bereit sind, eigenes Geld in die Hand zu nehmen, um thermische Sanierungsmaßnahmen umzusetzen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben auf der heutigen Tagesordnung auch zwei Anträge, die von mir eingebracht wurden. Eine der Maßnahmen betrifft einen Fall der Steuerentlastung für Fahrzeuge, die sehr wenig Treibstoff verbrauchen. Wir müssen erkennen, dass die Fahrzeugindus­trie natürlich in der Lage ist, den Verbrauch von Kraftfahrzeugen bei guter Leistung und bei einem Fahrspaß, den man wirklich erleben kann, zu reduzieren.

Ich habe vor einigen Wochen den Tesla Sport getestet, ein Elektroauto, das 3,9 Se­kunden benötigt, um auf 100 km/h zu beschleunigen, das mit einer Batterieladung 400 Kilometer Reichweite hat. Da tut sich also sehr viel! Daher bin ich dafür, dass man Fahrzeuge, die wenig verbrauchen, von den Steuern befreit, ja dass man noch weiter­geht und sagt: Wenn ein Fahrzeug wenig verbraucht – setzen wir die Grenze einmal bei fünf Litern an –, dann bezahlen wir auch die Autobahnvignette. Und im Jahr 2013 senken wir dann diese Grenze auf vier Liter und gehen noch weiter herunter, um einen Anreiz zu schaffen, damit sich unsere Bürger verbrauchsarme Autos anschaffen.

Was habe ich bitte von einer Ökoprämie, wenn ich ein 13 Jahre altes Auto habe, das neun Liter verbraucht, und ich mir danach ein Auto kaufe, das 12 Liter verbraucht? Auch wenn es neu ist, ist das dann keine wirkliche Ökoprämie!

Was die Absetzbarkeit von Spenden angeht, bin dafür, einen sehr einfachen Weg zu wählen und zu sagen: Wenn eine Organisation das Spendengütesiegel erhält – oder die Voraussetzungen erfüllt, um dieses Spendengütesiegel zu erhalten –, dann können von den Spenden im Rahmen der Sonderausgaben wie bei der Kirchensteuer maximal 100 € abgesetzt werden. Das wäre ein sehr einfacher Weg. Dann würden auch das Rote Kreuz, die Feuerwehr und Tierschutzorganisationen in den Genuss dieser Be­günstigung kommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 120

Die Kirchensteuer habe ich kurz angesprochen. Das BZÖ hat hiezu heute einen Antrag eingebracht. Ich möchte betonen, dass die Kirchensteuer auch heute ein freiwilliger Beitrag ist, da ja niemand gezwungen ist, Mitglied einer Kirche zu sein. Das heißt, ich kann jederzeit, ohne meinen Glauben aufzugeben, aus der Glaubensgemeinschaft austreten und muss dann keine Kirchensteuer mehr bezahlen. Deswegen unterstützen wir diese Maßnahme nicht. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Grosz: Das ist falsch!)

Ein letzter Satz, der mir noch wichtig ist – weil immer wieder diskutiert wurde, was in dieser Legislaturperiode, in diesem Jahr mit den Pensionen passiert –: Ich bitte den Herrn Staatssekretär um Klarstellung, in welchem Ausmaß die Pensionen in diesem Jahr angepasst werden sollen! (Beifall bei der FPÖ.)

13.44


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Schwent­ner. Gewünschte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


13.44.39

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Liebe Gäste auf der Galerie – die ja im Moment offensichtlich mehr sind als im Plenum! (Bei­fall bei den Grünen. – Zwischenruf der Abg. Steibl.)

Es ist kein Freudentag, Herr Staatssekretär, vor allem kein Freudentag für die Frauen. Es ist auch kein Wunder, dass das Thema Frauen im Zusammenhang mit der Steuer­reform bis jetzt den ganzen Tag kein Thema war. Der Frauentag war ja vorvorgestern und jetzt scheint er uns nicht mehr zu kümmern. Die Steuerpolitik und das Tagesge­schäft ist wieder männlich dominiert, wobei es wieder den Anschein hat, dass auch heute Steuerpolitik nicht im Interesse der Frauen gemacht wird. (Abg. Zanger: Gender­steuer!) – Gendersteuer, ja, das wäre das Thema. Das ist auch der Auftrag an die Re­gierung.

Wie ist es sonst zu erklären, dass mehr als die Hälfte aller lohnsteuerpflichtigen Frauen von der Steuerreform nicht profitieren wird? Alle haben nämlich zum Frauentag brav ihre Sprüche aufgesagt, Verbesserungen beschworen, gesagt, dass sich die Einkom­mensdifferenz ändern würde, haben das in Presseaussendungen und auf Veranstal­tungen immer wieder versprochen – und was passiert? – Heute diskutieren wir über ein zentrales Steuerungsinstrument, nämlich die Steuerreform, die Steuerpolitik, und diese steuert in diesem Fall den Frauen entgegen und nicht für die Frauen!

Von den etwa drei Millionen lohnsteuerpflichtigen Frauen zahlen nämlich nur 1,3 Millio­nen Lohnsteuer. Das heißt, 1,7 Millionen Frauen werden von der Tarifsenkung nicht profitieren, die neue Steuerreform wird an ihnen spurlos vorübergehen; 1,7 Millionen Frauen, das muss man sich einmal zu Gemüte führen! (Abg. Zanger: Die zahlen ohne­hin schon keine!)

Es wird ja gerne behauptet, dass die Frauen von den geplanten Tarifsenkungen profi­tieren würden, weil die Entlastung bei niedrigen Einkommen, relativ betrachtet, höher wäre. Die meisten Frauen haben aber nichts von den Tarifsenkungen, weil sie eben gar keine Steuern zahlen. Durch die Sozialversicherungsbeiträge und die Verbrauch­steuern sind ihre Einkommen zudem wesentlich mehr belastet. Das heißt, die Mehr­wertsteuer zahlen ja alle Frauen, egal, wie viel sie verdienen. Das heißt, sie müssen das meiste für den Konsum ausgeben und es wird ihnen, relativ gesehen, auch mehr genommen. Wobei das keine Milchmädchenrechnung ist, sondern die Realität. Und das wird sich auch nach der Reform nicht ändern! (Beifall bei den Grünen.)

Dazu kommt – das hat eine Anfragebeantwortung des Ministers für Finanzen bestä­tigt –, dass Frauen bislang nicht von Begünstigungen und Ausnahmebestimmungen im Steuersystem profitieren konnten. Das heißt, die berühmten Freibeträge, die auch in


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der Familienpolitik zum Tragen kommen werden, werden nicht Frauen, sondern vor al­lem Männer entlasten.

Sozial- und konjunkturpolitisch wesentlich klüger wäre es, untere Einkommen durch eine Erhöhung der Negativsteuer oder durch einen Freibetrag in der Sozialversiche­rung zu entlasten. Es wurde ja heute schon an die Opposition die Frage gestellt, ob wir Ideen dazu hätten, wie man sozusagen sozial besser abfedern könnte. – Hier wären die Ideen, aber jetzt ist offensichtlich niemand mehr da, um sie aufzugreifen. Das unte­re Einkommensdrittel ist zudem viel mehr darauf angewiesen, zusätzliches Geld sofort auszugeben, wodurch die Wirtschaft und die Konjunktur angekurbelt würde.

Im Zusammenhang mit der Steuerreform sowie mit den geplanten Einsparungen im öf­fentlichen Dienst ist interessant, dass ja 3 000 Stellen bis zum Jahr 2013 reduziert wer­den sollen. Das sind vor allem Lehrerinnen und Lehrer, Richterinnen und Richter und Verwaltungspersonal, zum Großteil Frauen. Dabei ist mittlerweile bekannt, dass Steu­ererleichterungen als Infrastrukturmaßnahme eine deutlich geringere Beschäftigungs­wirkung haben als eine Ausweitung der Beschäftigung im öffentlichen Dienst. Daher ist es ganz unverständlich, dass Sie gerade jetzt 3 000 Posten im öffentlichen Dienst ein­sparen wollen.

Bereits jetzt sind in Österreich mindestens 200 000 Frauen akut von Armut betroffen. Dreimal so viele sind armutsgefährdet. Das Steuersystem in der Form, wie es jetzt ist, lässt sie weiterhin im Stich. Die Einkommensschere wird sich weiter öffnen. Das er­scheint mir aus frauen- und sozialpolitischer Sicht mehr als unverantwortlich! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.48


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Haider zu Wort gemeldet. Ich erinnere an die Bestimmungen der Geschäftsordnung: 2 Minuten maximale Redezeit. – Bitte.

 


13.49.16

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ho­hes Haus! Wie fast immer, wenn sich Herr Stadler, der ja jetzt wieder geflüchtet ist, zu Wort meldet, muss man sich dann noch zu einer tatsächlichen Berichtigung melden.

Ich stelle daher fest: Herr Stadler hat zu Unrecht behauptet, ich sei „Konkursant“ bezie­hungsweise in Konkurs gegangen.

Wahr ist vielmehr, dass ich im Vorjahr nach einem Herzinfarkt mein Unternehmen ge­schlossen habe, an dem ich mit nur 24 Prozent beteiligt bin. Es läuft ein Ausgleichsver­fahren, welches noch nicht abgeschlossen ist.

Es ist daher so, wie fast immer, wenn sich Herr Stadler zu Wort meldet: viel Lärm um nichts; insbesondere, da doch jeder der damaligen Bediensteten zu seinem Geld kom­men wird. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Zanger: Stadler ist ein Lügner!)

13.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Kitzmüller. Ge­wünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.50.02

Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­te Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Dieser Gesetzentwurf schafft beson­dere Situationen, die teilweise sehr absurd sind.

Nehmen wir zwei Familien. Eine Familie gibt ihre Kinder außer Haus und betreut sie nicht selbst: Diese Menschen können Absetzbeträge in der Höhe von 2 300 € geltend


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machen. Nehmen wir aber eine andere Familie, die sich entschließt, ihre Kinder nicht außer Haus betreuen zu lassen, sondern sich selbst um ihre Kinder zu kümmern und zu Hause zu bleiben, so fehlen diesen Menschen die Absetzbeträge, sie können keine Kinderfreibeträge geltend machen.

Wir sagen daher: Das ist keine freiheitliche Politik, keine Politik für unsere Familien und unsere Kinder! Wir lehnen diese Gesetzesvorlage beziehungsweise diese Förderung der Außer-Haus-Betreuung von Kindern daher ab. (Beifall bei der FPÖ.)

Das nun vorliegende Familienpaket mit einem Gesamtvolumen von 510 Millionen € ist zwar ein wichtiger Ansatzpunkt für die Familienpolitik, aber auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Der Kinderabsetzbetrag wurde um 15 Prozent erhöht. Das hört sich zwar sehr schön an, bedeutet aber lediglich die Valorisierung des Betrages, der seit 2002 nicht angehoben beziehungsweise angepasst wurde. Und die Tatsache, dass Kinderabsetzbeträge allen Familien unabhängig von der Einkommenssituation in Form einer Negativsteuer zugutekommen, beruht zumindest auf dem Ansatz, dass jedes Kind gleich viel wert sein wird.

Wir Freiheitliche lehnen es aber ab, dass es hier zu einer einseitigen steuerlichen Be­günstigung der Kosten im Sinne der externen Kinderbetreuung kommt, sodass Mütter, die ihre Kinder selbst betreuen und sich eben für häusliche Wärme für ihre Kinder aus­sprechen, einen Nachteil haben und sehr massiv hintanstehen.

Auch die Bedingung, dass pädagogisch qualifizierte Personen, die nicht zum Haushalt gehören, also nicht im Familienverband lebende Angehörige, die Kinder sehr wohl be­treuen dürfen, wodurch Kinderabsetzbeträge und Kinderbetreuungskosten abgesetzt werden können, finden wir unbegründet, willkürlich und verfassungswidrig.

Das ist keine freiheitliche Politik, meine Damen und Herren! Die Politik, die für Familien und für die Österreicher gemacht werden muss, trägt freiheitliche Züge. Besinnen Sie sich daher bitte auf unsere freiheitliche Familienpolitik, meine Damen und Herren, mit der wir die Mütter nicht in die Firmen beziehungsweise in den Arbeitsmarkt drängen, sondern ihnen tatsächlich die Wahlmöglichkeit lassen, bei ihren Kindern zu Hause zu sein und sie zu versorgen! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.53


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Linder. Ge­wünschte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


13.53.53

Abgeordneter Maximilian Linder (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kollegen im Plenum! Österreich, das Land der Spender: Die Vereine arbeiten in den Dörfern zum Wohl der Gemeinschaft, und zwar auf kultureller Ebene, auf Umweltschutzebene, im Bereich des Tierschutzes, der Men­schenrechte, und unsere Leute sind bereit, überall zu spenden und zu helfen.

Die Bundesregierung hat es sich zur Aufgabe gemacht – oder in den Kopf gesetzt –, diese Spenden von der Steuer absetzbar zu machen, hat dabei aber mehr Hürden als Hilfen eingebaut. Zum einen gibt es leider nur einen erlesenen Kreis jener Vereine, bei denen man, wenn man an sie spendet, die Spende von der Steuer absetzen kann. Zum anderen gibt es eine Bürokratie, die unbeschreiblich ist. Die Spender müssen sich melden, müssen die Versicherungsnummer bekannt geben, und im darauffolgenden Jahr müssen die Spendenempfänger das wieder dem Finanzamt melden. Ich glaube, bei diesen Maßnahmen sollte man sich fragen, ob die Bundesregierung wirklich will, dass durch diese Maßnahme die Leute zum Spenden angeregt werden, oder ob sie hier bewusst Hürden geschaffen hat. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Tamandl: Ich sehe da keine Hürden!)


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Es gibt aber auch viele Vereine, die nicht zu diesem erlesenen Kreis gehören, sodass ihre Spender nicht in den Genuss kommen, die Spenden absetzen zu können. Ich den­ke da an viele Vereine, die uns in den Dörfern draußen dabei behilflich sind, die Dorf­gemeinschaft aufrechtzuerhalten: die Feuerwehren, die zur Selbsthilfe in den Dörfern angeregt sind, Organisationen des Roten Kreuzes, die in den Tälern draußen vor Ort Erste Hilfe leisten. Diese und viele andere Vereine helfen uns dabei, unsere Leute in den Dörfern zu halten und die Abwanderung zu verhindern. Sie als Wienerin, liebe Kol­legin Tamandl, können nicht wissen, dass wir damit zu kämpfen haben, dass die Leute bei uns in den Dörfern bleiben und nicht in die Städte abwandern! (Beifall beim BZÖ.)

Ich komme zum nächsten Punkt, an dem wir ansetzen müssen. Auch der Tourismus profitiert ganz ungemein vom kulturellen Dorfleben; das sind Dinge, die wir unseren Gästen verkaufen beziehungsweise zeigen. Deshalb brauchen auch diese Vereine die Möglichkeit, dass die Spenden an sie abgesetzt werden können, denn diese Ver­eine brauchen die Gelder, um existieren zu können.

Doch die Bundesregierung schafft nicht die Möglichkeit, diesen Vereinen entgegenzu­kommen, sondern schafft Hürden und verhindert das.

Durch die Steuerreform werden Sie die Gemeinden in den Jahren 2009 und 2010 um 580 Millionen € mehr belasten und werden uns daran hindern, dafür zu sorgen, dass die Bevölkerung bei uns auf dem Land bleibt.

Deshalb fordere ich von der Bundesregierung, dass sie auf unkomplizierte Art Möglich­keiten schafft, allen gemeinnützigen Vereinen sowie deren Spendern entgegenzukom­men, indem diese Spenden von der Steuer abgesetzt werden können, und die kleinen Landgemeinden durch die Steuerreform nicht noch mehr belastet! (Beifall beim BZÖ.)

13.57


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Widmann. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


13.57.54

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Die SPÖ und die ÖVP feiern sich hier ab, als wären sie die Retter in der Finanzkrise, in der Wirtschaftskrise, in der Arbeitsmarktkrise (Ruf bei der ÖVP: Das stimmt ja auch!), obwohl täglich weitere Personen vom Dienst freigestellt werden oder von Kurzarbeit betroffen sind.

Herr Cap meint überhaupt, die 100 Milliarden € wären nicht für die Banken. Herr Klub­obmann Cap, sagen Sie das bitte auch Ihrem roten Märchenonkel in Oberösterreich, dem SPÖ-Landeschef Erich Haider, er inseriert nämlich mit diesem Argument. (Der Redner hält eine Zeitschrift in die Höhe.)

Erich Haider sagt nämlich: 1 Milliarde € weniger für die Banken sichert alle unsere Postämter für 77 Jahre. (Beifall beim BZÖ.)

Ich gehe davon aus, dass das keine einmalige Marketingaktion war, um die Postler zu beruhigen, sondern dass das mit der SPÖ-Bundesspitze, Herrn Faymann „ausfay­mannisiert“ wurde, auch mit dem Herrn Finanzminister, sodass die Postämter weiterbe­stehen werden. Ich bin gespannt darauf, ob das auch wirklich so sein wird. – Das ist das Erste.

Das Zweite ist: Sie geben viel Geld aus für die Banken – für ein Steuerreförmchen auch nur 2,2 Milliarden €, vergessen die Spendenabsetzbarkeit für die Feuerwehr und das Rote Kreuz. Auch in Oberösterreich – weil ich es gerade höre – geben Sie viel Geld für Kultur aus. Herr Landeshauptmann Pühringer und sein roter Kompagnon in Linz, der rote Bürgermeister, haben in den letzten drei Jahren 500 Millionen € zusätz­lich zum laufenden Budget für Kultur ausgegeben. (Zwischenruf des Abg. Krainer.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 124

Man kann für die Kultur durchaus etwas ausgeben, aber auch die Sicherung von Ar­beitsplätzen hat etwas mit Kultur zu tun, dafür sollte man das Geld ausgeben! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es freut mich, dass die ÖVP da besonders nervös wird, denn es gibt immer mehr Kurz­arbeit, gerade in Oberösterreich, wo sich Ihr Landeshauptmann immer rühmt, er hätte so tolle Arbeitsplatzwerte. Wo sind denn die Arbeitsplätze? – Weg sind sie, weil er da­für fast nichts getan hat. Wir haben in Oberösterreich in der Automobilindustrie, in der Metall-, Holz- und Kunststoffproduktion immer mehr Arbeitslose!

In Oberösterreich sind 15 000 Personen in Kurzarbeit. (Zwischenruf des Abg. Mag. Ik­rath.) – Herr Ikrath, das ist ein Drittel aller Menschen in Österreich, die in Kurzarbeit sind! Das ist Oberösterreich. Das liegt in Ihrer Verantwortung. Das ist Ihr Landeshaupt­mann! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.) Und das in 170 Betrieben.

Bei der Firma Engel sind 1 900 Mitarbeiter, bei der Voest in Linz 2 500 Mitarbeiter, bei der Voest-Tochter Böhler Edelstahl in Kapfenberg 1 700 Mitarbeiter in Kurzarbeit. (Abg. Zanger: Das ist aber nicht in Oberösterreich!) Aber auch in anderen Bundeslän­dern ... (Abg. Krainer: Das ist in der Steiermark!) – Vollkommen richtig! Auch da gibt es ein Versagen der großen Koalition, der Schrumpfkoalition, dort etwas zu tun. Den­ken Sie an Doka in Amstetten: 1 000 Mitarbeiter in Kurzarbeit. Haben Sie heute die APA gelesen? (Abg. Krainer: In Kärnten!) Im High-Tech-Bereich: Infineon in Kla­genfurt, Linz, Villach und Graz wird 1 400 Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken. (Abg. Brosz: Klagenfurt!) – Auch in Klagenfurt, genau so ist es! Und als Gupf drauf: Auch bei der AUA werden 2 600 Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt! – Und Sie sagen: Alles pa­letti, alles passt! (Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Koalitionsparteien, Sie hätten jetzt die Aufgabe, bei dieser Steuerreform genau für diese Menschen etwas zu tun, die in Kurzarbeit sind, die nicht wissen, wie sie ihren Kredit für das Haus zurückzahlen sollen, die nicht wissen, wie sie ihre Monatsmiete bestreiten können, die nicht wissen, wie sie ihre Kinder ordentlich in die Schule schicken können, die nicht wissen, wie sie die Kos­ten für das Auto, für das Benzin oder auch die Lebenshaltungskosten abstatten kön­nen.

Ich bringe Ihnen ein Beispiel. Es wäre einfach, hier etwas zu tun: indem Sie bei der Lohnsteuer ansetzen, indem Sie jedem Menschen, der in Kurzarbeit ist, zum Beispiel die Hälfte der Lohnsteuer nachlassen. Das würde bei einem typischen Voest-Arbeiter, der rund 1 800 € brutto verdient, bedeuten, dass Sie ihm im Monat etwa 100 € zur Ver­fügung stellen. Wenn Sie das hochrechnen, dann sind das pro Jahr 40 Millionen bis 50 Millionen €, also ein Zehntel dessen, was Pühringer und Erich Haider für die Kultur in drei Jahren haben.

Ich stelle daher folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat ehestmöglich einen beschlussrei­fen Gesetzentwurf vorzulegen, durch den die von Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehme­rinnen und Arbeitnehmer im Wege von Lohnsteuerentlastungen weitergehend entlastet werden.“

*****

(Beifall beim BZÖ.)

14.02



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 125

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bucher, Mag. Widmann, Ing. Westenthaler, Windholz, Ing. Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unterstützung von Kurzarbeitern, eingebracht in der Sitzung des Nationalrates am 11.03.2009 im Zuge der Debatte zu Tagesordnungs­punkt 1: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (54 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird – Steuerreform­gesetz 2009 (StRefG 2009) (124 d.B.)

Die Finanz- und Wirtschaftskrise ist auf dem Arbeitsmarkt angekommen. Die Mel­dungen über Unternehmen, die Kurzarbeit anmelden, häufen sich. Problematisch da­ran ist, dass die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die zum Teil erheb­liche Gehaltseinbußen hinnehmen müssen, unverschuldet in diese Lage gekommen sind bzw. die Kurzarbeit nicht als Ausdruck von Willenlosigkeit oder Arbeitsunwilligkeit zu verstehen ist. Aufgrund dieser Tatsachen erscheint es notwendig, die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weitergehend zu unterstützen.

Aus den genannten Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat ehestmöglich einen beschlussrei­fen Gesetzesentwurf vorzulegen, durch den die von Kurzarbeit betroffenen Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer im Wege von Lohnsteuerentlastungen weitergehend ent­lastet werden.“

*****

 


14.02.51Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter oder eine der Berichterstatterinnen ein Schluss­wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vorneh­me.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Einkommensteuergesetz geändert wird – Steuerreformgesetz 2009, samt Ti­tel und Eingang in 124 der Beilagen.

Hiezu liegen folgende Abänderungsanträge vor: ein Abänderungsantrag der Abgeord­neten Dr. Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Abänderungsan­trag der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Krainer, Kolleginnen und Kollegen und letztlich ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Stadler, Kolleginnen und Kollegen.

Ich werde zunächst über die von den erwähnten Abänderungsanträgen betroffenen Teile der Reihe nach und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Tei­le des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 126

Wir kommen zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Gla­wischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen, der sich auf die Ziffer 7 bezieht.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die Ziffer 10 des Gesetzentwurfes in der Fas­sung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Krainer, Kolleginnen und Kollegen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein beja­hendes Zeichen. – Das ist ebenfalls mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Stadler, Kolleginnen und Kollegen, der eine Änderung der Ziffer 24 beinhaltet.

Wer hiefür ist, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt. (Abg. Krainer: Wo ist der Antragsteller, bitte? – Abg. Riepl: Wo ist der Stadler? – Prä­sident Dr. Graf gibt das Glockenzeichen.)

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes. (Abg. Mag. Stadler betritt den Sitzungssaal. – Rufe bei SPÖ und ÖVP: Oh! Ah! – Abg. Riepl: Was ist denn das für eine Disziplin? – Abg. Krainer: Wenn der Antragsteller den Antrag nicht ernst nimmt, wieso sollen wir das tun?)

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen. (Unruhe im Saal.)

Wir sind immer noch im Abstimmungsvorgang. Ich bitte um Aufmerksamkeit, damit kein Fehler passiert!

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. – Dies ist ebenfalls mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine kurzfristig deutliche Steuer­entlastung und eine mittelfristig umfassende Steuerreform im Sinne des BZÖ-Flat-Tax-Steuermodells.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 127

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Bucher, Mag. Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unterstützung von Kurzarbeitern.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 125 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 126 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist ebenfalls mit Mehrheit angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 127 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, sei­nen Bericht 128 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 129 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Dies ist mit Mehrheit angenommen.

14.08.567. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (48 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 und das Bankwesengesetz geändert werden (130 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 435/A(E) der Abgeordneten Jo­sef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen für mehr Anleger­schutz (131 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 266/A(E) der Abgeordneten Lutz Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gehaltsbeschränkungen für Manager staatsnaher Betriebe und Manager, deren Banken die Unterstützung des Bundes in Anspruch nehmen (132 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 70/A(E) der Abgeordneten Jo­sef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend unzureichende Verordnung zum Interbankmarktstärkungs- und Finanzmarktstabilitätsgesetz (133 d.B.)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 128

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 7 bis 10 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Zanger. Freiwillige Redezeit­beschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


14.10.26

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wenn man weiß, dass die bisherige Anlegerentschädigung nicht funktioniert hat, wie das Beispiel AMIS zeigt, so möchte man doch meinen, dass eine Verbesserung der österreichischen Anlegerentschädigung eine sinnvolle, notwendige, wichtige Ange­legenheit ist. Und das ist auch der Fall.

Nichtsdestotrotz gibt es in diesem vorliegenden Gesetzentwurf große Unbestimmthei­ten, große Defizite, sodass eine vernünftige und funktionierende Anlegerentschädigung als sehr zweifelhaft erscheint.

Ein paar konkrete Punkte dazu: In § 75 ist das Eigenprodukt einer Wertpapierfirma ge­nannt. Es gibt aber niemanden, der mir sagen kann, was als Eigenprodukt einer Wert­papierfirma zu verstehen ist (Abg. Mag. Hakl: Doch! Einfach fragen!), denn ein Eigen­produkt ist immer noch etwas, das man selbst herausgibt, das man selbst emittiert. Dann müsste man eine Kapitalanlagegesellschaft sein, eine Fondsgesellschaft. (Abg. Mag. Hakl: Uns fragen!) – Da sprechen anscheinend wieder die Wissenden in der ÖVP! Jedenfalls ist das aus unserer Sicht nicht definierbar und nicht zuordenbar.

Weiters steht in § 75: Die gesetzliche Interessenvertretung der Finanzdienstleister hat „die marktüblichen Provisionen und Entgelte der Wertpapierfirmen regelmäßig“ zu er­heben. Es steht aber nicht drinnen, in welchen Abständen. Was ist regelmäßig? Das ist ebenfalls unbestimmt, undefiniert.

Ein ganz, ganz wesentlicher und wichtiger Punkt ist aber, dass der Begriff „Kunde“ nicht definiert ist. Was ist ein Kunde? Das kann auch ein Depot sein. Jemand hat ein Wertpapierdepot, auf dem eine Summe liegt. Er kann Inhaber sein, es kann einen zweiten Inhaber dieses Depots geben. Sind jetzt die beiden Inhaber Kunden? Oder be­zieht sich die Definition auf den Begriff des Depots?

Was ist mit Depots mit Nullständen? Ist auch für diese Depots eine Abgabe zu bezah­len? Ein Kunde kann mehrere Depots haben. Wie wirkt sich das aus? Muss man seine Beträge aufteilen, um für jedes Depot die Sicherstellung zu haben? Oder bezieht sich das nur auf den Menschen, auf die Person? (Zwischenruf des Abg. Rädler.) So ist es. Sie, Herr Rädler, werden mir das wahrscheinlich nicht beantworten können! Davon ge­he ich nicht aus, das ist mir schon klar. (Abg. Strache: Frag doch den Inder!) Aber viel­leicht verstehen die Wissenden in Ihrer Fraktion, was ich meine.

Herr Staatssekretär! Der Herr Finanzminister – darauf möchte ich noch ganz kurz ein­gehen – hat heute von dem Vertrauen gesprochen, das von der Bevölkerung ge­wünscht wird. Wenn ich folgenden Kundenbrief lese, den eine Kapitalanlagegesell­schaft ihren Kunden zugesandt hat, dann frage ich mich, wie weit es mit dem Ver­trauen her ist, das die Kunden in diese Gesellschaften investieren sollten. Ich lese das jetzt vor, ich zitiere:

„Aufgrund von signifikanten Anzeichen, dass die Immobilienmärkte in CEE und SEE größter Wahrscheinlichkeit nach korrigieren werden, hat sich die Bank Austria Real Invest entschlossen, die Rücknahme von Anteilsscheinen beim Offenen Immobilien­fonds ‚Real Invest Europe’ vorübergehend auszusetzen. Die Aussetzung erfolgt per 2. März 2009 zunächst für die Dauer von vorläufig bis zu 12 Monaten.“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 129

Die Aussetzung der Rücknahme bedeutet, dass Kunden, Kleinanleger ihre Gelder, die sie dort investiert haben, zurzeit nicht abheben können. Dieser Fonds wurde als hun­dertprozentig sicher verkauft, nach dem Motto: Das würde ich sogar für mein Kind ma­chen.

Meine Damen und Herren, solchen Argumentationen beim Fondsverkauf müssen wir entgegenwirken (Beifall bei der FPÖ), auch wenn sie in bester Absicht und in vermeint­lich bestem Wissen geschehen! Zur Vertrauensbildung können solche Maßnahmen si­cherlich nicht beitragen. (Beifall bei der FPÖ.)

14.14


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Stumm­voll zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


14.14.57

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatsse­kretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der vorliegenden Novelle beheben wir – sagen wir es ganz leger – einen finanziellen Konstruktionsfehler der Anlegerent­schädigung, der uns nicht nur, aber auch im Laufe des Banken-Untersuchungsaus­schusses besonders bewusst wurde. Der Konstruktionsfehler besteht darin: Wenn ein wirklich großer Schadensfall eintritt, ist die Leistungsfähigkeit dieser Einrichtung ein­fach nicht gegeben. Daher war es notwendig, die Konstruktion auf eine neue Basis zu stellen.

Ich freue mich sehr, dass eine gemeinsame Entschließung aller fünf Parteien vom 20. Oktober des Vorjahres mit dieser Regierungsvorlage umgesetzt wurde und wir heu­te diese neue Konstruktion beschließen können, die die Anlegerentschädigung auf vier neue Pfeiler setzt.

Der erste Pfeiler sind regelmäßige Beiträge der Wertpapierfirmen, um für den Scha­densfall etwas angespart zu haben. Davon soll als zweiter Pfeiler ein gewisser Betrag für eine Versicherungsdeckungssumme verwendet werden. Drittens wird es im Scha­densfall anlassbezogene Finanzierungen geben. Und viertens, wenn alle Stricke rei­ßen, wenn wiederholte Inanspruchnahme stattfindet oder wenn ein Großschadensfall eintritt, kann sich der Bund seiner Verantwortung nicht entziehen, und es werden Einla­gen – ähnlich wie bei den Sparguthaben, aber nur bis zu 20 000 € – gesichert sein. Außerdem wird ein Frühwarnsystem eingeführt, ähnlich wie wir es bei der Einlagensi­cherung bei den Banken kennen.

Ich weiß nun von der Anlegerentschädigung, dass es bei zwei Punkten noch gewisse Sorgen gibt. Die eine Sorge ist, ob mit den vorhandenen Mitteln, mit den Beiträgen eine Versicherungsdeckung im vorgesehenen Ausmaß erzielbar ist. Ich bin da durch­aus optimistisch. Es wird Frage der Verhandlungen mit der Versicherungswirtschaft und der Vertragsgestaltung sein, ob das möglich ist. Ich gehe davon aus, das ist mög­lich.

Das Zweite ist, dass es bei der Anlegerentschädigung gewisse Sorgen gibt, was das Frühwarnsystem betrifft, denn aufgrund der Konzessionsgestaltung der Wertpapierfir­men kann eigentlich ein Schaden nur bei kriminellem Verhalten eintreten. Und es ist natürlich wahnsinnig schwierig, für kriminelles Verhalten Frühwarnsysteme einzuführen.

Ich habe daher im Finanzausschuss als dessen Obmann zugesagt, Gespräche sowohl mit der Finanzmarktaufsicht, die dabei Erfahrungen hat, als auch mit der Anlegerent­schädigung, mit Geschäftsführer Gotsmy zu führen, um eine Lösung zu finden, die bei­de Seiten zufriedenstellt. Ein Frühwarnsystem ist an sich vernünftig und gescheit. Die Frage ist nur: Wenn es primär um kriminelles Verhalten geht, wie kann man da eine


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 130

Frühwarnung sicherstellen? Da gibt es gewisse Erfahrungen in der Notenbank und Fi­nanzmarktaufsicht. Ich habe es übernommen, ein Gespräch zu führen, um beide Sei­ten zusammenzubringen.

In diesem Sinne freut es mich, dass nach langer Bemühung hier eine neue finanzielle Basis geschaffen wird, im Interesse jener, die im Vertrauen auf Beratungen von Wert­papierfirmen ihr Geld anlegen, aber nicht im Interesse jener, die nach einer Art Kasino-Mentalität sagen: Ich lege dort an, wo ich die meiste Rendite versprochen bekomme, und wenn es danebengeht, zahlt ohnehin der Staat den Ausfall. – Das kann es nicht sein. Es ist eine solide, fundierte Neuregelung.

Ich bedanke mich beim Finanzminister und beim Staatssekretär, dass wir hier im Sinne dieser gemeinsamen Entschließung heute die Beschlussfassung machen können. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Abg. Mag. Kogler.)

14.18


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Ing. Lugar zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


14.18.17

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Hohes Haus! Wir brauchen einen besseren Schutz für Kleinanleger. Wie es im Moment aussieht, ist es wieder so, wie es immer war, dass die Kleinanleger die Rechnung dafür bezahlen, dass irgendwelche Großspe­kulanten ihre Schäfchen rechtzeitig ins Trockene gebracht haben. Und diejenigen, die nichts für diese ganzen Auswüchse können, nämlich die Kleinanleger, bezahlen die Rechnung. Und deshalb brauchen wir da einen besseren Schutz. (Beifall beim BZÖ.)

Diese Spekulanten haben auch mit Unterstützung der Banken, die hier mit dem Ret­tungspaket unterstützt werden, mit abenteuerlichen Geschäften genau das ausgelöst, wovor wir jetzt stehen, nämlich diese Krise.

Um das ein bisschen zu beleuchten: Diese Auswüchse sind wirklich abstrus. Früher war es so, dass man für Realgüter Kredite bekommen hat. Das heißt, jemand hat in­vestiert und hat um einen Kredit angesucht oder hatte eine Immobilie und hat diese dementsprechend beliehen, um Realgüter zu schaffen beziehungsweise volkswirt­schaftliches Vermögen anzuhäufen.

Jetzt ist es mittlerweile so – und daran haben auch diese Banken mitgewirkt –, dass man auch Kredite aufnehmen kann, um Aktien zu kaufen. Das heißt, man geht auf die Bank und kann, wenn man entsprechend liquid ist, mit einem Kredit für 1 Million € Ak­tien kaufen. Das wäre noch nicht das Schlimmste; aber es kommt noch schlimmer. Es gibt Institute, die sogenannte Hebelgeschäfte anbieten. (Zwischenruf des Abg. Mag. Ik­rath.) Diese Hebelgeschäfte waren möglich und sind immer noch möglich, das heißt, man geht zu diesen Instituten und kann mit 1 Million € 100 Millionen an Wertpapieren kaufen. Das muss man sich erst einmal vorstellen! Das ist ein Hebel von bis zu 100, der da möglich ist. Das sind genau diese Auswüchse, da wird in Luft spekuliert, da wird ohne Besicherung oder nur mit einer unzureichenden Besicherung das Hundertfache an Kreditvolumen bewegt, und damit trägt die Volkswirtschaft auch ein fast hundertfa­ches Risiko. Und letztlich – das wissen wir aus Erfahrung, wir sind ja gelernte Österrei­cher – zahlt immer der Kleine – entweder der Kleinanleger oder in letzter Instanz der Steuerzahler – für diesen Wahnsinn, für diesen volkswirtschaftlichen Wahnsinn. (Beifall beim BZÖ.)

Es hat dann einmal eine Zeit gegeben, in der es geheißen hat, die oberste Prämisse für die Kreditvergabe ist, Kredite müssen realwirtschaftlich Sinn machen und müssen realwirtschaftlich besichert sein, das heißt, es müssen ihnen Realgüter zugrunde lie­gen. Leider hat man diesen Pfad verlassen, man hat diese Regel mit Füßen getreten, und mittlerweile ist es so, dass eben durch diese halsbrecherischen Spekulanten,


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durch diese wahnwitzigen Spekulationen im System eine Schieflage entstanden ist, die wir wahrscheinlich nur sehr schwer wieder hinbekommen werden. Und da brauchen wir aber  (Abg. Mag. Ikrath: Kollege, jetzt haben wir ein Gesetz zu beschließen!)

Da Sie hier so fest zwischenrufen, lieber Freund von der ÖVP: Sie haben ja auch im Fi­nanzausschuss schon einiges gesagt, was die Banken betrifft. Also ich habe nichts ge­sehen, was mir das Vertrauen geben würde, dass Sie das Problem der Lage erkannt hätten. Ganz im Gegenteil, ich glaube, dass Sie ein Protegé dieses Problems sind und dass Sie dieses Problem noch in die Zukunft verlagern wollen, anstatt dass es hier wirklich angegangen wird. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Mag. Ikrath hält einen Zeitungs­artikel in die Höhe.)

Ich würde Sie wirklich bitten – und das betrifft auch die restlichen Banken in diesem Land –, dass Sie den volkswirtschaftlichen Hausverstand wieder einkehren lassen und wieder Spekulationen auf Realgüter ermöglichen und nicht auf irgendwelche Luft­schlösser und internationale Blasen, die wir sicher nicht brauchen können.

Abschließend kann ich sagen: Ganz egal, wie die Regierung heute mit unseren Anträ­gen umgehen wird – wahrscheinlich wird sie auch wieder alles abschmettern wie in der Vergangenheit –, wir als BZÖ werden nicht klein beigeben und werden auf jeden Fall dafür kämpfen, dass unseren Anträgen – und die sind wirklich sinnvoll, Sie sollten sie sich einmal genau anschauen – hier zum Durchbruch verholfen wird.

Letztlich ist es doch so: Wir Politiker haben eine Verantwortung, und die lautet: Wir müssen den Steuerzahler davor schützen, dass er für die Spekulationen der internatio­nalen Finanzhaie zur Kasse gebeten wird. Das ist unser Anspruch, und das ist unsere Verantwortung. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Strache.)

14.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


14.23.14

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine bemerkenswerte Rede meines Vorredners, denn gerade das BZÖ war es 2001, 2002 und 2003 mit dem Klubobmann Bucher (Abg. Mag. Darmann: Das BZÖ gibt es erst seit 2005!), das genau diese Linie hier in diesem Haus vertreten hat, und zwar gemeinsam mit dem damaligen Finanzmi­nister Grasser. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie waren diejenigen, die dafür eingetreten sind, dass die private Altersvorsorge zu 40 Prozent an den Börsen veranlagt werden muss – etwas, was wir kritisieren. Kollege Bucher, ich habe selten eine so unglaubwürdige Partei erlebt wie die Ihre. (Beifall bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einige Worte auch zur Freiheit­lichen Partei. Die Freiheitliche Partei tut sich schwer, diese Regierungsvorlage abzutre­ten. Mein Kollege Zanger hat darauf hingewiesen, dass der Begriff des Kunden nicht definiert wäre, der Begriff der Regelmäßigkeit nicht geklärt wäre und er nicht wüsste, was unter Eigenprodukten zu verstehen sei.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Definition findet sich im Wertpapieraufsichtsgesetz. Was die Frage der Regelmäßigkeit betrifft, könnte, glaube ich, Kollege Fichtenbauer ein Privatissimum für den Kollegen Zanger abhalten, um ihm zu erklären, wie diese Frage in der Rechtsprechung bisher gelöst wurde.

Was die Eigenprodukte betrifft: Eigenprodukte, Kollege Zanger, sind selbstgestaltete Finanzprodukte eines Wertpapierdiensteanbieters. Ich würde Sie daher schon ersu­chen, diese Regierungsvorlage ernst zu nehmen und mit uns, nämlich mit den Koali-


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tionsparteien, zu stimmen, weil es dadurch zu einer europarechtskonformen Regelung im Bereich der Anlegerentschädigung käme. (Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Stummvoll hat bereits darauf hingewiesen, dass wir auf die Eigenfinanzierung der Branche setzen und der Staat nur zum Schluss, nämlich nur dann, wenn es zu einem Großschadensfall kommt, zur Mitfinanzierung eingeladen wird oder sich daran beteiligt.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Konsumentenschützer sind wir natürlich momentan mit zahlreichen Problemen konfrontiert. In einem Punkt gebe ich dem BZÖ recht: dass wir viele Probleme haben, die wir noch lösen müssen. Aber wir haben dazu im Haus ja einstimmige Beschlüsse gefasst. Ich nenne nur die Stich­wörter, die jeder kennt: Probleme mit Meinl, Probleme mit AWD, Probleme mit der Constantia Bank und Probleme mit den Fremdwährungskrediten. Ein ganz großes Pro­blem ergibt sich meiner Meinung nach immer noch bei den Finanzprodukten im euro­päischen Bereich.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir brauchen auf europäischer Ebene eine Regulierung aller Finanzmarktprodukte und eine Regulierung aller Stand­orte. Schaffen wir das nicht gemeinsam, wird es immer wieder entsprechende Proble­me geben, denn es ist eine kriminelle Energie von Anbietern vorhanden, denen Anle­ger, ob Großanleger oder Kleinanleger, völlig egal sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das wird heute ein guter Beschluss für die österreichischen Anleger – und ich lade Sie ein, dieser Regierungsvorlage zuzustim­men. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Stummvoll.)

14.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Gewünschte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


14.26.57

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich kann mich der Argumentation des Ausschussvorsitzenden Dr. Stummvoll hinsichtlich des Hauptpunktes der TOP 7 bis 10, also des Tagesordnungspunktes 7, vollinhaltlich anschließen. Stummvoll hat das Vier-Säulen-Modell erklärt.

Was bleibt aber wesentlich anzumerken? – Dass wir hier trotz aller Bemühungen um den Anlegerschutz einen Deckel einziehen. Ich glaube, das ist nicht unerheblich, wenn wir uns das kurz vergegenwärtigen, dass wir bei allem Trachten nach Konsumenten­schutz und AnlegerInnenschutz schon auch immer ein Auge auf größere Zusammen­hänge haben müssen, die da wären, dass der Staat, was ja am Schluss wieder alle Leute sind, nicht jegliches Risiko abdecken kann und auch nicht darf. (Abg. Hornek nickt.)

Diese Aktionen haben wir ja gehabt: isländische Banken, die 10 Prozent Zinsen ver­sprechen, und alle laufen hin. Irgendwann muss derjenige, der sich 10 Prozent Zinsen versprechen lässt, auch zur Kenntnis nehmen, dass besonders hohe Versprechen in der Regel und nach aller Vernunft auch mit besonders hohen Risken verbunden sind.

Da kommen wir nicht umhin, uns das öfters vor Augen zu führen, denn wir haben hier im Haus noch schwierigere Dinge zu lösen, allerdings nicht heute. Deshalb ist diese Deckelung so sinnvoll. Und es wird auch langfristig sinnvoll sein, dass man nach dem Auslaufen des Bankenpakets – wir hoffen ja alle, dass das irgendwann einmal nicht mehr notwendig ist – in etlichen Facetten, aber auch in der Frage der Sicherung der Spareinlagen wieder einen oberen Deckel findet. Bei einer Regelung von 20 000 €, oder sollen es dann von mir aus 50 000 € sein, sind ja ohnehin über 90 Prozent der Einlagen und damit auch der Personen erfasst.


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Zweiter Punkt in diesem Zusammenhang: die vielgescholtenen Untersuchungsaus­schüsse. Gerade der Banken-Untersuchungsausschuss hat schon zutage gefördert, was bei AMIS das Problem war. Auf der einen Seite hat man entdeckt, die Anlegerent­schädigung funktioniert so nicht – dafür hätten wir den Untersuchungsausschuss viel­leicht tatsächlich nicht gebraucht –, aber was man schon gesehen hat, war, dass die internationale Verflechtung der Aufsichtsbehörden nicht nur nicht stattfindet, sondern dass die Behörden einander bislang sogar gegenseitig behindern. Möglicherweise war es ja kein Zufall, dass es das Partnerland Luxemburg war, das in diesem Fall versagt hat.

Sie können aber beruhigt sein, wir führen jetzt keine Debatte über überzogene Fes­selungen bei der Bekämpfung von Steuer- und sonstigen Betrügereien ab, aber auffäl­lig ist schon, dass die Zusammenarbeit zwischen den Behörden bis jetzt sehr schlecht funktioniert hat. Die Hoffnung bleibt, dass die Krise dazu führen wird, dass das in Zu­kunft besser wird. – Auch diese Hoffnung sei an dieser Stelle ausgesprochen.

Ein nächster Punkt und eine nächste Einschätzung betrifft die Tagesordnungspunkte 8, 9 und 10, damit das Abstimmungsverhalten der Fraktionen auch ein bisschen erklärt ist, denn das geht ja sonst immer unter. Es handelt sich ja hier immerhin um Anträge von Abgeordneten. Ich möchte mich nur einem besonders zuwenden, nämlich jenem des Abgeordneten Weinzinger der freiheitlichen Fraktion, in dem es darum geht, die Begrenzung von Managergehältern zu beschreiben, zu verlangen und umzuorgani­sieren.

Herr Weinzinger, dass dann, wenn für eine bestimmte Zeit öffentliche Hilfe in Anspruch genommen wird, eine Begrenzung für diese Zeitdauer sozusagen allein schon aus symbolischen Gründen – und das soll man in so einem Fall gar nicht unterschätzen – vernünftig ist, ist klar. Da sind wir einer Meinung, und deshalb sind wir da auch ganz bei Ihnen, Herr Klubobmann Strache.

Wir sind der Meinung, dass man dann, wenn öffentliche Betriebe gut wirtschaften – so etwas kommt ja auch vor; jedenfalls sollten sie dazu angehalten sein –, nicht von vorn­herein auf einen Gehaltsdeckel pochen kann, da muss man vielmehr auf Transparenz setzen. – Das haben Sie im Antrag auch drinnen. (Abg. Strache: Warum nicht? Dort, wo öffentliches Geld eingesetzt wird, soll es eine Gehaltspyramide geben!) Also dort, wo Steuerhilfe in Anspruch genommen wird, Begrenzung. Bei öffentlichen Betrieben gehört allenfalls ein Deckel, aber der muss viel höher sein und nicht sozusagen von vornherein mit Strafe belegt, das wäre nämlich eine Ungleichbehandlung. (Beifall bei den Grünen.)

14.31


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Ikrath. 2 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


14.31.53

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Lugar kann ganz beruhigt sein, ich kann das für die Sparkassen garantieren: Wir finanzieren wohl zu 95, vielleicht auch zu 96 oder 97 Prozent ausschließlich den Austausch von Waren und Dienstleistungen. Das­selbe, glaube ich, gilt für Raiffeisen, dasselbe gilt für die Volksbanken. Und ich bitte einmal mehr, nicht immer diese undifferenzierten Vorwürfe, Beschuldigungen hier in den Raum zu stellen. Das ist das Hohe Haus, und wir sollten uns schon einer besonde­ren Sorgfalt und auch Glaubwürdigkeit befleißigen. Diesen Appell richte ich an Sie zum wiederholten Male, möglicherweise wieder ungehört. Fakten sollte man aber schon zur Kenntnis nehmen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 134

Wir haben mit diesem Anlegerentschädigungsgesetz eine gute, ausgewogene Gestal­tung getroffen. Wir haben dazu eine Entschließung am 20. Oktober gemeinsam hier gefasst. Ich danke dem Finanzministerium, dass es unter Einbeziehung aller Betroffe­nen, von Wertpapierfirmen bis hin zu den Konsumentenschützern, jetzt in einer sehr kurzen Frist diese wesentliche Gesetzesnovelle vorgelegt hat. Es ist für künftige Ge­schädigte ein leistungsstarkes Gesetz, und es ist für die Wertpapierfirmen ein leistba­res Gesetz.

Da ein damit verwandtes Thema in der letzten Plenardebatte und auch im Finanzaus­schuss eine große Rolle gespielt hat, möchte ich auf das „WirtschaftsBlatt“, Seite 16, verweisen. (Der Redner hält einen Zeitungsartikel in die Höhe.) Hier liest man, dass die Ratingagentur Moody’s, die noch vor 14 Tagen in einer Analyse Osteuropa in einer Form runtergeprügelt hat, undifferenziert und in einem sachlich absolut unhaltbaren Maß, nun diese Einschätzung korrigiert hat und in einer neuen Analyse, die gestern veröffentlicht wurde, plötzlich zur Erkenntnis gelangt, dass man diese Märkte differen­ziert beurteilen muss.

Und nun bitte zuhören: Polen, Slowakei, Tschechien sind sehr, sehr gut geratet wor­den; selbst Rumänien und Bulgarien, die man gerade noch als das große Österreich-Risiko ausgewiesen hat, sind jetzt mit geringer Volatilität in die zweitbeste Risikoklasse gereiht.

Man kann die Absicht dahinter erkennen und muss zornig werden. An alle, die im Ho­hen Haus sitzen, möchte ich aber mein Ersuchen richten, derartige gutgründige Analy­sen nicht kritiklos zu übernehmen, sie politisch noch zu verstärken und sich dann als Kronzeuge herzugeben – da kann ich auch den Kollegen Kogler im „Spiegel“ nicht aus­nehmen – für eine falsche Risikodarstellung, die Österreich trifft, Österreichs Banken trifft und die sogar unser Staatsrating und unseren Anleihespread um 130 Basispunkte gegenüber Deutschland verschlechtert hat, was uns rund 300 Millionen € im Jahr mehr kostet. (Abg. Amon: Unglaublich!) Das hat der Steuerzahler zu zahlen.

Daher sollten wir uns nicht für amerikanische Rating-Agenturen, die ganz andere Ab­sichten verfolgen, naiv als Kronzeugen hergeben. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abge­ordneten der SPÖ.)

14.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Königshofer. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


14.35.27

Abgeordneter DDr. Werner Königshofer (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, auch wenn er dann die Wahrheit spricht.

Ich möchte Herrn Finanzminister Pröll hier nicht der Lüge bezichtigen, aber das, was er mir auf eine schriftliche Anfrage geantwortet hat, ist doch mehr als merkwürdig. Ich ha­be dem Minister 13 Fragen bezüglich AEW, Anlegerentschädigungseinrichtung, ge­stellt, und da hat er von vorn bis hinten nur moderat geantwortet: Die EU-Richtlinie ist ordnungsgemäß umgesetzt, es ist alles in Ordnung. Es ist eine private Gesellschaft, die können er und der Rechnungshof nicht prüfen, und letztendlich ist ohnehin alles paletti.

So, muss ich sagen, Herr Finanzminister und Vizekanzler – er ist selber nicht hier –, kann es nicht sein, denn diese Anlegerentschädigungseinrichtung hat bei sehr vielen Finanzskandalen – ich werde sie hier noch aufzählen – bisher keinen einzigen Cent an Entschädigung gezahlt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 135

Und wenn alles in Ordnung und paletti wäre, dann müsste dieses Gesetz hier und heute nicht novelliert werden. Der Herr Finanzminister korrigiert sich hier insofern also selbst.

Meine Damen und Herren, die Kürzel AEW – Anlegerentschädigung für Wertpapier­dienstleister –, BWA – Bundeswertpapieraufsicht – und FMA – Finanzmarktaufsicht – sind allesamt Synonyme für das Versagen des österreichischen Finanzmarktes! An­ders kann man das nicht darstellen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wie wäre es sonst möglich, meine Damen und Herren, dass es derart viele Finanz­skandale in Österreich gibt? Da gibt es den Fall AMIS, da gibt es die Meinl-Gruppe: Meinl European Land, Meinl International Power – darüber könnte man stundenlang re­den. Da gibt es eine Gesellschaft Auer von Welsbach; da gibt es eine Immofinanz, Constantia, AWD, Finance Globe, die letzte Woche mit 32 Millionen € Insolvenz ange­meldet hat.

Meine Damen und Herren! Hier muss rasch reagiert werden. Allerdings stimmen wir nicht diesem Gesetz zu, weil es wieder auf den falschen Prämissen aufbaut. Man müsste hier anders vorgehen.

Da die Zeit schon wieder abgelaufen ist, darf ich noch einen Entschließungsantrag ein­bringen. Vor dem EU-Beitritt hat man uns gesagt, Schilling und D-Mark sind sicher, werden nie abgeschafft. – Das ist schon lange vergessen. Man hat auch gesagt, die Anonymität bleibt bestehen. – Ist schon lange vergessen. Und jetzt geht es um das Bankgeheimnis, das nunmehr auch auf dem Altar des europäischen Zentralismus ge­opfert werden soll.

Meine Damen und Herren, ich bringe deshalb mit meinen Kollegen Weinzinger, Zanger und anderen folgenden Entschließungsantrag ein:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, unverzüglich das Erforderliche zu veranlassen um den Fortbestand des österr. Bankgeheimnisses sicherzustellen.“

*****

Im Sinne Österreichs ersuche ich Sie, diesem Antrag Ihre Zustimmung zu geben. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhand­lung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Weinzinger, DDr. Königshofer, Zanger und anderer Abgeordneter betreffend Aufrechterhaltung des Bankgeheimnisses

eingebracht in der 16. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 11. März 2009 im Zu­ge der Behandlung des Berichtes des Finanzausschusses über die Regierungsvor-
lage (48 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 und das Bankwesengesetz geändert werden (130 d.B.)

Das Bankgeheimnis ist im 18. Jahrhundert in der Schweiz entstanden. Französische Könige benötigten zur Aufrechterhaltung ihres pompösen Lebensstils Kredite, die sie sich in der Schweiz bei den Banken besorgten. Um die konfessionelle problematische Geschäftsbeziehungen, die Franzosen waren Katholiken, die Schweizer Bankiers Pro-


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testanten, vor dem eigenen Volk geheim zu halten, forderten die französischen Könige Vertraulichkeit ein. So wurden die Banken via Gesetz zur strikten Geheimhaltung ver­pflichtet.

Das moderne österreichische Bankgeheimnis soll helfen, illegale Übergriffe in die Pri­vatsphäre der Kunden zu verhindern. So ist das „gläserne Konto“ eindeutig abzuleh­nen. Es darf nicht sein, dass Sozialbehörden, Zoll, Polizei und Finanzämter die Konten­daten der Bürger jederzeit abfragen können, wie dies bereits in anderen EU-Staaten möglich ist. Oft findet dies auch ohne Wissen der Bank statt.

Die derzeitige Diskussion erinnert an die Abschaffung der anonymen Sparbücher, wo man davon gesprochen hat, damit die Geldwäsche unterbinden zu können, was der Realität nicht entsprochen hat, da dass organisierte Verbrechen über ganz andere Me­thoden verfügt. Ebenso verhält es sich mit dem Bankgeheimnis. Diejenigen Personen, die man erwischen will, werden ihr Geld in ganz anderen Kanälen parken. Auf der Stre­cke bleibt der gesetzestreue Bürger.

Der Bürger hat ein Recht auf ein gesundes Misstrauen gegenüber dem Staat. Denn die Österreicher haben zu Recht die Angst, dass ihr hart erspartes Geld politischen Fehl­entscheidungen der EU bzw. der rot schwarzen Regierung zum Opfer fällt. Diese Be­fürchtung ist nicht von der Hand zu weisen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, unverzüglich das Erforderliche zu veranlassen um den Fortbestand des österr. Bankgeheimnisses sicher zu stellen.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


14.39.12

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Kollege, wenn Sie die politische Diskussion verfolgt haben, dann haben Sie sicherlich gesehen, dass gerade die Frage des Bankgeheimnisses derzeit diskutiert wird und die Frage der Abgrenzung bei der Verfolgung krimineller Handlungen zum Bankgeheimnis die eigentliche Qualität der Zu­kunft sein wird. Was das betrifft, meine ich, sind wir sicherlich bei Ihnen. Das ist der Punkt, wo man hier ganz einfach Striche, Linien ziehen muss, die eine entsprechende Bekämpfung strafrechtlicher Tatbestände auch sicherstellen, und zwar im europäi­schen, im internationalen Kontext.

Die Anlegerentschädigung – da sind wir uns im Großen und Ganzen, meine Damen und Herren, glaube ich, einig – ist eine positive Entwicklung, ein richtiger Weg. Es kann aber nicht so sein, dass die Republik auf Dauer eigentlich für alle Finanzprodukte, die in den Markt eingestreut werden, haften kann, daher auch dieses 4-Stufen-Modell, wo­nach erst in der vierten Stufe, quasi als Auffangtatbestand, in besonders schwerwie­genden Fällen die Republik haftet.

Ich glaube aber trotzdem – Kollege Ikrath hat das ja heute auch angezogen –, dass es nicht nur darum geht, jetzt in der Phase, wo quasi der Schaden bereits eingetreten ist, Sorge zu tragen, sondern dass man auch aufpassen muss, dass derartige Produkte erst gar nicht auf den Markt kommen. Es gibt ja seit letzter Woche die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes über die Meinl Bank beziehungsweise deren Produkte, und es ist wirklich sensationell, wenn man liest, auf welche Art und Weise und mit wel-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 137

cher Unverschämtheit die Meinl Bank und die ihr nahestehenden Unternehmen die Kleinanleger abgezockt haben, nämlich durch Täuschung und Irreführung.

Kollege Maier, ich glaube, genau das ist ein Fall, wo wir in Zukunft aufpassen müssen, dass die Kapitalmarktprospekte auch tatsächlich stimmen, dass sie informativ sind. Es kann und darf nicht sein, dass in der Fernsehwerbung mit einem Sparschwein gewor­ben wird: Legen Sie Ihr Geld bei der Meinl Bank an! Viele, die über den Kapitalmarkt nicht so gut informiert sind, tragen ihr Geld dann dorthin und fallen nahezu um den ganzen Kapitaleinsatz um. Auf der anderen Seite sieht man, dass die Meinl Bank enor­me Erträge über die letzten Jahre erzielt hat – und wer die Rechnung dafür bezahlt hat, das sind die Kleinanleger.

Das ist eine Unverschämtheit, das ist auch rechtswidrig, der Oberste Gerichtshof hat das jetzt wirklich eindeutig festgestellt, indem er etwa auch auf den Hinweis „Investie­ren in Immobilien mit Köpfchen“ verweist. Dieser Ausspruch ist ja eine Frechheit, weil mit Köpfchen investiert hat eigentlich niemand, bestenfalls der Herr Meinl hat das Geld mit Köpfchen angelegt, und die anderen haben dann ihre Köpfe mehr oder weniger hinhalten können. Das wollen wir nicht, und daher brauchen wir eine entsprechende Gesetzgebung in Zukunft, die dem Einhalt gebietet. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.42


14.42.50Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen sohin zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Wertpapieraufsichtsgesetz und das Bankwesengesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 48 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Dies ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist sohin auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufrechterhaltung des Bankgeheimnisses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 131 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 132 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 138

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist ebenfalls mit Mehrheit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 133 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist ebenfalls mit Mehrheit angenommen.

14.44.4911. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (91 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird – Konjunktur­belebungsgesetz 2009 (134 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 436/A(E) der Abgeordneten Jo­sef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend BZÖ-Investitionsanreizpaket (135 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 447/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ankurbelung der Binnennachfrage (136 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 11 bis 13 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Themessl. Gewünschte Redezeit: 3 Mi­nuten. Ich erteile ihm das Wort.

 


14.45.51

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ho­hes Haus! Meine Damen und Herren! Grundsätzlich spricht absolut nichts gegen eine vorzeitige Abschreibung, also vom Ansatz her wäre das sicher gut. Die Begründung der Regierung lautet ja: Um Investitionsanreize für die Wirtschaft zu schaffen, sollte diese vorzeitige Abschreibung heute beschlossen werden. Auch dem ist an und für sich nichts entgegenzuhalten. Aber wissen Sie, die vorzeitige Abschreibung darf natür­lich nicht darüber hinwegtäuschen, dass in der Endphase dieser Laufzeit über fünf Jah­re natürlich eine steuerliche Mehrbelastung auf die Betriebe zukommt und sich so in Summe die steuerliche Ersparnis auf die fünf Jahre gerechnet in sehr engen Grenzen halten wird.

Wenn Sie heute von Investitionsbegünstigungen reden oder von Investitionsanreizen, die Sie schaffen wollen, dann müssen Sie aber auch in der Lage sein, die Banken an­zuhalten, endlich die Kreditklemme zu beseitigen. Das nützt nichts, wenn Sie Investi­tionsanreize schaffen, kleine und mittlere Betriebe dann zu ihrer Hausbank gehen und den Kredit, den sie für die sogenannte Investition brauchen, dann nicht bekommen – und wenn sie ihn bekommen, dann zu einem weit überhöhten Zinssatz, weil die heimi­schen Banken nach wie vor nicht in der Lage sind, die Leitzinssenkung der EZB an die Kunden weiterzugeben.

Und wenn Sie das hier als sogenanntes Konjunkturbelebungspaket verkaufen wollen, dann muss ich Sie schon allen Ernstes fragen, was Sie mit 250 Millionen €, die Sie hier in etwa an Kosten prognostizieren, für die Belebung der heimischen Wirtschaft machen wollen. Das ist unzureichend, mehr als unzureichend! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich würde Ihnen vorschlagen, schnüren Sie endlich ein Konjunkturbelebungspaket, das auch wirklich bei der Realwirtschaft ankommt! Auch wenn Sie vorhaben, Infrastruktur-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 139

projekte im Schienen- und Straßenbaubereich vorzuziehen, müssen Sie sich dessen bewusst sein, dass solche Großprojekte der heimischen Realwirtschaft so gut wie nichts nützen, weil es nur zwei oder drei Großfirmen in ganz Europa gibt, die auch in der Lage sind, solche Aufträge wirklich auszuführen.

Nur ein Beispiel: Die zweite Pfändertunnel-Röhre in Vorarlberg ist momentan im Bau; Gesamtbauvolumen zirka 250 Millionen €. Eine Vorarlberger Tageszeitung schrieb vor zirka 14 Tagen in großen Lettern, dass 10 Millionen € für die heimische Wirtschaft
in Vorarlberg, für die Regionalwirtschaft aus diesem Bauwerk zu lukrieren sind. – 10 Millionen €, das kann unheimlich viel klingen, aber wenn bei einem Gesamtprojekt im Ausmaß von 250 Millionen € sage und schreibe gerade einmal 5 Prozent in der Re­gion bleiben, dann ist das entschieden zu wenig und hilft unserer Realwirtschaft nicht weiter.

Ich würde Ihnen vorschlagen, gehen Sie lieber in den Hochbaubereich, ziehen Sie in diesem Bereich Konjunkturprojekte vor, weil der Hochbaubereich bei der Ausführung wesentlich personalintensiver ist und vor allen Dingen auf die regionalen Bedürfnisse viel mehr Rücksicht nimmt.

Wenn es heute in vielen Gemeinden Österreichs im Kindergartenbereich, im Schulbe­reich, in allen Strukturen, die für die Öffentlichkeit da sein sollten, einen unheimlichen Nachholbedarf gibt, dann müssen Sie sich vor Augen führen, dass Sie heute die Mög­lichkeiten schaffen müssen, dass Gemeinden solche Projekte, die wirklich für die Zu­kunft unseres Landes wichtig wären, jetzt vorziehen und damit die heimische Wirt­schaft und Realwirtschaft unterstützen. Das, was Sie hier vorschlagen, ist entschieden zu wenig. (Beifall bei der FPÖ.)

14.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein. (Abg. Strache: Der Minister außer Dienst ist nicht da!) – Kollege Bar­tenstein ist nicht hier.

Dann kommen wir zum Nächsten in der Rednerliste: Herr Abgeordneter Höbart. Ge­wünschte Redezeit: 3 Minuten. (Abg. Mag. Prammer: Das stimmt nicht! Kontra! Das ist nicht in Ordnung!)

 


14.50.01

Abgeordneter Ing. Christian Höbart (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir haben heute schon einiges über die Weltwirtschafts­krise gehört, sie ist mit Sicherheit die nachhaltigste in der Geschichte. Diese Welt­wirtschaftskrise steht in keinen Lehrbüchern, weder von Ökonomen noch von sonsti­gen Wirtschaftskräften. Ich möchte Ihnen hier noch einige Daten und Fakten vor Augen führen.

Wir haben ungefähr 12 Billionen € an Börsenverlusten hinnehmen müssen. Es gibt weltweit 50 Millionen Jobs weniger, allein in Österreich drohen uns 600 000 bis 700 000 Arbeitslose. Die Geldmenge explodiert, wir stehen möglicherweise vor einer Inflation, Hyperinflation auf Grund des Nachfragedefizits, möglicherweise auch vor einer Deflationsphase.

Die Industrieproduktion befindet sich im freien Fall, es sind Abertausende Arbeitneh­mer auf Kurzarbeit gesetzt, und wir können uns alle ausmalen, was passiert, wenn die Industrie, wenn die Wirtschaft nicht schnell wieder anspringt. Dann wird nämlich aus dieser Kurzarbeitszeit sehr schnell die Kündigung.

Und nun Osteuropa – auch heute schon mehrfach erwähnt, aber diese Zahlen und Da­ten muss man sich mehrfach vor Augen führen: allein über 200 Milliarden € an aushaf­tenden Krediten in Osteuropa! Und wenn „nur“ ungefähr 10 Prozent dieser aushaften­den Kredite schlagend würden, dann bin ich davon überzeugt, dass die Banken sehr


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 140

schnell in die Knie gehen würden. In diesem Fall wäre der Staat massiv gefordert – und mit ihm der Steuerzahler. Das kann und darf nicht passieren, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

„FORMAT“ schreibt zu dieser Krise: Der massive Absturz der Wirtschaft Osteuropas reißt Österreich, ganz konzentriert Österreich mit.

Und die „Financial Times“ schreibt gar, dass eine Pleite Österreichs durchaus im Raum steht.

Das ist nicht so abwegig und unglaublich, wie es sich vielleicht manche hier vorstellen. Sämtliche Ökonomen und Wirtschaftsfachkräfte erkennen mittlerweile den ganzen Ernst der Lage. Ich möchte auch noch ein Zitat von George Soros hier vorbringen: Ich habe erwartet, dass die Krise bis an den Rand des Abgrundes reichen wird, wir sind aber weiter marschiert.

Daher verlangen wir von den Freiheitlichen – und damit möchte ich jetzt die Brücke zur Bundesregierung schlagen – ein weit umfangreicheres Paket, als von der Bundesregie­rung hier eingebracht wurde, nämlich auf der einen Seite eine massivere Steuersen­kung. Den Leuten, den Menschen in diesem Land muss schlichtweg mehr Geld im Geldbörsel bleiben. Es geht letztlich darum, dass wir die Nachfrage stärken müssen. Die Leute in diesem Land sollen sich etwas leisten können.

Wir haben es heute schon ein paar Mal gehört: Diese zwei Milliarden bringen rein gar nichts, weil damit nicht einmal die kalte Progression und schon gar nicht die Inflation der letzten Jahre abgegolten wird.

Auf der anderen Seite haben wir einige weitere Punkte vorgeschlagen, auch in den An­trägen unseres Klubobmannes: Die Abschaffung der NoVA beispielsweise ist immer wieder ein Thema. Wir müssen die Halbierung beziehungsweise den gesamten Weg­fall von Mehrwertsteuersätzen diskutieren. Auch die Ausweitung von steuerlichen Ab­setzbarkeiten müssen wir rasch diskutieren. Ein ganz wichtiger Punkt ist auch die Er­höhung der Quote bei Forschung und Entwicklung und im Bildungsbereich.

Dazu haben wir Freiheitlichen uns noch einen weiteren Punkt überlegt, nämlich dass wir als Spitzenpolitiker, aber auch die leitenden Beamten in dieser Republik einen Soli­daritätsbeitrag leisten sollten.

Deswegen bringe ich jetzt einen Entschließungsantrag betreffend Reduzierung der Politikerbezüge sowie der Bezüge der leitenden Beamten um 4 Prozent ein. (Beifall bei der FPÖ.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat unverzüglich eine Regie­rungsvorlage zuzuleiten, die vorsieht, dass

1. Die Gehälter für die im BezBegrBVG und im BBezG genannten Funktionen um 4 Prozent reduziert werden.

2. Die automatische jährliche Anpassung dieser Gehälter gemäß § 3 des BezBegrBVG nicht mehr stattfindet.

3. Die Gehälter der leitenden Funktionäre, Beamten und Vertragsbediensteten von Bund, Ländern und Gemeinden und allen anderen Institutionen des ,geschützten Be­reiches‘ um 4 Prozent reduziert werden.“

*****

Sehr geehrte Damen und Herren, stimmen Sie diesem Entschließungsantrag zu! Es ist ein klares Zeichen für die Menschen in unserem Land. (Beifall bei der FPÖ.)

14.55



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 141

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Strache, Themessl, Höbart und weiterer Abgeordneter betreffend Reduzierung der Politikerbezüge sowie der Bezüge der leitenden Beamten um 4 %

eingebracht in der 16. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 11. März 2009 im Zu­ge der Behandlung des Berichtes des Finanzausschusses über die Regierungsvor-
lage (91 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird – Konjunkturbelebungsgesetz 2009 (134 d.B.)

Die Auswirkungen der Finanzkrise auf die reale Wirtschaft werden immer stärker; die Wirtschaftsprognosen müssen in immer kürzer werdenden Abständen nach unten revi­diert werden. Kündigungen in bisher gesunden Unternehmen drohen zur traurigen All­täglichkeit zu werden.

Aktuell gehen Wirtschaftsforscher davon aus, dass sich die Arbeitslosenzahlen in Ös­terreich drastisch vervielfachen werden. Bis Herbst 2009 droht eine Verdoppelung der Arbeitslosen auf rund 600.000 Menschen. Und - je länger die Krise dauert, desto teurer wird sie für den Staatshaushalt.

100.000 Arbeitslose kosten die öffentlichen Budgets rund 2,5 Mrd. Euro mehr, so die ökonomische "Faustregel". Neben den Ausgaben für Arbeitslosengeld kommen auch die Ausfälle an Steuern und Sozialversicherungsabgaben. Daher heißt es, jetzt han­deln!

In Zeiten der Wirtschaftskrise und einer damit einhergehenden massiv steigenden Ar­beitslosigkeit gibt es dennoch eine nicht geringe Zahl von Privilegierten, die weit über­durchschnittlich verdienen und deren Bezüge sowohl hinsichtlich deren Höhe als auch deren automatische jährliche Steigerung gesetzlich festgelegt sind.

Eine Reduzierung dieser Gehälter der höchsten Staatsfunktionäre, Politiker sowie der leitenden Beamten um vier Prozent bringt Einsparungen von rund 8 Millionen Euro. Die Streichung der automatischen Erhöhung der Politikergehälter birgt zusätzliches Ein­sparungspotential.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat unverzüglich eine Regie­rungsvorlage zuzuleiten die vorsieht, dass

1. Die Gehälter für die im BezBegrBVG und im BBezG genannten Funktionen um 4 % reduziert werden.

2. Die automatische jährliche Anpassung dieser Gehälter gem. § 3 BezBegrBVG nicht mehr stattfindet.

3. Die Gehälter der leitenden Funktionäre, Beamten und Vertragsbediensteten von Bund, Ländern, Gemeinden und allen anderen Institutionen des „geschützten Berei­ches“, um 4 % reduziert werden.“

*****

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 142

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


14.55.25

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Teil zwei dieses Steuerpaketes ist eine wiederum grundvernünftige Maßnahme, die diese Bundesregierung setzt. Investitionen, die Unternehmen tätigen, nämlich im In­land tätigen, hier beschäftigungswirksam tätigen, sind genau jene Maßnahmen der Un­ternehmen, die die öffentliche Hand, der Staat durch steuerliche Maßnahmen, durch Unterstützung bei der Finanzierung ermöglichen und erleichtern soll.

Leider hatten wir – auch da ist ein Blick in die Vergangenheit ganz gut – einige Jahre in unserem Land, wo es keinerlei steuerliche Investitionsbegünstigungen mehr gab. Lei­der ist jetzt der Kollege Bucher nicht da; auch bei deren Abschaffung hat er mitge­stimmt. Auch da hat er gegen die Unternehmen gestimmt. Und jetzt gibt es einen sehr vernünftigen Vorschlag der österreichischen Bundesregierung, über den wir heute ab­stimmen werden, nämlich eine vorzeitige Abschreibung mit 30 Prozent einzuführen.

Das ist eine Maßnahme, die dreifach sinnvoll ist.

Erstens: In Zeiten der Krise, wo die Gefahr besteht, dass Unternehmen Investitionen zurückstellen, mache ich als öffentliche Hand Mut und sage: Führe deine Investition durch!

Zweitens: Das, was heute investiert wird in eine bessere Produktionstechnik, in eine bessere Dienstleistung, oft genug auch in eine ökologisch bessere, nämlich energie­sparende Produktionsweise, stärkt die Unternehmen gerade in der Krise, um bei schwieriger Auftragslage mit einer moderneren Produktion, mit besseren Arbeitsmitteln auf den Märkten konkurrenzfähig zu sein.

Drittens: Diese Investition ist gleichzeitig ein Teil der Konjunkturbelebung, weil Ausrüs­tungsinvestitionen auch ein wesentlicher Träger für die Konjunktur sind.

Drei gute Gründe für diese Maßnahme, obgleich ich nicht verhehle, dass ich mir – ich habe es im Ausschuss bereits gesagt, auch bei den Regierungsverhandlungen – einen noch höheren Prozentsatz als diese 30 Prozent gewünscht habe. Aber ich muss gleichzeitig sagen und auch hier Kompliment an die Bundesregierung, auch hier gab es ein Nachbessern von 25 auf 30 Prozent. Grundsätzlich ja, richtig und in Ordnung.

Erlauben Sie mir aber einen Nachsatz noch zu dem Kollegen, der vorher das Risiko der Osteuropa-Investitionen angesprochen hat. Ich halte nichts davon, bewusst herzu­gehen und das Signal öffentlich zu setzen, dass Österreich ein Staatsbankrott drohen würde, dass Österreich kaputt sei, weil ein Osteuropa-Risiko von uns nicht tragbar wä­re. (Ruf bei der FPÖ: „Financial Times“!)

Die Wahrheit ist: Selbst wenn der Worst Case eintreten sollte und 20 Prozent des ge­samten Osteuropa-Risikos zu bedecken wären, ist dieser Teil, der erforderlich wäre von der öffentlichen Hand, durch die soliden Staatsfinanzen, durch die Leistungskraft unserer Volkswirtschaft problemlos zu bedecken. Wir sind nicht Island! Und daher ist auch kein Anlass dafür, heute davon zu reden, dass sich dieser Staat in irgendeiner Form übernommen hätte. (Abg. Mag. Kogler: Wer tut das?)

Mein Vorredner hat die Gefahren an die Wand gemalt, und ich möchte das an dieser Stelle – auch im Interesse der Kredibilität unseres Staates – zurückweisen, denn das ist genau jene Blumenwiese, auf der dann die Gerüchte blühen, die dann zu genau je­nen Spreads führen, die Sie kritisiert haben, Herr Kollege. Aus diesem Grunde kann man das nur zurückweisen. Hoffentlich wird es nicht so schlimm, aber selbst wenn es so würde, unsere Volkswirtschaft ist robust genug.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 143

Danke an unsere Unternehmer, danke an unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh­mer, denn sie sind das Rückgrat, das es überhaupt möglich macht, dass wir so einen Kurs fahren können.

Der Steuerzahler in Österreich ist ein braver, er wird heute entlastet, aber er ist einer, der auch geradesteht – und ihm gilt der Dank dafür, dass wir in solchen Krisen auch die notwendigen Mittel haben, um das durchzuführen. Danke an den Steuerzahler! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Hornek.)

15.00


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich unterbreche nun die Verhandlungen über die Punkte 11 bis 13 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung eines Dringlichen Antrages gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

15.00.07Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen be­treffend „Bildungsmilliarde“ Teil 1: Erhöhung des Bildungsbudgets um 525 Mil­lionen € für 2009 und 2010 – Budgetgarantie für Bildungsreformen (515/A)(E)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung des Selb­ständigen Antrages 515/A(E).

Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich dessen Verle­sung durch den Schriftführer.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

Die Situation im Bildungsbereich droht zu eskalieren, die LehrerInnen drohen mit Streik, die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur droht mit Budgetblockade oder Rücktritt und die Qualität der Schulen in Österreich droht unter das Mittelmaß ab­zurutschen.

Die vergangenen Jahre waren geprägt von fortgesetzten Einsparungen im Bildungsbe­reich. So sanken die jährlichen Ausgaben für Bildungseinrichtungen gemessen am BIP in der Zeit zwischen 1995 und 2005 von 6% auf 5,4%. Nach vielen Jahren der bil­dungspolitischen Stagnation hat es dann nach der Abwahl der schwarz-blauen Regie­rung seit Beginn des Jahres 2006 im Bildungsbereich im Allgemeinen und an den Schulen im Speziellen wieder so etwas wie eine Aufbruchstimmung gegeben.

Vor allem die SPÖ aber auch die ÖVP hat vor den Wahlen damit geworben, massive Verbesserungen und deutliche Investitionen im Bildungsbereich zu tätigen. Von Investi­tionen in die Zukunft war die Rede. Werner Faymann wurde in der Tageszeitung Ober­österreichische Nachrichten vom 11.08.2007 wie folgt zitiert : „Das Negativste ist sicher die Bildungsdiskussion. Da sollten wir uns nicht mehr zu viel Zeit geben, das auszure­den. Es wäre verheerend, hier in eine Kleingelddiskussion im Wahlkampf zu kommen.“ Werner Amon, Bildungssprecher der ÖVP, meinte am 14.6.2006 im Kurier: „Wir wollen die Klassenschülerzahl in den Pflichtschulen von 30 auf zumindest 25 senken.“ Es herrscht also Einigkeit bei den Koalitionspartnern, dass Qualitätsverbesserungen für die Schule notwendig sind.

Zuletzt hat Bundesministerin Claudia Schmied Anfang Februar ihre Vorhaben für das Bildungssystem auf der Homepage des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur bekräftigt. Unter anderem werden dort aufgelistet: die Neue Mittelschule in allen Bundesländern, Ausbau der Tagesbetreuung, Sprachförderkurse und Muttersprachli­cher Unterricht, der Ausbau der Ausbildungsplätze an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen, Fortführung der Senkung der Klassenschülerzahlen, Kleingruppen­unterricht, individuelle Förderung in Volksschulen und vieles andere mehr.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 144

Laut Medienberichten beträgt das Bildungs-Budget für das Jahr 2009 insgesamt 7,2 Mrd. Euro, das wären 390 Mio. Euro mehr als im Jahr 2008. Im Jahr 2010 soll der Betrag um weitere 55 Mio. Euro steigen. Bundesministerin Claudia Schmied hat den Mehrbedarf für das Doppelbudget 2009/10 – zuletzt in den Medien als „Rote Liste“ be­zeichnet – auf 525 Millionen Euro beziffert, 180 Mio. Euro im laufende Jahr, 345 Mio. Euro im Jahr 2010. Ansonsten seien einige Reformprojekte nicht weiterzufüh­ren bzw. zu realisieren. Dazu gehören etwa die begonnene Senkung der Klassenschü­lerhöchstzahl auf 25 (384,8 Mio.), die Teilungen größerer Klassen in der 9. Schulstufe für bestimmte Gegenstände (34,4 Mio. Euro), die für Pflichtschulen geplanten zusätzli­chen Deutschförderkurse (61,4 Mio. Euro), der Kleingruppenunterricht im Fremdspra­chenunterricht (14,5 Mio. Euro) oder die „Neue Mittelschule“ (26 Mio. Euro). In der Be­völkerung herrscht große Verunsicherung darüber, wie und ob es mit diesen Reform­vorhaben angesichts der fehlenden Budgetmittel weitergehen wird.

Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur möchte die Mittel durch Spar­maßnahmen hereinbringen und hat angekündigt, die Unterrichtsverpflichtung der Leh­rerInnen um zwei Stunden zu erhöhen. Das soll angeblich zu einer Qualitätsverbesse­rung in den Schulen beitragen. Insgesamt ist derzeit aber nicht klar, worin der positive pädagogische Effekt einer Arbeitszeiterhöhung für PädagogInnen liegen soll. Außer va­gen Ankündigungen über die Medien hat es diesbezüglich keine klaren Antworten sei­tens des Ministeriums gegeben. Zudem fehlt weitgehend ein klar definiertes Bildungs­ziel (etwa Hebung der Lesekompetenz, Senkung der Schulabbrecherquote, Herstel­lung von mehr Chancengerechtigkeit, gleicher Zugang zu Bildung unabhängig von der jeweiligen Region etc.).

Die Diskussion über die Mehrarbeitszeit von LehrerInnen zeigt, wie wenig die Regie­rung bereit und im Stande ist, ihre Versprechen zu halten. Bei den von der Bundesmi­nisterin für Unterricht, Kunst und Kultur genannten Qualitätsmaßnahmen handelt es sich durchwegs um gesetzlich verankerte Bestimmungen. Die Senkung der Klassen­schülerzahlen trat bereits im Sommer 2008 in Kraft und soll gänzlich aus dem Bundes­budget finanziert werden. Auch der Mehraufwand für die Neuen Mittelschulen war bud­getiert, ebenso die Sprachförderkurse und der muttersprachliche Unterricht. Nun ist für die Umsetzung dieser gesetzlichen Maßnahmen kein Geld vorhanden. Offenbar wurde Steuergeld für die Finanzierung der Bankenmilliarden beiseite gelegt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Dringlichen Antrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

1.) Die Bundesregierung wird aufgefordert, in den Budgetentwürfen für 2009 und 2010 im Budgetkapitel Bildung die – über die geplanten Erhöhungen hinaus – zusätzlich be­nötigten € 525 Millionen vorzusehen, damit die begonnenen und angekündigten Re­formvorhaben im Bildungsbereich sichergestellt werden können.

2.) Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird aufgefordert, innerhalb von drei Monaten ein Schulreformmodell zu präsentieren, das den Umbau des jetzigen Schulsystems mit dem Ziel eines flächendeckenden Angebots an ganztägigen Schulen und einem entsprechenden Dienstrecht für LehrerInnen vorsieht.

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung gemäß § 74a iVm § 93 Abs. 1 GOG verlangt.

*****

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 145

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich erteile nun Frau Abgeordneter Dr. Glawischnig-Piesczek als Antragstellerin zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort. Ge­mäß § 74a Abs. 5 der Geschäftsordnung darf die Redezeit 20 Minuten nicht über­schreiten. – Bitte.

 


15.00.58

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer! Wir diskutieren jetzt einen Dringlichen Antrag zur Bildungsproblematik in Österreich.

Zugegebenermaßen, es ist eine schwierige Sache, in Zeiten wie diesen ein Budget zu erstellen. Das kann ich mir durchaus vorstellen. Vor allem ist es dann schwierig, wenn man von völlig falschen Prognosen ausgegangen ist, nämlich im Herbst noch davon ausgegangen ist, dass die österreichische Wirtschaft stagnieren oder vielleicht sogar noch ein leichtes Plus erreichen wird. Mittlerweile gibt es Prognosen, angesichts wel­cher wir froh sein können, wenn es nur ein Prozent Minus oder 2 Prozent Minus wer­den.

Sie selber geben auch immer wieder zu, dass das ein Fischen in trüben Gewässern ist. Es ist, wie gesagt, ein sehr schwieriges Unterfangen, in diesen Zeiten ein Budget zu erstellen, vor allem dann, wenn man sich gleich ein Doppelbudget vornimmt, weil das Fischen im Trüben dann nicht nur auf ein Jahr, sondern gleich auf zwei Jahre ausge­dehnt wird. (Beifall bei den Grünen.)

Allerdings, eine Priorität sollten wir alle gemeinsam haben, und zwar die, dass Investi­tionen im Bildungsbereich Vorrang haben müssen. In jeder Konjunktursituation, in jeder wirtschaftlichen Situation heißt Sparen im Bildungsbereich Sparen an der Zukunft. Den Konsens darüber sollten wir heute in diesem Hohen Haus nicht brechen! (Beifall bei den Grünen.)

Das gilt vor allem vor dem Hintergrund der schonungslosen Daten, die das österreichi­sche Bildungssystem leider immer wieder in internationalen Vergleichen, in Statistiken, in Rankings der OECD vorzuweisen hat.

Die letzten Jahre waren geprägt von einem Kaputtsparkurs – das muss man so nen­nen –, und zwar einem Kaputtsparkurs à la Gehrer. Wir können uns alle noch gut da­ran erinnern: Die Einsparungen im Bindungsbereich haben zu ganz verheerenden Er­gebnissen geführt. (Abg. Amon: Was war da „verheerend“?)

Wir alle waren konfrontiert mit den verheerenden Ergebnissen der PISA-Studie, mit „Problem-Schülerinnen und -Schülern“, damit, dass viele nicht sinnerfassend lesen können. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Sie können sich dann gleich zu Wort melden.

Es gibt auch erschreckende Zahlen aus den Volksschulen; die sind ganz neu.

All das ist das Ergebnis von fortgesetztem Sparen, Nichtinvestieren und Nicht-auf-Re­formen-Setzen im Bildungsbereich. Das ist eine Tatsache! Das können Sie in allen Sta­tistiken, die es im Bildungsbereich gibt, auch nachlesen: fortgesetzte Einsparungen im Bereich „Verhältnis zum BIP“, fortgesetzte Einsparungen im Bereich „Zahlenverhältnis SchülerInnen zu Lehrern“, fortgesetzte Einsparungen insgesamt. Das haben viele er­kannt, und viele haben sich in den vergangenen Jahren auch eindeutig festgelegt und auch eindeutig Versprechungen abgegeben – auch Sie, Frau Bundesministerin!

In diesem Zusammenhang möchte ich Gusenbauer zitieren – ein wunderbarer Satz! –: Bildungspolitik ist eine Überlebensfrage für unser Land!

Ja, das kann man nur unterschreiben!

Das absolut Schlimmste, was man Österreich angetan hat, ist die völlig verfehlte Spar­politik im Bildungsbereich in den vergangenen Jahren. – Ja, auch das kann man unter­schreiben!


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Dann waren endlich auch Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, so weichge­klopft, dass Sie begannen, über die Klassenschülerhöchstzahlsenkung nachzudenken. Sie haben es dann sogar auch versprochen. Und im niederösterreichischen Wahl­kampf war sogar auf großen Plakaten zu lesen: Klassenschülerhöchstzahlen gesenkt! Bravo, Erwin Pröll! (Abg. Hornek: Das ist so!)

Das war nicht so, das ist nicht so, und das wird auch in Zukunft nicht so sein, wenn Sie heute nicht zusätzlichen Investitionen im Bildungsbereich zustimmen, die wir in unse­rem Dringlichen Antrag fordern. (Beifall bei den Grünen.)

Schade, dass Bundeskanzler Faymann nicht da ist, der sich auch sehr deutlich festge­legt hat, und zwar im Wahlkampf und auch im Wahlprogramm der SPÖ. Er meinte nämlich, es wäre verheerend, im Bereich der Bildungspolitik eine Kleingelddiskussion zu führen.

Ja, das stimmt! Aber was machen wir jetzt? – Wir führen jetzt im Grunde genommen eine Kleingelddiskussion. Wir diskutieren über zwei Stunden mehr Anwesenheit der Lehrer in den Schulen, aber nicht über die großen bildungspolitischen Fragen. Das ist das Dilemma der Bildungspolitik! (Beifall bei den Grünen.)

Eine der wohl bittersten Erkenntnisse und auch der bittersten Zahlen haben wir im Be­reich der Jugendarbeitslosigkeit, die Sie alle, glaube ich, mit großer Sorge beobachten. Das betrifft nicht nur junge Menschen zwischen 15 und 18 Jahren – wie Sie wissen, kommen jedes Jahr 8 000 Jugendliche auf den Arbeitsmarkt, die keinen Pflichtschulab­schluss haben –, sondern das reicht mittlerweile schon in eine weitaus höhere Alters­gruppe hinein, und zwar bis 25, 26, 27, 28 Jahre. Das ist ein Desaster! Das dürfen wir nicht hinnehmen!

Heute die Entscheidung dafür zu treffen, mehr Geld in das Bildungssystem zu investie­ren, heißt, zukünftig Jugendarbeitslosigkeit zu vermeiden und den Jugendlichen besse­re Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu geben. (Beifall bei den Grünen.)

Daher müssten eigentlich der Sozialminister und auch der Wirtschaftsminister im War­tezimmer der Bildungsministerin sitzen und auf mehr Investitionen warten, wie das Ale­xander Van der Bellen immer so schön gesagt hat.

Welche Diskussion führen wir jetzt? – Die beiden Finanzstaatssekretäre Schieder und Lopatka sind die Buchhalter dieses Landes, und sie sind auch tatsächlich buchhalte­risch unterwegs, aber leider in einem negativen Sinn – nichts gegen Buchhalter, das ist ein ehrenwerter Beruf! –, denn jetzt in den Bildungsbereich zu investieren, wäre eine Notwendigkeit, anstatt zu sagen: Nein, njet, niemand kriegt mehr, auch der Bildungsbe­reich nicht!

Dieses Njet ist das, worüber wir heute auch mit Ihnen, Frau Ministerin, reden wollen. Es heißt: Alle sind gleich! In Zeiten, in welchen gespart werden muss, müssen alle ih­ren Beitrag leisten! (Abg. Kopf: So ist es ja nicht!) – Die Manager im Übrigen nicht, denn die SPÖ ist gegen eine Begrenzung von Managergehältern. Aber die Lehrer sehr wohl, die müssen ihren Beitrag leisten.

Frau Ministerin Schmied, das frage ich mich schon: Wie kommen Sie auf die Idee, bil­dungspolitische Maßnahmen über Meinungsumfragen in der Bevölkerung zu unter­mauern, anstatt diese bildungspolitisch zu untermauern? Eine Berufsgruppe gegen die andere auszuspielen, das ist wirklich letztklassig. (Beifall bei den Grünen.) Das ist un­ter Ihrem Niveau gewesen. Wirklich! Ich habe auch nicht verstanden, welchen Sinn das hat.

Viele von Ihnen kennen die Situation an den Schulen, aber manche von Ihnen kennen sie offensichtlich nicht, denn das, was Sie, Herr Kollege Stadler, heute am Vormittag hier


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 147

gemacht haben, indem Sie pauschal Lehrerinnen und Lehrer – übrigens, 70 Prozent da­von sind Frauen – als pragmatisierte Faulpelze hingestellt haben (Abg. Bucher: Die Lehrervertreter! Die Gewerkschafter, nicht die Lehrer!), die mehr Zeit in der Schule ver­bringen sollten, ist eine üble Verleumdung von Menschen, die sehr viel Leistung erbrin­gen und große Schwierigkeiten bewältigen in einem Bereich, wo sehr viele Menschen zusammen arbeiten. Das ist eine so niedrige Wertschätzung, dass Sie sich für jegliche sachliche Diskussion absolut disqualifiziert haben. (Beifall bei den Grünen.)

Die Lehrer, die Lehrenden sind da nicht die Feinde, sondern sie sind die Partnerinnen und Partner für Reformen im Bildungssystem. Ihnen, Herr Abgeordneter Stadler, sollte man zum Geburtstag wahrscheinlich eine Zeitreise ins Mittelalter schenken, wo Sie dann Menschen, die nicht in Ihr Weltbild hineinpassen, auspeitschen und foltern kön­nen. Das musste ich heute hier sagen, denn das war wirklich eine verheerende Diffa­mierung von Menschen, die ganz, ganz, ganz Wichtiges in dieser Gesellschaft leisten. (Beifall bei den Grünen.)

Wir diskutieren jetzt über die Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung für Lehrer um zwei Stunden. Und was ist eigentlich der Kern des Problems? – Es gab eine ganze Reihe von ... (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.) Die Zeitreise in das Mittelalter gefällt Ih­nen offensichtlich. Hexen verbrennen kann man im Übrigen in diesem Jahrhundert auch. (Abg. Mag. Stadler: Wenn Sie mitkommen, bin ich dabei!)

Wir reden jetzt, wie gesagt, über die Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung für Lehrer um zwei Stunden. Aber worum geht es denn eigentlich wirklich? – Es gab ein ganz deutliches, massives politisches Versprechen, und zwar sowohl von der ÖVP als auch von der SPÖ, dass die Klassenschülerhöchstzahlen gesenkt werden. Dieses Verspre­chen wurde sogar plakatiert. Die Bildungsministerin selbst gibt noch ein sehr viel brei­teres Bukett an Versprechungen: Neue Mittelschule in allen Bundesländern, Ausbau der Tagesbetreuung, Sprachförderung, muttersprachlicher Unterricht, mehr Ausbil­dungsplätze vor allem in den berufsbildenden Schulen, Kleingruppenunterricht, indivi­duelle Förderung.

Ja, das alles wollen wir unterschreiben, das alles wollen wir haben, das alles brauchen unsere Kinder und Jugendlichen – aber dann brauchen Sie, Frau Ministerin, auch mehr Geld, dann muss es im Budget einen Vorrang für Bildung geben! (Beifall bei den Grünen.)

Was mit diesen zwei Stunden mehr an Unterrichtszeit tatsächlich an zusätzlicher Quali­tät geschaffen werden soll, das zu erklären sind Sie uns bis zum heutigen Tag schuldig geblieben, Frau Bundesminister. Werden damit Qualitätsmaßnahmen gesetzt? Wir wis­sen um die Probleme. Wir wissen auch, dass das nur im Zusammenhang mit einem Gesamtkonzept gehen kann. Es bestreitet niemand, dass es in diesem Bereich auch Lehrerinnen und Lehrer gibt, die weniger engagiert sind. Aber was wird dadurch bes­ser, dass man den weniger engagierten Lehrern einfach zwei Stunden Unterricht mehr aufbürdet? Wird dadurch für die Kinder irgendetwas besser?

Sie bestrafen damit geradezu die Engagierten, die sich vorbereiten, die nacharbeiten, die Zeit in die Beratung der Schüler investieren, die ihnen zur Verfügung stehen, also die viel Zeit in die Schule investieren. Diese motivierten Lehrerinnen und Lehrer bestra­fen Sie damit. Es würde in jedem Unternehmen zu einer Krise führen, wenn man dieje­nigen, die motiviert sind, bestrafte. Das sind vor allem junge Bedienstete, das sind Ver­tragsbedienstete, die auch Angst um ihren Job haben.

Viele junge Frauen sagen: Okay, ich war jetzt Karenzvertretung, kann ich weiterhin in der Schule arbeiten, oder ist das, was jetzt diskutiert wird, ein Jobabbauprogramm? Bedeutet das einen Aufnahmestopp für junge Lehrerinnen und Lehrer? Bedeutet das sogar einen Aufnahmestopp im öffentlichen Dienst? Diesen Verdacht habe ich nämlich,


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seit das Budget offensichtlich zu einem Geheimprojekt erklärt worden ist, um ja nicht wichtige Diskussionen vor Beschlussfassung des Budgets zuzulassen.

Meine Sorge beziehungsweise unsere Sorge ist, dass es hier um einen Aufnahme­stopp im öffentlichen Dienst geht. Das ist gerade in Zeiten wachsender Arbeitslosigkeit ein ganz verheerender und dramatischer Fehler. (Beifall bei den Grünen.)

Wir können auch einmal über die Arbeitsbedingungen der Lehrer diskutieren! – Im Durchschnitt gibt es pro Lehrenden einen Arbeitsplatz in der Größe von 0,25 Quadratmetern. Das ist ziemlich wenig. Es ist kaum vorstellbar, dass man da in Ruhe etwas korrigieren und den Unterricht vorbereiten kann, wobei man womöglich auch noch einen Internetanschluss braucht. Außerdem gibt es auch keine Möglichkeit, sich ein warmes Essen zuzubereiten, was möglich sein sollte, wenn man erst um vier oder halb fünf nach Hause geht. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

So schauen die Arbeitsbedingungen der Lehrer aus! Hundert Lehrer in einer AHS ha­ben einen Konferenzraum. Bei vielen Schulen hebt, wenn man anruft, der Direktor oder der Schulwart ab, weil nämlich Verwaltungstätigkeiten in erster Linie vom Lehrpersonal geleistet werden und nicht zum Beispiel – und das wäre unter wirtschaftlichen Ge­sichtspunkten eine effizienteren Variante – von Sekretariatspersonal.

Reden wir einmal über die Arbeitsbedingungen der Lehrer und darüber, wie wir sie ver­bessern könnten! Das müssten wir auch endlich einmal in Angriff nehmen. Wenn Sie das wollen, dann müssen Sie sagen: Ja, es muss mehr Investitionen in die Bildung ge­ben – und zwar jetzt und nicht erst in zwei, drei Jahren oder erst 2020! (Beifall bei den Grünen.)

Das große Versprechen Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen ist wohl das Bud­getproblem, das Sie jetzt mit diesen zwei Stunden Mehrarbeit für Lehrer lösen wollen. Obwohl Sie sich dazu verpflichtet haben, obwohl das auch festgeschrieben ist, geht das nur langsam voran und sind noch viele Bereiche davon nicht erfasst. Ich erwähne jetzt als Beispiel dafür den ganzen berufsbildenden höheren Bereich. Ob das die HTL ist, ob das die HAK ist, ob das die Höheren Bundeslehranstalten sind, es sitzen dort nach wie vor bis zu 36 Jugendliche in einer Klasse. Es gibt dort eine Drop-out-Rate von 50 Prozent, was wirklich bitter ist. Aber womit ist denn denen geholfen, wenn dort völlig überforderte Lehrer zwei Stunden länger in der Klasse stehen? – Denen ist damit gar nicht geholfen!

Sie sollten sich wirklich einmal ernsthaft ein Konzept und auch Rahmenbedingungen überlegen, statt so eine unvorbereitete und hilflose Diskussion zu führen, wo Sie aus meiner Sicht auch nicht gewinnen können.

Ich frage Sie: Stehen Sie zu vernünftigen Arbeitsplätzen? Stehen Sie auch zum Infra­strukturausbau? Sind Sie dafür, dass die Schulen anders gestaltet sein sollen, als sie es bisher sind? Stehen Sie auch zu einer ganztägigen Betreuung, womit wir auch das Problem Nachhilfe in einem gewissen Ausmaß in den Griff bekommen könnten? Es sind 150 Millionen €, die im derzeitigen System Eltern – vor allem diejenigen, die es sich leisten können; aber auch viele, die es sich nicht leisten können – für Nachhilfe zahlen müssen. Stehen Sie auch zu mehr Förderung für diejenigen, die es brauchen?

Wie stehen Sie zu all diesen Fragen? – Wenn Sie diese mit einem Ja beantworten, dann müssen Sie sagen: Unsere beiden Staatssekretäre sagen in diesem Sinne einen Blödsinn! Wir wollen mehr Geld für die Bildung, und zwar genau jetzt, und wir werden daher diesem Dringlichen Antrag der Grünen auch zustimmen!

Sie waren heute Vormittag so stolz auf die Auswirkungen der Steuerreform, wo man Ih­rer Meinung nach davon ausgehen kann, dass 10 000, 12 000, 13 000 Arbeitsplätze zusätzlich gesichert werden können. Sie könnten durch Direktinvestition im Bildungs­bereich – und das reicht von der Kindergartenpädagogik bis zu den Universitäten – mit


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demselben Volumen wie bei der Steuerreform das Dreifache an Arbeitsplätzen schaf­fen. Die höchste Beschäftigungsquote gibt es bei der direkten Anstellung im öffentli­chen Bereich.

Wir haben sehr viele offene Baustellen. Ich möchte jetzt gar nicht den ganzen Kinder­gartenbereich erwähnen; das ist wahrscheinlich die größte Baustelle. Aber da könnten wir tatsächlich in Zeiten wie diesen Arbeitsplätze langfristig sichern und damit die not­wendige Qualität für die Jugend in diesem Lande sicherstellen. (Beifall bei den Grü­nen.) Das sind alles schöne Dinge.

Jetzt die Frage: Wie stehen Sie zum Dienstrecht? – Ein neues Dienstrecht für Lehrer wurde auch schon Dutzende Male versprochen. Dieses Versprechen hat schon einen langen Bart. Es hieß immer, man soll die Gehaltskurve verflachen. – Kollege Amon lei­det schon, weil ich ihm jetzt seine Versprechen der letzten Jahre vorbete und er weiß, dass er sie bis jetzt noch nicht erfüllt hat. (Abg. Amon: Nein, überhaupt nicht, Frau Kollegin!) Sie leiden nicht? Sie schauen aber so leidend. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Amon: Das ist ein falscher Eindruck, Frau Kollegin!)

Es hieß: das Zweieinhalbfache am Ende der Einkommenskurve, höhere Einstiegsge­hälter. Das bedeutet, dass das jetzt ein bisschen teurer kommen würde, aber mittelfris­tig ist es die einzige vernünftige Alternative, das Dienstrecht, das Besoldungsrecht, die Ausbildung zu vereinheitlichen, denn das würde eine Verbesserung bedeuten.

Da soll man aber auch die Volksschullehrer und die Kindergartenpädagogen mit einbe­ziehen. Wissen Sie, was eine Kindergartenpädagogin nach zehn Dienstjahren ver­dient? – Die fällt nicht unter die Entlastung durch die Steuerreform! Die verdient nach zehn Dienstjahren nur 1 200 €. Ich finde, das ist ein echter Skandal! (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Haubner.) Das ist ein Bereich, der uns am allerwichtigsten sein sollte.

Früher, als ich noch am Präsidium gesessen bin, habe ich immer geschmunzelt, wenn irgendjemand von ÖVP oder SPÖ den Satz gesagt hat: Kinder sind unser höchstes Gut!

Beweisen Sie es jetzt! Geben Sie denjenigen, die für Kinder zwischen drei und sechs Jahren unglaubliche Arbeit leisten, mehr Entlohnung! Die bekommen in Wien weniger als die sogenannten Müllaufleger. Müll auflegen ist eine sehr harte Arbeit, ja, aber Kin­derbetreuung ist auch eine sehr harte Arbeit.

Nehmen wir daher die Kindergartenpädagogen mit hinein in ein neues Besoldungs­recht und geben ihnen endlich ein bisschen mehr Wertschätzung auch in finanzieller Form! Die verdienen sie tatsächlich. Stimmen Sie daher heute unserem Antrag zu! (Beifall bei den Grünen.)

Diese Debatte hat gezeigt, dass Sie entweder nicht bereit sind oder es auch nicht schaffen, im Bildungsbereich eine Priorität zu setzen. Sie haben in den letzten Mona­ten Ihrer Regierungstätigkeit sehr wohl Prioritäten gesetzt, aber es gab zum Beispiel keine Diskussion darüber, ob beim Bankensicherungspaket unter Umständen gewisse nicht systemsichernde Banken ausgenommen werden sollten; zum Beispiel die Cons­tantia Privatbank, Mindesteinlage 40 000 bis 50 000 €. Das ist eine Bank ausschließ­lich für die obersten Zehntausend. Und die unterstützen wir! (Zwischenruf des Abg. Amon.) – Ja, okay, man hätte auch über die AUA diskutieren können. Das ist einfach notwendig, da fährt die Eisenbahn drüber: eine halbe Milliarde Euro für die AUA, das ist einfach wichtig! (Abg. Hornek: Zeigen Sie eine Alternative auf!)

Aber warum ist die Bildung nicht wichtig? – Ich kann Ihnen viele Alternativen aufzeigen. Sie haben zum Beispiel eine Steuerreform beschlossen, ohne sich irgendwelche Ge­genfinanzierungsmaßnahmen zu überlegen. (Abg. Hornek: Das stimmt ja nicht!) Alle


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Experten sagen Ihnen: Wir können eine Reihe von Gegenfinanzierungsmaßnahmen treffen! Sie könnten sich den ganzen Vermögensbereich einmal vornehmen. Sie könn­ten einen Solidarzuschlag von den Bestverdienenden in Österreich verlangen. Aber nein, stattdessen bekommen die Leute mit den obersten Einkommen – das sind 10 Prozent – durch die Steuerreform 500 Millionen. Die obersten 10 Prozent, das oberste Einkommenszehntel!

In Anbetracht dessen sagen Sie: Wo sind die Alternativen? Die liegen auf dem Tisch! (Abg. Hornek: Ich habe Sie nach Alternativen zur AUA gefragt!) Das alles ist nicht so einfach. Das ist eine Frage von Prioritäten. (Beifall bei den Grünen.)

Natürlich kann man sagen, die AUA ist wichtig. (Abg. Hornek: Ist sie auch!) Selbstver­ständlich! Auch die Constantia Privatbank ist aus Ihrer Sicht wichtig. Aber dann zu sa­gen: Die Bildung bekommt einfach nicht mehr Geld, denn es müssen jetzt alle einen Beitrag leisten!, Entschuldigung, das verstehe ich nicht – und das versteht auch sonst niemand! (Abg. Kopf: Der Bildungsbereich kriegt doch mehr Geld!)

Sie haben heute noch einmal die Chance, eine ganz notwendige und wichtige Korrek­tur vorzunehmen, indem Sie einer Bildungsmilliarde für die nächsten ein, zwei Jahre zustimmen. Diese würde auch zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, und zwar weiter hinausgedacht, dienen und jetzt bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit von jungen Lehrerinnen und Lehrern helfen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Dr. Schmied zu Wort gemeldet. Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit 20 Minuten nicht überschreiten soll. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 


15.17.42

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Frau Dr. Glawisch­nig, ich möchte gleich unmittelbar an Ihre Rede Bezug nehmen auf Ihre Worte und auf Ihren Antrag und möchte versuchen, mein Zukunftsbild von Schule zu skizzieren.

Wie sieht mein positives Zukunftsbild aus? – Bei dem, wo ich hinmöchte, geht es um die großen bildungspolitischen Vorhaben. Deren Umsetzung ist das Ziel meiner Arbeit. In meinem Zukunftsbild ist die Schule ein Ort des gemeinsamen Lernens und nicht nur ein Ort des Unterrichtens.

Die Ziele der Schule – Sie haben einige in Ihrem Antrag skizziert – sind für mich sehr klar. Wir müssen es schaffen, dass Bildungserfolge der jungen Menschen in Österreich nicht länger „vererbt“ werden, dass sie nicht länger vom Bildungsstand der Eltern, von der Herkunft, vor allem auch von der sozialen Herkunft der Eltern abhängen. Wir müs­sen es schaffen, dass alle – und ich meine da wirklich alle! – Potentiale der Gesell­schaft genutzt werden. Wir dürfen kein Kind zurücklassen, sei es, weil es aus sozial schwächeren Kreisen kommt oder weil es Migrationshintergrund hat. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie des Abg. Amon.)

Wir müssen es schaffen – und das muss das öffentliche Schulsystem einfach leisten –, dass nach Absolvierung der Schulpflicht die Grundkompetenzen Lesen, Schreiben, Rechnen bei den jungen Menschen bestmöglich verankert sind, denn nur so können wir später auch von lebensbegleitendem Lernen reden. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir müssen es schaffen, dass die Bildungs- und Berufsentscheidungen gut gelingen. Hohe Drop-out-Quoten, aber auch die sehr hohe Zahl von Schulabbrechern müssen der Vergangenheit angehören.


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Wir müssen es schaffen, dass die Lehrer und Lehrerinnen Entfaltungsmöglichkeiten haben, dass sie auch innerhalb der Schularten wechseln können, dass sie aber auch in andere Berufslaufbahnen wechseln können, denn wenn wir heute sehr oft bei Lehrern und Lehrerinnen von Burnout sprechen, dann ist das möglicherweise im wahrsten Sin­ne eine Ausweglosigkeit, weil man in diesem Beruf vielleicht nicht mehr zufrieden und glücklich ist, aber keine andere Alternative sieht.

Und es muss uns gelingen, die Selbstverantwortung, das Selbstbewusstsein und das Selbstvertrauen der Schüler und Schülerinnen zu stärken.

Eine Schule, wie ich sie mir vorstelle, geht bestmöglich auf die Begabungen und Talen­te der jungen Menschen ein. Das setzt voraus, dass die Lehrer auch in ihrer Diagnose­fähigkeit bestens ausgebildet sind.

Spitzenleistungen – wir brauchen in Österreich Spitzenleistungen, um zu reüssieren – brauchen eine breite Basis. Nicht die Selektion mit den Worten: Du passt nicht zu uns! – wir selektieren laufend im Zuge der Laufbahn der jungen Menschen, ob sie ein­mal den Status als außerordentlicher Schüler bekommen, ob sie mit dem sonderpäda­gogischen Förderbedarf abgestempelt werden, ob sie in die Sonderschule kommen oder in einzelne Schularten selektiert werden –, sondern die individuelle Förderung und die Entdeckung der Begabungen müssen im Vordergrund stehen, getragen von einem Menschenbild der Wertschätzung.

Den Lehrern und Lehrerinnen kommt dabei eine ganz zentrale Bedeutung zu. In mei­ner Schule der Zukunft ist der Lehrer/die Lehrerin in erster Linie mit den pädagogi­schen, aber auch mit den menschlichen Kompetenzen gefordert. Sie werden Begleiter der Schüler. (Abg. Öllinger: Das ist eh super!)

Die Beziehungsarbeit steht im Vordergrund (Abg. Öllinger: Wie kommen wir dorthin?), und Bildungsstandards, regelmäßige Tests, aber auch eine wertschätzende Feedback-Kultur werden die Leistung absichern und das Qualitätsniveau in der Schule sichern. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das Spiel, das heute sehr oft im Zusammenhang mit Schule gespielt wird, nämlich: Wer hat Schuld: Schüler, Eltern oder Lehrer?, dieses Spiel wird es in der Schule der Zukunft nicht mehr geben, sondern es geht um eine gelebte Schulpartnerschaft, die das große Ziel gemeinsam vor Augen hat.

Die Verwaltung der Schule – ich bin sehr froh, dass das auch am Vormittag schon an­gesprochen wurde – ist in diesem Zukunftsmodell von Doppelgleisigkeiten befreit. Schulstandort, regionale Schulbehörde, Ministerium, das sind die drei Ebenen, die ge­nügen sollten.

Die zentrale Ressourcensteuerung erfolgt österreichweit mit modernsten Planungs- und Controllinginstrumenten. Das Wichtigste aber ist die klare Verantwortung am Schulstandort. Für die Position des Schulleiters müssen vor der Bewerbung entspre­chende Ausbildungen gemacht beziehungsweise Qualifikationen erworben werden. Die besten oder am längsten dienenden Lehrer müssen nicht unbedingt die besten Schul­leiter sein.

Die Position des Schulleiters sollte für fünf Jahre vergeben werden, so wie wir das ja zum Beispiel bei Leitungsfunktionen im öffentlichen Dienst jetzt schon haben (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Jury – Zwischenruf des Abg. Öllinger), und der Schulleiter, das halte ich auch für ganz zentral und wichtig, muss Personalver­antwortung haben. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Für Schulentwicklungsprojekte stehen Organisationsentwickler an den Pädagogischen Hochschulen zur Verfügung, um Entwicklungsprozesse zu begleiten. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.) Die Schule sollte gestaltet, aber nicht verwaltet werden. (Zwischen-


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ruf der Abg. Mag. Lunacek.) In diesem Zusammenhang geht es natürlich auch um bestausgestattete Arbeitsplätze für Lehrerinnen und Lehrer. (Abg. Mag. Lunacek: Aber wie kommen Sie denn dorthin?)

Die Ausbildung für alle im Lehrberuf Tätigen sollte sich an den Kompetenzen und An­forderungen an die Lehrer und Lehrerinnen und an den jeweiligen Altersstufen orientie­ren und auf tertiärem Niveau durchgeführt werden; die Weiterqualifikation der Lehrer und Lehrerinnen am Standort – bestmöglich. Und natürlich sollte auch die Möglichkeit gegeben werden, berufliche Veränderungen vorzunehmen.

Ich halte es auch für zentral, dass wir die Schule für Quereinsteiger öffnen (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Jury), dass wir auch berufsbegleitende Ausbildungsangebote vorsehen, denn eines ist, denke ich, auch gewiss: Gerade der Schule würde es sehr guttun, wenn mehr Menschen in der Schule arbeiteten, die auch schon andere Arbeits­welten kennengelernt haben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Öllinger: Ja, aber das kennen wir alles!)

Das neue Dienst- und Besoldungsrecht sollte sich nach der Tätigkeit, nach dem Ein­satzort des Lehrers richten, und die Arbeitszeit sollte ganz klar in Richtung Arbeit an der Schule und mit den Kindern verschoben werden. (Abg. Mag. Lunacek: Und wie wollen Sie das erreichen?)

In diesem Zusammenhang geht es natürlich darum, auch die Einstiegsgehälter ent­sprechend attraktiver zu gestalten, damit wir auch wieder mehr Männer für den Lehrbe­ruf gewinnen. In Verbindung mit einem stärkeren Einsatz und mehr Präsenz in der Schule ist das auch finanzierbar und leistbar, denn es geht ja auch um die Effizienz des Schulsystems. (Abg. Mag. Lunacek: Für die Frauen ist es auch nicht schlecht, wenn sie mehr verdienen!)

Frühförderung, Tagesbetreuung, Kleingruppenunterricht – Frau Dr. Glawischnig hat das ja auch schon geschildert –, Förderunterricht, Teamunterricht (Abg. Öllinger: Aber wo stehen wir jetzt?), individuelle Förderung, Sprachförderung, Ganztagsschulen sol­len forciert werden, und ich bin sehr dafür, dass wir die Schule auch für andere Berufs­gruppen öffnen: für Künstler, für Sozialarbeiter, für Sportler.

So sieht, grob skizziert, mein Zukunftsbild von Schule aus, mein Reformprojekt, und auf dem Weg dorthin gilt es viele, viele Schritte zu setzen. (Abg. Öllinger: Einsparen!) Eines ist für mich ganz klar: Eine Verzögerung oder ein Stopp der eingeleiteten Refor­men ist nicht möglich.

Sie haben selbst Pisa-, Pirls-, EU-, OECD-Studien zitiert: steigende Arbeitslosen­zahl vor allem bei weniger gut ausgebildeten Menschen. Das heißt, es ist wichtig, dass wir im Bereich der Bildung offensiv weitermachen.

Wenn es nun einmal ein knappes Budget gibt, auch vor dem Hintergrund der wirt­schaftlichen Entwicklungen, und wenn ich vor der Entscheidung stehe: Setze ich diese Maßnahmen fort, setze ich diese Maßnahmen um, um meinem Zukunftsbild ein Stück näher zu kommen?, dann ist, sage ich, die Strukturreform, ist die Erhöhung der Lehr­verpflichtung ein zumutbarer Beitrag, den ich von meinen wichtigsten Mitarbeitern, den Lehrern und Lehrerinnen, auch verlangen kann. (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawisch­nig-Piesczek.)

Ich möchte ein wettbewerbsfähiges, öffentlich finanziertes Bildungssystem, das die Leistung, die Qualität, die Kreativität und vor allem auch die Chancengerechtigkeit in den Vordergrund stellt. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Jury. – Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Zum Antrag hätten Sie etwas sagen sollen! – Abg. Mag. Kogler: Mit keinem Wort auf den Antrag eingegangen!)

15.28



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 153

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen nun in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von insgesamt 25 Minuten zukommt.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Walser. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.28.54

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Das war jetzt Enttäuschung pur für uns. Frau Ministerin, Sie haben uns zwar Ihr Zukunftsbild ge­schildert – das ist sehr nett, das kann eine Rektorin einer Pädagogischen Hochschule am Anfang eines Studienjahres den hungrigen Studentinnen und Studenten präsen­tieren –, aber hier geht es um eine Dringliche Anfrage! (Rufe bei der SPÖ: Antrag!)

Wir haben konkrete Fragen, wir haben konkrete Sorgen betreffend dieses Schulsystem formuliert, und wir haben in diesem Antrag auch konkrete Zahlen genannt – aber dazu haben wir keine einzige Antwort bekommen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Amon: Herr Kollege, das ist ein Antrag, keine Anfrage!)

Frau Ministerin, das ist nicht der richtige Umgang mit diesem Hohen Haus, das ist nicht der richtige Umgang mit diesem Thema, das ein zentrales Zukunftsthema unseres Lan­des ist! Da sollten Sie sich an dem messen, was Sie selbst in der Regierungserklärung geschrieben haben, nämlich dass sich die Zukunft unseres Landes im Klassenzimmer entscheidet. – Wenn das so weitergeht, dann sehe ich schwarz für unsere Zukunft. (Beifall bei den Grünen.)

Vor Ort wissen die Lehrerinnen und Lehrer, was zu tun ist. Meine Damen und Herren, ich nehme an, Sie sind wie ich in den letzten Tagen mit E-Mails überschwemmt wor­den, in denen sich besorgte Kolleginnen und Kollegen, Lehrerinnen und Lehrer und sehr, sehr viele Eltern geäußert haben. Die Aussagen gehen alle in dieselbe Richtung. Ich möchte nur an ein Mail erinnern, das Sie gestern Abend, um 20.38 Uhr, ebenfalls erhalten haben, unterschrieben von sieben LehrerInnen, in dem man Strukturmaßnah­men vorschlägt, die allesamt richtig sind und die Sie, Frau Ministerin, allesamt umset­zen könnten.

Frau Dr. Schmied, Sie sind seit zwei Jahren Unterrichtsministerin, und wir wollen end­lich das Konzept sehen. Dass das kein einfacher Job ist, das weiß ich. Ich möchte auch nicht mit Herrn Neugebauer verhandeln müssen, mit dem ÖAAB, mit der letzten Betonfraktion, die es gibt (Abg. Strache: Nicht „Schädel“ sagen!) neben der Freiheitli­chen Partei, die sich in dieser Frage auch keinen Zentimeter bewegt. Das ist klar. (Bei­fall bei den Grünen.)

Also, wo können wir Geld einsparen? – Machen Sie endlich Schritte in Richtung ge­meinsame Schule aller 10- bis 14-Jährigen! Das spart uns enorm viel Geld angesichts der derzeitigen Doppelgleisigkeiten.

Ich lese immer noch aus diesem E-Mail vor: keine Dreigleisigkeit mehr – Gymnasium, Hauptschule, Neue Mittelschule –, gemeinsame Lehrerausbildung, einheitlicher Dienst­geber. All das kündigen Sie an, ohne konkrete Schritte und vor allem ohne Zustim­mung Ihres Partners.

Schulverwaltung – allein in Wien, hat uns der Rechnungshof berichtet, 40 Millionen Einsparungspotenzial. Wo sind die Schritte dorthin? – Nichts geschieht. (Beifall bei den Grünen.) Aber was Sie machen möchten, ist eine Einsparung auf Kosten der Lehrerin­nen und Lehrer.

Frau Ministerin, Sie haben uns berichtet, wohin Sie wollen – da können wir Sie unter­stützen. Wir wollen auch dorthin, aber die derzeitige Situation ist eine andere. Derzeit explodiert die Zahl der Anfragen, was die Schulpsychologie anlangt: plus 10 Prozent in


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Vorarlberg beispielsweise. Es gibt Wartezeiten bei der Schulpsychologie. Ich bringe nur das Beispiel Bregenz: 57,6 Tage. Das schaue ich mir an, Eltern haben ein Pro­blem, LehrerInnen haben ein Problem mit einem Kind, wenden sich vertrauensvoll an die Schulpsychologie, und dann heißt es: Bitte warten! Zwei Monate soll man warten! Was mit dem Problem dann ist, das können wir uns vorstellen.

Die Zahl der Schulverweise nimmt drastisch zu: plus 50 Prozent in Vorarlberg. Betrof­fen sind natürlich vor allem die Pflichtschulen. – Die Anfragen an die Schulpsychologie, schauen Sie sich das an: Dyskalkulie, Legasthenie, aber natürlich auch das, was wir soziale Auffälligkeiten nennen. „Soziale Auffälligkeiten“ ist ein netter Ausdruck, aber diejenigen, die in der Schule sind, wissen, was das bedeutet. Über das Burn-out-Syndrom gehen Sie so elegant hinweg – Herr Stadler, der jetzt natürlich nicht hier ist, oder die Freiheitliche Partei ... (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler, in den Reihen der ÖVP stehend.) – Er hat jetzt etwas anderes zu tun. (Abg. Strache: Er ist schon bei der ÖVP!)

Das müssen Sie sich einmal vor Ort anschauen. Das sind die Herausforderungen, die derzeit auf unsere Lehrerinnen und Lehrer zukommen und wo sie dringend Hilfe brau­chen, wo sie Ihre Hilfe brauchen. (Beifall bei den Grünen.) – Die bekommen wir mo­mentan nicht.

Frau Bundesministerin, Sie haben angekündigt, dass wir Bildungsdirektionen brau­chen. – Natürlich brauchen wir diese. Natürlich muss die Verwaltung vereinheitlicht werden. Aber wo, bitte, sind die Schritte dorthin? Wenn wir die schon gemacht hätten, hätten wir jetzt einen Haufen Geld mehr.

Also: Rechnungshof, OECD, IHS, die Schilcher-Kommission – von Ihnen angeleiert und ja auch mit bemerkenswerten Ergebnissen –, sie alle kommen zum selben Ergeb­nis: Wir brauchen dringend diese finanziellen Mittel. Wir brauchen sie für die Frühförde­rung, für Ganztagsschulen, kleinere Klassen, für eine organisierte Weiterbildung. Auch diesbezüglich, das hat der Rechnungshof bestätigt, ist in den letzten Jahren überhaupt nichts vorwärtsgegangen. Es wurden in diesem Zusammenhang vor allem auch keine Konsequenzen aus dem Bericht des Rechnungshofes gezogen.

Sie, Frau Bundesministerin, haben all diese Themen angerissen, aber in der letzten Zeit keine einzige Maßnahme konkret vorgeschlagen. Das einzige Konkrete: Die Leh­rer und Lehrerinnen müssen zwei Stunden mehr unterrichten! – Das darf nicht sein. Das haben unsere Lehrerinnen und Lehrer nicht verdient! (Beifall bei den Grünen.)

Heute ist häufig Barack Obama zitiert worden – ja, gehen wir in der amerikanischen Geschichte noch ein bisschen weiter zurück: Wir brauchen einen New Deal für Bildung. Das würde sich in Zeiten wie diesen anbieten. Das erste Projekt, das wir Ihnen in die­sem Zusammenhang vorschlagen können: Setzen Sie endlich konkrete Maßnahmen in Richtung Ganztagsschule! Das ist ein Jobmotor. Da wird die regionale Wirtschaft geför­dert, da werden die kleinen Gewerbebetriebe gefördert. Das müssen wir jetzt angehen. Und das sind Projekte, die alle „baureif“ sind. Dazu braucht es allerdings auch ein ent­sprechendes Engagement.

Alle sind sich einig, in der letzten Zeit: Christian Havranek, Christiane Spiel, Bernd Schilcher, alle haben dasselbe gesagt, alle haben das gesagt, was wir wollen.

Die Scheinheiligkeit dieser Koalition zeigt sich natürlich ganz eindeutig, wenn wir uns anschauen, was die Sozialpartner sagen – angeblich die heimliche Regierung in dieser Republik. Ja, die Sozialpartner sind sich einig. Ich möchte an den Bad Ischler Dialog, an eine gemeinsame Erklärung aller Sozialpartner erinnern. Und da würde mich inter­essieren, meine Herren vom Wirtschaftsbund, meine Herren von der Gewerkschaft, wie Sie denn dazu stehen, denn das ist unterschrieben von Christoph Leitl, das ist da­mals noch unterschrieben von Rudolf Hundstorfer, das ist unterschrieben vom Präsi-


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denten der Landwirtschaftskammer, und darin werden konkret die gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen und die sofortige Einführung der Ganztagsschule gefordert. Wi­dersprechen Sie Ihren Präsidenten, oder sind Sie endlich bereit, in diese Richtung ge­hende Maßnahmen, die wichtig sind, zu setzen?

Zauberwort Autonomie. – Sie, Frau Ministerin, sagen: Natürlich brauchen wir mehr Autonomie; natürlich brauchen wir für Direktorinnen und Direktoren die Möglichkeit, Maßnahmen zu setzen, brauchen wir die Verantwortung, die dann auch wahrzuneh­men ist.

Wir haben deshalb diesen Dringlichen Antrag eingebracht. Ich möchte zusätzlich einen Entschließungsantrag einbringen, der ein Reformkonzept für Österreich im Schulbe­reich vorschlägt.

Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag ein:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, in den Budgetentwürfen für 2009 und 2010 weitere 475 Millionen € für den Bildungsbereich bereitzustellen. Damit soll einerseits professionelles nicht-pädagogisches Personal und Infrastrukturmaßnahmen für Lehre­rInnenarbeitsplätze finanziert werden.

*****

Frau Ministerin, setzen Sie endlich Maßnahmen in diese Richtung, und ich kann Ihnen garantieren, wir Grüne stehen an Ihrer Seite! Wir stehen an der Seite der Schülerinnen und Schüler und der Kolleginnen und Kollegen an den Schulen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Walser, Freundinnen und Freunde betreffend „Bildungsmilliarde“ Teil 2: Zusätzliche Investitionen in das österreichische Bildungssystem, 475 Millionen Euro in den Jahren 2009 und 2010 für Infrastruktur und professionelles nicht-pädagogisches Personal

eingebracht im Zuge der Debatte über den dringlichen Antrag der Abgeordneten Gla­wischnig-Piesczek, Walser, Freundinnen und Freunde betreffend „Bildungsmilliarde“ Teil 1: Erhöhung des Bildungsbudgets um 525 Millionen Euro für 2009 und 2010 - Bud­getga­rantie für Bildungsreformen

Begründung

Wir brauchen Investitionen in die Infrastruktur, also in die räumliche Ausstattung der Schulen, um SchülerInnen und LehrerInnen den ganztägigen Verbleib in der Schule zu ermöglichen. Derzeit sind die Schulen nicht darauf eingerichtet, SchülerInnen und Leh­rerInnen als ganztägiger Aufenthalt zu dienen. Für die SchülerInnen fehlt es an Raum­alternativen zu den Klassenräumen. Es werden Aufenthaltsräume, Lernzimmer, Frei­zeitbereiche und Sportplätze benötigt. Schulküchen und Speisesäle müssen errichtet werden, damit die Kinder und Jugendlichen, aber auch die LehrerInnen, zu Mittag in der Schule eine warme Mahlzeit einnehmen können.


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Derzeit steht den LehrerInnen in den Schulen üblicherweise 0,25 m² Arbeitsfläche im Konferenzzimmer und ein Ablagefach zur Verfügung. Zugriff auf Computer und das In­ternet ist oft nur schwer möglich. Um LehrerInnen den ganztägigen Aufenthalt in der Schule zu ermöglichen, brauchen LehrerInnen daher jeweils einen Schreibtisch und mindestens einen Computer samt Internetanschluss für zwei Lehrerkräfte.

Um den schrittweisen Umbau der Schulen und die Bereitstellung von Arbeitsplätzen und Computern für die LehrerInnen zu finanzieren, sollen für 2009 und 2010 insgesamt 95 Millionen Euro zur Verfügung stehen.

Wir brauchen ein Dienst- und Besoldungsrecht, das bei den LehrerInnen sowohl Unter­richts- und Vorbereitungszeit als auch Betreuungszeiten beinhaltet und gerecht ent­lohnt. Höhere Einstiegsgehälter bei flacherer Gehaltskurve sorgen für eine bessere Verteilung des Lebenseinkommens, das Dienstrecht muss die Möglichkeit für einen Auf- oder Umstieg innerhalb des Schulsystems (etwa in ein zu entwickelndes mittleres Management, in die Verwaltung oder angewandte Forschung) ermöglichen. Dieses Dienstrecht muss auch Leistungsanreize beinhalten. Reformen in diese Richtung hat die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur über die Medien bereits angekün­digt.

Sinnvoll wäre in diesem Zusammenhang, die Autonomie der Schulen voranzutreiben und für von der jeweiligen Schule festzulegende Schwerpunkte wie Begabungsförde­rung, Teamteaching, Freifächer, Nachmittagsbetreuung o.ä. zwei Stunden pro LehrerIn schulautonom zur Verfügung zu stellen.

Gleichzeitig müssen LehrerInnen aber von Aufgaben befreit werden, für die sie nicht ausreichend qualifiziert sind. LehrerInnen sind beispielsweise keine KonfliktmanagerIn­nen, MediatorInnen, SozialarbeiterInnen, PsychologInnen oder ErnährungsberaterIn­nen. Mittel für dieses professionelle nicht-pädagogische Personal sind international in den führenden „PISA-Ländern“ Standard, fehlen bei uns aber größtenteils nach wie vor.

Für das österreichische Schulsystem werden mindestens 1500 zusätzliche Schulpsy­chologInnen und 3000 SozialarbeiterInnen benötigt. Diese würden etwa 190 Millionen Euro pro Jahr an Personalkosten verursachen. Dieses Geld bereitzustellen, hat ange­sichts der Zustände an den Schulen oberste Priorität.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, in den Budgetentwürfen für 2009 und 2010 weitere 475 Millionen Euro für den Bildungsbereich bereitzustellen. Damit soll einer­seits professionelles nicht-pädagogisches Personal und Infrastrukturmaßnahmen für LehrerInnenarbeitsplätze finanziert werden.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Walser, ich möchte Sie bitten – ich bin in den letzten Sitzungen schon davon abgegangen, das Wort „schein­heilig“ mit einem Ordnungsruf zu versehen – und appelliere an alle, auch an Sie, die­ses Wort hier in diesem Saal nicht zu verwenden.

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mayer zu Wort. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



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15.38.38

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Werte Kollegin­nen und Kollegen! Ich muss eingangs die Ausführungen des Kollegen Walser schon et­was korrigieren, da er von einer Dringlichen Anfrage gesprochen hat. Es handelt sich immerhin um einen Dringlichen Antrag seiner Fraktion, den er jetzt um den Teil 2 er­weitert hat. Die Ministerin ist sehr detailliert und sehr genau insbesondere auf Punkt 2 Ihres Antrages eingegangen, nämlich darauf, was ihre Visionen sind, wie die Zukunft der Schule ausschauen soll. Ich meine, das hat sie sehr eindringlich und ausdrücklich dargelegt. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Walser.)

Es stimmt schon, Kollege Walser hat recht, und ich nehme an, dass es nicht nur allen Bil­dungssprechern so gegangen ist, sondern auch vielen anderen Abgeordneten, zumindest aus Ihrer Region, die auch E-Mails bekommen haben, in denen gefragt wurde: Was macht ihr da? Wie läuft das ab? Es sind dies durchaus besorgte Mails – nicht nur von Lehrern, von Eltern, sondern sogar von Schülern, die sich an uns wenden und sagen: Bitte, hohe Sensibilität bei diesem Thema!

Ich kenne viele Lehrer, ich arbeite mit vielen Lehrern zusammen und weiß, dass der weit überwiegende Teil von ihnen Idealisten sind, die aus Berufung Lehrer geworden sind, nicht weil sie einen Job gesucht und bei der Entscheidung bedacht haben, dass sie dann vielleicht eine Woche oder zwei Wochen mehr frei haben als andere – wobei das schon wieder ganz vorsichtig zu formulieren ist –, die wirklich etwas bewegen wol­len, die sich für Kinder einsetzen und für sie da sind.

Daher möchte ich das Bild, das heute gezeichnet wurde, besonders vom Kollegen Stadler vom BZÖ, wie denn Lehrer seiner Ansicht nach sind, zurechtrücken. Er kennt insgesamt fünf gute Lehrer, nämlich genau jene fünf, die seine Kinder unterrichten. Das sechste Kind geht noch nicht in die Schule, dann kommt vielleicht ein sechster Lehrer dazu. Aber alle anderen sind schon gar nichts mehr wert.

Ich glaube, es ist ganz, ganz wichtig, dass wir, wenn wir von Schule, wenn wir von Leh­rern reden, wissen, was wir tun. Und ich sage es vorweg: Ich bin kein Standesvertreter. Aber, meine Damen und Herren, es geht hier um Bildungskompetenz. Und wenn wir in der Bildung etwas vorwärtsbringen wollen, tun wir gut daran, jene engagierten Lehrer – und da meine ich nicht die Betonköpfe von der Gewerkschaftsfraktion, um niemanden anzugreifen, Frau Präsidentin –, die sich draußen wirklich bemühen, was man alles tun könnte, auch zu unterstützen.

Niemand hat zugehört, als man von den Problemen gesprochen hat, die die Schulen mit den Einzuschulenden haben. Da hat man aufgezeigt, dass man dringend etwas tun muss, es wird von Jahr zu Jahr ein bisschen schwieriger. Niemand hat zugehört, als es um die Selektionierung der Neunjährigen gegangen ist und um die Probleme, die man beim Schulübertritt hatte und nach wie vor hat und die sich immer wieder verstärken.

Oder: Niemand hat tatsächlich aufgeschrien – auch die Elternvertreter zu wenig, die sich jetzt so sehr starkmachen –, als es um die Kürzung der Unterrichtsstunden ging, besonders für Deutsch. Das hat nachweislich Folgen für Deutsch und Lesen. Auch die nächste Studie beweist, dass die Schüler beim Lesen schwächer geworden sind. Na­türlich hängt das zusammen! Wenn man Stunden kürzt, weniger in diesem Bereich un­terrichtet wird, dann ist das die Folge.

Für eine bessere Frühförderung, für einen Kampf gegen die soziale Auslese und für eine verbesserte Lehrerausbildung ist nun einmal die Politik zuständig, sind wir hier zu­ständig. Diese Dinge müssen wir verbessern! Das können nicht die Lehrer draußen, die können sie nur aufzeigen, und das tun sie.

Daher lade ich alle ein zu dem, was Sie heute Vormittag gesagt haben. Alle haben die Maßnahmen unserer Ministerin begrüßt: kleinere Klassen, kleinere Gruppen, bessere


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Sprachförderung, eine bessere Lehrerausbildung wurde auf Schiene gebracht. Alle die­se Maßnahmen werden begrüßt. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ihre Forderung!) Und wenn wir das wollen, müssen wir aber auch den zweiten Schritt setzen, nämlich das auch entsprechend zu finanzieren. Um diesen Punkt geht es natürlich sehr ein­dringlich.

Was kann man nun tun? – Ich bin ein sehr starker Anhänger davon, dass man im Be­reich der Dienstrechtsreform die Maßnahmen sogar vorverlegt. Es ist ohnehin schon zu spät, aber man muss sofort beginnen, nicht erst im Schuljahr 2009/2010. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Jawohl!) Was tun wir mit der Dienstrechtsreform? Es ist so: Wir sehen dieses Bild, dass in den nächsten zehn Jahren von den 120 000 Leh­rern, die wir haben, zirka 60 000 in Pension gehen werden. Das sind diejenigen, wo man sagen kann, die verdienen über dem Durchschnitt, nämlich fast 4 000 €.

Aber bei denjenigen, die mit 1 400 € netto anfangen – umgerechnet auf die reinen Stunden, die sie bei den Kindern unterrichten, verdienen sie nicht einmal 15 € pro Stunde –, dort müssen wir den Hebel ansetzen, dort müssen wir auch mehr Budgetmit­tel hineingeben. Und das ist möglich, wenn wir das Ganze längerfristig sehen, nicht auf die Jahre 2009/2010 hin, sondern auf die nächsten fünf, sechs Jahre.

Wenn wir diese Rechnung volkswirtschaftlich anstellen, wird sich sehr schnell heraus­stellen: Das ist finanzierbar. Wir können sogar den jungen Lehrern nicht nur mit einer besseren Ausbildung und kleineren Klassen mehr Stunden zumuten, sondern das ist eine ganz neue Herausforderung, und das ist auch finanzierbar.

Wenn man diese Entwicklung kennt, die sich im Schulbereich auftut, ist es ganz wich­tig, dass wir auch gemeinsam einen Weg suchen, wie wir die nächsten zwei Jahre überbrücken. Da geht es um das Budget 2009/2010. Da geht es darum, wie wir die fehlenden 500 Millionen €, die wir alle gemeinsam heute Vormittag befürwortet haben, auftreiben können. Diese Maßnahmen sind wichtig und sollen es auch bleiben. Wie können wir die finanzieren? (Zwischenruf des Abg. Brosz.)

Da gibt es drei Vorschläge. Der eine ist, der Finanzminister stellt – wozu er meiner Mei­nung nach gesetzlich verpflichtet wäre – die notwendigen Mittel zur Verfügung. Wenn das budgetär nicht möglich ist, gibt es einen zweiten Weg. (Zwischenruf des Abg. Dr. Walser.) Einen davon hat die Unterrichtsministerin aufgezeigt. Dann muss man schauen, wie man die Struktur verändern kann, zumindest vorübergehend für ein, zwei Jahre.

Und wenn das auch nicht machbar ist, muss man schauen, wie es anders gehen kann. Dann ist die Fraktion der ÖVP eingeladen zu sagen, wie ihre Vorstellungen aus­schauen.

Zur ÖVP – in dem Fall muss ich wirklich die Fraktion des Finanzministers anspre­chen –: Sie haben die Macht des Geldes, Sie haben die Möglichkeit zu sagen, wir stel­len das zur Verfügung, weil es uns wichtig ist, kleinere Klassen zu haben, weil uns eine bessere Förderung wichtig ist. Diese Möglichkeit haben Sie. Und wenn Sie sagen, das geht sich budgetär nicht aus, man muss das anders organisieren, dann bitte sagen Sie, was Ihre Maßnahmen dazu sind! Und diese Antwort erwarte ich heute von Ihnen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Amon zu Wort. 8 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


15.45.25

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Meine Damen und Herren! Zum Kollegen Mayer und auch zum Dringli-


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chen Antrag ist zu sagen: Herr Kollege Walser, Fragen haben Sie der Frau Bundesmi­nisterin heute keine gestellt, sondern Sie haben hier einen Antrag eingebracht. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ich habe ihr welche gestellt! Das darf ich! – Abg. Mag. Stad­ler: Es ist auch ein Antrag und keine Anfrage, „Mister MBA“!)

Das ist ganz interessant, ich zitiere aus dem Antrag:

„Laut Medienberichten beträgt das Bildungs-Budget für das Jahr 2009 insgesamt 7,2 Mrd. Euro, das wären 390 Mio. Euro mehr als im Jahr 2008. Im Jahr 2010 soll der Betrag um weitere 55 Mio. Euro steigen.“

(Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Die Gehaltsvorrückungen!)

Das steht in Ihrem Antrag, und das ist zugleich die Antwort auf die Fragen des Kolle­gen Mayer. Es ist zwar heute ein bisschen früh, schon über das Budget abzustimmen. (Abg. Brosz: Sie wissen schon, dass die Gehaltserhöhung drinnen ist?!) Sie wollen heute schon Budgetzahlen verändern, die noch gar nicht auf dem Tisch liegen. Sie wis­sen, erst am 21. April findet die Budgetrede des Finanzministers statt. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Das wäre eigentlich der richtige Zeitpunkt für einen solchen Antrag, denn dann können Sie erst sagen, ob das Budget passt oder nicht. (Abg. Dr. Walser: Das Parlament ist der richtige Ort! – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Geheimbudget!)

Aber ich kann Ihnen heute schon sagen – die Frau Bildungsministerin hat das auch an­gedeutet und dann der Öffentlichkeit bestätigt –, sie hat ein deutlich höheres Budget als im letzten Jahr. Danke, Herr Finanzminister! Es ist absolut richtig, in die Bildung zu investieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Kollege Mayer, so einfach kann man es sich nicht machen, dass man einfach in allen Ressorts, bei jeder Detailfrage den Finanzminister in die Ziehung nimmt und sagt, die ÖVP soll es richten. – Es ist schön, wenn Sie uns diese Lösungskompetenz in allen Bereichen zutrauen; darüber freuen wir uns, aber so einfach ist das nicht.

Wenn nämlich ausdrücklich zwischen dem Herrn Bundeskanzler und dem Herrn Vize­kanzler ausgemacht wurde, dass über Globalbudgets verhandelt wird, und Frau Bun­desministerin Schmied mit Handschlag dem Budget ihre Zustimmung gibt, dann ist es schon ihre Aufgabe, im Rahmen des Budgets die richtigen Maßnahmen zu setzen, und nicht mehr die Aufgabe des Finanzministers. (Abg. Mag. Stadler: So, so, sie war das also!) Das möchte ich schon in aller Deutlichkeit sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich spreche gerade Sie von den Sozialdemokraten noch einmal an: Im normalen Ar­beitsrecht in der privaten Wirtschaft wäre es undenkbar, dass der Arbeitgeber einseitig die Arbeitszeit verlängert. Undenkbar! (Abg. Dr. Sonnberger: Abenteuerlich!)

Selbst wenn der Bundesgesetzgeber das Arbeitszeitgesetz ändern würde, bedürfte es noch der Zustimmung der Sozialpartner im Rahmen von kollektivvertraglichen Verein­barungen, dass die Arbeitszeit geändert werden darf. (Abg. Elmar Mayer: Eure Vor­schläge auf den Tisch!)

Folgendes möchte ich doch sagen: Was in der Privatwirtschaft gilt, wird wohl auch im öffentlichen Dienst zu gelten haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Lieber Herr Kollege Mayer, ich möchte Ihnen noch etwas sagen, weil hier in der Wirt­schaftskrise eine Solidarleistung der Lehrerinnen und Lehrer verlangt wird: Wenn das in einem Gesamtkonzept eingebettet ist und wir in einer dramatischen Situation sind, wird sich niemand einer solidarischen Maßnahme entziehen. Aber ich möchte Ihnen schon eines sagen: Die Bundesregierung bemüht sich, und zwar beide Regierungspar­teien, die Arbeitslosigkeit so niedrig wie irgend möglich zu halten. Deshalb wird sehr


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viel Geld in die Hand genommen, um in den Betrieben Kurzarbeit zu ermöglichen – ich sage bewusst: ermöglichen. Dass das kein Vorteil für die Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter in den Betrieben ist, das ist keine Frage. Aber es wird viel Geld in die Hand ge­nommen, damit sie in Beschäftigung bleiben können.

Hier liegt ein Konzept auf dem Tisch, das das genaue Gegenteil bewirken wird. Herr Kollege Mayer, erklären Sie mir einmal, wie das funktionieren soll! Wenn bei gleicher Unterrichtszeit, bei unveränderten Lehrplänen jeder Lehrer um zwei Unterrichtsstunden länger unterrichtet (Abg. Dr. Sonnberger: Dann haben wir 10 000 Arbeitslose!), dann haben wir 10 000 Lehrerinnen und Lehrer im Bund zu viel – 10 000 Lehrerinnen und Lehrer im Bund zu viel, die dann auf die Straße gestellt werden und die Arbeitslosigkeit erhöhen.

Ich meine, in Zeiten wie diesen ist es die Aufgabe von Regierungsmitgliedern, Arbeits­losigkeit zu vermeiden – und nicht Arbeitslosigkeit zu produzieren! (Beifall bei der ÖVP.)

Frau Klubobfrau Glawischnig, ich möchte auch ein paar Dinge zu Ihnen sagen, denn mich stört eines, und zwar an der Debatte insgesamt, obwohl es schon richtig ist, dass es im Bildungssystem da und dort Probleme gibt; überhaupt keine Frage. In Österreich haben wir einen sehr hohen Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund; diesbezüg­lich haben wir einen unvergleichlich höheren Anteil, als das in anderen Staaten der Fall ist. Und ich gebe durchaus zu, da gibt es Hader darüber, wie man mit diesem Problem richtig umgeht.

Wir holen uns, was diese Sache betrifft, auch Anleitungen aus anderen Ländern, schauen uns beispielsweise die Situation in Finnland an, wo es eigene sogenannte Mi­grationsklassen gibt – Klassen mit relativ wenig Kindern, die so lange in einer Migra­tionsklasse sind, bis sie die Unterrichtssprache Finnisch beherrschen. Aber vergleich­bar ist das nicht ganz, denn im Schnitt haben wir in unseren Klassen 12 bis 14 Prozent Kinder mit Migrationshintergrund, an manchen Schulstandorten haben sogar 80 oder 90 Prozent der Kinder einen Migrationshintergrund (Abg. Dr. Walser: Kanada! Austra­lien!), die Finnen hingegen haben, glaube ich, 1,2 Prozent Kinder mit Migrationshinter­grund. Das ist also eine völlig andere Ausgangssituation.

Was mich an dieser Debatte stört, ist, dass das österreichische Bildungssystem hier schlechtzureden versucht wird. Und das stört mich, denn es ist meiner Überzeugung nach nicht zulässig, dass bei diesen Vergleichsstudien, wie immer diese heißen – egal, ob das PISA ist, TIMSS oder PIRLS –, das Wissen der Kinder eines Jahrganges in wenigen Fächern an einem Tag überprüft wird. Daraus werden dann Schlüsse ab­geleitet, die so nicht zulässig sind! (Abg. Dr. Walser: Die gibt es seit vielen Jahren mit denselben Ergebnissen!)

Man kann doch nicht aus einer eintägigen Überprüfung des Wissens von Kindern eines Jahrganges in drei Fächern eine Systemdiskussion ableiten! Bei anderen Untersuchun­gen – ich spreche jetzt insbesondere PISA und TIMSS an, die auch die Leistungen von Volksschulkindern testen – liegt Österreich jedenfalls im Durchschnitt der getesteten Staaten. (Abg. Dr. Walser: PISA ist für 14-Jährige!)

Jetzt kann man natürlich sagen, wir haben einen größeren Ehrgeiz – das ist mir auch recht – und setzen daher alles daran, dass Österreichs Kinder bei diesen Tests in Hin­kunft besser abschneiden, ja – aber deshalb das gesamte Bildungssystem schlechtzu­reden und madigzumachen, das lehne ich kategorisch ab! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Wir sind nicht zufrieden!)

Noch etwas: Österreich befindet sich zwar in einer relativ dramatischen Situation, was die Entwicklung der Arbeitslosenzahlen anlangt, und dennoch sage ich Ihnen, dass Ös-


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terreich in den letzten zwei Jahrzehnten in allen europäischen Vergleichsstudien (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Gesunken ist bei den Bildungsausgaben!), was die Ju­gendarbeitslosigkeit anlangt, immer unter den besten drei Ländern ist. Das muss doch bitte auch etwas mit unserem Bildungssystem zu tun haben; das passiert ja nicht rein zufällig!

Abgängerinnen und Abgänger unserer Schulen haben – Gott sei Dank! – eine hohe Chance auf dem Arbeitsmarkt. Das ist auch Aufgabe eines Bildungssystems – und es geht nicht nur darum, dafür zu lernen, dass man bei internationalen Vergleichsstudien nicht im Mittelfeld, sondern im oberen Drittel landet. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Wal­ser: Sie können die Statistik nicht lesen!) – Ich kenne die Statistiken sehr gut.

Wir sollten den Lehrerinnen und Lehrern gerade in einer Zeit, in der auch die Kinder immer schwieriger werden – dafür gibt es die unterschiedlichsten gesellschaftlichen Gründe, und es fehlt mir an Redezeit, darauf jetzt einzugehen (Abg. Strache: Liegt es an der ÖVP-Gesellschaftspolitik?) –, mehr Rückhalt geben, denn sie haben wirklich das Wertvollste eines Landes an der Hand – auch wenn diese Formulierung zum Schmunzeln führt, wie Frau Dr. Glawischnig heute gemeint hat. Ich finde, es ist tat­sächlich so: Lehrerinnen und Lehrer haben das Wichtigste unserer Gesellschaft an der Hand, nämlich die Jugend. Deshalb ist es völlig falsch, irgendwelche Konflikte auf dem Rücken der Lehrerinnen und Lehrer auszutragen.

Es geht hier nicht um eine Solidarmaßnahme in einer Wirtschaftskrise, sondern schlicht und einfach um die Frage, wie die Frau Bundesministerin mit ihrem Budget zu Rande kommt. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das müssen Sie dem Herrn Faymann ausrichten! – Abg. Dr. Walser: Wohin wollen wir?)

Ich appelliere an alle Beteiligten, öffentliche Positionierungen eher zurückzunehmen, sich an einen Tisch zu setzen und zu versuchen, eine ordentliche Lösung zu finden. (Beifall des Abg. Dr. Rasinger.)

Herr Walser, auch wenn Sie sagen, Sie wollen nicht gerne mit uns verhandeln: Ich wür­de das gerne mit Ihnen tun, denn ich habe keine Vorbehalte gegen Sie. (Beifall bei der ÖVP.)

15.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Ro­senkranz zu Wort. 8 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


15.54.38

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministe­rin! Hohes Haus! Zum zweiten Mal an diesem Tag bewegt uns das Thema Bildung, und die Bekenntnisse dazu, die ich ernst nehme, weil ich glaube, dass es keine Lip­penbekenntnisse sind, höre ich sehr wohl.

Wir haben gehört von den Plänen, von dem Bild der Zukunft, das Frau Bundesministe­rin Schmied entworfen hat – und müssen leider feststellen, dass das Einzige, was der­zeit zur Umsetzung dieses Bildes, das sich sehr toll, sehr groß, sehr bedeutend, sehr staatstragend, sehr zukunftsweisend anhört, gemacht wird, lediglich so ausschaut, dass die Lehrer zwei Stunden länger unterrichten sollen. Alles andere, das in diesem Zusammenhang angesprochen wurde, liegt auch nicht im Entferntesten konkret auf dem Tisch.

Ich stehe irgendwie unter dem Eindruck des schrecklichen Geschehens, dass es heute in Deutschland einen Amoklauf an einer Schule mit 16 Toten gegeben hat, darunter drei Lehrer und zwei Passanten; auch der Täter, ein ehemaliger Schüler, hat sich selbst gerichtet. – Das ist etwas, das Gott sei Dank bei uns noch nicht in Schulen pas­siert ist, ich verweise aber dennoch darauf, wo in Österreich in Schulen Gewalt nicht


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nur unter den Schülern – ohnehin schon schlimm genug –, sondern auch Gewalt von Schülern an Lehrern ausgeübt wird. In meiner Heimatstadt Krems wurde der Schuldi­rektor von einem Schüler mit einem Baseballschläger niedergeschlagen. (Abg. Hor­nek: Ein guter Freund von mir!) Dieses Thema wurde noch nicht angesprochen.

Herr Kollege Walser hat gemeint, die Frage Burn-out sei vom BZÖ beziehungsweise von den Freiheitlichen nicht angesprochen worden. – Herr Kollege Walser, lesen Sie unsere beziehungsweise meine Presseaussendungen zu diesem Thema nicht? (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Die Rede war eindeutig!) Gerade das Thema Burn-out bei Lehrern sehen wir als Problem, wobei wir uns dessen bewusst sind, dass das ein wirklich sehr ernstes Thema darstellt. (Beifall bei der FPÖ.)

Tatsache ist – das ganz konkret jetzt zu den Vorschlägen, die vonseiten der Grünen in Richtung Gesamtschule, aber auch Ganztagsschule kommen; nach Möglichkeit sollen ja Ihrer Ansicht nach die Kinder noch viel früher in eine Kinderbetreuungseinrichtung gegeben werden (Abg. Strache: Von der Wiege bis zur Bahre kommunistisch erzo­gen!) –: Bildungssysteme, wie sie in der DDR an der Tagesordnung waren, brauchen wir bei uns in Österreich wirklich nicht! Diesbezüglich gibt es unsererseits keinerlei Verhandlungen mit Ihnen. (Beifall bei der FPÖ.)

Was wir sehen, ist, dass der soziale Status des Lehrberufes erheblich geringer gewor­den ist. Manche von Ihnen kennen das zumindest noch aus Erzählungen: Da war der Dorfschullehrer nach dem Pfarrer die angesehenste Person, die es im Dorf gegeben hat. Mittlerweile ist das nicht mehr so!

Leider Gottes verkommt sozusagen der Lehrberuf in der öffentlichen Meinung. Und diese Debatte, die Frau Bundesministerin Schmied erst vor Kurzem in den Medien aus­gelöst hat, war auch nicht dazu angetan, den Status der Lehrer zu verbessern, obwohl es natürlich sehr wohl ehrgeizige, motivierte und leistungsorientierte Lehrkräfte gibt – und nicht „Lehrschwächlinge“, wie das Alois Brandstetter in seinem Roman „Zu Lasten der Briefträger“ formuliert.

Die leistungsorientierten Lehrkräfte sind jene Lehrerinnen und Lehrer, die sich jetzt en­gagiert direkt bei den Parteien melden und darüber verwundert sind, was derzeit alles so über ihre Köpfe hinweg geschieht.

Zahlreiche Wirtschaftswissenschafter sagen zwar, dass Bildung ein unwahrscheinlich starker Motor für unsere Wirtschaft ist – wobei ich jedoch glaube, dass eine Erhöhung der finanziellen Mittel im Unterrichtsressort, die es ja tatsächlich gibt, lediglich deshalb gemacht wurde, um in erster Linie die Bauwirtschaft zu fördern, indem eben, was zwar auch notwendig ist, das Geld in erster Linie in die Erhaltung beziehungsweise in den Bau von Schulen fließt. Keine Erhöhung der finanziellen Mittel gibt es in Bezug auf das Personal! Ganz im Gegenteil! Da wird auf diese umstrittene Maßnahme mit zusätzli­chen Unterrichtsstunden gesetzt.

Dazu, was denn alles zum Frust in der Lehrerschaft führt – und da erinnere ich gleich an die Debatte von heute Vormittag in der Aktuellen Stunde –: die Verpolitisierung des Lehrberufes. Das hat sicherlich auch nicht dazu beigetragen, dass sich der Lehrer­stand in einer besonders guten Situation befindet.

Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an meine Zeit als Gemeinderat – Kollege Sacher von der SPÖ-Fraktion war da auch dabei –, als es in einer Gemeinderatsfrak­tion zwei Vizebürgermeister gab, die Lehrer waren, die Mehrheit im Stadtsenat Lehrer waren und die drittstärkste Fraktion im Gemeinderat, knapp hinter ÖVP und SPÖ, ebenfalls die Lehrer waren. Da ist schon etwas dran, dass sich der eine oder andere Lehrer mehr Zeit, mehr Freizeit nimmt, um in anderen Berufsfeldern tätig und überpro­portional repräsentiert zu sein. (Abg. Mag. Stadler: Auf dem Tennisplatz!) Das geht


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dann unter Umständen jenen Lehrern, die dann für diese Kollegen supplieren, die dann für diese einspringen müssen, sehr auf die Nerven – und genau diese erwarten sich daher auch Lösungen in dieser Frage.

Es wurde von der Frau Bundesministerin angesprochen, dass die Kinder die Kultur­techniken, also Lesen, Rechnen, Schreiben, wieder verstärkt lernen müssen. – Das ist schwierig, wenn die Lehrpläne heute oft nur mehr Dinge beinhalten wie jetzt die ver­schiedenen Aktionstage: Tag des Baumes, Tag des Wassers, Tag des Apfels. An die­sen Tagen wird eigentlich nach einem Grundsatz unterrichtet, wie ihn der Erziehungs­wissenschafter Marian Heitger zum Ausdruck gebracht hat, indem er sagte:

Früher hat man die Kinder, wenn sie aus der Schule gekommen sind, gefragt: Habt ihr etwas gelernt? Heute fragt man die Kinder: Habt ihr euch wohlgefühlt?

Das ist das Problem dabei, dass nämlich zusehends gar nicht darauf geachtet wird, dass Lehr- und Lerninhalte vermittelt werden, sondern dass hier irgendwie geschäfts­mäßig etwas gemacht wird, ohne auf die Bildung zu achten. (Beifall bei der FPÖ.)

Lehrer sagen zu mir: Ein Übel, die schulautonomen Tage! Wenn das zum Beispiel in Monaten stattfindet, in denen Feiertage an Donnerstagen sind, also im Mai, Juni he­rum, und dann noch schulautonome Tage eingeführt werden, kann es passieren, dass aufgrund der Gehrer’schen Stundenzahlkürzung ein Lehrer seine Klasse tatsächlich durch vier Wochen hindurch überhaupt nicht sieht. Das sind Dinge, die können einfach nicht Platz greifen – und da rührt die Frustration der Lehrer her!

Ich komme noch auf einige andere Punkte zu sprechen, und wir haben auch einen Entschließungsantrag eingebracht, der aufgrund der Länge verteilt wird, und zwar betreffend „grundlegende Reformen im Bildungswesen – an Stelle einer Sündenbock­politik“, wobei wir davon ausgehen: Wir wollen tatsächlich eine längerfristige und sofor­tige Klärung der anstehenden Probleme. Wir wollen mit den Entscheidungsträgern ver­handeln, dass ein Gesamtpaket auf den Tisch kommt, aber keine Vertröstungen auf die Zukunft, dass es irgendwann, in zwei Jahren, ein neues Dienstrecht, ein neues Be­soldungsrecht geben wird, aber jetzt einmal die Lehrer zwei Stunden länger in die Klas­se sollen – ohne Ziel, ohne Plan, ohne konkreten qualitativen Nutzen. (Beifall bei der FPÖ.)

16.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte, in den Kernbereichen erläuterte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt.

Da das Ersuchen der Freiheitlichen Partei vorliegt, diesen Antrag auch zur Verteilung zu bringen, komme ich diesem Ersuchen nach und lasse gemäß § 53 Abs. 4 der Ge­schäftsordnung diesen Antrag an die Mitglieder des Nationalrates verteilen.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Rosenkranz, Dr. Graf und weiterer Abgeordneter betreffend grundlegende Reformen im Bildungswesen – an Stelle einer Sündenbockpolitik

eingebracht im Zuge der Debatte zum Dringlichen Antrag der Grünen in der 16. Sit­zung des Nationalrates am 11. März 2009

Die Bundesregierung ist mit ihrer Bildungspolitik in einer Sackgasse gelandet. Die „Neue Mittelschule“ stellt sich als unfinanzierbarer Monsterflop heraus und jetzt sollen die Lehrer die Zeche zahlen für die Ideologie-gesteuerte Bildungspolitik der SPÖ. Vor lauter Schulversuchen - Stichwort neue Mittelschule - fehlen die Lehrer für den "norma­len" Unterricht. Aber das rote Kernziel in der Schulpolitik wird auch von Ministerin


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Schmied hartnäckig weiterverfolgt: Die Schüler müssen möglichst ganztags in die Schule. Und weil mehr Lehrer nicht leistbar sind, müssen eben die vorhandenen länger dortbleiben bzw. mehr unterrichten.

Die Lehrergewerkschaft ist einerseits unfähig, diese Zusammenhänge aufzuzeigen. Andererseits schadet sie dem Ruf der Lehrer durch ihr öffentliches Mauern gegen jede Art der Veränderung zusätzlich. Dabei wären die neuen Forderungen eine gute Gele­genheit für die Gewerkschafter, die wahren Probleme der Lehrerschaft zu thematisie­ren. Die Lehrer sind nicht faul, sie brauchen aber menschenwürdige Arbeitsbedingun­gen. Zu Recht wird von ihnen erwartet, einen modernen Unterricht zu gestalten und da­bei auch das Internet und zeitgemäße Präsentationstechniken anzuwenden. Doch wie soll das gehen, wenn sich im Konferenzzimmer 50 Lehrer um 2 Computer streiten sol-len und schon bald jeder privilegiert ist, wenn er einen eigenen Sessel hat?

Erst wenn hier vernünftige Zustände herrschen, kann darüber nachgedacht werden, den Lehrern zwei zusätzliche Unterrichtsstunden abzuverlangen. Die sollen allerdings dann nicht dem Finanzminister, sondern den Schülern zugute kommen. Als die damali­ge Unterrichtsministerin Gehrer 2003 und 2004 die Schulstunden gekürzt hat, ist insbe­sondere die SPÖ dagegen Sturm gelaufen. Warum nimmt Frau Schmied dann nicht diese Stundenkürzungen wieder zurück?

Erst verlieren also die Schüler wertvolle Unterrichtszeit, jetzt sind die Lehrer dran. Und sie alle müssen ihre Opfer bringen, damit die SPÖ ihre ideologischen Bildungs-Ziele weiterverfolgen kann. Die Diskussion, wie sie jetzt geführt wird, ist unnötig wie ein Kropf und muss daher neu begonnen werden - ohne Rücktrittsdrohungen, ohne Streik­forderungen und ohne dass Ministerin und Gewerkschaft die Lehrer - gewollt oder un­gewollt - zu Sündenböcken machen. Nur so können alle Beteiligten profitieren: Lehrer, Schüler und Eltern.

Um auch die Sicht der Betroffenen zu zeigen, nachfolgend einige Zitate aus dem Schreiben eines erfahrenen Hauptschullehrers zur aktuellen Situation, das uns gestern erreicht hat:

„Nur ein motivierter Lehrer kann den Heranwachsenden auch etwas vermitteln; die Mo­tivation wird aber von den übergeordneten Stellen durch Unverständnis, fragwürdige Entscheidungen (die nie nach Befragung der Lehrer gefällt werden!), Bürokratie und einiges mehr beeinträchtigt

Wir sind überfordert durch Einflüsse, die es vor 20 Jahren noch nicht in diesem Aus­maß gegeben hat: Scheidungen, alleinerziehende Elternteile, Aggression über Medien, Verwahrlosung, Ausländeranteil aus verschiedenen Kulturzonen und so weiter

Schulmodelle wie die Neue Gesamtschule werden propagiert, wobei – ähnlich wie bei der Hauptschule 1985 – vielerorts gewarnt wird! AHS-Lehrer, die in Ermangelung von Freiwilligen, einige Stunden an der Pflichtschule halten, werden kaum das soziale Gefüge und Verhalten von Klassen in dieser Zeit begreifen oder beeinflussen. Die he­terogene Klassenzusammensetzung bringt lediglich eine auf der Hand liegende Nivel­lierung nach unten, soziale Spannungen und einerseits Unterforderung der leistungs­starken, und andererseits grenzenlose Überforderung der leistungsschwachen Schüler!

Fremdsprachliche Schüler, die kaum Kenntnisse in Deutsch aufweisen, stören begreif­licherweise den Regelunterricht; diese Schüler sollten – so wie dies in anderen Län­dern auch mit Erfolg praktiziert wird – erst dann in eine Klasse eingegliedert werden, wenn sie der deutschen Sprache mächtig sind. Das heißt, es sind Gruppen einzurich­ten, in denen der fremdsprachliche Schüler schnell und konzentriert Deutsch lernt.“

Soweit ein paar Zitate zur Lehrersicht. Im Streit der Ministerin mit den Lehrern bzw. den Lehrergewerkschaftern zeichnet sich ab, dass die Ministerin diesen Konflikt nicht


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in ihrem Sinne beenden können wird. Die schwarze und die rote Lehrergewerkschaft haben ihren Vorstoß als Kriegserklärung verstanden und machen mit Dienststellenver­sammlungen, Streikdrohungen und Unterschriftenlisten gegen sie mobil.

Es ist im Sinne grundlegender Reformen im Bildungswesen an Stelle einer Sünden­bockpolitik dringend notwendig, in mehrfacher Hinsicht den Hebel anzusetzen:

Beim Dienstrecht der Lehrer, bei den Rechten und den Kompetenzen der Lehrer, bei der Infrastruktur für die Lehrer, aber auch bei den Pflichten der Schüler, bei den Leis­tungsanforderungen an die Schüler und bei der Organisation der Schule.

Aus diesem Grund stellen die unterzeichnenden Abgeordneten den nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, raschest für die Umsetzung folgender Punkte Sorge zu tragen:

Schaffung eines zeitgemäßen Dienstrechts für Lehrer mit dem Bund als Dienstgeber für alle von der öffentlichen Hand betriebenen Schulen. Mit einem der Arbeitswirklich­keit in Österreich angepassten Dienstzeitmodell, das unter anderem Schluss macht mit der Unsitte, Kuren während der Unterrichtszeit zu konsumieren und die Lehrer ver­pflichtet, in den Ferien Nachhilfeunterricht zu geben. Dieses Dienstrecht soll ein leis­tungsförderndes, zulagenfreies Gehaltsschema (Stichwort „All-In-Verträge“) beinhalten.

Jedem Lehrer ist an der Schule, an der er seinen Dienst versieht, ein seiner verantwor­tungsvollen Tätigkeit adäquater Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen.

Ein verpflichtendes Vorschuljahr für Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache, freiwillig für deutschsprachige Kinder.

Die Hauptschulen (HS) werden mit 2 Klassenzügen geführt, der Übertritt von der HS in die Oberstufe der Allgemeinbildenden Höheren Schulen (AHS) ist nur mit entsprechen­dem Notendurchschnitt möglich, ebenso der Übertritt von HS und AHS in die Berufsbil­denden Höheren Schulen (BHS). Für Schüler mit unzureichendem Notendurchschnitt ist die Schaffung eines einjährigen Aufbaulehrgangs zum Übertritt von Hauptschule in Oberstufe der AHS bzw. BHS vorzusehen.

Die Notenvergabe erfolgt nach zentral vorgegebenen Leistungs- und Bildungsstan­dards.

Die Wiedereinführung der Beurteilung der äußeren Form der Arbeiten in der Pflicht­schule.

Die Einführung verpflichtender Verhaltensregeln mit entsprechenden Konsequenzen an allen von der öffentlichen Hand betriebenen Schulen.

Die Wiedereinführung der Betragensnote in den 4. Klassen der Hauptschulen.

Einen maximalen Anteil von 30% Schülern mit nichtdeutscher Muttersprache. Diese Schüler werden erst dann in die Klassen eingeteilt, wenn sie die deutsche Sprache so­weit beherrschen, dass sie dem Unterricht zu folgen imstande sind.

Die Beibehaltung und Weiterentwicklung des differenzierten Schulsystems, keine wei­tere Ausweitung des Systems „Neue Mittelschule“.

Die aufgeblähte Schulverwaltung ist zu straffen, Bezirks- und Landesschulräte sind ab­zuschaffen.

Die Förderung von Privatschulen - Gleichstellung mit den konfessionellen Privat­schulen.


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Die Schaffung eines Bundesgesetzes für die Akkreditierung von Bildungseinrichtungen des primären und sekundären Privatschulbereiches (Schulakkreditierungsgesetz).

Die BHS sind in Richtung Fachhochschulen (FHS) weiter zu entwickeln und haben ver­pflichtend zumindest Baccalaureatsabschluss anzubieten.

Die Berufsbildenden Mittleren Schulen werden zu BHS aufgewertet, die Polytechni­schen Lehrgänge sollen organisatorisch in die HS zurückgeführt werden.

Die Zentralmatura ist nach Leistungs- und Bildungsstandards zu organisieren, in der Oberstufe sind max. 40% der Ausbildung in einem Modularen System anzubieten.

Die Zielbildungseinrichtung entscheidet über die Zulassungsvoraussetzungen im Rah­men gesetzlicher Vorgaben.

Die Maturagegenstände sollen mit über die Studienberechtigung entscheiden; die Wahl der Maturafächer soll bereits im modularen System der Oberstufe der AHS erfolgen (z.B. könnte für das Medizinstudium der Abschluss eines naturwissenschaftlichen Fachs mit Matura Bedingung sein). Eignungsprüfungen können für Kunst und Sport ge­fordert werden. Gegebenenfalls sind Ergänzungsprüfungen an der Zielbildungseinrich­tung zur Erlangung der Studienberechtigung abzulegen. Die Berufsreifeprüfung be­rechtigt für bestimmte Studien, hier ebenfalls können Ergänzungsprüfungen an der Zielbildungseinrichtung zur Erlangung der Studienberechtigung notwendig sein.

Die Abschaffung des postsekundären Bildungssektors durch Eingliederung in das ter­tiäre Bildungssystem.

Die Überleitung der Pädagogischen Hochschulen in die Universitäten bzw. bei konfes­sionellen Pädagogischen Hochschulen in Privatuniversitäten ist vorzusehen.

Die Abschaffung des Finanzierungsverbotes des Bundes von Privatuniversitäten (bis zu max. 50% wie im schwedischen Modell).“

Auf Grund der Tatsache, dass die Entschließung mehr als 1 Din-A4 Seite umfasst wird ersucht, den Antrag schriftlich an die Abgeordneten zu verteilen.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Haubner mit einer gewünschten Redezeit von 8 Minuten zu Wort. – Bitte.

 


16.02.43

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Ho­hes Haus! Wenn wir uns an die Diskussion von heute Vormittag erinnern und auch jetzt, glaube ich, müssen wir feststellen, dass im Hinblick auf das Thema Bildungsre­form und was für die Schule am besten ist, diese Diskussion einfach zu kurz greift, wenn wir dabei nur über diese zwei Stunden sprechen. Es greift auch zu kurz, wenn hier Befindlichkeiten und Schuldzuweisungen zwischen den Regierungspartnern Platz greifen. Ich würde vorschlagen, dass der Koalitionsausschuss einberufen wird, dass Sie das klären und dass wir hier im Parlament jetzt wirklich einmal auch konkret in der Sache über das reden, was unsere Schule braucht, was unsere Schüler brauchen. (Beifall beim BZÖ.)

Wir brauchen in erster Linie Investitionen. Das ist zwar ein Schlagwort, aber es ist eine Aussage, die in der Bildungspolitik sehr treffend ist: Wir brauchen pädagogische Investitionen, wir brauchen finanzielle Investitionen, wir brauchen organisatorische In­vestitionen, und zwar solche Investitionen, die ganz im Interesse der Schülerinnen und Schüler sind. Denn: Unsere jungen Menschen müssen individuell gefordert und geför­dert werden, unsere jungen Menschen müssen in der Schule erfolgreich lernen kön­nen, begleitet von Lehrern, die bestens ausgebildet sind, die den Kopf frei haben für


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die pädagogische Arbeit, die mit Freude unterrichten und – was mir persönlich auch immer sehr wichtig ist – die ihre Schülerinnen und Schüler mögen. (Beifall beim BZÖ.)

Daher, sehr geehrte Damen und Herren im Hohen Haus, Frau Bundesministerin, braucht es rasch ein Generalkonzept, eine Generalreform – und nicht, dass stückchen­weise immer wieder irgendetwas zur Diskussion gestellt und dann auf dem Rücken der Kinder und auf dem Rücken der Lehrer herumgestritten wird. Wenn wir nicht jetzt end­lich beginnen, wann denn? Jede Umstrukturierung, auch im Schulsystem – wir sind uns da einig, die einen mehr, die anderen weniger: wir brauchen es! –, dauert mindes­tens zehn Jahre. Und wenn wir wieder verschieben, dann verschieben wir es auf den Sankt-Nimmerleins-Tag. Diese Generalreform ist längst überfällig, und wir brauchen diese Investitionen wie ein nachhaltiges Konjunkturpaket, wie wir es auch für die Wirt­schaft geschnürt haben.

Daher verstehe ich diese Geheimniskrämerei über das Budget nicht ganz. 390 Milliar­den € mehr gibt es anscheinend heuer im Budget für 2009. Wenn das so ist, dann ver­stehe ich Sie ... (Abg. Riepl: Millionen, nicht Milliarden!) – Entschuldigung, Millionen. Danke, Herr Kollege. 390 Millionen € mehr im Budget.

Ich bin mir sicher, dass Sie mit diesen zusätzlichen Mitteln nicht das Auslangen finden werden; daher brauchen wir, so glaube ich, generell eine große Erhöhung des Bil­dungsbudgets. Wir vom BZÖ haben auch dazu einen entsprechenden Antrag vorberei­tet, in dem wir sagen, wir brauchen für die nächsten fünf Jahre 2 Milliarden €, damit all das geschehen kann, was wir letztendlich alle wollen: dass die niedrige Klassenschü­lerzahl beibehalten wird, dass neue Modelle der Schule eingeführt werden, dass mehr an Unterstützungssystem für die Lehrer gegeben ist.

Ich denke nur etwa daran, Frau Bundesministerin: Sie haben angekündigt, dass es heuer mehr Psychologen, mehr Schulpsychologen geben soll. – Ich kann auch da wieder nur den Medien entnehmen, dass dem nicht so ist, dass es heuer nicht mehr Schulpsychologen geben wird – die wir aber dringend brauchen.

Daher ist unser Entschließungsantrag, wie gesagt, ein Schulreform- und Konjunktur-Antrag, und ich darf Ihnen diesen nun zur Kenntnis bringen:

Der Nationalrat wolle beschließen: ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, Ihr Antrag ist sehr lang. Ich bin gerne bereit, ihn zur Verteilung zu bringen.

 


Abgeordnete Ursula Haubner (fortsetzend): Gut. Dann werde ich nur die wesentli­chen Dinge aus dem Antrag zitieren.

Was ist also für uns sehr wichtig? – Die Schule muss ein guter Arbeitsplatz nicht nur für Schüler, sondern auch für Lehrer sein, als Lebens- und als Bildungsraum. Ich den­ke, es muss die räumliche Ausgestaltung für administrative und pädagogische Zwecke dementsprechend sein. Es muss gute EDV-Ausrüstung und einen entsprechenden Bürostandard geben. Und ich glaube, es ist wichtig, dass bei dieser räumlichen Aus­stattung auch Tagesbetreuung möglich ist. Wir sind gegen eine flächendeckende ver­pflichtende Tagesbetreuung, wir sind aber dafür, dass gute Angebote der Tagesbetreu­ung dort, wo sie gebraucht werden, wo sie angenommen werden, auch vorhanden sind (Beifall beim BZÖ) und dass im Rahmen dieser Tagesbetreuung den Kindern, die es brauchen, auch mehr Förderunterricht, mehr Nachhilfe gegeben wird.

Was brauchen wir noch? – Das haben wir auch in unserem Entschließungsantrag ganz konkret festgehalten: Wir brauchen ein neues Dienst- und Besoldungsrecht für Päda­gogen und Pädagoginnen. Dazu ist es einmal wichtig, dass man die Tätigkeit der Pä­dagoginnen und Pädagogen definiert, was da alles darunterfällt – damit sind wir auch


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wieder beim Thema der Arbeitszeit. Wir brauchen eine Verflachung der Einkommens­kurve. Und wir brauchen auch Regelungen, was die Anwesenheit an der Schule sowie die Anwesenheit in den Ferienzeiten betrifft. (Beifall beim BZÖ.)

Ein dritter Bereich, der für uns auch ganz wesentlich ist, ist die Generalreform des ös­terreichischen Schulsystems in Richtung eines effizienten Schulmanagements. Da ist uns besonders wichtig, dass die Zuständigkeiten, die jetzt auf so viele Ebenen verteilt sind – auf Gemeindeebene, auf Landesebene, auf Bundesebene –, nicht in dieser Form weitergetragen werden, sondern dass diese Zuständigkeiten vereinfacht werden; das heißt, dass zum Beispiel der Bund für die Gesetzgebung und die Länder für die Vollziehung zuständig sind. Derzeit haben wir, wie gesagt, diese verschiedenen Ebe­nen und unter anderem auch die verschiedenen Schulerhalter.

Dass letztendlich im Unterricht selbst vieles weiterentwickelt werden kann, vieles neu angedacht werden kann und angedacht werden muss, das zeigt sich auch darin, dass wir sehr notwendig die sogenannte tägliche Bewegungseinheit brauchen. Wir wissen aus verschiedensten Studien, aus Erfahrungen der Ärzte, dass unsere Kinder einfach zu wenig Bewegung haben; das hängt auch mit der Ernährung zusammen. Ich glaube, ein Block in diesem Bereich sollte guter, gesunder Ernährung gewidmet sein. Auch ein Unterrichtsfach mit entsprechenden täglichen Bewegungseinheiten in allen Schulstufen wäre, unter anderem, eine wichtige präventive Ansage in einem neuen Unterricht. (Bei­fall beim BZÖ.)

Ebenso auch die klare Trennung von Verwaltung und Unterricht. Ich möchte das noch einmal betonen, weil immer mit Finnland oder mit den nordischen Staaten verglichen wird. Dort ist das schon der Fall. Und dann erst kann man wirklich vergleichen. Aber wir brauchen auch, wenn das so umgesetzt wird, ein administratives Unterstützungs­system. (Beifall beim BZÖ.)

Auch die Entwicklung in Richtung neue gemeinsame Schule der 6- bis 15-Jährigen muss weiter vorangetrieben werden – aus den verschiedensten Gründen, die dafür sprechen, dass Kinder dort auch im Hinblick auf ihre Leistungen, ihre Forderung und ihre Förderung besser begleitet werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht nur die Wissensvermittlung steht in den nächsten Jahren und auch in der Gegenwart im Vordergrund, sondern vor allem auch, dass Kinder Eigeninitiative entwickeln, dass Kinder soziale Kompetenz entwickeln, dass sie lernen, vernetzt zu denken, und vor allem Problemstellungen lösen können. Das müssen wir zulassen, daran müssen wir arbeiten! Dann, denke ich, werden unsere Kinder auch die am besten entwickelten Chancen für ihre Zukunft haben.

Nützen Sie, Frau Bundesministerin, diese Krise, die wir derzeit haben, auch als eine Chance! Sie sehen, im Hohen Haus haben Sie viele, die Sie unterstützen. (Beifall beim BZÖ.)

16.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von Frau Abgeordneter Haubner eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend erläutert worden, auch ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung. Ich lasse diesen Antrag gemäß § 53 der Ge­schäftsordnung zur Verteilung bringen.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haubner, Bucher, Kollegin und Kollegen betreffend Schulreform- und Konjunkturpaket gegen die bildungspolitische Verarmung Österreichs


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eingebracht in der Sitzung vom 11.03.2009 im Zuge der Debatte zum dringlichen An­trag „Bildungsmilliarde“ Teil 1: Erhöhung des Bildungsbudgets um 525 Millionen Euro für 2009 und 2010 – Budgetgarantie für Bildungsreformen

In krisenhaften Zeiten wird von Politkern immer wieder gerne wiederholt die Sorge um Arbeitsplätze geäußert und die gemeinsame Kraftanstrengung zur Sicherung dersel­ben beschworen. Die Aussage von Finanzminister Josef Pröll: „In Zeiten der Wirt­schaftskrise muss die Politik alles tun, um Arbeitsplätze zu sichern“ impliziert den Wil­len nach umfassenden Anstrengungen. Um Synergieeffekte zu erzeugen und konjunk­turelle Maßnahmen derart zu platzieren, dass sie nachhaltig für die Zukunft wirken und nicht in einer einmaligen Aktion verpuffen, stellt das Schulwesen den wirkungsmäch­tigsten Bereich dar. Abgesehen davon, dass eine Generalreform des österreichischen Schulsystems sowieso mehr als überfällig ist, sind entsprechende Investitionen in die­sen Bereich mit Sicherheit als das nachhaltigste Konjunkturpaket für die österreichi­sche Wirtschaft überhaupt zu bezeichnen. Um den Wirtschaftsstandort Österreich mit gut ausgebildeten Menschen auch langfristig versorgen zu können, müssen bildungs­politische Maßnahmen gesetzt werden, die geeignet sind, dies für die Zukunft zu ga­rantieren. Drei Bereiche sind dafür von besonderer Bedeutung:

I. Der Arbeitsplatz Schule braucht Raum

Durchschnittlich unterrichten die OECD-Lehrer im Primarbereich 812 (Zeit)–Stunden, die Spannweite reicht jedoch von 650 Stunden (Dänemark) bis 1080 (USA). Österreich liegt mit rund 800 Stunden im Durchschnitt. Im Sekundarbereich II liegt die Spannbreite von 364 (Dänemark) bis 1.080 (USA) durchschnittlich sind es 667 Stunden. Österreich liegt auch hier mit rund 600 Stunden am Schnitt. Laut OECD – Bericht beträgt die Net­to-Unterrichtszeit der Lehrer in Österreich pro Jahr in den einzelnen Bereichen Primar­bereich 774, Sekundarbereich I 607, Sekundarbereich II 589 Nettounterrichtsstunden pro Jahr. Bei einer nach der Arbeitszeitstudie „LehrerInn 2000“ ausgewiesenen Jahres­arbeitszeitleistung der österreichischen Lehrer von rund 1.800 Stunden bedeutet dies, dass die österreichischen Lehrer signifikant weniger als die Hälfte ihrer Arbeitszeit bei den Schülern verbringen. (Primarbereich 43%, Sekundarbereich I 33,7% Sekundarbe­reich II 32,7%).

Um jedoch wie andere Arbeitnehmer einen Arbeitstag von zumindest acht Stunden auch in der Schule effizient verbringen zu können, bedarf es einer adäquaten Gestal­tung des Arbeitsplatzes Schule.

Der „Arbeitsplatz Schule“ wurde bis vor kurzem von den politisch Verantwortlichen nicht als Problem wahrgenommen und dementsprechend stiefmütterlich behandelt. Erst mit dem Schulgipfel vom 31.03.2008 zum Thema "Lebensraum Schule – Arbeits­platz Schule" wurde dieser Bereich umfassend thematisiert. Eine Online-Befragung von Lehrerinnen und Lehrern durch den Unternehmensberater Deloitte ergab, dass hinter den schlechten Imagewerten des Lehrerbildes insgesamt und der Nichteinbindung der Lehrer in Reformvorhaben die Kritik am persönlichen Arbeitsplatz an dritter Stelle steht. Besonders betont wurde die Unmöglichkeit, sich für individuelle Arbeiten an der Schule zurückziehen zu können und die schlechte Ausstattung des Arbeitsplatzes an der Schule. Die Expertenkommission „Zukunft Schule“ formuliert die Vorstellung vom Ar­beitsplatz Schule sehr klar:

„Der Arbeitsplatz des Lehrers/der Lehrerin sollte – als Zielvorstellung – in erster Linie die Schule sein. In der Schule soll künftig nicht nur die Unterrichtstätigkeit stattfinden, sondern zunehmend auch die Vorbereitung des Unterrichts, alleine ebenso wie im Team, Beratungsgespräche mit Eltern und SchülerInnen, Schulentwicklungstätigkeit, Evaluationen, Konzeptionen u. a. m. Dazu bedarf es angemessener Einzelarbeits­plätze für LehrerInnen sowie Räumlichkeiten für Teamsitzungen oder Besprechungen und der notwendigen Ausstattung wie z. B. Internetzugänge, Fachbibliotheken u. a. m.“


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Schulen sollten nicht geschlossene Orte der temporären Verwahrung von Lehrenden und Lernenden sein, sondern müssen viel mehr ihrer eigentlichen Bedeutung als erste und größte Bildungszentrale für die Gesellschaft gerecht werden. Die Schule muss ein Ort der Bildungsosmose zwischen den unterschiedlichen Teilen unserer Gesellschaft werden. Dazu braucht es jedoch entsprechende infrastrukturelle Ausrüstung, um einen Ort zur konzentrierten Zusammenarbeit zur Verfügung stellen zu können. Will man in den Schulen gemäß dem Vorschlag der Expertenkommission „Zukunft Schule“ auch „Supportsysteme“ von Schulpsychologen über Sozialarbeiter bis hin zu Verwaltungs­personen etablieren, dann müssen dafür budgetäre Vorkehrungen getroffen werden, die über die bisherigen halbherzigen Bekenntnisse hinausgehen.

Abgesehen davon, dass die im Regierungsprogramm 2008 für Schulinvestitionspro­gramme vorgesehene Summe von € 1,664 Mrd. in den kommenden zehn Jahren viel zu niedrig ist (notwendig wird zumindest das Doppelte sein), kann angesichts der obi­gen Einschränkung davon ausgegangen werden, dass nicht einmal diese Summe auf­gebracht werden wird:

„*) Die mit diesem Zeichen gekennzeichneten Passagen im Regierungsübereinkom­men stehen unter Budgetvorbehalt und können nur im Rahmen des dem jeweiligen Ressort zur Verfügung gestellten Budgets – z.B. durch Umschichtungen - durchgeführt werden.“ (Regierungsprogramm SPÖ/ÖVP Koalition 2008, S.250)

Darüber hinaus ist dem Ministerratsvortrag der Unterrichtsministerin vom 17.02.2009 zu entnehmen, dass von den € 1,664 Mrd. circa 800 Millionen dem allgemeinbildenden und rund 864 Millionen Euro dem berufsbildenden Schulwesen zufließen sollen. Nur 30% gehen in die Errichtung von Neubauten und Erweiterungen, 70% gehen in Sanie­rungen, Umbauten und Funktionsadaptierung bestehender Objekte. Dies verdeutlicht einmal mehr, welch enormer infrastruktureller Aufholbedarf besteht.

Ein wirkungsvolles Schulinvestitionsprogramm muss als nationale Anstrengung und all­gemeines Konjunkturpaket verstanden werden, von dem nicht nur der Bildungsbereich alleine profitieren wird. Abgesehen von den mittel- und langfristigen Effekten für Ausbil­dungsstand und Arbeitsmarkt können alleine aufgrund der notwendigen baulichen Maßnahmen kurzfristig wirksamer konjunkturelle Effekte gesetzt werden, die zur Über­brückung krisenhafter Zeiten unbedingt notwendig sind.

II. Generalreform des österreichischen Schulsystems

Das österreichische Schulsystem braucht eine grundlegende Reform, die mit dem der­zeit parteipolitisch besetzten Bildungsbereich gründlich aufräumt. Die letzte echte um­fassende Bildungsreform erfolgte mit der flächendeckenden Einführung der Elemen­tarschule unter dem aufgeklärten Absolutisten Joseph II. Überspitzt formuliert wurden und werden heute in erster Linie die Möglichkeiten zur Ausnutzung parteipolitischer, länderspezifischer und ideologischer Partikularinteressen weiterentwickelt. Der enga­gierte Unterricht wird dabei längst als lästiges Zugeständnis an die eigentliche Aufga­benstellung der Institution Schule an den Rand gedrängt. Berufliches Engagement hat sich für couragierte Lehrerinnen und Lehrer leider als perfide Falle entpuppt, denn ge­fragt wird nicht nach der Verpflichtung gegenüber den Schülern, sondern wie weit An- und Einbindung in die dominierenden Strukturen bewältigt werden können. Der Druck auf die heutige Lehrerschaft, die aller methodisch und pädagogisch effektiver Möglich­keiten beraubt wurde, ist ein unvergleichlich größerer als etwa noch vor 30 Jahren. Das bestehende System fördert die parteipolitische Vereinnahmung der Schulen aufgrund von Strukturen, die vor Doppelgleisigkeiten und Kompetenzzersplitterungen nur so strotzen, was einschlägigen Studien sogar wissenschaftlich nachweisen:

"Die Funktionen im österreichischen Schulsystem sind auf die verschiedenen Verwal­tungsebenen derart verteilt, dass eine effiziente Leistungserbringung nicht gewährleis-


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tet ist. Nicht nur in Bezug auf die Erhaltung und Errichtung von Schulen sind Planungs­kompetenz und Kostenträgerschaft der allgemeinen Pflichtschulen auf unterschiedli­chen politischen Zuständigkeitsebenen angesiedelt, sondern auch in Bezug auf Ver­waltung und Aufsicht des Lehrpersonals." (Ökonomische Bewertung des österreichi­schen Bildungswesens — Studie des IHS im Auftrag des BMUKK 2007)

Die Verantwortlichen wissen um die strukturellen Probleme. Die gewerkschaftlichen Reflexe, die nach jeder politisch nicht abgestimmten Äußerung durch die Medien zu­cken, zeigen nur allzu deutlich auf, wie gut der Selbsterhaltungstrieb dieser Institu­tionen funktioniert und dienen in erster Linie der Einmauerung des Status Quo. Den Bil­dungsbereich vorwärts gebracht hat bis jetzt noch keine dieser Institutionen.

Die derzeit diskutierten Probleme sind im großen Zusammenhang zu sehen und damit sind sie im tieferen Sinne gesellschaftspolitischer Natur. Eine mediale Öffentlichkeit, die das Leistungsdenken und das damit zusammenhängendes Mindestmaß an Diszi­plin und Respekt über Jahrzehnte hinweg als unmodern, antiquiert, chauvinistisch und im äußersten Fall sogar als faschistoid gebrandmarkt hat, darf sich heute nicht wun­dern, wenn die so gegängelten Lehrerinnen, Lehrer, Schülerinnen und Schüler ange­sichts der Unmöglichkeit der praktischen Umsetzung der größtenteils ideologisch moti­vierten geltenden Unterrichtstheorien frustriert und ausgebrannt resignieren.

In den entscheidenden politischen Gremien hat niemand wirklich ein Bild von der tat­sächlichen Situation in den Schulen. Das, was seit den 70er Jahren als so genannte Schulreformen gepriesen wurde und wird, ist tatsächlich eine völlige Aufweichung grundlegender Wertehaltung gegenüber Themen wie Leistungsdenken, Zielformulie­rungen, Eintreten für die Gemeinschaft, Verhalten gegenüber Autoritäten ohne dafür im Gegenzug praktikable bzw. tragfähige Alternativen geschaffen zu haben.

III Einheitliches Dienst- und Besoldungsrecht für Pädagogen

Das Arbeitszeitmodell der wöchentlichen Lehrverpflichtung (Pflichtstundenmodell) ba­siert auf der Unterrichtstätigkeit der Lehrer. Laut der Arbeitszeitstudie „LehrerInn 2000“ ist nur ein Drittel der Gesamttätigkeit des Lehrers ausschlaggebend für die Arbeitszeit­bemessung und somit für die Besoldung. Die Studie empfahl, die Arbeit der Lehrerin­nen und Lehrer gesamthaft zu betrachtet und alle von der Lehrerschaft wahrzuneh­menden Aufgaben transparent zu erfassen und zu beschreiben. Ein solcher Ansatz könnte laut Studie auch ein besserer Ausgleich und eine Steuerbarkeit der zeitlichen Belastungen für den/die einzelne/n Lehrer bzw. Lehrerin sowie eine Flexibilisierung der Organisation auf Schulebene bewirken. Bisher wurden keine entsprechenden Änderun­gen am Besoldungsrecht für Lehrer vorgenommen. Auch die Expertenkommission „Zu­kunft Schule“ formulierte die Notwendigkeit einer Reform:

„Die Arbeit eines Kindergartenpädagogen/einer Kindergartenpädagogin unterscheidet sich inhaltlich von der Arbeit eines AHS-Professors/einer AHS-Professorin, beide leis­ten aber wichtige und wertvolle Arbeit, die monetär und dienstrechtlich nicht besser oder schlechter bewertet werden darf. Anzustreben ist die Schaffung eines Berufs Pä­dagoge/Pädagogin in unterschiedlichen Fachausprägungen, aber mit einem einheitli­chen Dienst- und Besoldungsrecht und möglichst einheitlichem Dienstgeber.“

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehest möglich ein Schulre­form- und Konjunkturpaket in der Höhe von zumindest zwei Milliarden Euro zur Erneu-


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erung des österreichischen Schulsystems in den nächsten fünf Jahren in Form von entsprechenden Ausführungsgesetzen zuzuleiten, die zumindest folgende Punkte be­inhalten:

I. Arbeitsplatz Schule

bauliche Entwicklung der Schulen zu modernen, ganztagsfähigen Arbeitsstätten, mit besonderer räumlicher Ausgestaltung für administrative und pädagogische Zwecke (z.B.: Büroeinheiten, Bewegungsräume etc.)

infrastrukturelle Maßnahmen wie adäquate EDV-Ausrüstung und Bürostandard für Leh­rer und Schüler sowie administratives Personal

II. Generalreform des österreichischen Schulsystems

a) Verwaltung

Reduktion der Verwaltungs- und Kompetenzebenen; es soll einen Schulerhalter statt bisher drei geben

radikale Kompetenzvereinfachung: Der Bund ist zuständig für die Gesetzgebung, die Länder sind für die Vollziehung zuständig

Dezentralisierung der operativen Aufgaben: Die Schulen übernehmen von den Bezirks- und Landesschulräten bzw. den Landesschulabteilungen alle operativen Aufgaben, die sie selbst bewältigen können. Insbesondere stellen sie selbst ihre Lehrer und Lehrerin­nen an

Regionalisierung des Verwaltungsmanagements: Alle nichtoperativen Schulagenden wie insbesondere regionale Zielvorgaben, Service und Controlling werden im regiona­len Schulmanagement erledigt

Reduktion des Schulmanagements im Land von zwei auf eine Stelle, die entweder dem Landesschulrat oder der Landesschulabteilung zugeordnet sein soll (Bildungsdirektion)

Reduktion dieses Landesschulmanagements auf typische „Konzernaufgaben“: Zielset­zung, Service und Überprüfung der Zieleinhaltung

Aufhebung der Schulsprengel

Vereinheitlichung der gesamten PädagogInnenausbildung an einer Ausbildungsstelle mit dem erklärten Ziel, die besten LehrerInnen für unsere Jugend zu erhalten

Etablierung von „Supportsystemen“ – von Schulpsychologen über Sozialarbeiter bis zu Verwaltungspersonen

b) Unterricht

Einführung von Leistungsstandards in allen Bereichen (inklusive Prozess-Standards) für eine bundesweite Vergleichbarkeit der Leistungen

Erweiterung des Bildungsangebots um Werkstättenunterricht, um Musik- und Kunster­ziehung, Theaterangebote, Tanz, Sport und Bewegung und vor allem Fremd- und Mut­tersprachenunterricht

grundsätzliche Gleichstellung aller Begabungen (keine Einteilung in Haupt- und Neben­gegenstände)

innere Differenzierung, Teamteaching anstelle von Leistungsgruppen: Fordern und Fördern in einem

Förderung von projektorientierten, die Fachdisziplinen wie auch die herkömmliche Zeit­einteilung an den Schulen auflösenden Unterrichtsformen


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Förderung des Erfahrungslernens und der Übernahme sozialer Aufgaben wie z. B. Al­tenbetreuung

spezielle Bemühung um die soziale Inklusion von Kindern und Jugendlichen mit Migra­tionshintergrund sowie um einen interkulturellen Dialog

Einbeziehung künstlerischer Ausdrucksformen in alle Formen des Lehrens und Lernens

verpflichtende „tägliche Bewegungseinheit“ in allen Schulstufen

Einführung des Unterrichtsfach „Ernährung – gesunde Lebensweise“ für alle Schulstu­fen, gesundes Schulessen unter Einbeziehung der Schüler bei der Zubereitung

klare Trennung von Verwaltung und Unterricht mittels administrativer Unterstützungs­systeme

gemeinsame Schule der 6 – 15jährigen nach skandinavischem Vorbild mit innerer Differenzierung

„Solidaritätsmodell Nachhilfe" – bundesweit standardisiertes Modell zur Organisation von kostenlosem Nachhilfe- und Förderunterricht an den Schulen

III. Einheitliches Dienst- und Besoldungsrecht für Pädagogen

Definition von Tätigkeiten der PädagogInnen (z. B. Unterricht, Erziehung, Beratung, Förderung, Teamarbeit, Betreuung, Fort- und Weiterbildung, Schulentwicklung, Admi­nistration u. a. m.)

Regelung der Kooperation mit Eltern und schulunterstützenden Einrichtungen

Verflachung der Einkommenskurve

Leistungsbezogenheit

Regelung der Anwesenheit an der Schule sowie Anwesenheit in den Ferienzeiten

standort­bezogene Verantwortungsübernahme für das pädagogische Personal durch die Schulleitung in Absprache mit der Schulbehörde erster Instanz

Vereinheitlichung der Schulverwaltung v. a. im Bereich Dienstgeber

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Brosz zu Wort. 7 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


16.11.33

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin, Sie machen es einem nicht wirklich leicht, heute mit Ihnen über diesen Dringlichen Antrag zu diskutieren. Bei der Beantwortung habe ich mir gedacht, jetzt weiß ich wenigstens, wofür die 100 000 € für PR-Beratung ausgegeben werden. Ob sie gut angelegt sind, das ist eine andere Frage, denn: Die Erwartungshaltung, dass, wenn man einen Dring­lichen Antrag stellt, zumindest über den Kern des Antrags etwas gesagt wird, ist, glau­be ich, vonseiten einer Oppositionspartei schon berechtigt. (Beifall bei den Grünen.)

Wir hören eine intensive Diskussion zwischen Ihnen und Finanzminister Pröll – der üb­rigens heute mindestens genauso auf der Regierungsbank Platz nehmen hätte sollen, denn er hat ja sehr viel Anteil daran, dass es das erforderliche Geld im Bildungsbudget offenbar nicht geben wird –, aber Sie gehen auf das zentrale Thema überhaupt nicht ein. Sie halten uns hier eine Rede, die ich ja in vielen Bereichen unterschreiben kann –


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es wird jeder wunderbar feststellen können, was da an schönen Bildern drinnen ist; bei jeder Schulreformkommission ist de facto ein ähnliches Bild herausgekommen hinsicht­lich dessen, was wir bräuchten. Seit Jahren tut sich aber sehr wenig im Schulsystem.

Das Einzige, wofür Ihnen, glaube ich, zu Recht am Beginn Ihrer Amtszeit sehr viel Sympathie entgegengebracht worden ist, war, dass Sie gesagt haben, Sie wollen et­was verändern. Das geht aber auch nur einen gewissen Zeitraum, über Veränderung zu reden und dann nicht endlich einmal in die Umsetzung konkreter Maßnahmen ein­zutreten.

Wenn die sogenannte Neue Mittelschule – die sich ja in vielen Bereichen auf das Aus­tauschen von gewissen Etiketten beschränkt, wo sehr viele neue Dinge, die Sie ankün­digen, eigentlich nicht stattfinden – das Einzige ist, was da in den Mittelpunkt rückt, dann sieht man schon, dass da wenig dran ist.

Wenn ich es richtig gelesen habe, dann brauchen Sie, glaube ich, für die Neue Mittel­schule 29 Millionen €. Das habe ich zumindest den Zeitungsberichten entnommen. Jetzt schauen wir uns einmal an, welchen Anteil das an der Gesamtdiskussion aus­macht. Das ist ja ein „Lercherl“ – wie man auf Wienerisch sagen würde – gegen das, was wir hier budgettechnisch diskutieren. Wir reden aber nicht nur über diejenigen Schulen, wo es die Neue Mittelschule vielleicht gibt, sondern auch über all die anderen Schulen, SchülerInnen, insbesondere auch LehrerInnen, die sich verbesserte Arbeits­bedingungen verdienen würden. Sie haben aber heute hier kein Wort dazu gesagt, was diesbezüglich in den nächsten paar Jahren passieren soll. Ihre Wunschvorstellungen in Ehren – wir wollen mit Ihnen über konkrete Maßnahmen diskutieren! (Beifall bei den Grünen.)

Kollege Amon hat ja eine sehr interessante Aussage gemacht, die ich aufs Erste ein­mal nur bewerten kann, ohne das Budget zu kennen. – Grüße an den Kollegen Pröll! Ich finde es einfach eine Zumutung, dass er auch gestern – wer die Sendung „Report“ gesehen hat, muss ja den Eindruck gewonnen haben, das kann nicht mehr ernst sein – als Finanzminister auf Journalistenfragen jedes Mal gesagt hat: 19. April, 19. April, 19. April; bis dorthin keine Auskunft! – Das Budget ist also das große Nebelding. Offen­bar geht es dabei um Inszenierung. Wir aber würden gerne über die Sachlage reden.

Kollege Amon hat behauptet: Würden wir wirklich zwei Stunden mehr Lehrverpflichtung einführen, dann würde das bedeuten, dass 10 000 Arbeitsplätze gefährdet sind. – So würde ich das eigentlich nach einer ziemlich simplen Rechnung auch betrachten. Wir haben 120 000 LehrerInnen mit jeweils etwa 20 Stunden Lehrverpflichtung. Wenn jeder 10 Prozent mehr arbeitet, dann heißt das, dass 10 Prozent der Stunden ja irgendwo nicht mehr Verwendung finden können.

Ich würde gerne wissen, ob das stimmt. Sie, Frau Bundesministerin, sagen, es gibt eine Jobgarantie. Ja, wie soll denn das zusammenpassen? Wie schaut denn die Job­garantie aus? – Wenn zwei Stunden mehr unterrichtet wird, sich aber am System nichts verändert, wo bleiben dann die etwa 10 000 bis 12 000 Lehrkräfte, für die wir gerne hätten, dass sie nicht die nächsten Arbeitslosen sind, sondern dass man, wenn man schon etwas macht, über die Qualitätsverbesserung im Schulsystem redet?

Frau Bundesministerin, Sie sind die Antwort darauf völlig schuldig geblieben. Sie ge­ben darauf keine Antwort. Sie können zweimal ins Fernsehen gehen und in der Diskus­sion in der Sendung „Im Zentrum“ sagen, Sie geben eine Garantie ab. – Ja, wo ist sie denn? Sie allein können diese Garantie nicht abgeben! Sie wissen genau, dass Sie auch dazu die budgetären und finanziellen Grundlagen brauchen – diese aber gibt es nicht. Das ist Schaumschlägerei, die Sie betreiben, Frau Ministerin! Ich kann Ihnen die­sen Vorwurf nicht ersparen. (Beifall bei den Grünen.)


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Wenn wir zurückblicken, dann muss ich sagen: Gewisse Ähnlichkeiten zu Ihrer Vorgän­gerin bei der Argumentation kann ich Ihnen bei dieser Zwei-Stunden-Maßnahme nicht absprechen. Ministerin Gehrer hat damals gesagt: Ich habe eine super Maßnahme! Wir kürzen die Schulstundenanzahl in Österreich um zwei Stunden – das waren interes­santerweise damals auch zwei Stunden, zwei Wochenstunden –, weil die Schüler in Österreich unheimlich belastet sind, die am meisten belasteten Schüler in ganz Euro­pa; wir brauchen eine Entlastung der SchülerInnen!

Was ist passiert? – Es gibt Gegenstände, wie es auch heute schon richtigerweise er­wähnt worden ist, die teilweise nur mehr eine Stunde in der Woche unterrichtet wer­den, was überhaupt nicht mehr dazu führt, dass ein vernünftiger Unterricht stattfinden kann, wobei letztendlich die Eltern draufgezahlt haben – nämlich zum Teil für viel Nachhilfeunterricht, in dem das, was in der Schule nicht unterrichtet werden konnte, nachgeholt werden muss.

Jetzt hören wir von Ihnen, Frau Ministerin, zwei Stunden mehr an Dienstleistung von­seiten der Lehrer sind der Beitrag, der hier in einer wirtschaftlich schwierigen Situation geleistet werden soll. Wir hören das noch dazu in einer verbrämten Form, wie es auch nicht wirklich stimmt: Es stimmt nämlich zwar zum Teil im Pflichtschulbereich, dass die Klassenschülerzahlen gesenkt worden sind – erste, zweite Klasse –, das Kernproblem ist jetzt offenbar aber, dass der Finanzminister, der hier sitzen sollte, kein Geld mehr dafür hat, dieses System weiter fortzuführen. In den nächsten beiden Jahren stehen ja die nächsten beiden Schritte an, und deshalb auch dieser Antrag, der hier liegt.

Es gibt aber einen ganzen Haufen Schulen, wo überhaupt nichts verändert worden ist. Wo ist denn die Klassenschülersenkung in der AHS-Oberstufe? Wo ist sie in der Han­delsakademie? Wo ist sie in der HTL? Wo ist das Geld dafür – auch wenn nicht ge­senkt worden wäre –, zumindest um einen besseren Unterricht zu ermöglichen?

Das muss man sich jetzt schon auf der Zunge zergehen lassen: Sie fordern von den HTL-Lehrern, von den HAK-Lehrern ein, zwei Stunden mehr zu unterrichten, setzen diesen aber 36 SchülerInnen in die Klasse und sagen: Machen Sie jetzt einen Unter­richt, bei dem Sie ohnehin weniger Vorbereitungsaufwand haben, weil Sie offenbar leichter unterrichten können! – Dass sich diese Lehrer „gerollt“ vorkommen müssen, liegt, glaube ich, auf der Hand.

Frau Ministerin, wie Sie es angelegt haben, ist schlicht und einfach ein Desaster. Jetzt kann man über die Notwendigkeit der Veränderung in vielen Bereichen reden. (Abg. Ing. Kuzdas: Die Grünen hätten wir fragen können!) – Das wäre kein Fehler gewesen, die Grünen zu fragen. Da wäre man zumindest in der Kommunikation vielleicht nicht so simpel vorgegangen.

Über den Punkt, dass Lehrerinnen und Lehrer länger – wenn geht, 40 Stunden in der Woche – in der Schule anwesend sein sollen, können wir diskutieren, sollen wir disku­tieren, und darüber gäbe es, glaube ich, auch einen relativ großen und breiten Kon­sens. Die Frage ist nur: Was sollen sie dann dort machen? Sollen sie in Kammerln sit­zen, wo sie keinen vernünftigen Unterricht vorbereiten können, weil hundert Leute auf, ich weiß nicht wie vielen, sicher nicht hundert Quadratmetern sitzen?

Und weil immer Finnland genannt wird: Was machen die Lehrer dort am Nachmittag? Die haben ein System, wo am Nachmittag Lernbetreuung stattfindet; wo private Nach­hilfe eigentlich nicht zum System gehört, weil sie in der Schule stattfindet. Über dieses System, mit einer Umstrukturierung auch der Lehrerarbeitszeit, kann man reden, aber dann braucht es ein Gesamtpaket. Dieses aber machen Sie nicht.

Es hilft nicht, uns schöne Schalmeienklänge aufzuziehen, was in 20 Jahren sein könn­te, sondern es gilt zu sagen: Okay, großer Schnitt, neue Finanzierung, auch neue Ver­änderung, Änderung beim Lehrerdienstrecht – machen wir es auf ein Mal!


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Wenn Sie jetzt hergehen und sagen, wie gestern im „Report“: Ich mache ein großes Angebot, wir machen jetzt befristet zwei Jahre lang mehr Unterricht, und am Ende be­kommt ihr ein neues Dienstrecht!, ich meine, dann ist das ja in der Vorstellung eigent­lich absurd! Wo ist denn bei diesem Vorschlag der Benefit, den die andere Seite hat? – Den gibt es schlicht und einfach nicht! (Zwischenruf der Abg. Mag. Rudas.) – Ja, Frau Kollegin Rudas, Standesvertretung. Haben Sie jetzt vielleicht zugehört? Ich habe gera­de beschrieben, dass man das Dienstrecht verändern muss.

Was aber macht ihr, nachdem ihr jahrelang laut geschrien habt, wir sind für die Lehrer da? – Ihr habt ein Versprechen nach dem anderen gebrochen (Beifall bei den Grünen): keine Senkung der Klassenschülerzahlen im höheren Bereich – das Geld ist nicht da. Wo ist denn die gemeinsame Schule der 6- bis 14-Jährigen, die ihr versprochen habt? (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Mag. Rudas.) Wo ist sie denn? Wo gibt es einen einzigen Bezirk in Österreich, wo es eine gemeinsame Schule gibt? – Ihr könnt euch von der Bildungspolitik verabschieden!

Das, was die Frau Ministerin gemacht hat, ist, die Glaubwürdigkeit der SPÖ zu versen­ken. Sie können sich sehr dafür bedanken. Übrigens: Burgstaller ist ja nicht von uns, die hat das ohnehin nicht dargestellt.

Es hätte doch die Chance gegeben, jetzt Bildungspolitik neu zu gestalten. Sie haben einen Konfrontationskurs der Sonderklasse gefahren – aus dem Sie in der Öffentlich­keit gar nicht so schlecht ausgestiegen sind. Ja, klar, wenn man es sich anschaut: Die FPÖ steht wunderbar dahinter, der Boulevard steht auch wunderbar dahinter. Die Leh­rer sollen von mir aus 40 Stunden unterrichten, wahrscheinlich Super-Unterricht, sollen jeden Tag acht Stunden unterrichten, ohne Vorbereitung – das ist das Bild, das offen­bar etliche in der Bevölkerung haben. Aber da muss man doch dagegenhalten und sa­gen, wir wollen eine qualitative Verbesserung!

Was ihr gemacht habt, ist, genau auf diese öffentliche Meinung zu rekurrieren, dazu noch eine Umfrage in Auftrag zu geben, anstatt Bildungsqualität zu verbessern. Das wird euch aber in den nächsten Jahren nicht erspart bleiben. (Beifall bei den Grünen.)

16.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun ein weiteres Mal Frau Bundes­ministerin Dr. Schmied zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.20.09

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Ich möchte vor allem zu zwei Punkten Stellung nehmen. Erster Themenbereich: Um wel­che Maßnahmen geht es? – Es sind sehr viele, die wir – das möchte ich auch betonen, daran möchte ich auch erinnern – gemeinsam im Unterrichtsausschuss zum Teil entwi­ckelt, besprochen und letztlich auch hier im Parlament beschlossen haben. Viele ande­re kommen dazu, die im Regierungsprogramm enthalten sind. Zweitens ist es mir, Herr Abgeordneter Amon, schon auch ein Anliegen, das Budget, Budgetbeschlüsse, die Budgetstruktur ein bisschen zu erläutern. Ich halte diese Offenheit hier für zentral.

Erster Punkt: Es gibt ein komplettes Maßnahmenpaket, das wir zum Teil gemeinsam erarbeitet haben, das wir uns zum Teil auch neu für diese Legislaturperiode vorgenom­men haben. Wenn Sie wollen, lese ich Ihnen die einzelnen Projekte alle vor, die letzt­lich ein größeres Ziel vor Augen haben, das ich auch einmal skizzieren wollte, weil es in Ihrem Dringlichen Antrag angesprochen wurde.

Was sind die Projekte? – Kleinere Klassen, mehr Kleingruppenunterricht. Dieses Pro­jekt müssen wir konsequent fortführen. Wir müssen es in allen Schulstufen, so, wie wir uns das vorgenommen haben, umsetzen. Kleingruppenunterricht, neunte Schulstufe, das war uns ebenfalls ein großes gemeinsames Anliegen.


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Stichwort: Teilungszahlen in Deutsch, lebender Fremdsprache, auch im Schwerpunkt­fach – eine zentrale Maßnahme; wir haben damals auch gemeinsam so argumentiert, um die Drop-out-Quoten zu senken.

Natürlich müssen wir – das ist mein erklärtes Ziel auch für diese Legislaturperiode – besonders auch auf die Berufsschulen und die berufsbildenden Schulen achten und auch hier gezielt individuelle Fördermaßnahmen setzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Mehr und bessere Tagesbetreuung. – Ein ganz zentrales Anliegen, wobei es vor allem auch um die Qualität geht. Ich möchte die 1 000 Standorte mit bester Qualität ausstat­ten, das heißt aber auch, dass mehr Lehrerinnen/Lehrer zur Verfügung stehen müs­sen, um diese Leistung zu erbringen. Das gilt im Übrigen auch für alle anderen Maß­nahmen, die ich bisher geschildert habe. Überall braucht es mehr Lehrer und Lehrerin­nen oder mehr Arbeitsleistung der Lehrer und Lehrerinnen bei den Schülern und Schü­lerinnen.

Bessere Ausstattung der Schulen: 600 Millionen € 2009, 2010, 1,7 Milliarden € in einer Zehn-Jahres-Periode. – Natürlich ist auch die Tagesbetreuung ein Thema, sind die Ar­beitsplätze der Lehrer und Lehrerinnen ein Thema. Wir erreichen mit Bundesmitteln die Bundesschulen, und natürlich müssen wir im Pflichtschulbereich auch die Länder ent­sprechend motivieren, die Infrastruktur zu verbessern.

Wir wollen das mittlere Management an den größeren Schulen einführen. – Das halte ich für ganz zentral, um wirklich die Lehrer und Lehrerinnen von administrativen Tätig­keiten ein Stück freizuspielen.

Wir wollen die bilingualen Schulen ausbauen. – Eine zentrale Maßnahme.

Wir wollen Lehre mit Matura weiter fortsetzen. – Schon jetzt sind 3 000 in diesem Pro­gramm.

Wir haben uns die Umsetzung der Bildungsstandards vorgenommen und gesetzlich beschlossen. Eine entsprechende Verordnung ist noch im Jänner ergangen.

Der Ausbau der Programme zur Gewaltprävention ist ganz wichtig.

Bessere Sprachförderung. – Ich halte es für absolut vordringlich, dass wir für Schüle­rInnen in der Zweitsprache Deutsch auch weiter Förderungen ermöglichen. Auch das wird es mehr geben. (Abg. Öllinger: Das haben Sie uns schon erzählt, aber wie geht das?)

Wir brauchen einen Ausbau der Berufsorientierung, ein Nachholen von Bildungsab­schlüssen, ein neues Ausbildungsprogramm, das wir bereits gestartet haben.

Das ist, wie gesagt, das Maßnahmenpaket, das es letztlich auch zu finanzieren gilt (Abg. Öllinger: Wo?) – und somit sind wir beim Kernthema.

Sie haben in Ihrem Dringlichen Antrag Budgetzahlen angegeben. Sie kennen die Struktur meines Budgets: 90 Prozent Personalausgaben – auch wenn ein Teil als Sachausgaben dargestellt ist, das sind die Landeslehrer, aber de facto sind es 90 Pro­zent Personalausgaben –, 5 Prozent für BIG-Mieten; auch fixe Ausgaben, es gibt Ver­träge, es gibt eine Indexierung.

Wenn Sie sich diese Struktur anschauen, dann werden Sie feststellen, dass zwei Drit­tel der Budgeterhöhung, die Sie in Ihrem Antrag zitieren, in Gehaltserhöhungen und der Indexierung der Mieten aufgehen, und dann werden Sie sehen, dass dieses Bud­get zu knapp ist, um all das umzusetzen, was wir uns vorgenommen haben. (Abg. Brosz: Deshalb haben wir den Antrag gestellt! – Abg. Dr. Glawischnig-Pies­czek: Das war der Grund unseres Antrags! – Abg. Dr. Walser: Wir sind dafür! – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das hat nur der Amon nicht verstanden, dass es da um die Biennalsprünge geht!)


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Jetzt gibt es drei Varianten, um dieses Problem zu lösen.

Variante eins: Aufstockung des Budgets. – Eine Umsetzung Ihres Antrags ist mir in zwei Budgetverhandlungen nicht geglückt. (Abg. Öllinger: Deshalb sind wir da!)

Variante zwei – und das ist mir schon wichtig, weil das immer wieder kommt; es wird hier so dargestellt, als ob ich etwas einsparen müsste: das Gegenteil ist der Fall! –: Es braucht Mehrleistungen der Lehrer und Lehrerinnen, um all die Programme durchfüh­ren zu können. Es braucht Lehrer und Lehrerinnen bei den Schülern, in der Tagesbe­treuung, beim Teamteaching, im Kleingruppenunterricht. Es braucht Lehrer – und da­her am Sonntag meine Aussage: Beschäftigungsgarantie für alle, die im System sind, denn wir brauchen sie, damit die Bildung besser wird! Das ist der Ansatzpunkt. Das heißt, es geht nicht um Sparen, um Abbau, sondern das Gegenteil ist der Fall! Wir müssen versuchen, mehr Leistung für die Kinder in der Schule darzustellen.

Es gibt, meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich auch eine Variante drei, und diese Variante drei heißt: Wir fahren die begonnenen Reformen zurück. (Abg. Dr. Walser: Wir haben die Garantie von zwei Jahren! Die sind gesetzlich festgeschrie­ben!) Das geht natürlich auch, denn wenn ich nur bestimmte Mittel zur Verfügung ha­be – ich kann nicht mehr ausgeben, als ich habe –, dann muss ich Projekte und Refor­men zurückfahren.

Ich glaube, es war Abgeordneter Stadler, der mir heute irgendwie vorgeworfen hat, ich drohe mit Rücktritt. – Ich drohe überhaupt nicht! Ich sage nur, wofür ich zur Verfügung stehe, nämlich für eine Fortsetzung, eine engagierte Fortsetzung des Reformkurses. Daher war meine Zustimmung zum Budget auch an Strukturreformmaßnahmen gekop­pelt, weil das nämlich anders nicht darstellbar ist. Ich möchte nicht Reformen zurück­fahren, sondern ich möchte für eine offensive Bildungspolitik stehen, und ich möchte – wenn ich jetzt diesen Bogen spannen darf – eben ein Stück in die Zukunft und nicht in die Vergangenheit. – So viel dazu. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

16.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl zu Wort. 5 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


16.28.11

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe es – wahrscheinlich im Gegensatz zu anderen – als sehr wohltuend empfunden, dass Frau Bundesministerin Dr. Schmied im ersten Teil ihrer Ausführungen zu Beginn sehr grundsätzliche Bilder in den Raum gestellt hat, positive Bilder, wohin sich die Schule in unserem Land entwickeln soll. Ich glaube, dass das ein gutes Beispiel dafür ist, wie wir politische Debatten öfter führen könnten: uns vermehrt über Zielvorstellungen zu eini­gen und dann konkrete Maßnahmen abzuklopfen, ob sie wirklich tauglich sind, diese Zielsetzungen zu erreichen beziehungsweise an den Schritten zu arbeiten, um diese konkreten Zielsetzungen zu erreichen.

Viele dieser geplanten Schritte und Zielsetzungen hat die Frau Bundesministerin im zweiten Teil ihrer Ausführungen genannt und damit, wie ich glaube, auch sehr ein­drucksvoll dargestellt, worum es in dieser aktuellen Auseinandersetzung geht, was auf dem Spiel steht und wofür es sich wirklich lohnt – Frau Bundesministerin, da möchte ich Ihnen den Rücken stärken –, sich massiv ins Zeug zu legen und dafür zu kämpfen. Dafür auch unsere Unterstützung und unseren Dank, dass Sie das mit derartiger Kon­sequenz und derartigem Nachdruck tun.

Ihr positives Bild reizt natürlich dazu, weitere Bilder hinzuzufügen, zum Beispiel eines, das mir zusätzlich zu dem, was zum Teil schon angeklungen ist, noch eingefallen ist,


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nämlich: die Schule ohne Schultasche, die Schule ohne Nachhilfe, eine Schule, in der die Kinder ausreichend gefördert werden, damit nicht zu Hause durch Förderung der Eltern oder durch zugekaufte Förderung kompensiert werden muss, was in der Schule nicht passiert.

Da geht es natürlich um das Modell der Ganztagsschule – auch angesprochen im An­trag der Grünen –, also nicht um ein Modell, bei dem die Kinder am Vormittag Schule haben und am Nachmittag nur beaufsichtigt werden, sondern um ein Modell, das einen verschachtelten Tagesablauf von Unterricht, Förderung und Freizeit vorsieht. Ich habe eine derartige Diffamierung der Ganztagsschule wie vorhin vom Kollegen Rosenkranz von der Freiheitlichen Partei schon wirklich lange nicht mehr gehört. Sie haben irgend­wie von einem „DDR-Zwangsmodell“ gesprochen. (Abg. Neubauer: So wie es die Grü­nen vorgeschlagen haben!) – Ich glaube, dass die Grünen das nicht viel anders sehen als ich in diesem Fall. (Abg. Dr. Graf: Oja, das steht so im Antrag! Verpflichtende Ganztagsschule! Das wollen wir nicht!) Ich glaube, dass sie das auch als Diffamierung empfinden. Das ist ein Niveau, muss ich Ihnen sagen, über das, wie ich gedacht habe, wir in der schulpolitischen Debatte eigentlich schon hinweggekommen sein sollten.

Sie, Frau Kollegin Haubner, müssen einem Irrtum unterlegen sein. Sie haben sich zwar für ganztägige Schulangebote ausgesprochen, aber dagegen, dass diese flächende­ckend angeboten werden sollen. (Abg. Ursula Haubner: Verpflichtend!) – Verpflich­tend, eben, Sie haben flächendeckend gesagt, und ich denke, das muss ein Irrtum sein, denn „flächendeckend“ heißt ja, man soll es sich im ganzen Bundesgebiet aussu­chen können, aber die Wahlmöglichkeit soll eben entsprechend zur Verfügung stehen.

Dorthin zu kommen – das war dem zweiten Teil der Ausführungen der Frau Bundesmi­nisterin auch deutlich zu entnehmen – ist ein zäher Weg. Apropos zäher Weg. Kollege Amon – er ist nicht mehr im Saal – hat es sich heute schon ein bisschen leicht ge­macht. Einerseits sollen die Reformen weitergehen – das ist Konsens, dem hat auch er nicht widersprochen –, andererseits soll es nicht mehr Budget geben, keine Strukturre­formen. Mich würden Ihre Alternativen interessieren.

Ich bin nach der heute Vormittag stattgefundenen Debatte aber doch sehr optimistisch, Herr Kollege Amon, da es breiter Konsens hier im Hause ist, dass die Reformen wei­tergehen sollen, dass, auch wenn wir uns sicher nicht in jedem Detail dieses Weges einig sind, der Reformweg weitergehen muss. Sie haben gesagt: nicht mehr Budget, keine Strukturreformen, Herr Kollege Amon – ich aber bin optimistisch, da wir uns einig sind, dass der Weg fortgesetzt werden soll, dass wir nach entsprechenden Bemühun­gen gemeinsame Wege dorthin finden werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Amon – auf seinen Platz zurückkehrend –: Die Sozialpartner!)

16.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Cortolezis-Schlager. 5 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


16.33.14

Abgeordnete Mag. Katharina Cortolezis-Schlager (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Diese Debatte jetzt am Nachmittag ist eine Vertiefung jener am Vormittag. (Abg. Öllinger: Ui!) Die Bundesregierung hat sich gemeinsam auf ein anspruchsvolles Bildungsprogramm geeinigt. Ich glaube, dieses Koalitionsübereinkommen lässt sich sehen. Es kommt in der Debatte heute auch zum Ausdruck, dass die Reformen der Vergangenheit wichtig waren, aber nicht der Sockel allein für die Zukunft sind, sondern darauf ein weiteres Haus der Reformen zu bauen ist, denn letztendlich ist Bildung konstant weiterzuentwickeln. (Abg. Öllinger: Welche Reformen? Welche Reformen der Vergangenheit?) – Ich nenne Ihnen ein paar Refor­men, wenn Sie es wiederholt haben wollen; Schule besteht ja aus Wiederholung.


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Beispiel: Frühförderung. Wir sind froh, dass als letztes das Bundesland Wien auch endlich begriffen hat, dass der Gratiskindergarten eine wichtige Form der Frühförde­rung ist. Das Modell 1 + 1 in Wien, das heute verabschiedet und auch begrüßt wird, bedeutet, dass es eigene Vorschulklassen gibt für jene Kinder, die noch nicht ausrei­chend auf die erste Klasse vorbereitet sind. – Auch das eine Fördermaßnahme, die wichtig ist, denn das Thema Migration/Integration kann ich bei einer erfolgreichen Bil­dungspolitik nicht auslassen, ich muss es mit hineinnehmen. Wir brauchen sowohl eine Integrationspolitik als auch eine Bildungspolitik, die versucht, unterstützend zu wirken.

Sprachförderung, individuelle Förderung, Internationalisierung.

Unser gesamtes Koalitionsübereinkommen beruht auf zwei gemeinsamen Säulen: einerseits auf der Leistungsorientierung und andererseits auf dem Thema der individu­ellen Förderung, der individuellen Neugierförderung, Begabungsförderung, Leistungs­förderung. Genau auf diese zwei Werte in einer globalen, internationalen Welt haben wir uns im Rahmen dieses anspruchsvollen Koalitionsübereinkommens geeinigt. Wir alle haben uns zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausmalen können, wie dramatisch sich die wirtschaftliche Entwicklung weltweit gestalten wird. Alle Ressorts müssen mit dieser dramatischen Situation umgehen, und das heißt: nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern zukunftsorientiert überlegen, wie man die Strategie beibehalten kann, motivie­ren kann. Trotzdem muss man die Budgetdaten letztendlich zur Kenntnis nehmen, die ganz einfach aufzeigen, dass es weniger Einnahmen geben wird.

Im Zentrum müssen weiterhin, unabhängig von der wirtschaftlichen Situation, die Erhö­hung der Chancengleichheit und die Erhöhung der Durchlässigkeit stehen, aber wir sollten auch die Erfolge auf dem Weg dorthin sichtbar machen, denn man kann die Lehrerinnen und Lehrer und die Schülerinnen und Schüler nur dann motivieren, noch besser zu werden, wenn man auch das, was erreicht wurde, zu schätzen lernt. „Ler­nen“ heißt, Zwischenerfolge feiern, sich aber nächste anspruchsvolle Ziele zu setzen.

Demnach ist mir auch wichtig, dass wir auch dort hinschauen, wo wir in den letzten zehn Jahren Erfolge erzielt haben. Seien wir doch – Kollege Amon hat das sehr ein­drucksvoll bestätigt – stolz darauf, dass unsere Jugendlichen zu den Top-Jugendlichen gehören, wenn es um internationale Lehrlingswettbewerbe geht, wenn es um die Ver­lässlichkeit der Facharbeiterausbildung geht, wenn es um die Durchlässigkeit im Sinne von kein Abschluss ohne Anschluss geht, wenn wir Pioniere in der Berufsbildung und Allgemeinbildung und im Brückenbauen zwischen diesen beiden Bereichen sind, wenn wir hier im Parlament gemeinsam internationale Delegationen empfangen, die sich alle jenes Berufsbildungssystem wünschen, das wir haben! (Abg. Brosz: Was ist mit den 36 SchülerInnen?)

Daher, Frau Bundesministerin, setzen wir diesen Weg fort, aber setzen wir ihn im Aus­bau der Stärken unseres Schulsystems fort und nicht allein auf dem Rücken der Lehre­rinnen und Lehrer!

Ich freue mich, von Ihnen heute Nachmittag gehört zu haben, dass Sie sich wieder an den Tisch setzen und verhandeln. Nichts anderes wollten wir heute. Es geht nicht um Rücktritt, es geht nicht um Türen-Zuschlagen, sondern es geht darum, miteinander nachzudenken, wie man mit der Situation umgeht. Dazu gehören – das wissen Sie ganz genau, und ich bin froh, dass Sie das jetzt wieder aufgreifen – ganz konkrete Zahlen, Daten, Fakten. Was diese Verhandlungen brauchen, ist ein Beruhen auf kon­kreten Zahlen, Daten, Fakten. Das werden wir nicht hier im Plenum schaffen, sondern das ist in einer kleinen Gruppe zu organisieren, in der festgelegt wird, welche Prioritä­ten gesetzt und in welchem Zeitraum sie realisiert werden.

Wir wollen nicht von den Zielen abgehen, aber wir müssen Prioritäten setzen, in wel­cher Reihenfolge wir etwas umsetzen. Es wird nicht sein können wie zu Weihnachten,


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dass man sagt, man will alles – und finanzieren sollen das allein die Lehrerinnen und Lehrer. Wir können nur miteinander diesen Weg gehen, indem wir strategisch vorge­hen. Lehrerinnen und Lehrer haben in den vergangenen Tagen selbst viele Vorschläge eingebracht; ich habe einen von Hunderten heute zitiert.

Ich stehe nicht an, zu sagen, es ist der oder der, es gibt viele Wege, um dort hinzukom­men, aber: Stärken wir die Stärken unseres Bildungssystems, fördern wir, dass unsere Jugendlichen international Spitze sind und dass weltweit alle unser Schulsystem der Berufsbildung und Allgemeinbildung gerne in ihre Länder übernehmen möchten, weil sie draufkommen, die Akademikerquote allein ist noch nicht der Garant für den Erfolg einer Volkswirtschaft, es braucht ein Gesamtsystem, es braucht Berufsbildung, Allge­meinbildung, Durchlässigkeit, kein Abschluss ohne Anschluss, es braucht „Lehre mit Matura“! (Zwischenruf des Abg. Dr. Walser.) – Ja, Kollege Walser, auch Ihre Schule hat einen Anschluss.

Das an alle Lehrer und Lehrerinnen, die hier herinnen sitzen: Es geht nicht um Selek­tion, sondern vermitteln Sie doch bitte Ihren Schülerinnen und Schülern: Jeder Ab­schluss hat in Österreich einen Anschluss!, denn wir brauchen lebenslanges Lernen und nicht schulisches Lernen! Das ist meiner Überzeugung nach der Garant für die Zu­kunft unseres Landes. (Beifall bei der ÖVP.)

16.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Graf, Dritter Präsident, zu Wort. Gewünschte Redezeit: 8 Minuten. – Bitte.

 


16.40.12

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Frau Bun­desminister, eine gewisse Enttäuschung macht sich schon breit, wenn wir erfahren müssen – egal, von welcher Stelle aus Sie sprechen: ob das jetzt hier im Hohen Haus ist, ob das im „Report“ ist, ob in einem Interview, das übertragen wird, oder bei Diskus­sionen mit Lehrern oder Schülern –, wo auch immer wir Sie vorfinden, dass Sie wie eine tibetanische Gebetsmühle immer die gleichen Stehsätze herunterbeten, und es kommt nicht das Entscheidende, was wir uns erwarten, dass nämlich eben diese Zah­len, Daten und Fakten, die offensichtlich auf dem Tisch liegen, die aber nur wenige kennen, endlich einmal dargestellt werden. – Das ist etwas enttäuschend. (Abg. Faul: Frag den Pröll! Das ist der Finanzminister!) – Frag den Inder, frag den Pröll! Ja, ich weiß, Herr Kollege!

Wenn man als Partei in eine Regierung geht, den Bundeskanzler stellt und auch we­sentliche Ressorts besetzt, ist es zu wenig, sich am Ende immer auf den Koalitions­partner auszureden, wenn man sich nicht durchsetzt. – Das ist mir an sich zu wenig. (Zwischenruf des Abg. Faul.) Und wenn die Politik dieser Regierung, die sich ja auf die Fahnen geschrieben hat, Bildungspolitik voranzustellen, ebenso wie Forschung und Wissenschaft, und hier ein deutliches Zeichen zu setzen, nicht auch eine Umsetzung beinhaltet, dann ist das schlichtweg zu wenig.

Dann redet man sich aus auf die allgemeine wirtschaftspolitische Lage und auf die Fi­nanzlage dieser Republik, aber jedes Ressort sagt, es bekommt mehr Mittel. Ich habe das bis jetzt von jedem Bundesminister gehört, dass er einen besseren Budgetab­schluss hat als im Vorjahr. Ich frage mich aber, wo die Priorität gesetzt ist, wenn jeder, sowohl der Herr Landesverteidigungs- und Sportminister als auch der Herr Wissen­schafts- und Forschungsminister, die Frau Infrastrukturministerin und auch die Frau In­nenministerin bis jetzt alle gesagt haben, sie haben einen besseren Budgetabschluss als bisher.


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Offensichtlich sind die Mittel gießkannenartig verteilt worden, und Prioritäten sind wie­der nicht gesetzt worden – zumindest nicht in der Bildungspolitik, wie sich abzeichnet. Wir wissen es ja noch nicht exakt, aber die Befürchtung ist da.

Es ist einfach zu wenig, wie eine tibetanische Gebetsmühle immer wieder die gleichen schönen Stehsätze und Schlagwörter, die schon im Regierungsübereinkommen ste­hen, herunterzubeten. Ja, wer wünscht sich nicht eine bessere Schule? Wer wünscht sich nicht eine bessere Ausbildung? – Das sagen Sie uns immer! Und dann sagen Sie noch dazu – und das ist der einzige Neuigkeitswert –: Ich möchte gestalten, meine Schule sieht so aus, meine Ziele sehen so aus und Ähnliches mehr.

Frau Bundesministerin, mit Verlaub und bei aller Wertschätzung, aber: Am Ende ist Bil­dungspolitik nicht nur Ihre Sache, sondern eine Sache der Gesellschaft, der Allgemein­heit hier im Hohen Haus, und da reicht es ganz einfach nicht, wenn Sie diesbezüglich immer nur die gleichen Stehsätze anbringen.

Wenn Sie dann eine Ausflucht suchen und sagen, Bildungspolitik sei quasi Budgetbe­schlusspolitik, nämlich das, was jetzt zwei Jahre machbar ist, aber Ihre Ziele seien weit vorne, und wenn wir wissen, eine bessere Schule ist Ihr Ziel, dann unterschreiben wir das: Eine bessere Schule, das ist überhaupt kein Problem, nur das Wie sagen Sie nicht dazu, und auch das Wann sagen Sie nicht dazu, und auch nicht, wo Sie bereit sind, mehr Geld in die Hand zu nehmen. Ich frage mich jetzt: Soll die Volksschule da­durch besser werden, dass jeder Volksschullehrer zwei Stunden mehr Unterrichtszeit in der Schule verbringt? Wie soll er das machen? Ich habe mir immer gedacht, eine Volksschulklasse – ein Volksschullehrer. (Abg. Faul: Nachmittagsbetreuung zum Bei­spiel!) – Genau, Sie brauchen es für die Nachmittagsbetreuung! Sie brauchen es für andere Dinge, aber in Wirklichkeit nicht für Unterrichtszeit bei den Schülern.

Sie, Frau Bundesminister, greifen das singulär heraus. – Das ist das Einfachste, was man in einer solchen Situation machen kann, wenn man sich nicht durchsetzt. Sie grei­fen eine singuläre Maßnahme heraus, obwohl Sie ganz genau wissen – und ich weiß es, und wir wissen, dass Sie es wissen –, dass das nicht ausreichend ist, und verspre­chen dann ein besseres Dienstrecht. Jetzt sind wir alle gelernte Österreicher und ge­brannte Kinder. Schon beim Kollektivvertrag im tertiären Bildungsbereich wurde ein Übergangsdienstrecht geschaffen und für zwei bis maximal drei Jahre angedacht, das dann von einem neuen Dienstrecht, auf Sozialpartnerebene ausverhandelt, abgelöst werden sollte. – Das war 2002. Jetzt haben wir 2009, und es gibt immer noch kein neues Dienstrecht. Das Übergangsdienstrecht, das für zwei bis drei Jahre angedacht war, ist schon seit sieben Jahren in Kraft und wird wahrscheinlich ein achtes und ein neuntes Jahr in Kraft sein, wenn es so weitergeht, und vieles andere mehr.

Das heißt, man vertraut berechtigterweise den Zusagen – und der Politik, den Regie­renden generell – nicht mehr, wenn eine singuläre Maßnahme vorgezogen wird und dann versprochen wird, dass eine andere notwendige folgt. Sie tun ja jetzt so, als ob das Vorhaben eines neuen Dienstrechts erst durch die derzeitige Budgetdebatte aufge­kommen sei, dass noch überhaupt keine Vorarbeiten da sind und dieses neue Dienst­recht dann in den nächsten beiden Jahren parallel verhandelt und ausgearbeitet wer­den muss. Es wäre doch viel gescheiter gewesen, wenn Sie schon vor zwei Jahren da­mit begonnen hätten. – Jetzt sind Sie seit zweieinhalb, drei Jahren im Amt, und damals haben Sie die gleichen Stehsätze auch schon gehabt, die gleichen Visionen, die glei­chen Ziele. – Ich nehme an, dass Ihre Ziele sich in den letzten zwei Jahren nicht geän­dert haben. Dann müssten Sie eigentlich schon Vorarbeiten gemacht haben.

Wir stellen ohnehin schon Anfragen und fragen immer dazu, wo die Vorarbeiten sind und was schon gemacht worden ist. In Wirklichkeit ändert sich an der Systematik der Schule nichts. Der Bereich, in welchen man als erstes hingreifen müsste, ist der Be­reich der verfehlten Schulverwaltung, ist die über den Föderalismus ausufernde und


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überbordende Schulverwaltung, wo Milliarden an Einsparungspotential da sind, von Mitteln, die derzeit für die nicht notwendige Verwaltung und die Einflussbereiche auch vieler Landesfürsten ausgegeben werden. Dieses Geld gilt es lockerzumachen, und da fehlen mir die Zusagen, wann was kommt und wann wir es überhaupt angehen.

Frau Minister, Sie picken sich eine Maßnahme heraus – und am Ende wird durch Indis­kretion ein ganzer Berufsstand öffentlich durch den Kakao gezogen. Dass sich der Be­rufsstand dann wehrt, ist doch normal.

Herr Kollege Walser, wenn eine Interessenvertretung – egal, ob man sie mag oder nicht – eine Meinung vertritt und Sie oberlehrerhaft glauben, mit Ausdrücken wie „Be­tonköpfe“, „Betonschädel“, „Betonfraktion“ und Ähnlichem mehr Zensuren austeilen zu können, dann werden Sie überhaupt keinen Beitrag leisten, um da irgendetwas in Schwung zu bringen. Es ist so, glauben Sie mir das! So bringen Sie gar nichts in Schwung! (Beifall bei der FPÖ. Abg. Dr. Walser: 30 Jahre ! ausgetreten aus der Gewerkschaft! Gegenruf des Abg. Mag. Stadler.)

Wir wollen eine umfassende Reform. – Dann gehen wir sie doch an, und zwar nicht so, wie die Kollegin Cortolezis-Schlager sagt, indem wir das in einem kleinen Kreis erarbei­ten! Manchen wir es breit! Machen wir es groß! Machen wir es transparent! Machen wir es öffentlich, und bringen wir in den nächsten sechs bis zehn Jahren etwas zuwege! (Abg. Dr. Walser: Und Sie sind die einzige Partei, die gegen die gemeinsame Mittel­schule ist! Sogar die ÖVP !) Schwierige Zeiten, außergewöhnliche Zeiten, auch außergewöhnliche wirtschaftliche Zeiten verlangen außergewöhnliche und außergewöhnlich schnelle Maßnahmen. Gesprochen wird auch schon sehr viel dann setzen wir es um! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir brauchen keine vielen Jahre mehr, um zu wissen, wo der Hase im Pfeffer liegt. Das liegt ja offen, das weiß ja jeder, aber jeder hat einen anderen Ansatz. Am Ende wird ideologisch argumentiert, wird mit Vorwänden argumentiert. Am Ende ist man sich in dieser Koalition nicht einig, ob jetzt eine Gesamtschule kommen soll oder nicht. Sie hätten sie gerne. Das ist Ihr Ziel. Das ist es, was Sie als Ihre Vision bezeichnen.

Sie, Frau Bundesminister, finden aber einen Regierungspartner vor, der eben noch nicht so weit ist – und der wird Ihnen die finanziellen Möglichkeiten nicht zur Verfügung stellen, damit Sie Ihren ideologischen Träumen nachkommen können. Das ist ganz einfach eine Analyse: Da haben Sie den falschen Partner, oder Sie hätten es besser im Regierungsprogramm verhandeln müssen. Sie wissen mittlerweile auch – und ich weiß es auch aus eigener Erfahrung –: Was im Regierungsprogramm, das man mit der ÖVP schließt, nicht expressis verbis mit Zeitschienen, Geldschienen und Ähnlichem drinnen steht, werden Sie in einer Koalition von der ÖVP nie bekommen.

Das ist nicht die Schuld der ÖVP – das habe ich auch immer zu meiner Fraktion ge­sagt –, das ist die Schuld des Verhandlungspartners. Damals waren es wir, dann war es das BZÖ, heute sind es die Sozialdemokraten. So einfach ist das.

Am Ende schlecht verhandelt, Herr Faymann, gemeinsam mit seiner Mannschaft. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen. Aber Sie können eigentlich viele hunderte Dinge tun, die überhaupt kein Geld kosten. Wenn Sie zum Beispiel der Gewaltprävention an der Schule das Wort reden, dann bedenken Sie, dass wir ja schon vor eineinhalb Jah­ren zu Tage gefördert haben, dass es in Österreich überhaupt keinen Erhebungsstan­dard zu Gewalt in der Schule, an Lehrern, an Kindern, an Mitschülern und so weiter gibt. Das gibt es gar nicht! Das gilt es zu implementieren, damit man mittelfristig über­haupt eine Studie darüber machen kann, wo man ansetzen muss. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Sie haben sehr, sehr viele Möglichkeiten, Frau Bundesminister, tätig zu werden – ohne dass sie eine Berufsparte zum Sündenbock machen beziehungsweise als Schuldigen


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abstempeln, und die könnten Sie ohne Weiteres angehen. Damit könnten Sie mehr Geld sparen als jetzt mit dieser drastischen Maßnahme, die ausschließlich zu Lasten einer Berufsgruppe geht. (Beifall bei der FPÖ.)

16.50


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Windholz zu Wort. Gewünschte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


16.50.39

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesmi­nisterin! Die Debatte zeigt durchaus sehr unterschiedliche Zugänge. Nun, die Bundes­ministerin hat ein Ziel formuliert. Zu Beginn einmal: Dieses Ziel teilen wir jedenfalls! Die Frage dabei ist: Wie ist der Weg dorthin, wie lässt sich dieses Ziel verwirklichen?, und das mündet immer in der Frage der budgetären Mittel. Da ist jetzt nach 100 Tagen des dargestellten Kuschelkurses, glaube ich, für jeden erkennbar, dass es in dieser Regie­rung eine schwere Differenz gibt. Wenn der Antragstellerin gar der Vorwurf gemacht wird, dass sie Budgetzahlen aus Medien verwendet, dann muss ich sagen: Mich wun­dert das nicht! Das darf eigentlich niemanden wundern, denn über das, was budgetär verhandelt wurde, gibt es gewissermaßen die politische Omertà, die Schweigepflicht. Da darf man nichts sagen.

Bezüglich der Haltung der Ministerin ist klar, dass mit diesen budgetären Mitteln dieser Weg nicht mehr weitergegangen werden kann. Ich halte es durchaus für mutig, dass man sich auch eines Themas annimmt, von dem man weiß, da gibt es eine große Ge­werkschaftslobby. Ich kenne ja den Präsidenten Neugebauer von früher als Verhand­lungspartner und weiß, wie schwierig dieser Bereich ist. Sie haben da Mut bewiesen. Allerdings muss man sagen: Als Einzelmaßnahme müsste das wohl jedem zu wenig sein; gefordert ist ein Bündel von Maßnahmen.

Die Verwaltung ist ja – richtigerweise  schon angesprochen worden, denn das ist in Wirklichkeit ein Verwaltungsdschungel. Das spiegelt sich in den Zuständigkeiten wi­der, und es wurde ja gesagt, was man nicht alles auch infrastrukturell investieren möchte. Ich weiß als Gemeinderat, wie schwierig das für Gemeinden ist. Wer ist bei Volksschulen zuständig? Wo ist dann das Land zuständig? – In Wirklichkeit putzt sich einer an dem anderen ab, und übrig bleiben in diesem Fall die Kinder, die Schüler. (Abg. Mag. Gaßner: Die Gemeinden putzen sich nicht ab, die Gemeinden handeln!Die Gemeinden handeln, ja, wenn sie die budgetären Möglichkeiten haben!

Herr Kollege Gaßner, ich komme aus einer Gemeinde, wo mittlerweile schon jeder Eu­ro umgedreht wird, und ich kenne auch die Sprüche dort: Werden wir machen, heuer geht es budgetär nicht, verschieben wir das auf das nächste Jahr! Ich denke immer an den Präsidenten Neugebauer. Wenn Sie mit dem verhandeln und Vorschläge haben, sagt er auch immer: Ja, ja, das sehe ich schon ein, aber heuer geht es nicht, das wer­den wir dann nächstes Jahr machen! Das geht Jahr für Jahr so, und es ändert sich dann in der Regel nichts. Es gibt also budgetäre Engpässe. (Abg. Neugebauer: Die Exekutive ist nicht schlecht gefahren, glaub ich!) Die Exekutive ist nicht schlecht ge­fahren?  Das glaube ich, denn Sie sprechen nur mit jenen, die dort in Führungsfunk­tionen sind. (Abg. Neugebauer: Wir haben einiges gemacht!)

Wenn Sie mit den eingeteilten E2b-Beamten reden, werden Sie vielleicht auch eine an­dere Sicht eine wesentlich andere Sicht  der Dinge bekommen. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Wenn also Präsident Neugebauer den Einwurf macht, dass bei der Exekutive alles klass ist, dann muss ich sagen: Da sollten Sie sich die Mitarbeiterbefragungen an­schauen! Da bringe ich Ihnen eine aus dem Finanzministerium zur Kenntnis. Dort heißt es: Der Nutzen von Reformen wird nicht erkannt! Das bedeutet Handlungsbedarf! 


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Das war eine milde Umschreibung von einem Sektionschef. In Wirklichkeit haben dort alle gesagt: Das tragen wir nicht mit! – Wer macht diese Reformen? Die passieren in den letzten Jahren natürlich immer auch unter ÖVP-Beteiligung. Das sind in aller Regel „Schreibtischtäter“ aus den Ministerien, vollkommen praxisfremd, total daneben, und die Identifikation mit dem Arbeitgeber ist in aller Regel gar nicht mehr gegeben. Das ist das größte Problem im öffentlichen Dienst.

Die Debatte, die wir jetzt führen, geht auch schon in diese Richtung. Dienstrecht neu  was glauben Sie, wie oft ich das schon gehört habe? Die Ministerin hat das heute rich­tigerweise erweitert. Sie hat gesagt: Dienstrecht neu und Besoldungsrecht neu! Das muss ja Schritt für Schritt gehen. Wir sagen Ihnen ganz klar, Frau Bundesministerin: Wir werden das unterstützen, wenn es vernünftig ist, wenn es ein Bündel von Maß­nahmen ist, sodass in der ganzen Sache etwas positiv weitergeht! (Beifall beim BZÖ.)

Die Debatte, die Sie jetzt mit Ihrem Koalitionspartner und mit der mächtigen Gewerk­schaftslobby führen, ist eine denkbar schwierige. Unsere Unterstützung haben Sie je­denfalls für vernünftige Reformen, für die Erfüllung dessen, was Sie als Zielvorgabe genannt haben.

Zu den zwei Stunden Umschichtung hinein ins Klassenzimmer: Ich glaube, auch wie­der im Rahmen eines Maßnahmenpaketes ist das ein Solidarbeitrag, der aus meiner Sicht wirklich zumutbar ist. (Beifall beim BZÖ. Abg. Dr. Walser: Und die Zollbeamten machen das auch: Solidaritätsbeitrag?) Über die Zollbeamten werden wir noch an­derweitig zu reden haben. Ich kann Ihnen dann sagen, was die alles mitgemacht ha­ben, vor allem unter dieser Bundesregierung. (Abg. Dr. Walser: Ja, und jetzt, Solidari­tätsbeitrag?)

Das Thema Burnout darf ich auch noch ansprechen; das ist ja bei den Lehrern weitest verbreitet. Das ist ja gewissermaßen der Ausfluss der Ausweglosigkeit, dessen, was an Reformen passiert ist, die komplett am Ziel vorbeigehen. Ich habe Ihnen das schon im Ausschuss nahegelegt. Die Frau Bundesministerin hat selbst gesagt, sie sei keine Ex­pertin, aber ihr sei das Problem bewusst. Ich kann Ihnen nur sagen: Burnout ist Aus­druck dessen, was alles schiefläuft! Es wäre durchaus angebracht, eine Expertenrunde mit diesem Thema zu befassen, auch, um Lösungsvorschläge zu bekommen.

Die Lösungsvorschläge werden alle in Richtung eines neuen, modernen Dienst- und Besoldungsrechts gehen, das fair und gerecht ist und sich daher wesentlich von dem unterscheidet, was diese Bundesregierung diese 100 Tage und die zwei Jahre vorher zuwege gebracht hat. (Beifall beim BZÖ.)

16.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Musiol zu Wort, und zwar mit einer gewünschten Redezeit von 5 Minuten. Ich mache darauf auf­merksam, dass die Gesamtrestredezeit Ihrer Fraktion 8 Minuten beträgt. – Bitte.

 


16.56.42

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte BesucherInnen auf den Galerien! Bevor ich zum Thema komme, möchte ich eine Art tatsächliche Berichtigung vornehmen.

Herr Kollege Graf ist jetzt nicht mehr anwesend, aber wenn er meinem Kollegen Wal­ser vorwirft, dass er sozusagen oberlehrerhaft den Begriff „Betonpolitik“ oder das Wort, welches mit „Beton“ beginnt und mit „Köpfe“ endet, verwende, dann muss ich ihm sa­gen: Nein, das war nicht oberlehrerhaft! Kollege Walser hat nur einen Zustand be­schrieben, in dem sich die ÖVP-Standespolitik und in dem sich die österreichische Bil­dungspolitik befindet. (Beifall bei den Grünen.)


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Wenn wir über die Probleme und die Rahmenbedingungen im Bildungsbereich spre­chen, dann gilt das natürlich nicht nur für die schulischen Belange, sondern dann geht es natürlich auch um den Bildungsbereich der Null- bis Sechsjährigen, also um die Kin­dergärten, oder auch um den außerschulischen Bereich der VolksschülerInnen und da­rüber hinaus der Nachmittagsbetreuungen. Auch da gibt es einen eklatanten Mangel in Bezug auf Plätze und im Bereich der Pädagoginnen, und auch da ist dringender Hand­lungsbedarf gegeben.

Wenn diese Regierung das verpflichtende kostenlose Kindergartenjahr ab Herbst 2009 angekündigt hat – sowohl in ihrem Programm als auch in diversen Interviews – und dann mit dem Argument zurückrudert, es sei rechtlich noch nicht ausreichend geprüft, dieses verpflichtende Kindergartenjahr einzuführen, dann muss ich Ihnen vorhalten, dass es sich dabei um eine Ankündigungspolitik der Sonderklasse handelt. (Beifall bei den Grünen. Zwischenruf des Abg. Faul.)

Den Familien etwas zu versprechen, was Sie dann nicht halten, und sich hinter recht­lichen Möglichkeiten oder Unmöglichkeiten zu verstecken, ist höchst fahrlässig und eigentlich Ihrer nicht würdig. Gesagt, nicht getan! Bereits nach den ersten Verhand­lungsrunden ist klar geworden, dass die Verpflichtung nicht kommt. Warum ist das klar geworden? – Weil auch der Regierung mittlerweile klar geworden ist, dass das, was wir Grünen von Beginn an angemerkt haben, nämlich dass es hierfür eklatant an Plätzen mangelt, auch tatsächlich Realität ist.

Im Schuljahr 2006/2007 und im Schuljahr 2007/2008 wurden für die Drei- bis Fünfjähri­gen lediglich 3 819 Plätze geschaffen. Das entspricht einer Erhöhung von genau 1 Pro­zent. Wenn Sie in diesem Tempo weiter ausbauen, dann werden die jetzt Drei- bis Fünfjährigen im Jahr 2023/2024 zu 100 Prozent Kindergartenplätze zur Verfügung ha­ben. Ich gehe nicht davon aus, dass Sie darunter eine sachgerechte und sozial gerech­te Politik verstehen.

Sie haben zwar 70 Millionen für die Jahre 2009 und 2010 in die Hand genommen, aber wir haben heute Vormittag schon rund um die Diskussion zum Familienpaket in der Steuerreform angemerkt, dass dies zu wenig ist, dass Sie zwar die Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten versprechen können, aber wenn Sie die Kinderbetreuungs­plätze hier nicht zur Verfügung stellen können, dann hilft das den Familien überhaupt nicht. (Beifall bei den Grünen.)

Nicht nur wir, sondern auch namhafte ExpertInnen, wie beispielsweise Markus Marter­bauer, haben darauf hingewiesen, dass es nicht nur sozusagen für die Erreichung des Zieles, hier das verpflichtende Kindergartenjahr zu 100 Prozent anbieten zu können, wichtig gewesen wäre, sondern durchaus auch eine Konjunktur belebende Wirkung ge­habt hätte, weil man damit nämlich das Fünffache an Arbeitsplätzen hätte schaffen können als mit dem, was Sie jetzt gemacht haben.

Sie haben heute Vormittag hier den Gratiskindergarten in Wien erwähnt. Dazu ist auch noch einiges zu sagen. Natürlich ist es erfreulich, dass damit Bürgermeister Häupl und die SPÖ-Stadtregierung einer jahrelangen Forderung der Grünen nachkommen, aber auch das ist nicht ausreichend vorbereitet. So fehlt es etwa an KindergartenpädagogIn­nen. Wir wissen seit Jahren, dass da dringender Nachholbedarf besteht. Warum ist dieser Beruf nicht attraktiv? – Kollegin Glawischnig hat das heute schon ausgeführt: Weil es sich hierbei um einen Beruf handelt, hauptsächlich von Frauen ausgeführt, wo die Einkommen eklatant niedrig sind! Daher fordern wir auch da eine rasche Anhe­bung, eine Erhöhung um 40 Prozent, zumindest auf das Niveau von AHS-LehrerInnen. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Es gibt keine Klärung in Wien, auch in den anderen Bundesländern teilweise nicht, wie denn mit den privaten, den gemeinnützigen Kindergärten da umgegangen werden soll.


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Da gibt es ein völlig intransparentes Fördersystem, und wir kriegen zahlreiche E-Mails – Sie wahrscheinlich auch –, in denen genau diese Einrichtungen ihre Sorgen ausdrücken und null Informationen seitens der Regierung erhalten, wie denn das wei­tergehen soll.

Es fehlt an bundeseinheitlichen Standards: begonnen bei der Ausbildung der Kinder­gartenpädagogInnen, über die Qualitätssicherungen, Gruppengrößen und vieles mehr, aber auch bezogen auf die Öffnungszeiten. Wir alle wissen, dass gute Öffnungszeiten und ausreichende Öffnungszeiten ein wichtiger Grundstein dafür sind, dass Beruf und Familie miteinander vereinbar sind. Sie predigen die ganze Zeit, dass Sie das hier ein­führen wollen, aber Ihre Taten zeigen anderes. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Groß­ruck: Sie haben keine Ahnung!)

Da ist dringender Handlungsbedarf gegeben, und auch wenn sich die Regierung jetzt zurücklehnt: Wir werden das nicht tun! Wir werden einen Antrag auf Schaffung eines einheitlichen Bundesrahmengesetzes einbringen, der genau diese Themen umfasst, und wir haben auch heute in der Früh schon einen Antrag eingebracht, der einen Rechtsanspruch auf einen kostenlosen Kindergartenplatz für alle Kinder ab dem ers­ten Lebensjahr beinhaltet. (Beifall bei den Grünen.)

17.02


Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Kollegin Mag. Ru­das. – Bitte.

 


17.03.12

Abgeordnete Mag. Laura Rudas (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer auf den Galerien! Ich glaube, so weit sind wir gar nicht auseinander. Einig sind wir uns, glaube ich, darin, dass das Bildungs­system so, wie es heute ist, nicht ausreichend ist für unsere Schülerinnen und Schüler. Da brauche ich keine PISA-Ergebnisse oder PISA-Vergleiche, da haben Sie schon recht, da muss ich nur in die Schule gehen und unsere SchülerInnen fragen, aber die kommen leider in der gesamten Diskussion überhaupt nicht vor.

Sie müssen nur mit den Schülerinnen und Schülern reden, und sie werden Ihnen be­stätigen: Das derzeitige Bildungssystem ist nicht gut! Wenn es nämlich so gut wäre, dann wären sie glückliche Schüler, die sich freuen, in der Früh in die Schule zu gehen und sich Wissen anzueignen. (Abg. Amon: Wir haben schon Schüler, die glücklich sind, das kann ich Ihnen auch sagen!)

Wir haben leider nach wie vor noch ein System, in dem nicht die Stärken gefördert wer­den, was aber eigentlich notwendig wäre. Das heißt, wir sind uns einig: Das Bildungs­system, so wie es ist, bedarf Reformen. Und jetzt müssten wir uns nur noch darauf einigen, dass wir Bildungspolitik nicht immer als reine Besoldungspolitik verstehen.

Da, Herr Kollege Brosz, verstehe ich die Differenzierung zwischen Ihnen und Herrn Neugebauer überhaupt nicht, denn von Ihnen beiden kamen ausschließlich besol­dungspolitische Ideen. – Herr Neugebauer hat hier überhaupt nicht gesprochen; das kann ich also nur den Zeitungen entnehmen. – Sie haben ausschließlich Besoldungs­politik angesprochen – kein Wort von Bildungspolitik kam von Ihnen! (Abg. Brosz: Kein Wort von Bildungspolitik?!)

Schade – wahrscheinlich aus persönlicher Betroffenheit, aber dann tun Sie nicht so, als würden Sie für die Lehrerinnen und die Lehrer sprechen! Ich kenne genügend Lehre­rinnen und Lehrer, die voll und ganz hinter den Reformen von Claudia Schmied stehen und bereit sind, dafür auch eine Solidarleistung zu erbringen, und bereit sind, zu Ver­besserungen im Bildungssystem auch selber aktiv beizutragen. (Abg. Rädler: Wer sind die zwei Lehrer? – Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Öllinger: „Solidarleis­tungen“ heißt das jetzt! Unbezahlte Überstunden heißen „Solidarleistungen“!)


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Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir uns die Reformen im Einzelnen an­schauen, dann sehen wir: Die Entscheidung fällt da eigentlich leicht! Denn: Entweder wir sagen: Wir verzichten auf die kleineren Klassen! – Das will niemand. Okay. Oder wir sagen: Wir verzichten auf Kleingruppenunterricht. – Das will auch niemand. Oder wir sagen: Wir verzichten auf Lehre mit Matura! – Auch das will niemand. Oder wir sa­gen: Wir verzichten auf einen Ausbau der Neuen Mittelschule. – Das will überhaupt niemand. Das will auch niemand von Ihnen. In allen Parteien, außer in der FPÖ, gibt es ja auch Mitglieder von Landesregierungen, und es gibt kein Bundesland, das sagt: Wir verzichten auf die Neue Mittelschule! – Ganz im Gegenteil!

Die Bundesländer fordern den Ausbau der Neuen Mittelschulen, weil sie sehen, wie er­folgreich dieses Modell ist. Das heißt, die Reformmaßnahmen von Claudia Schmied machen sich ja verdient. Nicht umsonst ist sie eine der beliebtesten Ministerinnen. Die Lehrerinnen, die Lehrer, die Schülerinnen und Schüler und vor allem auch die Eltern stehen hinter ihr. Nur: Was sie wirklich braucht, ist, dass wir hier im Hohen Haus hinter ihr und ihren Reformmaßnahmen stehen. Und dazu gehört eben, Bildungspolitik als Bildungspolitik zu verstehen, und Besoldungspolitik dort zu machen, wo sie hinge­hört. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.06


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Abgeordnete Franz. – Bitte.

 


17.06.21

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Ge­schätzte Damen und Herren! Ja, es ist schade, dass diese Bildungsdiskussion durch die Forderung nach zwei zusätzlichen, unbezahlten Unterrichtsstunden losgetreten wurde, und sie ist beispiellos, diese Bildungsdiskussion, die nun in eine allgemeine Lehrerschelte von der Öffentlichkeit ausartet!

Es ist auch beängstigend, wie hier auf eine Berufsgruppe verbal eingedroschen wird. Und das BZÖ macht hier munter mit, weil es ja bei der Bevölkerung immer schon gut angekommen ist, wenn man Lehrer geärgert hat.

Die Folgen: Eine dramatische Demotivation, ein gewaltiger Frust der Lehrerinnen und Lehrer.

Ich war in der vergangenen Woche bei einer Präsentation von Maturaprojekten an einer Handelsakademie, und es wurden dort Projekte präsentiert in einer Qualität, über die man nur staunen konnte. Es waren Kooperationen mit heimischen Firmen, es wa­ren Kooperationen mit Gemeinden, es war auch ein Nahversorgungsprojekt dabei, das wirklich sehr interessant war.

Diese Präsentation zeugte von einer bewährten Partnerschaft zwischen Schülern, El­tern, Lehrern und Wirtschaft, und genau so stellt man sich eine moderne, eine lebendi­ge Schule vor. Jeder, der etwas von Schule versteht, weiß, dass solche Projekte in der normalen Stundenverpflichtung, in den vorgegebenen Unterrichtsstunden absolut nicht entstehen können. Es braucht ein besonders hohes Engagement der Lehrerinnen und Lehrer, und es braucht natürlich auch einen zusätzlichen Arbeitsaufwand, einen zu­sätzlichen zeitlichen Aufwand der beteiligten Personen.

Sie können sich vorstellen, was da, als ich nachher mit den LehrerInnen gesprochen habe, gekommen ist: Sie haben mir ihr Leid geklagt, ihren Unmut geäußert – und das zu Recht! – über diese unselige Diskussion, in der signalisiert wird: Lehrer sind faul, sie arbeiten zu wenig, sie wehren sich gegen jede Veränderung!

Ich sage: Das stimmt nicht! Die Arbeit des Lehrers in der Klasse beschränkt sich nicht nur auf die Stunden, die er in der Klasse steht, sondern zur Lehrerarbeitszeit gehört die


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Vorbereitung, gehören Elterngespräche, gehören Teamsitzungen, gehört die Schüler­beratung, gehört das Korrigieren von Arbeiten, gehören Projekte, Lernbegleitung und dergleichen mehr.

Dazu kommt, dass eine überwiegende Anzahl von Lehrpersonen für ausgewogene Veränderungen sehr wohl bereit ist, aber wenn schon Eingriffe in das Dienstrecht erfol­gen sollen, so muss doch auch gleichzeitig das längst überfällige Dienst- und Besol­dungsrecht geändert werden. Es muss modernisiert werden: mit einer flacheren Ge­haltskurve, mit höheren Einstiegsgehältern und mit einer leistungsbezogenen Kompo­nente. Dann wären vielleicht auch wieder mehr Männer bereit, diesen Beruf zu ergrei­fen, denn der Mangel an männlichen Lehrpersonen erscheint mir pädagogisch bedenk­lich. Es besteht angesichts der bevorstehenden Pensionierungswelle durchaus die Chance, dass das auch umgesetzt werden kann, dass es finanzierbar ist.

Wir brauchen auch bessere Arbeitsbedingungen an den Schulen, damit Lehrer auch ih­re Vorbereitungen in der Schule machen können, wenn man schon will, dass sie 40 Stunden da sind. Es muss für einen Lehrer/eine Lehrerin im Konferenzzimmer mehr als ein halber Quadratmeter zur Verfügung stehen, und ein kleines Fach ist auch zu wenig. Manche Lehrer haben nicht einmal einen eigenen Stuhl.

Die Aussage im Regierungsübereinkommen, Lehrerinnen und Lehrer sind der Schlüs­sel zum Bildungserfolg, ist unbestritten. Stärken wir also unsere Pädagoginnen und Pä­dagogen! Nur motivierte Lehrpersonen sind auch in der Lage, Schülerinnen und Schü­ler zu motivieren.

Kommen wir zurück zu einer bildungspolitischen Debatte, die mehr Qualität in der Schule zum Inhalt hat und nicht von Einsparungen redet. Auch in dieser Diskussion gilt der klassische Rat: Zuerst denken, dann miteinander reden und schließlich handeln! (Beifall bei der ÖVP.)

17.11


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.

 


17.11.06

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ho­hes Haus! Frau Kollegin Franz, lassen wir doch einfach Zahlen sprechen! (Ruf bei der ÖVP: Die sprechen gegen Sie!) – Nein, das ist nicht der Fall, das werde ich Ihnen gleich erläutern.

Im Primärbereich verbringt der Lehrer im Durchschnitt – Frau Kollegin Haubner hat es schon einmal erwähnt – laut OECD-Studie – nicht BZÖ-Studie, OECD-Studie! – 43 Pro­zent in der Schulklasse bei seinen Schülern. (Abg. Dr. Rasinger: Ich glaube, du bist ein Lehrer – ein Oberlehrer!) – Nein, ich bin nicht der Lehrer. – Zu 57 Prozent ist er al­so nach Adam Riese – du kannst nachrechnen; ohne Taschenrechner, wenn es geht – nicht bei den Schülern.

Im Sekundärbereich I ist er nur 33,7 Prozent bei den Kindern, im Sekundärbereich II 32,7 Prozent bei den Kindern. Das ist in der Oberstufe, da ist die Anwesenheit bei den Schülern überhaupt am geringsten.

Jetzt wollen Sie uns allen erklären, dass der Lehrer zwei Drittel der Zeit – zwei Drittel der Zeit! – angeblich für Nachbetreuung, Vorbereitung, Nachbereitung, Korrektur von Schularbeiten – bei übrigens immer niedriger werdenden Schülerzahlen, kleiner wer­denden Klassen – braucht! Er hat angeblich so einen Aufwand, dass er dazu zwei Drit­tel der Zeit braucht!


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Der Einzige, der ehrlich war in der ganzen Debatte, war der Kollege Amon, der in sei­ner Freud’schen Fehlleistung nämlich immer gesagt hat, es sei undenkbar in einem an­deren Bereich – ich zitiere Amon –, dass ein Arbeitgeber einseitig die Arbeitszeit ver­längern kann. – Ende des Zitats.

Das ist ehrlich gewesen. Er hat damit zugegeben, dass die Lehrer das, was sie an Nachbereitung, Vorbereitung – also diese zwei berühmten zwei Drittel, die ich genannt habe – und so weiter machen, selber in Wirklichkeit gar nicht als Arbeitszeit sehen, meine Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.) Auch der Kollege Walser hatte in sei­nem Debattenbeitrag Freud’sche Fehlleistungen, genauso wie andere, die alle wis­sen – du, Kollege Walser, weißt es aus eigener Erfahrung –: Die Lehrer haben in Wirk­lichkeit einen Halbtagsjob! Wer zwei, drei Jahre Routine im Lehrberuf hat, der braucht nicht zwei Drittel der Zeit für Nachbereitung und Vorbereitung und für die Korrektur der Hausübungen, meine Damen und Herren. Das ist einfach lächerlich! (Beifall beim BZÖ.)

Ich sage Ihnen: Mit dem, was wir daheim machen müssen, was wir bei den Hausaufga­ben mithelfen müssen – bei dieser Kinderanzahl; zu der stehe ich schon; das mache ich schon selber mit meiner Frau (Heiterkeit) –, habe ich mehr zu tun als der Herr Leh­rer, der angeblich zwei Drittel seiner Dienstzeit für die sogenannte Vorbereitung und Nachbereitung braucht. Das ist schlicht und einfach nicht wahr!

Wahr ist, was Kollege Amon gesagt hat: Es geht um eine Arbeitszeitausweitung. Jetzt ist aber der Punkt doch der: Die werden nicht für 20 Stunden bezahlt. (Abg. Amon: Es braucht aber auch mehr Vorbereitungszeit ...!) Nein, Herr Kollege Amon, die Lehrer werden nicht für 20 Stunden bezahlt, sondern sie werden – und jetzt werde ich Ihnen etwas Neues erzählen! – für 40 Stunden bezahlt. Unglaublich! 40 Stunden ein Lehrer!? Das ist ja eine schwere Überlastung, der wird einen Bruch kriegen! Ich mache mir jetzt schon Sorgen um diese Arbeitsüberlastung der Lehrer, meine Damen und Herren!

Erklären Sie das den Arbeitnehmern und Gewerbetreibenden! Und das wissen Sie in Ihren Reihen ganz genau, Herr Kollege Stummvoll; ich weiß ja, dass es bei Ihnen eine hitzige Debatte auch im eigenen Bereich gibt, im Wirtschaftsbund, im Bauernbund, wo man sagt: Seid ihr noch bei Trost, einen derart geschützten Markt wie den Lehrermarkt dermaßen unter den Glassturz zu stellen? – Nicht einmal Herr Präsident Neugebauer geht mehr heraus, um die Lehrer zu verteidigen! (Beifall beim BZÖ.) Das bleibt einem Amon überlassen – oder dem Kollegen Graf.

Das ist auch bemerkenswert gewesen: Ein ÖVP-Vertreter kommt nicht heraus, wenn der Kollege Walser sagt: ÖVP-Gewerkschafts-Betonköpfe! Nein, der Martin Graf geht hier heraus! (Abg. Dr. Graf: Das ist ja unerhört!) Nein, du bist herausgegangen und hast sie verteidigt. (Abg. Dr. Graf: Ja eh!) Nicht einmal die ÖVP-Abgeordneten gehen hier mehr heraus! Die leisten in Wirklichkeit nur mehr Pflichtbeiträge, weil sie genau wissen, dass die Leute draußen nicht so dumm sind und genau Bescheid wissen, wenn sie dauernd dieselben Lehrer auf dem Tennisplatz sehen, wenn dauernd dersel­be Versicherungsvertreter daherkommt, der den Lehrberuf nur im Nebenjob ausübt, wenn die Angebote für die Nachhilfestunden von Lehrern kommen, die den Lehrberuf nur mehr als Nebenberuf haben! 140 bis 150 Millionen pro Jahr müssen die Menschen in diesem Land dafür ausgeben, dass das nachgeholt wird, was der Lehrer den Kin­dern in der Schule nicht mehr beibringt, meine Damen und Herren!

Das sind doch die Dinge, die Sie doch einmal beschäftigen müssten, wenn Sie wirklich an einer Verbesserung der Situation interessiert sind!

Frau Bundesminister, ich sage das alles auch Ihnen, denn – ich habe hier einen Zettel des AHS/BSA-Bundes; ja, Sie kennen die Leute schon – es ist unglaublich, wie pikiert


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man darüber ist, dass man als Lehrer das Gehaltsniveau einer „Hofer“-Kassierin hat. Na so was! Hofer-Kassierin – pfui! Das ist ja einer Arbeiterpartei wirklich nicht mehr würdig, sich mit einer „Hofer“-Kassierin vergleichen zu lassen. – Das ist nackter Stan­desdünkel, und das ist die nackte Verachtung jener Frauen, meine Damen und Herren, die auf ein „Hofer“-Gehalt als Kassierin angewiesen sind (Beifall beim BZÖ) – und dann noch aus diesem miesen „Hofer“-Kassierinnen-Gehalt die Nachhilfestunden be­zahlen müssen, weil die Damen und Herren LehrerInnen in der Schule nicht mehr in der Lage sind, den Kindern den Lehrstoff beizubringen, ohne dass diese Nachhilfeun­terricht brauchen, meine Damen und Herren.

Das ist es! Nennen Sie das von mir aus Lehrer-Schelte; das ist mir völlig egal! – Ich bin auf der Seite der Mütter und Väter in diesem Land, die darunter leiden, dass im Schul­betrieb immer weniger an Leistung erbracht wird und dabei aber immer mehr Privile­gien vorhanden sind! (Beifall beim BZÖ.)

Ich bin auf der Seite jener, die in diesem Land die Steuerleistung erbringen müssen, aus welcher andere gesicherte Jobs haben und sich dann darüber aufregen, dass sie zwei Stunden länger am Dienstort bleiben müssen!

Kollege Amon, das sage ich dir jetzt als Conclusio: Es ist das gute Recht jedes Arbeit­gebers in diesem Land, zu bestimmen – und zwar einseitig –, wo der Arbeitnehmer sei­ne Dienstverpflichtung zu erfüllen hat. Ja, selbstverständlich! (In Richtung des Abg. Dr. Stummvoll:) Geh, Günter, bringe ihm das einmal bei, der weiß nicht, wie ein Unter­nehmen funktioniert! Wenn der Installateur sagt: Du fahrst zur Frau Schmauswaberl und reparierst dort die Leitung, und das kostet dich fünf Stunden!, dann kann ich auch nicht sagen: Nein, nein, da werde ich jetzt zu meiner Gewerkschaft gehen! Das gefallt mir nicht, ich bleib’ doch nicht länger bei der Frau Schmauswaberl, ich will heim zu meiner Frau!

Meine Damen und Herren, das ist Lehrerdenken. Das ist sehr verräterisch gewesen, Herr Kollege Amon. Tatsache ist, dass das wirtschaftsfeindlich ist. Das ist unterneh­merfeindlich, das ist leistungsfeindlich, das ist eine Form der Glassturzpolitik, die in die­sem Land nicht mehr erträglich ist, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Wenn Sie daher etwas verbessern wollen, Frau Bundesminister, dann gehen Sie tief hinein. Haben Sie sich den Antrag mit den 31 Punkten angeschaut, der von unserer Fraktion kommt? (Bundesministerin Dr. Schmied nickt bejahend.) Bei aller Wertschät­zung des Kollegen Windholz, die Sie offensichtlich entdeckt haben – ich finde das wirk­lich nett, dass Sie die Unterstützung meines Kollegen Windholz so dankbar annehmen; die wird auch von unserer Fraktion kommen –, muss ich Ihnen doch eines sagen: Von uns kommt die Unterstützung nur dann, wenn Sie bereit sind, wirkliche weitreichende Reformen anzugehen. Mit Reförmchen alleine werden Sie bei uns niemanden zufrie­denstellen!

Machen Sie große Reformen, haben Sie Mut! Nehmen Sie nicht auf irgendwelche ge­schützten Bereiche und Randgruppen Rücksicht! Sehen Sie die Probleme, wie sie sind – und gehen Sie in ein leistungsorientiertes, qualitätsorientiertes Schulenmanage­ment hinein! (Beifall beim BZÖ.)

17.18


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Kollege Faul. – Bitte.

 


17.18.43

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Lieber Kollege Stadler, heute hast du dich wieder prächtig geoutet als Vater von sechs Kindern, der halt leicht überfordert ist und der alle Schuld, die es gibt, immer nur bei den Lehrern und in der Schule sucht. (Beifall bei der SPÖ.) Vielleicht ist dein Privatleben, weil dich deine Frau so einteilt zum Mitlernen mit den Kindern – deine


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Beispiele des Prozentrechnens zeigen, dass du mitten drinnen bist –, für dich karriere­feindlich, und deswegen auch dein Angriff auf die Lehrer.

Aber weg von aller Polemik! Meine sehr verehrten Damen und Herren, heute Nachmit­tag hat uns die Nachricht – ich bitte wirklich um etwas Ruhe – von diesem Amokläufer ereilt. Diesmal war es keiner in Amerika, wo wir sagen können: Weit weg, Närrische, Waffengesetz nicht in Ordnung! Es war ein Pflichtschüler einer Realschule in Deutsch­land, der, Frau Bundesministerin, sicherlich einer derjenigen war, die du beschrieben hast, einer der 25 bis 30 Prozent, der mit der Schule nicht zufrieden war, der nicht ge­fördert war, den man nicht betreut hat, den man nicht bis zum Ende geführt hat, was seine Ausbildung anlangt.

Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es war dort nicht die Frage des Geldes ausschlaggebend, sondern es ging um die Frage der Qualität in der Schule.

Kollege Amon, ich möchte dir das wirklich sagen: Ich weiß, deine geistige Ziehmutter ist Frau Gehrer, und du wirst ihr Schulsystem immer noch schönloben. Auch wenn un­sere Schulen am Rande des Abgrundes und an letzter Stelle stehen würden, würdest du immer noch loben und beharren. (Abg. Amon: Nimmst du das bitte zurück?!)

Eines möchte ich dir sagen, Kollege Amon: Deinen heutigen Redebeitrag zur Verant­wortlichkeit des Finanzministers würde ich auch gerne widerlegen, und ich sage dir da­zu Folgendes: Der Finanzminister hat – genau wie du, wie alle Lehrervertreter, wie alle Minister und wie auch unsere Bundesministerin – gewusst, welche Konsequenzen die­ser Budgetansatz hat. Aber zum Unterschied von Bundeskanzler Faymann, der sich hingestellt hat und hinter die Ministerin gestellt hat, weil er das mittragen möchte, war der Finanzminister wieder mit den Worten da: Ja, haben wir nicht, wir brauchen Eigen­verantwortlichkeit! (Abg. Dr. Graf: Das ist gefährlich! Er soll sich vor sie stellen, nicht hinter sie!) Deine Worte haben heute wieder genau so geklungen: Da ist die Ministerin schuld! – So geht es nicht! Ich glaube, man muss hier auch die Konsequenz einbrin­gen, das mitzutragen.

Kollege Westenthaler – ich möchte es wirklich nur ganz kurz machen –, zu deinen ver­balen Äußerungen möchte ich nur Folgendes sagen: Jahrzehntelang habt ihr die Be­tonmauer für die sogenannten Betonschädel – wie Sie es bezeichnen – gemacht! Ich würde es nicht so sagen. (Ruf beim BZÖ: Jahrzehntelang?)

Lieber Kollege Amon, eines möchte ich dir noch sagen: Ich habe heute aus deinem La­ger – aus der Industriellenvereinigung, aus der Wirtschaftskammer, aus anderen Ge­werkschaften, deinen Partnergewerkschaften, die ÖVP-dominiert sind, vor allem aber auch von vielen Bürgermeistern – tolle Anrufe bekommen. Viele haben gesagt, wie sehr sie hinter dem System von Bundesministerin Schmied stehen (Abg. Mag. Molte­rer: Die kennen dich ja gar nicht!), weil sie einfach wissen, dass die geänderte Gesell­schaft, lieber Kollege Amon, auch geänderte Formen des Unterrichtes anbieten muss.

Beim Ganztagskindergarten haben wir nie gestritten, das war uns klar, aber in der Fra­ge, ob die Lehrer ganztägig unterrichten sollen, in der Frage, ob die Lehrer einen inte­grierten Förderunterricht machen sollen, in der Frage, ob sich die Lehrer den Schülern mehr zuwenden sollen, da sind wir plötzlich auseinander und da gibt es tiefe Klüfte.

Frau Bundesministerin Dr. Schmied, Sie haben es meiner Meinung nach mit Ihrem An­trag auf den Punkt gebracht. Ich glaube, wir Kolleginnen und Kollegen, obwohl wir selbst Lehrer sind, stehen hinter Ihnen! Sie wollen das Beste für unsere Schülerinnen und Schüler. (Abg. Dr. Graf: Welcher „Antrag“?) Herr Kollege Graf ... (Abg. Dr. Graf: Wel­cher Antrag der Frau Bundesminister?) Der Vorschlag – Entschuldigung, ich habe den Vorschlag der Frau Bundesministerin gemeint.


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Herr Kollege Graf, wissen Sie, was ich heute so fatal finde, auch von Ihnen? – Ich habe Ihnen wirklich mehr Format zugetraut. Nicht die Kinder sind Ihr Interesse, es ist das parteipolitische Geplänkel hier herinnen: Wer vertritt Lehrer, wer vertritt keine Lehrer? Hauen wir drauf, hauen wir nicht drauf? (Abg. Dr. Graf: Das können Sie uns nicht vor­werfen: Wir vertreten die Lehrer nicht!) – Da muss ich sagen: Das ist eigentlich den Lehrern gegenüber sehr, sehr unverschämt! Ihr habt die Lehrer nur zum Spielball ge­macht: der unzufriedene Vater; der, der keine Lehrer vertritt; diejenigen, die die Lehrer gerne vertreten, für sie gerne da sein möchten und sonst immer lamentieren, dass al­les zu wenig ist. (Ruf beim BZÖ: Wen vertrittst du jetzt?) Bitte, das ist nicht die Ehrlich­keit, die wir uns hier erwartet haben!

Frau Bundesministerin, alles Gute auf dem Weg zu einer qualitätvollen Schule, zu einem sozialen Schulsystem, in dem nicht nur die Eliten weiterkommen, sondern auch die Ärmeren und die Schwächeren in unserer Gesellschaft gefördert werden, weil wir sie zukünftig brauchen! Alles Gute für Sie auf dem Weg, auf dem man mit Zuwendun­gen an die Schwachen in der Gesellschaft, die wir nicht hinten lassen können, hier ein­fach die notwendigen Mittel findet!

Ich möchte auch eine Lanze für die Lehrer brechen, weil ich selbst Direktor bin. Meine Lehrerinnen und Lehrer haben gesagt, sie möchten einen Beitrag dazu leisten, dass das Schulsystem in Österreich kindgerechter wird. Die einzige Bitte, die sie haben, ist die, Frau Bundesministerin, dass die Leistungen, die sie für die Kinder freiwillig erbrin­gen wollen, zur Qualitätssicherung in ihren Schulen verbleiben. In diesem Sinne: Alles Gute auf dem Weg! (Beifall bei der SPÖ.)

17.24


Präsident Fritz Neugebauer: Vorläufig letzte Wortmeldung hiezu: Kollege Öllinger. – Bitte.

 


17.24.31

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es eine Erfahrung aus den bildungspolitischen Debatten gibt, die in anderen Ländern wie beispielsweise Skandinavien abgeführt wurden, dann ist es diese: Du kannst im Schulsystem reformieren, was du willst, seien es Lehrpläne, institutionelle Reformen – wenn es nicht gelingt, die Lehrer und die Lehrerinnen mitzunehmen, dann können Sie Reformen machen, so viele Sie wollen, und Sie werden scheitern! (Beifall bei den Grünen.)

Sie, Frau Bundesministerin – das ist unser Vorwurf an Sie –, haben eine Debatte, die für uns so wichtig ist wie keine andere, die Bildungsdebatte, damit begonnen (Abg. Mag. Rudas: Das ist eh passiert! Unterstützen Sie sie!), dass Sie die Lehrer vorgeführt haben! Das ist so ziemlich das Dümmste, was man in dieser Situation des österreichi­schen Bildungssystems machen kann. Das ist der Vorwurf an Sie, Frau Bundesminis­terin! (Beifall bei den Grünen.)

Über alles kann und muss diskutiert werden, auch über den Umstand – natürlich weiß das jeder, nicht nur Herr Kollege Stadler, der wieder seine Philippika zum Besten gege­ben hat, aber im Prinzip ein Bild vom Lehrer im Kopf hat, das genau dem entspricht, wofür Stadler steht: 19. Jahrhundert, Professor Unrat! Das ist Ihr Bild vom Lehrer, so hätten Sie ihn gern und so passt er in Ihr Konzept. Nur, das spielt es einfach nicht mehr, Kollege Stadler!

Die Lehrer von heute sind nicht nur Pädagogen, die sich mit Unterrichtsstoff auseinan­dersetzen müssen, sondern sie sind hoffentlich auch für die Alltagsprobleme der Kin­der und der Jugendlichen da. (Abg. Mag. Stadler: Da schau her!) Leider sind es nicht alle, auch das wissen wir. Aber wenn Sie, Frau Bundesministerin, eine Chance haben wollen (Abg. Mag. Stadler: Die meisten Beschwerden ...!), ein Reformkonzept, zu dem


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Sie ja noch gar nicht die Unterstützung der ÖVP haben, umzusetzen, dann geht das nur dadurch, dass Sie diese engagierten Lehrerinnen und Lehrer mitnehmen, dadurch, dass Sie diese engagierten LehrerInnen unterstützen und nicht gegen sie arbeiten!

Das, was wir von Ihnen gehört haben, Frau Kollegin Rudas, ist der Newspeak der SPÖ: Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich ist der Solidarbeitrag der Lehrer. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) – Das ist absurd, das ist grotesk! (Zwischenruf der Abg. Mag. Rudas.) Damit können Sie sich nahtlos einreihen in die Front der Verhinderer beziehungsweise Betonierer (Präsident Neugebauer gibt neuer­lich das Glockenzeichen), die wir aus vergangenen Jahren der Bildungspolitik und auch der Sozialpolitik vonseiten der ÖVP und der FPÖ kennengelernt haben.

 


Präsident Fritz Neugebauer: Den Schlusssatz, bitte!

 


Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Ja, ich wünsche mir einen Schritt vorwärts in eine mutige Bildungszukunft. Sie haben ihn nicht gesetzt, Frau Bundesministerin! (Beifall bei den Grünen.)

17.27


17.27.50Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir haben nun vier Abstimmungen vorzunehmen.

Abstimmung über den Selbständigen Antrag 515/A(E) der Abgeordneten Dr. Glawisch­nig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Bildungsmilliarde“ Teil 1: Erhöhung des Bildungsbudgets um 525 Millionen € für 2009 und 2010 – Budgetgarantie für Bil­dungsreformen.

Wer sich diesem Antrag anschließt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minder­heit. Abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Bildungsmilliarde“ Teil 2: Zusätzliche Investitionen in das ös­terreichische Bildungssystem, 475 Millionen € in den Jahren 2009 und 2010 für Infra­struktur und professionelles nicht-pädagogisches Personal.

Wer dem beitritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Rosenkranz, Kol­leginnen und Kollegen betreffend grundlegende Reformen im Bildungswesen anstelle einer Sündenbockpolitik.

Wer dem beitritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen be­treffend Schulreform und Konjunkturpaket gegen die bildungspolitische Verarmung Ös­terreichs.

Wer dem beitritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

17.29.13Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 526/AB

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir gelangen zur kurzen Debatte über die Anfragebe­antwortung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasser­wirtschaft mit der Ordnungszahl 526/AB.

Die Anfragebeantwortung ist verteilt. Eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt sich.


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Ich mache darauf aufmerksam, dass kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf. Der Erstredner bekommt zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten. Stellungnah­men von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Ich darf die Antragstellerin, Frau Mag. Brunner, bitten, die Debatte zu eröffnen.

 


17.30.10

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Wir haben Ende vergangenen Jahres eine Anfrage an den Herrn Umweltminister bezüglich Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie gestellt. Wir haben jetzt eine Antwort bekommen und möchten sie heute hier gerne diskutieren, weil der Herr Minister bei der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie, im Besonderen bei der Erarbeitung des darin vorgesehenen Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplanes, säumig ist und weil auf­grund dieser Säumigkeit, wegen der gleichzeitigen massiven Ausbaupläne der Was­serkraft und wegen der Diskussionen über Sonderregelungen im UVP-Gesetz aus un­serer Sicht doch eine große Gefahr besteht, dass die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie dadurch unterlaufen werden.

Das Ziel dieser Richtlinie ist es, einen guten ökologischen Zustand unserer Gewässer zu erreichen. Leider ist es aber so, dass bei 60 Prozent unserer Fließgewässer die Ge­fahr besteht, dass diese Ziele nicht erreicht werden können. Der Nationale Gewässer­bewirtschaftungsplan soll sicherstellen, dass wir diese Ziele erreichen können, und hier sind Sie eben leider säumig. Bereits Ende des letzten Jahres, am 22. Dezember, hät­ten Sie einen Entwurf vorlegen sollen; den haben Sie jetzt in der Anfragebeantwortung für April angekündigt. Die Ursachen für die Verspätung gehen aus der Beantwortung leider nicht klar hervor. Sie sprechen darin von umfangreichen Planungsprozessen. Ja, es ist mir schon klar, dass das ein umfangreicher Planungsprozess ist. Das ist aber für mich jetzt nicht die Antwort darauf, warum das nicht rechtzeitig gemacht wurde.

Auch die Einbindung der Bevölkerung, die in dieser Richtlinie vorgesehen ist, ist unzu­reichend. Es wird eine aktive Information der Bevölkerung gefordert. Wir lesen hier von Veröffentlichungen im Internet, die vorgesehen sind, und von Stellungnahmemöglich­keiten – das ist einfach zu wenig. Auch die Beteiligung von nominierten Vertretern ist zu wenig. Nominierte Vertreter/Vertreterinnen sind nicht die Öffentlichkeit, nominierte VertreterInnen vertreten nicht die Bürgerinnen und Bürger, sondern eben diejenigen, von denen sie nominiert wurden. Hier ist ein aktives Zugehen auf die Bürgerinnen und Bürger gefordert, ein aktives Informieren, damit die Leute wissen, was geplant wird und welche Möglichkeiten sie tatsächlich haben, an dieser Erarbeitung mitzuwirken.

Die Einbindung der Bevölkerung haben Sie laut Beantwortung jetzt offenbar an die Länder delegiert. Ich denke, es ist auch durchaus okay, auf diese Weise regionale An­sätze zu finden und damit auch näheren Zugang zu haben. Aber Sie sollten sich schon auch darum kümmern, dass das tatsächlich gemacht wird und dass die Informationen wieder bei Ihnen zusammenfließen. Das haben Sie offenbar nicht gemacht, und nicht einmal aufgrund unserer Anfrage ist es jetzt geschehen. Wir haben nämlich auch kon­kret nach den Maßnahmen in den einzelnen Ländern gefragt, und dazu haben wir lei­der keine konkreten Antworten bekommen.

Für mich drängt sich jetzt die Frage auf, wie Sie aufgrund des jetzigen Standes die nächste Frist einhalten wollen. Die nächste Frist sieht nämlich eine Fertigstellung die­ses Gewässerbewirtschaftungsplanes am 22. Dezember dieses Jahres vor. Wenn Sie das durch vermehrte Anstrengungen schaffen sollten: Wie wollen Sie sicherstellen, dass in einer kürzeren Zeit, die Ihnen dann noch verbleibt, die Bevölkerung wirklich eingebunden wird, so wie es in der Richtlinie vorgesehen ist?

Der Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan ist ein wichtiges Planungsinstrument und stellt die Weichen für die Verbesserung der Fließgewässerstrukturen. Darum geht es


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jetzt, und ich habe es angesprochen: Bei 60 Prozent besteht die Gefahr, dass diese Ziele nicht erreicht werden können. Es geht nun darum, wie wir diese Ziele erreichen können und wie wir dorthin kommen, aber nicht darum, wie wir auch noch die letzten Fließgewässer zupflastern können. Also: Wasserkraft ja, aber nur auf Grundlage eines konkreten Planes und nur im Einklang mit der Wasserrahmenrichtlinie! (Beifall bei den Grünen.)

Es darf also durch Verfahrensbeschleunigungen, die jetzt im Raum stehen, und durch Bevorzugung der Wasserkraft nicht zu einem Wildwuchs kommen, denn das wäre ge­nau der falsche Weg. Das würde die Wasserrahmenrichtlinie unterlaufen, das würde dem EU-Recht widersprechen und damit letztlich auch Planungsunsicherheit auslösen. Ich glaube, damit ist dann auch der E-Wirtschaft nicht wirklich gedient.

Die Verfahrensbeschleunigungen habe ich angesprochen. Es wird viel darüber gejam­mert, dass die Verfahren zu lange dauern, und es werden Verfahrensbeschleunigun­gen gefordert. Tatsächlich ist es aber so, dass die UVP-Verfahren in den letzten Jah­ren beschleunigt wurden. Die Verfahren in der ersten Instanz dauern im Durchschnitt 13 Monate, die Verfahren in der zweiten Instanz beim Umweltsenat sechs Monate und de facto vier Monate.

Mein Appell, vor allem auch an die Kolleginnen und Kollegen von den Regierungspar­teien, lautet: Wir sollten oder, besser, Sie sollten damit aufhören, immer so zu tun, als wäre ein UVP-Verfahren das Verhinderungsinstrument für Projekte. Ein UVP-Verfah­ren verhindert in der Regel ein Projekt nicht, sondern schreibt eben gewisse Maßnah­men hinsichtlich Ökologisierung vor. Ich denke, für ein gutes und ökologisch sinnvolles Projekt ist eine UVP in der Regel auch nicht das Problem. Die Wasserkraft ist nämlich jetzt schon im UVP-Gesetz bevorzugt. Es werden zwar Kraftwerke ab 15 Megawatt
als UVP-pflichtige Projekte genannt, aber für besonders sensible Gebiete – wie Natura-2000-Gebiete, Naturschutzgebiete – sind keine niedrigeren Schwellenwerte vorge­sehen.

Deswegen brauchen wir eine Novelle dieses Gesetzes. Wir erwarten uns von dieser Novelle auch eine Angleichung der Wasserkraft und keine weitere Bevorzugung, näm­lich Bevorzugung dahin gehend, dass der Wasserkraft von vornherein besonderes öf­fentliches Interesse beschieden wird und damit gewisse Prüfkriterien im UVP-Gesetz, wie eben zum Beispiel der Naturschutz, ausgehebelt werden.

Die UVP ist als sektorübergreifendes Verfahren gedacht, das für alle Projekte gleich gelten soll und nicht einzelnen Projekten Ausnahmen gewähren soll. Wenn hier Aus­nahmen bestehen, wenn es hier zu einer Verfahrensbeschleunigung kommt, würde das zu einem Wildwuchs von Wasserkraftprojekten führen. Diese sind notwendig, aber, wie gesagt, eben nur auf der Grundlage ausreichender Planung, im Einklang mit der Wasserrahmenrichtlinie, um die EU-Gesetzmäßigkeit festzustellen, und im Einklang mit dem, was unsere Flüsse tatsächlich vertragen. (Abg. Großruck: Was wollen Sie denn jetzt beantwortet wissen? Was soll der Minister beantworten?)

Wir erwarten uns von Ihnen dahin gehend jetzt ein konsequentes Beginnen oder Wei­terarbeiten an diesem Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan als wichtige Grundla­ge für den Ausbau der weiteren Wasserkraftprojekte und als Weichenstellung für die Verbesserung der Fließgewässer. Wir erwarten uns, dass Sie dabei die Bürgerinnen und Bürger entsprechend einbinden, wie das auch in der Richtlinie vorgesehen ist. Wir erwarten uns auch, dass Sie, wenn es um das UVP-Gesetz geht, zu einer ausgewoge­nen Regelung finden und nicht umfallen, wenn es um einzelne Ausnahmen geht. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.38



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 197

Präsident Fritz Neugebauer: Für die weiteren Debattenbeiträge gilt eine Redezeit von jeweils 5 Minuten.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Kollegin Bayr. – Bitte.

 


17.38.32

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Nicht nur das Weltwasserforum, das nächste Woche in Istanbul stattfinden wird, ist ein guter Grund, sich zu vergegenwärtigen, dass über eine Milliarde Menschen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser lebt, dass sich dieses Problem – zum Beispiel durch den Klimawandel, zum Beispiel durch die weitere Zunahme der Be­völkerung, aber auch durch die Verschwendung dieser wichtigen Ressource genauso wie durch immer weiteres Einleiten von hochgiftigen Industriegewässern – weiterhin verschärft und dass anzunehmen ist, dass in den nächsten Jahren viele Millionen Men­schen aufgrund von Wassermangel in akute Lebensgefahr kommen werden.

Wir haben in Österreich das Glück, mit Wasser sowohl quantitativ als auch qualitativ verhältnismäßig gut ausgestattet zu sein. Wir leben nur nicht im Verhältnis, wir leben in Österreich, und gerade deswegen haben wir darauf zu schauen, dass wir mit der Men­ge des Rohstoffes, um den anderswo Kriege geführt werden, trotzdem sehr verantwor­tungsvoll umgehen, dass wir mit der Qualität des Wassers als dem Grundnahrungsmit­tel schlechthin und der Basis für ein gesundes Leben schlechthin verantwortungsvoll umgehen. Genauso sind Fließgewässer, aber auch stehende Gewässer ein ganz wich­tiger Ort der Regeneration.

Wenn wir von all dem auch sehr viel haben, ist es dennoch wichtig, den Gedanken des sorgfältigen Umgangs mit Wasser in das Bewusstsein der Menschen einzupflanzen. Gerade dann, wenn etwas im Überfluss vorhanden ist, kommt man oft nicht so leicht auf die Idee, dass man damit sparsam umgehen sollte, dass man sich überlegen sollte, welche chemischen Zusätze man möglicherweise unbedacht irgendwo hineinschüttet, obwohl das gar nicht notwendig ist.

Gerade deswegen ist es auch notwendig, immer und immer wieder auch bei Betrieben das entsprechende Wasser-Bewusstsein zu schaffen und dafür auch entsprechende Gesetze zu haben. Ein sorgloser Umgang aus Kostengründen bedeutet, wenn es um Wasser geht, ganz sicher an der falschen Stelle zu sparen.

Das alles und ein weiteres Bündel an Maßnahmen werden notwendig sein, um bis zum Jahr 2015 zu einem ökologisch, chemisch und mengenmäßig guten Zustand der Ge­wässer zu kommen, einen solchen Zustand herzustellen.

In der Tat: Bei der Veröffentlichung des Entwurfs für einen Nationalen Gewässerbewirt­schaftungsplan ist das Lebensministerium säumig. Das hätte bis Dezember letzten Jahres geschehen sollen und wird jetzt für April 2009 angekündigt. Auch da wird es dann noch eine sechsmonatige Frist geben, innerhalb welcher dann Stellungnahmen einlangen und sich Menschen beteiligen können, bevor dann im Dezember 2009 der Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan endgültig verabschiedet werden soll.

Österreich ist vom Procedere und auch von der europäischen Wasserrahmenrichtlinie her verpflichtet, die aktive Beteiligung aller interessierten Stellen zu fördern und zu or­ganisieren. Ich halte eine solche Herangehensweise für sehr wichtig. Beteiligung ist so­wohl eine Hol- als auch eine Bringschuld. Gerade weil wir viel Wasser haben und vie­len Leuten nicht klar ist, dass man trotzdem sparsam damit umgehen muss, ist es so wichtig, da möglichst viele Menschen einzubinden.

Partizipation der Zivilgesellschaft ist immer auch ein ganz wichtiges Instrument, um Verbündete für eigene Zielsetzungen – in unserem Fall saubere Gewässer – zu gewin­nen. Ich verstehe Partizipation, ich verstehe Teilhabe überhaupt nicht als Bürde oder


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 198

als ungute Auflage, als Mühsal, sondern wirklich als Chance, gemeinsam auf ein Ziel zuzugehen, Menschen mit einzubinden, Betriebe mit einzubinden. Ich verstehe sie als Chance, Information zu verbreiten, aber auch als Behörde, als Ministerium, als Staat, als Regierung und als Parlament Information zu bekommen, Information, zu der wir vielleicht sonst keinen Zugang gehabt hätten.

Mein Staatsverständnis sagt mir auch, dass immer alle eingeladen sein sollten, zum Gemeinwohl beizutragen. Das kann man mit einem ernst gemeinten partizipativen Pro­zess, und ich schätze es sehr, wenn sich viele Menschen über Stunden zivilgesell­schaftlich engagieren. In diesem Sinne möchte ich auch unser Umweltverträglichkeits­prüfungsgesetz verstanden wissen, also überhaupt nicht als ein Behinderungsinstru­ment, sondern als Beteiligungsinstrument, als Instrument der Abwägung unterschiedli­cher Interessen im Sinne einer gesunden Umwelt.

Wir haben als Staat eine ganze Menge Möglichkeiten, Menschen einzuladen, zu parti­zipieren. Es ist wichtig, ein sinnvolles Verhältnis zu finden, um Einladungen auszuspre­chen, niemanden auszuschließen, Menschen zu informieren, aber sie auch nicht mit Information zuzuschütten, sodass keiner mehr klar sehen kann, wo eigentlich der Kern des Problems liegt. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

In diesem Sinne möchte ich auch einfordern: Wir haben die Aarhus-Richtlinie in Öster­reich noch nicht komplett umgesetzt, nämlich in dem Teil, wo es darum geht, dass Menschen im Beteiligungsprozess auch Zugang zu Gerichten finden sollen. (Präsident Neugebauer gibt neuerlich das Glockenzeichen.) Wir sollten diese Diskussion auch zum Anlass nehmen, auch diese dritte Säule der Aarhus-Richtlinie ins österreichische Recht zu implementieren. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.43


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Schultes. – Bitte.

 


17.44.04

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätztes Hohes Haus! Wir haben heute die besondere Gelegen­heit, die uns die Grünen verschaffen, den Herrn Bundesminister und seine Spitzenmit­arbeiter hier zu haben und zum Thema Wasser zu reden. Das ist eine gute Gelegen­heit, in zweifacher Hinsicht Danke zu sagen. Zuerst einmal den Mitarbeitern des Hau­ses, die in den letzten Jahren sehr fleißig und sehr eifrig an der Umsetzung der Was­serrahmenrichtlinie gearbeitet haben.

Ein zweites Danke – und das sage ich mit großer Freude – geht an unseren Umweltmi­nister. Unser Niki Berlakovich hat in Brüssel Großartiges geleistet! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Hagenhofer.)

Ich werde das Minister Berlakovich heute noch ein paar Mal sagen. Ich freue mich bei jeder Gelegenheit immer wieder, weil ich weiß, dass es ihm gelungen ist, in Brüssel, in der Dynamik der Sitzung die Dinge umzudrehen und in unserem Sinne den Beschluss zur Gentechnikfreiheit in Österreich durchzusetzen. Das ist schon etwas Besonderes, und dafür ist ihm auch ganz Österreich dankbar vom ganz linken bis vielleicht sogar auch zum rechten Spektrum der Republik. Und das ist schon eine klasse Geschichte.

Liebe Frau Abgeordnete Brunner, ich freue mich, dass auch Sie ihm diesbezüglich be­sonders gratuliert haben. Da sind wir endlich einmal beieinander. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Hagenhofer.)

Nun zum eigentlichen Thema, zur Wasserrahmenrichtlinie, die uns in Österreich nicht am linken Fuß erwischt hat, sondern in stabiler Haltung, weil wir mit dem Wasserrecht in Österreich eine sehr gute Handhabe haben. Wir haben mit dem alten Wasserrechts-


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gesetz eine hohe Kultur gelebt und mit der Wasserrahmenrichtlinie das alte österreichi­sche Wasserrechtsgesetz weiterentwickelt zu einem dynamischen Wasserrechtsge­setz, mit dem wir die Erfordernisse der Wasserrahmenrichtlinie umsetzen und überer­füllen.

Die Wasserrahmenrichtlinie hat etwas Grundsätzliches geändert. Früher war der Was­sertropfen das Interessante: seine Chemie, ob es ihn gibt, wohin er geht. – Das war das Alte. Das hat den Grünen sehr gefallen, denn da hat man mit allen möglichen Ana­lysewerten die Leute sekkieren können, hat sich jeden zweiten Tag vor etwas anderem fürchten können, „Schadstoff der Woche“ – alles war wunderbar. Jetzt haben wir die neue Wasserrahmenrichtlinie, die die Dynamik des Lebensraums entdeckt, die Dyna­mik der Ökologie und die Dynamik des wirtschaftenden Menschen, der mit dem Was­ser zu tun hat.

Das ist etwas ganz anderes, ein ganz neuer Zugang. Die Grünen haben lange ein Pro­blem damit gehabt. Unsere Beamten im Ministerium genauso wie die Beamten am Land, wie alle Dienststellen und auch die Wirtschaft haben in dieser Frage gut und im Dialog zusammengearbeitet, um in Umsetzung dieser Wasserrahmenrichtlinie das alte Wasserrecht zu einem dynamischen Fließgewässermanagement mit hohem ökologi­schen Anspruch im Dienste der Menschen, im Dienste der Wirtschaft und der Nutzer weiterzuentwickeln.

Daran haben sie gearbeitet, da ist man gut unterwegs. Und jetzt kommt es zu einer weiteren Phase der Bürgerbeteiligung. Es war bisher schon in vielen Workshops, in Seminaren, bei diversen Zusammenkünften die Einbindung der Interessierten möglich. Jeder interessierte Bürger, dem das wirklich ein Thema war, hat jetzt schon seinen In­put bringen können. Ab April soll das eine neue Qualität bekommen. Dann wird über das Internet, über diverse Foren, über diverse andere Möglichkeiten der Stand unserer Weiterentwicklung neu kommuniziert.

Ziel ist es, dass jeder im persönlichen Umgang mit dem Wasser – egal, ob das ein Kraftwerk ist, ob das ein Industriebetrieb ist, ein Einleiter oder vielleicht auch ein Klär­anlagenbetreiber, eine Gemeinde oder schlichtweg einer, der über seinen Gewässer­verband oder als Betroffener neben einem Hochwasser führenden Fluss über das The­ma nachdenkt – seine Anregungen für die Zukunft einbringen kann.

Das Ziel ist klar: Unsere Flüsse sollen sauberer werden, unsere Flüsse sollen lebendi­ger werden, und Wasser soll das sein und bleiben, was es in Österreich ist, nämlich köstlich und überall zu trinken. Daran arbeiten wir gerne weiter, daran arbeiten wir
mit guten Beamten und einem Minister, der das wirklich gut kann, was er vielfach be­weist. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Hagenhofer.)

17.48


Präsident Fritz Neugebauer: Jetzt spricht Herr Kollege Ing. Hofer. – Bitte.

 


17.48.43

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Gleich vorweg: Das, was im Bereich des Anbauverbotes gelungen ist, findet auch unsere Zustimmung, unseren Respekt, und auch wir gratulieren dem Bundesminister, den Beamten zu dieser Leistung. Ganz wichtig ist uns in diesem Zu­sammenhang, dass wir aber nicht vergessen dürfen, dass wir 600 000 Tonnen gen­technisch verändertes Soja jährlich importieren. Das wird an Tiere verfüttert. Fleisch, Milch und Eier von diesen Tieren sind aber nicht gekennzeichnet.

In diesem Zusammenhang bitte ich auch um Unterstützung des Bundesministers. Er möge dafür Sorge tragen, dass nicht jene Landwirte, die gentechnikfreies Futter verfüt­tern, ihre Produkte kennzeichnen müssen (Abg. Dr. Lichtenecker: Es geht hier um


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die Wasserrahmenrichtlinie!), sondern jene – Frau Kollegin, ich komme gleich dazu –,
die gentechnisch veränderte Organismen verfüttern. Das wäre eine sehr wichtige Maß­nahme.

Meine Damen und Herren! Wir in Österreich haben zweifellos einen ganz, ganz wichti­gen Schatz – und das ist unser Wasser. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, ich erlebe das immer dann besonders deutlich, wenn ich aus dem Urlaub zurückkomme aus einem Land, in dem man nicht aus der Wasserleitung trinken kann. Erst dann lernt man wieder zu schätzen, was es bedeutet, dass man in Österreich den Wasserhahn aufdreht und das frische Wasser auch aus der Wasserleitung trinken kann. Das ist kei­neswegs selbstverständlich, meine Damen und Herren!

Daher ist es ganz besonders wichtig, darauf zu achten, dass es in diesem Bereich kei­ne Privatisierung, keine Liberalisierung gibt. Wir sind davon überzeugt, dass der private Unternehmer in vielen Bereichen besser wirtschaftet als der Staat. Im Bereich der Gü­ter der Lebensgrundlagen – und da steht Wasser an der ersten Stelle – darf es nicht sein, dass privaten Geschäftemachern dieses wertvolle Gut übergeben wird. Hier muss die öffentliche Hand die Hand darauf haben und dafür Sorge tragen, dass diese Le­bensgrundlage allen Bürgern zur Verfügung steht.

Zweifelsohne wird es in Zukunft Verteilungskämpfe geben, auch aufgrund des Klima­wandels. Dieser ist unbestritten, wenn auch darüber gestritten wird, was die Ursache hiefür ist. Das Klima ändert sich. Daher wird Wasser ein für uns immer wertvolleres Gut werden. Ich bin auch dafür, dass wir uns im Rahmen internationaler Beziehungen, im Rahmen dieser Wasserrahmenrichtlinie auch darum kümmern, dass wir gemeinsam mit unseren Nachbarn die Wasserqualität sichern.

Ich erinnere – der Herr Bundesminister kennt diesen Fall sehr gut – an die Verschmut­zung der Raab. Bei der Raab war es so, dass eine Schaumbildung beanstandet wer­den musste und dass unsere ungarischen Nachbarn wenig Freude damit hatten, dass plötzlich auf der Raab Schaum aufgetaucht ist. Man hat dann sogar zu einem Boykott aufgerufen, dazu, als Protest gegen diese Schaumbildung kein Bier mehr aus Öster­reich zu trinken.

Man ist dann draufgekommen, dass einige Gerbereien dafür verantwortlich waren, wo­bei für sich gesehen keine das Wasser über Gebühr verschmutzt hätte, aber in Summe war es dann doch so, dass die Raab dadurch aus dem Gleichgewicht geraten ist und diese Schaumbildung negativ beanstandet werden musste.

Wir brauchen daher diese gemeinsamen Umweltziele, das gemeinsame Vorgehen, eine rasche Entscheidung. Wenn wir dem Umweltkontrollbericht entnehmen müssen, dass für 60 Prozent der Fließgewässer das Risiko besteht, das Ziel eines guten Zu­standes bis 2015 zu verfehlen, dann ist das Auftrag für uns, in diesem Bereich beson­ders wachsam und besonders aktiv zu sein. Ich bin auch dafür, dass wir diesen Ge­wässerwirtschaftsplan gemeinsam mit dem Masterplan zum Ausbau der Wasserkraft diskutieren, denn das hängt unmittelbar miteinander zusammen.

Wir sind sehr für den behutsamen und verantwortungsvollen Ausbau der Wasserkraft. Ich bin in diesem Bereich aufgewachsen. Mein Vater war Direktor eines kleinen E-Wer­kes mit einer kleinen Wasserkraftanlage, und es war toll, an jedem Wochenende dort zu sein und zu erleben, dass sich die fettesten Fische genau dort bei diesem Wasser­kraftwerk aufhielten. Das war eine gut geplante Anlage.

Ich bin davon überzeugt, dass ein wesentlicher Teil des Potenzials, das wir in Öster­reich haben, bei einer intelligenten Planung umweltschonend genutzt werden kann. Ich möchte in diesem Zusammenhang ein Projekt erwähnen, das in der Wachau entstan­den ist, nämlich ein Wasserkraftwerk, für das kein Wasser aufgestaut wird. Dort hängt


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die Turbine mit einer Kette an der Flusssohle, das Wasser fließt durch und erzeugt Strom für etwa 30 Haushalte. Auch das ist eine Lösung, die umwelt- und naturscho­nend umgesetzt werden kann

Wichtig ist: Wenn wir das Ziel Energieautonomie für Österreich erreichen wollen, müs­sen wir natürlich neben Energieeinsparungsmaßnahmen jedes Potenzial nutzen, das uns zur Verfügung steht: Photovoltaik, Geothermie, Windkraft und natürlich auch die Wasserkraft. (Beifall bei der FPÖ.)

17.53


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Kollege Mag. Widmann. – Bitte.

 


17.54.02

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Die Wasserrahmenrichtlinie legt die Umweltziele für die Oberflächengewässer und das Grundwasser fest. Wenn die Grünen meinen, wir müssten unbedingt auf Punkt und Beistrich alles, was von der EU kommt, umsetzen, dann wäre es mir recht, wir würden das auch in anderen Bereichen machen, oder umgekehrt formuliert, dass wir im Bereich der Atomenergie dafür sorgen, dass dort so strenge Maßstäbe angelegt werden wie für das Wasser, was ja grundsätzlich richtig ist.

Wasser ist ein zu schützendes Gut: Wir brauchen es zum Leben, wir brauchen es für unsere Kinder, wir brauchen es für unsere Zukunft, und dafür gibt es jetzt eben den grundsätzlich richtigen Ansatz der Wasserrahmenrichtlinie seitens der EU. Das Minis­terium – das behaupte ich jetzt einmal – ist trotz allfälliger Verzögerungen durchaus be­müht, einen nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan auf die Füße zu stellen, und ich weiß selbst, wie schwierig das manchmal ist, weil ich auch beruflich ein wenig damit zu tun habe.

Es geht mir aber auch um die umfassende Beteiligung der Öffentlichkeit, die ich grund­sätzlich sichergestellt sehe. Schwierig ist es natürlich, die unterschiedlichen Ziele in der Wasserwirtschaft – Energiewirtschaft, Landwirtschaft, Fischerei, Naturschutz und auch Naherholung – unter einen Hut zu bringen. Darum gibt es ein Bemühen. Wie wichtig das ist, hat sich am Beispiel der Raab gezeigt, bei der massive Verschmutzung aufge­treten ist, die sogar zu einem „Konflikt“ – das sage ich jetzt einmal unter Anführungs­zeichen – mit den ungarischen Nachbarn geführt hat. Der Staatspräsident hat sogar überlegt, Beschwerde bei der EU-Kommission einzulegen. Daran sieht man, dass es wichtig ist, die Dinge anzugehen und dafür zu sorgen, dass das Wasser in allen Teilen Österreichs sauber und trinkbar bleibt, unser weißer Schatz bleibt.

Umweltschutz ist Wasserschutz, und wer das Wasser schützt, der schützt auch die Heimat. (Beifall beim BZÖ.)

Ich habe in den letzten Tagen viele Gespräche mit der Wasserwirtschaft geführt, auch mit Vertretern von Wasserkraftwerken, insbesondere Kleinwasserkraftwerken, die hier auch alle im Boot sind. Da gibt es einen neuralgischen Punkt. Man muss bei der Um­setzung der Wasserrahmenrichtlinien sehr maßvoll vorgehen. Es geht dabei um die Thematiken des Restwassers in den Flüssen und der Fischaufstiegshilfen. Restwasser bedeutet natürlich unter Umständen auch Energieverlust, aber Restwasser ist wichtig und notwendig. Man muss jedoch das rechte Maß dafür finden.

Die Kleinwasserkraft hat derzeit in Österreich ein Potential von 5,5 Terawattstunden ausgebaut. Noch möglich durch Energieeffizienz steigernde Maßnahmen und durch Neubauten wären weitere zwei Terawattstunden. Wir dürfen nicht sagen – das ist ein bisschen so herübergekommen von den Grünen –, dass man die Wasserkraft gar nicht mehr angreifen darf. Das wäre der falsche Zugang. Wir wissen noch zu gut, was wir


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hier vor einigen Wochen über die Gas-Energiekrise diskutiert haben. Wir müssen ne­ben der Steigerung der Energieeffizienz auch unsere erneuerbaren Energien maßvoll ausbauen. Und dazu gehört einfach auch die Wasserkraft. (Beifall beim BZÖ.)

Dafür wird es notwendig sein, die Ökologie und die Ökonomie unter einen Hut zu brin­gen, und ich glaube, und das beweisen auch die vielen Kraftwerksbetreiber in Öster­reich, dass das im Großen und Ganzen sehr gut gelingen kann und gelingen wird.

Es geht aber auch umgekehrt um die Behandlung bestehender Eingriffe der Kraft­werksbetreiber durch die Wasserrahmenrichtlinie, womit man vorsichtig sein muss. Da­her ist es wichtig, in diesem Umfeld für klare Spielregeln zu sorgen, klare Normen fest­zulegen, zum Beispiel wie diese Fischaufstiegshilfen aussehen müssen. Muss ich wirk­lich für jeden grüngestreiften Fisch eine Aufstiegshilfe machen, oder genügt es, sagen wir einmal 90 Prozent der Arten zu erhalten. Das eine ist mit dem anderen zum Teil in­kompatibel oder verursacht zumindest einen gewaltigen Mehraufwand.

Es geht auch um Beweissicherung, und es geht auch um Förderungen. Hier höre ich, dass das Umweltförderungsgesetz und das Ministerium Förderungen geschaffen ha­ben, die durchwegs zukunftsweisend und gut sind und angenommen werden.

Die Kleinwasserkraft zu nutzen, bedeutet CO2-Reduktion. Die Vermeidungskosten, die die Kleinwasserkraft in Hinblick auf CO2-Zertifikate erbringt, betragen rund 60 Millio­nen €, die wir uns dadurch ersparen. Das Potential, das wir noch hätten, sind nochmals rund 16 bis 27 Millionen € jährlich.

Allein durch die Kleinwasserkraftnutzung ersparen wir uns auch rund 220 Millionen € an Energieimporten. Weitere 85 bis 140 Millionen € wären möglich. Das heißt auf den Punkt gebracht: Die Wasserrahmenrichtlinie ist mit Maß und Ziel umzusetzen, es ist auf den richtigen Mix zu achten, dass wir klare Regelungen bekommen, dass wir ein Förderungsregulativ haben, das greift, wirksam ist und angenommen wird, und dass die Verfahren rasch durchgeführt und keine unnötigen Hürden dabei aufgebaut wer­den, denn nur so kann man auch sicherstellen, dass dem klaren Bekenntnis zur maß­vollen Wasserkraftnutzung auch die entsprechenden Taten folgen werden. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

17.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nun erteile ich Herrn Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich das Wort. – Bitte.

 


17.59.20

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ein­gangs möchte ich mich recht herzlich bedanken. Ich denke, dass allgemeiner Konsens in diesem Haus und in Österreich darüber besteht, dass wir eines unserer wertvollsten Güter, nämlich das heimische Wasser, unserer Bevölkerung in ausreichender Qualität und in ausreichender Menge zur Verfügung stellen wollen, und zwar jetzt und in Zu­kunft. Dem dienen all diese Maßnahmen.

Wenn hier die Forcierung der Wasserkraft im Zuge der verstärkten Nutzung der erneu­erbaren Energien andiskutiert wurde, so sage ich als Umweltminister auch Ja dazu. Die Wasserkraft ist ein zentraler Bestandteil der erneuerbaren Energie in Österreich. Wir haben eine einzigartige Lage, und die gilt es, effizient zu nutzen, was aber nicht heißt, dass dabei der Umweltschutz über Bord gekippt wird und dass sozusagen jedes Gebirgstal verbetoniert wird. Das will aber auch die Energiewirtschaft nicht.

Entscheidend ist dabei – und darum geht es mir bei der UVP-Gesetzesnovelle, die wir in Begutachtung geschickt haben –, dass es zu einer Beseitigung von unnötiger Büro­kratie kommt, dass nicht Mehrfachgutachten, Vielfachgutachten erstellt werden, die


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den Steuerzahler sehr viel Geld kosten und in der Substanz nicht mehr bringen, und letztendlich dass es irgendwann auch eine Entscheidung gibt, ob dann ein Projekt rea­lisiert werden kann oder nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte aber auch dazusagen – das ist dem Hohen Hause ja bekannt –, dass die Landesbehörden Behörden erster Instanz sind und dass dort Entscheidungen getrof­fen werden müssen, dass also nicht der Bund derjenige ist, der eventuell Projekte ver­zögert, verschleppt oder gar nicht haben will, sondern dass die Landesbehörden aufge­rufen sind, auch Verfahren dementsprechend effizient – nicht rasch, sondern effizient – und fundiert durchzuführen. Von dieser Pflicht wird niemand enthoben, und daher hoffe ich, dass wir Projekte umsetzen können große Projekte, aber auch Kleinwasserkraft­werksprojekte.

Ich denke, wichtig ist es, von Fall zu Fall jeweils zu prüfen, ob es bei einem Projekt um­weltmäßig, gewässerschutzmäßig sinnvoll ist, es zu realisieren, und gleichzeitig auch, ob es einen energiepolitischen Nutzen bringt.

Grundsätzlich geht es beim Thema Nationaler Gewässerbewirtschaftungsplan um eine nachhaltige Absicherung eines guten ökologischen Zustandes unserer Gewässer, somit auch der Lebensqualität der Bevölkerung, plus um eine effiziente Möglichkeit, al­le Bevölkerungsgruppen einzubinden und im Rahmen der Öffentlichkeit ihre Anliegen betreffend der österreichischen Gewässer einfließen zu lassen.

Zu den Fakten: Der Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan ist ein vorläufiger Schlussstrich unter eine sechsjährige Planungsperiode. Er umfasst zum einen eine Be­wertung der Belastung der Gewässer – in Form einer Ist-Bestandsanalyse, und zwar bei allen Gewässern, wie es sie 2004, 2007 gegeben hat –, und er fasst zum anderen die Ergebnisse des Monitorings und letztendlich – was besonders wichtig ist – Maß­nahmen und Programme zusammen, um bis 2015 eben einen guten ökologischen Zu­stand im Bereich des Chemismus, der Menge bei den Gewässern herzustellen.

Dieser Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan hätte – das ist schon richtig diskutiert worden – Ende 2008 veröffentlicht werden sollen. Aufgrund der Verzögerungen beim Planungsprozess mit den Ländern werden wir – wie viele andere EU-Mitgliedstaaten auch; wir sind ja nicht die Einzigen – erst später in die Öffentlichkeit gehen, und zwar Ende April des heurigen Jahres.

Dieser Planungsprozess hat in den letzten Monaten stattgefunden, und die Länder hat­ten eine sechsmonatige Frist für die Bearbeitung der Rohentwürfe. Es ist so, dass die­se Art der Planerstellung für Österreich, für alle Institutionen, also auch für die Länder, neu ist, und dabei haben sich Arbeiten bei Bund und Land verzögert. Das soll hier nicht verschwiegen werden.

Im Übrigen liegt die Planungskompetenz bei den Ländern. Lokale und regionale Impul­se für den Gewässerbewirtschaftungsplan müssen daher aus den Ländern kommen, das kann nicht vom Bund kommen, und daher ist es hier auch zu Verzögerungen ge­kommen. Ich zähle nur die Fakten auf, wie es ist.

Es ist so, dass in mehr als der Hälfte der Mitgliedstaaten der Europäischen Union bereits der Öffentlichkeitsbeteiligungsprozess begonnen hat, allerdings vielfach mit schlechten oder unvollständigen Unterlagen. Es ist durchaus nicht so, dass Österreich alleine dasteht. Das soll keine Beschönigung der Sache sein, sondern einfach nur eine realistische Bestandsaufnahme, wie sie sich darstellt.

Wir werden die sechs Monate Öffentlichkeitsbeteiligung sicherstellen – das ist ganz klar –, sodass wir dann, am 22. Dezember heurigen Jahres, den endgültigen Nationa­len Gewässerbewirtschaftungsplan verabschieden werden.


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Die Öffentlichkeitsbeteiligung wird spätestens am 27. April beginnen, und während die­ser sechsmonatigen Frist bis 27. Oktober kann dann jedermann schriftlich Stellung nehmen. Ab November beginnt dann die Einarbeitung der Stellungnahmen, und es ist realistisch, dass die entsprechenden Verordnungen zeitgerecht am 22. Dezember 2009 veröffentlicht werden. Die legistische Umsetzung dieser Maßnahmenprogramme liegt dann im Wesentlichen bei den Ländern. Die haben dann eine Frist bis zu drei Jahren, das umzusetzen.

Zur Öffentlichkeitsbeteiligung: Österreich ist zu einer aktiven Beteiligung aller interes­sierten Stellen verpflichtet und will das auch. Das Gesetz gibt in der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie eine aktive Beteiligung aller interessierten Stellen vor, und um dies zu ermöglichen, muss aufgrund des Gesetzes eine Stellungnahmefrist von eben sechs Monaten eingeräumt werden.

Ergänzend wurde in Österreich zur Förderung dieser aktiven Beteiligung besonders betroffener, vor allem auch interessierter Stellen ein Diskussionsforum, ein Runder Tisch eingerichtet, der die Standards des Leitfadens Öffentlichkeitsbeteiligung erfüllt. Bisher sind bereits wichtige Beteiligte wie NGOs oder auch Kraftwerksbetreiber einge­bunden worden und haben Stellung bezogen. Es hat sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene eine Reihe von Workshops zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie und zur Ist-Bestandsanalyse gegeben beziehungsweise wurden auf Anfrage auch zahl­reiche Vorträge bei Stakeholdern durchgeführt. Es gibt den Runden Tisch, bei dem maßgebliche NGOs oder Kraftwerksbetreiber die Umsetzung der Wasserrahmenrichtli­nie und auch den Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan diskutieren. Weiters wur­den alle maßgeblichen Unterlagen – die Ist-Bestandsanalyse ist zum Beispiel eine sol­che, aber auch Arbeitsentwürfe für die Bewirtschaftungspläne – am Runden Tisch die­sen Stakeholdern und den NGOs zur Verfügung gestellt.

Also Sie sehen, es gibt eine sehr, sehr starke Beteiligung, sehr viel Arbeit steckt da da­hinter, und die wichtigsten Wasserbewirtschaftungsfragen wurden auch, wie es im Ge­setz vorgesehen ist, Ende 2006 allgemein in einer Broschüre veröffentlicht. Es gab nur eine Stellungnahme, die auch im WISA steht. Also Sie sehen, hier wird der Fokus sehr stark auf den Bereich Öffentlichkeitsbeteiligung gelegt.

Wie sieht die Öffentlichkeitsbeteiligung in den nächsten Monaten aus? – Es wird der vollständige Entwurf des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplans veröffentlicht, und ebenfalls eine allgemein verständliche Broschüre mit einer Zusammenfassung. In beiden Dokumenten wird die Öffentlichkeit gezielt um ihre Meinung zu den vorgestell­ten Maßnahmen und auch zu den Zielsetzungen befragt. Umfassendes und anschauli­ches Kartenmaterial wird ebenfalls auf WISA positioniert.

Die über WISA eingegangenen, aber auch die schriftlich übermittelten Stellungnahmen werden veröffentlicht. In einem Dokument wird dargelegt werden, wie weit diese Stel­lungnahmen letztendlich berücksichtigt werden oder nicht.

Dies ist im Prinzip so, wie es bei anderen Gesetzes- und Verordnungsbegutachtungen passiert, allerdings ist die Stellungnahmefrist hier länger, eben sechs Monate.

Am 27. April wird es auch einen Auftakt-Workshop geben, um das auch zu dokumen­tieren, und Ende Juni und Ende September wird es weitere Workshops auf Bundes­ebene geben.

Die Länder werden auch Veranstaltungen auf Landesebene durchführen; zumindest eine Veranstaltung pro Land, vielleicht gibt es mehrere, je nachdem auch, wie notwen­dig es ist. Die sollen vorwiegend regionale und lokale Besonderheiten ansprechen.

Bei den Workshops und den Veranstaltungen soll es eben auch die Möglichkeit geben, mündlich eine Anhörung der Beteiligten zu haben, neben den schriftlichen Stellungnah­men, die ebenfalls möglich sind.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 205

Insgesamt wird diese Öffentlichkeitsbeteiligung aktiv, informativ und konsultativ, also im Sinne der Standards der Öffentlichkeitsbeteiligungen, gestaltet. Sie sehen, ich selbst habe großes Interesse daran, dass das ordnungsgemäß abläuft, im Sinne der Sicherung unserer Wasserreserven und eines guten ökologischen Zustandes unserer Gewässer.

Österreich liegt im Zusammenhang mit der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie im europäischen Schnitt. Wir sind auf einem guten Weg, Pläne für die Flussgebiete Donau und Rhein zu erstellen. Das kann und wird einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der Wasserwirtschaft in Österreich als Teil der internationalen Flussgebiete leisten.

In diesem Zusammenhang darf ich mich recht herzlich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meines Hauses, des Lebensministeriums, für ihren großen, großen Ein­satz bedanken – und Ihnen allen für Ihre positiven Beiträge. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.08


Präsident Fritz Neugebauer: Letzter Redner in dieser kurzen Debatte ist Kollege Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber. – Bitte.

 


18.09.03

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Die jedem neuen Minister zugestandenen 100 Tage Einarbeitungsfrist sind abgelaufen, Herr Bundesminister. (Abg. Dr. Stumm­voll: Die hat er gar nicht gebraucht!) Die hat er sehr wohl gebraucht, aber jetzt ist so­zusagen Schluss mit lustig. (Abg. Hornek: Was heißt „Schluss mit lustig“?)

Diese Anfragebeantwortung, Herr Bundesminister Berlakovich, spottet wirklich jeder Beschreibung, weil Sie ganz einfach nicht bereit waren, das Interpellationsrecht der Abgeordneten ernst zu nehmen. (Beifall bei den Grünen.)

Doch das, meine Damen und Herren, erwarten wir von jedem Minister. Das hat zumin­dest in der Sache Ihr Vorgänger oft durchaus besser zuwege gebracht. Da haben Sie wirklich nicht einmal den ernsthaften Versuch unternommen, uns wirklich zum Stand der Dinge ausreichend Auskunft zu geben. Die Beantwortung ist in Summe völlig un­zureichend.

Herr Bundesminister, Sie sagen zum Beispiel in der Anfragebeantwortung, eine Stel­lungnahme sei bereits auf der Website einzusehen. Wir haben verzweifelt versucht, diese Stellungnahme zu finden. Sie haben nicht genannt, welche Stellungnahme es ist, wo sie zu finden ist, noch haben Sie diese Stellungnahme der Anfragebeantwortung beigelegt.

Sie haben davon gesprochen, dass die Länder die Unterlagen im Wesentlichen bereits eingereicht haben. Sie haben nicht genannt, welche Unterlagen von welchen Ländern, Sie haben keine Beilagen in dieser Anfragebeantwortung zur Verfügung gestellt.

Es werde bereits an allem Möglichen gearbeitet. Das haben wir auch jetzt wieder ge­hört.

Herr Bundesminister, so geht es einfach nicht! Sie müssen das Amt ernst nehmen. (Abg. Mag. Molterer: Da braucht er nicht den Pirklhuber dazu!) Wir erwarten von einem Umweltminister, dass er diesem Haus ausreichend, umfangreich Auskunft gibt. Und wenn Sie eingestehen müssen, dass noch Versäumnisse da sind, dann stehen Sie dazu und nennen Sie Datum, Programm und wirklichen Zeitplan für die Maßnah­men! Auch das haben Sie jetzt in Ihrer mündlichen Anfragebeantwortung wieder nicht gemacht.


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Das sehen wir als echtes Manko, und da sieht man auch deutlich, dass Ihnen offen­sichtlich der ökologische Gewässerschutz – außer Lippenbekenntnissen – nicht wirk­lich etwas wert ist. (Beifall bei den Grünen.)

Einige Kollegen haben die Schnittstelle Raab angesprochen. Nationaler Gewässerbe­wirtschaftungsplan würde bedeuten, für jedes einzelne Fließgewässer auch einen ent­sprechenden Maßnahmenplan vorzubereiten. Dort sind Sie auch zuständig gewesen, und an diesem Beispiel zeigt sich auch, dass übergreifendes Zusammenarbeiten über die Ländergrenzen hinweg notwendig ist, und zwar sowohl über Bundesländergrenzen als auch über nationale Grenzen. Da sind Versäumnisse vorhanden, hinsichtlich derer ich mir erwarte, dass Sie gerade in diesem Bereich wirklich aktiv werden und auch alle Ihre Konzepte auf den Tisch legen.

Worum geht es im Kern? – Es geht um mehrere Schnittstellen, meine Damen und Her­ren. Es geht einerseits um die Verbesserung der Fließgewässer, es geht um den Grundwasserzustand. Da haben Sie schon recht, freilich sind wir alle dafür, das öster­reichische Wasser hochleben zu lassen, aber es braucht auch die notwendigen Maß­nahmen dazu. Es gilt, das Grundwasser zu verbessern und nicht zu versäumen, Maß­nahmen im Grundwasserschutz zu setzen – Kollege Schultes hat das so abfällig weg­gewischt –, damit auch jenes Wasser endlich wieder trinkbar wird, das jetzt nur mit Ausnahmeverordnungen in Österreich in Verkehr gebracht werden darf. Es geht um Sanierung auch hier, um Trinkwassersanierung. Der Kollege Gaßner weiß das sehr gut. Er ist lange Zeit Bürgermeister in so einer Region gewesen. Das sind Hausaufga­ben, die wir auch machen müssen.

Die Herausforderungen der Zukunft, Herr Bundesminister, sind nicht unbekannt: Klima­schutzmaßnahmen, Hochwasserschutz. Auch das ist ein wesentlicher Aspekt im Rah­men dieser Nationalen Gewässerbewirtschaftungspläne.

Ich sage ja nicht, dass es gar keine Instrumente gibt. Ich bin auch froh, dass wir ein solches Förderinstrument – auch auf Druck der Grünen – umgesetzt haben, nämlich im Rahmen des Umweltförderungsgesetzes die Förderung der Ökologisierung von Fließ­gewässern. Ja, das gibt es. Das wird in der Österreichischen Kommunalkredit im Be­reich der Wasserwirtschaft behandelt und durchgeführt.

Aber in welchem Gesamtkontext, in welcher Inszenierung bewegt sich dieses Instru­ment? – Herr Bundesminister, Sie haben keine Antworten darauf gegeben. Die Zielbe­stimmung, Zielkonflikte gerade auch im Bereich des Kraftwerksbaus haben Sie jetzt wirklich mehr als umschifft.

Ich kann nur klipp und klar sagen: Wir stehen für den Schutz der letzten freien Fließge­wässerstrecken – das sind gerade einmal 3 bis 5 Prozent in Österreich –, und es ist unabdingbar, dass die Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren in aller Konsequenz auch für diese Projekte umgesetzt werden. Es ist nicht möglich, dass hier mit Ausreden hantiert und Dinge miteinander verwischt werden. Es geht um eine zügige Abwicklung dieser Verfahren, aber die volle Einbindung der Bevölkerung, die muss gewahrt blei­ben, die muss erhalten werden. Und da sind Sie säumig, Herr Bundesminister.

Und noch etwas: Bei der nächsten Anfragebesprechung halten Sie bitte auch jene Usancen dieses Hauses ein, dass Sie gleich nach der ersten Rednerin, die das be­gründet und darstellt, Ihre Stellungnahme abgeben, damit alle Abgeordneten die Gele­genheit haben, auf Ihre Argumente einzugehen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.14


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.


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18.14.50Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir nehmen die Verhandlungen über die Punkte 11 bis 13 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Windholz. – Bitte.

 


18.15.06

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Minister, der noch kurz hier bleibt! Es liegt das Konjunkturbelebungsgesetz vor – von den Regie­rungsparteien auch gerne als „Konjunkturpaket“ verkauft –, nebst zwei anderen Anträ­gen, einer davon von uns eingebracht.

Beschlossen wird eine Investitionsprämie, die wir auch in einem Antrag gefordert ha­ben (Abg. Dr. Bartenstein: Falsch! Das ist falsch, Herr Kollege!), aber grundlegend an­ders dargestellt. Die Investitionsförderung, die beschlossen wird, ist gewissermaßen ein steuerlicher Vorgriff. Wir wollten immer eine Investitionsprämie, zum Beispiel Inves­titionsvolumen 100 000 €, 10 Prozent werden direkt zugeschossen, das sind 10 000 € für den Betrieb. – Sie haben ein anderes Modell genommen. Sie sagen jetzt, 250 Mil­lionen € für 2011, das nächste Jahr 350 Millionen €. Das sind Mittel, die nicht nur den Bund treffen, sondern auch Länder und Gemeinden.

Herr Kollege Gaßner hat mir zwar erklärt, dass die Gemeinden alle ganz rosig daste­hen, ich glaube das weniger. Das ist jetzt gewissermaßen ein Vorgriff. (Abg. Mag. Gaß­ner: Sie handeln verantwortungsbewusst!) – Sie handeln verantwortungsbewusst. Kol­lege Gaßner unterstützt das, dass die Ertragsanteile deutlich reduziert werden!

Ich sage Ihnen die Zahlen. Allein in diesem Paket, das wir unter Tagesordnungs­punkt 1 beschlossen haben, nämlich bei der Tarifsenkung, die Sie Steuerreform nen­nen, ist es dasselbe. 2010: die Länder 54 Millionen €, die Gemeinden 29 Millionen €; 2011: die Länder 75 Millionen €, 41 Millionen € die Gemeinden. Das Ganze soll sich dann kostenneutral abspielen, das heißt, ab dem Jahre 2013 wird keine Aufkommens­wirkung mehr erwartet, und in den folgenden fünf Jahren werden im Ausmaß der ur­sprünglichen Minderaufkommen Mehreinnahmen erwartet – zu entnehmen dem Vor­blatt der Regierungsvorlage.

Wir vom BZÖ wollen das so nicht, wir wollen eine direkte Prämie. Davon würden auch all jene Betriebe profitieren, die keine Gewinne abwerfen, denn die gibt es halt auch. Wir sichern mit einer solchen Maßnahme Arbeitsplätze als höchste Priorität. Ich glau­be, das wäre grundlegend vernünftig und das weit bessere Modell. (Beifall beim BZÖ.)

Auch bei dieser Debatte muss man anmerken, was auch so eine Grundvoraussetzung ist, nämlich, dass Banken Kredite vergeben. Das ist derzeit – man darf es hier zum wiederholten Male aussprechen – ungenügend der Fall. Viele Firmen haben Schwierig­keiten, Kredite zu erlangen. Das ist die Realität. In der Realwirtschaft kommt dieses Geld nicht an. Wenn Sie da immer die Einstimmigkeit bei den 100 Milliarden loben, so sage ich auch, dass das sehr, sehr sinnvoll war, damit nicht die Flucht aus Spareinla­gen stattfindet. Das, was wir uns erwartet haben, ist, dass das Geld, das wir hier zur Verfügung stellen, auch in der Realwirtschaft ankommt. Das ist eine Grundvorausset­zung, dass es zu Investitionen kommt.

Noch einmal zurück zu den Gemeinden. Da darf ich dem Kollegen Gaßner schon sa­gen – es hat die Frau Kollegin Schittenhelm das schon dargelegt –, wie sich das in meinem Bundesland, in Niederösterreich, abspielt. Da gibt es eine eigene Prüfabtei­lung für Abgaben und Gebühren, und die Prüfpraxis endet in aller Regel mit der Auffor­derung, Abgaben und Gebühren zu erhöhen. Wenn Sie sich vorher gerühmt haben, egal, ob das jetzt 20, 30, 40 oder 50 € sind, bei dieser Tendenz, dass die Gemeinden belastet werden, da liegt es wohl auf der Hand, dass Wassergebühren, Kanalgebühren


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erhöht werden. Möglich ist das durch das Finanzausgleichsgesetz. Da können Sie un­ter bestimmten Voraussetzungen bis zum Doppelten dessen einheben, was budgetär dafür vorgesehen ist, um kostendeckend zu sein. (Abg. Mag. Gaßner: Sie dürfen nur kostendeckend einheben!) – Nein, die tun wesentlich mehr; sie werden immer dazu aufgefordert.

Das heißt, durch das, was Sie heute den Menschen versprochen haben – das sage ich Ihnen schon jetzt –, wird die Steuerschraube in vielen, vielen Gemeinden zugedreht werden, und es wird sich dann so abspielen, dass man das alles als Steuern, Gebüh­ren und Abgaben abzuliefern hat. (Abg. Mag. Gaßner: Sie kennen den Unterschied zwischen Steuern und Gebühren nicht!)

Das ist für uns keine Maßnahme, die dazu angetan ist, die Situation zu meistern. Ich glaube, Sie vergeben da eine große Chance, denn das ist jedenfalls nicht der optimale Weg. (Beifall beim BZÖ.)

18.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nun spricht Frau Kollegin Dr. Lichtenecker. – Bitte.

 


18.20.01

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Die Prognosen und die Aussichten auf die nächsten Jahren rechtfertigen die Maßnahme, nämlich die 30-prozentige vorzeitige Abschreibung, die in diesem Gesetzesvorschlag enthalten ist, sehr wohl, und daher werden wir dieser Vorlage auch zustimmen, wiewohl hier angemerkt sei, dass es durchaus innovativ und zukunftsorientiert gewesen wäre, entsprechende Schwer­punkte auf die modernen Technologien, auf Energieeffizienz und erneuerbare Energien zu setzen.

Schauen wir uns aber, da es sich hiebei um einen Teil des sogenannten Konjunktur­belebungspaketes handelt, den Stand der Umsetzung an! Inwieweit ist diese fortge­schritten?

Um gleich bei den Schwerpunkten zu bleiben: Wie sieht es, wenn wir uns die beiden österreichischen Konjunkturpakete anschauen, in Bezug auf Umweltausgaben und Konjunkturbelebung aus? – Das Ergebnis ist sehr mager! Selbst bei freundlicher Be­trachtung und Bewertung kommt man maximal auf 10 Prozent. Wenn Sie sich im Ver­gleich dazu die aktuelle Analyse in der „Zeit“ anschauen, dann sehen Sie, dass sogar Deutschland auf 13 Prozent und Frankreich auf 21 Prozent kommen und dass China gar 38 Prozent erreicht und Südkorea den Spitzenwert von 81 Prozent aufweist.

Da wird sehr wohl erkannt, dass es in diesem neuen grünen Bereich viele gute Arbeits­plätze gibt, und entsprechend wird investiert. Das vermissen wir hierzulande sehr wohl! Es geistern zwar die 100 Millionen € für den Sanierungsscheck im Zusammenhang mit der thermischen Sanierung seit Wochen sozusagen wie ein Phantom durch die Me­dien, wir wissen jedoch bis heute nicht, wie das abgewickelt werden soll und welche Kriterien dafür festgelegt wurden. Auch bei der Bundesimmobiliengesellschaft stellt sich die Frage, wie viel tatsächlich in die thermische Sanierung und in Energieeffizienz fließen wird.

Viele Punkte sind offen, und wenn Sie sich die Kredite und Haftungen, die vereinbart und bei der AWS angesiedelt wurden, anschauen, dann wird Ihnen auffallen, dass auch hier das Ergebnis sehr mager ausfällt und der Umsetzungsstand noch wie zu Be­ginn ist. Sie dürfen nicht vergessen: Das erste Paket wurde am 28. Oktober 2008 be­schlossen. Seitdem sind fünf Monate vergangen, und es ist noch nicht viel auf Schiene; das Ganze zeigt noch nicht viel Wirkung.

Letztlich ist auch im Bereich Forschung viel zu tun. Forschung ist gerade in Zeiten einer schlechten Konjunkturlage notwendig. Da muss in die Zukunft investiert und ge-


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forscht werden, damit man dann startbereit ist. In diesem Bereich gibt es auch eine ganz konkrete Zahl von Arbeitsplätzen. Daher mein Appell, auch im Hinblick auf
die Forschungseinrichtungen endlich zu handeln und ein entsprechendes Budget auf den Tisch zu legen, denn diese müssen jetzt Entscheidungen treffen, wie sie weiter­arbeiten!

Nicht nur die Grünen betrachten das mit einem kritischen Auge, sondern auch andere haben festgestellt, dass Sie endlich den Turbo einschalten und Tempo machen müs­sen, um voranzukommen. Das können Sie dem bereits vorliegenden „NEWS“ von mor­gen entnehmen: Die Salzburger Landeshauptfrau Burgstaller ist in Sorge betreffend die Umsetzung des Konjunkturpaketes, und auch Landeshauptmann Pühringer übt Kritik an der Regierung, indem er sagt: Die Lage ist dramatisch.

Meine Damen und Herren! Sie können in dieser Ausgabe von „NEWS“ alle Landes­hauptleute zusammen auf einem Bild unter der Schlagzeile „Mehr Tempo gegen die Krise!“ sehen.

Nehmen Sie sich das bitte zu Herzen! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des
Abg. Mag. Gaßner.)

18.24


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Kollege Großruck. – Bitte.

 


18.24.12

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Alle sprechen über das Konjunkturbelebungspaket. Jeder fordert es. Heute sind wir so weit, dass wir einen wichtigen Schritt beschließen können, nämlich Maßnahmen, die sowohl für die Privaten – hinsichtlich thermischer Sanie­rung –, aber auch für die öffentliche Hand zukunftsweisend sind. Wir sind dabei, auch optisch und akustisch und auch nach außen hin sichtbar zu dokumentieren, dass wir, um die Wirtschaft zu beleben, auch baulicherseits investieren müssen.

Meine Damen und Herren, wir haben auch hier im Parlament ein großes Problem: Seit der Begehung des Hauses durch einen Fachmann, nämlich durch Herrn Professor Dr. Rant, wissen wir, dass unser Parlamentsgebäude kaputt ist. Es befindet sich in einem desolaten Zustand. Schauen Sie hier hinauf! Der schwarze Fleck, den Sie se­hen, ist nicht der leere Sitz eines ÖVP-lers, sondern dort oben steht ein Kübel, in wel­chem das hereinrinnende Wasser aufgefangen wird, weil das Dach schadhaft ist. Das Gebälk ist kaputt. Die elektrischen Anlagen sind kaputt.

Wer durch das Haus gegangen ist, konnte sich ein Bild über den Zustand dieses Ge­bäudes machen. Jeder Bürgermeister müsste, wie ich anmerken möchte, ein solches Gebäude, wenn es in seiner Gemeinde steht, baupolizeilich sperren lassen! (Beifall bei der ÖVP. – Beifall und Bravorufe bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich sage das so, um die Dramatik zu beweisen. Es besteht aber Konsens, dass dieses Gebäude gebrauchsfähig ist. – Wenn aber etwas passiert, meine Herren, dann müsste man sich fragen: Wer ist schuld? – Ich möchte nicht schuld daran sein.

Daher bringe ich jetzt folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Josef Bucher und Dr. Eva Glawisch­nig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neugestaltung des Nationalratssit­zungssaales, eingebracht im Zuge der Debatte zum „Bundesgesetz, mit dem das Ein­kommensteuergesetz 1988 geändert wird – Konjunkturbelebungsgesetz 2009“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 210

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, die Präsidentin des Nationalrates bei der umgehen­den Wiederaufnahme und Fortsetzung des Projektes ‚Sanierung und Neugestaltung des Nationalratssitzungssaales‘ zu unterstützen. Im Hinblick auf die bereits geleisteten Vorarbeiten sowie im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Sparsam­keit soll das Siegerprojekt des Wettbewerbsverfahrens zur Neugestaltung des Natio­nalratssitzungssaales realisiert werden. Dabei werden auch jene Vorkehrungen zu be­rücksichtigen sein, die im Rahmen des 10‑Jahres‑Bauprogrammes der Parlaments­direktion zur nachhaltigen Sicherung der Bausubstanz sowie zur Erschließung weiterer Nutzflächen, insbesondere zur Schaffung weiterer Ausschusslokale sowie zur Nutzung durch die Bürgerinnen und Bürger notwendig sind.

In diesem Zusammenhang wird das Baukomitee des Parlaments ersucht, in Zusam­menarbeit mit den bereits befassten Fachleuten eine Prioritätenliste sowie einen Zeit­plan für die Realisierung des langfristigen Bauprojektes unter Berücksichtigung der fi­nanziellen und beschäftigungspolitischen Rahmenbedingungen zu erarbeiten.

*****

Das heißt: Generalsanierung mit sinnhafter und auch vom Fachmann vorgeschlagener Einbindung der Sanierung des Sitzungssaales. Es ist nur schade, meine Damen und Herren, dass es nur ein Vier-Parteien-Antrag ist und die Freiheitliche Partei aus Grün­den, die ich nicht kenne, nicht mitmacht. Das ist schade! Es wäre Konsens gefragt, und ich glaube, es ist jetzt nicht die Zeit dafür, politisches Kleingeld zu wechseln.

Lassen Sie mich deshalb zum Schluss einen dreifachen Vierzeiler dazu bringen:

Der Regen kommt rein, das Wasser raus,

kaputt ist unser Hohes Haus.

Ein Fachmann eindringlich moniert,

das Haus gehört generalsaniert.

Und heftigen Alarm er schlug,

es sei Gefahr schon im Verzug.

Ganz rasch gehört es repariert,

damit nichts Ärgeres passiert.

Allein die Blauen sind dagegen,

sie stehen scheinbar gern im Regen.

Da frag’ ich mich, Kollege Strache:

Wer hat da einen Schaden am Dache?

(Beifall bei der ÖVP. – Abg. Weinzinger: Ordnungsruf!)

18.28


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag ist ordnungsge­mäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Josef Bucher und Dr.in Eva Glawisch­nig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neugestaltung des Nationalratssit­zungssaales, eingebracht im Zuge der Debatte zum „Bundesgesetz, mit dem das Ein­kommensteuergesetz 1988 geändert wird – Konjunkturbelebungsgesetz 2009“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 211

Der nach einem Bombentreffer im Februar 1945 errichtete Sitzungssaal des österrei­chischen Nationalrates ist in die Jahre gekommen. Trotz der über die Jahrzehnte lau­fend durchgeführten Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten ist die Notwendigkeit einer Generalsanierung immer offensichtlicher geworden.

Erste Erhebungen zur Verbesserung der Innenausstattung des NR-Saales wurden be­reits im Jahr 2001 erstellt, im Jahr 2002 sprach sich die Präsidialkonferenz des Natio­nalrates für eine grundlegende Sanierung des Saales aus. Im März 2003 wurde in der Präsidialkonferenz eine Einigung über die Erstellung eines Raum- und Funktionspro­gramms im Hinblick auf eine Neugestaltung des NR-Sitzungssaales hergestellt.

Im Jahr 2005 wurde ein zweistufiger EU-weiter Wettbewerb zur Neugestaltung des Sit­zungssaales begonnen, der im Juli 2008 mit der Prämierung des Siegerprojektes des Architekturbüros Heidl aus Linz abgeschlossen wurde. Der Baubeginn wurde für das Jahr 2009 in Aussicht genommen, im Hinblick auf die finanzielle Lage des Staatshaus­haltes wurde jedoch im Jänner 2009 eine Sistierung des Projektes „Neugestaltung des Nationalratssitzungssaales“ verfügt. Unter einem beauftragte die Präsidentin des Natio­nalrates die Parlamentsdirektion, ein Gutachten eines allgemein beeideten und gericht­lich zertifizierten Sachverständigen über die vorhandenen Mängel im Bereich des Na­tionalratssitzungssaales – gegliedert nach Problemstellungen für Leib und Leben, Schäden an der Baussubstanz sowie Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit einzelner Sanierungsmaßnahmen im Vergleich zum ursprünglich in Aussicht genommenen Pro­jekt - einzuholen. Dieses vom Präsidenten des Hauptverbandes der allgemein beeide­ten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Österreichs Professor Dr. Dipl.-Ing. Matthias Rant verfasste Gutachten wurde der Präsidentin des Nationalrates am 25. Februar 2009 vorgelegt und in der Folge den Mitgliedern des Baukomitees des Parlaments übermittelt. Das Sachverständigengutachten kommt zu dem Schluss, dass eine bloße Aufrechterhaltung der Sistierung der Sanierungsmaßnahmen weder aus Verantwortungsgründen für die Sicherheit noch aus wirtschaftlichen Gründen wegen der Schädigung der Bausubstanz vertretbar ist. Weiters kommt das Gutachten zu dem Schluss, dass vor allem hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Spar­samkeit einer Gesamtsanierung unbedingt Vorrang vor einer Etappensanierung gege­ben werden soll.

Das von der Präsidentin des Nationalrates eingesetzte Baukomitee des österreichi­schen Parlaments nahm das genannte Gutachten sowie eine zusammenfassende In­formation der Parlamentsdirektion betreffend „unumgänglich notwendige Instandset­zungsarbeiten, die Neugestaltung des Nationalratssaales, die Schaffung zusätzlicher Nutzflächen und damit im Zusammenhang stehende Projekte“ bei seiner Sitzung am
4. März 2009 in Verhandlung. Hierbei wurde insbesondere die dargelegten Alternativen nach den Kriterien der Sicherheit, Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit sowie nach den zu erwartenden Impulsen für Konjunktur und Beschäftigung erörtert. Bei diesen Erwägungen wurde auch die Bedeutung des Nationalratssitzungssaales als Symbol für das österreichische Parlament, die demokratische Republik Österreich und für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes gebührend gewürdigt.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, die Präsidentin des Nationalrates bei der umgehen­den Wiederaufnahme und Fortsetzung des Projektes ‚Sanierung und Neugestaltung des Nationalratssitzungssaales‘ zu unterstützen. Im Hinblick auf die bereits geleisteten Vorarbeiten sowie im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Sparsam-


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keit soll das Siegerprojekt des Wettbewerbsverfahrens zur Neugestaltung des Natio­nalratssitzungssaales realisiert werden. Dabei werden auch jene Vorkehrungen zu be­rücksichtigen sein, die im Rahmen des 10-Jahres-Bauprogrammes der Parlaments­direktion zur nachhaltigen Sicherung der Bausubstanz sowie zur Erschließung weiterer Nutzflächen, insbesondere zur Schaffung weiterer Ausschusslokale sowie zur Nutzung durch die Bürgerinnen und Bürger notwendig sind.

In diesem Zusammenhang wird das Baukomitee des Parlaments ersucht, in Zusam­menarbeit mit den bereits befassten Fachleuten eine Prioritätenliste sowie einen Zeit­plan für die Realisierung des langfristigen Bauprojektes unter Berücksichtigung der fi­nanziellen und beschäftigungspolitischen Rahmenbedingungen zu erarbeiten.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Kollegin Hagenhofer. – Bitte.

 


18.28.38

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! In der wirtschaftlichen Ausnahmesituation, in der wir uns derzeit befinden, in der sich Auftragseinbrüche von zwischen 20 und 40 Pro­zent fast täglich wiederholen, tut die Regierung alles, um jene Bereiche zu stützen, die es zu stützen gilt. Wir haben bereits gehört, dass bei der Gebäudesanierung grund­sätzlich und bei der thermischen Sanierung sowie im Bereich der Forschung und Ent­wicklung einiges geschieht.

Es ist selbstverständlich ein Investitionsanreiz, wenn mit der Einkommensteuergesetz-Novelle, die wir beschließen, vorzeitige steuerliche Abschreibemöglichkeiten in Höhe von 30 Prozent für Wirtschaftsgüter, die 2009 und 2010 gekauft werden, bestehen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte auch Sie von der Opposition, da mitzu­gehen! Damit helfen auch Sie und zeigen, dass auch Sie an dem interessiert sind, was die Regierung tut, nämlich Arbeitsplätze zu halten, wo es noch Arbeitsplätze zu halten gibt, und damit den Konsum zu unterstützen. Wenn die Menschen Arbeit und Sicher­heit haben, dann ist auch unseren Betrieben gedient. Die Menschen brauchen positive Signale, und die Regierung setzt entsprechende positive Signale neben den Konjunk­turpaketen, die schon beschlossen wurden. (Zwischenruf des Abg. Weinzinger.)

Lieber Kollege von der FPÖ, es wäre schön, wenn auch Sie, die Sie immer sagen, dass Sie für den „kleinen Mann“ und für die kleinen und mittelständischen Unterneh­men da sind, genau bei dieser vorzeitigen Abschreibemöglichkeit mitgehen! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.30


Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächster spricht Herr Kollege Mag. Kogler. – Bitte.

 


18.30.56

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Zum Antrag dieses Haus betreffend sei nur so viel gesagt: Es ist klar, dass das jetzt notwendig ist. Dass auch Prioritäten angesichts der Schadens- und Bedrohungslagen gesetzt werden, scheint auch vernünftig zu sein.

Mir ist nur in Erinnerung – und das führt unmittelbar zum Thema Konjunkturpolitik –, dass wir eine Debatte hatten, ob man jetzt in Zeiten der Wirtschaftskrise nicht auch hier sparen sollte. – Ich meine, die Politik hat sich da keinen guten Dienst erwiesen, denn wenn wahr ist, dass die Krise so durchschlagend ist, dass die Privaten immer weniger investieren, dann wird es nützlich sein, wenn die öffentliche Hand investiert! Daher ist es auch sinnvoll und vertretbar, dass überhaupt Kredite aufgenommen und sozusagen Schulden gemacht werden.


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Wenn das der Grundkonsens ist, dann sollte das Hohe Haus mit gutem Beispiel voran­gehen, und man sollte sich nicht dauernd – auch in anderen Debatten, egal, ob es sich um Bildungspolitik oder sonst etwas handelt – angesichts der heranrollenden Krise quasi in „Selbsthypnose“ begeben, dass immer noch mehr – im Sinne von weniger Ausgaben – gespart werden muss. Das ist nämlich ökonomisch der allergrößte Unfug! So kann es nicht bleiben!

Was immer richtig ist, ist effizient zu handeln. Diesbezüglich können wir Ihnen viele Lieder aus dem Arbeitsbereich des Rechnungshofs vorsingen! Keine Frage: Das ist im­mer richtig! Öffentliche Ausgaben zurückzufahren wird dann sinnvoll sein, wenn es – hoffentlich bald – auch wieder einmal so etwas wie einen Aufschwung gibt und die Pri­vaten entsprechend investieren können. Das ist doch das Einmaleins, und ich verstehe überhaupt nicht, wie das in letzter Zeit durcheinander kommen konnte! Aber jetzt ha­ben wir ja die Hoffnung auf Besserung. (Beifall bei den Grünen.)

Zum gegenständlichen Gesetzentwurf: Ja! In diesem Fall stimmen wir zu, obwohl hier, wie ich glaube, eher das Motto anzuwenden ist: Nützt’s nichts, so schadet’s auch nichts! Das sage ich zu dieser Möglichkeit der vorzeitigen Abschreibung, denn dass das jetzt konjunktur- und damit beschäftigungspolitisch sehr viel bringt, davon sind wir noch nicht überzeugt. Aber sei’s drum!

Für die Unternehmer und Unternehmerinnen besteht nämlich dann ein besonderer An­reiz, jetzt mehr zu investieren, wenn sie besonders hohe Gewinnerwartungen in den nächsten ein bis zwei Jahren hätten und die vorzeitige Abschreibung die entsprechen­de Basis mindert, woraus ein Vorteil gezogen werden könnte. Wo allerdings all jene sit­zen, die genau für die nächsten ein bis zwei Jahre eine besonders hohe Gewinnerwar­tung haben, weiß ich nicht! Sie mögen öffentlich belobigt werden, weil das sicherlich Zugpferde für das Wirtschaftsklima sind! Aber das wird so wahrscheinlich jetzt nicht funktionieren! – Es richtet aber auf keinen Fall einen Schaden an, denn diejenigen, die es beanspruchen, werden dann später ja wieder umso mehr Steuern zahlen. So ist nun einmal die Konstruktion der vorzeitigen Abschreibung.

Abschließend, Herr Staatssekretär, möchte ich sagen, dass der Befund schon gestellt wurde – Sie sollten vielleicht noch einmal darauf eingehen –: Die meisten Pakete grei­fen und funktionieren nicht! Die Mittelstandsmilliarde greift nicht. Dabei kommen wir erst mit der Konstruktion zu Rande. Die zweite Geschichte mit der BIG funktioniert in der Form, wie Sie behaupten, in keinem Fall. Und von dem 100-Millionen-Scheck, den Sie hier auflegen wollen, werden wir noch genügend Unbill zu erwarten haben. Erklä­ren Sie also einmal, wie und vor allem wann all das funktionieren soll, und tun Sie nicht immer so, als ob alles ohnedies schon auf Schiene wäre! Schauen wir lieber, dass wirklich etwas weitergeht! (Beifall bei den Grünen.)

18.34


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Kollegin Silhavy. – Bitte.

 


18.34.55

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Kollege Kogler, es geht nicht darum, dass alles auf Schiene ist, sondern es geht darum, dass sich die Bundesregierung bemüht, zu einem Zeitpunkt, in dem die Realwirtschaft von einer Krise betroffen ist, rasch Maßnahmen zu setzen, die ihr wie­der auf die Sprünge helfen. Ich glaube, das müsste doch im Interesse aller hier im Haus vertretenen Fraktionen sein! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! 16 Prozent des BIP erwirtschaftet die Tourismus- und Freizeitbranche in Österreich. Sie bietet damit rund 200 000 Beschäftigten einen Arbeitsplatz und ist damit wirklich ein bedeutender Bestandteil der österreichischen Wirtschaft. Wenn wir im heurigen Wintertourismus noch ein Plus verzeichnen konnten, so freuen wir uns sehr darüber, zugleich begrüßen wir aber auch alle Maßnahmen, die


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den Tourismus stärken. Der Tourismus bietet, wie wir alle wissen, vor allem vor Ort Ar­beitsplätze für die Menschen.

Auch die heutige Maßnahme trägt wieder ein Stück dazu bei, die Branche zu stärken. Wie wir alle miteinander wissen, handelt es sich nämlich nicht um eine Maßnahme al­lein, Herr Kollege Kogler, sondern ist letztlich die Summe der Maßnahmen ausschlag­gebend, dass die Konjunktur wieder entsprechend belebt wird. Es ist nicht eine einzel­ne Aktivität, sondern es handelt sich um eine Summe von Maßnahmen! (Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.)

Gerade diese Investitionen in der Tourismus- und Freizeitbranche – wenn beispiels­weise ein Gaststättenbetrieb die Zimmereinrichtung erneuert – kommen der lokalen Wirtschaft vor Ort zugute, und es ist wesentlich, dass man jetzt in diesem Bereich An­reize schafft beziehungsweise ökonomische Maßnahmen setzt. Wenn etwa der alte Öl­kessel durch energieeffizientere Maßnahmen ersetzt wird, dann ist das etwas, was dem Qualitätstourismus zugute kommt, für die Umwelt große Qualität hat und für die regionale Beschäftigungspolitik von großer Wirkung und Bedeutung ist.

Ich glaube aber, dass auch die Verdoppelung der ÖHT auf 500 Millionen € ein wesent­licher Aspekt in diesem Zusammenhang ist, und ich erhoffe mir auch viel von der Erhö­hung der Tourismusförderungen für die nächsten zwei Jahre.

So können wir die Tourismusbranche, die einen wesentlichen Bestandteil der österrei­chischen Wirtschaft und auch der Beschäftigung darstellt, stärken, und ich meine, dass das ein wesentlicher Punkt zur Stärkung der regionalen Wertschöpfung ist. Ich fordere Sie daher auf, auch dieser Vorlage Ihre Zustimmung zu geben! (Beifall bei der SPÖ.)

18.37


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein. – Bitte.

 


18.37.35

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Gewissermaßen im Rahmen der Konjunkturbelebung Teil II hat die Steuerreform hoffentlich doch ihren Einfluss auf das Konsumverhalten der Ös­terreicherinnen und Österreicher. Es geht jetzt darum, die Investitionen hoch zu halten und Prognosen möglichst nicht wahr werden zu lassen, die besagen, dass die Investi­tionen in unserem Lande zurückgehen werden.

700 Millionen € sind nicht wenig. Im Übrigen, Herr Kollege, trifft das die Gemeinden ebenso wie den Bund und die Länder. So ist das, wenn man steuerlich Maßnahmen setzt. Es ist auch allemal gescheiter, Abschreibungsmöglichkeiten zu verbessern, als Prämien zu zahlen, denn dort werden Mitnahmeeffekte deutlich teurer. Das haben wir zuletzt auch erlebt. 700 Millionen € sind, wenn die Planzahlen des Finanzressorts auf­gehen, nicht wenig, und sie sind eine tatsächliche Hilfe, um die Investitionen hoch zu halten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das auf zwei Jahre zu befristen, macht ebenfalls Sinn, denn Österreichs Unternehmer gehen rational und sehr sachbezogen vor, wenn sie Investitionen planen. Wann diese Investition letztlich aber getätigt wird, ist oft auch eine emotionale Entscheidung – und da kann ein Investitionsanreiz im Sin­ne einer vorzeitigen Abschreibung, wie hier vorgesehen, durchaus nützen.

Ich lade Österreichs Investoren ein, davon Gebrauch zu machen, insbesondere in den nächsten 24 Monaten! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.39


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Riepl. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 215

18.39.09

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich glaube, es ist not­wendig, auch vonseiten unserer Fraktion noch einmal auf den Antrag hinzuweisen, den Herr Abgeordneter Großruck betreffend die Sanierung unseres Parlamentsgebäudes und vor allem dieses Saales eingebracht hat. Auch wir bedauern, dass es nicht mög­lich war, nach einer sachlichen Diskussion im Baukomitee mit professioneller Informa­tion und Unterstützung durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Parlamentsdirek­tion, für die ich mich besonders bedanken möchte, zu einem Fünf-Parteien-Antrag zu kommen.

Auch die Begründung ist mir nicht ganz klar. Vereinfacht würde ich sagen, die Freiheit­liche Partei hat durch ihren Vertreter im Baukomitee irgendwie den Standpunkt durch­blicken lassen: Na ja, ziehen wir ein paar neue Leitungen ein, und flicken wir das Dach, und dann ist das Problem gelöst! – Ich denke, so einfach ist das nicht. Sanierung, In­standhaltung und Umbau machen dann Sinn, wenn man das in einem macht. Ich glau­be, hier ersparen wir uns mittelfristig gesehen sehr viel Geld. Darüber hinaus ist von den Planungen und von der Situation her sicherlich nicht davon zu sprechen, dass hier irgendwelche „Luxusumbauarbeiten“ gemacht werden, wie es in einer Presseaus­sendung der Freiheitlichen Partei zu lesen war.

Ich denke, die Verantwortung wurde durch die Parlamentspräsidentin und durch das Parlament angenommen. Das Baukomitee hat sich darauf verständigt, sich in Kürze noch einmal zusammenzusetzen und die weiteren Beratungen fortzusetzen. Was die Frage Gefahr in Verzug betrifft, ist die Baupolizei aktiv und wird in Kürze einen Bericht und eine Positionierung liefern.

Das heißt, es ist alles getan – das möchte ich damit ausdrücken –, was in so einer Si­tuation zu tun ist. Nur macht es Sinn, alles gemeinsam zu machen: Umbau des Saales mit Sanierung und Instandhaltung. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.41


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer. – Bitte.

 


18.41.19

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Zum Antrag des Kollegen Großruck: Wir haben deshalb unsere Unter­schrift nicht hinzugesetzt, weil wir nicht der Meinung sind, dass dieser Saal um teures Geld generalumgebaut werden soll. Allerdings sind wir der unabdingbaren Auffassung, dass die notwendigen Sanierungsmaßnahmen, was Dach, Fluchtwege und so weiter angeht, radikal und sofort umgesetzt werden müssen.

Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe (Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen): einer­seits Sanierung, andererseits Erneuerung für einen Glanz, der nicht sein muss!

Herr Kollege Großruck vermeint, dass er mit Gedichten Scherze hervorrufen soll. Da­mit Sie sehen, dass auch wir und ich Humor besitzen – Herr Kollege, hören Sie zu ‑:

Dichtet Großruck seine Schwänke,

Geht ein Raunen durch die Bänke.

Hohes Haus nicht groß genug

Für den Geist von großem Ruck!

(Beifall bei FPÖ, SPÖ, ÖVP und BZÖ sowie anhaltende allgemeine Heiterkeit. – Abg. Großruck: Wenn Sie schon dichten, dann dichten Sie gescheit! Das reimt sich ja nicht wirklich!)

18.42



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 216

18.42.50Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird – Konjunkturbelebungsge­setz 2009, samt Titel und Eingang in 91 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Damit ist dieser Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reduzierung der Politikerbezü­ge sowie der Bezüge der leitenden Beamten um 4 Prozent.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Entschließungsantrag ihre Zu­stimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit und da­mit abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Cap, Kopf, Bu­cher, Dr. Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neugestaltung des Nationalratssitzungssaales.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Entschließungsantrag ihre Zu­stimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenom­men. (E 14.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, sei­nen Bericht 135 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, sei­nen Bericht 136 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.

18.44.4014. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (92 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem eine Ökoprämie für Fahrzeugtausch eingeführt wird (Ökoprä­miengesetz) (137 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner hiezu: Herr Abgeordneter Gradauer. – Bitte.

 


18.45.02

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Wieder einmal wird gekleckert und nicht geklotzt. Mir scheint, die Regierung hat noch nicht erkannt, dass die Lage der Wirtschaft sehr ernst ist, dass wir in einer Rezession stecken, die das Schlimmste be­fürchten lässt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 217

Heute steht in der Zeitung, dass der Pkw-Verkauf um 22 Prozent eingebrochen ist, dass die Autozulieferer 60 Prozent ihrer Umsätze verlieren und dass gerade diese Branche in ganz, ganz argen Nöten steckt. Und dann gibt es hier diese Ökoprämie, die schon vom Namen her sehr verdächtig ist. Der Name ist zwar grundsätzlich nicht falsch, aber trotzdem falsch gesetzt. Es erfolgt hier eine Händlerförderung. Wahr­scheinlich wird das den Rabatten guttun. In „NEWS“ kann man heute lesen, dass be­reits 32 Prozent an Rabatten gegeben werden.

13 Jahre alte Autos werden verschrottet. Da frage ich mich: Wer kann sich ein neues Auto leisten, wenn er 13 Jahre lang mit einem alten fährt? Wahrscheinlich sind es Zweitwagenbesitzer. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist das alles nur ein kleiner Versuch, die Konjunktur anzukurbeln. Ich glaube, wenn man klotzt, dann soll man Vernünftiges machen. Wir von der freiheitlichen Fraktion denken, dass der Verzicht auf die NoVA die richtige Antwort wäre. (Beifall bei der FPÖ.) Dann hätte nämlich auch die österreichische Zulieferindustrie etwas davon, denn auch Voest-Bleche werden dorthin verkauft. Deshalb sollte die NoVA ausgesetzt werden.

Wir bringen deshalb folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Themessl, Vilimsky, Gradauer, Hofer, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vor­zulegen, die die Abschaffung der Normverbrauchsabgabe vorsieht.“

*****

Es geht hiebei um die Unterstützung von 350 000 Arbeitern, die in dieser Branche tätig sind. Ich glaube, es wäre es wert, diesen Antrag zu unterstützen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.47


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Antrag ist ordnungsgemäß einge­bracht, ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Themessl, Vilimsky, Gradauer, Hofer und anderer Abgeordneter be­treffend Abschaffung der Normverbrauchsabgabe

eingebracht in der 16. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 11. März 2009 im Zu­ge der Behandlung des Berichtes des Finanzausschusses über die Regierungsvorla-
ge (92 d.B.): Bundesgesetz, mit dem eine Ökoprämie für Fahrzeugtausch eingeführt wird (Ökoprämiengesetz) (137 d.B.)

In Österreich waren bis vor kurzem um die 350.000 Menschen in Produktion, Handel und Reparatur von Kraftfahrzeugen beschäftigt; 70.000 davon direkt im Fahrzeughan­del und Gewerbe. Die derzeitige Wirtschaftskrise setzt aber vor allem der Autobranche zu, viele Arbeitsplätze sind bereits verloren gegangen bzw. sind extrem gefährdet; gro­ße und ehemals sehr erfolgreiche Unternehmen stehen vor dem Bankrott. Nach Anga-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 218

ben von Oberösterreichs Autoindustrie haben bislang schon mehr als 5.000 der Anfang Oktober 2008 rund 80.000 Beschäftigten ihre Arbeit verloren.

Der Neuwagenverkauf muss unbedingt angekurbelt werden, wobei aber die von der EU aufgezwungene Verschrottungsprämie für Österreich keine positiven Auswirkungen hat. Ein Ansatz, der Wirtschaftskrise entgegenzusteuern, ist die Abschaffung der NoVA, die ohnehin nur ein Ersatz für die vor vielen Jahren weggefallene Luxussteuer gewesen ist. Dies würde zu einem sofortigen Verbilligungspotential von durchschnitt­lich rund 10 Prozent führen.

Der ÖAMTC beispielsweise kann sich vorstellen, dass in Zukunft das CO2-Element in der Kfz-Steuer stärker berücksichtigt wird, wenn es gleichzeitig zu einer Abschaffung der NoVA kommt.

Die Normverbrauchsabgabe (NoVA) richtet sich nach dem durchschnittlichen Ver­brauch bzw. nach dem Hubraum und reicht bis zu 16% der Bemessungsgrundlagen. Die Normverbrauchsabgabe ist einmalig beim Fahrzeugkauf zu entrichten. Auf EU-Ebene arbeitet man bereits an einem Richtlinien-Vorschlag, in dem es um die generelle Abschaffung von Zulassungsabgaben wie der NoVA und eine Verstärkung des CO2-Elements in der Kfz-Steuer geht.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vor­zulegen, die die Abschaffung der Normverbrauchsabgabe vorsieht.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Steindl. – Bitte.

 


18.47.49

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Kollege Gradauer hat eben ausgeführt, dass die Abschaffung der NoVA gescheiter wäre. – Lieber Herr Kollege Gradauer, die­se Maßnahme mit 1 500 € Prämie ist allemal mehr als die Abschaffung der NoVA beim Kauf eines neuen Fahrzeugs. Wir wissen, dass die durchschnittliche NoVA-Belastung bei dieser Fahrzeugkategorie in etwa bei 600 € bis 700 € beträgt.

Ich meine, dass diese Maßnahme von Minister Mitterlehner eine ausgezeichnete ist, um die Kfz-Branche in dieser wirtschaftlich schwierigen Zeit zu unterstützen.

Wir haben wiederholt Absatzrückgänge zu verzeichnen, in den letzten Monaten in der Größenordnung von 16 bis 17 Prozent, bei den Lkw ist es leider noch schlimmer. Aller­dings wird diese Maßnahme mit Sicherheit sehr viel zur massiven Unterstützung des automotiven Bereiches beitragen.

Es ist auch ein Gebot der Solidarität, weil wir in Österreich inzwischen einen automoti­ven Bereich aufgebaut haben, der mehr als 170 000 Beschäftigte umfasst. Gerade in diesem Bereich haben wir zurzeit die größte Anzahl von Kurzarbeitern; deswegen wird diese Maßnahme entsprechende Impulse bringen.

Man sieht am Beispiel der Bundesrepublik Deutschland, dass sich diese „Abwrack­prämie“, wie sie dort heißt, bestens bewährt und den Absatz von Neuwagenfahrzeugen gefördert hat.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 219

Diese Ökoprämie wird eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten sein. Die Hersteller werden mehr Fahrzeuge auf den Markt bringen können. Die Händler und die Hersteller beteiligen sich mit der Hälfte dieser 1 500-€-Prämie, das heißt, die Bundesregierung gibt hier die Hälfte aus.

Andererseits ist es auch eine Win-Situation für den Staat, wenn um diese 30 000 Ein­heiten mehr verkauft wird – was mit Sicherheit der Fall sein wird –, weil eben die Ver­brauchersteuern sich hier auch entsprechend positiv niederschlagen. Darüber hinaus ist es auch eine Win-Situation für die ökologischen Umstände unseres Landes, wenn wir diese 13 Jahre alten Fahrzeuge von der Straße wegbringen, die einen vielfach hö­heren Schadstoffausstoß haben als die neuen Fahrzeuge.

Ich glaube, das ist letztlich eine besonders gute Maßnahme. Ich bedanke mich dafür beim Herrn Bundesminister im Namen der Automobilwirtschaft und hoffe, dass wir viel­leicht sogar noch etwas draufsetzen könnten. – Besten Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

18.50


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Linder. – Bitte.

 


18.50.57

Abgeordneter Maximilian Linder (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Bei der hier beantragten Ökoprämie ist noch immer nicht ganz klar, ob das eine Prämie aus umwelttechnischer Sicht oder eine Prämie zur Wirtschaftsförderung ist.

Aus umwelttechnischer Sicht ist es mir nicht ganz klar, warum nur gewisse Autos ge­fördert werden sollen, während Autos, die zu einem Betriebsvermögen gehören, he­rausgenommen sind und diese Verschrottungsprämie nicht bekommen sollen. Weiters denke ich Folgendes: Wenn jemand 13 Jahre lang ein Auto fährt, dann will er es zu En­de fahren, bis es 14 oder 15 Jahre alt ist. Es ist nicht ganz klar, ob er wegen dieser 1 500 € bereit sein wird, dieses Auto zum Verschrotten zu bringen.

Aus umwelttechnischer Sicht ist es auch fraglich, ob es Sinn macht, ein Auto zu ver­schrotten, das als Zweitauto vielleicht nur wenig Sprit verbraucht, während der Ener­gieverbrauch beim Verschrotten allerdings ein sehr hoher ist. Deshalb ist, glaube ich, der Ausdruck „Ökoprämie“ nicht richtig. Will man damit aber Maßnahmen setzen, um die Wirtschaft zu stärken oder die Kaufkraft der Bürger zu unterstützen, so ist die Prämie, glaube ich, nicht geeignet. Ein 13 Jahre altes Auto mit 1 500 € zu fördern, kann meiner Meinung nach nicht der Anreiz sein – wobei das obendrein für 2009 auf 30 000 Autos beschränkt ist.

In Deutschland hat man gesagt, bei der Verschrottung eines neun Jahre alten Autos gibt es eine Prämie von 2 500 €. Ich glaube – wobei das auch die Meinung des BZÖ ist –, wir sollten in Österreich den Weg gehen, dass wir die NoVA abschaffen; denn da­mit würden wir längerfristig den Kauf der Autos stärken, die Pendler stärken und so auf alle Fälle auch unsere Wirtschaft unterstützen. (Beifall beim BZÖ.)

18.52


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

 


18.53.04

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Verschrottungs- oder Ökoprämie ist relativ einfach: Das ist keine nationale Maß­nahme (Abg. Dr. Moser: Entschuldigen Sie, das ist ein nationales Parlament!), son­dern es gibt auf europäischer Ebene eine koordinierte Aktion mehrerer Staaten, die in diesem Zusammenhang gemeinsam europäisch denken und handeln und in mehreren europäischen Staaten gemeinsam eine Verschrottungs- beziehungsweise Ökoprämie beschließen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 220

Wir verhalten uns da solidarisch und leisten auch unseren Beitrag für diese europawei­te Maßnahme. Ich glaube, dass sie auch durchaus ökologisch sinnvoll ist. Ich glaube, man kann getrost davon ausgehen, dass Autos, die heute gekauft werden, in 99,8 Pro­zent der Fälle ökologisch besser sind als jene, die vor 13, 14 oder 15 Jahren gekauft wurden.

Ich glaube auch, dass es sozial durchaus treffsicher ist, weil ich davon ausgehe, dass Menschen, die ein Auto haben, das 13 Jahre alt ist und einen Restwert von 1 500 € hat, nicht unbedingt zur gehobenen Einkommensklasse gehören. Ich glaube auch, dass es aus europäischer Sicht ökonomisch sinnvoll ist, das zu machen. Man sieht nämlich, dass jene Länder, die das bereits eingeführt haben – jedes Land ein bisschen anders –, sehr erfolgreich damit waren und diese Maßnahmen dort zumindest kurzfris­tig zu deutlichen Absatzsteigerungen geführt haben.

Die österreichische Zulieferindustrie ist natürlich abhängig – nicht vom österreichi­schen, sondern vom europäischen Markt. Insofern ist es vernünftig, dass wir uns hier solidarisch verhalten. All jene, die sagen, dass die deutsche Ökoprämie unserer Zulie­ferindustrie mehr nützt als die österreichische, haben recht. Aber glauben Sie mir, in europäischen Fragen haben wir in der Vergangenheit schon oft die Solidarität anderer gebraucht und werden sie in Zukunft noch oft genug brauchen. Insofern können wir da durchaus solidarische Maßnahmen setzen.

Zur Frage, ob man stattdessen die NoVA aussetzen sollte: ein klares Nein. Dass hier die Höhe auch nicht so weit geht wie in der Frage der Ökoprämie, wurde bereits darge­legt, aber es würde andererseits auch der ökologische Effekt fehlen.

Wie bereits im Finanzausschuss angekündigt, hat in der Zwischenzeit, am Freitag, der Datenschutzrat getagt, und wir haben bereits angekündigt, dass es da eventuell einen Abänderungsantrag geben wird. Ich darf diesen hiermit einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Stummvoll und Jan Krainer, dass in zweiter Lesung beschlossen werden möge, das Ökoprämiengesetz wie folgt zu ändern:

1. In § 5 im Abs. 2 wird der Satz „Die Sozialversicherungsnummer darf vom Fahrzeug­händler ausschließlich zur Antragstellung beim zuständigen Finanzamt verwendet wer­den. Eine Erfassung der Sozialversicherungsnummer durch den Fahrzeughändler außerhalb von FinanzOnline ist nicht zulässig.“ angefügt.

2. Nach § 6 wird folgender § 6a samt Überschrift eingefügt:

„Strafbestimmung

§ 6a. Bei rechtswidriger Verwendung der Sozialversicherungsnummer gelten die §§ 51 und 52 des Datenschutzgesetzes.“

*****

Hiermit wird der Stellungnahme des Datenschutzrates Rechnung getragen (Abg. Dr. Lichtenecker: Noch einmal!), nämlich dahin gehend, dass es hier auch kein­en Missbrauch dieser Nummern gibt.

Ich ersuche um Zustimmung. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.56


Präsident Fritz Neugebauer: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht, ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 221

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Jan Krainer Kolleginnen und Kollegen zur Regie­rungsvorlage (92 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem eine Ökoprämie für Fahrzeugtausch eingeführt wird (Ökoprämiengesetz), in der Fassung des Finanz­ausschussberichtes (137 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Das Ökoprämiengesetz wird wie folgt geändert:

1. In § 5 im Abs. 2 wird der Satz „Die Sozialversicherungsnummer darf vom Fahrzeug­händler ausschließlich zur Antragstellung beim zuständigen Finanzamt verwendet wer­den. Eine Erfassung der Sozialversicherungsnummer durch den Fahrzeughändler außerhalb von FinanzOnline ist nicht zulässig.“ angefügt.

2. Nach § 6 wird folgender § 6a samt Überschrift eingefügt:

„Strafbestimmung

§ 6a. Bei rechtswidriger Verwendung der Sozialversicherungsnummer gelten die §§ 51 und 52 des Datenschutzgesetzes.“

Begründung

Es soll im Interesse des Datenschutzes ausdrücklich sichergestellt werden, dass eine Erfassung der Sozialversicherungsnummer durch den Fahrzeughändler außerhalb von FinanzOnline nicht statthaft ist.

Zur Rechtsklarheit wird in § 6a auf die §§ 51 und 52 des Datenschutzgesetzes hinge­wiesen. Eine rechtswidrige Verwendung der Sozialversicherungsnummer ist jedenfalls als Tatbestand dieser genannten Normen zu werten.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


18.56.34

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Werter Herr Wirtschafts­minister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ehrlicherweise müssten Sie sagen, dass das, was wir hier jetzt beschließen sollen, eine wahre Steuergeldverbren­nungsaktion ist, denn – ich zitiere erstens den Obmann der Wirtschaftskammer Bur­genland, Peter Nemeth –: „Dem Kfz-Handel geht es besser, als manche glauben“.

Warum machen Sie dann eine Steuergeldverschwendung sondergleichen? Diese 50, 60 Millionen € brauchen wir dringend im Bildungsbereich, im Sanierungsbereich, bei der Wärmedämmung et cetera! Warum machen Sie das, wenn es der Autohandel doch gar nicht notwendig hat? Es ist nämlich eine reine Autohandel-Förderprämie. Ihre Be­zeichnung „Ökoprämie“ ist ohnehin die größte Beleidigung jedes Menschen, der eini­germaßen Hausverstand hat! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Minister, Herr Staatssekretär, wie kann man zu einer Verschrottungsprämie, die auf europäischem Niveau nur Verschrottungsprämie heißt, „Ökoprämie“ sagen, da es doch ökologisch, CO2-mäßig kontraproduktiv ist, wenn ein altes Auto verschrottet und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 222

dafür zum Beispiel ein VW Touareg gekauft wird, der beim CO2-Ausstoß mit Ihrer Prä­mie um 1 500 € verbilligt wesentlich mehr CO2 ausstößt als ein altes, kleines Auto?! (Abg. Grillitsch: Sie denken sehr theoretisch und haben von Praxis keine Ahnung!) – Ich kann Ihnen da jede Menge Listen geben, Listen von Autos mit gigantischem CO2-Ausstoß, die Sie fördern, weil Sie nämlich bei Ihrer Verschrottungsprämie noch dazu keinerlei Schadstoffklassen außer Euro-4 eingeführt haben und keinerlei CO2-Limit!

Ich darf Ihnen für Ihre Steuergeldverbrennungsaktion, die wir jetzt beschließen sollen, noch ein anderes Zitat mitgeben. Herr Wirtschaftsminister, es stammt von jemandem aus Ihrem Haus, nämlich Energiekontrollchef Walter Boltz. In einer Pressemeldung wird er sinngemäß wie folgt zitiert: „Öffentliche Mittel zur Konjunkturbelebung sollten viel stärker an energetische Standards und verbindliche Einsparungsprogramme ge­bunden werden, urgierte Boltz. So habe man etwa bei der Verschrottungsprämie ‚eine Chance versäumt’, weil die dafür aufgewendeten Gelder nicht an den Spritverbrauch geknüpft worden seien.“

Und Sie sagen „Ökoprämie“! Entschuldigen Sie, für wie blöd halten Sie die Menschen wirklich?! Ich meine, das ist nicht einmal hanebüchen, das ist Blödsinn zum Quadrat! (Abg. Dr. Pirklhuber: Unglaublich! – Widerspruch bei der ÖVP.)

Herr Wirtschaftsminister, besonders interessant ist für mich Ihr Turn around – oder wie nennt man es, wenn man die Meinung ändert? –, man könnte es auch als wetterwendi­sche Herangehensweise bezeichnen. Sie waren nämlich ursprünglich sehr dagegen, dass wir diese Verschrottungsprämie einführen. Dann waren die Lobbyisten bei Ihnen, eine, zwei, drei Wochen. Dann hat es schon geheißen, man müsse überlegen, es gebe ja noch den europäischen Rahmen und so weiter. Und spätestens in der vierten Wo­che, glaube ich, haben Sie uns dann diese Missgeburt von Steuergeldverschwendung vorgelegt.

Deshalb darf ich Ihnen einen Alternativvorschlag präsentieren. Wir wollen nämlich eine wirkliche Ökoprämie haben, nämlich dahingehend, dass Menschen, die mit öffentli­chen Verkehrsmitteln oder mit dem Fahrrad fahren, gefördert werden. Das nützt auch der lokalen, regionalen Fahrradindustrie in Österreich, die nämlich ausgeprägter ist als die Autoindustrie. Mit Ihrer Prämie finanzieren Sie praktisch mehr oder weniger den Autoimport aus Fernost, denn die meisten Österreicher und Österreicherinnen kaufen jetzt in dem Segment. Es ist ja export- und wirtschaftspolitisch der reine Unfug, was Sie machen!

Deshalb unser Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, der angeblichen ‚Ökoprämie’ für die Autover­schrottung umgehend eine tatsächliche Ökoprämie folgen zu lassen, die diesen Na­men auch verdient.

Die echte Ökoprämie soll für den Kauf eines neuen Fahrrads sowie für den Kauf einer Jahreskarte für öffentliche Verkehrsmittel ausgezahlt werden und mindestens 100 Euro pro Fall betragen. Insgesamt soll diese echte Ökoprämie wie die Schrottprämie für den Kfz-Handel mit 22,5 Mio Euro für dieses Jahr dotiert werden.“

*****

Das wäre wirklich ein auch klimaschutzpolitisch wichtiger Beitrag. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 223

Betreffend Klimaschutz beziehungsweise Abgaswerte hab ich noch einen anderen Vor­schlag, Herr Minister, da ja die ÖVP und SPÖ jetzt auf einmal gegen die Gigaliner sind: Ich hätte schon einen Entschließungsantrag, dem Sie sofort zustimmen könnten!

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, der europaweiten oder anderweitigen Zulassung von ‚Gigalinern‘“ „auf allen geeigneten Ebenen schnellstmöglich, vorsorglich und mas­siv entgegenzutreten.

Dies schließt jedenfalls ein:

Widerstand auch gegen jede nicht unmittelbar für Österreich verpflichtende Zulassung von Gigalinern wegen der negativen Rückwirkungen auf Österreich;

Widerstand gegen angebliche ‚Kompromisse‘ wie 45- oder 50-Tonnen-Gigaliner;

Widerstand gegen Gigaliner-Zulassung durch Mitgliedsstaaten statt durch die EU;

Widerstand und aktives Lobbying gegen tendenziös Studien der EU Kommission.“

*****

Das wäre ein Schritt in die gemeinsame Richtung, aber nein danke! zu Ihrer Pseudo-Verschrottungs-Ökoprämie, die eigentlich nur Hirnschrott ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.01


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Die beiden soeben eingebrachten Entschließungs­anträge sind ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und stehen daher mit in Verhandlung.

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend echte Ökoprämie für den Kauf eines Fahrrads bzw. einer Öffi-Jahreskarte, eingebracht im Zuge der Debatte über Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorla-
ge (92 d.B.): Bundesgesetz, mit dem eine Ökoprämie für Fahrzeugtausch eingeführt wird (Ökoprämiengesetz) (137 d.B.)

Die Schrottprämie, der selbst der Bundeskanzler und der Umweltminister keinen nen­nenswerten Umwelt- oder Klimaeffekt attestieren, als „Ökoprämie“ zu verkaufen, wurde von Kritikern zurecht als „Veräppelung der Bevölkerung“ und „Wählertäuschung“ be­zeichnet.

Denn die verteilungspolitisch ebenso wie umwelt- und klimapolitisch ignorante Ausge­staltung der Schrottprämie ermöglicht auch einem zB 600.000 Euro im Jahr verdienen­den Generaldirektor für den privaten Kauf eines Spritfresser-SUV mit 14 oder 15 Liter Verbrauch und um die 35 kg CO2-Ausstoß pro 100 km ab 1. April eine steuerfinanzier­te Prämie von 1.500 Euro zu kassieren – ein schlechter Aprilscherz.

Hingegen gehen nach der Vorstellung von SPÖ und ÖVP RadfahrerInnen und Öffi-Be­nutzerInnen trotz ihres ökologisch vorbildlichen Verhaltens völlig leer aus!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 224

Es ist daher dringend notwendig, durch eine tatsächlich ökologisch sinnvolle und auch verteilungspolitisch gerechtere echte Ökoprämie von mindestens 100 Euro für jeden Fahrradkauf (ähnlich wie in Argentinien) und für jeden Kauf einer Öffi-Jahreskarte doch noch Umwelt- und Klimaentlastung mit konjunkturell positiver Wirkung unter einen Hut zu bringen. Denn auch die Fahrradherstellung sichert sehr viele Arbeitsplätze in Öster­reich, ebenso der Öffentliche Verkehr (incl. Fahrzeugbau, Schienen- und Sicherungs­technikherstellung).

In der Abwicklung sollte für eine solche echte Ökoprämie eine Vorgangsweise ähnlich wie bei der Schrottprämie gewählt werden, allenfalls käme auch eine Lösung über eine befristete steuerliche Absetzbarkeit incl. Negativsteuerauszahlung ähnlich der seiner­zeitigen Breitband-Förderungsaktion in Frage.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, der angeblichen „Ökoprämie“ für die Autover­schrottung umgehend eine tatsächliche Ökoprämie folgen zu lassen, die diesen Na­men auch verdient.

Diese echte Ökoprämie soll für den Kauf eines neuen Fahrrads sowie für den Kauf einer Jahreskarte für öffentliche Verkehrsmittel ausgezahlt werden und mindestens 100 Euro pro Fall betragen. Insgesamt soll diese echte Ökoprämie wie die Schrottprä­mie für den Kfz-Handel mit 22,5 Mio Euro für dieses Jahr dotiert werden.

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nein zum Gigaliner-Lkw mit über 25 Meter Länge und bis zu 60 Tonnen, eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (92 d.B.): Bundesgesetz, mit dem eine Ökoprämie für Fahrzeugtausch eingeführt wird (Ökoprä­miengesetz) (137 d.B.)

Wie in der Debatte um die Verschrottungsprämie spielen Argumente der Ökologisie­rung des Straßenverkehrs auch bei allen Debatten zum Straßengüterverkehr eine wichtige Rolle.

Seit einiger Zeit wird auf EU-Ebene – auch unter Berufung auf Öko-Argumente – mas­siv für die Einführung überschwerer (bis 60 Tonnen) und überlanger (bis 25,25m) Lkw, sogenannter „Gigaliner“, lobbyiert. Damit sollen laut Befürwortern die Kosten im Stra­ßengüterverkehr um bis zu einem Drittel gesenkt werden.

Offizielle Studien rechnen für den Fall der europaweiten Zulassung solcher Monster-Lkw jedoch mit einer Zunahme der Lkw-Lawine von mindestens fünf Prozent über dem ohnehin dramatischen Wachstumsszenario ohne 60-Tonner. Nach zwei Studien im Auftrag des deutschen Verkehrsministeriums würde ein Drittel des Kombi-Verkehrs und ein Viertel des Wagenladungsverkehrs von der Bahn auf die Straße verlagert. Ös­terreichs Bahnverkehr weist einen besonders hohen Anteil gerade dieser Verkehre auf. Es käme also durch die Inverkehrsetzung von Gigaliner-Lkw zu einer massiven Rück­verlagerung von der Schiene auf die Straße. Dies zieht einen höheren CO2-Ausstoß nach sich und würde allen Zielen und Verpflichtungen zur CO2-Reduktion – wie dem Kyoto-Ziel – widersprechen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 225

Daneben spricht eine Vielzahl konkreter Fakten gegen Gigaliner:

Gigaliner würden wegen der Sichtbehinderung und der längeren Überholwege durch ihre höhere Fahrzeuglänge die Unfallgefahr für andere VerkehrsteilnehmerInnen er­höhen.

Das weit höhere Ladegewicht würde für schwerere Unfälle sorgen.

Die im Fall des Falles höhere Brandlast würde Tunnelsicherheits-Standards gefährden.

Auf die Straßenerhalter – ASFINAG, Länder, Gemeinden – und damit letztlich auf die SteuerzahlerInnen kämen gewaltige Folgekosten zu, denn die Straßeninfrastruktur in Österreich ist für Gigaliner nicht eingerichtet: Brücken, Kurvenradien, Rastplätze, Auf- und Abfahrten sowie Knotenbauwerke sind selbst bei Autobahnen und Schnellstraßen nicht auf eine Gesamtlänge von 25,25 Meter und bis zu 60 Tonnen Gewicht ausgelegt. Abseits des hochrangigen Netzes wären Abbiegespuren, Kreisverkehre und Kurvenra­dien unüberwindliche Hindernisse. Der Straßenerhalt würde sich dadurch erheblich verteuern, eine massive Zusatzbelastung für die ohnedies angespannten und von der Wirtschaftskrise nochmals bedrohten Haushalte von ASFINAG, Ländern und Ge­meinden.

Die Bevölkerung steht in Österreich wie europaweit der Einführung von Gigalinern mit überwältigender Mehrheit ablehnend gegenüber.

Zahlreiche Institutionen sind klar gegen die Einführung von Gigalinern in Österreich. Selbst der zuständige Fachverband der WKÖ steht Gigalinern ablehnend gegenüber.

Bislang sind Gigaliner nur in dünn besiedelten Regionen Skandinaviens im Einsatz so­wie im Rahmen von Pilotversuchen zB in den Niederlanden und einzelnen deutschen Bundesländern. Eine potente Lobby aus Großfrächtern und Lkw-Herstellern arbeitet je­doch intensiv daran, die EU-Kommission zu einer Änderung der Richtlinie 96/93/EG zu bringen, Gigaliner zumindest auf Teilen des EU-Straßennetzes zuzulassen oder die Verwendung im bilateralen Verkehr den betroffenen Mitgliedsstaaten zu überantwor­ten.

Für Österreich besteht dringender Handlungsbedarf, die Zulassung von Gigalinern ge­nerell zu unterbinden. Ein Nein zu einer für Österreich verpflichtenden Zulassung greift zu kurz: Denn selbst wenn Gigaliner in Österreich selbst nicht fahren dürften, würde es durch die Zulassung „nur“ in anderen Staaten Europas oder zB auf bestimmten ande­ren Teilen des TEN-Netz zu Verlagerungen in Nachbarstaaten kommen, die massive Rückschläge für den Schienenverkehr und zugleich Lkw-Mehrverkehr auch für Öster­reich brächten – Güter würden anderswo in Europa erst gar nicht auf die Schiene gelangen, und Gigaliner müssten dann ja zB an Österreichs Grenze geteilt und von zwei LKW getrennt weitergeführt werden.

Dass EU-Verkehrskommissar Tajani dieser Tage den Aufschub der Gigaliner-Entschei­dung von 2009 auf 2010 ankündigte, ist keinerlei Grund zur Entwarnung, sondern eher ein Beweis, dass das Thema trotz Kritik weiterverfolgt wird. Im Hinblick auf Europawahl und Neubestellung der EU-Kommission handelt es sich dabei wohl um Wahlkampf-Taktik.

Weiters ist auch den von den Gigaliner-Befürwortern ins Spiel gebrachten „Kompromis­sen“ entgegenzutreten, die auf eine „Salamitaktik“ zur Zulassung der Riesen-Lkw hi­nauslaufen:

Die Idee, die Zulassung von Gigalinern für Binnen- oder bilateralen Verkehr den betrof­fenen Mitgliedsstaaten zu überantworten, wäre EU-rechtswidrig und wettbewerbsver­zerrend.

Auch die Idee, Gigaliner mit Gewichtsbegrenzung bei „nur“ 45 oder 50 Tonnen zuzu­lassen, ist zurückzuweisen: Dies wäre keinerlei Antwort auf alle Probleme, die aus der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 226

Länge der Fahrzeuge oder der Rückverlagerung von Schienengüterverkehr auf die Straße resultieren.

Statt weiterhin in Salamitaktik über Studien, Pilotversuche oder durchsichtige „Kompro­misse“ die Zulassung von Gigalinern zu betreiben, müssen die EU-Kommission und der Rat die bestehenden Obergrenzen für Abmessungen und Gewicht von Lkw außer Diskussion stellen und sich konsequent für die Stärkung von Europas Bahnen ein­setzen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, der europaweiten oder anderweitigen Zulassung von „Gigalinern“ (Lkw mit bis zu 60 Tonnen und über 25 Meter Länge) auf allen geeig­neten Ebenen schnellstmöglich, vorsorglich und massiv entgegenzutreten.

Dies schließt jedenfalls ein:

Widerstand auch gegen jede nicht unmittelbar für Österreich verpflichtende Zulassung von Gigalinern wegen der negativen Rückwirkungen auf Österreich;

Widerstand gegen angebliche „Kompromisse“ wie 45- oder 50-Tonnen-Gigaliner;

Widerstand gegen Gigaliner-Zulassung durch Mitgliedsstaaten statt durch die EU;

Widerstand und aktives Lobbying gegen tendenziöse Studien der EU-Kommission.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Mitterlehner. – Bitte.

 


19.02.09

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Präsident! Herr Kollege! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist richtig, dass man die Einführung einer Ökoprämie unter verschiedenen Gesichtspunkten und unterschiedlich betrachten kann. Ich habe es selbst genauso getan und darf durchaus bestätigen, dass wir beim Auto-Gipfel am 8. Jänner 2009 mit den Händlern, aber insbe­sondere auch mit der Automotiven Industrie vereinbart haben, dass wir uns die Ge­samtentwicklung in Europa anschauen. Wenn Sie diese Entwicklung anschauen, dann sehen Sie, dass mittlerweile der Trend eingetreten ist, dass in eigentlich sehr vie-
len Staaten – gestern erst in der Slowakei und demnächst wahrscheinlich in Tsche­chien – diese Ökoprämie, teilweise auch Verschrottungsprämie genannt, eingeführt wird. (Abg. Dr. Moser: Die haben alle Schadstoffgrenzen!)

Was die Einführung und die verschiedenen Motive anbelangt, so kann man unter­schiedliche Perspektiven sehen. Es können aber nicht beide richtig oder beide falsch sein. Die Bedenken des Herrn Kollegen Graudauer, dass derjenige, der ein Altauto mit 13 Jahren hat, finanziell nicht in der Lage sein wird, sich ein neues Auto zu kaufen, auch wenn eine Prämie von 1 500 € eingeführt wird, können nicht gleichzeitig richtig sein, sollte der Vorwurf von Frau Kollegin Moser stimmen, dass derjenige, der ohne­dies kein Geld hat und ein altes Auto hat, sich dann den VW Touareg kaufen wird. Ent­weder stimmt das eine nicht oder das andere nicht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 227

Meines Erachtens ist die Wahrheit genau in der Mitte zu sehen, meine Damen und Herren! Selbstverständlich ist es ein Vorteil, wenn 13 Jahre alte Autos im Bereich der Schadstoffklasse Euro 0 und 1 aus dem Markt kommen. Das ist ein Umweltvorteil. Es wäre aber die Diskussion schon sehr problematisch, wenn Sie wie in Deutschland bei zehn Jahren anfangen. Stellen Sie sich ein Auto vor, das zehn Jahre alt ist. Das ist ein­fach von einem gewissen Gebrauchs- und Verhandlungswert und würde am Ge­brauchtwagenmarkt wahrscheinlich abgehen. Daher ist es richtig, die Grenze im Be­reich der 13 Jahre alten Autos zu ziehen. Ich glaube, das ist der eine Aspekt.

Der zweite Punkt ist der, dass wir bei der NoVA eine entsprechende Spreizung haben, was CO2 anbelangt. (Abg. Dr. Moser: Die ist leider zu klein!) Daher ist es sehr richtig, hier nicht noch eine weitere Komponente einzusetzen, nämlich den Benzin- oder den sonstigen Spritverbrauch.

Der nächste Punkt: In Deutschland nimmt man wesentlich mehr Geld in die Hand, nämlich 2 500 €. Bei uns werden die 1 500 € – das ist ein Mittelwert – zur Hälfte von der Branche getragen. (Abg. Dr. Moser: Das setzen die eh von der Steuer ab!) Frau Moser, setzen Sie die Relation einmal gegenüber: Wir wenden in etwa 23 Millionen € auf, in Deutschland sind das 1,5 Milliarden €! Die zweite Hälfte kommt von den Händ­lern und von den Importeuren. Setzen Sie das in Relation zu den Kosten, die wir im Bereich beispielsweise der AUA oder woanders aufwenden müssen, um die ganze Ab­wicklung zu machen – ich finde das auch richtig und notwendig! –, und damit, was wir mit 22,5 Millionen € bewegen! Alleine dadurch, wie dieses Thema am Inseratenmarkt jetzt beworben wird, sind die Inserate schon mehr wert – und die ganze Branche, die in diesem Zusammenhang tätig ist, profitiert – als das, was insgesamt noch mit den 30 000 Autos dazukommen wird.

Warum ist Holzhacken so beliebt? Weil man sofort Erfolg sieht. Ich würde die Konjunk­turpakete nicht auf diese Ökoprämie beschränken und fokussieren. Warum ist sie aber so gut? Weil der Markt im Jänner um 15 Prozent eingebrochen ist. Jetzt wird er sich mit geringen Mitteln bewegen.

Ich glaube, es ist auch ein Solidarakt. Es ist nicht so, dass wir sagen: Unsere Automo­tive Zulieferindustrie exportiert in alle Länder der Welt, aber solidarisch sind wir nicht. Daher würde ich auch bitten, diesen Gesichtspunkt zu betrachten. Sehen Sie es ge­samt! Ich würde sagen: Diese Maßnahme ist eine ausgezeichnete Maßnahme, um jetzt, genau zur richtigen Zeit, den Markt zu beleben. Wissen Sie, was am Markt näm­lich noch daran hängt? – Arbeitsplätze! (Abg. Dr. Moser: Wenn die die Koreaner und Japaner kaufen!) Und die brauchen wir mehr als je zuvor. Daher danke ich allen Betei­ligten für die Zustimmung. (Beilfall bei ÖVP und SPÖ.)

19.06


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Höfinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


19.06.46

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Seit Stunden disku­tieren wir eigentlich die aktuelle Wirtschaftssituation und auch die drohende Entwick­lung, denn die Prognosen, die uns vorliegen, sind ja nicht sehr rosig. Das muss man so sehen und so sagen. Was aber erstaunlich ist: Von der Opposition ist bisher zu vielen Maßnahmen und Umsetzungen, die wir heute schon abgestimmt haben, immer nur ge­schlossene Ablehnung gekommen! Es gibt keinen einzigen Punkt, wo Sie wirklich mit­gestimmt und mitgeholfen haben, dieser Wirtschaftskrise zu begegnen und den Men­schen Sicherheit zu geben. (Abg. Dr. Moser: Beim Konjunkturpaket! – Zwischenruf des Abg. Brosz.) Das muss man auch erwähnen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Und das gilt leider auch beim Thema Ökoprämie für neue Fahrzeuge.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 228

Sehr geehrte Kollegin Moser und Herr Gradauer, ich nenne Ihnen ein paar Zahlen, da­mit Sie wissen, worum es in Wirklichkeit geht. Es stehen momentan Zehntausende Menschen schon in Kurzarbeit, und die Prognosen sagen, dass es im Frühjahr 300 000 Mitarbeiter in der Autoindustrie, in der Fertigung, in der Zulieferindustrie sein werden, die in Kurzarbeit stehen werden. Und diese haben natürlich auch Angst um ih­ren Arbeitsplatz. (Zwischenruf des Abg. Dr. Haimbuchner.)

Mittlerweile sind die Zahlen für den März so, dass im europäischen Raum ungefähr 100 000 Fahrzeuge weniger produziert werden als geplant oder im Vergleichzeitraum des Vorjahres. Man kann natürlich über alles diskutieren, man kann aber auch alles zerreden – und das tun Sie hier ganz eindeutig!

Uns war es wichtig – das sage ich auch –, dass wir die Konjunktur beleben und dass wir auch dadurch die Absatzankurbelung vornehmen. Mit dieser Ökoprämie wird dies durchaus erreicht.

Wenn Kollege Linder nicht weiß, worum es in Wirklichkeit genau geht – er hat es selbst gesagt, er weiß nicht genau, was da der Hintergrund ist –, dann kann ich es Ihnen sa­gen: Es ist ganz einfach. Es hat einen Mehrfachnutzen: Es stützt und schafft und hält die Arbeitsplätze, es stützt und hält den Wirtschaftsstandort und ist auch eine Unter­stützung für all jene, die sich vielleicht in den letzten Monaten kein Auto leisten konn­ten. Es ist eine Hilfe. (Abg. Mag. Darmann: Was spricht gegen die Abschaffung der NoVA?) Und was besonders ist: Es hilft auch der Umwelt! Es hat einen Umweltaspekt, weil alte Fahrzeuge durch neue, moderne Fahrzeuge, die den Umweltstandards ge­recht werden, getauscht werden. – Insgesamt sind das also 45 Millionen €, die sinnvoll und gezielt eingesetzt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

19.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Kogler zu Wort gemeldet. Ich erinnere an die einschlägigen Be­stimmungen der Geschäftsordnung. Maximale Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


19.09.36

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Mein Vorredner, der Ab­geordnete Höfinger, hat soeben behauptet, dass die Opposition bei keinem einzigen Punkt mitgestimmt hätte, und nebenbei noch durchklingen lassen, sie habe keine Ge­genvorschläge.

Ich berichtige also tatsächlich – was auch den Protokollen der heutigen Sitzung zu ent­nehmen sein wird –, dass sowohl bei Top 7 als etwa auch bei Top 11, dem sogenann­ten Konjunkturbelebungsgesetz 2009, Fraktionen der Opposition, jedenfalls aber im­mer die Grünen zugestimmt haben. – Damit ist dieser Unfug berichtigt.

Außerdem möchte ich Sie auch noch darauf hinweisen: Wenn die Opposition zwi­schenzeitig gegen etwas ist, gleichzeitig aber darüber redet, dass das Steuergeld nicht so verwendet werden soll, sondern auch anders, dann ist es eine zulässige Herange­hensweise und muss sich nicht durch einen derartigen Unsinn diffamieren lassen. (Abg. Höfinger: Das ist keine Berichtigung!)

Passen Sie erstens besser auf, zweitens denken Sie mit, und werden Sie dann mutig! (Beifall bei den Grünen!)

19.10


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege Kogler, das war hart an der Grenze einer tatsächlichen Berichtigung. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. 3 Minuten freiwillige Redezeit­beschränkung. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 229

19.11.00

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Die Verschrottungsprämie – auch Öko­prämie genannt – soll also ein weiterer Baustein im Maßnahmenpaket zur Ankurbelung der Konjunktur, zur finanziellen Entlastung der Menschen und zur Entlastung der Um­welt darstellen.

Das klingt gut und ambitioniert, wird aber so nicht funktionieren. Es wird deshalb nicht funktionieren, Herr Minister, weil sich in Österreich im Unterschied zu Deutschland der Kfz-Handel die Kosten der Prämie mit dem Staat teilt. Und es wird auch deshalb nicht funktionieren, weil die Abwicklung der Förderung in den Händen des Kfz-Handels lie­gen wird und nicht bei den Zulassungsstellen.

Das heißt mit anderen Worten, der Händler wird, wenn er rechnen kann, den Kunden zwei Angebote machen: ein schlechteres Angebot für den Fall, dass die Verschrot­tungsprämie angenommen wird, ein günstigeres, falls sie nicht angenommen wird. Die Verschrottungsprämie ist also unter dem Strich nichts anderes als eine reine Händler­subventionierung auf Kosten der Autofahrer. (Beifall bei der FPÖ.)

Ein weiterer negativer Effekt dieser Vorgangsweise: Durch die gesteigerte Nachfrage werden sämtliche Rabatte schlagartig verschwinden, die Preise werden steigen. In un­serem Nachbarland, in Deutschland, führt die Verschrottungsprämie bereits zu einem Anstieg der Neuwagenpreise.

Ein weiterer Irrtum ist es auch, zu glauben, dass unsere Autozulieferungsindustrie ir­gendetwas davon hätte. Im Gegenteil, die Autozulieferungsindustrie in Österreich ist Schlüssellieferant für deutsche Luxuswagenhersteller. Die wenigsten Kunden, die heu­te die Schrottkisten fahren und diese Verschrottungsprämie in Anspruch nehmen wer­den, haben das Geld, sich einen neuen BMW oder Mercedes zu kaufen, wo schon die Extras ein Vielfaches der Prämie ausmachen. Sie werden nicht einmal ein europäi­sches Modell kaufen, sondern sie werden ein asiatisches Modell bevorzugen, und da­bei – das kann ich sagen – ist kaum ein Teil „Made in Austria“ enthalten.

Zusammenfassend: Die Autos werden teurer, wir subventionieren mit unseren drin­gend benötigten Steuergeldern ausländische Arbeitsplätze, und der Konsument, für den das ja alles vordergründig veranstaltet wird, hat gar nichts davon.

Warum machen wir so einen wirtschaftspolitischen Unsinn und setzen nicht gleich wirk­lich innovative Ideen um? Zum Beispiel wäre das – wie heute schon gesagt wurde und auch Inhalt unseres Antrags ist – eine zeitliche Aussetzung der NoVA oder eine zeitli­che Aussetzung der motorbezogenen Versicherungssteuer bei Anschaffung eines Kfz im Jahr 2009 oder volle steuerliche Absetzbarkeit von Firmen-Pkws oder wie in Spa­nien staatlich zinsgestützte Darlehen auf bestimmte Zeit.

Die Idee, die Anschaffung eines neuen Pkws durch steuerliche Anreize zu begünsti­gen, ist prinzipiell richtig. Die jetzige Situation böte außerdem noch die Gelegenheit, mit einem Schlag den skurrilen österreichischen Sonderweg der zahlreichen investi­tionshemmenden Abgaben und Steuern zu beenden. An dessen Stelle könnte ein Kfz-Steuersystem treten, welches ökologisch und investitionsfreundlich orientiert ist.

Davon ist aber leider weit und breit nichts zu merken. Einen wirtschaftspolitischen Un­sinn, Herr Minister, können und wollen wir nicht mittragen! (Beifall bei der FPÖ.)

19.14


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter We­ninger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 230

19.14.28

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Der Verlauf der heutigen Sitzung und auch der letzten Plenartagung hat es ja erwarten lassen, dass Anträge der Regierungsparteien, als Mosaiksteine zur Belebung der ös­terreichischen Wirtschaft von der Opposition zum Großteil, Kollege Kogler, zerredet und schlechtgemacht werden und nicht die Zustimmung der Opposition finden.

Versuchen Sie, einen Gedankengang mit mir vorzunehmen! (Abg. Dr. Königshofer: Das fällt schwer!) – Dann musst du dich halt bemühen! – Stellen Sie sich vor, SPÖ und ÖVP hätten diesen Gesetzesantrag nicht eingebracht. Ich bin der Überzeugung, dass grüne Mandatare, vielleicht die Frau Dr. Moser, mit dem Brustton der Überzeugung die Einführung einer Ökoprämie, einer „Verschrottungsprämie“ – in Anführungszeichen – verlangt hätten, mit der grünen Argumentation, dass dadurch alte Autos aus dem Ver­kehr gezogen werden, dass man den CO2-Ausstoß reduzieren könnte, dass man die Energieeffizienz steigern könnte. Und mit dem gleichen Brustton der Überzeugung hät­ten wahrscheinlich auch die Mandatare von FPÖ und BZÖ argumentiert. Dann hätten wir von Pendlerinnen und Pendlern gehört, die auf ihr altes Auto angewiesen sind. Dann wäre wahrscheinlich die Argumentationskette vom sogenannten Zweitfahrzeug und von der sozialen Treffsicherheit gekommen.

Meine Damen und Herren, nur dem oppositionellem Reflex zu folgen ist zu wenig. Mit der Argumentation: Alles ist nichts, und nichts ist noch immer zu wenig!, kommen wir nicht weiter. Ich ersuche Sie, diesem Gedankengang zu folgen und auch Ihrer eigenen Argumentation in anderen Tagesordnungspunkten zu folgen. Unterstützen Sie diese Maßnahme der österreichischen Bundesregierung, um die Auswirkungen der Wirt­schaftskrise zu reduzieren und um österreichische und europäische Arbeitsplätze zu si­chern. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zur Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Hofer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.16.48

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Das ist ja genau der Punkt, dass wir die Sorge haben, dass damit eben nicht österreichische Arbeitsplätze gesichert werden, weil die Zulieferindustrie in Ös­terreich beim Dacia Logan nicht unbedingt das große Geschäft machen wird.

Meine Damen und Herren, ich mache einen anderen Vorschlag: Warum machen wir nicht eine Verschrottungsprämie ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) – Herr Matznetter, Sie trauen sich zu reden?! Sie haben vor zwei Jahren gesagt: Bitte, die AUA nicht privatisieren! Sie sind verantwortlich dafür, dass wir heute die AUA mit 500 Millionen € Verlust verschenken müssen, und Sie trauen sich den Mund aufzuma­chen?! (Beifall bei der FPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Meine Damen und Herren, machen wir doch eine Verschrottungsprämie für alte Ölkes­sel! (Abg. Dr. Matznetter: Machen Sie nicht unsere Zulieferindustrie madig!) – Herr Kollege Matznetter, Sie haben es noch immer nicht verstanden! Wir liefern für hoch­wertige Autos, nicht für den Dacia Logan! Für Ihren ehemaligen Dienstwagen! Meine Damen und Herren, sinnvoller wäre eine Verschrottungsprämie für alte Ölkessel zum Beispiel, für alte Ölheizungen. Da bleibt die Wertschöpfung auch in Österreich. Klein- und Mittelbetriebe installieren diese Heizkessel. (Beifall bei der FPÖ.)

Es gibt tolle Firmen in Österreich, die diese Kessel auch produzieren. Das wäre also eine gute Maßnahme.

Daher bringe ich auch folgenden Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Hofer und weiterer Abgeordneter ein:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 231

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Regierungsvorlage vorzulegen, mit der eine Ökoprämie für den Austausch alter nicht mehr umweltgerechter Heizkessel einge­führt wird.“

(Beifall bei der FPÖ.)

19.18


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhand­lung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Ing. Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ökoprämie für alte Heizkessel, eingebracht in der 16. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 11. März 2009 im Zuge der Behandlung des Berichtes des Finanzausschusses über die Regie­rungsvorlage (92 d.B.): Bundesgesetz, mit dem eine Ökoprämie für Fahrzeugtausch eingeführt wird (Ökoprämiengesetz) (137 d.B.)

Die durch den Streit um die Gaslieferungen ausgelöste Energiekrise sowie großflächi­ge Stromausfälle in den letzten Jahren zeigen sehr eindrucksvoll, wie groß die Abhän­gigkeit vom Ausland bei der Energieversorgung ist. Hätte der Gasstreit länger ge­dauert, dann hätten auch unsere Haushalte Probleme bekommen.

Um solchen Krisenfällen in Zukunft vorzubeugen, ist es nötig, gezielte Maßnahmen zu setzen. Für wesentlich erachtet die FPÖ, dass zukünftig Häuser und Wohnungen mit einem modernen Heizkessel ausgestattet ist.

An solchen modernen Heizkessel lassen sich jederzeit modernste Heizsysteme an­schließen, die mit nachwachsenden Rohstoffen, z.B. Pellets, Scheiterholz usw. betrie­ben werden. Gerade zum Heizen in den Haushalten sind in Österreich genügend na­türlich nachwachsende Ressourcen verfügbar. Um diese heimischen Ressourcen auch nützen zu können, ist eine Modernisierung unumgänglich

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert eine Regierungsvorlage vorzulegen, mit der eine Ökoprämie für den Austausch alter nicht mehr umweltgerechter Heizkessel einge­führt wird.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zur Geschäftsordnung hat sich Herr Kollege Brosz zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.19.00

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Da dieser Antrag vom letzten Redner eingebracht worden ist und es keine Möglichkeit ge­geben hat, ihn in irgendeiner Form zu prüfen, würde ich Sie ersuchen, die Abstimmung


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 232

über diesen Tagesordnungspunkt hinter den nächsten Punkt zu verlegen, um eine Prü­fung zu ermöglichen. (Abg. Ing. Westenthaler: Überhaupt absagen! – Abg. Grosz: Oder wir unterbrechen die Sitzung für eine Stunde!)

19.19


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da in ab­sehbarer Zeit, nach der relativ kurzen Geschäftsordnungsdebatte, die folgen wird, ohnehin eine Abstimmung stattfinden wird, werde ich mich diesem Vorschlag oder Wunsch der grünen Fraktion anschließen und die Abstimmung an den Anschluss der Debatte um die Geschäftsordnung anhängen.

19.20.0715. Punkt

Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 487/A der Abge­ordneten Mag. Barbara Prammer, Fritz Neugebauer, Mag. Dr. Martin Graf, Herbert Scheibner, Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geän­dert, und ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsord­nung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (94 d.B.) (Zweite Lesung)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Pendl. Gewünschte Redezeit: 3 Minu­ten. – Bitte.

 


19.20.55

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Her­ren! Hohes Haus! Da es sich um einen gemeinsamen Antrag handelt, meine ich, dass dieser inhaltlich allen Fraktionen bekannt ist. (Zwischenrufe beim BZÖ.) Dies ist keine Selbstverständlichkeit, Kollege Grosz. Wir haben jahrelang – jahrelang! – in diesem Bereich nichts zustande gebracht. Die Gründe dafür sind bekannt.

Wenn man aufeinander zugeht, dann meine ich, dass man doch sehr wohl viele Punkte beschließen kann, wie wir das gemeinsam im GO-Komitee und zu nächtlicher Stunde schlussendlich im Geschäftsordnungsausschuss getan haben, womit wir einen wichti­gen Beitrag für die Zukunft geleistet haben.

Ich bedanke mich bei allen Fraktionen, darf Sie aber auch einladen, die weiteren anste­henden Punkte, wie Minderheitsrechte und andere Fragen, in absehbarer Zeit weiter­hin mit großem Elan und in positivem Sinne zu behandeln, was wir uns alle, wie ich meine, vorgenommen haben, und zwar sowohl die Frau Präsidentin als auch alle Frak­tionsführer im Geschäftsordnungsausschuss.

Ich freue mich auf die Arbeit im Geschäftsordnungskomitee und schlussendlich dann auch im Ausschuss und wünsche uns gemeinsam bei einer Erneuerung der Geschäfts­ordnung viel Glück. Ich lade Sie zu dieser Zusammenarbeit sehr herzlich ein! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.22


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Dr. Karl. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.22.35

Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kol­leginnen und Kollegen! Für den Ablauf unserer parlamentarischen Arbeit brauchen wir


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 233

ein strenges Regulativ, das die reibungslose Durchführung unserer Arbeit in den Aus­schüssen, aber auch bei unseren sonstigen parlamentarischen Tätigkeiten sicherstellt.

Die Wurzeln unserer Geschäftsordnung gehen sogar bis auf das Jahr 1848 zurück, wo­bei natürlich unsere heute geltende Geschäftsordnung aus dem Jahre 1975 stammt und seit dieser Zeit mehrmals novelliert beziehungsweise ergänzt worden ist.

Es ist eigentlich selbstverständlich, dass eine Gesetzesmaterie ständig weiterent­wickelt wird. Dies klingt banal, und man könnte meinen, dass das nicht extra erwähnt werden müsste, aber für mich als Arbeitsrechtlerin ist das nicht selbstverständlich, denn im Arbeitsrecht gilt ja etwa für die Gruppe der Arbeiter noch immer die Gewerbe­ordnung aus 1859. Im Vergleich dazu haben wir in den letzten Jahren im Bereich der Geschäftsordnung des Nationalrates wirklich eine sehr weitreichende Entwicklung erle­ben dürfen, Herr Kollege Pendl. Und darüber bin ich wirklich froh.

Aber lassen Sie mich nun ganz kurz auf die hier vorgeschlagenen Änderungen der Ge­schäftsordnung eingehen.

Eine dieser Neuerungen betrifft die lebendigere und flexiblere Gestaltung der Frage­stunde. Dieses Anliegen hat ja bereits früher, nämlich durch die Geschäftsordnungsge­setz-Novelle 1993, zu einer Änderung der Fragestunde geführt.

Mittlerweile hat sich aber gezeigt, dass der Fragestunde ein weiterer Modernisierungs- beziehungsweise Attraktivierungsschub durchaus gut tut. Wir haben uns daher im Ge­schäftsordnungskomitee darauf geeinigt, das im Präsidialprotokoll vom 30. Mai 2008 festgelegte und seither praktizierte und wirklich bewährte Fragestundenmodell nun­mehr auch gesetzlich zu verankern.

Eine weitere Neuerung betrifft die Enderledigung von Regierungsberichten. Durch die Geschäftsordnungsgesetz-Novelle 1996 wurde die Enderledigung von Berichten von den Plenardebatten in öffentliche Ausschüsse verlagert. Dadurch sollte die Tagesord­nung der Plenarsitzungen entlastet werden und sollten die Sitzungen überschaubarer gestaltet werden.

Durch die vorliegende Novelle soll nun die derzeitige Praxis, in der Präsidiale zu ver­einbaren, wie viele Berichte jede Fraktion pro Tagung ins Plenum bringen kann, eben­falls im Geschäftsordnungsgesetz verankert werden.

Neu ist auch, dass künftig sämtliche Regierungsberichte öffentlich verhandelt werden, egal, ob sie im Ausschuss enderledigt werden oder nicht.

Schließlich wird auch die Möglichkeit eröffnet, in bestimmten Fällen das bestehende Diskontinuitätsprinzip zu durchbrechen. Konkret geht es darum, dass Volksbegehren, Bürgerinitiativen, Berichte des Rechnungshofes, Bundesrechnungsabschlüsse und Be­richte der Volksanwaltschaft künftig mit dem Ende einer Gesetzgebungsperiode nicht verfallen und daher auch nicht neu eingebracht werden müssen, sondern einfach im neuen Nationalrat weiter behandelt werden.

Der letzte Punkt betrifft schließlich die Anpassung des Wahlalters im Zusammenhang mit Bürgerinitiativen, also die Senkung des Alters im Zusammenhang mit den Unter­stützungsvoraussetzungen für Bürgerinitiativen von 19 auf 16 Jahre. Es handelt sich um sinnvolle Maßnahmen, die wir natürlich unterstützen. Und ich bin froh, dass wir Ein­stimmigkeit erzielt haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Scheibner. Gewünschte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 234

19.26.31

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Ich kann mich relativ kurz fassen, weil meine Vorrednerin diese Vorlage schon sehr prägnant beschrieben hat. In der Tat ist es überraschend gewesen, dass wir zumindest in diesen Punkten eine sehr rasche Einigung erzielen konnten, denn in der vergangenen Legislaturperiode fand das Geschäftsordnungskomitee ein rasches Ende, weil man gesehen hat, man wird kein Ergebnis zustande bringen.

Ich freue mich besonders über die Neuordnung der Fragestunde, die ja auf eine Initiati­ve des BZÖ zurückgeht, weil man ganz einfach gesehen hat, vor allem wenn eine par­lamentarische Debatte oder eine Initiative direkt im Fernsehen übertragen wird, dass es nicht gerade dem Ansehen des Hohen Hauses förderlich ist, wenn eine Stunde so verläuft, dass sehr statisch Anfragen verlesen und Antworten gegeben werden. Wir wa­ren in Wirklichkeit immer froh – das sage ich ehrlicherweise –, wenn keine Fragestunde zum Aufruf gekommen ist.

Ich glaube aber, dass es gut war, das einmal zu testen und jetzt auch in der Geschäfts­ordnung zu verankern. Diese neue Art der Fragestunde ist, wie ich meine, wirklich flüs­siger und auch lebhaft und kommt auch dem Interpellationsrecht der Abgeordneten – Herr Kollege Cap, Sie lächeln weise und wissend – näher als jene Art von Fragestun­de, wie wir sie vorher gehabt haben.

Dies ist also jetzt ein wirklich positiver Teilabschluss der Geschäftsordnungsreform. Ich fürchte nur, dass die weiteren Punkte ein bisschen problematischer sein werden, da­runter die Neuordnung der Untersuchungsausschüsse. Auch die Minderheitsrechte hier im Hohen Haus werden noch Thema sein, ebenso Verfahrensordnungen, wie zum Bei­spiel das Verlesen von Anträgen. Das ist mir auch immer wieder ein Dorn im Auge, denn gerade wo wir – Gott sei Dank! – jetzt mehrere Fernsehübertragungen, Live-Übertragungen haben, ist es immer wieder furchtbar, wenn man hier einen Entschlie­ßungsantrag oder einen Abänderungsantrag Wort für Wort verlesen muss. Es gibt also eine Fülle von Dingen, mit denen wir uns noch beschäftigen werden.

Ich hoffe, dass das konstruktive und ergebnisorientierte Klima auch so weitergeführt werden kann. Wenn sich das ein wenig auf andere Initiativen der Bundesregierung übertragen würde, dann wäre dies durchaus auch empfehlenswert. (Beifall beim BZÖ.)

19.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Brosz. Ge­wünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.29.13

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Ja, der erste Teil ist einmal so­weit vollbracht. Von einem großen Reformstück braucht aber jetzt, glaube ich, niemand wirklich zu reden. Wir haben gewusst, dass das die leichten Dinge waren, mit denen wir begonnen haben. Auch ich meine, besonders die Fragestunde verdient schon eine Erwähnung, denn das, was vorher stattgefunden hat, wo spätestens nach dem zweiten Satz flächendeckende Rufe nach der Frage gekommen sind, hat wahrscheinlich bei je­nen, die zugeschaut haben, nicht unbedingt zu einer Akzeptanz dieses Instrumentes geführt. Und es hat schon gezeigt, dass es deutlich lebendiger geworden ist.

Gemessen wird das Geschäftsordnungskomitee meiner Meinung nach an den Dingen werden, die seit Jahren anstehen. Und natürlich ist im Zentrum die Frage des Unter­suchungsausschusses als Minderheitsrecht, etwas, worüber wir jetzt lange diskutiert haben.

Ich bin sehr gespannt, ob dort auch die Bereitschaft kommt, in einer vernünftigen Form darüber zu reden, weil es ja nicht nur darum gehen kann, ein Minderheitsrecht zu ver­ankern, sondern die Verfahrensordnung auch so zu adaptieren, dass über dieses Min-


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derheitsrecht hinaus Beweisanträge, Zeugenladungen durch Minderheiten möglich sind. Über diverse Formen, wie man die Verfahrensordnung gestalten kann, kann man sicherlich reden, da gibt es einige Erfahrungen aus den letzten Jahren.

Was aus unserer Sicht schlicht und einfach nicht passieren darf, ist, ein Minderheits­recht einzuführen, aber dann den Einbringenden im Verfahren letztlich keine Möglich­keit zu geben, dieses Kontrollinstrument wirklich zu leben. Es werden sicherlich noch spannende Debatten, aber ich bin zunächst einmal guter Dinge, dass es eine vernünfti­ge Chance gibt.

Wir werden wahrscheinlich relativ bald sehen, ob es eine Umsetzung geben kann. Aber daran wird man auch messen können, ob man von einer großen Geschäftsord­nungsreform reden kann. Sollte das gelingen, dann wird es wahrscheinlich das Größte sein, was in den letzten Jahren und Jahrzehnten vollbracht worden ist. Darauf sollte man aufbauen und versuchen, hier wirklich einen Schritt nach vorne zu gehen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

19.31


19.31.50Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 94 der Beilagen.

Der vorliegende Gesetzentwurf kann gemäß § 82 Abs. 2 Z. 1 und 2 der Geschäftsord­nung nur bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden.

Somit stelle ich zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfas­sungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf ihre Zustim­mung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Der vorliegende Gesetzentwurf ist somit in zweiter Lesung einstimmig angenommen.

Gemäß § 108 des Geschäftsordnungsgesetzes kann die dritte Lesung des vorliegen­den Gesetzentwurfes frühestens 24 Stunden nach Abschluss der zweiten Lesung statt­finden.

19.32.34Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 14

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nunmehr zur verschobenen Abstim­mung zu Tagesordnungspunkt 14 über den Gesetzentwurf in 137 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Stumm­voll, Krainer, Kolleginnen und Kollegen vor, der sich auf die Abänderung des § 5 sowie die Einfügung eines neuen § 6a bezieht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Ti­tel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Krainer, Kolleginnen und Kollegen abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Be­jahung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 236

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Normver­brauchsabgabe.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend echte Ökoprämie für den Kauf eines Fahrrads beziehungsweise einer Öffi-Jahreskarte. (Rufe bei der ÖVP: Ruck­sack!)

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nein zum Gigaliner-Lkw mit über 25 Meter Länge und bis zu 60 Tonnen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ing. Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ökoprämie für alte Heiz­kessel.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Dieser Antrag ist mehrheitlich abgelehnt.

19.35.3516. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 464/A der Abgeordneten Ing. Hermann Schultes, Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umwelt­schäden (Bundes-Umwelthaftungsgesetz – B-UHG) (96 und Zu 96 d.B.)

17. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 169/A der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundes-Umwelthaf­tungsgesetz (B-UHG) (97 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 16 und 17 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Ing. Hofer. Gewünschte Redezeit: 3 Mi­nuten. – Bitte.

 


19.36.23

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ursache für den Antrag, den ich eingebracht habe, war ein E-Mail aus der Wirtschaftskammer, das Ihnen bekannt ist, wo verlautbart worden ist, dass sich die Wirtschaftskammer durchgesetzt hat und das Verursacherprinzip beim Umwelthaf-


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tungsgesetz nicht oder kaum schlagend werden wird. Ich habe daher damals den Mi­nisterialentwurf eingebracht, weil ich mit der Regierungsvorlage nicht zufrieden war. Ich bin jetzt sehr zufrieden damit, dass man diesem Verursacherprinzip weitestgehend Rechnung trägt. Daher werden wir auch diesem Antrag heute unsere Zustimmung ge­ben.

Ich bringe auch einen weiteren Antrag ein, der die Wirtschaft und auch die Umwelt be­trifft; es geht um den Einsatz von Plastiksackerln in Österreich. Wir haben hier im Par­lament bereits mehrmals darüber diskutiert. Das Problem ist nicht zu unterschätzen. Wenn wir Tragetaschen aus biogenen Kunststoffen in Österreich verwendeten, würden wir auch die heimische Wirtschaft, die heimische Landwirtschaft sehr unterstützen. Mi­nister Pröll hat damals zugesagt, sich für dieses Anliegen auch im Rahmen von infor­mellen Gesprächen einzusetzen. Ich setze jetzt große Hoffnungen auf den neuen Um­weltminister, dass dies auch tatsächlich geschehen wird.

Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Hofer, The­messl und weiterer Abgeordneter ein.

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftskammer Österreich einen gemein­samen Weg zu entwickeln, um den Einsatz von Tragetaschen aus nicht verrottbarem Kunststoff sukzessive zu reduzieren und gleichzeitig den Einsatz von Tragetaschen aus biogenen Kunststoffen zu forcieren.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

19.38


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht sohin mit in Verhand­lung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Hofer, Themessl und weiterer Abgeordneter betreffend die suk­zessive Reduktion des Einsatzes von Tragetaschen aus nicht verrottbarem Kunststoff

eingebracht in der 16. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 11. März 2009 im Zu­ge der Behandlung des Berichts des Umweltausschusses über den Antrag 464/A der Abgeordneten Ing. Hermann Schultes, Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundes¬gesetz über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Um­weltschäden (Bundes-Umwelthaftungsgesetz – B-UHG) (96 und Zu 96 d.B.)

Tragetaschen aus nicht verrottbarem Kunststoff belasten die Umwelt über viele Jahr­hunderte. Innerhalb der EU werden jährlich 250.000 Millionen Tonnen Verpackungsfo­lien aus heute gebräuchlichem Kunststoff weggeworfen. Allein in Österreich werden pro Jahr rund 7.000 Tonnen Polyethylen-Sackerl in Umlauf gebracht, über 400 Millio­nen Plastiktüten sind pro Jahr zu entsorgen.

Der Verrottungsprozess heute gebräuchlicher Verpackungsfolien, die durchwegs petro­chemischen Ursprungs sind, dauert zwischen 400 und 600 Jahre.

Biokunststoffe hingegen, die aus nachwachsenden Rohstoffen erzeugt werden, verrot­ten rasch und rückstandsfrei und entlasten zudem die ohnedies limitierten Vorräte fos-


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siler Ressourcen. Als Ausgangsstoffe eignen sich Zucker, Zellulose und vor allem Pflanzenstärke, die aus Erdäpfeln, Mais, Weizen und Zuckerrüben gewonnen wird. Durch Gärprozesse entsteht Polymilchsäure (PLA), die Produkten petrochemischen Ursprungs nicht nur bei Sauerstoffdurchlässigkeit und Temperaturbeständigkeit überle­gen ist.

Abgeschlossene Studien in Gartenbetrieben und Pilotprojekte in Deutschland weisen Vielfalt und Wirkkraft der Anwendungsmöglichkeiten nach. Als weiterer positiver Effekt eines vermehrten Einsatzes von Biokunststoffen bieten deren Produktion neue Absatz­märkte für die heimischen Bauern. Wiederum ist es einzig eine Frage des politischen Willens, ob im Interesse der Umwelt, der heimischen Bauern und der Unabhängigkeit von Importen entschieden wird.

Der Einsatz von Tragetaschen aus Biokunststoffen würde der österreichischen Wirt­schaft somit wesentlich zugute kommen – vor allem, weil die nötigen Rohstoffe nicht importiert werden müssen. Der Einsatz von Tragetaschen soll also sukzessive redu­ziert werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftskammer Österreich einen gemein­samen Weg zu entwickeln, um den Einsatz von Tragetaschen aus nicht verrottbarem Kunststoff sukzessive zu reduzieren und gleichzeitig den Einsatz von Tragetaschen aus biogenen Kunststoffen zu forcieren.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Schultes. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


19.38.23

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Geschätztes Hohes Haus! Wir dürfen heute einen Ini­tiativantrag beraten, der uns in Österreich einige Probleme ersparen und auf der ande­ren Seite in vielen Bereichen eine gute Lösung in schwierigen Situationen ermöglichen wird. Es geht darum, dass wir eine europäische Richtlinie umsetzen und das Bundes-Umwelthaftungsgesetz heute beschließen wollen.

Wir haben in Österreich sehr gute Rechtsgrundlagen, etwa ein Wasserrechtsgesetz, das auf sehr hohem Niveau den Umgang mit diesem zu schützenden Gut regelt. Wir haben auch für den Boden durchaus recht gute Handhabungen, aber wir wissen jetzt, dass die Europäische Union vorgegeben hat, dass auch in den Ländern, die solche Standards nicht haben, Regelungen getroffen werden sollen, wie man mit Schadensfäl­len, Störfällen, Problemen umzugehen hat. Wir in Österreich setzen diese Richtlinie, wie Sie wissen, etwas verspätet um und können heute einen Gesetzentwurf vorlegen, der sicherlich den Ansprüchen der Umwelt, den Ansprüchen der Menschen, den An­sprüchen auf Bürgerbeteiligung genauso wie unseren rechtlichen Verpflichtungen auf hohem Niveau gerecht wird.

Ich will mich abschließend bei den KollegInnen der sozialdemokratischen Fraktion be­danken, die das mit uns verhandelt haben. Ich darf mich ganz besonders bedanken bei


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 239

den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Umweltministeriums, die viele Stunden ge­opfert haben, um zu allen möglichen und unmöglichen Arbeitszeiten zur Verfügung zu stehen. Ich darf mich auch bei allen Abgeordneten bedanken, die im Ausschuss die­sem Gesetz durchaus wohlwollend zugestimmt haben, allerdings in einigen Details An­merkungen dazu haben, wie das eben so sein muss bei einer Opposition.

Ich freue mich, dass die Umweltorganisationen genauso wie der Umweltanwalt und Be­troffene in Zukunft das Recht haben werden, eine erfolgte Sanierung überprüfen zu lassen. Damit haben wir eine neue Rechtsqualität und, ich kann sagen, in Summe eine runde Geschichte und eine gute Leistung dieses Hauses. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.40


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Ing. Lu­gar. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.40.46

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Der Anspruch des vorliegenden Umwelthaftungsgesetzes ist ein begrüßenswerter. Es geht hier da­rum, dass man Unternehmen, die fahrlässig Umweltschäden herbeiführen, zur Kasse bittet – und nicht den Steuerzahler. Das heißt, der Anspruch dieses Gesetzes ist ein sehr begrüßenswerter, aber es gibt leider einige Schwachstellen in diesem Gesetz, und darauf muss ich jetzt eingehen.

Es wurde hier eine EU-Richtlinie umgesetzt, aber es wurde wieder einmal im umwelt­politischen Übereifer diese Richtlinie übererfüllt, aus meiner Sicht zum Schaden der Wirtschaft.

Wo sind jetzt die großen Schwachstellen dieses Gesetzes? – Es wird hier eine Beweis­lastumkehr festgeschrieben, und zwar muss der Unternehmer beweisen, dass er an Verunreinigungen unschuldig ist. Das heißt, wenn zum Beispiel an einem Fluss eine Verunreinigung auftritt und an diesem Fluss Unternehmen angesiedelt sind, dann müs­sen diese Unternehmen beweisen, dass sie an dieser Verunreinigung unschuldig sind. Es wird hier also die Beweislast umgekehrt.

Zweitens muss das Unternehmen nachweisen, dass es ausreichend Maßnahmen er­griffen hat, um Umweltschäden zu verhindern. Das wäre grundsätzlich nicht das Pro­blem, nur wenn man das bis zum Exzess betreibt, dann wird es schwierig, in letzter In­stanz nachzuweisen, dass es unmöglich ist, dass es zu Unfällen kommen und dadurch eine Verunreinigung passieren könnte. Jeder Techniker weiß, dass man einen Unfall nie ganz ausschließen kann. Das heißt, den Nachweis zu erbringen – und das ist hier im Gesetz verankert –, dass es unmöglich ist, dass ein Störfall eintritt, beziehungs­weise dass man alles getan hat, dass ein solcher unmöglich ist, wird in der Praxis sehr, sehr schwierig sein.

Weiters steht im Gesetz: „eine erhebliche Schädigung der Umwelt“. Was soll das sein „eine erhebliche Schädigung“? Hier sind Tür und Tor für Auslegungsunterschiede ge­öffnet und damit für Willkür der Behörden.

Auf eines muss ich ganz besonders eingehen. Es gibt viele Unternehmen, die Fluss­wasser zum Kühlen ihrer Produktionsstätten verwenden. Da wird das Wasser entnom­men, es wird gekühlt, und dann wird das Wasser wieder eingeleitet. Es wird das Was­ser nicht verändert. Das Einzige, was passiert: es wird aufgewärmt, eh klar, weil damit gekühlt wird. Wenn dieses Kühlwasser mit einer behördlichen Genehmigung eingeleitet würde und es weiter unten im Flusslauf zu einer Reduktion des Fischbestandes käme, dann wäre das schon eine erhebliche Beeinträchtigung.

Das heißt, wir sind hier in der Situation, dass es, obwohl es eine aufrechte Genehmi­gung von der Behörde gibt, trotzdem zu einer Verurteilung des Unternehmers kommen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 240

kann. Das ist aus meiner Sicht in einem modernen Staat nicht umsetzbar, dass in die­sem Fall keine Rechtssicherheit besteht. Und wenn es schon eine behördliche Geneh­migung gibt, dann muss die Behörde zur Verantwortung gezogen werden, aber nicht der Unternehmer! (Beifall beim BZÖ.)

Wir dürfen also nicht aus vorauseilendem Gehorsam gegenüber der EU dieses Gesetz übererfüllen und das Kind mit dem Bade ausschütten. Wir dürfen nicht unseren Wirt­schaftsstandort gefährden. Denn eines ist auch ganz sicher: Nicht jeder Grashalm ist schützenswert. (Beifall beim BZÖ.)

19.44


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bayr. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.44.22

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Die Umsetzung und keineswegs die Übererfüllung dieser EU-Richtlinie über Haftung für große Umwelt­schäden war in der Tat eine schwere Geburt. Ich möchte mich auch bei allen Geburts­helfern, Geburtshelferinnen und Hebammen bedanken, die mitgeholfen haben (Beifall der Abgeordneten Hornek und Ing. Schultes), es das Licht der Welt erblicken zu las­sen. Ich glaube auch, dass es eine durchaus sinnvolle Lösung im Sinne der Umwelt, auch im Sinne der Bundesländer, die es auch noch, für Biodiversitätsschäden zum Bei­spiel, in Landesrecht übernehmen müssen, und auch im Sinne der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler geworden ist.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Ich bin sehr froh, Kollege Lugar, dass das Ver­ursacherprinzip klar weiter bestehen bleibt, dass das nicht untergraben wird. Wir haben eine 120-jährige Tradition in der Frage, dass derjenige, der einen Umweltschaden ver­ursacht, für die Sanierung des Schadens aufzukommen hat – und nicht der Steuerzah­ler. Der Gewinn gehört ja nämlich auch demjenigen, der den Schaden verursacht hat, und selten dem Steuerzahler. Also so gesehen ist diese Regelung eine durchaus sinni­ge Konsequenz, und sie wird dazu beitragen, dass nicht andere Materiengesetze im Umweltbereich untergraben werden und dort dieses Verursacherprinzip ausgehöhlt wird, das sehr wichtig ist.

Diese Regelungen bezüglich der Erheblichkeit, wo wir im § 4 Abs. 1 die erheblichen Umweltschäden im Medium Wasser definieren – und um die ging es in der Debatte ja vor allem –, sind, denke ich, ziemlich klar, weil wir im letzten Halbsatz eindeutig sagen, dass sämtliche Schäden ausgenommen sind, die im Rahmen von Bewilligungsverfah­ren oder in Verfahrenskonzentrationen genehmigt wurden, wo bei behördlichen Beur­teilungen die möglichen Auswirkungen des Vorhabens berücksichtigt wurden. Ich den­ke also, dass wir da eine sehr klare Regelung haben, dass Schäden der Umwelt, die bewilligt worden sind, natürlich nicht im Nachhinein dazu hergenommen werden kön­nen, zu sagen, aber jetzt zahlst du, wo klar war, dass es passiert, aber bei Schäden, die über die Bewilligung hinaus entstehen, sehr wohl, da gilt wieder das Verursacher­prinzip.

Ich halte es für einen Erfolg, dass es keine Haftungsausnahmen bei der Frage des Normalbetriebs und des Entwicklungsrisikos gibt. Das war einer der ganz, ganz großen Knackpunkte. Ich halte es für einen Erfolg, dass es Parteienstellung gibt für Umwelt-NGOs und die Umweltanwälte der Bundesländer sowie auch für direkt betroffene Per­sonen. Ich halte es für einen Erfolg, dass Haftungen nicht nur schlagend werden im Zu­ge einer beruflichen Tätigkeit, wie im Anhang 1 beschrieben, sondern durchaus auch dann, wenn jemand die Lizenz oder die Zulassung für ein gewisses Produkt hat. Das kann uns unter Umständen dann sehr helfen, wenn es im Bereich Gentechnik irgend­welche Gentechnikschäden geben sollte, weil man dann nicht nur den zur Haftung he-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 241

ranziehen kann, der zum Beispiel diese GMOs ausgebracht hat, sondern durchaus auch die Konzerne, die die Lizenzen für diese GMOs haben. Das halte ich für eine wirklich sehr gute Geschichte.

Ich bin überzeugt, dass wir alle miteinander hoffen, dass dieses Gesetz, das wir heute beschließen, möglichst selten zur Anwendung kommt. Wir alle hoffen, dass der Repu­blik Österreich Umweltschäden in dieser Dimension, wie dieses Gesetz sie regelt, möglichst überhaupt komplett erspart bleiben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.47


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Brunner. Gewünschte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


19.47.57

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Die Umsetzung der Richtlinie zur Umwelthaftung war schon dringend notwendig und ist seit April 2007 überfällig. Deswegen sehen wir es als notwendig an, dass da jetzt etwas unternommen wurde, und sehen das auch grundsätzlich positiv. Die Vor­gangsweise, wie es jetzt dazu gekommen ist, hat mich allerdings schon ein bisschen verwundert, denn es war jetzt doch einige Jahre Zeit, und die Opposition wurde nur wenige Tage vor dem Umweltausschuss mit diesem Gesetz konfrontiert, was die in­haltliche Beurteilung natürlich erschwert hat.

Umso wichtiger war auch die Beiziehung von Experten und Expertinnen, die wir Grüne vorgeschlagen haben, um die inhaltliche Beurteilung dieses Gesetzes auch tatsächlich in dieser Kürze gewährleisten zu können.

Wir sehen in diesem Gesetz positive Ansätze. Ich meine, es ist völlig klar, dass, wenn jemand Gewinne aus einer Unternehmung zieht, dieser dann auch das Risiko dafür tra­gen muss und dieses Risiko nicht auf die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler abwäl­zen kann.

Probleme sehen wir aber eigentlich schon in der Richtlinie selbst, weil die Richtlinie nicht alle Umweltschäden abdeckt. Daher ist auch dieser Gesetzesantrag nicht zufrie­denstellend für uns, denn wir denken, wenn wir vielleicht den Anspruch haben, wieder einmal Umweltmusterland werden zu wollen, dann können wir hier durchaus auch mehr tun, als nur die Richtlinie umzusetzen. (Beifall bei den Grünen.)

Das Problem ist nämlich, dass zum Beispiel die Luft als Umweltschutzgut gar nicht er-fasst ist, dass der Boden als Umweltschutzgut selbst auch nicht erfasst ist, sondern nur quasi als Produktionsfaktor für Lebensmittel. Und dann kommt es eigentlich auch nur zu einem Schaden im Sinne des Gesetzes, wenn auch ein Gesundheitsschaden ein­tritt.

Ich habe hier einen Zeitungsartikel über Kürbisbauern aus dem Südburgenland, die be­fürchten, dass ihre Produktion durch die dort geplante Müllverbrennungsanlage gefähr­det ist. Schäden, die für diese Bäuerinnen und Bauern dann entstehen würden, wären eben gerade durch dieses Gesetz nicht abgedeckt.

Positiv ist für uns, dass die Ausrede für den behördlich genehmigten Betrieb und für das Entwicklungsrisiko gefallen ist. Allerdings ist nach wie vor die Ausrede für den be­hördlich genehmigten Betrieb bei Wasserschäden drinnen. Das bedeutet leider auch den Ausschluss von Informationspflichten und Sanierungspflichten. Also diese Ausrede ist nach wie vor bestehend und sehen wir kritisch.

Ebenso kritisch sehen wir, dass eine Solidarhaftung und die Durchgriffsrechte auf Mut­terkonzerne zum Beispiel gefallen sind, ebenso die Deckungsvorsorge der Betriebe, damit diese dann auch für den eintretenden Schaden tatsächlich haftbar gemacht wer­den können.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 242

Um wieder etwas Positives anzumerken: Die Umweltbeschwerde für Betroffene wurde verbessert, der Zugang zu Sanierungsverfahren damit auch erleichtert. Wenn man sich das aber auch wieder genauer anschaut, dann sieht man, dass das in der Praxis mit den Rechten, die von NGOs geltend gemacht werden können, wahrscheinlich etwas schwieriger werden wird. Geltend gemacht werden können eben nur Gesundheitsschä­den, Schäden am Eigentum, und das ist eben von NGOs bei einem konkreten Fall dann in der Praxis wahrscheinlich schwer zu argumentieren, wieso ein Recht geltend gemacht wird.

Im Gegensatz zur Wirtschaft haben die NGOs auch nicht die Möglichkeit, zum Verwal­tungsgerichtshof zu gehen. Die Kosten für so ein Verfahren müssen die NGOs auch selbst tragen, und das ist, wenn Gutachten beigezogen werden müssen und sollten, auch nicht so wenig. Also de facto wird dann in der Praxis überbleiben, dass viele NGOs diese Rechte nicht geltend machen können oder nur dann, wenn sie sich das auch leisten können. Bürgerinitiativen sind in diesem Gesetz gar nicht erwähnt.

Zusammenfassend: Wir sehen positive Ansätze. Das Gesetz trägt aber maximal dazu bei, die Richtlinie umzusetzen. Ein mustergültiges Umwelthaftungsgesetz stellen wir Grüne uns anders vor. (Beifall bei den Grünen.)

19.52


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Ber­lakovich. – Bitte.

 


19.52.46

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Ersten einmal danke für die positiven Wortmeldungen zum Bundes-Umwelthaftungsgesetz. Wenn einer der zentralen Kritikpunkte jener ist, dass es schnell gemacht wurde, dann nehme ich das gerne hin, in Anspruch für die Abge­ordneten, die das ausverhandelt haben, denn die Umsetzung der EU-Umwelthaftungs­richtlinie hätte, wie erwähnt wurde, schon erfolgen müssen. Insofern ist es ein großer Fortschritt, dass es gelungen ist, in einer doch sehr effizienten Zeit ein ausgezeichne­tes Gesetz hier vorzulegen, das durchaus herzeigbar ist. Es ist ja auch im Ausschuss diesbezüglich debattiert worden.

Der sprichwörtliche Gordische Knoten ist gelöst worden, weil natürlich ein enormes Spannungsfeld da ist zwischen den Interessen der Umwelt einerseits und dem Inter­esse der Wirtschaft andererseits mit Haftungsfragen und, und, und. Das ist keine einfa­che Materie. Und jetzt, wo das Gesetz hier vorliegt, kann man schon davon sprechen, dass es einen klaren Vorteil für die Umwelt bringt, dass es vor allem auch für den Steu­erzahler gut ist und darüber hinaus der Wirtschaft Sicherheit gibt. Geschaffen wurden Regeln zur Vermeidung und Sanierung von erheblichen Umweltschäden an Wasser und Boden.

Frau Kollegin Brunner, Sie kritisieren das zum wiederholten Male, dass die Luft nicht enthalten ist. – Die Luft ist auch nicht Gegenstand der EU-Umwelthaftungsrichtlinie, al­so kann es nicht darin enthalten sein. Somit ist die Kritik an die EU zu richten. (Zwi­schenrufe bei den Grünen.) Weil Sie das so darstellen, als ob das nicht ordnungsge­mäß gemacht worden wäre. Es sind die Materien umfasst, die in der Richtlinie enthal­ten sind.

Der Kerngedanke dabei sind ganz klar das Verursacherprinzip und eine nachhaltige Entwicklung: Der, der Umweltschäden verursacht, haftet dafür, und zwar nicht nur für die Sanierungskosten dieses Umweltschadens, sondern auch für die Behördenkosten. Also sämtliche verursachte Kosten muss er bezahlen. Das ist gut für den Steuerzahler und ist auch richtig so.


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Im Gegenzug gibt es aber auch für Unternehmen Sicherheit, die, wenn sie alle Aufla­gen einhalten, keine zusätzlichen Kosten zu erwarten haben. Also ich meine, das ist in beiderseitigem Interesse. Die Wirtschaft war ja auch bei diesen Verhandlungen dabei, hat sich da einbringen können und hat letztendlich auch gesagt, dass das ein Gesetz ist, das vertretbar ist und mit dem man leben kann.

Wichtig ist auch, dass die BH, die Bezirksverwaltungsbehörde, hier eine einheitliche Zuständigkeit hat. Das ist sinnvoll, weil die BH vor Ort die ist, die die Gefahr am besten kennt und einschätzen kann und auch mit dem notwendigen Fachwissen zur Sanie­rung beitragen kann, womit auch inkompatible Sanierungsanordnungen vermieden werden. Das Ganze soll vernünftig über die Bühne gehen.

Die Kritik, dass hier die Bürger in ihren Rechten zu kurz kommen, möchte ich umdre­hen. Im Gegenteil: Es wurde die Umweltbeschwerde eingeführt. Sie ermöglicht die Überprüfbarkeit dieser behördlichen Entscheidungen, und betroffene Personen, NGOs, der Umweltanwalt, die Behörde können zur Sanierung eines Umweltschadens auffor­dern – also eine neue Qualität der Bürgerbeteiligung, behaupte ich. So ist gewährleis­tet, dass hier auch Betroffene zu Wort kommen und auch bei derartigen Schäden mit­reden können.

Dieses Bundes-Umwelthaftungsgesetz ist auch der Rahmen für weitere Umsetzungs­schritte, die in den Bundesländern erfolgen müssen.

Ich danke recht herzlich den Verhandlern, an der Spitze den Umweltsprechern Natio­nalrat Schultes und Frau Nationalrat Bayr. Herzlichen Dank dafür. Ihr Vergleich mit den Hebammen ist sehr nett. Wenn ich mir den Nationalrat Schultes als Hebamme vorstel­le – wenn es der Sache dient, soll’s so sein. (Heiterkeit.) Ein origineller Gedanke, gilt für alle jedenfalls. Die Beschreibung ist sehr nett, drückt aber eine ernsthafte Sache aus. Ich danke Ihnen dafür.

Ich danke auch den Sozialpartnern, die sich hier sehr stark eingebracht haben, und auch den Mitarbeitern meines Hauses, des Lebensministeriums, für die Einbringung ih­rer Fachkompetenz.

Ich freue mich, dass es gelungen ist, diese Materie sehr konstruktiv umzusetzen, der EU-Richtlinie gerecht zu werden, in der Hoffnung, dass wir drohenden Strafzahlungen entkommen, diese also hintanstellen können. Sie wissen, es ist ein Verfahren im Lau­fen, weil die Richtlinie eben nicht zeitgerecht umgesetzt wurde. Ich halte es jedenfalls für einen wichtigen Schritt, um den Umweltschutz in Österreich zu garantieren, und denke, dass wir mit der Umsetzung der Richtlinie europaweit einheitliche Instrumenta­rien zur Sicherheit vor Umweltschäden und zur Behebung und Sanierung von Umwelt­schäden haben werden. Also in diesem Sinne noch einmal herzlichen Dank an alle. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.57


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Rädler. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


19.57.41

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Viele Hebammen! Das Kind ist auf der Welt. Gratuliere dazu. Nach jahrelanger Diskussion ist es nunmehr gelungen, ein Bundes-Umwelthaftungsgesetz zur Gesetzeswerdung zu bringen und damit auch dem Verursacherprinzip, das bereits vorgesehen und veran­kert war, eine Stärkung zu geben. Das ist erfreulich.

Erfreulich ist aber auch, dass die NGOs – das wurde mehrfach betont – auch ein Mit­spracherecht in den Verfahren haben, und zwar in Form der Umweltbeschwerde, und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 244

dass auch bescheidmäßig eine Zustellung der getroffenen Maßnahmen erfolgen muss. Es geht um jene Maßnahmen, die die Betriebe, die Industriebetriebe betreffen, aber auch um Maßnahmen im Bereich der gefährlichen Güter bis hin zu Kraftwerksanlagen, wo dann im Schadensfall diese Maßnahmen – einem Maßnahmenkatalog gleich – ge­setzt werden.

Ich möchte in diesem Zusammenhang vielleicht noch ein Wort zu den Ausführungen von Frau Dr. Lichtenecker sagen; sie ist jetzt nicht da. Frau Dr. Lichtenecker hat in Be­zug auf die Debatte um die Konjunkturbelebung eingefordert, dass man mehr Maßnah­men und Initiativen in Richtung erneuerbare Energie setzen könnte, dass hier viele Ar­beitsplätze geschaffen werden könnten. Zugleich hat heute die Industriellenvereinigung einen Maßnahmen- oder Aktionsplan mit acht Punkten vorgelegt, wo es auch um er­neuerbare Energie in Form der Wasserkraft geht, nämlich schnellere und vereinfachte Verfahren durchzusetzen.

Ich würde mich freuen, wenn sich die Grünen dem anschließen und in weiterer Folge vielleicht auch dem Gesamtplan des Herrn Bundesministers zur erneuerbaren Energie, den er nunmehr erarbeiten wird, ihre Zustimmung erteilen könnten. Allein dieser Ak­tionsplan, so ist zu lesen, würde rund 6 000 Arbeitsplätze und neue Jobs schaffen. Re­den wir nicht davon, machen wir es, und bringen Sie sich bitte positiv ein! (Beifall bei der ÖVP.)

19.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Winter. Ge­wünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


20.00.01

Abgeordnete Dr. Susanne Winter (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolle­gen! Was lange währt, wird endlich gut: Das wäre für mich der richtige Arbeitstitel für das Drehbuch zum Bundes-Umwelthaftungsgesetz.

Erstens ist es eine gute und wichtige Sache, und deshalb wird auch unsere Fraktion diesem Bundesgesetz zustimmen. Wir von der FPÖ können damit leben. Es ist eine brauchbare Lösung im Anlassfall.

Lange hat es gedauert, bis dieses Gesetz zustande gekommen ist. Eigentlich hätte be­reits im Jahre 2007 – Sie haben es zum Teil schon ausgeführt, Herr Minister – eine entsprechende Umsetzung dieser EU-Richtlinie in innerstaatliches Recht erfolgen müs­sen. Dass dem nicht so ist, ist eindeutig ein Versäumnis des damaligen Umweltminis­ters Pröll, der sich einfach nicht aufraffen konnte, ein derartiges Vertragswerk zu ma­chen.

Dennoch muss ich sagen: Das derzeitige B-UHG geht nicht auf den Arbeitseifer der Regierung zurück, sondern die von Ihnen beiden so geliebte EU hat Ihnen ein Feuer­chen unter dem Sessel gemacht, und zwar in Form eines Vertragsverletzungsverfah­rens, und um eventuellen Schadenszahlungen aus dem Weg zu gehen, mussten wir im Umweltausschuss möglichst schnell diesen Gesetzentwurf behandeln.

Einen kleinen Seitenhieb möchte ich auch gerne dem Kollegen Cap versetzen, aber der hat anscheinend den Wandertrieb, denn er ist nicht allzu oft hier im Saal. Ich hoffe aber, Sie richten ihm das aus. Er war nämlich derjenige, der noch in seinen letzten In­terviews immer wieder eine konstruktive Zusammenarbeit, eine Stärkung von Minder­heitsrechten und auch eine Einbeziehung der Oppositionsparteien in die legislative Re­gierungsarbeit angepriesen hat. Aber wie bitte – er möge mir das erklären – ist es dann möglich, dass ein gleichlautender Antrag meines Kollegen Hofer von der SPÖ im Um­weltausschuss postwendend abgelehnt worden ist? (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 245

Ich möchte meine Ausführungen mit einem Zitat von Univ.-Prof. Raschauer, einem der Experten im Umweltausschuss, schließen. Er ist der Meinung, es handle sich bei die­sem Gesetz um keinen umweltpolitischen Meilenstein, aber es sei eine brauchbare Lö­sung im Anlassfall. Er hofft, dass dieser Anlassfall in den nächsten Jahren nicht gege­ben sein wird. (Beifall bei der FPÖ.)

20.02


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Auer. Ge­wünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


20.02.44

Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister, ich möchte ganz gerne an Ihre Worte, mit denen Sie Ihre Ausführungen beendet haben, anschlie­ßen. Sie haben den Sozialpartnern gedankt, und ich möchte an dieser Stelle auch sa­gen, dass ich sehr froh bin, dass man schließlich und endlich – es hat ja harte Ver­handlungen gegeben – dann doch auf Seiten der Wirtschaftsvertreter zur Einsicht ge­kommen ist, dass es keine umfassende Befreiung von der Haftung geben kann und dass es notwendig ist, dass das Verursacherprinzip auch im Gesetz enthalten ist.

Die Diskussion hat insgesamt gezeigt, dass das Ganze eine schwierige Materie ist. So lauteten die Argumente der Grünen, dass das für die Umwelt zu wenig ist. No na, das war natürlich zu erwarten! Das hat man ja schon im Ausschuss gehört. Und dem Abge­ordneten vom BZÖ, Ing. Lugar, war es zu wenig für die Wirtschaft.

Bei uns von der SPÖ sind die Standpunkte ganz klar: Wir sind einerseits für den Schutz der Umwelt, und andererseits stehen wir dazu, dass es den Betrieben ermög­licht wird zu wirtschaften. Wir tragen Regierungsverantwortung, und ich glaube, dass wir das gut machen.

Herrn Abgeordnetem Ing. Lugar, der gemeint hat, dass die Behörden zur Verantwor­tung gezogen werden müssten, möchte ich Folgendes sagen: Dafür gibt es das Amts­haftungsgesetz. Und dazu, dass es, wie er gemeint hat, genügt, wenn eine Berechti­gung da ist, ein kleiner Vergleich: Ein Autofahrer, der einen Blechschaden verursacht, kann auch nicht sagen: Ich habe eine Lenkerberechtigung, ich habe eine Zulassung, deshalb hafte ich nicht!

Es ist sicher gut, dass die Normalbetriebseinrede nicht enthalten ist. Das hätte bedeu­tet, dass das Unternehmen für erhebliche Schäden, die es verursacht, nicht haften müsste.

Wir sind, wie gesagt, für die Gesellschaft als Ganzes. Dazu gehört die Umwelt, dazu gehört der Menschenschutz, und dazu gehören auch die Betriebe. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.05


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber. Gewünschte Redezeit: ebenfalls 2 Minuten. – Bitte.

 


20.05.20

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Diese Geschichte ist nicht ganz so einfach. Herr Bundesminister, Sie haben davon gesprochen, in einer effizienten Zeit wäre die­ses Gesetz zustande gekommen. Gut, Sie sind noch nicht so lange Minister, aber schon im Juni 2007 gab es diese Regierungsvorlage. Wenn ich richtig rechnen kann, sind das knapp eineinhalb Jahre. Das ist eine lange Zeit, das können Sie mir schon glauben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 246

Es ist wirklich eine lange Zeit, die Sie dafür gehabt haben. Es sind ja dieselben Fraktio­nen in der Regierung, daran hat sich nichts geändert, und Sie sind bekanntermaßen von derselben Partei wie Ihr Vorgänger Josef Pröll.

Aber gut, das Gesetz liegt nun vor. Unsere Kritik ist schon kommuniziert worden, daher möchte ich meine Argumente auf die wesentlichen Punkte fokussieren.

Einerseits sind die NGOs nicht so eingebunden worden, dass wir davon ausgehen kön­nen, dass sie quasi wie Bürgerinitiativen wirklich ernsthaft ihre Anliegen einbringen und auch den Rechtsweg ausnutzen können. – Das ist ein zentraler Punkt.

Und dass der Boden als Umweltgut nicht erfasst ist, Herr Bundesminister, ist mehrfach problematisch. Ich ziehe nur das Beispiel „gentechnisch veränderte Organismen“ he­ran. (Zwischenruf der Abg. Bayr.) Es ist gut, dass diese angeführt sind, Frau Kollegin Bayr, und es ist auch gut, dass die Lizenzgeber hier im Fall des Falles eine Haftung haben könnten, aber die Schäden für die Umwelt – und da ist der Boden das zentrale Element, wo der Schaden auch passieren kann, nämlich im Rahmen der Bodenfrucht­barkeit, der Bodengesundheit und genauso im Rahmen der Biodiversivität – sind hier nicht als Schadensfälle herangezogen worden.

Sie als österreichischer Vertreter sozusagen und wir als österreichische Gesetzgeber könnten sehr wohl über die Rahmenrichtlinie der EU hinausgehen. Es wären die Berei­che Luft und Boden sehr wohl zu regeln gewesen. Universitätsprofessor Raschauer hat ja zu Recht gesagt, dass wir diese Fragestellungen sicher in Zukunft noch erörtern werden und dass es da noch zu Novellen kommen wird. Daher lehnen wir diesen Ent­wurf jetzt ab. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.07


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Steindl. Gewünschte Redezeit: ebenfalls 2 Minuten. – Bitte.

 


20.07.44

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir setzen mit diesem Bundes-Umwelthaftungsgesetz eine EU-Richtlinie um. Ich möchte in diesem Zusammenhang sagen, dass wir in Österreich schon bisher ausreichende Regelungen in diesem Bereich gehabt haben. Wir haben auf Landes- und Bundesebene beispielsweise das Wasserrechtsgesetz, das bisher im Falle von Schäden eine entsprechende Regelung vorgesehen hat.

Aus unternehmerischer und wirtschaftlicher Sicht ist es sicherlich wichtig, dass mit die­sem Bundes-Umwelthaftungsgesetz das Verursacherprinzip weiter festgeschrieben wird. Dagegen haben wir keinen Einwand. Allerdings ist eines aus der Sicht der Wirt­schaft schon problematisch: Es wird nicht auf die Verschuldensfrage abgestellt. Somit kann ein Unternehmer unverschuldet in die Haftung gelangen. Deshalb sollte, würde ich meinen, jeder Unternehmer wie bisher mit der Umwelt sehr, sehr vorsichtig umge­hen, aber auch eine entsprechende Haftpflichtversicherung abschließen, um etwaige Schäden gedeckt zu haben. – Besten Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

20.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Lettenbichler. Gewünschte Redezeit: ebenfalls 2 Minuten. – Bitte.

 


20.09.14

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Minis­ter! Hohes Haus! Die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des EU-Rates vom 21. April 2004 über die Umwelthaftung betrifft natürlich auch zahlreiche Wirtschaftsbe­reiche. Es war daher unbedingt notwendig, für unsere Betriebe vor allem Rechtssi­cherheit zu schaffen und eine Kalkulierbarkeit der Haftung zu ermöglichen. Dies ist ge-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 247

lungen. Auch meinerseits ein herzlicher Dank an die Verhandler, an die Umweltspre­cher der Koalitionsparteien, an den Minister und an alle Beteiligten in den Klubs und im Haus.

Es war vor allem für die zahlreichen kleinen und mittleren Unternehmen wichtig, dass es nicht zu einer angedachten Deckungs- und Risikovorsorge, die ja die EU-Richtlinie ohnehin nicht vorgesehen hat, gekommen ist und dass das Geld, das in die Rücklage hätte gesteckt werden müssen, gerade in einer Zeit wie dieser für die Sicherung von Arbeitsplätzen und für die Schaffung neuer Arbeitsplätze eingesetzt werden kann.

Insgesamt kann gesagt werden, dass mit dem vorliegenden Entwurf ein vernünftiger, ausgewogener Gesetzesvorschlag vorliegt.

Ich darf jetzt noch folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ing. Hermann Schultes, Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag 464/A der Abgeordneten Ing. Hermann Schultes, Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden (Bundes-Umwelthaftungsgesetz – B-UHG) in der Fas­sung des Ausschussberichtes 96 der Beilagen.

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der im Titel bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. In § 4 Ziffer 8 wird die Wortfolge „im Sinne“ durch die Wortfolge „im Sinn“ ersetzt.

2. In § 4 Ziffer 12 wird die Wortfolge „im Sinne“ durch die Wortfolge „im Sinn“ ersetzt.

3. Im § 9 Abs. 1 entfällt die Wortfolge „,ausgenommen Entscheidungen nach § 12,“.

Begründung

Durch diesen Abänderungsantrag sollen redaktionelle Versehen bereinigt werden.

*****

Ich möchte, da vorhin eine Kollegin von der grünen Fraktion aus irgendeinem Magazin irgendjemanden zitiert hat mit den Worten „Mehr Tempo gegen die Krise“ und vor ein­einhalb Stunden ein Kollege, wiederum von der grünen Fraktion, gesagt hat, wie schnell die UVP-Verfahren durchgeführt werden, nämlich in 13 Monaten in der ersten Instanz und in 9 Monaten in der zweiten Instanz, sagen: Ich glaube, die beiden wissen nicht, was draußen in der Wirtschaftswelt vor sich geht. Es ist leider eine unglaubliche Dynamik feststellbar. Wenn jetzt ein Unternehmen oder die öffentliche Hand sagen würde, wir wollen eine Investition vorziehen, wir wollen dafür Geld in die Hand nehmen, und diese Investition einer UVP-Pflicht unterliegen würde und das UVP-Verfahren 13 Monate in der ersten Instanz und 9 Monate in der zweiten Instanz dauern würde – im Durchschnitt wären das zirka zwei Jahre, genau 22 Monate –, dann würde das frü­hestens in zwei Jahren wirksam werden.

Aufgrund dessen möchte ich mich der Meinung des Kollegen Rädler anschließen, der meinte, dass wir die UVP-Verfahren vereinfachen, entschlacken sollten, denn wir müs­sen jetzt investieren, jetzt Arbeitsplätze schaffen und sichern. Das ist wichtig! Natürlich sollten wir dabei nicht ganz die Umwelt vergessen, aber das UVP-Verfahren bedarf einer Entschlackung. – Besten Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

20.12



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 248

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhand­lung.

Als vorläufig Letzter gelangt Herr Abgeordneter Hörl zu Wort. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


20.12.43

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Präsident, ich bin verwundert, dass Sie den unselbständigen Ent­schließungsantrag der Abgeordneten Ing. Hofer und Themessl betreffend die Reduk­tion von Tragtaschen mit nicht verrottbarem Kunststoff bei diesem Tagesordnungs­punkt zulassen. Das verwundert mich sehr. Ich glaube, er müsste beim nächsten Ta­gesordnungspunkt mit behandelt werden.

Herr Bundesminister, ich gratuliere Ihnen, denn Sie haben in Ihrer kurzen Amtszeit zwei epochale beziehungsweise große Würfe getätigt: Zum einen ist es Ihnen gelun­gen, die große Mehrheit der Europäischen Union vom Gentechnikverbot zu überzeu­gen, und zum anderen ist Ihnen mit diesem Bundes-Umwelthaftungsgesetz auch ein großer Wurf gelungen. Daher sind wir stolz auf Sie. (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Umwelthaftungsrichtlinie hätte längst umgesetzt werden sollen. Daher sind wir in einem Vertragsverletzungsverfahren. Ich betone: Aus Sicht der Wirtschaft haben wir zwar keine große Freude damit, aber wir können inzwischen, weil gut verhandelt wur­de, sagen, dass dieses Werk erträglich ist. Dafür bedanke ich mich bei allen, die daran mitgearbeitet haben. Ich kann sagen: Es ist ein guter Kompromiss aus Wirtschafts- und Umweltinteressen.

Wichtig für die Rechtssicherheit der Wirtschaft ist, dass wasserrechtlich genehmigte Einwirkungen vom Begriff der erheblichen Gewässerschäden getrennt wurden und so­mit über das Haftungsrecht nicht in Frage gestellt werden. Damit kann man für Betrie­be, die ordnungsgemäß und genehmigungskonform arbeiten, aus diesem Gesetz keine Haftung im Nachhinein konstruieren.

Für Zehntausende Klein- und Mittelbetriebe ist es erfreulich, dass der Gesetzgeber mit diesem Initiativantrag nunmehr davon Abstand nimmt, von allen potentiellen Verursa­chern vorweg ohne EU-rechtliche Notwendigkeit eine finanzielle Deckungs- oder Risi­kovorsorge zu verlangen.

In der nunmehr vorliegenden Form zieht das B-UHG treffsicher Verursacher von Öko­schäden zur Verantwortung, ohne die gesetzeskonform produzierenden Betriebe zu verunsichern und zu belasten.

Dieses Gesetz wird hoffentlich selten zur Anwendung kommen. Es ist aber ein weiterer Beitrag zum Schutz der Umwelt. Unsere Anliegen in diesen schwierigen Zeiten müssen aber sein: Arbeitsplätze, Arbeitplätze, Arbeitsplätze! Deshalb müssen wir auch auf den Standort, auf die Standortkosten Rücksicht nehmen. Belastungen finanzieller und ver­waltungstechnischer Art sollten abgebaut, aber keinesfalls zusätzlich erfunden werden.

Ich danke allen – auch den Freiheitlichen –, die hier mitgegangen sind, und allen, die daran mitgearbeitet haben, insbesondere den beiden Kollegen Bayr und Schultes, aber auch den Mitarbeitern der Wirtschaftskammer, die hier ein erträgliches Gesetz entste­hen ließen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.15


20.15.50Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 249

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend Bundes-Umwelthaftungsgesetz in 96 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Ing. Schultes, Bayr, Kolleginnen und Kollegen vor, der sich auf die §§ 4 und 9 bezieht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Ing. Schultes, Bayr, Kolleginnen und Kolle­gen abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Be­jahung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Ing. Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die sukzessive Reduktion des Einsatzes von Tragetaschen aus nicht verrottbarem Kunststoff.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht 97 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

20.17.2818. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (52 d.B.): Basler Über­einkommen über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährli­cher Abfälle und ihre Entsorgung; Entscheidungen der Vertragsparteien VI/35 und VII/19 über die Änderung oder Anpassung der Abfalllisten, die in den Anhän­gen VIII und IX enthalten sind (98 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum Punkt 18 der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Brunner. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


20.18.21

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Das Basler Übereinkommen wurde geschlossen, um grenzüberschreitende Transporte und die Verbringung von gefährlichen Abfällen zu minimieren. Um umwelt­gerechtes Abfallmanagement gewährleisten zu können, ist es notwendig, grenzüber­schreitende Transporte zu kontrollieren. Diese grenzüberschreitenden Transporte müs­sen auch notifiziert werden, und nach der Aarhus-Konvention muss die Bevölkerung auch über Müllimporte und Müllexporte informiert werden.

An dieser Stelle muss ich wieder auf eine Anfrage meiner Kollegen Lichtenecker auf­merksam machen, in der wir nach Müllimporten und ‑exporten genau gefragt haben,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 250

auch in und aus den verschiedenen Bundesländern in Österreich, bei der uns die Da­ten nicht entsprechend zur Verfügung gestellt wurden. Diese Daten sind aber notwen­dig, um bedarfsgerechtes Abfallmanagement und ‑planung in Österreich vornehmen zu können. Wir erleben ja derzeit einen Wildwuchs an Müllverbrennungsanlagen. Wenn alle Vorhaben umgesetzt werden, haben wir doppelt so viele Kapazitäten wie Müllauf­kommen.

Diese Regierungsvorlage bestärkt eigentlich diese Entwicklung, denn diese Regie­rungsvorlage sieht vor, dass mehr Abfallarten von der Liste der gefährlichen Abfälle in die Liste der nicht gefährlichen Abfälle übertragen werden, und das erleichtert natürlich Müllimporte für mehr Abfallarten und widerspricht eigentlich dem Prinzip der Nähe.

Mit dieser Regierungsvorlage können wir, können Sie dem Prinzip der Entsorgungs­autonomie leider nicht gerecht werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.20


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hornek. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


20.20.27

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Basler Übereinkom­men regelt auf internationaler Ebene die Verbringung von gefährlichen Abfällen und einer begrenzten Zahl von nicht gefährlichen Abfällen.

Die Kontrolle der Abfallverbringung kann wirkungsvoll nur im internationalen Gleich­klang erfolgen. Die rechtliche Basis dafür bietet die Basler Konvention. Österreich be­müht sich aktiv auf Gemeinschaftsebene und im internationalen Kontext um möglichst klare und dem Umweltschutz verpflichtete Regeln bei der Verbringung von Abfällen.

Die Anhänge VIII und IX – Anhang VIII in Bezug auf gefährliche, Anhang IX in Bezug auf nicht gefährliche Stoffe – des Basler Übereinkommens stellen einen wichtigen Schritt zu einer global einheitlichen Interpretation der Konvention dar.

Sehr geehrte Damen und Herren! Österreich hat durch sehr konkrete Vorschläge zu einer Weiterentwicklung dieser Stofflisten beigetragen. Durch die neue Verbringungs­verordnung besteht nun die Möglichkeit, Änderungen vorerst innerhalb der Europäi­schen Union umzusetzen und dann, wenn sie sich bewähren, im Rahmen der Basler Konvention der internationalen Gemeinschaft zu unterbreiten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Basler Übereinkommen ist somit ein weiterer umweltpolitischer Mosaikstein zum Wohle unserer Umwelt. (Beifall bei der ÖVP.)

20.22


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steier. Ge­wünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


20.22.11

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine ge­schätzten Damen und Herren! Wir beraten, wie meine Vorredner ausgeführt haben, eine Adaptierung im sogenannten Basler Übereinkommen, legen damit Änderungen und Anpassungen von Abfalllisten fest, die jetzt unter anderem Altautos, Chromschrott, Teppichböden und andere Abfallarten umfassen.

Wir regeln damit, meine geschätzten Damen und Herren, grenzüberschreitenden Ver­kehr mit gefährlichen Abfällen und deren umweltgerechte Entsorgung quasi möglichst nahe am Entstehungsort.

Kontrolle und Minimierung der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle sind die Ziele des 1989 abgeschlossenen Übereinkommens. Insbesondere geht es um den Schutz von Entwicklungsländern vor Abfallimporten aus Industriestaaten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 251

Geschätzte Damen und Herren, auch wenn sich die Zahl der illegalen Abfallexporte durch die Regelung der Basler Konvention stark verringert hat, ist angesichts des Um­fangs der international transportierten Güter eine lückenlose Überwachung der Gren­zen unmöglich.

Tatsache ist, dass ein Großteil der illegalen Abfallexporte in Entwicklungsländern wie Afrika und Asien landen, die über keine Kapazitäten und schon gar nicht über gesund­heitsverträgliche Entsorgungstechnologien für die Behandlung derartiger Abfälle verfü­gen. Die Bilder von Menschen, die in Hinterhöfen ungeschützt diese hochgiftigen tech­nischen Bauteile zerlegen, sind hinlänglich bekannt.

Meine geschätzten Damen und Herren! Bei der Bekämpfung illegaler Abfalltransporte bleibt also immer noch eine Menge an Aufgaben zu erledigen, Stichwort Kontrollen, um das Ausfuhrverbot für gefährliche Abfälle konsequent durchzusetzen.

Aber auch jeder von uns und jeder Einzelne kann dazu beitragen, indem wir ressour­censchonender leben, das heißt, unseren persönlichen ökologischen Fußabdruck als KonsumentInnen in einem vernünftigen Rahmen halten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.24


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Neubauer. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


20.24.33

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Das Problem für Bürger, für Kommunalpolitiker ist oft, dass bei neuen Gesetzen die Information mangelhaft ist, dass Gesetze oft auch mangelnde Transparenz aufweisen und dass dadurch immer wieder eine Verunsicherung mancher Bürgerinnen und Bürger festzustellen ist.

Das geht so weit, dass Gesetze immer noch verhindern, dass zum Beispiel Kommunal­politiker bei Störfällen, wie sie etwa in Linz bei der Voest oder bei den Chemiewerken immer wieder der Fall sind, Informationen über den Hergang und über die Begleitum­stände eines Störfalls erhalten.

Wir ersuchen deshalb, auch in diesem Fall bei der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und Entsorgung für mehr Transparenz und für mehr Information zu sorgen, und laden Sie deshalb ein, unserem Entschließungsantrag beizutreten.

Ich bringe folgenden Entschließungsantrag ein:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle erforderlichen Schritte zu setzen, um eine jährliche Meldepflicht des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft umzusetzen, aufgrund derer Bürgermeister und Gemeinderat über Art und Menge des in die betreffende Gemeinde verbrachten gefährlichen Abfalls informiert werden.“

*****

Sehr geehrte Damen und Herren, kommen Sie unserem Antrag nach! Die Bürgermeis­ter und Gemeinderäte Österreichs werden es Ihnen danken! (Beifall bei der FPÖ.)

20.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhand­lung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 252

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Hofer, Neubauer und weiterer Abgeordneter betreffend Einfüh­rung einer Meldepflicht bei Lagerung oder Weiterverarbeitung gefährlicher Abfälle

eingebracht in der 16. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 11. März 2009 im Zu­ge der Behandlung des Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorla-
ge (52 d.B.): Basler Übereinkommen über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihre Entsorgung; Entscheidungen der Vertrags­parteien VI/35 und VII/19 über die Änderung oder Anpassung der Abfalllisten, die in den Anhängen VIII und IX enthalten sind (98 d.B.)

Jedes Jahr werden tausende Tonnen gefährlicher Abfälle nach Österreich importiert, die dann entweder thermisch entsorgt oder durch stoffliche oder thermische Verwer­tung zur Herstellung von Rohstoffen und Produkten verwendet werden. Eine Endlage­rung gefährlicher Abfälle in Österreich findet nicht statt, weil diese verboten ist.

Unter dem Deckmantel des Datenschutzes wird geheim gehalten, wo in Österreich welche Abfalle verbrannt oder verarbeitet werden. Nicht nur die betroffene Bevölke­rung, auch der Bürgermeister, der Gemeinderat und allfällig bestellte Umweltgemein­deräte werden in Unwissenheit gehalten.

Um zumindest den verantwortlichen Politikern in den Gemeinden wichtige Informatio­nen nicht vorzuenthalten, sollen im Rahmen einer Meldepflicht des Umweltministe­riums künftig Bürgermeister und Gemeinderat der betroffenen Gemeinde über die Ver­bringung gefährlicher Abfalle informiert werden. Die Mitglieder des Gemeinderates sind verpflichtet, das Amtsgeheimnis zu wahren, sofern ein solches im Zusammenhang mit der Verbringung von gefährlichen Abfällen in eine Gemeinde tatsächlich besteht.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle erforderlichen Schritte zu setzen, um eine jährliche Meldepflicht des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft umzusetzen, aufgrund derer Bürgermeister und Gemeinderat über Art und Menge des in die betreffende Gemeinde verbrachten gefährlichen Abfalls informiert werden.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Schenk. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


20.26.41

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ohne das Basler Übereinkommen wür­de unsere Umwelt wohl schlechter dastehen.

Sinn des Basler Übereinkommens, das für Österreich am 12. April 1993 in Kraft getre­ten ist, ist ein weltweit umweltgerechtes Abfallmanagement. Im Anhang VIII des Über­einkommens sind die Abfälle angeführt, die als gefährlich gelten und damit einem Ex­portverbot unterliegen, im Anhang IX die Abfälle, die als nicht gefährlich gelten und kei­nem Exportverbot unterliegen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 253

Bereits mehr als 170 Länder sind diesem Abkommen beigetreten. Erwähnenswert und erstaunlich ist: Die USA haben das Basler Abkommen zwar unterzeichnet, die Konven­tion aber nie ratifiziert und umgesetzt. Damit sind die Vereinigten Staaten von Amerika das einzige Industrieland, das eine Ratifizierung der Giftmüll-Konvention abgelehnt hat. Gleichzeitig sind die USA einer der größten Elektronikschrottproduzenten der Welt. Vielleicht holt dieses Versäumnis nun der neue und heute schon viel zitierte Präsident Barack Obama nach – schaden würde es nicht.

Parallel zum Basler Übereinkommen wurde für die OECD-Staaten mit dem diesbezüg­lichen Ratsbeschluss ein System für die Notifizierung, Identifizierung und Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung von Abfällen zur Verwertung geschaffen. Beide Regelungen wurden von der EU mit einer Verbringungsverordnung in unmittelbar gel­tendes Recht umgesetzt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir alle haben nur eine Umwelt, und wir soll­ten mit dieser sorgsam und verantwortungsbewusst umgehen. Deshalb haben wir im Ausschuss zugestimmt und werden auch heute hier im Hohen Haus zustimmen. – Vie­len Dank. (Beifall beim BZÖ.)

20.28


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


20.28.53

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Wie wir von meinen Vorrednern gehört haben und wissen, wurde die Basler Konvention zur Kontrolle und Minimierung der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung geschlossen, wobei ich gerade die Minimierung besonders hervorheben möchte, denn nicht alle europäischen Länder gehen mit schädlichen Abfällen so sorgsam um wie wir in Österreich.

Noch wichtiger als die Überlegung der sorgfältigen Entsorgung von Abfällen ist für mich die Reduzierung beziehungsweise Vermeidung dieser.

Ziel von uns allen müssen die Schonung der Rohstoff- und Energiereserven und die Dezimierung der Müllproduktion sein. Meiner Meinung nach ist jedes Land für die Ver­bringung seiner Abfälle selbst verantwortlich. Das bedeutet, dass die Entsorgung dort zu erfolgen hat, wo der Müll produziert wird, und nicht das sogenannte Florianiprinzip angewandt wird.

Mit dem Basler Übereinkommen und mit diversen Korrekturen wurde nun der Anfang für ein Umdenken in der Umwelt- beziehungsweise Abfallpolitik gemacht. Natürlich muss an weiteren Verbesserungen gearbeitet und die Bewusstseinsbildung bezüglich Abfallvermeidung über alle Grenzen hinweg gestärkt werden.

Gleichzeitig bin ich der Ansicht, dass wirtschaftliche Förderungen für die sogenannten Oststaaten auch von Umweltmaßnahmen abhängig gemacht werden sollten. (Beifall bei der SPÖ.)

20.30


20.31.01Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 52 d.B. gemäß Art. 50 Abs. 1 Zif­fer 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 254

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ing. Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer Meldepflicht bei Lagerung oder Weiterverarbeitung gefährlicher Abfälle.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit abgelehnt.

20.31.5319. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (36 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Klima- und Energiefondsgesetz (KLI.EN-FondsG) geändert wird (99 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 19. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Brunner. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


20.32.24

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Der Klima- und Energiefonds war ja als Lösung für die Klimamisere gedacht, die wir in Österreich haben. Wir liegen bei den Treibhausgasemissionen 11 Prozent über dem Basisjahr 1990 und werden unsere Kyoto-Ziele leider nicht erreichen können. Da­her ist es aus Sicht der Grünen natürlich positiv und notwendig, zusätzliche Mittel in den Klimaschutz zu stecken, damit wir hier auch entsprechende Projekte und auch mehr Projekte umsetzen können.

Im Regierungsprogramm wurde die Notwendigkeit der Evaluierung der Struktur dieses Fonds dargelegt – diese Einschätzung teilen wir –, damit die Mittel, die im Fonds auch eingesetzt werden, effizienter verwendet werden und letztlich mehr Klimaschutzmaß­nahmen umgesetzt werden können.

Die Regierungsvorlage so, wie sie uns jetzt vorliegt, scheint mir allerdings ein Schnell­schuss zu sein, denn die Ergebnisse dieser Evaluierung liegen irgendwie nicht vor be­ziehungsweise sind uns nicht bekannt gemacht worden. Damit, so denke ich, ist leider schon eine große Chance zur Verbesserung der Fondsstrukturen, zu einem effiziente­ren Mitteleinsatz für die Schärfung des Profils und damit auch für einen zielgerichteten Klimaschutz vertan worden.

Der Fonds hat nämlich nach wie vor keine eigenen Förderrichtlinien und hat kein klares Profil. Und besteht aus meiner Sicht schon die große Gefahr, dass der Klima- und Energiefonds hier zu einem Lückenbüßer verkommt und einfach überall dort fördern soll, wo andere Förderprogramme nicht greifen. Das kann wohl nicht zielgerichteter Kli­maschutz sein.

Die finanzielle Dotierung des Fonds ist unsicher. Es war jetzt die Rede davon, ob damit auch der Sanierungsscheck mitfinanziert werden soll oder auch andere Maßnahmen. Und diese Unsicherheit bedeutet, dass hier leider keine zusätzlichen Mittel in den Kli­maschutz fließen, sondern einfach andere Maßnahmen, die sonst nirgends finanziert werden können, mitfinanziert werden.

Wir würden es als notwendig erachten, dass es zu einer Profilschärfung des Fonds kommt, zu einer effizienten Gesamtausrichtung, die auch in andere Umweltförderungs­programme eingepasst ist, um tatsächlich dann auch die Mittel, die wir zur Verfügung haben, effizient einzusetzen und im Klimaschutz auch endlich in Österreich weiterzu­kommen. (Beifall bei den Grünen.)

20.35



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 255

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Schultes. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


20.35.11

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Verehrtes Hohes Haus! Wenn wir heute die Spielregeln im Klima- und Energiefonds reformieren, so ist das eine klare Umsetzung der Erfahrun­gen der letzten zwei Jahre. An sich ist es gelungen, mit diesem Fonds durchaus kons­truktiv zu arbeiten, wichtige Projekte ins Leben zu rufen – Projekte, die die Bürger auch sehr geschätzt haben wie zum Beispiel die Förderung von Pellets-Heizkesseln oder die Förderung der Photovoltaik. Wir wissen alle miteinander, dass die Bürger sehr viel mehr in Anspruch nehmen wollten, als Geld vorhanden war.

Der Klima- und Energiefonds hat aber seine Tätigkeiten auch sehr stark in den For­schungsbereich hineinreichen lassen, auch in die Frage der umweltfreundlichen Mobi­lität.

Wir wissen, dass die Entscheidungsabläufe schwierig waren, wie wissen, dass die Festlegung der Richtlinien eine gewisse Zeit gedauert hat und wir wissen auch, dass nicht alle Persönlichkeiten, die damit zu arbeiten hatten, wirklich optimal mitgearbeitet haben. Also ganz persönlich: Um den Wabl ist mir nicht leid.

Jedenfalls: In der neuen Formation werden wir im Klima- und Energiefonds schlanker aufgestellt sein und raschere Entscheidungen zustande bringen. Ich hoffe, dass die fi­nanzielle Dotierung ausreichend ist. Wir wissen auch, dass wir in nächster Zeit damit rechnen können, dass auch Wärmedämmung und energieeffizienzsteigernde Maßnah­men dabei sein könnten.

Ich würde mich freuen, wenn der Klima- und Energiefonds zum Beispiel auch die Marktdurchdringung biogener Fasern zur Wärmedämmung oder auch die entsprechen­den Tankstellen, um Bioethanol in den Markt hineinzubringen, unterstützen würde. Selbstverständlich erwarten wir auch eine zunehmende Förderung der Photovoltaik und der Forschung in allen Fragen der Energieversorgung.

Wir dürfen uns nichts vormachen. Wir wissen, dass das 34 Prozent-Ziel eine sehr hohe Hürde ist und wir alles unternehmen müssen, um alle Möglichkeiten zu nützen, dieses zu erreichen. Wir wissen, 34 Prozent heißt, dass wir damit rechnen, dass wir im Jahr 2020 noch immer zu zwei Dritteln von fossilen Energieträgern abhängig sein wer­den und wir diese dann alle importieren müssen.

Also: keine rosigen Aussichten! Daher ist es umso mehr großes Interesse, dass wir alle Mittel nützen, um das 34 Prozent-Ziel zu erreichen oder vielleicht sogar zu überschrei­ten, denn wir wollen doch, ganz zum Schluss, die Wertschöpfung in Österreich halten und Energieautarkie erreichen.

Ich danke Ihnen für die Mitarbeit bei diesem Gesetz. Wir hoffen, dass es dem Klima- und Energiefonds helfen wird, seine Aufgaben im Sinne aller zu erfüllen. (Beifall bei der ÖVP.)

20.37


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Becher. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


20.38.02

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Die vorliegenden Novelle – das wurde bereits erwähnt – dient, wie im Regierungsprogramm vorgesehen, der Effizienzsteigerung und der orga­nisatorischen Reform. Ein Vorteil ist, dass eben die Entscheidungsstruktur gestrafft wird und dass Zustimmungen rascher kommen. Der Finanzminister wird auch vor der Beschlussfassung der Richtlinien seine Zustimmung geben müssen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 256

Für mich als Wohnrechtspolitikerin ist es auch besonders entscheidend und wichtig, wie in Zukunft die Frage der Finanzierung zusätzlicher thermischer Sanierung gestaltet sein wird. Die Bundesregierung hat ja mit dem Konjunkturpaket 100 Millionen € zur thermischen Sanierung zugesagt. Nun ist wichtig, dass der Finanzminister entscheiden wird, dass es frisches Geld geben wird und dass diese Mittel nicht aus dem bestehen­den Fonds genommen werden.

Der KLI.EN-Fonds wird künftig verstärkt Gelder in die Erforschung von Effizienzmaß­nahmen investieren. Im Wohnbaubereich gibt es einige Felder, die intensiver For­schung bedürfen. Lohnen wird sich das für die Nutzer, das Klimaziel und die Erhaltung der Umwelt. Modernisierung ist notwendig, ich bitte daher um Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Gar­telgruber. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


20.39.53

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Hohes Haus! Wie meine Vorredner schon mehrmals gesagt ha­ben: Das vorliegende Regierungsprogramm sieht Effizienzsteigerungen für den Klima- und Energiefonds der Bundesregierung vor.

Dieser beinhaltet auch die Umstrukturierung der Fondsorgane sowie die neue Festle­gung ihrer Aufgaben. Grundsätzlich können wir dem Wegfall der zwingenden Bestel­lung von zwei Geschäftsführern zustimmen. Gleichzeitig ist aber anzumerken, dass der Klima- und Energiefonds im Jahre 2007 im Nationalrat ins Leben gerufen wurde, um die Bundesregierung bei der Umsetzung der österreichischen Klimaziele zu unterstüt­zen. Ziel des Fonds ist die Verwirklichung einer nachhaltigen Energieversorgung und die Reduktion der Treibhausgase.

Mitte vergangenen Jahres wurden durch den Klima- und Energiefonds im Zuge der Photovoltaik-Förderungsaktion Mittel in Höhe von 8 Millionen € zur Verfügung gestellt. Diese waren binnen kürzester Zeit erschöpft, da allein in den ersten Stunden 2 400 An­träge für diese Förderung eingegangen sind.

Für Photovoltaikanlagen gibt es in Österreich eine steigende Nachfrage. Nicht zuletzt die Gaskrise hat die Wichtigkeit der Unabhängigkeit des österreichischen Energiebe­darfs vom Ausland gezeigt.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Hofer, Gartelgruber und weiterer Abgeordneter betreffend För­deraktion Photovoltaik im Rahmen des Klimafonds

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, zur Stärkung der heimischen Wirtschaft, zur Sicherung und Stärkung des heimischen Energiemarktes unter dem Hintergrund der jüngsten Gaskrise und auf­grund der bereits im letzten Jahr sehr großen Nachfrage nach Förderungen von Photo­voltaikanlagen eine neue Förderaktion im Rahmen des Klimafonds durchzuführen, die in ihrer Höhe der tatsächlichen Nachfrage gerecht wird.“

*****

Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

20.42



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 257

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben verlesene Entschließungsantrag ist aus­reichend unterstützt, wurde ordnungsgemäß eingebracht und steht sohin mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Hofer, Gartelgruber und weiterer Abgeordneter betreffend För­deraktion Photovoltaik im Rahmen des Klimafonds

eingebracht in der 16. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 11. März 2009 im Zu­ge der Behandlung des Berichts des Umweltausschusses über die Regierungsvorla-
ge (36 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Klima- und Energiefondsgesetz (KLI.EN-FondsG) geändert wird (99 d.B.)

Die Mitte Juli 2008 durch den Klima- und Energiefonds im Zuge der Photovoltaik-För­deraktion vergebenen Mittel in Höhe von insgesamt 8 Millionen € waren binnen weni­ger Minuten erschöpft. Dabei gingen allein in den ersten drei Stunden über 2.400 An­träge ein.

Am 3. Dezember 2008 hat das Präsidium des Klima- und Energiefonds beschlossen, die erfolgreiche Förderaktion Photovoltaik (aus frei gewordenen Mitteln des Jahresbud­gets 2008) mit weiteren 2,9 Millionen Euro aufzustocken.

Photovoltaik bietet für Österreich im Bereich der erneuerbaren Energieträger das größ­te noch erschließbare Potential. Das technische Potenzial von gebäudeintegrierter Photovoltaik (GIPV) auf gut geeigneten südorientierten Flächen in Österreich beträgt ca. 140 km² Dachfläche und ca. 50 km² Fassadenfläche.

Bezüglich Photovoltaik gibt es eine steigende Nachfrage; nicht zuletzt die Gaskrise hat zudem die Wichtigkeit der Unabhängigkeit des österreichischen Energiebedarfes vom Ausland gezeigt. Laut Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) sei die Grund­versorgung Österreichs mit Gas für drei Monate zwar garantiert, bei längerem Ausblei­ben der russischen Gaslieferungen und andauernder Kälte würden aber auch auf Ös­terreich Probleme zukommen.

Photovoltaikanlagen dienen gemeinsam mit anderen Anlagen zur Nutzung erneuerba­rer Energieträger vor allem der Erreichung einer größeren Unabhängigkeit von Öl und Gas sowie der Unterstützung der heimischen Wirtschaft. Photovoltaikanlagen werden von heimischen Betrieben, vor allem von Klein- und Mittelbetrieben installiert; Photo­voltaik-Förderaktionen stellen daher im Rahmen der Finanz- und Wirtschaftskrise nicht nur eine Investition in den Umweltschutz dar.

Die Bundesregierung und vor allem der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft sind daher dringend aufgefordert, sich für eine sofortige neue Förderaktion Photovoltaik im Rahmen des Klimafonds einzusetzen, die der regen Nachfrage gerecht wird.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, zur Stärkung der heimischen Wirtschaft, zur Sicherung und Stärkung des heimischen Energiemarktes unter dem Hintergrund der jüngsten Gaskrise und auf-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 258

grund der bereits im letzten Jahr sehr großen Nachfrage nach Förderungen von Photo­voltaikanlagen eine neue Förderaktion im Rahmen des Klimafonds durchzuführen, die in ihrer Höhe der tatsächlichen Nachfrage gerecht wird.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hu­ber. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


20.42.50

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Hohes Haus! Das BZÖ stimmt diesem Antrag zu. Dieser Fonds ist sinnvoll. Wir sind eine konstruktive Opposition. (Ruf bei der SPÖ: Seit wann?) – Seit immer. Wir stimmen also zu. (Abg. Grosz: Es dauert nicht mehr lange!)

Aber dieser Fonds muss neue Perspektiven und Strategien angehen, damit erneuerba­re Energien und Energieeffizienz stärker erhöht werden. In Anbetracht der momenta­nen Wirtschaftskrise muss frisches Geld in die Hand genommen werden. Die Dotierung dieses Fonds ist ein großes Anliegen, darüber müssen wir sprechen. Dieser Fonds ge­hört viel höher dotiert.

Es braucht beträchtliche Investitionen in die thermische Sanierung, in die Photovoltaik und in die Sonnenenergie, um das in Österreich noch schlafende Potential ausschöp­fen zu können. Wir müssen Veränderungen in diese Richtung stärken, die der österrei­chischen Wirtschaft und der Umweltbilanz zugute kommen. Das ist auch ein ganz wich­tiger Schritt in Richtung Arbeitsmarkt. (Beifall beim BZÖ.)

Wir haben bereits jetzt in Österreich in der Sonnenenergie und überhaupt in der erneu­erbaren Energie tausende Arbeitsplätze. Da müssen wir dafür Sorge tragen, dass noch weitere tausende sofort umgesetzt werden.

Alle Unternehmen – egal, ob Bosse von Industriebetrieben in der Wärme-, in der Hei­zungsindustrie, bis hin zum kleinen Installateur – gehören diesbezüglich genau infor­miert. Alle sollen davon profitieren, damit der Fonds optimal genützt werden kann. Das ist aber wieder eine Frage der Dotierung, aber dafür werden wir uns einsetzen.

Nur so können wir die großen Energiepreisschwankungen in den Griff bekommen. Es braucht eine Modernisierung, so können wir auch den Energieverbrauch maßgeblich bremsen. Haushalte, auch Betriebe – alle sollen davon profitieren. Und das alleine re­duziert die Abhängigkeit von Öl- und Gasimporten. Dieser Fonds ist nur ein kleiner Schritt, aber der geht in die richtige Richtung. Das BZÖ wird sich dafür einsetzen, dass keine falsche Richtung eingeschlagen wird.

Aber dies birgt auch eine große Gefahr, dass wir wieder in die Proporzwirtschaft zu­rückfallen. Auch da werden wir kontrollieren, dass die beiden Ministerien nicht proporz­mäßig die Geschäftsführer besetzen, sondern dass wirklich abhängig von der Leistung die besten Köpfe zum Zug kommen. (Beifall beim BZÖ.)

Nicht umsonst hat Dr. Jörg Haider in jahrelanger Arbeit den Proporz thematisiert und bekämpft. Wie man sieht, konnte er auch viel erreichen. Das BZÖ wird kontrollieren und wird sicher nicht müde werden, Proporzbesetzungen zu bekämpfen. (Beifall beim BZÖ.)

20.45


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminis­ter Dipl.-Ing. Berlakovich zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 259

20.46.03

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der heute vorliegenden Novelle wird ein Teil des Regierungs­programms umgesetzt, nämlich die Effizienzsteigerung bei den Strukturen und Ent­scheidungsabläufen des Klima- und Energiefonds.

Es gibt eine neue Fondsstruktur und auch die Aufgabenteilung des Expertenbeirates steht an. Es werden im KLI.EN-Fonds-Präsidium künftig nur mehr zwei Ministerien ver­treten sein, es wird also verkleinert; neben dem Lebensministerium ist auch das Bun­desministerium für Verkehr, Innovation und Technologie vertreten. Das „Präsidium neu“ entspricht somit der tatsächlichen Kompetenzverteilung in der Bundesregierung, nämlich einerseits unterstützt der KLI.EN-Fonds klimarelevante Forschungsprojekte, andererseits klimarelevante Marktdurchdringungsmaßnahmen. Also alles Dinge, die dem Klimaschutz dienen sollen.

Der Vorteil ist folgender: Durch die schlankere Organisation gibt es effizientere Ent­scheidungsstrukturen, reduzierten Verwaltungsaufwand und das erleichtert damit auch die Entscheidungsfindung. Jedenfalls gibt es auch eine Neuaufgabe im Expertenbeirat. Der Expertenbeirat des KLI.EN-Fonds wird künftig aus vier Wissenschaftern beste-
hen, wird sich aber nicht mit jedem Förderfall befassen. Es wurden beispielsweise im Jahr 2008 in etwa 17
 000 Förderfälle abgewickelt. Das ist schon ein enormer Aufwand, wenn damit immer der Expertenbeirat befasst wird. Künftig wird der Expertenbeirat nur bei strategisch wichtigen Entscheidungen oder schwierigen Entscheidungen beigezo­gen, sodass man eine Effizienzsteigerung hat, was auch einen geringeren Verwal­tungsaufwand gewährleisten soll.

Die Aufgaben der Geschäftsführung des Klima- und Energiefonds sind nicht mehr bei­spielhaft im Gesetz aufgezählt, sondern stehen in der Geschäftsordnung des KLI.EN-Fonds, was zum Effekt hat, dass man, falls es zu einer Aufgabenänderung kommen sollte, das hier rascher und effizienter durchführen kann.

Jedenfalls wird die Beschlussfassung des strategischen Planungsdokuments der Richt­linien des Jahresprogramms nur mehr der Zustimmung des Bundesministers für Finan­zen bedürfen, was ebenfalls eine Effizienzsteigerung ist.

Ich darf Ihnen kurz ein paar Daten betreffend Erfolge des KLI.EN-Fonds sagen. Im Jahr 2007/2008 wurden über 13 000 Förderzusagen ausgestellt. Dabei waren sicher besondere Highlights, dass nämlich 11 800 Holzheizungsförderungen durchgeführt und über 800 Photovoltaik-Förderzusagen für private Haushalte gemacht wurden. Den größten Teil der vergebenen KLI.EN-Fondsmittel, nämlich 55 Millionen € beziehungs­weise 32 Prozent, hat es für über 200 Forschungsprojekte gegeben.

Ein wichtiger Schwerpunkt war die Mobilität, die Unterstützung einer klimarelevanten Mobilität, und zwar im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs. Da wurden in et­wa 22 Millionen € in 32 Projekte investiert. Und letztendlich wird es so sein, dass, wie es bereits hier angeklungen ist, der Wirtschaftsminister und ich einen Plan zur Umset­zung der erneuerbaren Energien in Österreich erstellen werden. Darauf abgestimmt werden natürlich sinnvollerweise auch die Förderregime, so auch im KLI.EN-Fonds,
um einfach eine effiziente Förderstruktur zu erhalten und das sehr ehrgeizige Ziel von 34 Prozent erneuerbarer Energie in Österreich umzusetzen. Diesem Ziel wird sich alles unterordnen.

In diesem Sinne danke ich für die Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

20.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mayer. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 260

20.49.46

Abgeordneter Peter Mayer (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! In Zeiten wie diesen, in denen wir alle uns überlegen, wo wir Fördergelder gezielt einsetzen, ist es, so glaube ich, ein Gebot der Stunde, dass wir über eine neue Ausrichtung des Klima- und Energiefonds sprechen und eine bes­sere Effektivität und Handlungsfähigkeit dieses Fonds zustande bringen.

Strukturoptimierung in den Entscheidungsgremien ist unabdingbar notwendig, damit Fördermittel auch bei den Förderungswerbern ankommen, und vor allem – das ist mir ein besonderes Anliegen – schnell ankommen.

Der Andrang heimischer Forscher ist, was den Klimafonds betrifft, groß, und wir wissen ganz genau, dass Forschungsförderung und Beschäftigung in einem unmittelbaren Zu­sammenhang stehen. Derzeit arbeiten zirka 180 000 Menschen im Umwelttechnologie­bereich, und das ist sicher noch ausbaufähig. Aber auch die Unternehmen, die in die­sem Sektor tätig sind, gehören gestärkt; das ist ganz klar.

Wenn Geld nicht unnötig in bürokratischen Strukturen versickert, dann bleiben natürlich Budgetmittel frei für Sonderaktionen, wie zum Beispiel vor Kurzem für die Photovoltaik­förderung, und dort, so glaube ich, ist auch in Zukunft Potenzial. Wie ich gehört habe, liegt ein Antrag der FPÖ vor, wonach schon jetzt konkrete Maßnahmen gesetzt werden sollen, ich glaube aber, wir sollten erst einmal abwarten, wie viel an Mitteln zur Verfü­gung steht, damit wir hinausgehen können, um effektive Photovoltaikförderung machen zu können, indem wir den Förderungswerbern mit fertigen Konzepten gegenüberste­hen. Deshalb können wir diesem Antrag momentan nicht zustimmen.

Trotzdem sehe ich in der Nutzung der Sonnenkraft die große Zukunft. Derzeit blicken ja alle Akteure nach Brüssel, wo das neue Ökostromgesetz zur Genehmigung aufliegt. Und auch in Bezug auf diese Frage ist die Handlungsfähigkeit des Klima- und Energie­fonds sehr gefragt, denn auch hier, betreffend das Ökostromgesetz, wird es, so glaube ich, notwendig sein, wichtige ergänzende Begleitmaßnahmen und Impulse zu setzen.

Ich denke, diese Regierungsvorlage ist sicher eine sinnvolle Sache und hoffe auf Ihre Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.52


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schopf. Ge­wünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


20.52.19

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Als vor mittlerweile fast zwei Jahren die Gründung dieses Fonds hier im Parla­ment beschlossen wurde, gab es heftige Debatten. Heute, so glaube ich, dürfen wir ge­meinsam sagen, dass die Einrichtung dieses Fonds für die Umwelt ein sehr wichtiger und auch richtiger Schritt war.

Meine Damen und Herren, wie gesagt, dieser Fonds ist in der Umweltpolitik von sehr, sehr großer Bedeutung, denn damit werden sehr wichtige Ziele verfolgt. Ich denke, vie­le davon wurden auch bereits erreicht. Schlussendlich geht es darum, dass wir als gro­ße Ziele dieses Fonds auch rechtsverbindlich formuliert haben, dass die Versorgungs­sicherheit erhöht wird, dass die Importe fossiler Energieträger reduziert werden, dass wir versuchen, die Technologie im Umweltbereich auszubauen, dass wir zu guter Letzt aber auch versuchen – und das ist ein ganz wichtiger Punkt –, die Nutzung erneuer­barer Energieträger in unserer Republik zu steigern.

Mir ist darüber hinaus wichtig zu erwähnen, dass wir versuchen sollten, auf europäi­scher Ebene nicht nur ein Mitläufer zu sein, sondern es muss, wie ich denke, unser Ziel sein, dass wir auf europäischer Ebene Vorreiter in der Umwelttechnologie sind.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 261

Meine Damen und Herren, mir ist gerade in Zeiten wie diesen wichtig, zu betonen, dass neue Umwelttechnologien letztendlich Absicherung von Arbeitsplätzen, aber auch Schaffung von neuen Arbeitsplätzen bedeuten. Bei der Lektüre verschiedener europäi­scher Studien kann man feststellen, dass die Möglichkeit besteht, damit bis zum Jahr 2020 allein in Europa eine Million Arbeitsplätze zu schaffen!

Daher ist dieser Fonds von größter Bedeutung, und es ist wichtig, dass er ordentlich dotiert wird. Dann werden wir in diesem Bereich auch ganz sicher erfolgreich sein. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.54


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner dieser Debatte zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Stauber. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


20.54.46

Abgeordneter Peter Stauber (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das heute zu beschließende Gesetz zum Klima- und Energiefonds, das im Kern eine organisatorische Strukturreform dar­stellt, bedeutet einen wichtigen Schritt hin zu einem effizienteren umweltpolitischen Ins­trument.

Wenn man weiß, dass dieser KLI.EN-Fonds im Jahr 2008 rund 200 Projekte allein im Bereich der Forschung und Entwicklung gefördert hat, dann kann man sich in etwa vor­stellen, welche Bedeutung der Fonds hinsichtlich der Innovationsfähigkeit im Umwelt­bereich besitzt und wie wichtig er für die zukünftige klima- und energietechnologische Entwicklung in Österreich sein wird.

Umso unverständlicher erscheint es mir daher, dass sich die Grünen aus offensichtlich opportunistischen Beweggründen immer wieder gegen begrüßenswerte Initiativen der Bundesregierung im Umweltbereich stellen. Auch wenn eine Regierungsvorlage, wie dieses KLI.EN-Fondsgesetz im Ausschuss konkret von der Kollegin Brunner als sehr positiv bewertet wurde, suchen die Grünen verbissen nach Gründen, um der Vorlage doch nicht zustimmen zu müssen.

Wir alle wissen, dass das noch nicht die optimale Lösung ist, aber es ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, denn gerade die vorliegende Novelle wird die Effizienz des Klima- und Energiefonds steigern und die Richtlinien und das Tätigkeitsprofil schärfen und straffen, vor allem auch aufgrund der Tatsache, dass etwa die zwingende Bestellung von zwei Geschäftsführern entfällt oder dass dem Präsidium des Fonds nur mehr zwei Minister statt wie bisher vier Minister angehören werden. Außerdem ist klar geregelt, dass dieses verkleinerte und damit noch handlungsfähigere Präsidium das Strategische Planungsdokument, die Richtlinien und das Jahresprogramm zu beschlie­ßen hat.

Als sehr wichtig für eine raschere Förderabwicklung wird sich auch jene Bestimmung herausstellen, die nicht mehr in allen Fällen eine zwingende Befassung des Experten­rats bei Förderprogrammen vorsieht. So wird dieser Klimafonds sein Profil schärfen, und dies wird dazu beitragen, dass wir den Klima- und Umweltbereich noch effizienter gestalten können.

Wir laden daher alle Parteien ein, diesem Gesetzesantrag die Zustimmung zu ertei­len. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.57


20.57.50Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Somit schließe ich die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 262

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang
in 99 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls mehrheitlich. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Ing. Hofer, Gartelgruber und weiterer Abgeordneter betreffend Förderaktion Photovoltaik im Rahmen des Klimafonds.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

20.58.3120. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den An­trag 504/A(E) der Abgeordneten Fritz Grillitsch, Mag. Kurt Gaßner, Harald Jan­nach, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Gerhard Huber, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Beibehaltung der österreichischen Gentechnik-Anbauverbote (150 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 20. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich als Erster Herr Abgeordneter Auer. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


20.59.16

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf mich vorweg sehr herzlich für diesen Fünf-Par­teien-Antrag bedanken, der die österreichische Position sehr gut abbildet. Wir wollen und wollten damit unserem Bundesminister Rückendeckung für seine schwierigen Ver­handlungen im Europäischen Umweltrat geben, und es hat sich gezeigt, dass durch eine gemeinsame Vorgangsweise des Parlaments hier im Hohen Haus und einen durchsetzungsfähigen Minister durchaus viel bewegt werden kann, daher darf ich dem Herrn Bundesminister sehr herzlich dazu gratulieren. Es wird wenige Bundesminister geben, die in so kurzer Zeit einen derart großartigen Erfolg nach Hause fahren können! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, trotzdem bedarf es in der Europäischen Union noch viel an Überzeugungsarbeit. Wir wissen betreffend die Auswirkungen der GVOs noch zu we­nig, und für mich sind einige wesentliche Punkte noch nicht beantwortet.

Erstens: Es gibt keine langfristigen Studien, die die Auswirkungen von GVOs belegen können. Meiner Ansicht nach ist damit auch das teilweise unverständliche Agieren der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit verbunden.

Zweitens: Es gibt auch noch keine europäisch einheitlichen Haftungs- und Koexistenz­regelungen. In diesem Zusammenhang bin ich froh, dass bezüglich Haftung mit dem Umwelthaftungsgesetz heute ein erster Schritt gesetzt wurde, denn es darf doch nicht so sein, dass am Ende die Bauern aufgrund eines Fehlverhaltens eines riesigen Kon­zerns übrigbleiben. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 263

Drittens: Ich möchte nicht, dass unsere Bauern von großen Konzernen abhängig wer­den, zum Beispiel im Saatgut- oder Pflanzenschutzmittelbereich. Ich als Bauer möchte auch in Zukunft die Vielfalt der österreichischen Landwirtschaft gewahrt wissen.

Was wir jedoch feststellen können, ist, dass es möglich ist, in Europa mitzugestalten und unsere Interessen durchzusetzen. Obwohl wir ein kleines Land sind, können wir Themenführerschaft zeigen, nämlich dann, wenn wir uns, so wie in diesem Punkt, da­rüber einig sind, dass es ein Europa der Regionen gibt. Das Selbstbestimmungsrecht ist dabei wichtig, und wir sollten der Europäischen Kommission deutlich machen, dass es nicht möglich ist, quasi bei jedem Tagesordnungspunkt in einer Kommissionssitzung wiederum über einen derartigen Tagesordnungspunkt abstimmen zu lassen. Ich bin der Meinung, man sollte es dem jeweiligen Mitgliedstaat selbst überlassen, ob dieser das will oder nicht. Daher begrüße ich ganz besonders den Vorstoß unseres Bundes­ministers Berlakovich in diese Richtung.

Zum Abschluss noch ein Punkt, meine Damen und Herren: Wir in Österreich haben viel geleistet, zum Beispiel produzieren die Bauern GVO-freie Milch. Wir sind auch gerne dazu bereit, dies weiter zu tun, nur muss es dafür auch die entsprechende monetäre Abgeltung geben, denn mit scharfen Auflagen auf dem Weltmarkt zu bestehen, ist auf Dauer nicht möglich.

Daher sind alle, die österreichische Qualität haben wollen, dazu aufgerufen, diese auch entsprechend zu honorieren, denn man muss wissen, dass Qualität auch etwas kosten darf! (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Weinzinger.)

21.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt als Nächster Herr Abgeordne­ter Mag. Gaßner. 2 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


21.02.12

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Mit dem ge­meinsamen Beschluss des Parlaments im Gepäck haben Sie hervorragend verhandelt, und ich gratuliere dazu, allerdings hat es bereits im Vorfeld sehr viele Interventionen und Briefe gegeben. An dieser Stelle möchte ich auch sagen, dass dies ein typisches Beispiel dafür ist, wie die Koalition funktioniert, denn Herr Gesundheitsminister Stöger und Herr Landwirtschaftsminister Berlakovich haben das hervorragend vorbereitet und durchgezogen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dies ist ein Beweis dafür, dass es nicht stimmt, wenn man hört: Das hat Brüssel ge­tan!, und: Das kommt von der EU! (Abg. Weinzinger: Richtig!) Wenn wir uns dort dem­entsprechend einsetzen, dann gibt es auch Entscheidungen in unserem Sinn. Das ist etwas, das wir davon lernen können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Weinzinger: Richtig! Davon reden wir seit vielen Jahren!)

Vielleicht noch eine Anmerkung dazu: Ich sehe überhaupt nicht ein, dass die Europäi­sche Behörde für Lebensmittelsicherheit, die EFSA, sich anmaßt, Gutachten österrei­chischer Institute, österreichischer Wissenschafter einfach vom Tisch zu wischen. Wir haben hervorragende Leute in unserer AGES –ich konnte mich unlängst bei einem Be­such dort davon überzeugen –, und der Dialog mit der EFSA ist einfach weiterzufüh­ren!

Um noch kurz auf den Kollegen Auer zu replizieren, komme ich zum Stichwort „Milch“: Wir haben jetzt zwar eine gentechnikfreie Landwirtschaft, aber unsere Milchbauern sperren zu, weil der Milchpreis derart fällt, dass ihre Betriebe nicht mehr überleben können. Hunderte Bauern werden von den Molkereien gekündigt! (Zwischenruf des Abg. Jakob Auer.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 264

Auch dem Umstand, dass ständig die Quoten erhöht werden und daher die Mengen nicht mehr unterzubringen sind, liegt eine Entscheidung der EU-Kommission zugrun­de. – Das ist die nächste Baustelle, Herr Landwirtschaftsminister, die wir angehen müssen, und zwar raschest. Es kann nicht sein, dass wieder Hunderte Bauern ihre Be­triebe zusperren müssen! (Beifall bei der SPÖ.)

21.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Jannach zu Wort. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.04.25

Abgeordneter Harald Jannach (FPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Minister! Wir alle freuen uns, dass das Gentechnik-Anbauverbot in Österreich aufrechtgeblieben ist, und all der Jubel, den wir uns in der jetzigen Debatte anhören können, geht in Rich­tung Minister, zusammen mit einem großen Dank dafür, dass das nun endlich gelun­gen ist. – Ich frage mich allerdings Folgendes: Wenn ein Landwirtschaftsminister das nicht macht, wofür haben wir ihn dann? – Er wird ja dafür bezahlt, dass er genau die Interessen der heimischen Konsumenten und der Bauern vertritt! Das hat er zu tun! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Gaßner: Wir haben auch schon Minister gehabt, die uns ausverkauft haben!)

Ein Punkt, den Sie schon angesprochen haben – das ist etwas, was nicht geregelt wur­de –, ist die Koexistenz, weil es nichts hilft, in Österreich das Gentechnik-Anbauverbot zu haben, wenn unmittelbar jenseits der Grenze Gentechnik-Saatgut ausgesät wird, denn es gibt den Pollenflug. Das Gesundheitsministerium hat in einer Studie ganz klar festgelegt, dass Pufferzonen und das Einhalten von Abständen zu beachten sind, aber diesbezüglich ist nichts geregelt! Es gibt da keine klare Regelung, wer haftet, wenn Schäden auftreten, es gibt auch keine klare Regelung, wie entschädigt werden muss, wenn ein Schaden eintritt. – Da ist also noch viel zu tun, denn diese Regelung muss geschaffen werden, sonst bleiben diese Dinge an den Bauern hängen!

Man kann auch bemerken, dass im Bereich der Agrarpolitik ganz klar die großen Fir­men die Politik machen. Sehen wir uns beispielsweise die Firma Monsanto an! Auch diese bekommt Millionen aus den Fördermitteln der Europäischen Union, während die heimischen Bauern mit einem „Förderbettel“ abgespeist und von der AMA und damit auch vom Ministerium sozusagen bis hinein ins Schlafzimmer kontrolliert werden.

Die ÖVP und auch die SPÖ betonen immer, wie heroisch der Landwirtschaftsminister hier verhandelt hat, aber in der „Financial Times Deutschland“ vom 9. März sagt der deutsche Umweltminister Sigmar Gabriel, der übrigens ein Sozialdemokrat ist (Abg. Mag. Gaßner: Ein guter Mann!), er habe nicht für das Gentechnikverbot gestimmt, weil die Gentechnik so schädlich ist, sondern er hat für das Gentechnikverbot gestimmt, weil die FPÖ in Österreich so stark geworden ist. (Ironische Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP.)

Ich zitiere aus der „Financial Times“ (Abg. Grosz: Dazu müsste man sie aber auch le­sen können! Das nur als Einwurf! Oder gibt es auch schon die deutsche Ausgabe?), und dort können Sie alle nachlesen, wie ernst die Politiker der anderen Parteien das Erstarken der FPÖ in Österreich nehmen. Folgendes hat Umweltminister Sigmar Gab­riel gesagt:

Gabriel lehnte es ab, Österreich und Ungarn zur Aufhebung ihres Genmais-Verbots zu zwingen. Ein entsprechender Antrag der EU-Kommission schüre dort – nämlich in Ös­terreich – europafeindliche Stimmungen, sagte Gabriel. Der Erfolg – und ich zitiere – den die FPÖ mit ihrer EU-Kritik erzielt hat, sei ausschlaggebend für sein Votum gewe­sen. – Alles andere war eine Lüge! (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 265

Hier hat nicht der Minister verhandelt, sondern wir sehen, dass die FPÖ aus der Oppo­sition heraus auch sehr, sehr viel für die Interessen der heimischen Landwirte und der Konsumenten machen kann. (Beifall bei der FPÖ.)

21.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Huber zu Wort. Gewünschte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


21.07.45

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Hohes Haus! Die Abstimmung in Brüssel in Ehren, aber die Doppelzüngigkeit dieser Bundesregierung, diese Irreführung der Bevölkerung und der Landwirte muss sofort abgestellt werden!

Gestern hat die EU den Anbau von gentechnisch verändertem Raps der Sorte T45 zu­gelassen, da ist sie wieder vor dem Konzern Bayer in die Knie gegangen, und das ist ein Skandal!

Solange wir in Österreich 600 000 Tonnen gentechnisch veränderte Futtermittel impor­tieren und somit quasi auf die Teller der Bevölkerung bringen, ist der Herr Bundesmi­nister zu dringenden Taten aufgefordert! (Beifall beim BZÖ.)

21.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pirkl­huber. 4 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


21.08.43

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Ja, es ist ein echter Freudentag! Frau Präsidentin, Sie haben, glaube ich, damals als zustän­dige Konsumentenschutzministerin im Jahre 1999 ... (Präsidentin Mag. Prammer: 1997!) – 1997, ich erinnere mich, richtigerweise das erste Verbotsgesetz im Maisbe­reich verord­net. Das war schon vor sehr langer Zeit, und man sieht, dass diese Politik eine Erfolgs­geschichte ist für Österreich, für die österreichischen Regionen und vor allem für die österreichischen Konsumentinnen und Konsumenten und Bäuerinnen und Bauern.

Meine Damen und Herren! Man sieht an diesem Thema aber auch, dass es ein inter­nationaler Dauerbrenner ist – der Kollege Auer hat zu Recht einige Facetten dieser Auseinandersetzung angesprochen. Diese Auseinandersetzung wird ja nicht nur in Parlamenten oder zwischen verschiedenen Konzernen geführt, sondern das ist eine politische Debatte, die an die Substanz des globalen Warenhandels und der globalen Schutzmöglichkeiten überhaupt geht.

Ich erinnere daran: Das WTO-Panel zur Gentechnik war überhaupt der umfangreichste „Strafprozess“ – unter Anführungszeichen –, den die Kommission abzuwickeln hatte, und das Panel umfasste damals mehr als 1 000 Seiten.

Ich finde schon, dass man bei so einer Erfolgsgeschichte auch alle Väter und Mütter dieses Erfolges an diesem Tag ernsthaft würdigen soll, und ich finde es auch wirklich angemessen, das österreichische Parlament hier einmal in das Rampenlicht zu rücken:

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es sind wir hier, die wesentlich dazu beigetragen ha­ben, einerseits mit den Ministern, mit den Ministerinnen diese Diskussion zu führen, ih­nen eventuell den Rücken zu stärken oder auch konkret kritische Anmerkungen zu ma­chen, Ergänzungen zu machen und Diskussionen zu führen. Das ist ein Zeichen dafür, dass gelebter Parlamentarismus – auch wenn es sozusagen manchmal mühsam ist in den Ausschüssen, mit den Expertinnen und Experten – ergebnisorientiert, wenn dieser Prozess so diskutiert und geführt wird, auch zu Erfolgen führt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 266

Gleichzeitig – und das ist eben die andere Seite – sind die Zivilgesellschaft, die NGOs, die Umweltorganisationen, werte Kolleginnen und Kollegen, die erfolgreichsten Um­weltbewegungen in Europa und weltweit! Von Vandana Shiva in Indien über eben Percy Schmeiser, einen kanadischer Bauer in Kanada, bis hin zu José Bovet in Frank­reich, und natürlich auch die österreichischen Bäuerinnen und Bauern gemeinsam mit den KonsumentInnen, die an ... (Die Abgeordneten Mag. Gaßner, Mag. Widmann und Tadler: Bis hin zum Pirklbauer!)

Gerne, Herr Kollege Gaßner. Wir sehen uns in diesem Netzwerk alle als wichtige Schnittstellenmultiplikatoren, und das sind wir zweifelsfrei als Politikerinnen und Politi­ker. Insofern ist es sehr begrüßenswert, wenn ein Obmann der oberösterreichischen Raiffeisengenossenschaft in diesem Punkt auch klar sagt: Ja, das ist wichtig, denn das ist ein Schutz für unsere Möglichkeiten der Lebensmittelproduktion! – Bei aller Kritik, Kollege Jannach, die man immer wieder in Details, in vielen Facetten – und ich könnte eine ganz lange Liste aufzählen – anbringen kann, sollte man auch diese Punkte nicht übersehen. Es ist wichtig, dass große Handelsfirmen, wie zum Beispiel SPAR, BILLA und alle anderen Ketten auch, diese Gentechnikfreiheit genauso in ihren Regalen wol­len wie die KonsumentInnen, wie die Umweltorganisationen und so weiter.

Wie gesagt, Herr Bundesminister, danke für Ihre Bemühungen in diesem Bereich. Jetzt ginge es darum, die weitere Strategie offenzulegen und klarzulegen. Da würde ich Sie ersuchen: Vergessen Sie nicht auf die Regionen in Europa! Stärken Sie das regionale Netzwerk der gentechnikfreien Regionen! Stärken Sie, wie es in unserem gemeinsa­men Antrag drinnen steht, die kritische Risikoforschung! Das ist der Hebel, um langfris­tig unsere Strategie abzusichern. Die sollten wir jetzt auch budgetär durchkämpfen, be­decken – wir werden die Budgetverhandlungen im Haus haben. Und versuchen wir auch, den Ausbau der gentechnikfreien Produktion in anderen Bereichen, zum Beispiel im Fleischbereich, nicht nur im Milchbereich, in Österreich offensiv anzugehen! Darum würde ich Sie ersuchen. Und es ist wirklich ein Freudentag heute. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


21.13.11

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Zum Ersten möchte ich mich für die Glückwünsche anlässlich des Beschlusses des Umweltministerrates recht herzlich bedanken. Es war wirklich so, dass wenige oder fast niemand erwartet hat, dass wir uns im Umweltminis­terrat durchsetzen werden. Es haben viele Medien gesagt, jetzt, beim vierten Mal, wo ein Antrag der Kommission auf Aufhebung unserer Anbauverbote vorliegt, wird man das Verbot kippen, Österreich wird keine Mehrheit finden.

Es war wirklich so, dass der Antrag der Kommission gekommen ist und – Sie wissen ja, man braucht eine qualifizierte Mehrheit von 74 Prozent der Stimmen der Mitglied­staaten – wir von den 345 Stimmen 150 Stimmen hatten, mit Ungarn, Frankreich und Griechenland als Partner von Anfang an, also nicht einmal die Hälfte der Stimmen. Es hat ein großes Lobbying für Österreichs Interessen eingesetzt – ich habe selbst mit sehr vielen Ministerinnen- und Ministerkollegen in Europa gesprochen, um sie für uns zu gewinnen; aber auch auf Botschafterebene, auf Beamtenebene. Auch politische Kollegen, Gesundheitsminister Stöger und viele andere waren hier im Einsatz.

Der springende Punkt war der, dass uns Deutschland bisher immer unterstützt hat, diesmal jedoch nicht. In Deutschland gehen die Meinungen in der Bundesregierung


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auseinander: Es ist beispielsweise der Umweltminister für uns, die deutsche Landwirt­schaftsministerin für uns, aber Teile der deutschen Bundesregierung sind für die Gen­technik und in diesem Fall gegen uns. Deutschland hat gesagt, es enthält sich diesmal der Stimme, und damit war ein entscheidender Partner weg, sodass ich am Montag in die Sitzung des Umweltministerrates wohl bereits mit einer einfachen Mehrheit gegan­gen bin, wir aber weit weg waren von der qualifizierten Dreiviertel-Mehrheit, also den 74 Prozent.

Ich konnte dort dann noch in der Sitzung – und jeder, der in Sitzungen war, wäre be­geistert gewesen von der Dynamik, die dort geherrscht hat, weil man dort selbst noch viel bewegen konnte – den deutschen Umweltminister dafür gewinnen, der natürlich hier in einer schwierigen Position war; wie gesagt, die deutsche Bundesregierung ver­trat einen nicht einheitlichen Standpunkt. Seine Motive seien dahingestellt, welche auch immer es waren. Was die „Financial Times“ schreibt: Cui bono? – Wenn es der Sache nützt, soll es mir recht sein.

Jedenfalls war es dann so, dass wir in der Sitzung selbst in einer enormen Dynamik dann eine derartig hohe Zustimmung bekommen haben wie noch nie, nämlich im Fall einer Maissorte eine 82-prozentige Zustimmung und im Fall der zweiten Maissorte so­gar eine 85-prozentige Zustimmung. Rumänien beispielsweise hat von Anfang an ge­sagt, im Fall einer Maissorte unterstützen sie uns, im anderen Fall nicht. Auch die sind dann noch auf unsere Seite gekommen. Es war also wirklich einzigartig und toll.

Sie können mir glauben, jeder von uns, der in der Politik ist, freut sich über derartige Erfolge, weil man sieht, dass man gestalten kann, wenn man kämpft bis zuletzt. Es muss nicht immer gut gehen, aber in diesem Fall ist es gut gegangen. Als relativ neuen Minister in dieser Funktion freut mich das besonders, weil hier wirklich etwas gelungen ist, nämlich auch in europapolitischer Hinsicht: dass Europa nicht über die Interessen eines kleinen Landes drübergefahren ist, sondern dass dort sehr viele Staaten gesagt haben, ja, sie verstehen unseren Standpunkt, Österreich – es war ja Ungarn auch be­troffen mit dem Anbauverbot einer GVO-Sorte – will gentechnikfrei bleiben, hat das ge­schafft, und wir akzeptieren das. Es hat beispielsweise Holland von Anfang an gesagt, sie unterstützen uns nicht, aber sie verstehen, dass Österreich einen anderen Weg ge­hen will.

Daher die Konsequenz aus dieser Sache: Wir ruhen uns nicht auf den Lorbeeren aus, indem wir sagen, wir haben etwas erreicht. Es ist ja so, dass die Kommission jederzeit einen neuen Antrag auf Aufhebung der Anbauverbote der GVO-Sorten stellen kann. Es haben daher zuletzt auch Bundeskanzler und Vizekanzler die Gelegenheit genutzt, als Kommissionspräsident Barroso in Wien war, ihm mitzuteilen, dass letztlich auch die Kommission zur Kenntnis nehmen muss: Wenn eine derart überwältigende Mehrheit – über 85 Prozent der Stimmen, 23 Staaten von 27 EU-Staaten – sagt, Österreich soll das Anbauverbot beibehalten dürfen, dann ist das schon ein starkes Signal. Das muss die Kommission auch zur Kenntnis nehmen. Wir werden aber das Eisen schmieden, solange es heiß ist, und auch jenen Staaten, die auf Gentechnik setzen, wie beispiels­weise Spanien, sagen, es soll ein Selbstbestimmungsrecht der Nationalstaaten betref­fend ein Anbauverbot, ja oder nein, geben.

Daher bemühe ich mich seit dieser Abstimmung um eine Allianz der gleichgesinnten Länder, nämlich Staaten zu uns, zu Österreich, ins Boot zu holen, um zukünftig der Kommission zu sagen, sie muss ihre Rechtsmaterie ändern. Der Ablauf ist derart, dass ich im nächsten Umweltministerrat diese Allianz vorbringen will, und es muss dann die Kommission selbst ihr Regelwerk ändern, um eben zu ermöglichen, dass jeder Staat in dieser Frage selbst bestimmen kann; damit verbunden auch eine verschärfte Risikobe­wertung und, und, und.


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Richtig ist – das ist auch erklärtes Ziel der Bundesregierung –, dass wir im Anbau gen­technikfrei bleiben. Auch als Agrarvertreter sehe ich keinen Vorteil für unsere heimi­sche Landwirtschaft in einem Gentechnikanbau. Wichtig ist aber, dass der Konsument das honoriert! Ich war jetzt in vielen Bundesländern unterwegs: Die „Kärntner Milch“ beispielsweise produziert Milch, wo ein Pickerl „gentechnikfrei“ drauf ist. Und wichtig ist, dass der Konsument das auch honoriert! Das wäre dann nur konsequent, denn es kann nicht sein, dass die Bauern Auflagen haben, dass wir gentechnisch nicht verän­derte Futtermittel einsetzen – das ist ja auch viel teurer in der Produktion – und dass dann der Konsument die Partnerschaft versagt. Ich rede jetzt nicht einem Gentechnik­anbau das Wort, überhaupt nicht, sondern nur der Fairness. Die Gesellschaft ist in Ös­terreich in überwiegender Mehrzahl gegen die Gentechnik im Anbau, aber das sollte sich dann auch im Kaufverhalten widerspiegeln, als klares Signal. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Dr. Pirklhuber und Mag. Darmann.)

Natürlich ist es ein Ziel, dass wir so viel an Futtermitteln, an gentechnikfreien Futtermit­teln im eigenen Land zur Verfügung stellen. Ein Aspekt bei der Biospritproduktion wäre ja die Zurverfügungstellung von Protein- oder Eiweißfuttermitteln – klare Sache! Das ist ein Ziel.

Die Frage der Koexistenz – weil sie hier angesprochen wurde – war nicht Gegenstand des Umweltministerrates, aber Tatsache ist, dass wir auch ein Sicherheitsnetz einge­baut haben, nämlich in den Bundesländern durch die Gentechnikvorsorgegesetze, wo es auch um Haftungsfragen geht. Um diese geht es im Übrigen auch im gerade be­schlossenen Bundes-Umwelthaftungsgesetz, wo auch Fragen der Haftung bei der Gentechnik im Sinne einer Koexistenz geregelt werden müssen. Sie wissen, Österreich war immer skeptisch gegenüber der Koexistenz, also dass es neben der biologischen und der konventionellen Landwirtschaft auch eine GVO-Landwirtschaft geben soll. In der Praxis ist das für eine kleinstrukturierte Landwirtschaft, wie wir sie in Österreich ha­ben, schwer durchführbar bis undurchführbar, und natürlich in Grenznähe für Bauern problematisch. Die dürfen dort nicht übrigbleiben, sondern da sehen viele Gesetze vor, dass es dann Haftungen gibt, wo der Staat einspringt – bevor dieser Bauer in einem Nachbarstaat sein Recht einklagt, was man niemandem zumuten kann.

Da sind noch viele Fragen offen. Sie können versichert sein, dass ich überall, wo es geht, dafür kämpfe, dass Österreich im Anbau gentechnikfrei bleiben soll und wird, weil wir das eigentlich als großen Vorteil und große Chance für unsere Landwirtschaft und für die große Mehrheit der Bevölkerung in Österreich sehen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Höllerer zu Wort. 2 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


21.20.57

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Ja, es ist heute schon angeklungen: Ein Erfolg hat viele Väter, und ein Erfolg hat auch viele Mütter. So soll es auch sein. Irgendwie haben wir alle im Parlament da­zu beigetragen, indem wir unterstützend tätig waren, dass dieser Erfolg, der am 2. März bei der Abstimmung im EU-Umweltministerrat errungen werden konnte, tat­sächlich so deutlich ausgefallen ist.

Ich möchte mich aber an dieser Stelle auch ganz herzlich bei unserem Bundesminister Berlakovich bedanken, denn er hat sich wirklich vehement eingesetzt. Ich denke, die Schilderung, wie es in dieser Sitzung zugegangen ist und wie man bis zuletzt nicht wusste, wie die Mehrheiten tatsächlich ausfallen werden, hat schon gezeigt, dass Überzeugungsarbeit notwendig war, dass gute Argumente notwendig waren, um die­sen Erfolg erringen zu können.


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Es hat aber auch bewiesen, dass auch Einzelinteressen von kleineren Staaten akzep­tiert werden, wenn man sie mit guten Argumenten versehen vorbringt. Es gefällt mir natürlich auch sehr gut, dass dieses Schmieden von Allianzen angegangen wird. Es ist schon etwas sehr Ambitioniertes, Staaten zu finden, die vielleicht sogar im eigenen Land gentechnikveränderte Konstrukte anbauen, sich aber trotzdem dazu bekennen, dass die Selbstbestimmung der Nationalstaaten in Bezug auf den Anbau von gentech­nikverändertem Saatgut eingerichtet beziehungsweise aufrechterhalten werden soll.

Gerade weil wir wissen, dass der EU-Kommissionspräsident, als er jetzt in Österreich darauf angesprochen wurde, wie er dieses Ansinnen sieht, sehr kryptisch geantwortet hat, er müsse zuerst einmal schauen, wie sich die Lage entwickelt, bevor er etwas da­zu sagt, müssen wir darauf drängen, dass dieser Weg mit Vehemenz verfolgt werden muss – im Sinne der österreichischen Landwirtschaft und vor allem auch im Sinne der österreichischen Konsumentinnen und Konsumenten. Wir hoffen, dass viele Länder bereit sind, diesen Weg mit Österreich mitzugehen.

Ich wünsche Herrn Bundesminister Berlakovich sehr viel Erfolg, dass es ihm gelingen mag, diese Allianzen zu schmieden, damit auch weiterhin das Verbot des Anbaues von gentechnikveränderten Konstrukten in Österreich aufrechterhalten werden kann. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schön­pass. 2 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


21.23.35

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Ja, 80 Prozent der Bevölkerung sprechen sich gegen gentechnisch manipulierte Lebensmittel aus. Gentechnisch veränderte Pflanzen haben bislang keinen positiven Beitrag zur Entschärfung der Hungersituation leisten können. Stattdessen verspricht eine moderne und nachhaltige Landwirtschaft auf Dauer größere Ernten, zerstört keine natürlichen Ressourcen und ermöglicht durch stabilere Preise weltweit eine Existenz­grundlage für die Bauern.

Die Gentechnik forciert den Chemieeinsatz auf den Feldern, bringt keine höheren Er­träge und leistet einer industriellen und monokulturellen Landwirtschaft Vorschub. Un­sere Bevölkerung will keine gentechnisch veränderten Pflanzen und Lebensmittel.

Ich freue mich daher und gratuliere neben Herrn Umweltminister Berlakovich insbeson­dere auch unserem Gesundheitsminister Stöger sowie seinen Experten, denen es ge­meinsam in zähen Verhandlungen und durch Lobbying gelungen ist, den Antrag der Kommission auf Aufhebung der österreichischen Anbauverbote für die Gentechnik-Maislinien abzuwehren.

Mit dem heutigen Fünfparteienantrag wird der österreichweite, parteiübergreifende, ge­schlossene Widerstand gegen Gentechnik auf dem Feld und auf den Tellern fortge­setzt. Herr Minister, Sie sind weiter gefordert! (Beifall bei der SPÖ.)

21.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die folgenden Rednerinnen und Redner haben sich alle eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 2 Minuten gesetzt. Daher werde ich diese auch nicht mehr extra erwähnen.

Es gelangt nun Herr Abgeordneter Mayer zu Wort. – Bitte.

 


21.25.33

Abgeordneter Peter Mayer (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminis­ter! Hohes Haus! Ich kenne keinen österreichischen Landwirt, der irgendwo auf einer


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 270

Wunschliste stehen hat, dass er gentechnisch verändertes Saatgut auf seinen Feldern anbauen will; ebenso keinen, der von dessen Notwendigkeit überzeugt wäre – ganz zu schweigen von der Sicht der Konsumenten, die das ja, wie wir eben gehört haben, auch nicht wollen. Daher ist es mir völlig unverständlich, dass immer wieder Konzerne versuchen, und zwar mit allen Mitteln, mit GVO-verändertem Saatgut auf den österrei­chischen Markt zu drängen. In diesem Zusammenhang darf ich unserem Bundesminis­ter recht herzlich zu dem kürzlich in dieser Frage auf EU-Ebene erreichten Erfolg gratu­lieren.

Die österreichischen Bauern praktizieren eine ehrliche und eine transparente Lebens­mittelproduktion. Wenn hier gefordert wird, dass wir mehr ausgelobte Lebensmittel ha­ben wollen, die eben gentechnikfrei produziert worden sind, dann ist das nur ein gutes Recht, und unsere Bauern werden dem auch nachkommen. Es gibt ja viele erfolgrei­che Projekte. Ich erwähne da nur etwa den Biosektor. Da kann man von Haus aus da­von ausgehen, dass da gentechnikfrei gearbeitet wird, das ist doch sonnenklar.

Aber gerade diese Mehrleistungen, die hier gefordert worden sind oder gefordert wer­den – die Mehrleistungen bei der Kontrolle, bei der Deklaration oder eben in der Pro­duktion –, werden momentan vom Markt nicht honoriert. Wenn wir von einer Abgeltung der Mehrleistung sprechen, dann sind wir ganz schnell wieder bei einer Lebensmittel­preisdiskussion angekommen, die ich hier aber nicht gezielt anziehen will. Aber es geht doch darum, die Leistungen der österreichischen Bauern abzugelten.

Vielleicht noch einige Beispiele, die ich anführen möchte, wo gentechnikfreie Lebens­mittel zu haben sind: nicht nur auf dem Milchsektor, auf dem Biosektor, sondern es gibt auch ein anderes positives Beispiel, nämlich McDonald’s Österreich. McDonald’s Österreich kann garantieren ... (Abg. Dr. Pirklhuber: Für Firmen würde ich keine Wer­bung machen!) – Es ist nur ein Beispiel. Okay. (Abg. Dr. Lichtenecker: Oder Burger King!) – Der macht das eben nicht!

Das Beispiel zeigt daher Folgendes: McDonald’s Österreich garantiert durch das AMA-Gütesiegel ein Rindfleisch von Tieren, die in Österreich geboren, gefüttert, gehalten und geschlachtet wurden. Und er setzt noch eins drauf: Dass das Fleisch von mit gen­technikfreien Futtermitteln gefütterten Kühen stammt, kann er auch garantieren. – Das geht aber nur in Österreich, weil die Bauern mit ihren Organisationen eine dementspre­chende Vorleistung erbracht haben. In Deutschland kann McDonald’s das nicht ma­chen, weil dort eben die Strukturen nicht stimmen. Das ist doch eine Rechtfertigung für höhere Preise für österreichische Lebensmittel! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aber nochmals zurück zum Antrag: Es ist ein sehr sinnvoller Antrag, den es geht da­rum, unsere Wünsche ... (Abg. Riepl: Wie ist das beim Cheeseburger?) – Gentechnik­freie Milch, gentechnikfreier Käse! – Alles klar.

Es geht hier also um einen sinnvollen Antrag, und ich hoffe auf eine breite Unterstüt­zung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Schopf zu Wort. – Bitte.

 


21.28.38

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Dieses Thema ist vor allem für den ländlichen Raum ein sehr wichtiges. Natürlich wissen wir, dass zirka 80 Prozent der Bevölkerung hier unse­re Auffassung vertreten, aber im ländlichen Bereich, so denke ich, sind es 99 oder fast 100 Prozent. Die Menschen lehnen also gentechnisch manipulierte Pflanzen, gentech­nisch veränderte Lebensmittel ganz massiv ab. Und ich denke – und wir sind uns da


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Gott sei Dank einig –, dass die diesbezügliche Entscheidung der Europäischen Kom­mission eine richtige und eine wichtige ist.

Ich richte an dieser Stelle einen Dank an den Umwelt- und Landwirtschaftsminister, aber auch einen Dank an den Gesundheitsminister Alois Stöger. Sie beide haben da mit ihren Expertinnen und Experten eine hervorragende gemeinsame Arbeit geleistet.

Meine Damen und Herren! Diese Entscheidung war auch wirtschaftspolitisch für sehr viele Regionen von größter Bedeutung. Sie war nicht nur für die Bauern, nicht nur für die Konsumenten, sondern, so denke ich, auch im Bereich des Fremdenverkehrs ein ganz wichtiger Punkt.

Ich denke, wir sollten unsere gentechnikfreien Zonen auch massiv in der Werbung, insbesondere was unseren Tourismus betrifft, einsetzen. (Abg. Mag. Gaßner: Für das Mühlviertel!) Ja, für das Mühlviertel ist das ganz besonders wichtig. Das Mühlviertel
ist zu 100 Prozent eine gentechnikfreie Zone, die Bevölkerung steht dafür ein. Das müssen wir ordentlich für den Tourismus ausschlachten.
(Beifall der Abgeordneten Mag. Gaßner und Prinz.)

Meine Damen und Herren, trotz dieses Erfolgs auf europäischer Ebene dürfen wir die Hände nicht in den Schoß legen. Wir müssen noch andere Länder und Regionen in Europa davon überzeugen, dass unser Weg der richtige ist. Es ist der richtige Weg im ökologischen, aber auch im ökonomischen Sinn. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Eßl zu Wort. – Bitte.

 


21.30.52

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir beschließen heute einen Antrag, mit dem wir die Gentechnikanbauverbote, gegen die sich die EU ausspricht, bewahren wollen. Gott sei Dank ist es unserem Minister gelungen, die europäischen Länder davon zu überzeugen. (Beifall bei der ÖVP.)

In diesem Antrag ist auch ein Selbstbestimmungsrecht der Regionen Europas auf gen­technikfreie Landwirtschaft mitverankert. Ich glaube, da gibt es in Zukunft doch noch einiges zu tun, um etwas zu bewegen, damit wir das in Europa auch festigen können.

Österreich ist gentechnikfrei, und Österreich wird gentechnikfrei bleiben. Dieser Fünf-Parteien-Antrag wird das Seine dazu tun. Die Europäische Kommission hat mehrmals versucht, diese Anbauverbote entsprechend auszuhebeln, aber Gott sei Dank ist es gelungen, das zu verhindern. Ich darf mich bei Bundesminister Berlakovich dafür be­danken, dass er den Kampf um Selbstbestimmung aufgenommen hat, die anderen europäischen Länder überzeugt hat und letztendlich auch eine Mehrheit nach Hause gebracht hat.

Die ÖVP ist einen konsequenten Weg gegangen, und zwar nicht den der Konfronta­tion, sondern jenen, Verbündete zu suchen. Der jetzige Vizekanzler Pröll hat bereits mit einer großen Gentechnikkonferenz in Österreich begonnen, Niki Berlakovich hat das entsprechend fortgesetzt.

Österreichs Bauern, das darf ich auch mit Stolz sagen, wirtschaften im Einklang mit der Natur und sind sicherlich Vorreiter in ganz Europa, ja beinahe weltweit, sage ich jetzt einmal. Aber gentechnikfrei wirtschaften allein genügt nicht, wir brauchen natürlich eine Gegenleistung dafür. Gentechnikfrei wirtschaften bedeutet höhere Kosten, und die Konsumenten stimmen im Supermarkt darüber ab, ob die Bauern sich das leisten kön-


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nen oder nicht. Ich darf also den Appell an die Konsumenten richten, das auch entspre­chend zu honorieren, dann werden sie in Zukunft auch genau jenes Produkt erhalten, das sie sich wünschen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

21.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Bayr gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.33.24

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Ich denke, dieser Fünf-Parteien-Antrag spiegelt den breiten Konsens wider, den es in der österreichischen Bevölkerung in der Ablehnung von gentechnisch manipulierten Organismen auf dem Feld und auf dem Teller gibt. Drei Gedanken dazu:

Erstens: Es ist demokratiepolitisch in der Tat bedenklich, dass die Europäische Kom­mission offensichtlich hergehen und einen Sachverhalt – die Abschaffung des Anbau­verbotes von GMOs in Österreich – immer und immer wieder abstimmen lassen kann – so lange, bis dann möglicherweise das Ergebnis passt; ein Ergebnis, das nur uns nicht passt. Ich denke, dass in der Frage der nationalen Selbstbestimmung und der Spielre­geln, wie man zu einer politischen Meinung kommt, wirklich etwas zu tun ist – dringend zu tun ist!

Zum Zweiten halte ich es auch für problematisch, wie das Zulassungsverfahren in der EFSA jetzt funktioniert. Es gibt ganz klar wissenschaftliche Mängel im Verfahren, es gibt keine seriöse Risikobewertung von GMOs, und es werden dort Unbedenklichkeits­erklärungen abgeliefert, die offensichtlich nicht einmal das Papier wert sind, auf dem sie gedruckt sind. Österreich kann seinen Kampf um das Verweigern des Anbaus die­ser GMOs vor allem gegenüber der WTO nur dann gewinnen, wenn es entsprechend gute, wissenschaftlich fundierte Argumente gibt.

Somit bin ich beim dritten Punkt. Es wird notwendig sein, weiterhin technikkritische For­schung und Risikoforschung zu betreiben, und ich bin froh, dass es dafür weiterhin Geld im Ausmaß von 300 000 € gibt. Das ist nicht viel, aber es ist zumindest so viel, dass man weiter gewährleisten kann, dass geforscht wird.

Einen Schulterschluss in solchen Fragen zwischen Politik und Bevölkerung würde ich mir in vielen anderen Themen auch wünschen. – Danke sehr. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Hörl gelangt nun zu Wort. – Bitte. (Zwischenrufe beim BZÖ. – Abg. Hörl – auf dem Weg zum Rednerpult –: Auch Gefallene kommen wieder auf die Füße!)

 


21.35.18

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Wir unter­stützen Sie heute bei der Beibehaltung des Anbauverbotes für Gentechnik. Ich darf Ih­nen auch noch einmal zu Ihrem Erfolg in Brüssel gratulieren. Dieser Erfolg war auch ein Zeichen für ein Europa der Regionen, das wir uns alle innerhalb der Europäischen Union so sehr wünschen. Ich glaube, das war auch eine Absage an den Zentralismus und an das Drüberfahren der Kommission.

Ich finde auch, es ist eine bedenkliche Entwicklung, wenn immer wieder abgestimmt wird und wir immer wieder herausgefordert werden, und ich bitte Sie, Herr Bundesmi­nister, dafür zu sorgen, dass diese Entscheidung in Zukunft wieder auf nationaler Ebe­ne gefällt werden kann.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 273

Österreich, die österreichische Landwirtschaft versucht, mit biologischem Landbau, der international einen sehr hohen Stellenwert hat, einen Mehrwert bei den Lebensmitteln an die Kunden zu bringen. „Ja, natürlich!“-Genussregionen, Alm- und Bergkäse oder – wie in meiner Heimat – die silofreie Zillertaler Heumilch sind Produkte von vitalen Tie­ren, von saftigen Wiesen, gesunder Luft, bunten Almen, aus traumhafter Landschaft. In dieses Umfeld passt keine Gentechnik. Gentechnik passt auch nicht zum Tourismus, der von unserer wunderschönen Landschaft abhängig ist.

Im Tourismus tun wir auch sehr viel für den Naturschutz. Gerade in meinem Bezirk, im Bezirk Schwaz, dem zweitgrößten Tourismusbezirk in diesem Land – 8,2 Millionen Nächtigungen; die Bundeshauptstadt bringt gerade 10 Millionen zusammen –, haben wir eine Kläranlage, die von der italienischen Grenze, aus den zentralen Alpen bis an den Karwendel, an die deutsche Grenze reicht. Wir haben es damit geschafft, dass un­sere Bäche Trinkwasserqualität haben. 35 Prozent unserer Fläche sind Schutzgebie­te. – Und das alles machen wir freiwillig, weil es unsere Heimat ist und wir unsere Hei­mat lieben. Wir brauchen dafür keine Regelungen.

Frau Mag. Brunner, ich wollte Ihnen das schon in der Debatte zum vorangegangenen Punkt sagen: Ihre Geisteshaltung, hinter jedem Bauern, hinter jedem Unternehmer einen potentiellen Umweltsünder, einen potentiellen Umweltverbrecher zu sehen, ist entbehrlich! Wir machen das freiwillig. Wir tun es für unsere Heimat, denn wir lieben unsere Heimat. (Beifall bei der ÖVP.)

21.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Faul gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.37.38

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Lieber Kollege Jannach, gut, dass du wieder da bist. Ich wollte dich fragen, wie das ist, wenn die AMA bei dir zu Hause das genfreie Schlafzimmer kontrolliert. Das würde mich wirk­lich interessieren. Aber wenn es dazu führt, dass du am nächsten Tag klarer denken kannst, dann soll es mir recht sein, wenn die AMA das kontrolliert.

Sehr verehrte Damen und Herren! Herr Bundesminister! Man darf das nicht herunter­spielen: Es ist eine gewaltige Leistung, nicht nur gegen die Europäische Union anzutre­ten, sondern vor allem gegen den Lobbyismus, der dahintersteckt. Kollege Gaßner und Kollegin Bayr haben auch die EFSA angesprochen und gemeint, es sei alles ein biss­chen durchseucht und durchsetzt.

Ich persönlich, Herr Minister, halte von diesen Korridoren nichts – das, weil ich die Jus­tizministerin gerade im Blick habe, wäre ein Fall für einen permanenten Einsatz der Justiz –, sondern ich glaube, man müsste Europa davon überzeugen, an einem ge­meinsamen Strang zu ziehen.

Lieber Kollege Auer, ich darf dir sagen: Meine jungen Konsumenten sind sehr bewusst. Sie kaufen gerne Bio, und sie würden auch gerne gentechnikfrei kaufen. Ich glaube, ihr müsst noch etwas dazu tun und gerade diese Produkte besonders bewerben. (Beifall bei der SPÖ.)

21.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mu­chitsch. – Bitte.

 


21.38.54

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Unserem Landwirtschaftsminister ist es


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in Zusammenarbeit mit unserem Gesundheitsminister und der Bundesregierung gelun­gen, auf EU-Ebene die Beibehaltung der österreichischen Gentechnikanbauverbote aufrechtzuerhalten. – Recht herzlichen Dank dafür, herzliche Gratulation!

Es ist auch richtig und gut, dass es einen Fünf-Parteien-Antrag gibt, welcher die Bun­desregierung auffordert, weiterhin gegen die Zulassung von Gentechnik in der Land­wirtschaft auf EU-Ebene aufzutreten. Ziel muss es sein, eine gentechnikfreie Landwirt­schaft in Europa zu erreichen, und so gilt es, auch in Zukunft über die Parteigrenzen hinweg die Kräfte zu bündeln.

Aber nicht nur auf europäischer Ebene, sondern auch auf nationaler Ebene gilt es, Ver­änderungen in der Landwirtschaft anzustreben und zuzulassen – Veränderungen, wel­che vor allem unseren kleinstrukturierten Landwirtschaftsbetrieben und Bauern in ihren Einkommen und ihrer Existenz das Weiterbestehen ermöglichen.

Es gibt Herausforderungen und unterschiedliche Interessen zwischen unseren Klein­bauern und Massentierproduktionsstätten – Herausforderungen, die ich als neues Mit­glied im Landwirtschaftsausschuss gerne diskutieren möchte. (Abg. Ing. Westentha­ler: Alles, nur keine Schärfung! Schärfen schaut anders aus!)

Strukturwandel hin und her, Herr Westenthaler, den Entwicklungen auf dem europäi­schen Markt zum Trotz, meine sehr geehrten Damen und Herren – wir haben in Öster­reich auch eine Verantwortung jenen Menschen gegenüber, welche dem bestehenden System leider zum Opfer fallen, indem sie ihre kleinen Betriebe schließen müssen. Vielleicht gelingt es uns gemeinsam, dass dort, wo zum Beispiel bis dato Österreich draufsteht, in Zukunft auch wirklich Österreich drin ist; das heißt nicht nur in der Verar­beitung von Produkten, sondern auch in dem Produkt, das ausschließlich aus Öster­reich kommen soll und in dem auch Zutaten aus Österreich drin sind. Das ist nicht im­mer so. Das heißt, auf Steirisch gesagt: Wo steirischer Speck draufsteht, soll auch ein steirisches Schwein drin sein. Oder, anders gesagt: Wo Tiroler Speck draufsteht, soll zumindest ein österreichisches Schwein drin sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir dürfen in Zukunft unseren Konsumenten in dieser Angelegenheit nichts vorgaukeln. Es gilt, daran zu arbeiten, dass dort, wo Ös­terreich draufsteht, auch wirklich Österreich drin ist. Sehr geehrter Herr Landwirt­schaftsminister, ich freue mich vorweg im Interesse der österreichischen Landwirt­schaft und der österreichischen Bauern auf die Zusammenarbeit im Landwirtschafts­ausschuss. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Sacher gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.41.40

Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Ich darf offensichtlich als letzter Redner diese Ode an die Freude über die Einhelligkeit abschließen. Diese Einhelligkeit ist erfreulich, insbesondere innerhalb der Regierungskoalition, der schon – in der Person der beiden Minister – ausgiebig ge­dankt worden ist, darüber hinaus aber auch die Einbindung und Zustimmung der Oppo­sition. Die Konstruktivität, die da zum Vorschein tritt, wäre für andere Bereiche äußerst wünschenswert. Dann würde die österreichische Politik sowohl innerhalb als auch außerhalb unseres Landes höheres Ansehen genießen.

Hohes Haus! Erfreulich ist diese Gemeinsamkeit umso mehr, als sie nicht immer gege­ben war. Gut, dass da einige ihre Ansichten auch in den Bundesländern zum Positiven geändert haben. Ich erinnere mich zum Beispiel an die Haltung der ÖVP im Landtag in Niederösterreich, als Sie sich gegen ein gentechnikfreies Niederösterreich ausge­sprochen haben. Damals war die ÖVP ablehnend. Es hat mehrere Jahre gedauert, bis


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in Niederösterreich ein gemeinsames Gentechnikvorsorgegesetz zustande gekommen ist. Auch andere Parteien wie die FPÖ oder die Grünen sind in den letzten Jahren auf einen fahrenden Zug aufgesprungen.

Zurück zur Sache: Österreich wird sich in der EU für das Selbstbestimmungsrecht der Regionen stark machen und einsetzen. Ich komme auch aus einer solchen Region, die mit Produkten höchster Qualität aufwarten kann, aus einer Region mit hervorragendem Obst- und Weinbau von höchster Qualität. Ich möchte daher noch einen Aspekt in die Diskussion einbringen: Ich verstehe diesen heutigen gemeinsamen Beschluss auch als einen Bildungsauftrag an das Bildungswesen im Landwirtschaftsbereich, an die Schulen, an die landwirtschaftlichen Schulen, an die Obst- und Weinbauschulen, wo nicht nur gelehrt, sondern in dieser Hinsicht auch geforscht wird, und als einen Auftrag, die Jugend zu einer Haltung gegen die Gentechnik zu erziehen.

Unverrückbar mit dem heutigen Beschluss, Hohes Haus, ist das gemeinsame Bekennt­nis verbunden, dass wir gesunde, natürliche und gentechnisch unbehandelte Nah­rungsmittel haben wollen. Ich bin mir sicher, Herr Bundesminister, dass die Konsumen­ten – wie Sie erwähnt haben – das in Zukunft auch schätzen werden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Sacher, ich muss Sie enttäu­schen: Sie sind nicht der letzte Redner in dieser Debatte.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek. – Bitte.

 


21.44.22

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesmi­nister! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der vorliegende Ausschussbericht und vor allem der dazugehörige Entschließungsantrag, dem wir uns sehr gerne anschließen, zeigt mit vollen Stärken und Schwächen, wie die Europäische Union mit der grünen Gentechnik und vor allem mit ihren Mitgliedsländern umgeht. Das heißt für uns, wir brauchen in Zukunft mehr Druck – mehr wissenschaftlichen Druck und mehr politi­schen Druck.

Mehr wissenschaftlicher Druck bedeutet, zum Beispiel die Studien, die Herr Bundesmi­nister Stöger in Auftrag gegeben hat, fertigzustellen, auszuweiten, fortzusetzen; ich nehme an, Herr Bundesminister Berlakovich wird sich mit seinem Budget sicher gerne anschließen. Das heißt dann aber auch, mit diesen Ergebnissen politischen Druck zu machen und Gentechnikfreiheit nicht nur im Anbau, sondern vor allem auch im Import durchzusetzen – auch, wenn es einmal gegen den ausdrücklichen Wunsch der EU ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Was heißt das jetzt für unter anderem die EFSA, die sicher obskurste und eigenartigste Organisation in der Europäischen Union? Das heißt erstens einmal Zulassungsstopp für alle neuen Organismen, und das heißt eine Neubewertung von Verfahren, die bis­her offensichtlich in fahrlässiger Art und Weise durchgeführt wurden. Der Modus, wie wir das durchsetzen könnten, darf durchaus ein kantiger sein. Zum Inhaltlichen gibt es schon einige Vorschläge, zum Beispiel vom Kollegen Auer; ich kann mich durchaus in vielen Sachen anschließen, wie er das durchsetzen möchte. Der Modus sollte ein rup­piger sein; Irland zeigt ja, wie es geht. Da muss man nicht unbedingt Lobbierungen ma­chen oder Ausflüge nach Maria Danksagung, wie das so gerne in der rechten Reichs­hälfte gepflegt wird, sondern da kann man kantiger vorgehen, denn Gentechnikfreiheit und Selbstbestimmungsrecht sollten keine leeren Worthülsen sein. (Beifall bei der FPÖ.)

21.46



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21.46.50Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist hiezu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 150 der Beilagen ange­schlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 15.)

21.47.1021. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 271/A der Abgeordneten Mag. Heribert Donnerbauer, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung, die Zivilprozessord­nung, das Außerstreitgesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz, das Tilgungsgesetz 1972, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Strafregistergesetz, das Sicherheitspolizeigesetz und das Allgemeine Bür­gerliche Gesetzbuch geändert werden (Zweites Gewaltschutzgesetz – 2. GeSchG), den

Antrag 81/A der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 15. Feber 1972 über die Tilgung von Verurteilungen und die Beschränkung der Auskunft (Til­gungsgesetz 1972), BGBl. Nr. 68/1972, geändert wird, den

Antrag 82/A der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die mit gerichtli­cher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl. Nr. 60/1974, geändert wird, und über die

Petition (1/PET) betreffend „Verjährungsverbot für Sexualstraftaten“, überreicht vom Abgeordneten August Wöginger (106 d.B.)

22. Punkt

Bericht und Antrag des Justizausschusses über den Entwurf eines Bundesge­setzes, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert wird (107 d.B.)

23. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 87/A der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Straf­gesetzbuch – StGB), BGBl. Nr. 60/1974, geändert wird (108 d.B.)

24. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 88/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend chemische Kas­tration von Personen, welche rechtskräftig nach § 206 StGB verurteilt wurden (109 d.B.)

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 21 bis 24 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen daher in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer mit einer gewünschten Redezeit von 3 Minuten. – Bitte.

 


21.48.31

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Dieses sogenannte Gewaltschutzpaket ist überwiegend Konsensmaterie, obzwar wir im Aus­schuss nicht zugestimmt haben. Aus bestimmten Gründen, die ich noch erläutern wer­de, stimmen wir natürlich heute zu, weil es auch gelungen ist, die sogenannte Hand­schrift der Freiheitlichen Partei bei den Bestimmungen im Tilgungsgesetz, § 99 StGB, unterzubringen.

Hingegen haben wir eine kritische Haltung zu § 128 StPO, und ich bringe den Abände­rungsantrag der Abgeordneten Fichtenbauer und weiterer Kollegen ein:

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der Antrag 271/A der Abgeordneten Mag. Heribert Donnerbauer, Dr. Johannes Jaro­lim, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zweites Gewaltschutzgesetz, in der Fassung des Ausschussberichts (106 d.B.), wird wie folgt geändert:

1. In Artikel VI (Änderung der Strafprozessordnung) entfällt die Ziffer 9a.

*****

Zu dem Antrag 88/A, zu dem ich nun sprechen möchte, betreffend chemische Kastra­tion für Sexualstraftäter hatten wir im Ausschuss eine relativ heftige Diskussion, wobei sich besonders die ÖVP als Ablehnungspartei hervorgetan hat.

Ich will nicht unterstellen, dass die ÖVP sich zur Schutzmacht von perversen Tätern und Sexualstraftätern machen möchte. Ich sage nur, es scheint mir damals nicht durchdacht worden zu sein. Ich führe noch einmal objektiv die Fakten an:

Österreich wäre in diesem Punkt nicht allein. Es handelte sich um keine Dauermaß­nahme, die nicht zurückgenommen werden könnte. Mit der chemischen Kastration ist im Wesentlichen die Verabreichung eines Antiandrogens gemeint. Ein gängiges Fertig­arzneimittel wäre das Medikament Androcur, das bei Prostatatumoren eingesetzt wird, aber auch in Form der Pille für Frauen.

Polen, Großbritannien, Frankreich und Spanien arbeiten ebenso an einer solchen Maß­nahme, sodass es nicht verständlich ist, das mit den im Ausschuss verwendeten Aus­drücken „unmenschliche Strafe“ oder gar „Folter“ zu verbinden.

Wir werden in diesem Sinne einen neuen Initiativantrag fassen und hoffen dann, dass die Sache einen besseren Zugang findet. Danke vielmals. (Beifall bei der FPÖ.)

21.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Abänderungsantrag des Herrn Abgeordne­ten Dr. Fichtenbauer wurde ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 278

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Fichtenbauer und weiterer Abgeordneter

eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 21, Bericht des Justiz­ausschusses über den Antrag 271/A der Abgeordneten Mag. Heribert Donnerbauer, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Gerichtli­che Einbringungsgesetz 1962, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz, das Tilgungsgesetz 1972, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Strafregistergesetz, das Sicherheitspolizeigesetz und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch geändert werden (Zweites Gewalt­schutzgesetz - 2. GeSchG) (106 d.B.), in der 16. Sitzung des Nationalrates (XXIV. GP), am 11. März 2009.

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der Antrag 271/A der Abgeordneten Mag. Heribert Donnerbauer, Dr. Johannes Jaro­lim, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsord­nung, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Gerichtliche Einbringungs­gesetz 1962, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975, das Strafvollzugs­gesetz, das Tilgungsgesetz 1972, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Verbrechensop­fergesetz, das Strafregistergesetz, das Sicherheitspolizeigesetz und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch geändert werden (Zweites Gewaltschutzgesetz - 2. GeSchG), in der Fassung des Ausschussberichts (106 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. In Artikel VI (Änderung der Strafprozessordnung) entfällt die Ziffer 9a.

Begründung

Die vorgeschlagenen Änderungen im Bereich der gerichtsmedizinischen Gutachtens­beauftragung von Universitätseinheiten scheinen in der Begründung zum Bericht des Justizausschusses (106 d.B.) nicht auf. Waren im Abänderungsantrag, der von den Regierungsparteien im Zuge des Justizausschusses am 4. März 2009 eingebracht wur­de, noch knapp zwei Seiten der Begründung dieser Änderung gewidmet, so fehlen die­se Textpassagen im vorliegenden Bericht gänzlich. Es liegt der Verdacht nahe, dass durch diese Änderungen, die im Übrigen auch in der Begründung des Abänderungsan­trags nicht hinreichend erklärt wurden, die Interessen von einigen wenigen Personen zu Lasten der Mehrheit der gerichtsmedizinischen Sachverständigen und des Sachver­ständigenwesens überhaupt bedient werden sollen.

Bevor nun auf die Begründung der Regierungsparteien im Abänderungsantrag einge­gangen wird, sei die Textpassage zum § 128 Abs. 2 StPO nochmals in Erinnerung ge­rufen:

„Zu Z 9a (§ 128 Abs. 2 StPO):

Als Reaktion auf einen Bericht des Rechnungshofes über die von April bis August 2004 vorgenommene Prüfung von Teilgebieten der Gebarung der Medizinischen Fakultät der Universität Wien (ab 2004 Medizinische Universität Wien) mit dem Schwerpunkt Institut für Gerichtliche Medizin, der Mängel in der Verrechnung der Sachverständigen­gebühren, Verzögerungen bei der Erledigung von gerichtlichen Aufträgen sowie bauli­che Mängel an dem vom Institut genützten Räumlichkeiten aufgezeigt hatte, sollte noch im selben Jahr mit der ursprünglichen Fassung des Strafprozessreformgesetzes, BGBl I Nr. 19/2004, für die Zeit ab 1. Jänner 2008 eine exklusive Beauftragung der Lei­tung von Universitätseinheiten für Befund und Gutachten über eine Obduktionen ge­schaffen werden. Eine nähere Analyse der Konsequenzen dieser Regelung im Zuge


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der Begutachtung zur Strafprozessnovelle 2005 hat jedoch Bedenken gegen eine aus­schließliche Konzentration entstehen lassen, die eine Entfernung von den Grundsätzen des Sachverständigenrechts (freie Auswahl unter den ständig beeideten und zertifizier­ten Sachverständigen, die für ein bestimmtes Fachgebiet in die Sachverständigenliste eingetragen sind; persönliche und unmittelbare Verantwortung) und auch eine gewisse Gefährdung der Erwerbsausübungsfreiheit freiberuflich tätiger Fachärzte aus dem Fachgebiet der Gerichtsmedizin mit sich gebracht hätte. Aus diesem Grund hat sich der Gesetzgeber zu einer Mittellösung entschlossen, die jedenfalls sicherstellen sollte, dass die Leiter der Universitätsinstitute ihre Dienstaufsicht ausüben konnten, wenn
ein Angehöriger ihrer Einheit vom Gericht zum Sachverständigen bestellt wird (siehe §§ 119 Abs. 1 und 128 Abs. 1 StPO idF BGBl. I Nr. 164/2004 sowie RV 679 d. Beila­gen XXII. GP und JAB 742 d. Beilagen XXII. GP).

Erfahrungen mit dieser Regelung haben jedoch gezeigt, dass sie nicht geeignet ist, die vom Rechnungshof aufgezeigten Mängel zu beheben, wie dies insbesondere in einer „follow-up“- Prüfung (Gebarungsüberprüfung der Medizinischen Universitäten Wien, Graz und Innsbruck sowie der Universitäten Salzburg und Linz mit dem Schwerpunkt Gerichtliche Medizin) zu Tage getreten ist (siehe auch Krammer, Neues im Gebühren­recht, SV 2007, 1 ff, und den Erlass des BMJ vom 26.3.2006, JABl. Nr. 2006/14).

Aus diesem Grund hat der Ministerialentwurf für das Strafprozessreformbegleitgesetz I (vgl. 87/ME XXIII. GP) vorgeschlagen, dass – unter grundsätzlicher Beachtung der Er­werbsausübungsfreiheit und des Grundsatzes der freien Auswahl des zu bestellenden Sachverständigen – entweder eine Organisationseinheit für gerichtliche Medizin einer Universität oder aber ein Facharzt, der nicht Angehöriger einer solchen Einheit ist, mit der Obduktion beauftragt werden kann (vgl. die geltende Rechtslage der Bundesrepub­lik Deutschland, wonach die Leichenöffnung von zwei Ärzten vorzunehmen ist, wobei einer der Ärzte Gerichtsarzt oder Leiter eines öffentlichen gerichtsmedizinischen oder pathologischen Instituts oder einer von diesem beauftragter Arzt des Instituts mit ge­richtsmedizinischer Fachkenntnis sein muss1). Flankierende Maßnahmen im Universi­tätsrecht (Dienstpflicht zur Erstattung von Befund und Gutachten über eine Obduktion) standen zum damaligen Zeitpunkt in Aussicht. Der Rechnungshof und die Medizini­schen Universitäten Wien, Graz und Innsbruck unterstützten diesen Vorschlag nach­drücklich, der Hauptverband der Gerichtssachverständigen, die privat niedergelasse­nen Gerichtsmediziner, VertreterInnen der Rechtswissenschaft (Universität Wien) wie auch der Strafrechtspraxis und andere Interessensvertretungen und Berufsvereinigun­gen äußerten jedoch massive Zweifel wegen der damit einhergehenden Gefährdung der unabhängigen Sachverständigentätigkeit.

Angesichts dieser Widerstände hat sich der Gesetzgeber entschlossen, an der gelten­den Rechtslage, nämlich der bloßen Voraussetzung festzuhalten, dass mit Durchfüh­rung einer Obduktion ein Sachverständiger aus dem Gebiet der gerichtlichen Medizin zu beauftragen ist (vgl. RV 231 d. Beilagen XXIII. GP, 6). Ergänzende Anpassungen wurden im GebAG (vgl. BRÄG 2008, BGBl. I Nr. 111/2007) getroffen. In § 31 GebAG wurde klargestellt, dass die gesonderte Berücksichtigung von Fixkosten, die für die Be­rufsausübung, Befundaufnahme und Gutachtenserstellung im jeweiligen Fachgebiet üblicherweise für die notwendige Ausstattung und Einrichtung anfallen, ausgeschlos­sen ist. Demnach ist die Verrechnung von Kosten für das Büro, die Werkstatt, das Un­tersuchungslabor, die Ordination oder den für derartige Gutachten sonst stets notwen­digen Untersuchungsraum (samt Reinigung und sonstiger Infrastruktur) im Rahmen des § 31 GebAG nicht mehr möglich; derartige Kosten werden durch die Gebühr für Mühewaltung abgedeckt. Da gerichtsmedizinische Sachverständige nicht über eigene Obduktionsräumlichkeiten verfügen dürfen, sind sie darauf angewiesen, sich diese Räumlichkeiten zu besorgen. Da im Einzelfall völlig unterschiedliche Kosten hiefür ver­rechnet werden, soll die Gebühr für Mühewaltung in § 43 GebAG bei der Leichenöff-


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nung (Abs. 1 Z 2) zur Abdeckung der rasant gestiegenen Kosten für die Nutzung von externen Untersuchungsräumlichkeiten um den Pauschalbetrag von 130 Euro, für Faulleichen um 180 Euro, erhöht werden.

Als Reaktion auf diese Entscheidung des Gesetzgebers hat die Medizinische Universi­tät Wien mit Ende 2007 die Beendigung der Obduktionstätigkeit am Department für Gerichtliche Medizin angeordnet. Seit diesem Zeitpunkt werden in Wien auf Grund einer Vereinbarung zwischen der Gemeinde Wien und der Republik Österreich, vertre­ten durch die Bundesministerin für Justiz, Obduktionen im Auftrag der Justiz an be­stimmten kommunalen Krankenanstalten durchgeführt. Die Medizinische Universität Graz hat hingegen die Rechtslage zum Anlass genommen, im eigenen Wirkungsbe­reich Voraussetzungen für die Vereinbarkeit von Sachverständigentätigkeit mit For­schung und Lehre unter Einhaltung und Fortentwicklung international üblicher Quali­tätsstandards zu schaffen, indem sich die Angestellten des Instituts für Gerichtliche Medizin der Medizinischen Universität Graz freiwillig einer Dienstpflicht zur Erstattung von Gutachten im Auftrag der Justiz mit allen damit verbundenen Rechten und Pflich­ten unterwerfen. Im Gegenzug soll ihnen ermöglicht werden, Tätigkeiten aus externer Beauftragung (so insbesondere von der Justiz) in der Dienstzeit durchzuführen, Ob­duktionsgehilfen des Instituts beizuziehen und die Infrastruktur des gesamten Instituts zu nützen. Vice versa müssten sich jedoch alle Sachverständigen einem Dienstplan unterwerfen und somit gemeinsam eine stete Erreichbarkeit zumindest eines Sachver­ständigen gewährleisten. Auch Auszubildende müssten im Rahmen der geltenden Aus­bildungsvorschriften bei Tätigkeit aufgrund externer Beauftragung im Dienste der Wis­senschaft beigezogen werden. Alle Angestellten müssten überdies qualitätssichernde Maßnahmen unterstützen und die Lehr- und Forschungstätigkeit nicht vernachlässigen, sondern vielmehr auch anhand der praktischen Arbeit betreiben. Zwar müssten die Sachverständigen für die während der Dienstzeit durchgeführten Tätigkeiten auf Grund externer Beauftragung in punkto Arbeitszeit keinen Kostenersatz an die Medizinische Universität Graz abführen, weil diese Tätigkeiten auch der Lehre und Forschung diene, für die Benützung der räumlichen Infrastruktur sollte jedoch ein Kostenersatz zu ent­richten sein.

Zur ressortübergreifenden Lösung der in Wien bestehenden Problematik fanden von Frühjahr bis Herbst 2008 Sitzungen der zu diesem Zweck gebildeten gemischten Ar­beitsgruppe „Zukunft der Gerichtsmedizin Wien“ statt, der neben Vertretern des BMJ auch VertreterInnen des BMWF, der BPD Wien, der Stadt Wien, der Medizinischen Universität Wien sowie einer Interessensgruppe von Gerichtsmedizinern angehörten. Als gemeinsames Ziel wurde die Garantie einer nachhaltigen Qualitätssicherung in den Bereichen Forschung, Lehre und Dienstleistung auf dem sensiblen Gebiet der Obduk­tionen formuliert.

Diesen Zielsetzungen soll auch der geeignete gesetzliche Rahmen gegeben werden, der gewährleisten soll, dass eine leistungsfähige Gerichtsmedizin aufgebaut wird, die den Besonderheiten einer Verbindung zwischen Forschung und Lehre mit Aufgaben der Strafrechtspflege gerecht wird. Nur durch Einbindung der universitären gerichtsme­dizinischen Institute in den Bereich der justiziellen Obduktionen, können dauerhaft gleichbleibend hohe Qualitätsstandards unter Beachtung der Ziele von Forschung und Lehre und Einhaltung der Prinzipien der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit sicherge­stellt werden. Staatsanwaltschaft (und Gericht) sollen daher künftig entweder eine Uni­versitätseinheit für Gerichtsmedizin oder einen Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Gerichtsmedizin, der kein Angehöriger des wissenschaftlichen Personals einer uni­versitären Einrichtung ist, mit der Durchführung einer Obduktion nach § 128 Abs. 2 be­auftragen können. Wird ein universitäres Institut mit der Durchführung einer Obduktion betraut, so soll die Leitung der Universitätseinheit die persönliche Verantwortung im Sinne des § 127 Abs. 2 StPO, also insbesondere im Hinblick auf das persönliche Er-


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scheinen bei Gericht und damit verbundene Pflichten an eine Mitarbeiterin/einen Mitarbeiter zu übertragen haben, der die entsprechende fachliche Befähigung auf-
weist (§ 128 Abs. 2a). Dabei soll das Institut grundsätzlich an Ersuchen um Übertra­gung an eine bestimmte Person gebunden sein, soweit keine gewichtigen Gründen da­gegen vorgebracht werden können (Abwesenheit wegen Urlaubs; Überlastung; drin­gende Erledigung anderer Aufgaben im dienstlichen Bereich, etc.). In diesem Fall soll zwischen Institut und Staatsanwaltschaft/Gericht Einigung über die Person hergestellt werden, an die der Auftrag übertragen wird.

Um in der Praxis auch bei Bestellung eines gerichtsmedizinischen Instituts an der Ver­gebührung der Obduktionstätigkeit festhalten zu können, sollen die Bestimmungen
des GebAG in der jeweils geltenden Fassung sinngemäß anwendbar sein, wobei der Gebührenanteil für die reine Mühewaltung (Leichenöffnung samt Befund und Gutach­ten) dem tatsächlich verantwortlichen Mitarbeiter abgeführt werden soll.

Durch Änderungen im Universitätsgesetz soll sichergestellt werden, dass eine Dienst­pflicht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an universitären Einrichtungen für Gerichtli­che Medizin zur Mitwirkung an der Begutachtung eingeführt wird. Dies soll im Zuge der nächsten Novelle des Universitätsgesetzes erfolgen (UG-Novelle 2009), woraus sich auch das zeitlich spätere In-Kraft-Treten dieser Bestimmung erklärt.“

1) Siehe § 87 Abs. 2 dStPO („Die Leichenöffnung wird von zwei Ärzten vorgenommen. Einer der Ärzte muß Gerichtsarzt der Leiter eines öffentlichen gerichtsmedizinischen oder pathologischen Instituts oder ein von diesem beauftragter Arzt des Instituts mit gerichtsmedizinischen Fachkenntnissen sein. Dem Arzt, welcher den Verstorbenen in der dem Tod unmittelbar vorausgegangenen Krankheit behandelt hat, ist die Leichen­öffnung nicht zu übertragen. Er kann jedoch aufgefordert werden, der Leichenöffnung beizuwohnen, um aus der Krankheitsgeschichte Aufschlüsse zu geben. Die Staatsan­waltschaft kann an der Leichenöffnung teilnehmen. Auf ihren Antrag findet die Leichen­öffnung im Beisein des Richters statt.“)

Die maßgeblichen Inhalte der Begründung dürfen nochmals kurz zusammengefasst werden:

Problematik in der Gebarung und Verrechnung der Medizinischen Universität Wien (Institut für Gerichtliche Medizin)

Vorschlag, auch Institute zu beauftragen

Durchwegs negative Stellungnahmen (bis auf Universitäten und Rechnungshof)

Vorschläge (ME, Regierungsvorlagen) verschoben

Gemischte Arbeitsgruppe zur Lösung der Wiener(!) Probleme

Allg. Zielformulierung der Arbeitsgruppe: „ Garantie einer nachhaltigen Qualitätssi­cherung ...“

Mutmaßung, dass „nur durch Einbindung der Institute dauerhaft gleichbleibend hohe Qualitätsstandards sichergestellt werden.“ (warum dies so sein soll, bleibt die Be­gründung schuldig)

Daher(!) sollen künftig Staatsanwaltschaft (und Gericht) eine Universitätseinheit oder einen Sachverständigen beauftragen können.

Einbringung dieses Themenkreises im Zuge eines Abänderungsantrages (ohne Begut­achtung)

Die zitierte Begründung des Abänderungsantrags rechtfertigt die vorgeschlagenen Än­derungen in keiner Weise. Die finanziellen Abgeltungen für Mühewaltung, Material, Be­nützungen, etc. bleiben mit der neuen Regelung unberührt, es ist also nicht davon aus-


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zugehen, dass die finanziellen Probleme der Gerichtsmedizin Wien durch diese Vor­gangsweise verbessert werden.

Wenn als Begründung die Tatsache angeführt wird, dass sich einige wenige Akademi­ker (Gerichtsmediziner und Institut Wien) nicht über die Abrechnung von Obduktionen verständigen können, so muss man die Änderung der StPO (und damit den Abgang von essentiellen Grundsätzen des österreichischen Sachverständigenwesens) als überschießende Maßnahme bezeichnen. Missstände und Probleme der Universitäten müssen auch von den Universitäten geregelt und ausgeräumt werden. Universitäten wie Innsbruck, Salzburg und Graz zeigen, dass es bereits praxisgerechte und zufrie­denstellende Vereinbarungen in diesem Bereich gibt.

Angesichts der Tatsache, dass es Institutsvorstände gibt, die gar keine Gerichtsme­diziner sind, oder nur zu einem relativ geringen Prozentsatz ihrer Verpflichtung für die­se Institute tätig sind, stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieser Neu-Rege­lung.

Folgend werden nun einige Stellungnahmen vom Februar und März 2009 zum (für die betroffenen verheimlichten) Abänderungsantrag der Regierungsfraktionen unkommen­tiert wiedergegeben:

(Februar 2009) - Das Präsidium der Österreichischen Gesellschaft für Gerichtliche Me­dizin (ÖGGM) übermittelt zur geplanten Änderung der StPO, wonach in Zukunft auch universitäre Einrichtungen zu Sachverständigen bestellt werden sollen, folgende

Stellungnahme der ÖGGM

Grundsätzlich sind das Sachverständigenwesen und die Universitäten getrennt zu be­trachten. Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger wird man aus eigener Initiative, nachdem man in dem betreffenden akademischen Fachgebiet mindestens fünf Jahre eigenverantwortlich tätig war und eine Prüfung vor dem Landes­gericht abgelegt hat (weitere Details sind hier nicht relevant). Sachverständiger zu sein hat also weder spezifisch etwas mit der Ausbildung zum Facharzt noch mit der berufli­chen Tätigkeit an einer universitären Einrichtung zu tun. In Österreich sind 1350 medi­zinische Sachverständige registriert, von denen viele an Universitäten arbeiten, ohne dass hier eine spezielle Gesetzgebung vorläge. Von den 34 für Gerichtsmedizin regis­trierten Sachverständigen sind 21 an universitären Einrichtungen tätig. Die Anlassge­setzgebung betrifft somit 21 von 1350 medizinischen Sachverständigen und mehreren tausend Sachverständigen insgesamt.

Die Wertung „Anlassgesetzgebung“ ist deshalb gerechtfertigt, weil die diversen Anläufe zur Novellierung des § 128 (2) StPO auf „Anregungen“ des Rechnungshofs aufgrund einer Überprüfung der Gerichtsmedizin Wien im Jahre 2003 (und später) auch der an­deren Institute im Jahre 2005 beruhen. Aus den seinerzeitigen Begutachtungsverfah­ren ergibt sich eindeutig, dass eine Institutsbeauftragung auf breiter Basis abgelehnt wurde (siehe Anlage).

Der Grund ist sehr einfach dargelegt. Die Justiz hat derzeit ein direktes Durchgriffs­recht auf einen von ihr persönlich beauftragten Sachverständigen. Ein Sachverständi­ger an einer Institution wie der Universität kann sich dagegen hinter dem BDG „verste­cken“. Es ist vollkommen wesensfremd, dass Leiter von universitären Einrichtungen Personen mit Tätigkeiten beauftragen sollen, die nie Aufgabe eines Universitätsinstituts waren, in sämtlichen anderen Bereichen aller Universitäten nie zur Aufgabe werden sollen und zu deren Erfüllung Qualifikationen notwendig sind, die von den Sachver­ständigen privat erworben wurden.

Auch ist zu berücksichtigen, dass der derzeitige Personalstand ausreicht, um die Auf­gaben der Institute in Forschung und Lehre abzudecken. Die Universitäten müssten für


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zusätzliche Aufgaben Ärzte neu einstellen, diese in sechs Jahren zu Fachärzten ausbil­den und ihnen dann nach weiteren fünf Jahren die Qualifikation zum allgemein gericht­lich beeideten und zertifizierten Sachverständigen finanzieren.

Zusätzlich hätte die Universität die Verpflichtung, den Bereitschafts- und Rufdienst zu finanzieren, den die Gerichtsmediziner Österreichs als private und bislang kostenlose Leistung seit jeher rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr erbringen. Nachdem dieser Ruf­dienst trotz zahlreicher Vorstöße zu keiner Zeit von der Justiz oder anderweitig bezahlt wurde, ist auch nicht anzunehmen, dass das Justizministerium die Universitäten dafür entschädigen würde.

Für die Universitäten wären zumindest die zuletzt genannten Leistungen in Amtshilfe zu vollbringen. Damit ist es unwahrscheinlich, dass die Universitäten überhaupt eine Chance hätten, einen vollen finanziellen Ausgleich zu erhalten – anders als jetzt, wo­nach der volle Kostenersatz von den Sachverständigen zu leisten ist und Ausbildung, Rufdienst und Haftung in deren Verantwortungsbereich liegen.

Auch wären fundamentale Fragen der Haftung zu klären, die jetzt per Gesetz dadurch gelöst sind, dass jeder Sachverständige eine Versicherung abschließen muss, um in die Liste der Sachverständigen eingetragen werden zu können.

Andererseits ist anzuerkennen, dass Obduktionen an Medizinischen Universitäten durchaus durchgeführt werden sollten und dort auch durchgeführt werden. Dies ist ak­zeptabel, wenn den Universitäten dafür der volle Kostenersatz geleistet wird, wie in den §§ 26 und 27 UG 2002 gefordert. Damit ist das wirtschaftliche Interesse der Uni­versität abgedeckt und gleichzeitig können Erkenntnisse aus der privaten Sachverstän­digentätigkeit für Forschung und Lehre genutzt werden. Die dienstlichen Erfordernisse sind auch bei der jetzigen Rechtslage selbstverständlich vorrangig und entsprechend zu berücksichtigen.

Wenn an einzelnen Instituten die Situation derzeit unbefriedigend ist, dann kann auch eine gesetzliche Regelung dran nichts ändern.

Mit der Bitte, diese Überlegungen in Ihrem Entscheidungsprozess zu berücksichtigen und mit freundlichen Grüßen

A.Univ.Prof. Dr. Walter Rabl

Präsident der ÖGGM

o.Univ.Prof. Dr. Edith Tutsch-Bauer                     o.Univ.Prof. Dr. Eduard-Peter Leinzinger

Vizepräsidentin der ÖGGM                                                                     Vizepräsident der ÖGGM

Anlage zu dieser Stellungnahme:

Auszüge aus Stellungnahmen zu 186/ME (XXII. GP) Strafprozessnovelle 2005 (Au-
gust 2004) http://www.parlinkom.gv.at/PG/DE/XXII/ME/ME_00186/pmh.shtml

231 d.B. (XXIII. GP) Strafprozessreformbegleitgesetz I (Oktober 2007)    http://www.parlament.gv.at/PG/DE/XXIII/ME/ME_00087/pmh.shtml

„Beeinträchtigung der Grundsätze der Unmittelbarkeit und Unabhängigkeit gutachterli­cher Tätigkeit; monopolistische Bevorrechtung“ (Präsident des OGH)

„Bedenkliches Monopol der Institutsvorstände; Aufgabe zweckmäßiger, richterlicher Entscheidungskompetenz; Heranziehbarkeit anderer FA f. Gerichtsmedizin wäre offen zu halten“ (Generalprokurator beim OGH)

„Rückschritt zu formellen Beweismittelgeboten vergangener Zeiten; wie Ordnung des SV-Wesens in den früheren Ostblockstaaten; gefährdet die Unabhängigkeit des SV und der Rechtssprechung und ist mit den Grundsätzen einer rechtsstaatlichen Pro­zessordnung nicht vereinbar; verfassungsrechtliche Bedenken; Wahrung der Erwerbs-


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freiheit; Zerschlagung des durchdachten und bewährten Instituts der allg. beeideten und gerichtlich zertifizierten SV´s “ (Präsident des OLG Wien)

„Verfassungsrechtliche Bedenken und ungleiche Behandlung von Sachverständigen“ (Oberstaatsanwaltschaft Graz)

„Gefahr der Beeinträchtigung von Unabhängigkeit und Objektivität; praktische Unmög­lichkeit zur Ablehnung des Sachverständigen und Überprüfung seines Gutachtens; Haftungsprobleme; Widerspruch zum Grundsatz der Sparsamkeit“ (VP des LG Eisen­stadt)

„Gerade in umfangreichen Strafsachen muß die Zuständigkeit der Justizbehörden für die Auswahl des SV gewahrt werden; es ist der bestgeeignete FA f.gerichtliche Medizin zu bestellen“ (Leiter der STA Wien)

„Vorstand erhält die Stellung eines Obergutachters; bedenkliche Reduktion der Aus­wahlmöglichkeit für Gerichte und StA“ (Staatsanwaltschaft Graz)

Die gesetzliche Festlegung, welcher Sachverständige oder welche Institution Gutach­ten in Gerichtsverfahren erstatten sollen, widerspricht dem fundamentalen Verfahrens­grundsatz der freien richterlichen Auswahl des zu bestellenden Sachverständigen. Die Verantwortung für diese Entscheidung, die den Kern gerichtlicher (oder staatsanwalt­schaftlicher) Ermittlungs- und Stoffsammlungstätigkeit ausmacht, muss einzig und al­lein in der Verantwortung des Richters (oder Staatsanwalts) liegen.

(Präsident des OLG Wien)

„Unüberwindbare Terminprobleme bei Betrauung von 4 SV´s in Österreich angesichts der großen Zahl von Leichöffnungen, Gutachtenserstattung und –erörterung in Haupt­verhandlungen“ (Leiter der StA Krems/Donau)

„Monopolstellung; keine Auswahlmöglichkeit für Gericht; keine Ablehnungsmöglichkeit für Parteien; kaum Möglichkeit der Überprüfung; andere SV´s werden als SV´s zweiter Wahl anzusehen sein“ (Österr. Rechtsanwaltskammertag)

„Widerspruch zum SDG und Ärztegesetz; Eingriff in die Unabhängigkeit des Gerichts“ (Richtervereinigung der Bundessektion Richter und Staatsanwälte in der GÖD)

„Im Moment, wo Untergebene mit der Befundung und Abgabe eines Gutachtens be­traut werden, sind sie durch ihre Abhängigkeit im Universitätsbetrieb (Verlängerung der Bestellung) befangen“ (Vorstand der Univ.Klinik für Neuropsychiatrie des Kindes- und Jugendalters am AKH Wien)

„Ausschluß jener Personen, die keinem Institut angehören von jeder Tätigkeit im Zu­sammenhang mit Leichenöffnungen ist sachlich nicht gerechtfertigt, verfassungs- und europarechtlich bedenklich“ (Hauptverband der allg. beeideten und gerichtlich zertifi­zierten SV´s Österreichs)

„Gefahr der Einflussnahme auf den Gutachter weckt Zweifel an dessen Unabhängig­keit“ (Amt der Wr. Landesregierung nach Anhörung des UVWS Wien)

„Zusätzliche Aufgabe für Institute im Rahmen der Strafrechtspflege; lt. UG 2002 keine Bestandsgarantie für die derzeit bestehenden Institute; keine abschließende Beurtei­lung, ob die entsprechenden Tätigkeiten Dienstpflicht, Nebentätigkeit oder Nebenbe­schäftigung sind“ (BM f. Bildung, Wissenschaft und Kultur)

„Gerichtliche Obduktionen sind nicht die primäre Aufgabe eines Universitätsinstituts; Widerspruch zum zentralen Grundsatz der Unabhängigkeit bei der Erarbeitung einer Sachverständigenmeinung“ (Österreichische Gesellschaft für Gerichtliche Medizin)


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Hauptverband der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Österreichs:

Sehr geehrte Frau Abgeordnete,                                                              Wien, 19. Februar 2009

sehr geehrter Herr Abgeordneter!

Wir wenden uns in einer besonders dringlichen Angelegenheit an Sie. Von einer qualifi­zierten Öffentlichkeit bislang unbemerkt, ist derzeit eine Novelle zur Strafprozessord­nung (StPO) geplant, die dem Sachverständigenwesen erheblichen Schaden zufügen würde.

Aus diesem Grund bitten wir Sie dringend, sich bei der Sitzung des Justizausschusses am 4.3.2009 entschieden dagegen auszusprechen, dass künftig auch Universitätsinsti­tute und nicht wie bisher nur physische Personen als gerichtliche Sachverständige be­rufen werden können.

Die Erwägungen dazu sind folgende:

Es ist tragender Grundsatz des Sachverständigenrechts und zentraler Bestandteil des österreichischen Verfahrensrechts, dass ausschließlich natürliche Personen als Ge­richtssachverständige zu bestellen sind. Das durch das Sachverständigen- und Dol­metschergesetz (SDG) geschaffene Qualitätssicherungs- und Haftungssystem baut da­rauf ebenso auf wie sämtliche Verfahrensgesetze. Dahinter steht der dem kontinental­euro­päischen Sachverständigenbeweis immanente Grundgedanke, dass die im Ver­fahren herangezogenen Experten das volle Vertrauen der ermittelnden oder entschei­denden Organe genießen müssen, sollen sie doch beim Sachbeweis deren fehlende Sachkunde ersetzen und damit die im Verfahren ergehenden Entscheidungen rechts­staatlich legitimieren.

In der jüngeren Geschichte des Strafprozessrechts wurde bereits zweimal (2005
und 2007) der Versuch unternommen, die StPO im Sinn einer Bestellung juristischer Personen zu ändern. In den Begutachtungsverfahren wurde dagegen vehementer Wi­derstand erhoben. Beide Male wurde der Vorstoß aufgrund massiver rechtlicher Be­denken aus Justiz, Sozialpartnerschaft und Wissenschaft zurückgezogen. Siehe dazu jeweils die Materialien:

http://www.parlinkom.gv.at/PG/DE/XXII/ME/ME_00186/pmh.shtml

http://www.parlinkom.gv.at/PG/DE/XXIII/ME/ME_00087/pmh.shtml

Der jüngste Vorstoß wurde im Auftrag des Bundesministers für Wissenschaft und For­schung Dr. Johannes Hahn, der bis 15.1.2009 interimistisch auch Bundesminister für Justiz war, eingeleitet und soll nun im Weg eines Initiativantrages umgesetzt werden. Damit entfällt das sonst vorgesehene Begutachtungsverfahren. Bemerkenswert ist, dass die für Angelegenheiten des Strafverfahrens zuständige Abteilung II 3 des Bun­desministeriums für Justiz eine klar ablehnende Stellungnahme abgegeben hat und die Änderung unseres Wissens auch von den sonst mit der Materie befassten Stellen in­nerhalb des als fachlich hoch kompetent anerkannten Mitarbeiterstabes des Justizmi­nisteriums nicht befürwortet wird. Auch die Vereinigung der österreichischen Richterin­nen und Richter hat sich bereits klar gegen dieses Vorhaben ausgesprochen:

http://www.richtervereinigung.at/content/view/330/41/

Die Konsequenzen eines derart schwer wiegenden Eingriffs in die Strafrechtsordnung gehen weit über den Bereich der Gerichtsmedizin hinaus und wurden bei Abfassung des Antrags offenbar nicht vollinhaltlich bedacht. Gefährdet sind folgende wesentliche Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens:

Transparenz der Bestellung: Während nach der geltenden Rechtslage in einem Quali­tätssicherungssystem zertifizierte Experten aus einer öffentlichen Sachverständigenlis-


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te ausgewählt werden, kann bei Bestellung eines Instituts niemand nachvollziehen, wer nach welchen Kriterien zur Ausarbeitung des Gutachtens institutsintern bestimmt wird

Unabhängigkeit der Gutachtenden: Die von der Institutsleitung für die konkrete Sach­verständigentätigkeit bestimmte Person ist dienstrechtlich weisungsgebunden und kann daher die Sachverständigentätigkeit nicht ausschließlich nach objektiven Kriterien durchführen, was einen klassischen Befangenheitsgrund darstellt

Freiheit der Auswahl: Das von den Parteien akzeptierte, auf der gerichtlichen Zertifizie­rung und bisherigen Erfahrungen beruhende Vertrauen von ermittelnden oder entschei­denden Organen in die Objektivität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit konkret he­rangezogener Experten kann nicht durch den Auswahlakt einer außerhalb der Justiz stehenden Person ersetzt werden

Prozessuale (Verteidigungs-)Rechte: Während die Prozessordnungen Rechtsbehelfe gegen die Auswahl und Bestellung Sachverständigen vorsehen, kann die Bestellung eines vom Apparat einmal ausgewählten Gutachters im Gerichtsverfahren oder im Er­mittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft nicht bekämpft werden. Es sind in der Regel nicht einmal jene Personen bekannt, die auf die Bestellung Einfluss nehmen

Qualität der Gutachten: Das Gericht oder die Staatsanwaltschaft hätte keinerlei Mög­lichkeit mehr, die aus seiner Sicht bestgeeigneten Experten für eine gutachterliche Tä­tigkeit zu bestimmen. Die Auswahl durch den Institutsvorstand würde dem gegenüber von Faktoren bestimmt, die in einem rechtsstaatlichen Verfahren nichts verloren ha­ben, wie etwa Auslastung von Mitarbeitern oder gar persönliche Momente Haftung: An die Stelle konkret haftpflichtiger und dafür gesetzlich versicherungspflichtiger Personen würde ein Apparat treten. Das mit Fehlleistungen verbundene Risiko würde daher die öffentliche Hand übernehmen

Die angestrebte Regelung ist überdies durch einen Verstoß gegen das Prinzip der Gleichbehandlung verfassungswidrig: Die Sachverständigen, die dienstrechtlich den Universitäten zuzuordnen sind, würden dadurch gegenüber sämtlichen anderen rund 9.000 Sachverständigen aus allen Bereichen in ganz Österreich, die bei ihrer Tätigkeit volle Unabhängigkeit genießen, eindeutig schlechter gestellt.

Zu diesen schwer wiegenden Argumenten gegen den Inhalt der angestrebten Rege­lung kommt die vollkommen unzumutbare Art der Realisierung. Die Regierung hat sich öffentlich dazu bekannt, dass Gesetzgebungsakte nur im äußersten Notfall in Form eines Initiativantrags gesetzt werden. Ein solcher Notfall liegt hier nicht vor. Es geht nicht an, dass tragende Grundsätze des Sachverständigenrechts, die von zentraler Be­deutung für die Rechtsstaatlichkeit des Strafverfahrens sind, im Weg des Initiativantra­ges unter Ausschluss eines Begutachtungsverfahrens einfach beseitigt werden. Eine solche Vorgangsweise ist einer sorgfältigen und parlamentarischen Grundsätzen ver­pflichteten Gesetzgebung unwürdig.

Die Intention dieses Initiativantrags, die Universitätsinstitute zu unterstützen und ihnen bzw. den Universitäten Sachverständigengebühren zukommen zu lassen, mag diskuta­bel sein. Sie darf aber nicht in einer des Rechtsstaates unwürdigen Weise verwirklicht werden. Die Finanzierung des Wissenschaftsbetriebes und dienstrechtliche Probleme sollten auf der Ebene der Universitäten und in Abstimmung der betroffenen Ressorts, aber nicht innerhalb der Strafprozessordnung gelöst werden. Es gibt dazu schon jetzt – etwa im Bereich der einzelnen Departments für Gerichtsmedizin - genügend transpa­rente Lösungsansätze, die keinerlei Prinzipien des Rechtsstaats verletzen.

Für weiter führende Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit vorzüglicher Hochachtung

HR Dr Alexander Schmidt                                  Prof DI Dr Matthias Rant

Rechtskonsulent                                                                                   Präsident


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Hauptverband der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Österreichs:

Sehr geehrte Frau Abgeordnete,                                                                      Wien, 2. März 2009

sehr geehrter Herr Abgeordneter!

Wir beziehen uns auf unser Schreiben vom 19.2.2009, mit dem wir zu dem Vorhaben Stellung genommen haben, dass künftig auch Universitätsinstitute und nicht wie bisher nur physische Personen als gerichtliche Sachverständige berufen werden können.

Mittlerweile haben wir Details der beabsichtigten Änderung erfahren, zu denen wir noch Folgendes zu bedenken geben:

Die Bestellung eines Instituts für Gerichtsmedizin hat zwar nicht obligatorisch zu erfol­gen es kann vielmehr auch ein Sachverständiger aus dem Bereich der Gerichtsmedizin bestellt werden, der nicht zu den Mitarbeitern eines solchen Instituts gehört. Damit be­steht weiterhin die Möglichkeit, eine natürliche Person zum Sachverständigen zu be­stellen.

An den bereits aufgezeigten Einwänden ändert sich dadurch aber nichts:

schon die bloße Möglichkeit der Bestellung einer juristischen Person hat jene schwer wiegenden Systemwidrigkeiten und Nachteile zur Folge, die wir bereits aufgezeigt haben

die für den Sachverständigenbeweis charakteristische freie Wahlmöglichkeit der Staats­anwaltschaft oder des Gerichts, die bestgeeignete Person auszusuchen, ist dadurch ein­geschränkt, dass zertifizierte Sachverständige, die Institutsangehörige sind, eben nicht ausgewählt werden können

stattdessen wird die bei Bestellung eines Instituts diese Wahlmöglichkeit in unzulässi­ger Weise „delegiert“ und auf eine Person übertragen, die nicht einmal die fachlichen Voraussetzungen selbst erfüllen muss

die dann getroffene Auswahl durch den Institutsvorstand verstößt gegen das im Sach­verständigen- und Dolmetschergesetz grundgelegte System der Zertifizierung und ge­gen das damit verfolgte zentrale Anliegen der Qualitätssicherung, weil sie dem Leiter des Instituts offenbar die Beurteilung der Eintragungsvoraussetzungen des § 2 SDG überlässt, setzt doch der uns mitgeteilte Text gar nicht voraus, dass der zu bestellende Institutsangehörige in die Liste eingetragen ist, sondern lediglich, dass er die Voraus­setzungen dafür erfüllt. Diese Beurteilung ist aber nach dem bisherigen System aus­schließlich Sache des zuständigen Gerichtshofpräsidenten. Sie in die Hände einer außerhalb des Justizbetriebes stehenden Person zu legen, ist sachlich nicht gerecht­fertigt

Sollte ins Auge gefasst werden, im Zusammenhang mit der beabsichtigten Regelung überdies eine Dienstpflicht der betreffenden Universitätsangehörigen vorzusehen, so möchten wir nachdrücklich darauf hinweisen, dass eine solche mit dem Grundsatz der Unabhängigkeit von Sachverständigen nicht vereinbar wäre. Damit würde ein weiteres tragendes Prinzip des Sachverständigenbeweises infrage gestellt.

Wir wiederholen daher unsere dringende Bitte, von der Verwirklichung dieses Vorha­bens abzusehen.

Für weiter führende Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung und sind auch jeder­zeit bereit, unseren Standpunkt etwa im Rahmen einer Enquete darzulegen.

Mit vorzüglicher Hochachtung

HR Dr Alexander Schmidt                                                 Prof DI Dr Matthias Rant

Rechtskonsulent                                                                                   Präsident


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Dr. Harald KRAMMER

Präsident des Oberlandesgerichtes Wien iR

Lehrbeauftragter der Universität für Bodenkultur

für Sachverständigenrecht                                                                          Wien, 20. Februar 2009

An das

Präsidium der Vereinigung der österreichischen Richterinnen und Richter

1016 Wien

Betrifft: Geplante Änderung der StPO bezüglich des gerichtsmedizinischen SV-Be­weises

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Ich habe mich vor mehr als zwei Wochen an die neu bestellte Frau Bundesministerin für Justiz gewandt und ihr meine ablehnende Stellungnahme zu der in Aussicht ge­nommenen Einführung eines „Institutssachverständigen für gerichtliche Medizin“ zur Kenntnis gebracht. Eine Reaktion auf meinen Brief habe ich bisher nicht erhalten.

Ich halte das Problem eines „Institutssachverständigen“ für alle österreichischen Ver­fahrensrechte für besonders wichtig. Ich übermittle Ihnen daher meine Stellungnahme und zwar im Wortlaut – und hoffe, dass Sie erfolgreich gegen dieses verfehlte Vorha­ben auftreten werden.

Stellungnahme:

Seit nahezu 40 Jahren befasse ich mich fachliterarisch intensiv mit Sachverständigen­recht, zuletzt im Rahmen meines Lehrauftrages an der Universität für Bodenkultur auch mit dem Amtssachverständigen im Verwaltungsverfahren.

Nunmehr habe ich aus dem Regierungsprogramm und bei Gesprächen mit Mitarbei­tern des BMJ erfahren, dass durch eine neuerliche Änderung der StPO – nach den um­fangreichen Änderungen des Strafprozessreformgesetzes – für gerichtsmedizinische Fragen ein „Institutssachverständiger“ gesetzlich verankert werden soll.

Ich halte dieses Vorhaben für einen schweren legistischen Fehler, der eine Tür für wei­tere öffentlich-, aber auch privatrechtliche „Institutssachverständige“ öffnet, die später nicht mehr zu schließen sein wird, und die unabsehbare Beispielsfolgerungen nach sich ziehen wird.

Juristische Personen und Anstalten („Institute“) als Gerichtssachverständige sind mit den österreichischen Verfahrensgesetzen über den Sachverständigenbeweis als Per­sonalbeweis unvereinbar, vor allem verstößt ein „Institutssachverständiger“ als ein nur nach dem Fachgebiet, nicht aber als bestimmte Person definierter Sachverständiger auch gegen das in Art 6 EMRK verankerte Grundprinzip des Rechtes der Parteien auf ein faires Verfahren.

Auswahl und Beauftragung einer bestimmten physischen Person als Gerichtssachver­ständiger fällt in die von den Parteien und Parteienvertretern kontrollierbare Verantwor­tung des Richters. Gerichtsgutachtertätigkeit ist von Seiten des Gerichtes und des kon­kret als Person beauftragten Sachverständigen eine nicht substituierbare Arbeitsbeauf­tragung! Auch die Heranziehung eines Hilfsgutachters – wenn die Sachkunde des zu­nächst beauftragten Gerichtsgutachters nicht ausreicht – bedarf - nach einhelliger Rechtsprechung - einer eigenen richterlichen Anordnung oder richterlichen Genehmi­gung.

Dass die bestehenden Probleme mit dem Departement für gerichtliche Medizin der Me­dizinischen Universität Wien auch mit der geltenden StPO – ohne Gesetzänderung – zufriedenstellend für alle Beteiligten gelöst werden können, beweisen die praktischen


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Erfahrungen mit den vergleichbaren Instituten in Graz, Innsbruck und Linz/Salzburg. Ich bin überzeugt, dass auch in Wien eine gute Lösung gefunden werden kann, ohne dass fundamentale Verfahrensgrundsätze über Bord geworfen werden müssen.

Ich habe zu dieser Thematik am 12. Jänner 2009 im Rahmen der Sachverständigense­minare des Gerichtssachverständigenverbandes in Bad Hofgastein einen Vortrag ge­halten und dazu ausgeführt:

„Das Regierungsprogramm der neuen Bundesregierung enthält im Kapitel Justiz, Ab­schnitt A. Allgemeines, A. 3. Neuerungen im Sachverständigenrecht, drei Punkte, de­nen vorbehaltslos zuzustimmen ist: 1. Die Sicherung der erforderlichen Zahl von maxi­mal qualifizierten Gutachtern und Dolmetschern, 2. Die Erleichterung der Sachverstän­digenauswahl durch Eintragung entsprechender Spezialisierungen in der Sachverstän­digenliste, sowie 3. Die Orientierung der Honoraransprüche der Sachverständigen nach Möglichkeit an ihrer außergerichtlichen Gutachtertätigkeit. In Unterabschnitt A. 4. wird eine Überprüfung des Kostenersatzes für Zeugen, Schöffen und Geschworene und gegebenenfalls die Anhebung ihrer Gebühren an die Ansätze des Heeresgebüh­rengesetzes angekündigt. Auch dagegen bestehen wohl keine Einwendungen.

Problematisches findet sich im Unterabschnitt E. Strafrecht und Strafprozessrecht. Hier fordert Punkt E. 11. Neuordnung der Gerichtsmedizin einleitend zurecht, für den Be­reich des Sprengels des OLG Wien das bestehende Provisorium zu überwinden und die verfügbaren gerichtsmedizinischen Kapazitäten zu nutzen Dadurch soll eine quali­tativ hochwertige Gerichtsmedizin auf dem letzten Stand der Technik hergestellt wer­den, die eine kostengünstige Durchführung von Obduktionen gewährleistet. Der zweite Absatz des Punktes E. 11 ist hingegen strikt abzulehnen: „In der StPO ist die Möglich­keit zu schaffen, nicht nur einen Einzelgutachter, sondern auch ein Institut zu beauftra­gen.“

Damit wird – knapp nach den Diskussionen dieses Problemkreises anläßlich der gro­ßen stopp - Reform – wieder die grundsätzliche Frage aufgeworfen, ob und inwieweit nach den österreichischen Verfahrensordnungen juristische Personen und Anstalten („Ins­titute“ – gemeint wohl Universitätsinstitute und Untersuchungsanstalten des Bundes, der Länder und Gemeinden, allenfalls wohl auch von weiteren Körperschaften oder auch Institute von privaten juristischen Personen) als Gerichtssachverständige im Rah­men des verfahrensgesetzlich sehr sorgfältig geregelten gerichtlichen Sachverständi­genbeweises eingesetzt werden können.

Im Kern geht es dabei um die durch Art 6 der EMRK näher determinierten Grundsatz­fragen des Sachverständigenbeweises als Personalbeweis 1. um die persönlichen Pflichten des Sachverständigen, selbst den Befund aufzunehmen, selbst das Gutach­ten zu erstatten und sich auch selbst der mündlichen Erörterung in der kontradiktori­schen Verhandlung zu stellen, 2. um die persönliche straf- und zivilrechtliche Haftung des Sachverständigen für seine gesamte Gutachtensarbeit, 3. um die Verantwortung des Richters für die Auswahl und Beauftragung eines bestimmten Sachverständigen, weiters 4. um die Frage der Substituierbarkeit der Ausführung des Gerichtsauftrags durch einen Institutsvorstand oder ein Organ der juristischen Person an einen, nicht vom Gericht bestimmten Mitarbeiter oder eine solche Mitarbeiterin – etwa sogar aus Gründen der betrieblichen Auslastung an jemanden, der wenig qualifiziert oder noch wenig erfahren ist. Alle diese grundlegenden Verfahrensbesonderheiten betreffen aber teils direkt und teils indirekt die Verfassungs- und Menschenrechtsprinzipien des An­spruchs der Parteien auf ein faires Verfahren und der „sichtbaren Gerechtigkeit“.

Die Hoffnung, dass alle diese Probleme durch die Neuregelung des § 1 Abs 1 GebAG durch das BRÄG 2008 (!)- die generelle Bezeichnung der Sachverständigen als „natür­liche Personen“-, und die 2008 inkraftgetretene StPO-Reform, die in § 128 Abs 2 StPO –


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für Obduktionen - nach einigen Irrwegen zur Bestellung von natürlichen Einzelperso­nen als Gerichtssachverständige zurückgekehrt ist, für eine längere Zeit ausgestanden sind, war trügerisch. Das neuerliche Aufwerfen derselben Fragen nach knapp einem Jahr – ohne dass neue Argumente aufgezeigt werden - stellt einmal mehr den österrei­chischen Gesetzgebungsabläufen kein gutes Zeugnis aus.

Vor allem auch um geradezu unvermeidliche Beispielsfolgerungen - etwa für die ver­schiedenen anderen Universitäten, aber auch für Ziviltechnikerbüros, für Technische Büros sowie für Wirtschaftstreuhändersozietäten - zu vermeiden, sollten wohl alle Be­strebungen in Richtung von „Institutssachverständigen“ schärfstens abgelehnt werden.

Nach der großen GebAG-Novelle 2008 durch das BRÄG 2008, BGBl I 2007/111, steht auch nach meinen Vorstellungen hoffentlich – eine sachgerechte nächste Gesetzesno­velle zu den Tarifen und zur laufenden Valorisierung der Tarifansätze schon vor der Tür.

Bis dahin – und das werden wohl noch etwa 1 – 2 Jahre sein - sind im Bereich der Voll­ziehung des GebAG Anstrengungen seitens der Amtsparteien - der Revisoren – und seitens der Rechtsmittelgerichte zu fordern, die alle um eine der Rechtspflege förderli­che Auslegung der Bestimmungen des GebAG - vor allem mit Augenmaß - bemüht sein müssen. Eine Kapitulation vor einem unzureichenden Gesetzestext, der zu unver­tretbaren Ergebnissen führt, sollte es für verständige Juristen nicht geben. Die vom BMJ projektierte kleine GebAGNovelle 2009 ist sicher nicht der geeignete Weg.

Für den Gesetzgeber schlage ich folgende Prioritätenliste vor:

1. Neuregelung der Honorierung von ärztlichen Sachverständigen (§ 43 Abs 1 GebAG) in einer der oben (in einem früheren Abschnitt des Vortrags) vorgeschlagenen Varian­ten.

2. Überdenken und teilweise Umgestaltung auch der anderen Tarife des GebAG (§§ 46, 48, 49 , allenfalls 51). Sohin der Tarife für Tierärzte, Kfz-Sachverständige und allenfalls des Tarifs für Immobilienbewertung.

3. Ersatzloser Entfall der Tarife nach § 44 - Anthropologen, § 45 – Dentisten und § 47 – Sachverständige für chemische Untersuchung. Die Gutachtensarbeit dieser Sachver­ständigen sollte nach § 34 GebAG entlohnt werden. Bei Beibehalten des Arzttarifs nach § 43 GebAG könnten auch einzelne Leistungen in diesen Tarif eingebaut werden.

4. Im Hinblick auf die Notwendigkeit die Zahl der Revisoren beträchtlich zu vermehren und den dadurch bedingten Einsatz auch von noch weniger erfahrenen Revisorinnen und Revisoren, aber auch mit Rücksicht auf die nach der Novelle 2008 aufgetretene Unterschiedlichkeit bei der Anwendung der Bestimmungen rege ich die Einrichtung einer Koordinierungsstelle durch Schaffung eines weisungsberechtigten leitenden Re­visors im Rahmen der Präsidien der Oberlandesgerichte (erfahrene Revisorin/erfahre­ner Revisor oder in der Materie kundiger Präsidialrichter/in) nach dem Beispiel der Or­ganisation der Staatsanwaltschaften an.

5. Besonders wichtig ist eine Neufassung der Valorisierungsbestimmung des § 64 GebAG. In Zukunft sollten so große Sprünge wie bei der letzten Zuschlagsverord-
nung (BGBl II 2007/134) tunlichst vermieden werden. Im Hinblick auf die umfassende Bedeutung der Rahmensätze des § 34 Abs 3 GebAG für die Mühewaltungsgebühr soll­te unbedingt eine automatische Valorisierung – etwa wie bei den Gerichtsgebüh-
ren (§ 31 a Gerichtsgebührengesetz – GGG) – vorgesehen werden. Das Scheitern frü­herer Bemühungen in diese Richtung sollte nicht entmutigen.

Anknüpfungspunkt für alle diese Anliegen könnten die Ausführungen im Kapitel Jus-
tiz A 3 „Neuerungen im Sachverständigenrecht“ des neuen Regierungsprogramms für die XXIV. Gesetzgebungsperiode 2008 – 2013 sein, die lauten: „Zur Sicherstellung der


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hohen Qualität soll sich der Honoraranspruch der Sachverständigen nach Möglichkeit an deren außergerichtlichen Gutachtertätigkeit orientieren.“ Dieser Festlegung der neu­en Bundesregierung kann man nur vorbehaltlos zustimmen, man muß sie nur konkreti­sieren.“

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Harald Krammer

Presseaussendung:

Innsbruck, den 27. Februar 2009

Gerichtsmedizin Innsbruck gegen Sachverständigen-Pläne des Justizministeriums

Gegen die Pläne des Justizministeriums, das Sachverständigenwesen in Österreich auf den Kopf zu stellen, spricht sich das Innsbrucker Institut für Gerichtsmedizin (GMI) aus. „Anstelle einer natürlichen Person sollen in Zukunft universitäre Einrichtungen für Gerichtliche Medizin mit Obduktionsgutachten beauftragt werden“, so Institutsdirektor Univ. Prof. Dr. Richard Scheithauer und Univ. Prof. Dr. Walter Rabl, stellvertretender Institutsdirektor und Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Gerichtsmedizin. Dies soll am 4. März im Justizausschuss mittels eines Initiativantrags ohne Begutach­tungsverfahren beschlossen werden.

„Diese Regelung gefährdet das bewährte System der unabhängigen Sachverständi­gen. Es ist tragender Grundsatz des Sachverständigenrechts und zentraler Bestandteil des österreichischen Verfahrensrechts, dass ausschließlich natürliche Personen, die auch für ihre Gutachten persönlich haften, als Gerichtssachverständige zu bestellen sind. Anstelle einer konkret haftpflichtigen Person würden die Universitäten treten. Oh­ne unabhängige Sachverständige ist die Qualität der Gutachten gefährdet. Die Richter sehen darin einen nicht gerechtfertigten Eingriff in ihre freie Beweiswürdigung“, so Dr. Richard Scheithauer und Dr. Walter Rabl. Den Universitäten würden Nachteile wegen zusätzlicher Kosten und Lasten entstehen.

Gegen die Pläne des Justizministeriums haben sich bereits der Hauptverband der Ge­richtssachverständigen, die Richtervereinigung und die Österreichische Gesellschaft für Gerichtsmedizin ausgesprochen.

Richtervereinigung, 17. Februar 2009

  Die Gelegenheit dieser Stellungnahme wird jedoch zum Anlass genommen folgen­de bereits zum Strafrechtlichen Begleitgesetz geäußerten Erwägungen zur Bestellung gerichtsmedizinischer Sachverständiger (Art 1 Z 11 und 11a des Ministerialentwurfs zum Strafprozessreformbegleitgesetz I) zu wiederholen. Obwohl sich offenbar seiner­zeit der Gesetzgeber von der Argumentation der richterlichen Standesvertretung über­zeugen ließ, soll nun - wie der richterlichen Standesvertretung aus gewöhnlich gut in­formierten Kreisen bekannt wurde - neuerlich der Plan aufgegriffen werden, die Aus­wahl der gerichtlichen Sachverständigen auf dem Gebiet der Gerichtsmedizin der rich­terlichen Entscheidung teilweise zu entziehen und Bestellung und Abwicklung den Ins­tituten zu überlassen. Dies stellt einen so grundlegenden, sachlich nicht gerechtfertig­ten Eingriff in unseren von freier Beweiswürdigung und amtswegiger Wahrheitsfindung geprägten Prozess dar, dass gegen eine derartige Maßnahme neuerlich scharf aufge­treten und davor dringend gewarnt wird. Auf die seinerzeitige Stellungnahme zum obengenannten Entwurf darf verwiesen werden.

Letztlich darf aber auch ganz allgemein erwähnt werden, dass es immer schwieriger wird geeignete Sachverständige, insbesondere medizinische Sachverständige zu fin­den, was zu einem guten Teil auch an den Gebührenbestimmungen liegt, die zum Teil


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gerade im Bereich der medizinischen Sachverständigen und hier nicht zu letzt für ge­richtsmedizinische Sachverständige besonders im Bereich von Obduktionen als inadä­quat anzusehen sind.

Mag. Manfred Herrnhofer, Vizepräsident

*****

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer gelangt nun zu Wort. 2 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


21.51.41

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine werten Ministerinnen! Werte Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Fichtenbauer, die ÖVP ist sehr wohl eine Verhinderungspartei, und zwar, wenn es darum geht, Gewalt zu ver­hindern, gerade Gewalt im Familienkreis und besonders sexuell motivierter Gewalt. Und das ist auch der Grund für dieses zweite Gewaltschutzpaket.

Darum sind wir sehr froh, dass das jetzt auf Schiene ist und wir das heute beschließen. Es freut mich auch, dass wir Sie seit dem Justizausschuss überzeugen konnten, da zu­zustimmen und einen wichtigen Schritt zur Verhinderung von Gewalt in der Familie und vor allem gegen sexuell motivierte Gewalt mitzugehen.

Was wollen wir mit dem Gewaltschutzpaket eigentlich erreichen? Es geht darum, einer­seits eine abschreckende Wirkung zu entfalten, und auf der anderen Seite die Opfer zu schützen, und zwar sowohl die tatsächlichen Opfer von Gewalt, als auch potentielle Opfer, und zwar durch Prävention.

Im Bereich der Abschreckung sind einige höhere Strafen vorgesehen, beispielsweise gerade bei Delikten gegen die Schwächsten in unserer Gesellschaft, gegen Kinder und Jugendliche. Nur beispielhaft angeführt: Beim sexuellen Missbrauch von Unmündigen wird der Strafrahmen nunmehr bis lebenslang ausgedehnt, also doch ein ganz deutli­ches Signal, auch für solche potentiellen Täter. Es werden auch die Mindeststrafen in einigen Bereichen deutlich angehoben, was auch sehr wichtig ist.

Der zweite Bereich der Abschreckung ist jener, wo es darum geht, neue Delikte fortge­setzter Gewaltausübung einzuführen. Ebenso ein neues Delikt ist das des wissentli­chen Konsums von Kinderpornografie. (Abg. Petzner: Morgen haben Sie auch ein De­likt! Einen Justizskandal haben Sie und die Frau Innenministerin Fekter!) Genauso wer­den jetzt auch – ganz wichtig, weil dazu auch eine Petition überreicht wurde – die Ver­jährungsfristen verlängert.

Der zweite Bereich – Schutz der Opfer – ist uns natürlich auch sehr wichtig, einerseits im Bereich der Prävention – einstweilige Verfügungen werden da jetzt ausgedehnt und auch deutlich verlängert –, genauso wird aber die Prozessbegleitung ausgedehnt.

Was uns auch im Vorjahr ein ganz wichtiges Anliegen war, was wir heute Gott sei Dank auch umsetzen, ist, dass die Tilgungsfristen verlängert werden und dass es vor allem nach einer bedingten Entlassung eine obligatorische gerichtliche Aufsicht gibt, und dass andererseits jetzt auch Tätigkeitsverbote ausgesprochen werden können, so­dass Sexualstraftäter nicht mehr im Bereich von Berufsgruppen oder Berufen engagiert werden dürfen, die mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt kommen.

Insgesamt ist das, glaube ich, ein ganz wichtiger Schritt, den wir schon im Vorjahr sehr sorgfältig vorbereitet haben und der einfach die Schwächsten in unserer Gesellschaft schützen soll. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

21.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Stadler gelangt nun zu Wort. 2 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte. (Abg. Mag. Stadler auf dem Weg zum Rednerpult : Das ist zu knapp, Frau Präsidentin!) – Das ist nicht von mir entschieden. (Abg. Mag. Stadler: Ja, ja, ich weiß! Ich werde nur ein bisschen länger brauchen dass Sie nicht irritiert sind!) Soll ich ihm sagen, dass er noch 28 Minuten hat? (Heiter­keit. Abg. Mag. Stadler: Sie winken dann einfach ab, wenn es zu lange dauert!) – Herr Abgeordneter, Sie wissen, pro Debatte 20 Minuten. Gesamtrestredezeit für das BZÖ: 28 Minuten. (Abg. Mag. Stadler: Aber das ziehen Sie mir jetzt bitte nicht ab!)

 


21.54.38

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Frau Bun­desminister! Zunächst: Dieses Gewaltschutzpaket ist, so wie der Kollege Donnerbauer auch gesagt hat, ein Schritt – und zwar durchaus ein beachtlicher Schritt – in die richti­ge Richtung. Deswegen werden wir das auch im Großen und Ganzen mittragen. (Bei­fall beim BZÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Aber wir werden trotzdem nicht müde werden, weiter zu gehen, denn eines möchte ich schon sagen: Jahrelang haben wir versucht, bei Ihren Vorgängern für diese Maßnah­men politisches Gehör zu finden – jahrelang! Das ist jahrelang danebengegangen. Jah­relang hat man so getan, als ob das alles unmenschlich wäre, inakzeptabel, men­schenfeindlich. Und alles, was aus der SPÖ kam, hat die ÖVP natürlich sofort nachge­plappert, weil jeder politisch korrekte Unsinn bei der ÖVP meistens auf fruchtbaren Bo­den stößt. Jetzt ist man draufgekommen, dass doch alles irgendwie begründet ist, weil die Delikte an Dramatik zunehmen.

Ich bin froh, Frau Bundesministerin, dass das jetzt auf dem Tisch liegt. Wir werden mit einem Abänderungsantrag allerdings klarmachen, dass wir weiter gehen wollen, insbe­sondere was die für jedermann einsehbare Sexualstraftäterdatei anlangt, weil wir uns nicht vorstellen können, wie man sich gegen Sexualstraftäter schützen soll, wenn man keinen allgemeinen Zugang zu dieser Datei hat.

Wir wollen auch bei schweren Sexualstraftätern, die wirklich eine tickende Zeitbombe sind – und die gibt es! –, eine dauerhafte Überwachungsmaßnahme, die es in anderen Ländern gibt. Ihre Frau Kollegin, die Frau Bundesminister für Inneres, hat auch ge­sagt, dass das dort wirklich funktioniert. Das hat tatsächlich Effekte, aber man will es hier nicht.

Es wird der Zeitpunkt kommen, wo man es machen wird – da bin ich ganz sicher. In der Zwischenzeit wird es halt wieder ein paar Opfer geben. In der Zwischenzeit wird es wieder dramatische Dinge geben. In der Zwischenzeit werden halt wieder ein paar Leu­te draufzahlen müssen, bis man draufkommt, dass man doch einmal etwas durchzie­hen muss. Wenn man erkennt, dass ein Problem einfach vorhanden ist, dann muss man auch den Mut haben, die Dinge durchzuziehen und sie so zu machen, wie wir es vorgeschlagen haben, wie es auch im Ausland funktioniert.

Frau Präsidentin! Ich nenne den Abänderungsantrag der Abgeordneten Scheibner, Mag. Stadler, Hagen, Kolleginnen und Kollegen, der Ihnen offensichtlich bereits vorlie­gen muss, nur kurz, denn er ist so umfangreich und insbesondere sehr kompliziert auf­gebaut, weil er zu den einzelnen Paragraphen Abänderungsvorschläge beinhaltet.

Ich bitte Sie, diesen Antrag dann verteilen zu lassen. Ich habe ihn hiermit eingebracht.

Nicht zustimmen werden wir, Frau Bundesminister Dr. Fekter, dem Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert wird. Da hat es in der Aus­schusssitzung aufgrund der Hektik, die dann entstanden ist, einen kleinen Abstim­mungspalawatsch gegeben.

Und um es klarzustellen: Dieses Gesetz werden wir nicht mittragen, weil es in Wirk­lichkeit nichts anderes ist als ein humanitärer Aufenthalt über die Hintertür. Das werden


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wir natürlich nicht mittragen, sowie wir auch Ihre Vorschläge sonst nicht mittragen wer­den. (Beifall beim BZÖ.)

Frau Bundesminister, wir glauben, dass das Ansiedlungsverbot für hoch gefährliche Täter, Sexualstraftäter zu wenig weit geht. Wir glauben auch, dass eine lebenslange Führungsaufsicht unerlässlich ist. Wir glauben ferner, dass es bei schweren Sexualde­likten obligatorisch lebenslängliche Freiheitsstrafen geben muss.

Ich habe noch eine Debatte in Erinnerung, die zu den dramatischsten Dingen gehört, die wir hier im Hohen Haus überhaupt diskutiert haben. Jene von Ihnen, die schon län­ger im Haus sind, werden sich noch daran erinnern: Ein rechtskräftig verurteilter, schwerer Sexualstraftäter – ich glaube, es war in der Steiermark – hat ein Verhältnis mit seiner psychotherapeutischen Betreuerin angefangen hat und hat diese Frau und deren Kind schließlich umgebracht. (Abg. Ing. Westenthaler: Das war in Niederöster­reich!) – Oder war es in Niederösterreich, ich bin mir nicht mehr ganz sicher, in wel­chem Bundesland es war.

Dramatisch war: Er hat dieses Kind dermaßen zugerichtet, dass sogar die Spuren der Messerspitzen noch im Parkettboden vorhanden waren. Der hat mit dem Messer die­ses Kind durchbohrt – und zwar gleich mehrfach. Das war eine tickende Zeitbombe, und wir haben damals alle gesagt, so etwas darf es nie wieder geben. Ich sage Ihnen, ich hoffe, dass es so etwas nie wieder geben wird, aber ich fürchte, wir können es nicht verhindern, weil es nach der jetzigen Rechtslage nicht möglich ist, so jemanden entsprechend zu verurteilen, wenn er nicht in den Maßnahmenvollzug kommt. Das sage ich dazu, aber Sie wissen selber, Frau Bundesministerin, aus Ihrer Richtertätig­keit, dass die Bereitschaft, Leute in den Maßnahmenvollzug zu schicken, bei der Über­lastung, die vorhanden ist – es ist ja rammelvoll, Sie wissen das –, nicht wirklich groß ist – insbesondere dann nicht, wenn dann sozialromantische Psychotherapeuten glau­ben, der ist jetzt wirklich resozialisiert.

Und dann folgt die Debatte, so wie sie der Kollege Dr. Fichtenbauer zu Recht ange­schnitten hat, über die chemische Kastration. Wenn man schon nicht mehr den Maß­nahmenvollzug  (Abg. Pendl: keine Sozialromantik!)  Das ist natürlich Sozialro­mantik gewesen! Die hat ein Pantscherl mit dem angefangen, und vor lauter Sozialromantik hat sie dann am Schluss selber draufgezahlt, und auch ihr eigenes Kind. Meine Damen und Herren, wenn das keine Sozialromantik ist, dann weiß ich auch nicht mehr!

Bei den Richtern ist die Neigung zu dieser Sozialromantik leider vorhanden. – Das ist nun einmal so. Da wäre die Möglichkeit der chemischen Kastration geeignet, die nichts mit unmenschlicher Behandlung zu tun hat. Das ist nicht irgend ein Schnipp-Schnapp-Verfahren, wie das, glaube ich, eine Kollegin aus der ÖVP angenommen hat. Chemi­sche Kastration ist eine Behandlung, wie sie jede Frau in diesem Land in vergleichba­rer Form – nämlich mit ihrer Anti-Baby-Pille – zu sich nimmt. Also regen Sie sich bitte nicht auf, das ist eine Hormonbehandlung, wie sie jede Frau mit ihrer Anti-Baby-Pille auch einnimmt.

Daraus ein Menschenrechtsproblem zu machen, ist ja grotesk. Das ist Sozialromantik, meine Damen und Herren von der SPÖ! Das ist genau jene Sozialromantik, die für manche Menschen – und ich sage wieder: die wehrlosesten in diesem Lande – hoch gefährlich ist, denn die tragen das Risiko für diese Sozialromantik. Die tragen das Risiko, nicht wir da herinnen. Das Risiko trägt selten einer von uns, sondern das tragen jene, die draußen zumeist in einem bestimmten Milieu mit diesen Tätern dann in Kon­takt treten. (Beifall beim BZÖ.)

Meine Damen und Herren, mögen uns daher dramatische Geschehnisse erspart blei­ben. Die Erfahrung lehrt, dass das leider nicht so ist, sondern dass kriminelle Energie


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bei Triebtätern besonders ausgeprägt ist, die eine andere Motivation haben als das ra­tionale Verhalten, wie es der gewöhnliche Kriminelle an den Tag legt. Und da ist eben mit chemischer Kastration eine Möglichkeit vorhanden, neben der lebenslänglichen Führungsaufsicht eine Alternative zu dem ohnehin bereits überlasteten Maßnahmen­vollzug zu gestalten. Sie werden früher oder später auf diese Vorschläge zurückkom­men, dessen bin ich mir sicher. (Beifall beim BZÖ.)

22.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der von Herrn Abgeordnetem Mag. Stadler in seinen Grundzügen erläuterte Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht. Ich lasse ihn gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung aufgrund des Umfanges zur Ver­teilung bringen.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Scheibner, Mag. Stadler, Hagen, Kolleginnen und Kollegen zum An­trag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung, die Zivilprozessord­nung, das Außerstreitgesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, das Straf­gesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz, das Tilgungsge­setz 1972, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Strafre­gistergesetz, das Sicherheitspolizeigesetz und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch geändert werden (Zweites Gewaltschutzgesetz - 2. GeSchG) (271/A) in der Fassung des Ausschussberichtes (106 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der oben bezeichnete Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

1. In Art. V werden nach Z 1 folgende Z 1a, 1b und 1c eingefügt:

„1a. § 43 wird folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) Wird ein Rechtsbrecher wegen einer zum Nachteil einer minderjährigen Person verübten strafbaren Handlung

1. gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung oder

2. gegen Leib und Leben oder die Freiheit, wenn

a) die Straftat begangen wurde, um sich geschlechtlich zu erregen oder befriedigen oder

b) die Tat vorsätzlich begangen wurde und dabei Gewalt gegen eine minderjährige Person angewendet wurde,

verurteilt, so sind die Abs. 1 und 2 nicht anzuwenden.“

1b. § 46 wird folgender Absatz 7 angefügt:

„(7) Die bedingte Entlassung ist ausgeschlossen bei Verurteilungen wegen einer zum Nachteil einer minderjährigen Person verübten strafbaren Handlung

1. gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung oder

2. gegen Leib und Leben oder die Freiheit, wenn

a) die Straftat begangen wurde, um sich geschlechtlich zu erregen oder befriedigen oder

b) die Tat vorsätzlich begangen wurde und dabei Gewalt gegen eine minderjährige Person angewendet wurde.“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 296

1c. In § 50 wird folgender Absatz 1a eingefügt:

„(1a) Einem Rechtsbrecher, der wegen einer zum Nachteil einer minderjährigen Person verübten strafbaren Handlung

1. gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung oder

2. gegen Leib und Leben oder die Freiheit, wenn

a) die Straftat begangen wurde, um sich geschlechtlich zu erregen oder befriedigen oder

b)die Tat vorsätzlich begangen wurde und dabei Gewalt gegen eine minderjährige Per­son angewendet wurde,

sind auch nach der Entlassung aus der Haft Weisungen iSd § 51 zu erteilen.“

2. In Art. V wird nach Z 3 folgende Ziffer 3a eingefügt:

„3a. In § 51 Abs. 2 wird nach dem ersten Satz folgender Satz eingefügt:

„Soweit dies in besonders schweren Fällen nach den im Einzelfall zu beurteilenden Umständen zur Überprüfung der Einhaltung der erteilten Weisungen erforderlich ist, kann eine elektronische Überwachung des Aufenthaltes durchgeführt werden.““

3. In Art. V Z 6 lautet § 52a Abs. 1:

„(1) Wird ein Rechtsbrecher, der wegen einer strafbaren Handlung

1. gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung oder

2. gegen Leib und Leben oder die Freiheit, wenn

a) die Straftat begangen wurde, um sich geschlechtlich zu erregen oder befriedigen oder

b) die Tat vorsätzlich begangen wurde und dabei Gewalt gegen eine minderjährige Person angewendet wurde

zu einer Freiheitsstrafe verurteilt oder gegen den wegen einer solchen Handlung eine mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahme angeordnet worden ist, entlassen, so ist er unter gerichtliche Aufsicht zu stellen, damit er durch die Überwa­chung des Verhaltens (Abs. 2), insbesondere hinsichtlich der Befolgung einer Weisung gemäß § 51 Abs. 3 oder einer Weisung, bestimmte Tätigkeiten nicht auszuüben, von weiteren solchen mit Strafe bedrohten Handlungen abgehalten wird.““

4. In Art. V wird nach Z 7 folgende Z 7a eingefügt:

„7a. In § 57 Abs. 1 wird der zweite und dritte Satz durch folgenden Text ersetzt:

„Darüber hinaus tritt im Fall einer zum Nachteil einer minderjährigen Person verübten strafbaren Handlung mit Todesfolge oder schweren Dauerfolgen

1. gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung oder

2. gegen Leib und Leben oder die Freiheit, wenn

a) die Straftat begangen wurde, um sich geschlechtlich zu erregen oder befriedigen oder

b) die Tat vorsätzlich begangen wurde und dabei Gewalt gegen eine minderjährige Person angewendet wurde

eine Verjährung nicht ein.“


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5. In Art. V werden nach Z 8a folgende Z 8aa bis 8ac eingefügt:

„8aa. In § 92 lauten die Abs. 1 und 3:

„(1) Wer einem anderen, der seiner Fürsorge oder Obhut untersteht und der das acht-zehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder wegen Gebrechlichkeit, Krankheit oder Schwachsinns wehrlos ist, körperliche oder seelische Qualen zufügt, ist mit Frei­heitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.

(3) Hat die Tat eine Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen (§ 85) zur Folge, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren, hat sie den Tod des Ge­schädigten zur Folge, mit lebenslanger Freiheitsstrafe zu bestrafen.“

8ab. § 93 Abs. 1 lautet:

„(1) Wer einen anderen, der von ihm abhängig ist oder seiner Fürsorge oder Obhut un­tersteht und der das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder wegen sei­nes Gesundheitszustandes offensichtlich schonungsbedürftig ist, aus Bosheit oder rücksichtslos überanstrengt und dadurch, wenn auch nur fahrlässig, die Gefahr des To­des oder einer beträchtlichen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung des Über­anstrengten herbeiführt, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestra­fen.“

8ac. § 101 lautet:

„§ 101. Wer eine unmündige Person in der Absicht entführt, dass sie von ihm oder einem Dritten sexuell missbraucht werde, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.““

6. In Art. V werden nach Z 9 folgende Z 9a und 9b eingefügt:

„9a. § 201 lautet samt Überschrift:

„Geschlechtliche Nötigung und Vergewaltigung

(1) Wer eine Person mit Gewalt, durch Entziehung der Freiheit oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89) zur Vornahme oder Duldung einer ge­schlechtlichen Handlung, des Beischlafes oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung nötigt, ist mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu fünfzehn Jah­ren zu bestrafen.

(2) Hat die Tat eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) oder eine Schwanger­schaft der vergewaltigten Person zur Folge oder wird die vergewaltigte Person durch die Tat längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt oder in besonderer Weise erniedrigt, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe von fünfzehn bis zwanzig Jahren, hat die Tat aber den Tod der vergewaltigten Person zur Folge, mit lebenslanger Frei­heitsstrafe zu bestrafen.““

9b. § 202 entfällt samt Überschrift.“

7. In Art. V wird nach Z 11 folgende Z 11a eingefügt:

„11a. § 206 Abs. 1 bis 3 lauten samt Überschrift:

„Sexueller Missbrauch von Unmündigen

(1) Wer eine geschlechtliche Handlung an einer unmündigen Person vornimmt oder von einer unmündigen Person an sich vornehmen lässt, ist mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu fünfzehn Jahren zu bestrafen.

(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer eine unmündige Person zur Vornahme oder Duldung einer geschlechtlichen Handlung mit einer anderen Person oder, um sich oder einen Dritten geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, dazu verleitet, eine solche Hand­lung an sich selbst vorzunehmen.


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(3) Hat die Tat eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) oder eine Schwanger­schaft der unmündigen Person zur Folge, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe von fünf­zehn bis zu zwanzig Jahren, hat sie aber den Tod der unmündigen Person zur Folge, mit lebenslanger Freiheitsstrafe zu bestrafen.““

8. In Art. V lautet Z 12:

„12. § 207 entfällt samt Überschrift.“

9. In Art. V lautet Z 15:

„15. Nach dem § 220a wird folgender § 220b samt Überschrift eingefügt:“

„Tätigkeitsverbot

§ 220b. Einem Rechtsbrecher, der wegen einer zum Nachteil einer minderjährigen Per­son verübten strafbaren Handlung


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1. gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung oder

2. gegen Leib und Leben oder die Freiheit, wenn

a) die Straftat begangen wurde, um sich geschlechtlich zu erregen oder befriedigen oder

b) die Tat vorsätzlich begangen wurde und dabei Gewalt gegen eine minderjährige Person angewendet wurde

verurteilt wird, ist nach der Entlassung aus der Haftstrafe auf Dauer die Ausübung sämtlicher Erwerbstätigkeiten oder sonstiger Tätigkeiten in Vereinen oder sonstigen Einrichtungen zu untersagen, welche die Erziehung, Ausbildung oder Beaufsichtigung Minderjähriger einschließen.““

10. In Art. VIII lautet § 4a in Z 2:

„§ 4a. Im Fall einer Verurteilung wegen einer strafbaren Handlung nach den §§ 201, 205 und 206 findet eine Tilgung nicht statt. Im Fall einer Verurteilung wegen einer sonstigen im 10. Abschnitt des Besonderen Teils des StGB bezeichneten strafbaren Handlung oder im Fall einer Anordnung einer Unterbringung gemäß § 21 Abs. 1 StGB wegen einer solchen Tat verlängert sich die Tilgungsfrist auf das Dreifache.“

11. In Art. XI wird nach Z 6 folgende Z 6a eingefügt:

„6a. In § 9a wird folgender Abs. 2a eingefügt:“

(2a) Die Bundespolizeidirektion Wien hat hinsichtlich der gem. § 2 Abs. 1 Z 7 und 8 er­fassten Daten sowie der gemäß § 2 Abs. 1a gekennzeichneten Verurteilungen eine im Weg des Datenfernverkehres für jedermann einsehbare Sexualstraftäterdatei zum Schutz der Bevölkerung einzurichten. Die Bundesministerin für Inneres hat dabei im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Justiz mit Verordnung, festzusetzen, wel­che Daten einsehbar sind, wobei dabei insbesondere die Schwere der Straftat, wegen der die Eintragung nach diesem Bundesgesetz erfolgt ist, und die Rückfallswahrschein­lichkeit zu berücksichtigen sind.“

Um Vervielfältigung und Verteilung an die Abgeordnetengemäß § 53 Abs. 4 GOG- NR wird ersucht.

Begründung

Zu Z 1:

Durch diese Bestimmungen soll eine bedingte Strafnachsicht sowie eine bedingte Ent­lassung aus einer Freiheitsstrafe in jenen Fällen ausgeschlossen werden in denen ein Rechtsbrecher wegen einer zum Nachteil einer minderjährigen Person verübten straf­baren Handlung

1. gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung oder

2. gegen Leib und Leben oder die Freiheit, wenn

a) die Straftat begangen wurde, um sich geschlechtlich zu erregen oder befriedigen oder

b) die Tat vorsätzlich begangen wurde und dabei Gewalt gegen eine minderjährige Person angewendet wurde,

verurteilt wird.

Darüber hinaus wird für diese Fälle vorgesehen, dass den oben angeführten Rechts­brechern auch nach der Entlassung aus der Haft Weisungen iSd § 51 erteilt werden können.

Zu Z 2:

Hier wird angeordnet, dass zur Durchsetzung von Weisungen, die unter anderem dazu dienen sollen Sexualstraftäter von Örtlichkeiten fern zuhalten an denen vermehrt Kin­der anzutreffen sind, in besonders schweren Fällen eine elektronische Überwachung des Aufenthaltes des aus der Haft entlassenen Sexualstraftäters angeordnet werden kann.

Zu Z 3:

Durch diese Bestimmung sollen verurteilte Sexualstraftäter in Zukunft generell nach Haftentlassung unter gerichtliche Aufsicht gestellt werden, wobei dabei insbesondere auf die Einhaltung von Weisungen und Tätigkeitsverboten hinzuwirken ist.

Z 4:

Eine Verjährung der Strafbarkeit soll in Fällen von gegen minderjährige Personen ge­richtete Sexualstraftaten und Gewalttaten ausgeschlossen werden, in denen eine straf­bare Handlung schwere Dauerfolgen oder die Todesfolge nach sich gezogen hat.

Z 5 :

Durch diese Bestimmung sollen die Strafrahmen hinsichtlich der Straftatbestände §§ 92 (Quälen oder Vernachlässigen unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen), 93 (Über­anstrengung unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen) und 101 (Entführung einer unmündigen Person) erhöht werden.

Zu Z 6:

Hier wird der Tatbestand der Vergewaltigung mit jenem geschlechtlichen Nötigung ver­eint, da es keinen Unterschied machen darf, ob der Beischlaf oder eine geschlechtliche Handlung erzwungen wurde. Darüber hinaus werden die Strafrahmen erhöht. Ins­besondere ist bei Straftaten mit Todesfolge eine lebenslange Freiheitsstrafe zu ver­hängen.

Zu Z 7 und 8:

Hier wird der Tatbestand des schweren sexuellen Mißbrauches von Unmündigen mit jenem des sexuellen Missbrauches von Unmündigen vereint, da es wie oben ausge­führt wurde, auch hier keinen Unterschied machen darf ob der Beischlaf, eine dem Bei­schlaf gleichzusetzende Handlung oder eine sonstige geschlechtliche Handlung vorge­nommen wird. Auch hier werden die Strafrahmen erhöht, wobei insbesondere bei Straf­taten mit Todesfolge eine lebenslange Freiheitsstrafe zu verhängen ist.

Zu Z 9:

Durch diese Bestimmung soll ein generelles Tätigkeitsverbot für Sexualstraftäter hin­sichtlich der Ausübung sämtlicher Erwerbstätigkeiten oder sonstiger Tätigkeiten in Ver-


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einen oder sonstigen Einrichtungen normiert werden, welche die Erziehung, Ausbil­dung oder Beaufsichtigung Minderjähriger einschließen.

Zu Z 10:

Hier soll eine Tilgung von Sexualstraftaten iSd der §§ 201, 205 und 206 ausgeschlos­sen werden. Bei sonstigen Sexualstraftaten nach dem 10. Abschnitt des Besonderen Teils des StGB soll sich die Tilgungsfrist um das Dreifache verlängern.

Zu Z 11:

Durch diese Bestimmung soll eine für jedermann einsehbare Sexualstraftäterdatei ein­geführt werden.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Wurm. 3 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


22.02.21

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frauen Bun­desministerinnen! Kollege Stadler, es ist wahrhaftig nicht romantisch zu wissen, dass jede fünfte Frau in ihrem Leben einmal mit Gewalt zu tun hat, dass in der Familie, die für einen Menschen eigentlich der sicherste Ort sein sollte, sehr viele Gewalttaten ver­übt werden. (Abg. Mag. Stadler: Stimmen Sie zu!)

Daher, liebe Kolleginnen und Kollegen: Häusliche Gewalt ist keine Privatsache, das Gesetz darf nicht wegschauen. Es ist mit diesem Gewaltschutzpaket ein wichtiger, be­achtlicher Schritt gemacht worden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir, die SPÖ, haben uns immer für den weiteren Ausbau der Maßnahmen zum Schutz der Frauen ausgesprochen und eingesetzt. Wir brauchen diesen neuen Straftatbe­stand, der auf die Realität langjähriger Gewaltbeziehungen eingeht, darauf reagiert.

Bisher konnten nur einzelne Tatbestände wie Nötigung, Körperverletzung, Drohung, Misshandlungen oder Ähnliches geltend gemacht werden. Ein eigener Straftatbestand für langjährige Gewaltbeziehungen trägt nun der Tatsache Rechnung, dass die Opfer mehrfachen und andauernden Belastungen und Bedrohungen ausgesetzt sind. Vorge­sehen ist nun ein Strafrahmen zwischen sechs Monaten und fünf Jahren. Das ist ein großer Fortschritt, liebe Kolleginnen und Kollegen, im Kampf gegen die häusliche Ge­walt, die zum Großteil Gewalt gegen Frauen ist.

Der zentrale Passus des zweiten Gewaltschutzgesetzes, um den es hier geht, stellt die fortgesetzte Gewaltausübung unter Strafandrohung. Mit diesem Straftatbestand soll Frauen, die in Gewaltbeziehungen leben, ein entsprechendes Ausstiegsszenario ange­boten werden.

Praxiserfahrungen der Gewaltschutzzentren zeigen deutlich, dass gerade bei häusli­cher Gewalt selten eine einzelne Tat stattfindet. In den überwiegenden Fällen handelt es sich um jahrelang andauernde Leidensgeschichten immer wiederkehrender einzel­ner Gewalthandlungen, sogenannte Gewaltbeziehungen, aus denen sich die Betroffe­nen nur sehr schwer loslösen können.

In unterschiedlichen Ausprägungen kommt es zu Psychoterror, Misshandlungen, stän­diger Kontrolle, Einschränkungen, Herabwürdigungen, Erniedrigungen, Körperverlet­zungen, psychischer, physischer und sexualisierter Gewalt. Der Schwere der Tat wird nur dann in angemessener Weise Rechnung getragen, wenn sämtliche über einen län­geren Zeitraum dauernden und verschiedenartigen Gewalthandlungen berücksichtigt werden. Nur dann werden die Dynamik der Gewaltbeziehung und die langen Leidens-


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geschichten sichtbar. Werden nur einzelne Delikte im Strafverfahren abgehandelt, wie das bisher der Fall war, entspricht das nicht dem, was das Opfer über Wochen oder sogar Monate oder Jahre erlitten hat.

Die Unrechtserfahrung des Opfers, sehr geehrte Damen und Herren, soll sich im Straf­prozess als Ganzes wiederfinden. Wenn Gewaltbeziehungen als eine ganze Reihe von Gewalterfahrungen, als Kreislauf von Gewalt sanktioniert werden, zeigt die Gesell­schaft mit den Mitteln des Strafrechts, dass sie derartige Gewaltbeziehungen nicht tole­riert, und wirkt damit zusätzlich bewusstseinsbildend und auch präventiv.

Da ist uns wirklich etwas Wichtiges gelungen, und darauf bin ich wirklich stolz. Es war eine zweijährige Vorbereitungsarbeit notwendig, Ministerin Berger hat hier sehr viel vorbereitet, und diese Neuerung wird in Zukunft wirklich große Verbesserungen für die Opfer bringen.

Die Botschaft, auf die wir stolz sein können, ist: Kein Mensch hat das Recht, einen an­deren Menschen in seiner/ihrer körperlichen, geistigen, psychischen und sexuellen Integrität anzutasten. Die Beziehung, in der sie stehen, darf dabei keine Bedeutung haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir zeigen mit diesem Gesetz, wie ernst es uns ist, Handlungen gegen Gewalt – und im Besonderen gegen Gewalt in der Familie – zu setzen. Es darf keine Beschönigungen, Abschwächungen und Tabuthemen geben. Das neue Gesetz zögert nicht mehr, Gewalthandlungen klar zu benennen. Österreich war schon bei der Wegweisung führend in ganz Europa. Nun haben wir einen weiteren Schritt gesetzt. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Stefan zu Wort. 3 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


22.07.12

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Hohes Haus! Es wurde bereits festgestellt, dass dieses Gewaltschutzgesetz weitgehend auch freiheitliche Handschrift trägt und wir das daher mittragen. Allerdings gibt es einige Kritikpunkte, und zwei greife ich jetzt heraus.

Erstens die Ausdehnung der Wegweisung von drei Monaten auf sechs Monate. Das lehnen wir ab, denn das öffnet dem Missbrauch Tür und Tor, und es führt auch zu einer Präjudizierung von späteren Scheidungs-, Obsorge- und Besuchsrechtsverfahren. Wir wissen, dass das auch in der Praxis sehr große Probleme bringt.

Wir haben bereits getestet, dass die Wegweisung bei Frauenberatungsstellen gezielt empfohlen wird, um ein Präjudiz zu schaffen. Das Argument, dass der Antragsteller sechs Monate Zeit haben muss, sich eine Wohnung zu suchen, steht auch in Wider­spruch dazu, dass derjenige, der weggewiesen wird, innerhalb weniger Minuten sein Hab und Gut zusammenpacken muss oder überhaupt nicht mehr die Möglichkeit dazu hat und dann sechs Monate entfernt ist. (Abg. Windbüchler-Souschill: Stimmt ja gar nicht!) – Nein, es ist die Zeitspanne einfach zu lang. Drei Monate sind ausreichend, wir lehnen diese Ausdehnung ab.

Ich bringe daher einen entsprechenden Abänderungsantrag ein.

Das zweite Gewaltschutzgesetz in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

In Artikel I wird in Ziffer 1 das Wort „sechs“ durch das Wort „drei“ ersetzt.

In Artikel I wird in Ziffer 3 die Wortfolge „ein Jahr“ durch die Wortfolge „sechs Monate“ ersetzt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 302

In Artikel III wird in Ziffer 4 die Wortfolge „ein Jahr“ durch die Wortfolge „sechs Monate“ ersetzt.

*****

Ein zweiter Kritikpunkt ist, wie schon in unserem Abänderungsantrag von Dr. Fichten­bauer ausgeführt, dass die Erstellung von gerichtsmedizinischen Gutachten nun auch durch Universitätsinstitute möglich sein soll. Dagegen gibt es massiven Widerstand von ganz breiten Bereichen der Justiz. Ich möchte nur ein paar Argumente, die hier ge­bracht wurden, anführen, um zu zeigen, wie das abgelehnt wurde. Mehr ist dem gar nicht hinzuzufügen.

Der Präsident des Obersten Gerichtshofes: Beeinträchtigung der Grundsätze der Un­mittelbarkeit und Unabhängigkeit gutachterlicher Tätigkeit, monopolistische Bevor­rechtung.

Oder die Oberstaatsanwaltschaft Graz: verfassungsrechtliche Bedenken und ungleiche Behandlung von Sachverständigen.

Oder der österreichische Rechtsanwaltskammertag: Monopolstellung, keine Auswahl­möglichkeit für das Gericht, keine Ablehnungsmöglichkeit für Parteien, kaum Möglich­keit der Überprüfung, andere Sachverständige werden als Sachverständige zweiter Wahl anzusehen sein.

Die Richtervereinigung hat sich dagegen ausgesprochen. Die Wiener Landesregie­rung, die Österreichische Gesellschaft für gerichtliche Medizin.

Also so eine weitgehende Ablehnung hat es selten wo gegeben, und daher sollte man dem auch nähertreten und unserem Abänderungsantrag zustimmen. Überhaupt ist festzustellen, dass die Reform noch bedeutend besser wäre, wenn unsere Abände­rungsanträge mitgetragen würden. (Beifall bei der FPÖ.)

22.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Stefan, ich gehe davon aus, dass es sich vorhin um ein Verlesen oder Versprechen gehandelt hat: Sie haben bei Ihrer Verlesung gesagt: „3. In Artikel III ...“ und nicht „In Artikel I ...“, wie es im schriftlichen Antrag lautet. Ich gehe davon aus, dass Sie das übersehen haben. (Abg. Mag. Stefan bejaht dies.)

Damit ist der Abänderungsantrag ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Stefan und weiterer Abgeordneter

eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 21, Bericht des Justizaus­schusses über den Antrag 271/A der Abgeordneten Mag. Heribert Donnerbauer, Dr. Jo­hannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Gerichtliche Ein­bringungsgesetz 1962, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975, das Straf­vollzugsgesetz, das Tilgungsgesetz 1972, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Verbre­chensopfergesetz, das Strafregistergesetz, das Sicherheitspolizeigesetz und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch geändert werden (Zweites Gewaltschutzgesetz - 2. GeSchG) (106 d.B.), in der 16. Sitzung des Nationalrates (XXIV. GP), am 11. März 2009.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 303

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der Antrag 271/A der Abgeordneten Mag. Heribert Donnerbauer, Dr. Johannes Jaro­lim, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsord­nung, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Gerichtliche Einbringungs­gesetz 1962, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975, das Strafvollzugs­gesetz, das Tilgungsgesetz 1972, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Verbrechensop­fergesetz, das Strafregistergesetz, das Sicherheitspolizeigesetz und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch geändert werden (Zweites Gewaltschutzgesetz - 2. GeSchG), in der Fassung des Ausschussberichts (106 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. In Artikel I (Änderung der Exekutionsordnung) wird in Ziffer 1 das Wort „sechs“ durch das Wort „drei“ ersetzt.

2. In Artikel I (Änderung der Exekutionsordnung) wird in Ziffer 3 die Wortfolge „ein Jahr“ durch die Wortfolge „sechs Monate“ ersetzt.

3. In Artikel I (Änderung der Exekutionsordnung) wird in Ziffer 4 die Wortfolge „ein Jahr“ durch die Wortfolge „sechs Monate“ ersetzt.

Begründung

Im Bereich der Wegweisungen gibt es ein großes Missbrauchspotential. Es ist ein Leichtes, ungerechtfertigter Weise Wegweisungen zu erwirken. „Im Hinblick auf den massiven Eingriff in die Rechtsposition des Antragsgegners“ (Zitat aus der Begründung des Antrags) und auf die Missbrauchsmöglichkeiten ist eine Wegweisung von einem halben Jahr (aus der eigenen Wohnung) mit dem Institut der einstweiligen Verfügung nicht vereinbar. Das Argument, der Antragsteller könne in nur drei Monaten keine neue Wohnung suchen hinkt im Vergleich zum Antragsgegner, da dieser innerhalb weniger Minuten sein Hab und Gut zu packen bzw. zu verlassen hat.

Die Wegweisung wirkt als Präjudiz bei Folgeverfahren auf Scheidung, Obsorge und Besuchsrecht. Von Frauen, die sich in Frauenberatungsstellen informiert haben wissen wir, dass die Scheidung über den Weg einer ungerechtfertigten Wegweisung sogar empfohlen wird. Die von Frauenberatungsstellen empfohlene Vorgangsweise sieht in etwa so aus: Die Frau soll warten bis ein Fußballspiel oder ähnliches im Fernsehen ausgestrahlt wird, nachdem der Mann im besten Fall ein oder zwei Biere getrunken hat soll die Polizei angerufen und der Exekutive gegenüber angegeben werden man sei bedroht worden. Wird eine Wegweisung erwirkt, so seien Scheidungs-, Obsorge- und Besuchsrechtsverfahren kein Problem mehr.

Diese Informationen kommen von Frauen, die sich wegen diverser Beziehungsproble­men beraten lassen wollten und selbst eine Scheidung nicht in Erwägung gezogen hätten.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Mag. Steinhauser. Gewünschte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


22.10.44

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Wir werden dem Gewaltschutzpaket zustimmen. In vielen Punkten entspricht es ja langjährigen Forderungen der Interventionsstellen und der Frauenhäuser.

Ein Satz aber zum Kollegen Stefan. Ich weiß nicht, ob ich mich verhört habe – korrigie­ren Sie mich, wenn das der Fall sein sollte! –: Haben Sie tatsächlich davon gespro-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 304

chen, dass bei der Einstweiligen Verfügung gegen häusliche Gewalt Frauen diese Re­gelung missbräuchlich einsetzen würden? Wenn Sie das ernst meinen, dann empfehle ich Ihnen: Gehen Sie in Frauenhäuser und schauen Sie sich die betroffenen Frauen an! (Abg. Mag. Stefan: So werden sie beraten!)

Sie sagen allen Ernstes, dass Gewaltopfer missbräuchlich die Einstweilige Verfügung, die gerichtlich überprüft wird, einsetzen?! (Abg. Mag. Stefan: Es gibt solche Fälle! Sie werden so beraten!) Ich nehme zur Kenntnis: Offensichtlich macht sich die FPÖ zum Schutzanwalt prügelnder Männer – das spricht für sich! (Beifall bei den Grünen. – Zwi­schenrufe bei der FPÖ; darunter Abg. Dr. Haimbuchner: Schämen Sie sich, was Sie da aufführen! Sie haben überhaupt keine Ahnung!) Sie sollten sich schämen für den Missbrauchsvorwurf, dafür sollten Sie sich schämen! Aber wir werden dafür die Öffent­lichkeit schaffen. Offensichtlich haben Sie die Seiten gewechselt und treten nicht mehr für den Opferschutz ein. Wir nehmen das zur Kenntnis, und wir werden das öffentlich machen. Das ist offensichtlich die neue Linie der FPÖ. (Abg. Dr. Haimbuchner: Das ist ja unglaublich! Das ist eine Frechheit!)

Frau Bundesminister, bei aller Zustimmung zum Gewaltschutzpaket gibt es trotzdem einige Punkte, die wir hier besprechen müssen. Einige Abgeordnete haben hier einen Initiativantrag vorgelegt, und das Erste, was Sie gemacht haben, war: Sie haben in einigen wichtigen Punkten eingeschränkt. Und ich sage Ihnen noch die Punkte, die be­sonders bedauerlich sind – da können Sie sich mit der FPÖ offensichtlich verständi­gen –, die nämlich in Richtung Einschränkung des Opferschutzes gehen.

Erster Punkt: Juristische Prozessbegleitung im Zivilrechtsverfahren. Und der zweite Punkt ist die psychosoziale Betreuung bei Straftaten im privaten Lebensbereich. Das klingt juristisch; was ist damit gemeint? – Einbruchsdiebstähle. Morgen steht im „Stan­dard“ – seriöses Medium –: Zunahme der Einbruchsdiebstähle um 60 Prozent. (Abg. Steibl: Das stimmt aber nicht ganz!)

Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Es ist zynisch, diesen Personen die psychosoziale Betreu­ung zu nehmen, denn wir wissen, dass auch Einbruchsopfer, die zwar nicht Opfer un­mittelbarer Gewalt werden, oft schwer traumatisiert sind, Angst haben, allein in der Wohnung zu bleiben. Und was machen Sie? – Sie nehmen genau jenen Opfern den Schutz. (Abg. Mag. Ikrath: Herr Kollege, das ist etwas übertrieben!)

Ein zweiter Punkt: Sie haben sehr schnell die Unarten des Parlamentarismus gelernt, was ich sehr bedauere. Es hat einen umfassenden Antrag gegeben, und im Ausschuss kam dann, natürlich eingebracht durch großkoalitionäre Abgeordnete, ein umfassender Abänderungsantrag, der teilweise ganz neue Materien gebracht hat, die dem Begut­achtungsverfahren entzogen waren. Gewöhnen Sie sich das nicht an, das ist schlech­ter parlamentarischer Stil! (Abg. Mag. Ikrath: Beschneiden Sie unsere Initiative?) Las­sen Sie sich da nicht falsch beraten! Der beste Weg ist der direkte Weg. Wenn Sie eine Idee haben, stellen Sie die zur Debatte, stellen Sie sich im Begutachtungsverfahren Ih­ren Kritikern! (Abg. Mag. Ikrath: Sie nehmen uns unsere Initiative?)

Ein Beispiel ist schon gebracht worden: Das ist dieser skandalöse Umstand der Bestel­lung der Sachverständigen der Gerichtsmedizin, die jetzt nur mehr direkt über das Ins­titut bestellt werden können.

Frau Bundesministerin, Sie wissen sicherlich, das haben schon zwei Justizministerin­nen vor Ihnen versucht. Jedes Mal hat es von den Betroffenen massive Kritik gege­ben. Staatsanwälte, Richter, Rechtsanwälte, alle haben gesagt: Hände weg davon, das ist nicht StPO-konform! Der Kollege, den ich vorhin kritisiert habe, hat das zitiert: Ein­griff in Parteienrechte; Beeinträchtigung der Unabhängigkeit der gutachterlichen Tätig­keit, hat es geheißen; die Verfahrensgrundsätze der freien richterlichen Auswahl bei der Sachverständigenbestellung unterlaufen. – Massive Kritik also.


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Ihre Vorgängerinnen haben jeweils nach dieser massiven Kritik dieses Ansinnen zu­rückgezogen. (Abg. Steibl: Was heißt Vorgängerinnen? Es gibt auch Vorgänger!) Sie haben Ihre eigenen Schlüsse daraus gezogen: Sie schicken es gar nicht ins Begutach­tungsverfahren, damit Sie sich der Kritik der Expertinnen und Experten nicht stellen müssen, sondern Sie schmuggeln das einfach über den Ausschuss an den ExpertIn­nen vorbei.

Was ist die Konsequenz? Die Frau Bundesministerin ist dann gleich zurückgerudert. Offensichtlich hat es dann den Aufstand der Staatsanwälte gegeben, weil die Regelung wurde ja dann entschärft. Sie hat ja, obwohl sie es versucht hat, binnen drei Tagen wahrscheinlich die „Hütte“ voll gehabt von protestierenden Staatsanwälten. Dann sind Sie zurückgerudert.

Und was bleibt übrig? – Sie degradieren auch mit Ihrer Kompromisslösung die Gerichte zu Bittstellern bei der Gerichtsmedizin. Sie hinterlassen in der Strafprozessordnung ein absolutes Chaos, indem Sie Teile ändern, andere Teile nicht ändern. Ich bringe Ihnen ein Beispiel:

Wenn ein Mord passiert, dann müssten Sie nach der neuen Regelung einmal im Vor­verfahren das Institut für Gerichtsmedizin unmittelbar bestellen; den Schusswaffengut­achter bestellen Sie ad personam, den Psychiater ad personam. In der Hauptverhand­lung, derselbe Mord, können Sie nicht mehr das Institut bestellen, sondern müssen wiederum – § 126, lesen Sie nach! – ad personam einen Gerichtsgutachter bestellen. Ist der Betroffene nicht tot, sondern ist er verletzt, wird wieder ad personam bestellt.

Sie haben die Strafprozessordnung mit dieser Systemwidrigkeit durcheinandergewür­felt, mit einem einzigen Ziel – das ist ja durchaus anerkennenswert –: Sie wollen die Gerichtsmedizin, das Institut für Gerichtsmedizin, sicherstellen. Das ist der Vorwand. (Abg. Mag. Ikrath: Ein hoffnungsloser Fall!) Sie werden dieses Ziel nur nicht erreichen, denn Sie wissen genau, dass ein ganz anderer Umstand der Gerichtsmedizin das Ge­nick gebrochen hat: Dass nämlich in Wien ein Landesgesetz geändert wurde und die Zahl der sanitätsbehördlichen Leichenöffnungen um 90 Prozent zurückgegangen ist. Und das hat dann letztendlich der Gerichtsmedizin das Genick gebrochen. (Zwischen­rufe bei der ÖVP.)

Frau Bundesminister, Sie werden daher mit dieser Verwirrung in der Strafprozessord­nung Ihr Ziel nicht erreichen und lassen ein Chaos zurück. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

22.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, es ist aus Ihren Ausführun­gen nicht hervorgegangen, ob Sie jetzt einen Antrag eingebracht haben oder nicht. (Abg. Mag. Steinhauser: Wird erst eingebracht!) Er wird erst eingebracht.

Nächste Rednerin: Frau Bundesministerin Mag. Bandion-Ortner. – Bitte, Frau Bundes­ministerin.

 


22.17.30

Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren Abge­ordnete! Hohes Haus! Mit dem zweiten Gewaltschutzpaket, das heute dem National­ratsplenum zur Abstimmung vorliegt, legen wir ein maßvolles und wirksames Paket vor, das darauf abzielt, den Opferschutz trotz Finanzkrise und trotz Sparbudget einen Schritt weiter auszubauen.

Wie Sie alle in meinen bisherigen diesbezüglichen Stellungnahmen lesen können, ist mir dieses Gesetzesvorhaben ein persönliches Anliegen. Umso mehr freut es mich, dass es heute hier im Plenum beschlossen werden soll.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 306

Die Kernpunkte dieses Paketes sind einerseits Maßnahmen der Rückfallsvermeidung bei Sexualstraftätern; Strafschärfungen und Tatbestandsausweitungen bei Sexualstraf­taten; die Verbesserung des Schutzes von Opfern von Gewalt im sozialen Nahraum; ein maßvoller Ausbau der Gewaltschutzverfügung in der Exekutionsordnung sowie die Verbesserung der rechtlichen Stellung von Verbrechensopfern.

Zusammengefasst kann man das erklärte Ziel des zweiten Gewaltschutzpaketes mit der Verbesserung des Schutzes von Opfern durch Gewalt und Verschärfungen der Bestimmungen gegen Sexualstraftaten umreißen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Oper von Gewalt sollen durch Schaffen eines neuen Tatbestandes der fortgesetzten Gewaltausübung im StGB noch besser vor Aggressoren in den eigenen vier Wänden geschützt werden. Dieser neue Tatbestand umfasst insbesondere die Gewaltausübung über eine längere Zeit hindurch und die Beeinträchtigung der körperlichen Integrität und Freiheit über einen längeren Zeitraum.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Verbesserung der Prävention von Sexualstraftaten. Die Prävention soll einerseits durch Maßnahmen der Rückfallsvermeidung bei Sexual­straftätern erreicht werden, wie zum Beispiel durch Tätigkeitsverbote für Sexualstraftä­ter oder etwa die gerichtliche Aufsicht über Sexualstraftäter nach einer bedingten Ent­lassung.

Außerdem werden Strafschärfungen und Tatbestandsausweitungen bei bestimmten Sexualstraftaten vorgenommen. Übrigens ist jetzt auch die Verhängung einer lebens­langen Strafhaft bei gewissen Sexualstraftaten möglich, nämlich dann, wenn es zu einer Todesfolge gekommen ist. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Es sind auch Verschärfungen im Tilgungsgesetz vorgesehen. In besonders schwerwie­genden Fällen kann die Tilgung sogar jetzt ausgeschlossen werden.

In der Exekutionsordnung sollen mit dem Zweiten Gewaltschutzgesetz in der Praxis aufgetretene Defizite und Schutzlücken bei den Einstweiligen Verfügungen zum Schutz vor Gewalt in der Familie und bei Einstweiligen Verfügungen zum Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre – Stichwort Stalking – beseitigt werden.

Ein wichtiger Punkt sind auch Änderungen im Verfahrensrecht. So soll die Rechts­stellung des Opfers im Zivilverfahren ausgebaut werden, die Möglichkeit der psychoso­zialen Prozessbegleitung soll genauso geschaffen werden wie die abgesonderte Ver­nehmung von Opfern. Was die juristische Prozessbegleitung angeht, gibt es auch die Möglichkeit der Verfahrenshilfe. Auch soll es Opfern möglich sein, ihre Anschrift gegen­über dem Prozessgegner geheim zu halten. Zusätzlich erhalten Verbrechensopfer einen Anspruch auf Leistung eines Vorschusses in Form eines Pauschalbetrages für Schmerzengeld.

Besonders erwähnenswert erscheinen mir die Neuerungen im Bereich der Bekämp­fung der Kinderpornographie. Sie wissen, dass das ein mir persönlich sehr wichtiger Punkt ist. Das derzeitige Schutzniveau soll angehoben werden. Nicht nur die Weiterga­be und Abspeicherung von kinderpornographischen Darstellungen, sondern auch der wissentliche Zugriff auf kinderpornographische Darstellungen im Internet sollen nun­mehr unter Strafe gestellt werden.

Übrigens: Das Europaratsabkommen zum Schutz von Kindern von sexueller Ausbeu­tung und Missbrauch sieht das ebenso vor. Österreich nimmt da eine Vorreiterstellung ein bei der Umsetzung dieses genannten Europaratsabkommens, und darauf können wir mit Fug und Recht stolz sein! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Erlauben Sie mir noch eine ganz persönliche Bemerkung zu diesem Thema. Wir wis­sen alle, es ist eine Vision zu glauben, dass man das Übel der Kinderpornographie ganz wird ausmerzen können, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Und ich bin überzeugt, dass es, wenn wir den Konsum von Kinderpornographie schwieriger


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 307

machen, ja fast unmöglich machen, dann auch für die Produzenten schwieriger wird, Kinderpornographie zu verbreiten und Abnehmer zu finden. Und das ist einfach wirklich ein sehr, sehr wichtiger Schritt zum Schutz unserer Kinder. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Nun zum Thema Sachverständige. Für ein funktionierendes Sachverständigenwesen bei Obduktionen bedarf es klarer Strukturen und geeigneter Gerichtsmediziner. Die Strukturen müssen sicherstellen, dass stets Sachverständige zur Verfügung stehen, Nachwuchs ausgebildet wird und Forschung stattfindet. Die beabsichtigte Lösung in der StPO stellt dies sicher und hält gleichzeitig die tragenden Grundsätze des Wesens des Sachverständigenbeweises aufrecht.

In der StPO wurde für die Staatsanwaltschaft und die Gerichte die Möglichkeit geschaf­fen, entweder einen privaten Sachverständigen oder ein gerichtsmedizinisches Institut mit der Erstellung von Befund und Gutachten zu beauftragen. Im Falle einer Instituts­beauftragung können Staatsanwälte und Richter weiterhin eine Person ihrer Wahl be­nennen, der sie die Gutachtenserstellung übertragen wollen. Die Institutsleitung hat dem Ersuchen zu folgen, es sei denn, der Beauftragung eines Mitarbeiters stehen wichtige Gründe entgegen.

Herr Abgeordneter Steinhauser, ich werde Ihnen die Bestimmungen des § 126 StPO gerne nachher erklären. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

Wie schon zu Beginn meiner Ausführungen erwähnt, glaube ich, dass das zweite Ge­waltschutzpaket ein maßvolles, doch wirksames Paket darstellt, gerade in Zeiten der Finanzkrise, wo der Gedanken des maßvollen Haushaltens allerorten betont wird. Wir machen das Notwendige und nehmen zugleich auf eine verantwortungsvolle öffentliche Gebarung Rücksicht. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

22.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Darmann ist der nächste Redner. 2 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


22.24.02

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (BZÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Bundes­ministerinnen! Hohes Haus! Justizsprecher und Kollege Ewald Stadler hat die Stand­punkte des BZÖ zu den nunmehr diskutierten Tagesordnungspunkten eigentlich hin­länglich erklärt und erläutert. Es bleibt mir in der mir zur Verfügung stehenden Zeit da­her nur noch, auf einige wenige Punkte intensiver und genauer einzugehen und noch einmal diejenigen herauszustreichen, die es auch entsprechend in unserem Abände­rungsantrag zu finden gibt, den ich dann in weiterer Folge auch zu unterstützen er­suche.

Das ist zum einen der Punkt, der für uns absolut nicht verständlich ist. Die Bundesre­gierung kann sich nämlich nicht dazu durchringen, grundsätzlich von einer bedingten Haftentlassung Abstand zu nehmen, nämlich im Hinblick auf das Sexualstrafrecht. Wir haben auch ganz genau festgehalten, welche Gefahr von Sexualstraftätern bei solchen bedingten Entlassungen ausgeht, auch wenn es hier entsprechende Aufsichtsmaßnah­men von Seiten der Justiz gibt. In diesem Zusammenhang ist auch die neue Justizmi­nisterin in der Ziehung, sich zu überlegen, auch von diesem unsäglichen Haftentlas­tungspaket der SPÖ-Justizministerin Berger Abstand zu nehmen. (Beifall beim BZÖ.)

Denn auch Ihnen muss bekannt sein und, wie ich Sie einschätze, auch zuwiderlaufen, dass mit diesem Haftentlastungspaket auch zig Sexualstraftäter vorzeitig auf die Bevöl­kerung losgelassen worden sind, was sich auch in der Beantwortung einer parlamenta­rischen Anfrage des BZÖ bestätigt hat.

Ein weiterer Punkt, der angesprochen werden muss und der für uns sehr wesentlich ist, ist, dass es grundsätzlich ein Ausschließen der Tilgungen bei allen Sexualstrafta-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 308

ten geben muss. Es ist nicht nachvollziehbar, dass hier die Bundesregierung nach Ge­fährlichkeit der Sexualstraftat unterscheidet. Für uns gibt es ein Gefahrenpotential, das von einem Sexualstraftäter ausgeht. Das ist schlagend bei jedem Sexualstraftäter, und deswegen ist bei jeder Sexualstraftat, nach der ein Täter verurteilt worden ist, eine ent­sprechende Tilgung auszuschließen. (Beifall beim BZÖ.) Das ist festzuhalten, denn der Täterkreis im Sexualstrafrecht muss immer als solcher identifizierbar sein; daran führt kein Weg vorbei.

Zu guter Letzt in aller Kürze ein weiterer für uns wichtiger Punkt. Sie haben von einem eingeführten Tätigkeitsverbot für Sexualstraftäter in gewissen Bereichen gespro­chen. Tatsache ist, die Regierung sieht eine Kann-Bestimmung vor: Es kann zu einem Tätigkeitsverbot kommen. Wir fordern ganz eindeutig eine Muss-Bestimmung. Ein Sexualstraftäter, der dingfest gemacht worden ist, hat in einem gewissen Umfeld von Kindern, in entsprechenden Betreuungseinrichtungen nichts zu suchen. Es darf hier keine Kann-Vorschrift geben, hier muss es eine Muss-Vorschrift geben! (Beifall beim BZÖ.)

Zusammenfassend kann ich nur die geschätzten Kolleginnen und Kollegen ersuchen, unserem Abänderungsantrag zu folgen; es ist der konsequentere Weg. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

22.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Steibl. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


22.27.14

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Frau Bundesministerin für Jus­tiz Bandion-Ortner hat ausdrucksvoll und auch zielstrebig formuliert, was dieses Paket beinhaltet beziehungsweise was auch in ihrem Programm steht. Ich finde, dass das gut so ist und auch notwendig ist, insbesondere für den Schutz vor Gewalt in der Familie.

Wenn Herr Kollege Steinhauser in seiner Rede gewisse Themen anspricht, dann möchte ich ihm nur mit auf den Weg geben, dass er den Abgeordneten des Parlaments das Initiativrecht sozusagen abgesprochen hat und dass er eigentlich nicht weiß, wo­von er spricht. (Beifall des Abg. Dr. Haimbuchner.)

Ich denke auch, dass gerade in diesem Paket wirklich Verantwortung liegt und wir aber auch nachdenken müssen, wie wir weiter damit umgehen. Insbesondere zum Schutz vor Gewalt in der Familie beziehungsweise zum Schutz vor Eingriffen in die Privat­sphäre werden ja hier die Bestimmungen verbessert, unter anderem mit der Verlänge­rung der Geltungsdauer von Einstweiligen Verfügungen und bezüglich des geschützten Personenkreises.

Gerade Gewalt in der Familie ist ein Thema, das uns alle beschäftigt, Frauen wie Männer, und ich möchte an dieser Stelle auch danke sagen: den Interventionsstellen, den Frauenberatungsstellen, den Familienberatungsstellen, die Arbeit leisten, die nicht immer gut bezahlt ist, manchmal auch unbedankt ist und eine der wichtigsten und sen­sibelsten Arbeiten ist.

Ich persönlich würde mir natürlich wünschen, dass es einmal nicht mehr notwendig wä­re, dieses Thema hier im Parlament zu diskutieren, genauso wie es vielleicht einmal nicht mehr notwendig ist, den 8. März, den Frauentag, hier zu diskutieren, sondern wir alle gleichgestellt sind, nicht nur im Bereich Gleichstellung für Männer und für Frauen, auch für Familien, für Kinder, für Junge und für Alte. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

22.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Lausch ist der nächste Red­ner. 3 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 309

22.29.29

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Innen­ministerin! Frau Justizministerin! Hohes Haus! Kollege Steinhauser – er ist jetzt leider nicht da, aber man möge ihm das bitte ausrichten –, natürlich stehen wir Freiheitlichen in erster Linie für Opferschutz und nicht für Täterschutz. (Beifall bei der FPÖ.)

Das kann man natürlich eher bei der grünen Fraktion vermuten, das muss man schon so sagen. Ich erinnere nur an die Causa Balluch und an die täglichen Demonstratio­nen, Beschmierungen von Bundesgebäuden wie zum Beispiel der Justizanstalt Josef­stadt. (Abg. Öllinger: Was?) Sie brauchen jetzt nicht zu nicken, das waren Grün-Orga­nisierte; oder war es nur Zufall, dass die Farbkleckse, die auf der „Josefstadt“ drauf sind, grün sind? – Das mag vielleicht ein Zufall sein, aber das ist natürlich ... (Abg. Öllin­ger: Sind Sie bei Sinnen?) Sie können es sich gerne anschauen. (Abg. Öllinger: Das darf nicht wahr sein!)

An Kollegen Steinhauser weiters: Frauenhäuser sind okay, diese besuchen auch wir. Wir besuchen auch Justizanstalten, und man muss schon sagen, dass Kollege Stefan nicht ganz unrecht hatte: Manche Frauen nützen natürlich eine Vorstrafe eines Mannes aus, um ihn damit zu erpressen; sie sagen, sie sind geschlagen worden, und das stimmt gar nicht. (Abg. Mag. Steinhauser: Wissen Sie nicht, was Sie sagen? – Weite­re Zwischenrufe bei SPÖ, ÖVP und Grünen.) Gut; ja, ja. (Abg. Öllinger: Sprechen Sie sich nur aus! Noch etwas mehr davon, bitte! Unglaublich!)

An die ÖVP-Fraktion: Es freut uns natürlich auch sehr, wenn man an die Justizaus­schusssitzung zurückdenkt. Da waren noch richtige Folter-Polter-Rufe über die chemi­sche Kastration von Personen zu hören. Ich habe, wie gesagt, ... (Abg. Steibl: ... so einen Blödsinn zu reden!) Es stimmt, es ist eine medizinische Maßnahme, die von Ärz­ten durchgeführt wird. In der Psychiatrie macht man das, bitte, schon jahrelang mit Er­folg. Das müssen Sie einfach zur Kenntnis nehmen, verweigern Sie sich da nicht der Realität! Wenn Sie sagen, dass da gefoltert wird – wie es im Ausschuss von der ÖVP gekommen ist –, dann unterstellen Sie dem Ärztestand die Folter! Das muss man schon sagen, das muss man einfach sagen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wir Freiheitliche stehen für Opferschutz und nicht für Täterschutz. Dieses zweite Ge­waltschutzpaket geht in die richtige Richtung; es ist für uns zumindest ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, und wir hoffen, dass es so weitergeht. Es sind einige jahrelang erhobene freiheitliche Forderungen darin enthalten. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

22.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Ablinger zu Wort. 3 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


22.32.19

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin­nen! Meine Damen und Herren! Wir beschließen heute das Zweite Gewaltschutzgesetz in Weiterentwicklung des ersten Gewaltschutzgesetzes, das am 1. Mai 1997 in Kraft getreten ist. War damals die zentrale Errungenschaft dieses Gesetzes die Wegweisung des Täters aus der Wohnung in einer akuten Gewaltsituation beziehungsweise die Ver­längerung des Schutzes für die Frau mittels einer Einstweiligen Verfügung, so ist der wesentliche Fortschritt des zweiten Gewaltschutzpaketes, das wir heute beschließen und das Ministerin Maria Berger in der letzten Gesetzgebungsperiode verhandelt hat, der neue Straftatbestand „fortgesetzte Gewaltausübung“.

Lassen Sie mich eines festhalten: Eine Gewaltbeziehung basiert auf einem Kreislauf, einer Spirale der Gewalt. Dieser Erkenntnis auch strafrechtlich gerecht zu werden, das ist der eigentliche Fortschritt. Es geht darum, die Gesamtheit einer lang andauernden Gewaltbeziehung mit all ihren unterschiedlichen Ausformungen von Psychoterror,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 310

Misshandlungen, physischer Gewalt, sexualisierter Gewalt, ständiger Kontrolle, Ein­schränkungen und Herabwürdigungen sichtbar und auch strafbar zu machen.

Meine Damen und Herren, die Formen männlicher häuslicher Gewalt sind unvorstell­bar. Die Übergriffe reichen von Ohrfeigen oder Schlägen mit Händen und Fäusten bis hin zum Zufügen von Verbrennungen. Die Frauen werden mit Gegenständen wie Ses­seln, Vorhangstangen und Gürteln geschlagen. Sie werden mit Füßen getreten, an den Haaren gerissen, gewürgt oder auf den Boden geworfen. All das, Herr Stadler, ist keine hormonelle Frage; das ist Gewalt und hat nichts mit Trieben zu tun.

Häusliche Gewalt beschränkt sich aber nicht auf Verletzungen der physischen Integri­tät, sondern es geht vielmehr auch um massive Einschränkungen der autonomen Le­bensführung und um sexualisierte Gewalt.

Lassen Sie mich Beispiele aus der Beratung des Gewaltschutzzentrums Oberöster­reich nennen. Ich möchte mich hier dem Dank von Kollegin Ridi Steibl für die hervorra­gende Arbeit der Gewaltschutzzentren anschließen. Lassen Sie mich berichten:

Er kontrolliert ihre Sozialkontakte. Er kontrolliert ihre Telefonate. Er schreibt ihr vor, wann und ob sie ausgehen kann. Er lauert ihr auf, er sperrt sie ein. Er verbietet ihr, den Führerschein zu machen. Er verbietet ihr das Essen; er zwingt sie zum Essen. Er hin­dert sie am Schlafengehen; er zwingt sie, auf dem Boden zu schlafen. Er zwingt sie zum Ansehen von Pornografie. Er beschimpft sie als Hure. Er zwingt sie zu Sexualität, nachdem er sie geschlagen hat. – Die Liste ließe sich fortsetzen.

Und: Die Spirale der Gewalt beginnt immer wieder von vorne. Er bereut, schwört Bes­serung, schwört Liebe, dass er ohne sie nicht leben könne. Sie bleibt, verzeiht, glaubt ihm, sucht die Schuld bei sich selbst – bis zum nächsten Mal. Dabei werden die Ab­stände immer kürzer und die Gewaltakte immer brutaler, lebensbedrohlicher.

Für Frauen sind die Folgen dieser männlichen Gewalt enorm. Ich rede dabei nicht nur von der Verletzung der körperlichen Integrität durch Prellungen, Knochenbrüche und Kopfverletzungen, sondern auch davon, dass die Frauen ihre Selbstachtung verlieren. Ich rede von Schlaf- und Essstörungen, ich rede von Depressionen, Angststörungen, Alkohol- und/oder Medikamentensucht und ihrer vollständigen Isolierung.

Diese Frauen sind traumatisiert. Sie verdrängen, sie schweigen, sie zerbrechen – und sie versuchen zu überleben, über Monate, über Jahre, über Jahrzehnte. Manchen ge­lingt das nicht. Aber manche brechen das Schweigen und wenden sich an ein Gewalt­schutzzentrum, suchen Hilfe und wollen den Gewalttäter endlich anzeigen, wollen aus dieser Gewaltbeziehung endlich aussteigen.

Wer hier – wie der Abgeordnete Stefan – von Missbrauch der Frauen durch das Ge­setz spricht, hat sich mit Gewaltgeschichten noch nie beschäftigt. Dass jene, die ihre Geschichte vor Gericht erzählen, auch Gehör finden, dass all das, was sie erlebt und erlitten haben, auch eine Rolle spielt und sich im Urteil über den Täter widerspiegelt, dass auf ihre Traumatisierung Rücksicht genommen wird, dabei soll sie das Zweite Ge­waltschutzgesetz mit dem neuen Straftatbestand unterstützen.

Ich bin froh darüber, dass wir dieses Gesetz heute beschließen, und sage ganz zum Schluss: Das Schweigen brechen, die Gewalt beenden, darauf kommt es an. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

22.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hübner
zu Wort. 3 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte. (Ruf beim BZÖ: Hannes, bist du auch für die Freigabe der Waffen? – Abg. Dr. Hübner – auf dem Weg zum Redner­pult –: Zwischenrufe später!)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 311

22.36.50

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Meine Damen und Herren! Es sind viele Dinge gewechselt worden über das Gesetz, das viele gute Punkte hat. Aber eines ha­be ich überhaupt nicht gehört, und das ist eine Äußerung zum Tagesordnungs­punkt 22, nämlich dem Gesetz, mit dem dieser § 69a in das Niederlassungs- und Auf­enthaltsgesetz eingefügt wird. Das wundert mich sehr.

Es wundert mich auch, dass sich weder Kollege Stadler, der ja sonst wortgewaltig ist, noch seine Kollegen im BZÖ, noch die Frau Innenministerin hier zur Wehr gesetzt und einmal überlegt haben, was das bedeutet. Es bedeutet nämlich eine weitere massive Destabilisierung unseres gesamten Fremdenverfahrens, insbesondere des Aufschie­bungsverfahrens, und es bedeutet eine Belastung für die Exekutive, die die Motivation, die Gesetze zu vollziehen, noch weiter und erheblich reduzieren wird! (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Sie sich das einmal anschauen, liebe Frau Kollegin, was Sie für einen großen Fortschritt halten (Abg. Mag. Wurm: Für die Opfer, ja!) und was Sie für Opferschutz halten, was aber in Wirklichkeit ein Abbau an Sicherheit und eine Destabilisierung un­seres Rechtssystems ist! (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Das sind Bedingungen wie etwa folgende: Leute, deren Aufschubfrist nach dem Fremdenpolizeigesetz abgelaufen ist – wo drinsteht, dass die Aufschubfrist ein Jahr beträgt –, bekommen jetzt im § 69a die Möglichkeit, wieder eine Verlängerung über eine andere gesetzliche Hintertür anzu­strengen (Abg. Mag. Wurm: Bei Zwangsprostitution und Menschenhandel!), die min­destens sechs Monate dauern muss. (Abg. Mag. Wurm: Bei Zwangsprostitution und Menschenhandel! Sagen Sie es bitte richtig!)

Frau Kollegin! Leute, die behaupten – zu Unrecht oder zu Recht –, Opfer einer Straftat geworden zu sein, die eine Anzeige machen und vielleicht aufgrund dieser Straftat auch zivilrechtliche Verfahren betreiben (Abg. Mag. Wurm: Es geht um Men­schen ...!) – Sie können sich noch einmal melden –, können sich auf Dauer dieser Ver­fahren, wie lange sie sich auch schleppen oder geschleppt werden, der Abschiebung entziehen, indem sie sich darauf stützen und einen Antrag nach § 69a Abs. 1 Z 2 stel­len. Es können aber auch Leute, deren Antrag bereits abgewiesen wurde, nach der neuen Gesetzesbestimmung einen weiteren Antrag nach Ablauf dieses Verfahrens und nach Ablauf der Fristen einbringen, sofern sie – wie es hier steht – keinen offensichtlich gleichartigen Tatbestand behaupten.

Zusammengefasst: Das sind Dinge, die Kollegen von mir – also Anwaltskollegen, das ist mein Brotberuf –, die sich im Asylrecht gut auskennen und dort auch aktiv tätig sind, alle Instrumentarien in die Hand geben, um jede Exekution der fremdenpolizeilichen Bestimmungen zu verhindern. Deshalb, liebe Frau Kollegin, stimmen Sie diesen Din­gen durchaus zu. (Abg. Ablinger: Wir reden über die Opfer von Gewalt! Wir reden über Frauen als Opfer von Gewalt!) Ich weiß, dass es unter uns Kollegen gibt, die an einer Destabilisierung dieser Bestimmungen interessiert sind und die sich freuen, wenn wir nicht in der Lage sind, gewisse gesetzliche Bestimmungen zu exekutieren. Ich weiß es – aber unsererseits gibt es dazu ein klares und entschiedenes Nein! (Beifall bei der FPÖ.)

22.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Wind­büchler-Souschill mit einer gewünschten Redezeit von 4 Minuten. – Bitte.

 


22.40.28

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerinnen! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Mai 1997 wurde vom österrei­chischen Parlament ein Meilenstein gesetzt, nämlich das österreichische Gewalt­schutzgesetz. Schon damals, 1997, kamen die Männer auf die Idee, Klischees zu ver-


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breiten, nämlich Klischees darüber, dass Frauen ein Gewaltschutzgesetz ausnützen würden: zehn Tage Betretungsverbot damals, drei Monate Einstweilige Verfügung da­mals. (Abg. Mag. Stadler: Das gibt es auch! Leugnen Sie es nicht, das gibt es auch!) Solange dieses Klischee besteht, haben wir den Kampf gegen Gewalt in der Familie verloren, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordne­ten der SPÖ.)

Ich habe ein bisschen das Gefühl, dass einige Männer den Täterstrategien – wie wir es in der sozialen Arbeit in den Gewaltschutzzentren auch nennen – auf den Leim gehen, nämlich ihnen mit ihren Strategien zu erklären, dass sie die Unschuldigen sind. Solan­ge die Täter keine Verantwortung übernehmen, solange sie nicht die Konsequenzen zu spüren bekommen, ist der Kampf gegen Gewalt in der Familie noch lange nicht vorbei. (Abg. Scheibner: Warum sind Sie dann gegen das Einsperren?)

Das österreichische Gewaltschutzgesetz und die Installierung der multiinstitutionellen Kooperation mit Justiz, Exekutive und den Nicht-Regierungsparteien waren auch euro­paweit ein Meilenstein, wie wir schon gehört haben. Ich als jetzt ehemalige Mitarbeite­rin der Interventionsstelle Wien – ich komme also vom Fach; für diejenigen, die glau­ben, wir sind nur Papiertiger und -tigerinnen – habe in Europa für dieses Gewaltschutz­gesetz sehr viel Werbung gemacht. Ich habe auch sehr viel Werbung für die multiinsti­tutionellen Beziehungen und Kooperationen gemacht, weil es das Rad der Partner­schaft ist, das es ausmacht, dass Gewalt in der Familie verhindert werden kann. (Bei­fall bei den Grünen.)

Die enge Kooperation mit der Exekutive und mit den FeministInnen war anfänglich nicht ganz einfach, hat sich aber ziemlich gut entwickelt. Viele Verbesserungsmöglich­keiten, die aus dieser Kooperation heraus entstanden sind, sind auch schon umgesetzt worden: der § 107a StGB, Stalking oder beharrliche Verfolgung, die dazu gehörende Einstweilige Verfügung, die bis zu einem Jahr geht – also nichts mit drei oder sechs Monaten, sondern da sind wir im Jahresbereich, meine sehr verehrten Damen und Herren! Und die Erkennung von sogenannten „high-risk victims“ mit der Polizei gemein­sam funktioniert immer besser.

90 Prozent der Täter sind Männer – Lebensgefährten, Ehemänner, Väter, Stiefväter –, und die Opfer sind die Frauen und die Kinder. Der Schutz für Frauen und für ihre Kin­der braucht Konsequenzen gegenüber dem Verhalten des Täters, und das muss in vol­lem Umfang staatliche Aufgabe sein. (Abg. Mag. Stefan: Und der Täterin, muss man auch sagen!)

Aus diesem Grund stelle ich folgenden Abänderungsantrag des Abgeordneten Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen, der dankenswerterweise schon ausgeteilt wur­de. Er sei im Kern kurz erklärt: Die juristische Prozessbegleitung – die leider wieder ge­strichen wurde – für Opfer, die Unterstützung im zivilrechtlichen Verfahren brauchen, und die Prozessbegleitung für Opfer von Verbrechen, die den privaten Lebensbereich verletzen, sollten umgehend umgesetzt werden. Das ist auch der Antrag.

Im Allgemeinen finden wir es gut, dass die langjährigen Forderungen der Frauenhäu­ser, Gewaltschutzzentren, Interventionsstellen und Frauenberatungsstellen endlich um­gesetzt werden. Dennoch fehlt es noch immer an einigen Punkten. Es wird vielleicht in nächster Zeit zu neuen Diskussionen und Debatten diesbezüglich kommen, um das auch weiter auszubauen.

Dazu gehören zum Beispiel Schulungen der Exekutive und der Justiz direkt durch Op­ferschutzeinrichtungen, die weitere Adaptierung der Einstweiligen Verfügung bezüglich Verlängerung, wenn es um minderjährige Opfer geht, oder der Schutz der Kinder vor väterlicher Gewalt. Kinder müssen oft zusehen, wie der Vater die Mutter schlägt. Da braucht es – vielleicht auch übers Verbrechensopfergesetz – Gratis-Therapiestellen. Und es muss ganz, ganz viel mit den Tätern gearbeitet werden, weil Opferschutz ohne


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Täterarbeit nicht funktioniert. Da braucht es eine stärkere Ausweitung der Männer­beratungsstellen, Anti-Gewalt-Trainings und vielleicht auch mehr Verurteilungen, hö­here Verurteilungen im Kampf gegen Gewalt in der Familie. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

22.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Hagen zu Wort. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


22.45.29

Abgeordneter Christoph Hagen (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Bregenz – Angst vor einem Pädophilen: „Wie Löwinnen kämpfen zwei Mütter in Bregenz um das (Seelen)Wohl ihrer Töchter. Ein einschlägig vorbestrafter Pensionist soll die elf und 14 Jahre jungen Mädchen se­xuell belästigt haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Der Mann ist auf freiem Fuß.“ – Ein Fall, den ich ins Rollen gebracht habe, weil die Justiz machtlos war!

Fakt ist, dass ich bei einer Pressekonferenz dieses Thema angesprochen habe, nach­dem die Mütter hilfesuchend zu mir gekommen sind, da es für ein Wegsperren dieses Wiederholungstäters gesetzlich nicht gereicht hat und dieser Herr sich partout in der größten Siedlung in Bregenz – mit 5 000 Einwohnern und entsprechend vielen Fami­lien mit Kindern – niedergelassen hat. Niemand hat das gewusst, bis dieser Mann zu­gegriffen hat, bis er auf die Kinder losgegangen ist! Hier habe ich Handlungsbedarf ge­sehen; leider benötigte ich Unterstützung der Medien. Mittlerweile ist dieser Herr seit eineinhalb Wochen hinter Gittern. Er ist nämlich wieder einschlägig aufgefallen. (Beifall beim BZÖ.)

So sollte es nicht sein! Deswegen hat hier das BZÖ diesen Abänderungsantrag einge­bracht – er wurde von Ewald Stadler bereits eingebracht –, dem Sie alle mit gutem Ge­wissen zustimmen können. Ich muss schon eines sagen: Wenn Sie da nicht zustim­men, machen Sie sich für solche Fälle mitschuldig. Mitschuldig für solche Fälle: für traumatische Erlebnisse von Kindern, von Minderjährigen, die traumatische Erlebnisse haben und lebenslang geschädigt sind! Sie haben heute bei der Schuldiskussion darü­ber gesprochen, wie wichtig Ihnen Kinder sind. Hier haben Sie die Chance, ergreifen Sie diese!

Leider kann ich es nicht weiter ausführen, weil die Redezeit zu Ende ist. – Danke. (Bei­fall beim BZÖ.)

22.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich ergänze an dieser Stelle noch, dass der Abänderungsantrag, den die grüne Fraktion eingebracht hat, entsprechend eingebracht wurde, ausreichend unterstützt ist, in den Kernzügen erläutert wurde und auch schon verteilt wurde.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

des Abgeordneten Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde,

zum Bericht des Justizausschusses über den Antrag 271/A der Abgeordneten Mag. Heribert Donnerbauer, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz, das Tilgungsgesetz 1972, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Strafregistergesetz, das


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Sicherheitspolizeigesetz und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch geändert werden (Zweites Gewaltschutzgesetz – 2. GeSchG),

den Antrag 81/A der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 15. Feber 1972 über die Tilgung von Verurteilungen und die Beschränkung der Auskunft (Tilgungsgesetz 1972), BGBl. Nr. 68/1972, geändert wird,

den Antrag 82/A der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl. Nr. 60/1974, geändert wird, und

über die Petition Nr. 1 betreffend „Verjährungsverbot für Sexualstraftaten“, überreicht vom Abgeordneten August Wöginger (106 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Antrag 271/A der Abgeordneten Mag. Heribert Donnerbauer, Dr. Johannes Jaro­lim, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsord­nung, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Gerichtliche Einbringungsge­setz 1962, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975, das Strafvollzugsge­setz, das Tilgungsgesetz 1972, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Verbrechensopfer­gesetz, das Strafregistergesetz, das Sicherheitspolizeigesetz und das Allgemeine bür­gerliche Gesetzbuch geändert werden (Zweites Gewaltschutzgesetz - 2. GeSchG) wird wie folgt geändert:

1. In Artikel II (Änderung der Zivilprozessordnung) lautet die Z 1 wie folgt:

„1. Nach § 73a wird folgender Neunter Titel eingefügt:

„Neunter Titel

Prozessbegleitung

§ 73b. (1) Wurde einem Opfer im Strafverfahren psychosoziale oder juristische Pro­zessbegleitung gewährt, so gilt diese auf dessen Verlangen auch für einen zwischen dem Opfer und dem Beschuldigten des Strafverfahrens geführten Zivilprozess, wenn der Gegenstand des Zivilprozesses in sachlichem Zusammenhang mit dem Gegen­stand des Strafverfahrens steht und soweit dies zur Wahrung der prozessualen Rechte des Opfers unter größtmöglicher Bedachtnahme auf seine persönliche Betroffenheit er­forderlich ist. Dies ist von der Opferschutzeinrichtung, die die Prozessbegleitung bereit stellt, zu beurteilen. Gleiches gilt, wenn das Opfer als Zeuge über den Gegenstand des Strafverfahrens vernommen werden soll, hinsichtlich der psychosozialen Prozessbe­gleitung.

(2) Der juristische Prozessbegleiter hat im Verfahren die Stellung eines Prozessbevoll­mächtigten im Sinn des § 31. Der juristische Prozessbegleiter hat ein Kostenverzeich­nis zu legen; seine Leistungen hat er nach den Bestimmungen des RATG zu verzeich­nen. Ist der Gegner der Partei, der juristische Prozessbegleitung gewährt wurde, zum Kostenersatz verpflichtet, so ist bei der Kostenfestsetzung so vorzugehen, als wäre der Rechtsanwalt nicht im Rahmen der Prozessbegleitung beigegeben worden. Der Pro­zessgegner ist zur Zahlung eines allfälligen Ersatzes der auf die anwaltlichen Leistun­gen entfallenden Kosten unmittelbar gegenüber dem Bund zu verpflichten.


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(3) Der psychosoziale Prozessbegleiter hat im Verfahren die Stellung einer Vertrauens­person. Er darf das Opfer auf dessen Wunsch zu allen Verhandlungen und Verneh­mungen begleiten. Er ist vom Gericht von diesen Terminen zu verständigen. Das Ge­richt hat nach rechtskräftiger Entscheidung über die Streitsache den Gegner zum Er­satz der für die psychosoziale Prozessbegleitung aufgewendeten Beträge, höchstens aber bis zu einem Betrag von 1 200 €, gegenüber dem Bund zu verpflichten, soweit dem Gegner die Kosten des Rechtsstreits auferlegt worden sind oder er sie in einem Vergleich übernommen hat.“

2. In Artikel VI (Änderung der Strafprozessordnung 1975) werden folgende Ziffern 7. und 8. eingefügt:

„7. § 66 wird folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) Auf Antrag einer anerkannten Opferschutzeinrichtung hat das Gericht einem Opfer eines Verbrechens, durch das sein privater Lebensbereich verletzt worden sein könnte, Prozessbegleitung unter den sonstigen Voraussetzungen des Abs. 2 zu gewähren, so­weit glaubhaft gemacht wird, dass das Opfer durch die Tat erheblichen seelischen Be­lastungen ausgesetzt wurde.“

8. Im § 67 Abs. 7 wird im ersten Satz das Klammerzitat „(§ 66 Abs. 2)“durch das Klam­merzitat „(§ 66 Abs. 2 und 3)“ ersetzt.“

Begründung

Zu Z 1 (§ 73b ZPO):

Mit dem im Justizausschuss eingebrachten Abänderungsantrag zum Antrag 271/A (Zwei­tes Gewaltschutzgesetz) ist die ursprünglich vorgesehene juristische Prozessbeglei­tung wieder gestrichen worden. Argument dafür ist, dass mit dem Institut der Verfah­renshilfe das Auslangen gefunden werden kann.

Nach Ansicht von Opferschutzeinrichtungen wirft die Konstruktion, anstelle juristischer Prozessbegleitung im Zivilprozess und außerstreitigen Verfahren dem Opfer Verfah­renshilfe durch Beigabe eines Rechtsanwaltes zu gewähren, einige Probleme auf:

Durch die Verfahrenshilfe ist das Opfer zwar von der Tragung der eigenen Kosten be­freit, im Falle eines Unterliegens im Zivilverfahren hat es aber jedenfalls die Kosten der Rechtsvertretung des Beschuldigten im Zivilverfahren zu tragen.

Weiterer wesentlicher Punkt ist, dass die nunmehr vorgeschlagene Regelung dazu füh­ren würde, dass eine durchgängige juristische Begleitung des Opfers sowohl im Straf- als auch im Zivilverfahren nicht mehr gewährleistet ist.

Die im Initiativantrag 271/A ursprünglich vorgesehene Regelung, die Weitergeltung auch der juristischen Prozessbegleitung im Zivilverfahren, soll beibehalten werden. Es wird daher auch auf die im Antrag 271/A im besonderen Teil enthaltene Begründung zu Art II Z 1 verwiesen.

Zu Z 2 (§§ 66 und 67 StPO):

Aufgrund budgetärer Erwägungen soll die im Initiativantrag 271/A ursprünglich vorge­sehene Prozessbegleitung für Opfer einer Straftat, durch welche der private Lebensbe­reich verletzt wurde, nun wieder entfallen.

Im besonderen Teil des Antrags 271/A wurde die Erweiterung der Prozessbegleitung für Opfer einer Straftat, durch welche der private Lebensbereich verletzt wurde, damit begründet, dass die Einschränkung des Personenkreises auf Personen, die durch die dem Beschuldigten zur Last gelegte, vorsätzlich begangene Tat Gewalt oder gefährli­cher Drohung ausgesetzt oder in ihrer sexuellen Integrität beeinträchtigt worden sein


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könnten, sowie von nahen Angehörigen einer Person, deren Tod durch eine Straftat herbeigeführt worden sein könnte, oder anderen Angehörigen, die Zeugen der Tat wa­ren, nach Erfahrung der Opferschutzeinrichtungen zu eng gefasst war.

Dies aus dem Grund, weil es gerade auch Opfer anderer Taten gibt, die durch die Aus­wirkungen der Tat derart beeinträchtigt wurden, dass ihnen eine Beteiligung am Ver­fahren ohne Unterstützung nicht zugemutet werden kann. So können auch ohne mit unmittelbarer gegen das Opfer gerichtete Gewalt begangene Delikte zu schweren Traumatisierungen von Opfern führen. Beispielsweise fallen Opfer von Einbruchsdieb­stählen in Wohnstätten nicht unter den Anwendungsbereich des § 66 Abs. 2 StPO. Op­fer derartiger Straftaten sind jedoch - selbst wenn es zu keiner Begegnung mit dem Tä­ter kommt - durch das Eindringen eines unbekannten fremden Täters in ihren ge­schützten Bereich häufig psychisch schwer beeinträchtigt.

Durch die Erweiterung der Prozessbegleitung soll daher Opfern eines Verbrechens, durch das deren privater Lebensbereich verletzt worden sein könnte, auch außerhalb der Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 StPO auf Antrag einer anerkannten Opferschutz­einrichtung durch das Gericht (auch und gerade im Ermittlungsverfahren) Prozessbe­gleitung gewährt werden.

Dabei ist glaubhaft zu machen, dass das Opfer durch die Tat solchen emotionalen Be­lastungen ausgesetzt wurde, die es an einer seinen Interessen entsprechenden Beteili­gung am Verfahren hindern.

Im ersten Satz des § 67 Abs. 7 StPO ist auf Grund der Erweiterung der – psychosozia­len und juristischen – Prozessbegleitung im Sinne des § 66 Abs. 3 StPO das Klammer­zitat um den neuen Abs. 3 des § 66 zu erweitern.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Franz gelangt nun mit 2 Mi­nuten gewünschter Redezeit zu Wort. – Bitte.

 


22.48.10

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Ministe­rinnen! Hohes Haus! Ja, durch die bisherige Praxis im Bereich des Gewaltschutzes ka­men Mängel und Defizite zutage, die durch die heutige Abstimmung dieses Zweiten Gewaltschutzpaketes ausgeräumt werden sollen. Im Wesentlichen wurde schon sehr viel gesagt. Es gibt einen besseren Schutz für Opfer und härtere Strafen für Sexualde­likte. Ich bin froh darüber, dass es nun diese lang geforderte Sexualstraftäterdatei gibt, zu der aber nicht jedermann Zutritt hat oder Zugriff hat. Es gibt Tätigkeits- und Berufs­verbote für Sexualstraftäter. Worüber ich besonders froh bin, ist, dass in Zukunft auch der wissentliche Zugriff auf Kinderpornoseiten strafbar sein soll.

Ich habe nun noch einen Antrag einzubringen, und zwar den Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen zu diesem Bundesgesetz, dem Zweiten Gewaltschutzgesetz, in der Fassung des Ausschussbe­richtes 106 der Beilagen:

„1. In Artikel V wird Z 8a wie folgt geändert:

„§ 91 wird folgender Abs. 2a eingefügt:

„(2a) Wer an einer Schlägerei oder einem Angriff mehrerer in einem Sicherheitsbereich bei einer Sportgroßveranstaltung (§ 49a SPG) tätlich teilnimmt, ist schon wegen dieser Teilnahme mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagsät­zen zu bestrafen.““


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2. Artikel VI wird wie folgt geändert:

a) Z 11 entfällt.

b) In Z 22 lautet Abs. 4 wie folgt:

„(4) Die Bestimmungen der §§ 26 Abs. 2, 28a Abs. 1, 32 Abs. 3, 43 Abs. 2, 45 Abs. 1, 47 Abs. 3, 77 Abs. 2, 183 Abs. 2 und 3, 197, 221 Abs. 4, 410 Abs. 1, 435, 437, 439 Abs. 1, 441 Abs. 1, 485, 498 Abs. 2 und 516 in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. XX/XXXX treten mit 1. Juni 2009, die Bestimmungen des § 128 Abs. 2 und 2a in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. XX/XXXX jedoch erst mit 1. Okto-
ber 2009 in Kraft.“ (Abg. Mag. Stadler: Was bedeutet das?)

b) In Z 23 lautet Abs. 6 wie folgt:

„(6) Die Bestimmungen der §§ 26 Abs. 2, 28a Abs. 1, 32 Abs. 3, 43 Abs. 2, 45 Abs. 1, 47 Abs. 3, 77 Abs. 2, 197, 221 Abs. 4, 410 Abs. 1, 435, 437, 439 Abs. 1, 441 Abs. 1, 485, 498 Abs. 2 und 516 in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. xx/xxxx, sind in Strafverfahren nicht anzuwenden, in denen vor ihrem In-Kraft-Treten das Urteil ers­ter Instanz gefällt worden ist. Nach Aufhebung eines solchen Urteils ist jedoch im Sinne der neuen Verfahrensbestimmungen vorzugehen.“

3. In Artikel VIII lautet in Z 5 der Abs. 1g wie folgt:

„(1g) Die Bestimmungen der §§ 4, 4a, 5 und 7 Abs. 4 in der Fassung des Bundes­gesetzes BGBl. I Nr. xx/xxxx treten mit 1. Juni 2009 in Kraft. §§ 4, 4a und 5 Abs. 2 gelten für alle Verurteilungen, die nach dem In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. xx/xxxx, ausgesprochen werden.“

4. In Artikel XI lautet in Z 11 der Abs. 6 wie folgt:

„(6) Die §§ 3 Abs. 2a und 9a in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. xx/2009 treten am 1. Dezember 2009 in Kraft.“

*****

(Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Zanger: Eine sehr „humorvolle“ Wortmeldung!)

22.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen

zum Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz, das Tilgungsgesetz 1972, das


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Staatsanwaltschaftsgesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Strafregistergesetz, das Sicherheitspolizeigesetz und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch geändert werden (Zweites Gewaltschutzgesetz – 2. GeSchG), in der Fassung des Ausschussberichtes (106 d. B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Das Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung, die Zivilprozessordnung, das Außerstreitgesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz, das Tilgungsgesetz 1972, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Strafregistergesetz, das Sicherheitspolizeigesetz und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch geändert werden (Zweites Gewaltschutzgesetz – 2. GeSchG), in der Fassung des Ausschussberichtes (106 d. B.), wird wie folgt geändert:

1. In Artikel V wird Z 8a wie folgt geändert:

„§ 91 wird folgender Abs. 2a eingefügt:

„(2a) Wer an einer Schlägerei oder einem Angriff mehrerer in einem Sicherheitsbereich bei einer Sportgroßveranstaltung (§ 49a SPG) tätlich teilnimmt, ist schon wegen dieser Teilnahme mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tages­sätzen zu bestrafen.““

2. Artikel VI wird wie folgt geändert:

a) Z 11 entfällt.

b) In Z 22 lautet Abs. 4 wie folgt:

„(4) Die Bestimmungen der §§ 26 Abs. 2, 28a Abs. 1, 32 Abs. 3, 43 Abs. 2, 45 Abs. 1, 47 Abs. 3, 77 Abs. 2, 183 Abs. 2 und 3, 197, 221 Abs. 4, 410 Abs. 1, 435, 437, 439 Abs. 1, 441 Abs. 1, 485, 498 Abs. 2 und 516 in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. XX/XXXX treten mit 1. Juni 2009, die Bestimmungen des § 128 Abs. 2 und 2a in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. XX/XXXX jedoch erst mit 1. Okto-
ber 2009 in Kraft. “

b) In Z 23 lautet Abs. 6 wie folgt:

„(6) Die Bestimmungen der §§ 26 Abs. 2, 28a Abs. 1, 32 Abs. 3, 43 Abs. 2, 45 Abs. 1, 47 Abs. 3, 77 Abs. 2, 197, 221 Abs. 4, 410 Abs. 1, 435, 437, 439 Abs. 1, 441 Abs. 1, 485, 498 Abs. 2 und 516 in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. xx/xxxx, sind in Strafverfahren nicht anzuwenden, in denen vor ihrem In-Kraft-Treten das Urteil ers­ter Instanz gefällt worden ist. Nach Aufhebung eines solchen Urteils ist jedoch im Sinne der neuen Verfahrensbestimmungen vorzugehen.“

3. In Artikel VIII lautet in Z 5 der Abs. 1g wie folgt:

„(1g) Die Bestimmungen der §§ 4, 4a, 5 und 7 Abs. 4 in der Fassung des Bundes­gesetzes BGBl. I Nr. xx/xxxx treten mit 1. Juni 2009 in Kraft. §§ 4, 4a und 5 Abs. 2 gelten für alle Verurteilungen, die nach dem In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. xx/xxxx, ausgesprochen werden.“

4. In Artikel XI lautet in Z 11 der Abs. 6 wie folgt:

„(6) Die §§ 3 Abs. 2a und 9a in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. xx/2009 treten am 1. Dezember 2009 in Kraft.“

Begründung

Zu Z 1 bis 3 (§ 91 Abs. 2a StGB, §§ 514 Abs. 4, § 9 Abs. 1g TilgG und 516 Abs. 6 StPO, § 14 Abs. 6 StRegG)

Die Änderungen dienen der Berichtigung von Redaktionsversehen (unrichtig geworde­ner Verweis in § 91 Abs. 2a StGB; Nennung von Bestimmungen in der Übergangs­bestimmung, die geändert bzw. nicht geändert werden) berichtigt werden.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Fazekas. 3 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 319

22.52.52

Abgeordneter Hannes Fazekas (SPÖ): Meine geschätzten Frau Bundesministerin­nen! Frau Präsidentin! Hohes Haus! Bei diesem Thema können wir stolz sein. Es gibt ja heute auch sehr viel Konsens dazu. Da ist ja wirklich ein wesentlicher Fortschritt er­reicht worden. Fast 97 Prozent des Forderungskataloges in diesem Zusammenhang sind erfüllt. Es geht darum, dass im Umfeld des sozialen Nahraums vor allem der Ge­walt und sexueller Gewalt an Kindern massiv Maßnahmen entgegengesetzt werden. Ich darf da nur – und das ist ja schon erwähnt worden – auf die Strafrahmenerhöhun­gen und die Tatbestände im Bereich Kinderpornographie verweisen.

Es geht vor allem auch darum, dass nicht nur das Strafrecht verschärft wurde, denn dies allein, das wissen wir – und hier gibt es ja unterschiedliche Zugänge –, würde überhaupt nichts bringen, sondern diese Verschärfungen werden von einer Fülle von Maßnahmen begleitet, die sicherstellen sollen, dass der Täter nicht nur eine bessere Betreuung erhält, sondern auch unter Kontrolle und Aufsicht steht, mitunter aber unter anderen Zugängen, als das manche von den Oppositionsparteien sehen.

Die Opfer, und das ist das Wesentliche bei diesem Gewaltschutzpaket, müssen ganz besonders bedacht werden. Da darf ich auf das Regierungsprogramm verweisen, in dem gerade diesem Aspekt ein ganz besonderer Schwerpunkt im Justizbereich gewid­met wurde. Wenn man sich die Forderungen hiezu ansieht, die Resolutionen der Ver­einten Nationen, die Forderungen der EU, der Menschenrechtskonventionen, und sich auch im eigenen Bereich zum Beispiel mit dem Netzwerk Kinderrechte auseinander­setzt, so wird man erkennen, dass eine Fülle von Maßnahmen ergriffen und auch um­gesetzt wird, um Tatbegehungen zu verhindern, aber auch die Opfer vermehrt zu schützen – ich denke da zum Beispiel an die Tätigkeitsverbote, die ausgesprochen werden können. Den Strafrahmen zu erhöhen, ist eine Maßnahme; Begleitmaßnahmen anzuordnen, ist eine andere wichtige Maßnahme.

Hier noch eine Replik auf den Vorschlag der chemischen Kastration, der ja auch im Ausschuss sehr heftig diskutiert worden ist. Es gibt hiezu auch kritische Artikel – ich verweise auf einen Artikel im Verlag Recht und Psychiatrie –, in denen ganz kritisch zum Ausdruck gebracht wird, dass mit massiven Nebenwirkungen zu rechnen ist und dass das eigentlich für die Behandlung von Prostatakarzinomen verwendet wird.

Der ganze Zugang ist jedoch falsch. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass Sexualdelikte – wenn man sich mit dem Täterprofil und mit der Psychologie des Täters auseinandersetzt, dann weiß man das ganz genau – in erster Linie Gewaltdelikte sind, die man nicht mit Medikamenten behandeln kann. Hier muss eine andere Therapie greifen und zum Einsatz gebracht werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr wichtig ist auch, dass sichergestellt sein muss, dass die Behörden und Gerichte bestens vernetzt kommunizieren können, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass alle Ressourcen genützt werden und dass vor allem auch die Gesellschaft – denn mit den Gesetzen alleine werden wir es nicht schaffen – mehr Zivilcourage beweist, wenn es in vielen Fällen zunächst darum geht, nicht wegzusehen, sondern hinzusehen und aufzuzeigen und Partei zu ergreifen. Gerade der Zusammenarbeit Richter, Sozial­arbeiter und Sicherheitsbehörden, der Schulung und Ausbildung kommt eine zentrale Bedeutung zu.

Letzten Endes ist es ein gutes und hervorragendes Gesetz, und ich gratuliere allen, die daran mitgewirkt haben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Wöginger zu Wort. 2 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 320

22.56.20

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte auf meine Petition betreffend die Verjährungsfrist bei Sexualstraftaten Bezug nehmen, die ich zu Beginn dieser Legislaturperiode eingebracht habe und die mit diesem Gewaltschutzpaket mit­erledigt wird, das ich außerordentlich begrüße. Es wird nämlich umgesetzt, dass die Verjährungsfrist erst ab dem 28. Lebensjahr einsetzt, was bis dato ab dem 18. Lebens­jahr gewährleistet war.

Wir kennen Fälle aus unseren Wahlkreisen, in denen es Betroffene gibt, die sich lange nicht outen, die lange nicht sagen und zum Ausdruck bringen können, dass sie Opfer sexuellen Missbrauchs gewesen sind. Daher bin ich der Meinung, dass die Maßnah­me, die mit diesem Paket gesetzt wird, eine sehr wichtige Maßnahme ist. Die Petition, die ich aufgrund von 2 000 Unterschriften aus meinem Heimatbezirk Schärding einge­bracht habe, rührt vom Bemühen einer betroffenen Frau her, sich dieses Themas an­zunehmen. Ich bin wirklich überzeugt davon, dass es sehr wichtig ist, dass wir das mit­behandeln.

Ich bedanke mich außerordentlich bei der Frau Bundesministerin für Justiz, dass dieser Part hier einen Stellenwert findet, denn die Schäden, die im jugendlichen Alter ange­richtet werden, sind bei Menschen, die diesen Missbrauch erfahren haben, nie mehr gutzumachen. Das sollten wir uns auch hier vergegenwärtigen, und deshalb bedanke ich mich ganz außerordentlich, dass diese Maßnahme hier umgesetzt wird. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Nicht nur der Beginn der Verjährungsfrist wurde um zehn Jahre hinausgezögert, son­dern es gab auch eine Erhöhung des Strafrahmens für Sexualstrafdelikte. Es ist jetzt ein angepasster Strafrahmen, von dem man angesichts der Justiz sagen kann, dass jetzt Gleiches mit Gleichem gemessen wird. Wir haben jetzt die gesetzliche Vorausset­zung, dass einem Delinquenten, der eine Maximalstrafe von über 10 Jahren erfährt, die Verjährungsfrist auf maximal 20 Jahre ausgedehnt wird. Das ist gut, richtig und not­wendig, denn diesen Delikten gehört der Kampf angesagt.

Die Dunkelziffer, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist sehr hoch. Das bekommt man dann mitgeteilt, wenn man sich intensiver mit dieser Materie beschäftigt. Wir sind dazu verpflichtet, all jenen betroffenen Bürgerinnen und Bürgern zu helfen, die so ein schreckliches Schicksal erfahren haben, und daher ist dieses Gewaltschutzpaket auf alle Fälle zu unterstützen. Ich bitte um Ihre Unterstützung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

22.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Grossmann gelangt nun zu Wort. 2 Minuten. – Bitte.

 


22.59.29

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Frau Präsidentin! Werte Ministerin­nen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Häusliche Gewalt ist wohl eines der ab­scheulichsten Verbrechen, das man sich vorstellen kann. Menschen müssen in ihrem höchstpersönlichen Lebensbereich oft jahrelang Schmerzen, entwürdigende Misshand­lungen, begleitet von Diffamierungen und Beleidigungen, erdulden. Für diese Men­schen gibt es keine Rückzugsmöglichkeit. Sie fühlen sich hilflos ausgeliefert.

Als Juristin einer Familien- und Frauenberatungsstelle werde ich immer wieder mit er­schütternden Lebensgeschichten konfrontiert. Kollegin Ablinger hat heute auch einige davon sehr eindrucksvoll geschildert, und ich sehe selbst, was solche Gewalterfahrun­gen bei betroffenen Menschen bewirken. Die ständige Herabwürdigung des Menschen durch eine vertraute Person bewirkt, dass dieses Werturteil so internalisiert wird, dass das Selbstbewusstsein total am Boden ist und die Opfer sich selbst schlecht und schul-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 321

dig fühlen und psychisch so geschwächt sind, dass sie sich einfach nicht wehren kön­nen. Ganz im Gegenteil! Das Verhalten des Täters wird als normal empfunden, und das Martyrium wird über Jahre hingenommen. Wir wissen auch, dass ökonomische Ab­hängigkeit die Dominanz des Täters verstärkt. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Schon das erste Gewaltschutzpaket der neunziger Jahre hat hier europaweit neue Maßstäbe gesetzt, und es ist dies nun ein weiterer wichtiger Schritt, dass aus den Voll­zugserfahrungen dieses ersten Pakets die richtigen Schlüsse gezogen werden. Wich­tig, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist vor allem das politische Signal, näm­lich die Ächtung jeder Gewalt in der Privatsphäre. Menschen sind kein Privateigentum, Gewalt ist keine Privatsache! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Lunacek.)

Mein Dank, meine sehr geehrten Damen und Herren, gilt all jenen, die einen Beitrag zum Zustandekommen dieses Gesetzes geleistet haben, aber vor allem auch den Mit­arbeiterinnen aller Opferschutzeinrichtungen, der Frauenhäuser, der Interventionsstel­len, der Gewaltschutzzentren, die weit über ihre berufliche Verpflichtung hinaus ihre Aufgaben erfüllen und hier wirklich eine ganz wertvolle Arbeit leisten. Ihnen ein herzli­ches Dankeschön! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

23.01


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Kollege Glaser. – Bitte.

 


23.02.01

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frauen Ministerinnen! Geschätzte Damen und Herren! Die Anpassung der Strafrahmen im sogenannten Zweiten Gewaltschutzgesetz ist absolut gerechtfertigt und in meinen Augen auch ver­hältnismäßig. Viele Anträge der Opposition, vor allem der Freiheitlichen, sind weit über das, was wir heute beschließen werden, hinausgegangen. Einige dieser Anträge haben wir abgelehnt, über andere, die wir vertagt haben, werden wir sicherlich noch reden müssen. Es ist auch durchaus weiter zu diskutieren. Es ist aber auch seitens der Minis­terien beziehungsweise der Regierungsparteien angedacht, die Auswirkungen dieses Gesetzes zu evaluieren und eventuell auch Anpassungen vorzunehmen.

Mit dem Zweiten Gewaltschutzgesetz soll vor allem der Opferschutz verstärkt werden. Sicherlich ist in diesem Zusammenhang jener § 107b, in dem die fortgesetzte Gewalt­ausübung geregelt wird, ein sehr wesentlicher Paragraph. Es soll den Frauen Mut ge­macht werden, aus eigenem Antrieb aus dieser Spirale der Gewalt auszubrechen.

Persönlich glaube ich auch, dass es gut war – und es hat die nicht mehr hier anwesen­de Kollegin Riener darauf hingewiesen –, dass zum Opferschutz auch gehört, dass es nicht zur verschärften Anzeigepflicht gekommen ist, die diskutiert wurde, und dies auch zum Schutz von Opfern, wenn dies notwendig und geboten ist.

Zum Abschluss möchte ich noch ansprechen, wie wir mit Straftätern umgehen, wenn sie wieder in die Gesellschaft zurückkehren. Irgendwann kehren sie zurück. Hier gibt es Bestimmungen, dass wir hier Vorsorge treffen zum Schutz der Gesellschaft, aber ich glaube auch, dass es wichtig ist, dass wir den Straftätern Instrumente in die Hand geben, ihnen behilflich sein müssen, um in die Gesellschaft zurückzufinden, sei es, dass wir ihnen Therapie anbieten, sei es, dass wir die Betreuung und Begleitung nach Verbüßung der Strafe anbieten, eventuell auch die bedingte Strafentlassung überle­gen. Jedenfalls ist das auch eine Maßnahme, die durchaus im Sinne von uns allen sein kann. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

23.04


Präsident Fritz Neugebauer: Ich erteile nunmehr Frau Bundesministerin Dr. Fekter das Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 322

23.04.41

Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! 1997 habe ich als Justiz­ausschussvorsitzende das damalige Erste Gewaltschutzgesetz entscheidend mitge­staltet. (Abg. Petzner: Skandalministerin!) Es hat damals zu einem großen Paradig­menwechsel in der Polizeiarbeit geführt ... (Abg. Petzner: Sind Ihre Mitarbeiter wieder auf der Jagd? – Abg. Ing. Westenthaler: Eine Schieß- und Jagdgesellschaft ist das! – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Es hat damals zu einem großen Paradigmenwechsel in der Polizeiarbeit geführt, denn: War bis 1997 die Strategie bei Konflikten und gewaltsamen Auseinandersetzungen die Deeskalation und die Befriedung der Parteien, so war es nach dem Gesetz erstmals möglich, dass man den Aggressor weggewiesen hat, sogar aus der eigenen Wohnung. (Abg. Petzner: Haben Sie eigentlich einen Jagdschein?)

Das war nicht einfach für die Polizei, die es ja gewohnt war, bei solchen Aktionen Frie­den stiftend zu handeln. Sie musste nach diesem Gesetz lernen, dass sie den Aggres­sor wegweist und nicht, wie bis zu diesem Gesetz, immer das Opfer die Flucht ergrei­fen musste.

Diesen Paradigmenwechsel hat die Exekutive durch Schulungsmaßnahmen, durch Zu­sammenarbeit mit den Interventionsstellen hervorragend geschafft, und das Gewalt­schutzgesetz ist eine Erfolgsgeschichte im Bereich des Opferschutzes. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

2006 wurde dann bereits die Weiterentwicklung im Koalitionsübereinkommen veran­kert. Damals wurde auch verankert, dass wir – damals war das der Arbeitstitel – eine Art Martyriumsparagraphen schaffen werden im Hinblick darauf, dass Gewaltbeziehun­gen ja über einen längeren Zeitraum währen, also Dauerdelikte darstellen, und man den Täter nicht sozusagen mit dem letzten blauen Auge davonkommen lassen soll, sondern dass sehr wohl auch diese lang anhaltende, andauernde Gewalt dezidiert im Strafgesetzbuch verankert werden soll. Das ist mit dieser Novelle auch geschehen.

Lassen Sie mich besonders auf die Änderungen hinweisen, die mich als Innenministe­rin jetzt besonders betreffen, nämlich die Änderungen im Tilgungsstrafregister und im Strafvollzugsgesetz, im Strafgesetzbuch, um dem Schutz der Kinder vor Gewalt, dem Schutz der Frauen vor sexuellen Übergriffen besser Rechnung tragen zu können.

Wir werden eine Sexualstraftäterdatei einrichten. Das soll also künftig im Strafregister gesondert gekennzeichnet werden. Die Gerichte melden an die Bundespolizeidirektion Wien, wo das Strafregister geführt wird. Dort werden die Daten gesammelt und mit ge­richtlich angeordneten Maßnahmen, Anordnungen, gerichtlicher Aufsicht sowie gewis­sen Berufs- und Tätigkeitsverboten übermittelt beziehungsweise dort in der Sexual­straftäterdatei verankert.

Da insbesondere bei der Überwachung der Einhaltung der gerichtlichen Auflagen und Weisungen der Aufenthaltsort des Betroffenen eine maßgebliche Rolle spielt, muss im Zentralen Melderegister auch eine automationsunterstützte Abfrage gewährleistet sein. Und so kann im Strafregister stets die aktuelle Wohnanschrift beauskunftet werden, und es werden bei einem Wohnsitzwechsel die zuständigen Sicherheitsbehörden ver­ständigt. Der Verfügbarkeit dieser Informationen kommt dann wesentliche Bedeutung zu, aber es ist selbstverständlich auch der Datenschutz zu gewährleisten.

Ein weiteres Ziel der jetzigen Novelle ist, dass neben den Gerichten dann die Staatsan­waltschaften, die Sicherheitsbehörden, die Jugendwohlfahrtsträger, die Schulbehörden sowie Dienstbehörden und Personalstellen der Gebietskörperschaften nach Maßgabe besonderer gesetzlicher Regelungen Auskunft aus der Sexualstraftäterdatei erhalten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 323

Herr Kollege Stadler, ich kenne den Wunsch des BZÖ, dass jedermann hier Auskunft erhalten können soll. (Abg. Mag. Stadler: Sonst macht es keinen Sinn!) Das führt na­türlich zu einer Art öffentlichem Pranger. (Abg. Mag. Stadler: Ach ja, die armen Täter!) Dafür hat sich diese Bundesregierung nicht entschieden, weil wir nicht jene Fälle von Selbstjustiz provozieren wollen, die dann auch zu Übergriffen auf Personen geführt ha­ben, die ihre Strafe abgesessen haben und sich nichts mehr zuschulden kommen ha­ben lassen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Das gibt es nicht einmal in Amerika!)

Für den Schutz unserer Kinder halte ich es aber für notwendig, dass sehr wohl die Ju­gendwohlfahrtsträger und auch jene, die mit der Kinderarbeit zu tun haben, sich dies­bezüglich einen Einblick verschaffen können. Sie müssen sich eben an die Jugend­wohlfahrtsträger wenden.

Bei Verurteilungen wegen einer Reihe von Sexualdelikten wurden die Strafen massiv verschärft – das hat die Justizministerin bereits ausgeführt – und die Tilgungsfristen auch verlängert. (Abg. Scheibner: Die redet eine Stunde!) Ich halte das für gerechtfer­tigt, weil wir es bei Sexualtätern doch sehr häufig mit Wiederholungstätern zu tun ha­ben. (Abg. Petzner: Ihre Mitarbeiter sind Wiederholungstäter!) Dass die Strafen erhöht wurden, entspricht einer langen Forderung auch der ÖVP.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben mit dem Gewaltschutzge­setz 1997 einen europaweiten Meilenstein gesetzt, der dann in Europa auch Nachfol­gemodelle in anderen Staaten gefunden hat. Ich glaube, dass wir mit der Weiterent­wicklung, die heute hier ansteht, wieder diesen Rang an der Spitze im Opferschutz, im Kinderschutz, im Schutz vor Gewalt für die Opfer einnehmen. Da die meisten Opfer Frauen und Kinder sind, bin ich als Ministerin sehr froh, dass auch das Innenminis­terium mit seinen Beamten hier einen Beitrag leisten kann. (Abg. Petzner: Sie haben ein Skandalministerium, mitsamt Ihren Mitarbeitern! Das ist unglaublich!)

Sie müssen sich vorstellen, vom Jahr 1997 bis 2007 ist die Polizei über hunderttau­send Mal wegen familiärer Gewalt eingeschritten – hunderttausend Mal! – und hat vier­zigtausend Mal ein Betretungsverbot ausgesprochen. (Abg. Petzner: Sie von der Jagd­gesellschaft, haben Sie überhaupt einen Waffenschein?) Da hat man vierzigtausend Mal den Opfern effizient helfen können. Und daher ist diese Novelle eine gute Sache. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

23.12


Präsident Fritz Neugebauer: Zum Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Pendl. (Rufe beim BZÖ – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Pendl –: „Dan­ke!“ „Danke“, Herr Präsident!)

 


23.12.54

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen auf der Regierungs­bank! Meine geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Wir sind eben freundliche Leute, und wenn es gehört, dann bedanken wir uns. Wenn ihr euch zu gut seid, um euch zu bedanken, dann ist das euer Problem, aber nicht unseres. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – „Danke!“-Rufe beim BZÖ.)

Ich glaube, den Ausführungen der Ministerinnen ist nicht viel hinzuzufügen. (Abg. Ing. Westenthaler: Dann setz dich wieder nieder!) Ihr könnt noch so schreien, euer Ar­gument wird nicht besser. Ich glaube, dass diese Gesetzwerdung hier erstens einmal das Recht dieses Hauses und der Abgeordneten ist – da brauchen wir nicht darüber zu debattieren, ob wir eine Vorlage oder einen Initiativantrag haben –, die Zusammenar­beit aber zwischen den beiden Ressorts und die Zusammenarbeit auch zwischen Jus­tizausschuss und Innenausschuss in der Materie war eine ausgezeichnete. Und da­für – euch schmeckt es nicht, aber das ist eine andere Geschichte – meinen Dank,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 324

meine Damen und Herren, meine Kolleginnen und Kollegen. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ sowie Beifall bei der ÖVP.)

Es wird halt nicht richtiger, denn den 27er-Antrag haben wir ja nur deswegen einge­bracht, weil wir zwei unterschiedliche Inkrafttretenstermine haben. Unser Gesetz, das wir morgen debattieren werden, wird am 1. April in Kraft treten und dieses Gesetz am 1. Juni. Und weil wir ganz einfach inhaltlich bereits vorsorglich auf die neue Gesetzes­materie Rücksicht nehmen wollten, haben wir genau mit dem 27er-Antrag und mit dem Abänderungsantrag auf diese Termine Rücksicht genommen. (Abg. Ing. Westentha­ler: Kein Mensch schert sich darum!)

Also in der Sache ein gutes Gesetz, so wie 1997 das erste Gewaltschutzgesetz schon ein Meilenstein war. Ich bin überzeugt, inhaltlich ist das ein weiterer Ausbau. Und wenn man sich schon lustig macht – aber darüber, dass wir Kinder schützen oder dass wir Frauen schützen, die sexueller Gewalt ausgesetzt sind und misshandelt werden, würde ich, meine Herren, wenigstens nicht lachen. So viel Anstand sollte man zumindest haben.

In diesem Sinne lade ich Sie ein, diesem Gesetz Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall und Bravorufe bei SPÖ und ÖVP.)

23.15


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner ist Herr Kollege Mag. Schönegger. – Bitte.

 


23.15.30

Abgeordneter Mag. Bernd Schönegger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Justizministerin! Geschätzte Frau Innenministerin! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zuvor ein Wort zum Kollegen Abgeordneten Mag. Stadler. Es liegt mir fern, Ihnen näherzutreten (ironische Heiterkeit und Zwischenrufe beim BZÖ), es liegt mir fern, Ihre privaten Verhältnisse zu kommentieren, nur einen Hinweis gestatten Sie mir schon, er könnte durchaus hilfreich sein: Zwischen chemischer Zwangskastration und der Verabreichung der Pille, nämlich der Anti-Babypille, ist ein kleiner, aber wesentlicher Unterschied. Im Regelfall nehmen die Frauen das nämlich freiwillig. Ich weiß nicht, wie Sie das halten. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Anhaltende Zwischenrufe beim BZÖ.)

Herr Klubobmann Bucher, ich würde im Sinne einer Qualitätsoffensive ersuchen, dass Sie dem Dobermann-Zauberlehrling Grosz auch die Zwischenrufe vorschreiben, damit das ein bisschen besser wird. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. – Weitere Zwischen­rufe beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist inhaltlich schon sehr viel gesagt wor­den, ich möchte nur einen Appell noch aussprechen. Als Parlament tun wir sehr gut da­ran, das Justizressort, die Justiz nicht als Spielwiese für Politik zu missbrauchen, die Justiz fern vom täglichen politischen Kleingeldwechsel zu halten. Das ist gute, auch konsensuale Tradition in diesem Haus, und das ist auch richtig und gut so. Das sollten wir machen. (Abg. Petzner: Das gilt auch für Ihre Ministerin und für Ihre Partei!)

Schutz durch Recht, hat die Frau Ministerin gesagt, ist eines der Leitmotive für das Justizministerium unter ihrer Ägide. Und trotz der üblichen verdächtigen Wortmeldun­gen finde ich es ermutigend (Abg. Ing. Westenthaler: Was heißt „verdächtige Wort­meldungen“?), dass wir heute in diesem Bereich konsensual, in guter Tradition, dieses Gewaltschutzpaket, das Gewaltschutzgesetz hier beschließen werden. Das Leitmotto „Schutz durch Recht“ wird somit in Wirklichkeit für alle Bürgerinnen und Bürger tatsäch­lich erlebbar. Und das ist auch gut so. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abge­ordneten der SPÖ.)

23.18



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 325

Präsident Fritz Neugebauer: Die bislang letzte Wortmeldung hiezu kommt von Herrn Kollegem Köfer. – Bitte.

 


23.18.13

Abgeordneter Gerhard Köfer (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Meine Damen auf der Regierungsbank! „Ein Mann sprengt seine Frau in die Luft“ – „Vergewaltigung einer Vierzehnjährigen durch zwei Fünfzehnjährige“ – „Messermord in Wien“ – „Schüsse auf Exkollegen“ – ein Protokoll des Todes, wenn man es sehr aufmerksam liest. Das relati­viert, glaube ich, alles, was hier an Zwischenrufen kommt. Es dürfte aber auch irgend­wie ein Drehbuch sein, das der Teufel heute geschrieben hat. Das alles ist nämlich kei­ne Zusammenfassung von Ereignissen eines Jahres, sondern das sind die Meldungen eines Tages! Da stellt man sich die Frage: Was ist eigentlich los auf dieser Welt?

Ich habe selbst in meiner damaligen Profession als Beamter der österreichischen Bun­desgendarmerie miterlebt, wie eine Frau im Wohnzimmer gesessen ist ... (Zwischenruf des Abg. Petzner.) – Sei einmal leise, Kollege Petzner! Du bist etwas nachtaktiv. Den ganzen Tag hört man dich nicht, in der Nacht wirst du irgendwie laut. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Petzner: Schau dir das Wahlergebnis an! Wir haben 45 Prozent, ihr habt 28 Prozent!) Geh irgendwann einmal hin und gewinne irgendwann einmal eine Wahl mit irgendwelchen Stimmen. Und wenn du das machst, dann reden wir weiter. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Petzner.) – Ja, ja.

Ich habe damals als junger Gendarmeriebeamter miterleben müssen, wie eine Frau eine Schere in der Hand gehabt hat ... (Anhaltende Zwischenrufe beim BZÖ. – Präsi­dent Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Weißt du, was, ich kürze meine Rede ab, da offenbar das BZÖ für dieses Thema nichts übrig hat. Ich glaube, dass sich Gewaltbereitschaft auch durch die Sprache aus­drückt. Ich habe heute ein schlechtes Beispiel miterlebt, wie man gegenüber einem Kollegen hier im Haus, dem Kollegen Haider von der FPÖ, den ich persönlich gar nicht kenne, vorgeht. Wie der Herr Stadler sich heute benommen hat, da muss ich schon sa­gen, ich habe mich heute geniert, hier Abgeordneter sein zu müssen, wenn es so privat wird, wenn es so persönlich wird. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ. – Zwischenrufe beim BZÖ.) Was ist das für ein Beispiel gegenüber unserer Ju­gend, wenn die Politiker im Hohen Haus sich so benehmen?!

Meine sehr geschätzten Damen und Herren, ich glaube, ich verzichte auf die Fortset­zung meiner Rede – und darf abschließend nur bemerken, dass dieses Paket insge­samt ein richtiger Schritt in die richtige Richtung gewesen ist. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

23.20


23.20.40Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. (Abg. Mag. Stadler: Zur Geschäftsordnung!) – Bitte, Herr Kollege Stadler. (Abg. Mag. Stad­ler: Bitte ein Taschentuch für den Kollegen! Er weint schon!) Das war aber wirklich kei­ne Meldung zur Geschäftsordnung. Ich lade Sie ein, noch so viel Kondition aufzubrin­gen, dass wir mit hoher Aufmerksamkeit die Tagesordnung erledigen können. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst: Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend Zweites Gewaltschutzge­setz in 106 der Beilagen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 326

Hiezu liegen folgende Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträge vor:

Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen,

Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Stefan, Kolleginnen und Kollegen,

Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen,

Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen und

Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Scheibner, Kollegin­nen und Kollegen.

Wir stimmen daher zunächst über die von den erwähnten Zusatz- und Abänderungsan­trägen betroffenen Teile – der Reihe nach – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes ab.

Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Stefan, Kolleginnen und Kollegen, der sich auf Artikel I Z 1, 3 und 4 bezieht.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag findet keine Mehrheit und ist abgelehnt.

Wir kommen gleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fas­sung des Ausschussberichtes.

Ich bitte um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist einstimmig beschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen, der eine Änderung der Z 1 in Artikel II zum Inhalt hat.

Wer sich hiefür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag findet keine Mehrheit. Er ist abgelehnt.

Abstimmung über diesen Teil des Entwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist mit Mehrheit beschlossen.

Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordneten Scheibner, Kolleginnen und Kollegen hinsichtlich Einfügung der Z 1a, 1b, 1c und 3a in Artikel V.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag findet keine Mehrheit. Er ist abgelehnt.

Weiters steht zur Abstimmung der Abänderungsantrag der Abgeordneten Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Artikel V Z 6.

Wer dafür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Entwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dem beitritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig.

Wir kommen zur Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordneten Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einfügung einer neuen Z 7a in Artikel V.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Abstimmung über Artikel V Z 8a des Gesetzentwurfes in der Fassung des Abände­rungsantrages der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kol­legen. – Das ist eine Einstimmigkeit. Angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 327

Des Weiteren kommen wir zur Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordneten Scheibner, Kolleginnen und Kollegen, der die Einfügung folgender Ziffern in Artikel V beinhaltet: 8aa, 8ab, 8ac und 9a, 9b sowie 11a.

Wer tritt dem bei? – Das ist die Minderheit und abgelehnt.

Abänderungsantrag der Abgeordneten Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Artikel V Z 12 und 15.

Wer dem beitritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das findet keine Mehrheit. Abgelehnt.

Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig beschlossen.

Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordneten Mag. Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen, der die Einfügung der Z 7 und 8 in Artikel VI beinhaltet.

Ich bitte um ein positives Zeichen. – Der Antrag findet keine Mehrheit, ist abgelehnt.

Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Streichung der Z 9a in Artikel VI. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte um ein positives Zeichen. – Das ist mit Mehrheit beschlossen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über Artikel VI Z 11, 22, 23 des Gesetzentwur­fes in der Fassung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen.

Ich bitte um ein positives Zeichen. – Das ist einstimmig beschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Scheib­ner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Artikel VIII Z 2.

Wer dem beitritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Findet keine Mehrheit. Ist abgelehnt.

Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist einstimmig beschlossen.

Artikel VIII Z 5 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Abänderungsantrages der Ab­geordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen steht zur Ab­stimmung. – Das ist einstimmig beschlossen.

Zur Abstimmung kommt nun der Zusatzantrag der Abgeordneten Scheibner, Kollegin­nen und Kollegen hinsichtlich der Einfügung einer neuen Z 6a in Artikel XI.

Wer dem beitritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Findet keine Mehrheit. Ist abgelehnt.

Abstimmung über Artikel XI Z 11 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Abände­rungsantrages der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kol­legen.

Ich bitte um Zustimmung. – Das ist einstimmig beschlossen.

Ich komme zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dem beitritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig beschlossen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 328

Dritte Lesung:

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Entwurf zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig beschlossen.

Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 107 der Beilagen.

Ich bitte um ein zustimmendes Zeichen. (Ironische Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ,
da die Abgeordneten der SPÖ sich nur zögernd von den Sitzen erheben. – Abg. Stra­che: Abgelehnt! – Abg. Mag. Stadler: Eindeutig abgelehnt!)
 – Herr Kollege Strache, ich habe noch keine Feststellung getroffen, wenn Sie das bemerkt haben. – Ich stelle fest, dass diese Abstimmung mit Mehrheit ausgeht. Ist daher angenommen.

Wir kommen gleich zur dritten Lesung.

Ich bitte auch um Zustimmung in dritter Lesung. – Das ist mit Mehrheit beschlossen.

Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 108 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem beitritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit beschlossen.

Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 109 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um Zustimmung. – Auch das ist mit Mehrheit beschlossen.

23.28.4125. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (89 d.B.): Bundesge­setz, mit dem die Jurisdiktionsnorm, das Einführungsgesetz zur Zivilprozessord­nung, die Zivilprozessordnung, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Außerstreitgesetz, die Exekutionsordnung, die Konkursordnung, das Gerichtsor­ganisationsgesetz, das Rechtspflegergesetz, das Gebührenanspruchsgesetz, das Sachverständigen- und Dolmetschergesetz, das Gerichtsgebührengesetz und das Mietrechtsgesetz geändert werden (Zivilverfahrens-Novelle 2009 – ZVN 2009) (114 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 25. Punkt der Tagesordnung.

Es gibt keine mündliche Berichterstattung.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Dr. Karl. – Bitte.

 


23.28.59

Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frauen Bundesministerinnen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegende Zivil­verfahrens-Novelle 2009 dient unter anderem dazu, zwei EU-Verordnungen Rechnung zu tragen. Dabei geht es um die Einführung eines europäischen Mahnverfahrens und eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen.

Mit dem europäischen Mahnverfahren werden vor allem drei Zielsetzungen verfolgt:

erstens eine Vereinfachung und Beschleunigung grenzüberschreitender Verfahren im Zusammenhang mit unbestrittenen zivil- oder handelsrechtlichen Geldforderungen,

zweitens eine Verringerung der Verfahrenskosten und

drittens die Ermöglichung eines freien Verkehrs europäischer Zahlungsbefehle in den Mitgliedstaaten durch Festlegung von Mindestvorschriften, bei deren Einhaltung die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 329

Zwischenverfahren im Vollstreckungsmitgliedstaat, die bisher für die Anerkennung und Vollstreckung erforderlich waren, entfallen.

Dieses europäische Mahnverfahren stellt eine zusätzliche und fakultative Alternative für den Antragsteller dar. Das heißt also, dem Antragsteller steht es frei, sich nach wie vor für die im nationalen Recht vorgesehenen Verfahren zu entscheiden.

Die Verordnung für geringfügige Forderungen, die sogenannte Bagatellverordnung, stellt sicher, dass grenzüberschreitende Streitigkeiten in Zivil- und Handelssachen mit geringem Streitwert schneller und kostengünstiger als bisher beigelegt werden können.

Die dargestellten, in die Zivilprozessordnung eingearbeiteten EU-Verordnungen stellen einen wichtigen Schritt im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit zwischen den Mit­gliedstaaten in Zivil- und Handelssachen dar. Heute werden wir beschließen, dass die­se Verordnungen in die Zivilprozessordnung einfließen. Das ist eine gute Sache, der wir gerne unsere Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

23.31


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


23.31.22

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Minis­terin! Ich möchte mich in aller Kürze zur Zivilverfahrens-Novelle, die sehr zu begrüßen ist, äußern und zu zwei Punkten Stellung nehmen, die vor allem das Mietrecht betref­fen. Hier wird vor allem die gerichtliche Kündigung, § 33 Abs. 1 mit einer Klarstellung novelliert – es geht um eine Gleichschaltung mit der ZPO, die hier erreicht wird.

Bei dieser Bestimmung geht es um Folgendes: Wenn die Mieter bei der Zustellung der schriftlichen Kündigung die Kündigungsfrist nicht einhalten, das heißt, wenn diese Kün­digung zu spät eintrifft, muss in Zukunft die Kündigung nicht noch einmal eingebracht werden, sondern sie wird für den nächsten Termin angerechnet. Bisher hat es hier ja unterschiedliche Regelungen gegeben. Diese Novelle bringt eine eindeutige Verbesse­rung für die Mieter, die ausdrücklich zu begrüßen ist.

Weiters möchte ich die Regelung betreffend die Gebärdendolmetscher hervorheben. Es ist das eine wirklich große Verbesserung für gehörlose Parteien, die damit erreicht wird – dies zu sagen, erscheint mir besonders wichtig. In Österreich sind etwa 8 000 bis 10 000 Menschen gehörlos und einige weitere Tausende hochgradig schwer­hörig. Diese Personen verwenden sehr häufig die Gebärdensprache.

Mit dem heutigen Beschluss wird es möglich sein, dass die Gebärdensprachdolmet­scher ihre Parteien nicht nur bei Gericht vertreten und dolmetschen, sondern darüber hinaus auch bei Gesprächen mit dem Rechtsanwalt auf Kosten des Bundes zur Ver­fügung stehen. Das ist eine wirklich bedeutende Erleichterung für gehörlose Menschen im Zugang zu ihrem Recht.

Meine Fraktion wird dieser Vorlage, die den Menschen eine Reihe an Verbesserungen bringt, zustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

23.33


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Darmann. – Bitte.

 


23.33.38

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (BZÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bun­desministerin! Hohes Haus! Auch die Fraktion des BZÖ wird dieser Regierungsvorlage zustimmen, nicht zuletzt aufgrund der damit bezweckten nationalen und internationalen Verbesserung der Verfahrensökonomie.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 330

Einige Punkte dieser Vorlage die positiv hervorzuheben sind, wurden ja bereits ange­sprochen, zwei weitere möchte ich hiermit hervorheben. Zum einen § 64 ZPO betref­fend die Verfahrenshilfe. Es ist ja bekannt, dass zum Verfahrenshelfer bestellte Anwäl­te die Information, die sie zur Rechtsverfolgung oder zur Verteidigung brauchen, oft nur mittels Einschaltung eines Dolmetschers erhalten. Tatsache ist, dass bis dato diese Rechtsanwälte die oft erheblichen Kosten aus eigener Tasche vorstrecken mussten. Nunmehr wird es eine vorläufige Bevorschussung dieser oft beträchtlichen Kosten von­seiten des Staates geben.

Es wurde bereits die Dolmetschtätigkeit der Gebärdensprache angesprochen, ich brau­che mich damit also jetzt nicht mehr detaillierter zu befassen. Tatsache ist aber auch, dass im Bereich der Dolmetscher und Sachverständigen auch eine Qualitätsverbesse­rung in dem Sinn stattfinden wird, da die zweitmalige Eintragung in diese Dolmetscher- und Sachverständigenliste künftig nur noch für fünf Jahre stattfinden wird, nicht für zehn Jahre wie bis dato. Das heißt, dass in diesem Bereich alle fünf Jahre ein Quali­tätsmanagement beziehungsweise eine Qualitätsüberprüfung stattzufinden hat.

Zu guter Letzt in aller Kürze natürlich auch der § 252 ZPO, der eine nationale Imple­mentierung der Verordnung zur Einführung des europäischen Mahnverfahrens beinhal­tet. Wir wissen ja, dass es mit 12. Dezember 2008 in Kraft getreten ist und dass damit nunmehr eine Vereinfachung des Mahnverfahrens auf europäischer Ebene stattfinden wird.

In diesem Sinne wird diese Vorlage, wie gesagt, unsere Zustimmung finden. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

23.35


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. Redezeit: 1 Minute. – Bitte.

 


23.35.59

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Wir begrüßen die Zivilprozessnovelle, diesmal oh­ne Schelte, in vollem Umfang. Ich glaube, dass die Verbesserungen bei der internatio­nalen Rechtsdurchsetzung gerade im Lichte der Entwicklungen der Europäischen Uni­on sinnvoll, gut und richtig sind.

Besonders freut uns der Ausbau des Gebärdendolmetschbereiches, nämlich hinsicht­lich der Kommunikation zwischen den Parteien und den Rechtsanwälten. Das freut uns deswegen ganz besonders, weil wir im Hohen Haus demnächst eine Gehörlosenvertre­terin haben werden. Helene Jarmer wird im Juni voraussichtlich als grüne Abgeordnete angelobt werden. Dann wird auch auf das Hohe Haus einiges zukommen. (Abg. Stra­che: Schauen wir erst mal, ob ihr den Einzug ins Europaparlament schafft!)

Es bedeutet nämlich auch für uns eine Umstellung, wenn hier eine Gehörlose mit Ihnen und euch diskutieren wird. Das wird eine große Herausforderung sein. Ich glaube, das wird auch bewusst machen, dass in diesem Bereich besondere Sensibilität notwendig ist. In vielen Punkten werden wahrscheinlich weitere Reformschritte notwendig sein. Deswegen freut es mich, dass die ZPO-Novelle dem zuvorkommt. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

23.37


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Mag. Bandion-Ortner. – Bitte.

 


23.37.27

Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Sehr geehrter Herr Prä­sident! Hohes Haus! Angesichts der vorgeschrittenen Zeit mache ich es ganz kurz. (Allgemeiner Beifall.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 331

Der heutige Beschluss zur Zivilverfahrens-Novelle 2009 wird für viele Personen den Zugang zum Recht verbessern und vereinfachen. Alle Maßnahmen, die zu einer Ver­besserung des Zugangs zum Recht führen, dienen auch längerfristig dem Wirtschafts­standort Österreich. In diesem Sinne möchte ich diesen Beschluss auch verstanden wissen.

Die Zivilverfahrens-Novelle 2009 enthält eine Vielzahl von Maßnahmen, die der Aus­führung von gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften dienen; ich erwähne hier das euro­päische Mahnverfahren sowie das europäische Bagatellverfahren. Hier werden erst­mals Verfahren geschaffen, die zu unmittelbar vollstreckbaren Durchsetzungstiteln in ganz Europa führen. Es gibt ja bekannterweise immer mehr grenzüberschreitende Streitigkeiten.

Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Stärkung des rechtlichen Gehörs. Rekurse sol­len nun zweiseitig sein.

Weiters soll gehörlosen und hochgradig schwerhörigen Menschen kostenlos ein Ge­bärdendolmetscher zur Verfügung gestellt werden.

Bei der Erlassung einstweiliger Verfügungen im Unterhaltsbereich gibt es derzeit eine Kompetenzaufsplitterung zwischen Richtern und Rechtspflegern, die nicht sachgerecht erscheint. Es sollen jetzt mit der Zivilverfahrens-Novelle 2009 die Kompetenzen des Rechtspflegers im Unterhaltsbereich ausgebaut werden. Gerade in Unterhaltssachen verfügt der Rechtspfleger nämlich unbestritten über die erforderliche Expertise. Deswe­gen sieht die Novelle vor, dass der Rechtspfleger über einstweilige Verfügungen zu entscheiden hat – nämlich dann, wenn er ohnehin für die Hauptsache zuständig ist.

Im Bereich des Sachverständigen- und Dolmetschgesetzes sieht der Entwurf eine Ver­kürzung der derzeit auf zehn Jahre befristeten Eintragung in die Gerichtssachverstän­digen- beziehungsweise Gerichtsdolmetscherliste auf fünf Jahre vor. Das ist ein weite­rer Schritt in Richtung Qualitätssicherung im Sachverständigen- und Dolmetscher­wesen.

Insgesamt, um es noch einmal kurz zu sagen, stellt die Zivilverfahrens-Novelle 2009 so­mit ein Bündel vielfältiger und heterogener Maßnahmen dar, die den ökonomischen Ablauf des Zivilverfahrens sichern werden und zu erheblichen Verbesserungen für den einzelnen Bürger führen werden. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

23.39


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Ikrath. – Bitte.

 


23.40.02

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Herr Präsident! Frau Justizministe­rin! Frau Bundesministerin, Ihren letzten Worten kann ich mich nur anschließen: Auch ich bin überzeugt davon, dass es durch diese Novelle zu einer Fülle von Verbesserun­gen für die Bürgerinnen und Bürger kommt; es liegt uns eine sehr saubere Umsetzung von zwei EU-Verordnungen vor.

Folgenden Aspekt möchte ich jetzt noch herausstreichen: Im Sinne der Verfahrensöko­nomie spricht es für große Weisheit des Justizministeriums, dass man das europäische Mahnverfahren künftig bei einem Gericht konzentriert, wo sozusagen ein entsprechen­des Kompetenzzentrum entsteht, und das Verfahren nicht auf unzählige Bezirksgerich­te zersplittert. Das dient sicherlich den Bürgerinnen und Bürgern.

Damit darf ich mich für diese Gesetzesvorlage bedanken – und meine Rede auch schon wieder beenden, da ich versprochen habe, Redezeit einzusparen, weil ich heute in, wie ich meine, gerechter Empörung über die Brandstifter der Rating-Agentur Moodys die Redezeit bei meinem ersten Redebeitrag überzogen habe. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

23.41



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 332

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte.

 


23.41.00

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Vorredner haben (Abg. Dr. Stummvoll: Alles gesagt!) die Anliegen im Großen und Ganzen bereits dargestellt; ich unterschreibe das, was sie gesagt haben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Ich möchte jetzt nur noch kurz auf etwas eingehen, was noch nicht angesprochen wur­de, nämlich der Satz: § 73a samt Überschrift wird aufgehoben.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit erfolgt eine daten­schutzrelevante Regelung; es erfolgt eine Sicherung personenbezogener Exekutions­daten gegen Missbrauch. Ich habe es bereits im Ausschuss gesagt: Es geht dabei um Daten, zu denen besondere Personengruppen bei Gericht einen Zugriff hatten, nämlich Rechtsanwälte und Notare – und immer mehr dieser Daten fanden sich dann bei Boni­tätsauskünften, insbesondere bei Auskunfteien.

In diesem Zusammenhang gab es eine Reihe von Beschwerden, auch beim österrei­chischen Datenschutzrat. Daher, Frau Bundesministerin, möchte ich mich als stellver­tretender Vorsitzender des österreichischen Datenschutzrates recht herzlich für diese Maßnahme jetzt bedanken.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte noch einen Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage ... in der Fassung des Berichtes des Justizausschusses (114 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

1. In Artikel III Z 7 lautet § 121 Abs. 3 wie folgt:

„(3) Die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 über die Zustellung gerichtli­cher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitglied­staaten und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000, ABl. Nr. L 324
vom 10.12.2007 S. 79, bleiben unberührt.“

2. In Artikel XIV (Inkrafttreten, Übergangsbestimmungen und Vollziehung) Abs. 2 hat der zweite Satz zu lauten:

„Art. III Z 10 (§ 252 ZPO) tritt mit 1. Juli 2009 in Kraft; § 252 Abs. 2 erster Satz und Abs. 3 ZPO sind auf Anträge anzuwenden, die nach dem 30. Juni 2009 bei Gericht ein­gelangt sind.“

*****

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist der Abänderungsantrag, und ich er­suche, diesem zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.43


Präsident Fritz Neugebauer: Dieser Antrag steht mit in Verhandlung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 333

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Jurisdiktionsnorm, das Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung, die Zivilprozessordnung, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Außerstreitgesetz, die Exekutionsordnung, die Konkurs­ordnung, das Gerichtsorganisationsgesetz, das Rechtspflegergesetz, das Gebührenan­spruchsgesetz, das Sachverständigen- und Dolmetschergesetz, das Gerichtsgebüh­rengesetz und das Mietrechtsgesetz geändert werden (Zivilverfahrens-Novelle 2009 – ZVN 2009) (89 der Beilagen), in der Fassung des Berichtes des Justizausschusses (114 der Beilagen):

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Jurisdiktionsnorm, das Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung, die Zivilprozessordnung, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Außerstreitgesetz, die Exekutionsordnung, die Konkurs­ordnung, das Gerichtsorganisationsgesetz, das Rechtspflegergesetz, das Gebührenan­spruchsgesetz, das Sachverständigen- und Dolmetschergesetz, das Gerichtsgebüh­rengesetz und das Mietrechtsgesetz geändert werden (Zivilverfahrens-Novelle 2009 – ZVN 2009) (89 der Beilagen), in der Fassung des Berichtes des Justizausschusses (114 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

1. In Artikel III Z 7 lautet § 121 Abs. 3 wie folgt:

„(3) Die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 über die Zustellung gerichtli­cher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitglied­staaten und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000, ABl. Nr. L 324
vom 10.12.2007 S. 79, bleiben unberührt.“

2. In Artikel XIV (Inkrafttreten, Übergangsbestimmungen und Vollziehung) Abs. 2 hat der zweite Satz zu lauten:

„Art. III Z 10 (§ 252 ZPO) tritt mit 1. Juli 2009 in Kraft; § 252 Abs. 2 erster Satz und Abs. 3 ZPO sind auf Anträge anzuwenden, die nach dem 30. Juni 2009 bei Gericht ein­gelangt sind.“

Begründung

Der Abänderungsantrag dient der Beseitigung eines Redaktionsversehens.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Letzte Rednerin hiezu: Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte.

 


23.44.07

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es wurde zu dieser Zivilverfahrens-Novelle bereits alles gesagt – nur noch nicht von mir –, deswegen sage ich gar nichts dazu (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP), außer: Das europäische Mahnverfahren und das europäische Bagatellverfahren sollten uns schon ein bisschen zum Nachdenken brin­gen.

Innerhalb Europas wird es möglich, mit ganz einfachen einheitlichen und standardisier­ten Formularen – unter Einhaltung sämtlicher Menschenrechtsbestimmungen und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 334

sonstiger Ansprüche an den Rechtsschutz – Verfahren so einfach zu machen, wie wir das in Europa schon längst gebraucht hätten.

Wir brauchen viel mehr Bereiche, wo Arbeiten und Wirtschaften in Europa einfacher wird. Daher auch in diesen Bereichen ein vorbehaltloses Bekenntnis zur EU bezie­hungsweise dazu, in unseren Bemühungen hiefür nicht nachzulassen. Auf der anderen Seite sollten uns die Erwägungen zu diesen Verordnungen nachdenklich machen, was wir uns in Österreich an überbordender Bürokratie nach wie vor leisten.

In den Erwägungsgründen zu den diesem Gesetz zugrunde liegenden Verordnungen steht drinnen, wie viel an sinnlosem, niemals irgend jemandem nützendem Bürokratie­aufwand wir zum Schaden für die Beschäftigung und das Wachstum in diesem kleinen Gebiet weiterhin aufrechterhalten. Solange wir ein Mehr in Europa in der Wirtschaft noch nicht haben, sollten wir das daher national in Österreich umsetzen.

Ich bringe hiezu ein paar Beispiele. Wenn an den Fachhochschulen Vortragende, die auch nur eine einzige Stunde im Jahr an einer Fachhochschule unterrichten, als Dienstnehmer qualifiziert werden und die Gesamtsumme aller Dienstnehmer einer Fachhochschule zur Berechnung dessen herangezogen wird, wie viele Wickelplätze die Fachhochschule haben muss, und wenn eine einzige Fachhochschule in Österreich aufgrund dieser Bestimmungen Wickelplätze für 600 Dienstnehmerinnen und Dienst­nehmer vorsehen muss, wenn unsere Unternehmen Berichtspflichten haben, die eine Arbeitskraft zum Teil einen halben Arbeitstag, und zwar jede Woche, beschäftigen, dann frage ich mich schon, ob wir uns das in dieser wirtschaftlich schwierigen Situation noch leisten können! (Abg. Mag. Stadler: Was hat das mit der ZV-Novelle zu tun?)

Den Grundsatz audiatur et altera pars, den wir heute im Rekursverfahren stärken, soll­ten wir auch im Hinblick auf viele Unternehmer, denen wir mittlerweile viel zu viel an Bewegungsfreiheit nehmen, überlegen, nämlich was die fachspezifische Rechtsset­zung betrifft. Wir sollten unsere Gesetze sozusagen daraufhin abklopfen, ob wir uns eine derart überbordende Bürokratie in Zukunft tatsächlich noch leisten wollen. – Dan­ke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: War das jetzt eine Kritik an dem Gesetz?)

23.46


23.47.00Präsident Fritz Neugebauer: Es ist hiezu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 114 der Beilagen. (Un­ruhe im Saal.) – Ich bitte, die Plätze einzunehmen!

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kolle­gen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die Artikel III und XIV bezieht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Ti­tel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der genannten Abgeordneten abstimmen.

Für den Fall der Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig be­schlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung dem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich um ein Zei­chen. – Das ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

23.48.0526. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (12 d.B.): Erklärung der Republik Österreich über die Annahme des Beitritts des Commonwealth der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 335

Bahamas zum Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte interna­tionaler Kindesentführung (115 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir gelangen zum 26. Punkt der Tagesordnung.

Da hiezu keine Wortmeldung vorliegt, lasse ich gleich über den Antrag des Justizaus­schusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages die Genehmigung zu erteilen, abstimmen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

23.48.4427. Punkt

Regierungsvorlage: Erklärung der Republik Österreich über die Annahme des Beitritts der Republik San Marino zum Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (49 d.B.) (gemäß § 28a GOG keine Ausschussvorberatung)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zum 27. Punkt der Tagesordnung.

Da auch hiezu keine Wortmeldung vorliegt, kommen wir sogleich zur Abstimmung.

Wer der Genehmigung des gegenständlichen Staatsvertrages zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Einstimmige Annahme.

23.49.4128. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 513/A der Abgeordneten Dr. Peter Sonnberger, Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz, das Richtwertgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 2002, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz und das Heizkostenabrechnungsgesetz geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2009 – WRN 2009) (122 d.B.)

29. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 486/A(E) der Abgeordneten Jo­sef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Inflationsanpassung des Richt­wertmietzinses (123 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zu den Punkten 28 und 29 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Tadler. – Bitte.

 


23.50.12

Abgeordneter Erich Tadler (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Mit den Änderungen des Mietrechtsgesetzes bezüglich des Energieausweises ist ein guter Abgleich gelungen, vor allem auch deshalb, weil die dadurch entstandenen Kosten nicht im Wege der Betriebskosten an die Mieter weiterverrechnet werden dürfen.

Jetzt ein paar Worte als Mitglied des Baukomitees hier im Hause. Das ist ein Foto von hier unten. (Der Redner hält im Zuge seiner Ausführungen mehrere Fotos, die den schlechten Bauzustand des Hauses dokumentieren, in die Höhe. – Abg. Amon: Zeigen Sie es uns auch?!) Herr Präsident – Frau Präsidentin Prammer ist jetzt nicht da –, wir sollten eigentlich ein bisschen Luft auch von hier unten bekommen, aber ich sehe, dass hier herinnen wirklich alle schon etwas schnaufen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 336

Über den Zustand dieses Hauses wurden ja heute in Versform mehrere Pointen ge­bracht. Aber noch einmal: Der Zustand dieses Haus ist mehr als schlecht! Ich habe hier sogar ein Foto von einem Kübel da oben (in Richtung Glasdach blickend) mit. (Abg. Grosz: Der könnte ja einmal herunterkommen!) Wahrscheinlich wird es beim nächsten Mal wieder ein bisschen mehr hier in den Saal hereinregnen – und vielleicht heißt es dann: Betreten verboten! Absturzgefahr!

Herr Präsident, können wir uns in einem solchen Haus noch wohlfühlen? (Abg. Schopf: Die Redezeit ist schon vorbei!) – Danke; für Sie aber wahrscheinlich auch.

In der morgigen Ausgabe der „Kronen Zeitung“ steht: Instandhaltung statt Luxusadap­tion. Und weiters: „Hoffentlich gibt es keine Rache vom Dache für Herrn Strache!“ (Bei­fall vom BZÖ. – Abg. Grosz: Das ist ein sogenannter Schüttelreim!) – Ein Schüttelreim, danke!

Der entsprechende Entschließungsantrag wurde – eben bis auf die Stimmen der H.C. Stra­che-Fraktion – mehrheitlich angenommen. Deswegen erwähne ich das. – Danke. (Bei­fall beim BZÖ. – Abg. Strache: Lei-lei!)

23.52


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Sonnberger. – Bitte.

 


23.52.20

Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Nur zur Klarstellung: Der Umbau des Parlamentsgebäudes ist nicht durch diese Wohnrechtsnovelle geregelt, sondern bei dieser geht es um die Richtwertmieten. (Abg. Grosz: Es könnte der Kübel herunter­kommen!) Ab 1. April 2009 hätten wir diese um 3,2 Prozent erhöhen müssen, was bei einer 500-€-Miete eine Erhöhung um 192 € pro Jahr bedeutet hätte.

Da wir uns dazu entschieden haben, diese Art von Mieten in einem Abstand von zwei Jahren zu erhöhen, ersparen sich die Mieter bis zum 1. April 2010 bei einer 500-€-Mie­te genau 192 €. Ich glaube, das ist durchaus im Interesse der Mieter gelegen, jedoch muss auf der anderen Seite auch gesagt werden, dass bei diesen Verhandlungen sehr genau festgelegt wurde, dass es wichtig ist, die Wertbeständigkeit der Miete zu erhal­ten. – Das ist der zweite Punkt, und ich kann sagen, dass dieser Kompromiss durchaus vertretbar ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Es erfolgt auch eine Festlegung der Kostentragung für die Ausstellung des Energieaus­weises; das ist eine notwendige Klarstellung gewesen. Mit dieser Wohnrechtsnovelle wird auch die Feststellung der Höhe der Kaution im Außerstreitverfahren ermöglicht; ebenso werden Veranlagung, Einlagensicherheit und Insolvenzsicherheit dieser Kau­tion geregelt. Weiters wird eine Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der Abrech­nung der Heizkosten im Außerstreitverfahren ermöglicht.

In Summe also eine durchaus positive Novelle, und ich freue mich auch sehr, dass die­se von allen Fraktionen mitgetragen wird. Ausdrücklich möchte ich mich noch bei der Frau Justizministerin und ihrem Kabinett, ebenso bei Herrn Dr. Stabentheiner von der Zivilrechtssektion für die umsichtige Mitverhandlung bedanken. Sie waren ja zum Teil als Mediatoren tätig, denn es war nicht so einfach, hier einen Kompromiss zu erzielen, aber ich glaube, dieser Kompromiss kann sich – im Interesse der Mieter und Vermieter liegend – sehen lassen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

23.54


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markowitz. – Bitte. (Abg. Grosz – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Markowitz –: Ste­fan, Vorsicht, Kübel! Achtung, Kübel!)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 337

23.54.34

Abgeordneter Stefan Markowitz (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Regie­rungsmitglieder! Hohes Haus! Zum Thema Heizkostenabrechnung möchte ich sagen: Schluss mit der ungerechten Quadratmeterabrechnung! Dort, wo Verbraucherzähler montiert sind, sollten diese für die Abrechnung verwendet werden, denn wir sehen überhaupt nicht ein, dass jemand, der sorgsam mit Energie umgeht, zum Handkuss kommt, wenn seine Nachbarn permanent Energie verschwenden.

Da wollen wir also für die Zukunft die Regelung haben, dass eben die Wien Energie und die Fernwärme bei neuen Anlagen, die errichtet werden, überall Verbraucherzähler montieren, damit die Abrechnung gerechter wird. (Beifall beim BZÖ.)

Nun zu unserem Antrag betreffend Inflationsanpassung des Richtwert-Mietzinses. Da es aus rechtstaatlicher Sicht nicht sinnvoll erscheint, die geltende Rechtslage jährlich beziehungsweise aus gegebenem Anlass zu ändern, ist eine nachhaltig wirksame Re­gelung anzustreben.

Um die Teuerung für die Betroffenen möglichst niedrig zu halten, soll das Richtwertge­setz dahin gehend geändert werden, dass der Richtwert-Mietzins erst erhöht wird, wenn der Verbraucherpreisindex seit dem letzten Erhöhungszeitpunkt um mindestens 5 Prozent gestiegen ist. Somit kommt es dann zu einer Erhöhung spätestens alle zwei Jahre, was wir für richtig halten, da sich jeder Mieter Geld erspart. (Beifall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zu einem wichtigen Punkt im Zusammen­hang mit der Regelung der Maklerprovision. Da sollten wir die Maklerprovisionsrege­lung von drei Monatsmieten auf zwei Monatsmieten heruntersetzen.

Daher folgender Entschließungsantrag der Abgeordneten Markowitz und Bucher:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend wird ersucht, dem Nationalrat ehest möglich einen Gesetzentwurf zuzuleiten, mit dem der Provisionsanspruch von Immobilienmaklern für die Vermittlung von Wohnungen mit unbefristeten Mietverträgen mit zwei Monatsmieten und im Fall der Vermittlung von Wohnungen mit befristeten Mietverträgen auf eine Monatsmiete begrenzt wird. Darüber hinaus wird der Bundes­minister für Finanzen ersucht, schwerpunktmäßige Kontrollen zur Unterbindung von Abgabenhinterziehungen im Bereich der Immobilienmakler umzusetzen.“

*****

Vielen Dank. (Beifall beim BZÖ.)

23.57


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Markowitz, Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Sen­kung von Maklerprovisionen und wirksame Maßnahmen zur Unterbindung von Abga­benhinterziehungen in diesem Bereich

eingebracht in der 16. Sitzung des Nationalrates im Zuge der Debatte zum Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 486/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Inflationsanpassung des Richtwertmietzinses (123 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 338

Die mit dem Wohnen insgesamt verbundenen Kosten sind in den letzten Jahren dra­matisch gestiegen. Viele sozial schwache Österreicher müssen zur Deckung dieses Grundbedürfnisses bis zu 40 Prozent ihre Einkommens aufwenden, womit die Wohn­kosten für viele Bürger ein Existenz bedrohendes Ausmaß erreicht haben. Erschwe­rend kommt hinzu, dass beim Abschluss eines Mietvertrages in der Regel zusätzlich noch 3 Monatsmieten an Kaution zu hinterlegen sind, und in den meisten Fällen darü­ber hinaus bis zu 3 Monatsmieten als Vermittlungsprovision für einen tätig gewordenen Immobilienmakler aufzuwenden sind. Aufgrund der Tatsache, dass viele Mieter gezwungen sind ihre Wohnung innerhalb kurzer Zeiträume mitunter mehrmals zu wechseln, etwa weil ein befristeter Mietvertrag abgelaufen und vom Vermieter nicht verlängert worden ist, sind die oben erwähnten Kosten, die mit solch einem Umzug verbunden sind für viele Betroffene schlichtweg nicht mehr finanzierbar. Dabei muss berücksichtigt werden, dass ein Großteil der Immobilien in der Praxis nur mehr über Makler vermittelt werden, und die Bezahlung einer entsprechenden Provision somit oft nur schwer vermieden werden kann.

Um diesem Problem entgegen zu steuern ist es im Interesse der Gleichbehandlung der Mieter notwendig die Maklerprovisionen, unabhängig davon ob das Mietverhältnis in den Voll- oder Teilanwendungsbereich des MRG fällt, oder von diesem zur Gänze aus­genommen ist, zu senken. Dementsprechend sollen in Zukunft für die Vermittlung von Wohnungen mit unbefristeten Mietverträgen nur mehr 2 Bruttomonatsmieten an Provi­sion verlangt werden dürfen. Bei der Vermittlung von befristeten Mietverträgen soll in Zukunft nur mehr eine Bruttomonatsmiete an Provision anfallen.

Weiters ist in der Praxis das Phänomen zu beobachten, dass von Maklern hinsichtlich ihres Provisionsanspruches keine Rechnung ausgestellt wird, und die von diesen so eingenommene Provision in weitere Folge nicht versteuert wird. Um dies zu unterbin­den sind in diesem Bereich schwerpunktmäßige Kontrollen einzuführen.

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend wird ersucht dem Nationalrat ehest möglich einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, mit dem der Provisionsanspruch von Immobilienmaklern für die Vermittlung von Wohnungen mit unbefristeten Mietverträgen mit zwei Monatsmieten, und im Fall der Vermittlung von Wohnungen mit befristeten Mietverträgen auf eine Monatsmiete begrenzt wird. Darüber hinaus wird der Bundesmi­nister für Finanzen ersucht, schwerpunktmäßige Kontrollen zur Unterbindung von Ab­gabenhinterziehungen im Bereich der Immobilienmakler umsetzen.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Kollegin Mag. Becher. – Bitte.

 


23.57.12

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich sehr über die vorliegende Wohnrechtsnovelle 2009, und mir ist bewusst, dass verschiedene Interessengruppen spezifische Wünsche ans Wohnrecht haben und es daher sehr schwierig ist, all diesen Wünschen gerecht zu werden und einen Aus­gleich dieser verschiedensten Interessen zu finden.

Die heute vorliegende Novelle ist sehr mühsam erarbeitet worden; ein Kollege hat das ja bereits erwähnt. Es sind sehr intensive Verhandlungen geführt worden. Auch ich


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möchte mich bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern an den Verhandlungen be­danken: bei den Experten des Koalitionspartners, bei unseren eigenen Experten, aber vor allem auch bei den zuständigen Beamten des Justizministeriums; ebenso bei der Frau Justizministerin und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ihres Kabinetts.

Es ist sehr erfreulich, dass sich durch diese Novelle sehr viele MieterInnen – gerade in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten –, mit diesem heutigen Beschluss vor allem je­ne, die Mietverträge nach dem Richtwert haben, künftig Wohnkosten ersparen werden. Eine Anpassung der Richtwertmieten wird alle zwei Jahre vorgenommen werden, und zwar um den Jahresschnitt der Inflation.

Diese Neuregelung erspart den MieterInnen – im Gegensatz zu den bisher stattfinden­den Erhöhungen – bares Geld. Nach Berechnungen der Arbeiterkammer sind das bei einer 700-€-Nettomiete jährlich rund 200 €, die so gespart werden können. Sehr wich­tig ist auch, dass heuer keine Mieterhöhung kommt.

Diese Wohnrechtsnovelle beinhaltet weitere Punkte, die uns sehr wichtig sind: die Rückforderung der Kautionen und die Überprüfung der Richtigkeit der Heizkosten, die künftig in einem Außerstreitverfahren geltend gemacht werden können, und zwar ohne Kostenrisiko für die Mieterinnen und Mieter.

Das Wohnrecht ist ein wichtiger erster Schritt, aber es gibt noch andere wesentliche Bereiche, die gleichfalls einer Neuregelung bedürften. In diesem Zusammenhang möchte ich jetzt vor allem die Kostentragung für Erhaltungs- und Wartungsarbeiten, die Begrenzung der Kautionen und der Maklerprovisionen sowie die Novellierung des Heizkostenabrechnungsgesetzes anführen.

Meine Damen und Herren, ich bin optimistisch, dass mit dem Koalitionspartner diese anstehenden Fragen zügig einer Lösung zugeführt werden können und das Wohnrecht künftig noch besser an die Erfordernisse der MieterInnen angepasst wird. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.59


Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächster spricht Kollege Vock. – Bitte.

 


0.00.07

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Im vorliegen­den Antrag sind sehr viele wichtige Änderungen, die auch wir begrüßen, enthalten. Al­lerdings sagen uns Experten – und vielleicht hat man das ganze Gesetz ein bisschen zu schnell beschlossen, es geschah ja innerhalb von 14 Tagen –, dass wir letzten En­des das Ganze zu schnell gemacht haben und hier totes Recht schaffen, weil der An­trag so, wie er hier vorliegt, in der Praxis teilweise nicht durchführbar ist.

Weil Kollege Cap immer wieder sagt, dass die Opposition nicht nur kritisieren soll, brin­gen auch wir einen Abänderungsantrag ein. Da die Parlamentsdirektion, wie ich ge­hört habe, diesen Antrag auch verteilt, reicht es, wenn ich ihn nur in den wesentlichen Punkten erläutere.

Zu Punkt 16b Mietrechtsgesetz wollen wir in Abs. 1 den zweiten Satz dahin gehend ab­ändern, dass er wie folgt lautet:

„Wenn als Form der Kaution ein Geldbetrag vereinbart und übergeben wurde, so hat der Vermieter die Kaution auf einem Sparbuch, einer elektronischen Sparform oder gleichwertig fruchtbringend zu veranlagen und den Mieter darüber auf Verlangen schriftlich zu informieren.“

Denn das, was die Regierung vorschlägt, diese Sparform, die im Antrag drinsteht, gibt es eigentlich gar nicht.

Im zweiten Absatz soll die Wortfolge „Mangels anderer Vereinbarungen“ vorangestellt werden, weil eine unmittelbare Rückgabe der Kaution nach Beendigung des Mietver-


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hältnisses nicht immer praxisgerecht ist. Es kann durchaus auch im Interesse des Mie­ters sein, wenn eine Vereinbarung erst einen Monat später gilt, weil zum Beispiel der Mieter selbst noch Sanierungsmaßnahmen durchführen und dann die Kaution zurück­bekommen kann.

In Abs. 3 wird das Wort „Kautionssparbuch“ durch das Wort „Kaution“ ersetzt.

Die im § 49 gesetzte Frist soll bis 31. Dezember 2009 verlängert werden.

Und der Energieausweis gemäß § 20 Abs. 3a soll so formuliert sein, dass dieser auf je­den Fall durchzuführen ist, um Streitigkeiten innerhalb von Eigentümergemeinschaften zu vermeiden.

*****

Wie gesagt, wir glauben, dass diese Änderungen praxisgerechter wären, und würden uns freuen, wenn man sie noch einfließen lassen könnte, damit wir hier nicht totes Recht schaffen (Abg. Scheibner: Wieso ist das totes Recht?), damit es praxisgerecht wird und in der Praxis durchgeführt werden kann. (Abg. Scheibner: Warum kann das sonst nicht durchgeführt werden?)

Weil Kollege Cap immer wieder sagt, dass wir von der Opposition keine Anträge ein­bringen: Ich habe heute Vormittag vom Herrn Kollegen Stummvoll gehört, dass sehr viele vernünftige Ideen in seinen Schubladen liegen. Das sind wahrscheinlich die Ideen der Opposition, die er schubladisiert und die dann versteckt werden. Ich lade Kollegen Cap ein: Gehen Sie zu Kollegen Stummvoll und graben Sie die Oppositionsanträge aus! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

0.02


Präsident Fritz Neugebauer: Der Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, ver­vielfältigt und verteilt, wurde in den Kernpunkten erläutert und steht daher mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Vock und weiterer Abgeordneter,

eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 28, Bericht des Bauten­ausschusses über den Antrag 513/A der Abgeordneten Dr. Peter Sonnberger, Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz, das Richtwertgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 2002, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz und das Heizkostenabrechnungsgesetz geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2009 - WRN 2009) (122 d.B.), in der 16. Sitzung des Nationalrates (XXIV. GP), am 11. März 2009.

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der Bericht des Bautenausschusses (122 d.B.) über den Antrag 513/A der Abgeordne­ten Dr. Peter Sonnberger, Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz, das Richtwertgesetz, das Wohnungs­eigentumsgesetz 2002, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz und das Heizkosten­abrechnungsgesetz geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2009 – WRN 2009) wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 1 (Änderung des Mietrechtsgesetzes) lautet die Ziffer 2 wie folgt:


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„2. Nach § 16a wird folgender § 16b samt Überschrift eingefügt:

„Kaution

§ 16b. (1) Für die dem Vermieter aus dem Mietvertrag künftig entstehenden Ansprüche gegen den Mieter kann die Übergabe einer Kaution an den Vermieter vereinbart wer­den. Wenn als Form der Kaution ein Geldbetrag vereinbart und übergeben wurde, so hat der Vermieter die Kaution auf einem Sparbuch, einer elektronischen Sparform oder gleichwertig fruchtbringend zu veranlagen und den Mieter darüber auf Verlangen schriftlich zu informieren.

(2) Mangels anderer Vereinbarungen hat nach der Beendigung des Mietverhältnisses und Rückgabe des Mietobjektes der Vermieter dem Mieter die Kaution samt den aus ihrer Veranlagung erzielten Zinsen unverzüglich zurückzustellen, soweit sie nicht zur Tilgung von berechtigten Forderungen des Vermieters aus dem Mietverhältnis heran­gezogen wird.

(3) Wird über das Vermögen des Vermieters ein Insolvenzverfahren eröffnet, so darf darin die Kaution für Ansprüche, die nicht im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis stehen, nicht herangezogen werden. Nach Ende des Mietvertrags kann der Mieter we­gen des Rückforderungsanspruchs nach Abs. 2 – soweit ihm nicht ohnehin weiter­gehende Rechte zukommen – abgesonderte Befriedigung aus der Kaution verlangen (§ 48 KO).““

2. In Artikel 1 (Änderung des Mietrechtsgesetzes) lautet die Ziffer 7 wie folgt:

„7. Nach § 49e wird folgender § 49f samt Überschrift eingefügt:

„Übergangsregelung zur Wohnrechtsnovelle 2009

§ 49f. (1) § 16b sowie die Änderungen der §§ 1, 29 und 37 durch die Wohnrechtsnovel­le 2009, BGBl. I Nr. XXX/2009, treten mit 1. April 2009 in Kraft; die Änderung des § 20 durch diese Novelle tritt mit 1. Jänner 2009 in Kraft.

(2) § 16b Abs. 1 ist auf Mietverträge anzuwenden, die nach dem 31. März 2009 ge­schlossen werden. Hat allerdings im Fall eines vor dem 1. April 2009 geschlossenen Mietvertrags der Vermieter die von ihm entgegengenommene Kaution nicht in der in § 16b Abs. 1 vorgesehenen Weise veranlagt, so hat er dies bis 31. Dezember 2009 nachzuholen.

(3) Im Übrigen ist die Wohnrechtsnovelle 2009 ab dem 1. April 2009 auch auf Mietver­träge anzuwenden, die vor dem 1. April 2009 geschlossen worden sind.““

3. In Artikel 3 (Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes) lautet die Ziffer 1 wie folgt:

„1. In § 20 wird nach dem Abs. 3 folgender Abs. 3a eingefügt:

„(3a) Der Verwalter hat dafür zu sorgen, dass ein höchstens zehn Jahre alter Energie­ausweis nach § 2 Z 3 EAVG für das gesamte Gebäude vorhanden ist, und jedem Woh­nungseigentümer auf Verlangen und gegen Ersatz der Kopierkosten eine Ablichtung desselben zur Verfügung zu stellen.““

Begründung

Zu 1. und 2. (§ 16b MRG und § 49f Abs. 2 MRG):

Der Wille, die Kautionen in Zukunft insbesondere im Insolvenzfall des Vermieters bes­ser absichern zu wollen, ist zu befürworten. Die Art und Weise, wie dies bewerkstelligt werden soll, ist jedoch hinterfragenswert. Das alleinige Abstellen auf Sparbücher


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ist nicht praxisgerecht und wird größere Immobilienverwaltungen mit teils weit über 10.000 Wohneinheiten vor unlösbare Probleme stellen. 10.000 Sparbücher mit Einlagen von durchschnittlich 1.500,- Euro entsprechen beispielsweise einer Gesamt­summe von 15 Mio. Euro, welche innerhalb von 3 Monaten ab Inkrafttreten, nämlich bis zum 30. Juni 2009 veranlagt werden muss. Diese (10.000) Sparbücher müssten wiede­rum in einer relativ großen Anzahl an Schließfächern bzw. Tresoren in Banken gesi­chert aufbewahrt werden. Im Jahr 2009 müsste es möglich sein, andere gleichwerti-
ge Sicherungsmöglichkeiten (Veranlagungsformen) für Kautionssummen abseits von Sparbüchern zu erlauben.

Auch die möglichen Auswirkungen auf die Banken wurden nicht berücksichtigt: Bei einer beispielsweisen Annahme von 1 Mio. Mietwohnungen, mit einem aktuellen Anteil an Kautionshinterlegungen mittels Sparbüchern von 30%, wären in den nächsten drei Monaten 700.000 Sparbücher von Österreichs Banken auszustellen. Diese Menge an Sparbüchern wird aller Wahrscheinlichkeit nach weder von den Banken noch von ent­sprechenden Druckereien zu bewerkstelligen sein. Die Übergangsfrist für bestehende Kautionen muss daher zumindest bis 31. Dezember 2009 verlängert werden.

Zu § 16b Abs. 1:

Durch die vorgeschlagene Formulierung des zweiten Satzes sollen die Möglichkeiten der Veranlagungsformen verbreitert werden und klargestellt werden, dass es neben dem Sparbuch auch andere Formen der Veranlagung von Kautions-Bargeldübergaben gibt, wie z.B. Bankgarantien, mündelsichere Veranlagungen, usw.

Zu § 16b Abs. 2:

Die Eingangsformulierung „Mangels anderer Vereinbarungen ...“ soll die Möglichkeit schaffen, dass z.B. in einer Situation, in der bei der Übergabe des Wohnobjekts Män­gel festgestellt wurden, diese mit Absprache des Vermieters auch noch vom alten Mie­ter behoben werden können. Bei einer auf das Mietsvertragsende abgestellten Bank­garantie (oder ähnlichen) müsste zur Sicherheit die Bankgarantie immer vorweg gezo­gen werden. Ist jedoch vereinbart, dass die Bankgarantie z.B. ein Monat länger läuft, so könnte der Mieter eventuell noch selbst offene Mängel innerhalb dieser länger laufenden Bankgarantie beheben. Der Vermieter hätte während dieser Zeit noch sei-
ne (Kautions-)Sicherheit.

Selbiges gilt im Falle von Mietobjekten, bei denen im Zeitpunkt der Übergabe die Ein­richtungsgegenstände, Gerätschaften, Steuerungen, usw. erst nachträglich vom Ver­mieter überprüft werden können.

Angedacht wurde auch, den Terminus „unverzüglich“ durch die Formulierung „in ange­messener Zeit“ zu ersetzen. Da unverzüglich jedoch als Zeitraum ohne schuldhaftes Zögern zu verstehen ist, wird es sich hier (mit den vorgeschlagenen Änderungen) oh­nehin um einen angemessenen Zeitraum handeln.

Zu § 16b Abs. 3:

Die Formulierung „Kaution“ statt Kautionssparbuch ist nur die konsequente Anpassung zu den vorgenannten Änderungen.

Zu § 49f Abs. 2:

Die ursprüngliche Frist bis 30.06.2009 ist zu kurz. Die Übergangsregelung mit Ende 2009 zu befristen ist hingegen realistisch. Banken und Sparbuchdruckereien könnten die Nachfrage innerhalb von 3 Monaten nur schwer bedienen können.

Zu 3. (§ 20 Abs. 3a WEG)

Die Formulierung „Soweit nichts anderes vereinbart oder beschlossen wird ...“ am Be­ginn des § 20 Abs. 3a ist wenig zielführend. Sie sollte gestrichen werden. Der restliche Satz soll nun wie folgt beginnen: „Der Verwalter hat dafür zu sorgen, dass ...“


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Der ursprünglich vorgeschlagene „optionale“ Energieausweis wird in der Praxis zu Streitigkeiten zwischen den Wohnungseigentümern führen. Es ist einigen wenigen Wohnungseigentümern ein leichtes, einen Energieausweis zu verhindern. Sollte ein Wohnungseigentümer in der Folge sein Eigentum veräußern wollen, so hätte dieser dann den Energieausweis selbst und auf eigene Kosten zu bewerkstelligen. Selbiges ist im Falle einer Erbschaft mit anschließendem Verkauf zu erwarten.

Es ist zu erwarten, dass die Regelungen zum Energieausweis von Seiten der EU in na­her Zukunft weiter verschärft und erweitert werden. Diese Entwicklung ist absehbar und würde bei der derzeitigen Rechtslage in kurzer Zeit zu einer neuerlichen Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes führen.

Zu § 20 Abs. 3a:

Der Wegfall der vorgeschlagenen Formulierung, stellt einen geringfügigen Eingriff in das (Wohnungs-) Eigentum dar. Jedoch stellt beispielsweise § 27 WEG 2002 mit dem Vorzugspfandrecht mit Klage eine weit stärkere „Zwangsbestimmung“ dar, welche sich seit 10 Jahren (Novelle 1999) in Kraft befindet.

Durch die „zwangsweise Durchführung“ seitens des Verwalters werden „Ungerechtig­keiten“ innerhalb der Gemeinschaft vermieden. Wenn beispielsweise die Mehrheit der Wohnungseigentümer keinen gemeinsamen Energieausweis will, die Minderheit jedoch einen benötigt, muss diese den Energieausweis selbst bezahlen. Wenn nun ein Jahr später auch die Mehrheit einen Energieausweis benötigt, würden die Kosten dafür von der Gemeinschaft bezahlt. Hier sind Streitigkeiten vorprogrammiert. Auch wenn es bei kleineren Gemeinschaften ab und zu voraussehbar ist, dass es zu keinem Verkauf oder zu keiner Vermietung in den nächsten Jahren kommt, ist ein vorliegender Ener­gieausweis bei (auch politisch) erwünschten Entscheidungen für anstehende Sanierun­gen und Verbesserungen hilfreich.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Kollege Mag. Steinhauser. – Bitte.

 


0.03.05

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Ein bisschen fühle ich mich schon um ein Jahr zurückversetzt, in den März des Jah­res 2008. Gleiches Bild: Knapp vor einer exorbitanten Erhöhung der Mieten liegt hier eine Novelle vor, mit der das Schlimmste verhindert werden soll. Wir haben damals ge­sagt, dass das Stückwerk ist.

Es ist – wenn Sie sich erinnern – folgende Änderung beschlossen worden:

Damals war für die Richtwert-Mietenerhöhung immer die Dezember-Inflation aus­schlaggebend. Die Dezember-Inflation war damals sehr hoch, also hat man gesagt, man nimmt die Jahresdurchschnitts-Inflation. Wir haben damals schon gesagt: Na ja, vielleicht ist in einem Jahr die Jahresdurchschnitts-Inflation höher als die Dezember-In­flation. Na, genau das ist eingetreten! Wir erinnern uns: Im Herbst hat es die Rekord-Inflation gegeben. Die Dezember-Inflation 2008 wäre niedriger.

Jetzt stehen wir wieder hier, und wieder ist es Stückwerk. Was für eine Lösung wird diesmal vorgeschlagen? – Im Prinzip lautet die Lösung: zwei Jahre Galgenfrist. Nächs­tes Jahr wird nämlich die Rekord-Inflation aus dem letzten Jahr den Mietern in voller Här­te auf den Mietzins aufgeschlagen. Dann, wenn die Wirtschaftskrise, die Arbeits­losigkeit die Menschen am stärksten trifft, werden die Mieten ordentlich angehoben werden!


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Ich glaube daher, wenn man die Rahmenbedingungen anschaut, sollte man schon nachhaltigere Lösungen suchen. Natürlich werden wir auch diesmal wieder zustimmen, weil es besser ist, das Ganze aufzuschieben, als die Mieten jetzt schon zu erhöhen. Aber es ist Stückwerk, und wir sollten uns von diesem Stückwerk verabschieden, überhaupt dann, wenn wir die Rahmenbedingungen der letzten Jahre anschauen.
Von 2001 bis 2006 sind die Mieten um 20 Prozent gestiegen. Die Inflation lag bei 9 Prozent, die Löhne sind um 10 Prozent gestiegen. (Abg. Amon: Was ist der Vor­schlag?) Das heißt, immer mehr Anteile des Haushaltseinkommens werden für Mieten ausgegeben. Das ist nicht zielführend. (Abg. Amon: Was ist der Vorschlag?)

Was ist der Vorschlag? – Ich werde es Ihnen gerne sagen, Herr Kollege. Der Vor­schlag ist, dass wir generell das Richtwertmodell überarbeiten, dass wir zu einem Mo­dell übergehen, in dem mehr Transparenz bei der Mietzinsbildung garantiert ist. Das heißt, dass relativ klar definiert ist, welche Zu- und Abschläge es gibt, dass maximale Höhen klar definiert sind und dass insgesamt die maximalen Zuschläge definiert wer­den, damit bei den Richtwerten diese willkürlichen Mietzinsbildungen – die haben näm­lich genau diese 20-prozentige Steigerung ausgelöst, diese Phantasiezahlen, die auf­grund der Unbestimmtheit des Gesetzes möglich sind – unterbunden werden.

Es sind aber noch weitere Schritte notwendig. Dazu gehören eine Entrümpelung der Betriebskosten, diese Regelung der Erhaltungspflichten nach den OGH-Urteilen – da ist noch alles offen –, weiters alle Regelungen, die die Flexibilität bei der Wohnungs­wahl erschweren. Wir verlangen von Dienstnehmern, dass sie flexibel genug dafür sind, ihren Arbeitsplatz zu wechseln und möglicherweise einen anderen Arbeitsort an­zunehmen, aber im Mietrecht gibt es nach wie vor Beschränkungen dieser Flexibilität.

Ich nenne nur ein paar Stichwörter: Die Vergebührung ist noch immer offen. Ich weiß, das gehört nicht in Ihre Zuständigkeit, sondern in die des Finanzministers, es war aber schon versprochen und ist nicht gehalten worden.

Außerdem geht es darum, die Maklerprovisionen zu beschränken. Wir werden dem An­trag des BZÖ zustimmen, das ist ein richtiger Ansatz. Es beschränkt die Mobilität der Mieter und enthält auch eine Beschränkung der Kautionszahlungen. Es werden hier zwar die Kautionszahlungen geregelt, aber eine Beschränkung des Ausmaßes, der Hö­he der Kautionen ist nicht vorgesehen.

Wenn man dieses Paket schnüren würde, dann könnte man, glaube ich, in Ansätzen die Mietenexplosion in den Griff bekommen. Was sicher nicht geht, ist, dass 30, 40 oder 50 Prozent der Haushaltseinkommen für Mieten draufgehen. Das ist auch volks­wirtschaftlich nicht sinnvoll. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

0.07


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Bundesministerin Mag. Ban­dion-Ortner. – Bitte.

 


0.07.09

Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Sehr geehrter Herr Prä­sident! Hohes Haus! Mit der Wohnrechtsnovelle 2009 steht eine Agenda auf der Ta­gesordnung, die in wirtschaftlich schwierigen Zeiten besonders sensible Bereiche be­rührt. Ich freue mich daher, sagen zu können, dass diese Novelle insgesamt ein ver­nünftiges Paket darstellt und dass sie die Rechtssicherheit für alle betroffenen Gruppen wahrt, nämlich für Mieter, Vermieter und auch Wohnungseigentümer.

Nach dem aktuellen Richtwertsystem werden die für die Mietzinsbegrenzung maßgebli­chen Richtwerte derzeit jeweils zum 1. April valorisiert. Seit dem Inkrafttreten des miet­rechtlichen Inflationslinderungsgesetzes aus dem Jahr 2008 ist dabei nicht mehr der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 345

Dezemberwert des Vorjahres, sondern der Jahresdurchschnittswert des Vorjahres maßgeblich. Die Entwicklung des Verbraucherpreisindex 2000 im Jahr 2008 würde oh­ne Eingreifen durch den Gesetzgeber mit 1. April 2009 zu einer Erhöhung um 3,2 Pro­zent führen.

Es wird aber am 1. April 2009 zu keiner Mietzinserhöhung kommen, was auch den erwähnten wirtschaftlich schwierigen Zeiten geschuldet wird. Die Wohnrechtsnovel-
le 2009 sieht nämlich vor, dass die für die Mietzinsbegrenzung maßgeblichen Richt­werte nur noch jedes zweite Jahr valorisiert werden sollen, jeweils am 1. April. Maß­geblich sein soll dabei wiederum der Jahresdurchschnittswert des Verbraucherpreisin­dex 2000. Die nächste Anpassung erfolgt also am 1. April 2010.

Im Regierungsprogramm ist formuliert, dass allzu häufige Mietzinserhöhungen vermie­den werden sollen. Dieses Ziel erreichen wir jetzt durch die Erhöhung des Abstandes auf zwei Jahre. Es ist dies eine Lösung, die sowohl die Interessen der Mieter berück­sichtigt, aber auch die Werthaltigkeit und Wertbeständigkeit der Mietzinse wahrt, also auch die Interessen der Vermieter wahrt.

Eines möchte ich auch klarstellen: Ich möchte bitte nicht jedes Jahr dieses Gesetz än­dern müssen. Ich möchte, dass das wirklich eine langfristige Lösung ist!

Zur Kaution sei ganz kurz Folgendes gesagt. Es wird jetzt möglich sein, die Kaution im Außerstreitverfahren zurückzuverlangen. Außerdem wird nach der Novelle die erlegte Kaution vor einer allfälligen Insolvenzgefahr des Vermieters geschützt.

Zu den Kosten des Energieausweises: Es werden jetzt Regelungen eingeführt, die die­se Aufbringung der Kosten regeln, und es wird auch in diesem Bereich nun für Recht­sicherheit gesorgt.

Ich möchte es noch einmal ganz kurz erwähnen: Die Wohnrechtsnovelle 2009, der sehr, sehr intensive Gespräche der beiden Koalitionspartner vorangegangen sind, stellt ein wirklich vernünftiges Paket dar, das Rechtssicherheit für Mieter, Vermieter und Wohnungseigentümer in einem sehr sensiblen Bereich bietet. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

0.10


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Donner­bauer. – Bitte.

 


0.10.20

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Herr Präsident! Werte Frau Bun­desministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Über die Bedeutung dieser Novelle, die wir heute beschließen, wurde von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern schon sehr viel gesagt. Mir scheint es wichtig zu sein, noch einmal darauf hinzuweisen, dass es hier auch um Wertbeständigkeit und Wertsicherung geht.

Wertsicherung ist eben eine Konsequenz der Inflation, diese schaffen wir natürlich mit diesem Gesetz nicht ab. Ich glaube, es ist wichtig, dies auch als Grundsatz außer Streit zu stellen, dass in vielen Bereichen – von den Löhnen über viele Abgaben und ver­schiedenste Preise eben auch bis hin zum Mietbereich – die Wertbeständigkeit ja nur den Kaufkrafterhalt sichert und keine Mieterhöhung mit sich bringt; zwar eine nominel­le, aber nicht eine in der Realität, was die Kaufkraft dieser Miete betrifft.

Daher ist, wie ich meine, ein guter Kompromiss gefunden worden zwischen dem einen, dem theoretischen Pol, jeden Monat die Miete an die Inflation anzupassen – es gibt jetzt einen längeren Zeitraum von zwei Jahren, der sozusagen auch einen Zeitgewinn für den Mieter mit sich bringt, der sich ganz konkret in Zahlen ausdrückt, wir haben ja schon von diesem Gewinn von etwa 150 bis 200 € gehört, je nach Höhe der Miete –, und auf der anderen Seite dem Anliegen, die Wertbeständigkeit zu erhalten.


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Das ist ganz, ganz wichtig, weil es immer auch darum geht, das Gemeinsame zu se­hen. Mieter und Vermieter sind ja letztlich in einem Boot. Es geht hier darum, Wohn­raum zur Verfügung zu stellen, ihn auch aus den Einnahmen der Vermieter zu erhal­ten, und auf der anderen Seite, auf Seiten der Mieter, von diesem Wohnungsbestand und von dem guten Erhaltungszustand auch zu profitieren. Ich glaube, es ist richtig, das voranzustellen.

Es ist schade, dass immer wieder versucht wird, auf dem Rücken von Mietern und Ver­mietern, auf dem Rücken dieser Gruppe mit einem gemeinsamen Interesse politisches Kleingeld zu schlagen. Dieser Versuchung sollten wir widerstehen und so wie hier ein­fach sachlich gerechtfertigte, gute Lösungen finden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

0.12


Präsident Fritz Neugebauer: Jetzt kommt Herr Abgeordneter Kirchgatterer zu Wort. – Bitte.

 


0.12.33

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Da­men und Herren! Hohes Haus! Es freut mich sehr, dass es gelungen ist, die vorliegen­den Gesetzesänderungen zu behandeln und heute hier zum Beschluss vorzulegen. Die Ausgaben für Mieten sind für viele Menschen in unserem Land ein großer Brocken in ihren Fixkosten, ein Brocken, der in einer angespannten wirtschaftlichen Situation, in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit vielen schwer im Magen liegt.

Aufgrund der erzielten Einigung erfolgt der Inflationsausgleich, erfolgt die Indexanpas­sung statt 2009 erst 2010, das ist auch mittelfristig vorteilhaft. Es betrifft eine beachtli­che Zahl von Haushalten. Im zuständigen Ausschuss gab es dazu eine breite Zustim­mung, weit über die Koalition hinaus. Das entspricht auch dem Regierungsübereinkom­men. Leistbare Mieten, leistbares Wohnen sind in dieser Zeit enorm wichtig, und ra­sche Maßnahmen wie diese sind besonders gefragt.

Besonders gefragt sind auch alle Aktivitäten zur Beschäftigungsbelebung. Wohnbau und Wohnbausanierung sind sehr beschäftigungsintensiv. Nicht nur dem Baugewerbe direkt, sondern auch der Vielzahl von Baunebengewerben, der breiten Palette des Baunebengewerbes kommen diese Investitionen zugute. Thermische Sanierung, Neu­bau und Generalsanierung bringen Arbeit für Klein- und Mittelbetriebe, und das vor Ort, sie bringen Arbeit für die Facharbeiterinnen und Facharbeiter vor Ort. Sie sind treffsi­cher und stärken den regionalen Arbeitsmarkt.

Ich möchte auch die positiven Beiträge von Bundesländern, Städten und Gemeinden erwähnen, die sozialen Zuschüsse aus der Wohnbauförderung, die zu Qualitäts- und Nachhaltigkeitssteigerungen führen.

Ich komme zum Schluss. Wohnbau und Sanierung sind wesentliche Faktoren für den Arbeitsmarkt. Die Weiterentwicklung des Mietrechts ist und bleibt uns ein wichtiges An­liegen. Die heutigen Beschlüsse stellen daher eine wichtige und erfolgreiche Etappe dar. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

0.15


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


0.15.31

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Da­men und Herren! Ja, Frau Ministerin, Ihr Wort in Gottes Ohr! Ich glaube, Ihre heutige sozusagen erste Teilnahme an einer Plenardebatte zeigt, dass Ihre Hoffnung, langfris­tige Lösungen gerade im Mietrecht zu treffen, angesichts einer Konjunktursituation, in der wir uns für nächstes Jahr sicherlich erhebliche soziale Entlastungsmaßnahmen vornehmen möchten, mehr oder weniger obsolet werden wird. Das wage ich heute schon zu behaupten.


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Das Problem – Frau Ministerin, lassen Sie sich das sagen! – bei dieser insgesamt rela­tiv komplizierten Mietrechtssituation ist allein schon die Tatsache, dass wir den Richt­wert mit all den Zu- und Abschlägen real ständig als totes Recht haben. Wenn Sie die verschiedenen Immobilienseiten, Wohnungssuchendenseiten oder Wohnungsange­botsseiten lesen, dann werden Sie sehen, dass sich besonders im Raum von Wien manche Mieten jenseits irgendwelcher Richtwertdimensionen samt super Zuschlägen bewegen, einfach weil hier der sogenannte Markt regiert.

Gerade von diesem Ausgangspunkt her, diesen sozusagen nicht aufgrund der gesetzli­chen Regelungen kalkulierten Richtwerten – das sind ja normale dem Markt angepass­te Mieten –, werden nächstes Jahr die Preissteigerungen mit 5 Prozent, wenn es bei diesen 5 Prozent bleibt, sozial sicherlich nicht tragbar sein. Dann sehen wir uns hier wieder, und dann werden wir wieder weiterargumentieren müssen: Ja, es gibt einen Ausgleich.

Deshalb ist das immer unser Plädoyer: Machen Sie doch wirklich Nägel mit Köpfen! Sie haben jetzt damit begonnen, aber eigentlich müssten Sie beim ganzen Mietrecht dort ansetzen, wozu Justizminister Michalek in den neunziger Jahren eine Fachen­quete in Laxenburg einberufen hat. Da haben sämtliche Rechtsexperten in dem kom­plizierten Bereich sehr klar und deutlich artikuliert, dass wir eine generelle Vereinheitli­chung brauchen, weg von diesem komplizierten Reglement und diesem Stückwerk hin zu klaren Regelungen.

Frau Ministerin, das sind Sie uns in diesem Bereich bisher schuldig geblieben. Ich ge­be Ihnen noch ein bisschen Zeit, weil Sie ja neu sind. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie haben beim Gebäudeausweis auch nachbessern müssen. Hätten wir gleich eine or­dentliche Regelung gemacht, mit der klaren Deklaration, wer das zu bezahlen hat, hätten wir uns heute den Teil ersparen können. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Großruck: Danke vielmals!)

0.18


Präsident Fritz Neugebauer: Nun spricht Frau Abgeordnete Franz. – Bitte.

 


0.18.21

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Ja, diese Wohnrechtsnovelle ist ein gangbarer Kompromiss zwischen den Interessen der Vermieter und der Mieter. Ich denke, da kann man jenen gratulieren, die das zustande gebracht haben. Wenn man weiß, dass diese Interessen oft meilenweit auseinander liegen, ist es ein gutes Ergebnis, das wir hier gefunden haben.

Ich bedanke mich bei allen, die beim Zustandekommen dieses Pakets involviert waren, und freue mich darüber, dass wir dieses Gesetz heute beschließen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

0.18


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte. (Abg. Mag. Molterer – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mayer ‑: „Bre­genzer Festspiele“! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


0.19.06

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Es ist tatsächlich so, wie die Frau Ministerin gesagt hat: Es ist eine sehr sensible Materie. Wer immer von uns Sprechtage abhält und Bürger zur Be­ratung einlädt, wird feststellen oder festgestellt haben, dass mindestens die Hälfte der Besucher, die man hat, Mieter mit ihren Problemen sind.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 348

Es ist tatsächlich so, dass wir immer von zwei Mieten reden müssen. Das eine ist die normale Hauptmiete, von der wir heute reden, wenn es um den Problembereich Miet­zinsanhebung geht. Der zweite Bereich ist der Bereich der Betriebskosten, und bei den Betriebskosten ist, ebenfalls als zweiter wichtiger Teil, die Energieeffizienz mit hinein­zurechnen.

Es ist erfreulich, dass wir die Anhebung des Mietzinses heuer aussetzen, was immer­hin 350 000 Haushalte betrifft. Dafür wird man im kommenden Jahr abchecken müs­sen – ich bin auch der Meinung, das wird man neuerlich überprüfen müssen –, was dort der Fall ist.

Wichtig scheint mir die Hereinnahme der Kautionsrückforderungen so­wie die Überprüfung der Heizkostenabrechnungen zu sein, dass die im außerstreitigen Verfahren in Zukunft vom Mieter mit eingefordert beziehungsweise diesbezügliche Ver­einbarungen getroffen werden können. Wichtig ist, dass die Mieter da nicht auf den Rechtsweg verwiesen werden.

Wichtig ist auch – das möchte ich unterstreichen – der Bereich der Heizkostenabrech­nungen, der allerdings noch nicht entscheidend ist, weil es nur um die inhaltliche Rich­tigkeit geht. Wir müssen schnellstens darangehen, bei der Abrechnung von den Qua­dratmetern auf den effektiven Heizbedarf umzustellen. Hier ist die technische Entwick­lung so weit vorangeschritten, dass man nicht nur die neueren, sondern auch die alten Wohnungen dabei mit einbinden wird müssen. Ich hoffe, dass das bei einer neuen Re­gelung dann endlich auch berücksichtigt wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

0.21


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Kollege Pack. – Bitte.

 


0.21.50

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzter Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben die Vorteile der Wohnrechtsnovelle und ihr Zustandekommen bereits dargestellt. Eines ist wichtig hervorzuheben: Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zei­ten, wie wir sie im Moment erleben, ist es nicht nur für den Mieter wichtig, dass ihn so­zusagen so schnell keine Erhöhung trifft, sondern da ist es auch für den Vermieter, für die Investoren, ja für die gesamte Immobilienbranche wichtig, dass sie planen und agieren können. Sie müssen sich auf den Gesetzgeber verlassen können und dürfen nicht befürchten müssen, dass sich die Bestimmungen jedes Jahr ändern. Deswegen sind wir hier auch den richtigen Schritt gegangen.

Es wurde in der Diskussion im Ausschuss erwähnt, dass man länger diskutieren und länger begutachten hätte können. Die Frau Ministerin hat erklärt, wieso das in diesem Fall nicht möglich war. Die Umstände sind klar, und es ist auch richtig, dass wir das schnell umsetzen. In diesem Sinne: Ein breiter Konsens ist gut und alles ist bestens. (Beifall bei der ÖVP.)

0.23


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Faul. – Bitte.

 


0.23.15

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Frau Mi­nisterin! Zur Sache nichts mehr, nur mehr zum Thema Langfristigkeit und zur Anlage der Überlegungen hiezu. Frau Bundesministerin! Wir haben im Ausschuss darüber ge­redet, dass wir bei dieser neuen Gesetzwerdung doch eine gewisse Sensibilität entwi­ckeln müssen, und man muss auch noch einige andere Faktoren hinzunehmen. Man muss schauen, wie sich die Baukostenindices verändert haben, man muss schauen und dazu vielleicht auch den Rechnungshof hinzuziehen, wie sich die Einnahmen im Verhältnis zu den Mietkosten verändert haben. Da gibt es ja einige Beispiele.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 349

Was geschieht wirklich mit den Richtwerten? Es stimmt, was Frau Moser sagt. Ich ha­be das gestern gehört: Wien hat ja an und für sich einen der niedrigsten Richtwerte, bei der Aufwertung sind wir ganz, ganz stark vertreten, aber bei der Absenkung nahezu nicht.

Herr Kollege Donnerbauer, dieses System wird sich auch einmal überholen, wenn die Leute die Mieten einfach nicht mehr zahlen können. Was macht der Hausherr dann? Da muss man in der Mitte durch. Und wenn man dann ein Gesetz findet, dann soll es eines sein, das längerfristig hält und das auch sehr gerecht ist. (Beifall bei der SPÖ.)

0.24


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.

 


0.24.31

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Versprochen, gehalten – unter diesem Motto könnte man die Wohnrechtsnovelle 2009 auch betrachten. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die Menschen in schwierigen Zeiten zu entlasten. Mit der Mietrechtsnovelle wird das ent­sprechend gemacht. Die Kunst in der Materie liegt ja eigentlich darin, die Interessen von Vermietern und Mietern gleichermaßen zu berücksichtigen, und es ist ein tragbarer Kompromiss gefunden worden. Das gilt für die Richtwertanpassung, für den Energie­ausweis und auch für die Kaution. Alles in allem ist es eine Novellierung, die ver­träglich, verständlich und ausgewogen ist. Vor allem gibt sie Mietern und Vermietern Rechtssicherheit.

In diesem Sinne stimmen wir gerne zu. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Bei­fall bei Abgeordneten der SPÖ.)

0.25


00.25.30Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend Wohn­rechtsnovelle 2009 in 122 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Vock, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsan­trag eingebracht.

Ich werde zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes ab­stimmen lassen.

Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Vock, Kolleginnen und Kollegen, der sich auf Artikel 1 Ziffer 2 und 7 sowie Artikel 3 Ziffer 1 bezieht.

Wer dem beitritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und daher ab­gelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dem beitreten, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig beschlossen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Entwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes. – Auch das ist einstimmig zum Beschluss erhoben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 350

Wir kommen gleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist auch in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über den Antrag des Bautenausschusses, seinen Bericht 123 der Beila­gen zur Kenntnis zu nehmen. – Diese Kenntnisnahme wird einstimmig erteilt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Senkung von Maklerprovisionen und wirksame Maßnahmen zur Unterbindung von Abgabenhinterziehungen in diesem Bereich.

Wer dem beitritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und abge­lehnt.

00.27.1630. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien (GZ 25 St 407/08i) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abge­ordneten zum Nationalrat Mag. Dr. Martin Graf (93 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir gelangen zum 30. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die erste Wortmeldung ist die des Kollegen Dr. Rosenkranz. – Bitte.

 


0.27.42

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Hohes Haus! Die Fragen, die sich um den Dritten Präsidenten Martin Graf drehen, gliedern sich in zwei Punkte. Die eine Frage ist, ob ein politischer Zusam­menhang besteht oder nicht. Und die zweite ist, wie allgemein seitens der Justizverwal­tungsbehörden mit dem Grundsatz der Immunität in diesem Verfahren umgegangen wurde.

Zunächst zur ersten Frage: Ich habe mir einen Artikel von einer Frau Luise Ungerboeck aus dem „Standard“ aufgehoben, eine „Lichtgestalt“ des „objektiven Journalismus“ in Österreich (Heiterkeit bei der FPÖ), die gemeint hat, dass, wenn Graf tatsächlich an Aufklärung interessiert wäre, er sich längst der Staatsanwaltschaft gestellt hätte, weil die Justiz seit zwei Jahren ermittle.

Das Perfide daran ist nur, dass Dr. Martin Graf von dem Verfahren gar keine Ahnung gehabt hat! Das heißt also, Dr. Graf wird vorgeworfen, nichts getan zu haben – und das, obwohl er es gar nicht gewusst hat! So kann man Journalismus wirklich auf die Spitze treiben, wenn es darum geht, einen Abgeordneten der Freiheitlichen, der noch dazu Wahlerfolge zu verzeichnen hat, zu diffamieren. (Beifall bei der FPÖ.)

Das passt ja auch in die politische Linie der einen oder anderen Fraktion, von denen ir­gendwelche Unterlagen aus den Klubs herausgedrungen sind, die ganz klar besagen, dass es darum geht, den politischen Mitbewerber entsprechend „anzupatzen“; dann werde schon etwas hängenbleiben.

Es geht in dieser Frage und bei diesem Tagesordnungspunkt nicht darum, ob Martin Graf im strafrechtlichen Sinn schuld ist oder nicht. Das wird hier nicht geklärt, obwohl das Prinzip der Vorverurteilung diesem Haus nicht gerade fremd ist. Und wenn ich mei­nen Blick gerade auf die grüne Fraktion werfe, dann hat das nichts mit Zufall zu tun, sondern das ist leider in deren Fraktion gang und gäbe. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 351

Ich bedaure nur, dass ich ihren „Altmeister“, den Kollegen Pilz, heute gar nicht begrü­ßen, weil hier nicht sehen konnte. (Abg. Krainer: Den Freiheitlichen sind Vorverurtei­lungen ja gänzlich fremd, wie man weiß!)

Ich komme jetzt darauf zu sprechen, was konkret geschehen ist. (Neuerlicher Zwi­schenruf des Abg. Krainer.) – Richtig, Kollege Krainer! Die SPÖ ist mit Vorverurteilun­gen in dieser Sache auch immer recht locker umgegangen. Stimmt schon! Es tut mir leid, dass ich Sie fast vergessen hätte, aber Ihre Aussagen diesbezüglich waren zu un­bedeutend und nicht wirklich ernst zu nehmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Was die Frage des politischen Zusammenhangs anlangt, möchte ich darauf hinweisen, dass es in dieser Republik, auch in staatsnahen Betrieben, offensichtlich zum guten Ton gehört, dass man deklarierte Freiheitliche mit einem Berufsverbot belegt. (Ironi­sche Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Nichts anderes kann es sein, wenn ein Aufsichtsratvorsitzender sagt, ein freiheitlicher Wissenschaftssprecher hat in die­sem Betrieb nichts verloren und er möchte daher, dass dieser Freiheitliche aus dem Betrieb entlassen wird – und das, obwohl er einen Vertrag als Prokurist hatte.

Meine Damen und Herren, die Annahme eines Mandats, die Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts als Entlassungsgrund, da lachen doch wirklich die Hühner! (Beifall bei der FPÖ.)

Das dürfte jedoch mittlerweile Ihr politischer „Grundkonsens“ sein – und das bekom­men mittlerweile immer mehr Menschen in unserem Lande mit, welche Medien und so weiter berufliche und außerberufliche Hatz gegen Freiheitliche entwickelt haben. Das ist sozusagen gerade schon Standard.

Um nichts anderes geht es in diesem Fall: um eine anonyme Anzeige – und aus dieser heraus werden Vorverurteilungen gebastelt. Und es geht auch darum, dass der politi­sche Zusammenhang verneint wird, obwohl daraus ganz klar die Entlassung und die darauf folgenden Konsequenzen, nämlich eine außergerichtliche Einigung, inkriminiert werden.

Zurückkommend jetzt zur Frage Immunität. Die Staatsanwaltschaft Wien hat ge­meint – als das Ganze herausgekommen ist, dass ermittelt wurde –: Gegen Dr. Graf wurde ja nie konkret ermittelt; das alles sind ja nur ganz allgemeine Fragen, ganz allge­meine Ermittlungen!

Da stelle ich aber schon die Frage nach den Gesetzen der Logik, denn: Wie kann man ein Verfahren, und zwar am 4. November 2008, gegen Dr. Martin Graf abbrechen, weil er Nationalratsabgeordneter ist, obwohl es gar kein Verfahren gegeben hat?! Ich neh­me an, Sie hatten ja insbesondere im Immunitätsausschuss die Gelegenheit, diesen Strafakt gründlich zu studieren. Und da wird Ihnen doch wohl aufgefallen sein, dass es ein Strafverfahren gegen Dr. Martin Graf gegeben hat, das 2008 abgebrochen wurde, weil Dr. Graf Nationalratsabgeordneter ist. Dr. Graf war das aber auch schon 2006! Ist das niemandem aufgefallen?

Es gab also nicht nur Vorerhebungen seitens der Staatsanwaltschaft, sondern dieser Akt hatte zwischendurch sogar eine U-Zahl, eine Untersuchungsrichter-Zahl. Das heißt, da hat es bereits Voruntersuchungen gegeben. Das alles ist aber, wie es hieß, nichts Konkretes gewesen. Bei den anderen Beteiligten aber schon: Die hat man sogar verständigt, dass es Sachverständige gegeben hat, dass Sachverständige bestellt wur­den; die haben daher ihre Verteidiger längst nennen können – aber nur Herr Dr. Graf nicht, denn da ist man ja erst am 4. November 2008 draufgekommen, dass er National­ratsabgeordneter ist!

Aber nicht am 4. November 2008 kommt man drauf, dass man eigentlich jetzt ein klei­nes Hoppala in diesem Akt hat, dass man in diesem eine Auslieferung beantragen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 352

müsste. Nein, das hat dann gedauert bis zum 29. Jänner 2009, sodass es dann letzt­lich am 9. Februar 2009 endlich einen Auslieferungsantrag gab – aber nein, nicht „Aus­lieferungsantrag“, denn die Formulierung der Staatsanwaltschaft ist ja eine andere:

Die Staatsanwaltschaft meint, es kann zum derzeitigen Ermittlungsstand nicht ausge­schlossen werden, dass ein politischer Zusammenhang besteht – und deshalb fragt man an, wie sich das der Immunitätsausschuss und in weiterer Folge heute das Ple­num hier vorstellen.

Die StA macht dann bei diesem Antrag den „Kunstgriff“ – wie das im Ausschuss dann beschlossen und hier berichterstattet wurde –, zu sagen, der inkriminierte Zeitpunkt sei der 12. Juli 2006; der Tag also, wo der Vertrag abgeschlossen wurde. So kann man sich elegant darüber hinwegretten, dass man nämlich in Wirklichkeit den politischen Zusammenhang hätte herstellen müssen. – Das ist das Unsaubere dieses Hauses, wie es bei dieser Lösung zutage tritt.

Wir haben einen Abänderungsantrag gestellt, in dem wir gesagt haben, es soll der poli­tische Zusammenhang festgestellt, aber gleichzeitig die Auslieferung beschlossen wer­den. Ich bin natürlich guter Dinge, dass sich diese Vorwürfe, die eigentlich gar nicht Ak­teninhalt sind, leicht aufklären lassen. Bis jetzt hat es ja da nichts anderes gegeben als einen anonymen Anzeiger, der sich in seinem Jargon einer ganz besonderen Diktion bedient, die sozusagen sehr nach „political correctness“ riecht, sodass man so unge­fähr weiß, woher das gekommen sein könnte.

Da wurde eine Diffamierungskampagne gestartet, die strafrechtlich und auch sonst in sich zusammenbrechen wird. Ich freue mich schon jetzt, dass sich die anständigen Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses – auch Sie von den Grünen – bei Herrn Dr. Graf für Diffamierungen entschuldigen werden. (Beifall bei der FPÖ.)

0.35


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stadler. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


0.35.43

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident, ich werde die gesamte Re­dezeit ausschöpfen. – Herr Präsident! Hohes Haus! Man nimmt eine anonyme Anzei­ge, stellt die Öffentlichkeit her, verpackt das Ganze mit ein paar ideologischen Ingre­dienzien, heuchelt dann auch noch bei der Generalprokuratur, dass es ja nur darum gehe, dafür zu sorgen, dass die Öffentlichkeit nicht zu viel erfährt, schickt das Ganze dann aber – weil man ja angeblich keine Öffentlichkeit haben will – in Kopie an den Kollegen Kogler von den Grünen, weiters an die Kollegen Gahr und Kräuter sowie an die Kollegin Becher und sagt: Um Gottes willen, das haben wir doch nicht gewollt, dass das an die Öffentlichkeit kommt; uns ist es doch darum gegangen, zu verhindern, dass Martin Graf in der Öffentlichkeit angegriffen wird!

Dann gibt es einen Auslieferungsantrag, natürlich eine breite mediale Berichterstattung darüber – und dann wird es hoffentlich ein Verfahren geben. Diese Staatsanwältin ist mehr als säumig. Ich rate daher, dass man mit parlamentarischen Anfragen dafür sorgt, dass die Frau Justizministerin dieser Staatsanwälten Beine macht.

Und dann stellt sich heraus: Es war nichts! In der Zwischenzeit aber wurde Dr. Graf an­gepatzt.

Meine Damen und Herren, das ist genau der „Schutzzweck“, den das Immunitätsge­setz eben nicht will! Sie haben das mitzuverantworten, dass das so gespielt wird. Das ist das zweite Mal jetzt! Ich habe euch damals gewarnt, als es um die Auslieferung
der Kollegin Winter gegangen ist, dass das der falsche Weg ist. Und jetzt hat es schon dich (in Richtung des Abg. Dr. Graf) getroffen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 353

Bei den Regierungsparteien ist das kein Problem, denn das richtet sich immer gegen die Minderheit; Missbrauch des Immunitätsgesetzes richtet sich immer gegen die Min­derheit. Und warum? – Weil es sich die Mehrheit richtet, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Das Ganze hat ja eine weitere Vorgeschichte – und die ist ziemlich blamabel. Herr Kol­lege Stummvoll, ich habe Sie vorhin gefragt, wer Herr Wieltsch ist, der Aufsichtsratvor­sitzende von ARC. Sie haben gesagt, Sie glauben, dass das ein Schwarzer ist. Mittler­weile ist es eindeutig ein Schwarzer. Es ist der Co-Vorstandskollege des Herrn Michae­lis in der ÖIAG gewesen. Das ist kein „Zufallsschwarzer“, sondern ein echter, ein in der Wolle gefärbter Schwarzer.

Herr Wieltsch ist einer von jenen Schwarzen, meine Damen und Herren, der beim Ab­gang 800 000 € Abfertigung kassiert hat. 800 000 €! Und jetzt muss man sich fest­schnallen, meine Damen und Herren! Bitte festschnallen! Damit man weiß, wer in die­sem Land über Mandate entscheidet: nicht das Volk, nein, nein, sondern der Herr Ga­genkaiser, der 800 000-€-Gagen- und Abfertigungskaiser!

Ich lese Ihnen einmal vor, was Herr Wieltsch zum Besten gegeben hat, und zwar
am 4. Oktober 2006 in der Präsidiumssitzung. – Kollege Kopf, jetzt wird es hoch inter­essant, denn das offenbart ein Demokratieverständnis, dem man entgegentreten muss.

Ich zitiere jetzt Herrn Wieltsch:

Deswegen hätte ich vorgeschlagen, oder hätte ich die Geschäftsführung dazu, ich weiß nicht wie ich’s formulieren soll – er stottert also irgendetwas herum –, dazu ermuntert oder aufgefordert oder hingewiesen –

das ist alles Originalzitat –,

dass die geltenden Genehmigungsregeln die bei Ihnen ja sind. Sie müssen Nebenbe­schäftigungen schriftlich genehmigen. Wir haben’s da, ja sage ich es noch mal, ich glaube wir sollten hier aktiv werden. Ich glaube, am 30.10. werden die Abgeordneten angelobt. Die Geschäftsführung sollte sich an ihren Prokuristen wenden und sagen –

der Prokurist ist Dr. Graf –:

Wir lesen in der Zeitung, du bist gewählt, du hast gesagt, du möchtest beide Positionen machen. Wir teilen dir aber mit, dass wir das nicht genehmigen werden. Bitte teile du uns mit, welche Konsequenzen wir ziehen müssen. ... Bitteschön, dann tun wir das rückabwickeln, dann soll er sich’s doch noch einmal überlegen, wenn er Politiker wer­den will, dass er eine einvernehmliche Lösung mit euch sucht, mit der ARC sucht, oder er sagt, ich mag bei ARC bleiben, dann darf er sein Mandat nicht antreten. – also bitte! Das wäre meine Bitte. – Zitatende.

Meine Damen und Herren, das ist also der Zugang der Herren Vorstandsdirektoren! Ich halte das für demokratiepolitisch unerträglich. Und nebenbei – es ist schade, dass die Frau Justizministerin jetzt nicht mehr hier ist –: Frau Präsidentin, wollen Sie, dass in Zukunft Mandate so vergeben werden? Also man muss vorher bei den Vorstandsdirek­toren oder Ex-Vorstandsdirektoren und Gagenkaisern bei der ÖIAG fragen, ob man überhaupt noch einmal gewählt werden darf, meine Damen und Herren?! – Das ist der Zugang zur Demokratie dieser Herren, aber nicht unserer!

Das ist Umgang mit der Demokratie, wie ihn offensichtlich nur jemand haben kann, der glaubt, Demokratie sei dazu da, die Gagen für ÖIAG-Gagenkaiser zu sichern. Das ist der Zugang dieser Leute, meine Damen und Herren! – Aber so wird das nicht gespielt! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Kopf: Das ist ja absurd!) Nein, das ist nicht absurd! Du kannst das ja sogar auf YouTube abrufen. (Abg. Kopf: Deine Interpretation ist absurd!) Nein, nein, das ist nicht absurd!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 354

Ich werde noch eine viel bessere Interpretation liefern, meine Damen und Herren. (Iro­nische Rufe beim BZÖ.) Sie kommt noch viel besser. Du kannst sie mitlesen. Ist je­mand so gut aus dem ÖVP-Klub und versorgt den Herrn Klubobmann Kopf mit einem Strafgesetzbuch? Ich empfehle § 251 StGB und zitiere daraus:

„Wer ein Mitglied des Nationalrates“ – bitte mitschreiben, Kollege Kopf, es ist sehr lehr­reich – „... mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung nötigt oder hindert, seine Befug­nisse überhaupt oder in einem bestimmten Sinne auszuüben, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren und im Falle einer schweren Nötigung (§ 106) mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.“ – Zitatende.

Hast du das jetzt mitbekommen, Herr Kollege Kopf? (Beifall und Zwischenrufe beim BZÖ.) Wir haben einen Gagenkaiser, der sagt, Dr. Graf darf nicht Abgeordneter wer­den, das passt ihm nicht. Noch schöner ist ja die Vorgeschichte, es führt nur zu weit, das alles vorzulesen. Der sagt, der Dr. Graf darf nicht Abgeordneter werden, denn es könnte sein, er wird Wissenschaftssprecher. Um Gottes Willen! – Das steht alles drin­nen. Sie können alles nachvollziehen, das ist nicht erfunden. Das ist eine Tonband­übertragung, die nachprüfbar ist.

Martin Graf wird unter Umständen sogar Wissenschaftssprecher, da kann er nicht auch noch bei der ARC tätig sein, denn das könnte zu Komplikationen führen, heißt es da.

So weit sind wir nicht in diesem Land, dass irgendwelche ÖIAG-Funktionäre, die bei je­der Gelegenheit an dieses Haus herantreten und Haftungen verlangen, noch sagen, wer dann über diese Haftungen zu befinden hat, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Das ist ein dermaßen arroganter Umgang mit der Demokratie, sodass ich die Conclu­sio ziehe: Wenn es so gespielt wird, wie der Herr Wieltsch es hier spielt, wenn es so gespielt wird, dass sich das Immunitätsrecht gegen einen Abgeordneten wendet, dann fordere ich Sie auf: Schaffen Sie die außerberufliche Immunität ab, damit diesem un­würdigen Zirkus ein Ende bereitet wird, meine Damen und Herren!

Dieses Immunitätsrecht ist heute kein Schutz mehr für den Abgeordneten, sondern ist zu einer Belastung für den Abgeordneten geworden. (Beifall beim BZÖ.)

Und wenn Sie das nicht tun wollen, dann sorgen Sie wenigstens dafür, dass die Staatsanwälte dieses Landes mit ihren Verfahren weiter tun, vorwärts machen, denn das ist nämlich verschleppt worden, bis es sozusagen politisch gepasst hat. Wärest du nicht Dritter Präsident geworden, Kollege Graf, wäre das wahrscheinlich überhaupt nie ein Thema geworden. Nein, Kollege Graf ist Dritter Präsident des Nationalrates gewor­den, gegen den Widerstand bestimmter Kreise – und damit ist das Ganze erst ins Trei­ben gebracht worden. (Abg. Dr. Pirklhuber: Welcher Kreise? – Ironische Heiterkeit beim BZÖ.) Jö, die Grünen fragen, welche Kreise! Werdet ihr nicht rot dabei, wenn ihr fragt, welche Kreise? Wenn ich mir die anonyme Anzeige durchlese, habe ich das Ge­fühl, das hat einer von euch geschrieben, so ist die verfasst, meine Damen und Herren. Politisch korrekt, strotzend von Binnen-I’s und anderen grünen Makkulaturgeschichten! So schaut’s aus! (Beifall beim BZÖ.)

Also wenn man mit diesen Methoden gegen unliebsame politische Entscheidungen, die einem nicht passen, vorgeht, dann fordere ich Sie auf: Sorgen Sie wenigstens dafür, dass die Staatsanwaltschaft nicht unsinnige Auslieferungsbegehren stellt! Denn wenn man ohnehin schon weiß, dass der Immunitätsausschuss des Nationalrates – ratione temporis – sagt, da ist ohnedies kein politischer Zusammenhang, denn zu dem Zeit­punkt war Dr. Graf ja nicht Abgeordneter – das hat sich ja mittlerweile hoffentlich auch bei der Staatsanwaltschaft herumgesprochen –, dann braucht man so einen Ausliefe­rungsantrag gar nicht zu stellen. Aber dann ist eure anonyme Anzeige nichts mehr wert. Das ist das Problem, meine Damen und Herren.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 355

Es geht nur um die politische Agitation gegen den Martin Graf. Es geht nur darum, eine politische Entscheidung, die euch nicht passt, damit öffentlich anzufeinden. – Am Schluss wird aus dem Strafverfahren überhaupt nichts herauskommen! Es wird schon etwas herauskommen, aber nicht das, was ihr euch wünscht.

Ich werde euch ersuchen, gegen den Herrn Wieltsch nach § 251 StGB vorzugehen. Ich würde das dringend empfehlen. Wir werden das mit parlamentarischen Anfragen bei der Frau Justizministerin abtesten, denn das ist ein Offizialdelikt. § 251 StGB, der Ver­such, auf einen Abgeordneten einzuwirken, dass er sein Mandat nicht einmal antritt, das ist ein Offizialdelikt, Frau Präsidentin!

 


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Kollege, bitte den Schlusssatz! Die Gesamtredezeit der Fraktion ist beendet.

 


Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (fortsetzend): Im Sinne der Demokratie fordere ich Frau Präsidentin Prammer auf, die Abgeordneten dieses Hauses zu schützen und sie nicht dieser Meute vorzuwerfen! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

0.45


Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort. Herr Abgeordneter, Sie haben sich 3 Minuten vorgenommen. (Abg. Öllinger – auf dem Weg zum Rednerpult –: Es werden vielleicht etwas mehr, Herr Präsident!) Die Restredezeit Ihrer Fraktion beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 


0.45.13

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das klingt ja sehr schön und eindrucksvoll, was der Kollege Stadler uns vorgetragen hat, aber klären wir zunächst einmal die einfachsten Sachen. Es geht nicht darum, ob beim Präsidenten Graf ein politischer Zusammenhang vorhanden ist, es geht also nicht um den politischen Zusammenhang, sondern um den Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit als Abgeordneter. (Abg. Mag. Kogler: Jawohl!) Und das ist der entscheidende Unterschied.

Na selbstverständlich wissen alle in dieser Republik, die es wissen wollten und wissen konnten, dass in der Zeit, in der Herr Graf in Seibersdorf tätig war, dort sehr viel politi­siert wurde. Selbstverständlich wissen alle Beschäftigten in Seibersdorf, dass sie Angst gehabt haben um ihren Arbeitsplatz, weil der Herr Graf ein sehr strenges Regime, in dem er offensichtlich nur mit dem Schmiss durchgekommen ist, in Seibersdorf geführt hat, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen. – Ironische Hei­terkeit bei der FPÖ. – Abg. Dr. Haimbuchner: Märchenstunde! Das ist eine Märchen­stunde!)

Insofern also hat es zu den Zeiten des Herrn Graf immer eine politische Tätigkeit gege­ben, nur der Zusammenhang mit der Tätigkeit als Abgeordneter war in dieser Zeit mit Sicherheit nicht gegeben.

Selbstverständlich, Herr Kollege Stadler – wenn Sie schon so gescheit sind, dass Sie hier behaupten, nein, wenn der Martin Graf zu diesem Zeitpunkt nicht Abgeordneter war, dann braucht die Staatsanwaltschaft gar nicht das Hohe Haus beziehungsweise das Präsidium um Auslieferung zu ersuchen –, selbstverständlich ist es so, dass jeder­zeit, wenn ich ein politisches Mandat habe und die Straftat vorher war, die Staatsan­waltschaft das Präsidium beziehungsweise den Nationalrat um Auslieferung ersuchen muss. (Abg. Mag. Stadler: Nein, das ist falsch!) Selbstverständlich, Herr Kollege Stad­ler, ist es so, denn sonst würden Sie hier heraußen stehen und sagen: Skandal, da werden Unschuldige der Meute vorgeworfen!

Ich komme zum Kern des Ganzen. Worum geht es? – Wir haben das auch im Immuni­tätsausschuss diskutiert. – Im Wesentlichen geht es, auch wenn man vieles auflisten


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kann, um den Vorwurf der Untreue. Ich sage Ihnen eines: Herr Präsident Graf stellt sich hier her – Sie assistieren – und sagt: Gegen mich wurde politische Willkür ausge­übt; ich wurde entlassen, und das war politische Willkür! – Gut, das ist eine Behaup­tung des Herrn Präsidenten Graf, aber schauen wir uns diese Behauptung etwas näher an.

Wer hat Dr. Graf gegenüber die Entlassung ausgesprochen, angeblich ausgespro­chen? Sein Bundesbruder von der „Olympia“, der Herr Rinnhofer. Der Herr Rinnhofer als Geschäftsführer stellt sich hin und sagt: Lieber Martin Graf – ich nehme an, die sind per Du –, du bist entlassen! (Abg. Dr. Graf: Der Herr Gornik war das!) Und der Bun­desbruder Martin Graf sagt zum Bundesbruder Rinnhofer: Das ist politische Willkür! (Abg. Dr. Graf: Der Herr Professor Gornik war das!) Entschuldigung, aber glaubt ir­gendjemand dieses Theater hier in diesem Haus?! Glaubt irgendjemand, dass das et­was mit Realitäten zu tun hat?! (Beifall bei den Grünen.)

Sie wissen genauso gut wie ich, Herr Präsident Graf: Es geht um 220 000 € Abfindung, um 50 000 € Prämie, mit „Nebengeräuschen“ also um rund 300 000 €. Es stellt sich da­her zu Recht die Frage, ob Sie diese 300 000 € zu Recht erhalten haben oder ob Un­treue im Spiel war. Ich finde es absolut korrekt, wenn Sie uns hier ein Theater auffüh­ren und uns glauben machen wollen, da wurde politische Willkür durch einen „Olym­pia“-Bruder gegenüber einem anderen „Olympia“-Bruder ausgeübt, dass sich das Haus dann fragt, was das mit der Realität zu tun hat.

Herr Präsident Graf, Sie wollen ablenken davon, dass Sie ein Abkassierer waren in Seibersdorf. Das ist es! (Beifall bei den Grünen.) Da brauchen Sie uns nicht mit „politi­scher Willkür“ daherzukommen. Das ist das Entscheidende. (Abg. Strache: 50 Prozent da herinnen sind Abkassierer!)

Herr Präsident Graf, Sie haben 300 000 € kassiert, 50 000 € als Prämie, von der Ihr „Rechtsvertreter“, Ihr „Anwalt“ im Immunitätsausschuss sagt, wahrscheinlich war es nicht eine Prämie, sondern eine anders verkleidete Abfindung. So waren die Worte des Herrn Rosenkranz im Immunitätsausschuss. (Abg. Dr. Rosenkranz: Stimmt ja auch!) Da ist halt ein bisschen getrickst worden.

Ja, das möchten wir wissen, und da möchten wir, dass eine Staatsanwaltschaft – nicht eine „Meute“, sondern eine Staatsanwaltschaft –, wenn sie denn glaubt, dass das un­tersuchungswürdig ist, das auch untersuchen kann. Um nichts anderes geht es! Nicht um Ihre Tätigkeit hier als Präsident, Herr Graf, sondern nur um das, was Sie vorher ge­macht haben, nämlich in Seibersdorf: als einer, wo sich die Belegschaft am Schluss zu Recht gewehrt hat gegen Sie und all jene, die Seibersdorf fast in den Ruin gefahren haben. (Beifall bei den Grünen.)

0.50


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte. (Abg. Bucher: Der Herr Pendl wird sich wieder bedanken!)

 


0.50.59

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Her­ren! Hohes Haus! Ein bisschen verstehe ich diese ganze Aufregung nicht; ich habe sie schon im Immunitätsausschuss nicht verstanden. (Abg. Grosz: Du verstehst überhaupt nicht viel!) Wenn Präsident Graf von sich aus – so war es den Medien zu entnehmen – selbst für die Auslieferung ist, dann, glaube ich, sollten wir da wirklich die Luft heraus­nehmen und offen diskutieren. Wir untersuchen nicht, wir sind nicht die Justiz, ich glau­be, da sind wir uns alle einig. Sollte die Staatsanwaltschaft ermittelt haben: Wir haben einen Brief an die Frau Bundesministerin geschrieben und sie aufgefordert, wenn das so war, ihre Organe anzuweisen, dass das so nicht geht. Wir wollen das alle nicht. Da sind wir uns alle einig.


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Ich glaube aber auch, dass eindeutig klar ist, dass wir alle politische Menschen sind und dass man immer sagen kann, es gibt einen politischen Zusammenhang, aber das Gesetz, liebe Kolleginnen und Kollegen, stellt eindeutig auf den Zusammenhang als Abgeordneter ab. Punkt.

Wir haben das zu prüfen, wir haben uns das rein rechtlich anzuschauen. Damit ent­scheiden wir das. Wir untersuchen nicht, das ist Aufgabe der Justiz, aber eines, glaube ich, ist glasklar: Die Justiz hat nach den Gesetzen zu handeln.

Wenn es so war, Kollege Stadler, dann ist die Ministerin gefordert, wenn es nicht der Fall war – es gibt ja noch die andere Version –, dann hätte man wahrscheinlich gar kei­nen Auslieferungsantrag zu stellen brauchen. Auch das gehört geklärt.

Aber zum Aufregen ist die ganze Geschichte nicht, weil Herr Präsident Graf selbst
das vor Gericht klären wollte. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Aber ausgeliefert wurde er!)

0.52


Präsident Fritz Neugebauer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Kollege Mag. Stadler zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


0.53.02

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abge­ordneter Öllinger hat tatsachenwidrig behauptet, dass die Staatsanwaltschaft auf jeden Fall ein Auslieferungsersuchen an das Haus zu stellen hätte, weil es sich beim Abge­ordneten Dr. Graf um ein Mitglied des Hauses handelt. – Das ist unrichtig!

Richtig ist vielmehr, dass § 10 Abs 2 der Geschäftsordnung zunächst regelt – ich zitie­re –: „Die Abgeordneten dürfen wegen einer strafbaren Handlung – den Fall der Ergrei­fung auf frischer Tat bei Verübung eines Verbrechens ausgenommen – nur mit Zustim­mung des Nationalrates verhaftet werden. Desgleichen bedürfen Hausdurchsuchungen bei Abgeordneten der Zustimmung des Nationalrates.“

§ 10 Abs. 3 GOG: „Ansonsten dürfen Abgeordnete ohne Zustimmung des Nationalra­tes wegen einer strafbaren Handlung nur dann behördlich verfolgt werden, wenn diese offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit des betreffenden Abgeordneten steht.“ – Das ist bei ihm ja nicht der Fall.

Und weiters: „Die Behörde hat jedoch eine Entscheidung des Nationalrates über das Vorliegen eines solchen Zusammenhanges einzuholen, wenn dies der betreffende Ab­geordnete“ – das hat er nicht gemacht – „oder ein Drittel der Mitglieder des mit diesen Angelegenheiten betrauten ständigen Ausschusses verlangt.“ – Das hat der Ausschuss auch nicht gemacht.

Das heißt, die Staatsanwaltschaft hätte längst tätig werden können. Sie hätte gar kein Auslieferungsersuchen stellen müssen. Der ganze mediale Wirbel ist nämlich ...

0.54


Präsident Fritz Neugebauer: Danke, Herr Kollege! Die Berichtigung ist erfolgt.

(Beifall beim BZÖ für den das Rednerpult verlassenden Abg. Mag. Stadler.)

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Kollege Dr. Graf.

 


0.54.34

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­te Damen und Herren Abgeordnete! Damit kein Missverständnis aufkommt, schicke ich voraus, dass ich selbstverständlich für die Auslieferung meiner Person in dieser Ange­legenheit bin (Zwischenrufe bei der ÖVP), aber damit man ausgeliefert werden kann – und das wissen zumindest die, die sich mit der Materie des Immunitätsrechtes be-


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schäftigt haben –, muss einmal ein politischer Zusammenhang festgestellt werden. Wenn nämlich kein politischer Zusammenhang festgestellt wird – und das ist ja jetzt der Beschluss, der hier zu fassen ist; so ist der Antrag des Ausschusses –, dann gibt es gar keine Auslieferung im Sinne des Immunitätsgesetzes, denn dann sind die Staatsanwaltschaft oder die Ermittlungsbehörden von Anbeginn an nicht gehindert, diesbezüglich mit Ermittlungsschritten vorzugehen.

Genau das ist es eben, was ich dem Immunitätsausschuss vorwerfe, jetzt durchaus als Betroffener: dass er hier eine falsche Beschlussfassung getätigt hat. Und wenn der Im­munitätsausschuss oder die Mehrheit des Immunitätsausschusses feststellt, dass man nicht ermittelt in einem Immunitätsausschuss oder im Sachverhalt tätig ist, dann wun­dert mich doch sehr – jetzt auch in voller Kenntnis des Akteninhaltes der Staatanwalt­schaft –, wie man als Immunitätsausschuss feststellen kann, dass eine inkriminiertes Verhalten just am 12. Juli 2006 durch den Martin Graf gesetzt wurde.

Woher ist dieses Datum, Herr Pendl? Woher ist dieses Datum, meine Damen und Her­ren? Was ist das für ein Datum – mit Ausnahme dessen, dass man behaupten kann, es war vor Antritt des Mandates oder der Angelobung? Genau damit wird schon Politik gemacht, und damit kontakariert man jedes Immunitätsrecht, das es überhaupt nur gibt.

Ich will da jetzt gar nicht in die Tiefe gehen. Ich möchte aber den Sachverhalt geklärt haben. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass das Verfahren eingestellt wird und/oder auch mit Freispruch endet – egal, was die Grünen oder auch andere wollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, damit das auch einmal geklärt ist: Ich konnte lange Zeit zu diesem Sachverhalt nichts sagen, denn ich war an eine schriftliche Ver­schwiegenheitsverpflichtung gebunden, von der ich erst seit zirka zehn Tagen entbun­den bin, und seitdem habe ich alles veröffentlicht. Sie können das nachsehen. Es hat mich das Unternehmen ARC entbunden, gegenüber dem ich eine Verschwiegenheits­verpflichtung zu unterfertigen hatte.

Wenn Sie mich fragen, wer die Entlassung ausgesprochen hat, dann sage ich es Ihnen ganz klar: Es war Herr Universitätsprofessor Dr. Gornik, der bei mir im Büro erschienen ist. Das ist nachweisbar, denn er hat um einen Termin angesucht; wir hatten eine Ter­minsekretärin. Dr. Gornik ist damals zu mir gekommen, hat mir das Schreiben übermit­telt und gesagt, wir müssen dich entlassen, wenn du das Mandat antrittst.

Im Schreiben selber ist dann gestanden – ich habe es hier, und ich habe es mittlerwei­le auch veröffentlicht –, am 17. Oktober 2006 steht darin festgeschrieben, unterfertigt von der Geschäftsführung ARC, ich war dort Prokurist ... (Zwischenruf des Abg. Öllin­ger.) Ja, das waren Professor Gornik und Dr. Rinnhofer. Beide haben einen Fehler ge­macht. Keine Frage. In diesem Schreiben wird festgehalten, und jetzt zitiere ich wört­lich daraus (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Öllinger) – ja, das ist halt so, bei uns wird ohne Ansehen der Personen gehandelt, bei Ihnen ist es anders –:

Die Annahme des Mandates als Nationalratsabgeordneter würde daher einen Entlas­sungstatbestand verwirklichen und die Gesellschaft – gemeint ARC – schon in Anbe­tracht des Unverzüglichkeitsgrundsatzes dazu zwingen, Ihr Dienstverhältnis ohne Ver­zug durch fristlose Entlassung zu beenden. (Abg. Öllinger: Das war konstruiert!) Das war nicht konstruiert, sondern das war ein Produkt, das über das Aufsichtsratspräsi­dium und über den Aufsichtsrat letztendlich festgehalten wurde. (Abg. Öllinger: So dumm kann ja nicht einmal der Gornik sein!)

Sie können jetzt natürlich feststellen, es gibt keinen politischen Zusammenhang. – Ich für mich persönlich stelle fest: Zwischen der Entlassung, der „Abfindung“, die aber kei­ne Abfertigung war und mit 50 Prozent versteuert wurde, und dem Antritt des Manda­tes war ein politischer Zusammenhang. Wer das sehen will, sieht es – und wer es nicht


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sehen will, sieht es nicht. Aber damit geben Sie jeder künftigen Anschuldigung weiten Raum, hier so vorzugehen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei ÖVP und Grünen.)

Beschließen Sie den politischen Zusammenhang und dann als zweite Beschlusslage, so wie es das Immunitätsgesetz vorsieht, die Auslieferung. Dann bin ich glücklich. – Sie offensichtlich nicht, und Sie wollen etwas konstruieren, was nicht Faktum ist.

Wer mir in diesem Zusammenhang Untreue vorwirft, dass ich eine Abfindung für ge­stohlene 20 Jahre – nicht für dreieinhalb Jahre Anwesenheit! – bekommen habe – eine Abfindung, keine Abfertigung, Herr Arbeitsrechtler Öllinger (Zwischenruf des Abg. Wöginger – Abg. Dr. Haimbuchner: Das fällt euch auf den Schädel!), die mit 50 Pro­zent voll und nicht privilegiert versteuert wurde; Nutznießer war Herr Molterer, er war damals Finanzminister – kann höchstens meinen (Ruf bei der ÖVP: Abcasher!), dass ich ein Beteiligungstäter bin, denn mir als Einzelnem vis-à-vis saß die gesamte Ge­schäftsführung und der gesamte Aufsichtsrat plus Eigentümervertreter. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wenn man mir Beteiligungstäterschaft vorwirft, dann sehe ich das ungefähr so, als ob man jemanden überfällt, beraubt – und dann sagt, das Opfer, das beraubt wurde, ist selbst schuld und Beteiligungstäter, denn wäre es nicht da gewesen, hätte man es ja nicht überfallen und berauben können! – In diesem Fall ist das, was Sie betreiben, schon eine Täter-Opfer-Umkehr, liebe Damen und Herren!

Aber wie auch immer die Sache steht: In Zukunft – und es wird solche Fälle geben, zum Beispiel basierend auf § 159 Abs. 3 StGB, der bald auch sehr viele Gerichte be­schäftigen wird, der frühere Fall der fahrlässigen Krida, also wenn eine Gebietskörper­schaft ohne gesetzliche oder vertragliche Verpflichtung hiezu ein Unternehmen vor der Insolvenz rettet; ich nenne an dieser Stelle Kommunalkredit, ich nenne an dieser Stelle AUA und viele andere mehr –, müssen sich viele, die sowohl in Organen sitzen als auch hier, entweder als Bundesrat oder als Nationalratsabgeordneter, weil es ja keinen politischen Zusammenhang gibt, nicht fürchten, sondern sie dürfen sich hoffentlich ge­nauso freuen wie ich, dass eine Farce endlich einen Abschluss findet, wenn man, nachdem man eine Abfindung bekommen und auf die Hälfte von dem, was einem ver­traglich zugestanden wäre, verzichtet hat, hier auch noch als Täter dasteht. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Öllinger: Geh bitte! Bitte!)

Das können Sie halten, wie Sie wollen, und ich will Ihnen Ihre politische Motivation nicht absprechen, Sie brauchen auch ihre diesbezügliche Gesinnung nicht aufzugeben, aber wem irgendetwas am Immunitätsrecht liegt, wird feststellen, dass es einen politi­schen Zusammenhang zwischen diesem Strafverfahren und meiner Funktion gibt.

Mich wundert, dass ein rechtlich kundiges Hilfsorgan dieses Parlaments, in diesem Fall der Rechnungshof, in voller Kenntnis des Akteninhaltes – da ich selbst schriftlich ange­boten habe, mich mit vollständigem Entfall der Bezüge zu karenzieren, aber man wollte mich loswerden, weil ein freiheitliches Mandat mit einer Tätigkeit am ARC unvereinbar ist, selbst als Karenzierter ohne Bezüge (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler); diesen Akteninhalt kannte der Rechnungshof! – trotzdem aber sagt, dass hier eine möglicher­weise ungerechtfertigte Zahlung geflossen ist, und nicht feststellt, dass es unter Um­ständen zu einer Nötigung gekommen ist, auf das Mandat zu verzichten, und als Hilfs­organ des Parlaments im Sinne der Parlamentarier einschreitet. – So weit sind wir in dieser Republik schon gekommen! (Beifall bei der FPÖ.)

Es wird heute bei dieser Beschlussfassung kein guter Dienst erwiesen werden, denn das Ergebnis wird das Gleiche sein (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen): Das Verfahren wird eingestellt werden. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

1.03


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Sonnberger. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 360

1.04.04

Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Präsident Graf ist ja selbst für die Auslieferung (Abg. Mag. Stadler: Es geht nur nicht um die Auslieferung hier!), das hat auch die FPÖ im Ausschuss festgehalten. Er hat auch durchaus begründet und hat uns schriftliche Unterlagen zur Verfügung ge­stellt, was ihm im Zusammenhang mit der Erstellung des Dienstvertrages und mit der Ausübung des Mandates widerfahren ist. – Ich gehe davon aus, dass sowieso all dies geklärt werden wird.

Diesbezüglich ist natürlich schon interessant, dass das BZÖ im Ausschuss mitge­stimmt hat, dass kein politischer Zusammenhang besteht – und Herr Abgeordneter Stadler jetzt doch etwas anders argumentiert hat. Das war offensichtlich in Ihrer Frak­tion nicht ordentlich abgestimmt. (Abg. Mag. Stadler: Das Protokoll habe ich heute be­kommen! Ihr ... Wieltsch ist der Urheber! Das Protokoll habe ich heute bekommen!) – Ich glaube, dass die Frage des § 251 StGB, Herr Kollege Stadler, nicht Gegenstand des Immunitätsausschusses und nicht Gegenstand des Parlaments ist, sondern von den Gerichten abzuklären sein wird. (Abg. Strache: Ich freue mich auf die Raiffeisen... nächste Woche!)

Man kann es so auf den Punkt bringen: Am 12. Juli 2006 wurde ein Dienstvertrag ab­geschlossen. Das war eindeutig eine privatrechtliche Tätigkeit und hat mit der politi­schen Tätigkeit des – man muss das so sagen – zukünftigen Abgeordneten nichts zu tun. (Abg. Mag. Stadler: Hat Herr Wieltsch aber gesagt! Glauben Sie wenigstens Ih­rem Parteifreund, wenn Sie mir schon nicht ...! Wieltsch hat das gesagt: Politischer Zu­sammenhang!)

Was sich danach entwickelt hat, ist letztendlich eine andere Frage, doch ist diese nicht politisch oder emotional zu bewerten, sondern es geht um eine rechtliche Bewertung, und für die rechtliche Bewertung ist der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses entschei­dend.

Im Übrigen hat der Immunitätsausschuss darüber hinaus beschlossen, dass die Justiz­ministerin überprüfen möge, ob Verfolgungshandlungen gesetzt wurden, denn wenn diese wirklich gesetzt wurden, wie das eben behauptet wurde, und die Staatsanwalt­schaft mit ihrer Anfrage säumig gewesen wäre, wären unter Umständen auch durchaus disziplinäre Maßnahmen zu setzen.

Die Justizministerin wird dem Ausschuss auch diese Frage beantworten, und ich bin davon überzeugt, dass das Gericht zu einer richtigen und gerechten Entscheidung kommen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

1.07


01.07.30Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist ge­schlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 93 der Beilagen, Folgendes zu beschließen.

In Behandlung des Ersuchens der Staatsanwaltschaft Wien um Zustimmung zur be­hördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Martin Graf wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass kein Zusammenhang zwischen den inkrimi­nierten Handlungen und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Martin Graf besteht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Antrag ist angenommen. (Ruf bei der FPÖ: Geniert euch!)

Die Tagesordnung ist erschöpft.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 361

01.07.56Einlauf

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 515/A(E) bis 530/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 1261/J bis 1286/J eingelangt.

*****

Verlangen im Sinne des § 99 (2) GOG

 


Präsident Fritz Neugebauer: Schließlich ist ein Verlangen der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen auf Durchführung einer Sonderprüfung durch den Rech­nungshof eingebracht worden.

*****

Die nächste Sitzung berufe ich für heute, 12. März, 9 Uhr ein.

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen.

Die Sitzung wird um 9 Uhr mit einer Fragestunde eingeleitet werden.

Diese Sitzung ist geschlossen.

01.08.31Schluss der Sitzung: 1.08 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien