Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll23. Sitzung / Seite 137

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

gewinnen, die eine starke Affinität zum nationalistischen Lager aufweisen“. Erwähnung findet in diesem Zusammenhang die Wiener akademische Burschenschaft Olympia. Auch der Historiker Michael Gehler kommt zu dem Schluss, dass Österreichs Bur­schenschaften in Teilen von einer „bis ins Neonazistische reichenden Gesinnung“ geprägt sind.

Doch die Regierungsbeteiligung der FPÖ sollte diesen Einschätzungen des BMI ein rasches Ende bereiten. Der Olympe Walter Asperl verlangte stellvertretend für das ganze Milieu, dass „sich Minister mit burschenschaftlichem Hintergrund für den Frei­heitsgedanken einsetzen – besonders in der Justiz, wo endlich etwas gegen die menschenrechtswidrigen Bestimmungen wie das Verbotsgesetz getan werden muss“ (Format 21/00, S.50). In Andreas Mölzers Periodikum „Zur Zeit“ (Nr.19/00, S.1) stieß man sich an der Tatsache, dass das Bundesministerium für Inneres in seinem Rechtsextremismus-Bericht 1999 „30 schlagende Studentenverbindungen unter die Lupe genommen“ habe. Die oben zitierten Einschätzungen der Staatsschützer wurden als Diffamierungen und Unterstellungen abgetan. Zugleich rief „Zur Zeit“ die kor­porierten FPÖ-Regierungsmitglieder auf, „mit ihrem Regierungskollegen im Innen­ministerium ein Einvernehmen herzustellen, um diese Gesinnungsschnüffelei in korporierten Kreisen und diese Diffamierung der studentischen Korporationen [] abzustellen.“ 

Dies geschah auch. Nachdem die Burschenschaften auch im Jahreslagebericht 2001 Erwähnung gefunden hatten, intervenierten FPÖ-Politiker im Innenministerium – offenbar mit Erfolg: Seit diesem Zeitpunkt erscheint kein gesonderter Bericht über den Rechtsextremismus in Österreich, und in den Verfassungsschutzberichten werden die Burschenschaften seit 2002 nicht mehr genannt. Es stellt sich die Frage, warum die Burschenschaften plötzlich als harmlos gelten.

Während sich die Anzeigenzahlen zu rechtsextremen Straftaten seit 2006 verdoppeln, sinkt die Zahl der diesbezüglichen gerichtlichen Verurteilungen, nutzen national­sozialistische Kriegsverbrecher Österreich als sicheren Unterschlupf und kommentiert der Leiter des BVT den Aufenthalt eines international führenden Rassisten und Antisemiten in Österreich mit dem Hinweis, dass man ja nicht alle „begnadeten Netzwerker“ beobachten könne. Den Rechtsextremismusbericht der Polizei gibt es nicht mehr, und Burschenschaften, die in der internationalen Presse als „Kader­schmiede der Ultrarechten“ bezeichnet werden und prominente Neonazis zu privaten Veranstaltungen laden, werden nicht mehr als gefährlich eingestuft, sondern ihre Mitglieder werden in führende staatliche Positionen gewählt.

Der rechte Rand des Parteienspektrums wirbt mit „Kreuzzugsrhetorik“, sät Streit und Hass in der Bevölkerung und will sich auf europäischer Ebene mit einer bulgarischen Partei, welche Namenslisten von Juden veröffentlicht und dazu politische Hetze betreibt, zu einer Fraktion zusammenschließen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

Neonazistische Handlungen in den Gedenkstätten Ebensee und Mauthausen

1. Konnten hinsichtlich der Schmieraktion in Mauthausen vom Februar 2009 bereits Täter ausgeforscht werden?

2. Worin bestand bei dem Vorfall in Ebensee, als NS-Opfer von jugendlichen Rechts­extremisten angegriffen wurden, die von Ihnen erwähnte „gegenseitige Provokation“?

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite