Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 152

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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun kommt Herr Abgeordneter Mag. Stadler zu Wort. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 5 Minuten. – Bitte.

 


16.25.00

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Diese Entscheidung des EMRK-Gerichtshofes zur Frage der Anbringung von Kreuzen – in Italien heißt es Kruzifixe, das ist noch ein Unterschied – in Schulen hat eine Vorge­schichte. Das richte ich jetzt insbesondere an die Damen und Herren der Österreichi­schen Volkspartei.

Die Vorgeschichte ist, dass man bei der Formulierung des EU-Verfassungsvertrages vor den ganzen Laizisten, den ganzen französischen Jakobinern in die Knie gegangen ist und es akzeptiert hat, dass jeder Gottesbezug aus der Verfassung heraus­genom­men werden musste, obwohl er im ursprünglichen Entwurf konsensual – Kollege Molterer, du erinnerst dich – drinnen war. Und dann kam der Druck, und er musste heraus.

Dann kam die Nominierung des Rocco Buttiglione durch die Christsozialen. Es gab ein Hearing, und dann wurde Rocco Buttiglione im EU-Parlament abgelehnt, weil er katholische Positionen vertreten hat. – So viel zum Thema Religionsfreiheit in der Europäischen Union. Hätte er dort islamische, jüdische oder esoterische Positionen vertreten, wäre er heute noch Kommissar (Abg. Dr. Van der Bellen: Unsinn!) – aber natürlich, erzählen Sie mir doch nichts! –, aber weil er es gewagt hat, sich dort als Katholik zu bekennen und zu sagen, welche Auffassung er privat hat – privat, er hat nicht gesagt, ich bin der Meinung, das muss jetzt in der Kommission umgesetzt werden, er hat gesagt, ich privat stehe hier als Katholik, und hat Positionen vertreten –, musste er unter dem Druck der radikalen Laizisten, der Antiklerikalen abgezogen werden. Sie können sich gerne zu Wort melden, Herr Kollege Van der Bellen. (Abg. Dr. Van der Bellen: Ja!)

Das ist genau die Geisteshaltung jener, die immer von der Toleranz reden, solange die Toleranz nicht katholisch ist; in dem Moment ist es aus mit der Toleranz, meine Damen und Herren. – Das ist die Vorgeschichte dazu. (Beifall beim BZÖ.)

Wir haben in Europa heute noch ein Land, da können Sie als Jude, als Moslem, als Esoteriker, als Verrückter Ministerpräsident oder Premierminister werden, aber als Katholik können Sie das nicht werden. Aber kein Mensch schickt Großbritannien deswegen eine „Drei-Weisen-Abordnung“, so wie man uns eine geschickt hat, als wir gegen das Diktum der Political Correctness in Österreich unter Bundeskanzler Schüssel eine nicht genehme Koalition gebildet haben. Kein Mensch macht das. Niemand kommt auf die Idee, den Briten zu sagen, dass es nicht mehr ganz zeitgemäß ist, dass man Katholiken dermaßen diskriminiert, dass zum Beispiel ein Katholik gar nicht Premierminister in Großbritannien werden könnte. Kein Mensch stößt sich daran.

Jetzt kommt die Entscheidung, die – Gott sei Dank – bei der Bevölkerung Reaktionen ausgelöst hat. Nach einer entsprechenden Schrecksekunde sind dann auch die Bischöfe draufgekommen, dass das vielleicht etwas ist, wo man sich jetzt endlich wehren müsste.

Meine Damen und Herren, die Rechtslage ist eine andere im Vergleich zu Italien. Wir haben ein Konkordat mit dem Heiligen Stuhl, wir haben aufgrund dieses Konkordates völkerrechtliche Verpflichtungen, und selbst ein EMRK-Gerichtshof müsste diese völkerrechtlichen Verpflichtungen respektieren. So weit der völkerrechtliche Aspekt. Das heißt, hier ist durch das Konkordat einiges mit höherer Bestandsgarantie ausge­stattet, als es im Verhältnis etwa zwischen dem italienischen Staat und dem Heiligen Stuhl der Fall war.

 


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