Parlament Österreich

 

 

 

 

Stenographisches Protokoll

 

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

 

49. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 10. Dezember 2009

 

 


Stenographisches Protokoll

49. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode Donnerstag, 10. Dezember 2009

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 10. Dezember 2009: 9.04 – 24.00 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die eingetragene Partner­schaft erlassen (Eingetragene Partnerschaft-Gesetz – EPG) und das Allgemeine Bür­gerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Fortpflanzungsmedizingesetz, das IPR-Ge­setz, die Jurisdiktionsnorm, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung, das Ar­beitslosenversicherungsgesetz 1977, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Urlaubs­gesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Landar­beitsgesetz 1984, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Post-Betriebsverfassungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpas­sungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Heeresversorgungsgesetz, das Opferfürsorgegesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Allgemeine Sozialversi­cherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversi­cherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarver­sicherungsgesetz 1972, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuerge­setz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Bewertungsgesetz 1955, das Gebüh­rengesetz 1957, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, die Bundesabgabenordnung, das Alkoholsteuergesetz, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Verwal­tungsstrafgesetz 1991, das Datenschutzgesetz 2000, das Beamten-Dienstrechtsge­setz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Rich­ter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, die Reisegebührenvorschrift, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forst­wirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienst­rechtsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bezü­gegesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Auslandszulagen- und
-hilfeleistungsgesetz, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Personenstandsgesetz, das Namensänderungsgesetz, das Passgesetz 1992, das Meldegesetz 1991, das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufent­haltsgesetz, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Ärztegesetz 1998, das Gehalts­kassengesetz 2002, das Apothekenrecht, die Gewerbeordnung 1994, das Bilanzbuch­haltungsgesetz, das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, das Ziviltechnikergesetz 1993, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Heeresdisziplinargesetz 2002, das Hee­resgebührengesetz 2001, das Studienförderungsgesetz 1992, das Schülerbeihilfenge­setz 1983, das Unterrichtspraktikumsgesetz, das Patentgesetz 1970, das Patentan­waltsgesetz, das Entwicklungshelfergesetz, das Bundesgesetz über Aufgaben und Or-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 2

ganisation des auswärtigen Dienstes – Statut und das Bundesgesetz über die Einräu­mung von Privilegien und Immunitäten an internationale Organisationen geändert werden

2. Punkt: Bericht und Antrag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ziviltechniker­kammergesetz 1993, BGBl. I Nr. 157/1994, geändert wird

3. Punkt: Bericht und Antrag betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre, BGBl. I Nr. 64/1997, geändert wird

4. Punkt: Bericht über den Antrag 18/A der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Bürgerli­che Gesetzbuch geändert wird

5. Punkt: Bericht über den Antrag 19/A der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Zivilpakt (ZIP-G) geschaffen sowie das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Mietrechtsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz, die Zivilprozessordnung, das Allge­meine Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Ge­werbliche Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungs­gesetz, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung, die Bundesabgabenordnung, das Verwaltungsstrafgesetz, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz, die Juris­diktionsnorm, das Einkommensteuergesetz, das Niederlassungs- und Aufenthaltsge­setz (Fremdenrechtspaket 2005), das Asylgesetz 2005 (Fremdenrechtspaket 2005), das Fremdenpolizeigesetz 2005 (Fremdenrechtspaket 2005) geändert wird

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem zur Einführung des Kinderbeistands das Außerstreit­gesetz, die Zivilprozessordnung, das Gerichtsgebührengesetz und das Justizbetreu­ungsagentur-Gesetz geändert werden (Kinderbeistand-Gesetz)

7. Punkt: Bericht über den Antrag 281/A(E) der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Trennungsopfer – verpflichtende gemeinsame Obsorge

8. Punkt: Bericht über den Antrag 446/A(E) der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Trennungsopfer – gemeinsame Obsorge beider Elternteile

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Unternehmensgesetzbuch geändert wird (Rech­nungslegungsrechts-Änderungsgesetz 2010 – RÄG 2010)

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, die Notariatsordnung, das Ausbildungs- und Berufsprüfungs-Anrechnungsgesetz, das Berufsrechts-Ände­rungsgesetz 2008, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das Gerichtskommissärsgesetz, das Gerichtsorganisationsgesetz, das Notariatstarifge­setz und das Rechtsanwaltstarifgesetz geändert werden (Berufsrechts-Änderungsge­setz 2010 – BRÄG 2010)

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozessordnung, das Jugendgerichtsgesetz 1988 und das Strafregistergesetz ge­ändert werden

12. Punkt: Bericht über den Antrag 84/A(E) der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Erfassung ansteckender Krankheiten von Haftinsassen

13. Punkt: Bericht über den Antrag 90/A(E) der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Verlässlichkeitsüberprüfung muslimischer Seelsorger in Justizanstalten

14. Punkt: Bericht über den Antrag 535/A(E) der Abgeordneten Christian Lausch, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Arbeitspflicht gemäß § 44 StVG


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 3

15. Punkt: Bericht über den Antrag 694/A(E) der Abgeordneten Christian Lausch, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Einsatz von Diensthunden in Justizanstalten

16. Punkt: Bericht über den Antrag 561/A(E) der Abgeordneten Christoph Hagen, Kol­leginnen und Kollegen betreffend wirksame Maßnahmen zum Schutz gegen Kinder­schänder und Sexualstraftäter

17. Punkt: Bericht über den Antrag 869/A der Abgeordneten Mag. Heribert Donner­bauer, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz und Artikel III der Urheberrechtsgesetz-Novelle 2005 geändert werden (Urheberrechtsgesetz-Novelle 2009 – UrhG-Nov 2009)

18. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Verwertungsgesellschaftengesetz 2006 und das Übernahmegesetz geändert werden

19. Punkt: Bericht über den Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH – Eisen­bahnregulierung 2008, vorgelegt von der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

20. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz und das Arzneimittel­gesetz geändert werden

21. Punkt: Bericht über den Antrag 743/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausdehnung des Arzneimittel-Bewilligungs-Ser­vice auf Privatrezepte für Medikamente, die unter das Suchtgiftgesetz beziehungswei­se die Psychotropenverordnung fallen

22. Punkt: Bericht über den Antrag 699/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Einhaltung des Gleichheitsgrundsatzes bei Rezeptab­rechnungen

23. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 geändert wird (13. Ärztege­setz-Novelle)

24. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Apothekerkammergesetz 2001 geändert wird

25. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das IVF-Fonds-Gesetz geändert wird (IVF-Fonds-Gesetz-Novelle 2010)

26. Punkt: Bericht über den Antrag 358/A der Abgeordneten Dr. Dagmar Belako­witsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem ein Fonds zur Finanzierung der In-vitro-Fertilisation eingerich­tet wird (IVF-Fonds-Gesetz), geändert wird

27. Punkt: Bundesgesetz über Produkte, deren Ein- und Ausfuhr sowie Inverkehrbrin­gen aus Tierschutzgründen verboten ist

28. Punkt: Bericht über den Antrag 889/A(E) der Abgeordneten Dietmar Keck, Franz Eßl, Bernhard Vock, Mag. Christiane Brunner, Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserungen der EU-Tierschutzstandards im Allgemeinen und Maßnahmen zum Schutz von Tieren beim Transport im Besonderen, den

Antrag 148/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der EU-Tierschutzstandards sowie den

Antrag 472/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zum Schutz von Tieren beim Transport

29. Punkt: Bericht über den Antrag 813/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brun­ner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Empfehlungen des Tier­schutzrates hinsichtlich einschlägiger Ausbildung von Hunden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 4

30. Punkt: Bericht über den Antrag 862/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kontrolle illegaler Tiertransporte an den alten Grenzübergängen

31. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzie­rungsgesetz, das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz 1957, das Sonder­unterstützungsgesetz, das Karenzgeldgesetz, das Arbeiterkammergesetz 1992, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Bundespflegegeldge­setz und das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz geändert werden (4. Sozial­rechts-Änderungsgesetz 2009 – 4. SRÄG 2009)

32. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Heeresversorgungs­gesetz, das Impfschadengesetz und das Verbrechensopfergesetz geändert werden

33. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert wird

34. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird

35. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsruhegesetz und das Kraftfahrgesetz 1967 geändert werden

36. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion geändert werden

37. Punkt: Bericht über den Antrag 871/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung und Weiterentwicklung der Behinder­tenanwaltschaft

38. Punkt: Bericht über den Antrag 859/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wilhelm Molterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungs­gesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern erlassen wird

39. Punkt: Bericht über die Petition (19/PET) betreffend „Kinderrechte in die Bundes­verfassung – initiiert von den oberösterreichischen Kinderfreunden“, überreicht von den Abgeordneten Sonja Ablinger und Mag. Kurt Gaßner

40. Punkt: Bericht über den Antrag 65/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Sou­schill, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Kinderrechte in die Verfassung – 16 Jahre Warten sind genug!

41. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Datenschutz­gesetz 2000 und das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden (DSG-Novelle 2010)

42. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 2006 geändert wird

43. Punkt: Bericht über den Antrag 426/A(E) der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Empfehlungen des Rechnungshofes bezüglich staatlicher Informations- und Werbemaßnahmen

44. Punkt: Bericht über den Antrag 860/A(E) der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Hermann Gahr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Richtlinien für staatliche Informa­tions- und Werbemaßnahmen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 5

45. Punkt: Bericht über den Antrag 883/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Informations- und Werbemaßnahmen der Regie­rung in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit

46. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz geändert wird

47. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich, der Republik Bulgarien, der Republik Ungarn, Rumänien und der Republik Türkei über das Nabucco-Projekt

48. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994, das Wirtschaftstreu­handberufsgesetz und das Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz geändert werden

49. Punkt: Internationales Tropenholz-Übereinkommen von 2006

50. Punkt: Bericht über den Antrag 897/A(E) der Abgeordneten Maximilian Linder, Ga­briel Obernosterer, Heidrun Silhavy, Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen betreffend Attraktivierung und Forcierung von Schulskikursen und Wintersportwochen in den Schulen

51. Punkt: Bericht über den Antrag 702/A der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Fritz Neugebauer, Mag. Dr. Martin Graf, Herbert Scheibner, Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (492 d.B.) (Zweite Lesung)

52. Punkt: Bericht über den Antrag 705/A der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Fritz Neugebauer, Mag. Dr. Martin Graf, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 975) geändert wird (493 d.B.) (Zweite Le­sung)

53. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Gesetz, mit dem das Strafgesetzbuch BGBl. Nr. 60/1974, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 98/2009, geändert wird (784/A)

54. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungs­gesetz, und ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 geändert wird (767/A)

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 25

Geschäftsbehandlung

Einwendungen der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Josef Bucher und Mag. Albert Steinhauser gegen die Tagesordnung dieser Sitzung ..........................................................  25, 26, 26

Wortmeldungen im Zusammenhang mit den erhobenen Einwendungen gegen die Tagesordnung:

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 26

Maximilian Linder ......................................................................................................... 27

Karlheinz Kopf ........................................................................................................ ..... 27


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 6

Durchführung einer Debatte über die Einwendungen gegen die Tagesordnung ........... 46

Redner/Rednerinnen:

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ..... 46

Josef Bucher ........................................................................................................... ..... 47

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................ ..... 48

Angela Lueger ......................................................................................................... ..... 49

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ..... 51

Karlheinz Kopf ........................................................................................................ ..... 52

Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ..... 52

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ..... 54

Einwendungen finden keine Mehrheit ......................................................................  55, 55

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 57

Antrag der Abgeordneten Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen, die Regierungsvorlage 485 d.B. betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundes­gesetz über die eingetragene Partnerschaft erlassen (Eingetragene Partner­schaft-Gesetz – EPG) und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Ehege­setz, das Fortpflanzungsmedizingesetz, das IPR-Gesetz, die Jurisdiktionsnorm, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung, das Arbeitslosenversicherungs­gesetz 1977, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Urlaubsgesetz, das Be­triebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Landarbeitsge­setz 1984, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Post-Betriebsverfassungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-An­passungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Heeresversor­gungsgesetz, das Opferfürsorgegesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Allge­meine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversi­cherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972, das Einkommensteuerge­setz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Bewertungsgesetz 1955, das Gebührengesetz 1957, das Grunderwerbsteu­ergesetz 1987, die Bundesabgabenordnung, das Alkoholsteuergesetz, das Allge­meine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Verwaltungsstrafgesetz 1991, das Datenschutzgesetz 2000, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Ge­haltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, die Reisegebührenvorschrift, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und Forstarbei­ter-Dienstrechtsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundesbahn-Pensionsge­setz, das Bezügegesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Aus­landszulagen- und -hilfeleistungsgesetz, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Personenstandsgesetz, das Namensänderungsgesetz, das Passgesetz 1992, das Meldegesetz 1991, das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Ärztegesetz 1998, das Gehaltskassengesetz 2002, das Apothekenrecht, die Gewerbeordnung 1994, das Bilanzbuchhaltungsgesetz, das Wirtschaftstreuhand­berufsgesetz, das Ziviltechnikergesetz 1993, das Wohnungsgemeinnützigkeits­gesetz, das Heeresdisziplinargesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Studienförderungsgesetz 1992, das Schülerbeihilfengesetz 1983, das Unter­richtspraktikumsgesetz, das Patentgesetz 1970, das Patentanwaltsgesetz, das Entwicklungshelfergesetz, das Bundesgesetz über Aufgaben und Organisation des auswärtigen Dienstes – Statut und das Bundesgesetz über die Einräumung von Privilegien und Immunitäten an internationale Organisationen geändert wer­den (558 d.B.), gemäß § 71 der Geschäftsordnung an den Justizausschuss rück­zuverweisen – Ablehnung ..................................................... 97, 97


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 7

Antrag der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen, den Bericht und Antrag des Justizausschusses betreffend ein Bundesverfas­sungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre, BGBl. I Nr. 64/1997, geändert wird (560 d.B.), gemäß § 53 Abs. 6 der Geschäftsordnung an den Justizausschuss rückzuverwei­sen – Ablehnung         97, 97

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung ...........................  97, 236

Unterbrechung der Sitzung .................................................................................  99, 236

Antrag der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kol­legen, den Antrag 859/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wilhelm Molterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern erlassen wird, gemäß § 53 Abs. 6 der Geschäftsordnung an den Verfassungsausschuss rückzu­verweisen – Ablehnung ............................................................................................................  235, 235

Antrag der Abgeordneten Josef Bucher, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen, den Antrag 859/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wilhelm Molterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern erlassen wird, in der Fassung des Berichtes des Verfassungsausschusses 528 d.B., an den Verfassungsausschuss rückzuverweisen – Ablehnung ............................................................................  235, 235

Antrag der Abgeordneten Josef Bucher, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen, die Petition (19/PET) betreffend „Kinderrechte in die Bundesverfas­sung – initiiert von den oberösterreichischen Kinderfreunden“, überreicht von den Abgeordneten Sonja Ablinger und Mag. Kurt Gaßner, in der Fassung des Berich­tes des Verfassungsausschusses 529 d.B., an den Verfassungsausschuss rück­zuverweisen – Ablehnung ............................................................................................................  235, 235

Antrag der Abgeordneten Josef Bucher, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen, den Antrag 65/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Kinderrechte in die Verfassung – 16 Jahre Warten sind genug!, in der Fassung des Berichtes des Verfassungsausschusses 530 d.B., an den Verfassungsausschuss rückzuverweisen – Ablehnung .........  235, 235

Antrag der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen, die Regierungsvorlage (472 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfas­sungsgesetz, das Datenschutzgesetz 2000 und das Sicherheitspolizeigesetz ge­ändert werden (DSG-Novelle 2010), (531 d.B.), gemäß § 53 Abs. 6 der Ge­schäftsordnung an den Verfassungsausschuss rückzuverweisen – Ablehnung  247, 247

Aktuelle Stunde (11.)

Thema: „Vision Zero – zentrales Konzept der Verkehrspolitik für weniger Unfälle, weniger Tote und Verletzte im Straßenverkehr“ .................................................................................... 27

Redner/Rednerinnen:

Anton Heinzl ............................................................................................................ ..... 28

Bundesministerin Doris Bures ............................................................................. ..... 30

Mag. Rosa Lohfeyer ..................................................................................................... 32

Johann Rädler .............................................................................................................. 33

Harald Vilimsky ....................................................................................................... ..... 35

Josef Bucher ........................................................................................................... ..... 36

Dr. Gabriela Moser ................................................................................................. ..... 38


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 8

Dietmar Keck ........................................................................................................... ..... 39

Johann Singer ......................................................................................................... ..... 40

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ..................................................................................... ..... 42

Christoph Hagen ..................................................................................................... ..... 43

Mag. Christiane Brunner ....................................................................................... ..... 44

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 25

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................  56, 302, 305

Auslieferungsbegehren

gegen den Abgeordneten Karl Öllinger ........................................................................ 56

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (485 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft erlassen (Eingetragene Partnerschaft-Gesetz – EPG) und das Allgemeine Bür­gerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Fortpflanzungsmedizingesetz, das IPR-Gesetz, die Jurisdiktionsnorm, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessord­nung, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Ausländerbeschäftigungs­gesetz, das Urlaubsgesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvor­sorgegesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Post-Betriebsverfassungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsge­setz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Kriegsopferversorgungs­gesetz 1957, das Heeresversorgungsgesetz, das Opferfürsorgegesetz, das Ver­brechensopfergesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbli­che Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Be­amten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsge­setz 1972, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Bewertungsgesetz 1955, das Gebührenge­setz 1957, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, die Bundesabgabenordnung, das Alkoholsteuergesetz, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Verwaltungsstrafgesetz 1991, das Datenschutzgesetz 2000, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetenge­setz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, die Reisegebührenvorschrift, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Pensionsge­setz 1965, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bezügegesetz, das Wachebe­diensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetz, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Personenstandsgesetz, das Namensän­derungsgesetz, das Passgesetz 1992, das Meldegesetz 1991, das Asylge­setz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufent­haltsgesetz, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Ärztegesetz 1998, das Gehaltskassengesetz 2002, das Apothekenrecht, die Gewerbeordnung 1994, das Bilanzbuchhaltungsgesetz, das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, das Ziviltechni­kergesetz 1993, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Heeresdisziplinar­gesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Studienförderungsgesetz 1992, das Schülerbeihilfengesetz 1983, das Unterrichtspraktikumsgesetz, das Patent-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 9

gesetz 1970, das Patentanwaltsgesetz, das Entwicklungshelfergesetz, das Bun­desgesetz über Aufgaben und Organisation des auswärtigen Dienstes – Statut und das Bundesgesetz über die Einräumung von Privilegien und Immunitäten an internationale Organisationen geändert werden (558 d.B.) ...................................... 57

2. Punkt: Bericht und Antrag des Justizausschusses betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Ziviltechnikerkammergesetz 1993, BGBl. I Nr. 157/1994, geän­dert wird (559 d.B.) ...... 58

3. Punkt: Bericht und Antrag des Justizausschusses betreffend ein Bundesver­fassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre, BGBl. I Nr. 64/1997, geändert wird (560 d.B.)                                                                                                                           58

4. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 18/A der Abgeordne­ten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch geändert wird (561 d.B.) ................................................................................................. 58

5. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 19/A der Abgeordne­ten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Zivilpakt (ZIP-G) geschaffen sowie das All­gemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Mietrechtsgesetz, das Wohnungseigen­tumsgesetz, die Zivilprozessordnung, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsge­setz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Strafgesetz­buch, die Strafprozessordnung, die Bundesabgabenordnung, das Verwaltungs­strafgesetz, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz, die Jurisdiktionsnorm, das Einkommensteuergesetz, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (Frem­denrechtspaket 2005), das Asylgesetz 2005 (Fremdenrechtspaket 2005), das Frem­denpolizeigesetz 2005 (Fremdenrechtspaket 2005) geändert wird (562 d.B.) ................................................................................................. 58

Redner/Rednerinnen:

Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ..... 59

Mag. Heribert Donnerbauer ................................................................................... ..... 61

Herbert Scheibner .................................................................................................. ..... 64

Dr. Johannes Jarolim ............................................................................................. ..... 66

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ..... 70

Bundesministerin Mag. Claudia Bandion-Ortner ............................................... ..... 76

Herbert Kickl ........................................................................................................... ..... 78

Mag. Dr. Beatrix Karl .............................................................................................. ..... 79

Gerald Grosz ........................................................................................................... ..... 80

Mag. Gisela Wurm .................................................................................................. ..... 82

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .............................................................................. ..... 83

Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek ....................................................... ..... 84

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ..... 86

Franz Glaser ............................................................................................................ ..... 87

Maximilian Linder ................................................................................................... ..... 87

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ..... 88

Mag. Daniela Musiol ............................................................................................... ..... 88

Anneliese Kitzmüller .............................................................................................. ..... 89

Mag. Karin Hakl ....................................................................................................... ..... 90

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ...................................................................................... ..... 91

Lutz Weinzinger ...................................................................................................... ..... 93

Dr. Gerhard Kurzmann .......................................................................................... ..... 94

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Gleichstellung der Eingetragenen Partnerschaft mit der Ehe – Ablehnung ..........  72, 101


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 10

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gewissensfreiheit für Beamte – keine Konsequenzen bei Verweigerung von personenstandsrechtlichen Amtshandlungen nach dem EPG – Ablehnung .....................................................  95, 101

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 558 (namentliche Abstimmung) und 559 d.B.                   97

keine Beschlussfassung im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung in 560 d.B.                          101

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 561 und 562 d.B. .............................. 101

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (486 d.B.): Bundesgesetz, mit dem zur Einführung des Kinderbeistands das Außerstreitge­setz, die Zivilprozessordnung, das Gerichtsgebührengesetz und das Justizbe­treuungsagentur-Gesetz geändert werden (Kinderbeistand-Gesetz) (563 d.B.) ...................................................................................................................... 101

7. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 281/A(E) der Abgeord­neten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Trennungsop­fer – verpflichtende gemeinsame Obsorge (564 d.B.) ...................................................................................................................... 102

8. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 446/A(E) der Abgeord­neten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Trennungsop­fer – gemeinsame Obsorge beider Elternteile (565 d.B.) ...................................................................................................................... 102

Redner/Rednerinnen:

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ... 102

Ridi Maria Steibl ...................................................................................................... ... 103

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 105

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher ............................................................................... ... 107

Dr. Susanne Winter ................................................................................................ ... 107

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 110

Bundesministerin Mag. Claudia Bandion-Ortner .................................................. 111

Anna Franz .................................................................................................................. 112

Gerhard Köfer ......................................................................................................... ... 112

Mag. Daniela Musiol ............................................................................................... ... 113

Entschließungsantrag der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Trennungsopfer – Einführung der gemeinsamen Obsor­ge – Ablehnung ...........  108, 115

Annahme des Gesetzentwurfes in 563 d.B. ................................................................ 114

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 564 und 565 d.B. .............................. 115

9. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (484 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Unternehmensgesetzbuch geändert wird (Rech­nungslegungsrechts-Änderungsgesetz 2010 – RÄG 2010) (566 d.B.) ...................................................................................................................... 115

Redner/Rednerinnen:

Mag. Peter Michael Ikrath ...................................................................................... ... 115

Mag. Johann Maier ................................................................................................. ... 116

Bernhard Themessl ................................................................................................ ... 116

Dr. Martin Strutz ..................................................................................................... ... 117

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 117

Mag. Karin Hakl ....................................................................................................... ... 118


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 11

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 118

Dr. Christoph Matznetter (tatsächliche Berichtigung) .............................................. 119

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 119

10. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (483 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, die Notariatsordnung, das Ausbildungs- und Berufsprüfungs-Anrechnungsgesetz, das Berufsrechts-Ände­rungsgesetz 2008, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsan­wärter, das Gerichtskommissärsgesetz, das Gerichtsorganisationsgesetz, das Notariatstarifgesetz und das Rechtsanwaltstarifgesetz geändert werden (Berufs­rechts-Änderungsgesetz 2010 – BRÄG 2010) (567 d.B.)   ............................................................................................................................. 119

Redner/Rednerinnen:

Mag. Heribert Donnerbauer ................................................................................... ... 120

Gerhard Köfer ......................................................................................................... ... 120

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 121

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 121

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (487 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, das Strafvollzugsgesetz, die Straf­prozessordnung, das Jugendgerichtsgesetz 1988 und das Strafregistergesetz ge­ändert werden (568 d.B.) ................................................... 121

12. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 84/A(E) der Abgeord­neten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erfassung anste­ckender Krankheiten von Haftinsassen (569 d.B.)             ............................................................................................................................. 121

13. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 90/A(E) der Abgeord­neten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verlässlichkeitsüber­prüfung muslimischer Seelsorger in Justizanstalten (570 d.B.) ...................................................................................................................... 121

14. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 535/A(E) der Abge­ordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Arbeitspflicht ge­mäß § 44 StVG (571 d.B.) ....... 121

15. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 694/A(E) der Abge­ordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einsatz von Diensthunden in Justizanstalten (572 d.B.)                    122

16. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 561/A(E) der Abge­ordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend wirksame Maß­nahmen zum Schutz gegen Kinderschänder und Sexualstraftäter (573 d.B.) ........................................................................................... 122

Redner/Rednerinnen:

Harald Vilimsky ....................................................................................................... ... 122

Mag. Heribert Donnerbauer ................................................................................... ... 122

Dr. Martin Strutz ......................................................................................................... 123

Otto Pendl ................................................................................................................... 124

Christian Lausch ..................................................................................................... ... 125

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 127

Bundesministerin Mag. Claudia Bandion-Ortner .................................................. 130

Anna Franz .................................................................................................................. 131

Dr. Peter Wittmann ................................................................................................. ... 132

Sonja Ablinger ........................................................................................................ ... 132

Hannes Fazekas ...................................................................................................... ... 133


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 12

Annahme des Gesetzentwurfes in 568 d.B. ................................................................ 134

Kenntnisnahme der fünf Ausschussberichte 569, 570, 571, 572 und 573 d.B. .......... 135

Gemeinsame Beratung über

17. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 869/A der Abgeord­neten Mag. Heribert Donnerbauer, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz und Arti­kel III der Urheberrechtsgesetz-Novelle 2005 geändert werden (Urheberrechtsge­setz-Novelle 2009 – UrhG-Nov 2009) (574 d.B.) ............................. 135

18. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (482 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Verwertungsgesellschaftengesetz 2006 und das Über­nahmegesetz geändert werden (575 d.B.)   ............................................................................................................................. 135

Redner/Rednerinnen:

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ...................................................................................... ... 136

Mag. Silvia Fuhrmann ............................................................................................ ... 138

Dr. Johannes Jarolim ............................................................................................. ... 138

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 139

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 574 und 575 d.B. ......................................... 139

19. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH – Eisenbahnregulierung 2008, vorgelegt von der Bun­desministerin für Verkehr, Innovation und Technologie (III-93 d.B.) (522 d.B.) ........................................................................................................ 140

Redner/Rednerinnen:

Anton Heinzl ............................................................................................................ ... 140

Dr. Ferdinand Maier ................................................................................................ ... 141

Mario Kunasek ........................................................................................................ ... 142

Erich Tadler ............................................................................................................. ... 145

Dr. Gabriela Moser ................................................................................................. ... 145

Bundesministerin Doris Bures ............................................................................. ... 147

Johann Hell .............................................................................................................. ... 149

Johann Rädler ......................................................................................................... ... 151

Peter Stauber .......................................................................................................... ... 151

Johann Singer ......................................................................................................... ... 152

Hermann Gahr ........................................................................................................ ... 153

Mag. Josef Lettenbichler ....................................................................................... ... 153

Christoph Hagen ..................................................................................................... ... 154

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Aufrechterhaltung der Direktzugsverbindung zwischen Graz und Bregenz – Ablehnung  144, 154

Kenntnisnahme des Berichtes III-93 d.B. ..................................................................... 154

Gemeinsame Beratung über

20. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (466 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz und das Arznei­mittelgesetz geändert werden (549 d.B.)                          155

21. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 743/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aus­dehnung des Arzneimittel-Bewilligungs-Service auf Privatrezepte für Medikamen­te, die unter das Suchtgiftgesetz beziehungsweise die Psychotropenverordnung fallen (550 d.B.) ............................................................................................................ 155


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 13

22. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 699/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einhaltung des Gleichheitsgrundsatzes bei Rezeptabrechnungen (553 d.B.) ...................................................................................................................... 155

Redner/Rednerinnen:

Dr. Andreas Karlsböck ........................................................................................... ... 155

Erwin Spindelberger .............................................................................................. ... 156

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 157

Dr. Peter Sonnberger ............................................................................................. ... 157

Dr. Sabine Oberhauser, MAS (tatsächliche Berichtigung) ....................................... 158

Dr. Wolfgang Spadiut ............................................................................................. ... 158

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ... 159

Kurt List ................................................................................................................... ... 159

Ing. Erwin Kaipel ..................................................................................................... ... 160

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ............................................................... ... 161

Annahme des Gesetzentwurfes in 549 d.B. ................................................................ 161

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 550 und 553 d.B. .............................. 162

Gemeinsame Beratung über

23. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (467 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 geändert wird (13. Ärz­tegesetz-Novelle) (547 d.B.) ........ 162

24. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (465 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Apothekerkammergesetz 2001 geändert wird (548 d.B.) ............................. 162

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 162

Dr. Sabine Oberhauser, MAS ................................................................................ ... 163

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 164

Dr. Erwin Rasinger ................................................................................................. ... 165

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ... 166

Johann Hechtl ......................................................................................................... ... 166

Karl Donabauer ....................................................................................................... ... 167

Günter Kößl ............................................................................................................. ... 168

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 547 und 548 d.B. ......................................... 168

Gemeinsame Beratung über

25. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (464 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das IVF-Fonds-Gesetz geändert wird (IVF-Fonds-Gesetz-Novelle 2010) (551 d.B.)               169

26. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 358/A der Ab­geordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem ein Fonds zur Finanzierung der In-vitro-Fertilisation eingerichtet wird (IVF-Fonds-Gesetz), geän­dert wird (552 d.B.) .............................................................................................................. 169

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 169

Petra Bayr ................................................................................................................ ... 170

Dr. Wolfgang Spadiut ............................................................................................. ... 171

Dr. Erwin Rasinger ................................................................................................. ... 172


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 14

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ... 172

Mag. Johann Maier ................................................................................................. ... 175

Anna Höllerer .......................................................................................................... ... 176

Hermann Lipitsch ................................................................................................... ... 177

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer sozialen Staffelung des Selbstbehaltes bei In-vitro-Fertilisation – Ablehnung     174, 178

Annahme des Gesetzentwurfes in 551 d.B. ................................................................ 177

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 552 d.B. ..................................................... 178

Gemeinsame Beratung über

27. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (473 d.B.): Bundesgesetz über Produkte, deren Ein- und Ausfuhr sowie Inver­kehrbringen aus Tierschutzgründen verboten ist (554 d.B.)          ............................................................................................................................. 178

28. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 889/A(E) der Abgeordneten Dietmar Keck, Franz Eßl, Bernhard Vock, Mag. Christiane Brun­ner, Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserungen der EU-Tierschutzstandards im Allgemeinen und Maßnahmen zum Schutz von Tieren beim Transport im Besonderen, den

Antrag 148/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der EU-Tierschutzstandards sowie den

Antrag 472/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Maßnahmen zum Schutz von Tieren beim Transport (555 d.B.)                                                                    178

29. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 813/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Empfehlungen des Tierschutzrates hinsichtlich einschlägiger Ausbildung von Hunden (556 d.B.) ........... 178

30. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 862/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kon­trolle illegaler Tiertransporte an den alten Grenzübergängen (557 d.B.) ...................................................................................................................... 178

Redner/Rednerinnen:

Bernhard Vock ........................................................................................................ ... 179

Dietmar Keck ........................................................................................................... ... 179

Dr. Wolfgang Spadiut ............................................................................................. ... 181

Franz Eßl .................................................................................................................. ... 183

Mag. Christiane Brunner ....................................................................................... ... 183

Mag. Gertrude Aubauer ......................................................................................... ... 185

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ............................................................... ... 185

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kontrollen von Lebendtiertransporten an den alten Grenzübergängen und Bundesstraßen – Ablehnung               182, 186

Annahme des Gesetzentwurfes in 554 d.B. ................................................................ 186

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 555 d.B. beigedruckten Entschlie­ßung betreffend Verbesserungen der EU-Tierschutzstandards im Allgemeinen und Maßnahmen zum Schutz von Tieren beim Transport im Besonderen (E 69)                                                                                                       186

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 556 und 557 d.B. .............................. 186


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 15

Gemeinsame Beratung über

31. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (476 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversiche­rungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialver­sicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschä­digungsgesetz 1957, das Sonderunterstützungsgesetz, das Karenzgeldgesetz, das Arbeiterkammergesetz 1992, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständi­genvorsorgegesetz, das Bundespflegegeldgesetz und das Kriegsgefangenenent­schädigungsgesetz geändert werden (4. Sozialrechts-Änderungsgesetz 2009 – 4. SRÄG 2009) (541 d.B.) ................................................... 186

32. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Impfschadengesetz und das Verbrechensopfergesetz geändert werden (544 d.B.) ...................................................................................................................... 186

33. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert wird (543 d.B.)                    187

34. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird (542 d.B.)             ............................................................................................................................. 187

Redner/Rednerinnen:

Dr. Andreas Karlsböck ........................................................................................... ... 187

Renate Csörgits ...................................................................................................... ... 188

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 189

August Wöginger .................................................................................................... ... 190

Herbert Kickl ........................................................................................................... ... 191

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 193

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ............................................................... ... 195

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ... 197

Dr. Sabine Oberhauser, MAS ................................................................................ ... 198

Werner Neubauer .................................................................................................... ... 199

Werner Amon, MBA ............................................................................................... ... 202

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 203

Franz Riepl ............................................................................................................... ... 204

Karl Donabauer ....................................................................................................... ... 206

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ................................................................... ... 207

Werner Neubauer (tatsächliche Berichtigung) ........................................................... 209

Entschließungsantrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Anpassung des Ausgleichszulagenrichtsatzes nach § 293 ASVG an die Armutsgefährdungsschwelle – Ablehnung               196, 210

Entschließungsantrag der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pensionsanpassung nach dem Preisindex für Pensionisten­haushalte – Ablehnung  201, 210

Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Schwerarbeiterregelung – Ablehnung .................................................................  203, 210

Annahme der vier Gesetzentwürfe in 541, 544, 543 und 542 d.B. .............................. 209

35. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (491 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz, das Ar­beitsruhegesetz und das Kraftfahrgesetz 1967 geändert werden (539 d.B.) ......................................................................................................... 211


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 16

Redner/Rednerinnen:

Johann Hell .............................................................................................................. ... 211

Johannes Schmuckenschlager ............................................................................. ... 212

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ... 212

Mag. Birgit Schatz .................................................................................................. ... 213

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 213

36. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (490 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsinspektionsge­setz 1993, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Allgemeine Sozial­versicherungsgesetz und das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion geändert werden (540 d.B.) .......................................................................................... 214

Redner/Rednerinnen:

Mag. Christine Lapp ............................................................................................... ... 214

Oswald Klikovits ..................................................................................................... ... 214

Carmen Gartelgruber ............................................................................................. ... 215

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ... 215

Mag. Birgit Schatz .................................................................................................. ... 216

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 216

37. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 871/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Evaluierung und Weiterentwicklung der Behindertenanwaltschaft (545 d.B.) ............................................................................. 216

Redner/Rednerinnen:

Ulrike Königsberger-Ludwig ................................................................................. ... 217

Oswald Klikovits ..................................................................................................... ... 217

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 218

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ... 218

Mag. Helene Jarmer ............................................................................................... ... 219

Gerald Grosz ........................................................................................................... ... 220

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ................................................................... ... 220

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 545 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Evaluierung des Bundes-Behindertengleichstellungsgeset­zes (E 70) ........................ 221

Gemeinsame Beratung über

38. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 859/A der Ab­geordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wilhelm Molterer, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungs­gesetz über die Rechte von Kindern erlassen wird (528 d.B.)                       221

39. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Petition (19/PET) be­treffend „Kinderrechte in die Bundesverfassung – initiiert von den oberösterreichi­schen Kinderfreunden“, überreicht von den Abgeordneten Sonja Ablinger und Mag. Kurt Gaßner (529 d.B.) ......................................................... 221

40. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 65/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betref­fend: Kinderrechte in die Verfassung – 16 Jahre Warten sind genug! (530 d.B.)                                                                                                            221

Redner/Rednerinnen:

Mag. Harald Stefan ................................................................................................. ... 222

Dr. Peter Wittmann ................................................................................................. ... 222


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 17

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ... 223

Ridi Maria Steibl ...................................................................................................... ... 225

Tanja Windbüchler-Souschill ................................................................................ ... 226

Angela Lueger ......................................................................................................... ... 228

Dr. Gerhard Kurzmann .......................................................................................... ... 230

Johannes Schmuckenschlager ............................................................................. ... 230

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 231

Dr. Peter Wittmann (tatsächliche Berichtigung) ........................................................ 233

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher ............................................................................... ... 233

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................ ... 234

Entschließungsantrag der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend: „6 aus 45“ ist zu wenig – alle Kinderrechte in die Verfassung – Ablehnung  228, 238

keine Beschlussfassung im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung in 528 d.B. (namentliche Abstimmung) ................................................................................................................ 236

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 529 und 530 d.B. .............................. 238

41. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (472 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Daten­schutzgesetz 2000 und das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden (DSG-No­velle 2010) (531 d.B.) ........................................................ 238

Redner/Rednerinnen:

Werner Herbert ....................................................................................................... ... 238

Mag. Johann Maier ................................................................................................. ... 239

Christoph Hagen ..................................................................................................... ... 241

Karl Donabauer ....................................................................................................... ... 242

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 242

Mag. Johann Maier (tatsächliche Berichtigungen) ...........................................  244, 246

Staatssekretär Dr. Josef Ostermayer ................................................................... ... 244

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ... 245

DDr. Werner Königshofer ...................................................................................... ... 246

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 247

42. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (327 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 2006 geändert wird (532 d.B.) ................................. 248

Redner/Rednerinnen:

Dr. Johannes Hübner ............................................................................................. ... 248

Dr. Peter Wittmann ................................................................................................. ... 249

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ...................................................................................... ... 249

Mag. Wilhelm Molterer ........................................................................................... ... 253

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ... 255

Staatssekretär Dr. Josef Ostermayer ................................................................... ... 256

Dr. Johannes Jarolim ............................................................................................. ... 257

Dr. Peter Sonnberger ............................................................................................. ... 257

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wilhelm Molterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nachprüfung von Ausschrei­bungs- oder Wettbewerbsunterlagen – Annahme (E 72)            254, 259

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 258

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 532 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend diskriminierungsfreie Vergabe von öffentlichen Dienstleis­tungen im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs (E 71) ............................................................................................. 258


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 18

Gemeinsame Beratung über

43. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 426/A(E) der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Empfeh­lungen des Rechnungshofes bezüglich staatlicher Informations- und Werbemaß­nahmen (536 d.B.) ........................................................ 259

44. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 860/A(E) der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Hermann Gahr, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Richtlinien für staatliche Informations- und Werbemaßnahmen (535 d.B.) ..................................................................................... 259

45. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 883/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Infor­mations- und Werbemaßnahmen der Regierung in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit (537 d.B.) .................................................................................. 259

Redner/Rednerinnen:

Werner Neubauer .................................................................................................... ... 259

Dr. Günther Kräuter ............................................................................................... ... 260

Dr. Martin Strutz ..................................................................................................... ... 260

Oswald Klikovits ..................................................................................................... ... 261

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 262

Staatssekretär Dr. Josef Ostermayer ................................................................... ... 266

Mag. Gertrude Aubauer ......................................................................................... ... 266

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 536 und 537 d.B. .............................. 267

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 535 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Richtlinien für staatliche Informations- und Werbemaßnah­men (E 73) ...................... 267

46. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorla-
ge (471 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz geändert wird (538 d.B.)                        268

Redner/Rednerinnen:

Mag. Johann Maier ................................................................................................. ... 268

Dieter Brosz ............................................................................................................. ... 268

Johannes Schmuckenschlager ............................................................................. ... 270

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ... 271

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 272

Gemeinsame Beratung über

47. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regie­rungsvorlage (385 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich, der Re­publik Bulgarien, der Republik Ungarn, Rumänien und der Republik Türkei über das Nabucco-Projekt (525 d.B.) .......................................... 272

48. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regie­rungsvorlage (475 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994, das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz und das Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungs­gesetz geändert werden (526 d.B.) ............. 273

49. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regie­rungsvorlage (402 d.B.): Internationales Tropenholz-Übereinkommen von 2006 (527 d.B.) .............................. 273


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 19

Redner/Rednerinnen:

Alois Gradauer ........................................................................................................ ... 273

Konrad Steindl ........................................................................................................ ... 274

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ... 274

Ing. Mag. Hubert Kuzdas ........................................................................................ ... 275

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ... 276

Peter Haubner ......................................................................................................... ... 277

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ... 277

Dr. Christoph Matznetter (tatsächliche Berichtigung) .............................................. 278

Franz Riepl ............................................................................................................... ... 279

Josef Jury ................................................................................................................ ... 279

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ......................................................... ... 280

Franz Glaser ............................................................................................................ ... 281

Elisabeth Hakel ....................................................................................................... ... 282

Adelheid Irina Fürntrath-Moretti ........................................................................... ... 283

Franz Kirchgatterer ................................................................................................ ... 283

Franz Hörl ................................................................................................................ ... 284

Hannes Weninger ................................................................................................... ... 284

Ing. Hermann Schultes ........................................................................................... ... 285

Genehmigung der beiden Staatsverträge in 525 und 527 d.B. .................................... 286

Annahme des Gesetzentwurfes in 526 d.B. ................................................................ 286

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 Z 1 B-VG hinsichtlich 527 d.B. ... 287

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 527 d.B. ......... 287

50. Punkt: Bericht des Tourismusausschusses über den Antrag 897/A(E) der Ab­geordneten Maximilian Linder, Gabriel Obernosterer, Heidrun Silhavy, Mag. Ro­man Haider, Kolleginnen und Kollegen betreffend Attraktivierung und Forcierung von Schulskikursen und Wintersportwochen in den Schulen (546 d.B.) ............................................................................................................................. 287

Redner/Rednerinnen:

Gabriel Obernosterer ............................................................................................. ... 287

Heidrun Silhavy ....................................................................................................... ... 288

Mag. Roman Haider ................................................................................................ ... 289

Maximilian Linder ................................................................................................... ... 289

Dr. Harald Walser .................................................................................................... ... 290

Franz Hörl ................................................................................................................ ... 290

Elisabeth Hakel ....................................................................................................... ... 291

Stefan Markowitz .................................................................................................... ... 292

Jochen Pack ............................................................................................................ ... 292

Elmar Mayer ............................................................................................................ ... 293

Johann Hell .............................................................................................................. ... 293

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 546 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Attraktivierung und Forcierung von Schulskikursen und Wintersportwochen in den Schulen (E 74)         ............................................................................................................................. 294

Gemeinsame Beratung über

51. Punkt: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 702/A der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Fritz Neugebauer, Mag. Dr. Martin Graf, Herbert Scheibner, Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Na­tionalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (492 d.B.) (Zweite Le­sung)                294


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 20

52. Punkt: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 705/A der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Fritz Neugebauer, Mag. Dr. Martin Graf, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Ge­schäftsordnungsgesetz 975) geändert wird (493 d.B.) (Zweite Lesung) .................... 294

Redner/Rednerinnen:

Dieter Brosz ............................................................................................................. ... 294

Otto Pendl ................................................................................................................ ... 295

Mag. Dr. Beatrix Karl .............................................................................................. ... 296

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 296

Stefan Prähauser .................................................................................................... ... 297

Mag. Christine Muttonen ....................................................................................... ... 297

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 492 und 493 d.B. in zweiter Lesung ............ 297

53. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Gesetz, mit dem das Strafgesetzbuch BGBl. Nr. 60/1974, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 98/2009, geändert wird (784/A) .............................................................................. 298

Redner/Rednerinnen:

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................ ... 298

Mag. Gisela Wurm .................................................................................................. ... 299

Mag. Heribert Donnerbauer ................................................................................... ... 299

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ... 300

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ... 301

Zuweisung des Antrages 784/A an den Justizausschuss ........................................... 302

54. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Ver­fassungsgesetz, und ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 geändert wird (767/A) ...................................................... 302

Redner/Rednerinnen:

Josef Bucher ........................................................................................................... ... 302

Mag. Christine Lapp ............................................................................................... ... 303

Hermann Gahr ........................................................................................................ ... 303

Mag. Harald Stefan ................................................................................................. ... 304

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ... 304

Zuweisung des Antrages 767/A an den Verfassungsausschuss ................................ 305

Eingebracht wurden

Bürgerinitiative ....................................................................................................... ..... 56

Bürgerinitiative betreffend „Demokratie macht Schule – MEINE MEINUNG ist nicht wuascht!“ (Ordnungsnummer 16)

Anträge der Abgeordneten

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kontrollen von Lebend­tiertransporten an den alten Grenzübergängen und Bundesstraßen (904/A)(E)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend zeitgemäße Ausstattung der e-card mit Lichtbild (905/A)(E)

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Schaffung eines Lehrstuhls für Ger­iatrie (906/A)(E)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 21

Johann Rädler, Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung der „Rettungsgasse“ auf Österreichs Autobahnen und Autostraßen mit baulicher Mitteltren­nung (907/A)(E)

Heidrun Silhavy, Franz Hörl, Mag. Roman Haider, Maximilian Linder, Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Optimierung der Zusammenarbeit zwi­schen der österreichischen Freizeit- und Tourismuswirtschaft und den Österreichischen Bundesbahnen, mit besonderem Fokus auf Radtourismus und Gästeanreise (908/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Dr. Beatrix Karl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Kosten für die öffentliche Hand durch die widerrechtliche Besetzung des Auditorium Maximum der Universität Wien (3871/J)

Mag. Dr. Beatrix Karl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend Kosten für die öffentliche Hand durch die widerrecht­liche Besetzung des Auditorium Maximum der Universität Wien (3872/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend Reformmaßnahmen zur Umsetzung des Eisenbahnin­frastrukturgesetzes (3873/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend gemeinsames Fuhrparkmanagement der Bundesministerien (3874/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend gemeinsames Fuhrparkmanagement der Bundesministerien (3875/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend gemeinsames Fuhrparkmanagement der Bundesministerien (3876/J)

Martina Schenk, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffent­lichen Dienst betreffend Veranstaltungen im Herbst 2009 (3877/J)

Martina Schenk, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffent­lichen Dienst betreffend „Pille danach“ (3878/J)

Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Rede am 2. Dezember 2009 in der Hofburg (3879/J)

Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Ge­samtkosten der Inserate 2009 (3880/J)

Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend Gesamtkosten der Inserate 2009 (3881/J)

Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Gesamtkosten der Inserate 2009 (3882/J)

Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Sozia­les und Konsumentenschutz betreffend Gesamtkosten der Inserate 2009 (3883/J)

Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Gesamtkosten der Inserate 2009 (3884/J)

Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Gesamtkosten der Inserate 2009 (3885/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 22

Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Gesamtkosten der Inserate 2009 (3886/J)

Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Gesamtkosten der Inserate 2009 (3887/J)

Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend Gesamtkosten der Inserate 2009 (3888/J)

Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Gesamtkosten der Inserate 2009 (3889/J)

Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Gesamtkosten der Inserate 2009 (3890/J)

Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Gesamtkosten der Inserate 2009 (3891/J)

Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Gesamtkosten der Inserate 2009 (3892/J)

Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Gesamtkosten der Inserate 2009 (3893/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Un­terricht, Kunst und Kultur betreffend die Versenkung der Wörther-See-Bühne (3894/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Nebengeschäfte von niedergelassenen ÄrztInnen (3895/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend „Erträge, Tatwerkzeuge und Vermögensgegenstände aus Straftaten: Einzie­hung (Organisierte Kriminalität)“ (3896/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Nebengeschäfte von niedergelassenen ÄrztInnen (3897/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend „Krebserregendes Spielzeug“ (3898/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Krebserregendes Spielzeug“ (3899/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend „Unhaltbare Zustände für die Kunden des Postamts Lienz“ (3900/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend „Innsbrucker Marokkanerszene wieder verstärkt in Innsbruck aktiv“ (3901/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Unfair“ für Kinder produzierte, gentechnikver­seuchte Schokolade (3902/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend „Unfair“ für Kinder produzierte, gentechnikverseuchte Schokolade (3903/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend krebserregende und gesundheitsgefährdende Stoffe und Textilien (3904/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 23

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend krebserregende und gesundheitsgefährdende Stoffe und Textilien (3905/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend krebserregende und gesundheitsgefährdende Stoffe und Textilien (3906/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend „Steigende Anzahl von gefälschten Tabletten“ (3907/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend „Steigende Anzahl von gefälschten Tabletten“ (3908/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend „Steigende Anzahl von gefälschten Tabletten“ (3909/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Steigende Anzahl von gefälschten Tabletten“ (3910/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend „Steigende Anzahl von gefälschten Tabletten“ (3911/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Umgang mit Bewerbungsunterlagen (3912/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Umgang mit Bewerbungsunterla­gen (3913/J)

Mag. Josef Auer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Fa­milie und Jugend betreffend SchülerInnenfreifahrt für Kinder getrennt lebender Eltern (3914/J)

Mag. Josef Auer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend die Anbietung und Ablieferung des Druckwerks „Der Olym­pe“ an die Österreichische Nationalbibliothek (3915/J)

*****

Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates be­treffend Übergabe der „Krone Montezumas“ an Mexiko (29/JPR)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christia­ne Brunner, Kolleginnen und Kollegen (3162/AB zu 3178/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolf­gang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (3163/AB zu 3192/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (3164/AB zu 3198/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen (3165/AB zu 3562/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3166/AB zu 3173/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 24

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Hannes Weninger, Kolleginnen und Kollegen (3167/AB zu 3175/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Mo­ser, Kolleginnen und Kollegen (3168/AB zu 3177/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolle­ginnen und Kollegen (3169/AB zu 3179/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (3170/AB zu 3187/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (3171/AB zu 3188/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen (3172/AB zu 3310/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (3173/AB zu 3189/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3174/AB zu 3181/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (3175/AB zu 3184/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (3176/AB zu 3186/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (3177/AB zu 3190/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen (3178/AB zu 3182/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen (3179/AB zu 3414/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen (3180/AB zu 3471/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen (3181/AB zu 3488/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen (3182/AB zu 3202/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (3183/AB zu 3354/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordne­ten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (3184/AB zu 3481/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordne­ten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen (3185/AB zu 3498/J)


09.04.46


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 25

Beginn der Sitzung: 9.04 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neuge­bauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die Sitzung.

Bevor alles Weitere für diese Sitzung folgen wird, darf ich in Erinnerung rufen, und das in Absprache mit meinen beiden Kollegen im Nationalratspräsidium, dass wir heute an­lässlich des Internationalen Tages der Menschenrechte eine gemeinsame Aktion gestartet haben, wo die Abgeordneten eingeladen sind, die UNIFEM-Aktion und die Aktion der Vereinten Nationen „Sag NEIN zur Gewalt an Frauen“ mit zu unterzeich­nen. Dieser Appell ist vor allen Dingen auch an die Herren Abgeordneten gerichtet. Bitte leisten Sie im Laufe des Tages in der Säulenhalle auch Ihre Unterschrift. Vielen Dank dafür! (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Das Amtliche Protokoll der 48. Sitzung vom 3. Dezember 2009 ist in der Parlamentsdi­rektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind am heutigen Sitzungstag die Abgeordneten Faul, Mag. Gaßner, Ing. Hackl, Ing. Hofer, Jannach, Mag. Unterreiner, Mag. Korun.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Niko­laus Berlakovich wird durch die Bundesministerin für Inneres Dr. Maria Fekter vertreten.

09.06.42*****

Es haben sich Abgeordnete zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet. Zunächst Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. – Bitte.

 


9.06.43

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Prä­sidentin! Hohes Haus! Bezüglich der Tagesordnung stelle ich den Antrag, den Tages­ordnungspunkt 38 von der Tagesordnung zu nehmen. Es handelt sich hier um den An­trag beziehungsweise den Bericht des Verfassungsausschusses über die Aufnahme der Kinderrechte in die Verfassung – eine zugegebenermaßen wichtige und richtige Materie, die es auch wert ist, hier behandelt zu werden.

Allerdings hat der Ausschuss selbst ein Problem: Es gibt keine Zweidrittelmehrheit (Abg. Mag. Molterer: Die können Sie ja geben!), und es entsteht der Eindruck, dass man aufgrund der Zweidrittelmehrheiten, hinsichtlich deren aufgrund des Untersuchungs­ausschusses oder seiner Ergebnisse hier in den Raum gestellt wurde, dass diese nicht zu erreichen sind, in diesem Punkt versucht, die Opposition quasi unter Druck zu set­zen. (Lebhafte ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.) Man hat nämlich nicht


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 26

einmal mit der Opposition darüber verhandelt, warum nur neun der 45 Punkte hier hin­einkommen, man hat überhaupt kein Gespräch geführt – und das ist ausgesprochen schlechter Parlamentarismus!

Und wenn Sie hier so ein Gelächter anstimmen: Halten Sie Ihr Gelächter zurück! War­um haben Sie es denn mit der Dienstleistungsrichtlinie nicht so gemacht? – Selbe Ma­terie, selbe Mehrheiten erforderlich, aber dort machen Sie es nicht. Bei den Kinder­rechten aber wollen Sie es machen? – Schlechter Parlamentarismus! Ich ersuche dies­bezüglich um eine Debatte. (Beifall bei FPÖ, BZÖ und Grünen.)

9.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann Bucher. – Bitte.

 


9.08.07

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kollege von der FPÖ hat vollkommen recht. Der Vollständigkeit halber beantragen wir auch die Absetzung der Tagesord­nungspunkte 38 bis 40 – damit das klargestellt ist. Es wurde inhaltlich völlig richtig aus­geführt und begründet. Ich verstehe das Gelächter der Regierungsparteien überhaupt nicht! Ich verstehe nicht, dass sie sich über das wichtige Recht der Kinderrechte hier im Hohen Haus lustig machen. Das ist eine verwerfliche Aktion! Wir fordern eine De­batte. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

9.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. – Bitte.

 


9.08.50

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrte Damen und Herren! Auch wir erheben Einwendungen gegen die Tagesord­nung, bezogen auf Punkt 38. Und mir ist eines wichtig: Dass es heute diese Zweidrittel­mehrheit nicht gibt, hat nichts mit dem Untersuchungsausschuss zu tun (Zwischenrufe bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP), sondern Sie kommen und legen uns hier ein Verfassungsgesetz vor, ohne vorher in Verhandlungen einzutreten. Und es ist halt nicht so, dass, wenn Sie kommen, das Parlament gleich „springt“, sondern es braucht einen ordentlichen Diskussionsprozess.

Und daher: Die Absetzung von der Tagesordnung und eine weitere Diskussion im Aus­schuss, damit wir eine Lösung zustande bringen, die wirklich den Kinderrechten dient! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

9.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann Dr. Cap. – Bitte.

 


9.09.35

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Offensichtlich haben die drei Oppositionsparteien heute eine Vollversammlung gehabt, wo sie das alles noch einmal durchdiskutiert haben, und sind zu dem Schluss gekommen: Die Junkti­mierung von Untersuchungsausschuss und Zweidrittelmehrheiten kommt in der Öffent­lichkeit schlecht an, wird als Arbeitsverweigerung verstanden, ist sachfremd. Es gibt Experten außerhalb dieses Hauses, die das auch öffentlich und auch im Fernsehen und in den Zeitungen kritisiert haben. Und jetzt versucht man, zurückzurudern ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Cap, ich muss unterbre­chen: Bitte jetzt nicht an dieser Stelle lang und breit erläutern und erklären. Wir werden ohnedies zu einer Einwendungsdebatte kommen. Ich bitte, sich also äußerst kurz zu halten. (Beifall bei FPÖ, BZÖ und Grünen.)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 27

Abgeordneter Dr. Josef Cap (fortsetzend): Ich war aber jetzt gerade so schön im Fluss, deswegen habe ich kein Ende gefunden. (Heiterkeit.) – Und daher, finde ich, ist diese Einwendung unbegründet. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Linder: Zur Geschäftsbe­handlung!)

9.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Abgeordneter Linder.

 


9.10.35

Abgeordneter Maximilian Linder (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsident! Ich verwahre mich dagegen, dass wir vonseiten der ÖVP-Reihen als Kinderschänder bezeichnet werden. Ich möchte das bitte geklärt haben! Das ist eine unerhörte Aussa­ge von der ÖVP, dass wir Kinderschänder wären! So geht das nicht! – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

9.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, ich habe diesen Ausspruch nicht gehört. Ich lasse mir das Stenographische Protokoll übermitteln. Das wäre tat­sächlich eine sehr verwerfliche Ausdrucksform. – Ich lasse mir, wie gesagt, das Proto­koll übermitteln.

Nun noch kurz Herr Klubobmann Kopf. – Bitte. (Ruf – in Richtung ÖVP –: Pfui! Ihr seid die „Christlichsozialen“?! – Weitere Zwischenrufe beim BZÖ. – Abg. Kopf: Seid ihr ner­vös? Seid ihr so nervös? – Abg. Ing. Westenthaler – in Richtung des Abg. Kopf –: Ich würde mich gleich einmal entschuldigen dafür!)

 


9.11.07

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Selbstverständlich werden wir dem Antrag auf Änderung der Tagesord­nung nicht zustimmen. Wir halten es für sehr wichtig, dass die Verankerung der Kin­derrechte in unserer Verfassung stattfindet, und zwar so schnell wie möglich, und wir sehen überhaupt keinen Grund, die Tagesordnung zu ändern. Es ist auch der Opposi­tion nicht gelungen, das schlüssig zu argumentieren.

Deswegen bleiben wir dabei: Wir wollen die Verankerung der Kinderrechte in der Bun­desverfassung noch heute hier abgestimmt haben. (Beifall bei der ÖVP.)

9.12

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Sie haben die Einwendungen gegen die Tages­ordnung gehört.

Ich trete diesen Einwendungen nicht bei, weshalb der Nationalrat zu entscheiden hat.

Debatte und Abstimmungen über die Einwendungen werden nach der Aktuellen Stun­de stattfinden.

09.12.17Aktuelle Stunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

Vision Zero – zentrales Konzept der Verkehrspolitik für weniger Unfälle, weniger Tote und Verletzte im Straßenverkehr“

Ich gebe bekannt, dass die Sitzung bis 12.30 Uhr vom ORF live übertragen wird.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 28

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Heinzl. Die Redezeit beträgt 10 Mi­nuten. – Bitte.

 


9.12.44

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Schönen guten Morgen, Frau Präsidentin! Schö­nen guten Morgen, Frau Bundesministerin! Schönen guten Morgen, sehr geehrte Da­men und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Verkehrssicherheit ist ein Thema, das uns allen sehr am Herzen liegt. Herr Abgeordneter Westenthaler, es ist schön, dass Sie heute auch einmal hier im Parlament sind. Offensichtlich gibt es am Vormittag kein Fußballspiel. Es ist sehr wichtig, dass Sie sich auch einmal Ihrer Tätigkeit als Abgeord­neter widmen. Hören Sie zu, denn gerade Verkehrssicherheit ist ein Thema, das Ihnen persönlich sehr am Herzen liegen sollte! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir alle hier sind ja Autofahrer, Radfahrer oder Fuß­gänger, und wir alle lesen täglich in der Zeitung von leichten und schweren Verkehrs­unfällen. Viele von uns haben schon Unfallopfer im Verwandten- oder Freundeskreis oder wurden selbst schon Zeugen von Unfällen. Manche haben vielleicht schon Erste Hilfe geleistet oder waren als Feuerwehrmänner oder Sanitäter im Unfalleinsatz.

Sehr geehrte Damen und Herren, viel zu oft werden die Helfer dabei mit Toten oder Schwerverletzten konfrontiert. Es ist leider eine Tatsache, dass allein im Jahr 2008 678 Menschen auf Österreichs Straßen starben, also fast zwei Menschen pro Tag. Wenn man sich die Statistik genau ansieht, dann merkt man schnell, dass die meisten Menschen durch alltägliche Verkehrssünden sterben müssen. Die Hauptunfallursache ist leider das Schnellfahren – „nicht angepasste Fahrgeschwindigkeit“, wie es im Fach­jargon so schön heißt. Dieses Schnellfahren, diese Raserei kostet 237 Menschen das Leben – das sind fast 35 Prozent aller Todesopfer. Weitere 35 Prozent sterben bei Vor­rangverletzungen, durch eine kurze Unaufmerksamkeit des Fahrers, wie zum Beispiel durch Telefonieren, oder beim Überholen.

Unsere kleinen alltäglichen Verkehrssünden haben damit 2008 rund 470 Menschen das Leben gekostet. Bei überhöhter Geschwindigkeit, Raserei und Drängeln sind die besten elektronischen Helferleins oder Airbags kein ausreichender Schutz.

Leider, sehr geehrte Damen und Herren, vergessen manche Autofahrerinnen und Autofahrer im Alltagsstress zu gerne, dass die Bestimmungen der StVO, also der Stra­ßenverkehrsordnung, keine willkürlichen Schikanen sind, sondern zum eigenen Schutz und zum Schutz von anderen dienen. Manche sehen höhere Strafen als Geldbeschaf­fungsaktion des Staates auf Kosten der Autofahrer. Diese Meinung teile ich nicht. Im Straßenverkehr sind eben Regeln einzuhalten, die der eigenen Sicherheit und der Si­cherheit anderer dienen. Es ist doch wohl klar wie auch selbstverständlich, dass Men­schen, die mit ihrem Verhalten Unschuldige gefährden, mit Sanktionen rechnen müssen.

Was in der Vergangenheit für viele Menschen jedoch auch zu Recht unverständlich war, waren die unterschiedlich hohen Strafen in den verschiedenen Bundesländern. Es ist wirklich nicht verständlich, warum Schnellfahrer in Vorarlberg anders bestraft wur­den als zum Beispiel in Wien. Dank unserer Frau Bundesministerin Doris Bures und auch der guten Zusammenarbeit mit den Bundesländern wurden die Strafen für das Schnellfahren bundesweit vereinheitlicht.

Neben dem Schnellfahren und dem Telefonieren beim Autofahren gibt es leider noch den Umstand, dass viel zu viele Menschen angetrunken, oft schwer betrunken mit dem Auto fahren. Besonders jetzt um die Weihnachtszeit steigt die Zahl der Alkolenker. Alle zweieinhalb Stunden passiert bei uns in Österreich ein Unfall mit Personenschaden aufgrund von Alkoholeinfluss. Wie in „Zeit im Bild“ am Feiertag berichtet wurde, wurden jetzt bei Kontrollen an einem Tag – nicht einmal bei Planquadraten, sondern bei ganz normalen Kontrollen – um die 100 Führerscheine wegen Fahrens in alkoholisiertem Zu­stand abgenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 29

Zwar ist zum Glück die Zahl der Alkoholunfälle im ersten Halbjahr 2009 um 8 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken, trotzdem ist ihr Anteil an der Gesamtzahl der Unfäl­le im selben Zeitraum gewachsen. Auch der typische Alkohollenker zeigt seit Jahren dasselbe Profil: mehrheitlich leider jung, männlich – es ist wahr, nur 15 Prozent aller Al­koholunfälle werden von Frauen verursacht –, zwischen 20 und 24 Jahre alt. Mit zu­nehmendem Alter sinkt auch die Zahl der Alkoholunfälle.

Wenn man sich, sehr geehrte Damen und Herren, Hohes Haus, dieses Profil so an­sieht, so kommt man nicht umhin, den Schluss zu ziehen, dass offensichtlich junge Männer beim Fortgehen zu wenig auf die Promillegrenze achten, so nach dem Motto: Mir wird schon nichts passieren!, und eben dann angetrunken mit dem Auto fahren.

Daher ist es wichtig, dass einerseits gezielte Bewusstseinsbildung betrieben wird. Im Moment ist gerade wieder eine Kampagne des Verkehrsministeriums gegen Alkohol am Steuer im Laufen, und wer von Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren, den Spot schon gesehen hat, wird sich sicher erinnern, dass darin junge Männer und ebendiese Haltung, die dem Motto „Mir wird schon nichts passieren!“ entspricht, konkret ange­sprochen werden.

Aus meiner Sicht ist es aber auch besonders wichtig, jungen Menschen beim Fortge­hen alternativ zur Fahrt mit dem eigenen Auto etwas anbieten zu können. Ein reguläres Taxi ist für viele Jugendliche, besonders wenn sie im ländlichen Raum zu Hause sind, oft wirklich unerschwinglich. Kommunen und Länder leisten mit ihren zahlreichen Pro­jekten, wie Nachttaxi oder Disco-Busse, einen entscheidenden Beitrag auch zur Ver­kehrssicherheit. Und dafür ist, glaube ich, auch ein herzlicher Dank auszusprechen.

Bewusstseinsbildung und die Schaffung von Alternativen zum eigenen Auto sind die eine Seite der Maßnahmen. Andererseits müssen betrunkene, angetrunkene, schwer betrunkene Autofahrerinnen und Autofahrer auch damit rechnen, von der Polizei er­wischt zu werden und angemessen bestraft zu werden.

Planquadrate und Schwerpunktaktionen verhindern jährlich zahlreiche Unfälle mit To­ten und Schwerverletzten.

Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Es sind oft die schwächsten Verkehrs­teilnehmer, die ganz besonders unter Unfällen zu leiden haben. In der Europäischen Union verunglückt alle 17 Sekunden ein Fußgänger, Radfahrer, Moped- oder Motorrad­lenker. Ich meine, es ist allein aus dieser Ziffer erkennbar, dass da klarer Handlungs­bedarf für die Politik besteht.

Wegen der hohen Verletzungszahlen unter Mopedfahrern wurde der Mopedführer­schein reformiert und die Mopedfahrausbildung neu gestaltet. Kein Mopedfahrer darf mehr auf der Straße unterwegs sein, ohne dass er Fahrpraxis hat. 60 Prozent aller Mo­pedunfälle passieren im ersten halben Jahr der Mopedfahrpraxis. Sehr geehrte Damen und Herren! Ein weiterer, ganz entscheidender Schritt für Verkehrssicherheit ist eben auch, dass nun jeder Mopedfahrer verpflichtet ist, eine Ausbildung, eine Prüfung zu ab­solvieren.

Wie die Mopedfahrer gehören auch die Kinder zu den schwächsten Verkehrsteilneh­mern. Es ist bitter und zugleich eine Schande, dass in der Zwischenzeit die meisten to­ten Kinder im Straßenverkehr im Auto sterben und nicht, weil sie überfahren werden. Die meisten sterben, weil sie überhaupt nicht oder nicht richtig angegurtet waren. Jede Mutter, jeder Vater, der sein Kind im Auto nicht anschnallt, muss wissen, dass er sein Kind damit in Gefahr bringt und riskiert, dass dieses Kind schwer verletzt oder getötet werden kann. Da ist es egal, ob der Unfall auf dem kurzen Weg in die Schule oder zur Oma passiert. Für das Kind, das aus Bequemlichkeit nicht angeschnallt wird, ist eben große Gefahr in Verzug.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 30

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich glaube, es herrscht Konsens, dass jeder Verkehrstote einer zu viel ist. Sicherheit im Straßenverkehr ist ein Thema, das uns nicht nur als Abgeordnete sondern auch als Autofahrer, Radfahrer und Fußgänger laufend beschäftigt und auch weiter beschäftigen muss.

Frau Bundesministerin Doris Bures ist seit etwas mehr als einem Jahr im Amt. In die­sem Zeitraum wurden zahlreiche Schritte hin zu mehr Verkehrssicherheit gemacht, die ich hier noch einmal kurz in Erinnerung rufen möchte: höhere Strafen für Hochrisiko­lenker, längerer Führerscheinentzug für Autolenker (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen) und vieles andere mehr.

Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Schlusssatz: Ich möchte mich abschließend bei unserer Frau Bundesministerin für Verkehr recht herz­lich für ihren unermüdlichen Einsatz für mehr Sicherheit im Straßenverkehr bedan­ken. – Danke schön. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

9.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt für eine einleitende Stellungnahme Frau Bundesministerin Bures zu Wort. Die Redezeit soll ebenfalls 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 


9.23.18

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Sehr ge­ehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist jetzt fast genau ein Jahr her, dass ich als Verkehrsministerin angelobt wurde. Ich habe in diesen letzten zwölf Monaten wirklich viel an Erfahrungen sammeln können. Vieles in diesem wichti­gen Ressort ist mir in Fleisch und Blut übergegangen.

Es gibt aber eines, das jede Woche auf meinem Schreibtisch liegt, nämlich die wö­chentliche Unfallstatistik und die Zahlen, die sich darin widerspiegeln. Ich kann Ihnen sagen, dass ich mich nie daran gewöhnen werde und dass das immer erschreckende Zahlen bleiben, wenn man sieht, wie hoch die Zahl der Unfalltoten im österreichischen Straßenverkehr ist und wie viele Menschen im österreichischen Straßenverkehr schwer verletzt werden.

Im jüngsten Unfallbericht vom 30. November 2009, der auf meinem Schreibtisch gele­gen ist, stand: 17 Todesopfer in der letzten Woche, 5 Todesopfer am Wochenende. Wenn ich diese Zahlen höre, denke ich oft, es gibt wahrscheinlich kaum jemanden, der nicht in seiner Familie, in seinem Umfeld, im Freundeskreis, im Ort, wo er wohnt, je­manden kennt, der Opfer eines Verkehrsunfalls geworden ist.

Ich meine, dass es wichtig ist, sich das in Erinnerung zu rufen, weil damit die Statistik, wie viele Menschen im Straßenverkehr ihr Leben verlieren, ein Gesicht bekommt. Da­hinter stehen Schicksale, die es gilt, mit allen Maßnahmen, die wir treffen können, in Zukunft zu verhindern.

17 Todesopfer im Straßenverkehr in einer Woche bedeutet, 17 Familien haben jeman­den verloren: den Ehepartner, das Kind, die Eltern, die Großeltern. Ich glaube, dass für diese Familien in so einer Situation eine Welt zusammenbricht und dass sich ihr Leben verändert und wahrscheinlich nach so einem dramatischen Unfall nie wieder so wird, wie es vorher war.

Ich glaube, es ist daher wichtig – und ich bedanke mich noch einmal bei den Abgeord­neten im Hohen Haus, die mit einer überwiegenden Mehrheit das Verkehrssicherheits­paket beschlossen haben –, dass wir nichts unversucht lassen, dass wir alle Maß­nahmen setzen, die möglich sind, um dieses Leid auf Österreichs Straßen auch tat­sächlich zu verringern.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 31

Die Zahlen zeigen uns: Jeden Tag sterben zwei Menschen auf Österreichs Straßen, je­den Tag werden 138 Menschen in Österreich verletzt. Im Vorjahr starben 679 Men­schen, und 50 521 Menschen sind im Straßenverkehr verletzt worden.

Das sind Zahlen, von denen man gar keine Vorstellung hat. Es sind so viele Menschen in einem Jahr getötet worden, als wären sechs Boeing 737 abgestürzt. Stellen Sie sich den Aufschrei vor, der käme, wenn sechs Flugzeuge, vollbesetzt mit Männern, Frauen und Kindern abstürzten! Aber so viele Menschen kommen Jahr für Jahr auf Österreichs Straßen ums Leben!

Oder stellen Sie sich vor: Über 50 000 Menschen werden jedes Jahr im Straßenver­kehr verletzt. Das ist so, als wäre etwa die Bevölkerung von ganz St. Pölten – mein Vorredner kommt aus St. Pölten! – verletzt und damit eine ganze Stadt sozusagen Op­fer von Unfällen.

Ich glaube, wenn man sich das ein bisschen näher vor Augen führt, dann ist klar, dass man nicht zur Tagesordnung übergehen kann. Manche sagen, das eine Paket ist noch zu wenig, und es gibt vielleicht manche, die sagen, vielleicht ist das doch ein bisschen zu scharf. Ich meine, dass diese Zahlen zeigen, dass es unabhängig von al­len politischen Anschauungen unsere Aufgabe sein muss, alles zu unternehmen, damit wir in Zukunft weniger Leid, damit wir weniger Verletzte, damit wir weniger Tote auf Österreichs Straßen haben werden. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Wir haben daher dieses Verkehrssicherheitspaket mit großer Sorgsamkeit und mit Re­gelungen geschnürt, durch die wir Strafen verschärft haben, weil wir zum Ausdruck bringen wollen, dass alkoholisiert Autofahren und Rasen keine Kavaliersdelikte sind. Wir haben aber auch Regelungen gefunden, bei denen es nicht nur darum geht, Geld­strafen zu erhöhen und Geldleistungen zu fordern. Oft ist die Länge des Führerschein­entzugs viel wirksamer als Geldstrafen.

Das Allerwichtigste in dem Zusammenhang ist mir: Ich habe als Ziel, dass gar keine Strafen, die durch Alkolenker oder Raser zu entrichten sind, eingenommen werden, weil sich alle im Straßenverkehr eben verantwortungsbewusst verhalten. Deshalb habe ich auch eine Bewusstseinskampagne gestartet.

Bezüglich der Hochrisikolenker haben wir härtere Gesetze beschlossen, um aufzuzei­gen, es ist kein Kavaliersdelikt. Wir haben – und das ist mir ganz wichtig – aber auch den Fokus auf die kleinsten und schwächsten Verkehrsteilnehmer, nämlich unsere Kin­der gerichtet. Ich möchte nicht akzeptieren, was heute noch Realität ist, nämlich, dass jedes fünfte Kleinkind im Auto ungesichert mitfährt, dass mehr Kinder im Auto als am Schulweg verletzt und getötet werden. Daher gibt es in dem Verkehrssicherheitspaket auch zusätzliche Maßnahmen – Kindersicherungsseminare, Schulungen für Erwachse­ne, und in den Babyboxen werden Informationen an die werdenden Eltern ausgeteilt –, um Kindern im Auto den Schutz zu geben, den sie brauchen. (Beifall bei der SPÖ.)

Seit 1. September 2009 haben wir auch Verbesserungen vorgenommen, was die ju­gendlichen Mopedlenker und -lenkerinnen betrifft. 60 Prozent aller Mopedunfälle haben junge Menschen in den ersten sechs Monaten nach Erhalt ihres Mopedführerscheins. Das zeigt, es fehlt ihnen an Fahrpraxis. Daher haben wir genau diese Fahrpraxis er­höht und bei der Führerscheinausbildung für Mopeds seit 1. September 2009 einge­führt.

Ich bin davon überzeugt, dass es ein gutes und richtiges Maßnahmenpaket ist, das wir gemeinsam geschnürt haben. Aber Gesetze – das wissen Sie auch allzu gut – sind na­türlich nur so effizient, wie sie dann auch kontrolliert werden. Daher ist es ganz wichtig, dass Verkehrskontrollen durchgeführt werden. Die Innenministerin hat zugesagt, diese


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 32

Verkehrskontrollen um 20 Prozent auszubauen. Ich unterstütze die Maßnahmen, mit denen Polizistinnen und Polizisten von bürokratischen Büroarbeiten entlastet werden und damit auf der Straße eingesetzt werden können, weil diese Kontrollen so wichtig sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Es braucht aber wie gesagt auch eine andere Einstellung. Wir müssen im Bewusstsein etwas ändern. Ich sage Ihnen nur: Es ist so, dass die Alkolenker, die dann – so schnell kann man gar nicht schauen! – zum Täter werden, zu 90 Prozent Männer sind. Das heißt, das ist eine Frage der Einstellung. Es ist auch eine Frage des Zugangs.

Daher habe ich gemeinsam mit der Wiener Städtischen, dem Kuratorium für Verkehrs­sicherheit und der AUVA eine Bewusstseinskampagne gestartet, in der wir zeigen, dass es oft das eine Glas zu viel ist, das dann zu so dramatischen und katastrophalen Auswirkungen führt. Uns geht es darum, aufzuzeigen, dass es nicht um eine Rand­gruppe schwer Alkoholisierter geht, sondern dass es viel zu schnell sein kann, dass man Täter wird und jeder von uns auch Opfer eines Alkolenkers werden kann.

Ich sage es ganz offen, auch in der Punschzeit und angesichts der vielen Weihnachts­märkte, die es jetzt gibt: Mir geht es gar nicht darum, dass man nicht auf einen Weih­nachtsmarkt gehen und Punsch trinken soll. Mir geht es nicht darum, dass Firmen­feiern stattfinden und man ein Glas Wein trinkt. Mir geht es darum, dass man die Dinge auseinander halten muss, dass man, wenn man Alkohol trinkt, dann nicht Auto fährt, und wenn man Auto fährt, dann eben keinen Alkohol trinkt. Diese Mischung – Alkohol zu trinken und Auto zu fahren – ist die tödliche Mischung, die wir verhindern müssen und gegen die wir ankämpfen müssen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt viele Unfälle, von denen man sagt, sie wären nicht vermeidbar, aber: Unfälle, die unter Alkoholeinfluss passieren, sind ver­meidbar. Das sind Unfälle, denen wir den Kampf ansagen können, indem wir ganz ge­schlossen dagegen auftreten, das Trinken von Alkohol und das Autofahren miteinander zu verbinden. Gegen das müssen wir gemeinsam ankämpfen. Dann haben wir die Chance, dass wir Leid auf Österreichs Straßen tatsächlich verhindern. – Ich möchte mit dieser Kampagne das Bewusstsein noch einmal schärfen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jeder Mensch, der in Österreich jeden Tag im Straßenverkehr verletzt wird, jedes Kind, das jede Woche in Österreich im Straßen­verkehr getötet wird, ist einer oder eines zu viel. Daher werde ich mit aller Kraft auch in Zukunft in meiner Funktion alles unternehmen, um dieses Leid zu verhindern.

Ich lade Sie ein, mit mir gemeinsam diesen Weg zu mehr Verkehrssicherheit zu be­schreiten und mich auf diesem Weg zu unterstützen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

9.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Rede­zeit der nun folgenden Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Aktuellen Stunde laut § 97a Abs. 6 der Geschäftsordnung 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lohfeyer. – Bitte.

 


9.34.33

Abgeordnete Mag. Rosa Lohfeyer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Sicherheit im Straßenverkehr ist einer der wichtigsten Schwerpunkte von Verkehrsministerin Doris Bures. Mit dem letzten Ver­kehrssicherheitspaket wurden wichtige gesetzliche Maßnahmen für mehr Verkehrs­sicherheit getroffen. Für Raser und Alkolenker gibt es eine drastische Erhöhung der Strafen, Führerscheinentzug ab 0,8 Promille sowie insgesamt eine Anhebung der Ent­zugsdauer und Verkehrscoaching bei Alkoholdelikten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 33

Diese beiden Hochrisikogruppen sind die größte Gefahr im Straßenverkehr. Sie gefähr­den massiv sich selbst und andere Verkehrsteilnehmer. Und diese Alkoholunfälle sind im Vergleich zu anderen Bereichen seit Jahren sogar leicht angestiegen. Im Jahr 2008 gab es 53 Tote und 1 561 Verletzte durch alkoholisierte Lenker. In erster Linie sind es ja männliche junge Lenker.

Zu diesen gesetzlichen Maßnahmen wurde im November, rechtzeitig vor Beginn der Weihnachtsfeiern und Punschstandeln, die breit angelegte Kampagne „Alkohol am Steuer: Könnten Sie damit leben?“ als TV- und Radio-Spot und Inserat in zahlreichen Medien, vor allem auch in den neuen Medien gestartet.

Zweithäufigstes Vormerkdelikt ist eine unzureichende und nicht korrekte Sicherheits­ausrüstung für Kinder. Auch diesbezüglich hat das Ministerium neue gesetzliche Maß­nahmen getroffen, aber auch zusätzlich auf verstärkte Aufklärungs- und Präventionsar­beit durch geschultes Personal, durch Multiplikatoren sowie Merkblätter und Folder ge­setzt. Kindern soll größtmögliche Sicherheit geboten werden.

Heuer sind bereits bis Ende November 15 Kinder im Straßenverkehr getötet worden, um 3 Kinder mehr als im gesamten Vorjahr. Verkehrsexperten weisen dabei vor allem auf die besondere Verantwortung von Erwachsenen hin, sei es durch defensives Ver-halten im Straßenverkehr, durch Aufklärung über Gefahren im Straßenverkehr und vor allem durch die besondere Bedeutung der Vorbildfunktion von Erwachsenen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Verkehrssicherheit ist als ein sehr komplexer Pro­zess zu verstehen. Erfolgreiche Programme sind nur durch Langfristigkeit, Methodik und einen detaillierten Maßnahmenkatalog mit Evaluierung möglich. Reduktionsziele gehören definiert und entsprechende finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt.

Das Österreichische Verkehrssicherheitsprogramm 2002–2010 gibt die Halbierung der Zahl der Verkehrstoten in Österreich bis 2010 als ein recht ambitioniertes Ziel vor. Ge­gen Ende dieses Programms sollen nochmals alle Kräfte gebündelt werden, der Maß­nahmenkatalog wurde erweitert, denn jedes einzelne Menschenleben, das gerettet werden kann, und jedes verhinderte Leid von betroffenen Angehörigen und Freunden ist eine Anstrengung wert. (Beifall bei der SPÖ.)

Im neuen Verkehrssicherheitsprogramm 2011–2020 mit den Leitlinien für die kommen­den Jahre legt Ministerin Bures besonderen Wert darauf, dass alle Verkehrsteilnehme­rinnen und -teilnehmer – ob zweirädrig, vierrädrig, motorisiert oder nicht – berücksich­tigt werden. Ziel ist ein besseres und sichereres Miteinander aller Beteiligten am Stra­ßenverkehr mit Focus vor allem auf die schwachen Verkehrsteilnehmer.

Unser Motto lautet und muss weiterhin lauten: Jede/jeder einzelne im Straßenverkehr Getötete oder Verletzte ist eine/einer zu viel! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

9.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rädler. – Bitte.

 


9.38.43

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Frau Präsident! Frau Bundesminister! (Abg. Bu­cher: Bürgermeister!) – Herr Bürgermeister, ja! Gestatten Sie mir, dass ich trotz dieses ernsten Themas zunächst einmal meiner Freude Ausdruck verleihe, dass es gemein­sam mit der SPÖ möglich ist, entgegen der Aussage eines ehemaligen Bundeskanz­lers Visionen zu haben und nicht gleich einen Arzt zu brauchen und über die Vision zu reden, null Todesopfer zu erreichen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Das erspare ich mir nicht! Das war so. „Lernen Sie Geschichte!“, hat einmal Herr Bundeskanzler Kreis­ky gesagt. Das war so.

Trotz dieser Zwischenrufe: Wir werden tagtäglich von Bildern überlagert, die uns medi­al die Schweinegrippe und alle Formen von Epidemien ins Haus liefern, und denken


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 34

nicht mehr daran – es wurde uns heute durch meine Vorredner bewusst –, dass alljähr­lich rund 800 Menschen ihr Leben im Straßenverkehr verlieren, 50 000 Menschen schwer verletzt werden und Langzeitschäden davontragen. Der volkswirtschaftliche Schaden ist gar nicht zu beziffern und das persönliche Leid kaum zu ermessen.

Dazu noch ein paar Zahlen: 11 Millionen Menschen kommen in zehn Jahren bei Ver­kehrsunfällen ums Leben, und 50 Millionen Schwerverletzte gibt es auf der ganzen Welt. Daher ist es notwendig, über Maßnahmen zu reden. Die Frau Bundesminister hat ein Maßnahmenpaket angesprochen und vorgelegt, das, was wir aber brauchen, ist die Umsetzung auch in der Praxis.

In Niederösterreich zum Beispiel haben wir aufgrund einer Initiative unseres Herrn Lan­deshauptmannes Dr. Erwin Pröll die Aktion Schutzengel gestartet. Im Rahmen dieser Aktion haben 80 000 Kinder innerhalb von zehn Jahren schriftlich auf Schwierigkeiten auf dem Schulweg, auf Verkehrsprobleme aufmerksam gemacht, und es war mit dem Land Niederösterreich möglich, diese Verkehrssituationen zu entschärfen. Wir haben beispielsweise mehr als 370 Eisenbahnkreuzungen in Niederösterreich zusätzlich mit Warnsignalen ausgestattet und damit zur Verkehrssicherheit beigetragen.

Wir müssen noch viel tun. Es gibt mehrere Möglichkeiten, sei es die diskutierte Mög­lichkeit, eine neue Parkform einzuführen, den Babyparkplatz oder Begegnungsräume in einer Art Fußgängerzone, die erweitert wird auch für Fahrzeuge in den Zentrums­zonen.

Das sind viele Dinge, die vor uns liegen, aber manches muss rasch umgesetzt werden, und diesbezüglich bin ich nicht Ihrer Meinung, Herr Abgeordneter Heinzl. Sie haben einmal gesagt, wir bräuchten eine parlamentarische Enquete für die Einführung einer Rettungsgasse, wenn ich das jetzt anschneiden darf. Am 4. Dezember dieses Jahres hat sich zwischen Graz und Laßnitzhöhe ein furchtbarer Unfall mit einem Tankwagen ereignet, ein Flammeninferno, und die Rettungskräfte konnten 10 Minuten nicht vor­dringen. Es war nicht möglich, weil der Pannenstreifen nicht frei war, weil kein Durch­kommen war. Und heute erleben wir dasselbe. Wie wir in der Früh im Radio gehört ha­ben, ist die Süd Autobahn zwischen Graz und Laßnitzhöhe wieder gesperrt. (Zwi­schenruf des Abg. Heinzl.)

Ja, Herr Abgeordneter, setzen Sie sich dafür ein, dass wir sehr rasch und nicht erst in einer Enquete über die Einführung einer Rettungsgasse diskutieren. In Deutschland gibt es das seit 30 Jahren und in der Schweiz auch. Wir diskutieren nur darüber.

Ich habe drei Jahre mit Ihrem Verkehrsminister und jetzigen Bundeskanzler darüber diskutiert, dass wir am Wechsel eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 Stunden­kilometer einführen sollten. Bergauf haben wir sie, bergab war es nicht möglich, weil die Beamten im Verkehrsministerium gesagt haben, dass das nichts bringt. Heute, nach einem Jahr, haben wir den Bericht: zwei Drittel weniger Unfälle, zwei Verletzte am Wechsel. Alle, die über den Wechsel fahren müssen, wissen das. Und Sie reden und reden und reden. Wir müssen umsetzen, wir müssen rasch handeln! (Beifall bei der ÖVP.)

Sie können sich dafür verwenden, dass wir einen gemeinsamen Entschließungsantrag einbringen, der dafür sorgen wird, dass die Frau Bundesminister sehr rasch eine Prü­fung dieser Rettungsgasse veranlasst, und ich hoffe und wünsche mir auch, dass dann dem Nationalrat ein Bericht vorgelegt wird. Das wäre im Sinne unserer Einsatzkräfte, die tagtäglich auf der Straße stehen und sich das verdient haben, und im Sinne der Verhinderung weiterer Verkehrstoter. (Beifall bei der ÖVP.)

9.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Vilimsky gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 35

9.43.14

Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Frau Präsident! Frau Minister! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren Kollegen! Lassen Sie mich zunächst klarstellen: Verkehrs­sicherheit ist ein sehr wichtiges Thema, Verkehrssicherheit braucht in der parlamentari­schen Behandlung großen Raum.

Im Zusammenhang mit Verkehrssicherheit habe ich schon in der letzten Legislaturperi­ode versucht, auf den damaligen Verkehrsminister Werner Faymann zuzugehen und ihm zu sagen: Setzen wir uns doch zusammen, machen wir eine Runde der parlamen­tarischen Verkehrssprecher, und erarbeiten wir Schnittmengen, wo im Bereich der Si­cherheit Verbesserungen herbeigeführt werden können. Der damalige SPÖ-Verkehrs­sprecher – ich glaube, Kurt Eder war das – ist zu mir gekommen und hat gesagt: Hören Sie, das ist ein gescheiter Vorschlag. Ich rede gleich mit meinem Verkehrsminister – damals Werner Faymann –, wir machen solch eine Runde. Geschehen ist aber – drei Mal dürfen Sie raten – nichts dazu.

Ich habe dieses Angebot auch der Frau Bundesminister gemacht, uns abseits der gro­ßen Bruchstellen der Auseinandersetzung zusammenzusetzen, Schnittmengen im Be­reich der Verkehrssicherheit zu entwickeln, um wirklich etwas für die Menschen zu er­reichen. Nichts ist geschehen!

Ich habe mit der Frau Bundesminister jüngst zum Thema Verkehrssicherheit im Fern­sehen diskutieren dürfen, auch mit Herrn Heinzl, der heute die Aktuelle Stunde begrün­det hat, und mit Vertretern der ARGE Zweirad, wo es darum ging, im Bereich der Mo­torradsicherheit Maßnahmen zur Verkehrssicherheit zu implementieren. Geschehen ist bis heute nichts.

Aber bevor ich jetzt auf Ihr Konzept, das Sie heute zur Diskussion gestellt haben, „Vision Zero“ – ich weiß nicht, ob Sie alle wissen, was das ist; vielleicht meint der eine oder der andere, das sei ein Konkurrenzprodukt zu Coca-Cola zero –, zu sprechen komme, erlauben Sie mir, dass ich – das geht jetzt in Richtung SPÖ – schon ein biss­chen Ihre Köpfe parlamentarisch waschen möchte.

Wenn Sie sich vor Augen führen, was im Umfeld der heutigen Debatte geschieht: ges­tern der Staatsschuldenausschuss, die Situation für Österreich ist beängstigend, so die Worte des Herrn Felderer, wenn Sie rund um Österreich schauen, ob nach Spanien, wo die Arbeitslosigkeit 20 Prozent beträgt, die Märkte erschüttert sind, nach Großbri­tannien, das in massive Problemlagen gekommen ist und mittlerweile von der ehemali­gen Kolonie Indien überholt wird, nach Italien, wo gewaltige Probleme sind, nach Por­tugal, wo gewaltige Probleme sind, nach Ungarn, wo man bereits von einem Bürger­krieg spricht, in einer Situation, wo die Iren, wie ausgeführt, ums nackte Überleben kämpfen, wo in Österreich die Situation mit einer Bank sehr dramatisch ist, das heißt, eine systemrelevante Bank, die sechstgrößte in Österreich, gerettet werden muss. Und in diesem ganzen Umfeld, wo die Menschen Angst haben, in Österreich die Arbeitslo­sigkeit so hoch ist wie nie zuvor, die Insolvenzen und Konkurse so hoch sind wie nie zuvor, die soziale Armut so groß ist wie nie zuvor, bei all diesen Problemen auch um die Verteilungsgerechtigkeit und all das, was die Menschen interessiert, wäre es für Sie als Kanzlerfraktion ein Gebot der Stunde, dass Sie die Zeit, wenn Sie eine Aktuelle Stunde zur Verfügung haben und diese auch noch im Fernsehen übertragen wird, dazu nützen, den Menschen Ihren Zugang zu diesen Themen und Ihre Lösungen dafür zu nennen. Sie tun es aber nicht! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Bucher.)

Sie tun es nicht, reden dafür aber über ein zwölf Jahre altes Konzept, das aus Schwe­den kommt, mit dem Namen „Vision Zero“, um endlich einmal etwas im Bereich Ver­kehrssicherheit zu tun. Jahrelang hätten wir Zeit gehabt, hier Maßnahmen zu imple­mentieren. Die Maßnahmen liegen alle auf dem Tisch. Es geschieht aber nichts. Es ge­schieht nichts! Das muss man einmal festhalten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 36

Das Einzige, was geschieht und womit man Verkehrssicherheit zu verkaufen versucht, ist, die Strafen zu erhöhen und zu sagen, das sei eine tolle Maßnahme zur Verkehrs­sicherheit. Ich lasse vielleicht noch mit mir reden, wenn die Strafen bei groben Verge­hen im Bereich der Verkehrssicherheit erhöht werden, wenn man diese Gelder dafür nimmt, einen Verkehrssicherheitsfonds zu dotieren, und wenn man mit diesem Ver­kehrssicherheitsfonds Maßnahmen der Verkehrssicherheit implementiert. Das ge­schieht aber nicht, dieses Geld geht ins allgemeine Budget. Stattdessen schaltet man lieber Inserate der Regierung und verkauft das dann als tolle Maßnahme. Das ist nicht die Verkehrssicherheit, von der ich meine, dass sie den Menschen nützt. (Beifall bei der FPÖ.)

Es gibt so viele Möglichkeiten, die nicht viel Geld kosten, mit denen man aber etwas er­reichen würde. Die Frau Minister möchte jetzt Alkolocks einführen. Bevor man das Auto startet, muss man in ein „Röhrl“ blasen. Jeder Wissenschafter in den internationa­len Studien sagt Ihnen, dass das nichts bringt, überhaupt nichts, weil es sehr miss­brauchsanfällig ist und halt der Beifahrer, der nichts getrunken hat, ins „Röhrl“ bläst. Viel gescheiter wäre es, endlich einmal die öffentlichen Verkehrsmittel in Wien billiger zu machen – an Sie gerichtet, meine Damen und Herren von der SPÖ –, weil viele Autofahrer in Wien, die etwas getrunken haben, nicht auf unattraktive Verkehrsmittel umsteigen wollen, die zudem noch viel kosten, und auch nicht in ein Taxi, das völlig überteuert ist, und deswegen mit dem Auto fahren. Das sind die Probleme!

Man braucht ein integriertes Verkehrskonzept, das den Menschen dient, und darf sich nicht immer nur darauf ausrichten, mehr und mehr an Geld einzunehmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich kann nur sagen: Themaverfehlung heute! Ja zur Verkehrssicherheit, aber Schande über Sie, dass Ihnen in einer der schwie­rigsten Stunden Österreichs nichts anderes einfällt, als über ein zwölf Jahre altes schwedisches Verkehrskonzept zu diskutieren! (Beifall bei der FPÖ.)

9.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Klubobmann Bucher zu Wort. – Bitte.

 


9.48.52

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Frau Bundesministerin, wir sind immer ein konstruktiver Partner – dafür ist das BZÖ bekannt –, wenn es um die Schaffung von mehr Sicherheit auf österreichischen Straßen geht. Eines ist jedoch klar: Nur mit höheren Strafen wer­den Sie nicht mehr Sicherheit erwirken. Immer, wenn wir mit Experten sprechen, im­mer, wenn wir mit Exekutivbeamten sprechen, hören wir die Forderung nach mehr Exekutivorganen, die auch an den Straßen Dienst versehen, nach weniger Exekutivor­ganen, die in die Büros eingesperrt und mit Bürokratie überhäuft werden. Mehr Exe­kutive auf die Straße, das wäre das richtige Instrument, mit dem Sie zu mehr Verkehrs­sicherheit kommen würden. (Beifall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ, wie bezeichnend ist es, wenn eine Regierungspartei die Aktuelle Stunde mit dem Titel „Vision Zero“ versieht?! Für all jene, die der englischen Sprache nicht mächtig sind: null Visionen. „Null Visionen“, das ist das Thema der SPÖ, das sie aktuell hier in diesem Hohen Haus diskutieren will. (Beifall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist symptomatisch für die Perspektive der SPÖ: null Visionen, was die Verkehrssicherheit anlangt, null Visionen, was die Re­gierungsarbeit anlangt! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 37

Dabei möchte ich, liebe Frau Bundesministerin, Ihre Aufmerksamkeit einmal kurz auf einen Teilbereich Ihrer Zuständigkeit richten, nämlich auf die ÖBB, denn die ÖBB wa­ren einst ein Vorzeigeunternehmen der Republik. (Zwischenruf des Abg. Heinzl.) Auch in vielen anderen Ländern, nicht nur in Österreich. Was sind die ÖBB heute? – Ein Pri­vilegienstadel allererster Güte; an Privilegien, an Sonderrechten, an Sonderbetriebs­vereinbarungen nicht zu überbieten. Wenn ich nur an die Zahl der Betriebsräte denke, worüber letzte Woche in den Schlagzeilen zu lesen war.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die ÖBB haben 42 000 Mitarbeiter. Von den 42 000 Mitarbeitern sind 830 Betriebsräte, 160 davon sind dienstfrei gestellt. 160 Be­triebsräte der ÖBB sind dienstfrei gestellt! Wenn wir das Arbeitsverfassungsgesetz he­ranziehen würden, das alle in der Privatwirtschaft zu befolgen haben, dann würden den ÖBB gerade einmal 14 Betriebsräte zustehen. 14 Betriebsräte nach dem geltenden Ar­beitsverfassungsgesetz! (Abg. Haberzettl: Das ist so was Dummes, was Sie da er­zählen! – Abg. Ing. Westenthaler: Ob das die Frau Präsidentin auch gehört hat?)

Herr Haberzettl, Sie missbrauchen die ÖBB für Ihre gewerkschaftlichen Tätigkeiten, und damit muss einmal Schluss sein in dieser Republik! (Beifall beim BZÖ.)

Es ist ungeheuerlich, dass die Gewerkschaft die ÖBB für sich vereinnahmt und die Ge­setze biegt, wie sie es braucht. (Abg. Haberzettl: Das ist so was Dummes!) Das zieht sich fort in alle Bereiche, denken wir nur an die Ticket-Begünstigungen der ÖBB.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nur zur Verdeutlichung, weil es mir wichtig ist, einmal klarzustellen, welche Folgen die normalen Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer in der Privatwirtschaft zu erleiden haben und mit welchen Umständen sie zu kämpfen haben, während die Begünstigungen der ÖBB-ler Auswüchse annehmen, die nicht mehr vertretbar sind.

Beispielsweise die Ticketbegünstigung: Ein Familienticket, das Österreich-Ticket kostet für jedermann, der es kaufen möchte, 2 640 €. ÖBB-Bedienstete erhalten dieses Ticket um 5,26 € im Monat. 5,26 € im Monat bezahlen die ÖBB-Bediensteten und erhalten da­für ein Familienticket! 220 000 Menschen in Österreich, das sind die 42 000 ÖBB-Be­diensteten, die direkt beschäftigt sind, deren Angehörige plus die Pensionisten, 70 000 an der Zahl, die ehemals bei den ÖBB beschäftigt waren, 220 000 Menschen in Öster­reich, die in den Genuss dieser Bonifikation kommen!

Ja dann darf man sich nicht wundern, dass die ÖBB pleite gehen, dann darf man sich nicht wundern, dass der Steuerzahler über 7 Milliarden € pro Jahr in das Unternehmen hineinzahlen muss, damit die ÖBB gerade einmal 2 Milliarden € Umsatz machen. (Bei­fall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bundesminister! Sorgen Sie endlich für Ordnung und beseitigen Sie endlich diese Missstände in den ÖBB, damit wir ein Unter­nehmen vorfinden, das leistungsfähig ist, das leistungsgerecht ist, das endlich auf die Wünsche und auf die Anforderungen der Bahnnutzer, der Bahnkunden eingeht. Wir ha­ben die verrosteten Züge, die nicht mehr gleichzusetzen sind mit den Leistungsstan­dards der Gegenwart und der Zukunft! Investieren Sie in die Zukunft und sorgen Sie dafür, dass diese Missstände endlich beseitigt werden!

Eine weitere Sache ist die Frühpensionierung von Tausenden ÖBB-Bediensteten. Ich erwarte mir von einer Bundesministerin, dass sie, wenn dieser Vorwurf in den Raum gestellt wird, dass 1 000 ÖBB-Bedienstete noch jetzt im Dezember in Pension ge­schickt werden, das endlich klarstellt. Das sind Fragen, denen Sie, Frau Bundesminis­terin, sich zu widmen haben, und auf die sollten Sie einmal eine Antwort geben. (Beifall beim BZÖ.)

9.54



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 38

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Dr. Moser gelangt nun zu Wort. – Bitte sehr. (Abg. Dr. Moser – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ich bringe etwas mit! – Abg. Dr. Moser stellt ein Sackerl neben das Rednerpult, das sofort umfällt. – Abg. Grillitsch: Ist schon umgefallen! – Abg. Ing. Schultes: Die Grünen liegen am Boden!)

 


9.54.36

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren, auch zu Hause vor den Fernsehschir­men! Ich bin mir sicher, dass Menschen, die bei Verkehrsunfällen verletzt wurden und jetzt im Krankenhaus liegen, dieser Debatte wirklich mit Interesse folgen werden, denn – Frau Ministerin, da teile ich völlig Ihre Meinung – menschliches Leid, zugefügt durch Verkehr, ist wirklich vermeidbar. Und darum stehe ich zu dieser „Vision Zero“. Für mich ist sie eine Vision und nicht keine Vision.

Doch, Frau Ministerin, das ist ja auch der Vorwurf: Sie beziehungsweise Ihre Vorgän­ger haben diese Vision verkehrsprogrammatisch fixiert, nur leider sind wir weit entfernt von den Zielen, leider heißt es, Verkehrssicherheit: Ziel verfehlt!, leider heißt es, wir treten auf der Stelle.

Ich kann Ihnen das gerne ausführen, und ich möchte mich mit diesem Thema auch deshalb etwas intensiver auseinandersetzen, weil es mir auch persönlich ein großes Anliegen ist, vermeidbares menschliches Leid wirklich offensiv politisch zum Programm zu machen. Was Sie, Frau Ministerin, heute hier gesagt haben, war größtenteils Be­kenntnis: Bekenntnis zu den Zielen. Sie haben darauf hingewiesen, dass Sie ein biss­chen etwas umgesetzt haben, aber die einzige Maßnahme, die Sie pro futuro, für die Zukunft angekündigt haben, waren plus 20 Prozent beim Personal, mehr Polizisten auf der Straße zur Verkehrskontrolle.

Ja, das ist äußerst wichtig. Wir brauchen eine Intensivierung der Kontrolle, sonst nützt nämlich alles nichts, was hier in diesem Papier steht oder was Sie uns heute vor­getragen haben. Die Kontrolle ist das Um und Auf, Frau Ministerin. (Beifall bei den Grünen.)

Lassen wir es einmal bei den Zahlen. Dieses Papier, das beschlossen wurde, teilweise auch vom Parlament, würde uns nahelegen, dass wir bereits 2009, in diesem Jahr, die Zahl der Verkehrstoten auf 537 senken. Der derzeitige Stand, Stand 6.12.2009, ist 593. Wir liegen also deutlich darüber, Frau Ministerin. Was die Zahl der Unfälle anlangt, sind wir im unteren Mittelfeld der Europäischen Union. Wir haben in Österreich enorme Un­fallzahlen. Was die Zahl der Schwerverletzten anlangt, so ist sie teilweise sogar gestie­gen. Und das, obwohl wir ein besseres Rettungssystem haben, das, obwohl wir besse­re Notarztversorgungen haben, das, obwohl die Autotechnologie immer besser wird. All die Schutzmechanismen, Airbag, Knautschzone, elektronische Mechanismen et cetera, helfen uns nicht, die Zahlen massiv zu reduzieren, so wie es sein soll.

Und wieso, Frau Ministerin? – Sie wissen es genauso wie alle hier im Raum: weil sich das menschliche Verhalten leider nicht am Sicherheitsaspekt orientiert. Wir haben ja auch gehört von den Rasern, den Alkoholikern – ich sage jetzt absichtlich die männli­che Form, obwohl es auch weibliche Raserinnen beziehungsweise Alkoholikerinnen gibt oder Menschen, die unter Alkoholeinfluss Auto fahren –, und dort müssen wir ver­stärkt ansetzen, denn, Frau Ministerin, die Strafen allein nützen nichts. Ich habe auch die Kontrolle schon erwähnt, aber denken Sie daran, wir brauchen auch eine Reform des Vormerksystems.

Meine Damen und Herren, das in Europa wirksamste Instrument zur Senkung der Un­fallzahlen ist das Vormerksystem, kombiniert mit Kontrollen. Aber Rasen, Geschwindig­keitsüberschreitungen sind in Österreich kein Vormerkdelikt. Nichts, nein! Frau Minis­terin, da besteht Handlungsbedarf! (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 39

Genauso wenig ist Alkohol ein Vormerkdelikt. Nein, Sie haben es bis jetzt nicht ge­schafft, das in verstärktem Ausmaß wirklich in das wirksamste Instrument zu integrie­ren. Die Unfallzahlen, gerade bei den Alkohollenkern, sind im ersten Quartal 2009 um 25 Prozent gestiegen. Da müssen die Alarmsignale läuten. Frau Ministerin, da hilft nicht allein eine Kampagne – bitte, Ihr Bemühen in Ehren –, sondern da müssen kon­krete Maßnahmen ergriffen werden, und da haben wir im Parlament endlich auch Be­schlüsse zu fassen. Zum Beispiel, ganz einfach: Reform des Vormerksystems, mehr Kontrollen. Und die beste Maßnahme ist überhaupt, wenn wir den Routineverkehr auf den öffentlichen Verkehr verlagern.

Darum, Frau Ministerin, gebe ich Ihnen jetzt noch etwas mit, was sowohl der Verkehrs­sicherheit als auch dem Klimaschutz, als auch der Lebensqualität der PendlerInnen dient. Ich habe es extra für Sie eingepackt. Es sind die gesammelten Unterschriften von Pendlern und Pendlerinnen, die haben wollen, dass sie mit öffentlichen Verkehrs­mitteln sicher zur Arbeit kommen. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Moser entnimmt dem mitgebrachten Sackerl ein Paket, das sie Bundesministerin Bures über­reicht.)

9.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet ist nun ... (Abg. Grillitsch: Wer? – Abg. Ing. Westenthaler: Na wer?) – Eine Sekunde! (Abg. Bucher: Der Haber­zettl, hoffentlich!) – Herr Abgeordneter Keck, bitte. (Abg. Bucher: Doch nicht der Ha­berzettl! – Abg. Ing. Westenthaler: Eine kurze Entgleisung von der ...! – Abg. Gril­litsch: Willst du vielleicht nicht reden?!)

 


10.00.41

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Minister! Meine Damen und Herren! Kollege Bucher, „Vision Zero – zentrales Konzept der Verkehrspolitik für weniger Unfälle, weniger Tote und Verletzte im Straßenverkehr“ heißt nicht, keine Vi­sion zu haben, sondern das heißt, die „Vision null“ zu haben (Abg. Ing. Westenthaler: Eine Null-Vision! – Abg. Scheibner: Sie haben aber eine Null-Vision!): null Unfälle, null Verletzte und null Tote im Straßenverkehr. Ich denke, das ist eine wirklich gute Vision, die sich diese Regierung als Aufgabe gestellt hat (Beifall bei der SPÖ), und mithilfe al­ler hier im Parlament vertretenen Parteien wäre das möglich.

Meine Damen und Herren! In Österreich sind derzeit rund 5 Millionen Führerscheine ausgestellt. Der größte Teil der Fahrzeuglenkerinnen und Fahrzeuglenker sind korrekte und rücksichtsvolle Verkehrsteilnehmer; zerstört wird dieses Bild aber von einer Grup­pe, die anscheinend unbelehrbar ist, nämlich den Alkolenkern.

Wenn die Schlagzeilen lauten: Auto rast in Schülergruppe!, Fahrzeuglenker löscht gan­ze Familie aus!, oder: Fahrer rast ungebremst in Musikkapelle!, dann sind fast immer sie, nämlich die Alkolenker, Ursache für menschliche Katastrophen, die auf der Straße stattfinden.

Allein im Jahr 2008 haben Alkolenker 2 632 Unfälle verursacht, bei denen 3 628 Perso­nen verletzt wurden. In den wenigsten Fällen, meine Damen und Herren, waren die Al­kolenker selbst von Verletzungen betroffen, in der Mehrheit waren das unbeteiligte Drit­te – Beifahrer, unschuldige Fußgänger oder Radfahrer –, die bei diesen Unfällen ver­letzt oder gar getötet wurden.

Alles in allem hat uns das im Jahr 2008 den höchsten Anteil an Alkoholunfällen unter allen Unfällen in den letzten zehn Jahren eingebracht, er liegt nämlich bei 6,7 Prozent, meine Damen und Herren.

Noch schockierender sind die Todeszahlen, die sich in dieser nüchternen Statistik ver­bergen: 52 Personen haben 2008 ihr Leben bei Unfällen verloren, bei denen der Alko­hol eine Rolle gespielt hat; für die letzten 15 Jahre bedeutet das eine Höchstzahl von


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 40

fast 1 200 getöteten Menschen bei Unfällen, bei denen Alkohol im Spiel war. Nur über­höhte Geschwindigkeit, Vorrangverletzungen, Unachtsamkeit am Steuer oder fehlge­schlagene Überholvorgänge verursachen mehr Tote im Straßenverkehr, als sie durch Alkohol passieren.

Diese Zahl wird leider weiter anwachsen, denn seit 2004 gelingt es nicht, sie signifikant zu senken: Während die Todesraten in allen übrigen Bereichen zurückgehen und über­all anders die moderne Autotechnik mit ABS, mit ESP, Airbags, stabileren Karosserien oder besserem Licht helfen kann, hilft das nur wenig, wenn das Hirn des Lenkers durch Alkohol beeinflusst und ausgeschaltet ist, dann werden Unfälle verursacht.

Meine Damen und Herren! Ich begrüße daher alle Maßnahmen, die Verkehrsministerin Bures gesetzt hat, um weitere menschliche Katastrophen zu verhindern.

Ich freue mich, dass die notwendigen und sinnvollen Maßnahmen aus der Führer­scheingesetz-Novelle bereits mit 1. September 2009 in Kraft getreten sind, denn ab sofort liegt die Mindeststrafe bei Alkohol am Steuer bei 300 €, im Höchstfall müssen 5 900 € bezahlt werden. Und auch Wiederholungstäter werden endlich höher bestraft: Wer zweimal oder sogar öfter erwischt wird, muss mit einem Führerscheinentzug für mindestens sechs Monate rechnen, und zusätzlich nimmt die Dauer des Führerschein­entzugs endlich Bezug auf den jeweiligen Grad der Alkoholisierung.

Die wichtigste Neuerung, meine Damen und Herren, ist aber das verpflichtende Ver­kehrscoaching, das ab 0,8 Promille Alkoholisierung verpflichtend absolviert werden muss. Da denke ich vor allem an unsere jüngeren und männlichen Verkehrsteilnehmer. Zum Beispiel hat erst am letzten Wochenende ein 23-jähriger Alkolenker mit 0,86 Pro­mille Blutalkohol aus Leonding in Oberösterreich die vier Insassen, die mit ihm im Auto gesessen sind, ins Krankenhaus befördert, aber deswegen ins Krankenhaus befördert, weil er sie durch einen Unfall verletzt hat. Er hat damit voll der Statistik entsprochen: Mehr als 85 Prozent der Vorfälle werden von Männern verursacht, ein Fünftel davon ist maximal 24 Jahre alt und weitere 10 Prozent sind unter 30 Jahre alt.

Meine Damen und Herren – das ist wirklich auch an die Opposition gerichtet! –, wir al­le, glaube ich, kennen die Problemlage, und ich bin dankbar dafür, dass wir mit Ver­kehrsministerin Doris Bures eine Ministerin im Amt haben, die sich diesen Problemen stellt, eine Lösung sucht und diese Lösung – wie die Führerscheingesetz-Novelle, die auch der Verkehrssicherheit dient – umsetzt. Frau Ministerin, ein recht herzliches Dan­keschön dafür! (Beifall bei der SPÖ.)

10.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Singer zu Wort. – Bitte sehr. (Abg. Dr. Jarolim: Hat schon jemand über den Herrn Gorbach ge­sprochen? – Abg. Dr. Moser: Ja, ich habe ihn schon erwähnt! – Ruf beim BZÖ: Jeden­falls nicht über den Herrn Jarolim! – Abg. Grosz: Weil dann könnte wer über „Euro­team“ sprechen!)

 


10.05.42

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bundesmi­nisterin! Geschätzte Damen und Herren hier im Hohen Haus und vor den Bildschirmen! Die Statistik Austria weist im ersten Halbjahr 2009 in Österreich rund 17 000 Unfälle mit Personenschaden aus; 22 000 Verletzte und 287 Todesopfer sind zu beklagen. Verglichen mit dem ersten Halbjahr des vergangenen Jahres gab es um 5,3 Prozent weniger Unfälle mit Personenschaden und 25 Verkehrstote weniger – grundsätzlich er­freulich, doch es gilt, und das wurde heute bereits mehrmals gesagt: Jedes Todesop­fer, jeder Schwerverletzte, ob Frau, Mann oder Kind, im Straßenverkehr ist eines und einer zuviel. Im Regierungsprogramm der Regierungsparteien wurde daher der Ver-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 41

kehrssicherheit besonderes Augenmerk gewidmet und die „Vision Zero“ zum langfristi­gen Ziel erklärt: die gänzliche Vermeidung von Todesopfern im Straßenverkehr.

So wurden im heurigen Jahr mit dem Beschluss des Verkehrssicherheitspaketes be­reits wichtige Maßnahmen gesetzt, die zur Verbesserung des Schutzes der Verkehrs­teilnehmer kreiert wurden. Ich denke da an die intensivere praktische Ausbildung von Mopedlenkern, ich denke an die Sicherheitsmaßnahmen für Kinder, ich denke an die Verschärfung von Strafen für Alkolenker und an die erhöhten Strafen bei Geschwindig­keitsüberschreitungen.

Wichtig für mich ist auch, dass die Expertengruppe Radfahren zu positiven Ergebnis­sen kommt, denn Radfahrer brauchen besonderen Schutz. Darüber hinaus ist erfreu­lich, dass im Rahmen des Konjunkturpaketes der verstärkte Ausbau von unbeschrank­ten Bahnübergängen beschlossen wurde – eine wichtige Reduktion von besonderen Gefahrenquellen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Im Verkehrssicherheitsbeirat wurde jüngst die Arbeit am Verkehrssicherheitsprogramm 2011–2020 aufgenommen. Die ÖVP begrüßt, dass im neuen Verkehrssicherheitsprogramm alle VerkehrsteilnehmerInnen berücksichtigt werden. Ziel ist es, ein besseres Miteinander aller im Straßenverkehr Beteiligten zu er­reichen.

Viele Verkehrssicherungsmaßnahmen sind zur Erreichung dieses Ziels notwendig: die Verbesserung der Straßeninfrastruktur, der Einsatz von Verkehrsleitsystemen in und außerhalb von Fahrzeugen, moderne Verkehrssicherheitstechnologien, vor allem auch die Verbesserung des Bewusstseins der Bevölkerung und auch der verstärkte Ausbau des öffentlichen Verkehrs. (Abg. Dr. Moser: Bitte tun Sie es auch!)

Konkret möchte ich noch auf einen Vorschlag, der aus Oberösterreich kommt, einge­hen, nämlich die Errichtung von Bewegungszonen. In diesen Zonen soll das Fahren von Fahrzeugen mit stark verminderter Geschwindigkeit sowie das Halten und Parken, zum Beispiel vor Geschäften, möglich sein, gleichzeitig steht aber den Fußgängern in dieser Zone die gesamte Verkehrsfläche, auch die Fahrbahn, zur Verfügung. Kein Ent­weder-oder, sondern das gemeinsame Nutzen der Fahrbahn ist ein Ziel, das gerade im innerstädtischen Bereich für alle Bedürfnisse attraktiv gestaltet wird.

Wichtig ist, dass bei all diesen Maßnahmen alle am Verkehr Beteiligten mitwirken kön­nen. Ich begrüße daher die Einbindung jedes am Verkehrssicherheitsprogramm Inter­essierten im Wege der Online-Umfrage des Bundesministeriums für Verkehr, Innova­tion und Technologie und des Kuratoriums für Verkehrssicherheit. Ich halte insbeson­dere die Einbindung der Autofahrerklubs, der ASFINAG, des Verkehrssicherheitsbeira­tes, der Polizei, des Roten Kreuzes und der Feuerwehren für sehr wichtig.

Apropos Polizei, Feuerwehren, Rotes Kreuz: Diese tragen wesentlich zum Schutz der Verkehrsteilnehmer und damit zur Verkehrssicherheit bei. Neben den hauptamtlichen sind auch immer wieder viele ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ein­satz, ihnen gebührt unser besonderer Dank für den Dienst zum Wohle unserer Bevöl­kerung! (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren hier im Hohen Haus und vor den Bildschirmen! Lang­fristiges Ziel ist die gänzliche Vermeidung von Todesopfern im Straßenverkehr. Zur Er­reichung dieses Ziels müssen wir alle – wir alle! – einen wesentlichen Beitrag leisten. Durch verantwortungsbewusstes Fahren, durch Rücksichtnahme auf die anderen Ver­kehrsteilnehmer haben wir es in der Hand, ob wir Schuld sind an Verletzten oder gar an toten Menschen.

Denken wir daran: Es könnte unsere Familie, unsere Freunde, uns selbst treffen. (Bei­fall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Moser: Warum tun Sie nicht etwas dafür? Tun!)

10.10



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 42

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek. – Bitte.

 


10.11.04

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren an den TV-Geräten! Bis jetzt, nach den Reden der Mitglieder der Regierungsfraktionen, konnten wir annehmen: Na ja, eigentlich ist alles zufriedenstellend und alles in bester Ordnung, wir haben aber trotzdem 800 bis 1 000 Tote pro Jahr. Diese haben 2 000 bis 3 000 Verwandte, Eltern, Kinder, und diese fragen sich zu Recht: War das alles notwendig, und wird wirklich ge­nügend getan – nämlich wirklich genügend! –, um das in Zukunft zu verhindern?

Wir haben heute schon gehört, dass es diesen Slogan der „Vision Zero“ seit 1997 in Schweden gibt, ich möchte daher gar nicht näher auf den Slogan eingehen, sondern darauf, was wir in Österreich haben.

Einige Maßnahmen, zum Beispiel Sanktionen für Alkoholdelikte: Frau Bundesminister, ich empfehle Ihnen, nehmen Sie einmal Kontakt mit Fachärzten für Labormedizin auf und hören Sie sich an, was diese Ihnen aus der Praxis erzählen, wenn Leute zum CDT-Test kommen, die genau wissen, dass der Alkohol im Blut auffindbar ist – und trotzdem wird getrunken. Da haben wir es ein bisschen mit Problemen bei manchen Autofahrern und natürlich Autofahrerinnen, wie Frau Moser gesagt hat, zu tun, denn diese sind uneinsichtig. Da müssen wir einschreiten!

Weiters das Vormerksystem: Die Auswertung der Evaluierungen gehört dringend ge­macht!

Oder Verkehrsleitsysteme zur flexiblen Anpassung der Geschwindigkeit: Das alles ken­nen wir nur von dieser unnötigen IG-Luft-Beschränkung, wie wir sie zum Beispiel im Raum Linz haben mit dem „Luft-Hunderter“. Aber es gehören auch andere Sachen be­rücksichtigt: Wetterveränderungen oder Straßenverhältnisse gehören eingeplant!

Und ein bisschen in Richtung der SPÖ: Ich vernehme heute keine gesteigerte Hektik, um klarzumachen, wer zum Beispiel dem BMVIT vorstand, wer Verkehrsminister war, als diese Dinge, Vormerksystem und Verkehrsleitsystem, eingeführt wurden, aber dar­über kann man auch einmal nachdenken, nicht nur wie sonst immer, wenn es darum geht, ob Sozialisten im Verkehrsministerium waren. (Zwischenrufe der Abgeordneten Heinzl und Keck.)

Was sagen Experten noch? – Sie sagen, dass wir eine mehrstufige Ausbildung nicht nur im Autobereich brauchen, sondern auch und vor allem im Bereich Moped/Motorrä­der. Und es wird auch über die Fahrräder gesprochen. Der VCÖ erzählt uns immer, nur ein Radfahrer, fahrradgerecht und so weiter, der Radfahrer ist schon fast derjenige, der das Nonplusultra zu sein scheint, aber wir müssen auch berücksichtigen, dass gerade manche Radfahrer zu den aggressivsten Verkehrsteilnehmern gehören: dort, wo wirk­lich das Blut spritzt, wenn diese sich in den Straßenverkehr begeben. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir müssen auch einmal berücksichtigen, dass es den ÖAMTC gibt. Der ÖAMTC redet zum Beispiel von einem Tunneltest, und er empfiehlt auch einen Baustellentest. Er empfiehlt auch, bei Autos etwas mit Brandlöschsystemen zu machen oder beim Aus­bau von Fahrerassistenzsystemen. – Das sind Dinge, die wir noch weiter dringlich an­gehen sollten und wo wir etwas tun sollten.

Der ÖAMTC sagt auch, dass es nicht nur die Schnellfahrer, die Raser, sind, die etwas verursachen; wir sollten auch einmal dahin gehend schauen, ob nicht Leute, die sich mit Hut statt Helm bewaffnet ins Auto setzen und dann mit 40 km/h fahren genauso ge­fährlich sind wie die Raser. Dort müssen wir gleichfalls ansetzen! (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 43

Frau Bundesminister, was ich mir sonst noch wünschen würde: Die Gigaliner mit 60 Tonnen und 26 Metern Länge haben auf unseren Straßen nichts verloren! Frau Bundesminister, verhindern Sie deren Einsatz! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Heinzl: Das ist schon passiert! Das ist schon erledigt!)

Darüber hinaus sollte der Grundsatz: Weg von der Straße!, wirklich durchdacht wer­den. Es gibt Beschlüsse des Nationalrates aus dem vergangenen Jahr, zum Beispiel das „7-Euro-Senioren-Ticket“ oder das „Österreich-Ticket“, diese werden nicht umge­setzt!

Frau Bundesminister, setzen Sie nicht nur Sachen um, die Ihnen zum Beispiel ideo­logisch ins System passen, setzen Sie alle Beschlüsse um, denn im Endeffekt werden uns die Verwandten, Eltern, Kinder, von Verkehrsopfern fragen, was wir getan haben, und wir sollten ihnen sagen, dass wir etwas getan haben, und vor allem, dass wir ver­sucht haben, in Zukunft weniger Opfer zu erreichen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

10.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Hagen zu Wort. – Bitte.

 


10.15.29

Abgeordneter Christoph Hagen (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Wenn ich auf die Galerie schaue, sehe ich sehr viele junge Menschen. Für euch wird diese Politik hier gemacht – ich werde später noch darauf zurückkommen, und zwar im Zusammenhang mit der „Vision Zero“.

Es wurde hier schon angesprochen: Vision null. „Vision null“ erinnert mich an die letzt­wöchige Rede unseres Herrn Bundeskanzlers zu einem Jahr Bundesregierung, ÖVP/SPÖ oder SPÖ/ÖVP: null Ideen, null Lösungen, null Visionen, meine Damen und Herren! So schaut es aus! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Heinzl.)

Ich möchte noch vorwegnehmen, dass ich die Kampagne der Frau Bundesminister ge­gen Alkohol als das einzig Positive empfinde. Diese Kampagne kann ich voll unterstüt­zen, bloß geht sie mir nicht weit genug, denn es ist nur von Alkohol die Rede. Wir alle wissen, dass im Straßenverkehr sehr viele Drogenlenker unterwegs sind. Auch dem muss entgegengewirkt werden, da muss das Gewissen geschärft werden. Da muss auch eingegriffen werden, Frau Minister, das wäre der richtige Weg!

Das BZÖ war schon Vorreiter in der Verkehrssicherheit, in den Verkehrssicherheits­kampagnen (Abg. Heinzl: ... 100 Stundenkilometer!), damals, während der FPÖ- und späteren BZÖ-Regierung. Wenn ich zurückschaue, war es 2002 ein Verkehrsminister Reichhold, der da die ersten Schritte gesetzt hat und der in die richtige Richtung ge­gangen ist. (Abg. Heinzl: ... schneller fahren!) Das Ergebnis: Von 2002, als es 956 To­te im Straßenverkehr gab, auf letztes Jahr, das Jahr 2008, ist die Zahl auf 679 gesun­ken; bei den Verletzten im Straßenverkehr sank sie von 56 684 auf 50 529. – Es wurde also schon etwas gemacht und ein richtiger Schritt in die richtige Richtung gesetzt, un­ter einer anderen Regierung als einer SPÖ/ÖVP-Regierung, meine Damen und Herren!

Ich möchte hier noch weitere wichtige Maßnahmen in dieser Kampagne unter BZÖ-Re­gierungsbeteiligung anschneiden. Am 1. Jänner 2003 wurde die Mehrphasenfahreraus­bildung eingeführt, damit die jungen Menschen in der ersten Zeit ihres Führerscheinbe­sitzes begleitet werden, damit sie auf den richtigen Weg geführt werden, damit ihnen ihre Grenzen aufgezeigt werden. Da ist ein wichtiger Schritt gemacht worden!

Ebenfalls Jänner 2003: Bluttest für Drogenlenker – eine sehr wichtige Entscheidung –, Einführung der Schnelltestgeräte.

Seit Juli 2005 gibt es das Führerschein-Vormerksystem, bezüglich dessen Kollegin Mo­ser schon einmal angesprochen hat, dass das ein wichtiger Schritt ist. Da tut es weh,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 44

wenn man vorgemerkt ist – Deutschland zeigt das vor. (Abg. Dr. Moser: Dort ist es aber viel systematischer und korrekter!)

Und dann im Dezember 2005 die Alkohol-Vortestgeräte – auch ein wichtiger Schritt für die Verkehrssicherheit.

Meine Damen und Herren! Ich als Exekutivbeamter sage Ihnen, dass vermehrt Kontrol­len notwendig sind, um wirklich einen richtigen Schritt für die Verkehrssicherheit zu set­zen. Nur höhere Strafen, das ist der falsche Weg! Hier geht es nur ums Abkassieren, darum, die Budgetlöcher zu stopfen, und das unterstützen wir vom BZÖ nicht. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Mayerhofer.)

Und wenn ich sehe, dass der Exekutive das Personal fehlt, und Frau Bures dann so wie vorhin sagt, die Polizisten müssen weg von der Bürokratie, sie müssen weg von den Schreibtischen und hinaus auf die Straßen, kann ich nur sagen: Ja, das ist gut ge­meint, aber in den letzten Tagen habe ich gehört, dass das PAD neu eingeführt worden ist, das die Beamten noch mehr an den Schreibtischen festnagelt, dass es durch das ZMR-neu kaum mehr Abfragemöglichkeiten gibt, wenn irgendein Buchstabe falsch ein­gegeben wird, dann funktioniert das System nicht mehr, und das sind Behinderungen und keine Fortschritte, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Mayerhofer.)

Dann wird noch eine elektronische Dienstvorschreibung eingeführt, durch die die Dienstvorschreibung statt wie früher 3 Minuten nun bis zu 30 Minuten in Anspruch nimmt. Wie wollen Sie da die Leute auf die Straße bringen? Sie gehen den falschen Weg, meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP! Das muss geändert werden!

Wenn ich schaue, woher man das Geld bekommen könnte, komme ich auf Folgen­des – ganz einfach! –: 4 Millionen € an Zeitungsinseraten durch die ÖVP/SPÖ-Bundes­regierung während der Wahlkämpfe in Vorarlberg und Oberösterreich – 4 Millionen! Damit könnte man viel für die Sicherheit machen, damit könnte man viel Aufklärungsar­beit leisten, damit könnte man viele Exekutivbeamte einstellen. – Dieses Geld wäre dort besser verwendet! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Bei der zweiten Pfändertunnel-Röhre in Vorarlberg ist endlich der Durchstich gelungen, endlich ist da ein Schritt gesetzt worden. Sie haben gesagt, von Verkehrsminister Gor­bach habe man nichts gehört. Die Schritte, die ich vorhin aufgezählt habe, wurden alle unter Verkehrsminister Gorbach gesetzt. Die zweite Pfändertunnel-Röhre in Vorarlberg wurde ebenfalls unter Verkehrsminister Gorbach durchgesetzt – eine Forderung, die ich über zehn Jahre lang erhoben habe, wobei sogar die ÖVP eingestehen musste, dass sie zehn Jahre zu spät durchgesetzt wurde.

Meine Damen und Herren! Wir waren auf dem richtigen Weg. Setzen Sie diesen unse­ren Weg fort, dann liegen Sie richtig, Frau Bundesminister, und handeln Sie gemäß den BZÖ-Forderungen! – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

10.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte.

 


10.20.54

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kol­leginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher hier im Saal und zu Hause! Das Thema der heutigen Aktuellen Stunde lädt schon ein bisschen dazu ein, es zweideutig oder differenziert zu betrachten. (Abg. Mag. Molterer: Es ist aber schon ein Unterschied zwischen zweideutig und differenziert!) Die „Vision Zero“, also null Ver­kehrstote, sollte nicht nur eine Vision sein, sondern ein unbedingtes Ziel und eine


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 45

Selbstverständlichkeit, denn jeder Tote und jede Tote auf Österreichs Straßen sind einer und eine zu viel. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn ich mir aber die Verkehrspolitik dazu ansehe, dann fällt mir da schon eher „null Vision“ dazu ein, denn das, was Sie in der Verkehrspolitik machen, ist nicht, Fußgän­ger und Fußgängerinnen, das Radfahren und den öffentlichen Verkehr zu fördern und damit die Leute von der Straße wegzubringen, sondern sie investieren stattdessen 15 Milliarden € in weitere unsinnige Autobahnprojekte und zwingen die Menschen da­durch auf die Straße – das bedeutet, es gibt mehr Unfälle.

Frau Ministerin, die Opferzahlen, die Sie genannt haben, sind sehr dramatisch. Das, was Sie aber vergessen haben, sind – und das ist genauso dramatisch – die vielen Op­fer und Toten durch Feinstaub und Lärm, denn sie sind noch um ein Vielfaches zahlrei­cher als jene Opfer, die wir direkt auf den Straßen zu beklagen haben.

Was die Verkehrssicherheit angeht, halte ich die Verkehrspolitik für sehr visionslos. Ich halte sie aber auch für visionslos und völlig unverständlich, was den Klimaschutz be­trifft. Der Verkehr ist einer der Hauptverursacher von CO2, gerade auch in Österreich. Der CO2-Ausstoß durch den Verkehr steigt in Österreich sogar an.

Es findet gerade die Klimakonferenz in Kopenhagen statt, wo die ganze Welt darüber diskutiert, wie wir umdenken können, wie wir aus der fossilen Energiewirtschaft heraus­kommen können, wie wir den CO2-Ausstoß reduzieren können, aber Sie berührt das offenbar überhaupt nicht, denn Sie ändern Ihre Politik leider genauso wenig wie der für die Umwelt zuständige Landwirtschaftsminister!

Wir brauchen auch im Verkehrsbereich endlich ein Umdenken! Ich kann Ihnen an einem konkreten Beispiel zeigen, was Ihre Politik für den Klimawandel bedeutet, näm­lich am Beispiel der S 7 in der Oststeiermark und im Südburgenland, einer unsinnigen Transitroute. Die S 7 hat zur Folge, dass in den betroffenen Gebieten eine Tonne mehr CO2-Ausstoß pro Kopf und Jahr verursacht wird. Das ist fast so viel an Kohlendioxid-Ausstoß wie der Wert, auf den wir eigentlich reduzieren müssten. Es wird sozusagen der gesamte CO2-Ausstoß der Menschen, die dort leben, von diesem unsinnigen Pro­jekt aufgebraucht.

Klimaschutz ist also gerade im Verkehrsbereich notwendig – aber nicht nur aus Klima­schutzgründen, denn Klimaschutz bedeutet auch Verkehrssicherheit. Sie könnten also zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Daher verstehe ich nicht, warum Sie Ihre Poli­tik, weiterhin in den Straßenbau zu investieren, fortsetzen, anstatt andere Maßnahmen zu setzen, wie zum Beispiel, mehr Platz für Fußgängerinnen und Fußgänger sowie für Radfahrerinnen und Radfahrer zu schaffen. Das würde Klimaschutz und mehr Ver­kehrssicherheit zur Folge haben. Oder: Temporeduktionen und Einführung einer Lkw-Maut sowie Ausweitung des öffentlichen Verkehrs, auch das brächte mehr Klimaschutz und mehr Verkehrssicherheit. Wir brauchen vor allem auch eine ökologische Steuerre­form, die letztlich auch zu mehr Klimaschutz und mehr Verkehrssicherheit führen würde.

Durch all diese Maßnahmen könnten wir mindestens drei Millionen Tonnen CO2-Aus­stoß im Jahr verhindern. Das würde nicht nur zu mehr Verkehrssicherheit beitragen, sondern würde den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern sehr viel Geld ersparen,
weil wir dann weniger Emissionszertifikate kaufen und weniger Strafzahlungen leisten müssten.

Wir haben in dieser Woche und auch schon in den Wochen vor Kopenhagen gehört, dass Österreich leider zu den Klimasündern der Welt gehört. Ich empfinde das eigent­lich als sehr schmerzhaft, denn ich war immer stolz darauf, dass Österreich ein Um­weltmusterland war. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek – in Richtung ÖVP –: Sie waren noch in der Schule, als das war!) Das sind wir leider


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 46

nicht mehr. Daran müssen wir unbedingt etwas ändern, da müssen wir unbedingt um­denken. Dazu müssen auch Sie, Frau Ministerin, einen Beitrag leisten.

Es ist an der Zeit, in der Verkehrspolitik umzudenken. Leider ist solches im Moment nicht erkennbar. In der SPÖ-Verkehrspolitik gibt es dazu genauso wenig Bereitschaft wie im ÖVP-Landwirtschaftsministerium, das ja die Umweltpolitik aufgegeben zu haben scheint.

Deswegen möchte ich abschließend festhalten, dass ich der Meinung bin, dass Öster­reich unbedingt ein eigenständiges, starkes und engagiertes Umweltministerium braucht. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

10.25.55Einwendungen gegen die Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur angekündigten Debatte über die Einwendungen gegen die Tagesordnung.

Die Einwendungen kamen von den Abgeordneten Dr. Rosenkranz und Mag. Steinhau­ser betreffend Absetzung des Punktes 38 von der Tagesordnung sowie von Abgeord­netem Bucher betreffend Absetzung der Punkte 38 bis 40 von der Tagesordnung.

Eine Redeordnung konnte zwischen den Klubvorsitzenden vereinbart werden. Zu­nächst sprechen drei Begründer mit je 4 Minuten.

Zu Wort gelangt als Erster Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. – Bitte.

 


10.26.34

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Es ist ein sehr durchsichtiger Versuch, dass SPÖ und ÖVP gerade heute den Punkt Kinder­rechte und deren Aufnahme in die Verfassung auf die Tagesordnung setzen. Sie wol­len damit vom Zudecken und Vertuschen im Untersuchungsausschuss ablenken. Und sie wollen insbesondere eines: ein ungeliebtes Gesetz beschließen, denn es ist bereits seit 20 Jahren auf der Agenda. Gerade jetzt möchte man es so drehen, als würde die Opposition – Herr Cap hat sogar gemeint, es sei die vereinte Opposition, aber so einen organisatorischen Durchdringungsgrad haben wir, kann ich Ihnen sagen, bei Weitem noch nicht – blockieren. Aber dann, wenn tatsächlich der Parlamentarismus in Gefahr ist, ist es sehr wohl die Opposition, die zu verschiedenen Maßnahmen greift; so auch zu diesem Antrag, denn Kinderrechte sind wichtig, und wir wollen sie diskutiert wissen.

Eines ist nicht richtig: dass in diesem Hohen Haus keine Zweidrittelmehrheiten möglich sind, wenn es für das Land und dessen Bürger notwendig ist. Beispiele aus der jüngs­ten Vergangenheit, wie etwa das Ökostromgesetz und der Umweltsenat, zeigen, dass mit freiheitlicher Unterstützung, weil es sich um etwas Gescheites handelte, Zweidrittel­mehrheiten erzeugt wurden. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber hier geht man mit einer „Friss-Vogel-oder-stirb-Taktik“ vor, indem man sagt: Wir setzen dieses Gesetz auf die Tagesordnung – auch wenn es nach unserem Dafürhal­ten ein schlechtes Gesetz ist –, wir lassen eine Diskussion darüber zwischen den Par­teien nicht zu, wir peitschen diese Gesetzesmaterie mit einfacher Mehrheit durch den Ausschuss! Doch jetzt möchte man im Parlament weismachen, dass das die typische Arbeitsverweigerung sei, weil im Untersuchungsausschuss eine Zweidrittelmaterien-Blockade seitens der Opposition angekündigt wurde.

Sie wissen, dass eine Zweidrittelmehrheit möglich wäre, würde man das Gesetz disku­tieren, aber dieses Gesetz ist ein schlechtes, weil Sie nur 9 von 45 Punkten tatsächlich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 47

zur Umsetzung vorsehen. (Ruf bei der ÖVP: Es ist ein gutes Gesetz!) Das ist das Pro­blem, das Sie haben. In Wirklichkeit wollen Sie nur ablenken! Sie wollen nämlich davon ablenken, was Sie in dieser Republik zu vertuschen haben! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie wollen auch davon ablenken, dass sich die FPÖ als einzige Partei hier profilieren kann und sich als kinderfreundliche Partei und Familienpartei in diesem Lande durch­setzt. (Beifall und Bravorufe bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir werden beim Tagesordnungspunkt 1, von dem Sie damit offensichtlich auch ablen­ken wollen, schon sehen, wo die Interessen der Kinder in Österreich nach wie vor gut aufgehoben sind und bleiben sollen. Das werden wir Ihnen beim Tagesordnungs­punkt 1 deutlich vor Augen führen! (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ. – Weitere Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

Für die Zuseher, die unsere Tagesordnung nicht kennen: Der Tagesordnungspunkt 1 enthält die Fragen über die Lebenspartnerschaft von Gleichgeschlechtlichen. – Hier wird sich die FPÖ ganz eindeutig positionieren.

Wir sind der Meinung, dass Kinderrechte so wichtig sind, dass man sie ausführlich dis­kutieren muss. Sie sollen nicht deswegen Thema sein, weil die Regierungsparteien glauben, daraus einen taktischen Vorteil ziehen zu können, indem Sie sie heute auf die Tagesordnung setzen, um dann mit dem Finger auf uns zeigen zu können, wenn wir nicht mitgehen, und uns unterstellen zu können, dass wir Arbeitsverweigerung betrei­ben. – Nein, das tun wir nicht, sondern wir stimmen dem aus rein inhaltlichen Gründen nicht zu!

Wir wollen nicht zulassen, dass der Parlamentarismus dazu missbraucht wird, uns hier mit der „Friss-Vogel-oder-stirb-Taktik“ etwas zu unterstellen, was nicht stimmt (Beifall bei der FPÖ) – noch dazu, wenn man unerhörte Zwischenrufe vonseiten der ÖVP in Richtung Opposition gehört hat, dass wir im Falle der Ablehnung unsererseits Kinder­schänder seien. Das ist unerhört! (Beifall bei der FPÖ. – Die Abgeordneten Großruck und Peter Mayer: Wer hat das gesagt?)

10.30

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klubob­mann Bucher. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.30.32

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Grund ist, glaube ich, bekannt: Mit dem Setzen der Kinderrechte auf die Tagesordnung versucht man davon abzulenken, dass man nicht in der Lage oder nicht willens ist, mit der Opposition über eine ausreichende Verankerung der Kinder­rechte in der Verfassung zu diskutieren und eine gründliche Beratung hinsichtlich der Möglichkeiten und Maßnahmen in Bezug auf Kinderrechte tatsächlich durchzuführen. Es ist vielmehr ein Signal, dass Ihnen die Kinderrechte nichts wert sind, meine Damen und Herren von der ÖVP (ironische Heiterkeit des Abg. Kopf), denn wie ist es sonst zu erklären, dass Ihnen plötzlich einfällt, dass die Kinderrechte in der Verfassung veran­kert werden müssen, während wir seit 19 Jahren – ich betone: seit 19 Jahren! – hier im Hohen Haus beraten, wie wir das zustande bringen können.

Ich erinnere an die vielen Gespräche, die wir in der Zeit, als wir noch Regierungsver­antwortung getragen haben, geführt haben, als es von unserer Seite einige Anläufe ge­geben hat, die ÖVP dahin gehend zu überzeugen, endlich auch die Kinderrechte in der Verfassung zu verankern, vonseiten der ÖVP aber immer wieder blockiert wurde, wäh­rend es Ihnen jetzt nicht schnell genug gehen kann, als ob ab 1. Jänner 2010 plötzlich die Kinderrechte in Gefahr wären.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, es ist doch völlig klar, was Sie hier eigentlich im Schilde führen: Im Grunde genommen wollen Sie nur ablenken da-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 48

von, dass es Ihnen zu heiß geworden ist im Untersuchungsausschuss, den Sie abge­dreht haben, ja den Sie willkürlich abgedreht haben. Und die SPÖ hat Ihnen dabei Schützenhilfe geleistet. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Es ist beispiellos im Parlamentarismus der letzten Jahre, wie hier mit Oppositionsrech­ten umgegangen wird. (Abg. Kopf: Was für Oppositionsrechte?) Das ist beispiellos! So etwas hat es, glaube ich, im Hohen Haus noch nie gegeben: dass eine einzige Partei in dieser Republik bestimmt, wo es langzugehen hat, nämlich die ÖVP. Denn: Immer dann (Abg. Öllinger: Immer!), wenn es um ÖVP-Angelegenheiten gegangen ist in den letzten Jahren, ist vorzeitig oder, besser gesagt, rechtzeitig, bevor man bei all den Mal­versationen sozusagen fündig geworden ist, der Untersuchungsausschuss beendet und abgedreht worden.

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, wollen wir nicht zulassen, und zwar nicht nur wir vom BZÖ, sondern auch die Grünen und die Freiheitlichen, de­nen ich für ihre Einsicht danken möchte. Wir wollen in einer Allianz der Opposition da­für sorgen – in einer Art Notwehrmaßnahme –, dass man nicht wegschaut, dass man nicht hinnimmt, was hier geschieht, sonder aktiv darauf hinweist, dass mit den Oppo­sitionsrechten in diesem Haus nicht so schandlos umgegangen werden darf, wie Sie das in der rot-schwarzen Koalition machen. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Der Hintergrund ist ja klar ersichtlich, nämlich: dass es Ihnen gar nicht darum geht, die Minderheitsrechte zu stärken. (Abg. Kopf: Welche Minderheitsrechte?) Ihnen geht es ja in Wirklichkeit gar nicht darum, obwohl wir einen Fünf-Parteien-Entschließungsan­trag verabschiedet haben, der zum Inhalt hat, im nächsten Jahr weitere Minderheits­rechte in der Geschäftsordnung vorzusehen. Aber Sie wollen das jetzt unterlaufen, Sie wollen das unterbinden. In Wahrheit wollen Sie mit dieser Maßnahme erreichen, dass es gar nicht erst kommt zu der Festlegung des Minderheitsrechtes auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen! Das ist der eigentliche Hintergrund dieser Hintertrieben­heit, die Sie an den Tag legen. Und das lehnen wir strikt ab! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Großruck: „Hintertriebenheit“ – das ist ordnungsrufverdächtig! – Abg. Ing. Westentha­ler – in Richtung des Abg. Großruck –: Man könnte auch „Niedertracht“ sagen!)

10.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Pilz gelangt nun zu Wort. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.34.19

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Nationalrat, der auf sich hält, hat neben der Erstellung eines Budgets zwei große Aufgaben: Gesetze zu erarbeiten und zu beschließen und die Verwaltung und die Regierung zu kontrollieren. An diesen beiden großen Aufgaben wird derzeit der Nationalrat durch eine Minderheit in diesem Parlament – und das ist die Österreichi­sche Volkspartei – gehindert. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wir haben nicht nur einen Kontrollnotstand, sondern wir haben auch einen Gesetzge­bungsnotstand. Und dieser Gesetzgebungsnotstand wird heute sehr deutlich sichtbar: Die ÖVP sagt, die Kinderrechte seien so wichtig, und verräumt sie sozusagen als Ta­gesordnungspunkt 38 in die Zeit rund um Mitternacht. Ein „Mitternachtsgesetz“ soll den österreichischen Kindern etwas bescheren! – Aber worum es in Wirklichkeit geht, das sage ich Ihnen jetzt kurz.

Es geht um sechs Kinderrechte von 45, die die Vereinten Nationen von uns verlangen. Aber die wichtigsten Rechte in der UN-Konvention sind diejenigen, die die ÖVP nicht in der Verfassung haben will, weil es die Rechte von armen und benachteiligten Kin­dern sind! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von FPÖ und BZÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 49

Warum – erklären Sie das später, Herr Kollege Cap und Herr Kollege Kopf! – darf das Recht von Kindern, nicht in Armut leben zu müssen, nicht in die österreichische Bun­desverfassung, obwohl es in der UN-Konvention steht? Warum darf das Recht auf Bil­dung nicht in die österreichische Bundesverfassung, obwohl es in der UN-Konvention steht? Geht es wirklich darum, dass nur die typischen ÖVP-Kinder, die Kinder der Bes­sergestellten, die Kinder der Eliten, die Kinder der Wohlhabenden durch die Verfas­sung geschützt werden sollen (Abg. Steibl: Sie kennen sich überhaupt nicht aus! Nur Palaver ist das!), oder gebührt auch den hunderttausend Kindern – hunderttausend sind es –, die heute in Österreich noch in Armut leben, und zwar 30 000 davon, meine Damen und Herren von der SPÖ, im roten Wien, der Schutz durch die österreichische Bundesverfassung, und zwar im Besonderen?

Darum geht es: keine ÖVP-Kinderrechte, sondern Rechte für alle Kinder, insbesondere soziale, Bildungs- und Antidiskriminierungsrechte in der österreichischen Verfassung zu verankern! (Beifall bei Grünen und BZÖ.)

Deswegen schlagen wir Ihnen vor: Nehmen Sie das zurück und verhandeln Sie einmal anständig und offen mit der Opposition! Sie haben keine Minute mit der Opposition ver­handelt. (Abg. Steibl: Das ist nicht wahr! Es hat mehrere Gespräche gegeben!) Sie ha­ben gesagt: Wir legen es euch auf den Tisch, unterschreibt, wir wollen von euch die Zweidrittelmehrheit! (Abg. Steibl: Das ist nicht wahr!)

Meine Damen und Herren von der ÖVP, die Zeiten, in denen die ÖVP das ganze Par­lament am Nasenring herumgeführt und alles kontrolliert hat, sind vorbei! Die Wählerin­nen und Wähler in ihrer großen Weisheit haben SPÖ und ÖVP die Zweidrittelmehrheit genommen – und wir haben jetzt die Verantwortung, mit dieser Zweidrittelmehrheit sorgsam umzugehen, um bessere Gesetze und eine funktionierende Kontrolle zu ga­rantieren!

Wir werden heute einen Entschließungsantrag einbringen, der zum Inhalt hat, alle Kin­derrechte in die Verfassung aufzunehmen. Und wir werden die Zeit der Regierungsblo­ckade, der Ministerblockade und der U-Ausschuss-Blockade vonseiten der ÖVP bis Ende März dazu nützen, um mit Ihnen bessere Gesetze – nicht nur für Kinder, sondern auch im Bereich des Datenschutzes, der Ökologie sowie in vielen anderen Bereichen – zu verhandeln.

Nehmen Sie endlich Folgendes zur Kenntnis: Dieses Parlament gehört nicht mehr der ÖVP! Das ist ein Parlament, in dem die Opposition (Abg. Steibl: Immer einen Wirbel macht!) im Interesse der Menschen mitzureden hat!

Unser Angebot gilt: Machen wir gemeinsam bessere Gesetze – aber ohne Diktat von­seiten der Österreichischen Volkspartei! – und setzen wir heute dazu einen ersten Schritt!

Setzen wir diese völlig misslungene Initiative, die wesentlichen Kinderrechte aus der Verfassung auszuklammern, von der Tagesordnung ab! Verhandeln wir gemeinsam die Aufnahme aller 45 Kinderrechte in die österreichische Verfassung! Geben Sie Ihre Kontrollblockade und Ihre antiparlamentarische Haltung auf (anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP) und lassen Sie dieses Parlament endlich kontrollieren und arbeiten! (Bei­fall bei Grünen, FPÖ und BZÖ.)

10.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Lueger gelangt nun zu Wort. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.38.52

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Da­men und Herren! Werte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Fernsehschir­men! Betreffend die Kinderrechte möchte ich zunächst ganz kurz in die Geschichte zu­rückblicken: Am 11. September dieses Jahres haben Peter Wittmann und ich gemein-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 50

sam eine Pressekonferenz zur Aufnahme der Kinderrechte in die Verfassung gemacht. Wir haben das Expertenpapier des seinerzeitigen Verfassungs-Konvents öffentlich vor­gelegt und haben gesagt, dass es als Basis der Verhandlungen dienen soll.

Es gab dann zwei Verhandlungsrunden mit der ÖVP, in denen wir eine gemeinsame Vorlage, die wir heute zum Beschluss bringen möchten, ausgearbeitet haben. Ich möchte jetzt kurz auf den Ausschuss eingehen. (Abg. Scheibner: Wie viele Verhand­lungsrunden mit der Opposition?) Seitens der Oppositionsparteien, vor allem seitens der Grünen, wurde im Ausschuss eingebracht, es fehle das Recht auf Bildung, das Recht auf Partizipation und das Recht auf Gesundheit.

Eine Vielzahl an Verfassungsbestimmungen legt die Unterrichtsfreiheit, das Recht auf Gewährung des Öffentlichkeitsrechts und das Recht auf Bildung verfassungsgesetzlich bereits fest. (Abg. Windbüchler-Souschill: Gesamtschule!) Somit ist das Recht auf Bildung ein subjektives Recht im Verfassungsrang für jeden Einzelnen, gegen das vom Gesetzgeber nicht verstoßen werden darf. Das ist ein Grundrecht, das jeder Mensch hier in Österreich hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Weiters möchte ich noch sagen, dass sowohl im Staatsvertrag von St. Germain als auch im Staatsvertrag betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und de­mokratischen Österreich – ja, das sind schon sehr alte Gesetze, und trotzdem schon die Verfassungsbestimmung bezüglich eines Minderheitenschulwesens getroffen wur­de. Also auch der zweite Punkt ist erfüllt.

Im Artikel 2 des Zusatzprotokolls zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 20. März 1952 wurde im Verfassungsrang bestimmt, dass das Recht auf Bildung niemandem verwehrt werden darf. – Ich denke, gerade bezüg­lich der Bildung habe ich ausreichend dokumentiert, dass diese Rechte bereits veran­kert sind. (Abg. Öllinger: Ah ja! Eine „super“ Argumentation!)

Weiters wurde im Jahr 2005 in der Bundesverfassung im Artikel 14 Abs. 5a Folgendes eingefügt: Kindern und Jugendlichen ist „die bestmögliche geistige, seelische und kör­perliche Entwicklung zu ermöglichen, damit sie zu gesunden, selbstbewussten, glückli­chen, leistungsorientierten, pflichttreuen, musischen und kreativen Menschen werden, die befähigt sind, an den sozialen, religiösen und moralischen Werten orientiert Verant­wortung für sich selbst, Mitmenschen, Umwelt und nachfolgende Generationen zu übernehmen“. (Abg. Öllinger: Jetzt verstehe ich, warum der Cap nicht reden wollte!)

Die österreichische Gesetzgebung hat die Gesundheit der Kinder auch in sozialversi­cherungsrechtlichen Gesetzen geschützt. Das ist im ASVG, im GSVG und im BSVG verankert, um nur einige Gesetze zu nennen.

Weiters wurde seitens der Grünen immer medial und auch an verschiedene Organisa­tionen kolportiert, dass sie einen Antrag auf Expertenhearing stellen wollen, aber offen­bar haben sie den Beschluss zur Oppositionsblockade bereits vorher gefasst, denn diesen Antrag auf Expertenhearing haben Sie nie und nirgends, in keinem Gremium gestellt. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Windbüchler-Souschill: Im Ausschuss! Abg. Mag. Kogler: Lernen Sie einmal die Geschäftsordnung, bevor Sie hier ...!)

Seitens der FPÖ wurden drei Punkte eingebracht:

Der Begriff der Familie fehle. – Der ist unserer Meinung nach im Artikel 2 der Vorlage enthalten.

Die Obsorge fehle. – Das ist zum Wohle des Kindes ebenfalls im Artikel 2 der Vorlage enthalten.

Und die „gesunde Watsch’n“ fehle – aber das, meine Damen und Herren, wurde be­reits vor 20 Jahren abgeschafft. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Grosz: Redezeit!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 51

Ich finde es sehr schade, dass Sie wegen Ihrer Oppositionsblockade diesem Gesetz heute nicht zustimmen werden.

10.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist zu Ende.

(Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP für die das Rednerpult verlassen­de Abg. Lueger. Abg. Öllinger: Die SPÖ als Hilfspolizei der ÖVP! Zum Genieren!)

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer zu Wort. – Bitte.

 


10.43.11

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Fernsehschirmen! Sie bekommen et­was vorgeführt, das die Theorie des Parlamentarismus nicht vorsieht, die Praxis jedoch täglich bereit ist, Ihnen als Anschauungsbeispiel vorzuführen (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Nämlich?), und zwar das Auseinanderklaffen von erhabenen Anspruchsin­halten und tatsächlicher Verweigerung realitätsbezogener gesetzlicher Maßnahmen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ziemlich unverständlich!)

Theoretisch klingt es, Kinderrechte in der Verfassung zu implementieren, ja sehr schön, und die Freiheitliche Partei hätte auch nichts dagegen – auch wenn es zur lä­cherlich dünkenden Kommentierung mimischer Art der Klubobfrau der Grünen dient (Abg. Neugebauer: ... geschliffene Sprache! Barock! Abg. Dr. Glawischnig-Pies­czek: Sehr barock!) –, wenn man nicht darauf verzichtet hätte, ausreichend mit den an­deren Parteien des Hauses darüber in Verhandlungen zu treten und darüber zu reflek­tieren, auf welcher einfachgesetzlichen Stufe die in der Verfassung verankerten Kinder­rechte in der Realität ausgestaltet werden, denn auf dieser Ebene verhindert die Mehr­heit des Hauses realitätsbezogene Verbesserungen von Kinderrechten konsequent.

Ein Punkt, der sehr wichtig ist, nämlich die dem Kindeswohl dienende Obsorgeberech­tigung – zumal diese zu Konflikten führt, wenn es zu Trennungen der Eltern kommt –, wird konsequent abgeschmettert.

Wir haben in den letzten Wochen erleben können, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte infolge einer Beschwerde eines Vaters aus der Bundesrepublik Deutschland, dem die Begegnungsrechte mit seinem Kind verweigert wurden, das als menschenrechtswidrig qualifiziert hat.

Auf Ebene der österreichischen Möglichkeiten haben wir mehrmals Initiativen ergriffen, die zuletzt auch im Justizausschuss debattiert worden sind, die Gesetzeslage herbei­zuführen, dass beide Eltern zur Obsorge heranzuziehen sind oder beiden Eltern die Obsorge zukommt. Warum? – Ein sehr großer Teil der die Kinder, vor allem die Klein­kinder, belastenden Streitigkeiten beruht darauf, dass es als Konfliktstoff dient, wel­chem der beiden Elternteile die Obsorge zuzusprechen ist.

Freilich ist es so, dass in vielen Fällen eine einvernehmliche Regelung unter den Eltern gelingt, aber in vielen Fällen wird das Kind als Waffe missbraucht und der Effekt her­beigeführt, dass jahrelange gerichtliche Streitigkeiten auf dem Rücken der Kinder aus­getragen werden und dass mit Eiseskälte unter völliger Vernachlässigung der primären Rechte, die dem Kind zukommen – das ist das Kindeswohl! –, auf dem Rücken dieser unschuldigen Menschen, die wehrlos sind, elterliche Gefechte ausgetragen werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Um dem abzuhelfen, gäbe es gesetzliche Möglichkeiten, nämlich den Spieß umzudre­hen und zunächst die gemeinsame gesetzliche Obsorge vorzusehen und nur im Falle der absoluten Unzukömmlichkeit eventuell einem der beiden Elternteile das Obsorge­recht zu entziehen. Nein, dazu ist die Mehrheit des Hauses nicht bereit, aber man


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 52

führt großartige theoretische Wolkenschiebereien durch, weil eine verfassungsrechtli­che Möglichkeit, die gewünscht wird, nicht frontab eingeführt wird. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

10.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Kopf. – Bitte.

 


10.47.43

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die vereinigte Opposition hat sich vorgenommen, bis Ende März alle Gesetzesvorla­gen, die eine Zweidrittelmehrheit erfordern, hier in diesem Hohen Haus zu blockieren. (Rufe bei der ÖVP in Richtung der Grünen, in deren Reihen ein Plakat nach vorne durchgereicht wird : Schon wieder Plakate! Ja, ja!)

Jetzt sind wir endlich so weit, dass wir nach Jahren der Diskussion eine Gesetzesvor­lage im Haus haben, die es uns ermöglichen würde, Kinderrechte – von allen ge­wünscht – in die Verfassung zu schreiben und in unserer Bundesverfassung zu veran­kern. (Die Abgeordneten Brosz, Öllinger und Windbüchler-Souschill halten ein auf einem Brett aufgespanntes Plakat mit der Aufschrift „Kinderrechte-Lotto – nur 6 aus 45. Da machen wir nicht mit!“ in die Höhe, auf dem das Logo der Grünen sowie
39 durchgestrichene Kindersymbole in weißen Kreisen und 6 Kindersymbole in größe­ren, grünen Kreisen zu sehen sind. 
Ruf bei der ÖVP: Das ist das berühmte „Brett vor dem Kopf“!)

Es zeugt schon von einem eigenartigen Demokratieverständnis, meine Damen und Herren, dass Sie mit Ihrer Blockade – mit Ihrer Pauschalblockade – die Verankerung der Kinderrechte in der Verfassung verhindern. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann, einen Moment bitte. Meine Damen und Herren von den Grünen, Sie haben das Plakat hergezeigt, ich darf Sie er­suchen, es wieder zu entfernen. – Bitte, Herr Klubobmann. (Die Abgeordneten Brosz, Öllinger und Windbüchler-Souschill entfernen das Plakat. Abg. Dr. Schüssel: Das ist das Brett vor dem Kopf der Opposition!)

 


Abgeordneter Karlheinz Kopf (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Ihr Antrag auf Absetzung dieses Punktes von der heutigen Tagesordnung zeigt einerseits die Unsin­nigkeit Ihres Verhaltens auf und andererseits auch Ihre Hilflosigkeit, in die Sie sich mit Ihrer Totalblockade selber hineinbegeben haben. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Das heißt, meine Damen und Herren von der Opposition, noch ist Zeit bis zur Abstim­mung über diesen Punkt. Ich würde Sie dringend ersuchen, sich Ihr Verhalten noch einmal zu überlegen. Wir werden durch eine namentliche Abstimmung auch der Öffent­lichkeit die Gelegenheit geben, zu sehen, wer für die Verankerung der Kinderrechte in der Verfassung ist und wer in diesem Hohen Haus nur davon spricht, es aber letzten Endes dann nicht tut, bei wem Taten und Worte auseinanderklaffen, nämlich bei Ihnen von der Opposition! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Ein halbes Jahr Geiselhaft! – Abg. Öllinger: 6 aus 45! Abg. Kickl: Sackgassenpolitiker! Abg. Strache: 6 aus 45!)

10.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler zu Wort. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.50.06

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Klubobmann Kopf! Ihre heutigen Ausführungen haben schon einiges mit der Arroganz der Macht zu


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 53

tun. Es ist eigentlich unglaublich! Glauben Sie im Ernst, Herr Klubobmann Kopf, dass es einen einzigen frei gewählten Mandatar in diesem Haus gibt, der ernsthaft etwas da­gegen hat, dass Kinderrechte gestärkt und in die Verfassung geschrieben werden? (Abg. Kopf: Dann zeigen Sie es!) – Das glauben Sie doch selber nicht! Das ist doch eine Selbstverständlichkeit, Herr Klubobmann Kopf! Das ist doch lächerlich, was Sie hier zum Besten geben. (Beifall bei BZÖ und FPÖ sowie bei Abgeordneten der Grü­nen. Abg. Kopf: Peinlich!)

Es ist nur eine Frage des Wie. Wenn Sie es selbst nicht zusammenbringen, die we­sentlichen Punkte der UN-Konvention in die österreichische Verfassung hineinzu­schreiben, dann sind eigentlich Sie am heutigen Tag gescheitert, und das ist auch der Punkt. (Abg. Kopf: Ist Ihnen das nicht peinlich?)

Nehmen Sie es pragmatisch: Der heutige Antrag und die Debatte über die Absetzung des Tagesordnungspunktes gibt Ihnen von Rot und Schwarz – Rot schaut gerade an­gestrengt weg – die Möglichkeit, eine Abstimmungsniederlage zu umgehen. Sie wer­den heute hier in diesem Hohen Haus die Abstimmung verlieren (Abg. Dr. Rosen­kranz: Das wollen sie ja!), nicht weil wir da irgendeine Allianz haben, sondern weil es einfach schlecht ist, was Sie da vorgelegt haben, weil es zu wenig ist, und weil Sie – da hat Herr Abgeordneter Pilz völlig recht – die wesentlichen Punkte, in denen es um die Armut von rund 150 000 akut armutsbedrohten Kindern in diesem Land geht, in der Verfassung einfach nicht berücksichtigt haben. Deswegen lehnen wir den Gesetzent­wurf heute auch ab. (Beifall beim BZÖ.)

Aber eines ist schon bemerkenswert: dass Sie heute mit einem „dirty trick“ – das ist nichts anderes als ein „dirty trick“ – diese Materie, die Verankerung der Kinderrechte in der Verfassung, als Ablenkungsmanöver von Ihrer Kontrollverweigerung und von Ihrer Verweigerung, hier im Hohen Haus auch ordentliche Ausschüsse durchzuführen, her­nehmen, denn es ist peinlich – es ist wirklich peinlich! –, es ist inkompetent und es ist wirklich nicht zu akzeptieren, dass Sie einfach einen Untersuchungsausschuss abdre­hen und nicht einmal einen Bericht dazu zustande bringen. Das ist wirklich ein Bauch­fleck sondergleichen der beiden Regierungsparteien. (Beifall bei BZÖ und FPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen. Abg. Mag. Donnerbauer: Sollen Kinderrechte warten bis zum Ende der Legislaturperiode?)

Der Sozialdemokratie in ihrer Belanglosigkeit – Josef Cap liest gerade „NEWS“ unter der Bank – ist alles wurscht. Das ist die Vision-Zero-Partei, haben wir heute schon ge­hört. Null Vision, daher auch Null Vision, was eine ordentliche Kontrolle in diesem Haus angeht, und Null Vision, Kinderrechte auch wirklich in der Verfassung festzuschreiben. (Beifall beim BZÖ.)

Die Vision-Zero-Partei SPÖ: Klubobmann Cap hat sich zu Wort gemeldet, hat seine Wortmeldung wieder zurückgezogen – ist egal, alles nicht so wichtig. Es ist „nicht so wichtig“, dass in diesem Hohen Haus die Kontrolle nicht mehr stattfindet, weil alles ab­gedreht wird, dass in diesem Hohen Haus sogar bei Fernsehübertragungen getrickst wird – nächster „dirty trick“ –, dass es immer dann, wenn die Opposition eine Sonder­sitzung einberuft, nur mehr zwei Stunden Übertragung gibt; sonst haben wir drei, vier oder fünf Stunden Übertragung, aber da wird gestrichen. (Abg. Dr. Wittmann: Sie wis­sen nicht mehr, wie Sie aus der Blockade herauskommen! Sie wissen es nicht!)

Oder: eine Parlamentspräsidentin aus Ihrer Partei, die sich in letzter Zeit mit Interviews hervortut, aus denen hervorgeht, dass sie nichts Besseres zu tun hat, als darüber nachzudenken, missliebige Oppositionsabgeordnete mit einer Anlassgesetzgebung aus dem Parlament zu befördern. – Gratuliere, auch „wunderbar“, so eine Parlaments­präsidentin! (Beifall bei BZÖ und FPÖ. Abg. Dr. Wittmann: Sie wissen nicht, was Sie mit Ihrer Blockade machen sollen! Sie wissen es nicht!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 54

All das, was Sie hier betreiben, ist nichts anderes als die systematische Aushöhlung von Demokratie und Parlamentarismus, worin die ÖVP historische Erfahrung hat – und die SPÖ zieht mittlerweile mit. Das ist die Wahrheit hier in diesem Hohen Haus, und deswegen wollen wir diesen Tagesordnungspunkt absetzen.

Kehren Sie endlich zur Vernunft zurück! Schieben Sie nicht irgendwelche Scheinge­setze vor, wenn es um Kinderrechte geht. Das Thema ist viel zu ernst, um von Ihnen als Instrument gegen Parlamentarismus und Kontrolle missbraucht zu werden. (Beifall bei BZÖ und FPÖ sowie des Abg. Dr. Pilz. Abg. Steibl: Das gilt da auch! Abg. Krainer: Zu wie viel ist er jetzt eigentlich verurteilt worden, der Herr Westenthaler? Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. Abg. Grosz: Seid Ihr jetzt aufgewacht? Wurst­semmel ...!)

10.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kog­ler. – Bitte.

 


10.54.02

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein Satz zur Tagesordnung, so wie sie vorliegt: Ich habe das schon in der Prä­sidiale erwähnt, und es ist ja heute schon in den Medien darüber berichtet worden. Es ist immer dasselbe: Immer im Juli und im Dezember ist die Tagesordnung vollgepfropft, hat beinahe 100 Punkte, damit die Bevölkerung einmal weiß, wie hier gearbeitet wird, denn das österreichische Parlament – das zieht sich wie ein roter Faden durch – ist fast ausschließlich von der Regierung bestimmt, und die Regierung schafft es immer, dass sie bis zum letzten Tag wartet und dann alles – im Wesentlichen ohne vernünftige Verhandlungen – hier hereinknallt. Dieses Problem zieht sich durch. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von BZÖ und FPÖ.)

In diesem Fall jetzt – Thema Kinderrechte – brauchen wir, glaube ich, nur mehr Fol­gendes anzumerken: Es gibt genügend Kinderrechtsorganisationen und Kinderorgani­sationen, die davor warnen, diesem Entwurf, wie Sie ihn hier vorgebracht haben, zuzu­stimmen. Das heißt – merken Sie sich das jetzt endlich einmal! –, es gibt hier auch eine Reihe von sachlichen Einwänden, auf die Sie nicht eingegangen sind, nur damit Sie heute Ihr seltsames Spiel zelebrieren können, dass die Opposition an irgendetwas schuld ist. (Abg. Dr. Wittmann: Sie müssen ja irgendetwas erfinden! Ruf bei der ÖVP: Ein Vorwand!)

Wissen Sie, dieses Parlament hat ja den Status des Parlaments eines Entwicklungs­landes, und ich werde Ihnen dazu noch ein Zitat bringen. Schuld ist tatsächlich die Re­gierung, die regelmäßig unter Mithilfe der Abgeordneten der Regierungsparteien die­ses Schauspiel durchzieht.

Und im Übrigen noch ein Letztes zu den Kinderrechten: Die ÖVP hat es auch da wie­der geschafft, sich durchzusetzen. Es sind tatsächlich Rechte für die Kinder der Rei­chen und Rechte für die Kinder ihrer Klientel. Das hat nichts mit Armutsbekämpfung zu tun, was aber das Mindeste ist, was an dieser Stelle geboten wäre! Sie bleiben auch unter Josef Pröll die Partei der sozialen Kälte. Da können Sie noch so viele Inserate auf Steuergeldkosten schalten, das wird Ihnen nicht mehr helfen. (Beifall bei den Grü­nen. Abg. Kößl: Unvorstellbar!)

Jetzt aber zu weiteren Ansprüchen und Rechten der Bevölkerung. Wir haben es Ihnen schon ein paar Mal gesagt und wir bleiben dabei: Die Bevölkerung hat ein Recht auf ein funktionierendes Parlament. Dafür sind wir gewählt (Abg. Steibl: Wir sind auch ge­wählt worden! Wir auch, nicht nur die Grünen! Und das mit einer Mehrheit!), dafür wer­den wir bezahlt: dass hier mit Ernst und selbstbewusst – selbstbewusst, meine Damen und Herren von der ÖVP, als Abgeordnete! – Gesetze gemacht werden und zweitens


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 55

aber auch – und das ist sehr wichtig – die parlamentarische Kontrolle funktioniert. Das treten Sie mit Füßen, und das regelmäßig – auch wieder beim Abwürgen dieses Unter­suchungsausschusses.

Da geht es um etwas! Die Leute müssen ja nur wissen, worum es da geht: Posten­schacher, Partei-, Politjustiz, Beeinflussung der Staatsanwaltschaft, Parteienfinanzie­rung. – All das wäre jetzt noch aufs Tapet gekommen, deshalb haben Sie kalte Füße bekommen und sind damit so schnell davongelaufen, wie Sie nur konnten. Aber es wird Ihnen nichts nützen!

Und Sie werden auch von anderer Stelle beobachtet. Ich darf einen Artikel aus der „Süddeutschen Zeitung“ zitieren, von Michael Frank, einem Kenner Österreichs:

„Österreich als Beute. Die Parteien der großen Koalition in Wien machen mit Staat und Parlament, was sie wollen. (...) Was Verständnis und Praxis parlamentarischer Kon­trollrechte betrifft, ist Österreich noch immer ein Entwicklungsland.“

Das sagt die „Süddeutsche“ über das, was Sie hier aufführen, und die Kommentatoren haben recht. Das ist richtig – und nicht irgendetwas, was Sie hier erzählen. (Abg. Großruck: Das ist ein Leserbrief von dir!) Aus diesem Grund haben sich die Opposi­tionsparteien zu einer Notwehrgemeinschaft zusammengeschlossen, weil ein Notstand in diesem Parlament herrscht: ein Notstand an Transparenz und Kontrollrechten!

Aber unsere Hand bleibt ausgestreckt! Es ist ja ein völliger Unsinn, was Sie hier ver­zapfen: Regelmäßig werden Gespräche – wenn Sie so wollen, Verhandlungen – über verschiedenste Materien geführt, über ganz wichtige Materien – täglich, und das negie­ren Sie. Wir sagen nur: Wir stimmen so lange keinen Zweidrittelmaterien zu, bis Sie endlich einsichtig sind und einmal die mindesten Kontrollrechte im Sinne eines trans­parenten Parlaments aufmachen. (Beifall bei Grünen, BZÖ und FPÖ.) – Das ist der einzige Punkt! So lange werden wir kämpfen, und wir werden uns am Schluss auch durchsetzen.

Wir werden sehen, was Ihre Unterschriften wert sind, Kollege Kopf, Kollege Cap, dass der Untersuchungsausschuss zum Minderheitenrecht wird. (Abg. Ing. Westenthaler: Gar nichts ist das wert! Abg. Kopf: Keine Sorge!) – In drei Monaten werden wir es wissen. (Beifall bei Grünen, BZÖ und FPÖ. Ruf bei der ÖVP: Die vereinigte Opposition!)

10.58

10.58.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über die Einwendungen des Herrn Abgeordne­ten Bucher betreffend die Absetzung der Punkte 38 bis 40 von der Tagesordnung.

Wer dem die Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minder­heit. Abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über die Einwendungen der Abgeordneten Dr. Rosenkranz und Mag. Steinhauser betreffend die Absetzung des Punktes 38 von der Tagesordnung.

Wer dem die Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist ebenfalls die Minderheit. Abgelehnt.

Somit bleibt es bei der schriftlich mitgeteilten Tagesordnung für die heutige Sitzung.

10.59.38Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsge­genstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsord­nung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 56

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen:

Schriftliche Anfrage an die Präsidentin des Nationalrates: 29/JPR;

2. Anfragebeantwortungen: 3162/AB bis 3185/AB.

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Immunitätsausschuss:

Ersuchen der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Korruption (1 St 247/09k) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Karl Öllinger wegen des Verdachtes der strafbaren Handlung nach § 288 Abs. 3 StGB;

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Bürgerinitiative Nr. 16 betreffend „Demokratie macht Schule – MEINE MEINUNG ist nicht wuascht!“;

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Antrag 903/A der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz, BGBl. Nr. 110/1993, ge­ändert wird;

Finanzausschuss:

Antrag 900/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Einführung eines Währungskorbes für den Handel an Rohstoffbörsen,

Antrag 901/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Abstoßung aller überflüssigen US-Dollar-Reserven;

Umweltausschuss:

Antrag 899/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Ausnahme von historischen Fahrzeugen aus den Bestimmungen gemäß IG-Luft;

Verfassungsausschuss:

Antrag 902/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Einhaltung des Staatsvertrages von Wien 1955;

Verkehrsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion
(VAIG 1994) geändert wird (495 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Austro Control Gesellschaft mit be­schränkter Haftung geändert wird (496 d.B.).

*****

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punk­te 1 bis 5, 6 bis 8, 11 bis 16, 17 und 18, 20 bis 22, 23 und 24, 25 und 26, 27 bis 30,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 57

31 bis 34, 38 bis 40, 43 bis 45, 47 bis 49 sowie 51 und 52 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 10 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 135 Minuten, Freiheitliche 120 Minuten sowie BZÖ und Grüne je 105 Minuten.

Für die Dauer der Fernsehdirektübertragung nach der Aktuellen Stunde beziehungs­weise jetzt nach der Einwendungsdebatte wurde folgende Redezeit vereinbart: erste RednerInnenrunde mit je 8 Minuten pro Fraktion, ein Regierungsmitglied der ÖVP 8 Mi­nuten, eine weitere RednerInnenrunde mit je 4 Minuten pro Fraktion, ein Regierungs­mitglied 8 Minuten und eine weitere RednerInnenrunde mit je 3 Minuten pro Fraktion.

Der vorsitzführende Präsident verteilt vor Beginn der letzten Runde nach Rücksprache mit den Klubvorsitzenden die verbleibende Redezeit auf die fünf Fraktionen in der Wei­se, dass noch alle Fraktionen in der Fernsehzeit gleichmäßig zu Wort kommen.

Weiters besteht Einvernehmen darüber, dass tatsächliche Berichtigungen erst nach Ende der Fernsehübertragung aufgerufen werden.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein diesbezüg­liches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

11.01.251. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (485 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft erlassen (Eingetragene Partnerschaft-Gesetz – EPG) und das Allgemeine Bürgerliche Ge­setzbuch, das Ehegesetz, das Fortpflanzungsmedizingesetz, das IPR-Gesetz, die Jurisdiktionsnorm, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung, das Arbeits­losenversicherungsgesetz 1977, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Ur­laubsgesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Post-Betriebsverfas­sungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Arbeitsver­tragsrechts-Anpassungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Heeresversorgungsgesetz, das Opferfürsorgegesetz, das Verbrechensopferge­setz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversi­cherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972, das Ein­kommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteu­ergesetz 1994, das Bewertungsgesetz 1955, das Gebührengesetz 1957, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, die Bundesabgabenordnung, das Alkoholsteuer­gesetz, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Verwaltungs­strafgesetz 1991, das Datenschutzgesetz 2000, das Beamten-Dienstrechtsge­setz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungs­gesetz, die Reisegebührenvorschrift, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 58

Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bezügegesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsge­setz, das Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetz, das Bundestheaterpen­sionsgesetz, das Personenstandsgesetz, das Namensänderungsgesetz, das Passgesetz 1992, das Meldegesetz 1991, das Asylgesetz 2005, das Fremdenpoli­zeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Staatsbürger­schaftsgesetz 1985, das Ärztegesetz 1998, das Gehaltskassengesetz 2002, das Apothekenrecht, die Gewerbeordnung 1994, das Bilanzbuchhaltungsgesetz, das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, das Ziviltechnikergesetz 1993, das Wohnungs­gemeinnützigkeitsgesetz, das Heeresdisziplinargesetz 2002, das Heeresgebüh­rengesetz 2001, das Studienförderungsgesetz 1992, das Schülerbeihilfenge­setz 1983, das Unterrichtspraktikumsgesetz, das Patentgesetz 1970, das Patent­anwaltsgesetz, das Entwicklungshelfergesetz, das Bundesgesetz über Aufgaben und Organisation des auswärtigen Dienstes – Statut und das Bundesgesetz über die Einräumung von Privilegien und Immunitäten an internationale Organisatio­nen geändert werden (558 d.B.)

2. Punkt

Bericht und Antrag des Justizausschusses betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ziviltechnikerkammergesetz 1993, BGBl. I Nr. 157/1994, geändert wird (559 d.B.)

3. Punkt

Bericht und Antrag des Justizausschusses betreffend ein Bundesverfassungs­gesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezü­gen öffentlicher Funktionäre, BGBl. I Nr. 64/1997, geändert wird (560 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 18/A der Abgeordneten Mag. Ul­rike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch geändert wird (561 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 19/A der Abgeordneten Mag. Ul­rike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Zivilpakt (ZIP-G) geschaffen sowie das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Mietrechtsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz, die Zivilprozessordnung, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bau­ern-Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung, die Bundesabgabenordnung, das Verwaltungsstrafgesetz, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz, die Jurisdiktionsnorm, das Ein­kommensteuergesetz, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (Fremden­rechtspaket 2005), das Asylgesetz 2005 (Fremdenrechtspaket 2005), das Frem­denpolizeigesetz 2005 (Fremdenrechtspaket 2005) geändert wird (562 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zu den Punkten 1 bis 5 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 59

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Strache. Redezeit: 8 Minuten. – Bitte.

 


11.02.38

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Werte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrte Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute soll gegen den Willen der Mehrheit der Österreicher die sogenannte Homo-Ehe beschlossen wer­den. Besonders interessant ist hierbei natürlich auch das Vorgehen der ehemaligen Familienpartei Österreichs – der Österreichischen Volkspartei –, die als Familienpartei völlig abgetreten ist, voll in das Geheul des Zeitgeistes eingestimmt hat und dabei auch mitspielt.

Natürlich versucht diese, das heute mit fadenscheinigen Begründungen anders darzu­stellen, aber das ist ein fatales gesellschaftspolitisches Signal, das Sie – als Österrei­chische Volkspartei – heute hier setzen. Von Rot und Grün war ja in der Frage nichts anderes zu erwarten (Zwischenruf des Abg. Öllinger), aber von einer angeblich christ­lichen ÖVP hätte man sich etwas anderes erwartet, und von der hätten sich auch die bürgerlichen Wähler anderes erwartet.

Da geht man mit der Institution der Ehe und der Familie so um, dass man beginnt, sie zu untergraben und auszuhöhlen – und dafür werden Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, sicherlich vom Wähler die Rechnung noch präsentiert be­kommen. Das kann ich Ihnen heute hier versprechen. (Beifall bei der FPÖ.)

Zu Beginn möchte ich klarstellen: Sexuelle Orientierung und Lebensgestaltung sind das eine. Jeder soll machen, was er will – das ist eine private Angelegenheit, solange die Partner einverstanden sind und es nicht gegen bestehende Gesetze verstößt. Se­xualität und Liebe sind Privatsache, und das soll jeder so handhaben, wie er will. (Prä­sident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Es soll auch keine Diskriminierung geben. Selbstverständlich soll jeder seinen Part­ner – gleich, in welcher Art von Partnerschaft er sich befindet – im Spital besuchen können, und natürlich muss es auch, was Wohnungsübergaberechte und andere Be­reiche betrifft, die zu regeln sind, eine Gleichstellung geben.

Das ist das eine, aber es ist etwas ganz anderes (Zwischenruf des Abg. Rädler), wenn eine Gesellschaft eine private Lebensentscheidung – in dem Fall das Zusammenleben von homosexuellen Paaren – gegenüber anderen Formen des Zusammenlebens privi­legieren soll. Das ist ausschließlich der Ehe zwischen Mann und Frau vorbehalten. Bei der Homo-Ehe – und das ist eine Art Homo-Ehe, die heute beschlossen wird; Sie nen­nen sie „eingetragene Partnerschaft“ – handelt es sich um eine eheähnliche Privilegie­rung gegenüber anderen Formen des nichtehelichen Zusammenlebens.

Dabei stellt sich gleich zu Beginn die essentielle Frage, welche besonderen Leistungen dem Staat gegenüber eine solche Sonderbehandlung überhaupt rechtfertigen. Was ist denn bis dato der Grund gewesen, warum die Familie – die Ehe zwischen Mann und Frau – einen besonderen Status hatte? – Das erfolgte nicht deshalb, weil sich zwei Menschen lieb haben, lieben oder ihre Sexualität in den privaten Zimmern zu Hause auch leben. Nein, das war nicht der Grund der Privilegierung, sondern die Sonder­stellung der Ehe zwischen Mann und Frau rührt daher, dass daraus Kinder hervor­gehen können und das der gesellschaftspolitische Sinn der Privilegierung ist (Beifall bei der FPÖ) – und nicht, dass sich zwei Menschen lieben oder miteinander Sexualität betreiben und wir Sexualität oder Liebe subventionieren wollen.

Nein, der Staat hat ganz klar und deutlich formuliert, dass die Privilegierung deshalb auch gesetzlich verankert wurde, weil es darum geht, Kinder möglich zu machen, Kin-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 60

der zu fördern (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das geht ohne Ehe auch sehr gut!) und damit unserem Staat und der Gesellschaft Zukunft zu schenken und den Genera­tionenvertrag zu erfüllen. Bei gleichgeschlechtlichen Beziehungen, Frau Glawischnig, ist es meines Erachtens ja nicht möglich, Kinder zu zeugen – unter gleichgeschlechtli­chen Paaren ist das natürlich nicht möglich. (Abg. Öllinger: Haben Sie eine Ahnung!) Aber es ist interessant, dass es hier offenbar noch immer einige Vertreter der Meinung gibt, dass das biologisch möglich sein könnte. (Ruf bei der ÖVP: Ist das jetzt eine Biologievorlesung?) Nein, das ist nicht möglich, und deshalb soll man Ungleiches auch nicht miteinander vergleichen und auch nicht gleichstellen.

Sexualität ist das eine, Sexualität ist Privatsache, und wenn homosexuelle Gruppen heute mit dem Spruch: Gleich viel Recht für gleiche Liebe!, werben, dann ist genau das der Irrtum. Eben das ist genau der Irrtum in der Argumentation, denn der Staat belohnt mit dem Rechtsinstitut der Ehe nicht die Liebe zwischen Eheleuten, sondern die Ab­sicht – und, wenn man es so will, auch das vertragliche Versprechen –, Kinder in Aus­sicht zu stellen, die eben durch die Ehe zwischen Mann und Frau ermöglicht werden. Die Chance auf Kinder wird durch die Ehe verbessert.

Der Begriff Ehe wird im Bürgerlichen Gesetzbuch schließlich ja auch so definiert, dass zwei Personen verschiedenen Geschlechts ihren Willen erklären, in unzertrennlicher Gemeinschaft zu leben und Kinder zu zeugen, sie zu erziehen und sich gegenseitigen Beistand zu leisten. Es geht nicht darum, Kinder zu adoptieren, sondern Kinder zu zeu­gen. So spricht das Bürgerliche Gesetzbuch, und das ist auch der Kern des entschei­denden Unterschiedes. Genau das ist es, was wir heute erleben – dass Sie das unter­graben und aushöhlen wollen!

Das allein ist auch der Grund, warum es in allen Gesellschaften, Rechtssystemen und Religionen kein mit der Ehe vergleichbares Rechtsinstitut gegeben hat und gibt. Der Staat sagt nicht: Ich privilegiere euch, weil ihr euch so lieb habt!, sondern: Ich privile­giere euch – und so war es bis dato in der Regel in allen Staaten der Welt –, weil ich mir von euch die grundsätzliche Bereitschaft zur Zeugung von Kindern erwarte und das biologisch auch möglich ist. (Abg. Mag. Musiol: Wie ist das mit 60-jährigen Paaren, die heiraten?) Das ist der Hintergrund der Privilegierung.

Natürlich gibt es auch Grauzonen, natürlich gibt es auch heterosexuelle Paare, die trotz Heirat keine Kinder wollen oder leider keine bekommen können, aber das bewegt sich im Promillebereich und bedarf daher keiner besonderen gesetzlichen Berücksichti­gung. (Abg. Öllinger: Dürfen 70-Jährige noch heiraten?) Bei einer gleichgeschlechtli­chen Partnerschaft ist es hingegen von vornherein so, dass es keine Kindermöglich­keit, keine Zeugungsmöglichkeit gibt, und das ist der entscheidende Unterschied.

Es wird immer von Diskriminierung gesprochen, aber welche Art von Diskriminierung soll das sein? (Zwischenrufe der Abgeordneten Öllinger und Grosz.) Ein Staat ist we­der nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes noch nach der Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte verpflichtet, eine Ehe unter gleichge­schlechtlichen Paaren zu ermöglichen oder außer dem Rechtsinstitut der Ehe andere Formen des Zusammenlebens gesetzlich zu regeln. Da gibt es schlicht und einfach keine Diskriminierung, genau das ist die Wahrheit.

Natürlich möchte ich die ÖVP auch an die Bischofskonferenz erinnern, wo von den ös­terreichischen Bischöfen zum Gesetzentwurf über die eingetragene Partnerschaft, die sogenannte Homo-Ehe, Stellung bezogen wurde. Darin steht unter anderem, dass zu befürchten ist, dass „der vorliegende Entwurf im Falle seines Inkrafttretens die Voraus­setzung für eine Entwicklung liefert, die letzten Endes zu einer völligen Gleichstellung der ‚Eingetragenen Partnerschaft‘ mit der Ehe führt.“ (Abg. Grosz: Gibt aber auch ... !)

Ich zitiere weiters, was die Bischofskonferenz noch niedergeschrieben hat: „Die öster­reichischen Bischöfe halten daher die Einführung einer ‚Eingetragenen Partnerschaft‘


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 61

für homosexuelle Paare weiterhin weder für angebracht noch für notwendig, weil die bestehenden zivilrechtlichen Bestimmungen die entsprechenden Sicherheiten gewähren.“

Ich zitiere weiters: „Der Familie auf der Grundlage der Ehe zwischen Mann und Frau gebühren bestimmte Rechte. Es handelt sich dabei nicht um Privilegien, denn die Fa­milie auf der Grundlage der Ehe erbringt Leistungen, insbesondere in Bezug auf die Er­ziehung von Kindern. Eine Übertragung solcher Rechte auf gleichgeschlechtliche Paa­re ist sachlich nicht gerechtfertigt.“ (Beifall bei der FPÖ.)

Abschließend hält die Bischofskonferenz in einer Presseerklärung fest, dass da funda­mentale Fragen und auch Grundwerte der Gesellschaft berührt werden, und ermutigt alle Abgeordneten christlichen Glaubens, auch ihrem Gewissen zu folgen und ein sorg­fältiges Urteil zu treffen.

Deshalb werden wir heute eine namentliche Abstimmung vornehmen lassen, um zu se­hen, wie die ehemalige Familienpartei ÖVP – die nämlich als Familienpartei abgetreten ist – in dieser Frage abstimmen wird, und um zu sehen, wie die neue Familienpartei in Österreich – die Freiheitliche Partei – heute hier eine ganz klare Position (Ruf bei der ÖVP: Geh, geh!), nämlich ein Ja zur Familie und zur Stärkung einer kinderreichen und kinderfreundlichen Gesellschaft, vertritt. (Beifall bei der FPÖ.) Das macht den Unter­schied aus, und zu den anderen, technischen Problemen des Gesetzes werden meine Kollegen noch Stellung nehmen. (Beifall bei der FPÖ.)

11.11


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Donner­bauer. – Bitte.

 


11.11.32

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Werter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren, Damen MinisterInnen! Werte Damen und Herren des Hohen Hauses! Sehr geehrte ZuseherInnen hier auf der Galerie und vor den Fernsehschirmen! (Abg. Weinzinger: Zuseher-innen heißt das!)

Sehr geehrter Herr Klubobmann Strache, ich kann Sie in zwei Punkten gleich zu Be­ginn beruhigen. Erstens: Wir beschließen keine Homo-Ehe. Auch wenn Sie das noch so oft betonen und so ausdrücken, es ist nicht der Fall – da steht auch die Österreichi­sche Volkspartei klar dagegen. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Kickl: Sicher! Steht’s doch wenigstens dazu!)

Zweitens: Die Österreichische Volkspartei, um die Sie sich Sorgen machen, ist nach wie vor die Familienpartei in diesem Land und wird es auch bleiben. (Beifall bei der ÖVP. – Die Abgeordneten Dr. Graf und Kickl: Ha ha!)

Wir werden ja heute noch bei der Frage der Kinderrechte in der Verfassung Gelegen­heit haben zu zeigen, wer auf der Seite der Familien und der Kinder steht und wer nicht. (Beifall bei der ÖVP. Zwischenrufe bei der FPÖ. Ruf bei der ÖVP in Richtung FPÖ: Schaut’s einmal in den eigenen Reihen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit der heutigen Beschlussfassung dieses Gesetzes über die eingetragenen Partnerschaften beenden und vollenden wir einen jahrelangen Prozess vieler Diskussionen (Abg. Weinzinger: Was heißt da „Prozess“?! Das ist eine Forderung der Minderheit, die von der Bevölkerung abgelehnt wird!), inten­siver Verhandlungen und auch so mancher Auseinandersetzungen. (Abg. Weinzinger: Das ist kein Prozess!)

Ich habe aber kaum jemals ein Thema erlebt, meine sehr verehrten Damen und Her­ren – und diese Zwischenrufe, die da jetzt sehr aufgeregt kommen, zeigen das ja auch –, das von so vielen Emotionen geprägt war, das aber auch von beiden Seiten –


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 62

von den glühendsten Befürwortern und den überzeugtesten Gegnern – immer wieder leider auch von sehr viel Polemik geprägt war. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Ich habe kaum jemals ein Thema erlebt, das so hohe öffentliche Aufmerksamkeit erhal­ten hat, bei dem schon ein Satz zu einer Schlagzeile oder zu einer Spitzenmeldung im Rundfunk werden konnte, und ich glaube, es gibt auch wenige Themen in unserem po­litischen Alltag, die in so einer aufgeregten, ja manchmal schon an Hysterie grenzen­den Form diskutiert werden wie diese ganz einfache Frage, die wir heute mit diesem Gesetz beantworten. Die Frage ist, ob man zwei Menschen, die langfristig und dauer­haft füreinander Verantwortung übernehmen wollen und füreinander da sein möchten, auch einen rechtlichen Rahmen, eine rechtliche Absicherung geben soll. (Abg. Dr. Ro­senkranz: Wieso dann nicht für gleichgeschlechtliche ... !)

Diese einfache Frage, meine sehr verehrten Damen und Herren, beantworten wir mit diesem heutigen Gesetzesbeschluss über die eingetragenen Partnerschaften mit einem klaren „Ja“ – genauso, wie wir aus Überzeugung und mit sachlicher Begründung die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften mit einem klaren „Nein“ ablehnen. Damit sichern wir auch die Ehe als besondere Einrichtung, die der Zeugung und Erziehung von Kindern dient und damit auch eine wichtige Basis für den Fortbestand der Menschen und unserer Gesellschaft legt, ab – und auch in Zukunft werden wir daran festhalten. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir machen, meine sehr verehrten Damen und Herren, mit diesem heutigen Gesetz nichts anders, als unserer Aufgabe als Gesetzgeber nachzukommen. Diese ist, Men­schen in diesem Land rechtliche Rahmenbedingungen zu geben, die sie brauchen und die sie bisher nicht gehabt haben.

An die Adresse mancher meiner Nachredner – ich weiß nicht, ob Kollege Stadler sich heute zu Wort melden wird (Abg. Strache: Ich glaube, der schweigt heute!); im Justiz­ausschuss war das sehr stark sein Thema –: Meiner Meinung nach steht es uns nicht zu – und wir, die Österreichische Volkspartei, maßen uns das auch nicht an –, religiöse Gebote zu schreiben oder zu verändern oder die Bibel, das Alte und das Neue Testa­ment, zu interpretieren. Dazu sind wir nicht berufen, dazu sind andere berufen, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Abg. Kickl: Das brauchen wir auch gar nicht!)

Es ist daher aus meiner Sicht auch nicht angebracht, dieses politische Tagesge­schäft – rechtliche Rahmenbedingungen zu geben, rechtliche Regeln zu schaffen – so­fort zur Glaubens- und Gewissensfrage hochzustilisieren und damit aus meiner Sicht, und ich sage das auch als Katholik, die Religion und religiöse Gefühle für politisches Kleingeld zu missbrauchen. Lassen wir das weg und lassen wir die Kirche dort, wo sie hingehört, nämlich im Dorf oder auch in der Stadt! (Beifall bei der ÖVP.)

Betrachten wir das Gesetz, das wir heute zu beschließen haben, einmal rein sachlich. Herr Klubobmann Strache, vielleicht sind Sie in der Lage, das einmal sachlich zu be­trachten. Es ist einfach gesellschaftliche Realität, dass es Menschen gleichen Ge­schlechts gibt, die auf Dauer miteinander leben wollen. Das ist unserer Rechtsordnung, wie Sie ja auch selbst betont haben, Herr Klubobmann Strache, auch jetzt nicht grund­sätzlich fremd und ist auch nichts ganz Neues. (Abg. Strache: Das hört die Bischofs­konferenz gar nicht gern! Das ist Ihnen gleichgültig, was die sagt?!)

Auch jetzt schon sind Lebensgemeinschaften von zwei Menschen gleichen Ge­schlechts rechtlich anerkannt, und es knüpfen auch verschiedene Gesetze rechtliche Konsequenzen an diese Lebensgemeinschaften. (Abg. Kickl: Na also! Abg. Stra­che: Deshalb brauchen wir auch keine Form der Ehe, auch wenn Sie sie „eingetragene Partnerschaft“ nennen!)

Insbesondere verbieten uns auch verfassungsrechtliche Bestimmungen hier in Öster­reich – das Diskriminierungsverbot – eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbe-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 63

handlung von gleich- und verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaften. Was aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, bisher wirklich gefehlt hat, das ist ein eigenes Rechtsinstitut, das nicht nur einfach rechtliche Konsequenzen an faktische Le­bensgemeinschaften knüpft, was es ja bisher auch schon gegeben hat, sondern das auch beiden Partnern im Verhältnis zueinander Rechtsklarheit und Rechtssicherheit gibt.

Diese Lücke wollen wir mit dem heutigen Partnerschaftsgesetz schließen – nicht mehr und auch nicht weniger. Wir schaffen mit diesem Gesetz heute Regeln, wann und von wem eine solche Partnerschaft geschlossen werden kann. Was uns zum Beispiel sehr wichtig ist, ist, dass die Volljährigkeit auch Voraussetzung für so eine eingetragene Partnerschaft ist.

Wir schaffen Regeln, die den eingetragenen Partnern im Verhältnis zueinander gewis­se Rechte, aber auch – das war uns immer sehr wichtig in den Verhandlungen – Pflich­ten zuweisen und damit auch Rechtssicherheit geben, und wir schaffen auch Regeln, unter welchen Voraussetzungen eine solche Partnerschaft auch wieder aufgelöst wer­den kann und welche Konsequenzen sich für die einzelnen Partner an eine solche Auf­lösung knüpfen. (Abg. Dr. Graf: Das ist dann die „ausgetragene Partnerschaft“, oder?)

Wir sagen – und, meine sehr verehrten Damen und Herren, bitte passen Sie auf, weil das auch für die Entscheidung wichtig sein wird – in diesem Gesetz aber auch ganz klar, was wir nicht haben wollen, beispielsweise die Adoption von Kindern durch zwei gleichgeschlechtliche Partner. (Abg. Kickl: Das kann man gar nicht verhindern!)

Das ist deshalb wichtig, weil Kinder grundsätzlich die Chance und die Möglichkeit ha­ben sollen, Vater und Mutter, also zwei Elternteile verschiedenen Geschlechts, zu haben. Das ist uns wichtig, und das haben wir auch mit diesem Gesetz durchgesetzt. (Beifall bei der ÖVP.)

Noch ein Wort zur viel diskutierten Behördenfrage, weil das immer zu so einer Fahnen­frage gemacht wurde. Auch diese Frage ist meiner Ansicht nach völlig überbewertet, und wir könnten auch versuchen, sie einfach einmal ohne Emotion zu diskutieren, wenn wir dazu imstande sind, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Abg. Stra­che: Sie höhlen die Ehe aus! Abg. Dr. Rosenkranz: Wir wollen gar nicht diskutieren, wir brauchen nicht diskutieren!)

Ja, wenn Sie es nicht diskutieren wollen, dann brauchen Sie ja nicht hier zu sitzen, das ist ja Ihre Sache, Herr Kollege! – Wir wollen diskutieren, und wir wollen sachlich disku­tieren. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Strache: Sie diskutieren ja nicht! Sie sind ja ein Treiber der Homo-Ehe! Donnerbauer als Sprecher für die Homo-Ehe!)

Wichtig für die Betroffenen ist meiner Meinung nach, dass es eine solche Partnerschaft gibt, dass ein Rechtsrahmen vorhanden ist, dass es rechtliche Regeln gibt und dass auch rechtliche Konsequenzen an eine solche Partnerschaft geknüpft werden.

Nicht vorrangig ist es aus meiner Sicht, bei welcher Behörde eine solche Partnerschaft letztlich geschlossen wird. Da gibt es auch sehr gute sachliche Gründe, Gründe der Verwaltungsökonomie zum Beispiel, weil es doch eine deutlich geringere Zahl sein wird – da sind wir uns doch alle einig –, die eine solche Partnerschaft eingehen wer­den, sodass es nicht notwendig und sinnvoll ist, dass alle Standesbeamten in Öster­reich diese durchaus komplexen, auch internationalen Regeln parat haben müssen und sich auch immer am Laufenden halten und aktualisieren müssen, sondern dass spezialisierte Personenstandsbehörden bei den Bezirksverwaltungsbehörden dafür zu­ständig sein werden. – Auch das ist eine sachlich begründete und meiner Meinung nach richtige und gute Entscheidung. (Abg. Kickl: Und was ist mit Gewissensgründen?!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 64

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich verstehe die Aufregung ehrlich gesagt nicht, weil wir dieses Gesetz genauso ohne Emotion diskutieren können wie viele an­dere Gesetze auch. Ich weiß nicht, warum Sie nur Emotionen ins Spiel bringen, warum Sie nicht einfach einmal sachlich diese Sache argumentieren und begründen. (Abg. Dr. Graf: Sie sind nicht einmal mehr involviert bei so einem Thema! Schämen Sie sich!  Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Ich glaube, dass uns mit diesem Gesetz – das ist mir wichtig, gerade aus der Sicht der Österreichischen Volkspartei (Abg. Dr. Graf: Wer zahlt die Verwaltungsreform?) – ein guter Kompromiss gelungen ist, der einerseits denen, die eben ein solches Instrument wollen und brauchen, die auch der Gesellschaft durch das Zusammenleben (Präsident Neugebauer gibt neuerlich das Glockenzeichen), durch die Fürsorge füreinander letzt­lich etwas geben, Rechtssicherheit gewährt, der andererseits aber auch (Abg. Dr. Graf: Sie sind nicht ...! Schämen Sie sich!) – und das ist uns ganz besonders wich­tig, Herr Klubobmann Strache; hören Sie gut zu! – garantiert, dass wir die besondere Bedeutung der Ehe und der Familie rechtlich weiter anerkennen und weiter gewahrt wissen wollen. (Abg. Strache: Sie höhlen die Ehe aus und untergraben sie!)

Wir wollen mit dieser Entscheidung auch das Wohl unserer Kinder und deren Anspruch auf Mutter und Vater weiter schützen. Und Sie können sicher sein, dass die Österrei­chische Volkspartei auch in Zukunft ein Garant dafür sein und bleiben wird. (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei der FPÖ.)

Ich kann Sie daher ...

 


Präsident Fritz Neugebauer: Den Schlusssatz, bitte!

 


Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (fortsetzend): Meine sehr geehrten Da­men und Herren, ich kann Sie daher einladen, diesem Gesetz ohne Bedenken zuzu­stimmen. Die Interessen der Familien und der Kinder sind auch mit diesem heutigen Gesetzesbeschluss voll gewahrt (Abg. Strache: Das ist der Witz des Tages!) und bei der Österreichischen Volkspartei bestens aufgehoben. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP. – Abg. Dr. Graf: Es gibt noch drei bei der ÖVP, die klatschen!)

11.21


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


11.21.05

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Meine Damen und Herren! Wir haben schon viele Jahre über die Frage einer eingetragenen Partnerschaft für homosexuelle Men­schen diskutiert, zum Teil sehr heftig. Es wird immer von einer Gewissensentscheidung gesprochen. Jedenfalls ist das eine sehr sensible Entscheidung, und wir, das BZÖ, ha­ben diese Abstimmung selbstverständlich freigegeben. (Ironische Heiterkeit bei der FPÖ.) – Ich weiß nicht, was es da zu lachen gibt. Es ist interessant, dass man darüber lacht, dass ein Abgeordneter frei nach seinem Gewissen hier im Hohen Haus abstim­men kann. Das sollte eine Selbstverständlichkeit sein! (Beifall beim BZÖ.) Wenn das für euch (in Richtung FPÖ) nicht selbstverständlich ist, dann ist das eure Sache.

Genauso ist es durchaus merkwürdig, was die ÖVP macht. Für uns ist es kein Ent­scheidungskriterium, was die Bischofskonferenz dazu sagt, aber die Bischofskonferenz hat empfohlen – und jetzt nehme ich einmal an, gerade Ihren Abgeordneten –, frei nach dem Gewissen zu entscheiden. Es ist merkwürdig, dass das in der ÖVP über­haupt keine Resonanz gefunden hat. Nein, da gibt es den Klubzwang, und ich bin mir nicht so sicher, Herr Klubobmann Kopf ... (Abg. Rädler: Kinderrechte! Geben Sie das frei!) – Die Kinderrechte werden schon wieder gebracht, meine Damen und Herren! Das ist jetzt das Stereotyp: die Kinderrechte! (Abg. Dr. Graf: Und das bei der Homo-Ehe!) Das werden wir noch in fünf Jahren hören, meine Damen und Herren.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 65

Schafft endlich einen ordentlichen Parlamentarismus, einen ordentlichen Umgang mit der Opposition, ein freies Mandat für alle Abgeordneten, dann werden wir kein Problem mit diesen Abstimmungen haben! (Beifall beim BZÖ.)

Ich sage zu dieser Debatte schon auch Folgendes: Wenn auf der einen Seite Men­schen, die für diese eingetragene Partnerschaft sind, verächtlich betrachtet werden, kritisiert werden, dann ist das nicht in Ordnung. Aber auf der anderen Seite ist es auch nicht in Ordnung, dass jemand, wenn er nach seinem Gewissen gegen diese Institution ist, gemobbt wird, kritisiert wird und als nicht liberal dargestellt wird. Auch das ist nicht in Ordnung, meine Damen und Herren, sondern es soll ganz normal eine ordentliche Debatte geführt werden.

Bei uns im BZÖ wird es so sein, dass die überwiegende Mehrheit gegen diesen Vor­schlag stimmen wird, einige werden dafür sein. (Abg. Dr. Graf: Woher willst du das wissen? Woher weißt du, wie die Leute abstimmen?) – Weil wir eine demokratische Debatte im Klub hatten! Auch dadurch unterscheiden wir uns von euch, von der FPÖ. (Beifall beim BZÖ.)

Für uns ist auch unbestritten, dass es einen Regelungsbedarf gibt. Und für uns als rechtsliberale Kraft hier im österreichischen Parlament ist klar: Wie jemand zusammen­lebt, wie Menschen ihr gemeinsames Leben gestalten wollen, das soll ihnen unbenom­men sein. Da soll der Staat nicht eingreifen, meine Damen und Herren. (Abg. Dr. Ro­senkranz: Eben!)

Wenn es Menschen gibt – ob heterosexuell oder gleichgeschlechtlich orientiert –, die sagen, wir wollen unsere Verbindung auch legitimieren, dann soll dies möglich sein. Dass man nun im vorliegenden Gesetz Bestimmungen einführt, wo das stattfinden darf und wo nicht, nämlich nicht am Standesamt, das ist doch vordergründig, meine Damen und Herren. Wenn die Menschen das am Standesamt unterschreiben wollen, dann sol­len sie es auch tun können. Das ist überhaupt nicht die Debatte.

Das Problem an diesem Gesetz – und damit habe auch ich ein Problem – ist, dass man genau diesen Grundsatz der Selbstbestimmung nicht eingeführt hat. Anstatt die Chance zu ergreifen, auf diese neue Art des Zusammenlebens zu reagieren, tut man etwas anderes. Der Begriff der Unzertrennlichkeit der Ehe ist doch eine Geschichte von vor zweihundert Jahren. Das ist ja das Problem. Wir werden übernächstes Jahr ein Jubiläum haben, nämlich 200 Jahre ABGB von 1811. Darauf fußt diese Unzertrennlich­keit der Ehe. Wir wissen, in der Realität – Kollege Strache, es geht uns allen so – ist das nicht mehr der Fall. Dadurch entstehen hunderte, tausende, zehntausende Pro­bleme: durch das Eherecht aus dem ABGB von 1811 und von 1938 nach dem „An­schluss“.

Anstatt jetzt die Möglichkeit zu ergreifen, auf die neuen gesellschaftlichen Umstände einzugehen und eine moderne Art der Partnerschaft für Heterosexuelle und Homose­xuelle zu gründen, zwängen Sie diese eingetragene Partnerschaft in dieses alte Kor­sett des ABGB aus dem Jahre 1811.

Das ist wirklich verfehlt, meine Damen und Herren. Regelungsbedarf ja, aber so, wie Sie es gemacht haben, ist es völlig falsch! (Beifall beim BZÖ.)

Wenn man sagt, der Staat soll sich nicht einmischen, entgegne ich Ihnen: Na, er mischt sich aber ein! Ich verstehe, dass man jetzt sagt, ja, das ist ein wichtiges Sym­bol. – Okay, aber man tut auch den Betroffenen nichts Gutes, denn man muss auch an das Ende solcher Partnerschaften denken, weil das dann nicht mehr selbstbestimmt ist. Wenn die Menschen nach zwei, drei, fünf Jahren der Meinung sind, wir verstehen uns nicht mehr, wir gehen auseinander – das ist Realität heutzutage –, dann kommt plötzlich der Richter, dann kommt der Anwalt, und man muss nachweisen, wer schuld


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 66

ist. Gibt es ein Zerrüttungsprinzip? Wie ist denn das mit dem Unterhalt – möglicherwei­se lebenslang? Wer ist am Ende der Beziehung schuld? – Das ist doch nicht ein mo­dernes Recht für eine Partnerschaft, egal, ob heterosexuell oder homosexuell. Das ist völlig falsch! Deshalb lehne ich dieses Gesetz auch ab. (Abg. Dr. Rosenkranz: Was wird das? – Ein Jahrmarkt der Eitelkeiten?)

Der zweite Grund, warum ich es ablehne, meine Damen und Herren, ist, dass wir fol­gender Meinung sind: Egal, ob heterosexuell oder homosexuell, unabhängig jetzt von der sakralen Bedeutung der Ehe – das klammere ich hier aus, und auch der Gesetzge­ber hat sich da entsprechend herauszuhalten –, ist doch für den Staat die Privilegie­rung einer Gemeinschaft nur dort sinnvoll, wo Kinder vorhanden sind: etwa im Sozial­versicherungsrecht, etwa im Steuerrecht, etwa dann, wenn es um Versorgungsrechte geht. Wo ist bei einer eingetragenen Partnerschaft, wo klar ist, dass keine Kinder vor­handen sein können, Platz für diese Privilegierungen, meine Damen und Herren?

Auch Sie von der ÖVP stülpen da eins zu eins das Eherecht drüber. Ich sage Ihnen ganz ehrlich – noch einmal –: Wenn zwei Menschen zusammenleben, die keine Kinder haben, dann sollen sie das tun. Und wenn sie autonom entscheiden, dass einer von den beiden keiner Beschäftigung nachgeht, dann sollen sie das tun. Aber warum wird diese Entscheidung, die Folge dieser Entscheidung, dass dann nämlich nur noch die halbe Sozialversicherungsgebühr für den anderen Partner anfällt, auf die gesamte Ge­meinschaft der Sozialversicherungsbeitragszahler übergewälzt? Das ist doch nicht ver­ständlich! Warum soll es hier Alleinverdienerabsetzbeträge geben? Warum soll es Ver­sorgungsrenten für Menschen geben, die selbst entscheiden, dass sie ohne Kinder zu­sammenleben wollen, meine Damen und Herren?

Das wird hier alles gleich geregelt. Da wird Ungleiches gleich geregelt, und das ist falsch, meine Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Deshalb sage ich noch einmal: Es wäre wichtig, eine Regelung zu treffen, aber man hat das in dem Fall falsch geregelt. Wir werden daher einen Rückverweisungsantrag stellen, um Ihnen noch einmal die Möglichkeit zu geben, intensiv darüber zu disku­tieren. Für mich reicht es nicht, nur ein Symbol zu setzen, um einem falschen Gesetz, einem schlechten Gesetz die Zustimmung zu geben. (Beifall beim BZÖ.)

11.28


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

 


11.28.33

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Ich darf eingangs nur sagen, dass es hier angenehm ist: Wer die Debatte im Justizausschuss und die heutige Debatte miterlebt hat, obwohl es Zwi­schenrufe gegeben hat, kann feststellen, es ist heute doch wohl besser als damals, als wir im Ausschuss diskutiert haben, weil es wichtig ist, derartige Diskussionen zu füh­ren. Da gebe ich dem Kollegen Scheibner recht: Wir sind inhaltlich sicher unterschiedli­cher Meinung, aber über die Art und Weise der Diskussionen über Lebensformen, über das, was unsere Gesellschaftsentwicklung eigentlich darstellt und wozu wir hier als Parlamentarier verpflichtet sind, nämlich entsprechend zu reagieren und mitzugestal­ten, sollte wahrlich in ruhigerer Form Einigkeit herrschen.

Es sollte hier die Sachlichkeit im Vordergrund stehen und nicht so sehr Zwischenrufe, die von Gehässigkeiten zeugen. Ich glaube, es ist gut, wenn wir die Diskussion hier so weiterführen, wie wir sie begonnen haben.

Meine Damen und Herren, es ist doch ein großer Schritt – es hätte auch ein größerer Schritt sein können –, den wir heute machen. Ich habe eine Diskussion, eine Parteipro-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 67

grammdiskussion mit unterschiedlichen Menschen geführt, und als wir dieses Thema angeschnitten haben, hat mich eine alte Dame gefragt, warum das Thema so ein gro­ßes ist. (Abg. Kickl: Sie haben den Blödsinn selbst erfunden!) Sie hat mich gefragt, ob es nicht im Sinne des Staates liegt, dass Menschen Zuneigung zueinander empfinden, statt Hass zum Ausdruck zu bringen, dass sie sich gegenseitig unterstützen, anstatt einander zu ignorieren, und dass sie einander respektieren und sich gegenseitig hel­fen, anstatt zu behindern. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Sie hat mich dann gefragt, worin denn eigentlich das Problem liegt, dass wir Lebensfor­men, die ganz einfach alltäglich sind – da kann ich dem Kollegen Scheibner nur recht geben, wir können nicht ignorieren, was um uns stattfindet –, nicht berücksichtigen und warum der Staat diese Möglichkeit nicht anbieten soll.

Ich kann schon sagen, wo da das Problem liegt. Das Problem liegt darin, dass wir uns viel zu wenig mit der Situation Einzelner, mit der Situation von Minderheiten auseinan­dersetzen und zu wenig verstehen, warum es so ist und warum es da Probleme gibt. Wie wird mit diesen Leuten umgegangen und wie empfinden sie, dass mit ihnen um­gegangen wird? Wir sollten die Frage stellen: Wollen wir das so? Wollen wir wirklich, dass Einzelne von uns so behandelt werden? – Da spreche ich jetzt von einem ganz breiten Spektrum, von den unterschiedlichsten Bereichen.

Ich glaube, wenn wir uns hier damit auseinandersetzen, wenn wir das nicht ignorieren und das vielleicht noch dazu benützen, Stimmung zu machen und gegen einzelne Gruppen zu hetzen – ob das jetzt Fremdarbeiter, Ausländer oder Asylanten sind, in den unterschiedlichsten Bereichen –, wenn wir das eben nicht tun, dann kommen wir in allen Fällen zu einer vernünftigen Lösung. Ich bin sehr froh, dass es gelungen ist, da doch einen Schritt in die richtige Richtung zu machen.

Meine Damen und Herren, der politische Kampf gegen die Diskriminierung von Homo­sexualität währt schon sehr lange. Unter Christian Broda ist es im Jahr 1971 erstmals gelungen, das Totalverbot von Homosexualität abzustellen. Wenn wir berücksichtigen, dass wir erst 1971 in Österreich diesen Schritt gemacht haben, während das in allen anderen Ländern schon wesentlich früher geschah, so sehen wir, dass bereits damals dieser Handlungsbedarf jedenfalls dringend gegeben war.

Bezüglich § 209 StGB: Wir alle kennen die Diskussionen. Herr Kollege Scheibner, es gab ja damals hier eine Abstimmung, die für alle Klubs freigegeben worden ist, jeden­falls für die ÖVP und für uns; ich glaube aber auch, für die anderen Parteien. Das war natürlich auch eine sehr pointierte Diskussion, die aber letztlich dazu geführt hat, dass wir von dieser Bestimmung des § 209 weggekommen sind. Und es hat davor schon gerichtliche Entscheidungen vom Europäischen Gerichtshof der Menschenrechte ge­geben, aber auch Stellungnahmen vom Verfassungsgerichtshof; auch vom Oberlan­desgericht Innsbruck, das uns damals mit unterstützt hat. Es war teilweise irgendwie erbärmlich, dass wir doch mehrere gerichtliche Entscheidung brauchten, um uns dort hinzutrauen, was eigentlich selbstverständlich hätte sein müssen.

Nun sind wir hier einen Schritt weitergekommen, und es ist ein sehr guter Schritt. Wir von der Sozialdemokratie haben in unserer Oppositionszeit einen Antrag eingebracht, durch den etwas weitergegangen ist. Wenn wir heute darüber reden, warum das Stan­desamt eigentlich nicht jener Ort sein darf, wo diese Registrierung stattfindet, so ver­stehe ich das auch nicht ganz, weil natürlich das Standesamt jener Platz ist, der übli­cherweise alle personaladministrativen Tätigkeiten durchführt und wo üblicherweise die Bücher liegen.

Kollege Stadler ist heute zwar nicht hier, aber im Ausschuss hat er, obwohl er eigent­lich gegen das Gesetz geredet hat, mitgeteilt, er versteht auch nicht, warum das Stan­desamt, das vernünftigerweise allgemein zuständig ist, in diesem Fall nicht damit be-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 68

auftragt wird, das durchzuführen. Mit jeder anderen Regelung gibt es mehr Administra­tionsaufwand, da hätte man das Naheliegende nehmen können.

Ich glaube, eine Diskussion ist nie zu Ende. Wir beschließen heute eine Regelung – hoffentlich. Wir werden weiterdiskutieren, und vielleicht ergibt sich dann eine Verringe­rung der Emotionalität und auch ein vernünftiger Schritt der jeweils zuständigen Stelle.

Nun ist es so, dass wir zirka 80 Prozent des Regelungsbedarfes und der Regelungsin­halte aus der Ehe in diese eingetragene Partnerschaft herüberbringen und Regelungen anbieten, die sehr vernünftig und naheliegend sind, meine Damen und Herren. Wir füh­ren auch eine wechselseitige Beistands- und Unterhaltspflicht mit ein. Das ist ein ver­nünftiger Punkt, das ist etwas, das in einer Ehe selbstverständlich ist. Ich glaube auch, dass es für jede Beziehung von Menschen eine Selbstverständlichkeit sein muss, Bei­stands- und Unterhaltsverpflichtungen als normal zu betrachten. Daher gibt es vieles, was sicherlich von einem humanistischen Standpunkt aus eine positive Entwicklung ist.

Ich muss sagen: Ich darf einerseits natürlich dem Justizministerium für die Arbeit, die geleistet worden ist, danken, allerdings habe ich auch mit Befremden zur Kenntnis ge­nommen, dass es wohl das Lob für diesen Vorschlag eingesteckt hat, aber eigentlich im Hintergrund in vielen Punkten, bei denen das für mich einfach unverständlich ist, ge­bremst hat.

Es ist jedenfalls so, dass ich noch folgenden Abänderungsantrag – weil einige Punkte noch zu ergänzen sind – einbringe:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen zum Be­richt des Justizausschusses (558 d.B.) über die Regierungsvorlage (485 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. In Art. 1 lautet § 43 Abs. 3:

„(3) Bundesgesetzliche Bestimmungen, die auch auf eingetragene Partner anzuwen­den sind und die Schwägerschaft betreffen, gelten in den für die Schwägerschaft maß­geblichen Linien und Graden auch für die Verwandten des eingetragenen Partners.“

2. Art. 47 Z 3 lautet:

„3. Dem § 1 Abs. 6 wird folgender Satz angefügt:

,Früher eingetragene Partnerin oder früher eingetragener Partner ist, wessen eingetra­gene Partnerschaft mit der Beamtin oder dem Beamten aufgelöst oder für nichtig er­klärt worden ist.

*****

Ich danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.35


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Abänderungsantrag steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Justizausschusses (558 d.B.) über die Regierungsvorlage (485 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft erlas-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 69

sen (Eingetragene Partnerschaft-Gesetz - EPG) und das Allgemeine Bürgerliche Ge­setzbuch, das Ehegesetz, das Fortpflanzungsmedizingesetz, das IPR-Gesetz, die Ju­risdiktionsnorm, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung, das Arbeitslosenversi­cherungsgesetz 1977, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Urlaubsgesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Landarbeitsge­setz 1984, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Post-Betriebsverfassungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungs­gesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Heeresversorgungsgesetz, das Opferfürsorgegesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Allgemeine Sozialversiche­rungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversiche­rungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversi­cherungsgesetz 1972, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuerge­setz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Bewertungsgesetz 1955, das Gebüh­rengesetz 1957, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, die Bundesabgabenordnung,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 70

das Alkoholsteuergesetz, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Ver­waltungsstrafgesetz 1991, das Datenschutzgesetz 2000, das Beamten-Dienstrechtsge­setz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Rich­ter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, die Reisegebührenvorschrift, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forst­wirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienst­rechtsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bezü­gegesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Auslandszulagen- und
-hilfeleistungsgesetz, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Personenstandsgesetz, das Namensänderungsgesetz, das Passgesetz 1992, das Meldegesetz 1991, das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufent­haltsgesetz, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Ärztegesetz 1998, das Gehalts­kassengesetz 2002, das Apothekengesetz, die Gewerbeordnung 1994, das Bilanz­buchhaltungsgesetz, das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, das Ziviltechnikerge­setz 1993, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Heeresdisziplinargesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Studienförderungsgesetz 1992, das Schülerbei­hilfengesetz 1983, das Unterrichtspraktikumsgesetz, das Patentgesetz 1970, das Pa­tentanwaltsgesetz, das Entwicklungshelfergesetz, das Bundesgesetz über Aufgaben und Organisation des auswärtigen Dienstes – Statut und das Bundesgesetz über die Einräumung von Privilegien und Immunitäten an internationale Organisationen geän­dert werden

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der Bericht des Justizausschusses (558 d.B.) über die Regierungsvorlage (485 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft erlas­sen (Eingetragene Partnerschaft-Gesetz - EPG) und das Allgemeine Bürgerliche Ge­setzbuch, das Ehegesetz, das Fortpflanzungsmedizingesetz, das IPR-Gesetz, die Ju­risdiktionsnorm, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung, das Arbeitslosenversi­cherungsgesetz 1977, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Urlaubsgesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Landarbeitsge­setz 1984, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Post-Betriebsverfassungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungs­gesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Heeresversorgungsgesetz, das Opferfürsorgegesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Allgemeine Sozialversiche­rungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversiche­rungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversi­cherungsgesetz 1972, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuerge­setz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Bewertungsgesetz 1955, das Gebüh­rengesetz 1957, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, die Bundesabgabenordnung, das Alkoholsteuergesetz, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Ver­waltungsstrafgesetz 1991, das Datenschutzgesetz 2000, das Beamten-Dienstrechtsge­setz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Rich­ter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, die Reisegebührenvorschrift, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forst­wirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienst­rechtsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bezü­gegesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Auslandszulagen- und
-hil­feleistungsgesetz, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Personenstandsgesetz, das Namensänderungsgesetz, das Passgesetz 1992, das Meldegesetz 1991, das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufent­haltsgesetz, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Ärztegesetz 1998, das Gehalts­kassengesetz 2002, das Apothekengesetz, die Gewerbeordnung 1994, das Bilanz­buchhaltungsgesetz, das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, das Ziviltechnikerge­setz 1993, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Heeresdisziplinargesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Studienförderungsgesetz 1992, das Schülerbei­hilfengesetz 1983, das Unterrichtspraktikumsgesetz, das Patentgesetz 1970, das Pa­tentanwaltsgesetz, das Entwicklungshelfergesetz, das Bundesgesetz über Aufgaben und Organisation des auswärtigen Dienstes – Statut und das Bundesgesetz über die Einräumung von Privilegien und Immunitäten an internationale Organisationen geän­dert werden, wird wie folgt geändert:

1. In Art. 1 lautet § 43 Abs. 3:

„(3) Bundesgesetzliche Bestimmungen, die auch auf eingetragene Partner anzuwen­den sind und die Schwägerschaft betreffen, gelten in den für die Schwägerschaft maß­geblichen Linien und Graden auch für die Verwandten des eingetragenen Partners.“

2. Art. 47 Z 3 lautet:

„„3. Dem § 1 Abs. 6 wird folgender Satz angefügt:

„Frühere eingetragene Partnerin oder früherer eingetragener Partner ist, wessen einge­tragene Partnerschaft mit der Beamtin oder dem Beamten aufgelöst oder für nichtig er­klärt worden ist.““

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Steinhau­ser. – Bitte.

 


11.36.07

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Aus vielen parlamentarischen Debatten ist Ihnen bekannt, dass die Grünen immer schon für eine Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften eingetreten sind. Es war Ulrike Lunacek, unsere Abgeordnete, die die ersten Schritte gesetzt hat. Sie hört uns auch heute von der Galerie aus zu – mittlerweile ist sie ins Europaparlament gewechselt; auch dort gibt es noch viel zu diesem Thema zu tun – und hat wichtige Beiträge dazu geliefert. Ich verhehle auch nicht, dass wir mit dem heutigen Gesetz nicht ganz zufrieden sind. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist durchaus – das muss man anerkennen – ein Schritt in die richtige Richtung, der den Betroffenen auch etwas bringt. Ich erinnere nur an die fremdenrechtlichen Bestim­mungen: Es gibt Gleichstellung im Sozialversicherungsrecht und im Steuerrecht. Aber es ist eben – und es ist wichtig, das zu betonen – nur ein halber Schritt.

Frau Bundesministerin, wenn Sie immer betonen, dass Österreich damit im europäi­schen Mittelfeld liege, so ist das nur dann richtig, wenn Sie Länder wie Russland, Ser-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 71

bien oder die Türkei dazurechnen, wo es überhaupt noch keine gesetzlichen Regelun­gen gibt und die Betroffenen teilweise auch von den Behörden schikaniert werden. Ich würde mir wünschen, dass wir uns an den anderen Ländern messen, an Skandinavien oder am katholischen Spanien. Dort ist mittlerweile die gleichgeschlechtliche Ehe eine Selbstverständlichkeit. Ich habe mich erkundigt: In Spanien sind weder die Kirch­turmuhren stehen geblieben noch haben die Glocken zu läuten aufgehört – nein, gar nichts ist passiert! Es gibt gleichgeschlechtliche Ehen, das ist ein Stückchen Normali-
tät im katholischen Spanien. Das muss doch auch im katholischen Österreich möglich sein.

Auffallend ist auch, dass bei diesem Gesetz immer wieder in den Stellungnahmen be­tont wird, wo die Unterschiede zur Ehe liegen müssten. Ich frage mich schon: Mit wel­chem Recht wird hier die Gleichstellung verweigert? Es ist nicht Aufgabe des Staates zu werten, welche Partnerschaften er möchte oder welche Partnerschaften er nicht möchte. Alle Argumente, die hier vorgetragen werden, überzeugen nicht.

Zum Argument Kinder: Also mal ehrlich, wie viele heterosexuelle Partnerschaften blei­ben ohne Kind? Die Vergünstigungen, die sogenannten Vergünstigungen der Ehe wer­den ihnen nicht abgesprochen. Wie viele Kinder werden außerhalb von Ehen geboren? Sollen sie diese sogenannten Vergünstigungen nicht bekommen? Wie viele Menschen heiraten im Alter, können gar keine Kinder bekommen? Die sogenannten Vergünsti­gungen der Ehe werden ihnen nicht abgesprochen.

Wer Kinder fördern will, soll Kinder fördern; der soll es über Sozialleistungen machen. Partnerschaftsgesetze haben eine ganz andere Funktion: Sie sollen einen rechtlichen Rahmen für das Zusammenleben bilden. Daher ist jede Unterscheidung zwischen gleichgeschlechtlichen und nicht gleichgeschlechtlichen Partnerschaften, bezogen auf die Ehe, unsachlich. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren, Folgendes ist meiner Ansicht nach wichtig zu betonen, weil hier immer so ein Theater gemacht wird: Dieses Gesetz beeinträchtigt weder die Rech­te noch die Lebensweise heterosexueller Paare. Ich fühle mich nicht gestört, wenn gleichgeschlechtliche Paare heiraten können. Ich verstehe nicht, wie andere, hetero­sexuelle Paare das so sehen können. Es gibt für heterosexuelle Paare durch dieses Gesetz nicht die geringste Veränderung.

Es ist an der Zeit, Realitäten anzuerkennen. Es gibt gleichgeschlechtliche Partner­schaften, und man muss ihnen den adäquaten, angemessenen und gleichen rechtli­chen Rahmen geben, meine Damen und Herren!

Dieses Gesetz enthält nach wie vor 45 Unterscheidungen; ich kann nur ein paar her­ausgreifen. Das Erste, das man diskutieren muss, obwohl es eigentlich nur ein Neben­schauplatz ist, ist die Debatte um das Standesamt, den Ort, wo die Partnerschaft abge­schlossen wird. Da war sogar vom Zeremonieverbot die Rede. Die ÖVP hat in ihrem Perspektivenpapier sogar noch das Standesamt als Ort des Abschlusses der gleichge­schlechtlichen Partnerschaft festgeschrieben, ist jetzt aber davon abgerückt – völlig un­sachlich.

Offensichtlich geht es um ganz etwas anderes. Es geht darum, zum Ausdruck zu brin­gen, dass die gleichgeschlechtliche Partnerschaft offensichtlich nur eine Partnerschaft zweiter Klasse sein soll. Es soll die Unterscheidung zur Ehe sichtbar gemacht werden, und das lehnen wir schlichtweg ab.

Da bedauere ich schon auch die Äußerungen der Bischofskonferenz, die darüber geju­belt hat, dass nicht das Standesamt der Ort des Abschlusses der Partnerschaft sein wird. Die Bischofskonferenz kann – damit es kein Missverständnis gibt – Stellung neh­men, wie sie will, aber ich glaube nicht, dass die Bischofskonferenz gut beraten ist,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 72

wenn sie von der Kanzel aus Tagespolitik macht. Ich werde mich auch nicht in Glau­bensfragen einmischen, ich werde der katholischen Kirche nicht empfehlen, ob sie ihre Trauungen vor dem Hauptaltar oder in der Sakristei abhalten soll. Wir diskutieren hier kein Sakrament, wir diskutieren hier ein Rechtsinstitut im 21. Jahrhundert, meine Da­men und Herren! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein zweiter Punkt, den man ansprechen muss, weil er absurd und lächerlich ist, ist das ganze Theater um das Namensrecht. Wenn zwei Menschen eine gleichgeschlechtliche eingetragene Partnerschaft eingehen, können sie nicht den gleichen Namen erlangen. Normalerweise ist es der ÖVP bei der Eheschließung ganz besonders wichtig, dass die Partner den gleichen Namen tragen. Bei den gleichgeschlechtlichen Partnerschaften soll es nur ja nicht so sein.

Aber das ist nicht das Einzige, es wird noch absurder: Wenn Müller und Maier, zwei Männer beispielsweise, eine Partnerschaft eingehen und ihren Namen behalten, dann mutiert der Familienname zum Nachnamen. Und da wird es absurd, da wird es lächer­lich: Das Wort „Familie“ darf in diesem Zusammenhang offensichtlich nicht vorkom­men, wenn es nach der ÖVP geht.

Um die anderen Unterscheidungen nur zu streifen: Es gibt keine Familienhospizkarenz, das heißt Sterbebegleitung, bei den Schwiegereltern. Wir sollten froh sein, wenn Men­schen Sterbebegleitung für sterbende Menschen machen – das gibt es für gleichge­schlechtliche Paare nicht. Adoptionsmöglichkeiten gibt es nicht, obwohl Kinder heute schon real in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften leben. Diese Debatte ist absolut verlogen.

Oder: Die medizinisch unterstützte Fortpflanzung gibt es bei gleichgeschlechtlichen Paaren nicht.

All diese Unterscheidungen gehören beseitigt, und der Entschließungsantrag Stein­hauser, Freundinnen und Freunde zur Gleichstellung der eingetragenen Partnerschaft mit der Ehe beinhaltet genau die Beseitigung dieser Unterscheidungen.

Meine Damen und Herren, positiv formuliert könnte man sagen, es ist der Beginn einer Entwicklung. Kritisch formuliert muss man sagen, es ist ein Gesetz, das schon vom ersten Tag weg reformbedürftig ist. Wir werden das auch in unserem Abstimmungsver­halten zum Ausdruck bringen.

Wir wären einen anderen Weg gegangen. Wir hätten entweder dafür plädiert, die Ehe zu öffnen, oder, wenn das aus gesellschaftspolitischen Gründen derzeit nicht möglich ist, ein Rechtsinstitut zu schaffen, das zwar anders heißt, wenn das das Hauptproblem der ÖVP ist, aber die gleichen Rechte bringt.

Heute werden zwei Abgeordnete der Grünen dem Gesetz zustimmen, symbolisch da­für, dass es Verbesserungen bringt, dass es ein kleiner Schritt, wenn auch nur ein hal­ber Schritt ist. Der Rest der grünen Fraktion wird gegen dieses Gesetz stimmen, um zu erinnern, dass noch ein weiter Weg zur echten Gleichstellung vor uns liegt. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

11.44


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag wird an die Ab­geordneten verteilt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde betreffend Gleichstel­lung der Eingetragenen Partnerschaft mit der Ehe


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 73

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Justizausschuss zur Regie­rungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die eingetragene Part­nerschaft erlassen (Eingetragene Partnerschaft-Gesetz - EPG) und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Fortpflanzungsmedizingesetz, das IPR-Gesetz, die Jurisdiktionsnorm, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung, das Ar­beitslosenversicherungsgesetz 1977, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Ur­laubsgesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Post-Betriebsverfas­sungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Arbeitsvertrags­rechts-Anpassungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Heeresver­sorgungsgesetz, das Opferfürsorgegesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Allge­meine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungs­gesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Bewertungsge­setz 1955, das Gebührengesetz 1957, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, die Bun­desabgabenordnung, das Alkoholsteuergesetz, das Allgemeine Verwaltungsverfah­rensgesetz 1991, das Verwaltungsstrafgesetz 1991, das Datenschutzgesetz 2000, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienste­tengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, die Reisegebührenvorschrift, das Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundes­bahn-Pensionsgesetz, das Bezügegesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsge­setz, das Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetz, das Bundestheaterpensionsge­setz, das Personenstandsgesetz, das Namensänderungsgesetz, das Passge­setz 1992, das Meldegesetz 1991, das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeige­setz 2005, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Staatsbürgerschaftsge­setz 1985, das Ärztegesetz 1998, das Gehaltskassengesetz 2002, das Apotheken­recht, die Gewerbeordnung 1994, das Bilanzbuchhaltungsgesetz, das Wirtschaftstreu­handberufsgesetz, das Ziviltechnikergesetz 1993, das Wohnungsgemeinnützigkeitsge­setz, das Heeresdisziplinargesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Stu­dienförderungsgesetz 1992, das Schülerbeihilfengesetz 1983, das Unterrichtsprakti­kumsgesetz, das Patentgesetz 1970, das Patentanwaltsgesetz, das Entwicklungshel­fergesetz, das Bundesgesetz über Aufgaben und Organisation des auswärtigen Diens­tes – Statut und das Bundesgesetz über die Einräumung von Privilegien und Immunitä­ten an internationale Organisationen geändert werden (558 d.B.)

Obwohl das EPG zwar in weiten Teilen die Bestimmungen des Eherechts übernimmt, unterscheidet es sich aber trotzdem in vielen Bereichen davon. Es werden somit lesbi­sche und schwule LebenspartnerInnenschaften weiterhin diskriminiert. Zudem fehlt eine Generalklausel, damit in allen Gesetzen die LebenspartnerInnenschaft mit der Ehe gleichgestellt wird.

Prinzipiell halten wir es für denkbar, ein modernes neues Rechtsinstitut – welchen Na­men dieses auch immer erhält – zu schaffen, das antiquierte Regelungen aus dem Eherecht nicht übernimmt. Dieses müsste auch verschiedengeschlechtlichen Partner offen stehen.

Im vorgelegten Entwurf sehen wir allerdings diesbezüglich keine wesentlichen Refor­men. Gleichzeitig wird aber auch nicht die Ehe geöffnet. Unser Ziel ist aber die völlige Gleichstellung von verschieden- und gleichgeschlechtlichen Paaren.

Die Regierungsvorlage verschafft eingetragenen Partnern/Partnerinnen insgesamt ge­sehen keine gleichen sondern lediglich (was die Erläuterungen auch ausdrücklich sa­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 74

gen) nur eine „ähnliche“ Rechtsstellung wie Ehepaaren. Eingetragene Partnerschaft (EP) und Ehe sind demnach keine gleichen, bloss getrennten, Rechtsinstitute sondern viel­mehr wechselseitig jeweils ein Aliud und (wie die Regierungsvorlage sogar ausdrück­lich als Ziel betont) zueinander klar abgegrenzt und „unterschiedliche Form(en) der Le­bensgemeinschaft“. Gleichheit wird daher weder geschaffen noch ist das auch nur be­absichtigt.

Das Rechtskomitee Lambda hat – ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben – jedenfalls 47 Punkte festgestellt, die Abweichungen zum geltenden Eherecht dar­stellen. Um dies zu verdeutlichen sollen nur einige Hauptpunkte als Beispiel angeführt werden:

So kann beispielsweise die Ehe unter gewissen Umständen schon ab 16 Jahren einge­gangen werden, bei der Eingetragenen Partnerschaft gibt es diese Möglichkeit nicht. Eingetragene PartnerInnen können sich auch nicht verloben. Abgesehen davon, dass das Standesamt für Eingetragene Partnerschaften nicht zuständig ist gibt es auch kei­ne Trauungszeremonie, also weder Gelöbnis noch Trauzeugen.

Besonders auffallend ist die Ungleichbehandlung im Namensrecht. Wer eine eingetra­gene Partnerschaft eingeht, hat keinen Familiennamen mehr, sondern einen Nachna­men. Diese neue Namenskategorie betrifft nur Personen, die eine eingetragene Part­nerschaft eingehen. Der Nachname ist bei behördlichen Formularen wie zB am Mel­dezettel anzugeben, was automatisch zu einem „Zwangsouting“ homosexueller Paare führt.

Die Regierungsvorlage will jedenfalls vermeiden, dass die Eingetragene Partnerschaft einer Familie gleicht. Daher gibt es keine Verpflichtungen der eingetragenen Partner und Partnerinnen, auf das Wohl der Kinder ihres Partners oder ihrer Partnerin Rück­sicht zu nehmen. Ausdrücklich verboten ist die Fremd- und Stiefkindadoption. Dazu passend wird durch dieses Gesetz auch ausdrücklich klar gestellt, dass eingetragenen Partnerschaften die medizinisch unterstützte Fortpflanzung untersagt ist.

Weitere Unterschiede gibt es im Hinblick auf die partnerschaftlichen Rechte und Pflich­ten, so entfällt bei der Eingetragenen Partnerschaft zB die Treuepflicht. Auch die Auflö­sung der eingetragenen Partnerschaft ist jedenfalls nach drei Jahren möglich, im Ehe­recht dagegen kann die Auflösung bis zu sechs Jahre lang hinausgeschoben werden.

Dieser Antrag hat das Ziel, die bestehenden Ungleichbehandlungen abzuschaffen und die Eingetragene Partnerschaft der Ehe gleich zu stellen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Justizministerin wird aufgefordert, in Zusammenarbeit mit den anderen zuständi­gen Regierungsmitgliedern, einen überarbeiteten Entwurf des Eingetragenen Partner­schaft-Gesetzes (EPG) vorzulegen, der ein Diskriminierungsverbot enthält und die nachstehenden Ungleichbehandlungen zum geltenden Eherecht beseitigt:

1. Anpassung der Altersgrenze an die Ehe (16 Jahre; §§ 1, 3 EheG; § 4 EPG9)

2. Verlöbnis auch für eingetragene PartnerInnen (§ 45 ABGB)

3. Fehlende Rücksichtnahme auf das Wohl der Kinder bei Ausgestaltung der Lebens­gemeinschaft (§ 91 Abs. 1 EheG; § 8 Abs. 3 EPG)

4. Wiederverheiratung im Falle einer unrichtigen Todeserklärung (§§ 43, 44 Abs. 2 EheG; § 13 Abs. 1 EPG)

5. Unterschiedliche Scheidungsfristen (§ 55 Abs. 3 EheG; § 15 Abs. 3 EPG)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 75

6. Unterhalt bei der Zerrüttungsscheidung wie bei aufrechter Ehe => kein Äquivalent bei der Lebenspartnerschaft (§ 69 Abs. 2 EheG; § 20 EPG)

7. Internationales Privatrecht – Anzuwendendes Recht bei Auslandsbezug (§§ 18, 20 IPR-G; §§ 27b, 27d IPR-G)

8. Keine Bezugnahme auf „Familie“ bei der gesonderten Wohnungsnahme (§ 92 Abs. 3 ABGB; § 9 Abs. 4 EPG)

9. Unterschiedliche partnerschaftliche Pflichten (keine Pflicht zur Treue) (§§ 90, 91 ABGB; § 8 Abs. 2, 3 EPG)

10. Mehr Nichtigkeitsgründe (§ 20-25 EheG; § 19 Z. 4 EPG)

11. Unterschiedliche Tatbestände bei der Verschuldensscheidung (§ 49 EheG; § 15 Abs. 1 EPG)

12. Keine Pflicht, dem Partner in der Ausübung der Obsorge für dessen Kinder beizu­stehen (90 Abs. 3 ABGB; § 8 EPG)

13. Kein Vertretungsrecht des Partners in Obsorgeangelegenheiten des täglichen Le­bens (für die Kinder des/der PartnerIn) (§ 90 Abs. 3 ABGB)

14. Verbot der Fremdkindadoption (§ 179 ABGB; § 8 Abs. 4 EPG)

15. Absolutes Verbot der Stiefkindadoption (§ 8 Abs. 4 EPG)

16. Verbot der medizinisch unterstützten Fortpflanzung (§ 2 Abs. 1 FMG)

17. Kein gemeinsamer Familienname (§ 93 ABGB; § 7 EPG)

18. Wirksamkeitszeitpunkt der Begründung der Partnerschaft (§ 17 EheG; § 6 Abs. 2 EPG)

19. Geltendmachung von Ehrverletzungen an verstorbenen PartnerInnen (Jörg-Haider-Konstellation) (§ 117 Abs. 5 StGB; Art. 7 EP-G)

20. Schließung vor Bezirksverwaltungsbehörden statt am Standesamt (§ 59a PStG)

21. Schließung nur in den Amtsräumen (§ 47a PStG)

22. Keine Trauzeugen (§ 26a PStG) wie bei Eheschließung (§ 24PStG)

23. Eingetragene PartnerInnen verlieren ihren Familiennamen und werden durch eine neue Namenskategorie („Nachname“) gekennzeichnet (§ 34a PStG; § 2 Abs. 1 Z. 7a NÄG; Anlagen 24 & 25 zur PStV)

24. Eintragung in die Wählerevidenzen (§§ 2a & 4 Wählerevidenzgesetz; § 4 Europa-Wählerevidenzgesetz)

25. Familienzusammenführung im Fremdenrecht (außer bei EU-BürgerInnen) nur für den/die eingetragene/n PartnerIn, nicht aber für deren/dessen minderjährige Kinder (§ 2 Abs. 4 lit. 11&12 FPG; § 2 Abs. 1 Z. 9 NAG)

26. Eingetragene PartnerInnen zählen, anders als Ehegatten, nicht zur „Kernfamilie“ (§ 2 Abs. 4 lit. 12 FPG; § 2 Abs. 1 Z. 9 NAG)

27. Witwen-/Witwerpensionen aus Pensionskassen (§ 5 Pensionskassengesetz)

28. Keine Berücksichtigung des/der PartnerIn bei der Familienbeihilfe und anderen Leistungen aus dem Familienlastenausgleichsfonds (§§ 5, 6, 9a, 35, 38f, 46a Familien­lastenausgleichsG)

29. Kein Recht für PartnerInnen von EU- & EWR-BürgerInnen (und deren Ange­hörigen) auf freie Ausübung eines Gewerbes (§ 14 GewO)

30. Kein Recht für PartnerInnen von EU- & EWR-BürgerInnen (und deren Angehöri­gen) auf freie Ausübung des Berufes eines Ziviltechnikers (§ 5 Ziviltechnikergesetz)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 76

31. Keine Aufenthalts- und andere Rechte für die PartnerInnen von Diplomaten und Bediensteten internationaler Organisationen in völkerrechtlichen Verträgen, wie bspw. Amtssitzabkommen

32. Keine Mitversicherung der Stiefkinder in der Krankenversicherung (§ 123 ASVG, § 83 GSVG, § 78 BSVG u.a.)

33. Keine erhöhte Witwen-/Witwerpension nach Zerrüttungsscheidung bei Betreuung eines gemeinsam adoptierten Kindes (§§ 215, 264 ASVG; § 145 GSVG; § 136 BSVG; § 19 PensionsG u.a.)

34. Geringerer Anspruch (2 ½ Jahre ggü. lebenslang bei der Ehe) des überlebenden Stiefelternteils auf Witwen-/Witwerpension (§ 258 ASVG, § 136 GSVG; § 127 BSVG u.a.)

35. Keine Familienhospizkarenz (Sterbebegleitung) für im Sterben liegende Schwieger­eltern (§ 14a AVRAG, § 78d BDG, § 29k VBG u.a.)

36. Erschwerte Familienhospizkarenz (Sterbebegleitung) für im Sterben liegende Stief­kinder (§ 14a, 14b AVRAG, § 78d BDG, § 29k VBG u.a.)

37. Keine Arbeitszeitreduktion oder Karenz zur Betreuung von Stiefkindern (§§ 50b, 75 BDG, § 29b VBG, § 10 GehaltsG u.a.)

38. Erschwerter Pflegeurlaub für die Stiefkinder (§ 16 UrlG; § 76 BDG, § 29f VBG u.a.)

39. Politiker-Witwen-/Witwerpensionen (§ 6 BezügebegrenzungsG)

40. Keine Abfertigung öffentlich Bediensteter bei gemeinsamer Adoption eines Kindes (§ 84 VBG)

41. Geringere Zuteilungsgebühr und Umzugsvergütung nach der Reisegebührenvor­schrift für öffentlich Bedienstete (§§ 22, 32 Reisegebührenvorschrift)

42. Keine Kinderzulage für betreute Kinder des/der verstorbenen PartnerIn bei Wit-
wen-/Wit­werpensionen öffentlich Bediensteter (§ 25 PensionsG)

43. Keine Zulage zur Waisenpension des Stiefkindes bei Ableben des eingetragenen Partners (des Stiefelternteiles) (§§ 18, 24, 48 PensionsG)

44. Keine Anrechnung von Kindererziehungszeiten des verstorbenen eingetragenen Partners im Recht öffentlich Bediensteter (§ 25a PensionsG)

45. Kein Kinderzuschuss für Stiefkinder bei der Auslandsverwendungszulage von öf­fentlichen Bediensteten (§ 21a GehaltsG)

46. Kein Zuschuss für eingetragene Partner von öffentlichen Bediensteten, die (bei Versetzung des Bediensteten ins Ausland) im Interesse des Kindes im Inland bleiben (§ 21d GehaltsG)

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Bundesministerin Mag. Ban­dion-Ortner. – Bitte.

 


11.44.21

Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Sehr geehrter Herr Prä­sident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ja, versprochen – gehalten! (Ironische Heiterkeit bei FPÖ, BZÖ und Grünen. – Abg. Dr. Moser: Gebrochen!) Ich habe von Anfang an versprochen, dass bis Jahresende eine Lösung auf dem Tisch liegt, die sich mit der gegenseitigen Anerkennung und mit der rechtlichen Absicherung von gleichgeschlechtlichen Paaren beschäftigt. Es ist eine ausgewogene Lösung. Das merkt man hier auch an den Reaktionen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 77

Das Gesetz über die eingetragene Partnerschaft beseitigt Diskriminierungen, schützt die Ehe und denkt an die Kinder. (Beifall bei der ÖVP.)

Mit diesem Gesetz war es auch notwendig, 80 Gesetzesänderungen in sogenannten Materiengesetzen zu bewirken. Vielleicht werden es auch 81. Sie sind gerne dazu ein­geladen, auch dem 81. Gesetz zuzustimmen. Es handelt sich nämlich um eine Verfas­sungsbestimmung, das Bezügebegrenzungsgesetz und bezieht sich auf gleichge­schlechtliche Politiker.

Was regelt das Gesetz über die eingetragenen Partnerschaften? Es regelt einerseits die Begründung der eingetragenen Partnerschaft, es räumt Rechte und Pflichten ein, wie zum Beispiel Beistandspflichten, Unterhaltspflichten. Es gibt mietrechtliche Gleich­stellungen, es gibt aber auch Gleichstellungen sozialversicherungsrechtlicher Natur, pensionsrechtlicher Natur, prozessrechtlicher Natur, steuerrechtlicher Natur – also sehr, sehr viele Gleichstellungen.

Das Gesetz enthält auch Auflösungsbestimmungen. Es gibt nach wie vor die einver­nehmliche Auflösung, so wie bei der Ehe, aber auch eine strittige Auflösung.

Herr Abgeordneter Scheibner, wir können gerne einmal auch über die Reform des Ehegesetzes an sich diskutieren, dafür bin ich gerne zu haben. Ich würde sagen, wir setzen uns einmal zusammen, und Sie sagen mir Ihre Ideen zu diesem Thema. Wir können gerne einmal darüber sprechen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Das ist eh notwendig! Seit 200 Jahren warten sie schon, Frau Bundesminister!)

Wo liegen jetzt die großen Unterschiede zur Ehe? – Einen Unterschied gibt es vor al­lem bei der Adoptionsmöglichkeit. Es gibt keine Adoptionsmöglichkeit für ein gleichge­schlechtliches Paar – Einzeladoptionen sind ja ohnehin möglich –, und zwar aus fol­gendem Grund: Diese Lösung würde einerseits keine breite Akzeptanz erfahren, und in diesem Bereich ist es nun einmal notwendig, eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung zu erzielen. Des Weiteren müssen wir an das Wohl der Kinder denken, und die Adop­tion stellt nun einmal auf elternähnliche Verhältnisse ab. (Abg. Silhavy: Über das Wohl der Kinder muss man wohl bei jeder Adoption sprechen!) So ist es.

Was ist noch der große Unterschied? – Ich spreche jetzt für meine Kollegin Bundesmi­nisterin Maria Fekter, das fällt nämlich in ihren Zuständigkeitsbereich. – Die eingetrage­ne Partnerschaft ist einzutragen bei der Bezirksverwaltungsbehörde; das ist die Per­sonenstandsbehörde. Das hat auch verschiedene Gründe, und ich finde, diese Lösung ist sehr gut. Deswegen gut, weil es am praktikabelsten ist, die Eintragungen bei der Bezirksverwaltungsbehörde erfolgen zu lassen. Es muss dann nicht jedes kleine Stan­desamt am Land ein eigenes Register führen. Auch hier ist die breite Akzeptanz am ehesten bei der Bezirksverwaltungsbehörde gegeben.

Und ganz wesentlich, meine Damen und Herren: Die Zeremonie ist nicht im Gesetz ge­regelt, auch nicht bei heterosexuellen Paaren, auch nicht bei einer normalen Ehe­schließung. Die Zeremonie kann sich jeder dann selber ausmachen. (Beifall bei der ÖVP.)

Man hört auch immer wieder die Kritik, dass es heterosexuellen Paaren nicht möglich ist, sich eintragen zu lassen. – Ganz ehrlich, meine Damen und Herren: Wo läge da der Vorteil? Ich verstehe nicht, was da besser wäre, wenn man sich eintragen lässt. Al­so ich habe bis jetzt noch keinen Grund gefunden, warum man als Mann und Frau nicht heiraten sollte, sondern sich eintragen lassen sollte. Aber bitte, vielleicht sagt mir das noch irgendjemand. Generell muss ich wirklich sagen, man muss es sich eben überlegen, entweder man heiratet oder man heiratet nicht. Ich bin nicht für Zwischen­lösungen zu haben. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 78

Sehr geehrte Damen und Herren, ich glaube, wir haben heute einen großen Schritt ge­setzt, einen Schritt, der sicherlich historisch ist in Österreich. Herr Strache ist jetzt nicht da, aber ich möchte ihm sagen, wir leben nun einmal im 21. Jahrhundert, und ich bin sehr froh, dass dieser Schritt mit dem heutigen Tage gesetzt wird. – Danke vielmals für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kickl. – Bitte.

 


11.49.39

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielleicht wird es im 23. Jahrhundert dann so sein – wir werden es zwar nicht mehr erleben –, dass man das, was heute hier von Ihnen beschlossen wird, als den größten Unsinn aller Zeiten verurteilen wird. Ich schließe das nicht aus, weil es kein Prinzip sein kann, dass man nur nach der Empirie Gesetze macht, sondern da gibt es schon auch noch andere Kriterien, die anzuwenden sind, und ich glaube, da muss man ein bisschen auch in die Tiefe hineingehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, im Grunde genommen ist es völlig egal, unter welchen rhe­torischen Verklausulierungen, unter welchen Verbiegungen und Verrenkungen – und da meine ich insbesondere die ÖVP – hier heute versucht wird, einen Unterschied dar­zustellen, der kein Unterschied in der Sache ist. Ich meine den Unterschied zwischen der von Ihnen heute gegen die Stimmen der FPÖ beschlossenen – und darauf bin ich stolz, wir werden geschlossen gegen dieses Gesetz stimmen – eingetragenen Part­nerschaft für Homosexuelle auf der einen Seite und dem Institut der Ehe und der damit im Zusammenhang stehenden Intention der Familie auf der anderen Seite. Es wird Ih­nen nicht gelingen, diesen Unterschied zu verwischen! (Beifall bei der FPÖ.)

Genauso wenig, wie es Ihnen gelingen wird, die tatsächliche gesellschaftspolitische In­tention, die Sie mit diesem Projekt verfolgen, vor der Bevölkerung verbergen zu kön­nen. Es geht doch im Grunde genommen um überhaupt nichts anderes, als der Familie jene Sonderstellung, die ihr wir Freiheitliche in der Gesellschaft geben wollen, Schritt für Schritt zu entziehen. Dazu haben Sie schon viele Maßnahmen gesetzt. Und das, was heute passiert, ist doch nur ein weiterer Baustein auf diesem Kreuzzug gegen die Familie. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Gesetz, das Sie uns hier heute vorlegen, ist eine Mogelpackung, weil Sie alle Sprengladungen in Form von kleinen Ungleichheiten gegenüber dem Institut der Ehe mit hineingepackt haben. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis eine Klagsmaschinerie in Gang gesetzt wird, wo am Ende dieser Klagsprozesse die völlige Gleichstellung her­auskommen wird, natürlich auch inklusive Adoption. Ihnen ist der Vorwurf zu machen, dass Sie das genau wissen, das in Kauf nehmen und heute hier so tun, als ob das al­les nicht passieren würde. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist wie bei einem Germteig: Der ist am Anfang der Zubereitung ganz klein, aber die Hefe ist drinnen, und dann beginnt das Ding zu gären, und man erkennt das Ganze nach einiger Zeit nicht wieder. Ähnlich ist das mit diesem Gesetz.

Von den Linken, SPÖ und Grünen, sind wir das ja gewöhnt. Das ist ein gesellschafts­politischer Crashkurs, der da seit Langem betrieben wird. 1968 lässt grüßen – etwas anderes ist das gar nicht. Eine Vermanschung der Ideologie eines Karl Marx mit den vermeintlichen Errungenschaften der Psychoanalyse – das ist es! Freudomarxismus, das wird heute hier umgesetzt! (Beifall bei der FPÖ.)

Und das ist ein Baustein, den Sie da draufsetzen. Ich darf Sie erinnern, wie sich das al­les zusammenfügt in einem großen Gebilde. Sie haben doch schon ein Problem mit dem Schutz des Lebens an sich! Sonst hätten Sie in der ganzen Frage der Abtreibung


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 79

nicht einen derartig lockeren Umgang, indem Sie nämlich nichts anderes machen als der Bevölkerung einzureden: Wenn es eine Gewissensentscheidung ist und wenn man das mit sich selber ausmacht, dann ist es schon gut! – Das ist eine Pervertierung des Begriffs des Gewissens, denn Gewissen ist nicht ein Freifahrtschein für die persönliche Willkür, sondern hat mit Wissen zu tun und hat Allgemeingeltungsanspruch. Das ist nicht nur eine persönliche Befindlichkeit, die sich da ausdrückt. – Erster Punkt. (Beifall bei der FPÖ.)

Zweiter Punkt: Sie haben auch ein großes Problem mit der Frage des natürlichen Ge­schlechts. Das macht Ihnen Sorgen, dass es Buben und Mädeln gibt, und deswegen kommt man ja auf diesen Mumpitz, dass man – im Anschluss der 68er, das können Sie alles nachlesen – sagt, das Geschlechterverhalten ist doch nur anerzogen, das ist doch alles nur sozialisiert. Und deswegen fahren Sie auch Ihre staatlichen Umerzie­hungs- und Umprogrammierungsprogramme seit langer Zeit und setzen mit diesem Gesetz heute einen weiteren Meilenstein. (Beifall bei der FPÖ.)

Mit der Familie haben Sie ein Problem. Die haben doch die Herren Horkheimers und Adornos, die alle Ihre geistigen Vorväter sind, als „Keimzelle der autoritären Gesin­nung“ und als „Keimzelle des Faschismus“ enttarnt. Und Sie fahren diesen Kurs weiter, und deshalb tun Sie alles, um die Kinder aus der Familie herauszubekommen, um sie möglichst früh nach Ihren gesellschaftspolitischen Vorstellungen malträtieren zu können.

Nicht mit uns, meine Damen und Herren! Das sage ich Ihnen auch ganz deutlich. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Zum Schluss kommend: Das, was heute hier gesetzt wird, ist ja nichts anderes als ein weiterer Baustein. Ich habe noch einmal nachgeschaut. Den Herrn Marcuse werden Sie wahrscheinlich kennen, Sie haben ihn ja eifrig studiert. Er hat davon gesprochen, dass es eine „Verweigerung der zeugenden Sexualität“ geben müsse.

Das findet heute einen Niederschlag: ein Freiheitsbegriff, der in nichts anderem besteht als in Zerstörung und Destruktion. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ.)

11.54


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Karl. – Bitte.

 


11.54.12

Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­te Bundesministerinnen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Seit 1. Juli 2004 gilt in Öster­reich ein neues Gleichbehandlungsgesetz, das in der Arbeitswelt unter anderem auch die Diskriminierung wegen der sexuellen Orientierung verbietet. Damit wurde eine EU-Richtlinie umgesetzt, die auch zu einer Diskussion darüber geführt hat, ob dieses neue Diskriminierungsverbot, das ja zugleich auch als Gleichbehandlungsgebot zu verste­hen ist, die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften mit der Ehe gebietet.

Einer solchen Auffassung steht bereits der Erwägungsgrund Nummer 22 dieser Richt­linie entgegen, denn nach diesem Erwägungsgrund bleiben die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über den Familienstand unberührt. Davon unabhängige Leistungen bleiben durch die Richtlinie ebenfalls unberührt. Dies deckt sich auch mit der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs. Er berücksichtigt die in der Gemeinschaft vorherr­schenden Vorstellungen und zieht daraus zwei Schlüsse – ich zitiere wörtlich –:

Zum einen zeige sich, „dass seit 1989 immer mehr Mitgliedstaaten neben der Ehe ge­setzliche Regelungen eingerichtet haben, durch die verschiedene Formen der Lebens­gemeinschaft von Partnern des gleichen oder verschiedenen Geschlechts rechtlich an­erkannt und diesen Verbindungen bestimmte Wirkungen verliehen wurden, die den


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 80

Wirkungen der Ehe sowohl zwischen den Partnern als auch gegenüber Dritten gleich­stehen oder vergleichbar sind.“

Zum anderen zeige sich jedoch, „dass sich diese Regelungen der Eintragung von bis dahin gesetzlich nicht anerkannten Paarbeziehungen neben ihrer großen Verschieden­artigkeit in den betreffenden Mitgliedstaaten von der Ehe unterscheiden.“ – Zitatende.

Diese Entwicklung wird vom Europäischen Gerichtshof aufgezeigt und akzeptiert.

Auch wir haben uns für diesen eben beschriebenen Weg entschieden. Wir wollen eine eingetragene Partnerschaft, die einen rechtlichen Rahmen für das Zusammenleben gleichgeschlechtlicher Paare bietet. Dieser rechtliche Rahmen umfasst sowohl Rechte und Pflichten, beseitigt Diskriminierungen, bedeutet aber keine Gleichstellung mit der Ehe.

Die von uns angestrebte eingetragene Partnerschaft unterscheidet sich damit in we­sentlichen Punkten vom Zivilpakt, wie er von den Grünen vorgeschlagen wird. Für die­sen Zivilpakt soll es keinen Pflichtenkatalog wie für die Ehe geben. Die Auflösung des Zivilpakts soll kurz und schmerzlos erfolgen. Nach der Auflösung soll keine Verpflich­tung mehr bestehen, dem Lebenspartner oder der Lebenspartnerin den Lebensstan­dard zu erhalten. Nur dann, wenn einer der beiden Lebenspartner für das eigene Fort­kommen nicht mehr Sorge tragen kann, sei es wegen der Haushaltsführung oder der Kindererziehung, dann soll auf das als antiquiert beschriebene Institut der Ehe zurück­gegriffen werden. Die Ehe wird damit auf eine Einrichtung reduziert, die bloß dem Zweck der Sicherung des Unterhalts dient. Sie erfüllt damit eine Art Sozialhilfefunktion auf zivilrechtlicher Ebene.

Entscheidet man sich dem gegenüber für den Zivilpakt, dann pickt man sich die Rosi­nen aus der Institution der Ehe heraus. Für uns ist die Ehe jedoch das tragende Funda­ment der Familie. Wir wollen daher auch die zentrale Bedeutung der Ehe nicht schmä­lern und sind daher auch gegen eine „Ehe light“. Wir wollen aber den Menschen in gleichgeschlechtlicher Partnerschaft sehr wohl die Möglichkeit geben, füreinander Ver­antwortung zu übernehmen. Dementsprechend schaffen wir mit der eingetragenen Partnerschaft ein Rechtsinstitut, das der Beziehung von gleichgeschlechtlichen Paaren einen rechtlich gesicherten Rahmen gibt – mit einer ganz klaren Abgrenzung zur zivilen Ehe. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.58


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. – Bitte.

 


11.58.32

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Sehr geehrte Frauen Bundesministerinnen! Geschätzte Öffentlichkeit, die an den Bild­schirmen die heutige Debatte mitverfolgt! Die Einzigen, die dieses Thema noch in einer Hochemotion und mit Lust und Leidenschaft diskutieren, sind offenbar die Politiker selbst. Der Großteil der österreichischen Bevölkerung ist in dem vielzitierten 21. Jahr­hundert angekommen. Der Großteil der Bevölkerung lebt im dritten Jahrtausend.

Kollege Kickl, zu Ihrer Begrifflichkeit: Nicht nur Ehepaare sind Familie, auch Wieder­verheiratete oder Geschiedene sind für mich Familie. Auch alleinerziehende Mütter und Väter sind für mich Familie, Kollege Strache. Auch Patchwork-Familien sind für mich Familien.

Die gesellschaftspolitische Definition, meine reformdemokratische gesellschaftspoliti­sche Definition baut darauf auf, dass wir in Österreich Partnerschaften haben, liebevol­le und respektvolle Partnerschaften, mit Trauschein, seit frühen Jugendtagen, bis der Tod sie scheidet, mit Scheidungen und Wiederverheiratungen oder was auch immer,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 81

mit neuen Partnerschaften. Und selbstverständlich verdienen diese Partnerschaften, liebevollen Partnerschaften, die sich finden, keine Privilegierung, sondern den Respekt. (Beifall beim BZÖ.)

Das Einzige, was wir als Politiker machen können, ist, nichts Neues zu erfinden, son­dern Respekt walten zu lassen und es tunlichst zu vermeiden, in das Privatleben der Menschen einzugreifen. (Abg. Strache: Wo ist der Herr Kollege Stadler heute? Der wird völlig vermisst in dieser Debatte! Da schweigt er!)

Es interessiert auch niemanden mehr, der uns da draußen heute zuhört, was wir da diskutieren und wie wir uns verrenken, Kollege Kickl! Wir sind auch nicht die heilige In­quisition. Die heilige Inquisition hat immerhin vom Jahr 1600 bis zum Jahr 1992 ge­braucht, um zu erkennen, dass die Erde keine Scheibe ist, sondern eine Kugel (Abg. Strache: Der Kollege Stadler ist schweigsam! Da schweigt er!), und dass die Sonne nicht um die Erde kreist, sondern die Erde im Planetenverband um die Sonne, Kollege Kickl! 300 Jahre – also bitte, nehmen wir die Emotionen zurück! (Abg. Strache: Herr Stadler geniert sich heute!)

Ich werde diesem Partnerschaftsgesetz zustimmen, und ich bin dankbar für die verfas­sungsrechtliche Möglichkeit des freien Mandates; nicht weil es so gut wäre – Kollege Scheibner hat richtigerweise die Fehlerhaftigkeit und die Lücken dieses Gesetzes auf­gezeigt –, sondern weil es für mich ein erster Schritt in Richtung Normalität ist, ein ers­ter Schritt in Richtung der realen Lebensformen in unserem Land. (Abg. Strache: Der mannhafte Stadler fehlt heute, den hat der Mut verlassen! – Abg. Kickl: Kollege, die Anpassung des Gesetzes!) Und da sollten wir uns nicht verschließen, sondern in der Politik tunlichst danach trachten, Rahmenbedingungen zu schaffen und gesetzliche Fundamente zu bieten. (Abg. Kickl: Rechtspositivismus!)

Es ist keine Anlassgesetzgebung, sicherlich nicht in diesem Fall, der seit Jahrzehnten in diesem Haus diskutiert wird, sondern nach drei oder vier Jahrzehnten sollten wir endlich auch hier Gerechtigkeit walten lassen.

Es handelt sich auch nicht um eine Privilegierung, sehr geehrte Damen und Herren, denn eine Privilegierung ist ein materieller Vorteil ohne Gegenleistung! Das Steuer- und Abgabenrecht und das Sozialversicherungsrecht in Österreich unterscheiden nicht zwischen homo- und heterosexuellen Menschen. Sie unterscheiden auch nicht zwi­schen Dicken und Dünnen und auch nicht zwischen Zeugungsfähigen und Zeugungs­unfähigen. Sie unterscheiden zwischen Steuerzahlern und jenen, die keine Steuern zahlen – und die tragen auch diesen Staat. Dieser Staat hat dann auch je nach Anlass­fall und Bedürftigkeit Sozialabgaben zu gewähren. – Das ist mein Begriff von Solida­rität.

Also gehen Sie wieder in Ihr Kammerl hinunter (Ruf bei der FPÖ: Ja, du auch!), ma­chen Sie, was auch immer Sie wollen, aber führen Sie nicht die Diskussion mit Argu­menten, die nicht Jahre, sondern Jahrhunderte alt sind! (Beifall beim BZÖ. – Zwischen­rufe bei der FPÖ.)

Wir müssen in diesem Bereich einen ersten Schritt wagen – das Gesetz tut es, wenn auch lückenhaft. Wir müssen einen wichtigen Schritt wagen. (Abg. Bucher: Das ist li­berale Politik!) Die Politik hat andere Aufgaben, um die sie sich ab heute wieder zu kümmern hat: das Budgetdebakel dieser Regierung, die Kriminalität, die in unserem Land herrscht, und bald die höchste Arbeitslosigkeit in der Geschichte der Zweiten Re­publik. Dieses Haus hat andere Aufgaben, dieses Haus schließt heute einmal fürs Ers­te ein Kapitel der Gerechtigkeit, und ich bin stolz, dass ich diesem zustimmen darf. – Ich danke. (Beifall beim BZÖ.)

12.02



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 82

Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


12.02.58

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Bundesministe­rinnen! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Haus und vor den Bildschirmen! „Glei­ches Recht für gleich viel Liebe“, das war ein Slogan der sozialdemokratischen Homo­sexuellen-Initiative, mit dem man gegen Diskriminierungen und Ungerechtigkeit ange­kämpft hat. Herzlichen Dank all jenen Initiatoren – allen voran Günter Tolar –, die sich dafür eingesetzt haben. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.)

Günter Tolar ist hier, Raoul Fortner, Dominik Mungenast – sie haben immer dafür ge­kämpft, dass Diskriminierungstatbestände zum Beispiel aus dem Strafgesetzbuch ver­schwunden sind. Wir wurden verurteilt dafür. Nicht nur in Österreich hat der Verfas­sungsgerichtshof auf Initiative des OLG in Innsbruck darauf aufmerksam gemacht – das wurde heute schon erwähnt –, auch der Europäische Gerichtshof für Menschen­rechte hat schon einige Verurteilungen ausgesprochen, bis wir in Österreich reagiert haben. Es war nicht zuletzt – auch das möchte ich erwähnen – Dr. Helmut Graupner von der Initiative Lambda, der auch immer wieder auf die unterschiedlichen Diskrimi­nierungstatbestände hingewiesen hat.

Sehr geehrte Damen und Herren! Im Jahr 1971 wurde das Totalverbot der Homosexu­alität in Österreich durch Christian Broda abgeschafft. Im Jahr 2002 wurde § 209 StGB – dieser Paragraph, für den wir oft verurteilt wurden – abgeschafft und durch § 207b im Strafgesetzbuch ersetzt. Der nächste Punkt hier in Österreich, der sich an die Lebens­realitäten der Menschen anlehnt, ist, dass wir die eingetragene Lebenspartnerschaft beschließen. Das ist längst fällig, das ist wichtig, und ich bin froh, dass dieser Entwurf, angenähert an den Berger-Entwurf, vorliegt, den wir heute nach menschlichem Ermes­sen auch beschließen werden. (Abg. Kickl: Denken Sie dieses Prinzip zu Ende, wenn Sie dazu in der Lage sind!)

Es geht hier um gleiches Recht für gleich viel Liebe, es geht um einen ersten Schritt, dahin zu kommen, dass all jene Menschen, all jene Paare, die in gleichgeschlechtlicher Partnerschaft leben, auch die Möglichkeit haben, ihre Beziehung zu legitimieren – lei­der nur vor einer Bezirkshauptmannschaft, nicht vor dem Standesamt. (Abg. Mag. Ste­fan: Die ist ja nicht illegitim, oder? Ist sie bis jetzt illegitim?) Ich bin froh, dass sich die Stadt Salzburg schon dafür ausgesprochen hat, dass sie diese Zeremonie im Marmor­saal des Schlosses Mirabell durchführen will. (Abg. Rädler: Mit der Landeshaupt­frau!) – Auch der stellvertretende Bürgermeister Preuner von der ÖVP hat sich stark dafür ausgesprochen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Mit diesem Gesetz wird heute etwas beschlossen, das ein wichtiger, ein erster Schritt ist. Kollege Grosz hat schon erwähnt, dass die Be­völkerung schon lange so weit ist und sagt: Wenn sich zwei Menschen gerne haben – egal welchen Geschlechts –, dann sollen sie doch auch die Möglichkeit haben, sich in der Öffentlichkeit dazu zu bekennen und ihre Beziehung zu legitimieren. Das ist eine wichtige Gesetzesmaterie.

Es ist ein erster Schritt, den wir heute beschließen (Abg. Dr. Graf: Was ist der zwei­te?), ein erster mutiger Schritt, dem weitere werden folgen müssen, damit wir dieses Rechtsinstitut noch weiter verbessern können. Ich bin froh darüber. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Was folgt denn noch? Was planen Sie noch? Was planen Sie noch gemeinsam mit der ÖVP?)

12.06



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 83

Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig-Piesczek. – Bitte.

 


12.06.59

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen Bundesministerinnen! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Heute ist der Internatio­nale Tag der Menschenrechte. Es ist bemerkenswert, dass bis jetzt noch kein Red­ner/keine Rednerin darauf Bezug genommen hat. (Abg. Steibl: ... Tagesordnungs­punkt Kinderrechte!) Die Menschenrechte sind der Wegweiser, nach dem wir uns orientieren sollten, wenn wir Gesetze wie diese beschließen. Das tun wir heute leider nicht.

Wer sich für wen entscheidet, wer für wen Verantwortung übernehmen möchte – das war der einzige richtige Satz bei den Ausführungen der FPÖ –, geht weder die Politik noch den Staat etwas an. (Abg. Kickl: Von einer Partei, die sich mit dem Gedanken trägt,  müssen wir uns das nicht sagen lassen!) Es geht sie exakt nichts an. Unsere einzige Verpflichtung hier und heute ist, den Menschen die Möglichkeiten zu schaffen, dass sie im Sinne der Menschenrechte diskriminierungsfrei leben können und leben sollen. Das ist unsere Aufgabe, aber das geschieht leider mit diesem Gesetz heute nicht. (Beifall bei den Grünen.)

Das Gesetz ist ein Fortschritt, das ist keine Frage. Es bringt bestimmte Erleichterun­gen, vor allem im sozialrechtlichen Bereich, aber es ist nach wie vor eine „eingetragene Diskriminierung“; man muss es bei diesem Namen nennen. Es macht nach wie vor einen Unterschied, und der größte Unterschied gruppiert sich um einen Begriff, nämlich um den Begriff „Familie“. Alles, was wie Familie aussieht, wie Familie riecht, möchte die ÖVP offensichtlich im Zusammenhang mit homosexuellen Partnerschaften nicht haben.

Ich verstehe das nicht. Sie können diese Familien – und die gibt es – nicht verhindern, Sie können sie nur in ihrer Lebensrealität behindern. Es ist allerdings Ihre Pflicht, ihnen zu helfen und sie zu unterstützen, denn auch sie übernehmen Verantwortung – im Üb­rigen auch für Kinder. Es gibt sie, die Regenbogenfamilien, selbstverständlich gibt es sie. Und das Absurde und das Perfide an diesem Gesetz ist, dass Sie ausgerechnet die Stiefkind-Adoption ausnehmen, dass Sie genau diesen Punkt ausnehmen, der für das Kindeswohl eigentlich am Allerwichtigsten wäre.

Stellen Sie sich folgende Situation vor: Sie leben zusammen mit einer Partnerin oder mit einem Partner, Sie bringen aus einer heterosexuellen Lebensgemeinschaft – oder vielleicht sogar aus einer Ehe – ein Kind oder zwei Kinder mit – so etwas soll es auch geben; Herr Kollege Grillitsch, Sie schauen völlig verzweifelt, aber das gibt es (Beifall bei den Grünen) –, und dann tritt der sehr, sehr bedauerliche tragische Fall ein, dass einer der beiden Partner stirbt. Ein Kind wird aus einem Familienverband herausgeris­sen, in dem es seit Jahren gelebt hat, in dem es einen Vater, einen zweiten Vater oder eine Mutter und eine andere Mutter als seine Eltern kennen- und lieben gelernt hat. – Sie, die immer vom Wohl des Kindes sprechen, sagen dazu, das sei in Ordnung so, diese Mutter/dieser Vater sei für das Kind dann wie ein Fremder.

Ich finde das nicht in Ordnung. Das ist eine echte Diskriminierung, und ich verstehe nicht, warum man das in einem Gesetz festhalten muss. (Beifall bei den Grünen.)

Die Frage Standesamt muss man auch noch einmal erläutern. Das ist mehr als eine Symbolik. Es ist offensichtlich gemeint als eine Demütigungsgeste gegenüber diesen Menschen, die in einem festlichen Rahmen zueinander Ja sagen wollen. Ich verstehe nicht, welches Argument man dagegen aufbringen kann, ihnen diese Geste zu verwei­gern. Ich kann es nur so deuten, dass es als Demütigung gemeint ist, dass es tatsäch-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 84

lich eine Beziehung zweiter oder dritter Klasse sein soll und definitiv keine Gleichstel­lung, die zu geben wir diesen Menschen gegenüber verpflichtet sind. (Beifall bei den Grünen.)

Der für mich bedauerliche Punkt – zum Abschluss –: Die Ehe ist reformbedürftig, über­haupt keine Frage, selbstverständlich muss man sie reformieren, allerdings haben Sie eben aus dem Eherecht Bestimmungen mitgenommen in diese eingetragene Partner­schaft, die vor dem Hintergrund, den wir alle gut kennen, nämlich von HIV und AIDS, besonders bedauerlich und besonders traurig, sehr schmerzlich sind, nämlich: die Auf­lösung der Ehe – und damit dann auch der eingetragenen Partnerschaft –, wenn je­mand unheilbar krank ist. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Das ist genau vor diesem Hintergrund, den wir alle sehr, sehr gut kennen, ein echt fal­scher Schritt. Überlegen Sie sich, heute – am Tag der Menschenrechte – einen Schritt in Richtung echte Menschenrechte zu setzen!

Ich wünsche allen alles Gute, die diese Institution vielleicht in Anspruch nehmen – oder auch nicht –, jedenfalls allen, die gleichgeschlechtlich lieben. Ich erhoffe dafür auch Unterstützung von der Politik im Setzen des rechtlichen Rahmens – heute zumindest verbal von uns ausgesprochen, von ihnen wird das in Zukunft unvermeidbar auch er­halten werden. Volle Gleichstellung wird kommen! (Beifall bei den Grünen.)

12.11


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Heinisch-Ho­sek. – Bitte.

 


12.11.51

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Herr Präsident! Frau Kollegin Bandion-Ortner! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ich ergreife heute wirklich sehr gerne das Wort für schwule und lesbische Paare, die zusammenleben, die glücklich zusammenleben und ihrem Zusammenleben auch einen rechtlichen Rahmen geben wollen. Ich bin froh, dass jetzt hier in Öster­reich, mitten in Europa, dieser Schritt getan wurde, der – wie einige heute schon ge­sagt haben – noch nicht der letzte sein sollte, aber zumindest der erste in die richtige Richtung. (Abg. Strache: Was kommt denn noch? – Abg. Dr. Graf: Was habt ihr denn vor?) Ich bedauere außerordentlich, dass es hier in diesem Hohen Haus Stimmen gibt, die Intoleranz hochpreisen und die in Zeiten wie diesen (Abg. Weinzinger: Das ist nicht Intoleranz! Das ist die feste Überzeugung, dass Sie etwas falsch machen!), Herr Kollege, in denen in anderen Ländern noch immer die Todesstrafe darauf steht (Abg. Kickl: Da sollten Sie Ihre Entwicklungshilfe überdenken!) – so eine Aussendung aus einem afrikanischen Staat –, wenn sich Menschen zur Homosexualität bekennen, auch Hetze betreiben. Dafür schäme ich mich, lassen Sie sich das gesagt sein! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stefan: Deswegen muss man heiraten?)

Zum Glück ist es in Österreich so, dass es viele Organisationen gibt – so wie amnesty international das tut für Menschen, die weltweit noch immer verfolgt, gefoltert und auch umgebracht werden deshalb, weil sie eine andere sexuelle Orientierung haben als he­terosexuelle Menschen –, die sich wirklich dafür einsetzen, dass Beratung stattfindet, dass das Outing leichter fällt. Sie müssen sich vorstellen, wie schwierig die Situation manches Mal ist, wenn im Betrieb, in dem man arbeitet, die Umgebung mitbekommt, dass jemand schwul oder lesbisch ist, wenn noch immer Intoleranz herrscht. Wir hier in diesem Hohen Haus sollten doch die Ersten sein, die vorgeben, dass Toleranz mit De­mokratie zu tun hat und dass der Gradmesser einer Demokratie am toleranten Umge­hen miteinander anzulegen ist. Das vermisse ich bei einigen Parteien heute, und das bedauere ich wirklich sehr. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Sie haben doch keine Ahnung, wovon Sie reden!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 85

Ich darf auf etwas aufmerksam machen: Ich habe heute lange Zeit auf der Homepage von „Homosexualität und Glaube“ gelesen, Herr Kollege, eines Vereins, der sich seit 20 Jahren mit Homosexualität und dem Glauben beschäftigt und sehr tolerant damit umgeht – alles Christen und Christinnen –, wie Homosexualität gelebt werden kann, und der dieses Gesetz nicht begrüßt. Er kritisiert es sogar, um der Wahrheit zu ent­sprechen, weil es ihm zu wenig weit geht; wie im Übrigen in einigen Punkten auch mir, aber trotzdem bin ich froh, dass wir diesen Schritt heute setzen.

Wir müssen uns schon die Frage stellen, wie es denjenigen geht, die jetzt zuschauen, die vor den Fernsehgeräten sitzen, die vielleicht dort oben auf der Galerie sitzen, die schwul oder lesbisch sind und die diese Debattenbeiträge heute gehört haben, die zum Teil unter jeder Kritik waren (Abg. Kickl: Das steht Ihnen nicht zu, das zu beurteilen!), weil sie Intoleranz predigen und in Wahrheit nichts im 21. Jahrhundert verloren haben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stefan: Arbeitslosigkeit – oder was ist 21. Jahrhun­dert?)

Es geht um Schwule, Lesben, aber auch Transgender-Personen, und diese Gruppe Menschen werden wir – das haben wir ausgemacht – auch noch mit der Frau Innenmi­nisterin, mit der Frau Justizministerin gesondert behandeln, denn es gehört im Perso­nenstandsgesetz einiges geändert, damit auch diese Menschen die Möglichkeit haben, zumindest ihren Vornamen frei wählen zu können. Ich bin froh, dass es Unternehmen in diesem Land gibt, die Preise vergeben dafür, dass Diversität, diese Vielfalt, die ein Unternehmen volkswirtschaftlich und auch unternehmerisch wichtiger macht, indem nämlich auch größere Gewinne erzielt werden, auch toleriert und gelebt wird. Ich bin froh darüber, dass auch Preise vergeben werden besonders für Unternehmen, die Menschen mit einer anderen sexuellen Orientierung vor den Vorhang holen und sie nicht diskriminieren, sondern als völlig normal ansehen.

Ich bin froh darüber, dass diese eingetragene Partnerschaft gelungen ist. Ich habe hier – aus einer Festschrift von vor zehn Jahren – einen Kommentar eines Kollegen, der Folgendes gesagt hat:

Ein großer Schock war es 1999 – vor zehn Jahren – für mich, als mein Freund Günther im Sterben lag und ich für ihn noch Fremder war vor dem Gesetz. Ich konnte nichts tun. Ich habe im Krankenhaus keine Auskunft bekommen über seinen Zustand, ich hat­te keine Pflegefreistellung zu dieser Zeit, beim Erbschaftsrecht war absolut nichts ge­klärt für mich. Ich musste Top-Erbschaftssteuer bezahlen, und seine Schwester musste alles abwickeln. – Zitatende.

Zum Glück ist das jetzt geregelt, zum Glück sind genau diese Fragen des Unterhalts, des Erbrechtes, des Sozialversicherungsrechtes und anderer Rechtsbereiche geklärt. Wenn eine Partnerschaft eingetragen wird, dann sollen die Rechte und Pflichten für Menschen mit homosexueller Orientierung gleichgestellt sein jenen der Heterosexuellen.

Ich bedauere außerordentlich, dass es noch nicht – noch nicht! – gelungen ist, dass Regenbogenfamilien auch Kinder adoptieren können, denn Familie ist wirklich mehr als nur Mutter, Vater, Kind und Ehe, die geschlossen wird. (Abg. Strache: Der erste Schritt ist schon umgesetzt, und der zweite folgt mit der ÖVP!) Familie heute ist so vielfältig, dass wir uns damit auseinanderzusetzen haben, Herr Kollege Strache, weil wir ganz einfach die richtigen Antworten darauf finden müssen, wie Menschen heute zusam­menleben. Wenn die Hälfte aller Ehen geschieden wird, dann müssen wir uns doch fra­gen: Wieso ist das so? Es hat jeder/jede persönlich zu entscheiden, wie und mit wem er/sie zusammenlebt und wie lange, aber es muss auch recht und billig sein, dass ho­mosexuelle Paare ihre Partnerschaft eintragen lassen können, und mir wäre das lieber am Standesamt, das ist keine Frage. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Abschließend möchte ich Ihnen sagen: Ich bin wirklich sehr stolz darauf, dass ein lan­ge befreundetes, schwules Paar mich gefragt hat, ob ich und mein Mann Trauzeugen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 86

sein wollen, wenn sie ihre Partnerschaft – demnächst, wenn das Gesetz in Kraft ist – eintragen lassen. Ich würde mich freuen, wenn diesbezüglich mehr Toleranz bei allen Parteien vorhanden wäre. (Beifall bei der SPÖ.)

12.18


Präsident Fritz Neugebauer: Im Hinblick auf die eingangs beschlossene Redeord­nung und die Fernsehzeit bitte ich um Verständnis, dass die nächsten fünf Redebeiträ­ge 2 Minuten nicht übersteigen sollen.

Bitte, Herr Kollege Dr. Fichtenbauer.

 


12.18.42

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): 2 Minuten sind eine originelle Variante des Themas. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Das steht auch im Einklang mit den gesell­schaftspolitischen Toleranzprinzipien des ORF, der sonst immer bis 13 Uhr überträgt. (Beifall bei der FPÖ.)

Die soeben vorgetragene Rede von Frau Bundesministerin Heinisch-Hosek geht an die Grenze der Toleranz, die auszuhalten ist. Beweis für einen toleranten Präsidenten war, dass dieser ihr nicht die Redemöglichkeit entzogen hat, weil sie in keiner Form zu Ge­genständen der Vollziehung gesprochen hat. Sie hat eine Abmischung von Alt-68ern (Beifall bei der FPÖ – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Das ist aber sehr „originell“!) und sonstigen Rot-links-Terminologien abgelassen und sich erkühnt, die freie Rede von Abgeordneten als abzulehnende Intoleranz zu bezeichnen. – Wo war hier Intole­ranz zu hören? Es gibt verschiedene Meinungen zu verschiedenen Gesetzen, und die­se Redefreiheit lassen wir uns hier nicht abschneiden, Frau Bundesminister! (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Wenn Sie so über Rechte und Pflichten und Kinderrechte reflektieren, wie unlängst in der Zeitung zu lesen war, dass Sie nämlich, als der Europäische Gerichtshof für Men­schenrechte im Zusammenhang mit Vätern, denen die Väterrechte vorenthalten wor­den sind, ein Urteil gesprochen hat, gesagt haben, die Väter pickten sich ja nur die Vorteile aus dem Kuchen, dann sind Sie eine Vertreterin genau jener abzulehnenden politischen Klasse, die die Kinder als Waffe missbraucht und das unterstützt. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist der politische Inhalt. Und den Kameraden der ÖVP, die heute auf dem Prokrus­tesbett liegen, weil sie meinen, durch die Zustimmung zu diesem Gesetz vor dieser Materie Ruhe zu haben, wünsche ich eine gute Zukunft, denn es wird nicht vorbei sein. Ihr habt ja heute schon die Ankündigungen gehört (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Wie viele Monate waren Sie zu Hause zur Kinderbetreuung? – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen): Es war ein erster Schritt, aber der erste Schritt wird nicht das Ende sein!

Sie, Frau Kollegin, lassen mich in Ruhe reden! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Wie viele Monate haben Sie Ihre Kinder betreut?) Sie können sagen, was Sie wollen, aber diesem Unsinn werden wir nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Redezeit! – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Durch dieses Gesetz entsteht nämlich eine Privilegierung bestimmter Partnerschaften, und den anderen (Präsident Neugebauer gibt neuerlich das Glockenzeichen), die Kol­lege Grosz (Ruf bei der SPÖ: Redezeit!) richtig auch als Familie bezeichnet hat, wer­den Privilegien genommen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Abdrehen, Herr Präsi­dent! Man kann das Mikrophon auch ausschalten!) Das ist der Effekt. (Beifall bei der FPÖ.)

12.21


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Glaser. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 87

12.21.22

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Bundes­ministerinnen! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das heutige Gesetz zur eingetragenen Partnerschaft hat schon eine längere Geschichte. Jetzt haben wir, glau­be ich, eine gute und vertretbare Lösung gefunden – durchaus auch für jene, die dieser Sache skeptisch gegenüberstanden, und dazu zähle auch ich mich.

Ich glaube, es war einfach ein längerer Lernprozess nötig, der dazu geführt hat, dass man diese Sache nüchterner und realistischer betrachtet und vielleicht auch eine ge­wisse Voreingenommenheit abgebaut hat. Aber an der grundsätzlichen Einstellung, dass eine gleichgeschlechtliche Beziehung niemals einer heterosexuellen Beziehung gleichgestellt werden kann, ändert das bei mir überhaupt nichts. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Ihr macht es aber!)

Wir regeln mit diesem Gesetz das, was sinnvollerweise geregelt werden soll, nämlich dass es eine adäquate Rechtsstellung für gleichgeschlechtliche Paare gibt, dass die Rechte und Pflichten entsprechend festgehalten werden (Abg. Scheibner: Haben Sie das Gesetz auch gelesen?!) – selbstverständlich, Kollege Scheibner – und dass auch eine entsprechende sozialrechtliche Absicherung vorhanden ist.

Auch in vielen anderen wesentlichen Bereichen gibt es durchaus Dinge, die gleich wie bei einer heterosexuellen Ehe sind, aber nicht in allen Punkten. Ich glaube, dass man wirklich auch sagen muss, dass es absolut unverständlich ist, dass die Grünen und auch viele andere, obwohl wir so viel an Regelungen zusammengebracht haben, im­mer noch opponieren. (Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Ich verstehe es absolut nicht, dass Kollegin Lunacek in Brüssel von einer Diskriminie­rung spricht und Kollegin Musiol im Ausschuss davon spricht, dass andere, ihr nicht Gleichgesinnte einen beengten Horizont hätten.

Ich möchte schon auch festhalten, dass Toleranz und Respekt auch von allen anderen einzufordern sind. Es kann nicht so sein, dass Respekt und Toleranz immer nur von einer Seite eingefordert werden und man selbst nicht bereit ist, das zu bringen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Krainer: Redezeit!) Ich glaube, man sollte sich gegenseitig nicht überfordern. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.23


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Linder. – Bitte.

 


12.23.56

Abgeordneter Maximilian Linder (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Ministerinnen! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf den Zuschauerrängen! Die Freiheit des Menschen ist ein ganz wichtiges Anliegen, und wir stehen auch dazu, dass mündige Bürger frei und unbeeinflusst entscheiden kön­nen, was sie tun wollen, wie sie ihre Liebe anlegen, wie sie ihre Sexualität anlegen. Es steht uns hier nicht zu, darüber zu entscheiden und darüber zu reden. Diese Menschen sollen auch das Recht haben, ihre Erbfolge jederzeit selbst zu klären, auf rechtlicher Basis niederzuschreiben, wie sie diese Dinge geregelt haben wollen.

Schwierig für mich wird es aber, wenn eine Menschengruppe in den sogenannten Ge­nerationenvertrag eintritt – und zwar einseitig. Sie tritt auf der Seite der Bezieher ein, nimmt jederzeit die Leistungen in Anspruch, und heute ist aber schon klar, dass von­seiten dieser Gruppe keinerlei Leistungen in diesen Generationenvertrag eingebracht werden. (Zwischenruf des Abg. Mag. Steinhauser.)

Wir wissen heute, dass diese Bestimmungen das Beamtenpensionssystem mit bis zu 80 Millionen € belasten werden, dass dadurch bei Pflegefreistellungen, im Steuerrecht und im Dienstleistungsrecht enorme Kosten auf uns zukommen werden; umgekehrt ist


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 88

aber kein Geld für die Mütterpensionen – für Frauen, die Kinder erziehen, die Kinder auf die Welt bringen – und für die Erhöhung des Pflegegeldes da. (Zwischenruf des Abg. Krainer.) Deshalb glaube ich, dass wir darüber nachdenken sollten, dass dieser Bereich sehr wohl die Freiheit verdient, die sie haben wollen, aber nicht auf Kosten der Steuerzahler. (Beifall beim BZÖ.)

Deshalb bin ich der Meinung, dass wir Fairness walten lassen sollten in Fragen der gleichgeschlechtlichen Beziehung. Wir sollten aber jenen Leuten, die den Generatio­nenvertrag aufrechterhalten, jenen Frauen, die Kinder zur Welt bringen, egal ob verhei­ratet oder als Alleinerzieher, mehr Geld zur Verfügung stellen und damit den Familien helfen. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Hörl: So wie in Kärnten!)

12.26


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


12.26.11

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dies ist ein erster wichtiger Schritt in die richtige Rich­tung. Auch wenn wir als Sozialdemokratie uns natürlich weiter gehende Bestimmungen gewünscht hätten, ist es richtig, dem Gesetz heute zuzustimmen.

Was würde geschehen, würden wir das nicht beschließen? – Es gäbe weiterhin jahre­lang keine Regelungen in diesem Bereich. Die Betroffenen hätten weiterhin unter Un­gleichbehandlung zu leiden. Daher ist es, glaube ich, im Sinne der Betroffenen, heute dieses wichtige Gesetz zu verabschieden und in vielen Bereichen eine annähernde, in manchen sogar die völlige Gleichstellung zu erreichen.

Ein ganz wichtiger Bereich ist das Wohnen. Gleichgeschlechtliche Paare waren im mietrechtlichen Bereich bis jetzt enorm benachteiligt. Es gibt zahlreiche Beispiele lang­jähriger gleichgeschlechtlicher Partner, die gemeinsam eine Wohnung bezogen, sie lie­bevoll hergerichtet und dort auch gemeinsam ihren Lebensmittelpunkt gehabt haben. Im Trennungsfall ist es dann besonders tragisch, wenn derjenige, der ausziehen möch­te, nicht Hauptmieter ist, denn er hatte bis jetzt keinen Anspruch. (Ruf bei der FPÖ: Falsch! – Abg. Mag. Stefan: Das gibt es ja schon längst! Natürlich!)

Wesentlich tiefgreifender aber ist die Problematik noch, wenn der Hauptmieter verstirbt und der hinterbliebene Partner keinen Rechtsanspruch hat. (Abg. Strache: Das gibt es ja heute schon!) In dieser traurigen Situation, wenn man den Lebenspartner verliert (Zwischenrufe bei der FPÖ) – Sie haben keine Ahnung (Abg. Strache: Im Mietrecht gibt es das heute schon! Sie haben keine Ahnung!) –, auch noch in der Existenz und von Obdachlosigkeit bedroht zu sein und auf die Kulanz des Vermieters angewiesen zu sein, ist ganz schrecklich. Jetzt gibt es einen Rechtsanspruch für die Betroffenen (Abg. Mag. Stefan: Das ist seit Jahren Gesetz!), und das ist eine wesentliche Verbesse­rung. – Ich danke vielmals. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Sie haben wirklich keine Ahnung! Das ist seit Jahren Rechtsbestand! Ich zeige es Ihnen!)

12.28


Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Musiol zu Wort. – Bitte.

 


12.28.21

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Wir ha­ben hier ein Gesetz vorliegen mit 45 Diskriminierungen, Demütigungen und fehlenden Antworten auf Lebensrealitäten – 45 Diskriminierungen, Demütigungen und fehlende Antworten zu viel!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 89

Wenn heute hier schon der Ruf gekommen ist, hier eine sachliche Diskussion abzufüh­ren, muss ich sagen: Eine sachliche Diskussion findet dann statt, wenn sachliche, logi­sche Argumente gebracht werden. Aber all die Argumente, die Sie von der Rechten und hier rechts heute gebracht haben, waren sachlich nicht gerechtfertigt.

Wenn Sie hier davon sprechen, dass die Ehe – ich zitiere – der Zeugung und Erzie­hung von Kindern dient – das haben Sie, Herr Kollege Donnerbauer, heute hier darge­bracht –, dann muss ich Sie ganz konkret auf jene Ehepaare ansprechen, die die Zeu­gung und Erziehung von Kindern nicht vollziehen. Das sind Paare, die keine Kinder bekommen können, das sind Paare, die keine Kinder bekommen wollen.

Sie sprechen hier davon, dass die ÖVP nach wie vor die Familienpartei ist. Wir wissen, dass Sie die Familienpartei für ganz bestimmte Familien sind, Sie denken aber nicht an die lesbischen Familien, Sie denken nicht an die schwulen Familien, und diese Fami­lien sind sehr wohl auch Familien. Da gibt es zahlreiche Kinder, die aus vorangegange­nen Familien und aus vorangegangenen Partnerschaften kommen, da gibt es Paare, die sehr wohl Pflegekinder nehmen und dann trotzdem eine Partnerschaft führen. All diese Familien diskriminieren Sie.

Und wenn Sie sich hier über den von mir im Ausschuss verwendeten Ausdruck „beeng­ter Horizont“ aufregen, Herr Kollege Glaser, dann meine ich genau das: dass Sie nur einen bestimmten Ausschnitt an Lebensrealitäten sehen wollen (Abg. Wöginger: Ein arrogantes Verhalten ist das!): Vater, Mutter, Kind – in aufrechter Beziehung. (Abg. Prinz: Sie sollten einmal in den Spiegel schauen!)

Sie vergessen die Alleinerziehenden, wo nicht Vater und Mutter die Kinder erziehen. Sie vergessen die Lesben und Schwulen, wo nicht sozusagen beide biologische, aber sehr wohl beide soziale Elternteile sind. Sie vergessen auch in anderen Zusammen­hängen Familien, die unsere soziale Unterstützung brauchen. Und Sie vergessen auch Familien mit Migrationshintergrund. (Beifall bei den Grünen.)

Sie sind nicht die Familienpartei in Österreich, Sie schützen hier nur bestimmte Fami­lien! (Beifall bei den Grünen.)

12.30


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kitzmüller. – Bitte.

 


12.30.47

Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­te Ministerinnen! Liebe Abgeordnete! Liebe Zuhörer! Wenn man sich diese Debatte heute anhört, muss man mit Schrecken erkennen, dass, was die Werte der Familie und der Ehe betrifft, kein Stein auf dem anderen bleiben soll. Es geht darum, dass die Ehe unterminiert und ad absurdum geführt werden soll.

Glauben Sie denn wirklich, dass es vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschen­rechte halten wird, wenn wir hier die Ehe, die Adoption von vornherein ausschließen? – Natürlich nicht, denn sobald da einmal eine Diskriminierung festgestellt wird, wird das gleich verworfen werden und nicht mehr gültig sein.

Was bedeutet denn eine Ehe? – Eine Ehe ist das Versprechen, Kinder zu bekommen, zu erziehen und Kinder in einer stabilen Beziehung ... (Abg. Mag. Hakl: Mit 60 Jahren geht das heute auch nicht mehr!) – Natürlich, auch heute noch ist das der Wert der Fa­milie und der Ehe. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir wollen, meine Damen und Herren, dass Kinder, wenn wir schon über Adoption re­den, in einer aufrechten Ehe, in einer Familie aufwachsen können, in der es Vater, Mutter und Kinder gibt. (Beifall bei der FPÖ.)

Es gibt Studien, die zeigen, dass Vater und Mutter für Kinder wichtig sind. Es geht um die gemeinsame Obsorge. Ein Kind hat ein Recht auf Vater und Mutter. Und wie soll


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 90

das da ausschauen? Wer spielt da den Vater, wer die Mutter? Soll es da dann verteilte Rollen geben? Soll wie im Theater gefragt werden: Wer ist der Vater, wer ist die Mut­ter?, heute der, morgen der? – Meine Damen und Herren, so kann es nicht sein!

Es wird hier ganz subtil daran gearbeitet, die Ehe zu zerstören, das zu zerstören, was bei uns tradierte Werte sind. (Zwischenruf der Abg. Binder-Maier.) Der Staat jedoch kann absolut kein Interesse daran haben, da eine Aufweichung zuzulassen! (Beifall bei der FPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Abgeordnete! Lassen Sie in diesem Fall, wenn heute schon der Tag der Menschenrechte ist, Ihr Herz und auch Ihren Verstand spre­chen und treten Sie für die Familie und die Ehe ein. Lassen Sie nicht ein Ad-absurdum-Führen der Ehe und der Familie durch Links-Gerichtete und Mitte-links-Gerichtete zu. (Zwischenruf der Abg. Binder-Maier.)

Für unseren Staat und auch für unser Volk ist das Fortbestehen der Ehe, einer Ehe, in der Kinder gezeugt werden können, notwendig. Diese Ehe ist im Interesse unseres Vol­kes, unseres Staates hochzuhalten. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Binder-Maier.)

Meine Damen und Herren, geben Sie sich einen Ruck und stimmen Sie für Ehe und Familie in unserem Sinne – und nicht für diesen unnötigen Gesetzentwurf, dessen Um­setzung nur viel Geld kostet und der maximal ein Promille der Bevölkerung betrifft, wenn man internationalen Studien Glauben schenken kann! (Beifall bei der FPÖ.)

12.33


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte.

 


12.33.50

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesministerinnen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die eingetragene Partnerschaft hat, wie die Frau Kollegin soeben ausgeführt hat, mit einer Ehe nichts zu tun. Sie ist ein völlig losgelöstes Rechtsinstitut, es gibt keine Querverweise zum Eherecht, es ist ein eigenes Gesetz.

Ich denke, man muss schon auch einmal schauen, was die Ehe heute ist. – Selbstver­ständlich können Menschen auch mit 60 Jahren, 70 Jahren heiraten. Und ich glaube nicht, dass dann die Ehe darauf ausgelegt ist, noch Kinder zu zeugen, wiewohl ur­sprünglich die Privilegien der Ehe sehr wohl darauf ausgerichtet waren, das gemeinsa­me Erziehen von Kindern zu erleichtern.

Ich glaube letztlich, dass es, wenn Menschen sich dazu entschließen, wechselseitig Verantwortung, Rechte und Pflichten zu übernehmen, ein zutiefst bürgerlicher und auch ein zutiefst christlicher Wert ist. Diesem zollen wir Anerkennung, indem wir heute die eingetragene Partnerschaft auf eine gesetzliche, legale Basis heben.

Dass damit aber kein Familienbegriff verbunden ist, ist auch klar. Denn egal, ob wir da­rüber reden, ob eine Beziehung darauf ausgelegt ist, Kinder zu haben: Den rein biolo­gischen Umstand, dass auch in Zukunft nur Männer und Frauen zusammen leibliche Kinder zeugen können, werden wir auch mit diesem Gesetz schwerlich ändern können und wollen.

Die Unauflöslichkeit der katholischen Ehe wiederum ist, Herr Kollege Strache, ein völlig anderes Institut – wir haben in Österreich die Trennung von Kirche und Staat. Und so, wie man auch in der Vergangenheit nur ein einziges Mal im Leben eine katholische Ehe schließen konnte, bleibt diese katholische Ehe auch in Zukunft selbstverständlich nur verschiedengeschlechtlichen Paaren offen. Ich glaube aber, dass es im Wege der Trennung von Kirche und Staat legitim ist, Menschen, die bereit sind, füreinander Ver-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 91

antwortung zu übernehmen, wechselseitig Rechte und Pflichten und Verlässlichkeit einzuräumen. (Abg. Strache: Rechte ja, aber dazu braucht es keine Heirat! Rechte ja, darüber sind wir uns ja einig!)

Was die Kinder betrifft, ist auch klar, dass Kinder immer einen leiblichen Vater und eine leibliche Mutter haben, jeweils verschiedengeschlechtlich, und es verschließt sich mir, warum ausgerechnet Kinder, wo ein Partner – ich sage zwischen Klammern dazu: spä­ter – draufkommt, doch eher gleichgeschlechtliche Neigungen zu haben, anders be­handelt werden sollten als Kinder verschiedengeschlechtlicher Beziehungen. Das wäre unlogisch.

Schauen wir uns die Adoptionen an – oft moniert heute –: Wir haben in Österreich viel weniger Kinder, die zu adoptieren sind, als adoptionswillige Eltern. Wenn ein Partner in einer Beziehung über 35 Jahre alt ist, bekommt das Paar heute in Österreich kein Adoptivkind. Es ist klar, dass auch mit dieser nicht gesetzlich festgeschriebenen De-facto-Altersgrenze das Beste für die Kinder gesucht wird. Und das Beste ist das, wo die Kinder das Gefühl haben, auch innerhalb einer Norm zu leben. Im Einzelfall sind si­cher auch 50-jährige Adoptiveltern sehr gut für ein Kind, aber wir ziehen auch da enge Grenzen – und wir tun das auch bei der eingetragenen Partnerschaft. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.37


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. – Bitte.

 


12.37.31

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde für diese Gesetzesinitiativen stimmen, möchte aber gleich dazusa­gen, dass es mir wenig Spaß, wenig Freude macht. Wenn ich es dennoch mache, dann deshalb, weil ich damit zeigen möchte und weil wir auch gemeinsam zeigen möchten, dass es gut ist, wenn sich da jetzt etwas in die richtige Richtung bewegt. Jetzt ist einmal der Fuß in der Tür, aber, mein Gott, es ist wirklich ein Wahnsinn, wie lange es dauert, bis in Österreich ganz selbstverständliche Rechte umgesetzt werden. Das ist wirklich traurig. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Wie lange mussten wir trommeln, dass sich da überhaupt irgendetwas bewegt?! Wie lange mussten zivilgesellschaftliche, bürgergesellschaftliche Initiativen Druck machen, damit sich das tut, was eigentlich ganz normal wäre?! Und nicht zuletzt kommt es jetzt auch deshalb zu diesem Gesetz, weil eine drohende Verurteilung durch den Europäi­schen Gerichtshof für Menschenrechte in der Tür gestanden ist.

Zweifellos bringt dieses Gesetz einige Verbesserungen – das haben wir schon gehört –, im sozialrechtlichen Bereich, auch im Zusammenhang mit binationalen Partnerschaf­ten, aber gleichzeitig setzt es die Diskriminierung eklatant fort. Denn eines muss schon klar sein: Eine Verbesserung in wenigen Punkten setzt gleichzeitig die Ungerechtigkei­ten in anderen fort und verfestigt sie.

Wir geben uns daher mit diesem Gesetz keineswegs zufrieden und sind überhaupt nicht der Meinung, dass dieses Thema jetzt vom Tisch ist. Das ist erst der Anfang. Deshalb bringe ich auch gleich einen Antrag ein:

Abänderungsantrag

gemäß § 53 Abs. 3 GOG der Abgeordneten Zinggl, Mag. Albert Steinhauser, Kollegin­nen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 92

Die Regierungsvorlage (485 d.B.) in der Fassung des Berichtes des Justizausschusses (558 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. Artikel 1 wird wie folgt geändert:

§ 2 lautet:

„§ 2. Eine eingetragene Partnerschaft können zwei Personen gleichen oder verschie­denen Geschlechts begründen (eingetragene Partner und Partnerinnen). Sie verbinden sich damit zu einer Lebensgemeinschaft auf Dauer mit gegenseitigen Rechten und Pflichten.“

*****

Wir werden weiterhin für die Gleichstellung und für die Einhaltung und Umsetzung der Menschenrechte eintreten. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.40


Präsident Fritz Neugebauer: Der Abänderungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

gemäß § 53 Abs 3 GOG-NR der Abgeordneten Zinggl, Mag. Albert Steinhauser, Kolle­ginnen und Kollegen zum Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (485 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die eingetragene Partner­schaft erlassen (Eingetragene Partnerschaft-Gesetz – EPG) und das Allgemeine Bür­gerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Fortpflanzungsmedizingesetz, das IPR-Ge­setz, die Jurisdiktionsnorm, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung, das Ar­beitslosenversicherungsgesetz 1977, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Ur­laubsgesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Post-Betriebsverfas­sungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Arbeitsvertrags­rechts-Anpassungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Heeresver­sorgungsgesetz, das Opferfürsorgegesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Allgemei­ne Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bau­ern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsge­setz, das Notarversicherungsgesetz 1972, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Bewertungsge­setz 1955, das Gebührengesetz 1957, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, die Bun­desabgabenordnung, das Alkoholsteuergesetz, das Allgemeine Verwaltungsverfah­rensgesetz 1991, das Verwaltungsstrafgesetz 1991, das Datenschutzgesetz 2000, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienste­tengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, die Reisegebührenvorschrift, das Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundes­bahn-Pensionsgesetz, das Bezügegesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsge­setz, das Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetz, das Bundestheaterpensionsge­setz, das Personenstandsgesetz, das Namensänderungsgesetz, das Passge­setz 1992, das Meldegesetz 1991, das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeige­setz 2005, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Staatsbürgerschaftsge­setz 1985, das Ärztegesetz 1998, das Gehaltskassengesetz 2002, das Apotheken­recht, die Gewerbeordnung 1994, das Bilanzbuchhaltungsgesetz, das Wirtschaftstreu-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 93

handberufsgesetz, das Ziviltechnikergesetz 1993, das Wohnungsgemeinnützigkeitsge­setz, das Heeresdisziplinargesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Stu­dienförderungsgesetz 1992, das Schülerbeihilfengesetz 1983, das Unterrichtsprakti­kumsgesetz, das Patentgesetz 1970, das Patentanwaltsgesetz, das Entwicklungshel­fergesetz, das Bundesgesetz über Aufgaben und Organisation des auswärtigen Diens­tes – Statut und das Bundesgesetz über die Einräumung von Privilegien und Immunitä­ten an internationale Organisationen geändert werden (558 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage (485 d.B.) in der Fassung des Berichtes des Justizausschusses (558 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. Artikel 1 wird wie folgt geändert:

§ 2 lautet:

„§ 2. Eine eingetragene Partnerschaft können zwei Personen gleichen oder verschie­denen Geschlechts begründen (eingetragene Partner und Partnerinnen). Sie verbinden sich damit zu einer Lebensgemeinschaft auf Dauer mit gegenseitigen Rechten und Pflichten.“

Begründung

Mit der Eingetragenen Partnerschaft soll ausdrücklich ein neues Rechtsinstitut ge­schaffen werden, welches aber nur homosexuellen Paaren offen stehen soll. Dadurch kommt es zu einem Gleichheitsdefizit aus der Sicht von heterosexuellen Paaren.

Im Gegensatz zur Ehe stellt die Eingetragene Partnerschaft in manchen Punkten das modernere Rechtsinstitut dar. Dies betrifft in erster Linie die Möglichkeit der Auflösung jedenfalls nach drei Jahren (anstatt der höchst möglichen Frist von sechs Jahren im Eherecht), dem Fehlen der Treuepflicht (also kein Auflösungs- bzw. Scheidungsgrund bei Ehebruch bzw. Fremdgehen) und der Pflicht, Kinder zu zeugen oder des verein­fachten Eingehens ohne Zeremonie.

Um Ungleichbehandlungen zu vermeiden, soll daher die Eingetragene Partnerschaft sowohl verschieden- als auch gleichgeschlechtlichen Paaren offen stehen.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Weinzinger. – Bitte.

 


12.40.04

Abgeordneter Lutz Weinzinger (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Dass ich mit großem, ja größtem Unbehagen dieser Debatte und dieser Gesetzwerdung hier beiwohne, haben Sie ja vermutlich mitbekommen. (Abg. Öllinger: Sie müssen ja nicht beiwohnen!) Ich bedaure zutiefst, dass wir über so ein gesellschaftspolitisch unglaub­lich „wichtiges Problem“ – wobei die Worte „wichtiges Problem“ bitte unter Anführungs­zeichen zu setzen sind – reden müssen.

Wir reden von Randgruppen, 1 Promille, vielleicht 2 Promille. (Abg. Mag. Kogler: Zähl daheim einmal nach!) Wir reden von Neigungen, von Leuten, die irgendwelche sexuel­le Neigungen haben und deshalb zusammenziehen. Und wir reden von einem Rechts­staat, der ohnehin alle Möglichkeiten gibt, dass dieses Zusammenleben auch rechtlich in irgendeiner Form geregelt wird, was die Erbschaft betrifft, was die Wohnung betrifft, was die partnerschaftliche Versorgung betrifft und Ähnliches.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 94

Wir reden von der Aufgabe eines Prinzips, das unsere Gesellschaft überhaupt erhält, nämlich von der schrittweisen Aufgabe des Prinzips der normalen Ehe zwischen Mann und Frau. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, ich könnte das jetzt natürlich auch ins Lächerliche ziehen. Ich mache wenigstens einen einzigen Versuch, denn mir ist nicht lächerlich zumute. Wenn jemand geschlechtliche Neigungen hat, die für mich unverständlich sind, aber er soll sie meinetwegen haben, dann will er mit dem anderen, der eine ähnliche ge­schlechtliche Neigung hat, eine Partnerschaft eingehen. Was ist, wenn jemand eine Neigung zum Modellfliegerbau hat, darf er dann mit einem anderen, der auch eine Nei­gung zum Modellfliegerbau hat, im nächsten Gemeindeamt auch eine entsprechende Partnerschaft eingehen? Was soll der Blödsinn?!

Meine Damen und Herren, dazu kommt noch eine weitere Sache, nämlich: Wie kommt jener Beamte, jener Bedienstete einer Gemeinde oder eines Magistrats dazu, der zu­tiefst so wie ich diese Sachen ablehnt, dass er die dann noch verehelichen muss ge­wissermaßen, dass er sie zusammenlegen muss? (Zwischenruf der Abg. Silhavy. – Abg. Mag. Molterer: Was ist mit einem homosexuellen Standesbeamten?) Der könnte, wenn er sich weigert, in schwerste disziplinarrechtliche Verstrickungen kommen.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Fichtenbauer und weiterer Abgeordneter betreffend Gewissens­freiheit für Beamte – keine Konsequenzen bei Verweigerung von personenstandsrecht­lichen Amtshandlungen nach dem EPG

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, gemeinsam mit den Ländern und Gemeinden gesetzlich oder im Wege von Verordnungen bzw. Erlässen dafür Sorge zu tragen, dass Beamten und Vertragsbediensteten, die es aus Gewissensgründen ablehnen, im Zu­sammenhang mit der Begründung einer eingetragenen Partnerschaft nach dem EPG Amtshandlungen durchzuführen, keine disziplinarrechtlichen Konsequenzen entstehen.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, haben Sie vielleicht an das auch schon gedacht?

Noch einmal: Ich weiß, dass ich Sie nicht überzeugen kann, weil Sie ja in Geiselhaft von verschiedenen öffentlichen Meinungen sind. Die Masse der Bevölkerung, der weit überwiegende Teil der Bevölkerung, ich würde sagen, mindestens 90 Prozent, lehnt diese Regelung zutiefst, aus tiefstem Herzen und tiefster Überzeugung ab. Warum Sie es trotzdem machen, verstehe ich nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

12.44


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann. – Bitte.

 


12.44.03

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Die freiheitlichen Vorredner haben das bereits ausgeführt. Wir Freiheitlichen lehnen diesen Gesetzentwurf über die sogenannten eingetragenen Partnerschaften nachdrücklich ab, weil er, wie das ja


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 95

schon die Sprecher der Grünen deutlich gemacht haben, nur die Vorstufe zu einer spä­ter einzuführenden Homosexuellenehe ist. (Abg. Öllinger: Trägerrakete!) Und da wa­ren auch die Ausführungen des Abgeordneten Zinggl, aber nicht nur seine, ziemlich verräterisch und eindeutig.

Für uns, meine Damen und Herren, sind der Schutz der normalen Ehe, also der Ehe zwischen Mann und Frau, und die Förderung unserer traditionellen Familien das höher­wertige Gut gegenüber der Bevorzugung irgendwelcher hedonistischer Gemeinschaf­ten. Die Aufgabe des Staates und des Gesetzgebers muss es sein, kinderreiche Fami­lien, die in unserer Gesellschaft oft an der Armutsgrenze leben, armutsgefährdet sind, zu unterstützen, denn ausschließlich eigene Kinder sichern die Zukunft dieses Landes und seiner Bevölkerung (Beifall bei der FPÖ), während gleichgeschlechtliche Partner­schaften überhaupt keinen Beitrag dazu leisten.

Eine Adoption von Kindern durch homosexuelle Gemeinschaften lehnen wir ebenso wie die Masse der österreichischen Bevölkerung entschieden ab, obwohl auch das von einzelnen Vertretern der Homosexuellenbewegung immer wieder gefordert wird.

Die Reaktionen der Homosexuellen waren nach dem Bekanntwerden der Pläne dieser Bundesregierung eindeutig und unmissverständlich. Da hat es sehr schnell geheißen, die eingetragenen Partnerschaften seien ja nur ein erster Schritt, dem in Bälde schon nächste folgen müssten. Es sei ein mühsam erzielter Kompromiss, dem weitere Schrit­te folgen müssten. Das Ziel – und das haben wir auch heute wieder gehört – ist die völ­lige Gleichstellung der Homo-Ehe mit der traditionellen Ehe, also auch standesamtliche Trauungen und sogar Heirat in den Kirchen.

Meine Damen und Herren, das ist die sogenannte Salami-Taktik, mit der einflussrei­che Gruppen von Homosexuellen seit Jahren, ja Jahrzehnten versuchen, ihre Ideolo­gie, ihre falsche Ideologie unserer Gesellschaft aufzuzwingen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir Freiheitlichen, meine Damen und Herren, spielen da aber nicht mit! Wir wissen, dass die österreichische Bevölkerung diese Wertehaltung mit uns teilt. Wir wissen, dass auch die größte Religionsgemeinschaft dieses Landes, die katholische Kirche, gegen die sogenannten eingetragenen Partnerschaften ist.

Unser Bundesobmann Heinz-Christian Strache hat das, was mir Diözesanbischof Dr. Kapellari zugesendet hat, nämlich die Beschlüsse der Bischofskonferenz, vorgele­sen. Ich kann es mir deshalb ersparen, sie vorzutragen. Aber ich stelle mir natürlich ge­rade im Hinblick auf die Österreichische Volkspartei, die immer vorgibt, die christlich-soziale Kraft in diesem Land zu sein, die Frage: Welche christlich-sozialen Werte ver­treten Sie eigentlich noch? Sie sind doch völlig beliebig geworden. Das, was unter Schüssel noch gegolten hat, ist heute in der neuen Pröll-ÖVP offensichtlich über Bord gegangen.

Welchen christlichen Werten fühlen Sie sich noch verpflichtet? Die Antwort darauf wer­den Sie bei der namentlichen Abstimmung hier geben müssen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kopf: Das werden wir machen!)

12.47


Präsident Fritz Neugebauer: Der zuvor eingebrachte Entschließungsantrag des Herrn Abgeordneten Dr. Fichtenbauer steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Fichtenbauer und weiterer Abgeordneter betreffend Gewissens­freiheit für Beamte – keine Konsequenzen bei Verweigerung von personenstandsrecht­lichen Amtshandlungen nach dem EPG


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 96

eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 1, Bericht des Justizaus­schusses über die Regierungsvorlage (485 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundes­gesetz über die eingetragene Partnerschaft erlassen (Eingetragene Partnerschaft-Ge­setz – EPG) und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Fort­pflanzungsmedizingesetz, das IPR-Gesetz, die Jurisdiktionsnorm, das Strafgesetz­buch, die Strafprozessordnung, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Aus­länderbeschäftigungsgesetz, das Urlaubsgesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Arbeitsverfassungs­gesetz, das Post-Betriebsverfassungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abferti­gungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Kriegsopferversor­gungsgesetz 1957, das Heeresversorgungsgesetz, das Opferfürsorgegesetz, das Ver­brechensopfergesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteu­ergesetz 1994, das Bewertungsgesetz 1955, das Gebührengesetz 1957, das Grunder­werbsteuergesetz 1987, die Bundesabgabenordnung, das Alkoholsteuergesetz, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Verwaltungsstrafgesetz 1991, das Datenschutzgesetz 2000, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsge­setz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwalt­schaftsdienstgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, die Reisegebührenvor­schrift, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Lan­deslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bezügegesetz, das Wa­chebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Auslandszulagen- und ‑hilfeleistungsgesetz, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Personenstandsgesetz, das Namensände­rungsgesetz, das Passgesetz 1992, das Meldegesetz 1991, das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Staats­bürgerschaftsgesetz 1985, das Ärztegesetz 1998, das Gehaltskassengesetz 2002, das Apothekenrecht, die Gewerbeordnung 1994, das Bilanzbuchhaltungsgesetz, das Wirt­schaftstreuhandberufsgesetz, das Ziviltechnikergesetz 1993, das Wohnungsgemein­nützigkeitsgesetz, das Heeresdisziplinargesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Studienförderungsgesetz 1992, das Schülerbeihilfengesetz 1983, das Unterrichts­praktikumsgesetz, das Patentgesetz 1970, das Patentanwaltsgesetz, das Entwick­lungshelfergesetz, das Bundesgesetz über Aufgaben und Organisation des auswärti­gen Dienstes – Statut und das Bundesgesetz über die Einräumung von Privilegien und Immunitäten an internationale Organisationen geändert werden (558 d.B.), in der 49. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 10. Dezember 2009

Die Einführung der eingetragenen Partnerschaft wird von der Bevölkerung Österreichs unterschiedlich aufgenommen. Die Bandbreite zwischen jubelnder Befürwortung und tiefer Ablehnung ist offenkundig. Für einen Teil der Bevölkerung ist es aus Gewissens­gründen unvorstellbar, an Zeremonien oder Amtshandlungen rund um die Begründung einer eingetragenen Partnerschaft teilzunehmen oder gar solche Amtshandlungen durchzuführen und einer eingetragenen Partnerschaft durch Unterschrift Rechtskraft zu verleihen. Solche Personen, die vor allem im Bereich der Religionsgemeinschaften zu finden sind (Katholiken, Muslime, Protestanten, Juden Zeugen Jehovas, etc.), können durch die Betrauung mit solchen Aufgaben in größte innere Gewissenskonflikte gera­ten, die, im Falle einer Verweigerung der Amtshandlung je nach der persönlichen Ein­stellung des jeweils Vorgesetzten möglicherweise auch zu disziplinarrechtlichen oder auch anderen Konsequenzen führen kann.

Die Gewissensfreiheit sowie die Religionsfreiheit muss trotz Einräumung von Rechten für gleichgeschlechtliche Paare gewahrt bleiben. Daher ist auf bundes-, landes-, und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 97

Gemeindeebene dafür zu sorgen, dass eine Verweigerung der Beurkundung einer ein­getragenen Partnerschaft zu keinen Konsequenzen welcher Art auch immer führen darf. Die Gewissens- und Religionsfreiheit hat hier gewahrt zu bleiben.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, gemeinsam mit den Ländern und Gemeinden gesetzlich oder im Wege von Verordnungen bzw. Erlässen dafür Sorge zu tragen, dass Beamten und Vertragsbediensteten, die es aus Gewissensgründen ablehnen, im Zu­sammenhang mit der Begründung einer eingetragenen Partnerschaft nach dem EPG Amtshandlungen durchzuführen, keine disziplinarrechtlichen Konsequenzen entstehen.“

*****

12.47.48

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir treten in den Abstimmungsvorgang ein.

Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Scheibner, Kolleginnen und Kollegen, den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem ein Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft erlassen und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Fortpflanzungsmedizingesetz sowie weitere Gesetze geändert werden, in 558 der Beilagen nochmals an den Justizausschuss zu verweisen.

Wenn Sie diesem Rückverweisungsantrag zustimmen, bitte ich um ein Zeichen. – Das ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen, den Bericht und Antrag des Justizausschusses betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Be­grenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre geändert wird, in 560 der Beilagen nochmals an den Justizausschuss zu verweisen.

Wer diesem Rückverweisungsantrag beitritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Er findet keine Mehrheit, ist somit abgelehnt.

Wie in der Tagesordnung vorgesehen, gelangen wir nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem ein Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft erlassen und das Allge­meine Bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Fortpflanzungsmedizingesetz so­wie weitere Gesetze geändert werden, in 558 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jaro­lim, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Zinggl, Kolleginnen und Kollegen vor.

Weiters haben die Abgeordneten Mag. Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen getrenn­te Abstimmung über zahlreiche Artikel des Gesetzentwurfes verlangt.

Ferner liegt ein Verlangen auf namentliche Abstimmung in der dritten Lesung vor.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Abänderungsanträgen bezie­hungsweise den Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile – der Reihe


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 98

nach – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetz­entwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Zinggl, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungs­antrag eingebracht, der sich auf Art. 1 § 2 bezieht.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur getrennten Abstimmung über Art. 1 § 3, § 4 Abs. 1, § 6 Abs. 2, § 7, § 8 Abs. 2, 3 und 4, § 9 Abs. 4, § 15 Abs. 1 und 3 sowie § 19 Abs. 2 Z 4 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wenn Sie dem beitreten, dann bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.

Die Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Art. 1 § 43 bezieht.

Wer sich für diesen Antrag ausspricht, den bitte ich um das Votum. – Das ist mit Mehr­heit angenommen.

Damit komme ich zur getrennten Abstimmung über Art. 4, Art. 5 Z 1 § 27b und § 27d, Art. 22 Z 21, Art. 23 Z 17 sowie Art. 24 Z 34 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer diesen Teilen seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Art. 47 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes bezieht.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit an­genommen.

Ich komme zur getrennten Abstimmung über Art. 53, Art. 54, Art. 56 Z 1, 3, 7, 10, 11 und 12, Art. 58 Z 1 hinsichtlich § 2 Abs. 4 Z 12 und Art. 59 Z 1 in der Fassung des Aus­schussberichtes.

Wenn Sie sich hiefür aussprechen, bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit an­genommen.

Ich komme zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein be­jahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstim­mung durchzuführen. Wir gehen daher so vor.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordneten­pulte und tragen den Namen der Abgeordneten sowie die Bezeichnung „Ja“, das sind die grauen Stimmzettel, beziehungsweise „Nein“, das sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 99

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die in dritter Lesung für den Entwurf eines Bundesge­setzes, mit dem ein Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft erlassen und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Fortpflanzungsmedizin­gesetz sowie weitere Gesetze geändert werden, stimmen, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich bitte nunmehr den Herrn Schriftführer, Herrn Abgeordneten Zanger, mit dem Na­mensaufruf zu beginnen. Frau Abgeordnete Lohfeyer wird ihn dabei später ablösen. – Bitte, Herr Kollege.

(Über Namensaufruf durch den Schriftführer Zanger und die Schriftführerin Mag. Loh­feyer werfen die Abgeordneten ihren Stimmzettel in die Urne.)

13.00.01

 


Präsident Fritz Neugebauer: Danke für den Namensaufruf.

Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Kolleginnen und Kollegen des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.

Ich unterbreche zu diesem Zweck die Sitzung für einige Minuten.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 13 Uhr unterbrochen und um 13.07 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf (den Vorsitz übernehmend): Ich nehme die unterbro­chene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 174; davon „Ja“-Stimmen: 110; „Nein“-Stimmen: 64. (Beifall bei Abgeordneten von FPÖ und BZÖ.)

Der Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem ein Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft erlassen und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Fortpflanzungsmedizingesetz sowie weitere Gesetze geändert werden, ist somit in dritter Lesung angenommen.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Amon, Aubauer, Auer Jakob, Auer Josef;

Bartenstein, Bayr, Becher, Binder-Maier, Brunner Christiane;

Cap, Cortolezis-Schlager, Csörgits;

Donabauer Karl, Donnerbauer Heribert;

Eßl;

Fazekas, Franz, Fuhrmann, Fürntrath-Moretti;

Gahr, Gartlehner, Gessl-Ranftl, Glaser, Grillitsch, Großruck, Grosz Gerald;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 100

Haberzettl, Hagenhofer, Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Hechtl, Heinzl, Hell, Höfinger, Höllerer, Hörl, Hornek;

Ikrath;

Jarolim;

Kaipel, Kapeller, Karl, Katzian, Keck, Kirchgatterer, Klikovits, Köfer, Königsberger-Lud­wig, Kopf, Kößl, Krainer, Kräuter, Krist, Kuntzl, Kuzdas;

Lapp, Lettenbichler, Lipitsch, List, Lohfeyer, Lueger Angela;

Maier Ferdinand, Maier Johann, Matznetter, Mayer Elmar, Mayer Peter, Molterer, Mu­chitsch, Muttonen;

Neugebauer Fritz;

Oberhauser, Obernosterer;

Pack, Pendl, Plassnik, Plessl, Prähauser, Prammer, Praßl, Prinz;

Rädler Johann, Rasinger, Riepl, Rudas;

Sacher, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger Bernd, Schönpass Rosema­rie, Schopf, Schultes, Schüssel, Silhavy, Singer, Sonnberger, Spindelberger, Stauber Peter, Steibl Ridi Maria, Steier, Steindl Konrad, Steßl-Mühlbacher, Stummvoll;

Tamandl;

Weninger Hannes, Westenthaler, Wittmann Peter, Wöginger, Wurm;

Zinggl.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Belakowitsch-Jenewein, Brosz Dieter, Bucher Josef;

Deimek, Dolinschek, Doppler;

Fichtenbauer;

Gartelgruber, Glawischnig-Piesczek, Gradauer, Graf, Grünewald;

Hagen, Haider, Haubner Ursula, Herbert Werner, Höbart Christian, Huber Gerhard, Hübner Johannes;

Jarmer, Jury;

Karlsböck, Kickl, Kitzmüller, Kogler, Königshofer, Kunasek, Kurzmann;

Lausch, Lichtenecker, Linder, Lugar Robert;

Markowitz, Mayerhofer, Moser, Mühlberghuber, Musiol;

Neubauer Werner;

Öllinger;

Petzner, Pilz, Pirklhuber;

Rosenkranz;

Schatz, Scheibner, Schenk, Schwentner, Spadiut, Stefan, Steinhauser, Strache, Strutz;

Tadler Erich, Themessl;

Van der Bellen, Vilimsky, Vock;

Walser, Weinzinger Lutz, Widmann Rainer, Windbüchler-Souschill, Windholz, Winter;

Zanger.

*****

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 101

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Steinhauser, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Gleichstellung der eingetragenen Partnerschaft mit der Ehe.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gewissensfreiheit für Beamte – keine Konsequenzen bei Verweigerung von personenstandsrechtlichen Amtshandlungen nach dem EPG.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ziviltechnikerkammergesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 559 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesverfas­sungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezü­gen öffentlicher Funktionäre geändert wird, samt Titel und Eingang in 560 der Beilagen.

Da es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um ein Bundesverfassungsgesetz handelt, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen An­zahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf zu­stimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Der vorliegende Gesetzentwurf wurde nicht mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen. Es liegt somit kein Geset­zesbeschluss des Nationalrates im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung vor.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Be­richt 561 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, sei­nen Bericht 562 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

13.11.376. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (486 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem zur Einführung des Kinderbeistands das Außerstreitgesetz, die Zivilprozessordnung, das Gerichtsgebührengesetz und das Justizbetreuungs­agentur-Gesetz geändert werden (Kinderbeistand-Gesetz) (563 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 102

7. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 281/A(E) der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Trennungsopfer – verpflichtende gemeinsame Obsorge (564 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 446/A(E) der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Trennungsopfer – gemeinsame Obsorge beider Elternteile (565 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 6 bis 8 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.12.32

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Es ist nicht zu bestreiten, dass die Gesetzesabsicht positiv konnotiert werden muss; mit anderen Worten aber: Gut gemeint ist oft das Gegenteil von gut ge­glückt. Denn: Vom gesamten Regelungswerk, das dem Thema Kindeswohl zuzuord­nen ist, nur eine „Haarsträhne“ herausgezupft, macht noch keine „Perücke“.

Es kann schon sein, dass bei Streitigkeiten zwischen den Eltern die Installierung einer unabhängigen außenstehenden Person – vor allem eben im Rahmen der Obsorge, des persönlichen Umganges mit dem Kind und so weiter – etwas Gutes beitragen kann. Das aber sozusagen als Allheilmittel mit einer familienfremden Person verbinden zu wollen ist meines Erachtens vom Ansatz her und im Regelfall nicht als positives Lö­sungsinstrument zu bewerten, denn nach wie vor sind die Eltern die Bezugspersonen Nummer eins – und sie haben es auch zu bleiben.

Zweiter Mangel des Kinderbeistand-Gesetzes: 400 € an Gebühren pro Partei, also gemeint wohl pro Elternteil, also 800 € insgesamt und in alter Währung mehr als 11 000 S, das ist doch sehr heftig. In Vorgesprächen dazu haben wir ja fraktionsüber­greifend diese besonders belastende Kostensache erörtert, und es wurde in Aussicht genommen, im Rahmen der zweiten Lesung da noch Abhilfe zu schaffen. Jedenfalls steht das schon in einem sehr beklagenswerten Zusammenhang mit der generellen Neigung, die jetzt in der Justizverwaltung seit dem letzten Budgetbegleitgesetz erkenn­bar ist, nämlich die Gerichtsgebühren so extrem anzuheben, sodass es dadurch zu nicht leistbaren Kostenbelastungen kommt – und noch dazu im Zusammenhang mit dem Kindeswohl kann das vom rechtspolitischen Standpunkt aus keinesfalls als ver­tretbar bezeichnet werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Es nützt da auch nichts zu sagen, jene Partei, die sich das nicht leisten kann, bekommt Verfahrenshilfe, denn dann gibt der Staat sozusagen von der linken Tasche etwas her­aus, was er in der rechten kassiert. Das ist doch, was die Ökonomie der Staatsverwal­tung anlangt, auch nicht gerade als sinnvoll zu bezeichnen. Das ist also rechtspolitisch nicht akzeptabel und weder politisch noch ökonomisch sinnvoll.

Im Gesamtzusammenhang ist da aber schon auch darauf hinzuweisen, dass man da wie gegen Mauern redet – und das in einer Angelegenheit, die jeder im Einzelgespräch als selbstverständlich und richtig akzeptiert, dass man das eben nicht isoliert betrach­ten kann.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 103

Im Rahmen der Obsorge sind neue Regelungen zu treffen, und in diesem Zusammen­hang verweise ich auf die Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland; dort sind ja auch nicht nur die Dummen versammelt. In Deutschland gibt es seit dem Jahre 1998 die gesetzliche Regelung der gemeinsamen Elternobsorge, und nur dann, wenn im Einzelfall ein schlechter Vater/eine schlechte Mutter gegen das Kindeswohl handelt, kann diesem Elternteil die Obsorge entzogen werden. Das ist doch vernünftig, denn ein Großteil der Streitigkeiten – jeder weiß das, keiner kann das bestreiten, weil diese Realität eben ganz evident ist – zwischen den Eltern, also Post-Scheidungsstreitigkei­ten, sind eben Streitigkeiten, die auf dem Rücken der Kinder ausgetragen werden. Und das kann doch niemand wollen!

Jeder weiß, dass diese Lösung à la Deutschland ein vernünftiger Ansatz wäre, aber bei uns tanzt man da um den heißen Brei herum, statt das endlich in dieser Weise anzuge­hen.

Daher stelle ich klar, dass wir diesem – sicher gut gemeinten – Ansatz des Kinderbei­stand-Gesetzes so lange nicht zustimmen werden, solange da nicht vernünftig über ein Gesamtpaket verhandelt wird. Wenn man uns mit dem verfassungsgesetzlichen Ansatz kommt, kann ich dazu nur sagen: Der verfassungsgesetzliche Ansatz stellt doch geradezu den Anlass dar, ein Gesamtgebilde vernunft- und lösungsorientierten Inhaltes zu schaffen, um das alles unter einen Hut bringen zu können.

Evident ist, dass die Lösung eines gesamthaft erkennbaren Problems nicht durch Ein­zelmaßnahmen, die in sich wiederum Fehlerhaftigkeiten bergen, erzielbar ist, sondern eben nur eine vernünftige Gesamtlösung sinnvoll ist. Für eine solche Gesamtlösung werbe ich und ersuche darum, den Blick über die heutige Debatte hinaus in die Zukunft zu werfen und mitzuwirken an einer vernünftigen Gesamtlösung, einer Gesamtlösung, die tatsächlich dem Kindeswohl dient. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.18


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeord­nete Steibl. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.18.00

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Fichtenbauer, ich glaube, dass die gesetzliche Verankerung des Kinderbeistandes ein vernünftiges Produkt ist, eben nach diesem Modell, das zunächst in vier Standorten gelaufen ist und dann aus­geweitet wurde und wo gesagt wurde: Dem Kind ist in sehr schwierigen Obsorgever­fahren beziehungsweise bei Besuchsrechtsstreitigkeiten im Falle von Trennung und Scheidung der Eltern eine Stimme, ein Sprachrohr zu geben.

Das alles wurde, wie ich meine, gut aufgearbeitet, auch wenn Sie, Herr Dr. Fichten­bauer, die Kosten kritisieren, wobei Sie sich da widersprechen, denn sonst heißt es von Ihrer Seite immer wieder bei Transferleistungen: Na ja, diejenigen, die besser ver­dienen, sollten ihren Beitrag leisten!

Wenn sich die Eltern trennen, dann soll es zum Wohle des Kindes – wenn sich eben die Eltern nicht einigen können und es nicht schaffen, zum Wohle ihres Kindes zu handeln – einen Kinderbeistand geben, eine Person, die mit den entsprechenden fachlichen und menschlichen Voraussetzungen ausgestattet ist und die die Interessen des Kindes vertritt. Und das ist doch ein guter Weg, gerade in Zeiten wie diesen, wo es leider mehr Trennungen und Scheidungen von Eltern gibt und wo Kinder eben diese wichtige Unterstützung haben müssen.

In diesem Zusammenhang möchte ich folgenden Antrag einbringen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 104

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen zum Be­richt des Justizausschusses (563 d.B.) über die Regierungsvorlage (486 d.B.) betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem zur Einführung des Kinderbeistands das Außerstreit­gesetz, die Zivilprozessordnung, das Gerichtsgebührengesetz und das Justizbetreu­ungsagentur-Gesetz geändert werden (Kinderbeistand-Gesetz)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage (486 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Einfüh­rung des Kinderbeistands das Außerstreitgesetz, die Zivilprozessordnung, das Ge­richtsgebührengesetz und das Justizbetreuungsagentur-Gesetz geändert werden (Kin­derbeistand-Gesetz) in der Fassung des Ausschussberichtes (563 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. Artikel 4 Z 1 lautet:

„In § 2

a) werden Abs. 5 folgende Sätze angefügt:

„Die Justizbetreuungsagentur ist auch berechtigt, Verträge über die Bereitstellung von Kinderbeiständen abzuschließen. Für die Erfüllung der Pflichten aus diesen Verträgen besteht Betriebspflicht.“

b) werden nach dem Abs. 5 folgende Abs. 5a und 5b eingefügt:

„(5a) Die Justizbetreuungsagentur ist überdies berechtigt, Verträge über die Bereitstel­lung von Experten abzuschließen, deren spezifische Fachkenntnis innerhalb der Justiz nicht verfügbar, aber für die Bearbeitung komplexer oder besonders umfangreicher Er­mittlungsverfahren oder gerichtlicher Verfahren zweckmäßig ist, abzuschließen. Für die Erfüllung der Pflichten aus diesen Verträgen besteht Betriebspflicht.

(5b) Verträge nach Abs. 5a sind befristet abzuschließen.“

2. In Artikel 4 lautet die Z 3 b):

„b) wird folgender Absatz angefügt:

„(2) § 2 Abs. 5, 5a und 7 sowie § 5 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2009 treten mit 1. Jänner 2010 in Kraft. § 2 Abs. 5b tritt mit 1. Jänner 2014 in Kraft; zu diesem Zeitpunkt bereits bestehende Verträge bleiben aufrecht.““

*****

Ich denke, ich habe für das Schnelllesen einen Applaus verdient.

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Frau Kollegin, Sie müssen den Teil c) auch noch vor­lesen; es tut mir leid. – Bitte.

 


Abgeordnete Ridi Maria Steibl (fortsetzend): Ich bedaure, Herr Präsident, dass Sie das zu genau mitverfolgt haben, ich wollte in meiner Zeit bleiben.

Der Teil c) des Antrags lautet:

„c) wird in Abs. 7 nach der Wendung „BGBl. I Nr. 108/1997,“ die Wendung „der 3. Ab­schnitt (§§ 10 bis 14) des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988,“ eingefügt.“

*****

(Beifall bei der ÖVP.)

13.21



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 105

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Danke. – Der soeben vorgetragene Abänderungsan­trag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen zum Be­richt des Justizausschusses (563 d. B.) über die Regierungsvorlage (486 d. B.) betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem zur Einführung des Kinderbeistands das Außerstreit­gesetz, die Zivilprozessordnung, das Gerichtsgebührengesetz und das Justizbetreu­ungsagentur-Gesetz geändert werden (Kinderbeistand-Gesetz)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage (486 d. B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Einfüh­rung des Kinderbeistands das Außerstreitgesetz, die Zivilprozessordnung, das Ge­richtsgebührengesetz und das Justizbetreuungsagentur-Gesetz geändert werden (Kin­derbeistand-Gesetz) in der Fassung des Ausschussberichtes (563 d. B.) wird wie folgt geändert:

1. Artikel 4 Z 1 lautet:

„In § 2

a) werden Abs. 5 folgende Sätze angefügt:

„Die Justizbetreuungsagentur ist auch berechtigt, Verträge über die Bereitstellung von Kinderbeiständen abzuschließen. Für die Erfüllung der Pflichten aus diesen Verträgen besteht Betriebspflicht.“

b) werden nach dem Abs. 5 folgende Abs. 5a und 5b eingefügt:

„(5a) Die Justizbetreuungsagentur ist überdies berechtigt, Verträge über die Bereitstel­lung von Experten abzuschließen, deren spezifische Fachkenntnis innerhalb der Justiz nicht verfügbar, aber für die Bearbeitung komplexer oder besonders umfangreicher Er­mittlungsverfahren oder gerichtlicher Verfahren zweckmäßig ist, abzuschließen. Für die Erfüllung der Pflichten aus diesen Verträgen besteht Betriebspflicht.

(5b) Verträge nach Abs. 5a sind befristet abzuschließen.“

c) wird in Abs. 7 nach der Wendung „BGBl. I Nr. 108/1997,“ die Wendung „der 3. Ab­schnitt (§§ 10 bis 14) des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988,“ eingefügt.

2. In Artikel 4 lautet die Z 3 b):

„b) wird folgender Absatz angefügt:

„(2) § 2 Abs. 5, 5a und 7 sowie § 5 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2009 treten mit 1. Jänner 2010 in Kraft. § 2 Abs. 5b tritt mit 1. Jänner 2014 in Kraft; zu diesem Zeitpunkt bereits bestehende Verträge bleiben aufrecht.““

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


13.21.59

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Heute ist in der Vordebatte schon viel darüber gesprochen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 106

worden, dass die Politik Antwort auf Lebensrealitäten geben soll und geben muss. Ich glaube, eine Lebensrealität ist die, dass Ehepartner sich trennen, dass Kinder – und das ist unbenommen – unter Trennung leiden, dass wir aber das Leid so gering wie möglich halten sollen, vor allem dann, wenn Eltern nicht in der Lage sind, ihre Emotio­nen untereinander auszutragen, und die Kinder mit einbeziehen, die Kinder auch unter emotionalen Druck setzen und auf deren Rücken Machtkämpfe austragen.

Andererseits ist es auch eine Lebensrealität, dass es bei getrennten Eltern sehr viele Elternteile – und das sind sehr oft die Väter – gibt, die für ihr Kind nicht nur zahlen und Unterhalt leisten wollen, sondern die auch dabei sein und miterleben wollen, wie sich das Kind entwickelt, wie sich das Kind weiterentwickelt, die auch eine gewisse Mitspra­che haben wollen. Das ist eine Lebensrealität, und hier muss es wirklich Antworten ge­ben.

Wir haben in der schwarz-blau-orangen Regierung 2001 damit begonnen, die richtigen Weichen zu stellen. Ich denke nur daran, dass unter Bundesminister Böhmdorfer erst­mals die gemeinsame Obsorge auf freiwilliger Basis eingeführt wurde. Ich glaube, es ist auch jetzt, nach einigen Jahren, notwendig, zu überdenken und zu überlegen, ob man hier nicht etwas verbessern und überarbeiten soll, dass generell auch jene Väter – und es sind eben in erster Linie Väter, aber in Einzelfällen auch Mütter –, die nicht ver­heiratet gewesen sind, entsprechend in das Obsorgerecht mit einbezogen werden, denn diese sind momentan, könnte man sagen, rechtlos.

Daher glaube ich, es ist auch wichtig, bei der Überarbeitung dieses Obsorgerechtes noch einmal Folgendes festzuhalten: Wer bezahlt, muss auch ein Mitspracherecht ha­ben und muss auch Verantwortung wahrnehmen können. (Beifall beim BZÖ.) Denn, Sie kennen diesen berühmten Satz, ich sage ihn trotzdem immer wieder: Kinder haben ein Recht auf beide Elternteile, sowohl auf die Mutter als auch auf den Vater! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben in dieser Regierung einen weiteren Schritt gesetzt: 2004 haben wir die Be­suchsbegleitung gefördert und unterstützt und in Form von Besuchscafés Zentren und Stellen dafür geschaffen, dass Elternteile ihre Kinder treffen konnten, auch wenn das der andere Elternteil grundsätzlich nicht wollte. Diese Besuchscafés haben sich eigent­lich als sehr positiv herausgestellt, sie werden sehr gut angenommen. Damals wurde mit einigen wenigen, zehn oder zwölf derartigen Besuchscafés in Österreich begonnen, jetzt sind es schon um die 150.

Auch hier sollte man weitermachen, aber hier fehlt mir und fehlt uns die gesetzliche Ba­sis. Es ist noch immer eine Sache der Förderung, es ist noch immer eine Sache, die im Ermessen des Ministers liegt, dass man diese Besuchscafés unterstützt besuchen kann. Hier werden wir vom BZÖ nicht lockerlassen. Diese gute Idee, die wir hartnäckig verfolgen, werden wir wieder in einem Antrag einbringen, dass hier so rasch wie mög­lich der gesetzliche Rahmen geschaffen wird. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

Hartnäckig waren wir und das Problem richtig erkannt haben wir auch 2006 unter Jus­tizminister Gastinger und auch unter meiner Zeit als Familienministerin, dass dann, wenn ein Obsorgestreitverfahren eskaliert, gerade die Kinder am wenigsten eine Stim­me haben und auf die Kinder am wenigsten geschaut wird. Daher haben wir damals als Pilotprojekt diesen Kinderbeistand eingeführt, der sich auch als sehr gut, als sehr fruchtbringend für die Kinder erwiesen hat, dass man Kindern eine Stimme gibt. Ich bin froh darüber, dass heute dieses Gesetz beschlossen wird, dass das auf eine gesetzli­che Basis, auf gesetzliche Füße gestellt wird. Wir werden diesem Gesetz natürlich zu­stimmen.

Aber eine große Kritik muss ich schon anbringen, und das ist – der Vorredner Kollege Fichtenbauer hat es schon gesagt – die große Kostentragung durch die Eltern: 400 €


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 107

pro Elternteil! Gerade in einer solchen Situation, bei Scheidungen, wenn meist jeder Euro wichtig ist, jeder Euro umgedreht werden muss und man sowieso sehr viele Be­lastungen zu tragen hat, ist hierfür so viel Geld auszugeben.

Ich verstehe es nicht, dass man gerade bei diesen Investitionen immer so kleinlich ist und so spart, wenn es um einige tausend Euro geht, und dass man andererseits von heute auf morgen 34 Millionen € mehr für Beamtenbezüge hat. Da ist das alles kein Problem, aber wenn es um die Kinder geht, dann wird jeder Euro zehn Mal umgedreht. Daher bringen wir hier diese Kritik an, und ich hoffe, Frau Bundesministerin, dass Sie auch in Verhandlungen mit dem Finanzminister noch eine Lösung im Sinne der richti­gen Investitionen in die Familien finden werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Abschluss möchte ich eine Aussage eines Familienrichters zitieren, die uns Eltern eigentlich zum Nachdenken bringen soll, die aber auch die Politik zum Nachdenken bringen soll, dass wir hier alles tun, weil die Rahmenbedingungen für Kinder in Ausnahmesituationen noch stark verbesserungs­würdig sind. Dieser Familienrichter hat gesagt: Kinder, die in solchen Streitigkeiten zer­rieben werden, tragen Merkmale davon, die das spätere Leben nicht gerade einfacher gestalten.

Daran sollten wir immer denken! – Danke schön. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Hornek.)

13.28


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Ab­geordnete Mag. Steßl-Mühlbacher. 2 Minuten gewünschte Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


13.28.26

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Gerade Kinder werden oft als Spielball in Scheidungsverfahren eingesetzt. Daher ist dieses Gesetz und die Einführung des Kin­derbeistandes sehr zu begrüßen.

Dieser Kinderbeistand soll eine Hilfestellung für Kinder in Scheidungen bieten. Er soll als Sprachrohr für das Kind mitwirken und soll das Kind auch in verschiedenen Obsor­ge- und Besuchsstreitigkeiten entlasten. Vor allem soll aber dem entgegengewirkt wer­den, dass das Kind als „Waffe“ zwischen den Elternteilen eingesetzt wird.

Scheidungen sind oft emotional sehr aufgeladen. Daher soll der Kinderbeistand in die­sen aufgeheizten Situationen dem Kind zur Seite stehen. Er soll das Kind unterstützen und auch zu Gerichtsterminen begleiten können. Kinder erhalten so eine eigene Stim­me und können dadurch ihrem Willen und auch ihren Wünschen, wie auch immer, Aus­druck verleihen.

Sehr geehrter Herr Fichtenbauer, als Allheilmittel kann es natürlich nicht bezeichnet werden, aber der Kinderbeistand ist derzeit die einzig durchführbare Organisationsform in diesem Bereich. Daher tut es mir sehr leid, dass wir keine Fünf-Parteien-Einigung er­zielen konnten, gerade weil es um die Anliegen unserer Kinder geht. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Ab­geordnete Dr. Winter. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.30.01

Abgeordnete Dr. Susanne Winter (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Darf ich noch schnell die Arbeit meines Kollegen Fichtenbauer fortführen? – Er hat den Entschlie-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 108

ßungsantrag zwar erklärt und ausgeführt, hat ihn aber nicht eingebracht. Ich möchte nun diesen Entschließungsantrag einbringen:

„Der Nationalrat wolle beschließen:

‚Die Bundesregierung wird aufgefordert, schnellst möglich dem Nationalrat eine Regie­rungsvorlage zuzuleiten, welche die Obsorge beider Elternteile als gesetzlichen Regel­fall vorsieht. Ein Abgehen von der gemeinsamen Obsorge soll im Einzelfall nur bei einer objektiven Gefährdung des Kindeswohls vorgesehen sein. Dabei sind positive in­ternationale Erfahrungen und die Regelungen der Bundesrepublik Deutschland, die vorgeschlagenen Regelungen der Revision des Zivilgesetzbuches des Schweizer Bun­desrates, der Artikel 18 der UN-Kinderrechtskonvention sowie die jüngste Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu berücksichtigen.‘“

*****

Kollege Fichtenbauer hat zum Kinderbeistand-Gesetz eigentlich schon alles das aus­geführt, worüber wir auch im Klub diskutiert haben. Dies sei auch gerichtet an den Kol­legen Scheibner, der gemeint hat, dass im FPÖ-Klub nicht diskutiert würde. Wir haben sehr heftig darüber diskutiert, ob wir diesem Kinderbeistand-Gesetz beipflichten sollten oder nicht. Es gibt sehr viele positive Ansätze, aber nach wie vor ein Kritikpunkt ist eben die bereits erwähnte hohe Kostenregelung für die Elternteile.

Ein Zweites. Ich glaube, wovon man es nicht abhängig machen kann, wie hoch der Beitrag der Eltern sein sollte, ist die finanzielle Situation des Ministeriums. Wenn im Vorblatt drinsteht, die jährlichen Ausgaben für den Beistand dieser Trennungsopfer be­liefen sich auf ungefähr 600 000 €, die Einnahmen kämen auf 300 000 €, und es hätte noch dazu eine positive Auswirkung auf die Frauenerwerbsquote in Österreich, so beißt sich hier, glaube ich, die Katze in den Schwanz. Es sind sicher die alleinste­henden Frauen und alleinerziehenden Frauen, die hier große Probleme haben, und auf der anderen Seite werden natürlich Frauen dadurch unterstützt.

Ich möchte noch eines hinzufügen: Die gemeinsame Obsorge bei den Trennungsop­fern ist eine ungeheuer wichtige Sache, denn es gibt unendlich viele Vätervereinigun­gen, die an uns herantreten. Eine wichtige Entscheidung dazu ist ein EuGH-Urteil vom 3. Dezember 2009 betreffend die unverheirateten Eltern. Hier wird den unverheirateten Vätern, auch gegen den Willen der Mutter, ein gemeinsames Sorgerecht zugeordnet. Ich glaube, das ist im Sinn vieler Väter, die gerne ihre Verpflichtung wahrnehmen, die gerne Väter sein wollen, obwohl die Partnerschaften eben nicht mehr existieren.

Es ist dem sicher eine gesellschaftspolitische Entscheidung vorangegangen, dass man den Vätern das Obsorgerecht zugesteht. Man sieht das auch in all unseren Nachbar­staaten – egal, ob in Deutschland, in der Schweiz und auch in Belgien. In Italien gibt es eine etwas andere Regelung, aber dennoch ist auch das gemeinsame Sorgerecht vor­gesehen. Es ist sicher eine gute Entscheidung, und wir befürworten sie auf jeden Fall. (Beifall bei der FPÖ.)

13.33


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, tei­le ich noch mit, dass der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ausreichend un­terstützt ist und mit in Verhandlung steht.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kitzmüller, Dr. Fichtenbauer und weiterer Abgeordneter betreffend Trennungsopfer – Einführung der gemeinsamen Obsorge,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 109

eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 8, Bericht des Justizaus­schusses über den Antrag 446/A(E) der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Trennungsopfer - gemeinsame Obsorge beider Eltern­teile (565 d.B.), in der 49. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 10. Dezember 2009.

Seit dem 1.7.1998 gilt in der Bundesrepublik Deutschland das neue Kindschaftsrecht. Und dieses geht von einem grundsätzlichen Fortbestand der gemeinsamen elterlichen Sorge aus. Damit hat der deutsche Gesetzgeber die Bedeutung von Vater und Mutter für die gesunde Entwicklung eines Kindes erkannt und betont. Somit ist die gemeinsa­me Obsorge der gesetzliche Regelfall nach einer Scheidung. Über das Sorgerecht ent­scheidet das Gericht nur noch dann, wenn ein Elternteil für sich das alleinige Sorge­recht beantragt. Jener Elternteil, der die Alleinsorge für die Kinder anstrebt, muss nach­weisen, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl abträglich ist.

Die angesprochenen Regelungen wurden in der BRD nach der Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention eingeführt. Der Art. 18 dieses „Übereinkommens über die Rechte des Kindes“ regelt das Recht auf beide Elternteile:

„Art. 18 (1) Die Vertragsstaaten bemühen sich nach besten Kräften, die Anerkennung des Grundsatzes sicherzustellen, dass beide Elternteile gemeinsam für die Erziehung und Entwicklung des Kindes verantwortlich sind. Für die Erziehung und Entwicklung des Kindes sind in erster Linie die Eltern oder gegebenenfalls der Vormund verant­wortlich. Dabei ist das Wohl des Kindes ihr Grundanliegen.“

Anläßlich der Hinterlegung der Ratifikations- bzw. Beitrittsurkunden wurde von der Bundesrepublik Deutschland unter anderen folgende Erklärung abgegeben, die ohne Zweifel als die Grundlage für die Einführung der gemeinsamen Obsorge angesehen werden kann:

„Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland erklärt, daß sie das Übereinkommen über die Rechte des Kindes als einen Meilenstein der Entwicklung des internationalen Rechts begrüßt und die Ratifizierung des Übereinkommens zum Anlaß nehmen wird, Reformen des innerstaatlichen Rechts in die Wege zu leiten, die dem Geist des Über­einkommens entsprechen und die sie nach Art. 3 Abs. 2 des Übereinkommens für ge­eignet hält, dem Wohlergehen des Kindes zu dienen. Zu den geplanten Maßnahmen gehört insbesondere eine Neuordnung des Rechts der elterlichen Sorge für Kinder, de­ren Eltern keine Ehe eingegangen sind, die als verheiratete Eltern dauernd getrennt le­ben oder geschieden sind. Hierbei wird es insbesondere darum gehen, auch in solchen Fällen die Voraussetzungen für die Ausübung der elterlichen Sorge durch beide Eltern zu verbessern.“

Seit 01.07.2001 gibt es in Österreich die Möglichkeit, die „Obsorge beider Elternteile" im Falle einer Scheidung freiwillig zu vereinbaren. Diese Regelung wurde im Jahr 2005 einer Evaluierung unterzogen. Die Evaluierungsstudie des BMJ brachte unerwartete Ergebnisse (zumindest für die Studienersteller). Die neue Möglichkeit der gemeinsa­men Obsorge wurde im Untersuchungszeitraum in über 53% der Fälle in Anspruch ge­nommen. Positive Auswirkungen sind vor allem die schnellere Beruhigung des Konflikt­niveaus, weniger Konflikte um die Ausübung des Besuchsrechts, hohe Zufriedenheit mit der Obsorge beider Elternteile, häufigere Kontakte der Kinder mit dem getrennt le­benden Elternteil, eine zehn mal niedrigere Kontaktabbruchsrate als bei alleiniger Ob­sorge, der getrennt lebende Elternteil übernimmt quantitativ und qualitativ mehr elterli­che Aufgaben und Verantwortung, mehr Austausch zwischen den getrennt lebenden Eltern, positive Auswirkungen auf die Zahlung des Kindesunterhalts (pünktlicher, Höhe wird eher als angemessen erlebt, etc.).

Am 28.01.2009 hat der Schweizer Bundesrat eine Novelle zum Zivilgesetzbuch in Be­gutachtung geschickt, welche vorsieht, im Bereich der Elternschaft die gemeinsame


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 110

Obsorge (nach deutschem Vorbild) zur Regel zu machen. Das Begutachtungsverfah­ren wurde mit Ende April 2009 abgeschlossen. Die eingelangten Stellungnahmen waren durchwegs positiv, sodass von einer Einbringung einer Regierungsvorlage im Jahr 2010 ausgegangen werden kann.

Am 3. Dezember 2009 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (22028/04) ausgesprochen, dass das Abhängigmachen des Sorgerechts für unverheiratete Väter von der Zustimmung der Mütter dem Gleichheitsgrundsatz widerspricht. Die Bevorzu­gung von unverheirateten Müttern gegenüber Vätern ist somit als Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot qualifiziert worden.

Laut „Focus“ soll die bundesdeutsche Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnar­renberger aufgrund dieses Urteils bereits an einem entsprechenden Gesetzesentwurf zur Sorgerechtsregelung arbeiten. Künftig sollen demnach Väter auch ohne ausdrück­liche Zustimmung der Mutter das Sorgerecht für ihre Kinder bekommen können.

Es wäre höchst an der Zeit, dass in Österreich die gemeinsame Obsorge als Regelfall, unabhängig vom Status der Beziehung der Eltern eingeführt wird.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, schnellst möglich dem Nationalrat eine Regie­rungsvorlage zuzuleiten, welche die Obsorge beider Elternteile als gesetzlichen Regel­fall vorsieht. Ein Abgehen von der gemeinsamen Obsorge soll im Einzelfall nur bei einer objektiven Gefährdung des Kindeswohls vorgesehen sein. Dabei sind positive in­ternationale Erfahrungen und die Regelungen der Bundesrepublik Deutschland, die vorgeschlagenen Regelungen der Revision des Zivilgesetzbuches des Schweizer Bun­desrates, der Artikel 18 der UN-Kinderrechtskonvention sowie die jüngste Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu berücksichtigen.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Das Wort erhält nun Herr Abgeordneter Mag. Stein­hauser. Gewünschte Redezeit, Herr Kollege: 4 Minuten. – Bitte.

 


13.33.46

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrter Präsident! Mit etwas, wie soll ich sagen, Amüsement habe ich zur Kenntnis genommen, dass Sie sich ver­schlucken, wenn Sie meinen Namen aussprechen; wie immer ich das interpretieren soll.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin, unbestritten ist, dass dieses Gesetz die Situation von Kindern in Scheidungs- oder vor allem in Obsorge- und Besuchsrechtsstreitigkei­ten verbessern wird. Der Kinderbeistand wird eine persönliche Ansprechperson sein, die emotional und rechtlich zur Seite steht.

Es hat ja auch den Pilotversuch gegeben, der sehr erfolgreich war. Aber in einem Punkt hat der Pilotversuch keine Erkenntnisse gebracht, weil er sozusagen das volle Modell noch nicht testen konnte: Das war die Frage der Finanzierung. Im Pilotversuch war der Kinderbeistand gratis, insofern waren die Ergebnisse selbstverständlich sehr vielversprechend. Das ändert sich jetzt in der Umsetzung: Mit 800 € für die Eltern für das erste Jahr und 500 € für jedes weitere halbe Jahr ändert sich die Voraussetzung des Kinderbeistands deutlich. Die VorrednerInnen haben es schon gesagt: Das ist viel zu hoch!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 111

Jetzt weiß ich schon, der Finanzminister hat Ihnen (in Richtung Bundesministerin Mag. Bandion-Ortner) zu wenig Geld für Ihr Justizbudget gegeben, aber das kann nicht als Ausrede für jedes wichtige justizpolitische Vorhaben herhalten, warum es dann nicht optimal umgesetzt wird. Auch das Argument der Verfahrenshilfe überzeugt mich nicht, wenn man weiß, dass das mittlere Einkommen in Österreich 1 700 € beträgt; das sind 1 200 € netto. Daher gehe ich nicht davon aus, dass jemand, der in Österreich ein mittleres Einkommen bezieht, Verfahrenshilfe bekommen wird.

Tatsache ist aber, 1 200 € netto sind nicht viel, und wer in einer ohnedies schon schwierigen Situation wie einem Scheidungsverfahren – Scheidung ist eine der Ar­mutsursachen Nummer eins – noch zusätzlich durch den Kinderbeistand belastet wird, wird nicht nur keine Freude haben, sondern wird, wenn es schlecht hergeht, den Kin­derbeistand als Bestrafung durch das Gericht erleben. Das kann nicht Sinn und Zweck des Kinderbeistands sein. (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt habe ich durchaus Verständnis dafür, dass Geld, das nicht da ist, auch nicht aus­gegeben werden kann. Sie haben auch erklärt, dass Sie im Moment keine budgetäre Bedeckung dafür finden und dass Sie sich die Unterstützung des Parlaments wün­schen, damit Sie mehr Geld dafür bekommen, dass der Kinderbeistand weniger kostet.

Umso verwunderter bin ich dann, wenn ich im Justizausschuss einen Antrag stelle, der genau diese Formulierung zum Ziel hat, nämlich dass man Ihnen vom Justizausschuss Unterstützung zusagt, dass Sie bei den nächsten Budgetverhandlungen vom Finanzmi­nister mehr Geld dafür bekommen, dass dann die Kosten des Kinderbeistands redu­ziert werden können. Alle Justizsprecher – Jarolim, Donnerbauer – haben in der Vorbe­sprechung noch signalisiert, dass es ganz wichtig ist, dass es mehr Geld für den Kin­derbeistand gibt. Wenn man dann den „Elchtest“ macht und Sie, Frau Bundesministe­rin, im Justizausschuss unterstützen will, wird das plötzlich niedergestimmt! Das ver­stehe ich nicht.

Ich werde Sie weiter unterstützen. Ich erspare Ihnen zwar diesen Unterstützungsan­trag, weil SPÖ und ÖVP Sie offensichtlich nicht unterstützen wollen, aber ich glaube trotzdem, dass wir uns unabhängig von einem Antrag zum Ziel setzen sollten, dass Sie für das Projekt Kinderbeistand tatsächlich mehr Geld haben, damit wir dann im Budget­begleitgesetz die Kosten senken können, damit dieses Modell ein Erfolgsmodell wird. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.37


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Mag. Ban­dion-Ortner. – Bitte.

 


13.37.20

Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Christoph ist acht Jahre alt, seine Eltern las­sen sich gerade scheiden. Friedlich ist das Scheidungsverfahren keineswegs! Jetzt geht das Gerangel um Christoph los, jeder beansprucht die alleinige Obsorge, gegen­seitige Vorwürfe prasseln auf Christoph nieder. Christoph fühlt sich einsam, er ist ver­zweifelt. Wer ist nun der Böse, die Mama oder doch der Papa? – Christoph denkt sich: Na, vielleicht bin ich schuld an dem ganzen Schlamassel! Er träumt schlecht, er kann nicht schlafen, er weint heimlich. Er geht in die zweite Klasse Volksschule, seine Leis­tungen lassen drastisch nach. Die Eltern sehen seine Sorgen und Ängste überhaupt nicht, sie sind viel zu sehr mit ihren eigenen Sorgen und vor allem mit ihren Rachege­lüsten beschäftigt.

Sehr geehrte Damen und Herren, genau in dieser Situation könnte ein Familienrichter einen Kinderbeistand für Christoph bestellen. Er soll dem Kind ein Sprachrohr sein, ihm eine Stimme verleihen. Er soll das Kind entlasten, er soll verhindern, dass das Kind traumatisiert wird.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 112

Ganz kurz noch zu den Kosten. Sehr geehrte Damen und Herren, ja, auch Justiz kostet etwas! Alle Ressorts müssen sparen, in allen Ressorts sind eben die Mittel sehr knapp. Der Steuerzahler kann nicht für alle Situationen einspringen.

Den Eltern ist eine Scheidung oft sehr viel wert, sie zahlen sehr viel Geld für Schei­dungsanwälte. Da wird es auf 400 € – für das Kindeswohl, wohlgemerkt! – nicht mehr ankommen. Außerdem gibt es die Möglichkeit der Verfahrenshilfe; es gibt die Möglich­keit, dass jemand gar nichts bezahlen muss, wenn er das Geld nicht hat; und – das ist jetzt ganz wesentlich – es gibt auch die Möglichkeit einer Teilverfahrenshilfe. Also wie gesagt, der Staat sorgt dafür, dass auch diejenigen die Leistungen erhalten, die sie sich sonst nicht leisten könnten. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Franz. Ihre Fraktion hat Ihnen 2 Minuten zugedacht. – Bitte.

 


13.39.36

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Ja, wir haben am Beispiel Christoph gehört, dass diese Einführung eines Kinderbeistandes als sozialpsychologisches Instrument zur Unterstützung von Kindern in schwierigen Entscheidungskonflikten sehr, sehr wichtig ist. Er ist sozusagen das Sprachrohr des Kindes und kann vom Gericht bei Bedarf für Kinder bis zu 14 Jahren eingesetzt wer­den. Ich bin froh darüber, dass in besonderen Fällen nun auch die Möglichkeit besteht, diesen Kinderbeistand bis zum 16. Lebensjahr in Anspruch zu nehmen, denn gerade bei pubertierenden Kindern ist das oft ein Problem.

Man kann sagen, dass dieses Gesetz leider notwendig geworden ist, denn wir kennen alle die Fälle, in denen Kinder zum Spielball von Eigeninteressen der Eltern werden. Allein im Jahr 2008 waren es 21 000, davon 14 800 Minderjährige, die von der Schei­dung ihrer Eltern betroffen waren. Kinder leiden meistens sehr unter der Trennung ihrer Eltern, und sie fühlen sich allein und im Stich gelassen. Dieser Kinderbeistand soll den Kindern Unterstützung und Entlastung bieten.

Kurz noch zu den Kosten: Die Kostenbeteiligung wird vor allem von der Opposition kri­tisiert. Meine Damen und Herren, Sie wissen alle, dass für einen Scheidungsanwalt sehr viel Geld ausgegeben wird. Dann muss aber auch das Wohl des Kindes etwas wert sein. Für Bedürftige, wir haben es gehört, gibt es Verfahrenshilfe und zur Vermei­dung von Härtefällen sogar die Möglichkeit, eine teilweise Verfahrenshilfe in Anspruch zu nehmen. Zudem gebe ich zu bedenken, dass es, wo richtig gestritten wird, meistens um sehr viel Geld geht, und in diesem Fall ist eine Kostenbeteiligung auch zumutbar.

Abschließend appelliere ich an Scheidungseltern, an das Wohl ihrer Kinder zu denken und nicht alle möglichen und unmöglichen Dinge zu unternehmen, um die Situation es­kalieren zu lassen, denn am besten wäre es wohl, wenn dieser Kinderbeistand gar nicht gebraucht würde. (Beifall bei der ÖVP.)

13.41


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Köfer. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


13.41.52

Abgeordneter Gerhard Köfer (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesminis­ter! Hohes Haus! Kind aus dem Kindergarten, aus der Schule, aus dem privaten Um­feld entführt – das sind dramatische Schlagzeilen, die leider immer wieder vorkommen und sich häufen. Obsorgestreite in der Form lassen sich auch nicht vermeiden, wobei der Terminus „Entführung“ sicher nicht ganz treffend ist.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 113

Viele dieser Fälle lassen sich noch im Familienverband regeln, aber sehr oft gerät der Streit der Eltern außer Kontrolle und kommt dann vor den Richter und häufig auch in die Medien. Es ist dies dann meist der traurige Schlusspunkt eines sehr zermürben­den, langjährigen Kleinkrieges der Eltern, in dem es um vieles geht, niemals aber um das Wohl des eigenen Kindes. Da spielt es keine Rolle mehr, was die eigenen Kinder wollen. Diese erleben dann sehr oft Wechselbäder der Gefühle, und die Angst, einen Elternteil zu verlieren, prägt diese Kinder oft für ihr ganzes Leben.

Daher ist es wichtig, dass diesen Scheidungskindern bei Gerichtsterminen zu Obsorge- und Besuchsstreitigkeiten eine besonders dafür geschulte und einfühlsame Person zur Seite steht. Es bleibt zu wünschen, dass dieser Kinderbeistand auch von den betroffe­nen Kindern angenommen und als solcher wahrgenommen wird. Er ist als menschliche Stütze, psychologische Hilfe und vor allem kompetenter Ansprechpartner gedacht, schlicht und einfach als ihr ganz persönlicher Interessenvertreter. Der einzige Wer­mutstropfen, da gebe ich Kollegen Fichtenbauer und Kollegin Haubner recht, sind die hohen Kosten von 400 € je Elternteil an Gerichtsgebühren. (Beifall bei der SPÖ.)

13.43


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzte Rednerin hiezu zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Musiol. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.43.37

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin! Der Kinderbeistand ist zweifelsohne eine wichtige Einrichtung für die Krisenzeit Scheidung/Trennung und eine wichtige Unterstützung für die Kinder. Bezüglich der Kosten und der Kostentragung durch die Eltern ist schon vieles gesagt worden. Da braucht es sicher eine andere Unterstützung, denn da gibt es sicher auch Fälle, die aufgrund dieser Kosten in gehörige Schwierigkeiten kommen. Das gilt aber nicht nur für den Kinderbeistand, sondern diese Diskussion hatten wir auch im Zusam­menhang des Budgetbeschlusses rund um die Besuchsbegleitung. Sie können sich vielleicht erinnern: Die Besuchsbegleitung ist auch ein wichtiges Instrumentarium, um vor allem Eltern, die schon längere Zeit keinen Kontakt zu ihren Kindern hatten, auf­grund welcher Ursachen auch immer, eine sanfte Kontaktanbahnung unter Aufsicht von geschultem Personal zu ermöglichen. Auch dafür ist viel zu wenig Geld da.

Meine VorrednerInnen haben an die Eltern appelliert, sie mögen doch in dieser schwie­rigen Zeit auch an ihre Kinder denken. Da muss ich aber schon darauf hinweisen, und das sage ich als eine, die seit über einem Jahrzehnt als Scheidungs- und Trennungs­mediatorin tätig ist, dass das nicht nur für die Kinder eine schwierige Zeit ist, sondern auch für die Eltern. In dieser durch existenzielle Ängste geprägten Krisensituation alles richtig zu machen ist wohl ein zu hoher Anspruch. Umso mehr ist es Aufgabe des Staa­tes, ist es unsere Aufgabe, Rahmenbedingungen zu schaffen, die eben einerseits Prä­vention, damit eine Streit- und Kampfsituation erst gar nicht entsteht, und zum anderen in dieser schwierigen Zeit Unterstützung ermöglichen.

Das betrifft nicht nur Regelungen die Obsorge betreffend – dazu werde ich dann auch noch etwas sagen –, sondern das betrifft auch die finanzielle Ausstattung von Be­suchsbegleitung, von Kinderbeistand, von Mediation, von geförderter Mediation, aber natürlich auch von allen Einrichtungen, die ohnedies die Aufgabe haben, sich mit Fami­lien, die in dieser Situation sind, zu beschäftigen, hier Unterstützung zu leisten. Das gilt auch für die Träger der Jugendwohlfahrt, die diese präventive Arbeit gar nicht mehr leisten können, weil die Personalsituation eine schwierige ist.

Abschließend noch zum Antrag des Kollegen Fichtenbauer, zum Ansinnen, eine auto­matische Obsorge einzufügen. Da werden zwei Dinge vermischt, nämlich das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte von Anfang Dezember und dieser


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 114

Antrag. Von unserer Seite eine klare Absage an diesen Antrag, an die Einführung einer automatischen Obsorge, weil, wie ich das bereits im Justizausschuss ausgeführt habe, eine rechtliche Regelung nicht die notwendige Basis, die zwischen den Eltern herr­schen muss, ersetzen kann. Es braucht Gesprächsbereitschaft, es braucht die Fähig­keit der Eltern, sich über für ihre Kinder wichtige Dinge unterhalten zu können. Das werden wir mit einem Gesetz nicht erreichen können. Dazu braucht es die von mir zu­vor angeführten Unterstützungsmöglichkeiten, um die Eltern dabei zu unterstützen, zu einer solchen Gesprächsbasis zu kommen.

Worüber man meiner Meinung nach jedoch sehr wohl diskutieren muss, und das zeigt auch dieses EGMR-Urteil, ist die Gleichstellung von Elternteilen, in dem Fall der Väter, die in Lebenspartnerschaft leben, mit Vätern, die in Ehe leben. Man muss sicherlich darüber diskutieren, ob Väter, die in aufrechter Beziehung leben und sich um ihre Kin­der kümmern, nicht auch eine Möglichkeit zur Obsorge erhalten sollen. Zu dieser Dis­kussion sind wir gerne bereit. Es gibt aber sicher ein Nein zu einer automatischen Ob­sorge. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Neugebauer: Sehr gebrochener Beifall bei den Grünen!)

13.47

13.47.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Kinderbeistand-Gesetz in 486 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen vor.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Mag. Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über die von dem erwähnten Abänderungsantrag sowie dem Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile der Systematik des Gesetzent­wurfes folgend und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel 3 Z 3 in der Fassung der Regie­rungsvorlage.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich für diesen Teil des Gesetzent­wurfes aussprechen um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenom­men.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend Artikel 4 Z 1 und Z 3 lit. b.

Wer diesem Antrag seine Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein bejahendes Zei­chen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvor­lage.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 115

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Be­richt 564 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, sei­nen Bericht 565 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Trennungsopfer – Einführung der gemeinsamen Obsorge.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

13.50.399. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (484 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Unternehmensgesetzbuch geändert wird (Rechnungsle­gungsrechts-Änderungsgesetz 2010 – RÄG 2010) (566 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Ikrath. 2 Minuten eingestellte Re­dezeit. – Bitte.

 


13.51.06

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Justizministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen, die Sie hier im Saal anwesend sind! Dieses Gesetz klingt trocken, spröde fast, ist aber ein ganz, ganz wesentliches Gesetz, weil es eine wichtige Gruppe von Unternehmen, nämlich die kleinen Unternehmen, massiv entlasten wird. Es ist eine Umsetzung jenes Standard Cost Model, das die Re­gierung 2006 beschlossen hat. Ziel war eine 25-prozentige Verwaltungskostenreduk­tion der Unternehmen durch Entlastung von gesetzlich geregelten Informationspflich­ten.

Mit diesem Gesetz heben wir den Schwellenwert für die Bilanzierungspflicht der Einzel­unternehmen und Personengesellschaften von 400 000 € auf 700 000 € an. Ich geste­he allerdings und merke das auch an: Mir wäre es zugunsten der Unternehmensnach­folge noch bedeutend lieber gewesen, wenn wir den Schwellenwert auf 1 Million € hät­ten anheben können, aber werten wir diese Verbesserung einmal als einen ersten gro­ßen Schritt in die richtige Richtung. Damit ersparen wir diesen Unternehmen, die in der Krise jetzt vielfach ohnehin sehr zu kämpfen haben, insgesamt 55 Millionen € im Jahr, und es sind immerhin 12 000 Unternehmen davon betroffen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 116

Das ist sicherlich zum richtigen Zeitpunkt eine richtige gesetzliche Maßnahme. Mich freut es auch, dass wir diese Maßnahmen heute im Konsens beschließen können. Zu­dem – dies abschließend noch angemerkt – sehe ich es auch sehr positiv, dass es mit dieser Novelle zu einer Annäherung der Unternehmens- und Steuerbilanz kommt, denn damit können wir einige auch international nicht mehr übliche Doppelgleisigkeiten zwi­schen Unternehmens- und Steuerbilanz aufheben und ein besonders präzises Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Unternehmen sicherstellen.

Last but not least danke ich der Frau Bundesministerin für die Arbeit an diesem Ge­setz. (Beifall bei der ÖVP.)

13.53


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Maier. 1 Minute eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


13.53.19

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Bundesminister! Herr Präsident! Ho­hes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich schließe mich den Ausführun­gen meines Vorredners an. Mit diesem Gesetz werden insbesondere kleine und mittle­re Unternehmen von den Aufwendungen im Zusammenhang mit der doppelten Buch­führung und der Aufstellung des Jahresabschlusses weitgehend entlastet. Es erfolgt die Anhebung des für die Rechnungslegungspflicht festgelegten Schwellenwertes von 400 000 € auf 700 000 €.

Damit verbunden sind Mindereinnahmen des Bundes. – Das muss man auch sagen.

Abschließend noch eine Bemerkung: Es wurde angekündigt, dass es zu einer weiter­gehenden Modernisierung der Rechnungslegungsvorschriften kommt. Frau Bundesmi­nisterin, ich ersuche Sie, das Parlament in diese Verhandlungen und Gespräche recht­zeitig einzubeziehen.

Ich darf Sie ersuchen, dieser Vorlage zuzustimmen. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP. – Abg. Prinz – in Richtung SPÖ –: Die schlafen ja schon, die Kollegen da drüben!)

13.54


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Themessl. Ein­gestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.54.22

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Werte Damen und Herren! Hohes Haus! Zum Ersten: Wir werden dieser Gesetzesvor­lage zustimmen, weil sie eine Verbesserung des Ist-Zustandes ist. Zum Zweiten freut es mich, dass die Regierung oder die Regierungsparteien unseren Antrag aus dem Jahr 2007 aufgenommen haben, denn wir haben bereits vor über zwei Jahren darauf hingewiesen, dass es damals eine massive Verschlechterung für Kleinbetriebe gege­ben hat. So gesehen freut es mich, dass wir damals nicht nur diesen Antrag zur Ver­besserung der wirtschaftlichen Situationen von Unternehmen eingebracht haben, son­dern noch viele andere, und ich gehe davon aus, dass auch diese mit einer Verspätung von zwei, drei Jahren von der Regierung dann als gut befunden und vielleicht auch um­gesetzt werden.

Was Sie jedoch nicht vergessen dürfen und weswegen Sie nicht so euphorisch sein sollten, Herr Kollege Ikrath oder Herr Kollege Maier: Sie sind mit diesem Gesetz auf halbem Wege stehen geblieben! Das ist zwar eine Verbesserung für die Unternehmen, aber wenn die das wirklich in der Umsetzung auch so handhaben wollen, dann müssen Sie gewisse andere Dinge mit verändern, speziell auch die Bundesabgabenordnung,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 117

denn diese spricht natürlich in vielen Punkten komplett dagegen. Das heißt, Sie müs­sen auch dort dafür Sorge tragen, dass Unternehmen bis 600 000 € Umsatz, die frei­willig eine doppelte Buchführung machen, nicht zur Bilanzierung gezwungen werden, denn jetzt ist es so, dass sie, wenn sie freiwillig Buch führen, ab 400 000 € Umsatz sehr wohl zur Bilanzierung gezwungen werden.

Und in weiterer Folge benachteiligen Sie nach wie vor die selbständigen Bilanzbuch­halter. Wenn ein selbständiger Bilanzbuchhalter ein Unternehmen leitet oder führt oder in Bilanzierungsfragen oder Buchhaltungsfragen berät und dieses Unternehmen über 400 000 € an Umsatz erwirtschaftet, dann ist der selbständige Bilanzbuchhalter ge­zwungen, seine Klienten an einen Wirtschaftstreuhänder oder Steuerberater abzuge­ben.

Um dieses Gesetz wirklich wirkungsvoll anwenden zu können, ersuche ich Sie, auch die Bundesabgabenordnung dahingehend zu ändern, um so auch den Interessen der Bilanzbuchhalter und auch solcher Unternehmen Rechnung zu tragen, die jetzt bereits freiwillig eine doppelte Buchführung machen. Die Bilanzierungspflicht bis 600 000 € muss ebenfalls angehoben werden.

Machen Sie also ganze Arbeit – das wäre angenehm; in vielen anderen Bereichen viel­leicht auch. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.56


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Strutz. 3 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


13.57.01

Abgeordneter Dr. Martin Strutz (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Dieser Gesetz­entwurf beinhaltet wesentliche Verbesserungen für die kleinen und mittelständischen Unternehmen. Zum einen bringt er eine finanzielle Ersparnis für Kleinunternehmen, die gerade jetzt in einer wirtschaftlich schwierigen und angespannten Situation mit vielen Unwägbarkeiten zu kämpfen haben. Zum anderen gibt es auch organisatorische Er­leichterungen, und es wird in einem zweiten Schwerpunkt dieser Gesetzesnovelle zu Verbesserungen im Zusammenhang mit der Aussage und der Vergleichbarkeit von Bi­lanzen kommen.

Das BZÖ wird diesem Entwurf daher zustimmen. Ich denke jedoch, dass wir ihn, so wie das der Vorredner betont hat, nur als kleinen Mosaikstein ansehen können, um die klein- und mittelständische Wirtschaft, insbesondere kleine Unternehmen, Ein-Mann-Unternehmen von steuerrechtlichen und vor allem auch organisatorischen Belastungen zu befreien. Das heißt, es werden von unserer Seite weitere Novellierungsschritte ein­gefordert und von der Bundesregierung erwartet.

In diesem Sinne: Zustimmung vonseiten des BZÖ zu diesem Gesetzentwurf, aber nur als ein erster Schritt in die richtige Richtung. Es müssen noch größere und aufwendige­re Reformen folgen, insbesondere auch im Steuerrecht. (Beifall beim BZÖ.)

13.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Steinhau­ser. 1 Minute eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


13.58.50

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Das vorliegende Gesetz ist eine sogenannte Konsensmaterie. Insofern ist es für den fünften Redner gar nicht mehr so leicht, etwas Neues zu sagen. Wir werden dem Ge­setz zustimmen. Es ist vollkommen richtig, was gesagt wurde: Die Anhebung des Schwellenwerts zur Rechnungslegungspflicht von 400 000 € auf 700 000 € entlastet


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 118

die kleinen Unternehmen. Betroffen sollen rund 12 000 KleinstunternehmerInnen sein. Das ist sicher sinnvoll. Sie ersparen sich damit Kosten, weil sie nicht mehr bilanzie­rungspflichtig sind, und können ihre Buchhaltung auf eine kostengünstigere Einnah­men-/Ausgabenrechnung umstellen. Darüber hinaus darf man nicht vergessen, dass sie sich auch die Inventurarbeit ersparen.

Alles in allem eine sehr sinnvolle Maßnahme, auch deswegen, weil sie den Kleinstun­ternehmerInnen Einsparungen bringt, ohne dass das auf Kosten von ArbeitnehmerIn­nen oder KonsumentInnen erfolgt. Deswegen stimmen wir mit Freude zu. (Beifall bei den Grünen.)

13.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Hakl. 2 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


14.00.02

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ich stimme den neuen Rechnungsvorschriften auch zu, allerdings mit nur mäßi­ger Freude. Aus meiner Sicht wäre es sinnvoll gewesen, die Grenze nicht von 400 000 € auf 700 000 € zu heben, sondern auf zumindest 1 Million €. Dies deswegen, weil wir gerade in Tirol im Tourismus bei kleinen Unternehmen immer wieder Probleme ha­ben, insbesondere dann, wenn es um die Unternehmensübergabe oder um die Unter­nehmensauflösung geht.

Gerade in Westösterreich sind die Grundstückspreise wesentlich höher als im Osten. Deswegen haben wir in Westösterreich auch bei sehr kleinen Unternehmen – bei einem kleinen Gasthaus, bei dem es vorne zwei Parkplätze und drum herum ein biss­chen Grundfläche gibt – diese Grenze von 700 000 € sofort überschritten. Der Wert dieser Grundstücke wird nämlich zur Gänze schlagend und nie erlöst. Diese Unterneh­men kommen regelmäßig in die Ziehung, wenn ein Betrieb übergeben werden soll. Vie­le KMU können sich deshalb das Aufhören einfach nicht leisten! Wir sollten uns ge­meinsam darum bemühen, bei der Unternehmensübergabe und -übernahme bessere und für KMU sinnvollere Lösungen zu suchen und diese Grenzen in Zukunft weiter an­zuheben.

Zum anderen freue ich mich, dass im Lokal VIII das „Digitale Österreich“ und auch das „Unternehmens-Service-Portal“ präsentiert werden, ein neues Angebot eines One-Stop-Shop, das es Unternehmern in Zukunft ermöglichen wird, online ein Gewerbe an­zumelden oder zum Beispiel die lästigen bürokratischen Statistikmeldungen abzuge­ben; dies nur ein einziges Mal und nicht wie bisher fünf Mal parallel und jedes Mal an jemand anderen. Im Hintergrund werden die statistischen Daten dann durch die EDV des Bundes an die Stellen weitergeleitet, die sie brauchen. Auch das wird eine wichtige Neuerung und Erleichterung gerade für die kleineren Unternehmen in Österreich und ein überfälliger Bürokratieabbau, der den Unternehmen 300 Millionen € sparen wird und über den ich mich ausdrücklich sehr freue. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.02


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner hiezu ist Herr Abgeord­neter Scheibner zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


14.02.15

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Mei­ne Damen und Herren! Wie schon gesagt – ich werde die Gründe nicht wiederholen –, wir stimmen dieser Vorlage zu. Es ist eine gute Initiative, vor allem für die Kleinbetrie­be. Was mir fehlt, und ich habe das schon mehrfach in derartigen Debatten angespro­chen, sind aber noch weitere Entlastungen und Vereinfachungen, vor allem für die Kleinbetriebe, gerade jetzt in einer Krisensituation.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 119

Sie wissen, dass es bei der steuerlichen Behandlung dieser Unternehmen, vor allem bei kleinen GmbHs, die Problematik gibt, dass man ab der Rechnungslegung die Um­satzsteuer und die Körperschaftsteuer abführen muss, obwohl man das Geld nicht, noch nicht oder überhaupt nicht bekommen hat. Das ist gerade für kleine Betriebe schwierig. Ein Kunde geht in Konkurs oder zahlt seine Rechnungen nicht – das kann möglicherweise einer der ganz wenigen Kunden eines Kleinbetriebes sein –, der Unter­nehmer legt die Rechnung und muss sofort die Umsatzsteuer und im nächsten Jahr die Körperschaftsteuer für diese Rechnung abführen, obwohl er keinen Euro an Einnah­men zu verbuchen hat. Das bringt viele Kleinbetriebe oder Einpersonengesellschaften in Bedrängnis.

Das wäre neben einer Aussetzung – das kann man nur auf EU-Ebene machen, aber auch da fehlen mir die Initiativen der Basel II-Bestimmungen – eine wichtige Maßnah­me zumindest zu einer vorübergehenden Entlastung der Kleinbetriebe.

Ich ersuche Sie, sich auch damit noch intensiver zu beschäftigen. (Beifall beim BZÖ.)

14.03


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Matznetter zu Wort gemeldet. Ich verweise auf die einschlägigen Be­stimmungen der Geschäftsordnung. – Bitte.

 


14.04.04

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Scheibner hat ausgeführt, dass eine GmbH, wenn der Rechnungsempfänger in Kon­kurs gegangen ist, dennoch im nächsten Jahr die Körperschaftsteuer dafür bezahlen muss.

Ich berichtige tatsächlich: So schlimm ist es nicht. Er kann natürlich sofort die Wertbe­richtigung einstellen, sobald das Konkursverfahren eröffnet wurde. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.04

14.04.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 484 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf in dritter Le­sung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist ein­stimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

14.05.1910. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (483 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, die Notariatsordnung, das Ausbil­dungs- und Berufsprüfungs-Anrechnungsgesetz, das Berufsrechts-Änderungs­gesetz 2008, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwär­ter, das Gerichtskommissärsgesetz, das Gerichtsorganisationsgesetz, das Nota­riatstarifgesetz und das Rechtsanwaltstarifgesetz geändert werden (Berufsrechts-Änderungsgesetz 2010 – BRÄG 2010) (567 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 120

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer. Eingestellte Redezeit: 2 Minu­ten. – Bitte.

 


14.05.45

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesmi­nister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es liegt hier eine Einvernehmensmaterie vor, das Berufsrechts-Änderungsgesetz. In verschiedenen Berufsrechten sind Änderungen vorgesehen, unter anderem auch in der Rechtsanwaltsordnung, auf die ich mich jetzt im Folgenden beziehe.

Es sind im Gesetz jetzt auch gewisse Treuhandregelungen für die Übernahme von Treuhandschaften und deren Absicherungen verpflichtend integriert. Ich möchte aber, weil das im Ausschuss thematisiert wurde, darauf hinweisen, dass das auch schon bis­her in den Standesrechten der einzelnen Rechtsanwaltskammern so vorgesehen war und nur durch die Aufhebung eines entsprechenden Passus durch den Verfassungsge­richtshof jetzt eine gesetzliche Grundlage zu schaffen ist. Das tun wir hiermit. Aber es ist nicht so, wie das im Justizausschuss kurz angeklungen ist, dass bisher keinerlei Vorkehrungen getroffen wurden, sondern es waren auch jetzt schon von den einzelnen Rechtsanwaltskammern entsprechende Vorkehrungen vorgesehen, um eine Absiche­rung für Treuhandgelder zu schaffen.

Daher ist es ein gutes Gesetz, eine Grundlage für die Sicherheit der Klienten, für die Sicherheit der Konsumentinnen und Konsumenten.

Der zweite Punkt, den ich erwähnen möchte, ist, dass jetzt Konzipienten, also Rechts­anwaltsanwärter, auch als Mitglieder mit gewissen Rechten und Verpflichtungen in den Rechtsanwaltskammern aufgenommen sind.

Das sind die beiden Materien. Ich darf um Ihre Zustimmung bitten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.07


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kö­fer. Eingestellte Redezeit: 1 Minute. – Bitte.

 


14.07.28

Abgeordneter Gerhard Köfer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ein Punkt bei dem heute zu beschließenden Berufsrechts-Änderungsgesetz betrifft den Status der künftigen Rechtsanwälte. Sie sollen erstmals in die Kammermitgliedschaft einbezogen werden. Selbst wenn es aus Kreisen von arrivierten Rechtsanwälten Stim­men geben mag, die das nicht wollen oder dem nur wenig abgewinnen können, ist es dennoch zu begrüßen. Durch dieses Gesetz gibt es nun auch eine ordentliche Stan­desvertretung, die sich in Zukunft hoffentlich für die beruflichen Interessen dieser Per­sonengruppe starkmacht.

Besonders erwähnenswert erscheint mir aber auch, dass mit dem heute zu beschlie­ßenden Gesetz die von einem Rechtsanwalt im Zusammenhang mit einer von ihm übernommenen Treuhandschaft einzuhaltenden Pflichten nunmehr auch gesetzlich ge­regelt werden. Dies erfolgt über die betreffende Treuhandschaft. Das ist zu begrüßen, denn schließlich lässt das auch einen positiven Effekt auf den Wirtschaftsstandort Ös­terreich erwarten beziehungsweise erhoffen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Scheib­ner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 121

14.09.03

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Wir können es kurz ma­chen, denn es ist eine Konsensmaterie. Wir sind grundsätzlich immer sehr skeptisch, wenn es um die Pflichtmitgliedschaft in Kammern geht. Bei der Rechtsanwaltskammer handelt es sich um eine Institution, die durchaus sinnvoll ist, gut arbeitet und wichtig für die Vertretung ihrer Mitglieder ist. Mit ihrer Disziplinarordnung, mit den entsprechenden sozialversicherungsrechtlichen Maßnahmen ist es sinnvoll, die Rechtsanwaltsanwärter in dieses Recht mit einzubeziehen. Deshalb werden wir dieser Vorlage zustimmen.

Möglicherweise ergibt sich eine Problematik, die man sich noch genauer ansehen muss, wenn diese Rechtsanwaltsanwärter nicht den Anwaltsberuf ergreifen, sondern in die Privatwirtschaft wechseln, aber grundsätzlich sehen wir diese Vorlage positiv. (Bei­fall beim BZÖ.)

14.09

14.10.01

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 483 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

14.10.5811. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (487 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozess­ordnung, das Jugendgerichtsgesetz 1988 und das Strafregistergesetz geändert werden (568 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 84/A(E) der Abgeordneten Ha­rald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erfassung ansteckender Krankheiten von Haftinsassen (569 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 90/A(E) der Abgeordneten Ha­rald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verlässlichkeitsüberprüfung muslimischer Seelsorger in Justizanstalten (570 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 535/A(E) der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Arbeitspflicht gemäß § 44 StVG (571 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 122

15. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 694/A(E) der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einsatz von Diensthun­den in Justizanstalten (572 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 561/A(E) der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend wirksame Maßnahmen zum Schutz gegen Kinderschänder und Sexualstraftäter (573 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen nun zu den Punkten 11 bis 16 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Vilimsky. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 1 Mi­nute. – Bitte.

 


14.12.49

Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie um wohlwollende Behandlung von zwei Anträgen ersuchen, die im Rahmen von Besuchen österreichischer Justizanstalten und in Gesprächen mit Justizwachebeamten entstanden sind, wobei sich zwei Dinge als besonders wichtig für die Wachebeamten herauskristallisiert haben:

Das Erste ist die Erfassung ansteckender Krankheiten von Haftinsassen. Ich darf Sie an das Jahr 2004 erinnern – eine tragische Sache –, in dem ein Haftinsasse mit HIV-Infektion mit einem Messer Justizwachebeamte angegriffen hat. Acht Personen sind dabei verletzt worden – mit dem Verdacht auf eine Infektion. Zum Schutz der heimi­schen Justizwachebeamten wäre es eine sehr gute Vorgangsweise, ansteckende, ge­fährliche Krankheiten so zu erfassen, dass Justizwachebeamte sich im Umgang mit den Gefangenen darauf einstellen können.

Der zweite Antrag betrifft die Verlässlichkeitsüberprüfung muslimischer Seelsorger in Justizanstalten. Dass es im Rahmen von Predigten in diesem Bereich zu Problemen kommt, wissen wir nicht zuletzt aus Berichten des heimischen Bundesamtes für Ver­fassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Die Predigten in den Haftanstalten sind ohne Observation, ohne Kontrolle, es gibt keine Verlässlichkeitsprüfung.

Der Antrag zielt darauf ab, diese Verlässlichkeitsprüfung durchzuführen. Ich glaube, das Ergebnis der Freiheitlichen in den heimischen Haftanstalten bei der Personalver­tretungswahl zeigt, dass wir die Anliegen der Justizwachebeamten richtig vertreten. Es wäre nicht schlecht, wenn Sie sich dem anschließen könnten. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.14


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Donnerbauer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.14.36

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesmi­nister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ganz kurz zu meinem Vorredner: Was die Er­fassung ansteckender Krankheiten von Haftinsassen betrifft, wissen Sie, dass dem da­tenschutzrechtliche Probleme entgegenstehen. Die kann man mit einem Entschlie­ßungsantrag nicht lösen, aber ich glaube, wichtig ist, dass man die Diskussion weiter-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 123

führt. Die Frau Justizministerin wird sicherlich Vorkehrungen treffen – ebenso bei der Frage der Verlässlichkeit – beziehungsweise entsprechende Maßnahmen prüfen und allenfalls auch umsetzen.

Was in diesem gesamten Paket an verschiedenen Änderungen des Strafvollzugsgeset­zes und des Strafgesetzbuches auch enthalten ist, ist eine Änderung im Bereich des Betrugsvorwurfs, der auf verschiedene Dopingvorfälle der letzten Jahre Bezug nimmt beziehungsweise auf diese reagiert, auch in Übereinstimmung mit einer Entschließung im Sportausschuss, in der ganz klar mit Stimmenmehrheit festgehalten wurde, dass man die Selbstgefährdung und die Selbstverletzung nicht strafrechtlich ahnden soll und will. Da sind andere Maßnahmen notwendig, auch sportrechtlicher oder disziplinärer Natur.

Worum es aber geht – und das beschließen wir mit diesem Gesetz meiner Meinung nach zu Recht –, ist, mit einer entsprechenden Klarstellung einen eigenen Spezialtat­bestand des Sportbetrugs einzuführen, gegen ein Verhalten, das wahrscheinlich auch jetzt schon strafbar ist, nämlich dass durch Doping vor allem im Bereich des Profisports eine Leistungsfähigkeit vorgetäuscht wird, die in Wirklichkeit ohne diese verbotenen Substanzen nicht bestünde.

Ich halte es grundsätzlich für sinnvoll, dass wir eine eigene Bestimmung beschließen, weil es tatsächlich so ist, dass Sportler – vor allem Profisportler – gegen Entgelt für Werbeeinnahmen tätig sind und nicht nur ihre Mitbewerber täuschen, sondern auch die Sponsoren, die Öffentlichkeit und die Sportveranstalter, und sich unrechtmäßig berei­chern. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.17


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Strutz. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.17.12

Abgeordneter Dr. Martin Strutz (BZÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Justizmi­nisterin! Wir beschließen heute eine Regierungsvorlage, die neue Tatbestände wie den Dopingbetrug im Strafgesetzbuch definiert beziehungsweise schafft. Wir vonseiten des BZÖ begrüßen das.

Ich glaube, gerade die vergangenen Jahre und die Präzedenzfälle – ob im Radsport oder in Extremsportarten – haben gezeigt, dass diese Vergehen nicht auf die leichte Schulter genommen werden können.

Es geht nicht nur um einen finanziellen Betrug, der am Sport begangen wird, sondern es geht in Wirklichkeit um ein Schlechterstellen des gesamten Breitensports. Es gibt Sportarten, die durch einzelne schwarze Schafe – möchte ich einmal sagen –, ob im Radsport, ob im Triathlonsport, in Misskredit gezogen worden sind. Es bedarf großer Aufwendungen, um der Öffentlichkeit klarzumachen, dass diese Leistungen auch ohne Einnahme von Medikamenten oder verbotenen Stoffen erzielt werden können – ganz abgesehen davon, dass insbesondere in Bezug auf die Jugend von wirklich negativen Auswirkungen gesprochen werden muss.

Was meines Erachtens zu hinterfragen ist, sind die Regelungen im Zusammenhang mit Dopingbetrug. Bei einem Betrugsdelikt muss es ja auch zu finanziellen Schädigungs­absichten kommen. Es betrifft gerade im Breitensport – ich möchte die Triathlonveran­staltungen nennen – einfach alle Sportler, die geschädigt sind, weil sie Qualifikationen für andere Rennen nicht erreichen können – ich war selbst einmal davon betroffen –, wenn Personen diese verbotenen Substanzen einnehmen oder sie verbreiten, was noch schlimmer ist, und damit Gewinn machen. Deshalb wird die Einführung dieses Tatbestandes von uns begrüßt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 124

Mit Bedauern müssen wir die Tatsache zur Kenntnis nehmen, dass es betreffend wirk­same Bekämpfung von Kinderschändern und Sexualstraftätern zu keinen Verschärfun­gen im Strafgesetzbuch kommt, wie wir das im Ausschuss durch Anträge verlangt ha­ben.

Gerade im Lichte der Tatsache, dass speziell Kinder als Opfer sexueller Gewalt unter Umständen ein ganzes Leben lang unter den damit verbundenen Traumatisierungen und Folgen leiden, vertreten wir den Standpunkt, dass eine Verschärfung der Bestim­mungen im Sexualstrafrecht sowie eine Erweiterung auch des Maßnahmenkataloges zur Prävention von Wiederholungsfällen im Interesse der Schwächsten unserer Gesell­schaft, nämlich der Kinder, unumgänglich sind. (Beifall beim BZÖ.)

Wir haben leider im Justizausschuss keine Unterstützung für unseren Antrag bekom­men. Ich appelliere daher an Sie, Frau Justizministerin, als Frau, als Mutter – weiß ich nicht, vielleicht werden Sie es einmal sein – einfach daran zu denken, dass die Kinder in unserer Gesellschaft keine Stimme haben. Auch angesichts der Zunahme vor allem der sexuellen Übergriffe auf Kinder, auch in der Familie, glaube ich, dass es eine einzi­ge Maßnahme gibt, und die heißt Abschreckung – Abschreckung und Information. Das heißt, wir treten dafür ein ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.– Herr Kollege, auf welcher Seite stehen Sie?! Auf der Seite der Opfer, auf der Seite von minderjährigen Kindern – oder wollen Sie noch weiter nach unten novellieren? (Ruf bei den Grünen: Nivellieren!) – Das ist nicht unser Weg. (Beifall beim BZÖ.)

Unser Weg heißt: mehr Information! Mehr Information, das heißt, auch an die Öffent­lichkeit! Wir möchten darüber informiert werden, wann beispielsweise ein Straftäter wieder freigesetzt wird. Eltern haben ein Recht, zu erfahren – im Umkreis von Schulen, im Umkreis von Kindergärten –, wenn sich solche Herrschaften wieder herumtreiben. Zumindest diese Information der Öffentlichkeit ist vorzunehmen. Wir stehen aufseiten der Opfer und nicht aufseiten der Täter, hinsichtlich derer der Datenschutz und andere Argumente vorgebracht werden.

Im Zusammenhang mit Wiederholungsfällen ist es auch wichtig, dieser Informations­pflicht nachzukommen, weil wir gesehen haben – und die Frau Justizministerin braucht nur auf die Statistik zurückzugreifen –, dass Sexualstraftäter oft auch zu Wiederho­lungstätern werden.

Das beste Mittel, um das zu verhindern, ist aus unserer Sicht eine Anhebung der Stra­fen, die vorzusehen sind. Ich appelliere an Sie, Frau Justizminister, in einer zukünftigen Novelle einfach die Kinder und die Opfer im Vordergrund Ihrer Interessen zu sehen und nicht immer die Täter. (Beifall beim BZÖ.)

14.22


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pendl. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


14.23.04

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine ge­schätzten Damen und Herren! Hohes Haus! In aller Kürze: Ich glaube, es gibt allein im Strafvollzugsgesetz eine ganze Reihe von zeitgemäßen Veränderungen, Verbesserun­gen. Es ist meiner Meinung nach auch wichtig, dass die Justizwache im § 13a veran­kert worden ist.

Ich möchte aber die Gelegenheit wahrnehmen – schade, dass Kollege Donnerbauer jetzt nicht im Saal anwesend ist –, auch zu unterstreichen, was Kollege Vilimsky über die beiden Anträge gesagt hat. Ich glaube, wir sollten uns dieser Thematik wirklich an­nehmen. Das ist eine ernste Geschichte. Vielleicht können wir das, Frau Ministerin, in


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 125

einer der nächsten Sitzungen des Justizausschusses wirklich sachlich diskutieren. Ich glaube, die Kollegenschaft in den Justizanstalten ist sicher sehr interessiert daran, dass wir diese Fragen lösen.

Ich möchte aber auch eine Bitte an Sie, Frau Bundesministerin, richten – beziehungs­weise richte ich sie gleich an die gesamte Bundesregierung: So wichtig zeitgemäße le­gistische Maßnahmen sind, so wichtig ist es auch, dass wir uns organisatorisch und personell dementsprechend aufstellen. Die Population ist eine sehr schwierige, wir wis­sen das, und sie wird immer schwieriger. Daher werden wir uns gemeinsam bemühen, auch hier Vorsorge zu treffen, damit der Dienst in den Anstalten, der ein sehr schwerer ist, im Interesse des Staates, aber vor allem der Bürgerinnen und Bürger auch dement­sprechend geleistet werden kann.

Ich möchte mich abschließend bei dieser Gelegenheit bei Ihnen, Frau Ministerin, bei Ihren Beamtinnen und Beamten, aber vor allem auch bei den Kolleginnen und Kollegen der Justizwache für ihren schweren Dienst sehr herzlich bedanken und wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

14.24


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lausch. 4 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


14.24.59

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Ich nehme einmal zu meinem ersten Antrag Stellung: ein leidi­ges Thema, es geht um den Einsatz von Diensthunden in Justizanstalten.

Ja, Sie lächeln, Frau Bundesministerin – ich finde es nicht so lustig. Ich denke, man kann nicht wegleugnen, dass es in Justizanstalten ein Drogenproblem gibt, dass es drogenabhängige Insassen gibt. Ich pflichte Ihnen natürlich bei, wenn Sie in Ihrer Be­antwortung meiner an Sie gerichteten Anfrage sagen, der Außenkontakt der Insassen kann nicht fallengelassen werden, ohne die Vollzugsziele aufzugeben. Da stimme ich Ihnen voll und ganz zu. Aber das macht es natürlich wieder deutlich: Wenn Insassen, drogenabhängige Insassen die Haftanstalt verlassen, dann werden meist Gegenstän­de, verbotene Gegenstände und auch Drogen, in die Justizanstalt eingebracht. Das macht die Arbeit der Justizwachebeamten und -beamtinnen um nichts leichter – im Ge­genteil, viel schwerer.

Was ich sehr bedauere, Frau Bundesministerin, ist der bei Ihnen festgestellte Sinnes­wandel. Ich habe nämlich im April dieses Jahres ebenfalls eine Rede gehalten, in der es darum gegangen ist, dass der Diensthund bald – mit Mai – in Pension geht, und da haben Sie zu mir, also hier in Richtung Rednerpult, gesagt, Sie wollen den Diensthund beibehalten.

Da habe ich mir gedacht: Schau, das ist eine gute Sache! Mit der Frau Bundesminis­terin kann man da schon etwas machen! (Abg. Mag. Molterer: Wie hoch ist die Pen­sion von dem Diensthund?) – Aber siehe da, Sie hatten dann einen extremen Sinnes­wandel und sind jetzt eigentlich ein totaler Gegner des Drogensuchhundes! Das verste­he ich nicht ganz. Sie schwenken da von Ihrer überparteilichen Schiene total zur ÖVP über. (Abg. Mag. Molterer: Da ist sie gut aufgehoben!) Die ÖVP kann mit einem Dro­genhund in Justizanstalten nichts anfangen. (Abg. Mag. Molterer: Die sind aber in Pension!) Das haben mehrere Presseaussendungen des Justizsprechers und des Si­cherheitssprechers der ÖVP bewiesen. Sie kann damit in keiner Weise etwas anfan­gen. Ich muss Ihnen wirklich sagen, meine Damen und Herren: Der Sicherheitsspre­cher und der Justizsprecher haben – das haben die Presseaussendungen nämlich sehr deutlich gezeigt – keine Ahnung, wovon sie da schreiben. (Abg. Mag. Molterer: Ist der Diensthund in Frühpension gegangen oder mit der Hacklerregelung? – Hackler­regelung!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 126

Schade, dass die SPÖ – Otto Pendl ist ja selbst Justizwachebeamter – keine Meinung dazu hat. Zumindest hatte ich das Gefühl, auch im Justizausschuss, dass die SPÖ kei­nerlei Meinung dazu hat und einfach die Meinung der ÖVP – wie schon in so vielen Dingen – übernimmt. (Abg. Grillitsch: Wo nehmen Sie das her?)

Das ist wirklich schade! Da hilft es auch nicht, wenn sich Kollege Pendl ständig bei den Kolleginnen und Kollegen für ihren schweren Dienst bedankt – das ist zwar löblich, da­rin pflichte ich ihm bei, aber davon haben die Beamtinnen und Beamten sehr wenig, wenn man sich hier herstellt und sich ständig bedankt (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ) und ständig den Bundesministern zu ihrer guten Arbeit gratuliert. Das kann es nicht sein. Was die Beamten brauchen, das ist jegliche Unterstützung, wenn es um die­se Form der Kriminalität, nämlich das Einbringen von Drogen in Justizanstalten, geht.

Frau Bundesministerin, Sie haben ja im Justizausschuss gesagt: Eigentlich sind wir schön raus, denn der Diensthundeführer – der einzige, den es gegeben hat – hat ja seinen Hund zurückgezogen. – Das kann man so nicht ganz stehen lassen. Das ist na­türlich wieder einmal nur die halbe Wahrheit. Und nebenbei sei bemerkt: Die Polizei, das Innenministerium würde nie darüber diskutieren, ihre Diensthunde einzustellen oder von diesen abzugehen. Das kostet Planstellen, das kostet Geld – das ist nun ein­mal so, gar keine Frage.

Wenn Sie im Justizausschuss ganz eindeutig sagen: Wir werden keinen Diensthund und keinen Hundeführer beschäftigen, denn das kostet ja Geld, und das haben wir gar nicht, das haben wir auch nicht so budgetiert, aber bei der Polizei ist es ja gratis!, dann muss ich dem entgegenhalten – ich habe es Ihnen ohnedies im Justizausschuss schon gesagt –: Das stimmt natürlich so nicht, denn das sind Ressourcen des Innenministe­riums. Es ist genauso Steuergeld und es ist genauso Geld, das hier in die Hand ge­nommen wird. Natürlich kostet so etwas Geld, da pflichte ich Ihnen schon bei.

Warum der Diensthundeführer dann nach dem Probeprojekt den Diensthund zurückge­zogen hat und mehr oder weniger darauf gepfiffen hat, das kann ich Ihnen schon sa­gen (Abg. Mag. Molterer: Weil der Diensthund in Pension gegangen ist! – Ruf bei der ÖVP: Nach der Hacklerregelung!): Ihm wurde ja vonseiten der Vollzugsdirektion das Leben sehr schwer gemacht. Man darf nicht vergessen – ich erwähne nur einen Punkt –: In diesem Projektzeitraum stand kein Kfz zur Verfügung. Er musste das eige­ne Kfz verwenden und 20 Prozent der Einsätze mit dem privaten Pkw durchführen. Es wurden dann auch die versprochenen Berichte eigentlich nicht abgeliefert. Er hat im­mer versucht, Schulungen mit der Polizei zu machen – das wurde ihm großteils abge­lehnt, weil, so hieß es, kein Personal dafür da sei. (Abg. Mag. Molterer – in Richtung des Abg. Pendl –: Otto, ist der Diensthund mit der Hacklerregelung in Pension gegan­gen? – Heiterkeit des Abg. Pendl.)

Gut. Wie gesagt, Sie sind nicht für den Diensthund, Sie haben diesen Sinneswandel gemacht. Im April 2009 waren Sie es noch. Das ist natürlich sehr enttäuschend.

Was ich noch zu meinem zweiten Antrag sagen möchte, und zwar betreffend Arbeits­pflicht gemäß § 44 StVG: Frau Bundesministerin, Sie wissen ja ganz genau, dass zirka 30 bis 40 Prozent der Insassen von Österreichs Justizanstalten nicht beschäftigt wer­den können. Es ist jetzt einfach so, dass man sagt – so steht es ja im Gesetz –: Wenn er arbeitswillig ist, und es kann ihm keine Arbeit zur Verfügung gestellt werden, dann bekommt dieser Insasse Geld.

Ich habe mir da ein paar Zahlen herausgeschrieben, und die sind recht interessant, muss ich sagen: In der JA Wien-Josefstadt, der größten JA Österreichs, waren im Mo­nat November 2009 439 Insassen zum Schein arbeitswillig, jedoch unbeschäftigt, und erhielten je 33,60 € im Monat. – Wenn man das hochrechnet, sind das für diese eine Justizanstalt für das eine Monat 14 750 €. Wenn wir da jetzt überschlagsmäßig davon


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 127

ausgehen, dass 40 Prozent sich als arbeitswillig darstellen, aber natürlich in Wirklich­keit gar nicht arbeitswillig sind, nichts leisten für die Organisation, aber trotzdem kas­sieren, dann sind es ungefähr 720 000 € im Jahr, die da allein durch dieses Gesetz vergurkt, sage ich einmal, werden. Das wären nach meinen Berechnungen locker und leicht drei Diensthunde, drei Diensthundeführer – und damit hätten wir eigentlich gute Strukturen.

Darauf will ich einfach nur hinweisen, dass in Ihrem Ministerium natürlich sehr wohl Geld verschleudert wird und Geld falsch ausgegeben wird. Und, wie gesagt, der Sin­neswandel bei Ihnen ist wirklich sehr, sehr ... (Abg. Amon: Also bitte! Das nehmen Sie jetzt aber zurück! „Geld wird verschleudert“ – was ist denn das für ein Ausdruck?) – Ja, ja, ist schon in Ordnung. Es ist ja so! (Abg. Amon: Das ist ja unglaublich!) Schauen Sie, besuchen Sie einmal eine Justizanstalt: Sie werden es sehen! Machen Sie es so wie der Kollege Vilimsky (Abg. Amon: Nein, so wie der Kollege Vilimsky mach’ ich es sicher nicht! Ich mach’ es so, wie ich ...!), machen Sie es so wie ich: Besuchen Sie Jus­tizanstalten! Dann werden Sie mehr wissen.

Wie gesagt, mir tut dieser Sinneswandel Ihrerseits sehr leid – aber bitte. Ich finde es auch schade, dass Sie mir nicht ermöglicht haben, ein Vier-Augen-Gespräch mit Ihnen zu führen – meine diesbezüglichen Bemühungen haben bis jetzt nicht gefruchtet, muss ich offen und ehrlich sagen. Ihr Kabinett hat mir mitgeteilt, Sie haben keine Zeit, Ihr Zeitplan ist sehr angespannt. – Sie haben die Zeit halt verwendet, die KdEÖ, die ÖVP-nahen Personalvertreter in der PV-Wahl zu unterstützen. (Hallo-Ruf bei der ÖVP. – Abg. Amon: So geht es auch wieder nicht!) Gebracht hat es eigentlich wenig, aber gut. Sachthemen wären halt wichtiger, denke ich mir. – Danke. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Wie war das jetzt?)

14.32


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Stein­hauser. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.32.47

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Nachdem der Kollege Lausch in seiner Stellungnahme offensichtlich „auf den Hund ge­kommen“ ist, möchte ich mich wieder dem Schwerpunkt dieses Gesetzes widmen, und das ist die Frage der Opferrechte. (Abg. Lausch: Dass die Grünen mit Sicherheit nichts anfangen, das ist nicht überraschend!) Das hat nämlich heute noch überhaupt kein Redner und keine Rednerin hier erwähnt, dass mit diesem Gesetz, zumindest punktuell – die Frau Ministerin hätte es wahrscheinlich noch ausgeführt –, die Opfer­rechte ausgeweitet werden.

Es sollen nämlich künftig Opfer von Gewalttaten über den ersten unbewachten Aus­gang aus dem Gefängnis oder die Entlassung informiert werden. Das ist ein guter und wichtiger Schritt. Aber, Frau Bundesministerin, das ist zu wenig. Sie wissen es selbst – ich nehme an, die Opferorganisation Weißer Ring hat auch Sie kontaktiert –, das geht in Wirklichkeit viel zu wenig weit. Der Kreis der Opfer, die informiert werden müssten, müsste ausgedehnt werden.

Es gibt ein Beispiel, das das sehr gut zeigt und das ich Ihnen nicht vorenthalten will: Die Schwester einer ermordeten Frau hat sich eben an den Weißen Ring gewendet, und der Verurteilte, der in Österreich eingesessen ist, hat versucht, aus dem Gefängnis brieflich und telefonisch Kontakt mit ihr aufzunehmen. Der Weiße Ring hat sich dann an die Anstaltsleitung gewandt, die wieder den Schriftverkehr unterbunden hat. Mehr konnte aber der Weiße Ring dem Opfer nicht sagen. Er konnte es nur insoweit beruhi­gen, als aufgrund der Schwere der Straftat die Dame informiert werden konnte, dass nicht mit einer Entlassung und nicht mit Freigängen zu rechnen ist.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 128

Allein die Tatsache, dass diese Betroffene, die Schwester der Ermordeten, nicht wuss­te, wann der Täter aus der Haft entlassen wird, hat dazu geführt, dass sie überhaupt nicht zur Ruhe gekommen ist, dass aber an Psychotherapie als mittelbare Betroffene nur schwer zu denken war.

Dieses Beispiel zeigt Folgendes: Der Kreis der Opfer, die informiert werden müssten, gehört ausgeweitet, einerseits auf Angehörige und andererseits auf nicht verwandte Zeugen. Ich habe das im Justizausschuss angesprochen und habe eigentlich ange­nommen, dass man bis zum Plenum ernsthaft darüber nachdenkt, den Opferkreis zu erweitern. Ich bedauere, dass das nicht passiert ist und dass das hier nicht einmal ein Thema war.

Und, Frau Bundesministerin, ich kann Ihnen auch nicht ersparen, dass ich mit den Be­gründungen, warum es dazu kommt, unzufrieden bin. Die Begründung ist, und das ist schon ein Standardsatz – ich nehme an, da müssen Ihnen die MitarbeiterInnen gar kei­nen Zettel mehr reichen, sondern das ist quasi ein Standardblatt, das Sie hier liegen haben –: Das ist von unserem Justizbudget nicht abgedeckt, das müssen wir aus Kos­tengründen ablehnen.

Ich erinnere an den Kinderbeistand – jetzt haben wir das wieder. Das ist ständig im Zentrum der justizpolitischen Debatte! Offensichtlich ist das eine justizpolitische Man­gelwirtschaft, die wir hier führen müssen, wenn wichtige Opferrechte im Gesetz nicht umgesetzt werden können, weil es kein Geld gibt.

Nur: Das ist inakzeptabel, das ist schlicht inakzeptabel! Die Opfer werden gerne im Mund geführt, denn damit lässt sich natürlich gut Politik machen, aber wenn es etwas kostet, dann sind die Opferrechte schnell vergessen. Und das halte ich für untragbar.

Daher stellen wir den Abänderungsantrag der Abgeordneten Steinhauser, Freundin­nen und Freunde, der genau die Erweiterung dieses Opferkreises, wie ich ihn beschrie­ben habe, zum Inhalt hat.

Ich mache mir keine Illusion und mir ist klar, dass das heute nicht angenommen wird, aber wir sollten ernsthaft darüber nachdenken. Da geht es um Schicksale, und da kann man wirklich etwas bewegen. Abseits der Schlagzeilen ist das für die Betroffenen eine wirkliche Erleichterung. – Danke. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege Steinhauser, Sie müssen den Antrag auch vorlesen, wenn Sie ihn einbringen wollen! (Abg. Mag. Steinhauser: Ich hab’ an­genommen, dass er lang genug ist, damit er nicht verlesen wird! – Abg. Amon: Aber nur, wenn er verteilt wird! Dann muss er verteilt werden!)

Wir werden eine Verteilung in dieser kurzen Zeit nicht mehr auf die Reihe bekommen. Es sind nur noch wenige Redner. Darf ich Sie bitten, den Antrag ganz schnell vorzule­sen, dann haben wir der Geschäftsordnung Genüge getan. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (fortsetzend): Also, es wird der Antrag ge­stellt, Folgendes zu beschließen:

1. Artikel II Ziffer 20 wird wie folgt geändert und lautet:

20. Dem § 149 wird folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) Soweit ein in § 70 Abs. 1 StPO genanntes Opfer, ein/e ZeugIn bzw. ein/e Anzei­gerIn dies beantragt haben, sind sie unverzüglich vom ersten unbewachten Verlassen und der bevorstehenden oder erfolgten Entlassung des Strafgefangenen zu verständi­gen. Die Verständigung hat der Anstaltsleiter zu veranlassen.“

2. Artikel III Ziffer 3 wird wie folgt geändert und lautet:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 129

3. § 70 Abs 1 wird folgender Satz angefügt:

„Opfer von Gewalt in Wohnungen (§ 38a SPG), Opfer gemäß § 65 Z 1 lit. a und b StPO und Opfer, zu deren Schutz eine einstweilige Verfügung gemäß den §§ 382b, 382e oder 382g EO erlassen wurde sowie andere Opfer, ZeugInnen oder AnzeigerInnen, bei denen anzunehmen ist, dass der Verurteilte sie wegen der Anzeigeerstattung oder we-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 130

gen ihres Verhaltens im Strafprozess nach seiner Entlassung aufsuchen werde, sind überdies spätestens im Zeitpunkt ihrer Vernehmung im Sinne des § 177 Abs 5 sowie darüber zu informieren, dass sie berechtigt sind, auf Antrag unverzüglich vom ersten vom unbewachten Verlassen der Anstalt oder von der bevorstehenden oder erfolgten Entlassung des Strafgefangenen verständigt zu werden (§ 149 Abs. 5 StVG) .“

*****

Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.38


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

gemäß § 53 Abs 3 GOG-NR

der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde,

zum Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozessordnung, das Ju­gendgerichtsgesetz 1988 und das Strafregistergesetz geändert werden (487 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozessordnung, das Jugendgerichtsgesetz 1988 und das Strafregistergesetz geändert werden (487 d.B.) in der Fassung des Berichtes des Justizausschusses (568 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. Artikel II Ziffer 20 wird wie folgt geändert und lautet:

20. Dem § 149 wird folgender Abs. 5 angefügt:

"(5) Soweit ein in § 70 Abs 1 StPO genanntes Opfer, ein/e ZeugIn bzw. ein/e Anzei­gerIn dies beantragt haben, sind sie unverzüglich vom ersten unbewachten Verlassen und der bevorstehenden oder erfolgten Entlassung des Strafgefangenen zu verstän­digen. Die Verständigung hat der Anstaltsleiter zu veranlassen. "

2. Artikel III Ziffer 3 wird wie folgt geändert und lautet:

3. § 70 Abs 1 wird folgender Satz angefügt:

„Opfer von Gewalt in Wohnungen (§ 38a SPG), Opfer gemäß § 65 Z 1 lit. a und b StPO und Opfer, zu deren Schutz eine einstweilige Verfügung gemäß den §§ 382b, 382e oder 382g EO erlassen wurde sowie andere Opfer, ZeugInnen oder AnzeigerInnen, bei denen anzunehmen ist, dass der Verurteilte sie wegen der Anzeigeerstattung oder we­gen ihres Verhaltens im Strafprozess nach seiner Entlassung aufsuchen werde, sind überdies spätestens im Zeitpunkt ihrer Vernehmung im Sinne des § 177 Abs 5. sowie darüber zu informieren; dass sie berechtigt sind, auf Antrag unverzüglich vom ersten vom unbewachten Verlassen der Anstalt oder von der bevorstehenden oder erfolgten Entlassung des Strafgefangenen verständigt zu werden (§ 149 Abs. 5 StVG) .“

Begründung

Es wird auf die Stellungnahme des Weißen Rings vom 9. November 2009 zum Ministe­rialentwurf verwiesen:

„Eine Einschränkung auf die Opfer von Gewalt in Wohnungen (§ 38a SPG) und Opfer gemäß § 65 Z 1 lit. a StPO ist jedenfalls zu eng. Die Praxis zeigt, dass immer wieder Opfer an die Opferhilfeeinrichtungen herantreten die nicht in den genannten Kreis der Opfer gehören, aber berechtigterweise große Ängste haben, dass der auf freien Fuß gesetzte Täter mit ihnen wieder Kontakt aufnehmen werde oder sie zumindest völlig unvermutet mit ihm zusammentreffen werden. Das betrifft insbesondere Verwandte von getöteten Opfern aber auch seinerzeitigen AnzeigerInnen und ZeugInnen der Tat.

Vor einiger Zeit hat sich die Schwester einer ermordeten Frau an den Weissen Ring gewandt, weil der verurteilte und in einer österreichischen Justizanstalt einsitzende Tä­ter mit ihr brieflichen und telefonischen Kontakt aufgenommen hat. Über Intervention des Weissen Rings wurde vonseiten der Anstaltsleitung der Schriftverkehr des Strafge­fangenen mit der Schwester des Opfers zwar eingeschränkt, die Anstalt konnte al­lerdings nicht verhindern, dass der Strafgefangene unrechtmäßig zu einem Handy kam und weiterhin telefonisch die Schwester des Opfers belästigte. Wir konnten das Opfer nur insoweit beruhigen, als nach Auskunft der Justizanstalt eine bedingte Entlassung des Täters in nächster Zeit nicht zu erwarten war und ihm auch wegen der Schwere der Tat vorläufig kein Ausgang oder Freigang gewährt werde.

Dem Weissen Ring sind eine Reihe von Fällen bekannt, in dem seinerzeitige Zeugen der Tat große Ängste vor einer Retorsion seitens des verurteilten Täters haben und deshalb auch vom Weissen Ring psychologisch betreut werden müssen. Aus den ge­nannten Gründen ist eine Ausdehnung des Kreises der Opfer, die zu verständigen sind zumindest einmal auf den Kreis der Opfer nach § 65 Z 1 lit. b StPO dringend geboten.

Darüber hinaus scheint es notwendig, auch anderen Opfern, ZeugInnen bzw. Anzei­gerInnen ein Informationsrecht einzuräumen, wenn anzunehmen ist, dass der Verurteil­te sie wegen der Anzeigeerstattung oder wegen ihres Verhaltens im Strafprozess nach seiner Entlassung aufsuchen werde.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Bundesministerin Mag. Ban­dion-Ortner. – Bitte.

 


14.38.46

Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte einen Teil des gegenständlichen Paketes herausgreifen, und zwar das Thema Doping.

Wie Sie alle wissen, leisten die österreichischen Sportler wirklich Hervorragendes, sie sind unsere Idole, und deswegen ist es so wichtig, dass wir die ehrlichen Sportler vor den unehrlichen Konkurrenten schützen. Um ein Signal zu setzen, wurde der beste­hende Betrugstatbestand um eine Qualifikation angereichert. Es ist also, wie gesagt, eine Qualifikation des bereits bestehenden Betrugstatbestandes, das heißt, es muss


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 131

vorliegen: ein Bereicherungsvorsatz, ein Täuschungsvorsatz, ein Vermögensschädi­gungsvorsatz. – Das Dopen alleine, der Eigenkonsum alleine ist wie bisher vom Sport­recht zu ahnden, und das Sportrecht wurde ja vom Kollegen Darabos auch enorm ver­schärft. Das ist ganz wichtig: Das Dopen alleine ist kein Betrug; es muss zusätzliche Tatbestandsmerkmale geben.

Zum restlichen Teil des sehr wichtigen Paketes: Ich möchte ganz kurz auf die Rede des Herrn Abgeordneten Lausch eingehen. Herr Abgeordneter Lausch, ich habe manchmal den Eindruck, Sie haben nur das eine Problem, nämlich das Problem des Diensthundes. Ich bin sehr zu haben für einen Diensthund, keine Frage. Ich habe den Diensthund – er heißt übrigens Brooke, er hat einen Namen! – auch persönlich ken­nengelernt. Ich hätte ihn gerne behalten oder wieder zurückgenommen, denn er wurde ja freiwillig zurückgezogen.

Das Problem, das wir in diesem Zusammenhang haben – und das ist ja auch allgemein bekannt –, ist wieder einmal – so wie es Herr Abgeordneter Steinhauser betont hat – das Budget. Ein Diensthund, ein einziger Diensthund kostet uns jährlich mindestens 63 540 €. Da kommt das Futtergeld, die Aufwandsentschädigung, die Zwingeranlage, ein eigener Kombi mit Klimaanlage, Treibstoffkosten, Personalaufwand, Tierarztkosten und, und, und dazu. Und das ist einfach nicht leistbar für einen Hund. Das zahlt sich nicht aus. Er musste auch immer von einer Anstalt zur anderen gefahren werden.

Wir nehmen die Suchtgifthunde des Innenministeriums. Diese durchsuchen die Justiz­anstalten. Also: Wir tun alles, um Drogen in den Justizanstalten zu verhindern.

Damit kommen wir gleich zu den weiteren Punkten dieses Pakets: Es sollen jetzt näm­lich Drogentests und Alkoholtests in den Justizanstalten erleichtert werden. Dann soll es Strafverschärfungen bei unerlaubter Kontaktaufnahme geben. Der Paketempfang wird anders geregelt. Auch nicht unerwähnt sollte bleiben, dass WC-Anlagen in den Zellen baulich abgetrennt werden sollen.

Eine der wichtigsten Bestimmungen ist diejenige, dass Opfer jetzt verständigt werden sollen, wenn sie es wollen, nämlich dann, wenn der Täter einer Sexualstraftat oder einer Gewalttat enthaftet wird, entlassen wird oder zum Freigang unbewacht hinaus­kommt. Darüber sollte das Opfer Bescheid wissen. Es ist eine langjährige Forderung der Opferschutzeinrichtungen, der wir jetzt nachgekommen sind.

Sehr geehrte Damen und Herren, abschließend möchte ich noch sagen: Die österrei­chischen Justizwachebeamtinnen und -beamten leisten wirklich hervorragende Arbeit. Sie haben es nicht leicht. Sie arbeiten im Verborgenen hinter Gittern, und das wird in der Gesellschaft einfach nicht so gesehen. Und daher muss man sie unterstützen, muss man ihnen die Arbeit so leicht wie möglich machen, die Arbeitsbedingungen an­genehmer machen und Sicherheit schaffen. Sicherheit nach innen ist dann auch Si­cherheit nach außen. – Danke schön für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.42


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeord­nete Franz. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.43.00

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Ho­hes Haus! Wir beschließen heute eine Änderung des Strafgesetzbuches und des Straf­vollzugsgesetzes. Unterschiedliche Anforderungen an den Vollzug haben diese Regie­rungsvorlage notwendig gemacht. Ich bin froh, dass damit auch die Stellung von Op­fern verbessert wird, dass es neu geregelt wird, das heißt, dass Opfer in Zukunft von der Enthaftung ihrer Täter informiert werden, wenn sie das beantragen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 132

Ein weiterer Punkt, der mir wichtig erscheint, ist die Regelung, dass Doping als schwe­rer Betrug qualifiziert wird. Es geht nicht darum, Sportler zu kriminalisieren, sondern darum, sie zu schützen – zu schützen vor unlauterem Wettbewerb, aber auch vor ge­sundheitlichen Gefahren.

Leider hat es in jüngster Zeit immer wieder Meldungen in Bezug auf Sportbetrug mit Dopingmitteln gegeben. Die Aufdeckung von gravierenden Dopingfällen hat dem Image des Sports sehr geschadet. Doping ist ein Fehlverhalten, da muss etwas getan werden.

Dabei macht es natürlich einen Unterschied, ob ein Hobbysportler einen Pokal be­kommt oder ein Spitzensportler eine hohe Siegesprämie. Deshalb wird hier zwischen Eigendoping und Betrugsabsicht differenziert. Also soll künftig Doping im Sport als schwerer Betrug zu qualifizieren sein, wenn mit der Einnahme von unerlaubten Sub­stanzen oder unerlaubten Methoden zur Leistungssteigerung eine bewusste Täu­schung vorliegt.

Ich betone noch einmal: Es geht nicht um Kriminalisierung der Sportlerinnen und Sportler, sondern es geht darum, Doping gezielt und effektiv zu bekämpfen, damit der Spitzensport in Österreich sauber ausgetragen wird. Wir wollen uns ja auch weiterhin über österreichische Erfolge freuen und auf unsere Sportlerinnen und Sportler, die nicht gedopt sind, stolz sein. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Hagenhofer.)

14.45


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.45.13

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Ich will mich ausschließlich zur Änderung des Strafgesetzbuches äußern. Im Strafgesetzbuch wird zu § 147 Abs. 1 ein Abs. 1a hinzugefügt, der das Doping betrifft. Das bedeutet nicht, dass jeder Doper bestraft wird – das ist mir wichtig zu betonen, denn diese Diskussion ist in die falsche Richtung gelaufen –, sondern dass die Handlung, die vorher nicht strafbar war, auch jetzt nicht strafbar ist. Dazu braucht es die Voraussetzungen des Betrugs, nämlich Vorsatz, Bereicherungsabsicht und Täu­schung. Das heißt, letztendlich ist genau derselbe Personenkreis umfasst. Es gibt nur eine Qualifikation dazu, die bedeutet, dass der Sportbetrug auch bei einer Geringfügig­keitsgrenze von 100 € bereits zum schweren Betrug wird.

Das bedeutet aber genau, dass die Linie des Parlaments, nämlich nicht alle Doper zu strafen, sondern nur jene, die betrugsrechtlich relevant werden, hier Einzug gehalten hat, aber letztendlich auch die Auffassung Einzug gehalten hat, zu sagen: Der Sport soll sauber bleiben. Daher qualifiziert man den Sportbetrug bereits ab einer Geringfü­gigkeitsgrenze von 100 € zum schweren Betrug.

Letztendlich meine ich, das ist ein gutes Signal und der richtige Weg, nämlich nicht die Sportler zu kriminalisieren, aber jene, die daraus ein Geschäft machen und sich dopen, um dieses Geschäft machen zu können, zu bestrafen. (Beifall bei der SPÖ und bei Ab­geordneten der ÖVP.)

14.46


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ablinger. 2 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


14.46.57

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch einmal auf das eingehen, was Kollege Steinhauser in Bezug auf die Opferrechte gesagt hat. Sie ha-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 133

ben jetzt gerade wieder gesagt – und das stimmt –, die Verständigung der Opfer ist eine langjährige Forderung. Aber eine langjährige Forderung war ebenso – und ich sa­ge das aus Erfahrung als Vorsitzende des Gewaltschutzzentrums –, diesen Kreis zu erweitern.

Darf ich Ihnen ein konkretes Beispiel benennen, wie wir im Jahr 2005 aufgrund eines dramatischen Vorfalls relativ schnell etwas geändert haben? Damals war eine Klientin bei uns, die betreut wurde, die nur zufällig und sehr kurzfristig erfahren hat, dass der Täter aus der U-Haft entlassen wurde. Rein zufällig und viel zu kurzfristig hat sie das erfahren, und letztendlich kam es dazu, dass der Täter die Frau erschossen hat. – Als Reaktion auf diesen dramatischen Vorfall haben wir das relativ schnell geändert.

Ich sage das deswegen, weil Sie im Ausschuss gesagt haben, wir brauchen jetzt eine Evaluierung zu diesem Bereich: Schauen wir uns das bei den Opferrechten an, und dann gehen wir weiter! – Die Gewaltschutzzentren und die Opferschutzeinrichtung wie der Weisse Ring haben genügend Beispiele genannt, warum es notwendig wäre, die Zeugen und Zeuginnen bei Antrag beziehungsweise Angehörige bei Antrag auch zu verständigen. Es ist kein Geldaufwand, sondern es ginge nur darum, ein Knopferl mehr zu drücken.

Wir stimmen der Vorlage natürlich zu, Frau Ministerin, aber ich finde es schade, dass wir da auf halbem Wege stehengeblieben sind, dass wir auch die ÖVP nicht überzeu­gen konnten, weil wir genügend Erfahrungen und Beispiele dafür haben, wie dringend das für die Verhinderung der Retraumatisierung von Angehörigen und Zeugen notwen­dig gewesen wäre. Es tut mir leid.

Trotz alledem werden wir der Vorlage insgesamt zustimmen und hoffen, dass wir im nächsten Schritt diesen Kreis erweitern werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.48


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner hiezu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Fazekas. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.49.02

Abgeordneter Hannes Fazekas (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ho­hes Haus! Zwei wichtige Beschlüsse aus diesem gesamten Paket möchte ich heraus­nehmen; sie wurden von meinen Vorrednern schon angesprochen. Das eine ist der § 147 im Strafgesetzbuch. Da geht es darum, Doping vehement und intensiver zu be­kämpfen, aber ohne Kriminalisierung des Athleten oder der Athletin.

Ich meine, da ist ein wirklich sehr gutes Regelwerk gelungen. Wir dürfen nicht verges­sen, es ist ja auch eine sehr wesentliche gesellschaftspolitische Materie. Der Grund­stock, was das Thema Doping betrifft, wird ja bei den vielen Vereinen gesetzt, wo die Sportlerinnen und Sportler von Beginn an mitwirken. Daher kommt auch den vielen eh­renamtlich tätigen Funktionären und Funktionärinnen und auch den Trainerinnen und Trainern eine wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe zu, nämlich selbst davon überzeugt zu sein, dass Doping kein Kavaliersdelikt ist und letztendlich diese wichtige Einstellung auch an die Schützlinge weiterzugeben.

Ich meine, daran muss man noch mehr arbeiten. Es galt einen sehr wesentlichen Spa­gat zu schaffen. Das ist aber mit diesem Gesetz gelungen.

Ein wesentlicher Aspekt ist auch die Bestimmung der Informationspflicht von Opfern bei der Haftentlassung von Straftätern unter bestimmten Bedingungen. Ich kann mich nur den Worten meiner Vorrednerin anschließen. Geschätzte Frau Bundesministern, wir sollten hier wirklich darüber diskutieren! Es kann nicht an Verwaltungsproblemati­ken liegen, sodass es einer Überlastung zuzuschreiben ist. Letztendlich geschieht das


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 134

ja nur auf Antrag der Betroffenen, und einen Auszug mehr anzufertigen kann wohl nicht problematisch sein. Daran sollten wir noch arbeiten. Ich glaube, dann ist etwas Gutes gelungen.

Natürlich stellt es ein sehr wichtiges Regelwerk dar, das die Information jener be­stimmt, die traumatisiert sind, die es sehr schwer haben und die einfach informiert wer­den müssen. Die Gewaltschutzzentren des Weißen Rings leisten da hervorragende Ar­beit. In diesem Sinne danke ich. Vielleicht gelingt es uns noch, gerade bei diesen Be­stimmungen etwas weiterzuentwickeln. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

14.51

14.51.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Strafgesetzbuch, das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozessordnung sowie weitere Gesetze geändert werden, in 487 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Mag. Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über die von dem erwähnten Abänderungsantrag bezie­hungsweise dem Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile der Systema­tik des Gesetzentwurfes entsprechen und schließlich über die restlichen, noch nicht ab­gestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Ich komme somit zur getrennten Abstimmung über Artikel II Z 2 lit. a, Z 5 und Z 10 in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel II Z 20 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 135

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen damit zur getrennten Abstimmung über Artikel II Z 25 in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Weiters haben die Abgeordneten Mag. Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel III Z 3 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren des Hohen Hauses, die diesen Abänderungsantrag unterstützen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und somit ab­gelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvor­lage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbe­zügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist einstimmig. Der Ge­setzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 569 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, sei­nen Bericht 570 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 571 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Be­richt 572 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, sei­nen Bericht 573 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

14.56.1617. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 869/A der Abgeordneten Mag. Heribert Donnerbauer, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz und Artikel III der Urheberrechtsgesetz-Novelle 2005 geändert werden (Urheberrechtsgesetz-No­velle 2009 – UrhG-Nov 2009) (574 d.B.)

18. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (482 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Verwertungsgesellschaftengesetz 2006 und das Übernahme­gesetz geändert werden (575 d.B.)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 136

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 17 und 18 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.57.09

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben uns in den letzten Tagen intensiv mit der Unterrichtungspflicht der obersten Organe auseinandergesetzt und sind eindeutig zu der Überzeugung gelangt, dass das, was jetzt seitens der Regierung vorgeschlagen wird, nicht etwas ist, was wir unterstützen wollen und können. Wir waren nie für den Art. 20 der Bundesverfassung, deshalb müssen wir auch den Abs. 2 nicht unterstützen und dementsprechend nicht die Adaption in Richtung Informationsrecht der jeweiligen Minister und Ministerinnen.

Wir glauben, dass ab sofort die Möglichkeit besteht, dass sich die jeweiligen Ressort­chefs laufend über den Fortgang in der Art informieren können: Wie werdet ihr den Fall XY entscheiden? – Damit ist erstens eindeutig ein Informationsvorsprung gegeben und zweitens immer eine Beeinflussung der Entscheidung.

Ich meine, das Interpellationsrecht kann durchaus davon unangetastet bleiben, wenn man einem entsprechenden Abänderungsantrag zustimmt, den ich hiermit einbringen möchte.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Zinggl, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Justizausschus­ses über die Regierungsvorlage (482 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Verwertungs­gesellschaftengesetz 2006 und das Übernahmegesetz geändert werden (575 d.B.)

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage (482 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verwer­tungsgesellschaftengesetz 2006 und das Übernahmegesetz geändert werden (Bericht des Justizausschusses 575 d.B.) wird geändert wie folgt:

1. In Artikel 1 lautet § 31 Abs 2 letzter Satz:

‚Der Bundesminister für Justiz hat zum Zwecke der parlamentarischen Kontrolle ge­mäß Art 52 Abs 1 B-VG das Recht, sich über alle Gegenstände der Geschäftsführung des Urheberrechtssenates zu unterrichten.‘

2. In Artikel 2 lautet der in § 28 Abs. 3 nach dem ersten Satz eingefügte Satz:

‚Der Bundesminister für Justiz hat zum Zwecke der parlamentarischen Kontrolle ge­mäß Art 52 Abs 1 B-VG das Recht, sich über alle Gegenstände der Geschäftsführung der Übernahmekommission zu unterrichten.‘“

*****

Ich glaube, dass das die vernünftigere Variante der Kontrolle ist.

Zu TOP 17: Wir waren immer für das Folgerecht und sind daher auch jetzt für die Her­absetzung bei Preisentwicklungen unter 3 000 €, in dem Fall ab 2 500 €. Wir sind außerdem gegen Schutzfristen im Sinne des Erbrechts im Urheberrecht und daher auch gegen Schutzfristen und Erbrecht im Folgerecht. Wenn die EU-Richtlinie dazu lange nicht kommt, entspricht das ganz unseren Vorstellungen. Daher werden wir die­sem Gesetzesvorschlag gerne zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.59



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 137

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Zinggl, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Justizausschus­ses über die Regierungsvorlage (482 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Verwertungs­gesellschaftengesetz 2006 und das Übernahmegesetz geändert werden (575 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage (482 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verwer­tungsgesellschaftengesetz 2006 und das Übernahmegesetz geändert werden (Bericht des Justizausschusses 575dB) wird geändert wie folgt:

1. In Artikel 1 lautet § 31 Abs 2 letzter Satz:

„Der Bundesminister für Justiz hat zum Zwecke der parlamentarischen Kontrolle ge­mäß Art 52 Abs 1 B-VG das Recht, sich über alle Gegenstände der Geschäftsführung des Urheberrechtssenates zu unterrichten.“

2. In Artikel 2 lautet der in § 28 Abs. 3 nach dem ersten Satz eingefügte Satz:

„Der Bundesminister für Justiz hat zum Zwecke der parlamentarischen Kontrolle ge­mäß Art 52 Abs 1 B-VG das Recht, sich über alle Gegenstände der Geschäftsführung der Übernahmekommission zu unterrichten.“

Begründung

Mit dem Abänderungsantrag soll das Unterrichtungsrecht der Bundesministerin für Jus­tiz gegenüber der Übernahmekommission und dem Urheberrechtssenat ausschließlich in den Dienst der parlamentarischen Kontrolle gestellt werden (siehe die Ergänzung je­weils „zum Zwecke der parlamentarischen Kontrolle gemäß Art 52 Abs 1 B-VG“). Ein unbegrenztes Unterrichtungsrecht würde nämlich der Unabhängigkeit der betreffenden Organe zuwiderlaufen. Die parlamentarische Kontrolle nach Art 52 B-VG in der Ausge­staltung der Geschäftsordnung des Nationalrats einerseits und des Bundesrats an­dererseits erfolgt in Form schriftlicher Anfragen, welche der Öffentlichkeit zugänglich sind. Diese Transparenz gewährleistet, dass es nicht zu einer missbräuchlichen Ver­wendung dieses Unterrichtungsrechts in Richtung Beeinflussung der Entscheidungsfin­dung im Einzelfall kommt. Im übrigen ist auch auf die direkten Möglichkeiten der demo­kratischen Kontrolle durch die Ausschüsse des Nationalrats und des Bundesrates nach Art 52 Abs 1a B-VG zu verweisen.

Eine solche Einschränkung steht im Einklang mit Art 20 Abs 2 B-VG, denn auch die Unterrichtungspflicht muss dem jeweiligen weisungsfreien Organ angemessen sein. Schon der Textvorschlag Kostelka im Österreich-Konvent zu Art 20 B-VG (Bericht des Österreich-Konvents, Teil 4A, S 210) sah die Aufsichts- und Informationsrechte im Dienste der demokratischen Kontrolle.

Weiters ist darauf zu verweisen, dass die Übernahmekommission im Begutachtungs­verfahren zum Expertenentwurf 2007 für eine B-VG-Novelle das umfassende Aus­kunftsrecht in Art 20 Abs 2 B-VG kritisiert hat: „Auch das umfassende Auskunftsrecht trägt dem rechtspolitischen Zweck der Weisungsfreistellung von Verwaltungsbehörden zur Herstellung einer gerichtsähnlichen Stellung nicht Rechnung. Den obersten Orga­nen ein Recht auf Information über den Stand einzelner Verfahren einzuräumen, birgt


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 138

nicht akzeptable Gefährdungen der Rechte der Verfahrensparteien in sich.“ (Übernah­mekommission, an das Bundeskanzleramt am 21. 9. 2007).

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Fuhr­mann. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.00.04

Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Worum geht es beim Folgerecht überhaupt? – Es hat vor allem Auswirkungen auf den österreichischen Kunstmarkt. In Österreich haben wir seit 2006 eine Regelung, die beim Besitzerwechsel eines Kunstwerkes vorsieht, dass es zu einer Folgerechtsabga­be kommt, und eine EU-Richtlinie sieht seit 2001 diesbezüglich ein einheitliches EU-weites Recht vor, das nicht nur lebende Künstler mit einschließen würde, sondern auch deren Erben beziehungsweise Angehörigen.

Sie alle wissen, dass gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Kunsthandelsunter­nehmen ein sehr schwieriges Leben und wir in Österreich auch eine kleinbetriebliche Struktur haben – das heißt, eine Mitarbeiteranzahl von ein bis zwei Mitarbeitern –, und deswegen ist es, denke ich, mehr als gerechtfertigt, diese Übergangsfristen noch ein­mal auf zwei Jahre zu erstrecken, das heißt, die Folgerechtsabgabe auf Erben noch et­was später in Aussicht zu nehmen.

Es gibt dafür nicht nur den Grund der kleinbetrieblichen Struktur, sondern vor allem auch jenen des organisatorischen Aufwandes, der damit verbunden wäre – eine IHS-Studie hat beispielsweise zum Ausdruck gebracht, dass der Aufwand, sich auch um das Erbrecht zu kümmern, unterm Strich bis zu 245 € statt wie bisher 35 € pro ver­kauftem Werk betragen würde –, aber das wohl ausschlaggebende Argument dürfte sein, dass viele andere Länder Europas, beispielsweise Großbritannien oder die Schweiz, dieses Folgerecht auf Erben ebenfalls ausgesetzt haben – ebenso die USA – und wir für die österreichischen Unternehmen keine Wettbewerbsnachteile schaffen wollen.

Ganz im Gegenteil: In wirtschaftlich schwierigen Zeiten gehört der österreichische Kunstmarkt unterstützt, und das tun wir mit diesem Gesetz! (Beifall bei der ÖVP.)

15.02


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Jarolim. Eingestellte Redezeit: 1 Minute. – Bitte. (Abg. Scheibner – in Richtung des Abg. Jarolim, der auf dem Weg zum Rednerpult kurz bei Bundesministe­rin Mag. Bandion-Ortner stehen bleibt –: Die hat er schon verwirkt! – Abg. Silhavy: Fal­sche Richtung!)

 


15.02.28

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Meine Damen und Herren! In Kürze: Es ist sicherlich nicht so eindeutig, wie das meine Vorrednerin gesagt hat, weil das Folge­recht natürlich schon seine Rechtfertigung hat. – Allein durch den Umstand, dass wir da ein gewisses Konkurrenzverhältnis mit der Schweiz und mit England haben, war diese Verlängerung gerechtfertigt. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Der Interessenabgleich wurde dadurch geschaffen, dass die Grenze von 3 000 € auf 2 500 € herabgesetzt worden ist, und ich hoffe, dass das ein klein wenig dazu beitra­gen konnte, dass wir hier eine gerechte Lösung gefunden haben.

Ich glaube, sie ist gerecht. Wir werden sie daher unterstützen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.03



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 139

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hübner zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 2 Minuten. – Bitte.

Herr Abgeordneter Dr. Hübner scheint nicht im Saal zu sein.

Damit gelangt Herr Abgeordneter Scheibner für 2 Minuten zu Wort. – Bitte sehr. (Abg. Scheibner – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ich bin ja vorbereitet, Frau Präsidentin!)

 


15.03.44

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! Wir stimmen den beiden Anträgen zu, auch dem Abänderungsantrag des Abge­ordneten Zinggl, weil wir es durchaus für vernünftig halten, dass sich der zuständige Minister entsprechend informieren kann, damit er auch uns, dem Parlament, auskunfts­pflichtig wird.

Was mir in diesem Bereich noch ein Anliegen wäre, ist, dass man nicht vergisst – und das haben wir hier schon lange nicht mehr diskutiert –, dass man die Kultur- und Kunstförderung vor allem dort fokussiert, wo Künstler noch keinen Markt haben – das sind junge Künstler. Hier sollte man noch stärkere Anstrengungen unternehmen, dass diese sich einen Markt schaffen können, damit sie ihre Karriere auch entsprechend be­ginnen können, und vielleicht bei dem einen oder anderen etablierten Künstler mit den Förderungen ein bisschen zurückgehen.

Wie gesagt: Wir stimmen den beiden Anträgen zu. (Beifall beim BZÖ.)

15.04

15.04.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Mir liegen hiezu keine Wortmeldungen mehr vor.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Urheberrechtsge­setz-Novelle 2009 samt Titel und Eingang in 574 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetz­entwurf ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wiederum die Einstimmigkeit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Verwertungsgesellschaftengesetz und das Übernahmegesetz geändert werden, in 482 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Zinggl, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die von dem erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwur­fes abstimmen lassen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Zinggl, Kolleginnen und Kollegen, der sich auf Art. 1 § 31 und Art. 2 § 28 bezieht.

Wer diesen Abänderungen beitritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minder­heit. Abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 140

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung geben, um ein Zei­chen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvor­lage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Ge­setzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

15.07.0019. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Tätigkeitsbericht der Schienen-Con­trol GmbH – Eisenbahnregulierung 2008, vorgelegt von der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie (III-93 d.B.) (522 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 19. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Heinzl. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 3 Minuten. – Bitte.

 


15.07.34

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Der Tätigkeitsbericht 2008 der Schienen-Control Gesellschaft zeigt uns, dass das vergangene Jahr ein bewegtes, aber vor al­lem auch – das kann man durchaus behaupten – ein erfolgreiches Jahr für die Eisen­bahn war (Abg. Scheibner: Kollege, bist du jetzt die Zukunftshoffnung der SPÖ? Ju­gendlicher Aufstieg?): Im Personenverkehr konnte die Zahl der Fahrgäste auf 233 Mil­lionen gesteigert werden – das ist ein Plus von 11 Millionen gegenüber 2007 – und ins­gesamt wurden dabei 10,5 Milliarden Kilometer zurückgelegt. Ich meine, dass das auch ein wichtiger Beitrag für den Umweltschutz ist.

Im Fernverkehr, sehr geehrte Damen und Herren, haben sich in diesem Jahr die Ein­führung des Railjets von München nach Wien und Budapest und die Fußball-EM posi­tiv ausgewirkt. Das zeigt deutlich: Investitionen und zielgerichtete Angebote machen die Bahn für ihre Kunden attraktiv.

Auch im Nahverkehr kam es 2008 zu Verbesserungen. Das Taktangebot rund um Inns­bruck, Graz und Klagenfurt, aber auch die Pendlerstrecke Wien–Wiener Neustadt wur­de entscheidend verbessert.

Ebenfalls im Bericht 2008 der Schienen-Control GmbH erwähnt ist die neue EU-Fahr­gastrichtlinie. Hinter dieser etwas technischen Bezeichnung verbergen sich Verbesse­rungen für die Bahnfahrer.

Sehr geehrte Damen und Herren! Seit 3. Dezember haben Reisende im Fernverkehr bei Verspätungen auch einen Anspruch auf Entschädigung – ab einer Stunde Verspä­tung gibt es diesen Anspruch.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 141

Es sind aber nicht nur Fernreisende, die mit der Bahn unterwegs sind, darum wird es in Österreich eine eigene Regelung für Hunderttausende Menschen geben, die tagtäglich mit den Zügen zur Arbeit pendeln: Auch sie werden zukünftig einen Anspruch auf Ent­schädigung haben! (Abg. Scheibner – auf Zuseher, die die Galerie verlassen, zei­gend –: Die gehen alle!) Das entsprechende Gesetz wurde diese Woche im Ministerrat eingebracht: Zukünftig sollen Pendler 10 Prozent des Preises ihrer Monatskarte erstat­tet bekommen, wenn die Züge nicht zu 90 Prozent pünktlich sind. Im ÖBB-Regional­verkehr soll diese Regelung ab 2010 gültig sein.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Interessen der Fahrgäste rücken damit noch mehr ins Zentrum und für die Bahnunternehmen wird das ein wichtiger Ansporn sein, die Kundenorientierung weiter auszubauen. Qualität, Verlässlichkeit und Pünktlichkeit müssen im öffentlichen Verkehr im Vordergrund stehen.

Sehr geehrte Damen und Herren, abschließend ist es auch angebracht, einen Dank an alle 42 000 Eisenbahnerinnen und Eisenbahner zu richten, die es ermöglicht haben, dass es solch einen positiven Kontrollbericht gibt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Bitte, das Danken macht der Herr Pendl! Das kann der Herr Pendl besser!)

15.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Maier zu Wort. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 4 Minuten. – Bitte.

 


15.10.36

Abgeordneter Dr. Ferdinand Maier (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ein ausgezeichneter Bericht liegt vor, der natürlich auch aufzeigt, dass es Verspätungen, dass es auch Unpünktlichkeit, dass es Unfreundlich­keiten gibt et cetera.

Seit Kurzem lese ich sehr gerne die Inserate, die seitens der Österreichischen Bundes­bahnen da oder dort gestaltet und geschaltet werden. Darin liest man auch über die tol­len Leistungen der Personenzüge, der Busfahrer et cetera: Da lese ich in einem Inserat vom 11. November Folgendes:

„Die Menschen vertrauen auf die Leistungen der Bahn und wollen diese in guter Quali­tät teilweise mehrmals täglich abrufen können.“

Und die zuständige Sprecherin der Personenverkehr AG sagt dann: „Wenn das gelingt, ist der Erfolg eine logische Konsequenz.“

Also der Umkehrschluss heißt, wenn das nicht gelingt, ist es ein Drama; und wenn ich den Bericht richtig lese – und da geht es ja nur über das Jahr 2008, für 2009 werden wir diesen Bericht erst erhalten –, dann beginne ich mir, gelinde gesagt, Sorgen zu ma­chen.

Es gibt seit kurzem einen Preis, den sogenannten Frustikus, das ist so etwas Ähnli­ches wie der „Oscar“. Der „Frustikus“ wird vom Berufsverband für Benutzerfreundlich­keit vergeben, und zwar für ein prinzipiell funktionierendes, aber schlecht zu bedienen­des Produkt.

Bei der ersten Vergabe dieses „Frustikus“ hat es einmal einen Babyphone-Hersteller erwischt, auch einen Mobilfunkbetreiber hat es erwischt, aber die Österreichischen Bundesbahnen hat es gleich viermal erwischt.

So richtig „abgeräumt“ haben die Bundesbahnen bei diesem Publikumspreis, weil der Fahrkartenautomat ein schleißiges Service bietet – und somit gab es den „Frustikus“ in der Sparte Geräte.

Die Fahrplanauskunft, die SCOTTY mobil heißt, hat den „Frustikus“ für den Bereich Software erhalten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 142

Die Website der ÖBB unter www.oebb.at hat den „Frustikus“ für die Websites er­halten.

Und damit man in allen vier Bereichen einen „Frustikus“ bekommt, hat ein Schalter­beamter im Bereich Kundenservice den „Frustikus“ ebenso erhalten.

Sehen Sie, meine Damen und Herren, das hat jetzt gar nichts mit irgendwelchen pole­mischen Darstellungen zu tun, sondern das ist vom Berufsverband für Benutzerfreund­lichkeit objektiv dargestellt. – Da hat es etwas!

Frau Bundesminister, mit dem System stimmt also etwas nicht, und alle Berichte, die es da gibt, können noch so hochgejubelt und in Inseraten dargestellt werden, irgendwie geht das an der Realität vorbei. – Das ist so ein bisschen Schein und Wirklichkeit, die­se halten sich nicht wirklich Waage.

Wenn Sie sich den Infrastrukturreport ansehen, in dem nur mehr 49 Prozent die Zug­ausstattung und das Zugservice als positiv ansehen – ein Jahr zuvor waren es noch 55 Prozent –, ist das neuerlich ein Beweis, dass es da irgendetwas hat. – Und wenn dann die zuständige Sprecherin der Personenverkehr AG darauf hinweist, dass das al­les nicht stimmt, denn in diesem Infrastrukturreport wurden auch 200 Manager befragt, dann ist schon wirklich ein Schelm, wer so argumentiert.

Also, liebe Frau Bundesminister, ich würde meinen, das Management gehört aufgefor­dert, ein bisschen härter „ranzugehen“ und dementsprechende Vorgaben zu geben: Benchmarking ist angesagt, und da sind sowohl Deutschland als auch die Schweiz ein gutes Ziel.

Abschließend noch, weil Kollege Heinzl gemeint hat, wie erfreulich es ist, dass jetzt je­ne, die Verspätungen haben, eine Entschädigung bekommen. (Abg. Heinzl: Es war der Herr Supermanager Huber, der 600 Millionen ...!) – Ich frage Sie, was Sie jetzt schon im Budget des Jahres 2010 für diese Position vorgesehen haben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Jarolim: Der Obmann des Vereins „Frustikus“ ...!)

15.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Kunasek zu Wort. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


15.14.59

Abgeordneter Mario Kunasek (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesmi­nister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Jetzt haben wir eigentlich zwei Sichtwei­sen erhalten, nämlich die wunderbare von Anton Heinzl, der am liebsten jedes Mal mit einem Blumenstrauß zur Frau Ministerin käme, weil alles so „toll“ und so „klass“ ist, und die andere Seite des Kollegen Maier. – Ich versuche, in der Mitte ein bisschen die Wahrheit zu finden.

Faktum ist, dass wir diesen Bericht zur Kenntnis nehmen werden. – Ich sage auch einen herzlichen Dank an die Schienen-Control GmbH für den sehr umfangreichen und interessanten Bericht, der wirklich einen guten Einblick auch in das Bankgeschehen und in den Eisenbahnmarkt liefert.

Faktum ist weiters, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir im Bereich des Güterverkehrs kaum Zuwachsraten haben – ich denke mir, es sollte auch seitens der Führung wirklich angedacht werden, da der Situation entsprechend Aktivitäten zu set­zen und das Angebot zu verbessern –, auf der anderen Seite haben wir aber auch im Bereich Personenverkehr massive Schwierigkeiten mit der Pünktlichkeit. Da gebe ich dem Abgeordneten Maier durchaus recht: Kundenzufriedenheit ist natürlich ein wich­tiger Faktor, und wenn wir wollen, dass die ÖBB entsprechend akzeptiert und benutzt werden, dass die Bahn benutzt wird, ist Kundenzufriedenheit sehr wichtig.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 143

Faktum ist darüber hinaus, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass rund ein Viertel der Fernverkehrszüge Verspätung hat. Dass sich das natürlich auch negativ auf die Kundenzufriedenheit auswirkt, ist klar. Im Bericht der Schlichtungsstelle der Schie­nen-Control GmbH wurde auch eine Umfrage des VCÖ veröffentlicht, laut der fast die Hälfte der Befragten mit dem Angebot im Bereich des Fahrplans und mit den Verspä­tungen unzufrieden ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, eines ist zu beobachten – und das haben wir bereits einige Male auch im Ausschuss zu diskutieren versucht –, nämlich dass der Trend der Ausdünnung der Fahrpläne durchaus weiter fortgesetzt wird. Zunächst wa­ren es einmal die Nebenbahnen, wie zum Beispiel die Gesäusebahn, jetzt sind wir schon bei den Direktverbindungen. Es war im Herbst zumindest in Planung, die Direkt­verbindung Graz–Linz einzustellen, und nur durch massive Beizahlungen der Länder Oberösterreich und Steiermark ist es da zu einer Weiterführung gekommen.

Ich möchte deshalb folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kunasek, Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufrecht­erhaltung der Direktzugsverbindung zwischen Graz und Bregenz

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird ersucht, auch künftig regelmäßige Direktzugverbindungen zwischen den österreichischen Landes­hauptstädten und insbesondere den Erhalt der im neuen ÖBB-Fahrplan gestrichenen täglichen Direktzugverbindungen zwischen Graz und Bregenz sicherzustellen.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein Unternehmen, das jährlich 3,5 Milliar­den € an Steuergeld erhält, sollte, glaube ich, nicht die Forderung stellen, Direktzug­verbindungen zwischen Landeshauptstädten einzustellen, wenn es keine Zuzahlungen des Steuerzahlers gibt. Es gibt auch saftige Bonuszahlungen an die Manager – man sollte vielleicht einmal dort anfangen, Einsparungen zu erzielen.

Abschließend noch ein kurzer Lagebericht aus dem Verkehrsausschuss, weil Kollege Maier heute vom „Frustikus“ gesprochen hat: Also wenn jemand den Frustikus ver­dient, dann ist es unser Verkehrsausschuss, wenn man sich anschaut, wie man dort mit Anträgen der Opposition – von FPÖ, Grünen und BZÖ – umgeht. Ich habe mir das einmal angeschaut und ausheben lassen, und ich habe festgestellt, dass wir in dieser Gesetzgebungsperiode 50 Oppositionsanträge auf der Tagesordnung hatten und 40 davon vertagt wurden. – Ich sage Ihnen ganz offen, so sollte man nicht Parlamentaris­mus machen!

Kollege Cap ist jetzt leider nicht hier – er predigt ja immer diesen neuen Parlamenta­rismus, und dass wir herzlich eingeladen seien, mitzuarbeiten. (Abg. Scheibner: Aber der Pendl wird es ihm ausrichten! – Abg. Ing. Westenthaler: Klubobmann Pendl wird das alles ...!) Wir wollen mitarbeiten, nur im Verkehrsausschuss zumindest lassen uns das die Regierungsfraktionen nicht tun! (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke, es gibt im Bereich Verkehr einiges zu tun. Ich wünsche mir vonseiten der SPÖ und der ÖVP mehr an konstruktiver Zu­sammenarbeit: im Sinne eines funktionierenden öffentlichen Verkehrs. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

15.18



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 144

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kunasek, Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufrecht­erhaltung der Direktzugsverbindung zwischen Graz und Bregenz

eingebracht im Zuge Debatte zu TOP 19, Bericht des Verkehrsausschusses (522 d.B.) über den Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH - Eisenbahnregulierung 2008 (III-93 d.B.) in der 49. Sitzung des Nationalrates am 18. November 2009

Im Zuge des Konjunkturpakets wurden für die ÖBB zusätzliche Investitionen von 700 Mio. Euro beschlossen. Laut damaligen Aussagen von Mitgliedern der Bundesre­gierung sollten die Infrastrukturprojekte der ÖBB aus dem Konjunkturpaket bereits 2009 starten und massiv zur Konjunkturbelebung beitragen.

In den letzten Wochen wurden immer wieder Pläne der ÖBB bekannt, geplante Investi­tionen nicht durchzuführen sowie diverse Zugsverbindungen zu streichen. Vor allem Direktzugsverbindungen zwischen österreichischen Landeshauptstädten (!) sollen ge­strichen werden. So wird erst nach langem Hin und Her und einer letztendlichen Finan­zierungszusage der beiden Länder Oberösterreich und Steiermark die Direktzugsver­bindung zwischen Graz und Linz vorerst auch künftig aufrechterhalten.

Nunmehr stellt die ÖBB aber eine andere Direktzugsverbindung wirklich ein, nämlich die Strecke Graz – Bregenz. Dies ist umso mehr unverständlich als sich diese Direkt­züge großer Beliebtheit erfreuen und großen Zuspruch der Bahnkunden haben.

Unabhängig von der Wirtschaftlichkeit hat die ÖBB einen Versorgungsauftrag sicherzu­stellen, allein Versuche, die Direktverbindungen zwischen Landeshauptstädten einzu­stellen, zeigen, dass die Bundesregierung und die Regierungsfraktionen offensichtlich keinerlei Interesse am Ausbau des Nahverkehrs und einer steigenden Bedeutung öf­fentliche Verkehrsmittel hat.

In einem Kommentar im GSVmagazin 02/2009 vom GSV - Forum für Verkehrs-Qua­lität, Österreichische Gesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen heißt es unter an­derem:

Begründet werden die Ausdünnungen des Fahrplans mit der geringen Nachfrage. Das heißt jedoch, das Pferd beim Schwanz aufzuzäumen: Denn tatsächlich ist die sin­kende Nachfrage eine Konsequenz des schleißigen Angebots. Damit beginnt sich eine fatale Spirale zu drehen, denn je schlechter die Verbindungen und je länger die Fahr­zeiten werden, desto weniger Fahrgäste werden bereit sein, sich eine Bahnfahrt zuzu­muten. In letzter Konsequenz führt dies zur Einstellung von Verbindungen.“

Da die ÖBB bereits zum jetzigen Zeitpunkt jährlich rund 3,5 Milliarden Euro Steuergeld erhält, nach derzeitigem Stand zumindest 600 Millionen Euro verspekuliert hat und dennoch an ihre Führungsriege Bonuszahlungen in großer Höhe leistet, ist die Einstel­lung von Direktzugsverbindungen zwischen österreichischen Landeshauptstädten, die von der ÖBB in der Regel als Sparmaßnahmen verkauft werden, mehr als unverständ­lich. Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird ersucht, auch künftig regelmäßige Direktzugverbindungen zwischen den österreichischen Landes-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 145

hauptstädten und insbesondere den Erhalt der im neuen ÖBB-Fahrplan gestrichenen täglichen Direktzugverbindungen zwischen Graz und Bregenz sicherzustellen.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Tadler. 2 Minuten. – Bitte.

 


15.19.02

Abgeordneter Erich Tadler (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Minister! Ho­hes Haus! Die ÖBB, Österreichs berühmteste Baustelle, mit vollen, schmutzigen und dazu noch verspäteten Zügen – so weit der Koalitionspartner; Abgeordneter Maier ist gerade hinausgegangen –, für die Sie, Frau Minister Bures, verantwortlich sind.

Und nun gleich zu den Verspätungen: Frau Minister, Sie sagten ja im Ausschuss, dass Sie bis 2014 versuchen werden, die starke Zunahme der Langsamfahrstellen zu besei­tigen. – Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.

Die Strecke zwischen Salzburg und Wien ist ja ein sehr gutes Beispiel: Der Zug kommt schon verspätet an, und das summiert sich natürlich bis nach Wien. Zugverspätungen von 20 Minuten oder 40 Minuten, wie das letzte Mal, wegen der Langsamfahrstellen und Anlagestörungen sind keine Seltenheit, meine Damen und Herren!

Aber es hapert ja an vielen Dingen bei den ÖBB, so wie es sich gestern in Linz auf dem Bahnhof wieder gezeigt hat. Dort wurde ein Rollstuhlfahrer vom Security-Team in Linz – und nicht von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der ÖBB – in den Railjet geho­ben. Der besagte Rollstuhlfahrer hatte eine Reservierung für sich und seine Begleitung für die Fahrt nach Wien, doch siehe da – ich nehme an, Sie, meine Damen und Herren, wissen, was jetzt kommt –, das Reservierungssystem funktionierte nicht, zumindest bei den Behindertenplätzen nicht.

Frau Ministerin, wie soll ein Mensch mit Behinderung, der auf dem Rollstuhlstellplatz reserviert hat, auf einem normalen Sitzplatz Platz nehmen?!

Ein Lichtblick war dann der Zugbegleiter, der sehr nett war und herumtelefonierte und der versuchte, das Ganze zu kalmieren. Aber vielleicht hätte er – der Herr Haberzettl schaut jetzt runter – auch bei der ÖBB-Gewerkschaft anrufen sollen, die vielleicht einen der 100 freigestellten Betriebsräte vorbeigeschickt hätte, um sich um die Anlie­gen der Behinderten zu kümmern.

Geld für teure Inserate, Frau Ministerin – ich habe sie Ihnen im Ausschuss gezeigt –, gibt es genügend. Das von den freigestellten Betriebsräten stammt auch vom Koali­tionspartner, nämlich vom Herrn Staatssekretär Reinhold Lopatka. Wie gesagt, Geld für Inserate haben Sie genügend. Ich würde vorschlagen, auf Grund der prekären Si­tuation bei den ÖBB ein bisschen einzusparen, wie es der Koalitionspartner vorschlägt. Daher: Handeln statt sandeln – und privatisieren! – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

15.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 5 Minuten. – Bitte.

 


15.21.53

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Dem Herrn Fürnkranz gebührt wirklich ein herzlicher Dank für die Erstellung dieses guten Berichtes. Dieser gibt wirklich einen detaillierten Einblick in die verschiedenen Sparten des Eisenbahnbetriebes und hält als Regulierungsbehörde auch entsprechendes Datenmaterial bereit.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 146

Frau Ministerin Bures, dieser Bericht wäre wirklich sozusagen eine Nachtkastl-Lektüre par excellence für Sie, um zu sehen, wo überall Sie Hand anlegen sollten, um den öf­fentlichen Verkehr mit dem Kernbereich ÖBB – immerhin ist es das größte Unterneh­men Österreichs; 42 000 Bedienstete –, also um die ÖBB sozusagen auf Vorderfrau beziehungsweise Vordermann zu bringen.

Ich weiß, im internationalen Vergleich stehen die ÖBB nicht einmal so schlecht da, das muss man ehrlicherweise dazusagen, aber Sie werden sehr wohl übertroffen von den Schweizer Bahnen und von zahlreichen deutschen Regionalbahnen, und zwar auch von privaten. Und man wird es nicht glauben, auch in England hat sich inzwischen der Bahnverkehr wieder einigermaßen normalisiert und hat teilweise ein wirklich gutes An­gebot, ist besser geworden.

Nur: Das „Ist besser geworden“ kann ich nicht auf die ÖBB anwenden, wie dieser Be­richt, der uns jetzt von der Eisenbahnregulierung vorliegt, zeigt, sondern das Angebot ist schlechter geworden. So steht auf Seite 81 dieses Berichtes zu lesen: Fahrzeiten im ÖBB-Kernnetz mit 204,9 Minuten Verspätung. 2007 waren es noch 107,7 Minuten Ver­spätung pro Tag. Also 100 Prozent Steigerung bei der Verspätung pro Tag, Frau Mi­nisterin!

Ich weiß, Bestandserhaltung ist eine systematische Arbeit, die Jahre hindurch perma­nent gemacht werden muss. Und sicherlich ist auch in der schwarz-blauen Ära zu we­nig Augenmerk auf den Bestand gelegt worden. Aber dass sie sich 2008 derartig ins Negative verkehrt hat, hat auch damit zu tun, dass auch unter der Ära Faymann zu we­nig Augenmerk darauf gelegt worden ist.

Frau Ministerin, Sie werden mir völlig recht geben, sei es Klimaschutz, sei es Umwelt­schutz, sei es vor allem Versorgung der Bevölkerung mit leistbarer Mobilität: All das spricht ja für die ÖBB. Nur: Die Politik, die Sie teilweise machen, ist eine Baupolitik, die Sie den ÖBB aufzwingen.

Schauen wir es uns ganz konkret an! – Es steht die Schließung des derzeitigen Süd­bahnhofs bevor. Da sollen in Kürze die Bauarbeiten für den Hauptbahnhof beginnen; teilweise haben sie sogar schon begonnen. Ich habe vor einer halben Stunde erfahren, dass die Lokführer, die ab jetzt Meidling als Angelpunkt des Bahnverkehrs in Öster­reich für die PendlerInnen managen sollen, die das bewältigen sollen, erst jetzt grob eingeschult werden. Bitte, heute haben wir den 10. Dezember, und am 13. Dezember geht es los, dann gilt ein neuer Fahrplan – und die Lokführer werden erst jetzt grob ein­geschult! Also, das Schlamassel ist vorprogrammiert.

Es ist vorprogrammiert das, was wir schon im Sommer und im Herbst erleben mussten: Verspätungen, das Ausfallen von Zügen, mangelhafte Information. Beim Hauptbahnhof sehe ich Selbiges lawinenartig wieder auf die gequälten Pendlerinnen und Pendler aus Wien Süd und aus dem östlichen Bereich, aus dem Burgenland niederprasseln. Und all das hat einen einfachen Grund, und dieser Grund hat drei „H“: Huber, der unbedingt bauen wollte, Häupl, der einen neuen Stadtteil haben wollte, und Hartig, der das orga­nisatorisch meines Erachtens nicht wird bewältigen können.

Frau Ministerin, da müssen sie jetzt rechtzeitig eingreifen. Ja eigentlich hätten Sie schon beim Fahrplan eingreifen müssen. Wir haben jetzt eine PendlerInnen-Aktion ge­habt, weil die Leute darunter leiden werden, was ab dem 13. Dezember verordnet ist beziehungsweise umgesetzt wird. Zum Beispiel können Mütter ihre Kinder nicht mehr in den Kindergarten bringen, weil der Zug zehn Minuten früher fährt und der Kindergar­ten erst später aufsperrt. Die sind in echter Not bei der Organisation ihres familiären Alltags. Ich kann Ihnen das entsprechende Mail gerne weiterleiten. Darauf wird bei der Gestaltung des Fahrplans leider viel zu wenig Bedacht genommen.

Es gibt noch andere Stichworte: Die ÖBB ist eine permanente Personalbaustelle. Der rot-schwarze Proporz oder schwarz-rote Proporz ist mehr oder weniger die „seidene


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 147

Schnur“ für jedes Unternehmen. Es hat doch keinen Sinn, nur deshalb, weil jemand die falsche Farbe hat oder weil er nicht ins Konzept passt, die Stellen völlig unbesetzt zu lassen.

Der Personenverkehr hat keinen Finanzverantwortlichen außer Halbmayr, der gleich­zeitig der Finanzverantwortliche für die ganze Holding ist. Die ÖBB sind eine Baustelle von Schwarz-Rot in personalpolitischer Hinsicht. Ich will gar nicht von Saxinger reden. Da ist nämlich ein elender Sumpf. So ließ sich Saxinger als Vorstand sozusagen nicht nur selbst zahlen, sondern kassierte auch noch Honorare für Tätigkeiten, die ohnehin innerhalb seiner Vorstandsarbeit erledigt werden sollten. Wenn es zusätzliche Arbeiten waren, dann hätte man sie ausschreiben müssen, dann hätten die Rechnungen von seiner Kanzlei gelegt werden müssen, dann hätte er als Rechnungsabsender nicht sei­ne Privatwohnung verwendet. Das ist ein Missstand sondergleichen – und das alles haben Sie geduldet!

Ich könnte noch auf so machen Misstand hinweisen, es gibt noch genügend, aber ich erwähne nur noch einen, nämlich was die Verhandlungen mit den Ländern über die be­stellten Verkehrsdienste beziehungsweise die bestellten PendlerInnen-Züge anlangt. Diesbezüglich haben wir in diesem Bericht – damit möchte ich den Bogen schließen zu meinem an den Herrn Fürnkranz ausgesprochenen Dank – eine wunderbare Balken­graphik, die zeigt, wie viel die einzelnen Länder bestellen; sie bestellen auch zu unter­schiedlichen Tarifen. In Tirol und in Vorarlberg wird gut gezahlt, in Niederösterreich hin­gegen wird geknausert. Das lässt man sich gefallen bei den ÖBB seit dem Jahr 1998.

So geht es doch nicht: dass man auf Kosten des Bundes Verkehr bereitstellt, und dann, wenn es den ÖBB schlecht geht, werden die Angebote einfach gestrichen, und dann bleiben die Leute auf der Straße stehen beziehungsweise müssen auf das Auto zurückgreifen.

20 Prozent mehr AutopendlerInnen – das ist das Resultat Ihrer negativen ÖBB- und der negativen Nahverkehrspolitik! Sie ist eine multicolore Negativpolitik: Sie ist negativ von Schwarz, sie ist negativ von Blau, sie ist negativ von Orange und leider nicht posi­tiv von Rot.

Frau Ministerin Bures, Sie hätten es in der Hand, endlich positive rote Signale zu ge­ben. Ich gebe Ihnen jetzt unsere PendlerInnen-Karten. Das, was der Bericht zeigt, ist wirklich nicht nur etwas für das Nachtkastl, sondern da müssten Sie täglich Arbeitsauf­gaben leisten und Übungsblätter füllen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

15.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Bundesministerin Bu­res. – Bitte.

 


15.29.05

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Viele von Ihnen kennen mich schon sehr lange aus meiner Tätigkeit hier im Hohen Haus und wissen daher, dass es wahrlich nicht gerade zu meinen Stärken gehört, Dinge schönzureden. Das habe ich auch in Bezug auf das Unternehmen Österreichische Bundesbahnen nicht vor. Aber ich hoffe, Sie werden verstehen, dass ich es nicht ohne Widerspruch hinnehmen wer­de, dass eines der größten österreichischen Unternehmen (Abg. Dr. Moser: Es ist das größte!), ein Infrastruktur-Unternehmen unseres Landes, auf das viele Menschen in Österreich stolz und angewiesen sind, schlechtgeredet wird, dass ein Unternehmen, das für so viele Menschen enorm wichtig ist, so lange schlechtgeredet wird, bis das passiert, was ein Redner gesagt hat und was sich einige Redner wohl wünschen: dass es verscherbelt wird. (Abg. Dr. Pirklhuber: Das wünschen wir uns nicht!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 148

Dafür werde ich nicht sein! Ich bin für eine starke Bahn, die für die Pendlerinnen und Pendler dieses Landes da ist! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage das deshalb, weil ich weiß, dass wir tagtäglich daran arbeiten müssen, dass sich dieses Unternehmen noch mehr an den Wünschen der Kundinnen und Kunden orientiert, dass dieses Unternehmen noch mehr darauf schaut, was die Menschen an Mobilität brauchen, was die Schülerinnen und Schüler an Mobilität brauchen. Aber mir ist es auch wichtig, dass einige von Ihnen auch zur Kenntnis nehmen, dass es zwar viel zu tun gibt und dass wir täglich daran arbeiten müssen (Abg. Dr. Pirklhuber: Eben!), dass dieses Unternehmen funktioniert, dass es aber bei weitem nicht so schlecht dasteht, wie das hier darzustellen versucht wird.

Ich kenne keinen Konzern, kein privates Unternehmen, keinen multinationalen Kon­zern, wo manche der eigenen Konzernunternehmer – und das sind wir alle hier, dass sind alle Österreicherinnen und Österreicher – das eigene Unternehmen derart schlecht machen und herunterreden, und zwar zum Schaden jener Menschen, die es brauchen, und jener, die dort beschäftigt sind. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Rädler. – Abg. Dr. Pirklhuber: Wir führen es nicht, wir zahlen dafür!)

Ich sage Ihnen jetzt nur ein paar Zahlen: Das Unternehmen Österreichische Bundes­bahnen fährt im Jahr 10 Milliarden Bahnkilometer. Wir müssen das auch gemeinsam fi­nanzieren. Der Bund stellt das Grundnetz zur Verfügung, und die Länder müssen na­türlich ihren Beitrag leisten. Und in der Nahversorgung müssen wir, damit wir diese Dichte an Versorgung sicherstellen können, alle mitzahlen.

Es fahren täglich 1,2 Millionen Menschen mit den Österreichischen Bundesbahnen. Und diese Menschen haben sich es nicht verdient, ununterbrochen so dargestellt zu werden, als müssten man sich genieren, überhaupt in einen Zug einzusteigen! Ich wie­derhole: 1,2 Millionen Menschen werden Tag für Tag von den ÖBB befördert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, alle haben jetzt das Wort „Weltklimagipfel“ im Mund. Ich möchte jedem, der es ernst nimmt mit dem Klimaschutz, sagen: Was wäre los in unserem Land, was den CO2-Ausstoß anlangt, wenn morgen die Bahn eingestellt würde? Wenn wir die Bahn so wie in Großbritannien privatisieren und so verludern las­sen würden, wie das in Großbritannien im Bereich Infrastruktur passiert ist, dann hätten wir Monat für Monat 360 000 Lkw mehr auf der Straße, weil die Bahn viele Güter be­fördert. (Abg. Hagen: Nehmen Sie sich an der Schweiz ein Beispiel!) Damit leistet die Bahn einen nicht unerheblichen Beitrag zum Klimaschutz, indem sie 9 Millionen Ton­nen Güter transportiert. Es sind ganz wichtige Dinge, die dieses Unternehmen leistet. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bin dafür, dass wir in diesem Unternehmen alle Maßnahmen optimieren, um für die Menschen eine noch bessere Leistung zu erbringen. Aber ich scheue nicht den inter­nationalen Vergleich. Und da kann ich Ihnen sagen: In Österreich werden mit der Bahn die zweitmeisten Menschen innerhalb der Europäischen Union befördert. Die Österrei­chischen Bundesbahnen sind auf Platz zwei beim Personenverkehr in der Europäi­schen Union. (Abg. Dr. Pirklhuber: Aber nicht bei der Qualität!) Und beim Güterver­kehr sind wir innerhalb der EU an der ersten Stelle. Wir haben den höchsten Anteil am Güterverkehr auf der Schiene in der gesamten Europäischen Union. 30 Prozent der Güter in Österreich werden von den Österreichischen Bundesbahnen auf der Schiene befördert.

Weil das gute Beispiel Deutschland gekommen ist: Dort sind es 10 Prozent, während in Österreich 30 Prozent der Güter auf der Schiene befördert werden und wir damit im EU-Spitzenfeld liegen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nun zum Vergleich mit der Schweiz, den ich ja auch immer wieder anstelle: Die Schweiz hat vor 10, 15, 20 Jahren Infrastrukturin-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 149

vestitionen getätigt. Ich bin froh darüber, dass wir das heute tun: dass wir heute Kon­junkturpakete schnüren, dass wir heute Investitionen in die Bahn tätigen, und zwar so hohe wie noch nie in der Zweiten Republik, dass wir hunderte Bahnhöfe in ganz Öster­reich sanieren, dass wir hunderte Eisenbahnkreuzungen sicherer machen, dass wir die Strecken über den Brenner, um den Güterverkehr auf der Schiene noch zu steigern, endlich ausbauen (Abg. Dr. Pirklhuber: 15 Milliarden für Autobahnen!) und nicht nur Spatenstiche vornehmen, Ankündigungen machen, sondern dass dort heute sieben Tage in der Woche, 24 Stunden am Tag hart gearbeitet wird, damit wir für unsere Kin­der eine moderne und ökologische Infrastruktur in Österreich haben. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Rädler.)

Ich lade wirklich alle hier im Hohen Haus ein – unabhängig davon, welcher politischen Partei Sie angehören –, mit einen Beitrag dazu zu leisten, dass wir mit den ÖBB ein starkes österreichisches Unternehmen haben, das für die Menschen und für den Wirt­schaftsstandort so wichtig ist. Gehen wir konstruktiv an die Arbeit – und nicht mit einem Zugang, wo wir Dinge, die zwar besser werden müssen, aber eigentlich nicht so schlecht sind, noch schlechter darstellen, als sie wirklich sind! Ich glaube, das ist eine Mentalität, die für die Menschen, die dieses Unternehmen brauchen, und die, die dort beschäftigt sind, nicht gut ist.

Wir haben bei den Österreichischen Bundesbahnen eine Vorwärtsstrategie, wir ha­ben klare Zielsetzungen, wie das Bahnnetz in den nächsten 20, 30 Jahren aussehen muss. Wir haben klare Finanzierungsvorgaben für dieses Unternehmen. Und ich habe klare Vorgaben an das Management, das daran gemessen wird, dass sich die Men­schen auf die Bahn verlassen können müssen, dass die Bahn pünktlich sein muss und dass das Verhältnis von Straße und Schiene zugunsten der Schiene noch verbessert wird, indem noch mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene gebracht wird.

Ich glaube, wenn wir alle an diesen Zielsetzungen arbeiten – ohne zerstörerische, son­dern mit positiver Energie –, dann werden wir, der Wirtschaftsstandort und die Men­schen in unserem Lande, von diesem Unternehmen noch stark profitieren.

Im Übrigen bin ich der Auffassung, dass die Privatisierung dieses Infrastrukturunter­nehmens der Untergang für dieses wichtige Unternehmen wäre. Daher kann ich nur sagen: Solange es in meiner politischen Verantwortung liegt, so lange wird es zu kei­ner Privatisierung der ÖBB kommen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Rädler. – Abg. Dr. Pirklhuber: Das hat niemand von uns verlangt!)

15.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Hell zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.36.43

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bundesministe­rin! Geschätzte Damen und Herren! Vorerst einmal ein herzliches Dankeschön, Frau Bundesminister, dass Sie zum Unternehmen ÖBB stehen und dass Sie vor allem zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in diesem Unternehmen stehen, die tagtäglich 24 Stunden am Tag hervorragende Arbeit leisten und die sich diese Diskussion, wie sie hier in diesem Haus geführt wird, wirklich nicht verdient haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Manchmal frage ich mich wirklich, ob Abgeordnete, die hier herinnen zu den ÖBB, zu Eisenbahn und Schienenverkehr sprechen, wissen, wie ein Eisenbahnbetrieb über­haupt funktioniert. Der heute hier vorliegende Bericht weist keine lapidaren Aufzählun­gen auf, sondern liefert wirklich eine konkrete Darstellung und gibt einen Einblick in die Entwicklung des heimischen Eisenbahnunternehmens und Eisenbahnmarktes im Be­richtsjahr 2008.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 150

Derzeit teilen sich 24 Eisenbahnverkehrsunternehmen den österreichischen Markt, und zwar vor allem im Bereich des Güterverkehrs. Voraussetzung für die Entwicklung eines funktionierenden liberalisierten Schienenverkehrs ist ein fairer Wettbewerb und die ent­sprechenden Bedingungen, dass dieser Wettbewerb auch tatsächlich stattfinden kann.

Ich möchte nun auf zwei Punkte näher eingehen. Der erste ist der Einsatz der techni­schen Überwachung. Ziel des österreichischen Eisenbahnbetriebes war und ist es, das hohe Sicherheitsniveau, das Österreich im Schienennetz hat, auch weiterhin auf­rechtzuerhalten. Alle das österreichische Schienennetz befahrenden Eisenbahnver­kehrsunternehmen sind eigenständige Unternehmen und entziehen sich dadurch allen ÖBB-konzerninternen Kontrollen. Daher war es notwendig, eine eigene Abteilung, die technische Überwachung, zu schaffen, um das hohe Sicherheitsniveau in Österreich sicherzustellen.

Nach für alle EVUs geltenden standardisierten Checks werden Züge, Waggons, Trieb­fahrzeuge, aber auch das Triebfahrzeugführerpersonal kontrolliert. Dieser Bericht zeigt, wie wichtig diese Überprüfungen sind, wenn von den 4 695 Kontrollen bei 35 Prozent Abweichungen von den Normen festgestellt wurden, auch wenn in bestimmten Berei­chen, wo es um mittlere und leichte Fehler gegangen ist, leichte Rückgänge zu ver­zeichnen gewesen sind. Diese Überprüfungen sind gerade im Hinblick auf die Liberali­sierung des Personenverkehrs besonders notwendig und wichtig.

Einen sehr guten Einblick gibt dieser Bericht auch in den Bereich der Marktentwick­lung im Güter- und Personenverkehrsbereich. Daraus geht hervor, dass im Güter­verkehrsbereich bereits 10 Prozent der Marktanteile von privaten Eisenbahnverkehrs­unternehmen bewältigt werden. In gewissen Abschnitten sind es sogar noch mehr. Im Tiroler Bereich sind es sogar schon 50 Prozent.

Betrachtet man dazu auch noch die Auslastung der Züge, stellt man fest, dass private Eisenbahnverkehrsunternehmen eine Zugsauslastung von 1 233 Tonnen im Güterver­kehr haben, die ÖBB hingegen nur 961 Tonnen.

Da zeigt sich, dass die ÖBB-Firma Rail Cargo Austria durch ihren gesetzlichen Auf­trag – die Bedienung von lokalen Verschubgüterzügen oder die Bedienung von An­schlussbahnen – Wettbewerbsnachteile gegenüber privaten EVUs hat, die überwie­gend Ganzzüge führen.

Sehr geschätzte Damen und Herren, dieser Bericht zeigt eindeutig die Leistungen, die im Bereich des Schienenverkehrs in Österreich erbracht werden, und er ist hervorra­gend abgefasst.

Ein paar Worte zu jenen Damen und Herren, die in den letzten Wochen und Monaten inhaltlich falsche und sachlich nicht fundierte Kritik an die 42 000 Eisenbahnerinnen und Eisenbahner gerichtet haben: Ich möchte hier noch einmal deponieren, dass seit 1. Jänner 1995 alle Eisenbahner nach dem ASVG aufgenommen werden.

Es waren Schwarz-Blau/Orange, die das Unternehmen in 18 Firmen aufgeteilt haben. Inzwischen gibt es – inklusive Töchterfirmen 24 Betriebe. Seit 1. Jänner 2004 gilt für alle Firmen das Arbeitsverfassungsgesetz, gemäß dem die Betriebsräte gewählt wer­den, und es gibt genauso viele freigestellte Betriebsräte, wie es dieses Gesetz vor­sieht, das für alle Betriebsratskörperschaften in Österreich Gültigkeit hat – also 101 statt 160, wie heute Vormittag fälschlicherweise wieder berichtet worden ist; nehmen Sie das bitte zur Kenntnis. Danke für diesen hervorragenden Bericht! (Beifall bei der SPÖ.)

15.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Rädler zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 151

15.41.43

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Bundesministerin, Sie haben schon recht mit Ihrer Situationsschilderung betref­fend Bundesbahn, Frau Bundesministerin, und wir stehen auch zu dieser Bahn, denn gerade der ländliche Raum braucht die Bahn als Wirtschaftsfaktor, für die Ver­sorgungssicherheit, hinsichtlich des Verkehrsaufkommens, aber auch aus ökologischer Sicht.

Wenn wir heute den Schienen-Control-Bericht diskutieren, so stellen wir fest, dass sehr positive Dinge in diesem Bericht stehen wie zum Beispiel, dass das Güterverkehrsauf­kommen ein Plus – wenn auch nur von 0,3 Prozent – zu verzeichnen hat und das Per­sonenverkehrsaufkommen ein Plus von 3,3 Prozent, dass es aber auch Infrastruktur­entgelte in der Höhe von 438 Millionen € gibt; davon 19 Millionen € von Privaten.

Die 17 privaten Betreiber haben bereits einen Marktanteil von rund 10 Prozent. Wenn wir uns die Modernisierung und die Attraktivität der Westbahnstrecke anschauen – das wird ein wichtiger Faktor gerade in Niederösterreich sein –, dann sehen wir, dass das auch lukrativ und interessant für private Anbieter werden wird. (Abg. Großruck: Ja­wohl!)

Mich verwundern nur ein bisschen die Aussagen der beiden Vorredner aus Niederös­terreich. Herr Abgeordneter Heinzl, wenn Sie davon sprechen, dass gerade auf der Pendlerstrecke von Wiener Neustadt nach Wien eine Verbesserung der Situation ein­getreten ist, dann frage ich mich, woher Sie diese Zahlen haben. (Abg. Heinzl: Aus dem Control-Bericht! Das haben Sie offenbar nicht gelesen! Lesen Sie ihn!)

Schauen Sie sich die Realität und die Wirklichkeit an! Innerhalb von zwei Tagen haben wir in einer einzigen Gemeinde an der Aspang-Bahn 600 Unterschriften gesammelt, weil da am 13. Jänner eine Fahrplanänderung zum Nachteil der Pendler erfolgte. – Für solche Dinge sollten Sie sich als Verkehrssprecher der SPÖ und besonders als nieder­österreichischer Abgeordneter einmal einsetzen! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Heinzl.– Auch wenn Sie laut werden, es stimmt nicht. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Bucher.)

Herr Abgeordneter Hell möchte Ping-Pong zwischen Schwarz, Blau und Orange spie­len, die alle an der Situation bei den Bundesbahnen Schuld hätten oder wie auch im­mer. (Abg. Heinzl: Nur Schwarz haben Schuld, oder Orange auch ein bisschen ...!) Reden wir nicht darüber, wie wir das politisch zuordnen können, sondern reden wir da­rüber, wie wir den Fahrgästen in Zukunft eine attraktive Bundesbahn anbieten kön­nen! – Das wäre mein Wunsch. (Beifall bei ÖVP und BZÖ. Zwischenrufe bei der SPÖ.)

15.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Stauber. – Bitte.

 


15.44.07

Abgeordneter Peter Stauber (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Frau Minis­terin! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Alles in allem ist das ein äußerst positiver Bericht, der auch die Leistungen unserer Frau Ministerin in den Vordergrund stellt. Wenn jetzt auch Herr Kollege Rädler erkannt hat, dass es doch auch sehr posi­tive Aspekte in diesem Bericht gibt, dann bin ich wieder ein bisschen besser gestimmt, denn man hat ja bis jetzt nur versucht, das Negative in diesem Bericht zu suchen.

Frau Kollegin Moser, wenn Sie an unserer österreichischen Bahn nur Negatives gefun­den haben (Abg. Dr. Moser: Dann haben Sie nicht zugehört!), dann kann ich mit Ihnen nicht ganz mitgehen, denn ich glaube, gerade Sie müssten daran interessiert sein, dass unsere Bahn noch besser wird, noch mehr ausgebaut wird – und wenn man aus-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 152

baut, dann kommt es eben auch zu Behinderungen, und Behinderungen drücken sich dann natürlich auch in Verspätungen aus. Das kann passieren, aber die ÖBB und die Frau Ministerin arbeiten daran, dass diese Dinge behoben werden und wir unsere Bahn dort hinbringen, wo wir uns das alle wünschen.

Dieses wirtschaftlich schwierige Jahr hat auch vor den ÖBB nicht haltgemacht. Bis zur Jahresmitte war das Ergebnis noch äußerst gut, aber danach ist natürlich auch bei den ÖBB die Wirtschaftskrise spürbar geworden. Trotzdem wurde ein Plus von 0,3 Prozent beim Güterverkehrsaufkommen festgestellt, und ich meine, das ist sehr positiv. Positiv sind auch alle Verbesserungen, die im Rahmen der letzten Jahre durchgeführt wurden. So haben sich der railjet-Verkehr München – Wien – Budapest beziehungsweise auch die Verbesserung der Verdichtung mit Zugspaaren zwischen Wien und Prag äußerst positiv ausgewirkt.

In diesem Bericht kommt auch zum Ausdruck, dass die durchschnittliche Reiseweite je Fahrgast 49 Kilometer im Jahr 2007 und 45 Kilometer im Jahr 2008 beträgt, und ich denke, damit ist auch die Bedeutung des Nahverkehrs mit zum Ausdruck gebracht – in dieser unserer Umweltsituation eine äußerst positive Sache. Arbeiten wir gemeinsam an der Verbesserung unserer Bahn!  Wir brauchen sie. (Beifall bei der SPÖ.)

15.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Singer. – Bitte.

 


15.46.24

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Bericht der Schienen-Control GmbH gibt ausführlich Auskunft über das österreichische Eisenbahnnetz mit einer Länge von 6 383 Kilome­tern, wobei die Betriebslänge des größten Betreibers, der ÖBB, 5 664 Kilometer be­trägt.

Wenn man sich das Streckennetz im Vergleich zu anderen europäischen Ländern an­sieht, so ist interessant, dass wir mit 687 Kilometern auf 1 Million Einwohner doch be­trächtlich über dem EU-Schnitt mit 430 Kilometern liegen, aber auch über jenem des Eisenbahnmusterlandes Schweiz mit 474 Kilometern. Größere Streckennetze haben die Tschechen mit 924 Kilometern und die Ungarn mit 791 Kilometern.

Die Länge des Streckennetzes sagt jedoch nur bedingt etwas über die Qualität aus. Viel mehr hat die Frage der Pünktlichkeit etwas damit zu tun. Vor allem Pendler kritisie­ren zu Recht häufige Verspätungen. So ist im Jahr 2008 im Personen-Fernverkehr die Pünktlichkeit um 5,9 Prozentpunkte auf 73,5 Prozent gefallen. Als Hauptursache dafür werden verspätete Übergabezüge durch die Nachbarbahnen, Bauarbeiten, Anlagestö­rungen und Langsamfahrstellen genannt. Es ist sehr begrüßenswert, dass mit Mitteln des Konjunkturpaketes die Anzahl der Langsamfahrstrecken reduziert wird.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Qualität des öffentlichen Nahverkehrs gilt als Maßstab der Lebensqualität im ländlichen Raum. Verlagerungen zum Individualverkehr auf die Straße erhöhen einerseits die Schadstoffbelastung und andererseits das Si­cherheitsrisiko der Verkehrsteilnehmer, worüber wir ja heute schon debattiert haben.

Meiner Überzeugung nach ist daher eine attraktive Zugsverbindung zwischen Linz und Graz – der zweit- und der drittgrößten Stadt Österreichs – ein wichtiges Anliegen. Da­für sind sowohl bauliche Maßnahmen als auch eine kundenfreundliche Gestaltung der Fahrpläne notwendig. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

15.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 153

15.48.50

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Frau Präsident! Frau Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Man sieht schon in der Diskussion, dieser Bericht gibt natürlich Zündstoff, da vieles zu verbessern ist. Es gibt zwar einige Dinge, die sich positiv entwickelt haben, aber es gibt durchaus Dinge – im Bereich Unpünktlichkeit und Verspätungen beziehungsweise insgesamt in der Dienstleistungsqualität –, bei denen es Verbesserungsbedarf gibt.

Aus meiner Sicht ist das mit Entschädigungszahlungen für unzufriedene Kunden nicht gelöst. Wir müssen insgesamt versuchen, das Management im Bereich der Bahn zu optimieren und auszubauen. Positiv ist, wie dem Bericht zu entnehmen ist, dass auch zunehmend privater Wettbewerb stattfindet, weil diese Infrastruktur ja insgesamt ho­he Budgetmittel erfordert. Ich glaube, es ist wichtig, dass es einen Wettbewerb auf der Schiene gibt und dass schon 17 Private diese Dienstleistungen anbieten. Speziell bei uns in Tirol ist das durchaus positiv, weil es einfach dazu beiträgt, die Straßen zu ent­lasten.

Aus meiner Sicht ist es aber für die Zukunft entscheidend, dass wir die Forderungen, die uns dieser Bericht mitgibt, umsetzen, und dass wir die Mängel, die dieser Bericht aufzeigt, mit Nachdruck abbauen, Qualitätssteigerung auf allen Ebenen vornehmen, die Kundenzufriedenheit steigern und insgesamt das System verbessern.

Ziel von all dem muss es insgesamt sein, dass wir den zunehmenden Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagern, dass wir im Personen-, aber auch im Güterverkehr zufriedene Kunden haben und dass wir insgesamt – ich glaube, da sind wir uns einig – das Bekenntnis zur Schiene dadurch zeigen, dass wir die Bahn unterstützen, auch in Zukunft auf die Bahn vertrauen und ihr Kraft für die Zukunft geben. Vielen Dank. (Bei­fall bei der ÖVP.)

15.50


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Letten­bichler zu Wort. – Bitte.

 


15.50.43

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Bundesministerin! Hohes Haus! Angesichts der gerade in Kopenhagen statt­findenden Klimakonferenz möchte ich an dieser Stelle die große Bedeutung des öffent­lichen Personennahverkehrs hervorheben und dabei aber auch die Rolle der ÖBB ein wenig durchleuchten.

Unbestritten ist, dass die Bemühungen der Bundesbahnen, gerade im Fernverkehr Verbesserungen herbeizuführen, durchaus vorhanden sind. Die Einführung des railjet ist eine solche, und als Regionsabgeordneter freut es mich, dass es in Verhandlungen mit den ÖBB gelungen ist, für das Tiroler Unterland zusätzliche Halte in Wörgl und Jen­bach zu erreichen. Mit dem Fahrplanwechsel im nächsten Jahr wird es auch zu Zwi­schenstopps in Kufstein kommen.

Beim Nahverkehr ist vor allem aber das finanzielle Engagement der ÖBB enden wol­lend. Da muss mittlerweile fast jeder Schienenkilometer durch die öffentliche Hand – sprich: die Länder – bestellt und gekauft werden. So greift das Land Tirol tief in die Ta­schen, um auch weiterhin ein attraktives Angebot bieten zu können.

Wir wollen den Umstieg von der Straße auf die Schiene weiter vorantreiben und damit auch weiterhin einen wesentlichen Beitrag für den Umweltschutz leisten. Gerade ges­tern wurde dazu in Tirol ein Meilenstein gesetzt. Mit der Unterzeichnung des neuen Nahverkehrsdienstevertrags wird unseren Pendlern, unseren Studentinnen und Stu­denten und Schülerinnen und Schülern ein wiederum stark verbessertes Angebot offe­riert.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 154

Dieser zukunftsweisende Vertrag wurde auf 10 Jahre abgeschlossen, und jährlich schießt das Land alleine für die Nahverkehrszüge 26 Millionen € zu. Zum Vergleich: Heuer waren es 20 Millionen €. Die für Tirol fixierte Bestellleistung beträgt unglaubliche 6,6 Millionen Zugkilometer. Dies bedeutet eine Steigerung von 730 000 Kilometern. Si­cherlich ein großartiger Wurf, der da gelungen ist – jedoch teuer erkauft.

Die Bundesbahnen lassen sich diese Verbesserungen von den Ländern fürstlich ent­lohnen. Dabei ist es doch eigentlich ihre ureigenste Aufgabe, ihre Passagiere, ihre Gäste von Ort A zu Ort B zu bringen.

Ich fordere daher, Frau Minister, dringendst Reformen bei den ÖBB ein. Es sollen Mit­tel freigemacht werden, um auch ohne millionenschwere Ländersubventionen einen ef­fizienten Nahverkehr zu ermöglichen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Dr. Jarolim: ... die Niederösterreicher ...!)

15.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Hagen zu Wort. – Bitte.

 


15.53.16

Abgeordneter Christoph Hagen (BZÖ): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr ge­ehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich muss mich noch kurz zu Wort melden, da ich einiges nicht so einfach im Raum stehen lassen kann.

Die Frau Bundesminister hat vorhin davon gesprochen, dass Österreichs Beförde­rungszahlen im EU-Raum sehr gut sind, aber sie hat dann schon angesprochen, dass die SBB – die Schweizer Bundesbahn – vor 15 Jahren privatisiert worden ist. Wenn man nicht nur die EU-Staaten hernimmt, sondern ganz Europa, dann ist die SBB so­wohl bei der Personenbeförderung als auch bei der Güterbeförderung Spitzenreiter. (Beifall beim BZÖ.)

Das heißt meiner Meinung nach, meine Damen und Herren, dass wir in Österreich 15 Jahre zu spät dran sind. – Das haben Sie selbst eingestanden, Frau Minister, und da müssen wir den Fehler suchen! Das haben wir dem Kollegen Haberzettl mit seiner roten Bonzengewerkschaft zu verdanken, und das ist etwas, das aufgeräumt gehört. (He-Rufe bei der SPÖ. Abg. Mag. Wurm: Unglaublich!)

Frau Minister, ich fordere Sie auf, diesen Privilegienstadel ÖBB auszuräumen! Misten Sie aus, dann sind Sie am richtigen Weg! (Beifall beim BZÖ. Abg. Haberzettl: Das war aber eine schwache ... Rede!)

15.54

15.54.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Frau Berichterstatterin wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, den vorliegenden Bericht III-93 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (Abg. Heinzl: Herr Kolle­ge Rädler, es freut mich, dass Sie da auch dabei sind! Abg. Rädler: Verbesserungs­würdig!)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufrechterhaltung der Direkt­zugsverbindung zwischen Graz und Bregenz.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist nicht die Mehrheit und damit abgelehnt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 155

15.55.3720. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (466 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz und das Arzneimittelgesetz geändert werden (549 d.B.)

21. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 743/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausdehnung
des Arzneimittel-Bewilligungs-Service auf Privatrezepte für Medikamente, die unter das Suchtgiftgesetz beziehungsweise die Psychotropenverordnung fallen (550 d.B.)

22. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 699/A(E) der Abgeordne­ten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einhaltung des Gleich­heitsgrundsatzes bei Rezeptabrechnungen (553 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 20 bis 22 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. Freiwillige Redezeitbe­schränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


15.56.38

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Frau Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Mit dem Medizinprodukte- und dem Arzneimittelgesetz wurde eine Chance vertan, nämlich die Chance, dem Verbraucherschutz stärker Rechnung zu tra­gen, indem es zu einer noch schärferen Abgrenzung zwischen der Definition eines Arz­neimittels und jener eines Medizinproduktes gekommen wäre. Medizinprodukte dürfen beim Verbraucher nämlich nicht den Eindruck erwecken, Arzneimittel zu sein. Dem Verbraucher kann man es auch nicht zumuten, hinsichtlich Begriff und Wirkstoff nicht bekannter Substanzen zu differenzieren.

Da haben wir in Österreich uns eher auf die EU verlassen, die EU lässt sich bei der Ausgestaltung des Gesetzes jedoch Zeit. Ein nationaler Alleingang wäre da eine Mög­lichkeit gewesen, aber diese Chance ist leider verpasst worden. Überhaupt hat der Patient und der Konsument im Bereich der Medikamentensicherheit in Österreich nicht unbedingt die besten Karten.

Es gibt in Europa die Unart – die gefährliche Unart! – des Umpackens und Umdatie­rens von Medikamenten. Ich möchte nur schnell das Prinzip davon erklären: Es läuft in etwa so ab, dass in einem Land innerhalb der EU, in dem Medikamente billig verkauft werden – Preisschwankungen sind ja vorhanden –, Medikamente in großem Stil von Großhändlern angekauft werden, dann ausgepackt, umgepackt und mit neuer Spra­che, neuem Ablaufdatum und dergleichen versehen werden und in einem Land, in dem sie teurer verkauft werden können, auf den Markt gebracht werden. – Das kritisieren wir schon lange, und da hätten wir uns auch erwartet, dass mehr auf den Verbraucher­schutz Wert gelegt worden wäre.

Besonders dramatisch wird es aber dann, wenn staatliche Behörden sich anmaßen, bei dieser Art des Umpackens und Umdatierens mitzumachen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 156

Wir sind im Rahmen der Behandlung dieses Gesetzes mit einem Abänderungsantrag zur Regierungsvorlage 466 der Beilagen konfrontiert worden, in dem die Regierungs­parteien gemeint haben, die durch die Notfallplanung und die Pandemie vorhandenen Medikamentenbestände, die zum Glück nicht gebraucht werden, jetzt einfach auf den Markt werfen zu können. Es wurde also ein entsprechender Gesetzentwurf vorgelegt. Das heißt, schlicht gesagt und in kurzen Worten: Es soll einfach das Haltbarkeitsdatum ausgedehnt werden, sagen wir von 2009 auf 2011.

Dazu gab es dann eine Ausschussfeststellung, in der es heißt, das Medikament darf in Umlauf gebracht werden, wenn die Qualität, die Wirksamkeit und Sicherheit gegeben sind. – Das ist Absurdistan! Ein No-na-net-Gesetz ist das, beziehungsweise eine No-na-net-Feststellung!

Meine Damen und Herren! Ich halte es für eine gefährliche Drohung, wenn das Minis­terium versucht, bei einem Vertrag, der abgeschlossen wurde und der für die Republik nicht günstig war, weil offensichtlich zu teuer und zu viel eingekauft wurde, auf diese Art und Weise das Geld wieder zurückzulukrieren. Das Geld wiederzubekommen ist zwar eine gute Sache, aber die Art und Weise, wie das geschehen soll, ist nicht im Sin­ne der Patienten und der Konsumenten. Wir stimmen deshalb diesem Gesetz nicht zu. (Beifall bei der FPÖ.)

15.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Spindelberger zu Wort. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


16.00.04

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Dr. Karlsböck, mir wäre es recht, wenn man nicht immer alles schlechtreden und auch ein bisschen bei der Wahrheit bleiben würde, denn Faktum ist, dass wir weltweit eines der sichersten Arzneimittelgesetze und auch eines der sichersten Medizinpro­duktegesetze haben.

Aber wir haben im Ausschuss auch festgestellt, dass besondere Umstände besondere Regeln erfordern. Deswegen war die Notwendigkeit gegeben, sowohl das Medizinpro­duktegesetz als auch das Arzneimittelgesetz dem EU-Recht anzupassen, um so sogar eine Verbesserung des europäischen Zulassungssystems herbeiführen zu können. Konkret geht es ja darum, dass nun auch Altzulassungen von Arzneimitteln – also jene, die in Österreich schon lange zugelassen sind – EU-konform evaluiert werden können, damit in Zukunft eine Gleichbehandlung aller Arzneimittel gewährleistet ist.

Ebenso wurde, wie Sie richtigerweise gesagt haben, in der Vorwoche im Gesundheits­ausschuss von den Regierungsparteien ein Abänderungsantrag eingebracht, der er­möglicht, dass es – wie eingangs erwähnt – eine Sonderregelung betreffend der Abga­bewege, zum Beispiel beim H1N1-Grippefall und für den dazu zugelassenen Impfstoff, geben soll.

Das bedeutet in weiterer Folge, dass Arzneimittel, die im Zuge der Vorsorgemaßnah­men im Rahmen einer Epidemie, einer Krisensituation oder einer Pandemie – wie dies auch im Fall der von der Weltgesundheitsorganisation anerkannten und ausgerufenen Pandemie der Fall ist – vorrätig gehalten werden können, wieder in den üblichen Ver­triebsweg eingeführt werden dürfen, um eben die Lagerbestände umwälzen zu können.

Aber, Herr Dr. Karlsböck, bleiben wir bei der Wahrheit: Es dürfen – und das sagt auch unser Abänderungsantrag aus –, wenn im Bereich eines Zivil- und Katastrophenschut­zes bevorratete Arzneimittelspezialitäten gelagert wurden, diese über deren Ablauf nur dann verwendet werden, wenn es vorher eine fachliche Untersuchung durch das Arz-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 157

neimittelkontrolllabor der AGES gegeben hat und diese bestätigt, dass die Wirksamkeit gegeben und die Qualität unbedenklich sind.

Mit der Beschlussfassung der vorliegenden Novelle zum Medizinproduktegesetz wer­den daher neben den notwendigen EU-Anpassungen auch relevante nationale Aufga­benstellungen umgesetzt, wie etwa Zuordnungen über die Vorschriften für die Akkredi­tierung und die Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung der medi­zinischen Produkte. (Beifall bei der SPÖ.)

16.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haub­ner. – Bitte.

 


16.02.58

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Grundsätzlich könnte das Medizinproduktegesetz die Zustimmung des BZÖ finden, vor allem weil es sich dabei um Verbesserungen des europäischen Zulassungssystems handelt – speziell um eine bessere klinische Bewer­tung und vor allem auch um die Erweiterung des Medizinproduktebegriffes auf Soft­ware. Dem ist grundsätzlich zuzustimmen, aber was wir vehement kritisieren ist das, was auch meine Vorredner hier gesagt haben, nämlich die Medikamentensicherheit unter Punkt 7, die Sonderbestimmungen im Zusammenhang mit Krisensituationen.

Jene Kolleginnen und Kollegen, die im Ausschuss gewesen sind, können sich erinnern, dass es einen sogenannten Abänderungsantrag gegeben hat, und wir haben damals schon gesagt, dass das eine Anlassgesetzgebung ist – eine Anlassgesetzgebung des­halb, weil wahrscheinlich zu viel Impfstoff für die sogenannte Schweinegrippe eingela­gert wurde und man jetzt im Grunde nicht weiß, was man damit tun soll. Was Sie heute in einer Tageszeitung lesen können, bestätigt dies. Dort steht:

„Schweinegrippe-Impfung wird ein Flop. 600 000 Impfdosen lagern derzeit in ganz Ös­terreich. Schweinegrippe: 200 000 geimpft, Influenza: 1 Mio.“ (Abg. Dr. Oberhauser: Da geht es um Tamiflu ... !)

Man spricht also von Ladenhütern, die gelagert werden – und daher ist für uns diese Sonderbestimmung auch nichts anders als eine Legalisierung des Verkaufs dessen, was man nicht anbringt. Daher, denke ich, ist es gerade im Rahmen der Arzneimit­telsicherheit und der Medizinproduktesicherheit fahrlässig, so zu handeln – und daher werden wir gerade diesem Punkt unsere Zustimmung nicht geben. (Beifall beim BZÖ.)

16.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Sonnberger zu Wort. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


16.05.18

Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Recht steht im Mittelpunkt des Entwurfes zur Änderung des Medizinprodukte- und des Arz­neimittelgesetzes. Dabei geht es vor allem um die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend aktive implantierbare medizinische Geräte sowie um das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten.

Die Sonderregelung über die Vertriebswege hat bereits Kollege Spindelberger sehr kompetent vorgetragen, ich kann mir daher die Wiederholung ersparen. Natürlich steht auch die Sicherheit der Konsumenten, der Patienten im Vordergrund, und das wurde auch durch eine Ausschussfeststellung im Ausschuss extra festgehalten.

Ich ersuche um Annahme dieses Abänderungsantrages! (Beifall bei der ÖVP.)

16.06



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 158

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser zu Wort gemeldet. Sie kennen die GOG-Bestim­mungen. – Bitte.

 


16.06.26

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Abgeord­nete Haubner hat, Bezug nehmend auf den heutigen Artikel in „ÖSTERREICH“, be­hauptet, dass dieses Gesetz geändert worden sei, um den extra für diese Pandemie produzierten Impfstoff bis 2011 abzugeben. – Das ist falsch.

Es handelt sich um Tamiflu, das damals noch unter Bundesministerin Rauch-Kallat, glaube ich, gekauft wurde. (Abg. Dr. Jarolim: Jetzt haben Sie ihn da! Abg. Haubner hält den von ihr zuvor zitierten Artikel in die Höhe.) Einen Impfstoff, den man extra für einen Grippestamm produziert, kann man wahrscheinlich schon 2010 oder 2011 auf keinen Fall mehr verwenden, weil der Grippestamm nicht der gleiche sein wird. – Nicht alles, was in der Zeitung steht, ist wahr! (Beifall bei der SPÖ.)

16.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Spadiut zu Wort. – Bitte. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Dr. Jarolim und Haubner.)

 


16.07.12

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Geschätzte Frau Präsident! Herr Minis­ter! Meine Damen und Herren! In Österreich wird es Personen leicht gemacht, sich pri­vat Rezepte für Medikamente zu besorgen, die psychotrope Stoffe enthalten. Diese Medikamente können dann für den Eigenverbrauch Verwendung finden, sie können aber auch weitergegeben werden. Ich möchte niemanden kriminalisieren, aber die Weitergabe dieser Medikamente als Drogenersatz wird immer häufiger praktiziert.

Es ist schon richtig, dass man diese Medikamente nicht einfach verbieten kann, sie er­zeugen aber, in Verbindung mit Alkohol konsumiert, starke Rauschzustände, die sogar zum Tod führen können. Berichte aus den USA, wo diese Medikamente frei erworben werden können – zum Beispiel in den Supermärkten – bestätigen diese Aussage. Ös­terreich ist auf dem Gebiet der Suchtgiftprävention und -bekämpfung eines der führen­den Länder, man sollte aber keine Möglichkeit auslassen, diese noch zu verbessern.

Im Zusammenhang mit dem Rollout der e-card wurden die niedergelassenen Ärzte, die Kassenverträge haben, mit dem Arzneimittelbewilligungssystem ausgestattet. Mit die­sem Arzneimittelbewilligungssystem können sich Ärzte chefarztpflichtige Arzneimittel auf elektronischem Weg bewilligen lassen. Damit lässt sich rückverfolgen, welcher Arzt welches Medikament welchem Patienten verschrieben hat. Dieses Arzneimittelbewil­ligungssystem ließe sich auch für die Erfassung von Medikamenten, die psychotrope Stoffe enthalten, verwenden.

Österreich sollte alles tun, um zu verhindern, dass Arzneimittel, die psychotrope Stoffe enthalten, über unredlich erworbene Privatrezepte beschafft werden können. Dazu sind in Österreich die EDV-gestützten Informationssysteme zu verwenden. Man sollte eine zentrale Stelle einrichten, die im Bereich aller mit der Rezeptabrechnung befassten So­zialversicherungsträger die Datenerfassung aller Medikamente, die psychotrope Stoffe enthalten, über das ABS erfasst. Dabei sind auch die Privatärzte einzubinden.

Wir wollen nichts anderes, als das erfasst wird, wie viele Medikamente, die psycho­trope Stoffe enthalten, bezogen und von den Ärzten verschrieben werden. Anhand die­ser Zahlen können wir dann feststellen, ob die Handlungsweise bei der Abgabe dieser Medikamente geändert werden soll.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 159

Meine Damen und Herren! Bei aller Effizienz unseres Drogenbekämpfungsprogramms wäre dies eine nächste Möglichkeit, eine Lücke zu schließen! (Beifall beim BZÖ.)

16.10


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Grüne­wald zu Wort. – Bitte.

 


16.10.16

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Ich gebe schon zu, dass kein Gesetz zu 100 Prozent perfekt ist – trotzdem ist diese Änderung des Medizinprodukte- und des Arzneimittelgesetzes eine klare Ver­besserung. Sie setzt eine EU-Richtlinie um, die letztlich auch die Patientensicherheit – über Arzneimittelsicherheit und Arzneimittelproduktsicherheit – betrifft. Das geht von Implantaten über genetisch veränderte Zellen, die therapeutisch genutzt werden kön­nen, bis hin zu Tumorantikörpern und allem anderen.

Sie wissen, dass die Abgrenzungen teilweise schwere Rechtsunsicherheit bei klini­schen Versuchen oder gar Fehler bei klinischen Versuchen und bei Definitionen er­bracht haben, die ungünstig waren – um nicht zu sagen: die teilweise gegen die Be­stimmungen von EU und Ethikkommissionen verstoßen haben.

Es ist entscheidend, dass Daten klinischer Prüfungen in Europa zentral gesammelt werden und natürlich auch Einsicht darin möglich ist. Das verhindert, dass Daten ver­schwinden, eventuell manipuliert, beschönigt oder hintangehalten werden, dass Versu­che aufgrund angeblich zu geringer Zahlen, die aber gar nicht so gering sind, wieder­holt werden. Also solche Register sind jedenfalls sinnvoll!

Sinnvoll ist auch, dass es eine EU-Richtlinie gibt, die der Sicherheit von Medikamenten für minderjährige Jugendliche – ja, auch Neugeborene – dient, und dazu sind eben un­ter bestimmten strengen Voraussetzungen und maximaler Schonung der jungen, klei­nen Patientinnen und Patienten klinische Versuche nötig, um da nicht Experimente an Kindern durchzuführen – das ist ein großer Fortschritt! Das hat zuerst Bedenken her­vorgerufen, aber alle Bedenken konnten wirklich wissenschaftlich und ethisch widerlegt werden, daher stimmen wir diesem Gesetz zu.

Wir würden uns nur noch wünschen, dass die Europaratskonvention über Biomedizin und Ethik doch endlich von der Republik Österreich ratifiziert würde, um damit ethi-
sche Lücken zu schließen und einen Schritt weiter zu gehen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter List zu Wort. – Bitte.

 


16.13.01

Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Gesundheitsminis­ter! Ein Bereich in dieser Gesundheitsdebatte ist noch offen, nämlich die aufgedeckten Missstände und Probleme bei den Sozialversicherungsträgern.

Zur Ausgangslage: Ältere und kranke Menschen sind auf die vorhandenen Infrastruktu­ren von Ärzten und Hausapotheken angewiesen, um ihr Rezept dort sofort einlösen zu können. Das ist aber nicht überall möglich, weil sich einige Kassen weigern, die Haus­apothekenabrechnungen über das elektronische Datenaustauschsystem abzuwickeln.

Dadurch werden betagte Patienten leider gezwungen, ihre Arzneimittel vorzufinanzie­ren. Sie müssen Geld für Arzneimittel auslegen, die sie aus der wahlärztlichen Haus­apotheke erhalten haben. Anschließend müssen sie die Arzneimittelrechnungen bei ih­rer Kasse einreichen und bekommen oft nur bis zu 80 Prozent der tatsächlichen Medi­kamentenkosten refundiert.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 160

Diese Vorgangsweise, geschätzte Damen und Herren, ist umständlich und älteren Menschen nicht mehr zumutbar. Gleichzeitig übersteigen das Porto für die Zusendung des Erlagscheines betreffend den Selbstbehalt, die Abrechnung und der Verwaltungs­aufwand die Höhe des eingenommenen Betrages um ein Vielfaches. Dabei explodie­ren die Kosten, und damit verliert die ärztliche Hausapotheke ihre ursächlichste Funk­tion, nämlich die Beschaffung von Medikamenten für betagte und kranke Menschen wesentlich zu vereinfachen.

Da sind die Sozialversicherungsträger säumig – zum Nachteil der Menschen, die das marode System mit 83 Prozent ihrer Beiträge finanzieren. Den 22 Sozialversicherungs­trägern fehlt es an Reformbereitschaft für einheitliche und schlanke Strukturen.

Um diese Missstände abzustellen, haben wir einen notwendigen Antrag eingebracht – Sie wissen das, Herr Gesundheitsminister. In diesem werden Sie als zuständiger Res­sortchef aufgefordert, die Ungleichbehandlungen von Patienten bei der Abrechnung der auf Krankenschein erbrachten Leistungen abzustellen.

Diese von uns geforderten Gleichbehandlungen wurden von ÖVP und SPÖ im Ge­sundheitsausschuss mit fadenscheinigen Argumenten niedergestimmt. Damit werden die Rezeptabrechnungen von den Kassen weiterhin unterschiedlich durchgeführt und verstoßen gegen den Gleichheitsgrundsatz. – Da haben Sie, Herr Bundesminister, ge­meinsam mit SPÖ und ÖVP eine längst überfällige Verwaltungsvereinfachung verhin­dert. (Beifall beim BZÖ.)

16.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Ing. Kaipel zu Wort. – Bitte.

 


16.15.31

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Mei­ne Damen und Herren! Am Ende dieses Tagesordnungspunktes darf ich noch einmal festhalten, dass wir mit dem Beschluss dieser Novelle ganz wesentliche Verbesserun­gen in den Bereichen Medizinprodukte- und Arzneimittelgesetz umsetzen.

Zu einigen Veränderungen einige Bemerkungen in gebotener Kürze:

Das Zulassungssystem für medizinische Produkte wird rascher und nachvollziehbarer. Es wird früher klar sein, in welche Kategorie ein in Entwicklung befindliches Produkt eingeordnet wird. Dadurch können die entsprechenden Zulassungen zeitgerecht einge­holt werden.

Im Gesundheitsministerium wird der Abgrenzungs- und Klassifizierungsbeirat einge­richtet. Dort wird die Abgrenzung zwischen Arznei- und Medizinprodukten diskutiert; das ermöglicht rasche und recht sichere Entscheidungen in diesem äußerst komplexen Themenbereich.

Durch dieses Gesetz ist es weiters möglich, die Marktüberwachung effektiver und nachhaltiger zu gestalten. Das ist gerade deshalb wichtig, weil in den letzten Jahren auch am Medizinmarkt Produktfälschungen immer häufiger wurden.

Noch zwei letzte Bemerkungen: Die klinische Bewertung wird nunmehr prozessorien­tiert verstanden. Das heißt, der Beurteilungs- und Dokumentationsprozess beginnt mit der Markteinführung und wird darüber hinaus fortgesetzt.

Die Mitglieder der Ethikkommission müssen künftig ihre Beziehung zur Industrie offen­legen. Diese Regelung soll garantieren, dass nicht die geringste Vermutung der Befan­genheit eines Mitgliedes aufkommen kann – eine vernünftige Präventivmaßnahme.

In Summe sind dies sinnvolle Anpassungen an das Gemeinschaftsrecht, die wir gerne unterstützen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.17



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 161

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Bundesminister Stö­ger. – Bitte.

 


16.17.47

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Mit diesem Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz und das Arzneimittelgesetz geändert wird, schaffen wir die Möglichkeit, im EU-Recht wieder gleichauf zu liegen. Wir sind mit diesem Gesetz auch in der Lage, einen Auftrag der EU zu erfüllen, nämlich, dass wir auch schon länger im Prozess befindlichen Medikamenten neuerlich die Zulassung geben können.

Ich denke, dass die Rechtssicherheit bei den Medikamenten erhöht wird, indem wir einen Abgrenzungsbeirat – der die Aufgabe hat, schwierige Abgrenzungsfragen darzu­stellen – im Ministerium einführen.

Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen bekommt verstärkt Aufgaben und hat auch die Verantwortung dafür, dass in Österreich die Medikamente zur Verfügung stehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin sehr froh, dass auch der Abände­rungsantrag behandelt wird, da aufgrund der Erfahrungen mit der Pandemie sicherge­stellt werden kann, dass wir die richtigen Medikamente zur richtigen Zeit haben, dass wir geordnete und gesicherte Vertriebswege auch auf gesetzlicher Basis sicherstellen können und damit wir auch die Krisenvorsorge vornehmen können.

Den Redebeitrag des Abgeordneten List betreffend erlaube ich mir richtigzustellen, dass die elektronische Datenerfassung eine Maßnahme ist, die zur Anmeldung von Versicherten bei der Sozialversicherung dient und mit der Abrechnung gar nichts zu tun hat. Ich erinnere daran, dass wir schon mehrere Jahre die e-card haben und die Zeit der Krankenscheine schon lange vorbei ist. – Ich bitte darum, die Dinge so zu se­hen, wie sie derzeit sind.

Das ist kein Problem für die Bevölkerung, weil es kaum Wahlärzte gibt, die auch eine Hausapotheke haben. Die Versorgung findet durch Vertragsärztinnen und -ärzte mit Hausapotheke statt. (Beifall bei der SPÖ.)

16.20

16.20.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Auch von der Berichterstattung wird kein Schlusswort gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Medizinproduktegesetz und das Arzneimittelgesetz geändert werden, in 549 der Beilagen.

Hiezu hat Frau Abgeordnete Haubner ein Verlangen auf getrennte Abstimmung ge­stellt.

Ich werde daher zunächst über die von diesem Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Art. 2 Ziffern 7 und 8 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die diesen Teilen ihre Zustimmung ge­ben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 162

Ich komme zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. –Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 550 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme sind, um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschus­ses, seinen Bericht 553 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte auch hier jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

16.22.3423. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (467 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 geändert wird (13. Ärztegesetz-No­velle) (547 d.B.)

24. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (465 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Apothekerkammergesetz 2001 geändert wird (548 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zu den Punkten 23 und 24 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 3 Minuten. – Bitte.

 


16.23.07

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir verhandeln heute eine Änderung des Apothekerkammergesetzes und eine Änderung des Ärztegesetzes. Wir werden beiden Gesetzesmaterien nicht unsere Zustimmung geben.

Es ist so, dass beide Gesetzesänderungen auch deshalb notwendig geworden sind, weil Sie von Rot und Schwarz die Sozialpartner unbedingt in den Verfassungsrang he­ben wollten und auch die Kammern in den Verfassungsrang gehoben haben. Wir glau­ben, dass das der falsche Weg ist und dass das nicht richtig war. Wir waren damals dagegen, und wir werden daher auch die jetzt notwendig gewordenen verfassungs­rechtlichen Änderungen nicht mittragen.

In Wirklichkeit ist das, was jetzt passiert, ein klassisches Beispiel für eine Mehrgleisig­keit in der Verwaltung. Das heißt, man zergliedert die Kompetenzen, man gliedert sie immer weiter auf, man macht sie noch undurchsichtiger und noch undurchschaubarer.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 163

Gleichzeitig soll den Kammern ihre Autonomie weggenommen werden, es soll auch die Selbstverwaltung beschnitten und sozusagen in ein politisches System übertragen und dort verwaltet werden. Das ist eine Verpolitisierung der Freien Berufe und auch der Kammern. Da stimmen wir absolut dagegen.

Ich glaube auch, dass es vollkommen widersinnig gegenüber den Freien Berufen ist, dass man ihre Kompetenzen immer mehr beschneidet. Das heißt, das, was hier einge­läutet werden soll, ist das Ende der Freien Berufe. Und dem werden wir niemals unse­re Zustimmung geben! (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, ich denke, dass die Selbstverwaltung ein wichtiges Instru­ment ist. Ich glaube auch, dass die Freien Berufe viel zu wertvoll sind, als dass man sie in ein politisches System „einkastelt“. Wir haben jetzt quasi eine Open-end-Situation: Wir wissen nicht, was noch alles in den übertragenen Bereich kommen soll, wo noch überall der Herr Bundesminister – oder vielleicht auch einer seiner Nachfolger – Ein­fluss nehmen kann. Das ist das Einläuten des Endes der Freien Berufe.

Ich glaube, Sie wären gut beraten, auch einmal darüber nachzudenken, eine genaue Definition zu geben und zu überlegen, ob man das will: ob man die Freien Berufsstän­de wirklich aushöhlen will. Wir von der FPÖ stehen dafür nicht zur Verfügung. (Beifall bei der FPÖ.)

16.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser zu Wort. – Bitte.

 


16.25.12

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mir schon vorstellen, dass man über ein Gesetz geteilter Meinung sein kann, ich konnte mir aber nicht vorstellen, dass man über ein Gesetz beziehungsweise zwei Gesetze so viel Unsinn erzählen kann, nämlich bezüglich Verpolitisierung der Selbstverwaltung und Beschneidung der Rechte der Kammern. Ganz genau das Gegenteil ist der Fall. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Echt?) – Wenn Sie es gelesen hätten, wüssten Sie es wahrscheinlich. Ja, sicher, denn es gehört zur verantwortungsvollen Arbeit einer Abgeordneten dazu, dass man sich die Dinge, über die man hier redet, zumindest so weit anschaut, dass man weiß, wovon man spricht. (Beifall bei der SPÖ.)

Ganz im Gegenteil: Der Verwaltungsaufwand wird verringert. Es werden Verordnungen aufgehoben, wenn man sie nicht braucht, aber man wird das jetzt nicht im Vorhinein abstimmen müssen. Das heißt, der Verwaltungsaufwand wird geringer.

Die Zuordnung zu eigenem und übertragenem Wirkungsbereich ist einfach viel, viel klarer. Ich glaube, wir alle haben vor allem in der Frage der Qualitätssicherung noch in den letzten Jahren diskutiert, ob es gescheit ist, dass die Qualitätssicherung nur allein in den Händen der Ärztekammer liegt. Wir waren uns alle sicher, dass wir ganz gerne hätten, dass Ärzte nicht alleine Qualitätssicherung betreiben, dass wir zwar auf ihr Know-how nicht verzichten möchten und auch glauben, dass sie die Besten sind, die das können, wir aber trotzdem jemanden wollen, der auf deren Arbeit schaut. – Und genau das hat man jetzt gemacht.

Die Qualitätssicherung ist in den übertragenen Wirkungsbereich gegangen. Das heißt, die Ärztekammer erstellt ihre Kriterien, macht auch die Prüfaufträge, aber letztendlich hat der Minister die Weisung, darauf zu schauen, dass das auch ordentlich gemacht wird.

Man kann dagegen sein, dass man Selbstverwaltung und Kammern in den Verfas­sungsrang hebt – das sei unbestritten –, aber man kann nicht sagen, dass dieses Ge-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 164

setz dazu dient, zu verpolitisieren und zu verkomplizieren. Das genaue Gegenteil ist der Fall! Es wird einfacher (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Für wen?), es wird kla­rer und transparenter zugeordnet – sowohl im Apothekerkammergesetz als auch im Ärztegesetz.

Ich glaube, dass da etwas sehr Gutes gelungen ist, zu dem man dem Herrn Minister nur gratulieren kann. (Beifall bei der SPÖ.)

16.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Haubner gelangt als Nächste zu Wort. – Bitte.

 


16.27.23

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Das BZÖ wird dem Ärztegesetz und dem Apothekerkammergesetz, wie im Aus­schuss schon festgestellt, aus dem ganz einfachen Grund nicht zustimmen, weil wir auch 2007 schon dagegen waren, dass Kammern in den Verfassungsrang gehoben werden, dass Kammern und Sozialpartner in der Verfassung festgeschrieben werden. Diese Anpassung des Apothekerkammer- und Ärztegesetzes ist jetzt notwendig, weil sie an die neuen Erfordernisse angeglichen werden müssen.

Wir waren damals dagegen, weil wir dagegen sind, dass Zwangsmitgliedschaften, was sie ja in den Kammern zum Teil sind, festgeschrieben werden. Jetzt haben wir Klarheit; damals konnte man uns gar nicht genau sagen, wie viele Sozialpartner da hinein kom­men. Jetzt haben wir zumindest betreffend Apothekerkammer und Ärztekammer Klar­heit, wie es da ausschauen soll.

Wir finden, dass das ein falsches Zeichen ist, denn bisher hatte der Minister nur gene­relle Aufsichtspflicht über alle Kammertätigkeiten, jetzt hat er ein Weisungsrecht im übertragenen Wirkungsbereich. Der übertragene Wirkungsbereich ist wesentlich aus­geweitet worden. Auch da sieht man: Die Ärzte haben ein bisschen besser verhandelt als die Apotheker, weil sie weniger im übertragenen Wirkungsbereich haben – also auch da gibt es Unterschiede.

Die Ärzte und die Apotheker werden vom Minister – ich sage es ganz klar – an die kur­ze Leine genommen und es kommt zusätzlich ein massiver und erheblicher Verwal­tungsaufwand dazu.

Frau Kollegin Oberhauser, Sie haben gesagt, es wird nicht mehr verwaltet. – Das steht aber in der Novelle drinnen! Der Herr Minister hat zwar im Ausschuss gesagt, das Wort „erheblich“ relativiere er: Weil das Gesundheitsministerium so sparsam sei, könne man das Wort „erheblich“ lassen. Aber wenn in den Erläuterungen „massive“ beziehungs­weise „erhebliche Steigerung des Vollziehungsaufwands“ steht, dann ist für mich klar, dass es mehr an Verwaltung, mehr an Kosten, mehr an Personal gibt. (Zwischenruf der Abg. Dr. Oberhauser.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, gerade in Zeiten wie diesen, in denen alle von Verwaltungsreform reden, die Regierung sagt, wo sie überall einsparen will, dass 3 Milliarden € absolut an Einsparungsmöglichkeiten gegeben sind, zeigt man in diesem Bereich, auch wenn es ein kleiner Bereich ist, wieder, wie man es nicht machen soll. Da frage ich mich schon, was das Ganze soll. (Beifall beim BZÖ.)

Daher werden wir, wie gesagt, dem nicht zustimmen, denn wir brauchen Verwaltungs­reduzierung, wir brauchen eine Beschränkung des Staates auf das Wesentliche, wir brauchen eine Eindämmung der Bürokratie und wir brauchen das Geld, gerade im Ge­sundheitssystem, dort, wo es besonders notwendig ist: bei den Patientinnen und Pa­tienten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 165

Das sind für uns Gründe genug, diesen beiden Regierungsvorlagen nicht unsere Zu­stimmung zu geben. (Beifall beim BZÖ.)

16.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rasinger zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.30.47

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Haubner, eigentlich haben Sie eine Themaverfehlung betrieben, aber bevor jetzt alle einschlafen – das Apothekerkammer­gesetz und das Ärztegesetz sind ja nicht gerade große Brüller –, wollte ich nur sagen: Es ist weniger Bürokratie. (Abg. Ursula Haubner: Für die Länder!) Wenn einmal Kam­mern so einem Gesetz freiwillig zustimmen, können Sie annehmen, dass diese damit sicher ganz gut fahren.

Aber worum geht es im Grunde? – Der Minister braucht bei aller Selbstverwaltung ge­wisse Aufsichtsrechte. Man kann diese nicht irgendwie abgeben, denn Gesundheit ist, so glaube ich, wohl das wichtigste Gut: Wir haben nur eine Gesundheit.

Dass das System funktioniert, zeigen mir die neuesten OECD-Zahlen. Wir haben da wirklich eine Erfolgsstory zu verzeichnen. Wir alle würden einmal über 80 Jahre alt werden, wären wir heute geboren. Das ist eine tolle Sache: Da liegen wir über dem OECD-Schnitt. Wäre ich eine Frau, hätte ich die Chance, 82,9 Jahre alt zu werden. Wären alle Österreicher Nichtraucher und normalgewichtig, kämen noch einmal 3,7 Jahre dazu. Das sind schon Zahlen, angesichts derer man schon fast hoffen muss, das alles noch bei geistiger Gesundheit zu erleben.

Und wenn man sich die Zahlen weiter anschaut – ich hätte da fast einen Ehekrach bei mir zu Hause ausgelöst; das war wirklich hochinteressant, ich bin den ganzen Abend gesessen und habe gelesen –, kommt man drauf, wir liegen auf Platz sieben bei den Kosten und bekommen fast überall Bestnoten. Wo wir aber keine gute Noten bekom­men, ist: Wir haben viel zu viele Spitalsbetten, 60 Prozent mehr als der OECD-Schnitt, wobei der OECD-Schnitt für mich wirklich nicht das Maß aller Dinge ist. Im Sommer fliehen Hunderte Österreicher aus den OECD-Ländern Spanien, Norwegen – wurscht, woher – heim in das ach so gute Österreich. Und Österreich ist diesbezüglich auch wirklich gut.

Fakt ist, dass wir aber zu viel im Spital liegen. Und Fakt ist weiter, dass wir in der Prä­vention bei der Jugend ganz, ganz schlecht sind! Das ist ein glatter Fünfer: Sie raucht viel zu viel – Spitzenplatz! –, trinkt viel zu viel, bewegt sich viel zu wenig und isst das Falsche.

Ich muss ganz ehrlich sagen, das sind die Krankheiten und die Kosten von morgen. Und Prävention kostet nichts! Wir liegen da wirklich weit unter dem OECD-Schnitt. Jetzt sage ich Ihnen als Arzt: Selbst das beste Operationsteam wird das in 40, 50 Jah­ren nicht gutmachen können, was wir heute versäumen. Wir können nicht jedem Öster­reicher eine Bypass-Operation garantieren, wir können nicht jedem Österreicher auf Dauer ein weißes Bett garantieren. Das ist auch nicht der Wunsch. Die OECD sagt uns ganz klar: Wir haben ein sehr, sehr gutes System, aber wir haben auch Probleme.

Abschließend: Ärztekammer und Apothekerkammer, aber auch das Gesundheitsminis­terium und alle hier Tätigen – immerhin ist jeder zehnte Arbeitsplatz im Gesundheits­wesen – sind aufgerufen mitzutun. Aber Gesundheit ist auch etwas, was jeden in sei­ner Eigenverantwortung trifft. Die OECD hat schon sehr deutlich aufgezeigt, dass man nicht alles beim Gesundheitsminister oder bei den Ärzten und Apothekern abgeben kann, sondern dass auch ein bisschen Eigeninitiative gefordert ist – von wegen Büro-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 166

kratie –, denn wir können den Patienten nicht zu Tode verwalten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie Bravoruf des Abg. Großruck.)

16.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Grünewald zu Wort. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.34.39

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister Stöger! Ihr Ressort hat sich mit der Apotheker- und Ärztekammer über die Kammerordnung geeinigt. Diesen Frieden sollte man klugerweise nicht stören. Aber was mich interessiert, ist: Wenn man – und das darf man – dagegen ist, dass Kam­mern in den Verfassungsrang gehoben werden, dann aber sozusagen verlangt, dass Kammern in ihrem politischen Agieren am besten überhaupt nicht von außen beein­flusst werden, nicht einmal von der Bundesregierung und dem zuständigen Ressort, dann passt das nicht ganz zusammen.

Ich glaube, man sollte vielleicht auch einmal 2 Minuten – bei mir ist es kürzer – darüber philosophieren, wie das mit dem Freien Beruf der Ärzteschaft ist. Die Mehrzahl der Ärz­te arbeitet im Angestelltenbereich in dem vom Kollegen Rasinger erwähnten Kranken­haussektor. Unter 50 Prozent arbeiten freiberuflich, sind aber zu einem großen Teil einem Vertragspartner bis zur Pensionierung verbunden und im Wort. Das ist schon eine leicht eingeschränkte Freiheit, weil sie bestimmten Regeln unterworfen ist. Und das sollte man akzeptieren.

Ich glaube, das Gesundheitssystem ist ja wegen der Kompetenzzersplitterung bekannt. Wir haben ein Bundesgesetz und neun Ländergesetze. Jetzt soll man noch eine Öster­reichische Ärztekammer, eine Österreichische Apothekerkammer und jeweils neun Landeskammern haben. Das macht die Sache nicht einfacher.

Wenn ich nicht irre, hat das Finanzministerium kritisiert und hat sogar gedroht, das Ge­setz abzulehnen, weil eine A-Stelle für die Verwaltung beansprucht würde. Also das Fi­nanzministerium, wo die Republik Österreich an einer zusätzlichen A-Stellen-Einspa­rung genest, würde ich auch mit einigen Fragezeichen versehen! Vor allem wenn wir uns jetzt überlegen, was den Kassen fehlt, was den Universitäten fehlt – da bei einer A-Stelle zu zocken, das ist eine seltsame Auffassung von Ökonomie! (Beifall bei den Grünen.)

16.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Hechtl zu Wort. – Bitte.

 


16.36.58

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätztes Hohes Haus! Mit der Änderung des Ärztegesetzes und des Apothekerkammergesetzes werden diese beiden Rechtsmaterien nunmehr der verfassungsmäßigen Zuordnung angepasst, genauer gesagt: dem Artikel 120b der Bundes-Verfassung angepasst. Dabei wird die Zuordnung der Aufgaben im eigenen Wirkungsbereich und im übertragenen Wirkungsbereich der Selbstverwaltung der Kammern genauer geregelt. Das ist ein wesentlicher Punkt zur Unterscheidung des Aufgabenbereiches.

Wichtig erscheint mir, dass mit dieser Änderung der Gesetzesmaterien die Weisungs­bindung beziehungsweise die Installierung des Weisungsrechtes des Bundesministers für Gesundheit im übertragenen Wirkungsbereich – es ist schon angeführt worden, wie wichtig die Qualitätssicherung ist – einhergeht und die Weisung auch bei der Ausbil­dung von Dritten ermöglicht wird.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 167

Trotz der dadurch notwendigen Schaffung von Planstellen ist festzuhalten, dass die Umschichtung der Kosten im Ministerium selbst erfolgt und dadurch auch diese Kosten im Ministerium neutral gehalten werden können. Der Wegfall der zweiten Instanz – sprich: der Instanz des Landeshauptmannes und des Verwaltungssenates – bringt eine wesentliche Einsparung mit sich und entlastet die Länder. Die Einschränkung bei der Rechtsdurchsetzung wird hier nicht angegriffen und bleibt weiterhin aufrecht.

Mit dieser verfassungsrechtlichen Absicherung wird ein weiteres klares Bekenntnis zur österreichischen Selbstverwaltung abgelegt: zur Selbstverwaltung der Kammern und damit zur Sozialpartnerschaft in Österreich.

Geschätztes Hohes Haus! Die Menschen in Österreich vertrauen und bauen auf ihre Interessenvertretungen, die Kammern. Gerade in Zeiten wie diesen hat es sich gezeigt, dass man starke Partner braucht. Und die Kammern sind solche starke Partner. Es ist richtig und wichtig, gerade in Zeiten wie diesen, eine gute Zusammenarbeit mit Kam­mern, die auch verfassungsrechtlich abgesichert sind, zu pflegen und zu nützen. (Bei­fall bei der SPÖ.)

16.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dona­bauer zu Wort. – Bitte.

 


16.39.25

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Vielleicht erlauben Sie mir, noch auf die vorhergehende Debatte über den An­trag 699/A(E) zum Redebeitrag des Herrn Kollegen List Bezug zu nehmen! Er meinte, dass im Ausschuss eine Barbarei geschehen ist. – Das muss ich schon zurückweisen. Wir haben Sie, Herr Kollege List, und Ihre Fraktion nur darauf hingewiesen, dass Ihr Antrag als solcher keinen Sinn macht.

Es geht im gegenständlichen Fall um eine kleine Gruppe von Ärzten, die nach Errei­chung der Altersgrenze noch eine Hausapotheke führen und die Vertragsarztstelle zu­rückgelegt haben. Wenn man hier eine Abrechnung über das System machen will, dann müssen sich die Herrschaften bequemen, das zu machen. Das ist keine Geset­zesmaterie – deshalb bitte Zurückweisung.

Punkt zwei, zu den Debatten über diese beiden Kammergesetze: Es bedeutet das we­der das Ende der freien Berufe, noch geht es hier um eine Zwangsmitgliedschaft. Mei­ne Damen und Herren! Wir bekennen uns seit Jahren zu den gesetzlichen Interessen­vertretungen, sie haben seit 1945 auch gut funktioniert, und diese können eben nur auf einer gesetzlichen Mitgliedschaft aufbauen. Ich kann doch nicht sagen, wenn es mir passt, gehe ich dazu, und wenn es mir nicht passt, gehe ich wieder raus. Wir brauchen hier die gesetzliche Mitgliedschaft mit allen Rechten und Pflichten. Die Kammern er­bringen ja auch ihren Mitgliedern gegenüber Leistungen.

Es ist das vielmehr ein Thema der Selbstverwaltung. Da haben alle Debattenredner recht. Das muss man kritisch hinterfragen. Ich denke, das ist auch abgeprüft worden. Hier geht es vor allem darum, dass es in Zukunft ein Aufsichtsrecht gibt, vor allem dort, wo es ausgabenmehrende Positionen gibt. Das zu diskutieren lohnt sich. Das geht ausnahmslos nur im übertragenen Wirkungsbereich und nicht im eigenen Wirkungsbe­reich.

Was die Kosten betrifft: Ich denke, die ausgewiesenen Kosten sind verkraftbar. Auf Einsparungen als solche warten wir. Ob sie damit erzielt werden – ich denke, kann sein, wenn das Aufsichtsrecht entsprechend streng wahrgenommen wird.

Was ich aber in dieser Angelegenheit noch sagen möchte, und das ist mir ein Anlie­gen: Mich stört es nicht, aber ich weise darauf hin, dass laut Apothekerkammergesetz


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 168

im eigenen Wirkungsbereich die fachliche Weiterbildung ihrer Mitglieder durchzuführen ist. Der Apotheker hat heute eine ganz zentrale Funktion, in der Medikamentenabgabe, in der Beratung, im Gespräch mit der Bürgerschaft, und ich denke, die fachliche Wei­terbildung nur der Kammer zu übertragen, das halte ich für zu schwach. Ich würde mei­nen, Herr Bundesminister, dass es eine lohnende Aufgabe wäre – so wie im Ärztege­setz! –, hier auch für eine entsprechende Aufsicht zu sorgen, damit wir die gebotene Qualität den Bürgern gegenüber jederzeit auch weiterhin erbringen können. Das wäre nur ein Vorschlag, ansonsten sind die beiden Vorlagen, glaube ich, absolut zustim­mungsfähig. (Beifall bei der ÖVP.)

16.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Kößl. – Bitte.

 


16.42.31

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätz­te Damen und Herren! Durch die Änderung des Artikels 120 Bundes-Verfassungsge­setz – das ist ja schon mehrmals ausgeführt worden – sind die Kammern in Verfas­sungsrang gehoben worden. Das bedeutet für die Kammern mehr Rechte, aber auch mehr Pflichten, und ich bin überzeugt, dass es im Endeffekt auch mehr Qualität geben wird.

Diese neue Überlegung, dass neben dem eigenen Wirkungsbereich auch der übertra­gene Wirkungsbereich jetzt den Kammern überlassen wird, ist, finde ich, ebenfalls ver­nünftig. Ich glaube schon, dass es erforderlich ist, dass dem Bundesminister für Ge­sundheit nicht nur eine Aufsichtspflicht zukommen muss, sondern auch ein Weisungs­recht im übertragenen Wirkungsbereich.

Ich denke, die Kammern hätten dieser Gesetzesänderung nicht zugestimmt, wenn es nicht auch den Kammern einen Vorteil bringen würde. Ich sehe ebenfalls nicht, dass es dadurch zu einer Aufblähung der Bürokratie kommt. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Ab­geordneten der SPÖ.)

16.44

16.44.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet.

Die Berichterstatter wünschen kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend 13. Ärztegesetz-Novelle samt Titel und Eingang in 467 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung hier die Zustimmung ge­ben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Apothekerkammergesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 465 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 169

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Entwurf auch in dritter Lesung ihre Zustim­mung geben, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

16.45.11 25. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (464 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das IVF-Fonds-Gesetz geändert wird (IVF-Fonds-Gesetz-Novelle 2010) (551 d.B.)

26. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 358/A der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem ein Fonds zur Finanzierung der In-vitro-Fertilisation eingerichtet wird (IVF-Fonds-Gesetz), geändert wird (552 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 25 und 26 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein zu Wort. – Bitte.

 


16.45.58

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Jetzt wird diskutiert über das In-vitro-Fertilisations-Fonds-Gesetz. Hier haben wir zum einen eine Regierungsvorlage. Dieser Regierungsvorlage werden wir unsere Zustimmung nicht geben – das habe ich auch schon im Ausschuss betont –, vor allem auch wegen des Passus, dass Frauen dann unbedingt eine Meldung über die Ergebnisse machen müssen. Ich glaube, dass es gerade dann, wenn dieser Versuch nicht gut ausgegangen ist, für Frauen sehr er­niedrigend sein kann, an den Fonds noch eine Meldung abgeben und jedes Mal wieder daran denken zu müssen. Das, glaube ich, ist der falsche Weg.

Außerdem ist – zum zweiten Antrag, der jetzt mitverhandelt wird – überhaupt nicht dar­über nachgedacht worden, dieses Gesetz auch an die derzeit gegebenen Lebensbe­dingungen der Menschen anzupassen. Wir haben einen Antrag gestellt, dass man auch Frauen jenseits des 40. Lebensjahres einen Zuschuss gewährt. Nicht nur, dass es in die Regierungsvorlage nicht eingeflossen ist, wird das von Ihnen auch noch abge­lehnt. Ich glaube, dass das der falsche Weg ist, denn wir leben in einer Zeit, in der Frauen immer später Kinder bekommen. Das Alter der Erstgebärenden liegt bereits in Richtung 30.

Das heißt, die Lebensumstände von Frauen verändern sich in diesem Bereich ganz massiv, und darauf wird in dieser Gesetzesmaterie keinerlei Rücksicht genommen. Das finde ich sehr schade, denn es wird hier über Schicksale von Menschen einfach salopp drübergefahren.

Auf der anderen Seite, Herr Bundesminister, sind Sie einer, der permanent in die Me­dien geht und ankündigt, es wird jetzt eine Verordnung geben, wonach die „Pille da­nach“ rezeptfrei abgegeben werden kann. Ich halte das schon für sehr zynisch, was Sie da machen: Sie wollen einerseits frauenverachtende Verordnungen rausgeben, in­dem man Frauen ein Medikament in die Hand gibt, das ihrer Gesundheit massiv scha­det, indem man ungeborenes Leben gar nicht zulassen möchte, und auf der anderen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 170

Seite verhindern Sie es, dass Menschen, die sich sehnlichst ein Kind wünschen, auch die Möglichkeit haben, zu einem Kind zu kommen. Ich glaube, das ist der völlig falsche Ansatz und der völlig falsche Weg.

Ich glaube, Herr Bundesminister, Sie wären gut beraten, sich einmal zu überlegen, was die Menschen wirklich wollen, was die Menschen in diesem Land brauchen, was Fami­lien wollen und was Frauen wollen. Und wenn wir ein Gesetz machen wollen, das für die Frauen ist – und es sind vor allem die Frauen, die in diesen Situationen besonders leiden –, das den Frauen dient, dann sollten wir uns schon überlegen, was die wirklich wollen. Und die Frauen wollen eine finanzielle Unterstützung im Falle einer künstlichen Befruchtung! Aber keine Frau hat einen Vorteil davon, wenn sie ein rezeptfreies Medi­kament bekommt, das hoch dosiert ist, wo sie sich nicht auskennt, das sie am Samstag am Abend einmal nimmt, weil vielleicht irgendwas passiert sein könnte, mit dem Er­gebnis, dass dann ihre Hormone im Körper durcheinanderkommen. Und in der nächs­ten Woche nimmt sie es dann vielleicht wieder.

Das sind Dinge, die sind in meinen Augen nicht nur massiv verantwortungslos, sie sind vor allem auch frauenverachtend, denn Sie bürden damit den Frauen auch die alleinige Verantwortung für die Verhütung auf. (Beifall bei der FPÖ.)

16.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Bayr gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.49.12

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin, ich fürchte eher, Ihr Frauenbild ist frauenverach­tend. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Wenn Sie Frauen unterstellen, die „Pille da­nach“ einmal kurz am Samstag am Abend „wie ein Zuckerl zu schlucken“, und glauben, das tun sie dann jede Woche und immer wieder, dann haben Sie ein Bild von Frauen, das jedenfalls einem modernen Frauenbild, einem aufgeklärten Frauenbild nicht einmal ansatzweise entspricht. (Abg. Neubauer: Sie treten für das Kopftuch ein und reden von einem modernen und aufgeklärten Frauenbild! Das ist ja die Höhe!)

Es ist ziemlich vorgestrig zu glauben, dass Frauen prinzipiell nur verantwortungslos mit sich und ihrem Körper umgehen. Und die „Pille danach“ ist weder ein Medikament, das Leben tötet – informieren Sie sich da einmal, das würde wirklich nicht schaden! –, noch führt es dazu, dass Frauen deswegen verantwortungslos werden. Das sind sie nicht! Wenn Frauen in eine Notlage kommen, dann glaube ich, dass wir verdammt noch ein­mal die Pflicht haben, ihnen zu helfen und ihnen mit allen möglichen Mitteln zu helfen (Beifall bei Abgeordneten der Grünen) und sie nicht an den Pranger zu stellen und wie Aussätzige zu behandeln. Das ist verabscheuungswürdig, und das hat überhaupt nichts mit einer modernen Frauenpolitik zu tun. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Das macht ja kein Mensch! Es gibt ja den Notfallparagraphen! Informieren Sie sich ein­mal!)

Wenn Sie jetzt so tun, als würde es Frauen extrem belasten, eine Meldung machen zu müssen über eine erfolgreiche IVF, und behaupten, dass ihnen das nicht zumutbar ist, dann sage ich Ihnen, es ist halt schon so, dass Frauen und Männer Eltern werden und die Geburt miterleben. Die Anstalt, die die IVF gemacht hat, wird es in den seltensten Fällen sein, wo die Geburt stattfindet, und es ist ja absolut nicht so, dass da nachher noch ein Kontakt gegeben ist. Ich denke also, dass es den Menschen, die den An­spruch haben, dass 70 Prozent der Kosten öffentlich gefördert werden, auch zumutbar sein muss, diese Meldung zu machen. Das wird kein Problem sein.

Zum zweiten Punkt, der Frage des Alters. Sie haben eine Erweiterung der öffentlichen Förderung auf das 42. Lebensjahr vorgeschlagen. Einerseits ist es medizinisch ein


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 171

Problem. Wir wissen sehr genau – und daran hat sich in den letzten Jahren nichts ge­ändert –, dass die Erfolgsraten bei Frauen über 40 bei In-vitro-Fertilisation massiv und rapide geringer werden. Wir wissen auch, dass sogar dann, wenn eine erfolgreiche Schwangerschaft zustande kommt, die Abortusrate extrem steigt. Ich bin mir nicht si­cher, ob das den Paaren und speziell den Frauen zuzumuten ist, sich noch zwei Jahre länger diesem Druck auszusetzen.

Abgesehen davon: Sie sind ja immer diejenigen, die die Grenzen am liebsten abschot­ten würden. Ich frage mich, wie Sie es dann argumentieren, dass dann, wenn wir das Alter im Alleingang erhöhen würden ... (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Das stimmt ja nicht! Informieren Sie sich doch! Sie haben ja überhaupt keine Ahnung!) Wir wären da im Vergleich mit unseren Nachbarstaaten im totalen Alleingang. Die einzigen Län­der, die höhere Altersgrenzen haben, sofern sie überhaupt IVF öffentlich fördern, sind Belgien und Frankreich. Deutschland und Italien zum Beispiel haben ebenfalls eine 40-Jahres-Grenze. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Sie dann sofort schreien würden: Sau­erei! Da kommen jetzt irgendwelche Fremden nach Österreich und wollen sich mit un­serem Geld IVF sponsern lassen!

Wenn Sie, wie Sie das im Ausschuss behauptet haben, wirklich glauben, dass man das ganz einfach lösen kann, indem man die Förderung an einen österreichischen Hauptwohnsitz koppeln kann, dann haben Sie, mit Verlaub, die Europäische Union nicht verstanden. (Beifall bei der SPÖ.)

16.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Spadiut gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.52.34

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Die Erfahrungen in der Vollziehung des IVF-Gesetzes haben ge­zeigt, dass Nachbesserungen, Klarstellungen erforderlich sind. Es besteht keine Mel­depflicht über den Ausgang der vom Fonds mitfinanzierten IVF-Versuche. Der Kosten­faktor Arzneimittel bedarf einer Überarbeitung. Es besteht aus datenschutzrechtlicher Sicht Nachbesserungsbedarf beim IVF-Register.

In dieser Novelle sollen also Nachbesserungen erfolgen und Klarstellungen getroffen werden. Es ist zu begrüßen, dass damit Regelungen bezüglich der Abgabe von Arznei­mitteln getroffen werden sowie die Überarbeitung des IVF-Registers aus datenschutz­rechtlicher Sicht vorgenommen wird.

Über die Meldepflicht der Paare kann man geteilter Meinung sein. Es besteht zwar si­cher keine andere Möglichkeit, um Erfolg oder Misserfolg zu erfassen, aber wozu dient die Erfassung? Einzig und allein statistischen Zwecken. Sie wird wohl keinen Einfluss auf den Erfolg oder Misserfolg einer Fertilisation haben. Dass Paare bei einer erfolg­reichen IVF kein Problem mit der Meldung haben, steht außer Zweifel. Bei Misserfolg kann es aber sehr wohl zu psychischen Belastungen kommen. Und ob man aus Grün­den statistischer Erfassung diese Belastungen in Kauf nehmen soll, darüber lässt sich diskutieren.

Die anfallenden Nebenkosten sind negativ zu beurteilen, insbesondere, wo der Fami­lienlastenausgleichsfonds einen Teil dieser Kosten übernehmen soll. Der FLAF ist schon so stark belastet, dass er damit wohl bald seine Grenzen erreicht haben wird.

Dem Antrag der Kollegin Belakowitsch-Jenewein werden wir zustimmen. Da bei Frau­en der berechtigte Wunsch nach Ausbildung und Karriere gestiegen ist, entschließen sich Frauen immer später, Kinder zu bekommen. Es ist richtig, dass, wie Kollege Ra­singer oder Kollegin Bayr gesagt hat, der Erfolg mit fortgeschrittenem Alter immer


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 172

schwieriger zu erzielen ist, aber gerade deswegen sollte man den Paaren die Möglich­keit geben, auch in höherem Alter diese Chance wahrzunehmen, um Nachwuchs zu bekommen.

Die Bedingungen, die an die Bewilligung des Zuschusses für die In-vitro-Fertilisation geknüpft sind, sind so umfassend, dass die Erhöhung des Alters für Bezugsberechtigte finanziell nicht ins Gewicht fallen wird. Wir stimmen dem Antrag zu, um auch älteren Menschen und älteren Paaren die Möglichkeit zu geben, sich den Kinderwunsch zu er­füllen. (Beifall beim BZÖ.)

16.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rasin­ger. – Bitte.

 


16.55.25

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Minister! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Belakowitsch, ich bin absolut nicht Ihrer Meinung! Sie sind Ärztin, ich bin Arzt, Herr Dr. Spadiut ist Tierarzt – wir alle drei sind der Meinung, Biologie ändert sich nicht von heute auf morgen. Und wenn Sie sa­gen, man soll Frauen bis zum 43. Lebensjahr die Versuche zahlen, dann sage ich Ih­nen, ab dem 40. Lebensjahr sinkt die Erfolgschance.

Ich habe damals das Gesetz verursacht, und ich bin stolz auf dieses Gesetz, denn laut den neuesten Zahlen werden 1 756 Kinder pro Jahr dadurch gefördert, dass sie über­haupt auf die Welt kommen können. Ich finde, darauf können wir stolz sein. Das Ge­setz ist ein voller Erfolg. Erstens ist es billiger für die betroffenen Ehepaare, und zwei­tens unterliegt es einer Qualitätskontrolle. Das finde ich sehr positiv, und das sollten wir einmal erwähnen.

Liebe Kollegin, Ihre Argumentation ist völlig falsch! Wenn Sie immer wieder darauf hin­weisen, dass die Frauen heute später Karriere machen, ein anderes Pensionsalter oder eine längere Ausbildungsdauer haben, dann hat das bitte nichts mit Biologie zu tun! Wenn uns die führenden Hormonforscher, Gynäkologen – egal, welche Experten uns da beraten haben – gesagt haben, ab dem 40. Lebensjahr sinkt die Erfolgsrate ziemlich rasch, dann müssen wir das eben zur Kenntnis nehmen!

Das ist ja auch keine Ideologiefrage, sondern es geht ganz simpel um die Frage: Ist es vertretbar, viele öffentliche Mittel einzusetzen? Das war ein großer Streit damals, ob wir das überhaupt machen sollen. Darum hat es diesen 30-prozentigen Selbstbehalt gegeben. Es geht um die Frage: Ab wann ist der Mitteleinsatz nicht mehr vertretbar? Das, gebe ich zu, ist eine unscharfe Frage, aber wenn die Experten sagen, 40 ist es, dann ist es 40. Da kann ich dann nicht als Parlamentarier sagen, ich kümmere mich nicht darum, denn dann brauche ich in Zukunft keine Experten mehr zu fragen, weil sie sich nicht mehr fragen lassen werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Grü­newald. – Bitte.

 


16.57.46

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Das ist kein einfaches Gesetz, und Krankenanstalten mit Verträgen zur In-vitro-Befruchtung sind keine Robinson-Clubs. Man muss sich schon überlegen, welche Belastung Frauen da auf sich nehmen. Die Begründung, dass es so etwas überhaupt gibt, ist teilweise seltsam anmutend.

Die Geburtenraten pro Paar sind in den letzten 20, 30 Jahren von drei Kindern auf 1,5 gesunken. Manche meinen, der Staat war nur deshalb zu animieren, hier unterstützend


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 173

Therapien anzubieten, weil er höhere Geburtenraten will. Ich würde aber hinzufügen, es gibt auch persönliches Leid und psychische Belastung bei ungewollter Unfruchtbar­keit. Dass ungewollte Unfruchtbarkeit in Österreich nicht gänzlich als Krankheit im me­dizinischen oder psychologischen Sinn anerkannt wird, halte ich für einen Fehler, denn das ist der Grund, warum Versicherungen, sprich Kassen, nur einen Teil und nicht alle Kosten übernehmen. 70 Prozent werden bezahlt, der Rest nicht. Ein Fonds springt ein, der Verträge mit Krankenanstalten hat. Die muss man sich anschauen.

Diese Krankenanstalten im privaten Bereich rühmen sich mit Erfolgsraten pro Paar von 30 Prozent und mehr. Diese 30 Prozent und mehr werden in keiner öffentlichen Kran­kenanstalt, inklusive spezialisierten Universitätskliniken, erreicht. Die Frage muss er­laubt sein: Warum ist das so? Ist das so, weil hier einfach mehr befruchtete Eizellen implantiert werden, die dann in einem hohen Prozentsatz zu Zwillingsgeburten, Dril­lingsgeburten und sogar Vierlingsgeburten führen?

Eine Studie hat ergeben, dass ein hoher Prozentsatz, über 50 Prozent, der Intensivbet­ten auf Neugeborenen-Stationen mit Kindern belegt sind, die Resultat einer künstlichen Befruchtung sind – Mehrlingsgeburten, Frühgeburten und so weiter. (Präsident Neuge­bauer übernimmt den Vorsitz.)

Das kostet 12 Millionen € in der Intensivbehandlung, und es gibt einige ExpertInnen, die sagen, man sollte die Zahl der befruchteten Eizellen verpflichtend reduzieren – eine Frage, bei der der Gesetzgeber einen Schritt gemacht hat.

Wir wollen, dass Frauen sozusagen nicht auf diesen Gnadenakt dieses Fonds ange­wiesen sind, nicht diese Selbstbehalte haben, sondern wenn, dann gestaffelte Selbst­behalte, und ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer sozialen Staffelung des Selbstbehaltes bei In-vitro-Fertilisation

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Gesundheit wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Novelle des IVF-Fonds-Gesetzes vorzulegen, in der eine soziale Staffelung des Selbstbehaltes bei IVF verankert ist.“

*****

Einen Satz noch zu gewollten und ungewollten Geburten: Der Oberste Sanitätsrat – immerhin nicht irgendeine Behörde in Österreich – hat die „Pille danach“ als medizi­nisch unbedenklich eingestuft, in ihrem Risiko auf jeden Fall wesentlich geringer als eine medikamentöse oder chirurgische Unterbrechung einer Schwangerschaft. – Das sollte man sich bei der Debatte schon vor Augen halten.

Ich glaube, dass private Krankenanstalten genauso wie öffentliche mehr Rechenschaft ablegen und Qualitäts- und Sicherheitskriterien erbringen und öffentlich machen sol­len – zumindest dem Ressort gegenüber. Das heißt: Wir fordern, dass die vertraglichen Krankenanstalten, die In-vitro-Fertilisation durchführen können, auch eine sogenannte Baby-Take-Home-Rate berichten und offenlegen, in wie vielen Fällen es zu wirklichen Geburten gekommen ist, und nicht nur auf ein Ultraschallbildchen verweisen, das kein zweiter und dritter Mensch gesehen hat.

Daher bringen wir folgenden Antrag ein:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 174

Abänderungsantrag

Die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das IVF-Fonds-Gesetz geändert wird (IVF-Fonds-Gesetz-Novelle 2010) (551 d.B.), wird wie folgt geändert:

1. In Z 10 lautet § 5b Abs. 1:

„(1) Die Patientinnen werden von der Vertragskrankenanstalt (§ 5), die den Fondsver­such durchgeführt hat, brieflich aufgefordert, das Ergebnis eines Versuchs sowie eine allfällige Geburt jeweils binnen drei Monaten an diese zu melden.“

2. In § 11 lautet § 7 Abs. 3 Z 3:

„3. Erfolg/Ergebnis der Versuche inklusive der Baby-Take-Home-Rate, und“

3. In Z 11 wird in § 7 Abs. 6 folgender zweiter Satz angefügt:

„Der Bundesminister für Gesundheit hat auf Basis dieser Auswertung dem Nationalrat jährlich einen Bericht vorzulegen.“

*****

Dieser Abänderungsantrag ist auch deswegen erfolgt, weil in der Regierungsvorlage steht, der Patient/die Patientin habe die Geburt zu melden. Da der Mann in diesem Fall kein Patient ist und wahrscheinlich auch keine Geburt beziehungsweise keinen Eingriff über sich ergehen lassen musste, ist diese Änderung auch berechtigt. (Beifall bei den Grünen.)

17.03


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Abänderungsantrag und auch der Ent­schließungsantrag stehen mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Grünewald, Musiol, Schwentner, Freundinnen und Freunde betref­fend Einführung einer sozialen Staffelung des Selbstbehaltes bei In-vitro-Fertilisation

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das IVF-Fonds-Gesetz geändert wird (IVF-Fonds-Gesetz-Novelle 2010) (551 d.B.)

Seit 1. Jänner 2000 ist das Bundesgesetz, mit dem ein Fonds zur Finanzierung der In-vitro-Fertilisation (IVF-Fonds-Gesetz) eingerichtet wurde, in Kraft. Gegenstand dieses Gesetzes ist die Kostenübernahme der In-vitro-Fertilisation durch den Bund.

Zu diesem Zweck wurde beim Bundesministerium für Gesundheit ein Fonds zur Mitfi­nanzierung der In-vitro-Fertilisation eingerichtet. Durch diesen Fonds werden 70 Pro­zent der Kosten der in-vitro-Fertilisation gedeckt. Die restlichen 30 Prozent der Kosten sind von den Patientinnen und deren Partnern selbst zu tragen.

Der Selbstbehalt beträgt in Abhängigkeit von den Medikamentenkosten ca. 1.000 Euro pro Versuch. Bei 4 vom Fonds mitfinanzierten Versuchen sind das bereits 4.000 Euro.

Es liegt auf der Hand, dass sich derzeit nur sozial bessergestellte Paare eine In-vitro-Fertilisation leisten können.

Eine soziale Staffelung des Selbstbehaltes würde diese Methode auch für weniger gut verdienende Paare möglich machen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 175

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Gesundheit wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Novelle des IVF-Fonds-Gesetzes vorzulegen, in der eine soziale Staffelung des Selbstbehaltes bei IVF verankert ist.

*****

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Grünewald, Musiol, Schwentner, Freundinnen und Freunde,

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das IVF-Fonds-Gesetz geändert wird (IVF-Fonds-Gesetz-Novelle 2010) (551 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das IVF-Fonds-Gesetz geändert wird (IVF-Fonds-Gesetz-Novelle 2010) (551 d.B.), wird wie folgt geändert:

1. In Z.10 lautet §5b Abs.1:

„(1) Die Patientinnen werden von der Vertragskrankenanstalt (§ 5), die den Fondsver­such durchgeführt hat, brieflich aufgefordert, das Ergebnis eines Versuchs sowie eine allfällige Geburt jeweils binnen drei Monaten an diese zu melden.“

2. In §11 lautet §7 Abs.3 Z3:

„3. Erfolg/Ergebnis der Versuche inklusive der Baby-Take-Home Rate, und“

3. In Z.11 wird in §7 Abs.6 folgender zweiter Satz angefügt:

„Der Bundesminister für Gesundheit hat auf Basis dieser Auswertung dem Nationalrat jährlich einen Bericht vorzulegen.“

Begründung

Zu 1. Es ist den Patientinnen nicht zumutbar, ohne Aufforderung nach Geburt oder Fehlgeburt das „Ergebnis“ unter Sanktionsandrohungen zu melden.

Zu 2. Bisher wurde in Österreich als einzigem europäischen Land neben Albanien kei­ne Baby-Take-Home Rate ermittelt. Diese ist jedoch für die Qualitätssicherung und –kontrolle der IVF äußerst wichtig.

Zu 3. Der Nationalrat muss in jährlichen Berichten über den Verlauf der IVF-Versuche sowie dessen Ergebnisse informiert werden, um allfällige Verbesserungen schnellst möglich umsetzen zu können.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte.

 


17.03.31

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ho­hes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte an die Ausführungen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 176

des Abgeordneten Rasinger anschließen, Frau Kollegin Belakowitsch: Ich bin kein Arzt, bin aber trotzdem absolut nicht Ihrer Meinung. Ich verstehe Ihre Argumentation nicht, genauso wie sie Kollege Rasinger nicht verstanden hat. Wenn Sie die Meldepflicht über jeden IVF-Versuch beklagen, dann sage ich Ihnen, dass Erfolg oder Misserfolg nur durch Daten gemessen werden können. Wir haben uns im Datenschutzrat mit die­ser Frage auseinandergesetzt und in unserem Gutachten gerade deswegen einge­fordert, dass es zu einer Erfassung von nicht personenbezogenen Daten kommt, und in der Fassung des Abänderungsantrages ist dem auch entsprochen worden.

Zum zweiten Kritikpunkt, den Sie vorbringen – dieses Gesetz sei nicht an die Lebens­bedingungen der Menschen angepasst –, ist zu sagen, dass dieses Gesetz an medizi­nische Erkenntnisse angepasst ist. Frauen, die älter als 40 Jahre sind, haben Proble­me bei IVF-Versuchen. Sie sind im Regelfall eben nicht erfolgreich. Daher, Frau Kolle­gin, können wir Ihre Argumentation nicht akzeptieren.

Dieses Gesetz ist ein fortschrittliches Gesetz. Es entspricht der internationalen Ent­wicklung, und es sieht Klarstellungen vor, die aufgrund der Erfahrungen insbesondere beim zu fördernden Personenkreis notwendig geworden sind.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte die Gelegenheit nutzen und mich als Vorsitzender des Datenschutzrates bei den Beamten des Gesund­heitsministeriums bedanken. Im Datenschutzrat, der von allen Fraktionen beschickt wird, kommt es zu einer äußerst konstruktiven Zusammenarbeit. Das Gesundheitsmi­nisterium bekommt von uns entsprechende Gutachten, die auch berücksichtigt werden. Ich möchte die Gelegenheit wahrnehmen, Herr Bundesminister, und mich – eben als Vorsitzender des Datenschutzrates – bei Ihren Mitarbeitern recht herzlich bedanken. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Dasselbe gilt auch für die Mitglieder aller Fraktionen im Datenschutzrat. Wir stehen vor Herausforderungen, und ich möchte mich auch hier recht herzlich bedanken. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

17.06


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Höllerer. – Bitte.

 


17.06.16

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bun­desminister! Seit Jänner 2000 ist diese Mitfinanzierung der In-vitro-Fertilisation gesetz­lich geregelt. Mit 70 Prozent steuert die öffentliche Hand Geld bei, wenn es darum geht, kinderlosen Eltern oder Paaren Unterstützung zu geben, damit sie zu ihrem Wunschkind kommen können. In den Jahren 2000 bis 2008 gab es 46 155 Versuche, die unterstützt wurden. Das erfordert Aufwendungen des IVF-Fonds in der Höhe von jährlich 12 Millionen €.

Nicht alle Paare schaffen es, auf natürlichem Weg zu Kindern zu kommen. Natürlich ist es für jene, die sich einem Versuch unterziehen, auch eine Herausforderung. Es ist mit einer psychischen Belastung verbunden und bedeutet eine Kraftanstrengung, sich da­zu bereit zu erklären, eine künstliche Befruchtung vornehmen zu lassen, aber ich den­ke, dass es auch zunehmend interessant wird, zu erfahren, welche Ergebnisse es letzt­endlich bringt.

Im Jahr 2008 – so wird jedenfalls im IVF-Register festgehalten – war eine Schwanger­schaftsrate von 32,5 Prozent zu verzeichnen. Wenn man aber weiß, dass lediglich 10 Prozent der über 40-jährigen Frauen bei künstlicher Befruchtung eine Schwan­gerschaft zu erwarten haben, dann stellt sich ganz deutlich dar, dass es umso schwie­riger wird, eine künstliche Befruchtung erfolgreich abzuschließen, je älter die Frauen sind. Es ist einfach ein Trugschluss, dass mit der erhöhten Lebenserwartung auch die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 177

Fruchtbarkeit länger andauert. Daher ist es zu rechtfertigen, dass es eine Altersgrenze gibt, dass Frauen bis 40 Jahre und Männer bis 50 Jahre unterstützt werden, weil die Gelder so bestmöglich angelegt sind.

Es ist in Form der Lebensplanung den Frauen und Männern, den Paaren, zumutbar, dass sie sich rechtzeitig zur Familienplanung entschließen und dann natürlich auch rechtzeitig diese Versuche in Anspruch nehmen können.

Mit diesem Gesetz ist, denke ich, all jenen Paaren, die einen Kinderwunsch haben, die bestmögliche Unterstützung gegeben. (Beifall bei der ÖVP.)

17.08


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lipitsch. – Bitte.

 


17.08.53

Abgeordneter Hermann Lipitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich als letzten Redner hier kurz zusammenfassen: IVF-Versuche werden über den IVF-Fonds mit 70 Prozent gefördert. Dieses Gesetz ist notwendig, um eine Rechtsgrundlage für diese Mitfinanzierung der öffentlichen Hand zu gestalten, wobei 35 Prozent aus dem Fami­lienlastenausgleichsfonds und 35 Prozent aus den Sozialversicherungen kommen.

Durch die Gesetzesänderung wird die Dokumentation jedes IVF-Fonds-Versuches ver­bessert. Die Meldepflicht über Ergebnisse dieser Versuche wird normiert, die Bestim­mungen für das Melderegister werden nach datenschutzrechtlichen Erfordernissen nachgebessert. Die Anspruchsberechtigung auf die Förderung wird hier ebenfalls kla­rer geregelt.

Die Abgabe von Arzneimitteln im Zusammenhang mit IVF-Versuchen wird in diesem Gesetz auch den Vertragskrankenhäusern gestattet und nicht nur Apotheken.

Aus datenschutzrechtlichen Gründen kommt es in § 7 zu kleinen Verbesserungen, die der Datenschutzrat – das hat Kollege Maier bereits angesprochen – in seiner Sitzung im November angeregt hat.

Ich möchte hier klarstellen, dass eine Anhebung der Altersgrenze für IVF-Versuche ge­rade aus medizinischen Gründen von uns abgelehnt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

17.10

17.10.27 Abstimmung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Abstimmung über den Entwurf betreffend IVF-Fonds-Gesetz-Novelle 2010 in 551 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen einen Abän­derungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die von diesem Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes ab­stimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag eingebracht, der sich auf Z 10 und Z 11 des Gesetzentwurfs bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Abänderungsantrag aussprechen, um ein Zeichen. – Der Antrag findet keine Mehrheit, ist abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfs in der Fas­sung des Ausschussberichtes.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 178

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dem ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Der Antrag ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wenn Sie auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer sozialen Staffe­lung des Selbstbehaltes bei In-vitro-Fertilisation.

Wenn Sie für diesen Entschließungsantrag sind, bitte ich Sie um ein Zeichen. – Der Antrag bleibt in der Minderheit und ist abgelehnt.

Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 552 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein diesbezüg­liches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

17.12.5727. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (473 d.B.): Bundesgesetz über Produkte, deren Ein- und Ausfuhr sowie Inverkehrbringen aus Tierschutzgründen verboten ist (554 d.B.)

28. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 889/A(E) der Abgeordne­ten Dietmar Keck, Franz Eßl, Bernhard Vock, Mag. Christiane Brunner, Dr. Wolf­gang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserungen der EU-Tier­schutzstandards im Allgemeinen und Maßnahmen zum Schutz von Tieren beim Transport im Besonderen, den

Antrag 148/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der EU-Tierschutzstandards sowie den

Antrag 472/A(E) der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zum Schutz von Tieren beim Transport (555 d.B.)

29. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 813/A(E) der Abgeordne­ten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Empfehlungen des Tierschutzrates hinsichtlich einschlägiger Ausbildung von Hunden (556 d.B.)

30. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 862/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kontrolle illega­ler Tiertransporte an den alten Grenzübergängen (557 d.B.)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 179

Präsident Fritz Neugebauer: Wir behandeln nun die Punkte 27 bis 30 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Vock. – Bitte, Herr Kollege.

 


17.14.43

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Hohes Haus! Ein guter Tag für den Tierschutz. Endlich sind auch die Regierungsparteien bereit, über den Tierschutz zu diskutieren, endlich ist auch die ÖVP bereit, sich zu bewegen. Vielleicht können wir auch bald darü­ber diskutieren, den Tierschutz in den Verfassungsrang zu heben. Dazu gab es ja be­reits im Jahr 2004 eine All-Parteien-Einigung, die bis heute schläft.

Durch Beschlussfassung dieser Regierungsvorlage sollen EU-Verordnungen vollzo­gen, bestimmte Verbote im Handel umgesetzt werden. Zwar bin ich als Wirtschaftstrei­bender grundsätzlich gegen Verbote des freien Handels, aber da diese Verbote dem Schutz vor Tierquälerei dienen, sind wir dafür; sie sind sinnvoll.

Besonders freut mich auch der Fünf-Parteien-Antrag der Tierschutzsprecher. Ziel soll es sein, das österreichische Tierschutzgesetz als Vorbild für die EU zu installieren. Es haben vor allen Dingen die osteuropäischen Staaten enormen Aufholbedarf, aber auch zum Beispiel Dänemark mit dem Grindwalfang, der alljährlich ein grausames Schau­spiel bietet.

Die Empfehlung des Tierschutzrates nicht umzusetzen aufgrund des Problems, dass es noch immer kein Berufsbild eines Hundetrainers gibt, können wir nicht nachvoll­ziehen. Warum kann man das nicht einfach mitbeschließen, warum kann man das nicht mittragen? Derzeit kann jeder, der sich berufen fühlt, eine Hundeschule be­treiben. Ich kann nur aus eigener Erfahrung – ich habe auch einen Hund – sagen, man muss einen Hund nicht schlagen, um ihn zu erziehen, man kann ihn auch mit Be­lohnungen und Leckerlis dazu bringen, sich positiv zu verhalten. (Abg. Grosz: Und wie wären die Leckerlis?)

Zur Kontrolle illegaler Tiertransporte an den alten Grenzübergängen: Der BZÖ-Antrag wäre grundsätzlich diskussionswürdig, und ich verstehe nicht, warum man diesen An­trag einfach abdrehen will, warum man einfach sagt, das gehe so nicht mit den Grenz­übergängen. Ich glaube, die Intention des Antrages zu verstehen, ich meine, es bedarf einer strikteren Einhaltung des § 40 Tierschutzgesetz. Es gibt bereits die Möglichkeit, dass wir die Tiere aus Schmuggel beschlagnahmen, es gibt bereits die Möglichkeit, dass wir die Fahrzeuge in Beschlag nehmen, damit der Transporteur, der Lkw-Chauf­feur oder vielleicht sogar der Eigentümer zu Fuß nach Hause gehen muss. (Demons­trativer Beifall des Abg. Scheibner.) Ich glaube, wenn das der Fall wäre, würde man rasch reagieren, und es würde sich vieles im Schmuggel ändern.

Ich habe es schon einmal gesagt: Bei Zigarettenschmuggel ist es selbstverständlich, dass die Ware und teilweise auch die Fahrzeuge beschlagnahmt werden. – Was für den Zigarettenschmuggel gilt, muss auch für den Tierschutz gelten! (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

17.17


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Keck. – Bitte.

 


17.17.36

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Den Wert einer Gesellschaft, meine Damen und Herren, erkennt man daran, wie sie mit ihren Tieren umgeht! Das hat vor sehr langer Zeit Mahatma Gandhi gesagt. – Wenn man das her­anzieht, dann liegt Österreich in dieser Werteskala ganz oben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 180

Österreich hat das beste europäische Tierschutzgesetz, Österreich hat das beste euro­päische Tiertransportgesetz. Legt man das Ganze auf Europa beziehungsweise die Europäische Union um, dann würde die Europäische Union auf dieser Werteskala ganz unten liegen.

Es freut mich wirklich, dass es mir gelungen ist, mit den Tierschutzsprechern aller hier im Parlament vertretenen Parteien diesen Fünf-Parteien-Antrag zustande zu bringen, der Verbesserungen der Tierschutzstandards im Allgemeinen und Maßnahmen zum Schutz von Tieren beim Transport im Besonderen beinhaltet. Wichtig ist, dass in die­sem Antrag wirklich Punkte verankert sind, die unsere österreichische Gesetzgebung schon sehr lange beinhaltet.

Es geht um die sofortige Umsetzung eines generellen Importverbotes von Robbenfel­len und Robbenprodukten in allen Mitgliedstaaten. Wir werden heute beschließen, was wir von der EU fordern, und sind somit das erste Mitgliedsland der Europäischen Uni­on, das diese Maßnahme umsetzt.

Es geht um Tiertransporte, darum, dass auch europaweit Tiertransporte nicht länger als acht Stunden und nur im Ausnahmefall maximal zwölf Stunden dauern dürfen.

Es geht um die Einführung eines EU-weit verpflichtenden Prüf- und Zulassungsverfah­rens für Stalleinrichtungen und Heimtierzubehör, um den Tierbesitzern Sicherheit zu geben.

Es geht um eine Herkunftskennzeichnung von europäischen und regionalen Produkten, die den EU-weiten Mindesttierschutzstandards im Sinne eines hohen europäischen Mindeststandards entsprechen.

Es geht um ein EU-weites Hunde-, Stier- und Hahnenkampf-Verbot.

Es geht um das Verbot der Haltung von Wildtieren in Zirkussen, und, und, und.

Wir haben wirklich viele Punkte in diesem Antrag verarbeitet, die uns wichtig zu sein scheinen. Ich möchte mich noch einmal bei Kollegem Vock von der FPÖ, bei Kollegin Brunner von den Grünen, bei Kollegem Spadiut vom BZÖ und im Besonderen auch bei Kollegem Eßl von der ÖVP dafür bedanken, dass wir diesen Antrag in dieser Einstim­migkeit zustande gebracht haben.

Ich wiederhole hier im Plenum das, was ich auch im Ausschuss gesagt habe: Ich den­ke, für die Zukunft wird es wichtig sein, dass wir uns, was den Tierschutz betrifft, partei­übergreifend zusammensetzen und Maßnahmen zum Schutz der Tiere wirklich intensiv diskutieren und Parteipolemik weglassen.

Meine Damen und Herren, ich komme zu den anderen Anträgen, die wir noch unter diesen Tagesordnungspunkten behandeln, zunächst zur Umsetzung der Empfehlun­gen des Tierschutzrates hinsichtlich einschlägiger Ausbildung von Hunden. Ich bin sehr verwundert, dass der Tierschutzrat immer dann Vorschläge macht, wenn die Maßnah­men schon im Ministerium behandelt werden. Ich meine, man sollte wirklich darüber nachdenken, wie die Arbeit des Tierschutzrates auszusehen hat, um nicht immer fest­stellen zu müssen, dass der Tierschutzrat immer drei Schritte hinter den Arbeiten der Tierschutzsprecher und der Ministerien ist. Es gibt nämlich im Ministerium schon eine Arbeitsgruppe mit vielen Experten, die sich mit der Ausbildung von Hunden befasst und gleichzeitig auch versucht, ein sogenanntes Berufsbild für Hundetrainer zu schaffen. Ich denke, dass das Ministerium – mit unserem Minister Stöger an der Spitze – diesbe­züglich auf dem richtigen Weg ist, da ein wirklich tierschutzkonformes, hundekonfor­mes und auch für die Trainer richtiges Papier zu erarbeiten.

Zum Antrag der Kollegen Spadiut und Grosz betreffend Kontrolle illegaler Tiertranspor­te an den alten Grenzübergängen: Wir haben die Problematik, dass die illegalen Tier-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 181

transporte – das betrifft die Hundewelpen – meistens im Kofferraum von Pkws erfol­gen, dass die Tiere so über die Grenze geschmuggelt werden. Da helfen Kontrollen an den Grenzen nicht, denn es müsste jeder Pkw aufgehalten werden.

Ich mache auch hier wieder das Angebot – ich habe das auch schon das letzte Mal ge­sagt –: Setzen wir uns zusammen, beraten wir das im Innenausschuss, der dafür zu­ständig ist, schauen wir, dass wir eine Maßnahme setzen können, mit der wir die Fahr­zeuge dieser Menschen, die Tiere illegal im Kofferraum ihres Privat-Pkws schmuggeln, beschlagnahmen können. Dann werden sich viele davor hüten, mit geschmuggelten Tieren durch Österreich zu fahren. Das wäre eine Maßnahme, die wir setzen könnten. (Beifall des Abg. Riepl.)

Noch einmal: Ich bin froh darüber, dass heute ein wichtiger und großer Schritt für den Tierschutz erfolgt. (Beifall bei der SPÖ.)

17.22


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Spadiut. – Bitte.

 


17.22.10

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Da­men und Herren! Dem Antrag betreffend das Bundesgesetz über Produkte, deren Ein- und Ausfuhr sowie Inverkehrbringen aus Tierschutzgründen verboten ist, kann man nur zustimmen, damit das sinnlose Leiden, das Tieren aus purer Eitelkeit der Menschen zugefügt wird, verhindert wird. (Beifall beim BZÖ.)

Sehr positiv ist, dass der Fünf-Parteien-Antrag zustande gekommen ist. Es ist nämlich höchst an der Zeit, dass in der EU einheitliche Tierschutzrichtlinien geschaffen werden. In vielen EU-Ländern herrschen auf dem Gebiet des Tierschutzes noch Missstände, die eines zivilisierten Landes nicht würdig sind.

Ich sehe es als Pflicht der zuständigen Regierungsmitglieder an, alles zu unternehmen, damit dieser Antrag in der EU umgesetzt wird.

Zu meinem Antrag über die illegalen Tiertransporte: Wir wissen, dass Österreich ein Durchzugsland für illegale Tiertransporte ist. Jährlich werden Tausende Hunde- und Katzenwelpen quer durch Österreich transportiert. Es ist, wie Kollege Keck schon ge­sagt hat, sicher nur schwer möglich, dieser Transporte habhaft zu werden, vor allem auch deshalb, weil diese Kontrollen nur an den Transitrouten durchgeführt werden.

Den Einwand, dass illegale Transporte an den Grenzübergängen nicht kontrollierbar sind, lasse ich nicht ganz gelten. Ich gestehe dem Kontrollorgan sehr wohl genug Er­fahrung zu, erkennen zu können, ob es sich um einen möglichen Tiertransport handelt.

Zusätzlich zu diesen Kontrollen müssten aber auch noch andere Maßnahmen gesetzt werden, wie etwa ein Verbot des Verkaufes von Hunde- und Katzenwelpen in Tier­handlungen. Diesen Antrag habe ich schon eingebracht, er wird aber von den Regie­rungsparteien immer wieder vertagt, weshalb er nicht diskutiert und nicht abgestimmt werden kann. (Beifall beim BZÖ.)

Ich möchte jetzt noch einen Schritt weiter gehen und den Antrag einbringen, alle Le­bendtiertransporte an den alten Grenzübergängen und österreichischen Bundesstra­ßen zu kontrollieren. Es gibt Transportkriterien, die eingehalten werden müssen. Für die Kontrolle dieser Transporte stehen Polizisten und das jeweilige diensthabende Tier­schutzkontrollorgan zur Verfügung. Diese Organe stehen aber stundenlang an den Transitrouten, ohne auch nur einen Tiertransport kontrollieren zu können, weil dort ein-fach keiner vorbeifährt. Das sind vergeudete Ressourcen. Sinnvoller ist es, diese Kon­trollen an den alten Grenzübergängen stichprobenartig durchzuführen. Dadurch wäre die Effizienz viel größer. (Beifall beim BZÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 182

Ich bringe deshalb folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Spadiut, Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kontrollen von Lebendtiertransporten an den alten Grenzübergängen und Bundesstra­ßen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Gesundheit wird aufgefordert mittels entsprechender Vollzugs­anweisungen im Rahmen des Tierschutzgesetztes sicherzustellen, dass die alten


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 183

Grenzübergängen und österreichischen Bundesstraßen in die Kontrollpläne miteinbe­zogen werden.“

*****

(Beifall beim BZÖ.)

17.25


Präsident Fritz Neugebauer: Der Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Spadiut, Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kontrollen von Lebendtiertransporten an den alten Grenzübergängen und Bundesstra­ßen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Kontrolle illegaler Tiertransporte an den alten Grenzübergängen (862/A(E))

Das österreichische Tiertransportgesetz 2007 regelt die Umsetzung der EU-Verord­nung 1/2005 über den Schutz von Tieren beim Transport. Internationale Tiertransporte dürfen nur von zugelassenen Transportunternehmern mit Befähigungsnachweis und unter Einhaltung der vorgeschriebenen Transportkriterien erfolgen. Eine der Auswir­kungen der Öffnung der österreichischen Grenzen war, dass die von der Polizei und den diensthabenden Tierschutz-Kontrollorganen durchgeführten Kontrollen von den Grenzen auf großen Transitrouten bzw. Autobahnen in den grenznahen Raum verla­gert wurden.

Mängel bei sechs von zehn Transporten sind jedoch nach aktuellen Medienberichten an der Tagesordnung. Eine Möglichkeit die österreichischen Kontrollen sicher zu um­gehen ist es, auf Nebenstraßen auszuweichen, da Tiertransporte an den alten Grenz­übergängen oder Bundesstraßen nicht mehr oder nur aufgrund spezieller Hinweise kontrolliert werden.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Gesundheit wird aufgefordert mittels entsprechender Vollzugs­anweisungen im Rahmen des Tierschutzgesetztes sicherzustellen, dass die alten Grenzübergängen und österreichischen Bundesstraßen in die Kontrollpläne miteinbe­zogen werden.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Eßl. – Bitte.

 


17.25.40

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Kolleginnen und Kollegen! Meine Vorredner haben schon davon gesprochen, dass der Tierschutz wichtig ist und dass wir in dieser Werteskala ganz oben sind. Ich muss sagen, für mich gibt es da aber schon auch Prioritäten. Da Kollege Vock heute gesagt hat, dass der Tierschutz in die Verfassung aufgenommen werden soll, muss ich entgegnen, dass es für mich diesbezüglich aber eine andere Priorität gibt: Probieren wir es heute einmal mit den Kinderrechten! Schauen wir, ob Ihnen diese so viel wert sind. (Zwischenruf der Abg. Ursula Haubner.) Für mich kommen auf alle Fälle die Menschen noch vor den Tieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber trotzdem ist es wichtig, dass wir uns zu einem praktikablen Tierschutz beken­nen – das machen wir auch in Österreich. Mit dem heutigen Gesetz, das wir beschlie­ßen, nämlich das Bundesgesetz über Produkte, deren Ein- und Ausfuhr sowie Inver­kehrbringen aus Tierschutzgründen verboten ist, setzen wir einen wichtigen Schritt in diese Richtung. Es geht dabei um Kontrollbefugnisse und auch darum, dass der Bun­desminister an den Nationalrat Bericht zu erstatten hat und dass eine vereinfachte Strafverfügung möglich ist.

Wir wollen einen wirksamen Vollzug der unmittelbaren Anwendung der EU-Verord­nung, und wir wollen Synergieeffekte, mehr Effizienz und Kosteneinsparungen in die­sem Bereich und die Durchführung der Kontrollen.

Es ist von den Vorrednern auch angesprochen worden, dass wir einen umfassenden Entschließungsantrag vorbereitet und ausverhandelt haben, in dem wir eine Verbesse­rung der EU-Tierschutzstandards verlangen. Ich glaube, dieser Entschließungsantrag enthält sehr viele Punkte, deren Umsetzung wichtig ist.

Es ist wichtig, dass europaweit einheitliche Tierschutzstandards festgeschrieben wer­den. Vor allem die bäuerlichen Tierhalter haben oft Kostennachteile, wenn in Europa unterschiedliche Standards vorgeschrieben sind, und dem sollten wir entgegenwirken.

Die Redezeit ist leider zu kurz, um alle Punkte, die wichtig sind und die hier bespro­chen werden sollten, aufzuzählen. Zusammenfassend darf ich sagen: Die ÖVP möchte haben, dass es den Tieren gut geht, und die ÖVP möchte einen praktikablen Tier­schutz, mit dem sich auch die Tierhalter identifizieren können. Der heutige Entschlie­ßungsantrag ist eine gute Grundlage dafür. (Beifall bei der ÖVP.)

17.28


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte.

 


17.28.23

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Das ist jetzt schon das zweite Mal, dass wir hier im Hohen Haus über Tierschutz reden können, und das freut mich. Jetzt kommt langsam ein bisschen Bewegung in die Tierschutzdebatte. Ich hoffe aber, dass es im nächsten Jahr ein bisschen mehr sein wird.

Ich möchte kurz auf die Regierungsvorlage eingehen, die ja eine Durchführungsverord­nung für eine EU-Verordnung ist, nämlich ein Ein- und Ausfuhrverbot von Hunde- und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 184

Katzenfellen. Ich finde das sehr erfreulich, da jahrelang Hunde- und Katzenfelle nach Europa importiert wurden, vor allem aus dem asiatischen Raum. Die Umsetzung dieser Richtlinie ist ein großer Erfolg für den Tierschutz, bietet aber auch den Konsumentin­nen und Konsumenten Sicherheit, sodass man nicht unabsichtlich ein Fell kauft, das man vielleicht nicht kaufen möchte.

Die Umsetzung in Österreich hat sich allerdings ein bisschen verzögert. Die Verord­nung ist schon vor einem Jahr in Kraft getreten, und wir setzen sie erst jetzt um. Ich würde mir schon wünschen, dass wir in Österreich auch beim Tierschutz ein bisschen zügiger vorgehen. Weiters würde ich mir wünschen, dass wir uns das auch für andere Fellarten anschauen, nicht nur für Hunde- und Katzenfelle, denn der Import jeglicher Fellarten ist nicht unbedingt notwendig.

Ich komme nun zu unserem gemeinsamen Antrag betreffend Verbesserungen der EU-Tierschutzstandards und möchte mich zuerst auch bei allen Tierschutzsprechern, bei den Kollegen der anderen Parteien für die gute Zusammenarbeit und für die konstruk­tiven Gespräche bedanken. Für uns ist das besonders erfreulich, weil damit auch zwei unserer Anträge, nämlich einerseits betreffend Verbesserungen der EU-Tierschutz­standards und andererseits betreffend Verbesserung des Schutzes von Tieren beim Transport, mit erledigt und umgesetzt werden. Es sind sehr viele unserer Punkte auf­genommen worden, und darüber freue ich mich besonders.

Kollege Keck hat schon einige Punkte aufgezählt, ich möchte noch ein paar andere nennen, weil wirklich sehr viele enthalten sind, so zum Beispiel das Verbot der Auf­zucht und Haltung von Legehennen in Käfigen, eine Ablehnung der in der EU geplan­ten Aufschiebung sogenannter konventioneller Käfige, die Reduzierung von Tierversu­chen und das Verbot von Tierversuchen an Menschenaffen, vor allem aber auch mehr Bewusstseinsarbeit für den Tierschutz – Tierschutz soll in die Schule gehen. Es gibt ja in Österreich das Projekt „Tierschutz macht Schule“, und in diesem Antrag ist auch ent­halten, dass das auf europäischer Ebene weiter verbreitet und Standard werden soll. (Beifall bei den Grünen.)

Ich finde es sehr positiv, dass wir uns darauf geeinigt haben, gemeinsam verbesserte Tierschutzstandards auf EU-Ebene zu fordern. Herr Minister, ich finde, Sie bekommen mit diesem Beschluss einen schönen Auftrag, und ich erwarte mir, dass Sie sich in der EU entsprechend dafür einsetzen.

Ich wünsche mir aber auch, dass wir nicht nur Forderungen an die EU stellen, sondern vor allem auch in Österreich Tierschutz betreiben. Ich denke dabei zum Beispiel an die Schweinehaltung, an tierquälerische Kastrationsmethoden, die in Österreich noch im­mer angewendet werden. (Abg. Hagen: Schächtung!)

Die Ausbildung von Hunden ist schon angesprochen worden. Ich verstehe nicht ganz, warum man dem Antrag nicht zustimmen konnte. Wenn es ohnehin schon im Ministe­rium in Planung ist, hätten Sie da einfach zustimmen können.

Es ist schon angesprochen worden, dass der Tierschutz endlich in die Verfassung auf­genommen werden sollte. Das müssen wir im nächsten Jahr einfach hinkriegen.

Kollege Eßl, hier Tierschutz gegen Kinderrechte auszuspielen ist nicht in Ordnung. (Demonstrativer Beifall des Abg. Vock.) Bis jetzt haben Sie diese beiden Themen im­mer gleich behandelt, indem Sie sie in den Ausschüssen gleich vertagt haben. Jetzt gehen Sie die Kinderrechte endlich an, aber auch nur sehr wenige. Ich sage ganz klar: Wir wollen, dass alle Kinderrechte in die Verfassung aufgenommen werden. Und wir wollen auch, dass der Tierschutz in den Verfassungsrang gehoben wird. (Beifall bei den Grünen.)

Mein Appell wäre, dass wir uns im nächsten Jahr weiter auf den Tierschutz konzentrie­ren, weiter gemeinsam daran arbeiten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 185

Im Übrigen bin ich der Meinung, Österreich braucht ein eigenständiges, starkes und engagiertes Umweltministerium. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Vock.)

17.32


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Aubauer. – Bitte.

 


17.32.49

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es ist schön, dass wenigstens beim Thema Tierschutz alle Parteien hier so konstruktiv zusammenarbeiten können. Gemeinsame Anstrengun­gen bringen auch Erfolg – und diese Anstrengungen werden auch bei unseren Gästen ankommen. Herzlich willkommen, sage ich unseren Gästen aus Kärnten, Freunde des Abgeordneten Obernosterer. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Bucher.)

Werte Kolleginnen und Kollegen, wir haben in Österreich beim Tierschutz ein sehr ho­hes Niveau. Es gibt keine Henne mehr, die in Österreich im Käfig sitzt. Aber in der EU schaut es nicht so gut aus, viel Tierleid wird importiert. Und deswegen drängen wir die EU, unsere höheren österreichischen Standards zu übernehmen.

Dringender Handlungsbedarf besteht, so meine ich, im Bereich Tierversuche – Kollegin Brunner hat es schon angesprochen. Für kosmetische Cremes, Shampoos, Waschmit­tel, Putzmittel werden zahlreiche Tierversuche durchgeführt; mitunter sind diese vorge­schrieben, oft wären sie aber auch vermeidbar.

Es ist notwendig, weitere, nichttierische Versuchsverfahren zu entwickeln. Das heißt, wir verlangen klare Zielvorgaben für die Reduzierung von Tierversuchen. Peilen wir eine „Vision Zero“ an: keine Tierversuche, kein Tierleid. Das ist das Ziel, dafür wollen wir in der EU gemeinsam Druck machen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

17.34


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Stöger. – Bitte.

 


17.34.41

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Leben und leben lassen, das ist gerade beim Tierschutz ein ganz wichtiger Grundsatz. Ich denke, dass wir mit dem heutigen Gesetz der Rolle Österreichs, Vorreiter in Europa zu sein, gerecht werden und einen Beitrag dazu leis­ten, dass Produkte, die von Tieren stammen, in Österreich aus Tierschutzgründen ver­boten werden können und verboten werden.

Ich danke Ihnen dafür, dass Sie diesen klaren Beitrag zum Tierschutz – und das als Erste in Europa – leisten.

Ich danke Ihnen für den Fünf-Parteien-Antrag, weil dieser deutlich macht, dass für die­ses Parlament Tierschutz sehr, sehr wichtig ist und dass es auch bereit ist, für den Tierschutz Maßnahmen zu setzen, die in der Praxis auch funktionieren.

Ich erlaube mir, Ihnen bekannt zu geben, dass wir ein Thema, das uns im Bereich des Tierschutzes lange beschäftigt hat, heute erledigen konnten. Wir haben heute unter­schrieben – das Land Niederösterreich, die Gemeinde Gänserndorf, der Bund und das Gut Aiderbichl –, wie wir in Zukunft mit den Schimpansen aus Gänserndorf umgehen wollen. Das haben wir heute geregelt. Insofern ist das ein guter Tag für die Tiere.

Es ist eine Vereinbarung zustande gekommen, und wir können einen wichtigen Beitrag für den Tierschutz leisten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.36

17.36.15

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 186

Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes über Produkte, deren Ein- und Ausfuhr sowie Inverkehrbringen aus Tierschutzgründen ver­boten ist, samt Titel und Eingang in 473 der Beilagen.

Wenn Sie für diesen Entwurf sind, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte auch in dritter Lesung um Ihre Zustimmung. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 555 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Wenn Sie hiefür eintreten, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstim­mig angenommen. (E 69.)

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 556 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um Ihr zustimmendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 557 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte Sie um Ihr zustimmendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kontrollen von Lebendtiertransporten an den alten Grenzübergängen und Bundesstraßen.

Wenn Sie für diesen Entschließungsantrag sind, bitte ich um ein Zeichen der Zustim­mung. – Der Antrag findet keine Mehrheit. Abgelehnt.

17.38.2631. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (476 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsge­setz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitsmarkt­politik-Finanzierungsgesetz, das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsge­setz 1957, das Sonderunterstützungsgesetz, das Karenzgeldgesetz, das Arbeiter­kammergesetz 1992, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgege­setz, das Bundespflegegeldgesetz und das Kriegsgefangenenentschädigungs­gesetz geändert werden (4. Sozialrechts-Änderungsgesetz 2009 – 4. SRÄG 2009) (541 d.B.)

32. Punkt

Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Impfschadengesetz und das Verbrechensopfergesetz geändert werden (544 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 187

33. Punkt

Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert wird (543 d.B.)

34. Punkt

Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 ge­ändert wird (542 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir behandeln nun die Punkte 31 bis 34 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. – Bitte, Herr Kollege.

 


17.39.33

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Werte Damen und Herren! Das 4. Sozialrechts-Änderungsgesetz hätte eigentlich nur die legistische Umsetzung des im Juni oder Mai ausverhandelten Kassensanierungs­konzepts sein sollen.

An sich stand die Diskussion, also die ganze Debatte um dieses Kassensanierungs­konzept unter einem guten Stern. Es wurde dort, wie man hört, sehr konsensual ver­handelt. Alle waren zufrieden. Man lobte die gute, ja hervorragende Gesprächskultur offensichtlich nach dem Fiasko des ersten Anlaufes, woran dann auch die Regierung unter anderem gescheitert ist. Man wollte es diesmal besser machen, und das Gesetz oder zumindest die Sozialrechts-Änderungsgesetz-Novelle, die dann herauskommen hätte sollen, hätte hier ohne großes Aufsehen durchgewunken werden sollen.

Aber bei Durchsicht dieser ganzen Sozialrechts-Änderungsgesetze habe ich gesehen, dass ein wesentlicher Punkt fehlt, nämlich die Ärzte-GmbH. Die Ärzte-GmbH ist nicht nur deshalb so wichtig, weil sie jetzt schon über 30 Jahre verhandelt wird, die Ärzte das vehement wollen und fix und fertige Konzepte vorhanden sind, sondern auch des­halb, weil es auch um eine gewisse Kultur des miteinander Umgehens geht. Das zeigt sich anhand des Procedere um dieses Ärzte-GmbH-Gesetz.

Warum? – Es wurde nämlich im Rahmen der Verhandlungen fix und fertig vereinbart und abgeglichen, mit vielen Kompromissen, die die Ärztekammer eingegangen ist, dass diese Ärzte-GmbH kommt. Sie fehlt. Und es stellt sich die Frage, warum sie fehlt. – Auffallend ist, dass alle, die mit dieser Ärzte-GmbH beschäftigt sind, betonen, wie sehr sie dafür sind.

Wir haben das auch im Ausschuss diskutiert. Und nach dem Ausschuss konnten wir einer Mitteilung der SPÖ entnehmen, dass der Herr Minister und der gesamte SPÖ-Klub, alle dafür sind, allerdings sei es noch wichtig, einige Punkte zu erwähnen und noch abzuklären. Das ist so in etwa, dass erstens in allen Punkten Konsens zwischen den Verhandlungspartnern herrschen muss, dass zweitens die Sozialversicherungs­rechte geklärt werden müssen und drittens die Europarechtskompatibilität hergestellt werden müsste.

Zu guter Letzt hat sich vergangene Woche auch noch die Landeshauptleutekonferenz zu Wort gemeldet. Auch diese sagt, sie wolle einen Platz am Verhandlungstisch – wie ich meine, deutlich zu spät. Ich frage mich ja überhaupt, warum man jetzt, ein Dreivier-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 188

teljahr zu spät, draufkommt, was man alles hätte hineinreklamieren wollen. Einen Ver­trag, der geschlossen wird, eine Vereinbarung, die mit Handschlag, Brief und Siegel ausgemacht war, mit windigen Argumenten zu brechen, halte ich schlicht und einfach nicht für akzeptabel und auch nicht, wie hier mehr als 30 Jahre mit einem Berufsstand umgegangen wird. Dagegen wird sich unsere Fraktion zur Wehr zu setzen wissen. Wir hoffen, Herr Minister, dass zumindest jetzt das, was hier angekündigt wird, dass näm­lich zügig Gespräche geführt werden, nicht bedeutet, dass es sich um Jahrzehnte han­delt. (Beifall bei der FPÖ.)

17.42


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Csörgits. – Bitte.

 


17.43.00

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzte Herren Bun­desminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im 4. Sozialrechts-Änderungsgesetz sind sowohl das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz als auch das Bundesministerium für Gesundheit angesprochen. Es handelt sich um Materien von beiden Bundesministerien. Ich werde mich in meinem Redebeitrag auf Bestimmun­gen beschränken, die aus dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumen­tenschutz kommen, und davon zwei herausgreifen. Das eine sind die Pensionserhö­hungen, und das Zweite sind Präventionsmaßnahmen gegen den Missbrauch von Aus­gleichszulagen.

Pensionen bis zu 2 466 € monatlich werden im Jahre 2010 um 1,5 Prozent erhöht. Für darüberliegende Pensionen gibt es einen Fixbetrag von fast 37 €. Darüber hinaus wer­den Bezieher von niedrigen Pensionen eine Einmalzahlung bekommen. Das bedeutet, dass im Bereich der gesetzlichen Pensionsversicherungen diese Anpassung von 1,5 Prozent ein Volumen von 421 Millionen € und im Bereich der Beamten ein Volumen von 86,8 Millionen € ausmacht und die Einmalzahlung für BezieherInnen von Pensio­nen unter 1 300 € weitere 35 Millionen €. Im Rahmen dieser Pensionserhöhung wurde also besonderes Augenmerk auf BezieherInnen niedriger Pensionen gelegt, womit die Kaufkraft der älteren Generation in Österreich sichergestellt wird.

Der zweite Punkt betrifft eine Präventivmaßnahme im Zusammenhang mit missbräuch­lichen Auszahlungen von Ausgleichszulagen. Wir sind von Fachexperten und Fachex­pertinnen der Pensionsversicherungsanstalt darauf aufmerksam gemacht worden, dass – ich bezeichne sie jetzt einmal als pfiffig – pfiffige Anwälte eine Gesetzeslücke entdeckt haben, wonach Pensionsbezieher, die im Rahmen der Europäischen Union eine Pension erhalten, wenn sie hier in Österreich einen sogenannten Scheinaufenthalt nehmen, hier dann auch die Ausgleichszulage beziehen können.

Wir haben in dieser Vorlage nun sichergestellt, dass, wenn berechtigter Zweifel daran besteht, dass der Aufenthalt von Personen in Österreich nicht deren gewöhnlicher Auf­enthalt ist, die Pensionsversicherungsanstalt diese Personen im Rahmen eines beson­deren Verwaltungsverfahrens selbst zur Rechenschaft ziehen kann. Diese müssen dann beweisen, dass ihr tatsächlicher Aufenthalt in Österreich ist. Darüber hinaus kann die Pensionsversicherungsanstalt auch eine Form der Barauszahlung wählen, um so sicherzustellen, dass die Menschen auch tatsächlich im Land wohnen, den tatsächli­chen Lebensmittelpunkt in Österreich haben, um so Missbrauch zu verhindern.

Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Pensionsversicherungsanstalten sehr herzlich für ihre Arbeit bedanken, und zwar des­halb, weil sie garantieren, dass die gesetzlichen Veränderungen, die wir vornehmen, im Geldbörsel der Pensionistinnen und Pensionisten auch gleich spürbar werden. Ich danke auch allen anderen Mitarbeitern im Rahmen der Sozialversicherung, weil sie da­für Sorge tragen, dass Menschen, die Sorgen haben, egal, ob es die Pension oder eine


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 189

Krankheit anlangt, eine entsprechende Hilfestellung erhalten. Herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

17.47


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. – Bitte.

 


17.47.18

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Hohes Haus! Vieles ist in dieser Regierungsvorlage verpackt. Dies geht vom Rettungspaket für die Kassen in Höhe von rund 600 Millionen € bis hin zu den Einmalzahlungen bei den Pensionen und zur Bekämpfung von Missbrauch. Also ein sehr umfassendes, ein sehr wichtiges Gesetz, eine Regierungsvorlage, wo es sich auszahlt, dass man sich et­was genauer mit ihr befasst.

Die Koalition wird sicher diesen Teil dieses Paketes im Bereich der Gesundheit als einen wichtigen Schritt in Richtung Reform des Gesundheitswesens sehen. Wir vom BZÖ sehen nichts anderes als ein Rettungspaket für Kassen, eine Entschuldung für Krankenkassen, die unterschiedlich gewirtschaftet haben. Wir sehen hier keine Umset­zung einer umfassenden Gesundheitsreform. Es wird zwar angegeben, es soll ein Kos­tendämpfungsvolumen von 1,7 Milliarden € bis 2013 umgesetzt werden, aber wo diese Maßnahmen umgesetzt werden, welche Maßnahmen gesetzt werden sollen und wo konkret Einsparungen getroffen werden sollen, das bleibt hier offen.

Es fehlen auch gänzlich der Vorsorgebereich, Vorsorgeprogramme. Es ist heute schon in einem anderen Zusammenhang angesprochen worden: Prävention spielt bei dieser zukünftigen Gesundheitsreform überhaupt keine Rolle. Der Spitalsbereich wurde drau­ßen gelassen. Ein Potenzial ist nicht einmal angedacht, nämlich dass man endlich be­ginnt, auch im Bereich der 22 Sozialversicherungsträger etwas zu machen, zusam­menzulegen, zu vereinfachen und dort Geld zu sparen.

(Auf der Galerie beugt sich ein Kameramann mit der Kamera über die Brüstung und filmt in das Plenum. – Hallo-Rufe bei den Abgeordneten.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Kollege, filmen Sie bitte nicht in die Unterlagen hin­ein!

Bitte, Frau Kollegin, setzen Sie fort.

 


Abgeordnete Ursula Haubner (fortsetzend): Also, wie gesagt, es ist eine Finanzsprit­ze für die Krankenkassen ohne klare Richtlinien, wie die zukünftige Gesundheitsreform ausschaut.

Auf zwei Dinge möchte ich noch hinweisen. Ein Beispiel hat Kollegin Csörgits schon genannt, nämlich den Bereich des Missbrauches bei Pensionen. Ich bin sehr froh, dass man das aufgreift, dass man nicht nur eingesteht, dass es Missbrauchsfälle gibt, son­dern dass man auch schaut, wie man handeln kann. Denn, meine Damen und Herren, es darf nicht möglich sein, dass Menschen, die in einem anderen Land eine Pension beziehen und vielleicht zeitweise bei uns wohnen, eine Ausgleichszulage bei uns be­ziehen. Uns fehlt in manchen Bereichen das Geld für unsere Pensionistinnen und Pen­sionisten, aber von diesen Leuten wird es missbräuchlich bezogen.

Wir unterstützen also diesen Punkt. Wir werden auch bei der Abstimmung sehr diffe­renziert vorgehen. Wir unterstützen diesen Bereich, denn dem muss man wirklich einen Riegel vorschieben und sicherstellen, dass Sozialleistungen dorthin kommen, wo sie gebraucht werden, und nicht dorthin, wo sie so mancher, vor allem auch aus dem Ausland, haben will. (Beifall beim BZÖ.)

Ein zweiter Bereich, der unserer Ansicht nach zu halbherzig abgewickelt wird, ist die Kontrolle der Identität der Patienten. Ich erinnere mich an die Diskussionen hier im


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 190

Haus, auch an den BZÖ-Antrag, die e-card mit einem Lichtbild zu versehen, weil es eben auch zu missbräuchlichen Verwendungen kommt. Dies wurde von der Regierung immer abgelehnt, mit der Bemerkung, dies sei kein Problem. Jetzt dürften Sie dieses Problem doch erkannt haben und zumindest im Zweifelsfall die Identität kontrollieren. Dies ist für uns zu wenig, zu halbherzig und natürlich auch verwaltungstechnisch ein sehr, sehr großer Aufwand. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

Wie gesagt, insgesamt werden wir diesem Kassensanierungspaket nicht zustimmen, aber wir werden in einzelnen Bereichen, die ich schon angeführt habe, auch der Ein­malzahlung für die Bezieher kleinster Pensionen, unsere Zustimmung geben. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

17.51


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte.

 


17.52.01

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das 4. Sozialrechts-Ände­rungsgesetz ist der erste Teil des Kassensanierungspaketes. Das muss man hier beto­nen. Der Inhalt wurde zwischen Hauptverband, Ärztekammer und Gesundheitsministe­rium ausverhandelt.

Es geht im Wesentlichen um langfristige Maßnahmen zur Steuerung der Ausgaben und zur nachhaltigen Kostendämpfung im Vertragspartnerbereich. Damit, meine Da­men und Herren, sichern wir unser sehr gutes Gesundheitssystem auch für die Zu­kunft.

Es wird in absehbarer Zeit, und das möchte ich hier wirklich mit Nachdruck sagen, das 5. Sozialrechts-Änderungsgesetz oder das nächste Sozialrechts-Änderungsgesetz fol­gen, weil nicht das gesamte ausverhandelte Paket vorliegt. Die restlichen Punkte, unter anderem die angesprochene Ärzte-GmbH oder auch die Vertragskündigung, werden noch kommen. Das ist zwischen den Systempartnern vereinbart und auch fix zugesagt. Und wir Abgeordnete werden darauf achten, dass dieses Paket auch zur Gänze hier im Hohen Haus umgesetzt wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, es werden aber mit diesem Gesetz auch einige andere wichtige Punkte mit verhandelt oder mit beschlossen. Deshalb ist es auch im Sozial­ausschuss behandelt worden, denn eigentlich wäre das ja eine Gesundheitsmaterie. Es wurde darauf schon hingewiesen.

Ich möchte aber noch einen Punkt auch aus der Regierungsvorlage herausstreichen, nämlich den Passus, mit dem Missbrauch beim AZ-Bezug – also beim Ausgleichszu­lagenbezug – eingedämmt beziehungsweise mehr vorgebeugt wird. Es ist bereits da­rauf hingewiesen worden, dass es EU-Bürger mit eigentlich einer niedrigen Eigenpen­sion aus ihrem Herkunftsland gibt. Es erfolgt jetzt eine Klarstellung, wo der Mittelpunkt des Lebensinteresses ist. Vor allem wird bei begründetem Zweifel am gewöhnlichen Aufenthalt im Inland der Versicherungsträger ermächtigt, auf Barauszahlung umzustel­len, um eben so präventiv vorzugehen und Missbrauch vorzubeugen.

Die Pensionsanpassung 2010 – sicherlich ein wichtiger Punkt. Vor allem wird die Ein­malzahlung bis zu 1 300 € geregelt. Die Erhöhung um 1,5 Prozent hat ja der Herr Bun­desminister per Verordnung erlassen. Wesentlich aus unserer Sicht ist, dass auch jene Pensionisten, deren Pensionshöhe sich knapp über dem Ausgleichszulagenrichtsatz befindet, eine zusätzliche Anerkennung bekommen, denn dort ist es wirklich so, dass diese Pension aus den eigenen Beiträgen zustande gekommen ist. Diesen Pensionis­ten stehen allerdings keine Gebührenbefreiungen zu, wie zum Beispiel jene der Rund­funkgebühr, also für den ORF, oder Rezeptgebühr. Das heißt, wir begrüßen es außer-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 191

ordentlich, dass gerade in diesem Bereich Rücksicht genommen wurde und im Beson­deren diese Pensionen angepasst werden.

Ein letzter Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren, den ich noch im Bereich der Pensionen ansprechen möchte, ist – wir haben ja die soziale Staffelung bis 2 466 € noch bis zum Jahr 2010 gesetzlich vereinbart –: Ich glaube, wir sollten darüber nach­denken, wie wir das in Zukunft bei den Pensionsanpassungen machen, denn dies be­trifft im Wesentlichen 42 000 Pensionisten, deren Pensionshöhe über diesen 2 466 € liegt, und das ist ein Mehraufwand von 1,4 Millionen € pro Jahr. Also das ist sowieso neu zu diskutieren und neu zu verhandeln, aber ich bin der Meinung, das könnte man hier anders regeln.

Mein letzter Punkt: Es wird eine elektronische Antragstellung auf Arbeitslosengeld er­möglicht. Das ist auch in diesem Paket beinhaltet und ist eine Vereinfachung im Sinne der Betroffenen gerade in Zeiten wie diesen. Ich glaube, insgesamt ein gutes Paket, und ich ersuche um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

17.55


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kickl. – Bitte.

 


17.56.04

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren! Ich möchte vielleicht aus dem um­fangreichen Paket etwas herausnehmen und zu den Pensionen Stellung nehmen. Es ist vieles hineingestopft worden, aber ich glaube, das Pensionsthema ist doch ein sehr, sehr wichtiges angesichts der generellen Entwicklung, was Armut in diesem Land be­trifft.

Da ist leider eine nicht wegzudiskutierende Tatsache, dass diese Bundesregierung in den letzten Jahren – das zeigt einfach der Augenschein und das zeigen unsere Erfah­rungswerte, die wir haben – es nicht besonders gut mit den Pensionisten meint. Da sind wir leider erfahrungsgeprüft, möchte ich sagen. Immer dann, wenn es um eine ge­rechte Erhöhung der Pensionen geht, wenn es darum geht, den Anteil zu definieren, den die ältere Generation am erworbenen Wohlstand bekommen soll, wird das Ge­spenst der Unfinanzierbarkeit an die Wand gemalt. Und wenn es nicht die Politiker sel­ber sind, die das machen, so findet sich garantiert irgendein in ihrem Sold stehender Experte, der die Generationen gegeneinander aufhetzt und von Unfinanzierbarkeit schwafelt, wo man eigentlich einmal, wenn man vernünftig an diese Dinge herangeht, schauen müsste, ob denn das Geld in anderen Bereichen nicht völlig sinnlos beim Fenster hinausgeschmissen wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Man fragt sich immer wieder, meine Damen und Herren, warum denn eigentlich die Pensionistenvertreter von SPÖ und ÖVP so auf dem Pensionistenpreisindex herum­reiten, der ja an und für sich ein sinnvolles und dafür extra geschaffenes Instrument ist, zielgenau auf die Personengruppe und auf ihre Bedürfnisse, um die es geht, zuge­schnitten. Warum reitet man permanent auf diesem Pensionistenpreisindex im Vorfeld der Pensionserhöhung herum, um ihn dann bei jeder Gelegenheit, wo man ihn umset­zen könnte, konsequent zu ignorieren?

In diesem Fall würde ich Ihnen empfehlen: Lassen Sie dieses Instrument weg, pflanzen Sie die Pensionisten nicht, verzichten wir auf den Pensionistenpreisindex! Das wäre zumindest der ehrliche Weg, anstatt jedes Mal so zu tun, als ob das das Maß ist, an dem Sie gemessen werden wollen, obwohl Sie es dann bewusst unter den Tisch keh­ren. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber wahrscheinlich ist das Ihr Beitrag zu einer breit gestreuten Gerechtigkeitsdebatte, die Sie ja so gerne führen, an allen möglichen passenden, aber auch an allen mögli­chen unpassenden Orten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 192

Ich verweise hier nur auf das Thema Transferkonto. Wissen Sie, 1,5 Prozent plus, plus dieses System an Einmalzahlungen, wo man genau weiß, daraus erwächst kein Rechtsanspruch, das ist jedenfalls aus unserer Sicht kein Beitrag zur Erhöhung der so­zialen Gerechtigkeit. Es ist kein wirklich brauchbarer Beitrag zur Verhinderung von Ar­mut einer Gruppe, wo wir uns, glaube ich, alle hier herinnen einig sind, dass sie über­haupt nichts für diese Entwicklungen kann, mit denen wir derzeit konfrontiert sind.

Also wenn jemand überhaupt nichts für diese Wirtschaftsmisere, für diese Bankenkrise und für alles, was da im Nachfeld daherkommt, kann, dann sind es die Pensionisten. Es ist daher nicht einzusehen, warum die Pensionisten einen großen Teil der Last zah­len müssen, einfach deshalb, weil man immer sagt, das Geld dafür ist nicht da, um ihre Pension ordentlich zu erhöhen. – Hier wird gespart, das ist der eine Punkt.

Auf der anderen Seite geht es darum, Privilegien auch weiterhin abzusichern. Ich den­ke an das großzügige Beamtendienstrecht in den roten und schwarzen Bundesländern, wo zig Millionen jedes Jahr beim Fenster hinausgeschmissen werden und wo man bei den Übergangsregeln so großzügig ist, dass wir es wahrscheinlich gar nicht einmal mehr erleben werden, dass diese Übergangsregelungen in Kraft treten – dies übrigens im Gegensatz zur Hacklerregelung, wo alles dann ruckzuck gehen muss beim Auslau­fen. Also hier schmeißt man das Geld beim Fenster hinaus, genauso wie zum Beispiel bei den ÖBB, wo Leute mit knapp über 50 munter und mit schönen Bezügen in die Pension marschieren.

Meine Damen und Herren, besonders aufschlussreich fand ich – und wenn wir schon den Minister da haben, möchte ich ihn damit auch konfrontieren – eine Aussage von Ihnen in einem Interview im „Kurier“, wo Sie uns sehr Erhellendes über die Zukunft des Pensionssystems gesagt haben. Ich darf daran erinnern, dass man in den Gewerk­schaftsreihen versucht hat, eine bessere Pensionsausstattung für die Gewerkschafts­mitglieder und für die Angestellten zu schaffen und dass man dort eigentlich unterge­gangen ist mit dem System, dass man das am Kapitalmarkt finanzieren wollte, und die­jenigen, die darum geprellt worden sind, durch ihren Verzicht sozusagen auch die Ge­werkschaft gerettet haben.

Dort hat man in weiterer Folge von Ihnen immer nur gehört, dass das mit dem Kapital­markt unseriös und unverantwortlich ist und dass die Zukunft im Umlageverfahren liegt. Da gebe ich Ihnen prinzipiell absolut recht, nur muss man sich dann einmal anhören, wie Sie das Umlageverfahren in Zukunft sehen.

Da sagen Sie im „Kurier“: Das System steht nicht in Frage. – Das Umlagesystem, da gebe ich Ihnen recht; aber jetzt kommt es –: Die Pensionshöhe wird sich ändern. Wer mehr als die Existenzabsicherung will, muss – das sagt ein Sozialist! – privat vorsorgen.

Na, das ist ja großartig! (Rufe bei der FPÖ: Unglaublich!) Das heißt, wir sind wieder dort gelandet, wo wir eigentlich hinaus wollten, und wahrscheinlich ist es dieser groß­zügige Einmalzuschlag, mit dem jetzt die ach!, so reichen Großeltern die private Pen­sionsvorsorge der Enkerln zahlen müssen – denn anders wird das nicht funktionieren. Es gibt nicht so viele Leute in diesem Land, die diese private Pensionsvorsorge brau­chen würden, weil sie sonst unterm Strich so wenig heraus bekommen, dass es zum Leben zu wenig ist und zum Sterben zu viel. Und diejenigen, die es brauchen, sind ausgerechnet diejenigen, die sich die private Vorsorge nicht leisten können.

Das ist eine „schöne“ Sozial- und Pensionspolitik von einem SPÖ-Minister! (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ. – Abg. Dolinschek: Das war ausgezeichnet!)

18.01


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 193

18.01.11

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Minister! Herr Abgeordneter Kickl, angefangen hätten Sie ja ganz gut. Mit Wohlgefallen habe ich die ersten Sätze gehört: Da wurden Experten aus dem Hut gezaubert, um Jung gegen Alt aufzuhetzen. Nur haben Sie leider vergessen, dazu zu sagen, von wem diese Experten aus dem Hut gezaubert wurden: In den vergangenen Jahren waren das in der Regel die FPÖ-Sozialminister. Und jetzt weiß ich schon, Sie wollen nicht bei der FPÖ gewesen sein, die damals an der Regierung war – sei’s drum. Sie haben auch an­dere Methoden. Vielleicht geht es weniger ums Jung-gegen-Alt-Aufhetzen bei Ihnen, aber Inländer gegen Ausländer, das ist schon ein probates Mittel, mit dem Sie sich of­fensichtlich über Gebühr anfreunden konnten in den letzten Jahren.

Wir sagen: Hetze, egal ob es Jung gegen Alt oder Inländer gegen Ausländer betrifft, ist ein ungeeignetes und unprobates Mittel in der Politik – und sollte es auch von Ihrer Seite sein, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Jetzt aber zum eigentlichen Thema.

Punkt 1: Pensionen. Ich habe immer zu denen gehört, die den Pensionistenpreisindex eher mit Skepsis, Argwohn beziehungsweise Ablehnung betrachtet haben. Und ich sa­ge Ihnen noch einmal auch den Grund – jetzt nicht an die Adresse der Freiheitlichen, sondern an alle diejenigen, die dem Pensionistenpreisindex das Wort geredet haben –: Der Pensionistenpreisindex hilft denen mit den niedrigen Pensionen genauso wenig, wie denen mit den niedrigen Einkommen ein normaler Inflationsindex hilft.

Sagen wir es ganz offen: Wir haben ein Problem nach wie vor bei niedrigen Pensionen, wir haben kein Problem bei den hohen Pensionen. Ich sehe nicht ein, warum Bezieher hoher Pensionen – teilweise wesentlich höher als die ASVG-Höchstpension; die gibt es auch noch immer aus öffentlichen Geldern – einen Anspruch auf einen Pensionisten­preisindex haben sollten. Wenn der Herr Blecha und der Herr Khol die Forderung nach einem Pensionistenpreisindex erheben, verstehe ich das schon: Das sind beide Be­zieher von hohen Pensionen. Und Sie wollen mitmachen, dass da ein Pensionisten­preisindex angewandt wird?

Ich sage Ihnen auch die andere Position: Wir hätten es liebend gern gehabt, obwohl wir jetzt der Pensionserhöhung zustimmen, dass erstens im Bereich der Sozialversi­cherungspensionen – und ich erspare der Kollegin Aubauer die Pein, dass sie einem Antrag entgegen stimmen müsste, der genau das fordert –, im Bereich der ASVG- be­ziehungsweise Sozialversicherungspensionen die Wertanpassung gesichert ist, und zwar bis zur höchsten ASVG-Pension – die ist ja noch immer nicht so ungeheuer hoch –, aber da machen Sie nicht mit! Da haben Sie schon in den vergangenen Jah­ren nicht mitgemacht beziehungsweise immer wieder Gründe gefunden, warum auch innerhalb des ASVG- beziehungsweise Sozialversicherungspensionssystems keine Wertsicherung stattfindet.

Und da, Frau Kollegin Aubauer, war Schwarz-Blau ein negatives Vorbild, denn da sind in den vergangenen Jahren die Grenzen teilweise willkürlich gezogen worden, wo man die Pensionserhöhung enden lässt, beziehungsweise wie viele Stufen es gibt. Das war unerträglich! Mittlerweile hat man sich immerhin auf etwas geeinigt, von dem man glaubt, man kann es auch für weitere Jahre verwenden.

Trotzdem: Wir wollen die Wertsicherung. Wir wollen aber vor allem, dass bei der tat­sächlich existenzsichernden Mindestpension der Armutsschwellenwert erreicht wird, und deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, bringe ich Ihnen auch den Ent­schließungsantrag des Abgeordneten Öllinger betreffend Anpassung des Ausgleichs­zulagenrichtsatzes nach § 293 ASVG und der Armutsgefährdungsschwelle zur Kenntnis:

Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesminister für Arbeit, Soziales und Kon­sumentenschutz sowie für Finanzen, wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Geset-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 194

zesvorschlag zuzuleiten, mit dem der Ausgleichszulagenrichtsatz des ASVG bis 2013 schrittweise auf die von der Statistik Austria im Rahmen von EU-SILC erhobenen Ar­mutsgefährdungsschwelle angehoben wird.

Ich sehe gerade, da sind Rechtschreibfehler drinnen. Ich bitte Sie, das zu entschuldi­gen, der Sinn des Antrages wird dadurch nicht gestört.

Und jetzt komme ich zum zweiten Thema: Gesundheit. Sie wissen, Herr Minister, wir stimmen dem zu, was Sie vorlegen, aber ich sage Ihnen in aller Offenheit: So geht das nicht weiter! Und das ist an die Adresse nicht nur der beiden Regierungsparteien, son­dern in erster Linie natürlich an die Adresse der ÖVP gerichtet. Aber auch die Kollegin Haubner hat mir ein Stichwort geliefert.

Eines ist klar, und das ist zwischen uns unbestritten – ich sage dann schon noch etwas zu Ihnen, Frau Kollegin Haubner –: Dass mit diesem Paket eine Kassensanierung nicht erreicht werden kann! Die Kassen bleiben – man kann es drehen und wenden, wie man will – auf einem erheblichen Schuldenberg sitzen. 1 Milliarde € bleibt den Kas­sen erhalten! (Abg. Donabauer: Was kann die ÖVP dafür, lieber Mann?) – Weil Sie, Herr Kollege Donabauer, und Ihre Partei sich am meisten dagegen sperren, dass not­wendige Anpassungen vorgenommen beziehungsweise Einnahmen für die Kranken­versicherungen erzielt werden können! (Abg. Donabauer: Das ist Ihre Meinung!)

Ich nenne Ihnen Beispiele: Ich sehe nicht ein, warum aus den Mitteln der Sozialversi­cherung private Krankenanstalten finanziert werden! Das haben Sie eingeführt, das wird verlängert und ohne mit der Wimper zu zucken fortgeführt, obwohl die Zahl der privaten Krankenanstalten gesunken ist. Warum nicht einstellen, warum nicht reduzie­ren bei diesem Beitrag? (Abg. Donabauer: Weil gute Arbeit geleistet wird!) 93 Millio­nen €!

Ich sehe nicht ein, warum die Krankenkassen eine Abgeltung für die bundesweite Ge­sundheitsplattform in der Höhe von 83 Millionen € zahlen müssen. Ich sehe es nicht ein, warum aus den Beiträgen der Sozialversicherung eine meines Erachtens überflüs­sige Struktur und deren Wunschprojekte finanziert werden!

Ich sehe nicht ein – und da bin ich jetzt bei dem, was die Frau Kollegin Haubner gesagt hat, und damit auch schon fast am Ende –, warum es keinen Krankenversicherungs­beitrag gibt für Pensionsanteile, die aus dem Ausland kommen. Da wird jetzt ein Kon­trollsystem eingeführt für Ausgleichszulagen, wo Pensionsanteile aus dem Ausland da­bei sind. Ich sage Ihnen – obwohl wir dafür sind –: Gut ist es nicht, dass bei begründe­tem Zweifel der Betroffene den Beweis führen muss, dass er unschuldig ist. Da hätten wir vielleicht eine elegantere Lösung finden können.

Aber abgesehen davon: Kommen wir zur Finanzierungsfrage. Wunderbar wäre es ge­wesen, wenn man bei dieser Gelegenheit gesagt hätte: Ja, für Pensionsanteile, die aus dem Ausland kommen, muss ebenfalls ein Krankenversicherungsbeitrag bezahlt wer­den. – Ich sehe es nicht ein, warum jemand, der meinetwegen 600 € Pension aus dem Ausland erhält, um beim Beispiel der Ausgleichszulage zu bleiben, noch die Aus­gleichszulage draufgedoppelt bekommt und nur von diesem Differenzbetrag, von die­sen 170 €, einen Krankenversicherungsbeitrag bezahlt, weil der Beitrag aus dem Aus­land krankenversicherungsfrei ist. Das ist doch absurd! Dadurch könnten 30 bis 40 Mil­lionen € pro Jahr erzielt werden.

Das wären wichtige Dinge. – Ich sehe es übrigens auch nicht ein, dass private Pen­sionskassenerträge krankenversicherungsfrei bleiben, obwohl das bei manchen einen erheblichen Anteil ausmacht. Wir müssen darüber diskutieren! In zunehmendem Aus­maß werden die privaten Finanzierungsanteile steigen, und damit sind wir bei einem anderen Problem, das wir bei anderer Gelegenheit diskutieren.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 195

Aber jetzt sage ich Ihnen nochmals, Herr Bundesminister: Werden Sie mutiger beim Durchsetzen von Reformen! So, wie wir das jetzt beschlossen haben, ist das keine Entlastung. So ist es nicht wirklich ein Beitrag zur Reform der Krankenversicherung. (Beifall bei den Grünen.)

18.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Herr Bundesminister Stöger zu Wort. – Bitte.

 


18.09.37

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Präsident! Lieber Kol­lege Hundstorfer! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit diesem 4. Sozial­rechts-Änderungsgesetz sind wir in der Lage, der sozialen Krankenversicherung und der Selbstverwaltung im sozialen Krankenversicherungssystem Instrumente in die Hand zu geben, mit denen sie auf der einen Seite ökonomisch vorgehen können und zum Zweiten in der Lage sind, die richtigen Leistungen am richtigen Ort anbieten zu können.

Wir haben die dynamische Stellenplanung eingeführt. Die Stellenplanung wird in Zu­kunft nur so möglich sein, dass, wenn die Kassen eine neue Stelle ausschreiben wol­len, das einvernehmlich geschehen muss. Wenn das nicht einvernehmlich geht, kann keine Stelle ausgeschrieben werden; damit gibt es also bedarfsgerechtere Anpassun­gen.

Weiters haben wir eine Investitionsablösung eingeführt, das heißt, wenn eine Kas­senstelle nicht mehr nachbesetzt wird, haben wir ein Instrument, um handeln zu kön­nen, was bedeutet, die richtige Versorgung am richtigen Platz zustande zu bringen.

Diese Instrumente müssen genutzt werden – und sie werden sicherlich von den Kran­kenkassen genutzt werden.

Zum Thema e-card in den Krankenanstalten. Die e-card stellt das zentrale Instrument für den Zugang von Versicherungsleistungen dar, und damit wurde die Kontrolle ganz entscheidend verbessert.

Zur Verankerung des Ökonomiegebotes, was, wie ich meine, das Entscheidendste ist. Die Ärztinnen und Ärzte waren bereit, die Verantwortung auch für die Gesamtfinan­zierung des Gesundheitssystems zu übernehmen, und sie nehmen auch Verantwor­tung dafür wahr, wie mit Folgekosten umgegangen wird; ein wichtiger Schritt also.

Eine Altersgrenze in Bezug auf die Vertragspartner wurde eingeführt; ebenso wurde ein Kriterienkatalog für Honorar-Verhandlungen vereinbart, und zwar einvernehmlich vereinbart, und das macht mich hoffnungsfroh, Einsparungspotentiale sogar noch aus­bauen und das ganze System noch effizienter gestalten zu können.

Selbstverwaltete Gesundheitssysteme in Europa sind am besten in der Lage, einer­seits gute Leistungen zu erbringen und andererseits gut mit jenen finanziellen Mitteln, die ihnen zur Verfügung gestellt werden, auszukommen. Durch die Selbstverwaltung wurde unser soziales System enorm gestärkt.

Folgendes anzumerken ist mir noch wichtig: Die soziale Krankenversicherung hat kei­ne Gelder in den Sand gesetzt, trotzdem haben wir klargemacht, dass Vermögensver­anlagungen so durchzuführen sind, dass es eben nicht zu riskanten Anlageformen kommt, womit wir auf die reale Situation reagiert haben. Ich denke, das ist ein wichtiger Schritt zur Weiterentwicklung des österreichischen Gesundheitssystems. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.13


Präsident Fritz Neugebauer: Der zuvor von Herrn Abgeordnetem Öllinger einge­brachte Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 196

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde betreffend Anpassung des Aus­gleichszulagenrichtsatzes nach § 293 ASVG an die Armutsgefährdungsschwelle

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für Arbeit und So­ziales über die Regierungsvorlage (476 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschä­digungsgesetz 1957, das Sonderunterstützungsgesetz, das Karenzgeldgesetz, das Ar­beiterkammergesetz 1992, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgege­setz, das Bundespflegegeldgesetz und das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz geändert werden (4. Sozialrechts-Änderungsgesetz 2009 – 4. SRÄG 2009; 541 d.B).

Seit dem Jahr 2003 erhebt die Statistik Austria im Zuge des EU-Projekts SILC (Statis­tics on Income and Living Conditions) die Lebens- und Einkommensverhältnisse der österreichischen Haushalte. Mitte Dezember 2009 werden die Ergebnisse für 2008 öf­fentlich präsentiert.

Aus den erhobenen Zahlen kann auf die Armutsgefährdungsschwelle geschlossen werden. Sie wird mit 60% des Medians des gewichteten Netto-Haushaltseinkommens angenommen. Als Ergebnis der Auswertung werden unter anderem Grenzwerte ange­geben, die für das Jahr 2008 als Untergrenze € 11.220 und als Obergrenze € 11.593,- ausweisen. Der Mittelwert liegt bei € 11.406,- jährliches Nettohaushaltseinkommen für eine alleinstehende, erwachsene Person.

Um dieses Einkommen zu erreichen, muss ein alleinlebender Pensionist/eine allein­lebende Pensionistin über ein 14-maliges Einkommen von

 

Netto

Brutto

unter Grenze

€ 801,41

€ 844,48

Mittelwert

€ 814,74

€ 852,52

obere Grenze

€ 828,06

€ 872,56

verfügen.

Tatsache ist jedoch, dass diese Armutsgefährdungsschwelle deutlich höher liegt als der Ausgleichszulagenrichtsatz nach § 293 ASVG. Das bedeutet, dass alle BezieherIn­nen einer Ausgleichszulage und noch etwa 102.000 zusätzliche PensionistInnen, zu­sammen also etwa 340.000 Menschen mit Pensionseinkommen unter der Armutsge­fährdungsschwelle auskommen müssen.

Im Jahr 2010 werden diese Menschen mit einem Nettoeinkommen auskommen müs­sen, das (gemessen am Mittelwert) im Jahresverlauf um € 980,- niedriger ist als die Ar­mutsgefährdungsschwelle. Gemessen am unteren Grenzwert fehlt den Betroffenen noch immer € 798,- auf ein Einkommen, das die Gefahr von Armut und Ausgrenzung weitgehend reduziert.

Die Kosten einer Erhöhung auf den unteren Grenzwert der Armutsgefährdungsschwel­le liegen für das Jahr 2010 bei ca. € 240 Mio..


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 197

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesminister für Arbeit, Soziales und Kon­sumentenschutz sowie für Finanzen, wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Geset­zesvorschlag zuzuleiten, mit dem der Ausgleichszulagenrichtsatz des ASVG bis 2013 schrittweise auf die von der Statistik Austria im Rahmen von EU-SILC erhobenen Ar­mutsgefährdungsschwelle angehoben wird.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 


18.13.50

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehr­te Herren Bundesminister! Herr Gesundheitsminister, Sie haben gesagt, die Leistungen wurden jetzt durch das 4. Sozialrechts-Änderungsgesetz ökonomischer an den Bedarf angepasst, es wurde einiges umgesetzt, und Sie sagten auch, die Selbstverwaltung solle weiter ausgebaut werden.

Herr Bundesminister, wenn das jetzt alles „angepasst“ wird, wie Sie sagten: Was wur­de denn bisher getan? War das bisher nicht in Ordnung? Hat das alles nicht gepasst? Und: Warum reagiert man jetzt erst?

Ich meine, dass das System generell umgestellt gehört, denn da wird nur herumge­doktert; das ASVG hat schon die Was-weiß-ich-wievielte-Novelle, sämtliche Querver­weise und so weiter, wo sich in Wirklichkeit niemand mehr auskennt. Es gehört eine Neukodifizierung des ASVG gemacht – und das muss dann umgesetzt werden.

Ja, ich bekenne mich zum Beispiel, was das Pensionssystem anlangt, zum Umlagever­fahren. Und da Herr Kollege Kickl vorhin darüber gesprochen hat, dass Sie, Herr Minis­ter, sagten, wir kommen hin zu einer Volkspension, die hohen Pensionen holt man so­zusagen herunter und das andere muss eben über den Kapitalbedeckungsmarkt ge­schehen. Dazu kann ich nur sagen: Wir haben uns immer zu diesem Drei-Säulen-Mo­dell bekannt, aber die erste Säule, das Umlagesystem, die staatliche Rente muss so hoch sein, dass jeder, der im Erwerbsleben wenig verdient, das Auslangen findet – und dass sich jeder, der mehr verdient, eben auf die zweite und dritte Säule stützen kann. So muss das sein! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Wir haben in Österreich jedoch heute noch das System, dass Leute, die im Erwerbsle­ben sehr, sehr viel verdienen, auch noch eine große staatliche Pension bekommen – durch das Umlageverfahren. Und das gehört repariert, so beispielsweise, was die Mit­arbeiterinnen und Mitarbeiter der Oesterreichischen Nationalbank betrifft, ebenso die der Österreichischen Bundesbahnen und überhaupt in all den Institutionen, wo das ge­nauso der Fall ist. Dort gehört einmal aufgeräumt, meine Herren Bundesminister! Das muss einmal angepasst werden! (Beifall beim BZÖ.)

Meine Kollegin Ursula Haubner hat ja bereits angesprochen, dass bei dieser Gesetzes­vorlage der Spitalsbereich nicht mitberücksichtigt wurde, dass also die Umsetzung einer Gesundheitsreform im Wesentlichen ausgeblieben ist, ebenso andere wichtige Dinge.

Was Pensionserhöhungen betrifft, kann ich nur sagen: Da gehen wir mit, denn es kann nicht so sein, dass die Pensionen, die jene bezahlen, die das System aufrechterhalten,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 198

die arbeiten und das – egal, ob selbständig oder unselbständig – einbezahlen, eine ge­ringere Lohnerhöhung bekommen als jene, die in Pension sind, und das mit dem „Ar­gument“: Pensionistenpreisindex! Dieses Wort kann ich mittlerweile nicht einmal mehr hören! Das kann ich nicht mehr hören! Denn dann kommt der Autofahrer und will einen speziellen Autofahrerindex haben, der Behinderte will einen Behindertenindex haben, die Jugend vielleicht einen Jugendindex haben, und so weiter. – Also: Entweder gibt es einen Lebenshaltungskostenindex oder es gibt eben keinen – so einfach ist das! (Bei­fall beim BZÖ.)

Wenn die Lohnerhöhung nur 1,49 Prozent ausmacht, dann sind die 1,5 Prozent an Pensionserhöhung auch gerechtfertigt. Wir haben seinerzeit das System eingeführt, dass die Pensionen nur bis zur halben Höchstbemessungsgrundlage prozentuell er­höht wurden, darüber jedoch der Betrag, der dann herauskommt, mit einem Sockelbe­trag – was Sie ja jetzt auch gemacht haben – erhöht wird. Das finden wir in Ordnung; das passt so.

Dem Kollegen Öllinger möchte ich Folgendes sagen: In unserer Zeit, nämlich unter Schwarz/Blau, später unter Schwarz/Orange, ist die sogenannte Mindestpension in Ös­terreich, also korrekt: die Ausgleichszulage, um mehr als ein Drittel erhöht worden, und zwar sowohl für Alleinstehende als auch für Familien. – Das sollte man daher jetzt ebenfalls berücksichtigen.

Was die vorliegenden Sozialrechts-Änderungsgesetze anlangt, haben wir getrennte Abstimmung verlangt. Und was Insolvenzentgelt-Sicherungsgelder betrifft, kann ich nur sagen: Gelder, die für die Ausbildung Jugendlicher im Budget festgelegt sind, können nicht zweckentfremdet verwendet werden. Da tun wir nicht mit!

Was eine elektronische Geltendmachung des Anspruches auf Arbeitslosengeld betrifft, finden wir das positiv, denn dadurch hat man früher einen Zugang zum AMS und die Leute können früher vermittelt werden. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall beim BZÖ.)

18.18


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser. – Bitte.

 


18.18.28

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Da Herr Bundesminister Stöger bereits die Veränderungen, die es im Gesetz gegeben hat, hier vorgetragen hat, bleibt mir jetzt Zeit, auf Ausführungen von Vorrednern einzugehen.

Herr Kollege Dolinschek, zu Ihren Aussagen betreffend verschiedene Indices. Da kann ich nur sagen: Schauen wir einmal nach Kärnten! 3 Millionen € verteilt Dörfler aus der Handkasse! Haben Sie schon einmal gelernt, dass es da Mittel der Überweisungen gibt, dass Menschen nicht Bittsteller sind?! Also von wegen Index-Zahlungen und so weiter wäre ich ein bisserl vorsichtiger an Ihrer Stelle. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Strutz: Sie haben wirklich einen Kärnten-Komplex! – Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.)

Kollege Kickl hat mit dem Kollegen Fichtenbauer das Haus bereits verlassen; zumin­dest einer von ihnen hatte bereits Hut und Schirm in der Hand, aber vielleicht können Sie ihnen ausrichten: Mir sind ja fast die Tränen gekommen bei Kickls rührseligen Aus­sagen über die armen Pensionisten und wie schrecklich wir mit diesen umgingen.

Ich erinnere an eine Situation aus dem Jahre 2003; an diesem Tag hat es furchtbar ge­schüttet, so ähnlich wie heute, aber 300 000 Menschen waren auf der Straße, und zwar ging es damals um eine Pensionsreform, die uns Schwarz/Blau – damals war


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 199

Blau tatsächlich noch Blau – eingebrockt hatte. Was war denn damals? – Da gab es höhere Abschläge, es gab deutlich längere Durchrechnungszeiten, und es gab ein hö­heres Pensionsantrittsalter.

Das Beste überhaupt war, dass die Menschen den Übergenuss, den sie in den Jahren davor hatten, abarbeiten mussten. Das heißt, man hat ihnen zwei Jahre lang die Pen­sionen einfach nicht erhöht und nur gesagt: Ihr habt ohnehin einen Übergenuss ge­habt, und das arbeitet ihr jetzt einmal ab! (Abg. Neubauer: Das ist das, weswegen sie in Wien mit 51 in Pension gehen!) – Da zu sagen, dass diese Bundesregierung nicht auf die Pensionistinnen und Pensionisten schaut, das halte ich wirklich für ein Verges­sen der Geschichte, an der Sie nicht unbeteiligt waren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neubauer: Denken Sie an die Zukunft, Frau Kollegin!)

Zur Frage der Ärzte-GesmbHs und zur Umsetzung der Ärzte-GesmbHs habe ich dem Kollegen Karlsböck schon gesagt – im Ausschuss haben wir damals schon darüber ge­redet –, dass es für uns keine Frage ist, dass die Ärzte-GesmbHs kommen sollen, dass es noch eine rechtliche Klarstellung in diversen Bereichen brauchen wird und dass es, wie ich gesagt habe, einen Konsens unter den Verhandlungspartnern geben muss.

Kollege Karlsböck ist Ärztesprecher der FPÖ, er ist mit sich selbst sicher im Konsens. Die Ärztekammer ist, glaube ich, mit sich selbst nicht ganz im Konsens, denn wenn man sich anschaut, was jetzt, zumindest in der Wiener Ärztekammer, zwischen den beiden Kurien, nämlich denen der angestellten und der niedergelassenen Ärzte, disku­tiert wird, dann zeigt das, dass gerade in der Frage der Ärzte-GesmbHs und dieser Lö­sung die Ärztekammer intern noch deutlichen Diskussionsbedarf hat.

Bis jetzt war es nämlich eine Frage der OEG, und es war aufgrund der eigenen Haf­tung jedes Einzelnen nicht so wirklich attraktiv, sich in eine Gruppenpraxis oder in eine GesmbH einzubringen. Jetzt wird es mit der hoffentlich kommenden GesmbH-Lösung leichter, und die jungen angestellten Kolleginnen und Kollegen, die aufgrund eines Ver­lusts des Arbeitsplatzes im Spital in einen Kassenvertrag gehen wollen, fürchten nichts mehr, als dass sie im Prinzip als kleine Gesellschafter mit viel Arbeit dazu benutzt wer­den, die Arbeit zu machen, die dann ein großer GesmbH-Inhaber irgendwo abhält.

Ich glaube, da haben wir noch Diskussionsbedarf. Ich bin der felsenfesten Überzeu­gung, dass dieser genützt werden wird, um das Ganze einer sinnvollen Lösung zuzu­führen, sowohl im europarechtlichen Sinn als auch im sozialversicherungsrechtlichen Sinn und auch im Sinne einer Einigkeit der Ärzteschaft. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.21


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Neubauer. – Bitte.

 


18.22.08

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Im Namen der Freiheitlichen Partei bringe ich folgenden Entschlie­ßungsantrag ein:

„Der Nationalrat wolle beschließen:

‚Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, die eine gesetzliche Verankerung der Pensionsanpassung nach dem Preisindex für Pensionistenhaushalte vorsieht und eine Aufhebung des willkürlichen Deckels bei der Pensionserhöhung im Bereich der ASVG-Pensionen, damit endlich alle Pensionen bis zur ASVG-Höchstpension eine volle Wertsicherung erhalten.‘“

*****


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 200

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch für den Fall, dass ich mich jetzt dem Ruf aussetze, asozial sein zu müssen – denn das war die Diktion, die die Industriellen­vereinigung denjenigen hat zukommen lassen, die sich für einen Pensionistenpreisin­dex eingesetzt haben: Das war namentlich ein gewisser Herr Dr. Andreas Khol, das war namentlich ein gewisser Herr Karl Blecha. Diese beiden Herren haben den Pen­sionistenpreisindex im Juni, Juli, August, September, Oktober und November gefor­dert, um im Dezember umzufallen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, da wünscht man sich ja förmlich einen Ver­handler wie den Präsidenten Neugebauer, denn er hat bei seinen Verhandlungen zu­mindest Rückgrat bewiesen! Er hat für seine Beamtenschaft das durchgesetzt, was er sich zum Ziel genommen hat, und ist nicht noch im Liegen umgefallen, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP. – Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich heute die „Kronen Zeitung“ auf­schlage und darin lesen muss, dass 50 000 Beamte in Brüssel 3,7 Prozent verlangen und dass das insgesamt 164 Millionen € ausmacht, und wenn ich weiß, dass die Pen­sionisten 1,5 Prozent erhalten und die Differenz auf 1,9 Prozent, 0,4 Prozent, für 2,2 Millionen Österreicherinnen und Österreicher genau diese 164 Millionen ausma­chen, dann muss ich schon sagen: Wir wissen, wo wir hier stehen und wovon wir re­den!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist ein Drittel dessen, was wir Österrei­cher für die Überschreitung des Kyoto-Zieles zahlen, nämlich 531 Millionen. Und das ist ein Skandal! (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Kollegin Csörgits, ich darf Ihnen schon sagen – sie ist leider nicht da, richten Sie es ihr bitte aus –, wenn Sie so stolz darauf sind, dass wir eine Einmalzahlung haben: Die Einmalzahlung ist allein schon mit dieser Strompreiserhöhung vergeudet! Denn diese Strompreiserhöhung, die sich in Oberösterreich mit 4,5 € im Monat ausweist, das sind genau diese Gelder, die wir hier als Einmalzahlung bekommen. So lassen wir un­sere Pensionisten nicht abspeisen, meine sehr geehrten Damen und Herren, das kann es ja wohl nicht sein! (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das „profil“ schreibt: Österreich hat paradiesi­sche Ruhezustände. – Zitatende.

Wissen Sie, wo diese Ruhezustände paradiesisch sind? Ich kann es Ihnen sagen: Das Regel-Pensionsalter liegt bei 65 Jahren; in Wien geht man mit 51 Jahren in Pension. Mit 51 Jahren in Wien! (Ruf bei der SPÖ: Wer?)

Der Ruhegenuss beträgt 2 268 € auf Bundesebene, in Kärnten beträgt er 3 594 € und in Wien 3 291 €. (Abg. Riepl: Das ist eine Draufzahlung, keine ...!) 498 000 € werden für erhaltene Pensionsleistungen bis zum Ableben ausbezahlt, genau das Doppelte wird in Kärnten ausbezahlt – ein bankrottes Land, das es sich leistet, das Doppelte an Pensionsleistungen auszuzahlen, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Solange es in Österreich Zustände gibt, dass die Pensionen, obwohl harmonisiert, in den Ländern nicht umgesetzt werden, solange die Sanierung der Pensionskassen nicht umgesetzt wird und solange die Abschaffung des Pensionssicherungsbeitrages bei den öffentlich Bediensteten und bei den ÖBB nicht wirklich umgesetzt wird, meine sehr geehrten Damen und Herren, brauchen Sie bei uns nicht anzuklopfen, damit wir Ihrem Antrag zustimmen. Sobald Sie Ihre Hausaufgaben gemacht haben, können Sie wieder kommen. Tun Sie etwas! (Beifall bei der FPÖ.)

18.26


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Ver­handlung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 201

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Neubauer, Kickl und weiterer Abgeordneter betreffend Pensionsan­passung nach dem Preisindex für Pensionistenhaushalte,

eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 31 in der 49. Sitzung des Nationalrates am 10. Dezember 2009.

Die Seniorenchefs von SPÖ und ÖVP, Karl Blecha und Andreas Khol, beharrten noch vor kurzem auf einer Erhöhung der Pensionen um 1,9 Prozent für das Jahr 2010. Dies entspräche einer Pensionsanpassung nach dem Preisindex für Pensionistenhaushalte. Dieser Pensionistenpreisindex ist eine speziell auf Senioren zugeschnittene Methode der Inflationsberechnung. Die derzeit für die gesetzliche Pensionsanpassung relevante allgemeine Inflation liegt im Durchschnitt des relevanten Zeitraumes bei 1,5 Prozent.

Laut Blecha waren aber gerade diese 1,9 Prozent die unabdingbare Forderung des Österreichischen Seniorenrates, die als Grundlage für die Verhandlungen mit der Bun­desregierung genommen wurde. Blecha - er ist Präsident des ÖSR und Chef des SP-Pensionistenverbandes - verwies damals noch weiters darauf, dass die Bundesregie­rung die Werterhaltung der Pensionen im Regierungsübereinkommen zugesichert habe.

Am 24. November 2009 sind beide Herrschaften dann im Liegen umgefallen und es wurde zwischen Bundesregierung und Seniorenvertretung „vereinbart“, dass es – ne­ben der Anpassung der Pensionen für das Jahr 2010 mit dem Anpassungsfaktor im Ausmaß von 1,5 Prozent (bzw. für Pensionen über 60 Prozent der monatlichen Höchst­beitragsgrundlage mit dem Fixbetrag von 36,99 €) - eine Einmalzahlung in der Höhe von 4,2 Prozent des monatliche Gesamtpensionseinkommen bis zur Höhe von 1 200 € geben soll.

Dass heißt, es werden nicht einmal alle beitragsgedeckten Pensionen im vollen Aus­maß gesetzlich angepasst, weil der ungerechte Deckel noch immer bei 60 Prozent der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage mit einem Fixbetrag von 36,99 € eingezogen ist und bedeutet, dass Pensionisten, die sich eine ASVG Höchstpension hart erarbeitet haben, mit 1,3 Prozent abgespeist werden.

Heute wird also im krassen Gegensatz zu den im Vorfeld erhobenen vollmundigen For­derungen ein fauler Kompromiss geschlossen, in Form einer Einmalzahlung, die nicht für kommende Pensionsanpassungen wirksam sein wird. Die Pensionisten werden al­so mit diesem Körberlgeld um ihre berechtigten Forderungen für dieses Jahr und auch für die Zukunft betrogen.

Wenn sich die Herren Seniorenvertreter also rühmen, sie hätten entgegen den Nullrun­den-Wünschen diverser Gruppierungen und Parteien die Abgeltung der Teuerung in Höhe von 1,5 Prozent für alle Pensionen bis zu einer Pensionshöhe von 2 466 € durch­gesetzt, so bedürfen sie offensichtlich einer kleinen Nachhilfestunde in Sachen ASVG, weil dort die Anpassung der Pensionen nach dem Verbraucherpreisindex gesetzlich fi­xiert ist und damit die 1,5 Prozent auch für diese Regierung keinen verhandelbaren Ta­gesordnungspunkt darstellt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 202

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zuleiten, die eine gesetzliche Verankerung der Pensionsanpassung nach dem Preis­index für Pensionistenhaushalte vorsieht und eine Aufhebung des willkürlichen Deckels bei der Pensionserhöhung im Bereich der ASVG-Pensionen, damit endlich alle Pensio­nen bis zur ASVG-Höchstpension eine volle Wertsicherung erhalten.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Amon. – Bitte.

 


18.27.04

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Bundesmi­nister! Meine Damen und Herren! Ich trete ja leidenschaftlich gerne mit der FPÖ in einen Diskurs ein (Zwischenrufe bei der FPÖ) und darf dazu zwei Beispiele nennen, die mit dem Sozialrechts-Änderungsgesetz durchaus viel zu tun haben.

Das ist einerseits ein Beispiel, mit dem ja die FPÖ landauf und landab unterwegs ge­wesen ist: Sie hat uns erzählt, was es nicht für einen Missbrauch bei Nichtösterrei­chern, bei europäischen Ausländern gibt, die hier in Österreich missbräuchlich eine Ausgleichszulage beziehen. Wir haben das ernst genommen. Wir haben gesagt, das muss man sich anschauen: Wie schaut es mit dem Missbrauch wirklich aus?

Wir haben das ins Regierungsübereinkommen hineingenommen und haben es uns an­geschaut. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Na ja, und jetzt kommen wir drauf, es gibt ins­gesamt überhaupt nur ein paar hundert, die eine solche Ausgleichszulage bekommen. (Abg. Neubauer: Das ist ja wurscht ...!) Von diesen paar hundert gibt es fünfzig, die für einen Missbrauch in Frage kommen; konkreter Missbrauchsfall: einer! (Neuerliche Zwi­schenrufe bei der FPÖ.)

Ein Missbrauchsfall – das hat uns der Herr Sozialminister im Ausschuss eindrucksvoll gezeigt, und das ist auch von der Pensionsversicherungsanstalt bestätigt, meine Da­men und Herren! So kann man eben nicht gegen eine an sich sinnvolle Maßnahme ar­gumentieren. Das möchte ich Ihnen auch sehr deutlich sagen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das Zweite: Jetzt ist Kollege Kickl nicht mehr im Saal (Abg. Dr. Rosenkranz: Wenn man das so untersucht wie im Untersuchungsausschuss ...!), aber er hat bei den Pen­sionen mordsmäßig hineingeklopft. Ich möchte Ihnen schon eines sagen: Welche Mög­lichkeiten haben wir denn bei einer demographischen Entwicklung, wie wir sie ha­ben? – Du kannst Leistungen kürzen, du kannst Beiträge erhöhen, du kannst das Pen­sionsantrittsalter hinaufsetzen oder du kannst den Bundesbeitrag erhöhen. An diesen Schräubchen kann ich drehen, wenn es ums staatliche Pensionssystem geht. (Abg. Neubauer: ... mehr Mut haben!)

Ich bitte Sie ganz einfach: Sagen Sie, welche dieser Maßnahmen Sie wollen! Gehen Sie heraus und sagen Sie konkret, was Sie wollen! – Ich bin bei Ihnen. (Abg. Neu­bauer: Habe ich Ihnen gerade gesagt! Haben Sie nicht zugehört?) Ich bin schon der Meinung, dass das Leistungsprinzip auch im staatlichen Pensionssystem erhalten blei­ben soll. Deshalb bin ich gegen diese Deckelungen, denn wer mehr an Beiträgen ein­zahlt, soll letztlich auch eine höhere Pension bekommen; das ist überhaupt keine Frage.

Aber ich habe beim staatlichen Pensionssystem im Grunde genommen nur diese vier Schräubchen, an denen ich drehen kann. Ich lade Sie ein, einmal zu sagen: An welcher Schraube sollen wir drehen? Wofür ist denn die FPÖ? (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Neubauer: Gerade gesagt! Nur aufpassen!)

18.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 203

18.30.01

Abgeordneter Rupert Doppler (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Herren Minister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Sozialrechts-Änderungsgesetz, Tagesordnungspunkt 31: Weil maßgebliche Forderungen von unserer Seite, wie zum Beispiel Pensionsanpassung, Einführung einer e-card mit Foto und dergleichen mehr, von der Regierung nicht berücksichtigt wurden, lehnen wir diese Regierungsvorlage ab.

Ich bringe deshalb einen Entschließungsantrag der Abgeordneten Kickl, Neubauer, Doppler und weiterer Abgeordneter ein:

„Der Nationalrat wolle beschließen:

‚Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzule­gen, die eine gerechte Anerkennung von Schwerarbeit für Frauen und Männer sicher­stellt und garantiert, dass Schwerarbeiter auf Grundlage notwendiger Versicherungs­zeiten ohne Abschläge mit 60 Jahren einen Pensionsanspruch erhalten.

*****

Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

18.30


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Antrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kickl, Neubauer, Doppler und weiterer Abgeordneter betreffend Schwerarbeiterregelung,

eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 31, Bericht des Aus­schusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (476 d.B.): Bundesge­setz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialver­sicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Bauar­beiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz 1957, das Sonderunterstützungsgesetz, das Karenzgeldgesetz, das Arbeiterkammergesetz 1992, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Bundespflegegeldgesetz und das Kriegsgefan­genenentschädigungsgesetz geändert werden (4. Sozialrechts-Änderungsgesetz 2009 – 4. SRÄG 2009) (541 d.B.) in der 49. Sitzung des Nationalrates am 10. Dezember 2009

Unser Sozialsystem hat auf die Bedürfnisse von Senioren Rücksicht zu nehmen. Zu oft werden Senioren als Bittsteller behandelt, welche der „arbeitenden" Bevölkerung hohe Kosten verursachen. Im Rahmen einer Salamitaktik wurden Pensionen sukzessive ge­kürzt, die Zuschüsse des Staates minimiert.

Eine besonders unsoziale Vorgangsweise wurde im Rahmen der Schwerarbeiterrege­lung gewählt. Diese sieht vor, dass Schwerarbeit vorerst nur dann berücksichtigt wird, wenn sie in den letzten 20 Berufsjahren für eine Dauer von zumindest 10 Jahren ge­leistet wurde. Und auch in diesem Fall kann man nicht abschlagsfrei mit 60 in Pension gehen. Die Pension wird - trotz Einstufung als Schwerarbeiter - um 9 Prozent gekürzt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 204

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzule­gen, die eine gerechte Anerkennung von Schwerarbeit für Frauen und Männer sicher­stellt und garantiert, dass Schwerarbeiter auf Grundlage notwendiger Versicherungs­zeiten ohne Abschläge mit 60 Jahren einen Pensionsanspruch erhalten.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Riepl. – Bitte.

 


18.30.50

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte zuerst einen Abänderungsantrag einbringen, damit die sozialversicherungsrechtliche Bei­tragsfreiheit der pauschalierten Reiseaufwandsentschädigungen für SportlerInnen wei­terhin im Gleichklang mit dem Steuerbefreiungstatbestand steht.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Renate Csörgits, Wöginger und Kolleginnen und Kollegen

zum Gesetzentwurf im Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales 541 der Beila­gen über die Regierungsvorlage 476 der Beilagen betreffend ein 4. Sozialrechts-Ände­rungsgesetz 2009

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) Teil 2 wird wie folgt geändert:

a) Nach der Z 4 wird folgende Z 4a eingefügt:

„4a. Im § 49 Abs. 3 Z 28 entfällt der Ausdruck ,Fahrt- und‘ und wird der Ausdruck ,30 € pro Einsatztag, höchstens aber bis zu 540 € pro Kalendermonat‘ durch den Ausdruck ,60 € pro Einsatztag, höchstens aber 540 € pro Kalendermonat‘ ersetzt.“

b) Im § 648 in der Fassung der Z 10 wird dem Ausdruck „104 Abs. 6“ der Ausdruck „49 Abs. 3 Z 28,“ vorangestellt.

*****

So weit der Abänderungsantrag.

Sehr verehrte Damen und Herren! Das 4. Sozialrechts-Änderungsgesetz sieht Novel­len zu Sozialversicherungsgesetzen vor – es ist schon darauf hingewiesen worden –, es geht aber auch um Missbrauchsvorbeugung, beispielsweise bei der Verwendung der e-card, bei der Ausgleichszulagenregelung oder beim Ausgleichszulagenbezug. Das Ziel auch dieser Vorlage ist klarerweise eine sorgfältige Verwendung der Sozial­versicherungsbeiträge in unserer Sozialversicherung und für deren Leistungen.

Frau Kollegin Haubner hat ja gesagt: Wichtig ist, dass überall das Geld fehlt. – Ich den­ke, es ist nicht falsch, an dieser Stelle auf folgenden Umstand hinzuweisen, sehr ver­ehrte Damen und Herren: Der Schuldenstand von Teilen der Wirtschaft bei der Sozial­versicherung beträgt in etwa 955 Millionen €. Das heißt, Teile der Wirtschaft sind der Sozialversicherung 955 Millionen € schuldig! Das ist der Stand zum 31.12.2008 gewe­sen; ich vermute, wenn wir den 31.12.2009 haben werden, wird sich an diesem Betrag nicht sehr viel ändern, das wird so bleiben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 205

Schulden sind das eine – da kann heute eine Schuld sein und morgen kann sie begli­chen werden –, aber es geht noch um etwas anderes. Sehr verehrte Damen und Her­ren! Im Zeitraum von 2000 bis 2008 mussten die Gebietskrankenkassen einen Ge­samtbetrag von 1 151 Millionen € als uneinbringlich abschreiben. Das heißt, diese 1 151 Millionen € fehlen im Sozialsystem, von 2000 bis 2008 kumuliert. Ein Betrag, der sicherlich Erleichterungen im Sozialversicherungssystem mit sich gebracht hätte, ist einfach verschwunden, den gibt es eigentlich nicht!

Ich kann nur an alle Parteien im Haus appellieren, diesen Umstand nicht mit „Da kann man nichts machen!“ zu quittieren, sondern gemeinsam mit dem Sozialminister und mit dem Gesundheitsminister daran zu arbeiten, gemeinsam mitzuarbeiten, dass man das in den nächsten Jahren nicht fortschreiben muss.

Das Spannende an diesem Betrag ist, dass 45 Prozent davon Arbeitnehmerbeiträge sind. Das heißt, wir haben in dem Zeitraum beispielsweise 518 Millionen € als Arbeit­nehmerbeiträge, die sozusagen die Arbeitgeber mit ihren Beiträgen nicht weitergeleitet haben. Diese sind verschwunden, sie scheinen im System nicht mehr auf, und man musste sie als uneinbringlich abschreiben. Wie schön wäre es, wenn dieser Betrag zur Verfügung gestanden wäre! Das sind im Durchschnitt über 100 Millionen € im Jahr, einmal ein bisschen mehr, einmal ein bisschen weniger.

Ich denke, wir sollten bei diesem Thema nicht zur Tagesordnung übergehen. Ich bitte auch den zuständigen Minister, zu diesem Faktum noch ein Wort zu sagen, weil ich denke, die Vorbereitungen, die im Ressort zu diesem Thema überlegt werden, sind es auch wert, im nächsten Jahr wirklich diskutiert und angegangen zu werden.

Es ist schlichtweg ein Skandal, wenn solch ein Betrag im sozialen System fehlt und wir hier eigentlich zur Tagesordnung übergehen. Das dürfen wir, glaube ich, nicht tun, und ich lade noch einmal alle dazu ein, gemeinsam eine Lösung zu finden und jene zur Kasse zu bitten, die das verursachen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.35


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Abänderungsantrag steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Renate Csörgits, Wöginger und Kolleginnen und Kollegen

zum Gesetzentwurf im Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales 541 der Beila­gen über die Regierungsvorlage 476 der Beilagen betreffend ein 4. Sozialrechts-Ände­rungsgesetz 2009

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) Teil 2 wird wie folgt geändert:

a) Nach der Z 4 wird folgende Z 4a eingefügt:

„4a. Im § 49 Abs. 3 Z 28 entfällt der Ausdruck ,Fahrt- und‘ und wird der Ausdruck ,30 € pro Einsatztag, höchstens aber bis zu 540 € pro Kalendermonat‘ durch den Ausdruck ,60 € pro Einsatztag, höchstens aber 540 € pro Kalendermonat‘ ersetzt.“

b) Im § 648 in der Fassung der Z 10 wird dem Ausdruck „104 Abs. 6“ der Ausdruck „49 Abs. 3 Z 28,“ vorangestellt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 206

Begründung

Die sozialversicherungsrechtliche Beitragsfreiheit der pauschalierten Reiseaufwands­entschädigungen für SportlerInnen soll weiterhin im Gleichklang mit dem Steuerbefrei­ungstatbestand nach § 3 Abs. 1 Z 16c EStG 1988 stehen.

Demzufolge ist die im Rahmen des Art. 1 Z 1 des Abgabenänderungsgesetzes 2009 festgeschriebene Verdoppelung des einschlägigen Tageshöchstsatzes im § 49 Abs. 3 Z 28 ASVG abzubilden.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte.

 


18.35.36

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es gibt einige Themen, die meine besondere Aufmerksamkeit finden, dazu gehören die Pensionen. Das Pensionsrecht wurde weder für Statistiker noch für Mathematiker geschaffen, sondern ausnahmslos für die Men­schen, die aus dem Berufsleben austreten und ihre Alterssicherung erwarten dürfen.

Wir haben natürlich die Debatte, ob das Pensionsrecht ausreichend stark ist oder nicht – immerhin haben wir zurzeit 2 150 000 Pensionisten in Österreich, davon 250 000 Aus­gleichszulagenbezieher. Ich denke, jawohl, dort muss man nachdenken! Es gibt vor al­lem eine Berufsgruppe, die besonders strenge Anrechnungsbestimmungen und des­halb einen hohen Abschlag hat. Meine Herren Bundesminister, über diese Frage soll­ten wir – darum würde ich bitten – in der nächsten Zeit diskutieren. Ich denke, das ist wichtig.

Punkt zwei: Man muss immer sagen, Geben ist ja sehr einfach, aber man muss es auch hereinbringen! Das Pensionsrecht in Österreich ist gut aufgestellt, es ist aber in Wirklichkeit auf dem Generationenvertrag aufgebaut, und man muss das, was man den einen gerne gibt, auch den anderen sagen, denn diese müssen es zahlen! Insgesamt ist, glaube ich, die Pensionsanpassung gelungen – sie ist meiner Ansicht nach maß­voll – und deshalb wird sie auch unsere Zustimmung finden.

Zu den anderen Bereichen des 4. Sozialrechts-Änderungsgesetzes einige Gedanken:

Herr Bundesminister für Gesundheit! Für die Investitionsablöse nach § 42 Abs. 1 Z 1 bekommen Sie jetzt ein erweitertes Aufsichtsrecht. Ich denke, da wird das Ministerium viel zu tun haben. Ich persönlich bin über diese Passage, ich möchte nicht sagen, un­glücklich, aber glücklich auch nicht: Investitionsablösen zu bezahlen, das muss man sich gut überlegen!

Punkt zwei: Ich denke, dass in weiterer Folge eine bessere Kontrolle der e-card mög­lich ist, jenes genialen Produktes, das wir in Österreich zur Abrechnung der Leistungen haben. Es darf in Zukunft die Qualität der e-card hinterfragt werden. Das kann ja heute schon gemacht werden: Es steht der Name drauf, es steht die Versicherungsnummer mit dem Geburtsdatum drauf, es ist auf der Rückseite die Unterschrift drauf. Hier eine Kontrolle durchzuführen macht Sinn, sowohl in den Spitälern als auch in den Ordinatio­nen; ich glaube, das ist okay.

Wenn in weiterer Folge die Altersgrenze bei Vertragspartnern mit 70 Jahren festgesetzt wird, wird das niemand in Österreich besonders beflügeln.

Ich denke, nicht viel mehr ist zur Frage Ärzte-GesmbH zu sagen. Natürlich ist das eine Diskussion im Spannungsfeld zwischen Erwartung und Möglichkeit. Ich denke, auch


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 207

das wird noch geschafft, das wird noch vorgelegt werden. Dann muss aber auch im Vertragsrecht etwas korrigiert werden: Es kann nicht sein – und das gilt überhaupt für den gesamten Sozialbereich –, dass wir Leistungen immer erweitern, auf der anderen Seite Geldknappheit besteht und wir nicht bereit sind, auch Korrekturen – mögen es noch so traditionelle Leistungen sein – zu machen.

Wir werden uns bemühen, Ihnen in der nächsten Zeit etwas vorzulegen, und ich hoffe, dass es dann Ihre Annahme und Zustimmung findet. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Ab­geordneten der SPÖ.)

18.38


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Bundesminister Hundstorfer. – Bitte.

 


18.39.05

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstor­fer: Herr Präsident! Herr Kollege Stöger! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist notwendig, ein paar Dinge ein bisschen dort hinzurücken, wo sie hinge­hören.

Bei der Ausgleichszulage haben wir, glaube ich, rechtzeitig reagiert. Ich darf hier nur eines sagen, bevor wieder wilde Gerüchte durch die Gegend schweifen – in einer Ta­geszeitung ist bereits von 40 Fällen aus Bulgarien und Rumänien die Rede –: Wir ha­ben nur 22 rumänische Fälle, und wir haben, glaube ich, nur zehn bulgarische Fälle. Nur, damit das einmal klar ist! Übrigens: Für Österreicher, die im EU-Ausland leben, gilt das gleiche System; auch das nur einmal zur Klarstellung.

Die größte Gruppe, die derzeit in diesem Topf drinnen ist, kommt aus der Bundesre­publik Deutschland: Das sind 378 Fälle – das nur einmal zur Sachlichkeit. Wir haben, glaube ich, richtig reagiert, wir haben hier ganz einfach eine richtige Handlung gesetzt.

Ich möchte allen gratulieren, die jetzt nach der e-card mit Lichtbild schreien. Ich glau­be, Sie alle haben keine Ahnung von Mathematik. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist gut!) In einem durchschnittlichen Leben würde man in etwa neun bis zehn Ausgaben der e-card mit Lichtbild brauchen. Wir alle haben das Problem mit unserem Führer­schein. Viele haben ihren Führerschein mit 17, 18, 19 gemacht. (Abg. Grosz: Und wie ist das dann mit dem Reisepass, der zehn Jahre lang gültig ist? – Abg. Ing. Westen­thaler: Reisepässe! Identitätsausweise!)

Es gibt immer wieder Dinge, wo den Menschen irgendetwas ins Auge gestreut wird. Halten Sie sich einmal den administrativen Ablauf vor Augen: 8 Millionen Menschen müssen ihr Lichtbild zur Verfügung stellen. (Abg. Grosz: Wie beim Reisepass! – Abg. Ing. Westenthaler: Lassen Sie die Mathematik in Ruhe!) 8 Millionen Menschen! Das ist einmal Punkt eins. (Abg. Ursula Haubner: Beim Pass gilt das doch auch!)

Punkt zwei: Mit dem System e-card plus Ausweis haben wir, glaube ich, etwas sehr Vernünftiges gemacht. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie begehen, glaube ich, eine Riesenthemenverfehlung, denn die Ausstellung eines Reisepasses wird nicht von 8 Millionen Menschen in Anspruch genommen; es gibt vie­le Menschen in unserem Land, die keinen Reisepass haben. Da sollten Sie sich ein­mal erkundigen, Herr Abgeordneter Grosz, unter anderem auch in Graz. (Abg. Grosz: Sind das dann solche mit einem anderen Pass? Oder vielleicht Papierlose?) – Ich rede von 8 Millionen Menschen, österreichischen Staatsbürgern.

Ich möchte auch ein bisschen etwas zu den Ausführungen der Freiheitlichen sagen, weil hier einiges immer wieder hochgespielt wird – es geht um ein gewisse Ehrlichkeit. Den Pensionisten wird vorgespiegelt, dass die Pensionsanpassung 2007 nicht geset­zeskonform gewesen sei. Es wurde auch hier von diesem Pult aus viele Male den


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 208

Menschen erklärt, 500 000 Pensionisten hätten etwas nicht bekommen, was ihnen ge­setzmäßig zustünde.

Nachdem das durch alle Instanzen durch ist und die Pensionsanpassung 2007 vom ös­terreichischen Verfassungsgerichtshof für rechtens erklärt worden ist: Hören Sie noch irgendetwas von den Freiheitlichen? (Abg. Riepl: Sie schämen sich alle!) Hören Sie noch irgendetwas davon, was den Menschen immer wieder vorgegaukelt wurde?

Das Gleiche gilt übrigens auch für meine Aussage im „Kurier“. Setzen Sie statt exis­tenzsichernd lebensstandardsichernd ein, dann sind Sie beim richtigen Terminus tech­nicus.

Und, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Freiheitlichen, das Pensions­konto, welches in Zukunft für die heute 20-, 30-Jährigen zu einer Verflachung der Kur­ve bei den Pensionen führen wird, haben Sie beschlossen und nicht die Sozialdemo­kratie. Das haben Sie 2003 beschlossen und das haben Sie zu verantworten! (Beifall bei der SPÖ.)

Streuen Sie den Menschen doch nicht immer Sand in die Augen! Und glauben Sie nicht, dass man mit blindem Populismus Stimmenmaximierung erreicht. Die Menschen kommen auch drauf, was blinder Populismus ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf das noch einmal klarstellen: Herr Abgeordneter Neubauer! Sie gestatten mir einen saloppen Sager? (Abg. Neubauer: Nein!) Ich würde gerne einmal mit Ihnen eine mathematische Gleichung durchrechnen. (Abg. Ing. Westenthaler: Der große Mathe­matik-Oberlehrer auf der Regierungsbank!) Sie stellen sich hier heraus und sagen, dass 164 Millionen € das Plus bei der Pensionsanpassung gewesen wäre. (Abg. Neu­bauer: Ja!) Das ist nur leider falsch! Es ist falsch, denn ein Zehntel Prozentpunkt ASVG-Pensionsanpassung kostet 28 Millionen €. Rechnen Sie das bitte nach, dann werden Sie draufkommen, dass auch hier Dinge verwechselt, vermischt werden. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie sind wohl ein Genie, was?)

Ich weiß, populistisch gesehen ist es nicht fein, wenn man die Wahrheit nachweisen muss, aber es ist ganz einfach so, dass Sie auch hier Dinge verwechseln. (Abg. Grosz: Gebt ihm einen Rechenschieber, dann kann er die Kugerln herumschieben!)

Ich möchte zum Schluss meiner Ausführungen kommen: Es gibt immer wieder Darstel­lungen, dass ich während meiner Tätigkeit als ÖGB-Präsident Pensionen weggenom­men hätte. Dazu möchte ich hier das wiederholen, was ich in der Zwischenzeit schon bei sieben Gerichtsverfahren wiederholt habe, und Sie werden das heute genauso hö­ren (Abg. Grosz: Waren Sie nicht auch beim BAWAG-Verfahren dabei?) – Herr Grosz, hören Sie zu, bevor Sie jetzt fragen! Fragen Sie mich nachher!

Punkt eins: Das waren Betriebszusatzpensionen, die nicht kapitalmäßig angelegt wa­ren, sondern aus den laufenden Einnahmen des ÖGB bedient wurden. Punkt zwei: Eine Bilanzerstellung 2006 war nicht mehr möglich ohne die Umwidmung dieser Pen­sionen. Drittens wurden sie den Menschen einfach mit relativ guten und, wie sich jetzt herausstellt, auch bei Gerichten haltenden Abgeltungen abgegolten. – Das ist alles!

Es ist darum gegangen, einen Verein über die Runden zu bringen, einem Verein eine Bilanzerstellung zu ermöglichen. Zirka 1 300 Pensionisten waren betroffen, ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter; 1 320 haben in der ersten Tranche unterschrieben und zwischenzeitlich sind, glaube ich, noch zehn oder zwanzig Gerichtsverfahren an­hängig.

Dies nur, damit Sie das wissen und hier nicht immer Gerüchte in die Welt setzen, die falsch sind. Es bringt nichts! Ich weiß, der Populismus verleitet dazu, aber bleiben wir auch hier bei der Sachlichkeit. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grosz: Herr Präsident! Kann man dem Herrn Minister einen Taschenrechner schenken?)

18.46



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 209

Präsident Fritz Neugebauer: Herr Abgeordneter Neubauer hat sich zu einer tatsäch­lichen Berichtigung zu Wort gemeldet. Redezeit maximal 2 Minuten. – Bitte.

 


18.46.43

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Herr Bundesminister Hundstorfer hat jetzt gerade festgestellt, dass die Freiheitlichen hier von diesem Rednerpult aus behauptet hätten, für 500 000 Men­schen in diesem Land eine Klage eingereicht zu haben, und der Verwaltungsgerichts­hof hätte alles für rechtens erklärt. (Bundesminister Hundstorfer: Der Verfassungsge­richtshof!) – Der Verfassungsgerichtshof.

Ich berichtige wie folgt tatsächlich: Über die heutige telefonische Anfrage des Herrn Nationalratsabgeordneten Werner Neubauer teile ich mit, dass ich als ausgewiesener Rechtsvertreter der Klägerin bis zum heutigen Tage keinerlei Entscheidung des Ver­fassungsgerichtshofes erhalten habe.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Aussage des Herrn Bundesministers ist deshalb falsch. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Also berichten kann er auch nicht den Tatsachen entsprechend! Rechnen kann er auch nicht! Was kann er eigentlich?)

18.47

18.47.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Abstimmung über den Entwurf betreffend 4. Sozialrechts-Änderungsgesetz 2009 in 541 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Csörgits, Wöginger, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen der Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kolle­gen auf getrennte Abstimmung vor.

Ich werde zunächst über die von dem erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsantrag sowie vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile – der Systematik des Entwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht ab­gestimmten Teile des Entwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel 1 Teil 1 Ziffern 22, 24 und 31 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich für diese Teile des Entwurfes aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordneten Csörgits, Wö­ginger, Kolleginnen und Kollegen, der sich auf die Einfügung einer neuen Z 4a in Arti­kel 1 Teil 2 bezieht.

Wer diesem Antrag seine Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein bejahendes Zei­chen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel 1 Teil 2 Ziffern 5 bis 9 in der Fas­sung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem beitreten, um ein Zeichen. – Das ist ein­stimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Csör­gits, Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Artikel 1 Teil 2 § 648.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 210

Bei Zustimmung bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel 1 Teil 2 Z 11, Artikel 2 Teil 1 Zif­fern 4 bis 5 und 7, Artikel 2 Teil 2 Ziffern 1d, 2, 3 und 5, Artikel 3 Teil 1 Ziffern 4, 5 und 7, Artikel 3 Teil 2, Ziffern 1 bis 3 und 5 sowie Artikel 4 Ziffern 4 und 5 jeweils in der Fas­sung des Ausschussberichtes.

Ich bitte um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wenn Sie dem Ihre Zustimmung geben, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wenn Sie auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetzentwurf beitreten, bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen. Der Gesetzentwurf ist damit auch in dritter Lesung beschlossen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anpassung des Ausgleichszula­genrichtsatzes nach § 293 ASVG an die Armutsgefährdungsschwelle.

Wenn Sie für den Entschließungsantrag sind, bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Pensionsanpassung nach dem Preisindex für Pensionistenhaushalte.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Er findet kei­ne Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schwerarbeiterregelung.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich ebenfalls um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Kriegsopferversorgungsgesetz, das Opferfürsorgegesetz, das Heeresversorgungsge­setz sowie weitere Gesetze geändert werden, samt Titel und Eingang in 544 der Bei­lagen.

Wenn Sie dem zustimmen, bitte ich Sie um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit be­schlossen.

Ich bitte Sie auch in dritter Lesung um ein Zeichen zu diesem Gesetzentwurf. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 543 der Beilagen.

Ich bitte um Ihre Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit beschlossen.

Wenn Sie auch in dritter Lesung Ihre Zustimmung erteilen, bitte ich Sie um ein Zei­chen. – Der Entwurf ist mit Mehrheit beschlossen und somit auch in dritter Lesung an­genommen.

Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Arbeitslosenversi­cherungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 542 der Beilagen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 211

Wenn Sie für diesen Entwurf sind, bitte ich Sie um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wenn Sie auch in dritter Lesung Ihre Zustimmung erteilen, bitte ich Sie um Ihr Vo­tum. – Das ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

18.53.0635. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (491 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsruhegesetz und das Kraftfahrgesetz 1967 geändert werden (539 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir behandeln nun den 35. Punkt der Tagesordnung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hell. – Bitte.

 


18.53.31

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! In der heute zu beschließenden Regierungsvorlage sind Änderungen im Arbeitszeitgesetz, im Arbeitsruhegesetz und im Kraftfahrgesetz aus 1967 enthalten. Es soll damit die Diskrepanz zwischen den Gesetzen beseitigt werden und eine Anpassung an die Praxis erfolgen. Es geht dabei um die Angleichung der Ausnahmetatbestände hinsichtlich der Kontrollgerätepflicht und der EU-Lenkzeiten, die Kontrollgerätepflicht für den regionalen Kraftfahrlinienverkehr, Änderungen der Auf­zeichnungspflicht und um die Umsetzung des Anhangs III der Lenkerkontrollrichtlinie.

Seit der Arbeitszeitgesetz-Novelle 1994, mit der die Begleitvorschrift zu den EU-Kon­trollgeräten eingeführt wurde, hat sich die Struktur im Straßentransportwesen grund­sätzlich gewandelt. Die derzeitige Regelung des § 17 des Arbeitszeitgesetzes etwa, die immer noch das Fahrtenbuch als Regel und die Kontrollgeräte als Ausnahme festlegt, ist nicht mehr zeitgemäß. Diese Bestimmungen sollen daher den Erfordernissen der Praxis entsprechend angepasst werden, da ja immer mehr Fahrzeuge auch ohne EU-Verpflichtung digitale Kontrollgeräte eingebaut bekommen. Es wird daher bei jenen Fahrzeugen, die von der Kontrollgerätepflicht nicht freigestellt sind, künftig ein Wahl­recht zwischen den Kontrollgeräten und dem Fahrtenbuch geben.

Aufgrund der heutigen Gegebenheiten wird das Kontrollgerät der Regelfall sein und nicht mehr das Fahrtenbuch, das ja eigentlich bis jetzt verpflichtend zu führen gewesen ist, sodass die Pflicht zur Verwendung von Kontrollgeräten künftig als Regelfall konzi­piert ist.

Mit einer Änderung des Kraftfahrzeuggesetzes wird im § 24 explizit festgehalten, dass auch in Bussen, die im regionalen Linienverkehr eingesetzt werden, jedenfalls ein Kon­trollgerät im Sinne dieser Verordnung eingebaut und benützt werden muss. Die Über­gangsfrist wurde hier noch einmal bis zum 31. Dezember 2013 verlängert. Damit gibt es inzwischen 20 Jahre Übergangsfrist. Das sollte auch in diesem Bereich für eine Um­setzung reichen.

Meine Damen und Herren, diese heute zu beschließende Regierungsvorlage ist daher in vielen Bereichen eine Anpassung an bereits bestehende Strukturen und die aktuelle Praxis und gibt der gesetzlichen Grundlage auch die entsprechende Klarheit. Wir un­terstützen auf jeden Fall diese Gesetzesänderung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.56


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmuckenschla­ger. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 212

18.56.27

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Geschätzte Damen und Herren! Zur Umsetzung der EU-Kontrollrichtlinie für Kraftfahrer bis 1. Jänner 2010 im Arbeitszeit- und Arbeitsruhegesetz: Bisher haben wir eine Diskrepanz zwischen Kraftfahrgesetz und Arbeitsrecht, was in der Praxis zu gro­ßer Verunsicherung der Rechtsanwender führt. Diese Unklarheiten sollen durch eine Harmonisierung beseitigt werden. Zum Beispiel gelten, wie schon erwähnt, die Fahr­tenschreiber bisher als Regel in Österreich. Hier sollen in Zukunft die Kontrollgeräte zum Einsatz kommen. Das wird geändert, und das ist ein wichtiger Schritt. Hinsichtlich von Fahrzeugen, in die das Kontrollgerät ohne Verpflichtung bereits eingebaut ist, soll es zu einer Entweder-oder-Bestimmung kommen.

Die Umsetzung der Kontrollrichtlinie wird weiters zum Anlass genommen, durch die Umstellung der Systematik eine deutliche Vereinfachung der Strafbestimmungen zu er­zielen. Diese Richtlinienumsetzung ist eine Erleichterung für Unternehmen, gibt Rechtssicherheit und vereinheitlicht europaweit die Tatbestände.

Besonderes Augenmerk möchte ich jedoch auf die Ausschussfeststellung in Bezug auf die Fahrtunterbrechungen gemäß Artikel 7 der Verordnung legen. Hier geht es zum Beispiel um Fahrzeuge der Straßenbauämter, die für den Winterdienst eingesetzt wer­den. Darunter sind auch Fahrzeuge von beauftragten Unternehmen zu verstehen.

Dies ist einerseits eine wichtige Anpassung für kleine Gemeinden und hier wiederum für die Bürgermeister und die Gemeindebudgets, dass man sie mit größeren Gemein­den gleichstellt, auch wenn sie selbst nicht so einen großen Fuhrpark besitzen – das hilft natürlich weiter –, auf der anderen Seite ist das auch für die Unternehmen, die das betreiben, ganz wichtig. Wir haben in diesem Bereich sehr viele land- und forstwirt­schaftliche Betriebe, die im Rahmen der überbetrieblichen, oft in Maschinenringen or­ganisierten Zusammenarbeit wichtige Dienste für unsere Gesellschaft leisten.

Es wird in den letzten Tagen sehr viel über das Klima geredet, doch wir sollten auch bedenken, dass wir in unseren Breiten mit gewissen Klimaeinschränkungen zu leben haben. Gerade im Winter ist uns das oft nicht bewusst, weil die Straßen ja perfekt ge­räumt sind. Wenn wir uns laut Meteorologen über weiße Weihnachten freuen können, möchte ich all jenen danken, die in diesen Zeiten im Winterdienst tätig sind, und bin zu­versichtlich, dass wir mit diesem Gesetz eine notwendige Anpassung auch für diesen Bereich schaffen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 


18.59.05

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Umsetzung der EU-Kontrollrichtlinie begrüßen wir genauso wie die Vereinfachung der Strafbestimmungen je nach Schwere der Delikte. Es ist ja so, dass die Einführung des digitalen Kontrollgerätes im Jahr 2005, also während unserer Regierungsverantwortung, ein wichtiger Schritt zur Erhöhung der Verkehrssicherheit und überhaupt zur Verbesserung der Arbeitsbedin­gungen der Kraftfahrzeuglenker war. (Beifall beim BZÖ.)

Mit dem Einsatz dieses modernen Systems wird auf einfache Weise eine Überprüfung ermöglicht, ob Fahrer und Transportbetriebe die gesetzlichen Bestimmungen für Lenk- und Ruhezeiten auch einhalten.

Diese Fahrerkarte ist ebenfalls mit einem Lichtbild ausgestattet, genauso wie der Scheckkartenführerschein. Herr Bundesminister, deswegen wäre es überhaupt kein


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 213

Problem, dass man das, was da möglich ist, auch bei der e-card macht. Auf jeden Fall ist es wichtig, dass man alles nachvollziehen kann. Die Fahrer brauchen jetzt nicht mehr jeden Tag die Tachoscheiben zu wechseln, sondern auf dieser Karte sind in einem Zeitraum von bis zu 28 Tagen alle Fahrten und Ruhezeiten gespeichert. Es kann auch nicht ein Fahrer mit dem Fahrzeug auf dem Parkplatz stehen bleiben und der andere Fahrer ebenfalls, und dann wechseln sie die Fahrzeuge und fahren wieder weiter – die Ruhezeiten würden so natürlich nicht eingehalten. Alles ist dort auf der Fahrerkarte aufgezeichnet und nachvollziehbar, was von Vorteil ist, da es zu einem Mehr an Sicherheit auf unseren Straßen beiträgt.

Wir werden aus diesem Grund dieser Bestimmung unsere Zustimmung geben. (Beifall beim BZÖ.)

19.00


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schatz. – Bitte.

 


19.00.57

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wir Grüne begrüßen diese auf EU-Richtlinien basierende Regierungsvorlage zum Thema „Fahrzeitenaufzeichnungen“. Konkret möchte ich aber noch auf einen Punkt eingehen, den ich auch schon im Ausschuss angesprochen habe; auch Abgeordneter Hell ist kurz darauf eingegangen. Es geht um jene Bestimmung, die den Einbau von di­gitalen Kontrollgeräten vorsieht, aber dabei eben Omnibussen, die im regionalen Li­nienverkehr eingesetzt werden, explizit eine zusätzliche Übergangsfrist bis 31. Dezem­ber 2013 einräumt.

Herr Minister, das heißt, dass sie etwa den Wiener Linien noch drei weitere Jahre Zeit geben, bis es unumgänglich ist, diese digitalen Geräte in ihren Fahrzeugen zu haben. Sie argumentieren, dass das notwendig ist, weil das Ganze ein so großer finanzieller Aufwand sei. – Ich kann nicht nachvollziehen, warum Sie da so übernachsichtig sind, und zwar vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass bereits seit dem Jahr 1994 im Kraftfahrgesetz steht, dass zumindest für Geschwindigkeitskontrollen solche digitalen Geräte schon drinnen sein müssten. Daran haben sich die Verkehrsunternehmen aber nicht gehalten. Sie haben sich nicht daran gehalten, motzen jetzt weiter – und bekom­men von Ihnen einfach noch drei Jahre Übergangsfrist geschenkt. Sie argumentieren wiederum diese drei Jahre damit, dass diese digitalen Aufzeichnungen in Bezug auf Si­cherheit keine Auswirkungen hätten. Das heißt, sie seien nicht besser zu bewerten als etwa das Fahrtenbuch; deshalb entstehe eben kein Grund zur Eile.

Aber auch dieses Argument ist für mich nur sehr schwierig nachzuvollziehen, weil es natürlich ein Unterschied ist, ob man jederzeit in eine automatische Lenkerzeitenerfas­sung Einsicht nehmen kann – also jederzeit, auch auf der Straße –, oder erst im Nach­hinein im Betrieb in ein Fahrtenbuch einzusehen, das noch dazu der Lenker selbst führt. Das ist ein Unterschied. Das ist natürlich auch ein Unterschied punkto Sicherheit, Sicherheit von Lenker und Lenkerinnen, aber vor allem auch Passagierinnen und Pas­santinnen. Insofern frage ich schon: Warum warten wir so lange?

Aber nochmals: Im Großen und Ganzen stimmen wir dieser Vorlage zu, trotz der Schönheitsfehler bei den Übergangs- und auch Ausnahmebestimmungen. (Beifall bei den Grünen.)

19.03

19.03.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 539 der Beilagen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 214

Wenn Sie für diesen Entwurf sind, bitte ich um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wenn Sie auch in dritter Lesung zustimmen, bitte ich um Ihr Zeichen. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

19.04.1436. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (490 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das Ar­beitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsge­setz und das Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion geändert wer­den (540 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir behandeln nun den 36. Punkt der Tagesordnung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Lapp. – Bitte, Frau Kollegin.

 


19.04.34

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Es geht um die Novelle des Arbeitsinspektionsgesetzes. Es wird die Erleichte­rung der Kommunikation zwischen den Arbeitsinspektoraten geschaffen und der zen­tralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung. Es wird darauf geachtet, dass es einen sicheren Datentransfer gibt, vor allem für Abfragen der Ar­beitsinspektorate bei den Trägern der Sozialversicherungen und dem Hauptverband. Es werden nur jene Daten zur Verfügung gestellt, die für die Kontrolle unbedingt not­wendig sind.

Diese Novelle, die wir beschließen, dient auch der Verringerung des Verwaltungsauf­wandes, denn vorher war das etwas komplizierter geregelt und noch mit sehr vielen Stellen dazwischen. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Weiters behandeln und beschließen wir heute die Klarstellung der örtlichen Zuständig­keit für die Durchführung von Verwaltungsstrafverfahren nach § 111 ASVG. Das dient ebenfalls der Vermeidung von Kompetenzkonflikten, denn es war zu klären, ob es der Ort war, wo ordnungswidriges Verhalten festgestellt und gesetzt wurde – oder ob dort der Ort war, wo die Leute angemeldet waren bei der Sozialversicherung. Jetzt gilt, dass nach Sitz der Unternehmen Strafverfahren eingeführt werden können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zwei wichtige Änderungen, bei denen es auf der einen Seite darum geht, bessere Transparenz, Verwaltungsvereinfachung darzu­stellen und auf der anderen Seite um einen reibungslosen Ablauf der Behörden unter­einander. – Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)

19.06


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klikovits. Ein­gestellte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


19.06.32

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine Vorrednerin hat bereits ausgeführt, worum es bei dieser Gesetzesänderung geht. Diese zwei wichtigen Änderungen die­nen natürlich in erster Linie dazu, dass wir eine kleine – Gott sei Dank! –, aber vorhan­dene Schwarzarbeit in Österreich besser bekämpfen können. Das dient nicht nur der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, sondern natürlich auch in erster Linie dem Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Kollegin Lapp hat auch schon ausgeführt, dass es wichtig ist, dass wir bei dieser Rege­lung den Datenschutz in höchstem Maße gewährleisten. Wir haben aber auch bei der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 215

Ausschusssitzung eine Ausschussfeststellung getroffen, wonach eben festgelegt wird, dass diese Punkte, die den Schutz des Lebens, der Gesundheit und der Sittlichkeit, die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen, die Beschäftigung von Arbeitnehmerin­nen und Arbeitnehmern, vor allem auch die Arbeitszeit während der Schwangerschaft und nach der Entbindung, die Ruhepausen und die Ruhezeit, die Urlaubsaufzeichnun­gen und so weiter betreffen, gewährleistet sind.

Ich ersuche ebenfalls um Zustimmung zu dieser Änderung, weil sie den Arbeitnehme­rinnen und Arbeitnehmern und den Unternehmen gleichermaßen hilft. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gartelgruber. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.08.23

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Die Schaf­fung einer gesetzlichen Grundlage für die Inanspruchnahme der KIAB-Datei des Bun­desministeriums für Finanzen und der Daten der Träger der Sozialversicherung bezie­hungsweise des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger findet unsere Zustim­mung, weil dies der erste Schritt, ein richtiger Schritt in die richtige Richtung ist.

Grundsätzlich sprechen wir uns für eine Stärkung der Kontrolle illegaler Arbeitnehmer­beschäftigung aus, und da die KIAB nur ein Teil der Finanzbehörde ist, sind auch Maß­nahmen effektiver Handlungsweise dieser Kontrolleinrichtungen stark beschränkt. Zu viele KIAB-Mitarbeiter wurden in ihren Tätigkeitsbereichen bereits vom Dienst abgezo­gen, teilweise zweckentfremdet eingesetzt oder mit Zusatzaufgaben betraut und ste­hen nicht mehr voll und ganz der Betrugsbekämpfung zur Verfügung.

Um die KIAB aber wieder zu einer schlagkräftigen Spezialeinheit der Betrugsbekämp­fung machen zu können, wäre vielmehr die Schaffung einer eigenen bundesweiten Steuerungseinheit für KIAB-Agenten und die direkte Unterstellung, und zwar dienstlich, fachlich und budgetär, dem Bundesminister für Finanzen notwendig.

Außerdem benötigt die KIAB eine allgemeine bundesweite Ausrichtung bei gleichzeiti­ger Rücksichtnahme auf spezielle regionale Unterschiede. So kommen zum Beispiel in drei verschiedenen Ländern drei verschiedene Einsatzmethoden zum Zuge.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die personelle Aufstockung der KIAB auf 500 Mitarbeiter, wie wir das schon mehrfach gefordert haben, würde auch dem Staats­haushalt zugutekommen. Im Vorjahr waren es immerhin knapp 31 Millionen € an Geld­strafen. Dabei haben die Beamten im Jahr 2008 fast 29 000 Überstunden geleistet.

Wir haben uns bisher – aufgrund des offenkundigen Desinteresses der Bundesregie­rung – nicht nur Millionen Euro an Steuergeld entgehen lassen, sondern zudem auch massiv auf dem Rücken der Beamten dahingewurschtelt – und das ist ein unvertretba­rer Zustand! (Beifall bei der FPÖ.)

19.10


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. Eingestellte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


19.10.41

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Um eine Verwaltungsvereinfachung und eine wirksame Vollziehung der Kontrolle der Arbeitnehmerschutzbestimmungen zu er­reichen, werden jetzt die Arbeitsinspektorate im Rahmen ihrer gesetzlich übertragenen Aufgaben dazu berechtigt, Einsicht in die Datenbank der KIAB zu nehmen. Auch wer-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 216

den die Sozialversicherungsträger und der Hauptverband der Österreichischen Sozial­versicherung verpflichtet, den Arbeitsinspektoraten gespeicherte Daten über die Versi­cherungszeiten auf automationsunterstütztem Weg zu übermitteln.

Wenn man bedenkt, dass die illegale Beschäftigung einen beträchtlichen Teil in Öster­reich ausmacht, und diese bekämpft werden muss, ist das ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Deswegen werden wir vom BZÖ dem auch zustimmen. (Beifall beim BZÖ.)

19.11


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzte Rednerin hiezu zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Schatz. Eingestellte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


19.11.41

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wir Grüne begrüßen diese elektronische Vernetzung, diesen Datenaustausch zwischen Arbeitsinspektorat, KIAB und Sozialversicherungsträgern.

Ich hoffe allerdings sehr, dass das, Herr Minister, nicht die einzige Maßnahme Ihres angekündigten Kampfes gegen Schwarzarbeit und vor allem auch gegen Lohn- und Sozialdumping bleibt. Sie versprechen uns konkret in Ihrem Regierungsprogramm, dass Sie Verbesserungen und eine Systematisierung der Maßnahmen gegen Lohn- und Sozialdumping bis spätestens 30. Juni 2009 vorlegen. – Wir haben jetzt Dezember.

Das ist sicher ein wichtiger Schritt, der da gesetzt wird, aber ich hoffe, er ist nicht der letzte. Mich würde schon interessieren, wann wir mit mehr zu diesem wichtigen Thema zu rechnen haben und was da von Ihnen noch kommen wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.12

19.12.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 490 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig. Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung angenommen.

19.13.2437. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 871/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evalu­ierung und Weiterentwicklung der Behindertenanwaltschaft (545 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 37. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. Eingestellte Rede­zeit: 3 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 217

19.13.53

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Am 3. Dezember, also vorige Woche, war der In­ternationale Tag der Menschen mit Behinderungen, und rund um diesen Tag hat es eine Reihe von Veranstaltungen für deren Anliegen gegeben.

Es ging vor allem darum, dass behinderte Menschen eine gleichberechtigte Teilhabe an allen Lebensbereichen in unserer Gesellschaft haben möchten, und auch, dass sie ein selbstbestimmtes Leben führen können.

Es wurde aufgezeigt, dass die Behindertenpolitik eine Querschnittsmaterie ist, die alle Lebensbereiche und Politikfelder umfasst – und meiner Ansicht nach auch umfassen muss.

Österreich hat mit dem Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz, das am 1. Jän­ner 2006 in Kraft getreten ist, eine gute Grundlage für die Rechte von Menschen mit Behinderungen und gegen die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen ge­schaffen. Sie wissen, damals wurde definiert, was unter „Behinderung“ zu verstehen ist, und es wurde festgehalten, was unter „Diskriminierung“ verstanden werden soll. Es wurden Rechtsfolgen festgelegt, dass diskriminierte Personen Schadenersatz erhal­ten, dass diesem ein Schlichtungsverfahren vorausgehen muss. Das Gesetz enthält auch eine Regelung zur Beweislast, und es besteht die Möglichkeit, dass die ÖAR eine Verbandsklage vorschlägt.

Damals, am 1. Jänner 2006, wurde gleichzeitig die Gebärdensprache in der österrei­chischen Verfassung verankert; im Behinderteneinstellungsgesetz wurde ein Diskrimi­nierungsverbot in der Arbeitswelt eingeführt.

Gleichzeitig mit diesem Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz wurde die Zusam­mensetzung des Bundesbehindertenbeirates verändert; der Bundesbehindertenanwalt begann damals seine Arbeit. Die ÖAR hat damals dieses Gesetz als Best-Practice-Bei­spiel für Europa bezeichnet.

Das sind schöne Erfolge, die man in der Behindertenpolitik vorweisen kann. Ich mache aber auch kein Geheimnis daraus, dass es in der Behindertenpolitik ständig Weiter­entwicklungen geben muss, damit diese gesellschaftspolitische Aufgabe auch best­möglich erreicht werden kann, damit die Teilhabe tatsächlich erreicht werden kann.

Ich bin daher sehr froh darüber, dass wir einen Fünf-Parteien-Antrag im Sozialaus­schuss beschließen konnten, der die Evaluierung des Bundes-Behindertengleichstel­lungsgesetzes zum Inhalt hat. Ich möchte mich bei allen Parteien, bei allen Kolleginnen und Kollegen dafür bedanken, dass es in dieser Materie sehr oft eine Konsensmaterie ist. Ich denke, wir beweisen damit aus dem Parlament den behinderten Personen und auch den Organisationen, dass wir ihre Anliegen vor die Parteipolitik stellen. Ich bin überzeugt davon, dass das der beste Beitrag ist für Menschen mit Behinderungen auf ihrem Weg zu einem selbstbestimmten Leben und zur Teilhabe an unserer Gesell­schaft. (Beifall bei der SPÖ.)

19.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klikovits. 2 Mi­nuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.16.56

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Betreffend die Evaluierung des Bundes-Behinder­tengleichstellungsgesetzes hat meine Vorrednerin bereits viel ausgeführt und darauf hingewiesen, dass es bei diesem sehr sensiblen Thema natürlich auch darum geht, al­les gemeinsam zu unternehmen, dass Menschen mit Behinderungen die bestmögli­chen Rahmenbedingungen für ein selbstbestimmtes Leben erhalten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 218

Daher bin ich sehr froh darüber – ich möchte mich ebenfalls dafür bedanken –, dass es gelungen ist, wenigstens bei dieser Gesetzesmaterie einen Fünf-Parteien-Antrag heute beschließen zu können, der im Grundsatz Verbesserungen für Menschen mit Behinde­rungen bringen soll.

Wie schon vorhin ausgeführt, wird ein Schlichtungsverfahren beim Bundessozialamt durchgeführt, es soll die Möglichkeit der Verbandsklage eingeräumt werden, es soll Übergangsfristen im Bereich Bauen und Verkehr geben sowie die mögliche Erweite­rung des Rechtsschutzinstrumentariums – und die Institution der Behindertenanwalt­schaft soll weiterhin gestärkt werden.

Diese Evaluierung ist, glaube ich, ein weiterer richtiger Schritt, dass wir jetzt guten Ge­wissens auch diese Fünf-Parteien-Einigung beschließen können. Ich ersuche daher nicht nur um Zustimmung, sondern auch darum, mitzuhelfen, dass dieses Gesetz letzt­endlich von uns gemeinsam gelebt wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abge­ordneten der SPÖ.)

19.18


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Belako­witsch-Jenewein. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.18.42

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wie schon meine Vorredner ge­sagt haben, handelt es sich dabei um eine Fünf-Parteien-Materie. Ich möchte aber schon daran erinnern, dass wir in Wahrheit seit drei Jahren um dieses Gesetz kämp­fen, denn immerhin war schon im Regierungsübereinkommen vom Jänner 2007 davon die Rede, dass es zu einer Evaluierung und auch zu einer Weiterentwicklung der Be­hindertenanwaltschaft kommen soll. Es bedurfte eines Entschließungsantrags des frei­heitlichen Abgeordneten Hofer, dass Sie sich wieder dieses Themas erinnern. Das schmälert allerdings nicht meine Freude.

Ein bisschen wird meine Freude aber schon geschmälert, wenn man immer wieder von Experten hört, dass die Kompetenzen dieser Behindertenanwaltschaft nicht ausrei­chend sind beziehungsweise ausgebaut werden sollten. Das wäre also schon noch ein weiterer, wichtiger Schritt in diese Richtung.

Etwas, das dem Ganzen manchmal einen fahlen Beigeschmack gibt: Sie wissen, dass die Ära Haupt ausläuft, und es wird jetzt schon hinter den Kulissen gestritten, wer die­sen Posten besetzen soll. Es wird nicht darum gestritten, wer die beste Person ist, es wird nur um die Farbe gestritten – ob Rot oder Schwarz. Das ist eigentlich sehr traurig, und das hat sich die Behindertenpolitik in Österreich nicht verdient. – Danke. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

19.19


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dolinschek zu Wort. Eingestellte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


19.20.07

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz soll jetzt einer wissen­schaftlichen Studie unterzogen und evaluiert werden – etwas, was Ihr Vorgänger, Herr Minister Hundstorfer, nämlich Herr Bundesminister Buchinger, zwar angekündigt, aber nie umgesetzt hat. Meiner Überzeugung nach ist es wichtig, dass jene Menschen, die es im Leben nicht so leicht haben, von ihren Schwierigkeiten befreit werden. Nach wie vor ist es nämlich so, dass sich viele private Krankenversicherungen weigern, mit die­sen Menschen Personenversicherungen überhaupt abzuschließen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 219

Deswegen geht es um eine Weiterentwicklung der Behindertenanwaltschaft. Das ist mir wichtig. Und es wird auf jeden Fall, wenn jetzt ein Nachfolger von Mag. Herbert Haupt – der das, glaube ich, bisher in vorbildlicher Weise gehandhabt hat (Beifall beim BZÖ) – diese Funktion übernimmt, jeder, der sich darum beworben hat und mit 1. Jän­ner 2010 bestellt werden soll, große Fußstapfen vorfinden, in die er treten wird müs­sen, wenn er diese Aufgabe ebenfalls so erfüllen will, wie es Herr Mag. Herbert Haupt gemacht hat, der ja selbst ein Betroffener war.

Ich wünsche mir als Behindertenanwalt, Herr Bundesminister, sehr geehrte Damen und Herren, auch in Zukunft einen selbst Betroffenen, denn ein solcher ist glaubwürdiger und kann die Dinge viel besser einschätzen für jene Menschen, die es im Leben sonst nicht so leicht haben. (Beifall beim BZÖ.)

19.21


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Jarmer. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.21.54

Abgeordnete Mag. Helene Jarmer (Grüne) (in Übersetzung durch eine Gebärden­sprachdolmetscherin): Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Präsident! Ho­hes Haus! Zum Thema Behindertenanwaltschaft: Die Rolle eines Behindertenanwal­tes ist es, dass er sozusagen ein wichtiges Instrument für uns ist, und seine Arbeit hat gezeigt, dass viele Menschen – das sind die Ergebnisse, die er uns auch mitgeteilt hat – noch sehr wenig Bewusstsein über das Thema Behinderung haben, nämlich ganz besonders, was die Bedürfnisse behinderter Menschen anlangt. Und auf der an­deren Seite wissen die Betroffenen selbst, Menschen mit Behinderungen, nicht, was ih­re Rechte sind.

Das heißt, die Aufgaben des Behindertenanwaltes waren und sind es, diese Erfahrun­gen und Erkenntnisse einzusammeln, diese auch vorzulegen und in Form von Empfeh­lungen uns hier weiterzugeben. Das ist so weit eine gute Sache, aber – und das wis­sen Sie – es ist nur eine Empfehlung, und wir brauchen jetzt die Umsetzungen dazu.

Die Evaluation ist eine gute Sache, sie hat das Ziel – und wir wollen das auch –, dem Behindertenanwalt mehr Kompetenzen zu geben, ihn in seiner Arbeit zu unterstützen. Und diese Erfahrungen, die wir aber jetzt vorgelegt bekommen, sind wichtig. Das soll nicht nur eine schöne Geschichte sein und die lesen wir uns jetzt einmal durch, son­dern es geht darum, dass wir das auch wirklich umsetzen.

Die Tätigkeit von Herrn Mag. Haupt ist, wie wir wissen, bald zu Ende, und ich möchte gerade in Bezug auf seine Tätigkeit einen Punkt herauspicken. Es geht um das Bun­des-Behindertengleichstellungsgesetz. Herr Mag. Haupt selbst sagt, dass dieses Gesetz ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung war, aber er sagt genauso, dass dieses Gesetz die Barrieren nicht abbaut. Das, was wir jetzt brauchen, sind Vollzugs­gesetze – das ist auch seine Meinung. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen sowie beim BZÖ.) Das sollte Ziel für 2010 sein.

Ich möchte mich bei Herrn Mag. Haupt wirklich aufs Innigste bedanken, bedanken für seine gute Arbeit (Beifall bei Abgeordneten der Grünen und beim BZÖ – Abg. Ing. Westenthaler: Da müsste man ihn eigentlich wiederbestellen!), und ich hoffe, dass die Person, die in Zukunft dieses Amt übernehmen wird, die Anliegen von Men­schen mit Behinderungen wirklich gut überlegt und auch entsprechend umsetzt. Ein Appell an Sie, Herr Minister! – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von BZÖ und ÖVP.)

19.24


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 220

19.25.01

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundesminister! Ich kann mich den Worten von Frau Kollegin Jarmer nur anschließen. Auch ich möchte mich hier bei diesem Tagesordnungspunkt wirklich aus vollem Herzen bei einem Menschen bedanken, der hohe soziale Kompetenz bewiesen hat, bei einer Persönlichkeit, die auch selbst erleben musste, wie der Blickwinkel aus einem Rollstuhl ist, einem Menschen, der durch seine vielfältigen und unterschiedlichen Erkrankungen auch selbst gehandicapt war, auch selbst gehandicapt ist und der daher auch in sei­nem politischen Leben eine hohe Sensibilität für Menschen gezeigt hat und zeigt, de­nen es nicht so gut geht, die geradezu nach Gerechtigkeit gieren und denen der Ge­setzgeber diese Gerechtigkeit viel zu oft verweigert.

Herbert Haupt hat ein großes Ausmaß an Sensibilität für sozial Schwache gezeigt. Er war eine starke Stimme, er ist eine starke Stimme – eine Stimme, die nicht immer ver­standen worden ist, aber er war eine starke Stimme, eine unbeugsame Stimme auch für die Schwachen in diesem Land und auch ein Fels in der Brandung der Sozialpolitik, wenn es auch Richtungen gegeben hat, die durchaus Unsoziales für Österreich bedeu­tet haben.

Mag. Haupt war in vielen unterschiedlichen Aufgaben tätig – als Dritter Präsident die­ses Hauses, als langjähriger Abgeordneter, als Sozialsprecher, als Vizekanzler und Sozialminister der Republik und nicht zuletzt auch als Bundes-Behindertenanwalt –, und daher wiederhole ich, auch im Namen unserer Fraktion, das, was Sigisbert Dolin­schek gesagt hat, und schließe mich dem an, was Kollegin Jarmer gesagt hat: Ein herzliches Danke an Herbert Haupt!

Wir verbinden damit auch unseren Wunsch, dass der Nachfolger dieses Erbe, diese Ära antritt und die gleiche soziale Kompetenz an den Tag legt. Diese Funktion dient si­cherlich nicht dazu, sich parteipolitisch zu definieren. Kollegin Jarmer hat richtigerweise gesagt, was noch alles im Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz auf uns wartet, einem Behindertengleichstellungsgesetz, das 40 Jahre lang warten musste, bis es das Licht der Welt erblickt hat durch Sozialminister Herbert Haupt – erstmalig Gerechtigkeit in der Geschichte der Zweiten Republik!

Wir hoffen (Abg. Dr. Moser: ... Haidlmayr!) – auch mit Kollegin Haidlmayr, selbstver­ständlich, Frau Kollegin Moser; meine Ausführungen richten sich gegen niemanden, sondern ich spreche für die Anliegen, Frau Kollegin – und wünschen uns daher auch, dass dieser Weg fortgesetzt wird, auch dieser Weg der Beharrlichkeit im Sinne und im Interesse von Menschen mit Behinderung in unserem Land. – Herzlichen Dank. (Beifall beim BZÖ sowie der Abg. Dr. Moser.)

19.27


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzte Wortmeldung hiezu liegt mir die von Herrn Bundesminister Hundstorfer vor. – Bitte.

 


19.27.55

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstor­fer: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte auch die Gelegenheit wahrnehmen und Herrn Mag. Haupt für seine Tätigkeit auch hier danken. Ich habe das ja bereits persönlich getan, und Herr Mag. Haupt wird am 29. Dezember in einer von ihm einberufenen Abschlusspressekonferenz, glaube ich, auch einen sehr umfassenden Tätigkeitsbericht geben. Das ist gut so und soll so sein, denn ich kann hier nur von dem einen Jahr sprechen, das ich mit ihm gearbeitet habe, aber dieses war geprägt und getragen von dem Bemühen um die Frage: Wie können wir für Menschen mit besonderen Bedürfnissen etwas weiterbringen? – Das sei auch von mir an dieser Stelle gesagt. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 221

Meine Damen und Herren, Sie gestatten aber auch mir, bei diesem Tagesordnungs­punkt noch kurz auf Folgendes hinzuweisen, denn ich weiß, dass es in verschiedens­ten Behindertenorganisationen derzeit Diskussionen gibt über die Fragen: Wie geht man mit dem Behindertengleichstellungsrecht weiter?, Wie geht man mit dem Behin­derteneinstellungsrecht weiter?, und all diese Diskussionen.

Daher sage ich auch hier noch einmal: Beim Behinderteneinstellungsgesetz wird es von mir nur dann Anträge auf Änderung geben, wenn die Behindertenorganisationen das selbst vorschlagen. – Das wollte ich auch an dieser Stelle sehr bewusst sagen, weil die diversen Behindertenorganisationen derzeit intern sehr viel selbst diskutieren: Wenn es beim Einstellungsrecht Änderungen, Novellierungen geben soll, dann kann das nur mit ihnen gemeinsam geschehen.

Wir bemühen uns derzeit auch, die Arbeitsmarktlage der Menschen mit besonderen Bedürfnissen sehr speziell zu beobachten, und ich darf auch hier sagen: Wir haben keinen übermäßigen Anstieg der Arbeitslosigkeit von Menschen mit besonderen Be­dürfnissen. Wir haben auch bei den diversen Behindertenprojekten, die wir haben, vor allem bei den geschützten Werkstätten, derzeit vier Werkstätten, die kurzarbeiten, weil sie ganz einfach auch für den automotiven Sektor Arbeiten übernommen haben und da jetzt Aufträge weggefallen sind. Auch das wird weitergeführt von uns.

Wir sichern auch weiterhin die Gesamtfinanzierung ab (Beifall bei der SPÖ), weil ich glaube, dass gerade in wirtschaftlich schwierigen und für den Arbeitsmarkt sehr schwierigen Zeiten unser spezielles Augenmerk auf denen liegen muss, die unsere spezielle Hilfe brauchen, und das sind Menschen mit besonderen Bedürfnissen. – Ich danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.30

19.30.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schlie­ße daher die Debatte.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 545 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 70.)

19.31.0938. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 859/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wilhelm Molterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern erlassen wird (528 d.B.)

39. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Petition (19/PET) betreffend „Kin­derrechte in die Bundesverfassung – initiiert von den oberösterreichischen Kin­derfreunden“, überreicht von den Abgeordneten Sonja Ablinger und Mag. Kurt Gaßner (529 d.B.)

40. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 65/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Kinderrechte in die Verfassung – 16 Jahre Warten sind genug! (530 d.B.)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 222

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 38 bis 40 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Stefan. Eingestellte Redezeit: 3 Mi­nuten. – Bitte.

 


19.32.27

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Kinderrechte in der Verfas­sung – zweifellos eine grundsätzlich positive Sache. Die Vorgangsweise, die hier ge­wählt wurde, ist allerdings sehr durchsichtig.

Bereits seit dem Jahre 1989 besteht die Konvention für die Kinderrechte bei den Ver­einten Nationen – und jetzt versucht man hier etwas durchsichtig, sehr schnell und kurzfristig und auch schlampig die Kinderrechte in der Verfassung zu verankern, um der Opposition den Schwarzen Peter zuzuschieben, weil sie hier nicht mitstimmen will.

Tatsächlich ist aber dieser vorliegende Gesetzentwurf nicht weitgehend genug. Unsere Kritik richtet sich insbesondere darauf, dass nicht darauf eingegangen wird, dass Kin­derrechte im Zusammenhang mit der Familie stehen, dass die Einbettung der Kinder in der Familie Berücksichtigung finden sollte, wie das auch in der UN-Kinderrechtskon­vention verankert ist.

Wie schlampig dieses Gesetz ist, merkt man zum Beispiel in den erläuternden Bemer­kungen, wo zum Artikel 5 festgehalten wird, dass der Schutz des Kindes vor „jeglicher Form“ von Bestrafungen gewährleistet werden soll. – Ich nehme ja nicht an, dass das irgendjemand ernst meint, dass man Kinder grundsätzlich in keiner Form – nämlich in „jeglicher Form“ nicht – bestrafen darf. Ich nehme also an, dass man hier eine sehr schlampige Vorgangsweise gewählt hat, und das zeigt schon, wie da gedacht wurde.

Es ist also ein völlig unzureichendes Gesetz. Wenn man das ernst nimmt, dass man Kinderrechte in der Verfassung verankern will, dann sollte man noch einmal darüber diskutieren, auch mit der Opposition noch einmal darüber reden. Daher unterstützen wir auf jeden Fall den Rückverweisungsantrag. (Beifall bei der FPÖ.)

19.34


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Witt­mann zu Wort. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.34.36

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich habe mit großem Interesse die Einwendungs­debatte heute in der Früh verfolgt, weil ich diese Haltung schon sehr befremdlich finde, wenn man zwei Jahre lang über eine Formulierung eines Grundrechtes für Kinder dis­kutiert, sich dann in einem zweijährigen Konvent dazu findet, eine Konsenslösung an­zubieten, nämlich eine vollständige Formulierung dieses Rechtes auf Basis einer zwei­jährigen Diskussion, der eine Formulierung folgte, die am 7. Dezember 2004 im Kon­sens erstellt wurde, und diese Lösung im Konsens von Frau Mag. Glawischnig als Ab­geordneter getragen wurde, obwohl es damals auch schon die UN-Konvention gege­ben hat.

Ich halte das für sehr durchsichtig. Sie wissen nicht, wie Sie aus Ihrer Blockadepolitik herauskommen sollen und fangen jetzt eine Diskussion an, die Sie zwei Jahre lang ge­führt haben, woraufhin Sie dann selbst im Präsidium diese Formulierung unterschrie­ben haben, die heute hier vorliegt – genau wortgleich hier vorliegt! Die haben Sie da­mals mitgetragen! Die haben Sie mit dem Beschluss vom 7. Dezember 2004 mitgetra-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 223

gen – ebenso, wie Kollege Scheibner das mitgetragen hat! Deswegen steht wahr­scheinlich auch Kollege Stadler auf der Rednerliste, weil man Scheibner nicht reden lassen will, weil er ja damals dieser Formulierung dieses Entwurfes zugestimmt hat! (Beifall bei der SPÖ.)

Es handelt sich nur um dieses durchsichtige Vorhaben: nicht zu wissen, wie man aus dieser Blockadepolitik, in die man sich selbst hineingeritten hat, herauskommt, und deswegen dann irgendetwas zu erfinden, wofür die Argumente schon zu diesem Zeit­punkt auf dem Tisch gelegen sind, denn die UN-Konvention gibt es seit 20 Jahren. Dann ist zwei Jahre lang diskutiert worden, dann hat man sich auf eine Formulierung geeinigt (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Wir haben uns mit niemandem geeinigt!), dann wurde diese unterschrieben, dann gab es einen Konsens über diese Formulie­rung am 7. Dezember, einen Konsens zwischen allen Parteien, dem BZÖ – das da­mals noch FPÖ geheißen hat, jetzt ist Herr Abgeordneter Scheibner halt BZÖ-Vertre­ter –, aber auch Dr. Böhmdorfer von den Freiheitlichen war mit dieser Formulierung einverstanden.

Und jetzt, weil man sich in eine Situation hineingeritten hat, von der man nicht weiß, wie man aus ihr wieder herauskommt, versucht man, eine neue Argumentation aufzu­bauen, die nicht mehr stimmt. Es kann schon sein, dass es eine neue Jugendspreche­rin gibt, die halt keine Ahnung von diesen alten Vereinbarungen hat (Hallo-Rufe der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek), aber ich glaube schon, dass man der Frau Dr. Gla­wischnig hier auch ehrenvoll unterstellen muss, dass sie den Unterschied zwischen Verfassungsregelung und Ausführungsgesetzgebung kennt und weiß, dass in einer Verfassungsregelung immer nur übergeordnete Prinzipien zu stehen haben (Abg. Ing. Westenthaler: Zum Beispiel die Armut von Kindern – das könnte in der Verfas­sung stehen!) und nicht die Ausführungsgesetzgebungs-Anleitungen beziehungsweise die wortreichen Ausführungen, die man mit mehreren Gesetzen machen muss. Das Recht auf Bildung ist von unserem Entwurf ebenso umfasst wie das Recht auf Ge­sundheit oder auf andere verfassungsrechtlich zu gewährleistende Rechte.

Aber ich finde es wirklich beschämend, insbesondere von den Grünen, dass man aus einer Situation heraus, in die man sich selbst hineingeritten hat, die Kinder jetzt nicht zu dem kommen lässt, worauf man sich schon geeinigt hatte. (Abg. Ing. Westenthaler: Komm wieder herunter!)

Ich halte es wirklich für verwerflich, aus Prinzipien, die bei den Kinderrechten wirklich nichts verloren haben, die möglicherweise schon bei den Kontrollrechten zu kritisieren sind – soll alles sein! –, das dann so weit zu treiben, dass man hier Verfassungsrege­lungen nicht beschließt (Abg. Ing. Westenthaler: Komm wieder herunter!), die aus­schließlich zum Wohl der Kinder sind und auf die man sich schon geeinigt hat. Das hal­te ich für verwerflich, für moralisch verwerflich (ironische Oh-Rufe bei FPÖ, BZÖ und Grünen), für einen Schaden an der Demokratie und für einen Schaden an den Kindern. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Wie­ner Neustadt hat ... schon durchschaut!)

19.38


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stadler. 2 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


19.38.50

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Zunächst eine Klarstellung: Irgendein rhetorischer Zwerg hat mir im Laufe des Tages über einen Pressedienst vorgeworfen (Abg. Kopf: He! He!), ich sei bei der Abstimmung zur Homo-Partnerschaft bewusst nicht anwesend gewesen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 224

Meine Damen und Herren, meine Position ist bekannt; ich habe sie im Justizausschuss dargelegt. Ich brauche mir von niemandem etwas vorschreiben zu lassen. Wenn ich gleichzeitig einen jungen Angeklagten zu vertreten habe, dessen Hauptverhandlungs­termin nicht verschoben wird, dann weiß ich auch, was ich zu tun habe, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Kickl.)

So, ergänzend zu dieser Klarstellung jetzt die Kommentierung der Ausführungen des Kollegen Wittmann: Von einem Sozialdemokraten hätte ich mir erwartet, dass er hier herausgeht und den Zusammenhang zwischen der Bedrohung von Kinderrechten und Armut, zwischen sozialer Lage der Familien und Kinderrechten erkennt. Es nützen die schönsten Kinderrechte in der Verfassung nichts, wenn sie mit Gesetzesvorbehalt ver­sehen werden und gleichzeitig gegen die Armut der Familien nichts getan wird, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Das ist der zentrale Punkt, und um den sollten Sie sich kümmern! Es ist geradezu auf­fällig, dass ausgerechnet jener Teil aus der UN-Konvention ... (Abg. Dr. Wittmann: Herr Scheibner hat ...!) – Nicht auf den Herbert Scheibner ausreden! (Abg. Dr. Witt­mann: Herbert Scheibner! Kennen Sie den?) Noch einmal: Als Vater von sechs Kin­dern brauche ich Ihre „Kinderrechtsverfassung“ nicht, damit ich weiß, wie ich sie erzie­hen muss! (Beifall beim BZÖ.)

Aber, meine Damen und Herren, Hunderttausende alleinerziehende Mütter bräuchten eine andere soziale Absicherung, damit sie überhaupt Kinderrechte haben können! Es nützt doch alles nichts, wenn das Geld dafür nicht vorhanden ist, und da stehen Sie mit Ihrer Sozialpolitik leider nicht zur Verfügung. Daher ist es verräterisch, Herr Kollege Wittmann, dass ausgerechnet die Armutsbekämpfung nicht bei den Kinderrechten dabei ist, die Sie vorgeschlagen haben, obwohl das in der Konvention ausdrücklich vorgesehen ist – einer, wenn nicht sogar der Hauptgrund für die Zurückverweisung. – Letzter Grund, politischer Natur: Das, was Sie vorlegen, ist mit so viel Gesetzesvorbe­halt versehen, dass es im Grunde niemandem auffällt, wenn es nicht kommt – nieman­dem! Es ist eine Alibi-Aktion nach 20 Jahren, mehr nicht. Sie brauchen für Ihre Alibiak­tionen 20 Jahre.

Der Punkt ist ein anderer: Sie haben bei der Einrichtung eines Untersuchungsaus­schusses die Fehlkalkulation begangen, dass Sie geglaubt haben, das richtet sich ge­gen die Opposition. Sie beide haben geglaubt: Da zerfleischen wir die Opposition! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Jetzt aber haben Sie gemerkt, dass Schwarz halstief drinnen steckt und die Sozialisten mindestens bis zum Bauchnabel, und jetzt sind Sie draufgekommen, dass dieser Ausschuss abzuwürgen ist.

Die zweite Fehlkalkulation war, dass Sie geglaubt haben, die Opposition sei in dieser Frage nicht geschlossen. Sie haben geglaubt, dass Grüne, Freiheitliche und BZÖ auf­grund ihrer ideologischen Differenzen nicht durchhalten würden. Sie aber haben es fer­tiggebracht – und da sieht man erst, wie sehr Sie sich verschätzt haben –, die Opposi­tionsparteien über alle ideologischen Unterschiede hinweg zusammenzuschweißen. Ich gratuliere Ihnen dazu!

Glauben Sie nur ja nicht, dass Sie Kinderrechte gegen das engagierte Verteidigen der Rechte dieses Parlamentes ausspielen können, meine Damen und Herren! (Beifall bei BZÖ, FPÖ und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Heinzl.) Das ist eine Fehlkalkulation! Das werden Sie mit uns nicht durchziehen können!

Glauben Sie auch nicht, dass die Menschen so dumm sind, dass sie das nicht durch­schaut haben, meine Damen und Herren! Wir werden daher heute sowohl dem Antrag der Grünen zustimmen, was die volle Umsetzung der Konvention anlangt, als auch der Rückverweisung, weil das zunächst vorher im Ausschuss beraten werden muss. Die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 225

Rückverweisung ist auch Ausdruck unserer Abwehr gegen Ihre Willkür – deren Willkür (der Redner weist in Richtung ÖVP) und euer Handlangerdienst (der Redner weist in Richtung SPÖ) dazu! Das ist unsere Antwort darauf. (Beifall bei BZÖ und Grünen.)

19.42


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Steibl. 4 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


19.42.46

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatsse­kretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte eingangs einmal darum bitten, dass wir gerade bei diesem Tagesordnungspunkt zum Inhalt zurückkehren, dass wir, obwohl es uns im Ausschuss nicht gelungen ist, zumindest hier im Plenum einmal ver­nünftig miteinander reden und nicht von Willkür sprechen. Und wenn von Willkür ge­sprochen wird, dann muss ich den Ball zurückspielen, Herr Kollege Stadler! Sie betreiben Willkür (Beifall bei der ÖVP – Abg. Mag. Stadler: Mit unserer „Mehrheit“!), denn Sie wollen nur provozieren, und Sie wollen nichts anderes als verhindern – ver­hindern um einer Sache willen, die es nicht wert ist! (Abg. Mag. Stadler: Wo ist denn Ihre Partei?)

Ich denke, gerade das, was wir heute mit der Verankerung der Kinderrechte in der Ver­fassung beschließen sollten, und das, was wir seitens der ÖVP und seitens der SPÖ wollen und wozu Sie immer eingeladen waren ... (Zwischenruf des Abg. Mag. Stad­ler.) – Herr Kollege, ich bin schon lange genug im Parlament, und es tut mir nicht leid, hier im Parlament zu sein (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler – Abg. Ing. Westenthaler: Ein leerer Sektor!), nur: Die jetzige Diskussion tut mir leid, denn es geht Ihnen nicht um die Sache! Es ist reiner Populismus, wie Sie sich positionieren können, wie Sie Ihre „Spompanadeln“ durchbringen können, die nichts wert sind! Aber Kinderrechte haben einen hohen Stellenwert.

Ich möchte bei dem, was Herr Kollege Wittmann gesagt hat, fortsetzen und vielleicht noch einmal in Erinnerung rufen (Abg. Grosz: Wenn es Ihnen so wichtig wäre ...! – Abg. Ing. Westenthaler: Wo ist eigentlich die ÖVP derzeit?): Ausgangspunkt für das jetzige Bundesverfassungsgesetz der Kinderrechte war der „Fiedler-Entwurf“ aus dem Österreich-Konvent. (Abg. Mag. Stadler: Wo sind die Kinder der ÖVP?) Damals wurde mit allen Konsens gefunden und erzielt, dass Kinderrechte verfassungsrechtlich eigen­ständig gestaltet und formuliert werden sollten.

Ich muss Ihnen auch sagen, dass das ja im Regierungsprogramm steht. Wie ich Sie einschätze – als gescheite Oppositionsparteien –, haben Sie sehr wohl das Regie­rungsprogramm gelesen. Sie wissen, was im Regierungsprogramm drinnen steht!

Sie werden auch Deutsch verstehen und verstehen, wenn die SPÖ sagt: Wir haben im Dezember einen Antrag eingebracht! – Und Sie können auch lesen und wissen daher: Wir verhandeln! – Ich war bei allen Kolleginnen, angefangen bei der Kollegin Haubner bis zur Kollegin Souschill und anderen Kolleginnen und habe gesagt: Reden Sie mit uns! Verhandeln Sie mit uns! – Mein Kollege Willi Molterer hat das Gleiche getan. Sie haben nur gesagt: Njet, interessiert uns nicht! – Das ist die Wahrheit!

Sie gehen ja gar nicht auf den Inhalt ein! Sie gehen nicht auf das ein, worum es geht. Es geht um Schutz und Fürsorge zum Wohle jedes Kindes.

Und wenn Sie von Armut sprechen (Zwischenruf des Abg. Brosz), dann haben Sie ver­gessen, was wir in Bezug auf Transferleistungen für die Familien alles geleistet haben. Jawohl, das haben Sie vergessen! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Österreich ist eines der führenden Länder in der Familienpolitik, in all den Förderun­gen. Ich möchte nur zum Beispiel auf das Kinderbetreuungsgeld hinweisen oder auch


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 226

auf alles, was im Bereich der Absetzbeträge liegt. Das interessiert Sie alles nicht. Nein, das interessiert Sie nicht! (Abg. Lausch: Die ÖVP auch nicht!) Es interessiert Sie nur der Untersuchungsausschuss, wo der Kollege Pilz (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Brosz) – darf ich sagen? – als Kasperl auftreten kann, und sonst überhaupt nichts. Ge­hen Sie doch in Richtung Zustimmung zu diesem Gesetz! (Zwischenrufe bei den Grü­nen.) – Ja, ist so. Gehen Sie bitte mit uns mit! Blockieren Sie nicht das Gesetz! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin eigentlich ein wenig enttäuscht, obwohl ich Kollegin Haubner schätze, dass sie zum Beispiel gesagt hat: Es wäre hoch an der Zeit, dass die Kinderrechte umgesetzt werden! – Bitte, Frau Kollegin – ich weiß, was Sie geleistet haben! –, gehen Sie doch jetzt mit! Tun Sie das! Und wenn Sie Nein sagen, dann erklären Sie das bitte unseren Familien, unseren Kindern in diesem Land! Schade, dass es eigentlich in diesen paar Minuten jetzt zeitlich nicht gereicht hat darauf einzugehen, was wir alles in diesem Ge­setz verankert haben und vorbereitet haben. (Abg. Mag. Kogler: Reden Sie ruhig wei­ter! ... fällt Ihnen was Gescheites ein!)

In diesem Sinne: Ich versuche, Sie noch einmal herzlichst einzuladen. Ich bitte Sie, springen Sie über Ihren ideologischen Oppositionsschatten! Setzen Sie Taten statt Worte! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

19.46


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.47.04

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr ver­ehrten Damen und Herren! „Nicht wir Kinder sind das Problem, im Gegenteil: Wir sind unverzichtbar für seine Lösung. Wir sind keine Ausgaben, sondern Investitionen. Wir sind nicht einfach nur junge Leute – wir sind Menschen und Bürger dieser Welt.“

Und weiters: „Wir versprechen, dass wir uns respektieren und achten werden. Wir ver­sprechen, offen und einfühlsam für unsere Unterschiedlichkeit zu sein. Wir sind die Kinder dieser Welt und sind doch, bei aller Andersartigkeit, Teil einer gemeinsamen Wirklichkeit.“

„Ihr nennt uns die Zukunft, wir sind aber auch die Gegenwart.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Zeilen stammen aus dem Bericht des zweiten Weltkindergipfels. Kinder und Jugendliche sind nicht nur die Zukunft, sie sind die Gegenwart. Dieser uns vorliegende Initiativantrag sichert auf keinen Fall die Ge­genwart und noch weniger die Zukunft von Kindern und Jugendlichen ab. (Beifall bei den Grünen.)

„6 aus 45“, meine sehr verehrten Damen und Herren, sechs aus 45 inhaltlichen Arti­keln, nicht mehr, nur sechs aus 45 haben Sie in die Artikel hineingeschrieben und spa­ren völlig an der inhaltlichen Substanz. Völlig ausgespart wird der Artikel 2, das Recht auf Antidiskriminierung. Alle Kinder und Jugendlichen unabhängig von ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe, ihrer Sprache, ihrer Religion, ihres sozialen Status, unabhängig von Vermögen oder von einer Behinderung, haben dieselben Rechte.

Der vorliegende Initiativantrag von ÖVP und SPÖ beschreibt nur eines: die Diskriminie­rung schwarz auf weiß. Er beschreibt die Festsetzung der Diskriminierung von Kindern und Jugendlichen in der Verfassung. Völlig ausgespart ist der Artikel 12, das Recht auf Partizipation und die Berücksichtigung eigener Meinungen von Kindern und Jugendli­chen.

Sie von SPÖ und ÖVP agieren ausschließlich aus Sicht der Erwachsenen. Sie verges­sen und ignorieren vollkommen die Alltagslebensrealitäten und den Lebensalltag von Kindern und Jugendlichen. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 227

Völlig ausgespart sind auch die essenziellen Punkte der sozialen Absicherung, der Freizeit, der Erholung, der Gesundheit und des Rechtes auf Bildung. Sie haben sechs Artikel verankert, keine 45! Das Recht auf Bildung haben Sie absichtlich nicht verankert und glauben nun, uns den großen Wurf vorlegen zu können. (Abg. Dr. Wittmann: Alles Ausführungsgesetze!) Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist kein Wurf, überhaupt nicht! Das ist politischer und kinderrechtlicher Unsinn, und sonst gar nichts. (Beifall bei den Grünen.)

Aber das ist auch noch nicht alles. Es fehlt die Einbeziehung der Experten und der Ex­pertinnen der Kinderrechtsorganisationen. Diese Einbeziehung ist auch im Konvent nicht passiert, das heißt, man kann auch den Österreich-Konvent überhaupt nicht als Grundlage für einen nicht vorhandenen Konsens und eine Beschlussfähigkeit, die de facto nicht existent war, verwenden. (Abg. Großruck: Seien Sie ehrlich: Geben Sie zu, dass Sie boykottieren!)

Die Kinder- und Jugendorganisationen sind nicht eingebunden worden. All die vielen engagierten, ehrenamtlichen, hoch motivierten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Kinderrechtsorganisationen und deren Expertise werden nicht gehört, werden ignoriert. (Abg. Großruck: Das, was Sie machen, ist ein Eiertanz, um vom Boykott abzulenken!) Das ist fahrlässig, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)

Die Umsetzung haben Sie völlig vergessen. Wie soll – und damit sind wir bei dem Dis­kussionspunkt der Ausführung und der Durchsetzung – das Kinder- und Jugendgesetz im Verfassungsrang wirklich umgesetzt werden? (Abg. Dr. Wittmann: Sie sagen es
ja selbst! Ihre Formulierung ...!)
Da fehlt es am Monitoring, und es fehlt an Begleitmaß­nahmen.

Diese vielen, vielen Fehlleistungen Ihrer Koalition lassen nur einen Schluss zu: Die Kinderrechte sind Ihnen nichts wert! Für uns ist jedes Kind in Österreich gleich viel wert. Jedes Kind hat das Recht, von der Politik angehört zu werden. Jedes Kind hat Anspruch auf umfassenden Schutz, aber auch auf soziale Absicherung und Zukunfts­chancen.

Um Ihnen noch einmal die Hand entgegenzustrecken, bringe ich folgenden Antrag ein (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Konstruktiv! Sehr konstruktiv!):

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend: „6 aus 45“ ist zu wenig – alle Kinderrechte in die Verfassung

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage be­treffend ein Bundesverfassungsgesetz zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention vorzulegen, die alle Artikel der UN-Kinderrechtskonvention berücksichtigt. Weiters wird die Bundesregierung aufgefordert, Kinder- und Jugendorganisationen in den Gesetz­werdungsprozess einzubeziehen und somit das Recht auf Mitsprache zu gewährleisten.“

*****

(Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ja! Ganz wichtig!)

Kinderrechte, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind niemals teilbar und be­dürfen auf keinen Fall einer Husch-Pfusch-Aktion! (Beifall bei den Grünen.)

19.52



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 228

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, steht mit dem Gegenstand im Zusammenhang und daher auch mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Windbüchler-Souschill, Freundinnen und Freunde betreffend „6 aus 45“ ist zu wenig – alle Kinderrechte in die Verfassung eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 859/A der Abgeordne­ten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wilhelm Molterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Rech­te von Kindern erlassen wird (528 d.B.)

Begründung

Die UN-Konvention über die Rechte des Kindes wurde am 20. November 1989 von den Vereinten Nationen verabschiedet. Die Konvention gilt als weltweites Grundgesetz der Kinderrechte.

Österreich hat 1992 die Kinderrechtskonvention als rechtlich verbindlich anerkannt. Trotz ihres grundrechtlichen Charakters steht die Konvention in Österreich aber bis heute nur im Range eines einfachen Gesetzes.

Darüber hinaus wurde vom Nationalrat ein „Erfüllungsvorbehalt“ erklärt, wonach die Kinderrechtskonvention nicht direkt anwendbar ist, sondern nur im Wege eines Durch­führungsgesetzes erfüllt werden kann.

Die Verankerung der Kinderrechtskonvention in der Österreichischen Bundesverfas­sung ist nach 20 Jahren zum Wohle aller Kinder und Jugendliche, zum Schutz vor Gewalt und Missbrauch und zur Absicherung der Rechte, wie das Recht auf Bildung, auf Antidiskriminierung, auf Mitsprache, auf soziale Absicherung und auf Freizeit, not­wendig.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage be­treffend ein Bundesverfassungsgesetz zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention vorzulegen, die alle Artikel der UN-Kinderrechtskonvention berücksichtigt. Weiters wird die Bundesregierung aufgefordert, Kinder- und Jugendorganisationen in den Gesetz­werdungsprozess einzubeziehen und somit das Recht auf Mitsprache zu gewährleisten.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Lueger. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


19.53.02

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatsse­kretär! Werte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Ich habe heute in der Früh bei der Einwendungsdebatte versucht, auf Inhalte einzugehen, aber offensichtlich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 229

kommt man da bei Ihnen nicht sehr weit. Jetzt werden wir auf der Diskussionsebene weiterdiskutieren, die Sie führen.

Die Grünen meinen in Aussendungen: Es ist „eine unbrauchbare Vorlage“, „schlicht eine politische Show“, „fehlende inhaltliche Substanz“. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Haben Sie immer noch nicht verstanden?) Dann verstehe ich aber jetzt wirklich nicht, warum Sie im Zuge des Konvents, der mit Experten erstellt worden ist – es war auch ein Verfassungsexperte, Herr Dr. Funk dort, der das Ganze mit erarbeitet hat ... (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Der Grundrechts... war nicht ein Konsens!) – Das stimmt so nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, jawohl, das ist eine politische Show, aber das ist eine politische Show der Grünen, die Sie hier abziehen. Polemik ist bei Ihnen sehr gefragt. Wenn ich heute ein Transparent mit der Aufschrift „6 aus 45“ (Abg. Wind­büchler-Souschill: So ist es ja!) bei Ihnen sehe, dann ist es für mich der Beweis, dass Sie sich inhaltlich überhaupt nicht damit auseinandergesetzt haben, denn die UN-Kin­derrechtskonvention hat 54 Artikel (Abg. Windbüchler-Souschill: Inhaltlich!) und wir haben acht Artikel umgesetzt. Aber das ist Ihnen offenbar ganz egal! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Neugebauer.)

Zum Zweiten: Wenn Sie schreiben, das sei ein Lotterie-Spiel, kann ich Ihnen nur sa­gen: Punkt eins, die Zahlen sind falsch, zweitens ist es für mich kein Spiel, dazu ist mir die Materie viel zu wichtig! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Windbüchler-Souschill: Dann ändern Sie es!)

Seitens des BZÖ wurde jetzt noch einmal gesagt, dass die Armut fehlt. Die Armut ist in Artikel 1 eindeutig enthalten. Seitens des BZÖ habe ich im Ausschuss noch folgenden Satz gehört: Der erste Halbsatz hat gelautet: Die Regierung ist seit 18 Jahren säumig. Und der zweite Halbsatz: Aber eigentlich sind Kinder in Österreich derzeit nicht in aku­ter Gefahr, also so schnell brauchen wir es jetzt ohnehin nicht zu machen. – Das ist sehr durchsichtig.

Ich kann Ihnen auch noch seitens der APA Folgendes bestätigen. Sie selbst, Frau Haubner, schreiben: Das ist ein „durchsichtiges Manöver der Regierung“! 17 Jahre hät­ten sie für das Projekt Zeit gehabt! – Da frage ich mich dann schon: Habe ich sieben Jahre verdrängt? Und waren Sie nicht vielleicht zufällig Familienministerin? (Abg. Scheibner: Setzen Sie sich wieder nieder! Wer hat denn den Konvent blockiert?) Was haben Sie getan für die Kinderrechte in die Verfassung? (Beifall bei der SPÖ.)

Der Familienbegriff – das ist der Einwand der FPÖ – ist meines Erachtens eindeutig enthalten, denn man kann nicht mehr hineinschreiben, als dass man den Kontakt zu beiden Elternteilen zum Wohlergehen des Kindes hineinschreibt. (Abg. Scheibner: Wer hat denn den Konvent verhindert? Das waren Sie!)

Ich finde es nur wirklich schade, wenn die mediale Ankündigung kommt – und Sie die­se auch heute hier verwenden –, dass grundsätzlich das Projekt ein gutes ist, man aber bei der entscheidenden Abstimmung im Plenum wegen der Blockade nicht zu­stimmen werde. (Abg. Scheibner: Sie haben blockiert!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich finde es eigentlich beschämend – um nicht zu sagen: sogar schäbig –, wie Sie als Opposition mit den Kinderrechten umge­hen (Beifall bei der SPÖ), nämlich nicht für die Kinder, sondern auf dem Rücken der Kinder! (Abg. Scheibner: Das ist unglaublich, was Sie da sagen!) Die Verankerung der Kinderrechte wäre ein Schritt in die richtige Richtung. Ich finde es schade, dass es so nicht stattfindet. (Beifall bei der SPÖ.)

19.56


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 230

19.56.14

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich beziehe mich auf die Petition „Kinderrechte in die Bundesverfassung – initiiert von den oberösterreichischen Kinderfreunden“. Die Freiheitliche Partei hat dieser Petition im Verfassungsausschuss zugestimmt, damit die Förderung und der Schutz der Kinder wieder verbessert werden können, damit Staat und Gesellschaft das Wohl der Kinder in den Mittelpunkt stellen.

Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit heute aber wieder auf ein Thema lenken, das bisher von den beiden Regierungsfraktionen hartnäckig ignoriert worden ist. Es geht um eine Bürgerinitiative „Gewalt in der Familie – Mehr Schutz für Kinder“, für die ein Grazer aus Neuseiersberg, nämlich der Herr Roman Ertl, über 4 600 Unterschriften gesammelt hat. Anlass war die Tötung eines Kleinkindes im April 2005 durch den eigenen Vater. Das Kind ist damals mit schwersten Verletzung in das Allgemeine Krankenhaus in Wien eingeliefert worden und leider einige Tage später seinen schweren Verletzungen erlegen. Es hat sich dabei ganz eindeutig um einen Wiederholungstäter gehandelt. Die Polizei hat von diesen Vorgängen erst durch die Selbstanzeige des Vaters erfahren.

Nun meinen die Bürgerinitiative und Herr Ertl, dass eine Änderung der gesetzlichen Bestimmungen dringend notwendig wäre. Wir Freiheitlichen teilen diese Meinung. Sie bräuchten, meine Damen und Herren, nicht neue Rechte zu erfinden, sondern nur die bestehenden Gesetze zu verbessern.

Da gibt es im Ärztegesetz den berühmten § 54 Abs. 5. Ändern Sie diesen so, dass dort nur mehr steht:

„Ergibt sich für den Arzt in Ausübung seines Berufes der Verdacht, dass ein Minderjäh­riger misshandelt, gequält, vernachlässigt oder sexuell missbraucht worden ist, so hat der Arzt Anzeige an die Sicherheitsbehörde zu erstatten.“

Punkt. Den Rest könnten Sie sich sparen. Dann würden Sie wirklich für das Wohl der Kinder in diesem Land etwas leisten! (Beifall bei der FPÖ.)

19.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmucken­schlager. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.58.46

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatsse­kretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin sehr froh, dass wir diesen Punkt hier noch diskutieren können, hat es doch heute schon den Antrag der „vereinigten“ Opposition auf Absetzung von der Tagesordnung gegeben. Hier wird bis Ende März mit einer Pauschalblockade über alles drübergefahren. (Zwischenrufe sowie ironische Heiterkeit bei FPÖ und BZÖ.) Das erste Opfer ist die Verankerung der Kinderrechte in der Bundesverfassung. (Beifall bei der ÖVP.)

Ausgangspunkt für das jetzige Bundesverfassungsgesetz der Kinderrechte war der so­genannte „Fiedler-Entwurf“ aus dem Österreich-Konvent, lange diskutiert und breit ge­tragen. Der Text enthält jene Kinderrechte, die auch im Verfassungsentwurf Erwäh­nung finden. Die wichtigsten Eckpunkte: Schutz und Fürsorge zum Wohle eines jeden Kindes, Recht auf Partizipation, das Kinderwohl als zentraler Maßstab für alles Han­deln.

Der Text enthält keine absoluten Grundrechte. Diese würden zur Symbolik verkom­men, weil sie praxisfremd sind. Die Kinderrechte des Bundesverfassungsgesetzes für Kinderrechte sind echte Grundrechte, keine bloßen Symbole. Jedes Kind kann sich durch seine gesetzlichen Vertreter auf sie berufen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 231

Nicht alle Themen sind jedoch verfassungsrechtlich regelbar: Es bedarf vielmehr guter, wenn auch nicht im Verfassungsrang stehender Gesetze für faire Lebensbedingungen für alle Kinder. Im Bereich der Bildung zum Beispiel gibt es in Österreich eine Ausbil­dungsgarantie bis zum 18. Lebensjahr, die Schulpflicht, freien Zugang zu den Kinder­gärten et cetera, im Bereich der Gesundheit das Sozialversicherungsrecht, den An­spruch auf Gesundheitsleistungen, Sozialhilfe et cetera.

Die Verfassungsverankerung der Kinderrechte ist im Hinblick auf die Verbesserung des Rechtsschutzes sowie die Stärkung der rechtlichen Stellung der Kinder absolut we­sentlich. Es wurde schon kritisiert, dass man zu lange für diesen Entwurf gebraucht hat. Nach vielen Jahren der Diskussion hätten wir nun eine Gesetzesvorlage im Haus, die es uns ermöglichen würde, die Kinderrechte in der Verfassung zu verankern, was doch von allen gewünscht ist.

Der Zeitpunkt – kurz vor dem Weihnachtsfest – könnte wohl nicht besser gewählt sein: Das Fest der Liebe, hier vielleicht als Hintergrund für die einen oder anderen Abge­ordneten, sich doch auch für die Rechte der Kinder einzusetzen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Uns von der ÖVP wurde heute schon bei einem anderen Tagesordnungspunkt schon vorgeworfen, keine Familienpartei zu sein. – Ich bitte jene Fraktion, die dieser Über­zeugung ist, uns zu beweisen, dass sie wirklich die bessere Familienpartei ist, denn Familie ist dort, wo Kinder sind. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Sie sind der Beweis, dass schon ... gewählt werden kann!)

Billige politische Scharmützel sollten Familienpolitiker von ihrer Zustimmung hier nicht zurückhalten! Und nun stehen wir vor der Abstimmung, und Sie fesseln sich mit einer unkonstruktiven Blockade, mit dem scheinheiligen Argument, dass Sie nur so Ihre par­lamentarischen Rechte durchsetzen können, indem Sie bei dieser Abstimmung dage­gen stimmen, was wohl nicht wirklich ein gutes Licht auf Ihre politische Kompetenz wirft. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bitte Sie, und hier vor allem die Jugendvertreter Ihrer Fraktionen, bei Ihrem Abstim­mungsverhalten nicht Ihrem Klubzwang zu erliegen und diesem Entwurf beizutreten. (Abg. Dr. Strutz: Den Klubzwang gibt es aber nur bei der ÖVP!)

Die Grünen haben hier schon eine Anlehnung an einen Slogan aus der Lotto-Werbung gemacht. Ich möchte das ergänzen: Wie heißt es im Lotto? Alles ist möglich! Machen Sie auch für unsere Kinder alles möglich! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

20.02


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. Ein­gestellte Redezeit: 20 Minuten. – Bitte.

 


20.02.48

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! So lange wird es nicht dauern, aber es war jetzt schon eine Sternstunde des Parlamen­tarismus, was uns hier von SPÖ und ÖVP geboten worden ist.

Herr Kollege – wie? Schmuckenschlager, oder? Wo ist er? (Abg. Dr. Sonnberger: Nicht den Namen verunglimpfen!) – Bitte? Nein, ich weiß es wirklich nicht! Da hinten: Schmuckenschlager, stimmt ja, nicht? – Du, reg dich lieber auf, wie unsachlich deine Abgeordneten reden, und nicht, ob ich den Namen da richtig ausspreche! Das wäre wichtiger! (Beifall bei BZÖ, FPÖ und Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das ist ja ungeheuerlich: Wir diskutieren hier über ein wichtiges Kontrollinstrument, einen Untersuchungsausschuss, von dem wir alle gemeinsam gesagt haben: Es ist jetzt wichtig, dass wir die größten Skandale in der Geschichte der Zweiten Republik un-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 232

tersuchen! (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ihr würgt das ab, und dann regt ihr euch hier auf, dass wir das irgendwie junktimieren?! – Das ist ja ungeheuerlich! (Beifall bei BZÖ, FPÖ und Grünen. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Kopf: Das ist ja wie ein Kabarett! Das ist ja wie ein Theater!)

Und dann geht ein Abgeordneter, wie immer er heißt – damit ich ihn nicht verunglimp­fe –, noch hier herunter und liest Beschimpfungen in Richtung Opposition vor. – Also so etwas hat man ja wirklich noch nicht erlebt im Hohen Haus, meine Damen und Her­ren! Einzigartig, einzigartig!

Dieser Abgeordnete redet von Gewissensfreiheit. – Weiß er noch, was sich bei der ÖVP beim ersten Tagesordnungspunkt hier mit dem Klubzwang abgespielt hat? (Zwi­schenruf des Abg. Dr. Strutz.) Die Abgeordneten sagen uns in den Bänken: Wir wür­den ohnehin gerne dagegen stimmen, aber wir haben den Klubzwang; wir müssen dafür stimmen. – Meine Damen und Herren, das ist die Realität! Das ist die Realität! (Beifall bei BZÖ, FPÖ und Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Bleiben Sie da oben sitzen, wenn Sie hier Wasser predigen und Wein trinken, im wahrsten Sinne des Wortes! (Abg. Kopf: Sag einmal, nimmst du dich überhaupt selbst noch ernst?)

Aber jetzt zur SPÖ. Es ist natürlich schon lustig, meine Damen und Herren, wenn da die Abgeordneten, der Herr Wittmann – jetzt macht er sich gerade wieder breit, der Herr Wittmann – und die Frau Abgeordnete Lueger, herauskommen und mit dem Ver­fassungskonvent argumentieren. – Na, so etwas habe ich ja überhaupt ... Nein, haben wir schon gehört, aber man möchte ja nicht glauben, dass es noch immer gemacht wird! (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.)

19 Monate lang sind wir – nicht nur wir Abgeordnete; Experten, Professoren, auch der SPÖ – im Verfassungskonvent gesessen und haben versucht, eine wirklich neue, eine moderne Bundesverfassung zusammenzubringen, und da haben selbstverständlich auch die Kinderrechte und die sozialen Grundrechte eine wichtige Debatte dargestellt. Wir haben da versucht, einen Konsens zu finden, und Ihr Abgeordneter Kostelka war es, der mit Ordern der Parteizentrale der SPÖ aus der Löwelstraße gekommen ist. Von dort sind dauernd die Njets gekommen. Und dann hat er immer versucht, das Rädchen noch weiter zu drehen.

Kostelka hat gesagt, er würde gerne zustimmen, aber es gibt ja keine sozialen Grund­rechte. Wir haben gesagt: Ja natürlich, auch wir wollen die sozialen Grundrechte! Dann hat er gesagt, schön und gut, aber er kann noch immer nicht zustimmen, weil die Durchsetzbarkeit nicht gegeben ist. Da haben wir gesagt, die Durchsetzbarkeit werden wir auch noch machen. Dann hat er nichts mehr einzuwenden gewusst und hat gesagt, er würde ganz gerne zustimmen – aber dann kam aus der Löwelstraße das Njet für das gesamte Projekt.

Argumentieren Sie hier nicht mit Teilbereichen aus dem Verfassungskonvent! Sie ha­ben aus parteipolitischen Gründen diese moderne Verfassung verhindert! Das war die Realität! (Beifall und Bravorufe beim BZÖ sowie Beifall bei FPÖ und Grünen.) – Wir ha­ben es versucht!

Herr Kollege Wittmann, wenn du herauskommst, wunderbar, aber lesen sollte man we­nigstens können, denn es war nicht einmal so, dass dieser Konsens ident ist, der ge­standen ist. Es waren ja keine Beschlüsse, sondern man hat gesagt, okay, wenn nicht mehr geht, würden wir dem zustimmen, wenn allem anderen zugestimmt wird, damit wir eine Gesamtlösung erreichen. Das ist ja nicht einmal wortident! Aber die SPÖ hat mit ihrem Njet aus der Löwelstraße die Gesamteinigung verhindert.

Nun hier herzugehen und bezüglich der Teilkompromisse zu sagen: Ihr habt ja zuge­stimmt, und deshalb ist dieses Herausgelöste jetzt selbstverständlich auch konsen-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 233

sual!, das ist wirklich doppelbödig, meine Damen und Herren! In Wahrheit ist das ein Treppenwitz! Ihr habt es zu verantworten, diese moderne Verfassung nicht beschlos­sen zu haben. Hier herauszugehen und mit der Vergesslichkeit der Bevölkerung, viel­leicht auch mancher Abgeordneter, zu arbeiten, das ist mehr als durchsichtig!

Kümmert euch darum, dass wir hier im Hohen Haus wieder demokratische Zustände haben, und schämt euch dafür, dass ihr aus parteipolitischen Gründen diesen wirklich schönen Entwurf der neuen Bundesverfassung verhindert habt! (Beifall bei BZÖ, FPÖ und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Wittmann.)

20.07


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Wittmann zu Wort gemeldet. Ich erinnere an die einschlägigen Be­stimmungen der Geschäftsordnung und erteile ihm das Wort. (Oje-Rufe beim BZÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Wiener Neustadt, schau owa!)

 


20.07.42

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Ich berichtige tatsächlich. Herr Abgeordneter Scheibner hat behauptet, dass wir die Ergebnisse des Konvents abgelehnt haben. – Das ist unrichtig!

Wir haben die Ergebnisse des Konvents anerkannt, wir haben lediglich die Fleißaufga­be des Herrn Fiedler, nämlich einen Verfassungsentwurf, der nicht vom Auftrag um­fasst war, abgelehnt – aber die Ergebnisse des Konvents haben wir befürwortet. (Hefti­ge Zwischenrufe beim BZÖ.)

Dazu gehört auch der Beschluss des Präsidiums, dem Sie angehört haben. Sie haben das genauso beschlossen wie Frau Mag. Glawischnig, inhaltlich und tatsächlich! Die Protokolle lügen nicht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist keine tatsächliche Berichtigung, das ist eine tatsächliche Bestätigung! Jetzt wird es peinlich auch noch! – Abg. Scheibner: Verhindert habt ihr es! – Abg. Dr. Rosenkranz: ... tat­sächliche Peinlichkeit in der Geschäftsordnung! – Weitere Zwischenrufe bei BZÖ, FPÖ und Grünen.)

20.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzte Rednerin hiezu zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Steßl-Mühlbacher. 2 Minuten eingestellte Redezeit. – Bitte.

 


20.08.38

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ja, eine unendliche Geschichte könn­te heute womöglich zu einem Abschluss gebracht werden. Eigentlich müsste dieser heutige Tag in die Geschichte eingehen (Abg. Ing. Westenthaler: Ja, er geht auch darin ein: drei Abstimmungsniederlagen!): Endlich könnten die Kinderrechte in die Ver­fassung aufgenommen werden. – Dies wäre ein erster, aber wichtiger Schritt.

Ja, eigentlich wäre es ein Tag, an dem man Geschichte schreiben könnte, wäre da nicht die Totalblockade der Opposition. (Abg. Scheibner: Die Rede hat Ihnen ... Herr Schmuckenschlager ...!) Ablehnen, auch wenn es überhaupt nichts mit der Sache, mit dem Inhalt zu tun hat. Jeder hat eben seinen kleinen Sandspielplatz: Gibst du mir dein Schauferl nicht, dann gebe ich dir meines nicht! (Beifall bei der SPÖ. – Rufe beim BZÖ: Das war der Gusenbauer!) – Auf Spielplätzen ist das vielleicht eine legitime Reaktion, aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind ja hier im Hohen Haus!

Scheinargumente und Blockaden bestimmen die Tagesordnung. Sachlichkeit ist hier gefragt, meine Damen und Herren, und diese Aufforderung gilt dem BZÖ, der FPÖ so­wie auch den Grünen. Unsere Aufgabe ist es, im Sinne Österreichs und im Sinne der Wähler und Wählerinnen rechtsstaatlich zu arbeiten (Zwischenrufe bei der FPÖ) und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 234

ein wichtiges Thema wie die Verankerung der Kinderrechte in der Verfassung nicht zu einer billigen Politshow verkommen zu lassen. Inhalt, Sachlichkeit, Gerechtigkeit: das sind wir den Österreicherinnen und Österreichern und vor allem unseren Kindern schuldig, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Ab­geordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei Grünen und BZÖ.)

Noch haben Sie die Chance, Inhalte vor persönliche Befindlichkeiten zu stellen und mit Ihrer Stimme den ersten Schritt in die richtige Richtung in Bezug auf die Kinderrechte zu gehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, gehen Sie diesen Weg mit uns! Treffen Sie eine staatsbürgerliche Entscheidung, und hören Sie auf, politisches Kleingeld zu wech­seln! – Danke. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ sowie Beifall bei der ÖVP.)

20.10


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als weiterer Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte. (Abg. Grillitsch  in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Pilz –: Auch wieder da? Aus­geschlafen? – Oje-Rufe und weitere Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

 


20.10.48

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Herzlichen Dank für die freundliche Begrüßung! Ich glaube, wir brauchen einen neuen Untersuchungsausschuss, um herauszufinden, warum, nachdem alle Parteien erklärt haben, sie wollten den Ergebnissen des Kon­vents zustimmen, die Resultate dieses Konvents nicht beschlossen werden konnten und seine Ergebnisse nicht Gesetze geworden sind. (Abg. Scheibner: Der Fiedler war schuld!) Die ÖVP war dafür, die SPÖ macht sogar eine tatsächliche Berichtigung und war auch dafür – alle waren dafür! Es hat eine 100-Prozent-Mehrheit gegeben, und ir­gendeine geheimnisvolle Macht in diesem Hause hat ein 100-Prozent-Verfassungsun­ternehmen zu Fall gebracht. (Die Abgeordneten Mag. Stadler und Ing. Westenthaler: Der Fiedler war schuld!)

Herr Kollege von der SPÖ oder Frau Kollegin von der ÖVP! Glauben Sie wirklich, dass Ihnen das noch irgendjemand glaubt? Glauben Sie wirklich, dass Ihnen noch irgendwer glaubt, dass es Ihnen um Kinderrechte geht? (Beifall bei Grünen, FPÖ und BZÖ.) Glauben Sie, dass Ihnen noch irgendwer glaubt, dass es um die Verfassung geht? Glauben Sie, dass Ihnen noch irgendwer glaubt, dass es um das Parlament geht?

Sie von ÖVP und SPÖ machen uns jetzt einen Vorschlag (Zwischenrufe bei der ÖVP): Wir bieten euch an, Kinderrechte gegen Kontrollrechte abzutauschen. (Abg. Mayer­hofer: Genau!) – Das ist ja wirklich außergewöhnlich (Ruf bei der ÖVP: Blau-Grün!): Die Opposition soll sich zwischen Kinderrechten und Kontrollrechten entscheiden?! (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das einzige Glück bei diesem wirklich unverschämten Vorschlag ist, dass Ihr Entwurf dafür, die Kinderrechte in der Verfassung zu verankern, schon von der Sache her der­maßen unzumutbar ist, dass wir uns gar nicht überlegen müssen, ob uns Kinderrechte oder Kontrollrechte wichtiger sind. Selbstverständlich ist beides gleich wichtig für Abge­ordnete, die die Interessen der Menschen nicht nur im Klub der SPÖ und der ÖVP, sondern draußen in dieser Republik wirklich ernst nehmen – und darum geht es.

Wir brauchen mehr Rechte des Parlaments, um bessere Gesetze machen zu können! Wir brauchen ein Arbeitsparlament, das nicht am Nasenring der Österreichischen Volkspartei geführt wird! (Beifall bei Grünen, FPÖ und BZÖ. – Abg. Hornek: ... des Herrn Pilz und des Herrn Stadler!) Wir brauchen eine Regierung, die mit der Opposition Verfassungsgesetze verhandelt und gezwungen wird, auf die Verbesserungsvorschlä­ge der Opposition einzugehen!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 235

Sie haben heute eines gemerkt: Zum ersten Mal hat Ihre Ministerblockade und Kon­trollblockade Konsequenzen. Sie kommen nicht mehr durch! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie haben heute Verfassungsgesetz-Abstimmungsniederlagen erlebt, die ein Vorgeschmack sind auf ein künftiges Parlament. Das ist keine Drohung, sondern das ist ein Wunsch für die Zukunft. Sie lernen jetzt zum ersten Mal ein lebendiges Parla­ment kennen, das sich zur Wehr setzen will und zur Wehr setzen kann, wenn eine
26-Prozent-Partei glaubt, diesem Parlament alles diktieren zu können. (Abg. Dr. Sonn­berger: 35 Prozent! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Diese Zeiten, Herr Kollege Kopf, Herr Kollege Schüssel und so weiter, sind in diesem Haus vorbei! (Beifall bei Grünen, FPÖ und BZÖ.)

Ab jetzt gibt es hier ein Parlament auf Augenhöhe, ein Parlament, das sich von den Regierungsparteien nichts mehr bieten lässt, ein Parlament, das sich deutlich vom Zu­stand der SPÖ unterscheidet!

Und meine letzte Hoffnung, die ich jetzt äußern will, ist: Auch die SPÖ hat eine Chance, an diesem neuen Parlament zu genesen. Und mit diesem Genesungswunsch möchte ich meine kurzen Ausführungen beschließen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Neugebauer: Hatschi! Dass ihr nicht einen Schnupfen kriegt!)

20.14

20.14.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Zunächst ist über die vorliegenden Rückverweisungsanträge abzustimmen.

Betreffend den Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem ein Bundesverfas­sungsgesetz über die Rechte von Kindern erlassen wird, in 528 der Beilagen liegen ein Rückverweisungsantrag der Abgeordneten Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Rückverweisungsantrag der Abgeordneten Bucher, Mag. Stefan, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich lasse sogleich darüber abstimmen, diesen Gesetzentwurf in 528 der Beilagen nochmals an den Verfassungsausschuss zu verweisen.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Somit abgelehnt.

Hinsichtlich der Petition 19/PET liegt ein Rückverweisungsantrag der Abgeordneten Bucher, Mag. Stefan, Kolleginnen und Kollegen vor.

Wer dem Antrag, die Petition 19/PET nochmals an den Verfassungsausschuss zu ver­weisen, die Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein Zeichen. – Auch das ist die Min­derheit. Somit abgelehnt.

Schließlich liegt hinsichtlich des Antrages 65/A(E) ein Rückverweisungsantrag der Ab­geordneten Bucher, Mag. Stefan, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich lasse sogleich darüber abstimmen, den Antrag 65/A(E) nochmals an den Verfas­sungsausschuss zu verweisen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen. – Auch das ist die Minderheit. Somit abgelehnt.

*****

Wie in der Tagesordnung vorgesehen, gelangen wir nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 236

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesverfassungsge­setzes, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern erlassen wird, in 528 der Beilagen.

Da es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um ein Bundesverfassungsgesetz handelt, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen An­zahl der Abgeordneten fest.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden. Da dieses Verlangen von 20 Abge­ordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe da­her so vor.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordneten­pulte und tragen den Namen der Abgeordneten sowie die Bezeichnung „Ja“ – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise „Nein“ – das sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Entwurf eines Bundesverfassungsgeset­zes, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern erlassen wird, stimmen, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich bitte nunmehr den Herrn Schriftführer, Herrn Abgeordneten Zanger, mit dem Na­mensaufruf zu beginnen. Er wird dann von Kollegin Lohfeyer abgelöst. – Bitte.

(Über Namensaufruf durch den Schriftführer Zanger beziehungsweise durch die Schriftführerin Mag. Lohfeyer werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)

20.20.01

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Danke. Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht des Schriftführers und der Schriftführerin die Stimmenauszählung vornehmen.

Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

*****

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenauszählung vor. – Die Sitzung wird
um 20.24 Uhr unterbrochen und um 20.32 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 168; davon „Ja“-Stimmen 100; „Nein“-Stimmen 68.

Der vorliegende Gesetzentwurf wurde nicht mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen. (Oje-Rufe beim BZÖ.)

Es liegt somit kein Gesetzesbeschluss des Nationalrates im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung vor. (Beifall und Bravorufe beim BZÖ.)

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 237

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Amon, Aubauer, Auer Jakob, Auer Josef;

Bayr, Becher, Binder-Maier;

Cap, Cortolezis-Schlager, Csörgits;

Donabauer Karl, Donnerbauer Heribert;

Eßl;

Fazekas, Franz, Fürntrath-Moretti;

Gahr, Gartlehner, Gessl-Ranftl, Glaser, Grillitsch, Großruck;

Haberzettl, Hagenhofer, Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Haubner Peter, Hechtl, Heinzl, Hell, Höfinger, Höllerer, Hörl, Hornek;

Ikrath;

Jarolim;

Kaipel, Kapeller, Karl, Katzian, Keck, Kirchgatterer, Klikovits, Köfer, Königsberger-Lud­wig, Kopf, Kößl, Krainer, Kräuter, Krist, Kuntzl, Kuzdas;

Lapp, Lettenbichler, Lipitsch, Lohfeyer, Lueger Angela;

Maier Johann, Matznetter, Mayer Elmar, Mayer Peter, Molterer, Muchitsch, Muttonen;

Neugebauer Fritz;

Oberhauser, Obernosterer;

Pack, Pendl, Plessl, Prammer, Praßl, Prinz;

Rädler Johann, Rasinger, Riepl, Rudas;

Sacher, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger Bernd, Schönpass Rosema­rie, Schopf, Schultes, Silhavy, Singer, Sonnberger, Spindelberger, Stauber Peter, Steibl Ridi Maria, Steier, Steindl Konrad, Steßl-Mühlbacher, Stummvoll;

Tamandl;

Weninger Hannes, Wittmann Peter, Wöginger, Wurm.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Belakowitsch-Jenewein, Brosz Dieter, Brunner, Bucher Josef;

Deimek, Dolinschek, Doppler;

Fichtenbauer;

Gartelgruber, Glawischnig-Piesczek, Gradauer, Graf, Grosz;

Hagen, Haider, Haubner Ursula, Herbert Werner, Höbart Christian, Huber Gerhard, Hübner Johannes;

Jarmer, Jury;

Karlsböck, Kickl, Kitzmüller, Kogler, Königshofer, Kunasek, Kurzmann;

Lausch, Lichtenecker, Linder, List, Lugar Robert;

Markowitz, Mayerhofer, Moser, Mühlberghuber, Musiol;

Neubauer Werner;

Öllinger;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 238

Petzner, Pilz, Pirklhuber;

Rosenkranz;

Schatz, Scheibner, Schenk, Schwentner, Spadiut, Stadler, Stefan, Steinhauser, Stra­che, Strutz;

Tadler Erich, Themessl;

Vilimsky, Vock;

Walser, Weinzinger Lutz, Westenthaler, Widmann Rainer, Windbüchler-Souschill, Windholz, Winter;

Zanger, Zinggl.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend „6 aus 45“ ist zu wenig – alle Kinderrechte in die Verfassung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses, seinen Bericht 529 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschus­ses, seinen Bericht 530 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Angenommen.

20.34.0041. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (472 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Datenschutzge­setz 2000 und das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden (DSG-Novelle 2010) (531 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nunmehr zum 41. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zum Wort gemeldet ist als Erster Herr Abgeordneter Herbert. Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


20.34.32

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätz­te Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Die FPÖ steht dieser DSG-Novelle 2010 grundsätzlich sehr positiv gegenüber. Auch wenn der Forderung nach einem betriebli­chen Datenschutzbeauftragten, die von vielen Seiten erhoben wurde und die auch im Datenschutzrat ein wesentliches Diskussionselement war, schlussendlich nicht ent­sprochen wurde, halten wir diese DSG-Novelle für eine sinnvolle Weiterentwicklung der bisherigen Datenschutzbestimmungen. (Vor der ersten Reihe des ÖVP-Sektors spre­chen Abgeordnete mit dem Rücken zum Rednerpult miteinander.)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 239

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Entschuldigen Sie, Herr Kollege Herbert! Darf ich das Auditorium bitten, dem Redner die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken! (Die be­treffenden Abgeordneten wenden sich wieder dem Redner zu.)

Bitte setzen Sie mit Ihrer Rede fort, Herr Abgeordneter Herbert!

 


Abgeordneter Werner Herbert (fortsetzend): Danke, Herr Präsident! – Ich darf auf die neuen Bestimmungen verweisen, und zwar darauf, dass nun Gesetzgebung und Voll­ziehung zur Gänze Bundessache ist, dass es verbesserte und präzisere Regelungen im Beschwerdeverfahren gibt, nämlich in Bezug auf die Datenschutzkommission, und dass damit eine Verbesserung der Rechtsschutzsituation eintritt.

Eine wesentliche Neuerung ist die Regelung der Videoüberwachung, wo eine Melde­pflichtkennzeichnung besteht. Mit der Regelung der Verwendung von Videoanlagen geht eine genaue Bestimmung hinsichtlich der Aufzeichnung und Löschung der damit aufgezeichneten Daten einher.

Allerdings – und das ist auch an dieser Stelle festzuhalten – erfordert die Beschlussfas­sung dieser Gesetzesmaterie, wie Sie wahrscheinlich alle wissen werden, eine Zwei­drittelmehrheit, und ich darf an dieser Stelle auf die Vorkommnisse im Untersuchungs­ausschuss verweisen, wo wir als Oppositionsparteien übereinstimmend vereinbart ha­ben, dass wir den Zweidrittel-Materien in Zukunft keine Zustimmung erteilen werden, und ich glaube, es wird Sie wenig überraschen, dass sich auch die FPÖ bei dieser Sa­che daran halten wird. – Danke. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

20.36


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Maier. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.37.03

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Uns liegt nun die erste umfassende Novelle des Datenschutzgesetzes seit dem Jahr 2000 vor, die auch Verfassungsbe­stimmungen enthält. Ich bedaure es, dass es diesbezüglich zu keiner Einigung gekom­men ist, und werde daher einen Abänderungsantrag einbringen.

§ 1 des Datenschutzgesetzes regelt das Grundrecht auf Datenschutz. Es ist eine Ver­fassungsbestimmung. Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allge­meinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffe­nen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

Wir haben diese Bestimmung geändert aufgrund der Kritik vonseiten der NGOs, und ich bedaure es, dass es heute hier zu keinem gemeinsamen Vorgehen kommt.

Ich möchte eines klarstellen: Dieses Grundrecht auf Datenschutz ist auch von Abge­ordneten dieses Hauses zu respektieren und einzuhalten. Es ist nicht zu akzeptieren, wenn ein Abgeordneter dieses Hauses, der auf der einen Seite einen Überwachungs­staat unterstellt, auf der anderen Seite massiv gegen dieses Grundrecht verstößt.

Kollege Pilz, ich halte es für unerträglich, wenn gegen unbescholtene Personen im Rahmen eines Blogs die Privatsphäre verletzt wird, wenn Menschen, gegen die keine Anklage erhoben wurde, an den Pranger gestellt werden.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir den Datenschutz ernst nehmen, dann müssen wir auch im eigenen Bereich schauen, dass wir diese Be­stimmungen einhalten. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 240

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bringe nun den Abände­rungsantrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Dr. Peter Sonnberger und Kollegen ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Dr. Peter Sonnberger und Kolleginnen und Kol­legen

eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 41: Bericht des Verfas­sungsausschusses über die Regierungsvorlage (472 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Datenschutzgesetz 2000 und das Sicherheitspolizei­gesetz geändert werden (DSG-Novelle 2010) (531 d.B.)

*****

Mit diesem Abänderungsantrag werden alle verfassungsrelevanten Bestimmungen ge­strichen, da es bedauerlicherweise in diesem Hause keine Zweidrittelmehrheit gibt.

Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir werden mit dem Lissabon-Vertrag und mit dem Stockholm-Programm vor neuen Herausforderungen stehen, und ich hof­fe, dass es auf Sozialpartnerebene gelingt, die Fragen des Arbeitnehmerdatenschut­zes, die immer mehr an Bedeutung gewinnen, zu lösen, damit wir hier klare Bestim­mungen mit einem betrieblichen Datenschutzbeauftragten bekommen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.40


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ob seines Umfanges gemäß § 53 Abs. 4 Geschäftsordnungsgesetz bereits an die Abge­ordneten verteilt sowie in seinen wesentlichen Grundzügen erläutert worden und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Dr. Peter Sonnberger und KollegInnen

eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 41: Bericht des Verfas­sungsausschusses über die Regierungsvorlage (472 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Datenschutzgesetz 2000 und das Sicherheitspoli­zeigesetz geändert werden (DSG-Novelle 2010) (531 d. B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (472 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Datenschutzgesetz 2000 und das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden (DSG-Novelle 2010) (531 d. B.), wird wie folgt geändert:

1. Der Titel lautet:

„Bundesgesetz, mit dem das Datenschutzgesetz 2000 und das Sicherheitspolizeige­setz geändert werden (DSG-Novelle 2010)“

2. Artikel 1 des Ausschussberichtes entfällt. Die bisherigen Artikel 2 und 3 erhalten die Bezeichnungen 1 und 2.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 241

3. Die Promulgationsklausel des nunmehrigen Artikel 1 lautet:

„Das Datenschutzgesetz 2000 – DSG 2000, BGBl. I Nr. 165/1999, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. xxx/2009, wird wie folgt geändert:“

4. Die Z 2 (Änderung der Überschrift zu § 4 DSG 2000 im Inhaltsverzeichnis), 7 (Entfall von § 58 DSG 2000 im Inhaltsverzeichnis), 8 bis 16 (Entfall der Artikelgliederung
des DSG 2000 sowie Änderungen in den Verfassungsbestimmungen der §§ 1 bis 3 DSG 2000), 17 (neue Überschrift zu § 4 und Einführung einer Absatzbezeichnung,) 26 (neuer § 4 Abs. 2), 66 und 67 (Änderungen des § 38 Abs. 1 DSG 2000), 92 (Aufhe­bung von § 58 DSG 2000) sowie 93 (neuer § 60 Abs. 4 DSG 2000) im nunmehrigen Artikel 1 des Ausschussberichtes entfallen.

5. Die in Z 28 im nunmehrigen Artikel 1 des Ausschussberichtes enthaltene Änderung des § 8 Abs. 2 DSG 2000 entfällt. Stattdessen wird in § 8 Abs. 2 zweiter Satz das Wort „solcher“ durch die Wortfolge „zulässigerweise veröffentlichter“ ersetzt.

6. Der in Z 94 im nunmehrigen Artikel 1 des Ausschussberichtes enthaltene § 60 Abs. 5 DSG 2000 lautet:

„(5) Das Inhaltsverzeichnis, § 4 Abs. 1 Z 4, 5, 7 bis 9, 11 und 12, § 8 Abs. 1, 2 und 4, § 12 Abs. 1, die Umnummerierung der Absätze in § 13, § 16 Abs. 1 und 3, § 17 Abs. 1, 1a und 4, § 19 Abs. 1 Z 3a und Abs. 2, die Umnummerierung der Absätze in § 19, die §§ 20 bis 22a samt Überschriften, § 24 Abs. 2a, § 24 Abs. 4, § 26 Abs. 1 bis 8 und 10, § 28 Abs. 3, § 30 Abs. 2a, 5 bis 6a, die §§ 31 und 31a samt Überschriften, § 32 Abs. 1, 4, 6 und 7, § 34 Abs. 1, 3 und 4, § 36 Abs. 3, 3a und 9, § 39 Abs. 5, § 40 Abs. 1 und 2, § 41 Abs. 2 Z 4a, § 42 Abs. 1 Z 1, § 42 Abs. 5, § 46 Abs. 1 Z 2 und 3, Abs. 2 bis 3a, § 47 Abs. 4, § 49 Abs. 3, § 50 Abs. 1 bis 2a, der 9a. Abschnitt, § 51, § 52 Abs. 2 und 4, § 55, § 61 Abs. 6 bis 9 sowie § 64 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2009 treten mit 1. Jänner 2010 in Kraft. Gleichzeitig treten § 4 Abs. 1 Z 10, § 13 Abs. 3 sowie § 51 Abs. 2 außer Kraft.“

Begründung:

Zu den Z 1, 2 und 4 bis 6:

Im Hinblick auf die fehlende Zweidrittelmehrheit hätten die Verfassungsbestimmungen zu entfallen. Darauf aufbauende Bestimmungen wären entsprechend anzupassen.

Zu Z 3:

Als letzte Änderung wäre das Eingetragene Partnerschaft-Gesetz – EPG, das unter an­derem auch eine Änderung des DSG 2000 enthält, zu zitieren. Im Übrigen reicht in der Promulgationsklausel nach geltenden legistischen Standards die Bezeichnung der ge­änderten Rechtsvorschrift vor dem Kurztitel.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. Einge­stellte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


20.40.51

Abgeordneter Christoph Hagen (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatsse­kretär! Hohes Haus! Grundsätzlich könnten wir diesem Gesetz zustimmen. Ich betone: Grundsätzlich! Der Inhalt ist in Ordnung, darüber könnte man mit uns vom BZÖ locker reden!

Sie wissen aber, dass es sich um eine Verfassungsbestimmung handelt, und so lange SPÖ und ÖVP die Opposition hier mit Füßen treten, wird das BZÖ diesen Verfas­sungsbestimmungen nicht zustimmen. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

20.41



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 242

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Donabauer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.41.29

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Das ist Ihre Entscheidung, sagten Sie, und Sie wer­den sich auch daran halten. Ob das auch zu verantworten ist, ist eine andere Frage!

Datenschutz ist nämlich meiner Meinung nach etwas, das in Wirklichkeit jeden Bürger berührt. Es ist dies also gewissermaßen ein Grundrecht.

Es gibt verschiedene Probleme, die man nun beseitigen möchte. Diese Probleme sind in den vergangenen Jahren bei der Vollziehung datenschutzrechtlicher Bestimmungen aufgetreten. Die letzte Novelle stammt aus dem Jahr 2000, und deshalb war eine Über­arbeitung und Neuausrichtung zwingend notwendig.

Unter anderem sieht der Gesetzentwurf vor, die Zuständigkeit für die Gesetzgebung und Vollziehung des Datenschutzes zur Gänze dem Bund zu übertragen. Damit ist an­zunehmen, dass den Ländern natürlich auch erhebliche Ausgaben und Kosten erspart bleiben und es zu einer verbesserten Abstimmung im Prozesslauf kommt. Weiters ist vorgesehen, das Grundrecht auf Datenschutz in eine sprachlich verbesserte Form zu fassen, das Datenschutzgesetz um detaillierte Regelungen hinsichtlich der Zulässigkeit von Videoüberwachung durch Private zu ergänzen, den Rechtsschutz durch eine prä­zise Regelung des Beschwerdeverfahrens vor der Datenschutzkommission zu verbes­sern, das Registrierungsverfahren für die Datenanwendung zu vereinfachen und Unter­nehmungen die Möglichkeit verbindlicher einseitiger Erklärungen einzuräumen.

Gleichzeitig sind verschärfte Sanktionen bei der Vernachlässigung der Meldepflicht in Aussicht genommen. Für die Videoüberwachung gilt laut Gesetzentwurf, dass sie grundsätzlich einer Meldepflicht und einer Vorabkontrolle unterliegt und zudem dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen muss. Außerdem sind Anlagen zur Video­überwachung entsprechend zu kennzeichnen und aufgezeichnete Daten, sofern sie nicht für Beweis- beziehungsweise Schutzzwecke benötigt werden, innerhalb von 48 Stunden zu löschen. – Ich glaube, auch das ist ein sehr wichtiger und wesentlicher Ansatz.

Jeder Verwendungsvorgang ist zu protokollieren. Ausdrücklich untersagt ist die Video­überwachung an Orten, die zum höchstpersönlichen Lebensbereich eines Betroffenen zählen sowie zum Zweck der Mitarbeiterkontrolle an Arbeitsstätten. Weitergegeben werden können aufgezeichnete Daten, wenn der Verdacht auf eine von Amts wegen zu verfolgende, gerichtlich strafbare Handlung besteht.

Die Novelle ist gut vorbereitet und basiert auf praxisbezogenen Anwendungen im Da­tenschutzbereich. Wir haben somit auch einen Teil unseres Regierungsprogramms er­füllt. Es gibt in weiterer Folge eine Ausschussfeststellung, in der es vor allem darum geht, die Dienstnehmerinteressen in entsprechender Weise zu wahren. (Beifall bei der ÖVP.)

20.44


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Steinhau­ser. Eingestellte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


20.44.30

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist wieder ein Musterbeispiel dafür, wie man nicht zu einer Zweidrittelmehrheit kommt!

Das Datenschutzgesetz ist im Sommer dieses Jahres in Begutachtung gegangen. Dann hat man nichts mehr davon gehört. Im November hat es die Diskussionen um die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 243

Minderheitenrechte im Untersuchungsausschuss gegeben. Dann haben die Regie­rungsparteien im Blitzverfahren das Gesetz eingebracht. Es gab aber wieder keinen Gesprächskontakt mit den Oppositionsparteien, zumindest nicht mit den Grünen. Und jetzt liegt das Gesetz hier!

Anzunehmen, dass man uns zuerst ein halbes Jahr nicht kontaktiert und dass wir uns dann hinstellen und zustimmen, ist Illusion! Das hat gar nichts mit der Frage des Zwei­drittelmehrheitsboykotts im Zusammenhang mit dem Untersuchungsausschuss zu tun. Vielmehr ist es grundsätzlich politisch naiv, zu glauben, dass man so zu Verfassungs­mehrheiten kommt. Und das weiß die Bundesregierung! Offensichtlich war es aller­dings ein kalkuliertes Ziel, hier ein paar Gesetze politisch an die Wand zu fahren und dann draußen in der Öffentlichkeit herumzulaufen und zu verkünden, dass die Opposi­tion nicht ordentlich mitarbeitet.

Wir stimmen dem Gesetz, unabhängig von allen Boykottaufrufen, die es irgendwo ge­ben mag, nicht zu, weil dieses Gesetz den Herausforderungen nicht gerecht wird. Die private Videoüberwachung ist ein zunehmendes Problem. Was aber geschieht in die­sem Gesetz? – In diesem Gesetz wird dieser Wildwuchs einfach legitimiert, und es wird sich am Problem nichts ändern.

Das ist relativ leicht zu sehen, wenn man sich anschaut, was der Zweck der zulässigen Videoüberwachung ist, nämlich sämtliche rechtliche Sorgfaltspflichten. Das heißt, wenn ich ein Haus habe und Eigentümer eines Gehsteiges bin und eine Videokamera auf­hänge, um den Gehsteig zu beobachten, dann ist eine Videoüberwachung schon legiti­miert.

Nächster Punkt: Kein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse wird verletzt, wenn ein Verhalten gesetzt wird, das ohne jeden Zweifel den Schluss zulässt, dass es darauf gerichtet ist, öffentlich wahrgenommen zu werden. – Wenn ich also etwa über die Kärntner Straße gehe, ist das zweifelsohne der Fall. Damit setze ich schon ein Verhal­ten, das nicht schützenswert ist.

Im Hinblick darauf frage ich mich, wann dieses Gesetz überhaupt noch einen Schutz entfaltet! Es muss offensichtlich ins Schlafzimmer des Nachbarn gefilmt werden, damit man vom Gesetz geschützt wird!

Rechtsschutz ist überhaupt klein geschrieben. Wie jemand seine Kameras aufhängt, wird gar nicht kontrolliert. Im Bauverfahren gibt es eine Baubehörde, die kontrolliert, wie man baut, beziehungsweise einen Abbruchbescheid erlässt. Bei der Videoüberwa­chung ist jedoch alles anders. Niemand kontrolliert, wie jemand eine Kamera aufhängt, und wenn sie irgendwohin filmt, sagt niemand, dass das verboten ist. Der Einzelne muss dann zu Gericht laufen und eine Unterlassungsklage einbringen. So schlecht ist der Rechtsschutz ausgebaut!

In Wirklichkeit brauchen wir eine Behörde, die kontrolliert und gegebenenfalls auch das Abmontieren einer Videokamera, die verbotener Weise filmt, verlangt.

In diesem Sinne stimmen wir diesem Gesetz nicht zu. Das hat gar nichts mit der Zwei­drittelmehrheitsfrage im Untersuchungsausschuss zu tun. Das wäre ein zusätzliches Argument, greift aber in diesem Fall nicht.

Um es deutlich auszusprechen: Wenn ihr in drei Monaten kommt und möglicherweise der Untersuchungsausschuss und die Minderheitenrechte ausgeräumt sind, braucht ihr nicht glauben, dass ihr unsere Zustimmung bekommt, ohne dass verhandelt wird. Wenn ihr in drei Monaten kommt, dann kommt rechtzeitig und verhandelt mit uns! Zum Nulltarif gibt es nichts! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.48



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 244

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Maier zu Wort gemeldet. Ich erinnere an die einschlägigen Bestim­mungen der Geschäftsordnung und erteile ihm das Wort.

 


20.48.16

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Mein Vorredner, Abgeordneter Steinhau­ser, hat soeben dargelegt, dass es keinen Rechtsschutz gäbe und illegal aufgestellte Videoüberwachungsanlagen nicht beseitigt werden könnten.

Ich berichtige: Mit dieser Novelle wird erstens der Rechtsschutz durch die Daten­schutzkommission erhöht, und zweitens gibt es zum ersten Mal eine eigene gesetzli­che Regelung in § 52 Abs. 4, nach der der Verfall von Datenträgern und Programmen sowie Bildübertragungs- und Bildaufzeichnungsgeräten durch die zuständige Behörde ausgesprochen werden kann. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

20.48


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Staatssekretär Dr. Oster­mayer. – Bitte.

 


20.49.04

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich danke Herrn Abgeordnetem Maier für die tatsächliche Berichtigung. Ich danke auch Herrn Abgeordnetem Donabauer für das Lob für die gute Vorbereitung. Das reiche ich gerne an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bundes­kanzleramt weiter, die ja die Hauptarbeit geleistet haben!

Ich danke aber auch für die konstruktiven Ausführungen, zumindest von zwei der Op­positionsparteien. Ich finde es bedauerlich, dass den beiden Bestimmungen, bei wel­chen es einerseits um eine Kompetenzbereinigung, andererseits um die Neuformulie­rung des Grundrechts auf Datenschutz geht, nicht zugestimmt wird! Ich meine, es ist gut, dass wir die Punkte betreffend eine notwendige Neuregelung der Videoüberwa­chung, die wir im Regierungsprogramm vorgesehen haben, hier beschließen werden.

Noch ein Wort zu Herrn Abgeordnetem Steinhauser: Der Entwurf ist schon in der vori­gen Legislaturperiode in Begutachtung gegangen, und wir haben im Mai und im Juni dieses Jahres noch einmal ein Begutachtungsverfahren durchgeführt. Ich glaube, die­ses Gesetz ist wirklich sehr gut vorbereitet worden!

Zu den Regelungen selbst: Wir alle wissen, dass im Zusammenhang mit der Video­überwachung auf Grund der neuen Technologien und auch auf Grund des Umstandes, dass solche Anlagen natürlich wesentlich günstiger erworben werden können als frü­her, eine Neuregelung notwendig war. Wir haben uns im Wesentlichen an der Recht­sprechung der Datenschutzkommission und der Datenschutzbehörden orientiert. Trotz­dem war es sinnvoll, hier klare gesetzliche Regelungen zu treffen.

Wir haben versucht – und das war auch das Ergebnis der Begutachtungsverfahren –, einen entsprechenden Ausgleich und eine Balance zwischen den Geheimhaltungs­interessen, also dem Datenschutz, einerseits und dem Interesse der Überwachung an­dererseits zu finden. Es ist auch definiert, wo Überwachung zulässig und dass eine Videoüberwachung zu kennzeichnen ist. Außerdem wurde – gerade in Abwägung des Geheimhaltungsinteresses einerseits und der Notwendigkeit der Überwachung ande­rerseits – festgelegt, dass die Videoüberwachung das gelindeste Mittel zu sein hat. Es wurde also etwa festgelegt, dass Überwachung dort zulässig ist, wo Objekte bedroht sind, also beispielsweise in Bankfilialen, aber auch dort, wo es um Schutz vor Gefah­ren geht, also beispielsweise bei U-Bahn-Anlagen oder Eisenbahnanlagen.

Es wurde festgelegt, dass es keine Videoaufzeichnung im höchstpersönlichen Bereich geben darf. Weiters wurde festgelegt, dass keine Videoüberwachung von Arbeitneh-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 245

mern stattfinden darf. Und wir haben im Ausschuss auch festgelegt und mitgeteilt, dass hinsichtlich des Datenschutzes im Arbeitnehmerbereich Gespräche zwischen den So­zialpartnern stattfinden und diese eine Regelung treffen sollen, weil es einerseits zwar um datenschutzrechtliche Fragen, andererseits aber auch um arbeitsrechtliche Fragen und Arbeitnehmerschutzbestimmungen geht.

Wir haben auch festgelegt, dass innerhalb von 72 Stunden eine Löschungsverpflich­tung besteht, wobei bestimmte Ausnahmen dazu festgelegt wurden, etwa wenn die 72 Stunden an Sonn- und Feiertagen enden würden.

Insgesamt glaube ich – ich mache es kurz –, dass wir da eine sehr ausgewogene Re­gelung zwischen den unterschiedlichen Interessensphären getroffen haben. Wir haben auch im Sinne der Verwaltungsvereinfachung ein vereinfachtes Registrierungsverfah­ren, eine Online-Plausibilitätsprüfung, festgelegt. Andererseits haben wir aber auch eine Verstärkung der Kontrolle durch die Datenschutzkommission vorgesehen. – Ich glaube, dass hier eine sinnvolle Lösung getroffen wurde.

Ferner haben wir auch Regelungen betreffend Informationspflicht bei Missbrauch im Sinne des Interesses an Geheimhaltung von persönlichen Daten getroffen.

Ich glaube, dass das insgesamt eine sehr sinnvolle Lösung dieses Problems der zu­nehmenden Videoüberwachung ist, und ich bitte daher um möglichst breite Zustim­mung. Wie gesagt: Ich bedaure, dass die Regelung betreffend die Veränderung bezie­hungsweise Klarstellung der Kompetenzen und die verbesserte Formulierung respekti­ve Neuformulierung des Grundrechts auf Datenschutz leider nicht beschlossen werden wird. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.54


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile, bitte ich die Damen und Herren, die in einer größeren Ansammlung dem jeweiligen Redner den Rücken zeigen, die Gespräche eventuell draußen fortzuführen, aber auf jeden Fall hier einzustellen!

Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Becher. Eingestellte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


20.54.42

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Praxis zeigt, dass Videoaufzeichnungen vor al­lem im privaten Bereich zu Überwachungszwecken eingesetzt werden, und daher liegt der Schwerpunkt dieser Novelle auf der Regelung dieser personenbezogenen Daten, womit die Videoüberwachung jetzt auch im Sinne der EU-Richtlinie, an der sie sich ori­entiert, sowie anhand der bisherigen Rechtsprechung der Datenschutzkommission ge­regelt ist.

Videoaufzeichnungen sind datenschutzrechtlich besonders schutzwürdig, weil sie häu­fig besonders sensible Daten enthalten, und zwar sowohl den sichtbaren Gesundheits­zustand als auch die sexuelle Orientierung oder auch die ethnische Zugehörigkeit einer Person.

Videoüberwachung muss gekennzeichnet sein. Das haben meine Vorredner schon ge­sagt. Sie unterliegt der Meldepflicht. Ganz besonders wichtig für den betrieblichen Be­reich ist, dass die Kontrolle von Mitarbeitern verboten bleibt.

Private Videoüberwachung darf ausschließlich zum Schutz und zur Beweissicherung eingesetzt werden. In der Realität werden künftig überwachungswürdige Objekte legal überwacht werden. Entscheidend dabei ist aber jedenfalls, dass es eindeutig um die Abwehr eines drohenden Schadens für die Betroffenen geht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 246

Ich persönlich finde es besonders wichtig, dass die Kompetenzzersplitterung im Be­reich des Datenschutzes zugunsten einer vollständigen Bundeskompetenz beseitigt wird. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

20.56


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner hiezu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Königshofer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.56.37

Abgeordneter DDr. Werner Königshofer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen lehnen dieses Gesetz nicht nur aus Grün­den der Ihnen fehlenden Zweidrittelmehr ab, sondern wir lehnen es auch deshalb ab, weil es eine Lücke hat, und zwar eine riesengroße Lücke in der Datenüberwachung. Ich werde Ihnen sagen, warum.

Ein Freund von mir, ein Herr Grassmayr, der in Tauer in Tirol wohnt, beobachtet in letz­ter Zeit immer wieder Autos, die durch die Ortschaft fahren. Es ist dies einerseits ein Auto von Google, andererseits aber ein Auto der rumänischen Firma Nagy, und diese fotografieren und filmen den ganzen Ort, die Straßen und die Häuser und stellen die Bilder dann ins Internet. Sie können nachschauen auf der Internetseite der Firma Na­gy! Sie werden auch Wiener Straßenzüge sehen. Die Gesichter der Menschen oder die Autokennzeichen sind nicht vernebelt, es wird alles in diesen Städten und Gemeinden fotografiert oder gefilmt und ins Internet gestellt.

Meine Damen und Herren, dieser Herr Grassmayr hat sich dadurch in seinen Rechten benachteiligt gefühlt, hat an die Datenschutzbehörde und an die Volksanwaltschaft ge­schrieben und hat nach einiger Zeit folgendes Schreiben zurückbekommen – Zitat –:

Da in dem von Ihnen an die Volksanwaltschaft herangetragenen Fall sämtliche der so­eben genannten Voraussetzungen zutreffen, ist im konkreten Fall das Recht des Sitz­staates und damit rumänisches Datenschutzrecht anzuwenden. – Zitatende.

Meine Damen und Herren, wir sind hier in Österreich! Die Menschen haben hier im Lande ein Schutzbedürfnis! Das ist doch ein Witz, wenn man österreichische Staats­bürger, die sich in ihren Rechten eingeschränkt fühlen, nach Rumänien schickt, um dort ihr Recht durchzusetzen! (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, wenn ein englischer Autofahrer nach Österreich kommt, dann gilt für ihn die österreichische Straßenverkehrsordnung und nicht die englische Straßenverkehrsordnung mit der Linksfahrregelung! Und genauso muss es hier sein: Wenn ausländische Firmen hierher kommen, dann müssen sie, wenn sie unsere Stra­ßen und Häuser in den Gemeinden filmen oder fotografieren und vielleicht ausspionie­ren wollen, um Genehmigung ansuchen. Das ist die Lücke, die dieses Gesetz hat! Ich ersuche Sie, Herr Staatssekretär, und die Regierung, diese Lücke im Sinne der öster­reichischen Staatsbürger zu schließen! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

20.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer neuerlichen tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Maier zu Wort gemeldet. Er kennt die einschlägigen GOG-Bestimmungen. – Bitte.

 


20.59.17

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mein Vorredner hat von einer Über­wachungslücke gesprochen. – Das ist absolut unrichtig!

Richtig ist vielmehr, dass es die geltenden Bestimmungen des Datenschutzgesetzes bereits jetzt möglich machen, derartiges Abfilmen zu untersagen. Aus diesem Grund hat sich der Österreichische Datenschutzrat ...

20.59



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 247

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege Maier, das ist – eindeutig erkennbar – ein Redebeitrag, weil Sie eine Wertung zu berichtigen versuchen.

Ich bitte Sie daher, sich entweder neuerlich zu einem Redebeitrag zu Wort zu melden oder das Rednerpult zu verlassen. (Abg. Grosz: Oder zu lernen, wie das geht! Wei­tere Zwischenrufe beim BZÖ, darunter: Oder überhaupt das Haus zu verlassen!)

21.00.33

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? Das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Rückverweisungsantrag der Abge­ordneten Mag. Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen, nämlich den Entwurf eines Bun­desgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Datenschutzgesetz und das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden, 531 der Beilagen, nochmals an den Verfassungsausschuss zu verweisen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Rückverweisungsantrag zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 531 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Johann Maier, Dr. Sonnberger, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse zunächst über die von diesem Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betroffenen Teile des Gesetzentwurfes und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile abstimmen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf eine Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes sowie Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der ver­fassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Die Abgeordneten Mag. Johann Maier, Dr. Sonnberger, Kolleginnen und Kollegen ha­ben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesen Änderungen beitreten, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Ich stelle ausdrücklich fest, dass der Gesetzentwurf mit der Annahme dieser Abände­rungen keine Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes und keine Verfassungsbe­stimmungen mehr enthält.

Daher ist zur Annahme des Gesetzentwurfes gemäß § 82 Abs. 1 der Geschäftsord­nung nur die Anwesenheit von einem Drittel der Abgeordneten und die unbedingte Mehrheit der abgegebenen Stimmen für einen Beschluss erforderlich.

Wir kommen somit zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 248

21.03.2942. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (327 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 2006 geändert wird (532 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 42. Tagesordnungspunkt.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hübner. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.04.04

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Das, was ich hier mitgebracht habe (der Redner hält einen Stoß Schriftstücke in die Höhe), ist nicht mein Redemanuskript, das ist nicht mehr und nicht weniger als die Regierungsvorlage mit zwei Beilagen, nämlich dem vergleichen­den Text und den Erläuternden Bemerkungen – und das sagt schon mehr, als ich in 3 Minuten sagen kann, nämlich dass wir es hier mit einem bürokratischen Auswuchs ohnegleichen zu tun haben. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vor­sitz.)

Für die Korruptionsbekämpfung ist es sehr wichtig, Vergaberichtlinien zu haben, die ein sauberes Verwalten und Auftragvergeben ermöglichen. Aber es ist auch erforderlich, dass diese Bestimmungen für den mittleren und kleineren Unternehmer verständlich und ohne Beiziehung teurer Anwälte exekutierbar sind.

Das ist schon bisher nicht gegeben, und das wird weiter verschlimmert, weil die Ände­rungen, wenngleich sie auch EU-Vorgaben nachvollziehen, dazu führen, dass weitere netto zirka vier Textseiten dazukommen, dass Dinge jetzt weiter oder neu geregelt sind, bis zur Frage, wer was dem Bundeskanzler mitteilen muss.

Deshalb können wir die Änderung, wenngleich sie auch einige sinnvolle und günstige Bestimmungen, wie etwa die Erleichterung des Nachweises der Befähigung und der Eignung, enthält und wenngleich sie EU-Vorgaben erfüllt, so nicht akzeptieren.

Abschließend darf ich noch ein besonderes Schmankerl beifügen, denn wie alles, was in Gesetzesform erwachsen soll, ist diese Gesetzesvorlage ja vorab zu evaluieren – unter anderem ist ja auch zu evaluieren, welche Auswirkungen sie auf die betroffenen Personen hat.

Hier steht zum Beispiel:

Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Unternehmen:

Die vorgeschlagenen Änderungen bei der Vorlage von Eignungsnachweisen sowie der Einsicht in Unterlagen führen zu einer Verminderung der Verwaltungslasten für Unter­nehmen um etwa 12.607.863,70 Euro pro Jahr.“ – Wie das berechnet worden ist, möchte ich wohl wissen.

Noch besser sind aber die „Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit“. Hier steht nämlich:

„Das Regelungsvorhaben trägt zu einer Verringerung von Treibhausgasemissionen in Österreich bei.“ – Also wie ich allein das von mir ausgedruckte vorbereitete Konvolut einer Vernichtung zuführen will, ohne Treibhausgasemissionen zu verursachen, das möchte ich gerne wissen – und damit schließe ich auch meine Ausführungen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

21.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Witt­mann. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 249

21.06.33

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Staatssekretär! Ich will gleich an meinen Vorredner anschließen: Ich glaube schon, dass in diesem Gesetzentwurf einige sehr interessante Punkte enthalten sind, die insbesondere natürlich auch die Umwelt- und Energiepolitik betreffen (Abg. Dr. Kö­nigshofer: Was, auf 70 Seiten ...!), denn in Umsetzung der EG-Richtlinie, der soge­nannten „clean car“-Richtlinie, sind auch externe Umweltkosten, nämlich Energie- und Umweltbelastung, in die Ausschreibungen einzuarbeiten und zu berücksichtigen.

Das heißt, es ist nunmehr erforderlich und zwingend vorgeschrieben, dass man auch technische Spezifikationen in die Bundesvergabe aufnimmt, was eben Umweltbelas­tungen zurückdrängen soll. Ich halte das für richtig, und das hat auch Auswirkungen auf den CO2-Ausstoß – man muss es nur genau lesen, dann weiß man auch, warum.

Der zweite Punkt ist: Natürlich ändert sich das Bundesvergabegesetz auch deswegen, weil sich die Entscheidungen der Verfassungsgerichte und des EU-Gerichtshofs än­dern und letztendlich auch die EG-Richtlinien geändert werden.

Ich darf nur einige Punkte festhalten, die darin verwirklicht sind: Ganz besonders möchte ich auf das Projekt „Verwaltungskosten senken für Unternehmen“ verweisen. Es geht nur mehr die elektronische Übermittlung, nicht mehr die Übermittlung per Brief und Fax. Das sind Ersparnisse.

Weiters gibt es das System der Eigenerklärung: Der Unternehmer kann erklären, dass er die Kriterien erfüllt, und erst bei Bedarf und nach Aufforderung über den Ausschrei­ber muss er dann den entsprechenden Nachweis erbringen. Auch das sind Kosten­ersparnisse, denn derzeit muss er noch alles beilegen. Das sind Entlastungen für die Unternehmen.

Wir haben in diesem Gesetz festgelegt, dass betreffend die Vergabe von Dienstleistun­gen im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs diese EG-Richtlinie gilt, sodass auch da die Direktvergabe und die Einräumung von Dienstleistungskonzessionen er­möglicht wird.

Wir haben in einem weiteren Schritt versucht, die Kosten auch noch dadurch zu sen­ken, dass wir die Kosten bei Bekämpfung von Ausschreibungsunterlagen gesenkt ha­ben, um da zusätzliche Rechtssicherheit zu erreichen.

Es folgt noch die gesamte Umsetzung der EG-Richtlinie – und ich glaube, dass es ein vernünftiges Gesetz ist, das uns auch weiterhin beschäftigen wird, weil der Wandel einer der stetigen Begleiter dieses Gesetzes ist. (Beifall bei der SPÖ.)

21.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Dr. Zinggl. – Bitte.

 


21.09.32

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Staatsse­kretär! Meine Damen und Herren! Es gibt vier Gründe, warum wir diesem Gesetz nicht zustimmen wollen (Abg. Dr. Bartenstein: Vier gleich!), und wir haben zu allen vier Gründen gemeinsam einen Abänderungsantrag eingebracht. Wir wollten das auch im Ausschuss schon verhandeln, aber das war erfolglos.

Der erste Grund: Es gibt keine Möglichkeit, die Vergabe und die Beschaffung zwingend nach ökologischen und energieeffizienten Kriterien zu verfolgen. Das heißt also, wenn irgendeine Firma ökologisch besser anbieten würde, dann könnte sie die Bewerbungs­unterlagen und die Ausschreibungsunterlagen nicht beeinspruchen, und daher ist die Gesetzesvorlage natürlich aufgrund unserer Grundeinstellung zur Ökologie nicht wirk­lich annehmbar.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 250

Der zweite Grund: Niemand versteht, warum gesetzliche Interessenvertretungen wie zum Beispiel die Architektenkammer im Zusammenhang mit der Überprüfung der Aus­schreibungskriterien beziehungsweise auch deren Korrektur keine Möglichkeit auf ein Antragsrecht haben.

Der Abgeordnete Jarolim hat uns im Ausschuss gesagt – er wird das wahrscheinlich auch jetzt wiederholen –, dass die Interessenvertretungen an diesen Ausschreibungs­verfahren ja mit beteiligt sind. – Das ist richtig, aber das heißt ja nicht, dass nicht trotz­dem Fehler passieren können, und die Interessenvertretungen sind schließlich dafür da, dass sie bei solchen Beanstandungen jene, die betroffen sind, vertreten.

Ich glaube, dass das letztendlich auch sehr viele Kosten sparen würde und in der Auf­tragsvergabe zur Vermeidung von weiteren Fehlern führen könnte. Einzelne Anbieter können sich einen Einspruch von den Kosten her gar nicht leisten, vor allen Dingen auch nicht von den Folgen her, weil es ja durchaus sein könnte, dass keine Aufträge mehr nachfolgen, wenn sie einen Auslober kritisieren.

Das wäre jedenfalls relativ leicht zu verhindern, wenn es so etwas wie eine Anonymität der Wettbewerbe auch tatsächlich bis zur letzten Konsequenz gäbe. Das ist der dritte Grund für unsere Ablehnung, denn das ist in Österreich nicht der Fall. Bei Architektur­wettbewerben gibt es ein schönes Schlupfloch, und zwar den sogenannten persönli­chen Dialog im Zusammenhang mit der letzten Stufe des Wettbewerbverfahrens, ins­besondere bei der Vergabe von Bauaufträgen.

Was passiert da? – Natürlich die übliche Gesichtskontrolle, und dann werden wieder ir­gendwelche Freunderln anstelle der jungen und auch durchaus unbekannten Büros ge­nommen, die vielleicht qualitativere Architekturaufträge übernehmen könnten.

Der vierte Grund ist die Verpflichtung der unabhängigen Organe gegenüber dem Wirt­schaftsminister, praktisch ständig über alles zu unterrichten. Wir werden das auch im Zusammenhang mit dem KommAustria-Gesetz heute noch einmal besprechen und hatten es ja schon zweimal. Diese Unterrichtungspflicht ist unserer Ansicht nach nicht notwendig und kann jedenfalls immer wieder die Vergabe beeinflussen.

Ich weiß nicht, warum es in Österreich so schwer ist, jede Art von gesetzlicher Möglich­keit durchzusetzen, Korruption, Freunderlwirtschaft und Gängelung zu reduzieren. Ich glaube, dass damit eine Möglichkeit gegeben wäre, auch eine Kultur zu schaffen, die zum Beispiel auch im Zusammenhang mit einem besseren, qualitativeren Bauen einer besseren Architektur ordentlich Vorschub leisten würde. (Beifall bei den Grünen.)

21.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Zinggl, ich habe Sie so verstanden, dass Sie ihm Rahmen dieser Wortmeldung auch den Abänderungsantrag eingebracht haben. Ich nehme das zur Kenntnis, er ist auch ausreichend unterstützt und in den Grundzügen erläutert.

Es ist nur so, Sie haben das vorneweg nicht bekannt gegeben, das heißt, ich habe jetzt erst den Auftrag zur Vervielfältigung dieses Antrages geben können. Sollte sich das zeitlich nicht ausgehen, werde ich die Abstimmung auf einen späteren Zeitpunkt verle­gen. Der Abänderungsantrag steht aber somit mit in Debatte.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Zinggl, Musiol, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (327 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 2006 geändert wird (532 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 251

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage (327 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes­vergabegesetz 2006 geändert wird, in der Fassung des Berichtes des Verfassungsaus­schusses (532 d.B.) wird geändert wie folgt:

1. Es wird eine Ziffer 14a eingefügt:

14a. § 19 Abs. 5 erster Satz lautet:

„(5) Im Vergabeverfahren ist auf die Umweltgerechtheit und Energieeffizienz der Leis­tung zu achten.“

2. Es wird eine Zif 65a eingefügt:

65a. § 155 Abs 6 lautet:

„(6) Das Preisgericht ist bei der Auswahl des oder der Wettbewerbsgewinner unabhän­gig. Es hat diese Auswahl auf Grund von Wettbewerbsarbeiten, die anonym vorgelegt werden, und nur auf Grund der Beurteilungskriterien zu treffen. Das Preisgericht hat über die Auswahl der Wettbewerbsarbeiten eine Niederschrift zu erstellen. Diese Nie­derschrift, aus welcher eine nachvollziehbare Begründung der Reihung der Wettbe­werbsarbeiten - insbesondere jener, die Preisgelder und Vergütungen erhalten – zwin­gend hervorzugehen hat, ist von allen Preisrichtern zu unterfertigen. In der Nieder­schrift ist auf die einzelnen Wettbewerbsarbeiten einzugehen. Das Preisgericht kann in der Niederschrift Allfälliges zum Verlauf der Sitzung festhalten und zu den ausgewähl­ten Wettbewerbsarbeiten empfehlende Aussagen treffen, wie auch klärende Fragen stellen. Die Teilnehmer können vor der abschließenden Entscheidung des Preisge-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 252

richts zu einer Klärung bestimmter Aspekte der vorgelegten Wettbewerbsarbeiten auf­gefordert werden, wenn das Preisgericht die fraglichen Aspekte in der Niederschrift festgehalten hat und die abschließende Feststellung des Gewinners oder der Gewinner ohne Aufhebung der Anonymität und Abänderung der Wettbewerbsordnung erfolgt. Auf Verlangen ist dem Wettbewerbsteilnehmer Einsichtnahme in den seine Wettbewerbs­arbeit betreffenden Teil der Niederschrift zu gewähren. Bei der Gestaltung der Nieder­schrift ist darauf Bedacht zu nehmen. Die Entscheidung des Preisgerichtes ist dem Auslober zur allfälligen weiteren Veranlassung vorzulegen. Die Sitzungen des Preisge­richtes sind nicht öffentlich.“

3. Es wird eine Ziffer 75a. eingefügt:

75a. § 187 Abs 5 erster Satz lautet:

„(5) Im Vergabeverfahren ist auf die Umweltgerechtheit und Energieeffizienz der Leis­tung zu achten.“

4. Es wird eine Ziffer 105a. eingefügt:

105a. § 287 Abs 6 lautet:

„(6) Das Preisgericht ist bei der Auswahl des oder der Wettbewerbsgewinner unabhän­gig. Es hat diese Auswahl auf Grund von Wettbewerbsarbeiten, die anonym vorgelegt werden, und nur auf Grund der Beurteilungskriterien zu treffen. Das Preisgericht hat über die Auswahl der Wettbewerbsarbeiten eine Niederschrift zu erstellen. Diese Nie­derschrift, aus welcher eine nachvollziehbare Begründung der Reihung der Wettbe­werbsarbeiten - insbesondere jener, die Preisgelder und Vergütungen erhalten – zwin­gend hervorzugehen hat, ist von allen Preisrichtern zu unterfertigen. In der Nieder­schrift ist auf die einzelnen Wettbewerbsarbeiten einzugehen. Das Preisgericht kann in der Niederschrift Allfälliges zum Verlauf der Sitzung festhalten und zu den ausgewähl­ten Wettbewerbsarbeiten empfehlende Aussagen treffen, wie auch klärende Fragen stellen. Die Teilnehmer können vor der abschließenden Entscheidung des Preisge­richts zu einer Klärung bestimmter Aspekte der vorgelegten Wettbewerbsarbeiten auf­gefordert werden, wenn das Preisgericht die fraglichen Aspekte in der Niederschrift festgehalten hat und die abschließende Feststellung des Gewinners oder der Gewinner ohne Aufhebung der Anonymität und Abänderung der Wettbewerbsordnung erfolgt. Auf Verlangen ist dem Wettbewerbsteilnehmer Einsichtnahme in den seine Wettbewerbs­arbeit betreffenden Teil der Niederschrift zu gewähren. Bei der Gestaltung der Nieder­schrift ist darauf Bedacht zu nehmen. Die Entscheidung des Preisgerichtes ist dem Auslober zur allfälligen weiteren Veranlassung vorzulegen. Die Sitzungen des Preisge­richtes sind nicht öffentlich.“

5. Ziffer 107 lautet:

107. § 291 wird folgender Abs. 4 neu angefügt:

„(4) Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend hat zum Zwecke der parla­mentarischen Kontrolle gemäß Art 52 Abs 1 B-VG das Recht, sich über alle Gegen­stände der Geschäftsführung des Bundesvergabeamtes zu unterrichten.“

Begründung

Der Abänderungsantrag hat zum Ziel:

Höhere Verpflichtung zur ökologischen und energieeffizienten Beschaffung

Gewährleistung der Anonymität der Architektur-Wettbewerbe

Einschränkung der Unterrichtungspflicht des Bundesvergabesenats

Zu Zif 1 und 3: Ökologische und energieeffiziente Beschaffung

Die derzeitige Anweisung: „Auf die Umweltgerechtheit der Leistung ist Bedacht zu neh­men.“ für den öffentlichen Bereich und den Sektorenbereich ist zu weich. Die vorge­schlagene Formulierung, die auch dem Gebot zur Energieeffizienz stärkeres Gewicht verleiht, soll die ökologische und energieeffiziente Beschaffung forcieren werden und damit ein Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz geleistet werden.

Der einstimmigen Entschließung des Nationalrats zur Erlassung der ökologischen Leit­linien im Jahre 2005 wurde bis dato nicht entsprochen. Vor kurzem wurde erste der Ak­tionsplan zur nachhaltigen Beschaffung in die Begutachtung geschickt. Eine baldige Verabschiedung durch den Ministerrat ist ein wesentlicher Eckpfeiler auf dem Weg zur ökologischen und energieeffizienten Beschaffung.

Zu Zif 2 und 4: Wahrung der Anonymität bei Wettbewerben

Gemäß dem geltenden § 155 Abs 6 Bundesvergabegesetz ist die "Anonymität der vor­gelegten Wettbewerbsarbeiten bis zur Auswahl des Preisgerichts bzw bis zum gegebe­nenfalls stattfindenden Dialog zu wahren."

Diese Regelung ermöglicht es, die Anonymität bei einem allfällig stattfindenden Dialog zwischen PreisrichterInnen und BieterInnen aufzuheben und somit den Wesenskern des „Kulturguts“ Wettbewerb, nämlich das beste Projekt herauszufiltern, zu konterka­rieren. In den parlamentarischen Verhandlungen 2005 wurde diese Regelung mit Hin­weis auf die einschlägige Richtlinie begründet. Ein Gutachten von Univ.-Prof. Dr. Josef Aicher, Institut für Handels- und Wirtschaftsrecht, Universität Wien, bestätigte aber, dass die EU-Vergaberichtlinie keineswegs den mitgliedstaatlichen Gesetzgeber zwingt, dem Auslober/der Ausloberin zu gestatten, die Anonymität schon vor der Entscheidung des Preisgerichtes aufzuheben. Vielmehr bleibt es dem Gesetzgeber überlassen, ob
er zur Aufrechterhaltung der Anonymität bis zur Entscheidung des Preisgerichtes ver­pflichtet.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 253

Der Abänderungsantrag orientiert sich an der bisher in der Praxis geübten, sogenann­ten Überarbeitung, einer Vertiefung der Wettbewerbsarbeit nach konkreten Fragestel­lungen des Preisgerichts. Der Dialog kann natürlich auch in einer reinen Frage- und Antwortform stattfinden. Dieser wird ausnahmsweise, nachdem die Möglichkeit vorweg in den Auslobungsunterlagen eingeräumt wurde, zur Klärung gestalterischer, techni­scher oder ökonomischer Aspekte von in die Endauswahl gelangten Wettbewerbspro­jekten durchgeführt. Eine solche verfahrensrettende Routine muss aber strikt auf Verfahrenskontinuität, also Wahrung der Anonymität, Beibehaltung der Wettbewerb­saufgabe, der Wettbewerbsordnung und der Zusammensetzung des Preisgerichts ab­stellen.

Zu Zif 5: Einschränkung der Unterrichtungspflicht

Mit dem Abänderungsantrag soll das Unterrichtungsrecht des Ressortchefs/Ressort­chefin gegenüber den weisungsfreien Organen ausschließlich in den Dienst der parla­mentarischen Kontrolle gestellt werden (siehe die Ergänzung jeweils „zum Zwecke der parlamentarischen Kontrolle gemäß Art 52 Abs 1 B-VG“). Ein unbegrenztes Unterrich­tungsrecht würde nämlich der Unabhängigkeit der betreffenden Organe zuwiderlaufen. Die parlamentarische Kontrolle nach Art 52 Abs 1 B-VG in der Ausgestaltung der Ge­schäftsordnung des Nationalrats einerseits und des Bundesrats andererseits erfolgt in Form schriftlicher Anfragen, welche der Öffentlichkeit zugänglich sind. Diese Transpa­renz gewährleistet, dass es nicht zu einer missbräuchlichen Verwendung dieses Unter­richtungsrechts in Richtung Beeinflussung der Entscheidungsfindung im Einzelfall kommt. Im übrigen ist auch auf die direkten Möglichkeiten der demokratischen Kon­trolle durch die Ausschüsse des Nationalrats und des Bundesrates nach Art 52 Abs 1a B-VG zu verweisen.

Eine solche Einschränkung steht im Einklang mit Art 20 Abs 2 B-VG, denn auch die Unterrichtungspflicht muss dem jeweiligen weisungsfreien Organ angemessen sein. Schon der Textvorschlag Kostelka im Österreich-Konvent zu Art 20 B-VG (Bericht des Österreich-Konvents, Teil 4A, S. 210) sah die Aufsichts- und Informationsrechte im Dienste der demokratischen Kontrolle.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Mol­terer. – Bitte.

 


21.13.47

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Kollege Zinggl, das Vergaberecht an und für sich ist ein großer Fortschritt, der ja damals in diesem Haus breit verhandelt wurde, um genau die Bedenken, die von Ihnen geäußert worden sind, zu widerlegen. Es hat sich eigentlich bewährt, und die Novelle ist notwendig, wie schon gesagt wurde, da sie die Umsetzung einer EU-Richtlinie darstellt.

Zur Frage der 25 Prozent Verwaltungskostensenkung, Herr Kollege Hübner – er ist lei­der nicht da –: Das mag für Sie etwas lächerlich sein, für die Unternehmen ist das je­doch essenziell und betrifft auch in der Frage des Abänderungsantrags, den wir im Ausschuss eingebracht haben, einen wichtigen Punkt, nämlich eine andere Form der Gebührenfestlegung, als wir sie bisher gehabt haben. Das ist klug so, weil es einfach viel flexibler und praxisgerechter ist.

Ich möchte noch auf zwei Punkte besonders hinweisen. Das eine ist der Entschlie­ßungsantrag, den wir im Ausschuss behandelt haben. Diese Frage der nichtdiskrimi­nierenden Vergabe von öffentlichen Dienstleistungen ist ein wichtiger Punkt. Damit wird sich die öffentliche Hand beschäftigen müssen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 254

Es gibt auch private Anbieter von derartigen Dienstleistungen, beispielsweise an der Westbahn. Wir legen Wert darauf und werden selbstverständlich darauf schauen, dass keine Diskriminierung erfolgt, und erwarten auch entsprechende gesetzliche Vorschläge.

Zur Frage Sozialpartner: Ganz offen, ich war ursprünglich, als ich das gehört habe, durchaus interessiert an dieser Sache. Es gibt aber natürlich auch Gegenargumente, die man sehen muss. Auf der einen Seite kann es in den Sozialpartnerinstitutionen In­teressenkonflikte geben, weil natürlich eine Firma, die sich beteiligt, möglicherweise – oder nicht möglicherweise, sondern sicher – der Konkurrent anderer Firmen ist. Ich wünsche den Interessensvertretern, die dann sozusagen entscheiden müssen, wer wer ist, viel Vergnügen! So einfach ist das nicht für eine Interessenvertretung, weil sie dann potenziell wiederum in der Gefahr ist, jemanden zu bevorzugen.

Das Thema ist darüber hinaus aus einem zweiten Grund relevant, das sage ich auch ganz offen, weil ich persönlich mit der Verbandsklage immer ein Problem gehabt habe und das, was die Sozialpartner wollten, eigentlich der erste Schritt in Richtung Ver­bandsklage ist.

Wir haben aber auch in Zukunft eine entsprechende Diskussion über diese Frage zu führen, und ich bringe daher in diesem Zusammenhang folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Wittmann, Mag. Molterer, Kolleginnen und Kollegen

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, zu prüfen, wie die be­stehende Möglichkeit einer Nachprüfung von Ausschreibungs- oder Wettbewerbsunter­lagen beim Bundesvergabeamt erweitert und verbessert werden kann, um die Geset­zeskonformität von Ausschreibungsunterlagen vor Angebotseröffnung beziehungswei­se vor der Frist zur Vorlage der Wettbewerbsunterlagen effizienter prüfen zu können, ohne dass die Durchführung von Investitionsvorhaben unangemessen verzögert wird.

*****

Mir scheint das ein Ansatz zu sein, der diesen Sorgen, die ich durchaus verstehe, ge­recht wird. Ich denke, dass daher einer Zustimmung zu dieser Novelle eigentlich nichts mehr im Wege steht. (Beifall bei der ÖVP.)

21.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Wittmann, Mag. Molterer, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Nachprüfung von Ausschreibungs- oder Wettbewerbsunterlagen

eingebracht im Zuge der Verhandlungen des Nationalrats zur Regierungsvorlage 327 d.B. betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 2006 geändert wird, in der Fassung des Ausschussberichtes (532 d.B.)

Anlässlich der Beschlussfassung der Novelle zum Bundesvergabegesetz wurde wie­derholt gefordert, eine verbesserte Möglichkeit zur Nachprüfung von Ausschreibungs- oder Wettbewerbsunterlagen vor Ablauf der Angebotsfrist bzw. der Frist zur Vorlage


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 255

der Wettbewerbsarbeiten vorzusehen. Diesbezüglich muss jedoch genauestens ge­prüft werden, wie man eine derartige Prüfung gestalten kann, damit sie in der Praxis tatsächlich angenommen wird und rechtzeitig zu einer Entscheidung führt, ob Aus­schreibungen die Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes verletzen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, zu prüfen, wie die be­stehende Möglichkeit einer Nachprüfung von Ausschreibungs- oder Wettbewerbsunter­lagen beim Bundesvergabeamt erweitert und verbessert werden kann, um die Geset­zeskonformität von Ausschreibungsunterlagen vor Angebotseröffnung bzw. vor der Frist zur Vorlage der Wettbewerbsunterlagen effizienter prüfen zu können, ohne dass die Durchführung von Investitionsvorhaben unangemessen verzögert wird.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lu­gar. – Bitte.

 


21.17.18

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Die gegen­ständliche Änderung des Bundesvergabegesetzes wird von uns begrüßt. Es kommt zu einer Verwaltungskostenreduktion, die begrüßenswert ist. Auch was die Umweltfreund­lichkeit betrifft, steht hier einiges drinnen, das beachtenswert ist. Es wurde zum Bei­spiel schon diese „clean car“-Richtlinie angesprochen.

Bei dieser „clean car“-Richtlinie geht es darum, dass auch auf die Umweltfreundlich­keit abgestellt wird, wenn Autos in einer Ausschreibung angeschafft werden, und nicht nur – wie in der Vergangenheit – auf die Betriebskosten und auf den Anschaffungs­preis.

Generell wäre es vorteilhaft, wenn wir in der Bundesvergabe mehr auf Umweltfreund­lichkeit Wert legten und das Umweltbewusstsein an erster Stelle stünde. Warum? – Wenn wir als Bund vom Bürger verlangen, dass er Energie einspart, dass er zu Anla­gen und zu Geräten greift, die energiesparend sind, aber der Bund das selbst nicht macht, dann ist das nicht nachvollziehbar.

Wenn ich mir Ausschreibungen anschaue, ob das jetzt der einfache Kühlschrank für das Ministerium ist oder der Computer oder die Serveranlage, dann fällt mir auf, es wird nicht auf Energieeffizienz geachtet, sondern es wird einzig und allein auf die An­schaffungskosten und auf sonstige Kosten abgestellt, aber eben nicht auf die Um­weltfreundlichkeit. Da muss der Bund eindeutig eine Vorbildrolle einnehmen. (Abg. Mag. Kuzdas: Herr Kollege, das stimmt nicht!)  Doch, das stimmt. Leider ist es so.

Deshalb: Allein wenn man sich die Straßenbeleuchtung anschaut oder, wie gesagt, die einfachen Kühlschränke, auch hier im Hohen Haus, dann sieht man, dass wir hier noch Lichtjahre von den Einsparungszielen entfernt sind, die wir erreichen müssen, wenn wir mit gutem Beispiel vorangehen wollen und wenn wir die Kyoto-Ziele doch noch errei­chen wollen.

Deshalb ist dieses Gesetz zu begrüßen: weil es ein erster Schritt ist. Es ist nicht auf unserem Mist gewachsen, es ist eine EU-Richtlinie, und deshalb sollten wir noch viel mehr in diese Richtung tun. Wir sollten noch viel mehr in umweltfreundliche Energien investieren. Wir sollten bei der Vergabe mehr auf umweltfreundliche Technologien ach­ten, und wir sollten auch den zweiten Schritt setzen, nämlich fix verankern, dass vom


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 256

einfachen Kühlschrank bis zum Computer alles einer Energiebewertung unterzogen werden muss und nur Geräte angeschafft werden, die auch dementsprechend Energie einsparen und uns helfen, das Kyoto-Ziel letztlich zu erreichen. Danke. (Beifall beim BZÖ.)

21.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Herr Staatssekretär Dr. Oster­mayer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


21.20.11

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es wurde ja schon einiges zum Inhalt der Bundesvergabegesetz-Novelle gesagt – dass wir eine EG-Richtlinie umsetzen, dass wir Verwaltungskosten senken, indem wir das Verfahren mit Eigenerklärung der Auftragnehmer und so weiter vereinfachen, und es wurde auch schon darauf hinge­wiesen, dass wir klarstellen, dass für den Bereich des öffentlichen Personenverkehrs die EG-Verordnung unmittelbar anzuwenden ist –, ich möchte nur auf drei Punkte ein­gehen, die vorher schon erwähnt wurden.

Der erste betrifft Abgeordneten Hübner, der gesagt hat, dass Sie – vereinfacht formu­liert – dem Gesetz aufgrund seiner Dicke nicht zustimmen wollen. – Das scheint mir ein sehr heikles Argument zu sein, weil immer dann, wenn es sozusagen komplex wird, nicht zuzustimmen, würde wohl sehr viele Gesetze, die sinnvollerweise hier beschlos­sen werden, verhindern.

Das Zweite ist Folgendes: Er fragt sich, was er mit dem vielen Papier tun soll und wie man damit Treibhausgase reduziert. – Da scheint mir ein Missverständnis vorzuliegen. Die Einsparung an Treibhausgasen hat natürlich mit der Umsetzung der „clean car“-Richtlinie zu tun, also der Regelung, dass bei Beschaffungsvorgängen externe Umwelt­kosten zu berücksichtigen sind. Die BBG sieht übrigens jetzt schon die Euro-Abgas­norm 5 vor.

Zur Frage, was mit dem Papier geschieht: Also ich würde empfehlen – wenn es nicht mehr gebraucht wird –, es dem Altpapier zuzuführen, im Sinne des Recycling. Das spart auch Umweltkosten, da Bäume stehen bleiben können. Außerdem haben wir vor­gesehen, dass Gesetze auch online abgerufen werden können; Gesetze in nicht-schriftlicher Form umzusetzen, diese Lösung gibt es ganz einfach nicht.

Abgeordnetem Zinggl wollte ich zur Frage der nonymen, anonymen Verfahren im Be­reich der Architektur nur sagen: Ich weiß aus eigener Teilnahme an etlichen Jurysitzun­gen, dass man nach einer gewissen Zeit auch in anonymen Verfahren die Handschrift erkennt. Also man kann in der Regel – auch wenn nicht dort steht, von welchen Archi­tekten, Architektinnen oder welchem Architektenteam ein Entwurf ist, der an der Wand hängt – die Dinge in der Folge erkennen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Zinggl.)

Ich bringe jetzt noch ein anderes Beispiel, weil Sie natürlich über die Frage des Zu­gangs von jungen Architektinnen/jungen Architekten argumentiert haben. Wir haben in meiner vorvorigen Berufszeit in Wien ab 1995 Bauträgerwettbewerbe durchgeführt, und es war technisch gar nicht anders möglich, als nonyme Verfahren zu machen, weil es um Vorschläge ging, bei denen Architekten/Architektinnen und Bauträger gemein­sam ein Projekt präsentieren.

Ich sage Ihnen: Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Folge nicht war, dass junge Archi­tekten und Architektinnen keinen Chance hatten, sondern im Gegenteil, dass gerade aufgrund der Vorschläge, die gemeinsam mit Bauträgern erarbeitet wurden, sehr viele junge Teams – insbesondere natürlich Wiener Teams, weil es ja um Bauten in Wien ging, aber auch Vorarlberger oder Tiroler Teams – zum Zug gekommen sind. Das heißt, die Frage der Nonymität oder Anonymität hat nicht unmittelbar Einfluss darauf,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 257

ob jemand den Wettbewerb gewinnt oder nicht gewinnt, sondern es ist eine Frage – und das gilt generell gerade bei Architekturwettbewerben – der Haltung der Jury, wel­che Handschrift verfolgt wird, und so weiter.

Ich habe lange Diskussionen auch mit der Architektenkammer und mit der IG-Architek­tur in dem Zusammenhang geführt, und wir sind im Laufe der Diskussion draufgekom­men, dass weder das eine noch das andere die einen oder die anderen bevorzugt, sondern dass es, wie gesagt, eine Frage der Juryzusammensetzung und der Haltung der Jury zu bestimmten architektonischen Formen ist. Auch die Frage, wie man sich zur Ökologie verhält, ist wichtig, weil das natürlich auch oft ein wesentliches Entschei­dungskriterium dabei war. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Walser.)

21.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Jarolim zu Wort. – Bitte.

 


21.24.54

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nur ganz kurz zur Ergänzung: Ich glaube, die Information an Kollegen Hübner ist angekommen.

Insgesamt kann man sagen, dass es sich hier um eine Verbesserung handelt. Dieses Gesetz stellt einerseits sicher, dass im Rahmen des Vergabeverfahrens, nämlich bei den Bewerbungen, nicht mehr die vollen Unterlagensätze, die in der Vergangenheit je­weils hergestellt werden mussten, vorzulegen sind, sondern dass man sich darauf be­rufen kann, die entsprechenden Fähigkeiten und Qualifikationen zu haben und dass eine Nachkontrolle dann bei dem stattfindet, der den Zuschlag bekommen hat.

Wenn sich andererseits herausstellt, dass der Zuschlag fußend auf einer unrichtigen Basis erteilt worden ist, die Qualifikationen nicht vorliegen, dann gibt es eine Irrtumsan­fechtungsmöglichkeit mit einer entsprechenden Schadenersatzforderung – daher ist das sicherlich eine Verbesserung.

Dass die Weitergabe konzernintern stattfinden kann, ist gleichfalls eine Verbesserung, weil damit natürlich die Dispositionsfähigkeit in den Unternehmen größer ist.

Dass auch die Strafe für unzulässige Direktvergaben erhöht worden ist, nämlich bis auf 20 Prozent der Summe, stellt sicher, dass man sich sehr gut überlegt, ob man das tut oder nicht.

Noch zur Frage der Interessenvertretungen vor oder nach dem Verfahren, zur Rechts­mittellegitimation: Ich glaube, man muss dabei sehr gut aufpassen – ich habe ja, wie Kollege Zinggl schon gesagt hat, auch im Ausschuss darauf hingewiesen. Die Interes­senvertretungen sitzen in den Bundesvergabesenaten und haben dort Sitz und Stim­me. Den gleichen Personen Anfechtungsrechte einzuräumen, geht schlicht und einfach nicht! Ich glaube, mehr muss man dazu nicht sagen.

Ich denke, dass wir mit diesem Gesetz einen guten Schritt vorwärts machen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Sonnberger zu Wort. Bitte.

 


21.26.51

Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Novelle zum Vergabegesetz trägt den europäischen Vorgaben durch die EU-Kommission und den Europäischen Gerichtshof Rechnung, und es wird in Zukunft sicher weniger Bürokratie und härtere Sanktionen geben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 258

Weniger Bürokratie deshalb, weil die Eignungsprüfung vereinfacht wurde. Dabei geht es um die Befugnis, die Zuverlässigkeit sowie die wirtschaftliche, technische und finan­zielle Leistungsfähigkeit der Anbieter. Es ist eine Eigenerklärung möglich, Nachweise können verlangt werden; zwingend ist die Vorlage nur bei gewissen Summen und nur für den Zuschlagsempfänger.

Für unzulässige Direktvergaben gibt es in Zukunft strengere Sanktionen, die bis zur zwingenden Unwirksamkeit eines Vertrages reichen werden.

In der Novelle geht es auch noch um die Möglichkeit, eine gänzliche Subvergabe inner­halb eines Konzerns zu machen und um die Verkürzung der Anfechtungsfristen.

Alles in allem ist dies eine sinnvolle Weiterentwicklung des Vergabegesetzes 2006 – ich ersuche um Zustimmung! (Beifall bei der ÖVP.)

21.28

21.28.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Von der Berichterstattung wird kein Schlusswort gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 532 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Zinggl, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- be­ziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse zunächst über den Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag und sodann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes in der Fas­sung des Ausschussberichtes abstimmen.

Die Abgeordneten Dr. Zinggl, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag ein­gebracht, der die Einfügung neuer Ziffern 14a, 65a, 75a und 105a zum Inhalt hat.

Wer dem die Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Zinggl, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag eingebracht, der sich auf Z 107 bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Antrag die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung dieser Teile des Gesetzentwurfes in der Fas­sung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein Zei­chen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 532 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 71.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 259

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Wittmann, Mag. Molterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nachprüfung von Ausschreibungs- und Wettbewerbsunterlagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 72.)

21.30.5443. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 426/A(E) der Abgeord­neten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Empfehlungen des Rechnungshofes bezüglich staatliche Informations- und Werbemaßnahmen (536 d.B.)

44. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 860/A(E) der Abgeordne­ten Dr. Günther Kräuter, Hermann Gahr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Richtlinien für staatliche Informations- und Werbemaßnahmen (535 d.B.)

45. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 883/A(E) der Abgeordne­ten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Informations- und Werbemaßnahmen der Regierung in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit (537 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 43 bis 45 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Neubauer zu Wort. Bitte.

 


21.31.47

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! Man fragt sich wirklich: Was ist mit dieser Bundesregierung eigentlich los? Was ist vor allen Dingen mit den Sozialdemokraten los? (Ruf bei der SPÖ: Nix! Abg. Dr. Strutz: Mission Zero!)

Es ist ja tatsächlich kaum zu glauben, dass Sie wirklich alle Scham verloren haben, und das in einer Zeit, in der 400 000 Menschen arbeitslos sind, in der sich tausende Menschen in Kurzarbeit befinden und in der die meisten dieser Menschen zu Weih­nachten wahrscheinlich keine Geschenke unter dem Weihnachtsbaum liegen haben werden, weil sie dafür das Geld nicht mehr haben.

In dieser Zeit, in der 1 200 Quelle-Mitarbeiter in Linz gekündigt wurden, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren, und in der es all diese tragischen persönlichen Schicksale gibt, gehen Sie her und inserieren um Millionen Euro täglich in den Tageszeitungen, um zumindest auf diese Weise auf Ihre unsägliche Politik aufmerksam zu machen. Es ist unglaublich, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn man sich vorstellt, dass in der Beilage der letzten „Kronen Zeitung“ auf 16 Seiten inseriert wurde – alleine was diese Beilage mit 16 Seiten kostet, das ist ein kleines Vermögen. (Der Redner hält be­sagte Beilage der „Kronen Zeitung“ sowie ein Heft mit der Aufschrift „Wirtschaftsjour­nal“ in die Höhe.)

Eine Seite in der „Kronen Zeitung“ kostet nachweislich zwischen 25 000 und 28 000 €, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. (Abg. Mag. Ikrath: Kollege, die „Kronen Zeitung“ ... Preis-Leistungs­verhältnis!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 260

Wenn Sie jetzt hergehen und sogar die Empfehlungen des Rechnungshofes ignorie­ren – des Rechnungshofes, der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit von Ihnen eingefordert hat, meine sehr geehrten Damen und Herren –, dann wissen wir, wie es um diese Bundesregierung bestellt ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, den Parlamentarismus mit Füßen zu treten, indem man Untersuchungsausschüsse zwar künftig als Minderheitenrecht deklariert, sie aber dann immer wieder absetzt, wenn es ums Eingemachte geht – damit werden wir uns nicht abspeisen lassen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich mache Ih­nen ein Angebot: Sie können dem Antrag, den wir heute eingebracht haben, zustim­men, und solange, bis die Arbeitslosigkeit in Österreich durch Sie und Ihre Arbeit – und dafür werden Sie bezahlt! – auf ein erträgliches Maß reduziert wird, sollten Sie auf die Werbeeinnahmen verzichten. Das wäre ein moralisches Angebot, gerade im Hinblick auf die anstehenden Weihnachten! (Beifall bei der FPÖ.  Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

21.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Kräuter gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.34.49

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es klingt ein bisschen nach einer verkehrten Welt bei meinem Vorredner, denn normalerweise freuen sich Oppositionsparteien, wenn Regierungsparteien Richtlinien für die Informations- und Werbemaßnahmen be­schließen, so wie es der Rechnungshof vorgibt – aber das hängt vielleicht mit einem schlechten Gewissen aus der Vergangenheit zusammen. (Abg. Neubauer: ... gesetz­lich! ... Politiker! Das ist der Herr Darabos!)

Der Rechnungshof mahnt ja ein, dass es Sachinformationen sein sollen, Herr Kollege, und ich kann Ihnen sagen: Ihre Partei hat Inserate in der Art „Immer wieder, immer wie­der Österreich!“ geschalten, hat einen Skisieg abgefeiert und gehofft, dass man da­durch irgendetwas an Reputation gewinnt. Also mit Sachinformation hat das gar nichts zu tun, ganz im Gegensatz zu den jetzigen Informationsmaßnahmen der Regierung. (Beifall bei der SPÖ.)

Das betrifft ja nicht nur die FPÖ, sondern auch das BZÖ. Da hat man ja seinerzeit ganz ungeniert zugegeben: Ein Wiedererkennungswert des BZÖ ist doch nicht schlecht. Ich hoffe, dass der Nachredner sich dann ein bisschen Asche auf das Haupt streut und zerknirscht eingesteht, dass es so natürlich nicht gehen kann. Also parteipolitische Werbung auf Kosten der Allgemeinheit, das kann es nicht sein. (Zwischenruf des Abg. Dr. Strutz.)

Daher, glaube ich, ist es ein richtiger und wichtiger Schritt, dass es diese Richtlinien gibt: nur Sachinformation, keine parteipolitische Werbung. Ich kann mich nur wundern, dass Parteien, die, als sie regiert haben, strikt dagegen waren, jetzt in der Opposition auch dagegen sind – also das ist wirklich eine Chuzpe! (Beifall bei der SPÖ. Abg. Neubauer: Generalsekretär für die Zukunft, nicht für die Vergangenheit!)

21.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Strutz gelangt nun zu Wort. – Bitte. (Ruf bei der SPÖ – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Strutz –: Asche auf das Haupt!)

 


21.36.31

Abgeordneter Dr. Martin Strutz (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatsse­kretär! Ich werde mir keine Asche aufs Haupt streuen, aber ich bin bereit, eine ehrliche Diskussion zu führen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 261

Wir sind in der Regierung gewesen und haben Inserate geschalten. Wir sind jetzt in der Opposition und freuen uns, dass ein erster kleiner – und ich sage: richtiger – Schritt in die Richtung getan wird, dass man darüber nachdenkt, sich – auf massiven Druck des Rechnungshofes – selbst zu beschränken, und dass man sich zumindest vornimmt, Sachinformationen in den Vordergrund zu stellen, wenn vonseiten der Regierung Inse­rate geschalten werden. Wir sollten so ehrlich sein, zuzugeben, dass alle Parteien – und ich sage hier: alle Parteien – natürlich die Werbung in der politischen Auseinander­setzung notwendigerweise nützen und auch nützen müssen – die einen mehr, die an­deren weniger.

Man sollte aber nicht vorgeben, eine Information oder Sachinformationen zu veröffentli­chen, wie es mein Vorredner getan hat. Man muss sich anschauen, dass die Bundes­regierung innerhalb von zwei Monaten mehr als 5 Millionen € in eine Inseratenkampa­gne gesteckt hat, und das rein „zufällig“ vor den Landtagswahlen in Vorarlberg und Oberösterreich. Führend bei diesen Inseraten ist das Bundeskanzleramt, Bundes­kanzler Faymann, mit 1 Million € innerhalb von zwei Monaten, gefolgt von Ministerin Schmied, die dann als Begründung anführt, es sei Schulbeginn gewesen und anläss­lich des Schulbeginns müsse man eben viele Inserate schalten. Das wird nur vom Landwirtschaftsminister Berlakovich getoppt, der das Erntedankfest beworben hat. Al­so was eine Erntedankfest und ein Schulbeginn mit Sachinformation der Ministerien zu tun hat, das möchte ich schon ein bisschen hinterfragen!

Ich möchte aber darauf zu sprechen kommen, dass wirklich den Grundsätzen und den Empfehlungen des Rechnungshofes mit dieser Beschlussfassung nicht Rechnung ge­tragen wurde (Ruf bei der FPÖ: Genau so ist es!), denn das, was der Rechnungshof eingemahnt hat – die Überprüfbarkeit der Sparsamkeit, die bei dieser Informationsflut nicht gegeben ist, der Wirtschaftlichkeit, aber auch der Zweckmäßigkeit festzuschrei­ben und das durch den Rechnungshof kontrollieren zu lassen –, dazu sind Sie nicht bereit. Wir anerkennen aber, dass Sie zumindest eine Korrektur vornehmen wollen.

Wir werden durch eine Anfragenserie in wenigen Monaten auch wieder überprüfen, ob es tatsächlich zu Sachinformationen in Ihren Inseraten gekommen ist und ob Sie bereit dazu sind, auch aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung, wie es Kollege Neubauer von der FPÖ richtig eingemahnt hat, in Anbetracht des höchsten Schuldenstandes der Republik, in Anbetracht der höchsten Arbeitslosenrate in der Geschichte Österreichs einen Beitrag zu leisten und statt 5 Millionen € innerhalb von zwei Monaten vielleicht nur Inserate in Höhe von 100 000 oder 200 000 € in den kommenden Monaten zu schalten. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Mag. Ikrath: Beispiel Kärnten!)

21.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kliko­vits. – Bitte.

 


21.40.32

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Strutz weiß natürlich, dass politische Wer­bung notwendig ist. Gerade die Orangen sind jene Partei, die wirklich Millionen hinaus­wirft, weil normalerweise politische Werbung ja auch dazu da ist, Erfolge darzustellen. (Abg. Neubauer: Ihr habt ja keine! Ihr kauft die öffentliche Meinung!) Nur, Sie haben nur Inserate geschaltet und konnten keine Erfolge darstellen. Das ist der Unterschied zu dem, was diese Bundesregierung in Inserate investiert. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Mag. Rudas.)

Ein Sprichwort sagt: Wer nicht wirbt, stirbt! – Es ist daher folgerichtig, dass die Bundes­regierung über ihre Erfolge berichtet und das, was sie für Österreichs Bevölkerung leis­tet, auch entsprechend darstellt. Ich gebe Ihnen recht: Man kann natürlich politische


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 262

Werbung immer so oder so qualifizieren. Letztendlich ist es wichtig, dass sie auch dar­gestellt wird.

Man kann nicht die Inseratenpreise der Zahl der Arbeitslosen gegenüberstellen, Herr Kollege Neubauer von den Freiheitlichen, denn wenn ich mir Ihre Werbungen an­schaue, dann muss ich sagen, sie sind nicht nur teuer, sondern sie sind auch im höchsten Maße geschmacklos und menschenverachtend. (Oh-Rufe bei der ÖVP.) Das verstehen wir nicht unter politischer Werbung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Neu­bauer: Hat nicht die ÖVP Dirty Campaigning gemacht?)

Daher nehmen wir die Kritik des Rechnungshofes ernst, und wir nehmen letztlich auch das, was seinerzeit, 2003 und 2005, an Kritik des Rechnungshofes, vielleicht teilweise zu Recht, dargestellt wurde, ernst, indem wir jetzt eine neue Initiative beschließen wer­den.

Es ist eigentlich schon sonderbar – Kollege Kräuter hat das ja auch schon erwähnt –, dass sich gerade die Opposition darüber aufregt und dass sie, wenn die Bundesregie­rung den Rechnungshof ernst nimmt und auch dessen Vorschläge 1 : 1 – tatsächlich 1 : 1! – übernimmt, noch Kritik übt. Das passt genauso in das sonderbare Bild, wie wenn sich Freiheitliche, Grüne und BZÖler sozusagen „auf ein Packl hauen“ und ge­gen die Koalitionsregierung und vor allem gegen Gesetze für die Menschen stimmen. (Abg. Neubauer: Sie wissen ganz genau, dass das nicht stimmt!)

Aber es ist eben eine sonderbare Welt, in der wir jetzt leben. Ich glaube, unter dem Strich nehmen wir Politik und Kritik ernst und setzen dementsprechend auch die richti­gen Maßnahmen. (Abg. Neubauer: Glauben Sie das, was Sie da sagen?)

Werbung wird immer notwendig sein, Werbung wird immer viel Geld kosten. Es ist nur immer das Maß ausschlaggebend. Ich glaube, dass wir mit diesen Beschlüssen auch das richtige Maß finden, um auch politische Werbung tatsächlich ernst und ordentlich darzustellen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

21.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


21.43.54

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Staatssekretär! An die Adresse des Abgeordneten Strutz: 5 Millio­nen € für zwei Monate würden mich noch nicht stören. Das wäre nämlich eine bedeu­tende Einsparung, verglichen mit anderen Jahren, beispielsweise mit dem Jahr 2008, in dem insgesamt 35 Millionen € im Jahr für Werbung und Öffentlichkeitsarbeit ausge­geben wurden. (Abg. Dr. Strutz: Wenn man das auf zwei Monate umrechnet, ...!) – Auf zwei Monate umgerechnet, wäre das schon ein Fortschritt.

Der Punkt ist, mich stört Öffentlichkeitsarbeit nicht. – Im Gegenteil: Ich halte Öffentlich­keitsarbeit von den Ressorts auch für notwendig (Rufe bei der ÖVP: Aber!), aber – und jetzt kommt das Aber – im Jahr 2000 hat Schwarz-Blau mit 9 Millionen für Öffentlich­keitsarbeit begonnen. (Ruf bei der ÖVP: Aber in Schilling!) – Nein, 9 Millionen €. – Im Jahr 2006 waren es 34 Millionen €, im Jahr 2007 war es etwas weniger, 28 Millionen €, und im Jahr 2008 waren es 35 Millionen € – der absolute Rekord bisher.

Ich garantiere Ihnen jetzt schon, heute, dass das Jahr 2009 diesen Rekord absolut toppen wird. Die Bundesregierung wird nicht mit 35 Millionen € auskommen, sondern es geht mit Sicherheit in Richtung 40 Millionen €.

Das garantiere ich Ihnen. Da braucht man sich nur – insofern haben Sie natürlich völlig recht, Kollege Strutz – die Werbekampagnen der letzten Monaten anzusehen. Man


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 263

wird ja das Gefühl nicht mehr los, dass nicht mehr die Privatwirtschaft in den Tageszei­tungen und Printmedien inseriert, sondern eigentlich nur noch die verschiedenen Minis­terien mit Inseraten präsent sind.

Jetzt frage ich Sie schon eines – versuchen wir, die Debatte einigermaßen auf einem bestimmten Niveau zu führen –: Ist dieses Inserat (der Redner hält ein Zeitungsinserat in die Höhe): „Österreich hat es besser“ – das wurde zum Jahreswechsel 2005/2006 geschaltet, wo auch drinnen steht: „Sieben von zehn Österreichern fühlen sich ge­sund“ – Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit? – Da stehen noch andere lustige Sachen, aber sie haben alle mit Öffentlichkeitsarbeit eines Ressorts nichts zu tun. Da sind die guten Wünsche zum Jahreswechsel des Herrn Bundeskanzlers, damals Schüssel, und des Vizekanzlers Gorbach enthalten. Eine ganze Seite – war in allen Medien!

Ist das Werbung, Propaganda, oder ist das Öffentlichkeitsarbeit? – Natürlich ist es Pro­paganda oder Werbung, aber sicher nicht Öffentlichkeitsarbeit. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ich spare mir die anderen Zitate.

Ich zeige Ihnen noch ein schönes Beispiel, weil es auch vom Umfang her relativ groß ist (der Redner hält neuerlich ein Zeitungsinserat in die Höhe): „Vollbeschäftigung er­reicht!“ (Demonstrativer Beifall und Bravorufe bei Abgeordneten der ÖVP.) – Hören Sie mir vielleicht zu? – Das war im September 2008, da war die Krise schon im Gang und die Arbeitslosigkeit ist angestiegen. Da kommen Sie mit solchen Inseraten daher! Ist das Öffentlichkeitsarbeit, oder ist das Propaganda – noch dazu dumme Propaganda?

Ich bringe Ihnen ein anderes Beispiel. Das vorhin war vom Wirtschaftsminister, jetzt kommt der Sozialminister. Was ist das? (Der Redner hält ein Zeitungsinserat in die Hö­he, auf dem unter anderem der damalige Bundesminister Dr. Buchinger abgebildet ist.) – Zum Pflegethema ein Inserat: Da ist der Kopf des Sozialministers größer als der Text. (Abg. Neubauer: Eine Fußnote der Geschichte!) Wollen Sie jetzt Köpfe mit Öf­fentlichkeitsarbeit finanzieren, oder wollen Sie Inhalte bekannt geben?

Es geht natürlich überall darum, dass die Portraits in entsprechender Größe abgebildet sind. Das Problematischste ist, finde ich, nicht der Text, sondern wo es erschienen ist. Und damit sind wir auch bei den Grenzen des Rechnungshofs angelangt. (Der Redner hält abermals ein Zeitungsinserat in die Höhe.) Das ist die Inseratenkampagne der Frau Unterrichtsministerin für kleinere Klassen, weil sich, wie sich mittlerweile heraus­gestellt hat, gezielt „ÖSTERREICH“ damit finanziert hat und sich dann die „Kronen Zei­tung“ und „Heute“ aufgeregt und gesagt haben: Ja, sind Sie denn wahnsinnig, denen das Geld zu geben?! Wir wollen auch! – Und die Frau Bundesministerin hat geant­wortet: Na gut, kriegt ihr eben auch entsprechend große Inseratenflächen.

Dieser Wettbewerb innerhalb der Bundesregierung geht ins Unendliche weiter. Es gibt keine Instanz, die das stoppen will. Und dann kommen Sie daher mit sieben Punkten an Empfehlungen und glauben, das reicht aus?! – Das reicht eben nicht aus, weil kei­ne Kriterien enthalten sind, die darauf eine Antwort geben würden, weil der Rech­nungshof damals, als er diese Empfehlungen geschrieben hat, diese Art der Werbung natürlich noch nicht im Auge hatte, weil sie eben noch nicht vorgekommen ist. (Abg. Mag. Donnerbauer: Was ist mit dem Anschober?)

Darum bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Öllinger und KollegInnen

zum Entschließungsantrag 860/A(E) der Abgeordneten Dr. Kräuter, Gahr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Richtlinien für staatliche Informations- und Werbemaßnahmen in der Fassung des Ausschussberichts 536 d.B.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 264

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Entschließung lautet wie folgt:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, gemäß den Empfehlungen des Rechnungs­hofs (Reihe Bund 2005/13, Seite 32) einen Gesetzentwurf zur Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung zu erarbeiten und dem Nationalrat vorzulegen, der auch folgende Grundsätze beachtet:

Öffentlichkeitsarbeit und Druckkostenbeiträge müssen als solche gekennzeichnet wer­den.

Die Informations- und Werbemaßnahmen der Bundesregierung beziehungsweise ein­zelner Ministerien dürfen nicht einzelne Medien ohne Begründung deutlich bevorzugen.

Die persönliche Werbung von Regierungsmitgliedern über Porträtfotos, persönliche Texte und so weiter entspricht keinem Informationsauftrag und ist daher zu unterlassen.

Informations- und Werbemaßnahmen der Bundesregierung beziehungsweise einzelner Ressorts in der engeren Vorwahlzeit (zwei Monate vor dem Wahltermin von Natio­nalratswahlen) sind nur in begründeten Ausnahmen (Informationen des Innen- bzw. Außenministeriums zu den Wahlen, Notfälle) zulässig;

und darüber hinaus

ein Beschwerderecht für einzelne BürgerInnen und Parteien im Fall der vermuteten Gesetzesverletzung sowie

ein unabhängiges Gremium, das die Einhaltung des Gesetzes und die Beschwerden prüft beziehungsweise Empfehlungen an die Bundesregierung ausspricht,

vorsieht.“

*****

Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Öllinger und KollegInnen

zum Entschließungsantrag 860/A(E) der Abg. Dr. Kräuter, Gahr, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Richtlinien für staatliche Informations- und Werbemaßnahmen in der Fassung des Ausschussberichts 536 d.B.

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Entschließung lautet wie folgt:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, gemäß den Empfehlungen des Rechnungs­hofs (Reihe Bund 2005/13, Seite 32) einen Gesetzentwurf zur Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung zu erarbeiten und dem Nationalrat vorzulegen, der auch folgende Grundsätze beachtet:

Öffentlichkeitsarbeit und Druckkostenbeiträge müssen als solche gekennzeichnet wer­den.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 265

Die Informations- und Werbemaßnahmen der Bundesregierung bzw. einzelner Minis­terien dürfen nicht einzelne Medien ohne Begründung deutlich bevorzugen.

Die persönliche Werbung von Regierungsmitgliedern über Porträtfotos, persönliche Texte usw entspricht keinem Informationsauftrag und ist daher zu unterlassen.

Informations- und Werbemaßnahmen der Bundesregierung bzw einzelner Ressorts in der engeren Vorwahlzeit (zwei Monate vor dem Wahltermin von Nationalratswahlen) sind nur in begründeten Ausnahmen (Informationen des Innen- bzw. Außenministeri­ums zu den Wahlen, Notfälle) zulässig;

und darüber hinaus

ein Beschwerderecht für einzelne BürgerInnen und Parteien im Falle der vermuteten Gesetzesverletzung sowie

ein unabhängiges Gremium, das die Einhaltung des Gesetzes und die Beschwerden prüft bzw Empfehlungen an die Bundesregierung ausspricht,

vorsieht.“

Begründung:

In den vergangenen Jahren haben die Aufwendungen, die von den Mitgliedern der Bundesregierung, ihren Ressorts und den nachgelagerten Dienststellen für Öffentlich­keitsarbeit und Werbemaßnahmen aufgewendet wurden, immer wieder für heftige öf­fentliche Debatten und Kritik gesorgt.

Kritisiert wurde dabei nicht nur der exorbitante Anstieg der Ausgaben, die sich im Jahr 2000 noch auf rund 9 Millionen, 2006 auf 34 Millionen, 2007 auf 28 Millionen und 2008 auf 35 Millionen Euro beliefen, sondern etwa die Schwerpunktsetzung einzelner Ressorts, die in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit bevorstehenden Wahlen und/oder dem Herkunftsbundesland von BundesministerInnen stand oder auch eine Öffentlichkeitsarbeit, die eindeutig keinen Informationsgehalt, sondern Meinung und Propaganda im Sinn hatte (Beispiel: Inseratenkampagne zum Jahreswechsel 05/06
mit dem Titel: “Österreich hat es besser“ und den Textteilen „Sieben von zehn Ös­terreichern fühlen sich gesund, „80 % der Österreicher mit ihrer Situation zufrieden“, „88% sind mit dem Bildungssystem sehr zufrieden bzw. zufrieden“ usw..

Der Rechnungshof hat ebenfalls mehrfach die Informationspolitik einzelner Ressorts kritisiert und deshalb auch Empfehlungen entwickelt, an denen sich die Öffentlichkeits­arbeit der Bundesregierung orientieren sollte.

In den vergangenen Jahren wurde deshalb immer wieder die Umsetzung der Richtli­nien des Rechnungshofs eingefordert bzw. hat sich die Vorgänger-Bundesregierung selbst – vergeblich – das Ziel gesetzt, Richtlinien für die Öffentlichkeitsarbeit zu erar­beiten.

Mit einem Entschließungsantrag nehmen nun die Koalitionsparteien das begrüßens­werte Ziel wieder auf, die Bundesregierung zu Richtlinien für Öffentlichkeitsarbeit zu verpflichten. Dem Entschließungsantrag fehlt jedoch jede Vorstellung, wie die Empfeh­lungen des Rechnungshofs konkretisiert werden können, etwa, durch wen die Einhal­tung der Richtlinien kontrolliert werden soll, wem ein Beschwerderecht zustehen soll bzw. wie verbindlich die Richtlinien sein sollen.

Wir weisen zudem darauf hin, dass von Seiten einzelner Ressorts zunehmend Prak­tiken in der Öffentlichkeitsarbeit betrieben werden, die eine ernsthafte Gefährdung von Medienvielfalt und redaktioneller Freiheit bedeuten können:

So werden manchmal Inserate und Druckkostenbeiträge nicht eindeutig gekennzeich­net bzw. erscheinen als redaktionelle Beiträge.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 266

So ist bei einzelnen Ressorts eine klare Tendenz zu beobachten, einzelne Medien bei der Zuteilung von Inseraten und Druckkostenbeiträgen deutlich zu favorisieren.

Problematisch ist auch die Bevorzugung von Medien, die der Partei bzw. Person des jeweiligen Ressortverantwortlichen nahestehen.

Die persönliche Darstellung von Mitgliedern der Bundesregierung über Porträtfotos (die schon die Hälfte des Inseratenplatzes erreichen und damit beträchtliche Kosten verur­sachen!) und Text usw sollte in der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung ebenfalls keinen Platz haben.

Der vorgeschlagenen Entschließungstext hat daher ein Gesetz zum Ziel, das der Öf­fentlichkeitsarbeit von Ministerien konkrete Grenzen zieht und eine unabhängige Be­schwerdestelle vorsieht, an die sich BürgerInnen und Parteien wenden können.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Staatssekretär Dr. Os­termayer. – Bitte.

 


21.50.13

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte nur drei kurze Anmerkungen machen.

Zum einen zum Herrn Abgeordneten Öllinger: Ich teile seine Meinung, dass Öffentlich­keitsarbeit wichtig ist, auch aus einem relativ simplen Grund: Das sichert schlicht und einfach auch Arbeitsplätze von Journalisten und Journalistinnen. (Oh-Rufe bei der ÖVP.) Gerade in einer wirtschaftlich kritischen Situation, die Sie ja erwähnt haben, nämlich dass sich das Verhältnis der Inserate von der Wirtschaft auf der einen Seite und der öffentlichen Hand auf der anderen Seite in der Krise verschiebt (Abg. Mag. Kogler: Das ist ja unglaublich!), merken das auch die verschiedenen Medien und Tageszeitungen. Wenn Sie mit den Herausgebern der verschiedensten Zeitungen re­den, werden Sie das auch hören.

Zum Zweiten: Herr Abgeordneter Neubauer hat kritisiert, dass die Regierung inse­riert. – Ich möchte nur daran erinnern, im Verfassungsausschuss hat sein Kollege, Herr Abgeordneter Hofer, gesagt, dass alle Inserate der letzten Zeit genau den Richtlinien des Rechnungshofes und auch den Richtlinien, die hier in Form eines Entschließungs­antrages vorgelegt wurden, entsprechen. (Abg. Mag. Kogler: Inserate von einem Mi­nister? – Abg. Neubauer – ein Inserat in die Höhe haltend –: Das zum Beispiel?)

Zum Dritten: Wir haben als Regierung vor, sowohl diesem Entschließungsantrag als auch natürlich den zugrundeliegenden Empfehlungen des Rechnungshofes zu folgen und wollen in den nächsten Wochen die entsprechenden Richtlinien auch in der Regie­rung beschließen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Aubauer zu Wort. – Bitte.

 


21.52.00

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Kollege Öllinger, wir können jetzt nicht jedes einzelne Inserat analysieren, das Sie ge­zeigt haben. Aber was ist denn wichtig? – Wichtig ist, erfreulich ist, dass wir eine Emp­fehlung des Rechnungshofes umsetzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Öllinger: Ohne Konsequenzen!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 267

Wichtig ist, dass das Geld der Steuerzahler auch in der Information der Bundesregie­rung sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig verwendet wird. (Abg. Öllinger: Wer kontrolliert das?)

Herr Abgeordneter Neubauer, Sie fragen: Was ist mit dieser Regierung los? (Abg. Neubauer hält ein Inserat in die Höhe.) – Ich frage Sie: Was ist mit dieser Oppo­sition los? (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte nämlich jetzt nicht darüber reden, was wir heute beschließen. Reden wir doch darüber, was wir heute nicht beschließen können! Es geht um Verbesserungen bei der Briefwahl, die bei der EU-Wahl erprobt worden sind. Diese sollten jetzt auf alle Wahlen ausgedehnt werden. Eine gute Sache; wir könnten diese gute Sache heute be­schließen. (Abg. Öllinger: Jetzt?) Aber dieses Thema kam nicht auf die Tagesordnung des Verfassungsausschusses, weil Sie ja keine Zweidrittelmehrheit gegeben haben. Das heißt, Sie blockieren zum Schaden der Wähler. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben jahrelang dafür gekämpft, dass es diese Verbesserungen bei der Briefwahl gibt. Jetzt hätten wir sie beschließen können, aber leider gibt es die Blockade der Op­position. (Abg. Dr. Strutz: Laden Sie die Minister!) Ich lade Sie ein: Geben Sie das Blo­ckieren auf und arbeiten Sie wieder mit! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.53

21.53.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist niemand mehr zu Wort gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Ein Schlusswort seitens der Berichterstattung wird nicht gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses, seinen Bericht 536 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 535 der Beilagen ange­schlossene Entschließung.

Hiezu haben die Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen einen gesamtän­dernden Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über den erwähnten Abänderungsantrag und im Falle seiner Ablehnung über die dem Ausschussbericht in 535 der Beilagen angeschlossene Ent­schließung abstimmen lassen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für den Abänderungsantrag der Abgeord­neten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 535 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen. (E 73.)

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschus­ses, seinen Bericht 537 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 268

21.55.25 46. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (471 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz geändert wird (538 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 46. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte.

 


21.55.45

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ho­hes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz geändert wird, sieht ein Aufsichtsrecht der Unterrichtung für die obersten Organe vor, konkret für den Bundeskanzler auf der einen Seite, aber auch für die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf der anderen Seite, die befugt ist, sich über alle Gegenstände der Geschäftsführung der Telekom-Control-Kommission, des Postsenats der Telekom-Control-Kommission sowie der Post-Con­trol-Kommission zu unterrichten. Der Bundeskanzler wiederum ist befugt, sich über
alle Gegenstände der Geschäftsführung des Bundeskommunikationssenates zu unter­richten.

Diese Gesetzesbestimmung geht auf eine Bestimmung des Bundes-Verfassungsgeset­zes zurück, nämlich Artikel 20 Abs. 2 sieht vor, dass durch Gesetz ein der Aufgabe des weisungsfreien Organs angemessenes Aufsichtsrecht der obersten Organe vorzuse­hen ist, zumindest aber das Recht, sich über alle Gegenstände der Geschäftsführung der weisungsfreien Organe zu unterrichten.

Weitergehende Aufsichtsrechte sind nicht vorgesehen. Dieses Aufsichtsrecht gibt uns Abgeordneten die Möglichkeit, von den obersten Organen im Zuge des Interpellations­rechtes entsprechende Informationen zu erhalten. Dies ist eine Bestimmung, die aus unserer Sicht im Sinne der Transparenz und im Sinne der parlamentarischen Kontrolle gemeinsam beschlossen werden soll.

In diesem Sinne darf ich Sie darum ersuchen, dieser Regelung zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Brosz zu Wort. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.57.39

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Kollege Maier hat ja im Ausschuss schon darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit der parlamentarischen Kontrolle mit dieser Gesetzesnovelle möglich ist. – Das ist ja nicht unrichtig. Allerdings ist damit auch deutlich mehr möglich. Und das ist genau der Punkt, warum wir Grüne dem Gesetz in dieser Form nicht zustimmen wollen.

Es geht um weisungsfreie Behörden. Da ist natürlich die Frage: Soll es die Möglichkeit geben, Zugriff auf Informationen zu haben? Können die beispielsweise auch für parla­mentarische Anfragen genutzt werden? – Wir schlagen da doch vor, dass man das auch ins Gesetz hineinschreiben sollte.

Der Punkt ist natürlich der, dass sich, wenn hier ein Informationsrecht, eine Unterrich­tungspflicht des Bundeskanzlers besteht, die Frage stellt, ob das nicht deutlich mehr als nur eine Information ist, sondern er möglicherweise auch Einfluss auf die Behörde neh­men kann.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 269

Daher stelle ich folgenden Antrag:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Brosz, Musiol und KollegInnen

zum Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (471 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz geändert wird (538 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 270

Die Regierungsvorlage (471 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz geändert wird (538 d.B.) in der Fassung des Berichtes des Verfassungsausschusses (538 d.B.) wird wie folgt geändert:

Die Ziffer 1 lautet:

1. Dem § 11 wird folgender Abs. 6 angefügt:

„6) Der Bundeskanzler ist zum Zwecke der parlamentarischen Kontrolle gemäß Art. 52 Abs. 1 B-VG befugt, sich über alle Gegenstände der Geschäftsführung des Bundes­kommunikationssenates zu unterrichten.“

Die Ziffer 2 lautet:

2. In § 6 wird nach Abs. 3 als neuer Abs. 3a eingefügt:

„(3a) Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie ist zum Zwecke der parlamentarischen Kontrolle gemäß Art. 52 Abs. 1 B-VG befugt, sich über alle Ge­genstände der Geschäftsführung der Telekom-Control-Kommission, des Postsenats der Telekom-Control-Kommission sowie der Post-Control-Kommission zu unterrichten.“

*****

Diese Änderung würde bedeuten, dass zum Zwecke der parlamentarischen Kontrolle die Unterrichtungspflicht besteht, dass auf jeden Fall auch die Transparenz, die ange­sprochen wurde, gewährleistet ist und dass es nicht möglich ist, dann tatsächlich in eine unabhängige Behörde anders hineinzuregieren als über die Frage dessen, was die Kontrolle ermöglichen soll.

Deshalb ersuchen wir Sie, diesem Abänderungsantrag – wie Sie das immer formu­lieren – beizutreten und dieser vernünftigen Änderung zuzustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

21.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der eingebrachte Abänderungsantrag ist ausrei­chend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Brosz, Musiol und KollegInnen

zum Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (471 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz geändert wird (538 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage (471 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz geändert wird (538 d.B.) in der Fassung des Berichtes des Verfassungsausschusses (538 d.B.) wird wie folgt geändert:

Die Ziffer 1 lautet:

1. Dem § 11 wird folgender Abs. 6 angefügt:

„(6) Der Bundeskanzler ist zum Zwecke der parlamentarischen Kontrolle gemäß Art 52 Abs 1 B-VG befugt, sich über alle Gegenstände der Geschäftsführung des Bundes­kommunikationssenates zu unterrichten.“

Die Ziffer 2 lautet:

2. In § 6 wird nach Abs. 3 als neuer Abs. 3a eingefügt:

„(3a) Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie ist zum Zwecke der parlamentarischen Kontrolle gemäß Art 52 Abs 1 B-VG befugt, sich über alle Ge­genstände der Geschäftsführung der Telekom-Control-Kommission, des Postsenats der Telekom-Control-Kommission sowie der Post-Control-Kommission zu unterrichten.“

Begründung

Mit dem Abänderungsantrag soll das Unterrichtungsrecht des Ressortchefs/Ressort­chefin gegenüber den weisungsfreien Organen ausschließlich in den Dienst der parla­mentarischen Kontrolle gestellt werden (siehe die Ergänzung jeweils „zum Zwecke der parlamentarischen Kontrolle gemäß Art 52 Abs 1 B-VG“). Ein unbegrenztes Unterrich­tungsrecht würde nämlich der Unabhängigkeit der betreffenden Organe zuwiderlaufen. Die parlamentarische Kontrolle nach Art 52 Abs 1 B-VG in der Ausgestaltung der Ge­schäftsordnung des Nationalrats einerseits und des Bundesrats andererseits erfolgt in Form schriftlicher Anfragen, welche der Öffentlichkeit zugänglich sind. Diese Transpa­renz gewährleistet, dass es nicht zu einer missbräuchlichen Verwendung dieses Unter­richtungsrechts in Richtung Beeinflussung der Entscheidungsfindung im Einzelfall kommt. Im übrigen ist auch auf die direkten Möglichkeiten der demokratischen Kon­trolle durch die Ausschüsse des Nationalrats und des Bundesrates nach Art 52 Abs 1a B-VG zu verweisen.

Eine solche Einschränkung steht im Einklang mit Art 20 Abs 2 B-VG, denn auch die Unterrichtungspflicht muss dem jeweiligen weisungsfreien Organ angemessen sein. Schon der Textvorschlag Kostelka im Österreich-Konvent zu Art 20 B-VG (Bericht des Österreich-Konvents, Teil 4A, S 210) sah die Aufsichts- und Informationsrechte im Dienste der demokratischen Kontrolle.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmu­ckenschlager. – Bitte.

 


21.59.58

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der Novelle zum Bundes-Verfassungs­gesetz wurden die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Einrichtung weisungsfreier Organe in Artikel 20 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz geändert.

Der Bundeskommunikationssenat ist ein unter Artikel 20 Abs. 2 Z 3 B-VG fallendes weisungsfreies Kollegialorgan. Er ist zur Entscheidung in oberster Instanz eingerichtet, ihm gehören drei Richter an, und seine Bescheide unterliegen nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsbereich.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 271

Artikel 20 Abs. 2 sieht in seinem Schlusssatz vor, dass durch Gesetz ein der Aufgabe des weisungsfreien Organs angemessenes Aufsichtsrecht der obersten Organe vorzu­sehen ist, zumindest aber das Recht, sich über alle Gegenstände der Geschäftsfüh­rung der weisungsfreien Organe zu unterrichten. Dieses Recht des Bundeskanzlers er­gibt sich aus dessen Vollzugszuständigkeit. Der Bundeskanzler ist somit befugt, sich über alle Gegenstände der Geschäftsführung des Bundeskommunikationssenates zu unterrichten.

Weiters wird die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie befugt, sich über alle Gegenstände der Geschäftsführung der Telekom-Control-Kommission, des Postsenats der Telekom-Control-Kommission sowie der Post-Control-Kommission zu unterrichten. Dies ermöglicht, eine Kontrolle von unabhängigen Organen durchzuführen.

Die Zielsetzung ist, dass auf Anfrage Informationen zu bekommen sind, aber nicht eine Beeinflussung dieser obersten Organe. Dies ist nicht nur eine formale, sondern eine tatsächliche Kontrollmöglichkeit. Es handelt sich um eine verpflichtende Umsetzung verfassungsrechtlicher Vorgaben bis Ende Dezember 2009. Kein Vollzugssektor darf sich der Kontrolle entziehen. Das hat auch einen präventiven Missbrauchsverhinde­rungscharakter.

Wir bekennen uns zum Vorhaben, eine unabhängige leistungsfähige Regulierungsbe­hörde für den gesamten Rundfunkbereich, sozusagen KommAustria Neu, im Zusam­menhang mit der Reform des ORF-Gesetzes einzurichten, und erwarten uns diesbe­züglich auch die Unterstützung aller Fraktionen. (Beifall bei der ÖVP.)

22.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.

 


22.02.35

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich schlie­ße gleich beim letzten Redner an: Kein Vollzugsbereich darf sich der öffentlichen Kon­trolle entziehen. – Herr Kollege Schmuckenschlager, wer hat Ihnen diese Rede ge­schrieben: der Peter Pilz? Der Ewald Stadler nicht, aber sie könnte vom Ewald Stadler sein, zumindest der Satz: Kein Vollzugsbereich darf sich der öffentlichen Kontrolle ent­ziehen. Warum entzieht sich dann die gesamte Bundesregierung der Kontrolle durch den Untersuchungsausschuss? (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Hat er gesagt, bitte! Ich zitiere nur Schmuckenschlager, die Zukunftshoffnung der Ös­terreichischen Volkspartei. Wer Ihnen diese Rede geschrieben hat, weiß ich nicht – von Ihnen selbst ist Sie nicht, man hat gemerkt, wie Sie zum Teil gehangen sind, text­lich gehangen natürlich. Aber, meine Damen und Herren, der Satz ist richtig: Kein Voll­zugsbereich darf sich der öffentlichen Kontrolle entziehen! – Ich habe mir das gut auf­geschrieben, ich werde das jetzt immer zitieren. Aus der ÖVP-Ecke: Kein Vollzugsbe­reich darf sich der öffentlichen Kontrolle entziehen, denn das hat Missbrauchspräven­tionscharakter.

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob der Kollege Schmuckenschlager weiß, was er gesagt hat, aber tolles Wort: Missbrauchspräventionscharakter. (Beifall beim BZÖ.)

Wir sind auch der Meinung, dass der, der Ihnen diese Rede geschrieben hat, mit Miss­brauchspräventionscharakter recht hat, meine Damen und Herren, denn – und jetzt bin ich beim eigentlichen Gesetz – es gibt drei Möglichkeiten, sich der Kontrolle zu entzie­hen: Das eine sind die Behörden mit richterlichem Einschlag. Das Zweite ist die Flucht in die Privatwirtschaft, in das Kleid des Privatrechtes. Da hat es ein massives Kontroll-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 272

defizit in den letzten Jahren gegeben, vor allem unter Grasser, das sage ich gleich da­zu. Das ist Teil dieser aggressiven Privatisierungspolitik gewesen. Und die dritte Vari­ante ist Druck der ÖVP. (Abg. Kößl: Du Scherzkeks!)

Und dann geht ein ÖVP-Abgeordneter heraus und sagt: Missbrauchspräventionscha­rakter: Kein Vollzugsbereich darf sich der öffentlichen Kontrolle entziehen! (Abg. Hörl: Du passt wenigstens auf!) – Ja, ich passe immer auf! Wenn ein Schwarzer redet, muss man immer unglaublich aufpassen (Beifall beim BZÖ), weil, meine Damen und Her­ren, die ÖVP immer das Gegenteil von dem sagt, was sie tut. Daher muss man immer genau zuhören, was die ÖVPler sagen: Kein Vollzugsbereich darf sich der öffentlichen Kontrolle entziehen!

Öffentliche Kontrolle, Herr Kollege Schmuckenschlager, ist auch parlamentarische Kontrolle. Das wäre noch zu ergänzen. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

22.05

22.05.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 538 der Beilagen.

Dazu haben die Abgeordneten Brosz, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungs­antrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die von diesem Abänderungsantrag betroffenen Teile und an­schließend über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes samt Titel und Eingang abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Brosz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die Ziffern 1 und 2 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Aus­schussberichtes abstimmen, und ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

22.06.5147. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvorla­ge (385 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich, der Republik Bulga­rien, der Republik Ungarn, Rumänien und der Republik Türkei über das Nabucco-Projekt (525 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 273

48. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvor­lage (475 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994, das Wirt­schaftstreuhandberufsgesetz und das Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungs­gesetz geändert werden (526 d.B.)

49. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvorla­ge (402 d.B.): Internationales Tropenholz-Übereinkommen von 2006 (527 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 47 bis 49 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gradauer. – Bitte.

 


22.07.39

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Herr Bundesmi­nister! Hohes Haus! Es geht um die „Nabucco“-Pipeline. Diese „Nabucco“-Pipeline wird jährlich 31 Milliarden Kubikmeter Erdgas nach Europa liefern. Die Leitung führt über Ungarn, Rumänien, Bulgarien und durch die gesamte Türkei. Der vorliegende Gesetz­entwurf stellt ein Abkommen zwischen diesen Staaten über einheitliche Rahmenbedin­gungen für die Errichtung und den Betrieb dieser Pipeline dar.

Die Errichtung dieser Pipeline wird in etwa 7,9 Milliarden € kosten und wird von der Nabucco International Company betrieben. Es gibt sechs Beteiligte, darunter auch die RWE Deutschland. Die „Nabucco“-Pipeline ist 3 300 Kilometer lang und aus der Sicht dieser Gesellschafter natürlich ein lukratives Geschäft, eine Investition in die Zu­kunft, weil ja, wie wir wissen, der Erdgasbedarf jährlich gewaltig steigt. – So weit, so nicht gut.

Im Vorblatt dieses Gesetzes kann man nachlesen, dass es zur „Nabucco“-Pipeline kei­ne Alternative gäbe. – Das kann ich mir vorstellen, wenn man das Gesetz als solches hernimmt, aber im Gesamten und im Allgemeinen sehen wir Freiheitlichen das total an­ders, denn wir fragen uns schon: Ist es wirklich richtig, sich als Staat Österreich völlig in die Abhängigkeit von Energieimporten zu begeben? Wir wissen aus der Erfahrung des letzten Jahres mit dem Russland-Erdgas, dass die Dinge schnell kippen können.

Die „Nabucco“-Pipeline wird die Abhängigkeit von Drittstaaten weiter erhöhen und ver­schlingt nebenbei jede Menge Finanzmittel. Eine fatale energiepolitische Abhängigkeit! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir Freiheitlichen fragen daher: Kann es wirklich richtig sein, weiter auf fossile Energie zu setzen, wo doch die CO2-Belastung schon heute in der Welt ein Riesenproblem dar­stellt?

Wir Freiheitlichen sehen dazu zwei große Punkte. Erstens: Die FPÖ steht für ein ener­gieautonomes Österreich, denn wir können im eigenen Land vorhandene Ressourcen reichlich nützen. Wir können den Ausbau der Wasserkraft, der Biomasseenergie, der Solarenergie und der Windenergie forcieren. Und wir können, wenn wir diese Energien unterstützen, auch die Fördertöpfe der EU, die ja vorhanden sind, richtig anzapfen.

Zweitens: Wir von der FPÖ haben schon einmal das „Nabucco“-Projekt abgelehnt, weil dieses Projekt letztlich auch eine Eintrittskarte der Türkei in die Europäische Union sein


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 274

kann – und wir Freiheitlichen wollen nicht, dass die Türkei EU-Mitglied wird. Wir wollen nicht, dass die Türkei zur EU kommt, denn die Türkei ist niemals ein europäisches Land. (Beifall bei der FPÖ.)

22.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steindl. – Bitte.

 


22.11.42

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Gradauer hat gemeint, wir in Österreich werden durch „Nabucco“ noch energie-abhängiger. – Genau das Gegenteil ist der Fall, Kollege Gradauer! Mit „Nabucco“ werden wir weitaus weniger abhängig sein, als das jetzt der Fall ist, weil es ja derzeit, wie allen bekannt ist, eigentlich nur einen Gaslie­feranten für Europa gibt, und diese Situation kann sich mit dem Projekt „Nabucco“ na­türlich entsprechend bessern.

Zusammen mit Bulgarien, Ungarn, Rumänien, aber auch der Türkei werden wir das Projekt „Nabucco“ weiter verfolgen. Es gibt ja internationale Prognosen, die besagen, dass es bis zum Jahre 2030 jährlich einen Zuwachs von 1 Prozent an Erdgasbedarf geben wird, und deswegen muss man entsprechend handeln, dass dieses Gaslei­tungsprojekt mit einer Gesamtlänge von 3 300 Kilometern von der Region um das Kas­pische Meer über diese Südkaukasusleitung durch die Türkei bis zum Hub Baumgarten in Niederösterreich gebaut wird.

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist es auch gut, wenn man ein internationales Ban­kenkonsortium findet, das diese Investitionen tätigt, die wir wirtschaftlich sehr dringend benötigen. Das wird Europa und vor allem auch Österreich, eben aufgrund der Diversi­fizierung der Lieferquellen und der Routen, insgesamt Vorteile bringen.

Die Investitionssumme ist, wie gesagt, sehr, sehr hoch, aber auf der anderen Seite in Zeiten wie diesen notwendig.

Insgesamt werden wir alle, wie ich meine, davon profitieren: auch diejenigen, die Grundstücke zur Verfügung stellen; entsprechend attraktive Entschädigungsmaßnah­men sind vorgesehen. Letztlich wird sich das wahrscheinlich auch auf den Gaspreis günstig auswirken und unsere Versorgungssicherheit und somit den Wirtschaftsstand­ort Österreich insgesamt bestens absichern. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lu­gar. – Bitte.

 


22.14.24

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Minis­ter! Uns wird „Nabucco“ immer als großer Wurf zu verkaufen versucht; es gehe auch um Sicherheit. – Da frage ich aber schon, woher diese Sicherheit kommen soll, wenn wir unsere Energie-Abhängigkeit von der Ukraine und von Russland gegen die Abhän­gigkeit von der Türkei tauschen. Woher soll diese Sicherheit kommen, wenn wir noch gar nicht wissen, ob in dieser Region genug Gas zur Verfügung steht, um diese Lei­tung überhaupt unter Druck setzen zu können? Es ist nämlich überhaupt noch nicht ab­sehbar, ob diese Leitung jemals so viel Druck aufbauen wird können, dass so Europa versorgt werden kann.

Was auch noch dazukommt, Herr Minister: Sie haben ja vor längerer Zeit glaubhaft versichert, dass Österreich einen Lieferausfall sehr wohl kompensieren könnte, und zwar mit Flüssiggas. Damals sagten Sie mir, Herr Minister Mitterlehner, es könne


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 275

nichts passieren, denn wir hätten ausreichend Reserven – und im schlimmsten Fall würde eben einfach mit Flüssiggas gearbeitet. (Bundesminister Dr. Mitterlehner: So habe ich es nicht gesagt!) – Genau so haben Sie es gesagt, Herr Minister! Sie waren da bei uns im BZÖ-Klub und haben uns das damals so gesagt, als es diesen Engpass gab. Wir in Österreich bräuchten uns diesbezüglich keine Sorgen zu machen, meinten Sie.

Deshalb frage ich, wenn wir hiemit keine Sicherheit gewinnen und diese Sicherheit auch gar nicht brauchen, wie Sie sagen: Wofür machen wir dieses Milliardengrab, wo­für machen wir diese Investitionen? – Noch dazu, wenn wir wissen, dass wir bis zum Jahre 2050 80 Prozent des CO2 einsparen müssen, und zwar vom Stand 1990. Das heißt, in Österreich werden wir im Jahre 2050 weniger als 20 Prozent des CO2, das wir heute emittieren, ausstoßen können.

Wenn man sich das anschaut, sieht man, dass weder Gas, Öl noch Kohle eine Zukunft haben. Das hat keine Zukunft mehr, wenn wir 80 Prozent des CO2 einsparen müssen. Und trotzdem wird die Gasversorgung aufgebläht (Abg. Riepl: Was hat dann Zukunft Ihrer Meinung nach?) – ich komme schon noch dazu –, obwohl wir wissen, dass wir das Gas nicht mehr brauchen werden. Wir werden zwar Gas brauchen können, aber bei Weitem nicht in dem Umfang, dass zwei Leitungen ausgelastet sein können.

Das wäre genauso verrückt, wie wenn ein Industriebetrieb, der mit Gas heizt, immer wieder expandiert und, weil die Gasleitung langsam zu eng wird, unwahrscheinlich viel Geld in die Hand nimmt, um diese Gasleitung auf eine größere Dimension auszu­bauen, auf der anderen Seite aber keine thermische Sanierung macht, um 80 Prozent der Heizkosten einzusparen. Das wäre verrückt, das würde niemand machen – aber genau das machen Sie jetzt!

Auf der einen Seite müssen 80 Prozent des CO2-Ausstoßes von 1990 eingespart wer­den, auf der anderen Seite aber wird eine zweite Leitung gebaut für eine veraltete Technologie, die wir gar nicht mehr in diesem Umfang einsetzen können, weil wir so viel an CO2 gar nicht mehr emittieren dürfen.

Das ist also nicht zukunftsträchtig, sondern eine veraltete Technologie. Wir müssen auf erneuerbare Energie umstellen; dafür brauchen wir jeden Euro. Wir brauchen je­den Euro, wir müssen weg von diesen Fehlentwicklungen hin zu erneuerbarer Energie. Wir haben alles dazu; Österreich könnte ein CO2-Musterland werden. Das Einzige, was wir in Österreich allerdings nicht haben, ist der politische Mut. Es fehlt der politische Mut, die richtigen Dinge zu machen. Sie von der ÖVP propagieren die alten Technolo­gien, weil OMV und andere damit Geld verdienen! Das ist genau der Hintergrund, war­um da nichts weitergeht.

Deshalb an Ihre Adresse: Wir brauchen mehr politischen Mut! – Danke. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

22.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kuz­das. – Bitte.

 


22.18.20

Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Gradauer, zu Tode gefürch­tet ist auch gestorben! Das kann man nur nach Ihren Ausführungen sagen.

Mit „Nabucco“ werden neue Erdgas-Gewinnungsgebiete in der Kaspischen Region er­schlossen; diese einseitige Abhängigkeit von der Ukraine wird dadurch beseitigt. Selbst jetzt, um 22.15 Uhr, kann man sagen: Eins und eins ist zwei – und auf zwei Beinen steht man besser. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 276

Was die Auslastung dieser Pipeline betrifft, Kollege Lugar: Da sind ja nicht irgendwel­che Unternehmen dabei, sondern das geschieht unter Federführung der OMV, und die können wirklich wirtschaftlich arbeiten. Ich würde mir also um die Auslastung dieser Pipeline keine Sorgen machen, und es gibt auch kein staatliches Geld, das für den Bau dieser Pipeline zur Verfügung gestellt wird, auch keine Förderung. Das zu betonen, ist auch wichtig.

Meine Damen und Herren, die Zustimmung zu „Nabucco“ ist auch kein Schlag gegen die erneuerbare Energie. Aus dem Beschluss abzuleiten, das wäre Energiepolitik von gestern, wäre unzulässig und polemisch, denn die totale Energiewende, auch wenn man sie noch so herbeiredet und herbeisehnt, ist momentan leider nicht in Sicht. Wir müssen uns damit abfinden, dass es ein Nebeneinander von fossilen und erneuerba­ren Energieträgern geben wird. (Abg. Dr. Lichtenecker: Wie lange noch, Herr Kolle­ge?) Im Übrigen muss ja Erdgas nicht zwangsläufig verheizt werden, sondern kann auch veredelt werden zu höheren Stufen, so zum Beispiel in der chemischen Industrie.

Wir wissen schon, dass es großer Anstrengungen bedarf, und sind alle gespannt, was Kopenhagen bringen wird. Wir wissen, dass wir die Auswirkungen des Klimawandels eindämmen müssen. Wir wissen auch, dass Vorbeugen günstiger ist als Kurieren, weil die Vorbeugung ein Zwanzigstel der aufgrund der Auswirkungen des Klimawandels an­fallenden Reparaturkosten beträgt.

Es ist daher sinnvoll, meine Damen und Herren – darin sind wir uns alle hier in diesem Haus einig –, dass wir grüne Technologien fördern, um die Energieversorgung für die Zukunft sicherzustellen. Es ist notwendig, intensiv an der ökologischen Energieversor­gung zu arbeiten, um Zukunftstechnologien, die gleichzeitig Jobmotor sein können, zu fördern. Es ist aber auch notwendig, im Sinne der Versorgungssicherheit ein Ja zu „Na­bucco“ zu sagen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Lichten­ecker. – Bitte.

 


22.20.57

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Unter diesen Tagesordnungspunkten werden drei Materien verhandelt. Der ersten Materie, der vorliegenden Änderung der Gewerbe­ordnung, des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes und des Abschlussprüfungs-Quali­tätssicherungsgesetzes, werden wir zustimmen; ebenso dem Internationalen Tropen­holz-Übereinkommen von 2006, dem Österreich beitreten wird, wiewohl hier anzu­merken ist, das, was hier vorliegt, das Abkommen, ist eine Absichtserklärung zum Schutz der Artenvielfalt bei den Tropenhölzern für die nachhaltige Bewirtschaftung. Es sei hier sehr klar angemerkt, dass die Regeln sehr weich formuliert sind, dass die Zäh­ne, der Biss fehlen, um tatsächlich einen ordentlichen Vollzug zu machen, aber es ist ein erster Schritt.

Zu „Nabucco“: Kollege Kuzdas, es geht nicht darum: zu Tode gefürchtet, ist auch ge­storben, sondern es geht um etwas ganz anderes. Es geht darum: Macht diese Investi­tion volkswirtschaftlich Sinn? – Das ist die zentrale Frage, die sich hier stellt.

Sie führen aus, dass die OMV daran beteiligt ist. – Ja, die OMV ist federführend betei­ligt, die OMV schmückt sich ja auch in der Werbung damit, dass sie der führende Öl- und Gaskonzern in Mitteleuropa ist. Jetzt frage ich Sie schon: Im Jahr 2009 – wir ste­hen vor dem entscheidenden Klimagipfel – rühmt sich der Energiekonzern, der doch zu 31,5 Prozent der Republik Österreich gehört, damit, genau auf diese beiden Bereiche zu setzen!? Dieses Projekt umfasst sage und schreibe 7,9 Milliarden € – was damit al­les investiert werden könnte in die Erneuerbaren!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 277

Kollegen Schultes, den ich gerade dort sitzen sehe, würde ich schon gerne fragen: Wo würden Sie selbst Ihr privates Geld lieber investieren: in die Biomasse oder in Gas? Das ist die Frage, die sich hier ganz klar stellt. (Abg. Ing. Schultes: Die Antwort heißt Biogas!) Ich denke, Kollege Schultes kennt die Antwort, die klare Antwort lautet: Auf die Erneuerbaren setzen!

Sie reden von Unabhängigkeit und Versorgungssicherheit. – Sie glauben doch nicht al­len Ernstes, dass eine Pipeline, die aus dem Iran Gas liefern soll, tatsächlich zur Si­cherheit der Energieversorgung in Österreich beitragen kann!? Das wird sie nicht! Im wahrsten Sinne des Wortes wird diese Leitung nichts anderes, als Chancen, Visionen, Geld verheizen, in die falsche Technologie investieren und damit natürlich auch Chan­cen für Österreich und für Gesamteuropa verpassen. (Beifall bei den Grünen. – Zwi­schenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

22.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Haubner gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


22.24.10

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Energieversorgungssicherheit ist eine standortpolitische Notwendigkeit; ich glaube, das ist uns allen klar. In Österreich ist es so, dass wir mit unseren Wasservorräten über einen bedeutenden Schatz verfügen, der schon die Grundlage für die Energieversorgungssicherheit bieten kann. Wir haben heute schon darüber gesprochen: Es ist ganz wichtig, dass wir die Wasserkraft weiter ausbauen, denn mit dieser Wasserkraft sichern wir die Versorgungssicherheit und schaffen natürlich auch Impulse in den Regionen für die klein- und mittelständischen Unternehmen. Das ist in Zeiten wie diesen ganz wichtig für die regionale Wirtschaft.

Aber natürlich werden wir nicht darum herumkommen, auch fossile Rohstoffe weiterhin für unser Leben und auch für das Wirtschaften zu verwenden. Daher ist es wichtig, die­se Pipeline zu bauen.

Ich glaube, dass Bundesminister Mitterlehner im Rahmen der Verhandlungen die öster­reichischen Positionen stark vertreten hat. Dieses Inter-Governmental Agreement, das wir heute beschließen, ist ein wichtiger Schritt. Wir sollten diese Chance nützen und damit einen zentralen Schritt für die Zukunft der Energieversorgungssicherheit für Europa und für Österreich setzen. Wir stärken damit den Wirtschaftsstandort Öster­reich, und das ist gerade in Zeiten wie diesen notwendig, denn mit unseren kleinen und mittelständischen Unternehmen und vor allem auch mit den internationalen Investoren müssen wir dafür sorgen, dass sich alle weiterhin auf die Energieversorgungssicherheit in Österreich verlassen können.

Diese Energieversorgungssicherheit – damit kehre ich zum Anfang zurück – ist eine standortpolitische Notwendigkeit, meine Damen und Herren! – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

22.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Widmann zu Wort. – Bitte.

 


22.25.59

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Minister, die Frage ist: Versorgungssicherheit mit diesem Projekt – ja oder nein? Ich möchte einige Zahlen, Daten und Fakten nennen, die das sehr in Frage stel­len, denn nur zu behaupten: Wir diversifizieren die Versorgung mit einer zweiten Pipe­line, dann sind wir sicher!, ist, glaube ich, der falsche Zugang.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 278

In dieser Regierungsvorlage lese ich, der Erdgasbedarf Europas wird bis zum Jahr 2030 um jährlich 1 Prozent steigen. Alternativen gibt es keine, steht hier. – Die Variante, dass der Erdgasverbrauch sinken kann, indem man erneuerbare Energien ausbaut, indem man auf Energieeffizienz setzt, kommt gar nicht vor. Die sogenannte Nullvariante, die eigentlich üblich ist bei UVP-Verfahren, wird ausgeschlossen in dieser Vorlage. – So viel zu diesem ersten Teil.

Zweitens: Das Projekt kostet 8 Milliarden €, ist 3 300 Kilometer lang – eine „Luxuslei­tung“, von der man bis heute nicht weiß, ob sie auch funktionieren wird, ob das Gas vorhanden ist, ob die Leitung entlang von politischen Krisenzonen auch tatsächlich ge­baut werden kann; Banken stehen dahinter. Also es ist wirklich mehr als fraglich. Der Baubeginn wurde mehrfach verschoben, nun steht er mit 2014 im Raum. 31 Milliarden Kubikmeter Gas sollen fließen (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter), erst dann ist das Projekt rentabel, und zum Start im Jahr 2014, Herr Kollege Matznetter, sind nicht einmal jene 10 Milliarden Kubikmeter Gas jährlich gesichert, die für den sicheren Be­trieb notwendig sind. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Sie sagen, Sie setzen auf sichere Länder, Sie setzen auf Aserbaidschan, Sie setzen auf Turkmenistan, Sie setzen auf Kasachstan, Sie setzen auf den Iran, Sie setzen auf den Irak. – Das soll sicher sein?! Das ist nicht sicher! (Beifall beim BZÖ.)

Noch eines, Kollege Matznetter von der SPÖ: Wenn Sie im Google recherchieren, kommen Sie darauf, dass ein Großteil des Gases, das man hier haben will, bereits auch wiederum von der Gazprom gekauft wurde: in Turkmenistan, in Aserbaidschan, in Kasachstan. (Abg. Dr. Matznetter: Das stimmt überhaupt nicht!) Schauen Sie nach! Vertrauen Sie nicht den Regierungsvorlagen, die kaum Fakten enthalten, sondern schauen Sie nach im Internet, dort kann man das alles nachlesen!

Was übrig bleibt, ist diese „Nabucco“-Pipeline – ein reines EU-Prestigeprojekt. Ich ver­stehe schon, dass Regierungsvertreter gerne hinfahren, dort gibt es ein Glaserl Sekt und wahrscheinlich ein bisserl Lachs dazu, dort kann man etwas eröffnen – ob es je­mals zustande kommt, weiß man nicht –, aber es wird ein Milliardengrab für Europa werden. Es wäre auch nicht das erste, denn – wer sich ein bisserl auskennt, weiß das – die BTC-Ölleitung aus demselben Raum, die es seit drei Jahren gibt, ist auch de­fizitär.

„Nabucco“ wird ein riesiges Milliardengrab für Europa werden. Zahlen werden das letzt­lich die Menschen in unserem Lande, die die Energie brauchen. Daher kann es nur einen Weg geben: erneuerbare Energien ausbauen, Energieeffizienz forcieren und das Geld dort hineinstecken, weil man damit Frieden schafft, Sicherheit schafft, Nachhaltig­keit schafft und für die Menschen hier Arbeitsplätze schafft. Der umgekehrte Weg wür­de bedeuten, fossile Energien, in Devisen über diese Pipeline, zu exportieren und im Gegenzug dazu dann CO2-Zertifikate kaufen zu müssen, mit denen dann letztlich wie­der – Herr Kollege Matznetter, greifen Sie sich nicht auf den Kopf, das stimmt – die Atomkraft auch in Europa ausgebaut wird. Dazu sagen wir: nein! (Beifall beim BZÖ.)

22.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Matznetter hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, Sie ken­nen die GOG-Bestimmungen. – Bitte.

 


22.29.29

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Herr Abgeordneter Widmann hat unter anderem behauptet, dass die Mehrzahl der Gasvor­räte Aserbaidschans und Turkmenistan an die Gazprom verkauft worden wären.

Ich berichtige tatsächlich: Wie gestern unmittelbar durch den Vize-Außenminister Aser­baidschans an der Diplomatischen Akademie ausgeführt wurde (Abg. Mag. Widmann:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 279

Der sagt euch die Wahrheit!), der das Abkommen mitunterzeichnet hat, sind nicht ein­mal 5 Milliarden Kubikmeter mit der Gazprom vereinbart worden. Das ist ein winziger Bruchteil der gesamten Liefermenge von Aserbaidschan, die rund 60 Milliarden Kubik­meter pro Jahr beträgt.

Mehr kann ich leider wegen der Zeit nicht berichtigen, es wäre aber sehr vieles. – Dan­ke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

22.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Riepl gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


22.30.00

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Vom Gas zum Internationalen Tropenholz-Übereinkommen, das heute ebenfalls auf der Tages­ordnung steht. Wenn man ein bisschen recherchiert, dann findet man zum Beispiel in Wikipedia, dass Holz eines der ältesten und wichtigsten Roh- und Werkstoffe der Menschheit ist. Nach wie vor übersteigt die jährliche Holzproduktion die Mengen an Stahl, Aluminium und Beton. Jährlich werden rund 3,2 Milliarden Kubikmeter Holz ge­schlagen – das Spannende daran ist, dass mehr als die Hälfte davon Tropenholz ist.

Greenpeace beispielsweise berichtet, dass in Asien und Afrika durch den Raubzug der internationalen Holzkonzerne nur mehr etwa 30 Prozent der tropischen Regenwälder bestehen. In Brasilien erfolgen nach wie vor bis zu 80 Prozent des Holzeinschlages il­legal, vorbei an internationalen Auflagen und Behördenkontrollen.

Wenn man sich das alles anschaut, dann erkennt man, dass sich ein Teil dieser illega­len Ware wahrscheinlich auch in unseren Wohnzimmern wiederfindet.

Die Verwendung von Tropenholz wird in den Industrieländern seit 1970 kritisch disku­tiert. Das Internationale Tropenholz-Übereinkommen, das erstmals 1985 in Kraft trat, ist 1994 neu verhandelt, mehrmals verlängert und im Jahr 2006 als neues Übereinkom­men paraphiert worden. Heute steht eben die Ratifizierung durch Österreich auf der Tagesordnung.

Ein Ziel – das ist schon angeführt worden – ist die Förderung nachhaltiger Erzeugung und die Regelung des internationalen Handels mit Tropenholz aus nachhaltig bewirt­schafteten Wäldern.

Ich persönlich bin auch mit der Kollegin von den Grünen einer Meinung, dass nämlich das Abkommen stärker, verbindlicher und effektiver sein könnte. Aber ein internationa­les Abkommen ist eben nur die Summe der Meinungen aller, die es unterschreiben; das ist leider so.

Zustimmen, glaube ich, muss man diesem Abkommen trotzdem. Das Beste, das wir gemeinsam tun könnten, wäre der Verzicht auf Tropenholz. Das wäre der beste Weg, um in dieser Sache positive Signale zu setzen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Jury gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


22.33.10

Abgeordneter Josef Jury (BZÖ): Frau Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Mit die­ser „Nabucco“-Pipeline – der Name sagt ja schon vieles; Gefangenenchor aus der Oper „Nabucco“ – werden wir uns in die politische Abhängigkeit, in den politischen Arrest der Türkei, der instabilen Länder des südosteuropäischen Raumes begeben. Dieses Ansinnen, meine Damen und Herren, ist eine Bankrotterklärung der Regierung in der Energiepolitik. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Hornek: Das würde ich als Kärntner nicht sagen!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 280

Herr Kollege Schultes, Sie haben am 1. September 2008 Kritik an „Nabucco“ geübt, haben Zweifel an der Versorgung mit Erdgas aufkommen lassen. Kollege Schultes üb­te in diesem Zusammenhang heftige Kritik an der von der ÖMV geplanten Gaspipeline „Nabucco“. – Herr Abgeordneter Schultes, das ist eure Politik: Ihr sagt einfach Dinge, sagt die Unwahrheit, aber beschlossen wird von euch etwas ganz anderes. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Hornek: Oha!)

Die Regierungserklärung im Dezember 2008 verlangt: Raus aus den fossilen Brenn­stoffen, raus aus Öl, raus aus Kohle, raus aus Gas! – Was macht ihr, was macht die Regierung? Ihr baut eine Pipeline, eine enorme Gaspipeline von 3 000 Kilometern Län­ge. Das, meine Damen und Herren, ist die Bankrotterklärung der Energiepolitik in Ös­terreich! Auf der Strecke bleiben die zukünftigen Generationen, die Kinder unseres Staates.

Wenn wir nicht aufpassen, meine Damen und Herren, stürzt unsere Erdkugel ab. (Bei­fall beim BZÖ.) Die Erde hat Fieber, die Erde ist überhitzt – und in diesem Lichte bauen wir eine 3 000 Kilometer lange Gaspipeline nach Europa! Da kann man nur sagen: Gute Nacht, Österreich! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

22.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Bundesminister Dr. Mitterlehner. – Bitte.

 


22.35.39

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unter diesen Tagesord­nungspunkten werden drei Themen verhandelt. Zwei davon sind relativ unstrittig, ich möchte mich daher auf den Themenbereich „Nabucco“ konzentrieren und feststellen, dass es hier nicht um ein „Entweder-Oder“, sondern um ein „Sowohl-Als auch“ geht.

Wir haben nämlich im Rahmen der Gesamtenergiestrategie das Ziel und auch die Ver­pflichtung im Rahmen der Klimaschutzziele, dass wir den Anteil der erneuerbaren Energie auf 34 Prozent bis zum Jahr 2020 ausweiten. Es wird sehr ambitionierte An­strengungen nach sich ziehen müssen, um dieses Ziel auch zu erreichen. Das ist ganz schwierig, weil wir in Österreich nur eine Donau haben, um auch die Möglichkeiten im alternativen Bereich darstellen zu können.

Vom Gesamtenergieverbrauch bleiben rund zwei Drittel übrig, und es geht auch dar­um, für diese zwei Drittel, die übrig bleiben, die Versorgungssicherheit zu gewährleis­ten. Ihnen ist bewusst – nehme ich zumindest an –, dass wir im letzten Winter eine Gaskrise gehabt haben, die aufgrund von Problemen zwischen den beiden Ländern Ukraine und Russland entstanden ist und zu einem Lieferstopp bei der Pipeline, die in Baumgarten endet, geführt hat.

Daher ist es notwendig – und das Projekt „Nabucco“ hat genau diese Zielsetzung –, die Diversifikation sowohl im Bereich der Routen, das heißt, es wird mehr Pipelines, die an der Ukraine vorbeiführen, geben, aber auch im Bereich der Quellen sicherzustellen. Als Quellen – das ist angesprochen worden – haben wir Aserbaidschan, Turkmenistan, vor allem aber – noch nicht angesprochen – auch den Irak. Wenn Sie das mittelfristig betrachten, könnte sich auch die politische Großwetterlage zwischen den Vereinigten Staaten und dem Iran so ändern, dass ein Einspeiseinteresse nicht nur besteht, son­dern auch realisiert werden könnte. Ich sage das im Konjunktiv, aber bei den anderen, wie wir schon bei den Interessenten feststellen, ist durchaus jetzt das Interesse da, da sozusagen zu buchen. Daher: Angebot schafft Nachfrage.

Eine Unterscheidung ist aber schon notwendig: Es handelt sich hiebei nicht um ein Projekt des Staates oder der Staaten, sondern um ein privatwirtschaftlich finanzier-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 281

tes Projekt, wofür allerdings auch EU-Interesse besteht. Im Rahmen des Konjunktur­programmes für Energieprojekte fördert die EU dieses Projekt mit 200 Millionen €; der Rest wird privat finanziert.

Was wir heute tun, ist nichts anderes, als das Inter-Governmental Agreement, sozusa­gen diesen staatlichen Teil, weil die Leitung durch die einzelnen Länder gelegt wird, zu ratifizieren. Das Inter-Governmental Agreement wird damit sozusagen sanktioniert; al­les andere ist rein privatwirtschaftliche Leistung. Daher ist es nicht richtig, dass man da einfach umfunktionieren könnte: Nehmen wir doch die 8 Milliarden für die erneuerbare Energie, und alles ist saniert! – Vieles von dem Geld kommt aus anderen Ländern und nicht aus Österreich. Daher ist der Zusammenhang doch ein wenig willkürlich.

Herr Abgeordneter Lugar hat gemeint, ich hätte irgendwo im Ausschuss gesagt, dass wir die Versorgung im Falle von Engpässen durch Liquidgas sicherstellen. – Das ist nur ein Teil der Wahrheit! Liquidgas ist wichtig und wird zunehmend wichtig werden, aber die Versorgungssicherheit in Österreich erreichen wir, weil wir Speicher mit enormen Kapazitäten haben. Im Rahmen dieser Speichermöglichkeiten können wir etwa die Hälfte des Bedarfs abdecken. Wir brauchen etwa 9 Milliarden Kubikmeter pro Jahr; die Hälfte haben wir in Speichern. Daher ist die Wahrscheinlichkeit – sollte wieder etwas passieren –, dass wir zumindest die Wintermonate wie auch im letzten Jahr ohne Pro­bleme überstehen können, sehr groß.

Ich kann aber berichten, die letzte Meldung aus der Ukraine – Sie haben sie wahr­scheinlich ja selbst auch gelesen – ist relativ positiv: Die Zahlungen für den nächsten Monat konnten geleistet werden, daher wird die Versorgungssicherheit zumindest bis Jänner gewährleistet sein. Am 17. Jänner sind in der Ukraine Wahlen, daher weiß man nicht genau, was dort noch alles passieren könnte; aber auch das ist Konjunktiv.

Wir sind auf jeden Fall bestens gerüstet, was die Versorgungssicherheit in Österreich anlangt, und wir haben mit diesem Projekt auch die besten Aussichten. Daher gilt das, was ich schon am Anfang gesagt habe: Es geht um ein Sowohl-als-Auch, nämlich Er­weiterung, was erneuerbare Energie anlangt, „Angehen“ der Klimaziele und auf der an­deren Seite Sicherung der Versorgung in Österreich.

Daher bitte ich Sie, dieses Projekt entsprechend zu unterstützen. Ein Restrisiko wird – wie immer – bei allen Projekten bleiben. Aber ich bin sicher, dass da die Planungsvor­aussetzungen so sind, dass dann auch das Angebot entsprechend Anklang finden wird. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

22.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Glaser. – Bitte.

 


22.40.54

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminis­ter! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es trifft sich gut, dass wir heute hier das In­ternationale Tropenholz-Übereinkommen behandeln und gleichzeitig in Kopenhagen der Klimagipfel über die Bühne geht (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner), denn tat­sächlich sind die Urwälder zu einem großen Ausmaß mitverantwortlich für unser Klima. (Abg. Petzner: Reden Sie bitte nicht über Klimaschutz; Sie sind grandios gescheitert! – Abg. Scheibner: Fernreisen sollte man nicht machen, hat es einmal geheißen, Herr Kollege!)

Ursprünglich wurden ja das Vorgängerabkommen und auch das jetzige Abkommen pri­mär dafür abgeschlossen, dass Holz aus Tropenwäldern nachhaltig genutzt wird. Eines der Ziele ist, die Artenvielfalt zu erhalten. Ein weiteres Ziel ist, die betroffene Bevölke­rung in diesen Wäldern zu schützen, die Interessen dieser Länder zu wahren. Ich glau-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 282

be, dass das ein sehr wichtiger Punkt ist und dass das noch immer nicht wirklich erfüllt wird. In diesem Zusammenhang möchte ich hier nur eine Bevölkerungsgruppe erwäh­nen, und zwar die Ureinwohner des indonesischen Teils von Papua-Neuguinea, die ex­trem existenzgefährdet sind.

Der Begriff Nachhaltigkeit kommt aus der Forstwirtschaft. Und es war schon sehr in­teressant, in diesem Zusammenhang in den letzten Tagen zu hören, dass in Kopen­hagen Österreich, Schweden und Finnland von den NGOs an den Pranger gestellt wurden, weil sie eine nachhaltige Waldbewirtschaftung betreiben. (Abg. Mag. Brunner: Nein, nicht!)

Tatsache ist, dass es Österreich, wenn es im Rahmen dieser nachhaltigen Waldbewirt­schaftung Holz entzieht, negativ angerechnet werden sollte. Ebenso sollte es Öster­reich zum Beispiel auch negativ angerechnet werden, wenn es zu einem Sturmscha­den kommt, obwohl Österreich dann ohnehin diese Katastrophe zu verkraften hat. Ich verstehe wirklich nicht, dass auch Kolleginnen und Kollegen aus diesem Haus das mit­tragen können und so mehr oder weniger den Begriff „Nachhaltigkeit“ ad absurdum führen. Denn CO2, das im Holz gespeichert ist, wird sowieso frei, ob man das Holz als erneuerbare Energie nutzt oder ob es verrottet. (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner.)

Offensichtlich also ist es Ihnen lieber, wir nutzen dieses Holz nicht und verwenden da­für Öl und stoßen doppelt CO2 aus. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner.) Das muss man einmal jemandem erklären, nämlich dass eine derartige Verantwor­tungslosigkeit auch von PolitikerInnen hier in diesem Haus an den Tag gelegt wird und damit Österreich mit seiner Nachhaltigkeit an den Pranger gestellt wird.

Ich sage für uns: Wir stehen für Nachhaltigkeit, und zwar für Nachhaltigkeit in allen Lebensbereichen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Lichtenecker: Aber das stimmt ja nicht!)

22.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Hakel zu Wort. – Bitte.

 


22.43.58

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Gerade in der kalten Jahreszeit, die hoffentlich bald kommen wird (Abg. Dr. Lichtenecker: 20 Grad minus kommen, Frau Kollegin! Der Wettersturz!), wird uns sehr schnell be­wusst, wie wichtig die Debatte über die Zukunft der Energie in Österreich ist.

Die Diskussionen über Energie- und Heizungskosten sind seit Jahren quasi schon ein Dauerbrenner; leider noch nicht so lange wird in Österreich parallel dazu die Nachhal­tigkeit in Energiefragen diskutiert.

Klar ist, dass Österreich langfristig die ersten Schritte, die in Richtung erneuerbare Energieträger bereits gesetzt wurden, massiv ausbauen muss. Umso begrüßenswerter ist in der Zwischenzeit natürlich die Umsetzung des Projektes der „Nabucco“-Pipeline.

In der Übergangszeit, während der Zeit des Abgehens vom fossilen Brennstoff und des Umstieges auf erneuerbare, nachhaltige Energieträger, ist ein Verzicht auf Erdgas nicht möglich, wäre sogar falsch.

Gerade jetzt, da wir alle wissen, dass die CO2-Bilanz in unserem Land leider immer noch nicht die Beste ist, und wenn sie so bleibt, muss eine Reduktion der CO2-Emissio­nen an die erste Stelle gereiht werden.

Der Herr Minister hat es heute schon erwähnt, und wir alle erinnern uns noch sehr gut an die Vorkommnisse im letzten Jahr, als die Gaspreise in Österreich empfindlich ge­stiegen sind, da die Gaslieferung über die derzeitige Pipeline über die Ukraine stillge-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 283

legt wurde. Die völlige Abhängigkeit von dieser Pipeline kann durch die „Nabucco“-Pipeline gemildert werden. Das schützt vor allem die KonsumentInnen in Österreich, und darauf kommt es an. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Das geht über die Türkei!)

22.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Fürntrath-Mo­retti zu Wort. – Bitte.

 


22.45.39

Abgeordnete Adelheid Irina Fürntrath-Moretti (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich begrüße dieses Abkommen mit Ungarn, Ru­mänien, Bulgarien und der Türkei ausdrücklich; ich werde das auch begründen.

Wir regeln in diesem Abkommen ja nicht nur die Errichtung dieser Ferngasleitung, son­dern auch den Betrieb, die Besteuerung und Tariffragen. So weit geht dieses Abkom­men, und das halte ich für wirklich begrüßenswert.

Und wenn wir schon die Gasleitung vom Kaspischen Meer über den Südkaukasus, die Türkei bis nach Niederösterreich führen, dann bringt das für Österreich nicht nur eine Absicherung der Energieversorgung (Abg. Dr. Lichtenecker: Globale Vernetzung!), sondern Österreich stärkt damit auch seine Drehscheibenfunktion und kann auch die Abhängigkeit von der Ukraine – das wurde ja schon gesagt – minimieren.

Nur am Rande noch als Anmerkung, weil immer so über die fossilen Rohstoffe ge­schimpft wird: Herr Abgeordnete Lugar, Sie sind ja ein Techniker und wissen, was eine Gasturbine ist. Was glauben Sie, wie viel an CO2-Ersparnis eine Gasturbine bringt? – Ich kann es Ihnen sagen: Die stärkste Gasturbine spart jährlich 43 000 Tonnen an CO2. Wenn das kein Pro für das Abkommen ist, dann weiß ich nicht. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Ich bitte um Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kirchgat­terer. – Bitte.

 


22.47.18

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Werte Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Werte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte auf Punkt 48 der Tagesord­nung eingehen, das Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994, das Wirt­schaftstreuhandberufsgesetz und das Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz geändert werden. Von unserer Seite, ja vonseiten des gesamten Hauses gibt es dazu breite Zustimmung.

Es gilt, die Gewerbeordnung weiterzuentwickeln, und zu dieser Weiterentwicklung gibt es Vorschläge von den Zahntechnikern, von den Masseuren – Vorschläge, die ich nachdrücklich unterstütze.

Aufgabe einer aktiven Wirtschaftspolitik und der Gewerbeordnung ist es, Fairness im Wettbewerb anzustreben, ebenso ein hohes Ausbildungsniveau; das duale Ausbil­dungssystem möchte ich besonders erwähnen – und die Neue Mittelschule wird dies erleichtern.

Faire Rahmenbedingungen kommen vor allem den Klein- und Mittelbetrieben zugute. Gerade in diesen Betrieben ist ein Großteil der Beschäftigten tätig. Ein enormer Teil der in Österreich stattfindenden Innovationen erfolgt durch die Klein- und Mittelbetriebe.

Zum Schluss kommend möchte ich feststellen: Die Wirtschaft braucht klare und zeitge­mäße Regeln. Die aktuelle Wirtschafts- und Finanzkrise, unter der wir alle leiden, hätte


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 284

mit klaren internationalen Regulierungen auf keinen Fall dieses Ausmaß angenom­men. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Hörl zu Wort. – Bitte.

 


22.49.14

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Hohes Haus! Leider sind wir in Österreich noch immer zu 73 Prozent von Öl, Gas und Kohle abhängig, da nur 11 Prozent aus Wasserkraft und 16 Prozent aus erneuer­baren Energien kommen, also etwa 27 Prozent, und das ist nach wie vor zu gering.

Unsere Verpflichtung, Frau Kollegin Brunner, bis zum Jahre 2020 34 Prozent aus er­neuerbaren Energien zu decken, ist aufrecht, aber eigentlich sollte es unser gemeinsa­mes Ziel sein, diesen Anteil an Energieerzeugung viel stärker zu erhöhen. (Zwischen­ruf der Abg. Dr. Lichtenecker.)

Zu diesem Zweck sollten wir auch unsere Umweltbürokratie, Frau Dr. Lichtenecker, im Zaum halten und nicht bei jeder Gelegenheit, wenn wir ein neues Kraftwerk bauen wol­len, halt! rufen.

Damit aber bis zu dem Zeitpunkt, zu dem wir keine fossilen Bodenschätze mehr brau­chen, die Stube warm und das Licht an bleiben, müssen wir auch an der Versorgungs­sicherheit mit fossilen Brennstoffen arbeiten.

Mit der Öffnung eines neuen Korridors für Gaslieferung aus der kaspischen Region und dem Nahen Osten leisten wir einen wertvollen Beitrag zur Versorgungssicherheit unse­rer Region, aber auch Mitteleuropas.

Die Versorgungssicherheit ist, wie wir erst zur Jahreswende gesehen habe, die ener­getische „Achillessehne“ Europas. Österreich ist eine Drehscheibe in der europäischen Gasversorgung, und ich mache mir über die Auslastung der „Nabucco“-Pipeline keine Sorgen. Dort sind im internationalen Konsortium Kaufleute beschäftigt und keine BZÖ-Politiker, die ganze Bundesländer an die Wand fahren. (Zwischenrufe beim BZÖ.)

Erdgas ist ein effizienter Energieträger. Ein Fünftel der österreichischen Energie wird daraus erzeugt. Er punktet mit minimaler Feinstaub- und Rußbelastung sowie niedri­gem Schwefelanteil. Im Gegensatz zu anderen Brennstoffen ist Erdgasemission nahe­zu feinstaubfrei. Erdgasbetriebene Autos stoßen so gut wie keinen Feinstaub aus. Und auch beim Heizen enthalten die Abgase nur einen Bruchteil der Stickoxid- und Fein­staubemissionen.

Ich glaube, dass der Bau dieser Pipeline sinnvoll ist. Wir schaffen eine zusätzliche Möglichkeit. Und Erdgas ist, wenn wir das so betrachten, das geringste Übel. Es wärmt und gibt Licht. Das wünschen wir uns seit der Steinzeit und nicht nur in Kärnten. (Bei­fall bei der ÖVP.)

22.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wenin­ger. – Bitte.

 


22.51.40

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister Mitterlehner, danke, dass Sie Ihren Geburtstag mit uns hier im Hohen Haus feiern! Herzliche Gratulation! (Allgemeiner Beifall.) Was kann es Schöneres geben, als mit uns gemeinsam seinen Geburtstag zu feiern!

Zu den Ausführungen meiner Vorredner nur ein paar kurze Anmerkungen. Kollege Widmann hat sich leicht vergooglet. Kollege Gradauer von der FPÖ hat grundsätzlich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 285

Angst vor fremdländischem Gas. Und Kollegin Lichtenecker hat die Substituierungs­möglichkeiten von Kohle und Öl durch Erdgas ausgelassen.

Ich denke mir, dass diese Debatte sehr genau zeigt, dass es mehrere Beine braucht, auf denen die Energiepolitik der Zukunft stehen muss – und das Erdgasfernleitungs­projekt „Nabucco“ ist eines dieser Standbeine. Wir dürfen die Versorgungssicherheit nicht gegen erneuerbare Energie, Energieeffizienz und Klimaschutz ausspielen, son­dern wir müssen die ambitionierten Ziele, die sich die Bundesregierung gesetzt hat, ge­meinsam und hartnäckig verfolgen.

Wir alle wissen, dass Energieverknappung und mangelnde Versorgungssicherheit sehr rasch zu überhöhten Energiepreisen führen, was wiederum vor allem die sozial schwächsten Konsumentinnen und Konsumenten, aber auch die heimische Wirtschaft zu spüren bekommen. Deshalb ist für die Sozialdemokratie Versorgungssicherheit auch eine soziale Frage. Wir müssen die ökologische Verantwortung und die soziale Gerechtigkeit gekoppelt sehen.

In diesem Sinne unterstützen wir dieses Projekt und sind der Meinung, dass die Ver­sorgungssicherheit im Sinne der österreichischen Wirtschaft, der österreichischen Ar­beitsplätze und der österreichischen Konsumentinnen und Konsumenten langfristig ge­währleistet sein muss. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Schultes. – Bitte.

 


22.53.43

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Frau Kollegin Lichtenecker, danke für die­sen aufgelegten Ball, wenn Sie mich fragen, was mir lieber wäre: Biomasse oder Gas? Ich kann darauf wirklich nur sagen: Biogas. Danke! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenecker.)

Leider sind da die Kollegen von der Arbeiterkammer ein großes Hindernis bei der Ent­wicklung, aber vielleicht wird es möglich sein, auch diese Herrschaften noch zu über­zeugen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Jury. Ich freue mich sehr, dass Sie meine Presseaussendungen studieren. Sie werden daraus reichen Gewinn ziehen, und ir­gendwann einmal werden Sie sich auch wirklich auskennen, wenn nicht, dann fragen Sie mich. Wenn Sie zitieren, reden Sie nicht von Unwahrheit, sondern zitieren Sie voll­ständig! – Okay, gut. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, wir reden über „Nabucco“ und über einen Staatsvertrag, in dem übereinstimmend festgelegt wird, was einzelne Länder bereit sind, diesem Kon­sortium zuzugestehen. Mehr ist es nicht. Wir haben keinen Einfluss darauf, was in der Türkei geschieht. Wir wissen auch nicht, wie die Leitung angefüllt wird. Wir wissen nur, was bei uns passiert.

Nicht einmal die OMV ist sich so ganz sicher, wie das mit dem Anfüllen funktionieren wird, denn „Nabucco“ wird zuerst von Österreich bis in die Westtürkei gebaut, dann mit Gas aus dem türkischen Gasnetz befüllt. Erst später wird dann weiter gebaut in Regio­nen, wo man vielleicht anderes Gas bekommt.

Bei uns in Österreich jedenfalls endet diese Leitung in Baumgarten. Baumgarten ist ein Erdgasfeld, das schon ziemlich leer ist. Und die Energieindustrie oder die Erdgasindus­trie redet immer davon, dass man dem Klimawandel dann entgegenwirken wird kön­nen, wenn es gelingt, CO2 aus der energetischen Nutzung von Erdgas wieder in die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 286

Lagerstätten oder in die Erde zu verpressen, damit es eben nicht klimaschädlich ist, sondern wieder dorthin kommt, wo es herkommt.

In Baumgarten könnte man das. Dort ist ein alter Gasspeicher. Und die 120 Millionen Kubikmeter Erdgas, die dort jetzt schon jedes Jahr verbrannt werden, um Erdgas wei­ter zu transportieren, bringen doch relativ viel CO2 in die Atmosphäre.

Das heißt, die dringende Forderung muss sein: Wenn „Nabucco“, wenn Baumgarten, dann auch die Verpressung des Kohlendioxids in die ehemalige Lagerstätte. Dann kann man mit den Herrschaften über die Zukunft weiterreden.

Ich möchte noch auf Folgendes hinweisen: Der Erdgastransport in Österreich ver­braucht mehr Energie als die ganze Bundesbahn und belastet unsere CO2-Bilanz mit 575 000 Tonnen CO2.

Das Thema Erdgas ist also ein sensibles Thema. Es ist vielleicht in der Verbrennung beim Kunden sauber. Aber alles, was vorher ist, ist höchst bedenklich. Daher müssen wir gut aufpassen. (Abg. Bucher: Ihr seid euch nicht einig!) Danke, meine Damen und Herren, „Nabucco“ ist das eine Thema. Das, was wir daraus machen, ist unser Thema, und die Verlässlichkeit müssen andere sicherstellen.

Liebe Freunde, so schaut es aus. Lest bitte meine Presseaussendungen genauer! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.56

22.56.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Berichterstatter wünschen kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wirt­schaft und Industrie, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkom­men mit der Republik Bulgarien, der Republik Ungarn, Rumänien und der Republik Türkei über das „Nabucco“-Projekt, in 385 der Beilagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Gewerbeordnung 1994, das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz und das Abschlussprü­fungs-Qualitätssicherungsgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 475 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein Zei­chen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Internationales Tropenholz-Übereinkommen von 2006, in 402 der Beilagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 287

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie, wonach sich der Nationalrat die Genehmigung von Änderungen des ge­genständlichen Staatsvertrages im Sinne des Art. 50 Abs. 2 Z 1 B-VG vorbehält.

Ich bitte nun jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein Zei­chen. – Das ist wieder einstimmig angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag im Sinne des Art. 49 Abs. 2 B-VG, dass die arabische, chinesische, französische, russische und spanische Sprach­fassung dieses Staatsvertrages dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend aufliegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

22.59.2250. Punkt

Bericht des Tourismusausschusses über den Antrag 897/A(E) der Abgeordneten Maximilian Linder, Gabriel Obernosterer, Heidrun Silhavy, Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen betreffend Attraktivierung und Forcierung von Schul­skikursen und Wintersportwochen in den Schulen (546 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 50. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Obernosterer zu Wort. – Bitte.

 


23.00.01

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuerst möchte ich wirklich meiner Freude darüber Ausdruck verleihen, dass es im Tourismusausschuss zu einem einstimmigen Antrag gekommen ist. Worum es geht, wisst ihr. Es geht um die Aktivierung der Wintersport­wochen, der Schulschikurse. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Wir wissen ja, Österreich ist – das brauche ich, glaube ich, nicht zu erklären – ein Her­zeige-Tourismusland. Gott sei Dank ist in der Wirtschaftskrise der Tourismus nicht ein­gebrochen. Aber trotzdem ist es wichtig, dass wir in die Zukunft schauen und dass wir das für Österreich auch so erhalten.

Wir wissen aber auch, dass Österreich zirka 125 Millionen Nächtigungen hat, die Hälfte davon entfallen auf den Winter, und wir wissen, dass der Wintersport für den österrei­chischen Tourismus, wie gesagt, ein wirtschaftlicher Hauptfaktor ist und dadurch auch für den Arbeitsmarktbereich sehr wichtig ist.

Wenn wir sehen, dass wir seit dem Jahr 1995 90 000 Schüler verloren haben, die Schulschikurse gemacht haben oder in Wintersportorte gekommen sind, dann wissen wir, dass wir in diesem Bereich etwas tun müssen, denn als Wintersportland, als Al­penland wissen wir, dass wir das für unsere Jugend nicht vernachlässigen dürfen.

Wir wissen aber auch, dass der Tourismus und gerade das Schifahren und der Winter­sport auch ein sehr teurer Sport sind, weshalb es sich viele junge Leute finanziell nicht leisten können, an Winterschulschikursen teilzunehmen. Deshalb ist es gut, wenn vom Tourismusausschuss in diese Richtung Aktivitäten gestartet werden, und zwar über die zuständigen Ministerien, aber auch über die Privatwirtschaft, damit auch diejenigen, die finanziell nicht so stark sind, diese Kurse besuchen können. Und es wird eine Heraus­forderung für die Liftbetreiber, für die Ausrüsterfirmen und für die Beherbergungsbetrie­be sein, für unsere jungen Leuten Angebote zu schnüren, die für jeden auch wirklich erschwinglich sind. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Und das wird, wie gesagt, die Tourismuswirtschaft so, wie ich es vorher aufgezählt habe, auch machen. (Beifall bei Abgeordneten des BZÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 288

Es gibt in diesem Bereich aber auch schon Herzeigebundesländer, die von öffentlicher Seite den Kunden sehr stark unter die Arme greifen. Zum Beispiel stellt Kärnten seit zwei Jahren bei Schulschikursen die Liftkarten gratis zur Verfügung. (Beifall bei der ÖVP.) Diesem Beispiel sollten auch andere Bundesländer folgen. Eigentlich sollten alle Bundesländer Gratisliftkarten für unsere Schüler zur Verfügung stellen.

Wir werden bemüht sein, in Verbindung mit der Wirtschaft wirklich ein Paket zu schnü­ren, damit Schulschikurse wieder stärker angenommen werden, weil wir wissen, dass das nicht nur für die Wirtschaft gut ist, nicht nur für den Tourismus gut ist, sondern viele Studien belegen auch, dass die Schüler, die Winterschulschikurse besucht oder Win­tersportwochen gemacht haben, leistungsfähiger sind, sich besser in die Gesellschaft eingebunden fühlen, es also keinen Klassenunterschied gibt, was für die Gemeinschaft und Jugend sehr förderlich ist.

Ich danke für diese Einstimmigkeit im Ausschuss und hoffe auch, dass heute hier diese Einstimmigkeit so drübergeht. – Danke schön. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und BZÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Das war eine treffliche Geburtstagsrede!)

23.03


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte.

 


23.03.55

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich freue mich auch, dass es gelungen ist, doch einen Fünf-Parteien-Antrag zu gestalten, und auch die grüne Fraktion nach Änderungen nun mit diesem Antrag mitgehen kann.

Kollege Obernosterer hat schon ausgeführt, in den vergangenen zehn Jahren haben um ein Drittel weniger Schülerinnen und Schüler an Schulschikursen teilgenommen, dies aus unterschiedlichsten Gründen. Aber auf der anderen Seite haben Untersuchun­gen und Studien auch gezeigt, dass junge Menschen diesem Sport weiterhin dann frö­nen, wenn sie eigentlich von Kindesbeinen an mit diesem Sport Bekanntschaft ge­macht haben. Das heißt, es ist eine gewisse Bindung da.

Natürlich ist es erstrebenswert, dass junge Menschen viele Sportarten kennenlernen und auch erlernen. Ich glaube, das muss man auch sagen, denn das ist ja auch ein Si­cherheitsaspekt, wie man dann den Sport ausübt. Wenn man ihn von klein auf lernt, beherrscht man ihn meistens besser. Wichtig ist vor allem, dass man es gelernt hat und es sich nicht selbst beibringt.

Der zweite Punkt, der mir auch noch wichtig erscheint, ist, dass es in allen Bundeslän­dern Angebote gibt. Kollege Obernosterer, ich könnte ein Beispiel auch aus der Steier­mark nennen, wo jetzt für fünf Regionen gratis Schulschikurse angeboten werden. Das heißt, es gibt in allen Bundesländern Bemühungen, junge Menschen an Schulen wie­der auf die Schipisten zu bekommen. Und ich halte es für ganz wichtig, dass auch die Privatwirtschaft da wirklich mitzieht, denn es geht ja nicht nur um Schüler und Schüle­rinnen in Österreich.

Ich habe mich sehr gefreut, als ich gelesen habe, dass ein deutsches Gymnasium für Schulschikurse auch hier wirbt, und zwar damit, dass gesagt wird, das sind die Zeiten, die eigentlich vom ganzen Klassengeschehen am stärksten in Erinnerung bleiben, die auch ein Miteinander und ein Gemeinschaftsgefühl vermitteln und auch das soziale Gefühl füreinander sehr stark vermitteln können. Es heißt aber natürlich auch, dass, wenn 10 Prozent der Schülerinnen und Schüler nicht teilnehmen können, aus organi­satorischen Gründen so eine Schulschiwoche nicht stattfinden kann, übrigens eine, die in Österreich stattfindet.

Daher denke ich mir, dass gerade der Aspekt der Leistbarkeit und des Angebotes auch etwas ist, wo nun auch die Wirtschaft schauen muss, dass sie von ihrer Seite her ent-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 289

sprechende Angebote macht, damit diese von den Schulen und von den Schülerinnen und Schülern auch genutzt werden können. Dann wird es für alle ein positives Ergeb­nis sein. (Beifall bei der SPÖ.)

23.06


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Haider. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Warum redet der Petzner heute nicht?)

 


23.06.29

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Herr Kollege Jarolim, der Herr Petzner wird vielleicht noch hier heraus kommen.

Hohes Haus! Es ist der 50. Tagesordnungspunkt. Es ist ein Fünf-Parteien-Antrag. Ich mache es kurz. – Im Jahr 1980 waren es noch 250 000 Kinder, die durch einen Schul­schikurs das Schifahren erlernt haben, voriges Jahr waren es nur noch 150 000. Einer­seits liegen die Gründe darin, dass es weniger Kinder gibt, andererseits aber auch darin, dass die Kinder mit Migrationshintergrund keine Affinität zum Schisport haben. Daher könnte es ja sogar ein Beitrag zur Integration sein.

Ein zweiter wichtiger Punkt, warum so viele Schüler nicht mehr das Schifahren auf einem Schulschikurs erlernen, sind die Kosten, die auch meine beiden Vorredner an­gesprochen haben und die wirklich ein nicht zu vernachlässigender Faktor sind. Als Vater von drei schulpflichtigen Kindern weiß ich es ganz genau, auch als Elternvertre­ter, wie wichtig es ist – und das ist auch mein Ersuchen an die Bundesregierung –, dass in diesem Bereich sämtliche Initiativen auch von der Bundesregierung unterstützt werden, Initiativen von Elternvereinen, von Schulen, von den Ländern, von sehr vielen Unternehmen, die wirklich versuchen, den Wintersport für die Kinder, für die Schulen, gerade für die sozial Schwachen mit guten Aktionen wieder leistbar zu machen.

Und unter diesem Aspekt mein Aufruf an die Bundesregierung: Unterstützen Sie, bitte, auch in Zukunft derartige Initiativen! (Beifall bei der FPÖ.)

23.08


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Linder. – Bitte.

 


23.08.15

Abgeordneter Maximilian Linder (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ein Fünf-Parteien-Antrag ist für einen Ausschussobmann natürlich etwas Wunderbares, etwas Schönes, worüber ich mich freue. (Beifall des Abg. Hörl.) Dass mir der Franz einmal applaudiert und einem Kärnt­ner zustimmt, das ist auch schön.

Ich glaube, es ist wichtig, dass die Kinder hier bei uns wieder lernen, Sport auszuüben. Vieles ist schon gesagt worden. Ich finde es nur schade, dass viele Schulen lieber auf Sommersportwochen nach Kroatien fahren, als hier das Angebot zu nützen. Deshalb glaube ich, dass dieser Antrag wichtig und gut ist.

Ich freue mich aber auch, dass wir im Tourismusausschuss eine gute Zusammenarbeit haben, dass wir unabhängig von den kleinen Parteischarmützeln alle wissen, wenn wir dem Tourismus etwas bringen wollen, dann müssen wir zusammenarbeiten und Fünf-Parteien-Anträge zustande bringen.

Mich freut es auch, dass wir in nächster Zukunft die Radmitnahme, initiiert von Frau Moser, behandeln werden. Mich freut es aber auch, dass wir gemeinsam mit den Ge­meinden versuchen werden, die Werbelinie durchzubringen. Deshalb glaube ich, wir sollten daran festhalten: Zusammenarbeiten, miteinander in die Zukunft schauen, dann wird es uns auch gelingen – wir haben heute gemerkt, es ist Geld für die Homo-Ehe da –, 10 Millionen € für die Österreich Werbung zu erübrigen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 290

Herr Minister, ein Projekt für die Zukunft! Dann wird es funktionieren. Wir freuen uns darauf, und ich freue mich schon auf die nächste Ausschusssitzung. (Beifall beim BZÖ.)

23.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Walser. – Bitte.

 


23.10.00

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Wir haben im Ausschuss ausführlich darüber diskutiert, und dank des Entgegenkom­mens der anderen Fraktionen war es uns dann auch möglich, diesem Antrag zuzustim­men.

Ich darf aber daran erinnern, dass wir hart darum gekämpft haben, dass es hier um Wintersportwochen geht, obwohl meine Vorrednerin und die Vorredner konsequent von Skiwochen gesprochen haben.

Wir haben aus diesem „Seilbahn-Unterstützungsantrag“ einen pädagogisch vertretba­ren Antrag gemacht (Abg. Hörl: Haben wir wieder ein Feindbild?!), einen Antrag im Sinne unserer Kinder, nämlich einen Antrag auf Unterstützung sportlicher Aktivitäten. Ein wesentlicher Aspekt ist für uns die Tatsache, dass Kinder einer Schulklasse, die gemeinsam an so einer Woche teilnehmen, enorm profitieren. Pädagogisch sehr, sehr wichtig ist der Austausch mit den Lehrpersonen, man lernt sich unter anderen Um­ständen kennen, als das in der Schule der Fall ist. Und von daher ist es für uns eine Selbstverständlichkeit, dass wir Sportwochen, insbesondere natürlich in einem Win­tersportland auch Wintersportwochen, unterstützen.

Ich darf aber auf die Probleme verweisen, die uns da in der Praxis immer wieder be­gegnen. Es ist eine Tatsache, dass nicht nur Kinder mit migrantischem Hintergrund nicht mehr teilnehmen, sondern durchaus auch einheimische Kinder zunehmend nicht mehr teilnehmen können, teils aus finanziellen Gründen, teils aus anderen, und da müssen wir uns schon einiges einfallen lassen. Gratiskurse und Unterstützung bei der Anschaffung von entsprechendem Material sind sicherlich ein Weg, und die Seilbahn­wirtschaft ist da natürlich extrem gefordert, hier entsprechende Voraussetzungen zu schaffen. (Abg. Hörl: Haben wir wieder ein Feindbild, oder? Die reichen Seilbahner!)

Tatsache ist, dass unsere Kinder zu wenig Bewegung haben, und Tatsache ist auch, dass wir in diesem Bereich sehr, sehr viel tun müssen, damit die Attraktivität solcher Wochen steigt. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

23.12


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hörl. – Bitte.

 


23.12.14

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir haben heute schon gehört, wir haben einen Rückgang bei der Zahl der Winter­sportwochen, wir haben enorme Verluste. Wir wissen heute, dass 37 Prozent auf die demographische Entwicklung zurückzuführen sind und die restlichen 63 Prozent sich in den Sommer verschoben haben.

Im Gegenzug dazu haben sich – Gott sei Dank! – die Winternächtigungen viel besser entwickelt – sie haben sich verdreifacht! –, und der Wintertourismus hat einen Anteil von 4,1 Prozent des BIP und einen Gesamteinkommenseffekt von 11 Milliarden € an Wertschöpfung.

Bei den Bergbahnen, Hotels und Gastronomiebetrieben werden 250 000 Arbeitsplätze geschaffen und insgesamt über 1,8 Milliarden € an Steuern und Sozialabgaben gezahlt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 291

Wintersportwochen sind gesund für die Jugend, Sporturlaub in den Bergen ist etwas sehr Positives und Wertvolles. Andererseits sind diese Wintersportwochen für den Zu­kunftserfolg unserer Branche ausschlaggebend. Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr – dieser Spruch stimmt auch heute noch.

Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, Herr Kollege Walser, denn die Seilbahn­wirtschaft leistet heute schon Großartiges: In Oberösterreich, in der Steiermark sind Skipässe frei, in Tirol ist es ähnlich. Dort, wo das nicht geleistet wird, gibt es um 5 € Ta­geskarten. In Kärnten und Salzburg, haben wir auch schon gehört, gibt es ermäßigte Karten beziehungsweise Freikarten für Schüler und während Wintersportwochen, und auch Wien strengt sich an: Hier gibt es ein Paket um 5 € für den Tag, wo Bustransfer, Schuhe, Skier, die Liftkarte und sogar der Skilehrer inkludiert sind.

Was sind also die Probleme, die zum Rückgang führen? – Kinder mit Migrationshinter­grund, mangelnder Bezug zum Schneesport, religiöse Hintergründe, verbunden mit der Regelung, dass zwei Drittel der Schüler in einer Klasse zustimmen müssen – das ist zu hoch. (Abg. Dr. Lichtenecker: Was sind das für religiöse Hintergründe?) Vor allen Din­gen aber brauchen wir einen Ansprechpartner, einen, der sich kümmert, und zwar nicht in Bezug auf „jagdliches“ Kümmern, sondern einen, der sich kümmert um all diese Din­ge. Und wir brauchen im Unterrichts- und auch im Wirtschaftsministerium einen An­sprechpartner, der mit uns gemeinsam hier diese Wintersportwochen weiterentwickelt. Dr. Redl, der hier ein ganz starker Partner war, ist leider in Pension gegangen, und die Abteilung wurde aufgelöst. Also helfen wir zusammen – und ich bedanke mich auch dafür, dass wir diesbezüglich im Tourismusausschuss einstimmig etwas zuwege ge­bracht haben. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

23.14


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Hakel. – Bitte.

 


23.14.47

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ein ganz wichtiger Grund dafür, dass das Skifahren wohl noch immer zu einer der beliebtesten Sportarten Österreichs zählt, ist das bereits frühe Erlernen des Sports auch in den Schulen. Schulskikurse sind aus dem österreichischen Schulalltag wohl kaum wegzu­denken. Die Tradition, eine Woche mit seiner Klasse in den Bergen zu verbringen, ist eine gute und wichtige, sowohl für die Jugendlichen selbst als auch vor allem für unse­re heimische Wirtschaft.

Ich komme selbst aus einer Region, die für den Skisport nicht nur aufgrund des Schladminger Nachtslaloms bekannt ist, sondern in der auch jährlich zahlreiche Kinder und Jugendliche zum ersten Mal die Bretter unter den Füßen im Schnee ausprobieren. Diese Tradition sollte auch in Zukunft beibehalten werden, gerade auch um den jungen Menschen zu zeigen, wie schön Bewegung und Sport sein können. In einer Zeit, wo wir immer mehr vor dem Computer sitzen und Haltungsschäden quasi ein Mitbringsel von der Schulbank sind, werden solche Schulsportveranstaltungen noch viel wichtiger werden. Seine Grenzen kennenzulernen, in einer Gruppe Spaß zu haben und sich sportlich zu betätigen und dabei noch die Schönheit und Vielfalt der Natur in Österreich zu genießen, ist ein einmaliges Erlebnis.

Auch die Tourismuswirtschaft weiß um die enorme Wichtigkeit dieser Sportwochen. Je­de Schülerin/jeder Schüler, die/der nicht mindestens einmal während der Schulzeit auf der Piste gewesen ist, wird eine verlorene Kundschaft für die Zukunft sein.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen eine wundervolle Wintersaison und vor allem keinen Hals- und Beinbruch bei der ersten Abfahrt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.16



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 292

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markowitz. – Bitte.

 


23.16.27

Abgeordneter Stefan Markowitz (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Auch ich freue mich über den Fünf-Parteien-Antrag, der es ermöglicht, dass gerade auch Ju­gendliche aus den Städten den Schulskikurs genießen dürfen. Nur eines ist mir wichtig: die Frage der Finanzierbarkeit. In Kärnten wurde schon umgesetzt – das haben wir heute bereits gehört –, ebenso in anderen Bundesländern, dass die Schulskikursteil­nehmer die Lifte gratis benützen können. Wir haben es früher immer so gehandhabt, dass wir, wenn sich ein Jugendlicher einen Skikurs, eine Sportwoche oder einen Aus­flug nicht leisten konnte, das Geld zusammengelegt haben.

Das ist natürlich schwierig, aber wir finden, die Gemeinsamkeit der Jugendlichen steht hier im Vordergrund. Wir aus den Bundesländern haben es sicher leichter, Skifahren zu gehen, da wir den Berg sozusagen vor der Tür haben, und natürlich ist für uns Ski­fahren kostengünstig. Aber gerade die Jugendlichen aus den Städten sollten das auch genießen können, und deswegen geht dieser Antrag in die richtige Richtung.

Dies ist ein toller Antrag, und in den Tourismusregionen wird damit auch ein entspre­chender Impuls gesetzt. Es ist ja nicht immer nur so, dass davon die Hauptsaison be­troffen ist, sondern auch die Nebensaisonen, Ende Februar und auch März, in denen die Schulskikurse stattfinden. Das ist ein guter Weg für die Zukunft und für unsere Ju­gend! – Vielen Dank. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Riepl: Warum ist Kärnten pleite? – Abg. Markowitz – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Red doch nicht so einen Blöd­sinn!)

23.17


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Abgeordneter Pack ist der nächste Redner. – Bitte.

 


23.17.46

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Geschätzte Damen und Herren! Alles das, was meine Vorredner gesagt haben, ist zu unterstützen: Schulskikurse, Wintersportwochen fördern die Gesundheit und die soziale Kompetenz unserer Kinder et cetera. Meine Vorrednerinnen und Vorredner ha­ben eigentlich alle wesentlichen Punkte schon erwähnt, und da Kollegen aus anderen Bundesländern Werbung für ihr eigenes Bundesland bezüglich dieser Aktionen ge­macht haben, muss ich das natürlich für das Land Steiermark an diesem Pult auch tun.

Auch das Land Steiermark hat durch den Tourismusreferenten, Landeshauptmann-Stellvertreter Hermann Schützenhöfer, hier Initiativen gestartet, Gratisskipässe für ... (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) – Nein, das stimmt nicht, nicht Tourismusregionen! Ich bin Obmann einer Tourismusregion, ich weiß, worum es hier geht. Bezahlt wird das durch das Land Steiermark mit den Unternehmen vor Ort. Es wird 1 Million € zur Ver­fügung gestellt, um Schülerinnen und Schülern einen Aufenthalt in der Steiermark zu ermöglichen.

Dabei soll man auch erwähnen – ich glaube, das ist auch wesentlich –, dass es im Rahmen solcher Aktionen, solcher Unterstützungen nicht nur einen Gratisskipass ge­ben sollte, sondern dass man auch – und das ist mir wichtig –, so wie es die Steier­mark macht, die Lehrerinnen und Lehrer unterstützen sollte, wenn es um die Organisa­tion einer Wintersportwoche geht. Auch das war oft sozusagen ein Hemmungsgrund, dass man keine Wintersportwoche macht, weil viele, die diese Aufgabe übernehmen sollten, gesagt haben: Das ist uns zu viel Aufwand, das ist uns zu viel Mühe, zu viel Ri­siko! Auch hier hilft insbesondere die Steiermark-Touristik mit einem One-Stop-Shop, um dem Lehrkörper hier tolle Hilfe zur Verfügung zu stellen.

In diesem Sinne – mein Vorredner Franz Hörl hat es richtig gesagt: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr – ist die Wintersportwoche ganz wichtig, damit sich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 293

der Nachwuchs in unseren Skigebieten betätigen kann. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall des Abg. Petzner.)

23.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte.

 


23.20.05

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Wer­te Kolleginnen und Kollegen! Ich darf nahtlos an das anschließen, was mein Vorredner gesagt hat. Es ist richtig, und viele von uns, die einmal auf Schiwoche waren, werden sich daran erinnern: Das Sportliche war eigentlich nur der zweite Teil. Die sozialen Kontakte, die man dort geknüpft hat, was man erlebt hat, war eigentlich das Entschei­dende, muss man sagen, wenn man sich zurückerinnert. Das ist auch das Wesentli­che, denn das schlägt sich im Unterricht, in einer Klassengemeinschaft nieder.

Da ist es wichtig, dass unsere Unterrichtsministerin erkannt hat, wie wichtig es ist, dass man hier Maßnahmen setzt, denn es braucht immer noch jemanden, der das organi­siert, der das macht, und das sind nun einmal die Lehrer an den Schulen, die auch die Ausbildung dazu brauchen. Das machen die Pädagogischen Hochschulen sehr gut mit ihren Schwerpunkten, aber auch die Lehrer, die dazu motiviert werden müssen, diese Dinge wieder zu machen.

Ich habe es am deutlichsten gespürt, als unter der Ära Elisabeth Gehrer einmal das komplette Bundesland, alle Lehrer, egal welcher Farbe, sich dazu entschlossen haben, alle Dienstleistungen, die sie freiwillig erbringen, einzustellen. Der Druck, der da ge­kommen ist, war vom Bereich der Tourismuswirtschaft am stärksten, weil natürlich dort, wenn die Lehrer diese freiwillige Arbeit flächendeckend nicht mehr machen, am stärks­ten spürbar ist, welcher Schaden verursacht wird.

Daher ist es wichtig, dass hier auch klar ist: Man braucht diese Zusammenarbeit, man braucht diese Motivation – und diese scheint mir oft zu kurz zu kommen, wenn man über dieses Thema diskutiert. Es beginnt ja schon früher – und auch das ist ein wichti­ger Bereich in der neuen Unterrichtsarbeit der Ministerin –, nämlich bereits in den Volksschulen, wo man nun Schulschwerpunktsporttage einführt, damit man dort bereits den Kontakt knüpft, damit dort bereits auch Migrantenkinder Kontakt haben mit unse­ren Sportarten, mit den Wintersportarten, und dass diese Dinge auch ganz gezielt ge­macht werden.

Ich glaube, nur gemeinsam, nämlich Schule und Wirtschaft, kann man erfolgreich die­sen Weg beschreiten, und wir müssen alles dafür tun, dass es keine sozialen Ausgren­zungen gibt. Es muss möglich sein, dass jedes Kind – egal, aus welcher Schicht es kommt – an diesen Wintersportwochen teilnehmen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

23.22


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hell. – Bitte.

 


23.22.38

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese zehn positiven Wortmeldungen zu die­sem Tagesordnungspunkt spiegeln das gemeinsame Wollen, das hinter diesem Be­schluss auch steht, der menschlichen Entwicklung unserer Jugend mehr Chancen zu geben. Die menschliche Entwicklung wird heute zwar allgemein als lebenslanger Pro­zess verstanden, jedoch ist kaum ein anderer Lebensabschnitt in dem Ausmaß von fortschreitender Veränderung gekennzeichnet wie jener der Jugend.

Gemeinsame Schulveranstaltungen haben hier einen großen Stellenwert. Dies wird ja in vielen wissenschaftlichen Studien belegt. Auch bei der Forcierung der Schulschikur­se und der Wintersportwochen in den Schulen sollen daher diese Überlegungen an


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 294

erster Stelle stehen: Körper- und Bewegungserfahrung sammeln, Gruppengefühl und Klassengemeinschaft stärken, Leistungen erzielen, Wagnis und Abenteuer erleben, Selbstvertrauen aufbauen und stärken.

Geschätzte Damen und Herren! Gemeinsam mit den Bundesländern, den Tourismus­regionen und der Wirtschaft können schulische Veranstaltungen wesentliche Beiträge für den Wintertourismus leisten und ein wichtiger Baustein für die Zukunft dieser touris­tischen Regionen sein.

Einige Beispiele sind heute schon gebracht worden. Auch ich habe in der Vorwoche gelesen, dass das Land Oberösterreich bei mehrtägigen Wintersportwochen kostenlos Liftkarten zur Verfügung stellt. Dass die Schülerinnen und Schüler von heute die Gäste von morgen sein können, wird wahrscheinlich der Grund für diesen Weitblick sein.

Danke auf jeden Fall für diesen gemeinsamen Beschluss! (Beifall bei der SPÖ.)

23.24

23.24.20

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 546 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 74.)

23.24.4751. Punkt

Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 702/A der Abge­ordneten Mag. Barbara Prammer, Fritz Neugebauer, Mag. Dr. Martin Graf, Herbert Scheibner, Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Ge­schäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (492 d.B.) (Zweite Lesung)

52. Punkt

Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 705/A der Abge­ordneten Mag. Barbara Prammer, Fritz Neugebauer, Mag. Dr. Martin Graf, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsord­nungsgesetz 1975) geändert wird (493 d.B.) (Zweite Lesung)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zur Behandlung der Punkte 51 und 52 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


23.25.44

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt zwei Geschäftsordnungsreformen, die wir jetzt debattieren und abstimmen werden. Die eine ist ein Formalbeschluss. Den kann man so stehenlassen. Das ist auch ein Fünfparteienantrag, wo all das, was in der letzten Zeit aufgetaucht ist und in der Ge­schäftsordnung saniert werden muss, jetzt auch saniert wird.

Der zweite Bereich ist die Neuregelung des Umgangs mit Europa-Themen. (Unruhe im Saal. – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) Da gibt es zwei Aspekte: Der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 295

eine ist, dass man wahrscheinlich lernen kann, dass, auch wenn ein Präsident – da­mals war es Andreas Khol – eine Idee hat, eine Geschäftsordnung nicht unbedingt so gestaltet werden sollte, wie ein Präsident es sich wünscht oder erträumt.

Wir hatten damals eine Regelung geschaffen, wonach wir Europa-Stunden eigentlich so abhalten sollten, dass es mit jetzt fünf Fraktionen de facto fünf Dringliche Anfragen an einem Tag in Folge geben sollte zum Thema Europa. Wir hatten das ein einziges Mal, und nach diesem einen Versuch, den wir aber zunächst in der Geschäftsordnung fixiert haben, gab es die allgemeine Erkenntnis, dass man das so eigentlich nicht ma­chen kann.

Seither steht es in der Geschäftsordnung – es hat nur niemand mehr gemacht. Und jetzt wird das Ding saniert, was eine doch lebendige Europa-Debatte mit sich bringen soll, wo Europa-Themen stärker hier im Haus diskutiert werden können. Es ist aber ein wesentliches Manko zu erwähnen – und das ist auch der Grund, warum wir dieser Än­derung nicht zustimmen –, nämlich dass man – und das bedauere ich sehr – nicht den Mut gehabt hat, zu sagen: Wenn die Kritik lautet, dass bei Europa-Debatten viel zu we­nig europäische Aspekte einfließen, dann öffnen wir doch diese Debatten und lassen die Europa-Parlamentarier mitwirken.

Es gab zunächst auch Stimmen von ÖVP und SPÖ, die dem zugestimmt haben; insbe­sondere die Spitzenkandidaten für die Europawahlen waren da sehr einverstanden. Es ist aber nicht gelungen, das zu einer gemeinsamen Beschlussfassung zu bringen. Wir werden die Europa-Debatten im Plenum – nicht im Hauptausschuss, aber im Plenum – weiter so führen, dass dort Europa-Parlamentarier oder auch Vertreter europäischer Institutionen nicht geladen werden. Ich befürchte, dass das dazu führen wird, dass wir wieder eine ähnliche Debatte haben werden wie bislang, nämlich eine sehr innenpoli­tisch ausgerichtete Debatte, und dass das, was eigentlich der Wunsch wäre, dass wir dort weiter über den Tellerrand hinaus denken, nicht passieren wird.

Ich bedauere, dass wir die Einzigen waren, die hier mit Nachdruck darauf bestanden haben, und es jetzt nicht dazu kommt, dass Europa-Parlamentarier und unsere Vertre­ter zu Wort kommen können. Ich hoffe, es wird trotzdem besser als der einmalige Khol-Versuch, der damit geendet hat, dass im Couloir draußen alle gesagt haben: So kann man Europa-Debatten nicht abführen! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

23.28


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte. (Abg. Grosz – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Pendl –: „Danke!“)

 


23.28.21

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Zu vorgeschrittener Stunde in aller Kürze ein paar Sätze. Der Kollege Brosz hat ja auf beide Punkte hingewiesen, und meine zwei Kollegen werden noch darauf eingehen, sowohl auf die Parlamentarische Bundesheer-Kommission als auch auf die Europatage. Beide Berichte sind gute Berichte, aber wir haben ja noch einige Punkte, die zu ändern wir uns gemeinsam vorgenommen haben – im Interesse des Hauses, im Interesse aber auch der Fraktionen –, und ich darf Sie dazu einladen.

Ich glaube, die Frau Präsidentin hat einen Termin bereits vorgesehen. Uns hält nichts auf – gehen wir es an! Vielleicht könne wir in einigen Monaten hier andere gute Be­schlüsse fassen. – Alles Gute! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grosz: Danke! – Uns hält nichts auf, gehen wir’s an! – Heiterkeit beim BZÖ.)

23.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Karl. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 296

23.29.00

Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kol­leginnen und Kollegen! Bei den vorliegenden Änderungen der Nationalrats-Geschäfts­ordnung geht es zum einen darum, EU-Themen stärker zu gewichten und regelmäßig behandeln zu lassen. Dazu haben wir uns im Geschäftsordnungskomitee darauf ge­einigt, eine Neugestaltung der Bestimmungen betreffend Erörterung von EU-Themen vorzunehmen.

Zum einen wird der Hauptausschuss aufgewertet, wenn EU-Themen behandelt wer­den, und zum anderen wird die Erörterung von EU-Themen künftig einen Fixplatz in­nerhalb der regulären Plenarsitzungen des Nationalrates einnehmen. Das heißt, es wird sowohl aktuelle Europastunden als auch EU-Erklärungen von Mitgliedern der Bun­desregierung mit anschließenden Debatten geben. Dadurch erhoffen wir uns sehr wohl, dass das Thema Europa auch hier im Parlament einen höheren Stellenwert be­kommen wird.

Zum anderen geht es bei den vorliegenden Änderungen um notwendige Anpassungen. Mit diesen vorgeschlagenen Änderungen der Geschäftsordnung wird zwar nicht viel verändert, aber es sind notwendige und sinnvolle Änderungen, die wir daher natürlich begrüßen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

23.30


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte. (Abg. Grillitsch: Scheibner redet aber schon oft! – Abg. Scheibner – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ich würde dich auch ganz gern ab und zu hören! Du darfst nicht sprechen, gell?)

 


23.30.45

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Meine Damen und Herren! Lieber Abgeord­neter Pendl, um mit deinen Worten zu sprechen: „Was hält uns auf, dass wir weiterge­hen?“ – Ich muss leider sagen: Unter anderem hältst du uns auf! (Heiterkeit und Beifall beim BZÖ.) Wir können es nicht angehen, weil – du weißt es, und leider musstest du diese traurige Botschaft überbringen – die Arbeit im Geschäftsordnungskomitee unter­brochen oder abgebrochen wurde, und du weißt es. (Abg. Ing. Westenthaler: Sankt-Nimmerleins-Tag!)

Wir haben dort wirklich gut und sehr konstruktiv gearbeitet, im Gegensatz zur letzten Legislaturperiode. Letztlich die beiden Anträge oder die beiden Vorlagen, die wir heute in zweiter Lesung beschließen werden – und wir werden beiden die Zustimmung ge­ben –, zeigen das auch, denn beim letzten Mal ist die Arbeit nach kurzer Zeit abge­brochen worden, weil man gesehen hat, dass es keine Einigung gibt, lieber Kollege! – Er hat sich vorhin darüber aufgeregt, dass ich so oft rede und er nicht. Lieber Kollege (in Richtung des Abg. Grillitsch), du musst dich bei deinem Klubobmann beschweren, vielleicht wird sich das dann ändern.

Lieber Kollege Pendl, du weißt es ganz genau: Es war völlig unbegründet! Das jetzt als Retourkutsche für die Ablehnung der Opposition, die Zustimmung zu Verfassungsvor­lagen zu geben, zu verwenden und zu sagen: Aber jetzt arbeiten wir im Geschäftsord­nungskomitee nicht mehr mit, weil wir beleidigt sind!, ist wirklich nicht adäquat. Wir ha­ben ja gesagt, wir arbeiten selbstverständlich auch im Verfassungsausschuss weiter an den Materien, es gibt nur keine Beschlussfassung. (Abg. Rädler: Nein, nein! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Nicht schon wieder „Nein“! Ihr ruft immer hier herein, habt aber überhaupt keine Ah­nung. (Zwischenrufe bei ÖVP und BZÖ.) Das müsst Ihr euch einmal anschauen: Im Geschäftsordnungskomitee ist wirklich gut gearbeitet worden, mit allen Fraktionen, aber leider habt Ihr, wahrscheinlich auf Weisung der Parteisekretariate, jetzt die Arbeit eingestellt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 297

Jetzt zum Beispiel zu sagen – und das werden wir morgen wieder hören –: Wenn es schon eine Reform der Untersuchungsausschüsse gäbe, wer immer daran schuld ist, dass es sie noch nicht gibt, dann gäbe es die Probleme nicht!, ist etwas, wo ich sagen muss: Mag sein, aber warum verhindert ihr im Geschäftsordnungskomitee, dass wir den Untersuchungsausschuss endlich auf eine gute, gesunde Basis bringen? (Beifall beim BZÖ.)

Nehmt die beiden Anträge heute als Andenken und überlegt euch, ob wir die Arbeit im Geschäftsordnungskomitee nicht doch wieder aufnehmen sollten! „Haltet uns nicht auf, und gehen wir es an“, Kollege Pendl! (Beifall beim BZÖ.)

23.33


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Prähauser. – Bitte.

 


23.33.27

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Das Wehr­rechtsänderungsgesetz 2009 hat eine Stärkung der Bundesheerkommission für Be­schwerdewesen vorgesehen. Der Geschäftsordnungsausschuss hat es jetzt so formu­liert, auch dem Ausschussvorsitzenden oder dem Ausschuss die Möglichkeit zu geben, mit den Präsidenten der Kommission in einen Dialog zu treten. Das heißt schlichtweg, in Zukunft wird der Bericht im Ausschuss von den Präsidenten vertreten. Wir können als Ausschuss die Beiziehung der Präsidenten verlangen, umgekehrt haben sie das Recht, an den Ausschusssitzungen mit Stimme teilzunehmen. Mit Stimme, das heißt allerdings: im mündlichen Bericht.

Ich bin schon sehr gespannt auf die nächsten Berichte, die dadurch an Leben gewin­nen werden. Wir werden gemeinsam die Probleme der Soldatinnen und Soldaten bes­ser behandeln können und besser verstehen. Ich danke hier für die Einstimmigkeit in der Entscheidung, diesem Vorschlag zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Ab­geordneten der ÖVP.)

23.34


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. – Bitte.

 


23.34.38

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die neue Geschäftsordnung wird dazu beitragen, dass die EU-Debatten inter­essanter werden, vor allem, weil sie aktueller sein werden. Das ist wichtig, denn das In­teresse an EU-Themen steigt langsam, aber doch. Die Bevölkerung hat hohe Erwar­tungen, vor allem, was europäische Lösungen im Kampf gegen die Kriminalität betrifft, aber auch, was die Umwelt- oder Energiepolitik, die Wirtschaftspolitik, den Bereich der Bildung und Forschung betrifft, und sie will umfassend informiert werden. Mit dieser Novellierung werden wir das auch tun. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

23.35

23.35.20

 


Präsident Fritz Neugebauer: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Zunächst stimmen wir ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 492 der Beilagen. Das ist jener Gesetzentwurf, der im Wesentlichen Anpassungen des Ge­schäftsordnungsgesetzes an Verfassungsänderungen beinhaltet.

Der vorliegende Gesetzentwurf kann nur bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 298

Daher stelle ich zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfas­sungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die dem vorliegenden Entwurf ihre Zustim­mung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Der vorliegende Entwurf ist in zwei­ter Lesung einstimmig angenommen.

Gemäß § 108 des Geschäftsordnungsgesetzes kann die dritte Lesung des vorliegen­den Entwurfes frühestens 24 Stunden nach Abschluss der zweiten Lesung stattfinden.

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 493 der Beilagen. Das ist jener Entwurf, der die Behandlung von EU-Themen im Natio­nalrat neu regelt.

Auch da ist der Entwurf nur bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu beschließen.

Ich stelle daher die erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung geben, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Auch hier kann die dritte Lesung des vorliegenden Entwurfes frühestens 24 Stunden nach Abschluss der zweiten Lesung stattfinden.

23.37.16 53. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Gesetz, mit dem das Strafgesetzbuch BGBl. Nr. 60/1974, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 98/2009, geändert wird (784/A)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zum 53. Punkt der Tagesordnung.

Zu Wort gemeldet ist als Erste Frau Mag. Schwentner. – Bitte, Frau Kollegin.

 


23.37.38

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zwei Dinge möchte ich meinem Antrag vorausschicken. Das eine ist, dass es in Österreich eine Fristenlösung gibt. Das heißt, dass es das Recht jeder Frau ist, eine Abtreibung vorzunehmen, und zwar straffrei vorzunehmen. Das Zweite ist, dass es auch das Recht jeder Frau sein muss, diese ungehindert vorzunehmen.

Dazu kommt der Umstand, dass es ja keiner Frau leichtfällt, einen solchen Schritt zu machen, sich zu einer Abtreibung zu entscheiden, dass keine Frau dies leichtfertig tut. Das heißt, wenn eine Frau sich entscheidet, diesen schwerwiegenden Schritt zu tun, dann haben wir das zu akzeptieren. Das heißt auch, dass wir es ihr ermöglichen müs­sen, dass sie diesen Schritt ungehindert tun kann. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Mag. Wurm.)

Umso schlimmer ist es daher, dass es vor Abtreibungskliniken – Sie kennen das am Mariahilfer Gürtel, Sie kennen es auch vor der Klinik am Fleischmarkt – ständig zur Be­drängung und Belästigung von Frauen auf dem Weg zur Klinik, auf dem Weg zu einer Untersuchung oder vielleicht auch schon zu dem Schritt der Abtreibung kommt. Sie werden behindert, es wird ihnen zugeredet, sie werden beleidigt. Es werden ihnen Bro­schüren gegeben, kleine Föten und sonstige Dinge, die die Frauen extrem verunsi­chern und psychisch unter Druck setzen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 299

Das ist ein unzumutbarer Zustand, der verhindert werden muss! Er kann nur durch eine entsprechende Einrichtung von Schutzzonen, wie es sie zum Beispiel in Frankreich und auch in anderen Ländern gibt, unterbunden werden. Das heißt, es geht um eine Zone, die eine Frau und vor allem auch das Personal der Kliniken schützt, weil es un­zumutbar ist, wenn man als Klinikpersonal jeden Tag in eine Klinik geht, wo man von Leuten auf der Straße beschimpft und unter Druck gesetzt wird und nicht ungehindert zu seinem Arbeitsplatz kommen kann. Das heißt, die Einrichtung von Schutzzonen ver­hindert das.

Wichtig wäre es, das im ganzen Bundesstaat zu tun und nicht nur in den Bundeslän­dern, wie es bisher freisteht, weil das einfach etwas ist, was über die Länderregelun­gen hinaus endlich bundesweit geregelt werden muss. Ich bitte Sie daher um Um­stützung im Sinne der betroffenen Frauen, um Unterstützung unseres Antrags, um die­sen Zustand zu beenden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

23.39


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


23.39.56

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Schwentner, ich stimme Ihnen in Ihrer Begründung zu. Selbst­verständlich ist es so, dass wir hier in Österreich durch die Fristenregelung innerhalb von drei Monaten straffrei einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen dürfen. Das ist gut so und richtig so für jene Frauen, die sich dazu entschieden haben.

Dass dann massiver Druck gegenüber den Frauen ausgeübt wird, ist zu verhindern. Wo und wie wir dabei vorgehen, das ist die große Frage, und hier haben wir uns noch damit zu befassen – das ist ja die erste Lesung –, ob das im Sicherheitspolizeigesetz in Form von Schutzzonen verankert wird, ob wir im Strafgesetzbuch entsprechende Re­gelungen implementieren oder ob wir uns überlegen, im Krankenanstaltengesetz etwas zu ändern. Hier gibt es unterschiedliche Möglichkeiten und unterschiedliche Vorgangs­weisen.

Kollege Widmann schaut schon etwas kritisch und streng, weil selbstverständlich auch das Grundrecht der Versammlungsfreiheit berücksichtigt werden muss. Aber in der Ab­wägung der verschiedenen Grundrechte, nämlich des Grundrechtes der körperlichen Unversehrtheit im Verhältnis zum Grundrecht der Versammlungsfreiheit, wiegt, glaube ich, das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit immer noch schwerer.

Wir haben andere Länder, wo wir das zum Beispiel schon haben. Frankreich wurde be­reits erwähnt, wir können die USA hinzufügen. Es gibt auch noch Australien als Bei­spiel, und ich glaube, in Spanien hat man ebenfalls Lösungen gefunden. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Wir sind bei der Arbeit, dass wir uns anschauen, wo wir es am besten, am ehesten ga­rantieren können, dass die Frauen keinem Psychoterror ausgeliefert sind: ob das im Strafgesetzbuch ist, ob das im Sicherheitspolizeigesetz ist, ob es eine Zusatzregelung beim Stalking ist. Das müssen wir uns noch genau anschauen, damit wir es auch ver­fassungsrechtlich ordentlich und sauber regeln können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.42


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Donner­bauer. – Bitte.

 


23.42.22

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Viel­leicht gleich vorweggeschickt: Frau Kollegin Schwentner, natürlich sind wir dagegen,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 300

dass Psychoterror ausgeübt wird und dass Druck ausgeübt wird. Aber das, was Sie hier vorlegen – wenn wir heute schon von gutem Parlamentarismus reden –, ist jeden­falls schlechter Parlamentarismus. Das ist der klassische Fall einer Anlassgesetzge­bung!

Was Sie hier machen, ist, dass Sie sagen: Nur dann, wenn unangemessener Druck moralischer, psychischer oder auch körperlicher Art auf eine Frau ausgeübt wird, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lässt, soll das strafbar werden. Wer sonst solchen moralischen, psychischen oder sonstigen Druck ausübt – auch unangemes­senen –, der ist Ihrer Meinung nach nicht zu bestrafen. Diese Unterscheidung, diese Differenzierung müssen Sie einmal klarmachen. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Es gibt ja rechtliche Bestimmungen, es gibt auch strafrechtliche Bestimmungen wie zum Beispiel die Nötigung, die eben nicht darauf abstellt, warum jemand so etwas tut und gegen wen er etwas ausübt. Daher stehen wir diesem Vorschlag ablehnend und sehr skeptisch gegenüber.

Ich würde sogar so weit gehen, einmal den Versuch zu machen, was die Kolleginnen und Kollegen von den Grünen sagen würden, wenn so ein Druck, wie Sie ihn da be­schreiben – dass man jemand beharrlich und nachdrücklich anspricht, dass man ver­sucht, Gegenstände zu überreichen –, zum Beispiel durch militante Tierschützer aus­geübt wird. Finden Sie es dann auch noch strafbar? Oder ist es für Sie dann plötzlich in Ordnung und straffrei? (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch das muss man wissen: Die Grünen sind genau jene Partei, die eigentlich sogar kriminelle Organisationen straffrei stellen will, die den § 278a ändern will. (Beifall bei der ÖVP.)

Sogar dort, wo Eigentumsdelikte begangen werden, Sachbeschädigungen, Legen von Feuersbrünsten, soll das straffrei werden (Abg. Dr. Pirklhuber: Unterstellen Sie nicht ...!), weil das offensichtlich ein guter Zweck ist.

Dagegen sprechen wir uns aus, und daher können wir uns so ein Gesetz nicht vor­stellen. (Beifall bei der ÖVP.)

23.44


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. – Bitte.

 


23.44.22

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! In den letzten zehn Jahren: 13 000 ungeborene Kinder wurden durch den Einsatz vor diesen Kliniken geschützt und kamen auf die Welt! Das sind Fakten, sodass man sich bei Ih­nen einmal anschauen muss, was Sie hier vornehmen wollen.

Ich denke mir, für aggressives Betteln gibt es eine Verwaltungsstrafe – eine Woche Er­satzfreiheitsstrafe, wenn man eine Geldstrafe nicht aufbringen kann –, aber hier, in die­sem Fall, muss gleich das Strafgericht her, mit einer Strafdrohung bis zu sechs Mona­ten! Da sieht man einmal die Gewichtung, wie es bei Ihnen auch zugeht.

In ihrer Begründung schreiben Sie: „Dieser unzumutbare Stress“, also dieses Anpö­beln, das Sie da orten, „wirkt sich negativ auf die Heilungschancen aus.“ Welche Hei­lungschancen? Schwangerschaftsabbruch ist eine Krankheit? Oder was meinen Sie damit, was hier passiert?

Und weiter: „Denn militante AbtreibungsgegnerInnen haben aufgrund dieser Bestim­mung mit Konsequenzen ihres Tuns zu rechnen.“ „Militante AbtreibungsgegnerInnen“ – was passiert mit den militanten „TierschützerInnen“ (Ruf bei den Grünen: Werden alle eingesperrt!) und mit den militanten „DemonstrantInnen“, die das Versammlungsrecht,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 301

das hier angeschnitten worden ist, mit Füßen treten, wenn es um Versammlungen An­dersdenkender geht, wenn sie diese auch aggressiv am Betreten von Versammlungs­lokalen hindern wollen? – Das alles ist in ihrer Welt komplett in Ordnung. (Beifall bei der FPÖ.)

Dazu gibt es von unserer Seite natürlich eine klare Ablehnung! Wenn Sie hier meinen, dass versucht wird, jemanden am Zugang zu hindern: Das ist bis jetzt schon ein Nöti­gungsdelikt gewesen, das braucht man nicht.

Jetzt kommt man eigentlich zur technischen Ausformulierung ihres Gesetzesvorschla­ges: „Wer unangemessenen Druck ausübt“, und zwar in „körperlicher Art“ – was ist denn angemessener Druck in körperlicher Art, können Sie mir das einmal erklären? Wo fängt das an, wo hört das auf? Wo haben Sie denn da Ihre Gesetzesbegriffe her?

„Wer ... versucht“, ihnen „Gegenstände zu überreichen“: Wenn ich in Zukunft von einer NGO angesprochen werde, irgendwo auf dem Schwedenplatz, dass ich irgendeine Beitrittschaft oder sonst etwas zu irgendetwas abkläre, und sie stellen sich mir in den Weg oder Ähnliches, kommen sie dann aus Ihrer Sicht auch ins Gefängnis?

Arbeiten Sie einmal an diesen Dingen, und schützen Sie eher das Leben, als dass Sie uns das Leben hier schwer machen! (Beifall bei der FPÖ.)

23.46


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.

 


23.46.44

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Was wir vom grünen Antrag zu halten haben, ist, glaube ich, jedem klar. Aber, meine Damen und Herren von der ÖVP, haben Sie genau zugehört, was Kollegin Wurm hier berichtet hat?

Dieser Antrag zielt auf niemand anderen als nur auf die Lebensschützer ab! Lebens­schützer, die nichts anderes versuchen, als mit zivilen Mitteln, die man jetzt mit dem Strafrecht nicht erwischt, weder mit dem § 81 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz, ich kenne die Verfahren, die Stadt Wien probiert das derzeit ... (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.) Sie werden einfahren! Diese Leute tun nichts Verbotenes, und das passt Ihnen nicht.

Weder damit, noch mit dem Stalking-Paragraphen erwischt man die Leute, denn gegen Rosenkranz betende Nonnen kann man nicht einmal mit dem Stalking-Paragraphen vorgehen. (Abg. Mag. Wurm: Nonnen? Waren das Nonnen?) Ja, ja, natürlich! Ich weiß, wie Schwestern von den Mitarbeitern einer Abtreibungsklinik in Wien massiv be­droht wurden. Einer dieser Lebensschützer ist sogar verletzt worden, ich kenne den Fall nämlich detailliert. Die Staatsanwaltschaft, Ihre Justizministerin, hat keinen Anlass gesehen, gegen den Täter vorzugehen. Die Polizei hat gesagt: Sie sind selbst schuld, was stellen sie sich da vorne überhaupt hin?! (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren, was ich Ihnen sagen will, ist Folgendes: Abtreibung ist nach wie vor ein Tötungsdelikt, das nur unter ganz bestimmten Umständen nicht strafrecht­lich verfolgt wird. Aber der Rechtsunwert der Tat ist nach wie vor im StGB enthalten, meine Damen und Herren! (Beifall bei BZÖ und FPÖ. – Abg. Dr. Rosenkranz: Richtig, so ist es!) Und hier wird verlangt, das Gegenteil zu tun: Jene, die dagegen auftreten, dass man ein Tötungsdelikt setzt, soll man jetzt kriminalisieren, und jene, die das Tö­tungsdelikt durchführen, sollen weiter geschützt werden vor jenen, die dagegen protes­tieren! Meine Damen und Herren, das ist die Pervertierung zum Quadrat!

Nicht nur, dass die Grünen lieber Tiere schützen und dort sogar jeden Einbruch recht­fertigen – das ist die Wertordnung der Grünen, das ist bekannt. (Zwischenruf des Abg.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 302

Dr. Pirklhuber.) Aber Ihr Koalitionspartner ist hier heraußen gewesen, Frau Kollegin Wurm ist heraußen gewesen – meine Damen und Herren, da geht es um etwas Grund­legenderes! Hier geht es um das Lebensrecht ... (Abg. Kopf: Ewald, falsche Adres­se! – Weitere Zwischenrufe.)

Nein, da erwarte ich mir nichts. Ich warne euch nur vor den Redebeiträgen hier. (Abg. Dr. Stummvoll: Wir sind keine Einheitspartei!) Es ist euch nicht aufgefallen. Einzelne haben, glaube ich, sogar noch applaudiert, als Kollegin Wurm gesprochen hat, ja, Kol­lege Steindl? (Abg. Kopf: Hast du Kollegen Donnerbauer gehört oder nicht? – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Sie haben es offensichtlich nicht verstanden! Hier geht es darum, jene zu kriminalisie­ren, die gegen ein Tötungsdelikt auftreten, meine Damen und Herren, anstatt gegen je­ne vorzugehen, die das Tötungsdelikt durchführen! Da ist der Hase im Pfeffer. (Beifall bei BZÖ und ÖVP.) Das heißt, hier ist die Wertumkehrung im Gange, und bei Ihnen gibt es Leute, die dafür noch applaudieren.

Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen: Wir werden entschlossenen Widerstand leisten gegen die völlige Verkehrung der Werte! Das wird nirgends so deutlich wie in der Frage der Abtreibung. Das wird nirgends so deutlich wie in der militanten Art, in der man gegen Lebensschützer vorgeht.

Ansonsten ist bei Ihnen jedes Demonstrieren, jedes Protestieren, jedes Audimax-Be­setzen gerechtfertigt, das ist alles gerechtfertigt, aber in dem Moment, wo harmlose Gläubige sich mit dem Rosenkranz vor ein Institut auf dem Fleischmarkt hinstellen, in welchem massenweise Kinder umgebracht werden, vor ein Institut, das auf eine Nazi-Tante zurückgeht – das kann man nicht oft genug betonen: Die Gründerin dieses Insti­tuts ist eine alte Nazi-Tante gewesen, die noch Weihegedichte und Lobesgedichte und Liebesgedichte an Schicklgruber komponiert hat –, soll gegen diese Lebensschützer vorgegangen werden. Diese Ideologie soll jetzt noch geschützt werden!

Das kommt für uns nicht in Frage! Wir werden dagegen militant auf der Seite der Le­bensschützer stehen. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

23.50


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 784/A dem Justizausschuss zu.

23.50.5354. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsge­setz, und ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 geändert wird (767/A)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zum 54. Punkt der Tagesordnung.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Bucher. 2 Minuten ist die Restredezeit Ihrer Frak­tion. – Bitte.

 


23.51.21

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! In die­sem Antrag von uns geht es um ein altes Anliegen, das wir schon seit vielen Jahren diskutieren, nämlich die Ausweitung der Prüfkompetenzen des Rechnungshofes auf die Gemeinden. Viele Diskussionen haben wir schon darüber abgeführt, vor allem auch einen gemeinsamen Entschließungsantrag gefasst, dass wir diese Prüfkompetenzen des Rechnungshofes ausdehnen wollen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 303

Jeder, der den Rechnungshof kennt und schätzt, weiß, wie sorgsam und gut die Prü­fungen und Beratungen des Rechnungshofes sind. Gerade einmal ein Prozent der ös­terreichischen Gemeinden wird tatsächlich vom Rechnungshof geprüft, also 24 von in etwa 2 400. Gerade angesichts der Budgetsituation vieler Gemeinden in Österreich ist es ratsam, gut und höchst an der Zeit, auch die Gemeindenfinanzen sorgsam durch den Rechnungshof prüfen zu lassen.

Mit diesem Antrag gehen wir den Koalitionsparteien einen Schritt entgegen, indem wir die Verantwortung auch den Landesregierungen übergeben. Wenn sie ein begründetes Ersuchen stellen, dann soll der Rechnungshof tätig werden und Einschau bekommen in die Budgets, in die Haushaltsgebarungen der Gemeinden.

Das wäre ein sinnvoller Schritt zu mehr Transparenz, zu mehr Vergleichbarkeit. So würden wir wahrscheinlich auch das viel besungene und diskutierte Transparenzkonto durchleuchten können, denn dafür werden wir auch die Kontrolle der Gemeindefinan­zen brauchen, weil sehr viele Transferleistungen über die Gemeinden verabreicht wer­den. (Beifall beim BZÖ.)

23.53


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Lapp. – Bitte.

 


23.53.11

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Zu bald mit­ternächtlicher Stunde diskutieren wir die Erweiterung der Prüfkompetenzen des Rech­nungshofes. Das ist ein Thema, das uns ja jetzt schon intensiv und länger beschäftigt.

Zur Abstimmung: Für uns ist ein wichtiges Thema, das eben nicht nur, wie es im BZÖ-Antrag der Fall ist, auf die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner zu reduzieren ist, sondern wir wollen verschiedene Kriterien heranziehen. Man soll schauen, dass die Gemeinden auch eine Vorbildwirkung bekommen in dem, was geprüft wird.

Sehr geehrter Herr Klubobmann Bucher, wenn in Ihrem Antrag steht, dass Sie nicht so recht Vertrauen haben, dass die Regierungsparteien oder alle Fraktionen hier im Ho­hen Haus für die Erweiterung der Prüfkompetenzen des Rechnungshofes effektiv und effizient arbeiten werden, so muss ich Sie in dieser Hinsicht enttäuschen: Bis zum März des kommenden Jahres werden dazu Regelungen vorliegen, sodass wir uns dann der Erweiterung der Prüfkompetenzen des Rechnungshofes widmen können und der Rechnungshof auch entsprechend prüfen kann, damit eben die finanziellen Mittel in unserem Land besser eingesetzt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

23.54


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 


23.54.35

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Präsident! Geschätzte Kollegin­nen und Kollegen! Es geht um eine Neuausrichtung der Gebarungsprüfung der Ge­meinden. Es haben sich insgesamt die Anforderungen und die Aufgaben verändert, und aus diesem Grund brauchen wir zukünftig eine Optimierung, wir brauchen Stan­dards und Kennzahlen und wir brauchen eine Effizienzsteigerung. Das heißt auch ganz klar: Keine Doppelprüfungen!

Der Gemeindeverband und der Städtebund haben sich neben dem Rechnungshof schon eingebracht, und es geht jetzt darum, dass wir ein effizientes und abgestimmtes Prüfsystem bekommen. Es geht darum, wer wie was am besten prüfen kann, aber auch darum, im Vorfeld zu beraten, denn im Grunde genommen geht es ja auch dar­um, dass man nicht immer im Nachhinein Fehler und Mängel aufdecken muss, son­dern dass man auch vorab präventiv wirken kann.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 304

Unsere Position ist klar: Es geht darum, dass man auch die ausgelagerten Betriebe prüfen kann, es geht um die Absenkung der vorausgesetzten Einwohnerzahl von 20 000 und es geht um das Zusammenspiel der Kontrolleinrichtungen.

Der Städtebund, der Präsident des Städtebundes, Dr. Häupl, hat an den Gemeinde­bund geschrieben – ich zitiere –:

Bei der Ausweitung der Prüfkompetenzen des Bundesrechnungshofes ist unter allen Umständen ein gesamtösterreichisches Prüfkonzept einzufordern. – Zitatende.

Wir stehen dazu, dass die Aufgaben zwischen Gemeindeaufsicht, Landesrechnungs­hof und Bundesrechnungshof abgestimmt werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

23.56


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stefan. – Bitte.

 


23.56.10

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Antrag entspricht ganz exakt einer alten Forde­rung der FPÖ, und wir werden ihn daher unterstützen. Auch wir sind der Meinung, dass es sinnvoll ist, wenn es bundesweit einheitlich eine Prüfungskompetenz auch für Ge­meinden unter 20 000 Einwohnern gibt, weil wir der Überzeugung sind, dass auch dort noch Einsparungspotential liegt und es daher eine sinnvolle Sache ist, wenn man dem Rechnungshof diese Kompetenz erteilt. Wir werden es also jedenfalls unterstützen, wenn es in der Gesetzgebungsperiode hiezu weitere Initiativen gibt, und sind da sehr dahinter. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Bucher.)

23.57


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Rest­redezeit der Grünen: 2 Minuten. – Bitte.

 


23.57.00

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Wenige Bemerkungen: Erstens: Ein guter Vorschlag! Es zeichnet Sepp Bucher ja offensichtlich aus, dass er immer nach Kompromissen sucht. Es gibt allerdings bessere Vorschläge. Die besten sind jene, die allen Rechnungshöfen, den Landes- und dem sogenannten Bundes­rechnungshof die komplette Prüfkompetenz über alle Gemeinden einräumen und auch das Recht, von sich aus tätig zu werden, weil das dazu führen würde, dass er genau jene paar Promille – man muss das ja dazu sagen – oder wenige Prozente der Ge­meinden erwischen würde, wo es wirklich Nachschaubedarf gibt. Das dürfen wir dem Rechnungshof durchaus zutrauen, dass er nach bestimmten Kriterien so vorgehen würde. Allein hier im Haus haben wir uns darauf noch nicht verständigt.

Ich anerkenne auch, dass die ÖVP, nachdem ja überhaupt lange ihre Haltung war, dass man die Kompetenzen gar nicht ausweiten soll, immerhin so weit gekommen ist, zu sagen: Okay, reden wir darüber, da gibt es eine Grundsatzvereinbarung, schauen wir uns an, wo und wie das sinnvoll ist! (Abg. Kopf: Wir haben sogar schon ein Modell dafür vorgestellt!)

Das schließt ja rein logisch nicht einmal den Vorschlag aus, den ich gerade gebracht habe, aber es liegt natürlich auch noch eine andere Weisheit in dem, was Sie sagen. Wir müssen aufpassen, dass nicht alle alle dauernd und gleichzeitig prüfen. Das wird zwar niemand Vernünftiger wollen, und die Rechnungshöfe stimmen sich ja auch ab. Was aber natürlich schon ein Problem ist, ist, dass wir in verschiedenen Bundeslän­dern Aufsichtssysteme haben, die diesen Namen nicht verdienen. Sie haben recht, wenn Sie sagen, die können wir nicht alle zugleich fuhrwerken lassen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 305

Ich sage Ihnen: Auch diese Aufsichten gehören reformiert! Solange das jedoch nicht geschehen ist, werden wir natürlich danach trachten, sowohl die Gemeinden prüfen zu lassen als auch die Aufsicht.

Damit komme ich – so viel Zeit ist noch – zu den eher unrühmlichen Beispielen in der Steiermark. Mich wundert ja, dass das bis jetzt noch nicht gefallen ist. Wir haben auf der einen Seite eine Reihe von Gemeinden, die ohnehin kein Geld haben, aber es im­mer noch beim Fenster hinausschmeißen, auf Kreditbasis nämlich. Das sind in der Re­gel Gemeinden mit roter Mehrheit. Und wir haben Gemeinden mit schwarzer Mehrheit, die zwar Geld zusammengebracht haben, es aber verspekuliert haben. In jedem Fall war aber die Aufsicht dabei und hat zugeschaut. In jedem Fall!

Das heißt, es gibt leider mehr Prüfbedarf als weniger. Dass das Gesamtsystem eine Reform braucht, da werden wir uns treffen, und ich hoffe, dass wir uns da treffen. (Bei­fall bei Grünen und BZÖ.)

23.59


Präsident Fritz Neugebauer: Es liegt hiezu keine Wortmeldung mehr vor.

Die Debatte ist geschlossen.

Den Antrag 767/A weise ich dem Verfassungsausschuss zu.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

23.59.53Einlauf

 


Präsident Fritz Neugebauer: In der heutigen Sitzung sind die Selbständigen Anträge 904/A(E) bis 908/A(E) sowie die Anfragen 3871/J bis 3915/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Freitag, den 11. Dezember 2009, 9 Uhr, ein.

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

00.00.18Schluss der Sitzung: 24.00 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien