Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 70

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In diesem Fall muss man ausnahmsweise schon darauf hinweisen, dass Kredite an Griechenland mindestens bis Jänner 2010 keinen spekulativen Charakter hatten. Grie­chenland galt als souveräner Schuldner, wie andere Mitglieder der Eurozone auch, wie zum Beispiel Österreich. Erst seit Jänner dieses Jahres verdichteten sich die Anzei­chen, dass es da echte Probleme geben kann.

Ich möchte ein paar Worte zur Größenordnung des Problems sagen. Es wird hier ein Begriff relevant, den wir alle schon vergessen haben – also ich zumindest –, weil er in Österreich nie eine Rolle gespielt hat, nämlich das Bruttodefizit, die Bruttokreditaufnah­me von Staaten zur Refinanzierung alter Schulden, auslaufender Schulden beziehungs­weise zur Kreditaufnahme für die Neuverschuldung. Diese Brutto-Neuverschuldung läuft im Falle Griechenlands darauf hinaus, dass wir pro Jahr bis einschließlich 2015 rund 50 Milliarden € aufbringen werden müssen. Das ergibt sich schon allein aus der Til­gungsstruktur der griechischen Kredite. Das stand gestern in der „Financial Times“. 50 Milliarden pro Jahr, das summiert sich auf eine Größenordnung von 100 Prozent des griechischen Bruttoinlandsprodukts – nur zum Vergleich – innerhalb dieser relativ kurzen Zeitspanne.

Daher ist es nicht unwahrscheinlich, anzunehmen, dass wir hier tatsächlich – je nach­dem, wie das ausgeht – entweder ein argentinisches oder ein brasilianisches Problem bekommen werden. In Argentinien geht es regelmäßig schlecht aus. Brasilien hatte eine gute Restrukturierung der Schulden. Wir müssen offen, möglichst strukturiert und mit kühlem Kopf über Default, das heißt über Zahlungsunfähigkeit – wann und mit wel­chen Folgen – reden, damit in so einem Fall niemand die Nerven verliert. Besser ist es natürlich, sich vorher zu überlegen, wie man dieses Szenario vermeidet.

Wenn in den Zeitungen ein bisschen euphemistisch von Restructuring, Rescheduling die Rede ist, dann ist damit Fristenerstreckung für die griechische Verschuldung ge­meint. Die Verdoppelung der Fristen zum Beispiel war ein Rezept, das im Falle Mexi­kos ... (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) Entschuldigung, das Licht leuchtet nicht. (Ruf bei der ÖVP: Schon die ganze Zeit! Staatssekretär Dr. Lopatka: Auch das ist kaputt!) Auch das ist kaputt! (Abg. Mag. Kogler: Das ist schon einmal gewesen! – Abg. Grosz: Das ganze Haus ist am Einfallen! Das Licht geht nicht! Die Sessel fallen um! Abg. Mag. Kogler: Es ist ja die Rede so lichtvoll!) Hoffen wir, dass das kein Omen ist, Herr Staatssekretär. Das ist sehr bedauerlich.

Dann muss ich damit enden zu sagen: Werner Kogler hat recht. Wir werden mehr Euro­pa brauchen und nicht weniger. Wir brauchen eine europäische Bankenaufsicht und nicht eine nationale wie bisher. Wir brauchen eine europäische Koordinierung (Abg. Grosz: Ich glaube überhaupt, die Regierung ...!) – wenn man so will, eine „Beaufsichti­gung“; vermeiden wir dieses Wort aber besser – der Finanzpolitiken, insbesondere in der Eurozone. Alles andere ist naiv und unrealistisch. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

11.43


Präsident Fritz Neugebauer: Es gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Stadler zu Wort. – Bitte.

 


11.44.05

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Präsi­dent, Sie haben die Uhr auf 7 Minuten eingestellt, nehme ich an. (Abg. Kopf: Jetzt ha­ben wir Aktuelle Stunde! – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist beim nächsten Punkt!)

 


Präsident Fritz Neugebauer: 5 Minuten!

 


Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (fortsetzend): Nein, das ist neu ausverhandelt wor­den, muss ich gleich vorausschicken. Und diese Redezeit rechnen Sie mir bitte nicht an, weil das ist mit dieser desaströsen Geschichte hier ...

 


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