Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll83. Sitzung / Seite 101

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vorschreiben und Sanktionen vorsehen, es gibt aber auch Normen, die einfach irgendwie auch eine gewisse Ordnung hineinbringen sollen. Hier geht es in der Ver­fassung darum, dass man eine Chronologie festlegt, und die Verfassung hat – auch das wurde ja schon betont – auch in dieser Chronologie mehrere Varianten vorge­sehen.

Die eine Variante ist, dass die Bundesregierung acht Wochen oder zehn Wochen vorher diesen Entwurf des Voranschlages vorlegt. Tut sie das nicht, dann gibt es eben die andere Variante, dass das Parlament selbst ein Budget erstellt oder auch die Bundesregierung später. Auch diesen Fall sieht die Verfassung ausdrücklich vor, dass die Bundesregierung später einen Budgetentwurf vorlegt und sich dann immer noch der Nationalrat damit befassen kann. Und das tun wir auch.

Worum es geht – und ich glaube, das ist wichtig, dass man das sieht –, ist, dass ein Budget vorgelegt wird und ausreichend beraten werden kann und dann auch recht­zeitig beschlossen wird. All das passiert.

Es gibt noch einen zweiten Grund, warum diese Rechtsverletzung, die eine Minister­anklage rechtfertigen würde, hier nicht vorliegt. Wir haben auch in der Vergangenheit immer wieder Fälle gehabt, wo ein Budget sogar erst im nächsten Jahr beschlossen worden ist – aus verschiedenen Gründen –, doch da ist nie jemand auf die Idee gekommen zu sagen, das ist ein Fall für die Ministeranklage, da muss jetzt der Bun­deskanzler, der Finanzminister seines Amtes enthoben werden. Das ist einfach nicht das dafür vorgesehene Instrument.

Da gesagt wurde, das sei nur die Meinung der Regierung, alle anderen hätten eine andere Meinung, möchte ich vielleicht noch, unverdächtig, den Verfassungskommentar Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, zitieren, einen, ich glaube, Herr Kollege Stadler, wohl unbestritten wesentlichen Kommentar unserer Bundesverfassung. Und hier hält – und zwar nicht in Bezug auf diesen konkreten Fall, wie manche bestellte Gutachten, die halt jetzt in der Diskussion hervorgezaubert werden, sondern schon Jahre früher – Universitätsprofessor Hengstschläger fest: „Verfehlt die Bundesregierung ihre vorgegebene Frist zur Vorlage, hat sie die Möglich­keit, einen Entwurf nachzureichen. Als Sanktion der Säumnis verliert sie bloß“ – und eben nicht weitere Sanktionen – „das Antragsmonopol.“

Hätte die Verfassung das gewollt, was Sie hier verlangen, nämlich den Finanzminister oder den Bundeskanzler seines Amtes zu entheben, dann hätte die Verfassung oder der Verfassungsgesetzgeber die Möglichkeit gehabt, das auch in die Verfassung auf­zunehmen. Er hat das nicht getan – aus gutem Grund.

Daher: Kehren wir zurück zu einer konstruktiven Diskussion der Vorschläge, die auf dem Tisch liegen, zur Konsolidierung unseres Haushaltes! Ich glaube, das ist das, was die Bürgerin und der Bürger von uns erwarten. Vergeuden wir nicht Energie in nutzlose, rein formalistische Nebelgranaten! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.15


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Stadler zu Wort gemeldet. Ich erinnere an die einschlägigen Bestimmungen der Geschäftsordnung. – Bitte.

 


13.15.28

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Ich gehe jetzt auf die Falschinterpretation des Professor Hengstschläger nicht ein, sondern der Vorredner hat behauptet, dass für eine Ministeranklage nach Art. 142 Abs. 2 lit. b B-VG eine schuldhafte Gesetzesverletzung vorliegen müsse. – Das ist nicht der Fall!

 


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