Parlament Österreich

 

 

 

 

Stenographisches Protokoll

 

 

 

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91. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Dienstag, 21., und Mittwoch, 22. Dezember 2010

 

Band 1 – Dienstag, 21. Dezember 2010

 


Stenographisches Protokoll

91. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode

Dienstag, 21., und Mittwoch, 22. Dezember 2010

Dauer der Sitzung

                                               Dienstag, 21. Dezember 2010: 0.07 –   4.17 Uhr

                                                                                                             9.05 – 20.58 Uhr

                                               Mittwoch, 22. Dezember 2010: 9.05 – 19.10 Uhr

*****

Tagesordnung

Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bun­desfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................  26, 112, 339

Ordnungsrufe ......................................................................................  213, 331, 434, 439

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .........................................................................................  27, 112, 339

Unterbrechung der Sitzung ...............................................  111, 338, 384, 525, 527, 529

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung im Zusammenhang mit Staatssekre­tärin Mag. Verena Remler:

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ... 400

Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ... 400

Karlheinz Kopf ........................................................................................................ ... 400

Herbert Kickl ........................................................................................................... ... 401

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .............................................................................. ... 401

Wortmeldung des Abgeordneten Sigisbert Dolinschek betreffend Redezeiten        419

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung .................  524, 527, 529


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 2

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls die­ser Sitzung durch Präsidentin Mag. Barbara Prammer ........................................................................ 534

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ............................... 541

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 26

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 26

Auslieferungsbegehren

gegen den Abgeordneten Stefan Petzner ..................................................................... 26

Verhandlungen

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundes­gesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bun­desfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.) ...................................................................................................................... 29

Rubrik 0, 1 (Recht und Sicherheit) ............................................................................ 29

UG 01: Präsidentschaftskanzlei; UG 02: Bundesgesetzgebung; UG 03: Verfas­sungsgerichtshof; UG 04: Verwaltungsgerichtshof; UG 05: Volksanwaltschaft; UG 06: Rechnungshof; UG 10: Bundeskanzleramt             ............................................................................................................................... 29

Redner/Rednerinnen:

Mag. Harald Stefan ....................................................................................................... 29

Mag. Wilhelm Molterer ................................................................................................ 32

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 33

Dr. Peter Wittmann ...................................................................................................... 35

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 35

Staatssekretär Dr. Josef Ostermayer ........................................................................ 37

Dorothea Schittenhelm .......................................................................................... ..... 38

Werner Herbert ............................................................................................................. 39

Mag. Gisela Wurm ........................................................................................................ 41

Mag. Daniela Musiol ..................................................................................................... 42

Martina Schenk ............................................................................................................. 43

Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek ............................................................ 44

Wolfgang Zanger .......................................................................................................... 45

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ........................................................................................... 46

Ernest Windholz ........................................................................................................... 47

Carmen Gartelgruber .................................................................................................. 48

Dieter Brosz .................................................................................................................. 50

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aussetzung der Sessionen am Verfassungsgerichtshof – Ab­lehnung ................  31, 521

Entschließungsantrag der Abgeordneten Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen betreffend jeweils eigenes Dienst- und Besoldungsrecht für Polizei und Bundesheer – Ablehnung  40, 521

Entschließungsantrag der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prüfkompetenzerweiterung des Rechnungshofes – Ableh­nung ..........................  46, 521


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 3

Entschließungsantrag der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Förderung für Frauenhäuser – Ablehnung                                                 49, 522

UG 11: Inneres ............................................................................................................... 52

Redner/Rednerinnen:

Leopold Mayerhofer ..................................................................................................... 52

Günter Kößl .................................................................................................................. 54

Dr. Peter Pilz ................................................................................................................. 55

Hannes Fazekas ............................................................................................................ 57

Ing. Peter Westenthaler ............................................................................................... 57

Werner Herbert ............................................................................................................. 59

Mag. Alev Korun ........................................................................................................... 61

Bundesministerin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter .................................................. 62

Christoph Hagen .......................................................................................................... 63

Werner Neubauer ......................................................................................................... 64

Entschließungsantrag der Abgeordneten Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend bessere Entlohnung für Exekutivbedienstete in der poli­zeilichen Grundausbildung – Ablehnung  53, 522

Entschließungsantrag der Abgeordneten Werner Herbert, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Entlastung und Besserstellung der Exekutive – Ablehnung ....................................................  60, 522

UG 12: Äußeres ............................................................................................................. 66

Redner/Rednerinnen:

Dr. Johannes Hübner ................................................................................................... 66

Dr. Wolfgang Schüssel ................................................................................................ 70

Dr. Alexander Van der Bellen ..................................................................................... 71

Mag. Christine Muttonen ............................................................................................. 72

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 73

Bundesminister Dr. Michael Spindelegger ............................................................... 75

Petra Bayr ..................................................................................................................... 76

Mag. Judith Schwentner ............................................................................................. 76

Mag. Ewald Stadler ...................................................................................................... 80

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Streichung von Diplomatenprivilegien innerhalb der Eu­ropäischen Union – Ablehnung  68, 522

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sparmaßnahmen im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten – Ablehnung       69, 522

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kollegin­nen und Kollegen betreffend budgetäre Vorsorge für eine öffentliche Debatte über die österreichische Entwicklungszusammenarbeit – Ablehnung ..............................................................................................................  78, 522

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Entwicklungszusammenarbeit: Budgetpfad und ge­staltbare bilaterale Ausgaben als gesetzlich verpflichtende Ausgaben – Ableh­nung ..........................................................................................  79, 522

UG 13: Justiz .................................................................................................................. 81

Redner/Rednerinnen:

Dr. Walter Rosenkranz ................................................................................................. 82

Mag. Heribert Donnerbauer ........................................................................................ 83


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 4

Mag. Albert Steinhauser .............................................................................................. 85

Dr. Johannes Jarolim .................................................................................................. 86

Mag. Ewald Stadler ...................................................................................................... 87

Christian Lausch .......................................................................................................... 88

Mag. Daniela Musiol ..................................................................................................... 90

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 91

Dr. Susanne Winter ...................................................................................................... 93

Ing. Peter Westenthaler ............................................................................................... 93

Bundesministerin Mag. Claudia Bandion-Ortner .................................................... 95

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bezahlung der Rundfunkgebühren für Strafgefangene durch die Steuerzahler – Ablehnung          83, 522

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend notwendige Erhöhung der Planstellen der Verwendungsgrup­pen E 2a und E 2b für Exekutivbedienstete im Justizwachdienst – Ablehnung                                                                                                    90, 522

UG 14: Militärische Angelegenheiten und Sport ............................................................. 95

Redner/Rednerinnen:

Elmar Podgorschek ..................................................................................................... 95

Peter Haubner ............................................................................................................... 98

Dr. Peter Pilz ................................................................................................................. 98

Stefan Prähauser ........................................................................................................ 100

Kurt List ....................................................................................................................... 100

Ing. Norbert Kapeller .................................................................................................. 102

Mario Kunasek ............................................................................................................ 102

Bundesminister Mag. Norbert Darabos .................................................................. 105

Hermann Krist ............................................................................................................ 107

Dieter Brosz ................................................................................................................ 108

Stefan Markowitz ........................................................................................................ 109

Ing. Christian Höbart .................................................................................................. 110

Entschließungsantrag der Abgeordneten Elmar Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine weiteren Budgetkürzungen im Bereich der Miliz – Ablehnung ..............................  96, 522

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Zukunft des österreichischen Bundesheeres – Ablehnung                                                                   104, 523

Rubrik 2 (Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie) ............................................ 112

UG 20: Arbeit; UG 21: Soziales und Konsumentenschutz; UG 22: Sozialversi­cherung                  112

Redner/Rednerinnen:

Herbert Kickl ............................................................................................................... 112

August Wöginger ....................................................................................................... 118

Karl Öllinger ................................................................................................................ 120

Renate Csörgits .......................................................................................................... 123

Ursula Haubner .......................................................................................................... 125

Wilhelm Haberzettl ..................................................................................................... 127

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ....................................................................... 129

Dr. Martin Bartenstein ............................................................................................... 131

Mag. Helene Jarmer ................................................................................................... 133

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 135

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 137


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 5

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ..............................................................  139, 182

Fritz Grillitsch ............................................................................................................. 142

Werner Neubauer ..............................................................................................  144, 180

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 146

Mag. Birgit Schatz ...................................................................................................... 147

Oswald Klikovits ........................................................................................................ 149

Gerald Grosz ............................................................................................................... 150

Franz Riepl .................................................................................................................. 156

Dr. Andreas Karlsböck .............................................................................................. 157

Karl Donabauer .......................................................................................................... 158

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 160

Heidrun Silhavy .......................................................................................................... 162

Martina Schenk ........................................................................................................... 164

Dr. Franz-Joseph Huainigg ....................................................................................... 167

Mag. Heidemarie Unterreiner ................................................................................... 168

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................ 169

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................... 170

Jochen Pack ................................................................................................................ 173

Dr. Wolfgang Spadiut ................................................................................................ 174

Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 175

Carmen Gartelgruber ................................................................................................ 176

Johannes Schmuckenschlager ................................................................................ 178

Christoph Hagen ........................................................................................................ 178

Johann Höfinger ......................................................................................................... 180

Ernest Windholz ......................................................................................................... 182

Harald Jannach ........................................................................................................... 183

Ing. Peter Westenthaler ............................................................................................. 185

Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Verlängerung der Übergangsfristen zur Öffnung des österreichi­schen Arbeitsmarktes für neue EU-Mitgliedstaaten – Ablehnung ............................................................................................................  116, 523

Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Vorverlegung der Investitionen in Barrierefreiheit – Ablehnung                                                                117, 523

Entschließungsantrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend die Beibehaltung der derzeit geltenden Zugangskriterien für die Pflegegeldstufen 1 und 2 – Ablehnung          134, 523

Entschließungsantrag der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend umfassende Verbesserungen im Behindertenbereich – Ablehnung ..................  154, 523

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kolle­gen betreffend umfassende Verbesserungen im Pflegebereich – Ablehnung                                                                165, 523

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Ausgleichstaxe auf ein branchenübliches Mindestgehalt – Ablehnung  172, 523

Entschließungsantrag der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung in Höhe der Mehrwertsteuer bei der Anschaf­fung von Kraftfahrzeugen durch Behinderte – Ablehnung ............................................................................................................  177, 523

Entschließungsantrag der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung – Ablehnung                                         181, 523

UG 24: Gesundheit ....................................................................................................... 186


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 6

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ....................................................................... 187

Dr. Sabine Oberhauser, MAS ................................................................................... 188

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 190

Dr. Erwin Rasinger ..................................................................................................... 191

Dr. Wolfgang Spadiut ................................................................................................ 193

Dietmar Keck .............................................................................................................. 195

Dr. Andreas Karlsböck .............................................................................................. 196

Karl Donabauer .......................................................................................................... 197

Ursula Haubner .......................................................................................................... 199

Ing. Erwin Kaipel ........................................................................................................ 200

Bernhard Vock ............................................................................................................ 201

Claudia Durchschlag ................................................................................................. 203

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ................................................................... 204

Dr. Martin Strutz ......................................................................................................... 205

Johann Hechtl ............................................................................................................. 207

Mag. Gertrude Aubauer ............................................................................................. 207

Johann Hell ................................................................................................................. 208

Ridi Maria Steibl ......................................................................................................... 209

Erwin Preiner .............................................................................................................. 210

Hermann Lipitsch ....................................................................................................... 211

Erwin Spindelberger .................................................................................................. 212

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend sofortige Aufkündigung der Vereinbarung gemäß Arti­kel 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens zum Zweck einer umfassenden Spitalsreform – Ablehnung  194, 523

Entschließungsantrag der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend steuerliche Absetzbarkeit von Spenden für Tier- und Umwelt­schutz – Ablehnung ...............  202, 523

Rubrik 3 (Bildung, Forschung, Kunst und Kultur) ................................................. 213

UG 30: Unterricht, Kunst und Kultur ............................................................................ 213

Redner/Rednerinnen:

Dr. Walter Rosenkranz ......................................................................................  213, 257

Elmar Mayer ................................................................................................................ 215

Dr. Harald Walser ....................................................................................................... 216

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 218

Ursula Haubner .......................................................................................................... 220

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .........................................................  226, 238

Andrea Gessl-Ranftl .................................................................................................. 228

Mag. Heidemarie Unterreiner ................................................................................... 229

Mag. Silvia Fuhrmann ................................................................................................ 232

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ......................................................................................... 233

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................... 234

Stefan Petzner ............................................................................................................ 235

Mag. Katharina Cortolezis-Schlager ........................................................................ 240

Josef Jury .................................................................................................................... 241

Franz Riepl .................................................................................................................. 243

Dieter Brosz ................................................................................................................ 244

Anna Franz .................................................................................................................. 247

Stefan Markowitz ........................................................................................................ 248

Mag. Rosa Lohfeyer ................................................................................................... 250

Josef A. Riemer .......................................................................................................... 251


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 7

Dr. Franz-Joseph Huainigg ....................................................................................... 252

Mag. Helene Jarmer ................................................................................................... 253

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 254

Dr. Wolfgang Spadiut ................................................................................................ 255

Mag. Josef Lettenbichler ........................................................................................... 257

Sonja Ablinger ............................................................................................................ 259

Nikolaus Prinz ............................................................................................................. 260

Elisabeth Hakel ........................................................................................................... 261

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 261

Ewald Sacher .............................................................................................................. 262

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 263

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kolle­gen betreffend Allianz für Bildung – „Weg mit ideologischen Scheuklappen, her mit echten Reformen!“ – Ablehnung           223, 524

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Basisabgeltungen für Bundesmu­seen und -theater – Ablehnung            231, 524

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kolle­gen betreffend Aufhebung des 10-Prozent-Limits bei Modellversuchen der „Neu­en Mittelschule“ sowie Überführung der Schulversuche ins Regelschulwesen – Ablehnung ...........................................................................  237, 524

Entschließungsantrag der Abgeordneten Stefan Petzner, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Sanierungskonzept für das anatomisch-pathologische Institut – Ablehnung .....  238, 524

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Einführung einer Subventions-Transparenzdaten­bank für die Bereiche Kunst & Kultur – Ablehnung ..............................................................................................................................  242, 524

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Erhöhung der Lesekompetenz von österrei­chischen Schülerinnen und Schülern – Ablehnung ..............................................................................................................................  245, 524

Entschließungsantrag der Abgeordneten Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung des Projekts „Haus der Geschichte“ – Ableh­nung ..........................  249, 524

Entschließungsantrag der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Sicherstellung der Finanzierung des Freilichtmuseums Stübing – Ablehnung ..........................  256, 524

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform der Sekundarschule – Ablehnung ..........................................................  258, 524

UG 31: Wissenschaft und Forschung ......................................................................... 264

Redner/Rednerinnen:

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ......................................................................................... 264

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 266

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 268

Mag. Katharina Cortolezis-Schlager ........................................................................ 270

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................... 271

Bundesministerin Mag. Dr. Beatrix Karl ................................................................. 277

Heidrun Silhavy .......................................................................................................... 281


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 8

Dr. Walter Rosenkranz ............................................................................................... 282

Mag. Josef Lettenbichler ........................................................................................... 286

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................... 287

Erwin Preiner .............................................................................................................. 288

Kurt List ....................................................................................................................... 289

Dr. Ursula Plassnik .................................................................................................... 290

Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................... 292

Elisabeth Hakel ........................................................................................................... 293

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ......................................................................................... 293

Mag. Karin Hakl .......................................................................................................... 295

Elmar Mayer ................................................................................................................ 295

Peter Mayer ................................................................................................................. 296

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................... 297

Sonja Ablinger ............................................................................................................ 298

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Schaffung einer Medizin-Universität in Linz – Ableh­nung (namentliche Abstimmung)  267, 524

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der F&E-Mittel zur Sicherstellung der 3-pro­zentigen F&E-Quote – Ablehnung  274, 527

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „UNI-Bonus“ und „UNI-Card“ – Akutprogramm für die Universitäten – Ablehnung ......  274, 527

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Uni-Milliarde bis 2015 – Ablehnung ............................................................................  284, 527

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Herkunftslandprinzip“ – Ablehnung (namentliche Ab­stimmung) ........................  285, 527

Rubrik 4 (Wirtschaft, Infrastruktur und Umwelt) .................................................... 299

UG 34: Verkehr, Innovation und Technologie (Forschung); UG 41: Verkehr, Inno­vation und Technologie             ............................................................................................................................. 299

Redner/Rednerinnen:

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ......................................................................................... 299

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................... 303

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 303

Mag. Karin Hakl .......................................................................................................... 305

Christoph Hagen ........................................................................................................ 307

Franz Kirchgatterer .................................................................................................... 309

Christian Lausch ........................................................................................................ 309

Ing. Hermann Schultes .............................................................................................. 312

Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................... 313

Bundesministerin Doris Bures ........................................................................  315, 338

Johann Hell ................................................................................................................. 317

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 318

Johann Singer ............................................................................................................ 319

Mario Kunasek ............................................................................................................ 319

Elmar Mayer ................................................................................................................ 321

Johann Rädler ............................................................................................................ 322

Gerald Grosz ............................................................................................................... 323

Anton Heinzl ............................................................................................................... 325


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 9

Bernhard Vock ............................................................................................................ 326

Johannes Schmuckenschlager ................................................................................ 327

Erich Tadler ................................................................................................................. 328

Mag. Rosa Lohfeyer ................................................................................................... 329

Gerald Grosz (tatsächliche Berichtigung) .................................................................. 330

Dr. Harald Walser ....................................................................................................... 330

Franz Eßl ..................................................................................................................... 331

Carmen Gartelgruber ................................................................................................ 332

Peter Stauber .............................................................................................................. 333

Mag. Josef Auer ......................................................................................................... 334

Wilhelm Haberzettl ..................................................................................................... 334

Dietmar Keck .............................................................................................................. 336

Wolfgang Großruck ................................................................................................... 336

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Bau des Linzer Westringes im Zuge einer Infrastruk­turgesamtstrategie für Österreich – Ablehnung (namentliche Abstimmung) .................................................................................  301, 529

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Einführung eines Österreich-Tickets – Ablehnung                                                           311, 531

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Staffelung der Forschungsprämie nach Betriebs­größe – Ablehnung .................  314, 531

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Aufrechterhaltung der Direktzugsverbindung zwi­schen den Landeshauptstädten – Ablehnung    320, 531

Entschließungsantrag der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend keine Verschlechterungen bei der Nahverkehrsförderung für Län­der und Gemeinden – Ablehnung       324, 531

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vertragsschablone für Vorstandsverträge – Ablehnung                                                 331, 531

UG 25: Familie und Jugend; UG 33: Wirtschaft (Forschung); UG 40: Wirtschaft         339

Redner/Rednerinnen:

Bernhard Themessl ................................................................................................... 339

Peter Haubner ............................................................................................................. 342

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .................................................................................. 343

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 346

Josef Bucher ............................................................................................................... 349

Ridi Maria Steibl ......................................................................................................... 351

Elmar Podgorschek ................................................................................................... 353

Gabriele Binder-Maier ............................................................................................... 354

Mag. Daniela Musiol ................................................................................................... 356

Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner ....................................................  360, 402

Konrad Steindl ............................................................................................................ 364

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 365

Angela Lueger ............................................................................................................ 367

Anneliese Kitzmüller .................................................................................................. 368

Mag. Silvia Fuhrmann ................................................................................................ 373

Tanja Windbüchler-Souschill .................................................................................... 374

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 377

Ing. Robert Lugar ....................................................................................................... 378

Gabriele Tamandl ....................................................................................................... 380


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 10

Mag. Roman Haider ................................................................................................... 382

Elisabeth Hakel ..................................................................................................  383, 384

Dr. Ruperta Lichtenecker .......................................................................................... 385

Franz Hörl .................................................................................................................... 387

Ursula Haubner .......................................................................................................... 388

Hannes Weninger ....................................................................................................... 391

Edith Mühlberghuber ................................................................................................. 393

Adelheid Irina Fürntrath-Moretti ............................................................................... 394

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 395

Josef Muchitsch ......................................................................................................... 397

Stefan Petzner ............................................................................................................ 398

Gabriel Obernosterer ................................................................................................. 403

Maximilian Linder ....................................................................................................... 405

Walter Schopf ............................................................................................................. 406

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 407

Johann Singer ............................................................................................................ 408

Mag. Ewald Stadler .................................................................................................... 409

Franz Glaser ................................................................................................................ 411

Ing. Christian Höbart .................................................................................................. 412

Stefan Markowitz ...............................................................................................  413, 421

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ......................................................................................... 413

Martina Schenk ........................................................................................................... 415

Gerald Grosz ............................................................................................................... 419

Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Christoph Matz­netter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mobilitätsförderung im Zusammen­hang mit länger andauernder Auslandstätigkeit“ – Annahme (E 139) ................................................................................................  348, 531

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortsetzung des Bundeszuschusses zum Ausbau der Kinderbetreuung – Ablehnung  358, 531

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beibehaltung der bisherigen Höhe des Mehrkindzu­schlags – Ablehnung ..........  359, 532

Entschließungsantrag der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beibehaltung der 13. Familienbeihilfe – Ablehnung                                                           370, 532

Entschließungsantrag der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anpassung der Familienbeihilfe für Bürger aus dem EU/EWR-Raum – Ablehnung  372, 532

Entschließungsantrag der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Rücknahme der Kürzung der Familienbeihilfe für Studierende – Ablehnung  376, 532

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Erhöhung der Energieforschungsausgaben auf 120 Millionen € – Ablehnung ...  391, 532

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kolle­gen betreffend SOS Familie – Leistung und Gerechtigkeit – Ablehnung .............................................................  390, 532

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bündelung der Forschungsaktivitäten – Ablehnung                                                         414, 532

Entschließungsantrag der Abgeordneten Martina Schenk, Kollegin und Kolle­gen betreffend jährliche Valorisierung der Familienleistungen – Ablehnung .............................................  416, 532


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 11

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kolle­gen betreffend Weiterführung der Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über den Ausbau des institutionellen Kinderbetreuungsangebots und über die Einfüh­rung der verpflichtenden frühen sprachlichen Förderung in institutionellen Kinder­betreuungseinrichtungen im Jahr 2011 – Ablehnung ..........................................  417, 532

Entschließungsantrag der Abgeordneten Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend dringend notwendige Erhöhung des Budgets der Österreich Werbung – Ablehnung .......  421, 532

UG 42: Land-, Forst und Wasserwirtschaft; UG 43: Umwelt ...................................... 423

Redner/Rednerinnen:

Harald Jannach ........................................................................................................... 423

Jakob Auer .................................................................................................................. 426

Mag. Christiane Brunner ........................................................................................... 428

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................... 430

Gerhard Huber ............................................................................................................ 432

Bundesminister Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................... 435

Ing. Hermann Schultes .............................................................................................. 438

Rupert Doppler ........................................................................................................... 439

Walter Schopf ............................................................................................................. 440

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 441

Anna Höllerer .............................................................................................................. 444

Dr. Wolfgang Spadiut ................................................................................................ 445

Ewald Sacher .............................................................................................................. 446

Maximilian Linder ....................................................................................................... 447

Franz Eßl ..................................................................................................................... 448

Rosemarie Schönpass .............................................................................................. 449

Ing. Robert Lugar ....................................................................................................... 450

Erwin Hornek .............................................................................................................. 454

Dr. Susanne Winter .................................................................................................... 455

Josef Muchitsch ......................................................................................................... 457

Josef Jury .................................................................................................................... 458

Franz Hörl .................................................................................................................... 458

Werner Neubauer ....................................................................................................... 459

Gabriele Binder-Maier ............................................................................................... 461

Michael Praßl .............................................................................................................. 461

Heidrun Silhavy .......................................................................................................... 462

Nikolaus Prinz ............................................................................................................. 463

Petra Bayr ................................................................................................................... 464

Peter Mayer ................................................................................................................. 465

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 466

Johann Rädler ............................................................................................................ 467

Rudolf Plessl ............................................................................................................... 468

Fritz Grillitsch ............................................................................................................. 469

Gerhard Huber (tatsächliche Berichtigung) ............................................................... 470

Andrea Gessl-Ranftl .................................................................................................. 470

Erwin Preiner .............................................................................................................. 471

Mag. Josef Auer ......................................................................................................... 472

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 473


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 12

Entschließungsantrag der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer Förderobergrenze für land- und forstwirt­schaftliche Betriebe auf 50 000 € pro Betrieb und Jahr aus dem Agrarbudget der EU und Österreichs – Ablehnung .............................................  425, 532

Entschließungsantrag der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Beitragssätze in der Sozialversicherung der Bauern – Ablehnung ..............  426, 533

Entschließungsantrag der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Kompensierung der Bundesmittelkürzungen im Bereich „Ländli­che Entwicklung“ – Ablehnung    434, 533

Entschließungsantrag der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berücksichtigung einer finanziellen Entschädigung für unsere Landwirte für den Verlust bereits bezahlter Milchkontingente im BFG 2011 – Ab­lehnung .......................................................  440, 533

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auszahlung der Fördergelder an alle land­wirtschaftlichen Betriebe bis Ende 2010 – Ablehnung          443, 533

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend zinsfreies Kreditmodell für thermische Sanierung – Ab­lehnung .........................  453, 533

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend Normverbrauchsabgabe auf Elektrogeräte – Ablehnung                                               452, 533

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Halbierung der Mehrwertsteuer auf Energie aus erneuer­baren heimischen Ressourcen – Ablehnung     456, 533

Rubrik 5 (Kassa und Zinsen) .................................................................................... 475

UG 15: Finanzverwaltung; UG 16: Öffentliche Abgaben; UG 23: Pensionen; UG 44: Finanzausgleich; UG 45: Bundesvermögen; UG 46: Finanzmarktsta­bilität; UG 51: Kassenverwaltung; UG 58: Finanzierungen, Währungstauschver­träge ............................................................................................. 475

Text des Bundesfinanzgesetzes und restliche Teile der Anlage I einschließlich Anlagen II bis IV               ............................................................................................................................. 475

Redner/Rednerinnen:

Alois Gradauer ........................................................................................................... 475

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll .................................................................................... 479

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 480

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 485

Ing. Robert Lugar ....................................................................................................... 486

Mag. Wilhelm Molterer .............................................................................................. 488

DDr. Werner Königshofer ......................................................................................... 490

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 491

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................... 493

Jakob Auer .................................................................................................................. 497

Wolfgang Zanger ........................................................................................................ 499

Marianne Hagenhofer ................................................................................................ 501

Elmar Podgorschek ................................................................................................... 502

Dr. Martin Bartenstein ............................................................................................... 505

Maximilian Linder ....................................................................................................... 506

Dr. Günther Kräuter ................................................................................................... 507

Dr. Johannes Hübner ................................................................................................. 508

Konrad Steindl ............................................................................................................ 510

Erwin Spindelberger .................................................................................................. 511

Gabriele Tamandl ....................................................................................................... 512


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 13

Franz Kirchgatterer .................................................................................................... 513

Erwin Hornek .............................................................................................................. 513

Ing. Mag. Hubert Kuzdas ........................................................................................... 514

Wolfgang Großruck ................................................................................................... 515

Hermann Krist ............................................................................................................ 516

Gerhard Köfer ............................................................................................................. 516

Ing. Erwin Kaipel ........................................................................................................ 517

Josef Bucher ............................................................................................................... 518

Entschließungsantrag der Abgeordneten Alois Gradauer, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Entlastung der kleinen und mittleren Betriebe und die Erhöhung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes – Ablehnung    477, 533

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine kurzfristige deutliche Steuerentlastung und eine mittel­fristig umfassende Steuerreform im Sinne des BZÖ-Flat-Tax-Steuermodells – Ab­lehnung ..................................................................  487, 533

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Umsetzung der Vorschläge des Rechnungshofes zur Verwal­tungsreform und zum Bürokratieabbau – Ablehnung    494, 533

Entschließungsantrag der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend zweckmäßige Parameter als Grundlage für den Finanzaus­gleich – Ablehnung  500, 533

Entschließungsantrag der Abgeordneten Elmar Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung einer kerneuropäischen Hartwährungszone – Ablehnung .................  503, 534

Entschließungsantrag der Abgeordneten Elmar Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verlängerung des § 113h Gehaltsgesetz – Ablehnung .......................................  504, 534

Annahme des Bundesfinanzgesetzes für das Jahr 2011 samt Anlagen ..................... 520

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Abschaffung des Krankenhaus­kostenbeitrages für Organspender (1370/A)(E)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot von „Lava red“ und „Monkey go bananas“, der Nachfolgeprodukte von „Spice“ (1371/A)(E)

Martina Schenk, Kollegin und Kollegen betreffend Sicherung der Chancen am Arbeits­markt von Frauen 50plus (1372/A)(E)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung des Regie­rungsübereinkommens in Bezug auf die Jugendgerichtsbarkeit (1373/A)(E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit notwendigen Therapien (1374/A)(E)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend finanzielle Ausstattung der Jugendgerichtshilfe und Jugendhaftanstalten (1375/A)(E)

Elmar Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Eurobonds (1376/A)(E)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 14

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung einer kern­europäischen Hartwährungszone (1377/A)(E)

Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Tabaksteuergesetz 1995 (1378/A)(E)

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Reform der Schulverwaltung (1379/A)(E)

Martina Schenk, Kollegin und Kollegen betreffend Erstellung einer Burnout-Studie (1380/A)(E)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot des Klonens von Tieren zur Lebensmittelerzeugung (1381/A)(E)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anpassung der Forschungsför­derungsrichtlinien an die tatsächlichen Gegebenheiten von kleinen und mittleren Unter­nehmen (1382/A)(E)

Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Anglei­chung der Zahl ausländischer Studierender an österreichischen Universitäten an den OECD-Durchschnitt (1383/A)(E)

Fritz Grillitsch, Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Altlastensanierungsgesetz geändert wird (1384/A)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines Berufsbildes sowie eines Lehrberufs für „Rezeptionistinnen und Rezeptionisten“ (1385/A)(E)

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend umfassende Verbesserun­gen im Behindertenbereich (1386/A)(E)

Franz Kirchgatterer, Wolfgang Großruck, Kolleginnen und Kollegen betreffend akti­ve Mitwirkung Österreichs bei der weltweiten Abschaffung der Todesstrafe (1387/A)(E)

Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Gesell­schaftssteuer (1388/A)(E)

Mag. Heribert Donnerbauer, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Ermächtigung zur Übernahme der Rückerstattung der Kühlgeräteentsorgungsbeiträge erlassen und das Bundesgesetz zur Rückführung der Kühlgeräteentsorgungsbeiträge der Konsumenten aufgehoben wird (1389/A)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ausdrückliche Regelung im Ak­tiengesetz, die notwendige Qualifikationen für (künftige) Vorstandsmitglieder vor­schreibt (1390/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Geschäfte unter Freunden des Ex-ÖVP-Finanzministers Grasser“ (Einmie­tung von Bundesdienststellen in Linz und Wien in private Immobilien) (7152/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Schäden aus den Geschäften unter Freunden (offen­kundig durch telefonische Abstimmung in der Causa Meischberger/Grasser) (7153/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Tonband-Protokolle in der Causa Meischberger, Plech, Grasser (7154/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 15

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend „Abfrageberechtigungen nach dem Meldegesetz“ (7155/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Betrugsbekämpfung 2010 – Arzneimittel, Nahrungsergänzungsmittel etc.“ (7156/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend „Verbotsgesetz 1947, Abzeichengesetz und Verhetzung – Anzeigen und straf­gerichtliche Erledigungen 2010“ (7157/J)

Jochen Pack, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Lehrlingsausbildung beim AMS Steiermark (7158/J)

Franz Glaser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Schließung der Bundesheerdienststelle Deutsch Kalten­brunn (7159/J)

Gabriele Tamandl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Tele­fonterror durch Organe der Statistik Austria (7160/J)

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend Therapie der feuchten Altersbedingten Makuladegeneration (AMD) (7161/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend Lehrlingsausbildung im österreichischen Bundesheer (7162/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Evaluierung der Gebührenerhöhungen nach dem Budgetbegleitgesetz 2009 (7163/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Häftlingszahlen, bedingte Entlassungen, Entlassungen gemäß § 133a StPO und gemeinnützige Leistung im Jahr 2010 (7164/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Lehrlinge in seinem Verantwortungsbereich (7165/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öf­fentlichen Dienst betreffend Lehrlinge in ihrem Verantwortungsbereich (7166/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Lehrlinge in seinem Verantwortungsbe­reich (7167/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Lehrlinge in seinem Verantwortungsbereich (7168/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Lehrlinge in seinem Verantwortungsbereich (7169/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Lehrlinge in seinem Verantwortungsbereich (7170/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Lehrlinge in ihrem Verantwortungsbereich (7171/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Lehrlinge in ihrem Verantwortungsbereich (7172/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 16

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Lehrlinge in seinem Verantwortungsbereich (7173/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Lehrlinge in seinem Verant­wortungsbereich (7174/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Lehrlinge in ihrem Verantwortungsbereich (7175/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Lehrlinge in ihrem Verantwortungsbereich (7176/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Fa­milie und Jugend betreffend Lehrlinge in seinem Verantwortungsbereich (7177/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung betreffend Lehrlinge in ihrem Verantwortungsbereich (7178/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Umsetzung von „Basel III“ in Österreich (7179/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend die Aufhebung der Energieabgaben-Rückvergütung für Tourismusbetriebe (7180/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend die Umsetzung von „Basel III“ und die daraus entste­hende Kreditklemme (7181/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Umsetzung von „Basel III“ in Österreich (7182/J)

Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Werbemaßnahmen (7183/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Auslandseinsatz und Kosten (7184/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Kosten für Werbung im Bundesministerium für Landesver­teidigung und Sport – Sektion Sport (7185/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Hochsaison für Kinderhändler (7186/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Budget Asyl- und Fremdenwesen (7187/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend SOKOs (7188/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Stabilitätsabgabe erhöht die Kreditklemme (7189/J)

Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Regressforderungen an Exekutivbeamte (7190/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Hubschrauber des Ressorts (7191/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 17

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Ausga­ben im Kabinett (7192/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öf­fentlichen Dienst betreffend Ausgaben im Kabinett (7193/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Ausgaben im Kabinett (7194/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Ausgaben im Kabinett (7195/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Ausgaben im Kabinett (7196/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Ausgaben im Kabinett (7197/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Ausgaben im Kabinett (7198/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Ausgaben im Kabinett (7199/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Ausgaben im Kabinett (7200/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Ausgaben im Kabinett (7201/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Ausgaben im Kabinett (7202/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Ausgaben im Kabinett (7203/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Fa­milie und Jugend betreffend Ausgaben im Kabinett (7204/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung betreffend Ausgaben im Kabinett (7205/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Personalstand der Exekutive in Österreich (7206/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Betreuung von Asylwerbern (7207/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend medizinische Betreuung von Asylwerbern (7208/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 18

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Gesamtkriminalität in Österreich im Jahr 2010 (7209/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Sexualdelikte im Jahr 2010 (7210/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Gewaltdelikte im Jahr 2010 (7211/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Schlepperunwesen (7212/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Förderung im Jahr 2010 (7213/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Betrugsdelikte im Jahr 2010 (7214/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Eigentumsdelikte im Jahr 2010 (7215/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Zuständigkeit Österreichs bei der Prüfung von Asylanträgen (7216/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Einstellung des Asylverfahrens (7217/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend geschützte Werkstätten (7218/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Verkehrsanbindung der Region Voitsberg – Köf­lach – Bärnbach an die A 2 (7219/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Entschärfung von Unfallhäufungsstellen (7220/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Ticketverkauf in Regionalzügen/Missstände in den ÖBB (7221/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Krisengebiet Schule (7222/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Krisengebiet Schule (7223/J)

Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend Anschaffung von medizinisch-technischen Großgeräten (7224/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Fa­milie und Jugend betreffend geschützte Werkstätten (7225/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Drogensituation beim „Rave On Snow“-Festival (7226/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Vorfälle körperlicher Gewalt in Gerichten (7227/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Behandlungsfehler (7228/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Skidiebstähle 2010 (7229/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend „Ticketsteuer“ (7230/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend AGES Gebühr (7231/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 19

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesvertei­digung und Sport betreffend Arbeitseinsatz von ausländischen Strafgefangenen in mili­tärischen Liegenschaften (7232/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Arbeitseinsatz von Strafgefangenen in militärischen Liegenschaften (7233/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Freigänger in den Justizanstalten (7234/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesvertei­digung und Sport betreffend militärische Grundausbildung für ehemalige Zivildiener (7235/J)

Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wissen­schaft und Forschung betreffend Studienbeihilfe (7236/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Stand der Umsetzung, Koordination und Evaluierung der Ramsar-Konvention (7237/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inne­res betreffend Besuch einer Polizeischülergruppe beim TierschützerInnenprozess am 16.12.2010 (7238/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend den merkwürdigen „österreichischen Weg“ beim Umgang mit dem wichtigen Thema Eisenbahnsicherheit (7239/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend ganz offensichtlich unzureichende Sicherheits­standards in der Straßenbahnverordnung (7240/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Verletzung durch das Bundesland Steiermark der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung (7241/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Aktion 500“ gegen Behindertenarbeitslosigkeit (7242/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Einsatz des Tasers im Strafvollzug 2010 (7243/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wis­senschaft und Forschung betreffend den auffallend geringen Frauenanteil bei den Pro­fessuren an der sozialwissenschaftlichen Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz (7244/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Entfernung von Nist­kästen für Wanderfalken auf den Flaktürmen im Wiener Augarten (7245/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend die Entfernung von Nistkästen für Wanderfalken auf den Flaktürmen im Wiener Augarten (7246/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Zukunft der begünstigten Zukunftsvorsorge (7247/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 20

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend „Mehrwertsteuerbetrug: Gebrauchtfahrzeughandel – Fingierte „Ketten- oder Karussellgeschäfte im Jahr 2009 und 2010“ (7248/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Sommerfrische von Natascha Kampusch in Lackenhof (7249/J)

Fritz Grillitsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend zukünftigen Gütertransport auf der Schiene (7250/J)

Oswald Klikovits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Maß­nahmen zur Verbesserung der Lage der ungarischen Volksgruppe (7251/J)

Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Förderungen nach der Förderrichtlinie § 19c BAG (7252/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Maßnahmen zur Inverkehrbringung von pflanzengenetischen Ressourcen (7253/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Unfälle mit Dienstwägen (7254/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend Unfälle mit Dienstwägen (7255/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Unfälle mit Dienstwägen (7256/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Unfälle mit Dienstwägen (7257/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Unfälle mit Dienstwägen (7258/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Unfälle mit Dienstwägen (7259/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Unfälle mit Dienstwägen (7260/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Unfälle mit Dienstwägen (7261/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Unfälle mit Dienstwägen (7262/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Unfälle mit Dienstwägen (7263/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 21

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Unfälle mit Dienstwägen (7264/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Unfälle mit Dienstwägen (7265/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Fa­milie und Jugend betreffend Unfälle mit Dienstwägen (7266/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung betreffend Unfälle mit Dienstwägen (7267/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Dienst­reisen (7268/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öf­fentlichen Dienst betreffend Dienstreisen (7269/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Dienstreisen (7270/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Dienstreisen (7271/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Dienstreisen (7272/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Dienstreisen (7273/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Dienstreisen (7274/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Dienstreisen (7275/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend Dienstreisen (7276/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Dienstreisen (7277/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Dienstreisen (7278/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Dienstreisen (7279/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Fa­milie und Jugend betreffend Dienstreisen (7280/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung betreffend Dienstreisen (7281/J)

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend der „Schwarzmeerinitiative“ (7282/J)

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend gerechte Entlohnung der jun­gen Mitarbeiter (7283/J)

Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend den europäischen diplomatischen Dienst (7284/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Festnahme und Anstaltseinweisung von Anton G. (7285/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 22

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Krisengebiet Schule (7286/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Sozialversicherung der Bau­ern (7287/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend den Beitrag des BMUKK zu den Gustav-Mahler-Ge­denkjahren 2010 und 2011 (7288/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend „Abhängigkeit des Minderjährigen P.N.“ (7289/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend neuen Polizeistützpunkt in St. Johann im Pongau (7290/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Sozia­les und Konsumentenschutz betreffend möglichen Missbrauch der Eingliederungsbei­hilfe des AMS (7291/J)

Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Investitionsförderung gemäß Wärme- und Kälteleitungs­ausbaugesetz BGBl. I Nr. 113/2008 (7292/J)

Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Inanspruchnahme des österreichischen Gesundheitssystems (7293/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Erfolg des Assistenzeinsatzes im Jahr 2010 (7294/J)

Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Betrugsdelikte im Jahr 2010 in den Landeshauptstädten (7295/J)

Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Betrugsdelikte im Jahr 2010 in den Bezirkshauptstädten Niederösterreichs (7296/J)

Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Eigentumsdelikte im Jahr 2010 in den Landeshauptstädten (7297/J)

Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Gewaltdelikte im Jahr 2010 in den Landeshauptstädten (7298/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Fremdenkriminalität 2010 (7299/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Lärmschutzwände entlang der A 2 in der Steiermark (7300/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Lärmschutzwände entlang des Bundesstraßennet­zes (7301/J)

Josef Jury, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Schweißnorm EN 1090-1 (7302/J)

Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Gewaltdelikte im Jahr 2010 in den Bezirkshauptstädten Niederösterreichs (7303/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 23

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend die Rückrufaktion Personenkraftwagen der Marke „Toyota“ (7304/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Versäumnisse bei der Inanspruchnah­me von EU-Mitteln (7305/J)

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend die Rückrufaktion Personenkraftwagen der Marke „Ford“ (7306/J)

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend die Rückrufaktion Personenkraftwagen der Marke „Mazda“ (7307/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Ver­säumnisse bei der Inanspruchnahme von EU-Mitteln (7308/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Versäumnisse bei der Inanspruchnahme von EU-Mitteln (7309/J)

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend die Rückrufaktion Personenkraftwagen der Marke „Toyota“ (7310/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Sozialversicherung der Bauern (7311/J)

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend die Rückrufaktion Personenkraftwagen der Marke „Mercedes-Benz“ (7312/J)

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend die Rückrufaktion Personenkraftwagen der Marke „Mercedes-Benz“ (7313/J)

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend die Rückrufaktion Personenkraftwagen der Marke „Mazda“ (7314/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Kosten elektronisch überwachter Hausarrest (7315/J)

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend die Rückrufaktion Personenkraftwagen der Marke „Ford“ (7316/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Notschlafstellen (7317/J)

Elmar Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend die Patenschaft des Pandabärs Fu Hu (7318/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die WIG – Wörgler Infrastruktur GmbH (7319/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Kontrollen der Lebensmittelbehörde (7320/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 24

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Abhängigkeit des minderjährigen P.N. (7321/J)

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend die Rückrufaktion Personenkraftwagen der Marke „Toyota“ (7322/J)

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend die Rückrufaktion Personenkraftwagen der Marke „Toyota“ (7323/J)

Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Eigentumsdelikte im Jahr 2010 in den Bezirkshauptstädten Niederösterreichs (7324/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend Diebstähle in der Vorweihnachtszeit in Wien (7325/J)

*****

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates betref­fend namentliche Abstimmung am 20. Dezember 2010 (53/JPR)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (6566/AB zu 6622/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (6567/AB zu 6625/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (6568/AB zu 6641/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (6569/AB zu 6642/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (6570/AB zu 6628/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (6571/AB zu 6630/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Jaro­lim, Kolleginnen und Kollegen (6572/AB zu 6643/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (6573/AB zu 6683/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfra­ge der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen (6574/AB zu 6685/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen (6575/AB zu 6654/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 25

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kollegin­nen und Kollegen (6576/AB zu 6658/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kollegin­nen und Kollegen (6577/AB zu 6672/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kollegin­nen und Kollegen (6578/AB zu 6680/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (6579/AB zu 6649/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen (6580/AB zu 6655/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Andrea Gessl-Ranftl, Kolleginnen und Kollegen (6581/AB zu 6656/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (6582/AB zu 6682/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (6583/AB zu 6689/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen (6584/AB zu 6693/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen (6585/AB zu 6694/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (6586/AB zu 6705/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen (6587/AB zu 6712/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (6588/AB zu 6726/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (6589/AB zu 6748/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeord­neten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (6590/AB zu 6773/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (6591/AB zu 6650/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen (6592/AB zu 6662/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (6593/AB zu 6675/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordne­ten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (6594/AB zu 6681/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (6595/AB zu 6719/J)


 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 26

00.07.05Beginn der Sitzung: 0.07 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neuge­bauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Die 91. Sitzung des Nationalrates ist eröffnet.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Katzian, Ing. Hofer und Ursula Haubner.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Hinsichtlich der Vertretung von Regierungsmitglie­dern verweise ich auf die Bekanntgabe in der 90. Sitzung:

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich wird durch die Frau Bundesministerin für Inneres Dr. Maria Fekter vertreten.

00.07.23Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegen­stände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsord­nung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Anfragebeantwortungen: 6566/AB bis 6595/AB.

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Immunitätsausschuss:

Ersuchen des Landesgerichtes Klagenfurt (19 Hv 120/10 b) um Zustimmung zur be­hördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Stefan Petzner wegen des Vergehens der Verletzung des Amtsgeheimnisses nach dem § 310 Abs. 1 StGB;

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Justizausschuss:

Bundesgesetz über den Verbraucherschutz bei Teilzeitnutzungs- und Nutzungsver­günstigungsverträgen (Teilzeitnutzungsgesetz 2011 – TNG 2011) (1028 d.B.);

Umweltausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (1030 d.B.);

Ausschuss für Wirtschaft und Industrie:

Bundesgesetz, mit dem das Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz geändert wird (1029 d.B.).

*****


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 27

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatte erzielt.

Für diese Sitzung ist für den heutigen Tag eine Tagesblockredezeit von 6 „Wiener Stunden“ vorgeschlagen, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 87 Minuten, FPÖ 75 Minuten, Grüne 63 Minuten sowie BZÖ 60 Minuten.

Für die Budgetberatungen am Dienstag, den 21. Dezember 2010, ist eine Tagesblock­redezeit von 10 „Wiener Stunden“ vorgeschlagen, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 145 Minuten, FPÖ 125 Minuten, Grüne 105 Minuten sowie BZÖ 100 Minuten.

Ferner wurde seitens der Fraktionen folgende Redeordnung vorgesehen: Während der Fernsehzeit, 9.05 Uhr bis 13 Uhr, werden die Untergliederungen 20, 21 und 22 – Ar­beit, Soziales und Konsumentenschutz, Sozialversicherung – gemeinsam debattiert.

Jeder Fraktion steht eine Gesamtredezeit von 41 Minuten zur Verfügung. Es steht den Fraktionen frei, wie viele Redner sie jeweils stellen. Die Einzelredezeit für den Erstred­ner beträgt jedoch maximal 14 Minuten, jene der weiteren Debattenredner maximal 9 Mi­nuten.

Der Aufruf der Redner erfolgt nach dem Prinzip contra/pro. Tatsächliche Berichtigun­gen werden erst nach dem Ende der Fernsehzeit aufgerufen.

Die Redezeit von der Regierungsbank während dieser Debatte beträgt maximal 15 Mi­nuten und kommt ausschließlich der SPÖ zu.

Für die Budgetdebatte am Mittwoch, den 22. Dezember 2010, ist eine Tagesblockrede­zeit von 8 „Wiener Stunden“ vereinbart worden, sodass sich folgende Redezeiten erge­ben: SPÖ und ÖVP je 116 Minuten, FPÖ 100 Minuten, Grüne 84 Minuten sowie BZÖ 80 Minuten.

Ferner wurde folgende Redeordnung festgelegt: Während der Fernsehzeit, 9.05 Uhr bis 13 Uhr, werden die Untergliederungen 40, 33 und 25 – Wirtschaft, Familie und Ju­gend – gemeinsam debattiert.

Jeder Fraktion steht eine Gesamtredezeit von 41 Minuten zur Verfügung. Es steht den Fraktionen frei, wie viele Redner sie jeweils stellen. Die Einzelredezeit für den Erstred­ner beträgt jedoch maximal 14 Minuten, jene der weiteren Debattenredner maximal 9 Minuten. Der Aufruf der Redner erfolgt nach dem Prinzip pro/contra. Tatsächliche Be­richtigungen werden erst nach dem Ende der Fernsehzeit aufgerufen.

Die Redezeit von der Regierungsbank während dieser Debatte beträgt maximal 15 Mi­nuten und kommt ausschließlich der ÖVP zu.

Weiters schlage ich gemäß § 57 Abs. 7 vor, die Redezeit der Abgeordneten ohne Klub­zugehörigkeit auf 10 Minuten zu beschränken.

*****

Im Sinne einer in der Präsidialkonferenz einvernehmlich abgesprochenen Vorgangs­weise wird die Debatte zum Bundesfinanzgesetz 2011 samt Anlagen folgendermaßen gegliedert:

Generaldebatte und Rubrik 0, 1,

Untergliederung 01 bis 06 und 10,

anschließend: Untergliederung 11,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 28

Untergliederung 12, dann

Untergliederung 13, dann

Untergliederung 14,

anschließend: Rubrik 2,

Untergliederung 20 bis 22, dann

Untergliederung 24,

anschließend: Rubrik 3,

Untergliederung 30, dann

Untergliederung 31,

anschließend: Rubrik 4,

Untergliederung 34 und 41,

Rubrik 4,

Untergliederung 25, 33 und 40, dann

Untergliederung 42 und 43,

anschließend: Rubrik 5,

Untergliederungen 15, 16, 23, 44, 45, 46, 51 und 58 sowie

Text des Bundesfinanzgesetzes und restliche Teile der Anlage I einschließlich Anla­ge II bis IV,

anschließend: Schlussabstimmungen.

Allgemeine – eigentlich in die Generaldebatte gehörende – Ausführungen können im Plenum bei der Behandlung der Rubrik 0, 1, Untergliederung 1 bis 6, Oberste Organe, und Untergliederung 10, Bundeskanzleramt, gemacht werden.

Diese Gliederung ist den Abgeordneten schriftlich zugegangen.

Die Wortmeldungen erfolgen zu den einzelnen Untergliederungen, sofern die Debatte zu diesen nicht zusammengefasst ist.

Bei der Verhandlung des Bundesvoranschlages werden die entsprechenden Unterglie­derungen am selben Tag jedenfalls zu Ende beraten werden. Die Sitzung wird danach unterbrochen.

Entschließungsanträge können bei den jeweiligen Untergliederungen eingebracht wer­den.

Die zweite und dritte Lesung über das Bundesfinanzgesetz 2011 samt Anlagen werden nach der Beratung der Rubrik 5, des Textes des Bundesfinanzgesetzes und der restli­chen Teile der Anlagen stattfinden. Im Anschluss daran erfolgen die Abstimmungen über die Entschließungsanträge in der Reihenfolge ihrer Einbringung.

Ferner wurde in der Präsidialkonferenz Konsens über die Gestaltung der Debatte zu dem vorliegenden Verhandlungsgegenstand wie folgt erzielt: Die Redezeitregelung für Regierungsmitglieder gemäß § 57 Abs. 8 GOG wird nicht in Anspruch genommen. Die Redezeit des für die jeweiligen Beratungsgruppen ressortzuständigen Regierungsmit­gliedes, die 20 Minuten überschreitet, beziehungsweise die Redezeit des zuständigen Staatssekretärs, die 10 Minuten überschreitet, wird auf die Redezeit der entsprechen­den Regierungsfraktion angerechnet werden. Die Redezeit ressortfremder Regierungs­mitglieder beziehungsweise StaatssekretärInnen wird jedenfalls auf die Redezeit der ent­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 29

sprechenden Regierungsfraktion angerechnet, ausgenommen die Redezeit des Vize­kanzlers und Bundesministers für Finanzen Dipl.-Ing. Josef Pröll bei der unter der Ru­brik 0, 1, Recht und Sicherheit, Untergliederung 01 bis 06 und 10, abgehaltenen Gene­raldebatte, sofern seine Redezeit die Dauer von 20 Minuten nicht überschreitet.

Hierüber hat der Nationalrat abzustimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesen Vorschlägen zustimmen, um ein diesbe­zügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

00.15.01

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundes­gesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bun­desfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gehen in die Tagesordnung ein und gelangen zu deren einzigem Tagesordnungspunkt.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

00.15.20Rubrik 0, 1 (Recht und Sicherheit)

UG 01: Präsidentschaftskanzlei

UG 02: Bundesgesetzgebung

UG 03: Verfassungsgerichtshof

UG 04: Verwaltungsgerichtshof

UG 05: Volksanwaltschaft

UG 06: Rechnungshof

UG 10: Bundeskanzleramt

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Entsprechend der Gliederung gelangen wir zur Be­ratung der Rubrik 0 und 1, Recht und Sicherheit.

Hierüber findet eine gemeinsame Debatte statt. Entsprechend der Vereinbarung kön­nen auch allgemeine Ausführungen gemacht werden. – Danke für die Aufmerksamkeit.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Stefan. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


0.16.17

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Hohes Haus! Insbesondere sehr geehrte Damen, sehr geehrter Herr von der Volksanwaltschaft! Sehr geehrter Herr Rechnungs­hofpräsident! Es ist ein denkbar undankbarer Zeitpunkt, jetzt hier nach Mitternacht und nach diesem Abstimmungsmarathon über dieses Thema zu sprechen, obwohl es na­türlich, wie schon der Name Oberste Organe besagt, ein ganz wesentliches Thema ist, denn wenn diese Organe, die jetzt gerade vom Präsidenten genannt wurden, nicht funktionieren, funktioniert die ganze staatliche Gemeinschaft nicht.

Es ist doch sehr enttäuschend, dass dieses Budget, das ja künstlich hinausgezögert wurde unter Inkaufnahme eines Verfassungsbruchs, das künstlich hinter die Landtags­wahlen verlegt wurde unter dem Vorwand, man könnte dann besonders sinnvolle und weitgreifende Regelungen treffen, alles, was an politischem Gestaltungswillen zu er­warten gewesen wäre, einfach nicht gebracht hat. Das ist die große Enttäuschung, denn wann, wenn nicht jetzt, wo drei Jahre lang keine Wahlen, zumindest keine großen Wahlen vor der Tür stehen, könnte eine substantielle Änderung im Staat stattfinden?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 30

Wann, wenn nicht jetzt, hätte man derartige Änderungen angehen können? Es ist daher für die Zukunft zu befürchten, dass sich auf dem Gebiet nichts tun wird. Dennoch versuche ich es hier zumindest einmal mit zwei Vorschlägen substantieller Ände­rungen, die tatsächlich eine Verbesserung bringen könnten und nicht schlichtweg eine Forderung nach mehr Geld oder sonst etwas sind.

Die erste vorgeschlagene substantielle Maßnahme ist, dass der Rechnungshof bereits in die Budgeterstellung mit eingebunden wird im Sinne eines begleitenden Controllings. Derzeit ist die Situation so, dass die Ministerien, jedes für sich, ein Budget machen, das heißt, an das je eigene Ministerium denkt. Es ist daher so, dass wir im Wesentli­chen ein Gießkannenprinzip haben, demgemäß also zuerst die Gießkanne wirkt und dann der Rasenmäher drüberfährt. So kann man vielleicht einen Golfplatz erzeugen, aber sicherlich keine blühende Landschaft.

Es fehlt die Sicht von außen. Es wäre daher sehr sinnvoll, wenn der Rechnungshof ein­gebunden werden könnte, wenn der Rechnungshof tatsächlich bereits an der Budget­erstellung mitarbeitete, Modellrechnungen machte. Man könnte so eine Kompetenz aufbauen, wenn man sich eben einmal in gewisser Weise helfen ließe. Das sind Maß­nahmen, die garantiert jeder Unternehmer in seinem Bereich in Anspruch nehmen wür­de beziehungsweise auch in Anspruch nimmt wie jeder andere auch, der verantwor­tungsvoll handelt. Es wäre daher sinnvoll, darüber nachzudenken und das auch durch­zusetzen.

Der zweite Vorschlag betrifft den Verfassungsgerichtshof. Es wäre sinnvoll, wenn der Verfassungsgerichtshof ebenfalls bereits bei der Gesetzwerdung eingebunden und be­fragt werden könnte. (Beifall bei der FPÖ.)

Es sollte also eine verbindliche Stellungnahme des Verfassungsgerichtshofs geben, damit es nicht dazu kommt, was wir etwa in den letzten drei Jahren feststellen muss­ten: Es waren etwa 30 Gesetze, die wieder aufgehoben werden mussten. Das bedeu­tet einen unglaublichen auch finanziellen Aufwand und natürlich auch eine Einschrän­kung der Rechtssicherheit der Bevölkerung, die sich dann ja nicht mehr sicher sein kann, dass die Gesetze rechtmäßig zustande kommen. Es wäre also sinnvoll, den Ver­fassungsdienst im Bundeskanzleramt aufzulösen und stattdessen verbindliche Aus­künfte vom Verfassungsgerichtshof einzuholen und so auch eine größere Rechtssi­cherheit zu schaffen. (Beifall bei der FPÖ.)

Es gibt zu diesem Tagesordnungspunkt noch viel zu sagen. (Abg. Strache: Wir wollen mehr, Harald! Wir wollen mehr!) Ja, gerne auch mehr, aber die zur Verfügung stehen­de Zeit erlaubt das nicht.

Es wäre sinnvoll, die Kompetenz der Volksanwaltschaft zu erweitern. Es gibt da aber immer wieder Widerstände. Es ist völlig unverständlich, warum das so ist und warum diese Blockade noch immer besteht.

Es wären viele Maßnahmen zu treffen, die die Obersten Organe anlangen. Es gibt aber auch noch andere Redner, die das hier vorbringen werden. Es wäre vor allem auch wichtig, dass der Verfassungsgerichtshof seinen „Rucksack“, wie man das so schön nennt, den er aufgebaut hat, auch wieder abbauen könnte. Der Verfassungsgerichtshof ist derzeit hauptsächlich mit Verfahren beschäftigt, die sich mit dem Asylwesen be­fassen – 65 Prozent des Anfalles kommen vom Asylgerichtshof –, und ist damit über­lastet. Wir haben derzeit in etwa 2 200 Fälle, die offen sind. Es wäre daher sinnvoll, wenn man jetzt einmal das Sessionensystem so lange aussetzen würde, bis dieser Rückstand aufgearbeitet ist.

Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag ein:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 31

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zuleiten, welche vorsieht, dass die Sessionen des Verfassungsgerichtshofes so lange ausgesetzt werden, bis der Rückstau aufgearbeitet ist und weiters dem Verfassungs­gerichtshof eine Aufstockung des Personals zu diesem Zweck ermöglicht wird.“

(Beifall bei der FPÖ.)

*****

Ich kann also den Regierungsparteien ans Herz legen, die Situation, dass jetzt drei Jahre lang keine Wahlen vor der Tür stehen, zu nutzen und den erforderlichen Mut auf­zubringen. Wir werden sie dabei auf jeden Fall unterstützen. (Beifall bei der FPÖ.)

0.21


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausset­zung der Sessionen am Verfassungsgerichtshof eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorla­ge (980 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvorschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Unter­gliederung 03 – Verfassungsgerichtshof, in der 91. Sitzung des Nationalrates am 20. De­zember 2010

Der Rückstau an noch nicht erledigten Fällen, so die Berichte des Verfassungsge­richtshofes, wird von Jahr zu Jahr größer. Die Auswirkung dieses Rückstaus ist, dass der Bürger im Durchschnitt 8½ Monate auf sein Erkenntnis zu warten hat, was für ihn nachteilige Folgen haben kann.

Derzeit werden die Sitzungen des Verfassungsgerichtshofes vom Präsidenten nach Bedarf angeordnet, in der Praxis jedoch wird das Sessionensystem angewandt, d. h. der Verfassungsgerichtshof tagt nicht – wie etwa der Verwaltungsgerichtshof oder die ordentlichen Gerichte – in Permanenz, sondern in der Regel vier Mal im Jahr für je­weils drei Wochen, und zwar im März, im Juni, im Oktober und im Dezember. Im Be­darfsfall kann der Präsident auch eine ein- oder mehrtägige „Zwischensession“ an­setzten. Wobei der Verfassungsgerichtshof mit diesen Zwischensessionen es nicht ge­schafft hat und auch nicht schaffen kann, die Verfahrensdauer, so wie es den Behör­den gesetzlich vorgegeben ist, auf sechs Monate zu verkürzen.

Daher ist es unumgänglich, dass der Verfassungsgerichtshof zumindest so lange die Sessionen aussetzt und ständig tagt, bis die Rückstände abgebaut sind. Weiters ist zu diesem Zweck auch notwendig das Personal des Gerichtshofes aufzustocken. Dadurch könnte die Verfahrensdauer auf sechs Monate verkürzt werden. Dies führt zu einer Er­höhung des Rechtsschutzes und Minimierung der negativen Folgen für die österrei­chischen Bürger.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 32

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zuleiten, welche vorsieht, dass die Sessionen des Verfassungsgerichtshofes so lange ausgesetzt werden, bis der Rückstau aufgearbeitet ist und weiters dem Verfassungs­gerichtshof eine Aufstockung des Personals zu diesem Zweck ermöglicht wird.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Molterer. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


0.22.08

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Meine sehr geehrten Damen und Her­ren! Am 9. Dezember hat ein Expertenhearing zu diesem Budget, zu diesem Bundes­voranschlag stattgefunden, und es sind dabei aus meiner Sicht zwei Dinge vollkommen klargestellt worden, und zwar parteiübergreifend: Es gibt eine absolute Notwendigkeit zur Budgetkonsolidierung. Nach den Mehrausgaben aufgrund von Banken- und Kon­junkturpaketen waren alle Experten der Meinung, dass die Konsolidierung ein klares Muss ist.

Meine Damen und Herren, in diesem Hearing ist aber auch klargestellt worden, dass Österreich auf diesem Konsolidierungsweg im Vergleich zu anderen relativ besser da­steht. Die Wachstumsraten sind höher, die Defizite geringer, die Schuldenquoten gerin­ger, vor allem aber ist die Arbeitsmarktsituation besser; diesbezüglich ist Österreich in der Zwischenzeit ja die Nummer eins in Europa.

Natürlich haben das Bankenpaket, die Konjunkturpakete entsprechend geholfen, aber, meine Damen und Herren, und das ist aus meiner Sicht, aus Sicht der Österreichi­schen Volkspartei besonders wichtig: Nicht nur das Bankenpaket und die Konjunktur­pakete sind dafür verantwortlich, sondern vor allem auch die Tatsache, und darauf lege ich Wert, dass seit dem Jahr 1997 ganz konsequent am Schuldenabbau gearbeitet worden ist. Die Schuldenquote konnte seit 1997 von damals über 68 Prozent auf unter 60 Prozent im Jahr 2007 gesenkt werden. Damit lag sie überhaupt das erste Mal unter 60 Prozent. Nur weil wir die Schuldenquote so weit abgesenkt haben, können wir jetzt überhaupt davon reden, dass wir relativ besser dastehen, meine Damen und Herren.

Es ist daher die vordringliche Aufgabe dieser Bundesregierung, dafür zu sorgen, dass der eingeschlagene Weg der Konsolidierung auf der Ausgabenseite unbedingt fortge­setzt wird. Meine Damen und Herren! Ökonomische Fakten können durch politisches Wunschdenken nicht außer Kraft gesetzt werden. Wenn die Ausgabendynamik in we­sentlichen Bereichen nicht gebrochen wird, dann gibt es nur zwei Alternativen: Noch höhere Defizite, die zu noch höheren Schulden führen, die auch immer kritisiert wer­den, und das zu Recht aus meiner Sicht, oder noch höhere Steuern. Beide Alternativen sind ein Schaden für Österreich. Beide Alternativen schwächen Österreich, meine Da­men und Herren. Diese Binsenweisheit kann niemand außer Kraft setzen, nicht die Op­position, aber auch nicht die eine oder andere Stimme, die aus der SPÖ zu diesem Thema laut wird.

Meine Damen und Herren! Schulden sind letztendlich etwas – ich rate Ihnen immer wieder, Ewald Nowotny zu fragen –, was ein Land schwächt und unfrei macht. Daher nimmt die Österreichische Volkspartei mit Josef Pröll als Finanzminister diese Verant­wortung wahr. Sie ist alternativlos, und sie ist in der Gesamtverantwortung, zu der wir verpflichtet sind, tatsächlich oberste Priorität.

Meine Damen und Herren! Oberste Priorität, oberste Organe. Ich möchte nur seitens des Parlaments sagen: Ja, hoffentlich kommt der Umbau möglichst rasch zustande. Wir sitzen jetzt seit ich weiß nicht wie lange hier herinnen, und es ist eine Zumutung,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 33

unter diesen Bedingungen zu arbeiten. Betriebe würden vom Arbeitsinspektorat in der­selben Sekunde geschlossen, meine Damen und Herren! (Allgemeiner Beifall.)

Es ist aber auch eine Zumutung, wie mit Medien umgegangen wird. Es muss aus mei­ner Sicht klargestellt sein, dass die Berichterstattung aus dem Parlament kein Privileg für den ORF ist, sondern allen, selbstverständlich auch den Privaten zusteht.

Meine Damen und Herren, wir begrüßen ausdrücklich die Arbeit des Rechnungshofes und der Volksanwaltschaft. Ich möchte nur einen Punkt herausgreifen beim Bundes­kanzleramt. Es wurde kritisiert, und aus meiner Sicht durchaus zu Recht, dass die Aus­gaben für die Öffentlichkeitsarbeit im Bundeskanzleramt steigen. Wir haben hier im Parlament einen Fünfparteien-Entschließungsantrag zur Frage der Spielregeln für die Öffentlichkeitsarbeit durch die Bundesregierung beschlossen. Das, was in den letzten Wochen an Inseratentätigkeit festgestellt werden konnte, entspricht, so muss ich Ihnen sagen, nicht dem Geist des Entschließungsantrags, der von fünf Parteien beschlossen worden ist.

Ich trete, wir treten daher dafür ein, dass, wenn dieser Entschließungsantrag schon nicht reicht, dann aus meiner Sicht eine gesetzliche Regelung eingeführt werden muss, damit endlich Transparenz und klare Spielregeln die Öffentlichkeitsarbeit der Bundes­regierung bestimmen und diese Regeln auch eingehalten werden, meine Damen und Herren. Da sind wir den Steuerzahlern verpflichtet. Wir können nicht woanders Sparen verlangen, während im eigenen Bereich die Spielregeln nicht gelten. (Beifall bei ÖVP, Grünen und BZÖ.)

0.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. 7 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


0.27.00

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Her­ren auf der Regierungsbank! Abgeordneter Molterer ist zu Recht auf den Aspekt der Generaldebatte eingegangen. Der ist schließlich auch so annonciert worden. Ich stelle allerdings fest, dass bei dieser Generaldebatte kein Regierungsmitglied von der ÖVP anwesend ist. Das passt auch ins Bild.

Zur Sache selbst: Herr Kollege Molterer, selbstverständlich! Den Zusammenhang zwi­schen Ausgaben, Einnahmen und Defizit – und die aufgehäuften, kumulierten Defizite sind dann eben die Schulden – kann niemand auflösen. Eines ist allerdings schon auch klar: Wir haben heute viel über Ausgaben-, Kürzungsalternativen, sinnvolles Sparen, weniger sinnvolles Sparen debattiert.

Auch was die Einnahmenseite betrifft gibt es nämlich schon auch einen Riesenunter­schied, und dabei geht es um die Steuerstruktur, welche Steuern einen höheren Anteil haben und welche einen geringeren, und allenfalls auch, welche man im Sinne einer Strukturänderung erhöht und welche nicht. Es ist nun einmal so, dass da welche kon­junktur- und beschäftigungsschädlich sind und andere wieder weniger oder gar nicht.

Im vermögensbezogenen Bereich geht es nicht nur um den Aspekt der Verteilungsge­rechtigkeit. Darüber kann man ja jeweils unterschiedlicher Meinung sein. Eines ist je­doch schon klar: Vermögensbezogenen Steuern, insbesondere Erbschafts- und Schen­kungssteuer, haben, wenn man es ganz oben richtig angeht, überhaupt keinen Ein­fluss auf Konjunktur und Wachstum. Auch deshalb wären sie richtig und gerecht, aber da laufen Sie alle davon unter Flankenschutz der SPÖ, die ihrerseits Gerechtigkeits­kampagnen annonciert und den Bundeskanzler in der Pressestunde auftreten und all das erzählen lässt, was dann aber so ohnehin nicht geschieht.

Sei’s drum! Es wäre trotzdem richtig. Es ist ja nicht aushaltbar in diesem Land, dass bei uns Millionenerben steuerfrei gehen. Das ist fast nirgends auf der Welt, schon gar


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nicht in den kapitalistischen Ländern der Fall. Starten Sie den Vergleich: Ein Millionen­erbe zahlt null Steuern. Ein normaler Arbeitnehmer muss dafür 20 Jahre arbeiten, und er zahlt im Durchschnitt dann für Steuern und Sozialversicherungsabgaben die Hälfte weg. (Abg. Dr. Schüssel: Das stimmt doch so nicht!)

Na selbstverständlich stimmt das! Gewissermaßen über Nacht bekommst du eine Mil­lionenerbschaft und zahlst dafür gar nichts, aber wenn du eine Million mit Arbeiten ver­dienst, selbständig oder unselbständig, dann zahlst du. (Abg. Dr. Schüssel: Von je­dem Vermögen ist schon mehrfach Steuer gezahlt worden!)

Herr Altkanzler! Das ist doch ein völliger Blödsinn! Schon immer ist alles versteuert worden, das ist ja auch völlig logisch. Jeder Vorgang wird besteuert, jeder Konsum, al­les! So gesehen dürfte man auch andere Vorgänge nicht besteuern. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Selbstverständlich nicht. Jeder Vorgang eignet sich dazu. Das ist ja un­glaublich! Aus Sicht dessen, der erbt, ist es ein Einkommen. Was denn sonst? (Beifall bei den Grünen.)

Aber mit Gerechtigkeit haben Sie nichts am Hut. Sie können es nicht erklären. Wenn Sie den Sozialbericht Ihrer eigenen Regierung anschauen – erst vor wenigen Tagen erschienen –, werden Sie feststellen, dass gerade im Bereich der Vermögenskonzen­tration die oberen 10 Prozent immer noch mehr besitzen, und die unteren 10 Prozent immer noch weniger. Im Übrigen gilt das Gleiche bei der Einkommensentwicklung, aber hier ging es ja speziell um die Vermögen.

Wenn Sie da so uneinsichtig sind, wenn Sie das verteidigen wollen, dass man mit 1 Million € null Steuern zahlt, und wenn man um 1 Million € arbeitet, dann zahlt man die Hälfte weg, über 20 Jahre – vorher kommt man ja nicht dazu –, dann ist das ja eine wunderbare christlich-soziale Gerechtigkeitsidee. Wir werden das noch öfter vorbrin­gen. Und mit Ihrer Kampagne, dass dabei immer die kleinen Häuslbauer erwischt wer­den würden, können Sie sich auch wieder irgendwo hinstellen. Das wird alles nicht mehr so gehen, weil man die Freibeträge so machen kann, dass man das erst ab ein paar hunderttausend Euro aufwärts einzieht, na selbstverständlich.

Und das würde die Möglichkeit eröffnen, da mindestens 1 Milliarde € hereinzubringen, ohne die Konjunktur zu schädigen, und dann in diesem Sinne wohl auch verteilungs­gerechter aufzutreten. Dann könnten wir uns manches an anderen Abgaben besser im Nachlassen leisten, oder aber die Ausgaben – zum Beispiel für die Universitäten – wirklich anheben, und nicht mit dem Schmäh, wie die Regierung da operiert. Denn: Es gibt kein zusätzliches Geld für die Unis, es gibt kein zusätzliches Geld für die Schulen. Hören Sie auf mit ihren Schmähs!

Aber das zieht sich ja durch. Ich komme zu unserem Hauptanliegen, nämlich dass wir hier klipp und klar unsere Abänderungsanträge eingebracht haben und möglicherweise zum Budget weitere einbringen werden. Sie haben ja verlangt, dass wir unsere Alter­nativen vorlegen sollen – diese kann man dort im Wesentlichen erkennen, und dann wird eben darüber abgestimmt. So einfach ist das. Das kann man da nicht als Verzö­gerungstaktik oder sonst irgendetwas diskreditieren. Da geht es schlicht und ergreifend um parlamentarische Vorhaben, um Rechte, um den Ausdruck einzelner Abgeordneter oder ganzer Fraktionen nachvollziehbar zu machen. So einfach ist das.

Wenn Sie dazu übergegangen sind, das Budget um fünf, sechs Wochen zu spät einzu­bringen, dann wird es, nebenbei bemerkt, auf diese Zeit auch nicht mehr ankommen. Da werden ganz klare parlamentarische Möglichkeiten genutzt, um eben die Stand­punkte klarzumachen. Ich sehe überhaupt nicht ein, warum das von Abgeordneten selbst als Aktionismus oder sonst was diffamiert wird – damit werden wir uns noch ex­tra auseinandersetzen müssen. (Beifall bei den Grünen.)

0.33



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 35

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Wittmann zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


0.33.12

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ich glaube, dieses Spar­paket muss man schon im internationalen Kontext sehen. Wenn man sich das im inter­nationalen Vergleich anschaut, dann gibt es mehrere Faktoren, die herauszuheben sind:

Erstens: Österreich ist eines der stabilsten Länder in der Europäischen Union, zweitens jenes Land mit der geringsten Arbeitslosigkeit. Und letztendlich ist dieses Sparpaket ausgewogener als alle anderen, die man auf europäischer Ebene kennt. Sowohl das deutsche Budget weist stärkere Eingriffe und Sparmaßnahmen auf als auch jenes von Großbritannien, bis hin zu den Ländern, die eben gezwungen sind, ärgere Budgetspar­maßnahmen zu ergreifen. Das heißt, im Wesentlichen haben wir ein Sparpaket, das in alle Richtungen ausgewogen ist und wahrscheinlich mit den geringsten Einsparungen in ganz Europa auskommt.

Zu den Obersten Organen: Es ist erfreulich, dass wir beim Verfassungsgerichtshof, bei der Präsidentschaftskanzlei und beim Verwaltungsgerichtshof praktisch dieselben Budgetansätze haben, sodass die Arbeit dieser Gerichtshöfe gewährleistet ist. Da geht es um die Verkürzung der Verfahren. Ich glaube, da ist letztendlich auch ein Minis­terratsentwurf in Begutachtung, der insbesondere den Verwaltungsgerichtshof durch Ein­führung von Landesverwaltungsgerichtshöfen entlasten könnte.

Zum Budget des Bundeskanzleramtes: 2,6 Prozent werden hier eingespart. Auch das Bundeskanzleramt geht also mit Einsparungen sehr sorgfältig um und geht mit Bei­spielen voran. Erfreulich ist, dass die Einsparungen nicht bei den Minderheiten und auch nicht bei den Frauen vorgenommen werden, sondern im Wesentlichen im Bereich der Medienkooperation und in jenem der Presseförderung. (Zwischenruf des Abg. Brosz.) Bei der Presseförderung wird massiv gespart, und ich glaube, das ist auch vernünftig.

Aber was mir beim Bundeskanzleramt-Budget noch auffällt, ist – und das ist wirklich anachronistisch –, dass dort noch immer die Autos der Landeshauptleute enthalten sind. Ich glaube, die Landeshauptleute oder die Länder wären durchaus in der Lage, sich das selbst zu bezahlen. Ich glaube, da sollte man einmal das Selbstbewusstsein der Länder auch in die Richtung hin fördern, dass sie das selbst bezahlen, wenn sie das Geld ausgeben. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Aber im Wesentlichen, glaube ich, können wir bei den Obersten Organen mit dem vor­gelegten Budget zufrieden sein. Die einschneidenden Maßnahmen sind nicht groß. Auch die Maßnahmen beim Asylgerichtshof halten sich in Grenzen, sodass der Abbau dieses „Rucksacks“ mit Sommer gewährleistet ist. Und das war, glaube ich, das Ziel der Einführung dieses Gerichtshofs, nämlich die rückständigen Verfahren aufzuarbeiten.

Ich glaube, im Großen und Ganzen ist es bei den Obersten Organen gelungen, ein doch sparsames, aber sehr wirksames, für die Gerichtshöfe unmerkbares Sparprogramm zu gestalten. (Beifall bei der SPÖ.)

0.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Scheib­ner. – Bitte.

 


0.36.25

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Meine Damen und Herren! Zu Beginn etwas Positives: Die Rede des Abgeordneten Molterer hat sich von den Beschönigungsversu­chen der anderen Regierungsredner heute, aber auch schon in den letzten Wochen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 36

sehr angenehm abgehoben. Ich bin nur sehr gespannt darauf, was die ÖVP einbringen wird, um genau diesen Missstand zu beseitigen, den er richtigerweise angesprochen hat.

Es war ja für uns in den letzten Wochen und Monaten unerträglich, auf der einen Seite darüber zu diskutieren, wie bei den kleinsten Institutionen eingespart werden muss: bei der Bildung, bei der Wissenschaft, bei wissenschaftlichen Organisationen, bei der Ent­wicklungshilfe, bei der Sicherheit des Landes, bei den Familien, bei den Förderungen in vielen Bereichen – und auf der anderen Seite schlagen wir die Medien auf, und es kommt uns ein Regierungsinserat nach dem anderen entgegen. Dabei haben gerade jene Ressorts, die besonders viel über Einsparungen jammern, besonders viele Insera­te und Beilagen in diesen Zeitungen geschaltet.

Es ist wirklich ein Unding, wir brauchen diese Informationen nicht! Selbstverständlich, dass das Sozialministerium über Pensionsregelungen informieren soll, gut, überhaupt keine Frage, dass, wenn es irgendetwas Neues gibt, darüber berichtet wird. Aber wirk­lich nur, weil man anscheinend eine positive Berichterstattung in anderen Bereichen haben möchte, seitenlang das Konterfei der Minister zu publizieren, das ist wirklich un­erträglich und gehört abgestellt oder zumindest transparent gestaltet, damit man sieht, wofür das Steuergeld in diesen Bereichen ausgegeben wird. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Dr. Rosenkranz.)

Herr Staatssekretär! Sie sind ja auch dafür verantwortlich. Sorgen Sie dafür, dass die Regierungsmitglieder durch ihre Arbeit in die Medien kommen, aber nicht mit bezahl­ten Inseraten!

Das Budget ist vorgelegt worden – verspätet, per Verfassungsbruch. Wir haben eine Belastungslawine für die Bevölkerung zu verkraften, wichtige Strukturreformen sind versäumt worden. Der Rechnungshofpräsident sitzt heute hier. Er hat einen ganzen Katalog an Einsparungen ausgearbeitet, etwa im Verwaltungsbereich. Wir haben sehr viel darüber diskutiert, aber alles ist am Veto der Landeshauptleute gescheitert.

Nur wenn es darum geht, das Geld, das der Bund einhebt, wieder auszugeben, da sind die Länder großartig und voran, bei der Kontrolle haben sie es nicht so gerne. Wir hät­ten gerne, dass der Rechnungshof nicht nur noch stärker prüfen kann, sondern dass er auch eine begleitende Kontrolle bei Projekten sowohl vom Land als auch vom Bund machen kann. Dann würden viele Dinge, die wir im Nachhinein kritisieren, vielleicht gar verhindert werden.

Beim „Parlament“ haben wir darüber diskutiert, auch im Ausschuss. Übrigens, Herr Staatssekretär, das muss ich Ihnen auch noch sagen: Es waren sehr lustlose Aus­schussberatungen vonseiten der Regierungsvertreter, auch bei den „Obersten Orga­nen“. Viel Information hat man da nicht bekommen. Man hat so den Eindruck gehabt, dass das eine lästige Pflichtübung ist. Gerade das Parlament sollte fit gemacht werden, um hier auch Gesetze zu produzieren: nicht nur darüber abzustimmen, wie wir es jetzt gehabt haben, sondern dass man eben selbst mit einer ordentlichen Legistik hier Ge­setze entstehen lassen und nicht nur beschließen kann! Das wäre auch eine gute Sa­che für die Zukunft.

Verfassungsgerichtshof und Verwaltungsgerichtshof sind grundsätzlich in Ordnung hin­sichtlich der Budgetierung. Bei der Bestellung der Mitglieder, vor allem beim Verfas­sungsgerichtshof, würden wir uns eine Änderung erwarten. Wir haben das jetzt wieder gesehen: Man kann ein Hearing abhalten über mehr oder weniger geeignete Kandi­daten, wir wissen aber, dass viele sich gar nicht melden, weil sie wissen, dass die Ent­scheidung woanders als hier im Parlament getroffen wird. Und das ist sicherlich nicht positiv für die Qualität auch der obersten Gerichtshöfe.

Meine Damen und Herren, wir treten jetzt ein in die Detaildebatten eines Budgets, das leider keine Antworten auf die Fragen der Gegenwart und der Zukunft gibt. Da wird ra­


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senmäherartig eingespart, ohne wirklich Schwerpunkte zu setzen – und gerade bei der Zukunft, etwa bei der Bildung, aber auch bei der Sicherheit wird am meisten einge­spart. Ein Armutszeugnis für diese Bundesregierung, kann ich nur sagen. (Beifall beim BZÖ.)

0.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Staatssekretär Dr. Os­termayer. – Bitte.

 


0.41.08

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Präsident! Herr Volksanwalt! Frauen Volksanwältinnen! Liebe Kolle­ginnen, liebe Kollegen! Ich werde es auf Grund der vorgeschrittenen Zeit kurz machen, ich habe das auch einigen hier versprochen.

Zu den Ausführungen des Abgeordneten Scheibner: Ich habe jede Frage im Aus­schuss beantwortet, ich habe auch versucht, jedes Detail zu beantworten – und über­dies haben wir anschließend sehr viele Fragen auch noch schriftlich beantwortet.

Ich möchte aber jetzt kurz ein paar Punkte zum Budget des Bundeskanzleramtes an­führen. Peter Wittmann hat schon gesagt, wir haben versucht, genauso wie die ande­ren Ressorts, ja mehr als manche anderen Ressorts zu sparen. Wir haben zwei Berei­che bewusst und dezidiert davon ausgenommen, nämlich die Frauenförderung und die Volksgruppenförderung. Dann blieben die anderen Bereiche über: die Parteienförde­rung, die Parteiakademie-Förderung, der Wahlkampfkostenersatz, wo wir gekürzt ha­ben, und die Presseförderung. Wir haben aber – ich gebe zu, das ist relativ schwer zu verstehen, weil viele Positionen zusammengefasst wurden – im gleichen Ausmaß bei der Öffentlichkeitsarbeit gekürzt. Bei der Presseförderung schaut es im Budget aber mehr aus, weil wir in der RTR, im Digitalisierungsfonds, Geld übrig hatten, Rücklagen hatten, die wir entnehmen und der Presseförderung zuführen.

Wir haben also nicht auf der einen Seite gespart und auf der anderen Seite erhöht. Durch Zusammenfassung verschiedener Budgetpositionen ist das nicht in dem Aus­maß ersichtlich, aber bei der Öffentlichkeitsarbeit ist um 3,6 Prozent gespart worden, und bei der Presseförderung ist insgesamt um 3,6 Prozent gespart worden.

Ich würde nur davor warnen – das wird ja immer wieder in den Raum gestellt –, Öffent­lichkeitsarbeit zu kürzen oder gar ganz streichen, denn ich hielte das für den Presse- beziehungsweise Medienstandort in Österreich für fatal, weil ich davon ausgehe, dass die Wirtschaft das nicht im gleichen Ausmaß kompensieren könnte. Und das hätte zur Folge, dass insgesamt den Medien in Österreich Geld entzogen werden würde. Wenn Sie mit einzelnen Vertretern sprechen, werden Sie erfahren, dass es in diesem Bereich nicht immer ganz leicht war, vor allem auch nicht auf Grund der Wirtschaftskrise.

Ich würde auch davor warnen und hielte es für ganz schlecht, zu glauben, dass sich Journalisten und Journalistinnen sozusagen per se kaufen lassen, wie das immer so „subkutan“ zu unterstellen versucht wird.

Insgesamt haben wir zumindest im gleichen Ausmaß wie die anderen Ressorts, ja so­gar mehr als manch andere Ressorts gespart. Wir reduzieren auch das Personal – es wird ja immer das Thema Verwaltungskostenreduktion angesprochen – im Bundes­kanzleramt, und zwar um 4,3 Prozent, und wir reduzieren auch die Repräsentations­ausgaben auf das Niveau von 2001. Das ist ungefähr die Hälfte von dem, was es 2004 bis 2008 gewesen ist.

Eine allerletzte Anmerkung zu dem, was bereits heute Vormittag hier angesprochen wurde, nämlich zu diesen 300 Projekten des Rechnungshofes. Wenn man sich dieses A 5-Heft des Rechnungshofes im Detail anschaut, sieht man, dass dort rund 315 Maß­


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nahmen angeführt werden. Von den 315 Maßnahmen sind es ungefähr 200, wo es um Effizienz- beziehungsweise Qualitätssteigerung geht. Bei 40 Maßnahmen steht bei den Anmerkungen dabei: Einsparungen. Und wenn Sie sich das Budget und die Budgetbe­gleitgesetze im Detail anschauen – in letzter Zeit ist relativ viel im Bereich der Landes­verteidigung öffentlich diskutiert worden –, dann sehen Sie, dass da sehr viele kleine Maßnahmen getroffen werden, die alle Verwaltungskosteneinsparungen beinhalten.

Eine letzte Anmerkung noch, und zwar etwas, was auch zum Bundeskanzleramt res­sortiert: E-Government ist ein sehr großes Verwaltungsreform-Projekt, das nicht jetzt begonnen, sondern schon vor längerer Zeit begonnen wurde. Vorige Woche hat EU-Kommissarin Kroes bekanntgegeben, dass Österreich in diesem Ranking, das im Rah­men der EU gemacht wird, wieder den ersten Platz eingenommen hat. Ich meine, das ist etwas, was man auch positiv hervorheben muss. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

0.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schitten­helm. – Bitte.

 


0.45.45

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Geschätzter Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Re­gierungsbank! Budgetpolitik ist in Zahlen gegossene Gesellschaftspolitik, das muss uns immer wieder bewusst sein, und das sollte auch im Rahmen dieser Debattentage immer wieder im Mittelpunkt stehen.

Das öffentliche Budget reflektiert die gesellschaftliche, soziale und wirtschaftliche Prio­rität eines Staates, eines Bundeslandes, aber auch einer Gemeinde – und spiegelt gleichzeitig auch bestimmte gesellschaftliche Leitbilder wider; das ist ein ganz wesent­licher Punkt. Ich glaube, wir sind uns einig, wenn wir eines gemeinsam wollen als Leit­bild für unsere Politik, nämlich eine geschlechtergerechte Gesellschaft.

Das heißt aber auch, dass wir ein Gender-Budget brauchen, und ich weiß, das wird sehr oft belächelt und wird auch ein wenig hinterfragt, aber: Mit einem Gender-Budget können wir Maßnahmen, Möglichkeiten und Mittel ganz bewusst einsetzen, um beste­hende Ungleichheiten in der Haushaltsplanung – und die gibt es – hintanzuhalten.

Tatsache ist – das ist erfreulich, sehr geehrte Frau Bundesministerin –, dass im Bud-
get 2011 dieser Gender-Aspekt Berücksichtigung findet: ob das nun bei der Koordinie­rung und Unterstützung von Programmen zur Gleichstellung am Arbeitsmarkt erfolgt, durch eine spürbare Förderung von Frauenprojekten und Frauenberatungseinrichtun­gen, aber genauso durch verschiedene Maßnahmen gegen gesellschaftliche Benach­teiligung von Frauen, vor allem auch durch die Mitwirkung an der Konsolidierung und Weiterentwicklung von Strukturen zur Gewaltprävention und zum Opferschutz.

Da bin ich auch unserer Frau Bundesministerin Fekter sehr, sehr dankbar, denn in ih­rem Bereich ist der Präventionsbeirat angesiedelt, der immerhin für das Jahr 2011 437 000 € zur Verfügung hat, in diesem Jahr, im Jahre 2010, waren es lediglich 29 000 €.

Warum ist mir das so wichtig? – Weil wir ganz einfach Mittel in diesem Bereich brau­chen, wir brauchen finanzielle Ressourcen, die zur Verfügung gestellt werden müssen, denn die Interventionsstellen und Beratungsstellen sind ein wesentlicher Faktor, um zur Beruhigung der Situation beizutragen.

Wenn man bedenkt, dass allein im Jahr 2010, und zwar von Jänner bis September die­ses Jahres, 238 Kinder zwischen sechs und zehn Jahren und 677 Kinder im Alter von zehn bis 14 Jahren Opfer von Gewalt geworden sind, und wenn man weiters bedenkt, dass im Jahr 2010, bis zum heutigen Tag, 180 000 Nächtigungen von Frauen außer


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Haus stattfinden mussten, damit sie in Sicherheit sind, von Frauen, die Schutz vor ei­genen Familienangehörigen in diesen Einrichtungen gesucht haben, dann ist ganz klar, dass dieser Budgetansatz ein richtiger und wichtiger ist. Ich bin daher auch sehr dank­bar dafür, dass da keinerlei Kürzungen vorgenommen wurden. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

0.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Herbert. – Bitte.

 


0.48.53

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Her­ren auf der Regierungsbank! Dazu, dass Bundeskanzler Faymann am vergangenen Sonntag in der „Pressestunde“ bekundete, dass er zwar in der Verwaltung sparen woll­te, aber keinesfalls bei der Bildung beziehungsweise bei den Lehrern und bei der Exe­kutive, kann ich nur sagen: Da hat er wahrscheinlich den Rahmen der in diesem Bud­get festgeschriebenen Verschlechterungen entweder nicht gekannt – oder er hat sie der Bevölkerung bewusst verschwiegen.

Es gibt nämlich ein ganzes Konvolut an Verschlechterungen, die der öffentliche Dienst durch dieses Budget zu erleiden hat, so beispielsweise die drastische Erhöhung des Pensionszugangsalters oder etwa die Verschlechterungen bei den Anrechnungszeiten, den Vordienstzeiten zur Pensionsanrechnung. Da geht es also um radikale Einschnitte, die nicht nur die Verwaltung, sondern jeden Beamten, jeden Verwaltungsbediensteten im öffentlichen Dienst treffen – und so natürlich auch alle Lehrer und alle Polizistinnen und Polizisten in unserem Land.

Besonderer Verlierer in diesem Budget ist aber, und das steht eindeutig fest, vor allem die Exekutive. Deren Bedienstete haben nämlich neben den allgemeinen Verschlech­terungen auch noch zahlreiche berufsspezifische Nachteile zu erleiden. Ich denke hier an die Einschnitte bei den Reisegebühren, aber auch an die Beschränkungen bei der Auszahlung von Zuteilungsgebühren und – und das ist ein besonderes Manko, ein be­sonderer Nachteil für diese Berufsgruppe – an die ersatzlose Streichung des § 83b Ge­haltsgesetz.

Da handelt es sich um die Rechtsschutzversicherung für Exekutivbeamte, eine Bestim­mung, die seinerzeit unter der FPÖ-Regierungsbeteiligung auf Initiative meiner Frak­tion, der FPÖ, in dieses Dienstrechtsprogramm aufgenommen wurde und die hier er­satzlos wieder gestrichen wird, wodurch unsere Polizistinnen und Polizisten seitens der Bundesregierung mehr oder weniger zum Freiwild willkürlicher Beschuldigungen erklärt werden.

Noch etwas zeigt dieses Budget deutlich: Es bedarf endlich berufsspezifischer dienst­rechtlicher Regelungen, die die Anforderungen und Aufgabenstellungen der einzelnen Berufsgruppen im öffentlichen Dienst klar und deutlich definieren. Bei den Lehrern wird es ja schon seit geraumer Zeit angekündigt, allerdings bis dato noch nicht umgesetzt. Aber ich denke, auch andere Berufsgruppen, nämlich speziell jene der Exekutive, aber auch des Militärdienstes, sind davon betroffen.

Aus diesem Grund darf ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Herbert und weiterer Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 40

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat unverzüglich eine Regie­rungsvorlage zuzuleiten, welche auf ein die jeweiligen dienstlichen Anforderungen des Bundesheers und der Exekutive angepasstes Dienst- und Besoldungsrecht beinhaltet.“

*****

Ich denke, es ist an der Zeit, endlich nicht nur die lang geforderten dienstrechtlichen Fachbestimmungen bei den Lehrern, sondern auch das seitens der Exekutive schon seit langem geforderte Exekutivdienstrecht oder auch das beim Bundesheer dringend erforderliche Militärdienstrecht zur Umsetzung zu bringen. Damit könnten Sie Weitblick beweisen, meine Damen und Herren der Bundesregierung, mit dem vorgelegten Bud­get haben Sie es ja nicht getan – sehr zum Leidwesen des öffentlichen Dienstes. – Dan­ke. (Beifall bei der FPÖ.)

0.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Herbert und weiterer Abgeordneter betreffend jeweils eigenes Dienst- und Besoldungsrecht für Polizei und Bundesheer

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilli­gung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung 10 – Bundeskanzleramt, in der Sitzung des Nationalrates am 21 Dezember 2010

„Ein neues Lehrerdienstrecht muss her!“, so wird es von den beiden Bundesministern Schmied und Heinisch-Hosek prolongiert.

Einer der Hauptgründe für ein neues Lehrerdienstrecht ist, dass es im Jahr 2013 eine Pensionsschwämme bei den Lehrern geben wird. Jedoch drängt sich der Verdacht auf, dass das Lehrerdienstrecht aus anderen Gründen geändert werden soll. Einer dieser Gründe scheint zu sein, und das ist wohl der Hauptgrund, dass damit die Umsetzung der Gesamtschule weiter vorangetrieben werden kann. Also ein Dienstrecht angepasst an ein neues Schulsystem.

Die Begründung, warum es kein jeweils eigens Dienst- und Besoldungsrecht für die Exekutive und für das Bundesheer geben soll ist, dass dies, laut der Frau Bundes­minister Heinisch-Hosek, zu teuer wäre und diese dienst- und besoldungsrechtliche Erneuerung mit der „im Bälde“ umgesetzten Verwaltungsreform geschehen wird.

Bei der Polizei verhält es sich bzgl. Der Pensionierungs-/Ruhestandsversetzungswelle nicht anders wie bei den Lehrern. Ab 2013 beginnt ein steigender Abgang durch Pen­sionierungen, der sich bis 2020 verschärfen wird. Schon ab 2013 kann die Polizei den Pensionsabgang durch Neuzugänge nicht mehr abdecken.

Beim Bundesheer ergibt sich durch die radikalen, vom Herrn Bundesminister für Lan­desverteidigung und Sport gewollten, Einsparungs- und Umstrukturierungspläne eine neue Situation, die ein rasches Handeln im Dienst- und Besoldungsrecht bedarf.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 41

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat unverzüglich eine Regie­rungsvorlage zuzuleiten, welche auf ein die jeweiligen dienstlichen Anforderungen des Bundesheeres und der Exekutive angepasstes Dienst- und Besoldungsrecht beinhal­tet.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


0.52.55

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minis­terin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Frauen Volksanwältinnen! Herr Rechnungshof­präsident! Herr Volksanwalt! Weitblick hat das Parlament bewiesen, indem es zwei Frauen als Volksanwältinnen ernannt hat. Der Quotenmann ist wirklich auch ein wun­derbarer Volksanwalt, aber es sind eben zwei Frauen und ein männlicher Volksanwalt.

Was auch noch zu bemerken ist – das hat mir sehr gefallen bei Durchsicht des Bud­gets, und so stelle ich mir auch Gender Mainstreaming vor –: dass die Volksanwalt­schaft sehr gut bestückt ist mit sehr vielen Frauen in ihrer Abteilung. Sie macht eine gute Arbeit, und auch das zeugt von und für Qualität. Herzlichen Dank auch dafür!

Doch nun zu meinem Hauptanliegen, das ist das Kapitel Frauen, Frauenpolitik. Hier wurde schon erwähnt, dass dieses Budget nicht gekürzt wurde, trotz Sparbudgets. Das ist gut und wichtig und richtig. Wenn – Frau Kollegin Schittenhelm hat es schon er­wähnt – so wichtige Einrichtungen wie Gewaltschutzzentren weiterhin in gleichem Aus­maß gefördert werden – und wir wissen, dass jede fünfte Frau von Gewalt betroffen ist und oft auch Kinder darunter leiden –, dann ist das gut, dann ist das wichtig.

Wenn wir erstmals Meldungen hören, dass der berühmte Gender Pay Gap, die Unter­schiede zwischen Männer- und Frauenlöhnen erstmals zurückgehen, dann, denke ich, hat das damit zu tun, dass der Nationale Aktionsplan schön langsam greift. Dass wir dann im Jänner ein Gesetz beschließen können, wo es um so etwas geht wie Einkom­menstransparenz, auch das ist eine wichtige zusätzliche Maßnahme, um dorthin zu kommen, wo wir hinwollen, und das ist zu mehr Geschlechtergerechtigkeit, auch im Bereich der Einkommen.

Dass durch dieses Budget jetzt Rahmenverträge geschaffen werden können, die über drei Jahre gehen, auch das ist wichtig für die Arbeit der Frauenberatungsstellen, für die Mädchenberatungsstellen, auch in ländlichen Bereichen. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Das weiß der Herr Kollege Hörl genau, wie wichtig das ist und wie oft wir die Länder unterstützen müssen, weil hier die Förderung vielleicht oft nicht ganz so fließt, wie wir sie gerne hätten, zum Beispiel in Tirol, Herr Kollege Hörl.

Und weiter in diesem Punkt Gender Budgeting: Gender Budgeting, schon 2009 in der Verfassung verankert, bedeutet, dass wir die entsprechenden Maßnahmen zu setzen haben, damit wir 2013 nicht nur auf Bundesebene, sondern auch auf Länder- und Ge­meindeebene entsprechend nachvollziehen können, dass Gelder für Frauen, für die Geschlechtergerechtigkeit entsprechend ausgegeben werden. Auch das, glaube ich, ist ein sehr wichtiges und notwendiges Ziel und Anliegen, das wir hier verfolgen.

Wir haben noch viel zu tun in der Frauenpolitik, doch sind wir auf dem richtigen Weg. Und dass hier nicht gespart wurde, das ist ein guter und richtiger Ansatz. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

0.56



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 42

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Mu­siol. – Bitte.

 


0.56.09

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte KollegInnen! Sehr geehrte ZuhörerInnen! Das sieht man von der Hinterbank aus gar nicht, dass da noch Menschen so lange mit uns ausgeharrt haben. Sehr ge­ehrte VolksanwältInnen! Herr Präsident! Ich weiß nicht, ob ich jetzt sagen soll, schön, dass Sie zu dieser späten, oder, zu dieser frühen Stunde hier erschienen sind. Aber das ist wahrscheinlich eine Frage der Perspektive, ob man schon länger hier gesessen ist oder dazwischen vielleicht schon einen Vorschlaf getätigt hat.

Die Zusammensetzung dieser Bank (die Rednerin weist auf die Regierungsbank) freut mich jetzt besonders, weil hier durchaus AkteurInnen vertreten sind zu den Themen, zu denen ich kurz sprechen möchte. Das sind zum einen die VolksanwältInnen, die ja ein wichtiges Hilfsorgan des Nationalrates sind, aber vor allem eine wichtige Einrichtung für die Bürgerinnen und Bürger, wo aber für uns als ParlamentarierInnen durchaus im­mer anzumerken ist, dass die zahlreichen Berichte, die wir erhalten, und auch die zahl­reichen legistischen Vorschläge eigentlich für uns Vorschläge und Handlungsanleitun­gen sein sollten, hier Gesetzesänderungen vorzunehmen.

Leider muss man sagen – ich habe jetzt keine Prozentsätze im Kopf, das wissen Sie wahrscheinlich viel besser –, dass in allen Berichten, die zumindest ich bislang gelesen habe, hier dem Nationalrat ein eher schlechtes Zeugnis ausgestellt wird, wenn es um die Frage geht, ob dann die legistischen Vorschläge auch umgesetzt wurden. Ich er­innere zum Beispiel an das Unterhaltsvorschussgesetz und an viele andere Probleme, die Sie in jedem Bericht immer wieder formulieren, aber immer wieder kommt es dazu, dass hier keine Veränderungen vorgenommen werden.

Ähnlich, glaube ich, geht es dem Rechnungshof: großes Thema Verwaltungsreform. Da sind Sie ja fast das personifizierte mahnende Gewissen, durchaus auch öffentlich. Sie haben ja hier auch erst kürzlich wieder eine aktualisierte Liste vorgelegt, welche Bereiche die Arbeitsgruppe erarbeitet hat, in der Sie tätig sind, Herr Präsident. Da gibt es dann die Kategorie Auftrag, Problemanalyse, Experten, Vorbereitungsgremium, Endbericht, politische Entscheidung. Und wenn man sich diese Spalten ansieht, dann sieht man, dass Auftrag, Problemanalyse, Experten, Vorbereitungsgremium und End­bericht in fast allen Bereichen erledigt sind, die politische Entscheidung in ausschließ­lich zwei Bereichen von zahlreichen.

Das heißt, auch hier ist die Regierung säumig, auch hier ist die Mehrheit in diesem Haus säumig. Und dazu braucht man nicht länger zu reden, das wissen wir ja alle: Die Verwaltungsreform will nicht wirklich umgesetzt werden.

Dass die Frauenministerin hier sitzt, passt zum Thema Verfassungsgerichtshof. Wir haben ja – in der vorletzten Sitzung, glaube ich, war es – ein neues Mitglied des Ver­fassungsgerichtshofes bestellt, einen Mann, und damit wieder den bereits katastropha­len Frauenanteil im Verfassungsgerichtshof noch einmal gesenkt. Es sind jetzt 21,4 Pro­zent.

Wir haben damals in der Debatte, aber auch sozusagen hinter den Kulissen bespro­chen, dass ein derartiger Bestellungsvorgang, so wie er da passiert ist, nicht noch ein­mal passieren sollte. Ich erinnere daran: Von den, ich glaube, 18 KandidatInnen haben sich nur drei Frauen beworben, und von diesen drei Frauen hat dann eine noch die Kandidatur zurückgezogen. Das heißt, letztendlich standen zwei Frauen zur Wahl.

Da muss man schon darüber nachdenken, warum ist es so, dass Frauen in Öster­reich – und derer gibt es ja viele, die hier kompetent wären – nicht dieses Amt anstre­ben. (Abg. Mag. Wurm: Weil es schon davor zu wenig Frauen gibt!) Das ist eines der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 43

Probleme. Da haben Sie recht, Frau Kollegin, dass es natürlich im Vorfeld, in der Wis­senschaft und in der Forschung, schon schwierig ist, dass Frauen hier Fuß fassen und dann die entsprechenden Stellungen einnehmen. Es gäbe diese schon, denen wird aber dann durchaus auch aus parteipolitischen Erwägungen – das muss man auch da­zusagen – angedeutet, dass die Wahl nicht auf sie fallen werde, sodass sie sich dann nicht getrauen, eine Bewerbung abzugeben, oder diese dann in letzter Minute zurück­ziehen.

Im Ausschuss haben wir auch über die Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit gespro­chen, wo ja demnächst eine Aussprache im Verfassungsgerichtshof ansteht, und ich hoffe, Herr Staatssekretär Ostermayer, dass das ein Programm ist, wo die Bundesre­gierung nicht vor den Ländern in die Knie geht, sondern wo Sie die durchaus sinnvollen Reformen, die Sie ja bereits im März dieses Jahres vorgelegt haben, auch tatsächlich in Verhandlungen mit den Ländern durchziehen. Ich appelliere an Sie, hier nicht vor den Ländern in die Knie zu gehen, sondern Nägel mit Köpfen zu machen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

1.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte.

 


1.01.39

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Das Frauenbudget beträgt 0,13 Promille vom Gesamtbudget, und mit diesem Budget kann man eigentlich auch die Ergebnisse und Lösungen der Frau­enpolitik in Österreich gleichsetzen, denn die bewegen sich auch im Promillebereich, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Positiv anzumerken gilt es, dass das Frauenbudget nicht gekürzt wurde. Hier ist aller­dings auch nicht viel zu kürzen.

Die Frauenpolitik ist eine Querschnittsmaterie. Das haben wir des Öfteren gehört, das steht auch im Regierungsprogramm. Nur, wir müssen Lösungen anbieten, und hier ist es Ihre Aufgabe, Frau Ministerin, Lösungen zu erarbeiten und Lösungen anzubieten. (Beifall beim BZÖ.)

Lösungen, meine sehr geehrten Damen und Herren, die den Alltag der Frauen leichter machen, Lösungen, die sicherstellen, dass Leistungen auch entsprechend belohnt und anerkannt werden, Lösungen, um die Weichen für die Zukunft zu stellen.

Es wurde heute auch schon das Thema Gewalt angesprochen. Ich halte es für beson­ders wichtig in der Selbstbewusstseinsförderung der Frau, dieses Selbstbewusstsein auch mit Selbstverteidigungskursen zu fördern, weil eine Frau sich im Notfall dann auch selbst verteidigen kann, wenn sie über ein entsprechendes Selbstbewusstsein ver­fügt, und sich das Selbstbewusstsein auch bei Gehaltsverhandlungen positiv auswirkt.

Die Kinderbetreuungsangebote auszubauen, flexibler zu machen, beinhaltet auch für uns die Gestaltungsfreiheit respektive die Wahlfreiheit der Familien, dass sie ihr Kind entweder zu Hause betreuen oder eben in eine Kinderbetreuungseinrichtung geben. Eine weitere Lösung unsererseits wäre die Anerkennung von unbezahlter Familien­arbeit. Karenz, Kindererziehungszeiten und Pflege von Angehörigen sollen bei der zu­künftigen Gehaltseinstufung mit einberechnet und den Frauen angerechnet werden und so auch zu einer besseren Entlohnung führen. (Beifall beim BZÖ.)

Wenn wir schon bei der Entlohnung sind, würde ich anregen, wie wir das schon des Öfteren gemacht haben, beim Kinderbetreuungsgeld die Zuverdienstgrenze abzuschaf­fen und – Frau Ministerin, das haben Sie auch selbst in den letzten Monaten und Wo­chen gefordert – einen gesetzlichen Mindestlohn in der Höhe von 1 300 € brutto einzu­führen, das sind echte 1 000 € netto.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 44

Mit dem vorhandenen Budget, Frau Ministerin, haben Sie nicht viel Spielraum, das ist schon richtig, aber ich möchte an Sie appellieren, das vorhandene Geld sinnvoll und richtig einzusetzen. Ich darf nur daran erinnern, dass die Subventionen für die überlau­fenen Frauenhäuser gerade einmal 7 300 € betragen. (Ruf bei der SPÖ: Das ist Län­dersache! – Zwischenbemerkung von Bundesministerin Heinisch-Hosek.) – Nein, mit 7 300 € werden 16 Frauenhäuser österreichweit vom Bund gefördert, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren. (Abg. Mag. Wurm: Das ist ohne die Kosten für die Mitarbei­terinnen!) Aber im Jahr 2010 wurden für Kampagnen, für Inserate 706 398 € ausge­geben, meine sehr geehrten Damen und Herren. 706 398 € für Inserate, für Kampag­nen! Hier hätten sicher Frauenhäuser mehr davon gehabt, wenn sie da eingesetzt wor­den wären. (Beifall beim BZÖ.)

Für Frauen 50 plus, die im Regierungsübereinkommen angeführt sind und für die Sie ja etwas machen wollten – genau nachzulesen auf der Seite 151 –, gibt es kein Geld. Hier ist im Budgetvoranschlag nichts vorgesehen. Stattdessen soll 2011 eine Preisver­leihung für geschlechterneutrale Werbung stattfinden. Dass das nicht kostenlos sein wird, davon kann ausgegangen werden, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Abschließend nochmal mein Appell an Sie, Frau Ministerin: Setzen Sie das Geld, das Ihnen zur Verfügung steht, richtig und sinnvoll ein!  Danke. (Beifall beim BZÖ.)

1.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin Heinisch-Hosek gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


1.05.45

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Herzlichen Dank, Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Staatsse­kretär! 4,3 Millionen Frauen zu vertreten ist, glaube ich, eine Sache, die uns alle an­geht, eine Sache, die alle Ressorts angeht – das Wort Querschnittsmaterie ist schon gefallen –, das heißt, Frauenpolitik zu machen ist Sache jedes Ressorts und sollte auch Sache jedes und jeder Abgeordneten hier im Haus sein.

Das heißt, wenn vorhin gelächelt oder sogar gelacht wurde über Begriffe, die gefallen sind, wie Gender Mainstreaming und Gender Budgeting, also Methoden und Strate­gien, um zu einer aktiven Gleichstellungspolitik zu gelangen, oder wenn hier gewitzelt und gescherzt wird, wenn das Wort Frauen fällt, dann denke ich, dass das Ausnahmen sind, die in dieses Haus eigentlich überhaupt nicht herein gehören und hier überhaupt nicht in diesem Sinn verbreitet werden sollten. (Beifall bei der SPÖ.) Aber das spricht für sich, denke ich, wenn manche dieser Ansicht sind. (Abg. Mag. Wurm – in Richtung der FPÖ-Abgeordneten –: Pubertär ist das! Pubertär seid ihr!)

Ich bin auch froh darüber – wie das VorrednerInnen schon gesagt haben –, dass das vergleichsweise kleine Budget gleich bleiben konnte, aber wie schon eingangs er­wähnt, geht es uns alle etwas an, dazu beizutragen, die Aufgaben und Herausforde­rungen, die im Regierungsprogramm stehen, auch zu erfüllen, und ich glaube, mit den Beschlüssen heute ist einiges schon gelungen.

Natürlich ist Frauenpolitik mehr, als nur zu schauen, dass der Nationale Aktionsplan sukzessive, Schritt für Schritt umgesetzt wird. Es gehört auch dazu, gemeinsam zu schauen, dass wir Frauen in Führungspositionen etablieren, dass Frauen in die Chef­etagen vordringen können, dass Frauen für gleiche Arbeit gleich viel verdienen, dass Frauen und Männer Beruf und Privatleben gut vereinbaren können, und so weiter und so weiter.

Immer nur Mängel aufzuzählen und kaum oder keine Gegenvorschläge zu bringen, das ist halt auch ein bisschen dürftig. Ich lade alle ein – alle, die sich zu Wort gemeldet ha­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 45

ben und vielleicht noch zu Wort melden –, mit mir gemeinsam daran zu arbeiten, dass wir Gleichstellung in Österreich auch leben und nicht nur davon reden und dann teil­weise nichts tun.

Zum öffentlichen Dienst zwei, drei Sätze noch. Natürlich freue ich mich, dass Sie alle heute mit den Budgetbegleitgesetzen unseren moderaten Gehaltsabschluss mit be­schlossen haben und auch die Dienstrechtsnovelle, die letztendlich bis 2014 an die 100 Millionen € an Einsparungen bringen wird.

Daher möchte ich mich bei allen, die mit mir verhandelt haben, bei den Sozialpartnern, bei der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, sehr herzlich bedanken, aber auch in diesem Sinne bei allen Mitarbeiterinnen, Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes allgemein. Es sind an die 132 000, die hier sehr wohl mit vielen Aufgaben konfrontiert sind. Sie mö­gen zwar viele Erleichterungen haben, aber trotzdem haben sie, weil wir letztendlich weit über 2 000 Planstellen einsparen, mit weniger Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen Gleiches oder mehr zu leisten. Dafür möchte ich mich abschließend bei allen sehr, sehr herzlich bedanken. (Beifall bei der SPÖ.)

1.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Zanger gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


1.09.22

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Frau Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Ja, wenn in einer Debatte über die Obersten Organe von zwölf Rednern sieben zum Thema Frauen sprechen, dann wissen wir, wer die obersten Or­gane im Staat Österreich sind. Und das ist ja etwas, was mich sehr begeistert. Sie ken­nen mich, Frau Kollegin Wurm, als Unterstützer und Förderer der Frauen, insbesonde­re dann, wenn es um die Frau als Mutter geht und um die Stellung der Frau als Mutter. (Beifall bei der FPÖ.) Hier bringen wir gleich einmal eine kleine Korrektur zu Kollegen Wittmann an, der von einem Sparpaket gesprochen hat. Das ist falsch! Es ist eindeutig ein Belastungspaket, ein Belastungspaket, das zu Lasten der Familien geht, genau jener, die wir im Staat am notwendigsten brauchen, die wir eigentlich fördern sollten angesichts der dramatischen demographischen Entwicklungen, die wir haben, und de­nen wir nicht das Geld aus den Säcken ziehen sollten. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber nun wirklich zu den Obersten Organen, konkret zum Rechnungshof: Der Rech­nungshof hat vor Kurzem eine Erweiterung seiner Prüfkompetenz erfahren, indem die Grenze, ab welcher der Rechnungshof Gemeinden prüfen kann, auf 10 000 Einwohner gesenkt wurde. Der Rechnungshof kann wirklich als beispielgebend gesehen werden, insbesondere wenn man sich vor Augen führt, dass er bereits jetzt elf Planstellen nicht besetzt und sie sozusagen vorreserviert hat. Er ist wirklich eine Institution, die auch für sich als beispielgebend gesehen werden kann, und ich hoffe, dass das in Zukunft so bleibt.

Generell: Ein Kontrollorgan sollte ja mehr an Einsparungspotenzial aufzeigen, als es selbst kostet. Das ist hier ganz eindeutig so. Wir sind froh und stolz darauf, dass wir einen Rechnungshof in dieser Form haben, und ich bin schon ganz gespannt auf den Peers-Bericht, den Sie, Herr Präsident, demnächst auch uns, glaube ich, vorlegen wer­den. Ich bin überzeugt davon, das wird ein ganz ausgezeichnetes Zeugnis für Sie und Ihre Mitarbeiter werden, und dazu gratuliere ich schon jetzt im Vorfeld.

Ich habe hier noch einen Entschließungsantrag einzubringen, denn es geht uns da­rum, die Prüfungen auch weiterzuentwickeln. Konkret geht es darum, dass, wenn der Staat Haftungen übernimmt, diejenigen Institutionen, für die der Staat geradesteht, ge­prüft werden können. Diesen Antrag bringe ich nun ein:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 46

„Der Nationalrat wolle beschließen:

‚Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Regierungsvorlage vorzulegen, die Prüf­kompetenzerweiterungen des Rechnungshofes zur Prüfung von Unternehmen, die vom Staat Unterstützung in Form finanzieller Zuschüsse oder Haftungsübernahmen erhal­ten, beinhaltet.‘“

*****

Ich danke. (Beifall bei der FPÖ.)

1.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Zanger und weiterer Abgeordneter betreffend Prüfkompetenzerwei­terung des Rechnungshofes

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Bewil­ligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung 06- Verfassungsgerichtshof, in der 91. Sitzung des Nationalrates am 20. Dezember 2010.

Derzeit ist nach den Bestimmungen des B-VG nicht zweifelsfrei, ob dem Rechnungshof etwa bei der Übernahme von Haftungen durch den Staat eine Prüfkompetenz zu­kommt, wenn diese für Unternehmungen bzw. Privatrechtssubjekte übernommen wer­den.

Fest steht, dass öffentliche Mittel eingesetzt werden, und dieser Einsatz der Steuer­mittel in bedeutendem Umfang "Gebarung des Bundes" iSd Art. 121 Abs. 1 B‑VG dar­stellt.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Regierungsvorlage vorzulegen, die Prüf­kompetenzerweiterungen des Rechnungshofes zur Prüfung von Unternehmen, die vom Staat Unterstützung in Form finanzieller Zuschüsse oder Haftungsübernahmen erhal­ten, beinhaltet.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. – Bitte.

 


1.12.36

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist nur eine Kleinigkeit, eigentlich ein Detail, aber es ist nicht ganz un­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 47

wichtig. Ich habe auch versucht, es im Ausschuss anzusprechen, aber leider war kein budgetverantwortliches Regierungsmitglied da. Ich möchte es daher jetzt anbringen.

Österreich hat 1987 die Anti-Folter-Konvention der UNO unterzeichnet. So eine Kon­vention hat nur einen Sinn, wenn es auch Prüfmechanismen gibt, also wenn die Insti­tutionen, die Menschen gegen ihren Willen anhalten, regelmäßig im Hinblick darauf ab­gecheckt werden, ob solche Folterungen vorkommen. Daher gibt es seit 2006 auch ein sogenanntes Zusatzprotokoll, das genau solche Prüf- und Inspektionsmechanismen vor­sieht.

Österreich hat sich auch mit dem Regierungsübereinkommen bereit erklärt, hier solche Mechanismen einzurichten, und das sollte und soll – der Ausschuss ist da ganz ein­deutig auf der gleichen Linie, quer über alle Parteien – bei der Volksanwaltschaft ein­gerichtet werden. Nur: Im Budget ist nichts dazu da! Da frage ich mich schon: Wieso eigentlich nicht?

Mag sein, dass es um keine großen Summen geht; es geht vielleicht um ein paar hun­derttausend Euro. Aber es ist allemal besser, so etwas zu budgetieren, und es bleibt am Schluss das Geld übrig, falls es doch nicht verwirklicht wurde, als es nicht zu bud­getieren und dann zu sagen, wir haben es nicht budgetiert, daher können wir auch Fol­ter-Überprüfungsmechanismen nicht verwirklichen, oder es nicht zu budgetieren und am Schluss das Budget zu überziehen. Daher hätte man durchaus, wenn man die Ab­sicht hat, das auch hereinnehmen können.

Das Gleiche gilt auch für die von uns allen immer wieder diskutierten Ausweitungen der Prüfkompetenzen der Volksanwaltschaft in Richtung ausgegliederter Verwaltungsein­richtungen der Straße, der Museen, der Universitäten, der Bahn und so weiter. Ich glaube, dass die Bevölkerung ein großes Interesse an dieser Ausweitung hätte, nicht nur aus rechtlichen Gründen, sondern durchaus auch aus ökonomischen, also budge­tären Gründen.

Ich brauche nur daran zu denken, dass beispielsweise die BIG Handymasten auf Schulen aufgestellt hat. Das ist nicht nur den Schülern, sondern auch den Eltern nicht sehr recht, daher – das ist bekannt – muss so etwas auch überprüft und beeinsprucht werden können. Dann geht es letztlich auch ums Geld, wenn nämlich diese Handy­masten wieder abmontiert werden. Dafür ist aber nichts budgetiert, und ich frage mich daher, ob diese Ausweitung überhaupt beabsichtigt ist. – Danke. (Beifall bei den Grü­nen.)

1.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Windholz gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


1.15.20

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Rechnungshof und Volksanwaltschaft sind jetzt bei uns. Das passt irgendwie zu dem, was uns an Budget vorgelegt wurde. Es gibt viele, die sagen: Das ist ja nicht einmal verfassungskonform; verspätete Vorlage! Und es geht um viele Bereiche, die massiv getroffen werden, vor allem die Ärmsten.

Funktionieren tun der Rechnungshof und der Volksanwaltschaftsbereich vorbildhaft, und da komme ich zunächst auf die legistischen Anregungen der Volksanwaltschaft zu sprechen. Sie werden sich sicherlich noch alle daran erinnern können: Pflegegeld – was wurde da nicht alles versprochen! Es gibt taugliche Vorschläge, aber es wird bei diesem Budget nichts umgesetzt. Genau das Gegenteil wird exekutiert: Es wird für vie­le eine Verschlechterung geben!

Oder zum Rechnungshof: Wie oft haben wir hier schon über eine Ausweitung der Prüf­kompetenz debattiert! Ich nenne als Stichwort: Skylink. Was war das für ein Theater mit


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dieser Bundesregierung, wie lange wollte man das verhindern! Gott sei Dank hat diese Prüfung stattgefunden, mit dem bekannten Ergebnis.

Bei beiden Institutionen weiß man: Ihr seid – im Gegensatz zu dieser Bundesregierung – auf der Seite des Bürgers, und dafür dürfen wir uns hier wirklich bedanken. (Beifall beim BZÖ.)

Große Hochachtung vor Kollegen Molterer! Kollege Molterer hat hier als Vertreter einer Regierungspartei einen Bereich kritisch angesprochen. Ich habe schon den Eindruck: Je schlechter die Umfragewerte, desto massiver sind die Inseratenkampagnen. In Zei­ten, in denen alle geschröpft werden, ist das nicht hinnehmbar!

Herr Kollege Molterer, Sie haben uns jedenfalls mit Sicherheit an Ihrer Seite, wenn dem Geist eines Fünf-Parteien-Antrages nicht Rechnung getragen wird, dass man hier gesetzliche Regelungen herbeiführt. Das wäre auch etwas Gescheites gewesen, wenn Sie das im Rahmen dieser Budgetgesetze mit eingebracht hätten. Was Sie tun, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, ist ein Hohn für alle, die geschröpft wer­den! (Beifall beim BZÖ.)

Ich darf noch ein bisschen den öffentlichen Dienst ansprechen, da die zuständige Mi­nisterin sich hier der Posteneinsparungen et cetera rühmt. Im öffentlichen Dienst gibt es viele, viele Leistungsträger, diese haben sich in einer solchen Situation erwartet, dass es endlich ein neues Dienstrecht und auch ein neues Besoldungsrecht gibt. (Zwi­schenbemerkung von Staatssekretär Dr. Ostermayer.) – Ja, ja, das haben Sie x-mal angekündigt – nichts davon ist zu sehen!

Ich sage Ihnen: Trauen Sie sich einmal darüber, Bundes-, Landes- und Gemeindebe­dienstete mit einem Recht auszustatten! Schaffen Sie Anreize, damit die Leistungs­träger einen besseren Stand innerhalb des Systems bekommen. Oder, wenn wir die Exekutive ansprechen, treffen Sie hier zusätzliche Regelungen für die besonderen Er­fordernisse in diesem Dienst! Ich denke hier auch an andere, die Befehls- und Zwangs­gewalt ausüben.

Sie sind in diesem Bereich alles schuldig geblieben, am besten ablesbar ist das im Be­reich der Lehrer. Diese Schul-Debatte haben Sie mit x Ankündigungen geführt; übrig geblieben ist, dass es vielleicht doch ein eigenes Dienstrecht für Lehrer gibt. Sie kön­nen sich ja nicht einmal mit Ihrem Koalitionspartner darüber einigen, wer die Hoheit be­kommen soll, ob es der Bund ist, ob es das Land ist. Das derzeitige Mischsystem ist das Schlechteste, was es gibt.

Und wenn Sie die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst loben: Sie ist in meinen Augen verantwortlich für das ständige Blockieren. Gewerkschaftspräsident Neugebauer hat eigentlich ausgesprochen, wie er die Dinge sieht. Ich sage Ihnen, ob es jetzt der Bund oder das Land ist, es wird jedenfalls besser werden. Nur Neugebauer sieht das anders, er sagt Ihnen: Am gescheitesten ist, es bleibt alles, wie es ist. – Das ist sicherlich der schlechteste Weg.

Das Budget, das Sie vorgelegt haben, ist alles andere als dazu angetan, hier Loblieder zu singen. (Beifall beim BZÖ.)

1.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Gartelgruber gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


1.19.48

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kollegen! Vorab zum Frauenbud­get: Ja, es ist wirklich positiv zu bewerten, dass dieses Frauenbudget mit 10,115 Millio­


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nen € beinahe keine Kürzungen erfahren musste. Irreführend für mich ist aber die jet­zige Auflistung im Budget und die Bezeichnung dazu. Dies hat sich jetzt im Postenver­zeichnis eigentlich geändert.

Laut Voranschlag stehen ungefähr 5,3 Millionen € zur Förderung von Interventions- und Gewaltschutzzentren zur Verfügung. Was leider nicht möglich ist, ist, die Interven­tionsstelle für Frauen und Mädchen, die von Zwangsheirat betroffen sind, neu einzu­richten. Das haben wir leider nicht im Budget, und das ist aus diesen Mitteln auch nicht zu schaffen. Das ist sehr schade, weil wir genau wissen, dass gerade im Bereich der Zwangsverheiratungen immer größere Probleme in der nächsten Zeit auf uns zukom­men werden. Diese bestehen jetzt schon, und sie werden sich noch vergrößern.

Aber Probleme bestehen ja nicht nur mit den Zwangsverheiratungen oder mit der Inter­ventionsstelle, die nicht kommt, sondern Probleme haben auch Einrichtungen wie Frauenhäuser, bei denen die Kofinanzierung, besonders in einigen Bundesländern, nicht funktioniert. Die Basisförderung der Frauenhäuser fällt ja grundsätzlich in die Zu­ständigkeit der Länder, vom Bund, vom Bundesministerium für Frauen werden nur zu­sätzliche Förderungen vergeben. Kollegin Schenk hat das schon angesprochen. Das ist natürlich ein großes Problem, und langfristige Förderungsverträge wären in diesem Bereich sehr, sehr wichtig.

Ein weiterer Kritikpunkt ist auch die Höhe der Förderung. Wenn man bedenkt – auch da kann ich die Worte meiner Kollegin Schenk nur unterstreichen –, wie viele Mittel für Inserate und Kampagnen zur Verfügung gestellt werden, dass aber die Frauenhäuser und die Fraueninterventionsstellen nicht bedient werden, dann ist das sehr, sehr trau­rig. Die Bundesförderung für Frauenhäuser muss endlich auf eine solide Basis gestellt werden. Wir wollen deshalb auch den Bedarf von Frauenhäusern ermitteln und ihnen, wenn sie zusätzliche Mittel benötigen, diese auch zur Verfügung stellen.

Deshalb stelle ich folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst wird aufgefordert, eine Be­darfsprüfung bei den bestehenden Frauenhäusern durchzuführen und eine allfällige Er­höhung der finanziellen Unterstützung vorzunehmen.“

*****

Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

1.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gartelgruber, Mag. Unterreiner, Mühlberghuber und weiterer Abge­ordneter betreffend Erhöhung der Förderung für Frauenhäuser

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Be­


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willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung 10 – Frauen, in der 91. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 21. Dezember 2010.

Frauenhäuser bieten Frauen, die Gewalt durch ihren Partner bzw. Ehemann erleben, und ihren Kindern eine sichere Wohnmöglichkeit, Schutz und Unterstützung. Zur Zeit gibt es quer über alle Bundesländer verteilt insgesamt 30 Frauenhäuser. Sie sind für alle Gewaltopfer offen. Die Adressen der Frauenhäuser sind aus Sicherheitsgründen anonym.

Die Basisfinanzierung der Frauenhäuser fällt grundsätzlich in die Zuständigkeit der je­weiligen Länder. Um die Beratung und Betreuung sowie die Nachbetreuung der von Gewalt betroffenen Frauen zu verbessern, werden aus den Förderbudgetmitteln der Frau Bundesminister finanzielle Unterstützungen nur bis jeweils € 7.500,- pro Frau­enhaus gewährt. Im Jahr 2009 bekamen nur 16 Frauenhäuser diese finanzielle Unter­stützung von Bundesseite.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst wird aufgefordert, eine Be­darfsprüfung bei den bestehenden Frauenhäusern durchzuführen und eine allfällige Er­höhung der finanziellen Unterstützung vorzunehmen.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


1.22.58

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Frau Präsidentin! Ich hoffe, dass die Abgeord­neten, die hier fotografiert werden, auch in Zukunft im Nationalrat verbleiben dürfen und nicht möglicherweise von Abschiebungen bedroht sind. (Abg. Ing. Westenthaler: Kriegen wir alle eine Kartei angehängt?) Schauen wir also einmal, was die Frau Bun­desministerin hier fotografiert! Aber eigentlich wollte ich zur Presseförderung sprechen. (Bundesministerin Dr. Fekter: Nein, Herr Brosz, Sie hätte ich nicht fotografiert!) – Mich nicht, immerhin; es sind ja noch andere zum Fotografieren da. (Abg. Dr. Graf: ... im EKIS drinnen! – Abg. Ing. Westenthaler: Wer weiß, was sie damit macht!)

Herr Staatssekretär Ostermayer, wenn Sie darauf hinweisen, dass das Budget so dar­gestellt ist, dass man es schwer nachvollziehen kann, dann stimmt das, was die Pres­seförderung betrifft, offenbar zumindest zum Teil. Dort steht drinnen, dass die Presse­förderung im Bereich der Vertriebsförderung in etwa um 1,5 Millionen € gekürzt wird. Mittlerweile haben Sie auch die Daten nachgeliefert, dass ein Teil davon durch Auflö­sung von Rücklagen wieder bedeckt wird.

Faktum ist dennoch, dass es in den nächsten Jahren zu einer spürbaren Reduzierung der Presseförderung kommen wird. Ich frage mich, wie Sie das dann machen werden. Wenn nämlich der Fonds ausgeräumt ist und nichts mehr zum Rüberschieben da sein wird, werden Sie die Mittel wieder irgendwie bereitstellen müssen. – Fotografierge­räusche im Hintergrund sind irgendwie ganz originell. (Bundesministerin Heinisch-Ho­sek: Im Vordergrund auch! – Weitere Zwischenrufe.) Vielleicht führen wir hier einmal die Fotoaktionen durch und machen dann weiter.

Faktum ist auf jeden Fall, dass hier ein Budgetloch auftaucht, und das werden Sie ir­gendwann wieder bedecken müssen. Das Geld, das jetzt nicht drinnen ist, muss dann,


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wenn der Fonds leer ist, wieder hereinkommen, und wie einfach das in Zeiten von Bud­getknappheit sein soll, schaue ich mir dann einmal an, wenn es so weit ist.

Faktum ist aber auf der anderen Seite, dass das Budget für Inseratenausgaben des Bundeskanzleramtes deutlich erhöht worden ist, wenn man sich die Budgetzahlen an­schaut. (Staatssekretär Dr. Ostermayer: Das ist falsch!) – Entschuldigung! Wenn man das Budget hernimmt und da steht drinnen: 3 Millionen € Budget im Vorjahr und jetzt 3,9 Millionen € Budget, dann können Sie mir dreimal sagen, dass das falsch ist. Fak­tum ist, die Budgetzahlen geben das her. Ob Sie irgendwelche Budgets zusammen­fassen, geht aus den Budgetzahlen schlicht und einfach nicht hervor, das ist auch nicht dort aufgezeichnet.

Nur, um es einmal anders darzustellen: Selbst wenn das so wäre, frage ich Sie noch immer: Wäre es denn nicht intelligenter, herzugehen und zu sagen, wir haben bei den Frauen nicht gekürzt, wir haben bei den Minderheiten nicht gekürzt, dann verzichten wir auch darauf, die Presseförderung zu kürzen, und nehmen den Betrag, den wir dort brauchen, aus den Inseratenausgaben und dem Inseratenaufwand des Bundeskanzler­amts?

Das würde nämlich dazu führen, dass es einen Anspruch auf Presseförderung gibt, dass sich die Medien auch darauf verlassen können, dass sie das Geld bekommen, und nicht davon abhängig sind, ob möglicherweise bei gewissen Zeitungen – sagen wir das einmal sehr vorsichtig – der Herr Bundeskanzler deutlich mehr geneigt ist, Geld in die Hand zu nehmen und dort zu inserieren, und bei anderen Zeitungen – und das war eigentlich massiv das Problem der Medienpolitik Faymann in den letzten Jahren – einfach sagt, dort inseriere ich schlicht und einfach nicht, weil die offenbar eine Bericht­erstattung haben, die ihm nicht wirklich zugutekommt.

Wissen Sie, was die Parteien machen, steht ihnen ja frei. Wenn Sie als SPÖ nur in der „Kronen Zeitung“ inserieren wollen, nur in „Österreich“ inserieren wollen, das können Sie ja machen. Aber als Bundeskanzler, der ja auch die Verantwortung hat, für Infor­mationsarbeit zu sorgen, die wohl dem ganzen Land irgendwie zugutekommen sollte, wenn es schon eine Information ist, die man irgendwie inserieren kann, da ist das etwas anderes, das hat wirklich einen Anspruch darauf, dass man nicht zusätzlich Medienpolitik macht, indem man als Bundeskanzler gewisse Medien herausnimmt und sie fördert und anderen gar nichts gibt. (Beifall bei den Grünen.)

Vizekanzler Pröll hat ja auch Inserate geschalten, mit denen wir nicht wirklich immer zufrieden waren, diese Baby-Inserate und ähnliche Dinge, die nicht sehr glaubwürdig waren, aber er hat zumindest sehr flächendeckend die Zeitungen gefördert, und man hat nicht sagen können, dass er gewisse fördert und andere nicht. Auch da wäre es mir recht gewesen, wenn wir generell dazu übergingen, mehr an Rechtsanspruch zu be­kommen und weniger an Inseratenausgaben, aber dort kann man zumindest nicht sa­gen, dass es eine klare Bevorzugung einzelner Medien gegeben hat.

Das ist etwas, was wir dem Bundeskanzler Faymann seit Jahren ankreiden, und wir werden auch in Zukunft sehr genau darauf achten, ob hier eine Änderung bei der Transparenz und Inseratenpolitik des Bundeskanzlers erfolgt. Ich würde ihm das wirk­lich empfehlen, weil das eigentlich einer Medienpolitik in einer entwickelten Demokratie unwürdig ist, dass man versucht, Medien in Form von Inseraten bei der Berichterstat­tung zu beeinflussen. Und dieser Vorwurf ist Werner Faymann zu machen. (Beifall bei den Grünen.)

1.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Mir liegen zu diesem Teil der Gliederung keine Wortmeldungen mehr vor.

Die Beratungen zu diesen Themenbereichen sind somit beendet.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 52

01.27.10UG 11: Inneres

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen nun zur Verhandlung der Unter­gliederung 11: Inneres.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mayerhofer. – Bitte.

 


1.27.37

Abgeordneter Leopold Mayerhofer (FPÖ): Von hinten? (Hinter dem Redner wird fo­tografiert.) Hoffentlich hat sie ein breites Objektiv, die Frau Minister. – Geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Man kann sich mit diesem Budget nicht einverstanden zeigen, insbesondere auch dann nicht, wenn es um die Belange des Inneren geht.

Beim Sachaufwand wird, wie man sieht, kräftig gespart, ohne zu bedenken, dass in nächster Zeit – ich befürchte, auch in Österreich – ein Verteilungskampf stattfinden wird, der sich selbstverständlich nicht nur in den Gemeindestuben, den Landtagen demokra­tisch abspielen wird, sondern der, wie man ja bereits deutlich sieht, auf der Straße aus­getragen wird, siehe Stockholm, Griechenland oder jüngst auch Rom.

Vorsorge wurde diesbezüglich keine getroffen. Die Sachaufwände wurden massiv ge­kürzt. Die Arbeitsbedingungen für die Polizistinnen und Polizisten werden von Tag zu Tag schlechter. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Dr. Fekter.) – Ja, dafür kann ich Ihnen gleich einige Beweise bringen. Ihnen wird maximale Verfügbarkeit nach dem Muster einer Billa-Regalbetreuerin abverlangt, und das bei minimaler sozialer Absiche­rung zum Beispiel im Falle eines länger andauernden Krankenstandes.

Eines ist auch zu bedenken und zu bemerken: Wenn man die PIs besucht und in kolle­gialen Gesprächen erfahren muss, dass zum Beispiel Dinge, die im Budget abgebildet sind und von der Frau Minister öffentlich behauptet werden, etwa dass zum Beispiel bei den Überstunden nicht eingespart wird, nicht so sind, sondern dass auf jeder PI der dienstliche Auftrag besteht, Mehrdienstleistungen einzusparen, was tatsächlich we­niger Sicherheit zur Folge hat – wieder zum Nachteil der Bürger –, dann muss man sich die Frage stellen: Sagt die Frau Minister etwas anderes als tatsächlich geschieht? Machen die Herren Landespolizeikommandanten und die Generalmajore etwas, was ihnen nicht ausdrücklich aufgetragen wird?

Es stellt sich weiters die Frage: Verselbständigt sich ein Führungscorps, obwohl der politische Auftrag in eine andere Richtung geht? Ich war auf den PIs, Frau Minister, be­sonders im Mostviertel, und da wird mir das nach und nach und auf jeder PI nachge­wiesen, dass es so ist, wie ich es jetzt sage: Es werden keine Überstunden eingespart, um weiterhin dem Bürger Sicherheit zu bieten als Gegenleistung für seine Steuerleis­tung.

Selbstverständlich ist auch ein sinnvoller Einsatz der Mittel ein Anliegen der Opposi­tion. Dies ist genauso wichtig wie die Erfüllung der gesetzlichen Aufträge der Sicher­heitsexekutive und des Justizapparates. Damit wäre ich wieder einmal beim Fall Kam­pusch.

Wenn man dann nämlich im Zuge der Kampusch-Ermittlungen durch die absolut glaub­würdigen Aussagen des Dr. Rzeszut erfährt, dass offensichtlich Tausende Stunden an Ermittlungsarbeit für die Katz sind, weil Führungskräfte in der Justiz aus anderen Grün­den keine Lust verspüren, die polizeiliche Ermittlungsarbeit und das polizeiliche Ermitt­lungssubstrat in weitere zielführende Maßnahmen münden zu lassen, dann fragt man sich, wieso laut Aussagen des Herrn Dr. Rzeszut  die drei Mitglieder der Sicher­heitsexekutive, die monatelang in der Evaluierungskommission gewerkelt und dort eini­ges zutage gefördert haben, dann nach Hause geschickt wurden. Auch das ist ein be­dauerlicher Umstand.


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So sage nicht nur ich, dass diese ungustiösen Zustände und Umstände um den Fall Kampusch eine Steuergeldverschwendung der Sonderklasse sind. Solche Vorkomm­nisse kosten dem Land dermaßen viel Ansehen und vor allem viel Motivation der Poli­zeibediensteten. Diese Umstände müssen raschest aufgeklärt werden! (Beifall bei der FPÖ.)

Abschließend gibt es noch ein Ersuchen an die Frau Minister, nämlich sich mehr hinter die Polizei zu stellen. Polizisten brauchen Rückhalt durch die Politiker! (Beifall und Bra­vorufe bei der FPÖ.)

Knicken Sie nicht ein, wenn es in Österreich irgendwo eine haarige Amtshandlung gibt und einige Journalisten peinliche Fragen stellen! Stellen Sie sich hinter unsere braven und tüchtigen, hervorragenden Kriminalbeamten und unsere uniformierten Kräfte! Sie haben es sich verdient.

Da wir die Einkommenssituation unserer jüngsten Kollegen verbessern wollen, bringe ich jetzt folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mayerhofer, Vilimsky, Herbert und weiterer Abgeordneter betreffend bessere Entlohnung für Exekutivbedienstete in der polizeilichen Grundausbildung

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Inneres wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass die Entlohnung für Exekutivbedienstete in der polizeilichen Grundausbildung an jene der Verwendungsgruppe E2c, Gehaltsstufe 1, angeglichen wird.“

*****

Dann könnten Sie sich vielleicht eine sehr kostspielige Werbeaktion, wie sie in den Me­dien erfolgt, ersparen. (Beifall bei der FPÖ.)

1.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der eingebrachte Entschließungsantrag ist aus­reichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mayerhofer, Herbert, Vilimsky und weiterer Abgeordneter betreffend bessere Entlohnung für Exekutivbedienstete in der polizeilichen Grundausbildung

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung 11 – Inneres, in der 91. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 21. Dezember 2010

Das Budget des Bundesministeriums für Inneres für das Jahr 2011 weist im Bereich der Sicherheitsexekutive im Vergleich zum Budget 2010 in Plus bei den Personalkos­


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ten von ca. 12 Millionen Euro aus. Trotzdem ist es leider gelebte Praxis, dass Exekutiv­bedienstete in der polizeilichen Grundausbildung zu wenig verdienen, um eine Familie vernünftig erhalten zu können. Auch fehlen im ersten Jahr die Zulagen und Neben­gebühren die dies erleichtern würden.

Gemäß einer schriftlichen Anfragebeantwortung der Bundeministerin für Inneres aus dem Jahr 2009 werden alle Exekutivbediensteten gem. § 36 VBG 1948 für die Dauer der polizeilichen Grundausbildung als Vertragsbedienstete des Bundes mit einem Son­dervertrag für die exekutivdienstliche Ausbildung aufgenommen. Als Ausbildungsbei­trag gebührt ein Entgelt von monatlich 50,29 % des Gehaltes eines Beamten der Allge­meinen Verwaltung in der Dienstklasse V, Gehaltsstufe 2. Die Bestimmungen des
§ 8a Abs. 2 VBG (Sonderzahlung) sind anzuwenden. Über die in den §§ 16 und 22 VBG 1948 iVm den §§ 16, 17, 17a und 17b GebG 1956 vorgesehenen Vergütungen gebühren während der ersten 12 Monate des Vertragsverhältnisses keinerlei sonstige pauschalierten Zulagen und Nebengebühren.

Damit auch geeignete Interessenten mit Familie nicht von vornherein auf Grund der Entlohnung auf die Bewerbung und Ausbildung zum Exekutivbeamten verzichten müs­sen und damit ein größeres Spektrum an tauglichen Bewerbern vorhanden ist, sollte eine bessere Entlohnung für Exekutivbedienstete in der polizeilichen Grundausbildung gewährleistet werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Inneres wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass die Entlohnung für Exekutivbedienstete in der polizeilichen Grundausbildung an jene der Verwendungsgruppe E2c, Gehaltsstufe 1, angeglichen wird.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kößl. – Bitte.

 


1.32.59

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Geschätz­te Damen und Herren! Kollege Mayerhofer, eines muss ich dir schon sagen: Du hast auf jeden Fall mit deiner Rede bewiesen, dass du dir das Budget überhaupt nicht an­geschaut hast. Du hast überhaupt keine Ahnung, was im Budget drinnen steht, denn bei der Sicherheit wird in diesem Budget überhaupt nicht gespart, das muss man klar und deutlich zum Ausdruck bringen. (Beifall bei der ÖVP.  Ruf bei der ÖVP: Genau!) – Das ist einmal Punkt eins.

Eines muss uns auch klar sein – und wenn du dir das Budget angeschaut hättest, dann hättest du es auch gesehen –, nämlich dass das Budget seit 2004 bis 2011 um 400 Mil­lionen € erhöht worden ist und es bis 2014 zusätzlich 115 Millionen € für die Sicherheit in Österreich gibt.

Also bei der Sicherheit wird überhaupt nicht gespart, es wird auch in den nächsten Jah­ren steigende Budgetzahlen geben. Das ist nun einmal klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, und ich möchte dir sagen, dass du dir das Budget überhaupt nicht ange­schaut hast. Das ist einmal ein Faktum. (Zwischenruf des Abg. Mayerhofer. Abg. Dr. Rosenkranz: Sie sind ... !)


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Wir haben gerade im Personalbereich eine Aufstockung von 18,2 Millionen €. Wir ha­ben 287 Millionen € für den Sachaufwand zur Verfügung. In diesem Sachaufwand sind natürlich auch die Cobra, also die Sondereinheiten, und das Bundeskriminalamt bein­haltet.

Wir haben auch in der Opfervorsorge Maßnahmen getroffen, und auch in der Präven­tion gibt es dementsprechende Mittel. Also es ist wirklich ein hervorragendes Budget, das von der Frau Bundesminister verhandelt worden ist und wodurch Polizeiarbeit mit hoher Qualität auch zukünftig gewährleistet sein wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Mit diesem Budget ist es auch möglich, die Modernisierung fortzusetzen, sowohl im Fuhrpark aber natürlich auch bei den technischen Einrichtungen. Für die Modernisie­rung der Dienststellen stehen im nächsten Jahr ebenfalls 10 Millionen € zur Verfügung. Das Geld wird für die Sanierung beziehungsweise auch für die Erneuerung von Dienst­stellen eingesetzt werden.

Generell wird es im Asyl- und Fremdenbereich sicherlich so sein, dass es durch das neue Bundesamt für Asyl und Migration eine raschere Abwicklung der Verfahren geben wird. Wir haben jetzt schon gesehen, dass wir sehr gut unterwegs sind, denn wir haben gerade in diesem Bereich eine Einsparung von 18 Millionen € erreichen können. Die­ses Geld, diese Einsparung ist ganz wichtig gewesen, weil wir es nun anders einsetzen können. (Zwischenruf der Abg. Mag. Korun. Abg. Ing. Westenthaler: Das steht noch nirgends im Budget!)

Also wir haben für 2011 ein ausgesprochen gutes Budget im Innenbereich zur Verfü­gung. Im Sicherheitsbereich gibt es keine Sparmaßnahmen, ganz im Gegenteil, da wird zusätzliches Geld eingesetzt, und wir können wirklich froh und stolz sein, dass auch zukünftig die hohe Qualität im Sicherheitsbereich gewährleistet ist. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

1.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Pilz gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


1.36.36

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Werte Kolleginnen und Kollegen! Schön, dass einige von den Regierungsparteien beim Budgetnachsitzen noch unter uns weilen. (Zwischenrufe bei der ÖVP. Ruf bei der SPÖ: Das sagst gerade du?) Ich erzähle ein­mal kurz aus dem Budgetausschuss:

Ich habe mir erlaubt, im Budgetausschuss die Innenministerin Folgendes zu fragen – es war nicht die schwerste Frage –: Sagen Sie einmal, wie viele Kriminalbeamte gibt es in dieser Republik? Sie wissen ja, wie viele Verbrecher und Verbrecherinnen es un­gefähr gibt. Wie viele Kriminalbeamte und -beamtinnen haben Sie, um die Verbrecher und Verbrecherinnen ordentlich verfolgen zu können?

Antwort der Innenministerin: Na ja, im Bundeskriminalamt haben wir so 800 plus, und in den Ländern haben wir, Daumen mal Pi, auch ein paar Hundert, ich glaube 250. (Ruf bei der ÖVP: Red nicht so einen Blödsinn! Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

So, ich habe mir das genau mitgeschrieben, und andere haben es auch gehört. Ich ha­be dann um die genauen Zahlen ersucht. Die 250 waren dann mehr als 2 500. Das ist keine Erfolgsbilanz der hinter mir sitzenden Innenministerin, sondern ich habe mir dann überlegt: Was ist eigentlich los (Abg. Kößl macht die Scheibenwischerbewegung), wo­für interessiert sich eine Innenministerin, die nicht einmal annähernd weiß, nicht einmal eine diffuse Vorstellung davon hat, über wie viele Kriminalbeamte sie in ihrem Ressort verfügt? (Bundesministerin Dr. Fekter: Sie haben die Wachkörperreform verschlafen!) Na wenn man nicht weiß, wie viele Leute man hat, dann weiß man auch nicht, was man


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tun kann. (Bundesministerin Dr. Fekter: Es gibt keine ... ! Sie haben die Wachkörperre­form verschlafen!)

Erstens: Bitte, Frau Bundesministerin, benehmen Sie sich hinter mir nicht wie in der Österreichischen Volkspartei, sondern wie im Parlament. Sie können sich ja nachher zu Wort melden. (Zwischenrufe bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Rosenkranz.)

Zweitens: Wenn man einmal wüsste, wie viele Kriminalbeamte und ‑beamtinnen man hat – das wäre eine wichtige Voraussetzung –, dann könnte man sich einmal überle­gen, wie man ihnen eine faire Chance verschafft, die wachsende Kriminalität in dieser Republik zu bekämpfen. (Bundesministerin Dr. Fekter: Nein, sie sinkt! Sie wächst nicht, sie sinkt um 10 Prozent!)

Hören Sie doch auf, hinter mir zu singen, denn durch Ihr Singen sinkt die Kriminalität mit Sicherheit nicht! (Rufe bei der ÖVP: Unerhört! Unruhe im Saal.) Also reden wir darüber, wie die Kriminalbeamtinnen und -beamten eine Chance bekommen, das Ver­brechen zu bekämpfen.

Ich nehme ein wichtiges Beispiel: die Automatenspielsucht. In Wien, und zumindest das werden Sie hoffentlich wissen, weist uns die Kriminalpolizei darauf hin, dass Automa­tenspielsucht in der Beschaffungskriminalität bereits ein größeres Problem ist als Dro­gensucht. (Zwischenrufe bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Rosenkranz.) Also muss man den Beamten und Beamtinnen da Unterstützung und eine faire Chance geben.

Was macht die Bundesregierung? – Sie legt diesem Nationalrat einen Gesetzentwurf vor, der beinhaltet, dass die Einsätze in Automaten-Casinos verzehnfacht werden und ein Spiel pro Sekunde möglich ist. Das heißt, erstmals ... (Abg. Ing. Westentha­ler: ... ist aber der Finanzausschuss zuständig!) – Sie haben recht, Herr Kollege Wes­tenthaler. Wir haben es im Finanzausschuss verhandelt. (Zwischenbemerkung von Bun­desministerin Dr. Fekter.) – Ich rede vom Parlament in seiner Gesamtverantwortung.

Junge Menschen können in einer Stunde 36 000 € verspielen. Ich bin zu Wiener Kri­minalpolizisten gegangen und habe sie gefragt: Ja wie wollt ihr das Verbrechen, die Beschaffungskriminalität in diesem Bereich bekämpfen, wenn ihr die jungen Men­schen, speziell jene aus schwierigen sozialen Verhältnissen mit wenig Ausbildung und wenig Berufschancen, diesen Automaten-Spielsalons und dem organisierten Glücks­spiel überlasst? Die Antwort der Kriminalpolizisten war: Wir haben, wenn wir von der Gesetzgebung und der Bundesregierung keine Unterstützung erhalten, diesen Kampf und diese Auseinandersetzung wahrscheinlich verloren.

Frau Innenministerin, ich habe kein einziges Mal von Ihnen gehört, dass Sie in dieser wichtigen Auseinandersetzung auf der Seite der Kriminalpolizei gestanden wären. Sie haben – so wie alle anderen Regierungsmitglieder – im Ministerrat einem Gesetz zuge­stimmt, von dem Sie gewusst haben, dass es die Kriminalität in Österreich fördert. Eine Innenministerin, die ihre Beamtinnen und Beamten unterstützt und wirklich ernsthaft Kriminalität bekämpfen will, dürfte so etwas nie tun!

Warum haben Sie das getan? Warum haben Sie sich für die Automaten-Mafia und ge­gen die Sicherheitsinteressen entschieden? – Weil es von Firmen wie Novomatic und anderen Geld für SPÖ, ÖVP und FPÖ gibt. (Abg. Neubauer: Frechheit!) Die Sicher­heitspolitik in dieser Republik kann gekauft werden, und sie wird gekauft – über Par­teispenden, über gekaufte Abgeordnete, über Inserate in der „Neuen Freien Zeitung“. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) – Na selbstverständlich!

Wenn weder die Innenministerin noch SPÖ, ÖVP und FPÖ die Menschen vor dieser Form der politisch geduldeten Kriminalität schützen, dann hat auch die beste Kriminal­polizei der Welt keine Chance. (Zwischenrufe bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Rosen­kranz.) Das ist unser Hauptvorwurf, Frau Innenministerin: dass Sie letzten Endes die


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Exekutive – und wir haben sehr gute Beamtinnen und Beamte in der Kriminalpolizei – in ihrem Kampf gegen die Kriminalität im Stich lassen (Abg. Neubauer: Legen Sie Be­weise vor!), dass Ihnen die Interessen Ihrer Partei, von der Parteienfinanzierung bis zum beherrschenden Parteibuch im Innenministerium, wichtiger sind als die Sicherheit der Menschen. (Zwischenrufe bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Rosenkranz.)

Solange für eine Innenministerin wie Sie die Sicherheit der Österreichischen Volkspar­tei wichtiger ist als die Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher, so lange kann aus dieser Sicherheitspolitik nichts werden. (Ruf bei der ÖVP: Das glauben aber nur Sie!) Das ist mit ein wesentlicher Grund dafür, warum wir dieses Budget selbstver­ständlich ablehnen. – Danke. (Beifall bei den Grünen. Zwischenrufe bei der ÖVP.)

1.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Fazekas. – Bitte.

 


1.43.33

Abgeordneter Hannes Fazekas (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Bei­de Debattenbeiträge – sowohl jener des Kollegen Pilz als auch jener des Kollegen Mayerhofer – haben wieder gezeigt, dass es gut ist, dass die österreichische Bundes­regierung für die Sicherheitspolitik in diesem Land verantwortlich ist. (Abg. Dr. Rosen­kranz: Also die zwei in einen Topf zu werfen ... !)

Wenn Sie das Budget darüber definieren, dass es in Europa soziale Unruhen geben könnte und in Österreich dafür nicht vorgesorgt ist, dann, so meine ich, haben Sie of­fensichtlich bei den Budgetdebatten heute nicht gut aufgepasst. Ich glaube, Österreich steht sehr gut da. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Die österreichische Sicherheitspolitik und Kriminalitätsbekämpfung darüber zu definie­ren, dass das Glücksspielgesetz und Novomatic dafür verantwortlich sind, geht meiner Meinung nach ebenfalls am Thema sehr weit vorbei. Daher bleibe ich dabei, dass einer der Schwerpunkte dieser Bundesregierung in ihrer politischen Arbeit auch die innere Sicherheit ist und daher der Kernbereich – nämlich die Kriminalitätsbekämpfung und die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit – in Österreich in guten Händen ist.

Mit diesem Budget wurde auch gezeigt, dass nicht überall gespart wird, sondern dass gerade dort, wo es notwendig ist – man denke an die Ausbildung, an zusätzliches Per­sonal, auch an Ausrüstungsgegenstände und vieles andere mehr –, Geld für die Krimi­nalitätsbekämpfung zur Verfügung gestellt wird. Das ist meiner Meinung nach der rich­tige Weg, und ich glaube, man kann auch in diesem Bereich diesem Budget wirklich zustimmen, weil es ein gutes Budget ist. Nur dadurch ist auch gewährleistet, dass die österreichischen Exekutivbeamtinnen und Exekutivbeamten für die Sicherheit der Bür­gerinnen und Bürger hervorragende Arbeit leisten. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

1.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Wes­tenthaler. – Bitte.

 


1.45.28

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! In einem Punkt muss ich Herrn Abgeordnetem Pilz sehr wohl recht geben (Ruf bei der ÖVP: ... dass Vollmond ist!), nämlich was die durchaus spürbare Ahnungslosigkeit die­ser Ministerin betrifft. Sie hat ja wirklich von wenig eine Ahnung, aber bei der Sicher­heitspolitik hat sie jedenfalls die Ahnungslosigkeit geradezu zum Prinzip erhoben, wie man auch im Innenausschuss gemerkt hat. (Ruf bei der ÖVP: Na geh!)


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Bundesministerin Fekter wollte uns als einzige Ministerin durch alle Ausschüsse hin­durch erklären, dass ein Budget eigentlich nur ein Nachschlagewerk für Minister ist – das ist interessant, das hat sie im Ausschuss eigentlich wortwörtlich von sich gege­ben –, ein Nachschlagewerk deshalb, weil sie die Kennzahlen nicht kennt und auch sonst das meiste gar nicht gewusst hat. Das ist interessant! (Zwischenrufe bei BZÖ und ÖVP.)

Ministerin Fekter ist wahrscheinlich auch die einzige Politikerin – oder zumindest eine der wenigen in diesem Land –, die noch immer von sinkender Kriminalität spricht. Das findet in ihren Broschüren, in ihren veranstalteten Statistiken statt, aber nicht in der Öffentlichkeit, nicht in der Wirklichkeit, denn da steigt die Kriminalität weiter. Und die­ses Budget tut dagegen überhaupt nichts, Herr Kollege Kößl! (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Dr. Strutz.)

Es nützt auch nichts, wenn Sie von der ÖVP sich als Schönsprecher dieser Ministerin und dieser Regierung hier ans Rednerpult stellen, aber überhaupt keine Ahnung ha­ben, wie es auf Polizeiposten zugeht, auf desolaten Polizeidienststellen, die Sie offen­bar gar nicht kennen. Das ist die Wahrheit! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Sie sind so weit entfernt von der Wirklichkeit! Tun Sie nur so weiter, bleiben Sie der Schönsprecher der Regierung! Wir decken eher die Missstände auf.

Frau Ministerin, dieses Budget ist nicht nur ein sehr defensiver Ansatz – da kann man schon sagen, okay, es wird nicht viel gekürzt –, es wird auch keine offensive Bekämp­fung der Kriminalität angegangen. (Ruf bei der ÖVP: ... Polizeiposten!)

Was Frau Ministerin Fekter schon gar nicht schafft – das hat sie auch im Ausschuss nicht zustande gebracht –, sind Berechnungen über zusätzliche Exekutivbeamte, denn diese sind alle durch die Bank falsch. (Abg. Amon: ... aber lupenrein dargestellt!) Es geht sich hinten und vorne nicht aus mit Ihren versprochenen 1000 Polizisten mehr!

Herr Kollege Amon sitzt da schön in der ersten Reihe. Sie waren es, der wenige Tage vor der steirischen Landtagswahl in einer Aussendung den Steirerinnen und Steirern 300 Beamte mehr versprochen hat. – Nicht einen Einzigen gibt es bis heute mehr! Das war ein leeres Versprechen, denn es geht sich hinten und vorne nicht aus! (Beifall beim BZÖ.) In Wirklichkeit schwindeln Sie die Menschen an.

Aber was noch interessant war: Der Herr Finanzminister hat in seiner Budgetrede groß angekündigt – und alle, auch Herr Kollege Kößl, haben das gesagt –: Es kommt jetzt ein Bundesamt für Migration und Asyl. Im Ausschuss haben wir die Ministerin gefragt, wie das sein wird, wie das ausschauen wird. Sie hat erklärt, man werde bis Mitte des nächsten Jahres die grundlegenden Schritte gesetzt haben, das werde eingerichtet und umgesetzt. Sie hat uns lang und breit erklärt, was da jetzt alles kommen wird. (Zwischen­ruf der Abg. Mag. Wurm.)

Da haben wir gesagt: Frau Ministerin, wo steht denn das im Budget, dieses Bundesamt für Migration und Asyl? – Da hat sie keine Antwort mehr gehabt, weil nichts drinnen steht! Sie kündigen etwas an, das nicht budgetiert ist, und halten die Leute zum Nar­ren. Das ist in Wirklichkeit das, was Sie hier machen. (Zwischenruf des Abg. Amon.)

Im Budget steht nichts davon, es gibt keine budgetäre Vorsorge! Es gibt kein Bundes­amt für Migration und Asyl, denn wenn es das gäbe, dann gäbe es das zum Nulltarif, gratis – und das nimmt Ihnen überhaupt niemand ab, Herr Kollege Kößl, und auch nicht Ihnen, Frau Ministerin Fekter! Deswegen fordern wir Sie auf: Tun Sie etwas ge­gen die hohe Kriminalität! Verkünden Sie nicht dauernd die Mär von der sinkenden Kri­minalität, denn das stimmt einfach nicht, sondern tun Sie etwas gegen die Kriminalität und sorgen Sie dafür, dass wir auch mehr Exekutivbeamte bekommen!


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Was außerdem ganz falsch ist, Frau Ministerin – es ist zwar nicht Ihr Budgetbereich, aber es fällt in Ihren politischen Bereich hinein –, ist, dass in diesem Land Sozialhilfe an Terroristen ausbezahlt wird. Das gehört auch einmal gesagt. (Beifall beim BZÖ. Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist passiert, und das hat man bemerkt, als man hier einen Schläfer dingfest gemacht hat, der jahrelang von Steuergeldern, von Sozialhilfe gelebt hat – und die Regierung und die Ministerin schauen dabei zu. Das ist ein echter Skandal, und darum sollten Sie sich kümmern! Das ist Ihre Aufgabe und nicht Schön­sprechen und Schönreden, wie es Herr Kollege Kößl hier macht. (Beifall beim BZÖ.)

1.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Herbert. – Bitte.

 


1.49.31

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Kößl, Herrn Kollegem Mayerhofer zu unterstellen, er hätte sich mit dem Budget nicht auseinandergesetzt, ist eine Gering­schätzung eines Abgeordneten dieses Hauses, die absolut zurückzuweisen ist. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Herr Kollege Fazekas, wenn Sie meinen, es ist nicht zulässig, von politischen Vor­kommnissen in anderen Staaten auf eventuelle polizeiliche Einsätze im eigenen Land rückzuschließen, dann bin ich froh, dass ich nicht in dieser Welt lebe, in der Sie of­fensichtlich zu Hause sind – sicherheitspolizeilich nämlich –, denn es ist ein schwerer Fehler, keine Rückschlüsse auf die heimische Politik und auf die heimische Sicherheit zu ziehen. (Zwischenrufe des Abg. Dr. Rosenkranz.)

Alles in allem kann ich nur sagen, die Lobgesänge der Vertreter der beiden Regie­rungsparteien sind eher peinlich und eher eine gefährliche Drohung gegenüber unse­ren Exekutivbeamten, die trotz der widrigen Rahmenbedingungen, die ihnen seitens des Innenministeriums geboten werden, eigentlich gute, ja hervorragende Arbeit leis­ten. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Damit bin ich eigentlich schon bei der Sache, nämlich beim vorliegenden Budget, das ungeeignet ist, die sicherheitspolizeilichen Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Unsere Exekutive hat dabei wahrlich nichts zu lachen, weil dieses Budget an der Reali­tät leider vorbeigeht.

Ich darf daran erinnern, dass wir in einer Zeit leben, in der die Exekutive von Überstun­dendiensten förmlich explodiert, weil zu viele Einsätze durch zu wenige Beamte nicht mehr gewährleistet und gesichert werden können. (Abg. Amon: ... Kollegen keine Über­stunden abgelten wollen! Zwischenbemerkung von Bundesministerin Dr. Fekter.)

Wir haben außerdem die Situation, dass wir aufgrund der zunehmenden Überalterung im Exekutivbereich bis zum Jahr 2020 wahrscheinlich einen Personalkollaps erleiden werden. Diese Zahlen habe nicht ich erfunden, sondern das sagt eine Expertise des Bundeskanzleramtes aus dem Jahr 2007 für alle Berufsgruppen im öffentlichen Dienst, also auch für die Exekutive. Trotz dieser bevorstehenden dramatischen Entwicklungen im Personalbereich marschieren wir sehenden Auges in den sicherheitspolizeilichen Kollaps, weil wir so nicht einmal den Ausgleich des Personalabgangs bis 2013 sicher­stellen können.

Frau Innenministerin, ich darf Sie erinnern – und da bin ich derselben Meinung wie Herr Kollege Westenthaler, der das zuvor schon angesprochen hat –, Sie haben im Regierungsprogramm 1 000 Ausbildungsplätze pro Jahr und 200 Polizisten und Poli­zistinnen zusätzlich versprochen. Was entnehmen wir diesem Budget? Ganze 134 Plan­stellen zusätzlich! Das sind 66 Planstellen weniger, als Sie uns versprochen haben;


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von den Rahmenbedingungen im Sachaufwand, hinsichtlich derer vieles versprochen, aber nicht eingehalten wurde, will ich hier gar nicht reden.

Ich fordere also mehr Planstellen für unsere Exekutive, damit wir die Sicherheit unserer Bevölkerung sicherstellen können, und auch eine gerechte Abgeltung für diesen laten­ten Mehraufwand unserer Polizistinnen und Polizisten, die gerade auf Dienststellen mit hoher Mehrbelastung einen besonders schwierigen und aufreibenden Dienst zu vollzie­hen haben.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mayerhofer, Herbert, Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Inneres wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass es neben der Erhöhung der Planstellen zu einer Entlastung der durch übermäßige Über­stunden-Kommandierungen belasteten Exekutive kommt und eine eigene Belastungs­zulage für Exekutivbeamte, welche in Polizeidienststellen mit einer hohen Mehrbelas­tung eingesetzt sind, geschaffen wird.“

*****

Ich darf Sie einladen, meine Damen und Herren – auch der Regierungsparteien –, die­sen Antrag zu unterstützen. Es wurde schon oft eine sogenannte Mehrbelastungs- oder auch Ballungszentrumszulage von der Regierung versprochen, geschehen ist bis dato aber nichts. Ich denke, das ist ein guter Ansatz, einen neuen Anlauf zu nehmen. Geben Sie sich einen Ruck! Unsere Polizistinnen und Polizisten leisten hervorragende Arbeit, trotz der widrigen Umstände, die ihnen von dieser Bundesregierung geboten wer­den. Geben wir ihnen die erforderlichen Rahmenbedingungen, die ihnen dieses Budget leider nicht gibt! – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten des BZÖ. – Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

1.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Herbert, Mayerhofer, Vilimsky und weiterer Abgeordneter betreffend Entlastung und Besserstellung der Exekutive

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung 11 – Inneres, in der 91. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 21. Dezember 2010

Das Budget des Bundeministeriums für Inneres für den Bereich Sicherheitsexekutive ist in den letzten Jahren gestiegen. Im Budget für 2011 sinkt dieses Budget wieder leicht.

Die Bundesregierung ist gefordert, die gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen, da­mit die Exekutive im Kampf gegen die Kriminalität wirksam agieren kann. Dazu gehö­


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ren neben der Entlastung von Verwaltungstätigkeiten auch motivationsfördernde Maß­nahmen für die Polizei. Das beginnt bei klaren Unterstützungsaussagen durch die Politik im Falle polizeilicher Amtshandlungen und endet in der Ausrüstung und in einem Anreiz gebenden, gerechten Besoldungssystem.

Dem Landespolizeikommando Wien zum Beispiel stehen 4.584 Exekutivbeamte, über 700 Exekutivbeamte weniger, als es im Stellenplan vorgesehen, zur Verfügung. Ins­gesamt sind im Jahr 2009 im Bereich aller Landespolizeikommanden über 5,8 Millio­nen Überstunden angefallen. Die Polizei benötigt daher mehr Personal für die Vorbeu­gung, Bekämpfung und Aufklärung.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Inneres wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass es ne­ben der Erhöhung der Planstellen zu einer Entlastung der durch übermäßige Über­stunden-Kommandierungen belasteten Exekutive kommt und eine eigene Belastungs­zulage für Exekutivbeamte, welche in Polizeidienststellen mit einer hohen Mehrbelas­tung eingesetzt sind, geschaffen wird.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Ko­run. – Bitte.

 


1.54.38

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es sitzt die ÖVP doch durchgehend seit 24 Jahren in der Bundesregierung. Die ÖVP stellt seit zehn Jahren den Innenminister beziehungsweise die Innenministerin (Ruf: Das ist noch besser!), und die ÖVP hat über Jahrzehnte Migrations- und Integrationspolitik verschlafen.

Vor Kurzem ist die ÖVP aufgewacht und hat festgestellt, oje, es braucht Integrations­maßnahmen, es gibt Herausforderungen, es gibt auch Potenziale, die eigentlich zu nut­zen wären, oje, eigentlich sollte man etwas machen! Dann hat man pseudomäßig ei­nen sogenannten Nationalen Aktionsplan Integration aus dem Ärmel geschüttelt, mit Hunderten Maßnahmen, aber mit null Budget.

Die ÖVP gibt jetzt eine Bankrotterklärung – eine weitere Bankrotterklärung – in diesem Bereich ab, indem sie das Budget für Integrationsmaßnahmen, das ohnehin so gering war – auch im europäischen Vergleich sehr, sehr gering –, noch einmal kürzt.

Die ÖVP ist damit verantwortlich dafür, dass das Zukunftsthema Integration völlig an die Wand gefahren wird.

Sehr geehrte Damen und Herren, wenn die Herausforderungen und Probleme in den nächsten Jahren noch weiter anwachsen, wenn die Potenziale von zwei- oder dreispra­chigen jungen Menschen, die hier in diesem Land aufwachsen, weiterhin ungenützt bleiben, wenn in Österreich weiterhin ungefähr 50 Prozent der ausländischen Arbeits­kräfte deutlich unter ihrem Qualifikationsniveau arbeiten und damit nicht nur weniger verdienen, sondern auch weniger Steuern zahlen können, dann ist die ÖVP dafür ver­antwortlich und in zweiter Linie natürlich auch der Koalitionspartner, die SPÖ.

Übrigens, zu der einen Frage, die in den Raum gestellt wurde: Wer sagt das? – Das sagt zum Beispiel August Gächter vom Institut für Höhere Studien und von der Univer­


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sität Wien. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Nein, es ist nicht nur unglaublich, sondern googeln Sie einfach den Namen August Gächter, googeln Sie das Institut für Höhere Studien, dann werden Sie diese Studie von ihm finden, wo er das mit Zahlen und Be­weisen belegt. Das können Sie sich dann einfach anschauen, dann werden Sie hof­fentlich nicht mehr sagen, dass es unglaublich ist.

Ich habe die Innenministerin im Budgetausschuss befragt, wie sie denn die anstehen­den Herausforderungen im Bereich des Zusammenlebens meistern will, wenn sie doch das Budget für Integrationsmaßnahmen weiterhin kürzt. Und die interessante Antwort, die sie gegeben hat, war: Na ja, dann kommen halt NGOs bei Integrationsprojekten zum Zug, die mehr Eigenmittel mitbringen. Auf gut Deutsch bedeutet das, dass das jetzt auf die Zivilgesellschaft abgewälzt wird. Die NGOs sollen gefälligst Spenden in der Bevölkerung sammeln und sollen gefälligst diese Spenden zur Verfügung stellen, damit Integrationsarbeit gemacht werden kann, damit Deutschkurse angeboten werden kön­nen, damit Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen für hier lebende, hier arbeitende Men­schen gesichert werden können.

Sehr geehrte Damen und Herren, langsam müssen wir uns fragen, warum wir eigent­lich als Bürgerinnen und Bürger überhaupt Steuern zahlen, wenn das nicht für sinnvolle Integrationsarbeit verwendet werden soll. Warum sollen wir als Bürgerinnen und Bür­ger einerseits Steuern zahlen und ein Gemeinwesen weiterhin aufrechterhalten und fi­nanzieren und gleichzeitig und zusätzlich an NGOs, an zivilgesellschaftliche Organisa­tionen, spenden, damit eigentlich staatliche Aufgaben, Aufgaben der Kommunen, Auf­gaben der Bundesländer von diesen NGOs aus Spendengeldern finanziert werden kön­nen? (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Was bleibt eigentlich dann von unserem Gemeinwesen übrig? Was bleibt eigentlich von der Flüchtlingsbetreuung übrig, wenn immer mehr bei den Dolmetscherkosten ge­spart wird? Wie will diese Innenministerin, die angeblich eine Menschenrechtsminis­terin sein will, ein faires Asylverfahren garantieren, wenn Dolmetscher im Asylverfahren fehlen? Es soll ja auch an Dolmetscherinnen und Dolmetschern gespart werden.

Wie wollen diese Innenministerin und diese Bundesregierung wie versprochen die Asylverfahren schneller machen, wenn bis zum Jahr 2014 25 Prozent des Personals des Asylgerichtshofes abgebaut werden sollen? – Das sind Fragen, bei denen Sie uns die Antworten schuldig bleiben.

Ich sage noch einmal: Dieses Budget ist in vielen Bereichen, auch im Integrations- und Menschenrechtsbereich eine Bankrotterklärung, und das wird sich rächen. Und Sie allein, die ÖVP und die SPÖ, tragen dann die Verantwortung für das Versagen in die­sen Politikbereichen. Wir werden Sie bei jeder Gelegenheit daran erinnern, denn Sie verspielen die Zukunft unseres Landes. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

2.00


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort hat sich nun Frau Bundesministerin Dr. Fekter gemeldet. – Bitte.

 


2.00.38

Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Nach dem Bud­getausschuss hat mein Haus 50 Fragen binnen vier Tagen zu beantworten gehabt. Selbstverständlich haben wir die Antworten auf diese 50 Fragen innerhalb von vier Ta­gen dem Parlament prompt geliefert. Darunter war auch die Frage, wie denn der Natio­nale Aktionsplan für Integration gefördert wird. Aber, Frau Korun, Sie haben diese Be­antwortung wahrscheinlich nicht gelesen! Sie haben zwar zuerst die Frage gestellt, aber dann war es Ihnen wurscht! Ansonsten könnten Sie nicht so falsche Dinge von sich ge­ben, wie Sie es gerade vom Rednerpult aus getan haben! (Beifall bei der ÖVP. – Zwi­schenruf der Abg. Mag. Korun.)


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In dieser schriftlichen Fragebeantwortung haben wir Ihnen im Detail aufgeschlüsselt, dass für die Integrationsmaßnahmen, für den Nationalen Aktionsplan mehr Geld zur Verfügung steht, nämlich plus 200 000 €, im Handlungsfeld Sprache und Bildung kon­kret 2,9 Millionen €, im Handlungsfeld Arbeit und Beruf 1,2 Millionen €, im Handlungs­feld Rechtsstaat und Werte 600 000 €, im Handlungsfeld Gesundheit, Soziales – und ich bin nicht der Gesundheitsminister! – auch immerhin noch 100 000 €, im Hand­lungsfeld Interkultureller Dialog 1,1 Millionen €, im Handlungsfeld Sport und Freizeit 120 000 € – und ich bin nicht der Sportminister!

Wir haben Ihnen das schriftlich im Detail mitgeteilt, und Sie stellen sich hier heraus und behaupten genau das Gegenteil, weil Sie es nicht der Mühe wert gefunden haben, sich anzuschauen, was wir Ihnen innerhalb kürzester Zeit übermittelt haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Dasselbe gilt für die Dolmetschkosten. Die Dolmetschkosten sind mit über 20 Millio­nen € veranschlagt. Und Sie haben heute mit dem Budgetbegleitgesetz auch beschlos­sen, dass über das Justizressort und die Bereitstellungsagentur, nämlich die Personal­bereitstellungsagentur des Justizressorts, Dolmetschleistungen auch dem Innenressort zur Verfügung gestellt werden. – Haben Sie das auch nicht gelesen, Frau Korun? (Zwi­schenruf der Abg. Mag. Korun.) Ansonsten könnten Sie auch diesen Unsinn nicht von sich geben! Die Mittel zur Abdeckung der Dolmetschkosten werden wir selbstver­ständlich gemeinsam mit dem Justizressort zur Verfügung stellen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist schon 2 Uhr früh, und Vollmond ist auch, habe ich vernommen. (Ruf bei der SPÖ: Und die Tage werden immer länger!) Darauf wird wohl zurückzuführen sein, dass auch die Kollegen Westenthaler und Pilz Unsinn von sich gegeben haben. (Zwischen­rufe.)

Es ist nämlich die Kriminalität nicht gestiegen, sondern ganz im Gegenteil im Jahr 2010 wirklich signifikant gesunken. Die Gesamtkriminalität ist um 10 Prozent gesunken, die Zahl der Einbrüche in Einfamilienhäuser ist um 40,9 Prozent gesunken, die Zahl der Diebstähle von Kraftfahrzeugen ist um 51,9 Prozent gesunken, die Zahl der Lkw-Dieb­stähle ist um 72,53 Prozent gesunken. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist Mitzis Phanta­sieland! Mitzi Sackbauer!)

Wenn Sie sich hier herausstellen und sagen, die Kriminalität steigt, dann muss ich sa­gen, da haben Sie etwas verschlafen, Herr Westenthaler, denn die Kriminalität ist wirk­lich rückläufig! Das ist uns mit den Maßnahmen der Polizei gelungen, und darauf bin ich stolz! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Fragen Sie mal die Menschen!)

2.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


2.05.08

Abgeordneter Christoph Hagen (BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Frau Innenminister hat schon recht, dass die Krimi­nalitätsrate derzeit niedriger ist. Das liegt daran, dass jetzt einige Banden erwischt wor­den sind, die in Österreich ihr Unwesen getrieben haben. Aber es kommen neue, die Tendenz ist jetzt wieder steigend, und der muss man entgegenwirken, Frau Minister! So muss man es richtig machen.

Kollege Kößl hat hier darüber jubiliert, wie toll denn das Budget für das Innenministe­rium sei. Ich gebe Ihnen recht, es ist sicher ein Vorteil gegenüber anderen Ministerien, dass hier nicht sehr viel eingespart worden ist, aber – jetzt kommt das Aber, hören Sie mir gut zu! –: Da sind nicht wirklich große Risse gemacht worden.

Sie können sich erinnern: Ich habe hier vor einigen Monaten einmal darüber gespro­chen, dass beim Fuhrpark der Polizei eingespart wird. Genau das passiert jetzt. Die Aus­


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rüstung geht zurück in diesem Bereich, wobei da sicherlich am falschen Ort gespart wird. Damit wird die Einsatzfähigkeit der Exekutive geschwächt und nicht gestärkt, mei­ne Damen und Herren.

Ich möchte auch noch auf diese 1 000 Beamten zurückkommen, die hier immer wieder angesprochen wurden: 2009 bis 2013 1 000 Beamte mehr. Das soll heißen, seit 2009 haben wir jetzt 200 Beamte mehr bekommen. Wir haben jetzt bis 2011, also für das nächste Jahr, 134 zusätzlich, das sind insgesamt 334 Beamte zusätzlich. Die Proble­matik liegt darin, dass zu wenig Ausbildungsstätten zur Verfügung stehen, um Beamte herzubringen.

Aber, und da bin ich jetzt beim Punkt, das hat Kollege Mayerhofer vorhin schon ange­sprochen: Ein großes Problem sind erstens die Überstunden, die die noch vorhande­nen Beamten leisten müssen, weil zu wenig Beamte da sind, zur Verfügung stehen. Wenn ich dann als Exekutivbeamter für Nachtdienste, für Wochenenddienste und für Werktagsdienste pro Überstunde im Schnitt 7 € netto bekomme, dann muss ich sagen, jede Putzfrau erhält mindestens 10 €. Da muss ich fragen: Was ist dieser Regierung die Polizeiarbeit wert, meine Damen und Herren? (Beifall beim BZÖ und bei Abgeord­neten der FPÖ.)

Frau Minister, wenn Sie mir im Ausschuss erklären wollen, dass die Beamten diese Überstunden freiwillig leisten, dann kann ich nur Folgendes dazu sagen: Ja, es gibt einen gewissen Prozentsatz von Beamten, der freiwillig Überstunden macht, und zwar sehr viele. Aber diese Leute sind aus finanziellen Gründen dazu gezwungen! Das liegt daran, dass die Exekutivbeamten ein sehr geringes Grundgehalt haben und dieses nur mit entsprechenden Überstunden und Nebengebühren auffetten können, um ihr und ih­rer Familien Überleben sichern zu können. (Beifall beim BZÖ.) Und das ist der falsche Weg!

Wenn Sie hier etwas richtig machen wollen – es liegt nicht nur an Ihnen persönlich oder an Ihrem Ressort, es liegt auch an anderen Ressorts in dieser Regierung –, dann sorgen Sie dafür, dass die Beamten ein ordentliches Gehalt, ein All-inclusive-Gehalt haben, damit sie nicht mehr so viele Überstunden machen müssen und wie in Deutsch­land und anderen Staaten ausgeruht zum Dienst gehen können! Sie sollten aber nicht, wie es öfters der Fall ist, 80, 90 oder 100 Stunden in der Woche machen müssen, um den Dienstbetrieb aufrechtzuerhalten. Dann sind diese Beamten erschöpft und deshalb nicht richtig einsatzfähig. Das ist der falsche Weg! Da muss angepackt werden!

Zum Schluss möchte ich noch etwas ansprechen: Kollege Mayerhofer hat vorhin den Antrag betreffend den Nachwuchs gebracht. Wir haben ein großes Problem. Wenn wir nicht ordentlich investieren, werden wir keine Leute bekommen. Fakt ist nun einmal, dass jemand, der eine Lehre absolviert hat und Exekutivbeamter werden möchte, zu­sätzlich vielleicht noch eine Familie zu ernähren hat, von 900 € brutto nicht leben kann! Das ist der Punkt, an dem das scheitert. Deswegen werden Sie kein ordentliches Per­sonal bekommen, wenn Sie kein Geld in die Hand nehmen. (Beifall beim BZÖ.)

Da müssen Sie in die Zukunft investieren, Frau Ministerin. Und ich gebe Ihnen den Tipp: Gehen Sie einmal hinaus, reden Sie mit den Leuten, dann sehen Sie, was wirk­lich geschieht! – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

2.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Neu­bauer. – Bitt


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 65

e.

 


2.09.17

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Vor zwei Tagen hat sich in Linz etwas ganz Bemerkenswertes ereignet. Sozialdemokratische Personalvertreter der Polizei haben sich in einer Art Hil­feschrei an die Öffentlichkeit gewandt und dort genau das gefordert, was wir vielfach in Sitzungen des Innenausschusses bereits im Vorfeld gefordert hatten, nämlich dass die Frau Bundesministerin Fekter ihre anlässlich der letzten Wahlen in Oberösterreich ge­machten Zusagen zur Installierung von zusätzlich 400 Beamten endlich einhält, weil mit dem derzeitigen Bestand in Oberösterreich nicht mehr das Auslangen gefunden wer­den kann, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Und das ist wirklich bemerkenswert, denn das ist auch das, was heute in der Früh Herr Kollege Plessl von der SPÖ ganz anders hier dargestellt hat, als seine eigenen Kolle­gen in Linz das wiedergeben. Auch die SPÖ muss hier endlich umdenken, wenn die eigenen Personalvertreter der Sozialdemokratie in Linz um Hilfe schreien. Das hier im Parlament einfach zu negieren, das ist mir zu billig, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratie. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn uns in einer Anfragebeantwortung die Frau Minister mitteilt, dass 173 Beamte in Pension gehen und 125 Posten nachbesetzt werden und wir dadurch ein Minus von 50 Personen haben, Frau Minister, dann können Sie mir mit dieser Rechnung nicht klarlegen, dass alles in Ordnung ist, wenn Sie damals gesagt haben, 2011 Dienstbe­ginn wird das beendet sein. Das ist eine Frage der Glaubwürdigkeit, Frau Minister, und hier sind Sie als Innenministerin besonders gefordert, wie ich meine.

Einen zweiten Punkt, der mir noch am Herzen liegt, muss ich Ihnen auch sagen und Sie darauf ansprechen. Ich möchte gerne wissen, welch groteske Idee das war, in Inns­bruck auf den Adventmärkten italienische Carabinieri einzusetzen und die Tiroler Be­völkerung komplett zu verunsichern. Ich hätte gerne gewusst, wessen Schnapsidee das war. Es ist ein Akt gegen die Souveränität Österreichs und auch eine grobe Ge­schmacklosigkeit, wenn man an die Teilung des Landes Tirol denkt, dass man gerade italienische Carabinieri ins Land holt, um hier für Ordnung zu sorgen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist eine Gemeinheit! Waren es doch genau diese Carabinieri, die in den letzten Jahrzehnten immer dafür gesorgt haben, dass in Südtirol die Menschen verfolgt wur­den, dass die Traditionen und das Brauchtum unterdrückt wurden, dass die Menschen gefoltert wurden. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) Und jetzt holen Sie diese Men­schen zu uns ins Land!

Gerade im Vorjahr, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat man Jugendliche in den Kasernen in Meran gefoltert. Hier die Bilder von diesen Folterungen. (Der Redner hält einige Fotos in die Höhe.) Diese Gemeinheiten sind bis heute unterdrückt und nicht aufgeklärt worden. Das ist ein Carabiniere (auf ein Foto deutend), wie er gerade einen dieser 16-Jährigen verprügelt, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das Au­ßenministerium ist auch eingeschaltet. Das ist die Wahrheit. Und solche Leute holen Sie zu uns nach Innsbruck, um hier für Recht und Ordnung zu sorgen!? (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die Leute fragen sich ja, was der nächste Streich sein wird, den Sie vorhaben, ob viel­leicht slowenische Einheiten in Klagenfurt für Recht und Ordnung sorgen sollen, welch groteske Dinge die EU noch auf Lager hat, denen Sie nichts entgegensetzen. Frau Mi­nister, das ist wirklich ein Skandal! Ich ersuche Sie, dass Sie in Zukunft von derartigen Aktionen Abstand nehmen. (Beifall bei der FPÖ.)

2.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Untergliederung Inneres liegen mir keine Wortmeldungen mehr vor.

Somit ist auch dieser Themenbereich erledigt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 66

02.13.34UG 12: Äußeres

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Verhandlung der Unter­gliederung 12: Äußeres.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hübner. – Bitte.

 


2.13.38

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Frau Präsidentin! Danke, Herr Minister, für Ihr Erscheinen zu dieser nicht mehr ganz taufrischen Zeit. Die sinnvollen Aktionen unserer ... (Abg. Mag. Wurm: Aber, bitte, der Minister schaut ganz gut aus! Sie müs­sen das nicht kommentieren!) Ich bedanke mich für das Erscheinen, ich habe nicht kommentiert. Ob er im Fitnesscenter war oder bis jetzt vor seinem Schreibtisch gear­beitet hat, das ist ein zweiter Punkt.

Aber die grünen Kollegen haben es uns ermöglicht, dass wir einander zu so später Stunde treffen. Ob es sinnvoll ist, dass wir jetzt um viertel drei ein so wichtiges Kapitel verhandeln, ob es sinnvoll war, dass wir zu einer Zeit, in der vielleicht noch Energie und Aufmerksamkeit da waren, in der es noch eine dichte Schar von Zuschauern und Journalisten gegeben hat, vier Stunden dazu verwendet haben, um sinnlose namentli­che Abstimmungen zu machen, das bleibt dahingestellt. (Abg. Dr. Glawischnig-Pies­czek: Auch andere haben viele Änderungen verlangt!) Frau Kollegin, das bleibt dahin­gestellt. Sie werden das anders beurteilen als ich. Sie werden auch einiges von dem, was ich jetzt sage, anders beurteilen als ich. Aber das ist so. Auch der Herr Minister wird mir nicht in allem zustimmen. Da bin ich auch sicher. (Rufe und Gegenrufe zwi­schen Abgeordneten von FPÖ und Grünen.)

Die Kollegen vor uns, die zum Kapitel Inneres gesprochen haben, haben ja einige Wunden aufgedeckt. Sie haben gezeigt, dass in Österreich bei Weitem nicht alles so gut bestellt ist, dass bei Weitem die Kassen nicht überquellen und dass wir bei Weitem nicht alles finanzieren können, was den inländischen Bürgern nottäte. Ich möchte da nur an unsere Redebeiträge erinnern, daran, was Kollege Neubauer gesagt hat, aber auch Kollege Hagen vom BZÖ, Herbert, Mayerhofer und so weiter.

Ich habe mir die Liste der Kollegen, die nach mir reden werden, angeschaut. Sie bietet Gewähr dafür, dass wir jetzt hören werden, dass wir im Rahmen dieses Kapitels, vor allem des Kapitels Entwicklungszusammenarbeit, jede Menge Geld ausgeben müssen, das wir wo auch immer hernehmen. Ich bin gespannt. Ich habe bis jetzt nur gehört, dass man das Vermögen der reichsten 10 Prozent besteuern soll. Woher das kommen soll, bleibt ebenfalls dahingestellt.

Schauen wir uns das Kapitel gemeinsam ein bisschen näher an. Da geht es ja nicht um Dinge, die unserer inländischen Bevölkerung zugutekommen, es geht zumindest nicht um Dinge, die ihr direkt zugutekommen. Wenn Sie einen Pass im Ausland verlieren oder wenn Sie Auslandsösterreicher sind und Ihr Pass abläuft und Sie nicht die 90 € für einen Billigjet investieren wollen, um alle zehn Jahre nach Wien zu kommen, dann müssen Sie dann innerhalb Europas ein Konsulat aufsuchen, und da kommt Ihnen das Kapitel vielleicht zugute.

Wenn Sie Ansehen und Ehre Österreichs im Sinne haben und den Ausführungen des Herrn Ministers oder vieler anderer Kollegen lauschen, die uns erklären, wie wichtig der diplomatische Dienst für unser Ansehen, für unsere Ehre ist und wie wichtig das Gewicht Österreichs in der EU ist und wie das Abstimmungsverhalten der anderen Ländern dadurch beeinflusst wird, dann haben Sie vielleicht etwas davon.

Aber ein großer Teil der Bevölkerung wird davon nichts spüren und nichts haben, weil wir uns da doch in einer Art Parallelgesellschaft bewegen, die weit abgelöst ist von dem, was der durchschnittliche Bürger denkt, merkt und mitbekommt. Das ist eine Parallel­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 67

gesellschaft, die vielleicht sogar gewisse Ähnlichkeiten mit der Gendergesellschaft hat, wie sie die Frau Ministerin Heinisch-Hosek vorgestellt hat. Das ist auch so eine Gesell­schaft, die ich parallel nenne. (Abg. Mag. Wurm: Gendergesellschaft? Das ist ein ganz neuer Ausdruck!)

Die Frau Ministerin hat gemeint, dass sie 4,3 Millionen – soweit ich mich richtig erin­nere – Frauen vertritt. Ich wage die These, dass sie nicht 4,3 Millionen Frauen vertritt, sondern vielleicht 100 000 oder 200 000 oder 250 000 Frauen, die ich, wenn ich un­charmant wäre, als Radikalemanzen bezeichnen würde. (Abg. Dr. Glawischnig-Pies­czek: Als was? – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es ist ein großer Unterschied, ob es 4,3 Millionen Frauen sind oder ob es ein kleiner Teil dieser Frauen ist. All das, was von sich selbst glaubt, die Bevölkerung zu vertreten, für die Bevölkerung zu handeln und zu sprechen, aber nur eine Minderheit vertritt, nen­ne ich Parallelgesellschaft. Und auch hier in unserem Apparat sind wir nicht weit davon entfernt.

Gehen wir allein von der Stellung des diplomatischen Personals aus. Wir haben das im Ausschuss schon vertreten. Es ist auch innerhalb der Europäischen Union so, dass das diplomatische Personal ... Frau Kollegin (in Richtung der Abg. Mag. Wurm, die ge­rade mit Abg. Mag. Muttonen spricht), Sie können sich dann nachher aufregen, jetzt re­den wir einmal über das diplomatische Personal, und dann können wir wieder über Aus­drücke streiten. (Abg. Mag. Wurm: Wir haben über die „Gendergesellschaft“ geredet!)

Also auch innerhalb der EU, die ja ein gemeinsamer Wirtschaftsraum ist – wenngleich sie keine gemeinsame Wirtschaftsregierung ist und Gott sei Dank auch kein Steuer­regime hat –, auch innerhalb dieses Systems ist das internationale diplomatische Per­sonal weitgehend der Hoheit der einzelnen Staaten entzogen. Das betrifft nicht nur die weitgehende Befreiung von Steuern und Abgaben, das betrifft sogar die Befreiung von verwaltungsstrafrechtlichen und Verwaltungsvorschriften bis hin zur Bauordnung.

Da sind wir der Meinung, das ist ein Punkt, wo jeder verantwortungsvolle Minister und jeder, der wirklich als Volksvertreter und nicht als Mitglied einer Parallelgesellschaft agiert, sich hinsetzen und zumindest die Frage stellen müsste: Brauchen wir das? Macht das alles Sinn? Und ich glaube, dass zumindest ein großer Teil von uns zur Conclusio kommen würde, es macht keinen Sinn. Es ist nicht erklärbar, dass ein Teil der Bevölkerung nur aus alten Überlegungen und Gründen heraus nach völlig anderen Spielregeln handelt.

Zur Entwicklungshilfe werde ich von meinen Nachrednern noch genug hören. Eine An­merkung nur: Wenn wir schon die Mittel zurückfahren und kürzen, dann bin ich der Meinung, sollten wir sie wenigstens vor Platz und nicht für die eigene Verwaltung ver­wenden, wie das zu einem leider sehr großen Teil geschieht. Beispiel ADA. Auch das haben wir schon diskutiert. Die ADA wurde eigentlich 2003 aus der Abteilung VII des Außenministeriums ausgegliedert und vergesellschaftet. Die Abteilung VII hat 50, 60 Mitarbeiter gehabt, die ADA hat zu Spitzenzeiten 166, die Abteilung VII mittlerwei-
le 45. Das heißt, das ist eine Vervierfachung des Mitarbeiterstandes. Wir haben gehört, mittlerweile sei dieser Mitarbeiterstand zwar von 166 auf, ich glaube, 158 zurückgegan­gen, aber auch das ist beträchtlich.

Wir haben daher zwei Anträge vorbereitet und auch eingebracht, die ich jetzt kurz ver­lesen darf. Der erste lautet:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Dr. Hübner und weiterer Abgeordneter

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 68

„Der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten wird aufge­fordert, auf nationaler wie europäischer Ebene alle notwendigen Maßnahmen zu er­greifen, um innerhalb der Europäischen Union Privilegien für diplomatische Vertreter von EU-Mitgliedsstaaten zu streichen.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Der zweite Antrag:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Dr. Hübner und weiterer Abgeordneter

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten wird aufge­fordert, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen,

um das Budget für die österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland um ein Drittel zu reduzieren,

die Beiträge Österreichs zu internationalen Organisationen um ein Drittel zu senken und

den Personalstand der ADA auf maximal 50 Stellen zu beschränken.“

*****

Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

2.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die beiden Anträge sind ordnungsgemäß ein­gebracht und stehen mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Hübner und weiterer Abgeordneter betreffend Streichung von Di­plomatenprivilegien innerhalb der Europäischen Union

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung 12 – Äußeres, in der 91. Sit­zung des Nationalrates, XXIV. GP, am 21. Dezember 2010

Privilegien für Angehörige des diplomatischen Corps sind zumindest innerhalb der Eu­ropäischen Union völlig unzeitgemäß und ungerechtfertigt. Vor allem in Anbetracht von Zoll- und Warenfreiheit innerhalb der EU, sowie finanziellen Sparnöten in ganz Europa, erscheint es angebracht, in Österreich, aber auch in allen anderen europäischen Län­dern gegenseitige Privilegien für diplomatische Vertreter von EU-Mitgliedsstaaten zu streichen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 69

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten wird aufge­fordert, auf nationaler, wie europäischer Ebene alle notwendigen Maßnahmen zu er­greifen, um innerhalb der Europäischen Union Privilegien für diplomatische Vertreter von EU-Mitgliedsstaaten zu streichen.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Hübner und weiterer Abgeordneter betreffend Sparmaßnahmen im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d. B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung 12 – Äußeres, in der 91. Sit­zung des Nationalrates, XXIV. GP, am 21. Dezember 2010

Nicht nur in Zeiten budgetärer Engpässe ist für die Verwaltung eines Staates Effizienz gefragt. Oft besprochen, geistert seit Jahren eine Verwaltungs- und Föderalismusre­form durch Österreich, die hoch notwendig erscheint, jedoch nicht umgesetzt wird.

Jedoch ergeben sich durchaus Teilbereiche, wo Sofortmaßnahmen möglich wären, so eben auch im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten.

Zum einen wäre es Gebot der Stunde, im Bereich der österreichischen Vertretungs­behörden drastisch zu sparen, zumal sich durch die Europäische Union zahlreiche Ein­sparungsmöglichkeiten ergeben. So ist man dazu angehalten, verstärkt Kooperations­möglichkeiten im Konsularbereich mit anderen EU-Mitgliedsstaaten auszuloten und umzusetzen, ebenso erscheint es geboten, Doppelstrukturen nach Schaffung des Eu­ropäischen Auswärtigen Dienstes zu verhindern.

Ein weiterer Punkt findet sich im Bereich der österreichischen Beiträge zu internationa­len Organisationen. Hier gilt es, unter politischen Erwägungen finanzielle Beiträge zu unterschiedlichsten VN-Missionen zur Gänze zu streichen und so eine deutliche Re­duktion der Kosten zu erzielen.

Ebenso erscheint es geboten, die Austrian Development Agency (ADA) personell effi­zienter auszustatten, sprich Personal stark zu reduzieren. Nach Auslagerung der EZA-Agenden aus dem Ministerium ist dort der Personalstand sprunghaft angestiegen, durch die Reduktion der EZA-Mittel im Außenressort, aber auch grundsätzlich be­trachtet, erscheint es ausreichend, mit 50 Planstellen in der ADA das Auslangen zu fin­den, war doch der Personalstand vor der Ausgliederung der damals zuständigen Ab­teilung im Außenministerium in ungefähr ebendieser Höhe angesiedelt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten wird aufge­fordert, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 70

das Budget für die österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland um ein Drittel zu reduzieren,

die Beiträge Österreichs zu internationalen Organisationen um ein Drittel zu senken, und

den Personalstand der Austrian Development Agency (ADA) auf maximal 50 Stellen zu beschränken.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Schüs­sel. – Bitte.

 


2.21.30

Abgeordneter Dr. Wolfgang Schüssel (ÖVP): Hohes Haus! Herr Abgeordneter! Ich weiß nicht genau, wer in einer Parallelwelt lebt. Sie haben offensichtlich den Eindruck, dass die Österreicher und Österreicherinnen nichts vom Außenministerium und vom diplomatischen Dienst haben. Daher vielleicht einige kleine Informationen dazu.

Wir haben richtigerweise eines der kleinsten Ministerien für internationale Beziehungen und europäische Angelegenheiten in Europa, aber ein sehr effizientes Ressort und sehr effiziente Beamte, die dort arbeiten.

Wir haben 105 Auslandsvertretungen, wir haben 1 400 Mitarbeiter. Dabei werden im­merhin 130 000 individuelle Härtefälle betreut und Hilfestellungen für Österreicher im Ausland gegeben.

Wir haben über eine Million Besucher auf der Homepage.

Täglich werden Hunderte Auskünfte für Auslandsreisen von unseren Beamten gege­ben.

Es werden im Jahr 300 000 bis 400 000 Visa von diesem kleinen und schlagkräftigen Ressort ausgestellt.

Es werden 40 000 Pässe oder Personaldokumente, die verlorengegangen sind, für Ös­terreicher im Ausland ausgegeben.

Es werden über 5 000 kulturelle Veranstaltungen in den Kulturforen und in den öster­reichischen Botschaften in über 800 Städten gemacht.

Wir haben 150 000 Besucher in den österreichischen Bibliotheken.

Und es gibt immerhin 500 000 österreichische Staatsbürger, die im Ausland leben und von diesem Ressort betreut werden.

Daher: Ich glaube, wir können stolz sein auf unseren diplomatischen Dienst. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Der Minister beweist, wie man mit wenig Geld sehr intelligent umge­hen kann. Ich glaube, das sollten wir gemeinsam anerkennen.

Ein zweiter Punkt: Es neigt sich ja jetzt die zweijährige Mitgliedschaft im UNO-Sicher­heitsrat ihrem Ende zu. Ich glaube, insgesamt haben dort Österreich und seine Vertre­ter gut abgeschnitten. Der Botschafter und natürlich auch der Minister, der achtmal in New York gewesen ist – nicht immer bemerkt von der Opposition, vor allem von der kritischen FPÖ –, hat dort eigentlich mit seinem Team eine sehr gute Arbeit geleistet.

Es hat praktisch jeden Tag eine Sitzung des UNO-Sicherheitsrates gegeben, und wir haben uns insgesamt für einige wichtige Schwerpunkte sehr eingesetzt. Dazu gehören der Schutz der zivilen Bevölkerung in bewaffneten Konflikten, die Stärkung der Rechts­staatlichkeit, die Menschenrechte, der Schutz der Frauen, aber auch Fragen der Ab­


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rüstung und der Non-Proliferation. Das sind, glaube ich, ganz entscheidende Markstei­ne, die auch international sehr beachtet wurden und, wie ich glaube, auch von einem breiten Konsens aller fünf Fraktionen hier im Haus getragen sind.

Also dieses kleine Ressort hat sehr viel bewegt, und im nächsten Jahr geht es weiter mit der Donauraumstrategie, wo ja immerhin ein unausgeschöpftes Potential bei den EU-Budgets zur Verfügung steht. 350 Milliarden € gibt es für die regionalen Struktur­fonds. Davon sind bis zur Stunde, nach dem vierten Jahr, das gerade zu Ende geht, erst 10 Prozent ausgeschöpft; von Rumänien, Bulgarien etwa 2 Prozent. Diese Donau könnte etwa ein Verbindungslink sein für 52 Universitäten, für die verschiedensten Wachstumsimpulse, die der Region sehr guttun würden. Da wird es eine ganze Reihe von Kongressen und von Initiativen geben, die wir nachhaltig unterstützen.

Ein letzter Punkt, ich habe ja nicht sehr viel Zeit: Ich möchte nachhaltig hervorheben, dass wir gerade in diesen Tagen ein leuchtendes Beispiel zeigen konnten. Österreich ist bis jetzt das erste und einzige Land, das mit Russland eine beachtete und interna­tional sehr angesehene Kooperation zustande gebracht hat mit der Durchleuchtung der Archive für Opfer des Zweiten Weltkrieges und der Nachkriegszeit.

Wir haben immerhin 130 000 Österreichern mit dem Boltzmann-Institut, mit dem Au­ßenministerium, mit den russischen Behörden sicherstellen können, dass sie Informa­tionen über ihre verschollenen Angehörigen bekommen, die entweder als Soldaten ge­fallen oder als Kriegsgefangene oder Zivilisten verschleppt worden sind. Und im Ge­genzug hat jetzt die Innenministerin den russischen Behörden eine Dokumentation von über 60 000 ganz konkreten Informationen über Russen, die in Österreich gefallen oder gestorben sind, übergeben können.

Ich glaube, das sind viele, viele kleine Schritte. Und noch einmal: In Summe brauchen wir uns für den auswärtigen Dienst überhaupt nicht nur nicht zu genieren, wir können stolz sein auf diese schlagkräftige Organisation. Wir sollten gerade in diesem Bereich durchaus den Nachweis erbringen, dass man intelligent sparen kann. Der Minister hat hier sicher einiges vor. Das ist nicht leicht, aber ich traue ihm zu, dass er das gut be­wältigen wird. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

2.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


2.26.26

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Kollege Schüssel, ich bin durchaus bei Ihnen, dass es sich hier um ein kleines, aber sehr fei­nes Ressort handelt, mit einer Fülle von Know-how über Jahrzehnte gewachsen. Ich bin nur der Meinung, dass wir mit diesem Budget und angesichts der Entwicklung, die der Bundesfinanzrahmenplan abzeichnet, diese Ansammlung von Eggheads sozusa­gen zu einem Schrumpfkopf machen. Ich bin der Meinung, dass es sich Österreich nicht leisten sollte, zu einer Zeit der Europäisierung der Probleme, der Internationalisie­rung, der Globalisierung ausgerechnet das Außenministerium, dessen Budget immer schon bescheiden war, in dieser Weise weiter zu schrumpfen. (Abg. Gradauer – auf Fotografen in der Presseloge deutend –: Frau Präsidentin!) Was ist?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Einen Moment! Es ist nicht gestattet, in die Un­terlagen zu filmen. (Die Fotografen tun kund, dass sie das nicht machen.) Gut. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (fortsetzend): Danke. – Aber ich habe das im November schon hier im Plenum gesagt, wir haben das im Ausschuss in voller Länge diskutiert, ich kann nur wiederholen: Ich halte es für einen Fehler, das Budget


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des Außenministeriums in dieser Weise schrumpfen zu lassen. Das ist eher ein Sym­bol für den Rückzug Österreichs aus der internationalen Politik, für diese Provinzialisie­rung, die wir auf verschiedensten Gebieten beobachten können. Leider! Einer der Kommentatoren hat es als die „Hinternationalisierung“ Österreichs bezeichnet statt In­ternationalisierung. Ich halte das für einen sehr bedenklichen Weg, der uns früher oder später noch auf den Kopf fallen wird.

Innerhalb der Kürzungen des Budgets des Außenministeriums ist allerdings besonders bemerkenswert, dass die Entwicklungszusammenarbeit und dort die Mittel der Austrian Development Agency, der ADA, in besonders krassem Maße zusammengestutzt wer­den, allein im nächsten Jahr um ungefähr 10 Prozent, um 9 oder 10 Millionen.

Herr Minister Spindelegger hat im Ausschuss gesagt, na ja, nächstes Jahr werden wir das schon irgendwie sozusagen durch eine Kürzung der Overheads hereinbringen und durch eine Reduzierung der Präsenz am Westbalkan. Mag sein, Herr Minister, aber das ändert gar nichts daran, dass dann spätestens 2012 die Kürzungen in die Sub­stanz gehen werden. Dann brauchen Sie sich nicht zu wundern, wenn vor dem Parla­ment von karitativen Organisationen, von der Caritas mit einer, wie soll ich sagen, transparteilichen Besetzung 3 000 Kreuze aufgestellt werden. Exkommissar Fischler war dabei, Exminister Ferdinand Lacina war dabei, und natürlich war Herr Küberl dort bei dieser Demonstration, wenn man so will, bei saukaltem Winterwetter. Das sind ge­nau die Effekte, die eintreten, wenn man die Mittel für bilaterale und multilaterale Ent­wicklungszusammenarbeit kürzt. Da können Sie sich nicht darauf ausreden, dass die Präsenz am Westbalkan eingestellt wird und dass daher nächstes Jahr noch keine Kürzungen in der Entwicklungszusammenarbeit stattfinden werden, die an die Sub­stanz gehen. Mag sein, aber 2012 folgende wird es so sein! Und bis einschließlich 2014 summieren sich diese Kürzungen, verglichen mit 2010, auf über 80 Millionen €. Das ist eine Schande, liebe Kolleginnen und Kollegen, für ein relativ wohlhabendes Land wie Österreich! (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Selbst Minister Spindelegger hat zugegeben, dass wir die internationale Verpflichtung der Erhöhung der Mittel für Entwicklungshilfe auf 0,7 Prozent des BIP bis 2015 natür­lich nie erreichen werden! Das ist völlig ausgeschlossen bei diesem Budgetpfad, unge­achtet der zahllosen Unterschriften, die Österreich im Rahmen der Vereinten Nationen unter solche Dokumente gesetzt hat. Das ist äußerst bedauerlich. Und wir bedauern es auch sehr, dass die Vorschläge, die ja von NGO-Seite gekommen sind – zum Beispiel die Flugticketabgabe für die Entwicklungshilfe zweckzubinden –, von ÖVP und SPÖ nicht aufgenommen worden sind. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

2.31


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. – Bitte.

 


2.31.07

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ja, gespart muss in allen Ressorts werden, und auch im Außenmi­nisterium gibt es deutliche Einschnitte und Einsparungen. Hier müssen die begonne­nen Strukturreformen noch weiter vorangetrieben werden und Synergien zum Beispiel beim Ausbau des Europäischen Auswärtigen Dienstes unbedingt angedacht und dann auch genutzt werden.

Der Punkt, der uns Sozialdemokraten besonders schmerzt – wir haben das ja auch im Ausschuss schon ausführlich und mehrfach angesprochen –, sind die Einsparungen im entwicklungspolitischen Bereich. Hier muss es in den nächsten Jahren zu deutlichen Veränderungen kommen. Hier muss es zu einer Trendwende kommen, denn wir haben nicht nur die moralische Verpflichtung, als eines der reichsten Länder der Welt zu hel­


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fen, sondern wir sind auch internationale Verpflichtungen eingegangen. (Abg. Dr. Pirkl­huber: Warum stimmen Sie dann zu? Das ist ja völlig inkonsequent!)

Meine Damen und Herren, ich möchte aber noch auf ein aktuelles außenpolitisches Thema aufmerksam machen, nämlich die Wahlen in Weißrussland. Medienberichten nach wurden Oppositionelle nach den Wahlen auf brutale Art und Weise zusammen­geschlagen und verhaftet.

Unter ihnen befindet sich auch der frühere stellvertretende Außenminister und Opposi­tionskandidat Andrej Sannikow. Er ist Gründer der Charta 97, einer Plattform für Men­schenrechte und Demokratie. Für seine Verteidigung dieser Werte wurde er im Jahr 2005 hier in Wien mit dem Kreisky-Preis für Verdienste um die Menschenrechte ausge­zeichnet. Ich verurteile die Verhaftung von Andrej Sannikow aufs Schärfste, auch die der anderen Oppositionellen, und ich fordere ihre Freilassung!

Herr Minister! Ich würde Sie ersuchen, sich umgehend dafür einzusetzen, dass sie frei­gelassen werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

2.33


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte. (Abg. Mag. Stadler – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Scheib­ner –: Erinnere sie daran, dass in Nordkorea auch noch ein paar Häftlinge einsitzen!)

 


2.33.26

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Muttonen, es ist natürlich gut und richtig, dass man in verschie­denen europäischen Ländern auf Demokratie schaut und den Rechtsstaat dort ein­mahnt – mit welchem Erfolg auch immer. Aber mit derselben Vehemenz sollten wir auch dort vorstellig werden und entsprechend für die Einhaltung der Menschenrechte und auch der sicherheitspolitischen Standards eintreten, wo es andere Regime gibt, wie etwa in Nordkorea, und nicht Urlaubs-Politikerdelegationen dort hinleiten und dort nette Worte mit den Machthabern sprechen.

Ich glaube, da sollte man schon mit gleichem Maß messen, denn dort geht es um ein Regime, das den Weltfrieden bedroht – eine Atommacht! Da ist man ganz leise, da sind die Menschenrechte nicht so wichtig. So gibt es auch noch andere Länder – aber dort, wo es einem politisch in den Kram passt, ist man dann vehement! (Beifall beim BZÖ.) Ich glaube, da sollte man bei der Kritik schon einen einheitlichen Maßstab anle­gen. (Abg. Mag. Muttonen: ... auch kein Anlass!)

Na ja, ich glaube, bei Nordkorea hätte man permanent einen Anlass! Aber Sie messen eben mit zweierlei Maß, bitte schön. (Abg. Mag. Stadler: Heinzl ist hinausgegangen und hat gesagt ...!)

Ich sage Ihnen, ich halte die Vorgangsweise Nordkoreas für noch wesentlich bedenk­licher, und das betrifft uns auch direkt. Da wäre die Außenpolitik, vor allem auch der Europäischen Union, noch stärker gefordert, sich entsprechend einzusetzen, wie ich auch schon oft gefordert habe – Herr Außenminister, Sie wissen es –, dass man in der Europäischen Union stärker auf eine gemeinsame Außenpolitik abzielt.

Jetzt wird ein Europäischer Auswärtiger Dienst mit, glaube ich, 4 000 Beamten einge­richtet, die – was wir gehofft hätten – eines nicht machen sollen, nämlich auch nationa­le Vertretungen weltweit ersetzen. Das wäre interessant, dass sich auch österreichi­sche Staatsbürger an diese EU-Missionen wenden können und wir uns eigene, natio­nale Botschaften ersparen können. Genau das wird nicht passieren.

Die Frage ist: wofür dann der ganze Aufwand?, denn eine einheitliche europäische Au­ßenpolitik ist ja nicht erkennbar, wenn ich mir all die Krisenschauplätze der Erde an­


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sehe. Da ist zwar die Europäische Union manchmal unterwegs, aber meistens mit mehreren Delegationen und mit möglichst unterschiedlichen Meinungen und Strate­gien. Damit ist das Gewicht Europas natürlich entsprechend zu beurteilen.

Damit sind wir bei der Entwicklungszusammenarbeit, diese wurde sehr oft angespro­chen. Natürlich bekennen auch wir uns grundsätzlich dazu, dass man den Menschen in ihrer Heimat eine entsprechende Perspektive aufzeigen muss und damit verhindern kann, dass es Migrationsströme gibt. Allerdings muss man, wenn alle sparen müssen, natürlich auch bei der Entwicklungszusammenarbeit sparen.

Es gäbe hier auch die Möglichkeit (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber), in einer Zeit der Sparsamkeit, lieber Kollege Pirklhuber, einmal auf die Effizienz zu achten. (Abg. Dr. Pirklhuber: Auch!) Die Effizienz wäre wichtig. Wir haben im sicherheitspolitischen Bereich in Europa – das kritisiert man – in 27 Ländern 27 Armeen. Das müsste man zusammenfassen, dann würde man effizienter Sicherheit produzieren.

Wie schaut es bei der Entwicklungszusammenarbeit aus? – Da reden wir nicht über 27 Organisationen in Europa, sondern über Hunderte Organisationen in Europa und wahrscheinlich Tausende weltweit, die heuschreckengemäß in Krisenstandorten einfal­len und dort, jeder mit seiner eigenen Verwaltung, mit seiner eigenen Werbung, zum Teil auch noch gegeneinander arbeiten, aber wenig auf die Effizienz schauen.

Ich glaube, es wäre wichtig, dass wir in Österreich, aber auch auf der EU-Ebene dafür sorgen, dass man einmal gemeinsame Aktionen setzt, gemeinsam koordiniert, gemein­sam finanziert, aber auch entsprechend kontrolliert, wie die Mittel verwendet werden. Da würde man den Betroffenen viel mehr helfen als mit dem einen oder anderen Tau­sender, der hier mehr investiert werden soll. (Beifall beim BZÖ.)

Herr Außenminister, wir haben im Ausschuss auch über die Sicherheitspolitik gespro­chen. Auch hier würde ich mir mehr aktive Initiativen erwarten. Das Verteidigungsbud­get ist ja heute noch ein Thema.

Ich glaube nicht, dass man mit Katastrophenhilfe und ein bisschen Auslandseinsatz – aber nur ja nicht im gesamten Spektrum der Petersberg-Aufgaben! – außenpolitisches Gewicht gewinnt. Das ist ganz einfach notwendig, wenn man außenpolitisch etwas er­reichen möchte, mittlerweile aber auch wirtschaftspolitisch. Den Zugang zur Hochtech­nologie bekommt man eben nur, wenn man auch ein gleichwertiger Partner im sicher­heitspolitischen Bereich ist.

Her Minister, Sie haben im Ausschuss gesagt, Sie gehen davon aus, dass sich Öster­reich am gesamten Spektrum der Petersberg-Aufgaben, also auch an robusten Missio­nen, beteiligen wird. Bis jetzt hören wir nicht viel davon. Ich bin gespannt, wie Sie das in der Koalition umsetzen.

Schließlich würde ich mir auch erwarten, dass man als Österreicher – da wir keine Ab­hängigkeiten, etwa von Amerika, sehen oder sehen müssen – in den Krisenherden, et­wa auch im Nahen Osten, mutiger agiert. Dort wären wir ein guter Partner, ein objek­tiver Partner, eine Brücke zwischen dieser Region und Europa. Da wäre man auch ge­fragt. Aber man sollte auch dafür sorgen, dass ungerechte Beurteilungen, etwa von Sy­rien oder dem Iran, entsprechend aufgedeckt und diskutiert werden und dass sich Ös­terreich dafür einsetzt, dass man Frieden durch Dialog und nicht durch Ausgrenzung schafft.

Es ist also viel zu tun. Nur, Herr Außenminister, Ihr Budget, ohnehin ein kleines Bud­get, hat einen großen Anteil an Einsparungen zu tragen. Auch das ist nicht unbedingt ein Signal, dass dieser Bundesregierung eine aktive Außenpolitik wichtig ist. (Beifall beim BZÖ.)

2.39



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 75

Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesminister Dr. Spin­delegger. – Bitte.

 


2.39.52

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Michael Spindelegger: Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich möch­te kurz auf ein paar Fragen eingehen, die im Zusammenhang mit dem Budget des Au­ßenministeriums für das nächste Jahr stehen.

Ich darf zunächst einmal festhalten, dass es nicht nur Einsparungen bei der Entwick­lungszusammenarbeit gibt. Der größte Teil der Einsparungen entfällt auf die Struktur meines Hauses – und das ist auch schmerzlich, meine Damen und Herren. Wenn wir eine Botschaft und zwei Generalkonsulate im nächsten Jahr schließen, so heißt das letztlich auch, dass sich das Netz verkleinert und damit auch nicht für alle Österreiche­rinnen und Österreicher, die im Ausland Schutz und Hilfe suchen, die dort Unterstüt­zung brauchen, mehr Kapazitäten zur Verfügung stehen.

Aber natürlich ist es richtig, dass wir auch bei der Entwicklungszusammenarbeit spa­ren. Das ist schmerzlich. Das ist eine sehr bittere Pille. Ich sehe keine Möglichkeit, das jetzt abzuwenden. Wir haben in den Budgets 2009/2010 die Beträge gleich gelassen und in anderen Sektoren des Hauses gespart. Das wird uns aber für das nächste Jahr nicht gelingen. Wir werden das bewerkstelligen, indem wir in der Struktur der ADA spa­ren, indem wir Entwicklungszusammenarbeit am Balkan nicht mehr durchführen. Ich glaube, das ist auch durchaus gerechtfertigt. Wir werden auch bei Budgethilfen, die wir an manche Länder geben, durchaus Einsparungen vornehmen.

Aber dennoch möchte ich festhalten: Was da an Aktionismus vor dem Hohen Haus passiert ist, 3 000 Kreuze symbolisch dafür aufzustellen, dass 3 000 Kinderleben im nächsten Jahr ausgelöscht werden, weil wir nicht entsprechend dotieren – meine Da­men und Herren, das ist auch blanker Zynismus! (Beifall bei der ÖVP.) Kein einziges Kind wird davon betroffen sein. Dadurch werden Eindrücke erweckt, die eigentlich nicht gerechtfertigt sind.

Der dritte Bereich, bei dem wir einsparen, wird sein, dass wir auch bei den Freiwilligen­organisationen unsere Beiträge zurückstufen, dass wir bei internationalen Pflichtbeiträ­gen nicht mehr in dem Maße mitfinanzieren, wo wir nicht müssen.

Wir werden trotzdem im nächsten Jahr die Möglichkeit haben, Schwerpunkte zu set­zen. Unsere Schwerpunkte im nächsten Jahr werden sein, dass wir in der Europäi­schen Agenda die Donauraumstrategie voll vorantreiben. Unter ungarischer Präsident­schaft soll sie beschlossen werden.

Wir werden uns einer Kandidatur im UN-Menschenrechtsrat stellen. Wir haben dazu viel Vorarbeit geleistet. Ich glaube, das wird erfolgreich sein.

Und wir werden auch in wirtschaftlicher Hinsicht unsere Unternehmen unterstützen; auch in neuen Räumen wie der Schwarzmeerregion durchaus so aktiv Außenpolitik be­treiben, dass wir die Möglichkeit haben, dass österreichische Investitionen stattfinden, sodass das positive Rückwirkungen auch auf Österreich und die Arbeitsplätze in die­sem Land hat.

Meine Damen und Herren! Das ist daher insgesamt ein Budget, das zwar nicht ange­nehm zu vertreten ist, aber dem entspricht, was andere Ressorts einsparen. Wir wer­den auch mit neuen Strukturen und neuen Ideen versuchen, diese Herausforderung zu bewältigen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

2.42



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 76

Präsident Fritz Neugebauer: Ich danke dem Herrn Bundesminister, und ich erlaube mir, ihm zum heutigen Geburtstag die besten Wünsche zu übermitteln. (Allgemeiner Beifall.)

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 


2.43.14

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister, alles Gute zum Geburtstag auch von mir! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Vorsitzender der SJ Favoriten! Liebe Vorsitzende der SJ Hernals! Ich freue mich, dass ihr noch da seid und dass ihr quasi schon übt für später.

Diese Aktion mit den 3 000 Kreuzen ist des Öfteren erwähnt worden, sie ist als zy­nisch, als überzogen bezeichnet worden. Ich sehe das nicht so. Ich glaube, dass diese Aktion durchaus eine war, die versucht hat, jenen Öffentlichkeit zu geben, die keine Stimme haben oder die eine sehr leise Stimme haben, die nicht selbst am Ring de­monstrieren können. Auch wenn der Außenminister gemeint hat, dass im kommenden Jahr keines von diesen 3 000 symbolischen Kinderleben gefährdet sein wird, dann wis­sen wir trotzdem, dass es, wenn sich diese Abflachung beziehungsweise dieses We­niger-Werden der EZA-Mittel kumuliert und summiert bis 2014, sehr wohl wirklich in die Substanz geht, dass sehr wohl konkrete Projekte, konkrete Arbeit von uns, auch von Österreich in den Ländern der Dritten Welt betroffen sind und es dann sehr wohl Pro­bleme auch mit Menschenleben geben kann. Ich denke, dass diese Arbeit wichtig und gut ist und dass sie weitergeführt werden muss.

Ich hätte eigentlich gerne an dieser Stelle einen Entschließungsantrag eingebracht, in dem wir uns darauf verständigt hätten, dass wir im Rahmen des Bundesfinanzrahmen­gesetzes 2012 bis 2015 diese Einschnitte zurücknehmen und die bilateralen Ausgaben zumindest konstant halten. Auch damit würden wir die Ziele nicht erreichen, die wir in­ternational eingegangen sind, nämlich 0,7 Prozent des BNE für Entwicklungszusam­menarbeit zu investieren.

Aber ich denke, dass es wirklich notwendig und machbar wäre, bei den erwartbaren besseren Wirtschaftsleistungen genau das zu tun, genau diesen Weg zu gehen, inter­nationale Solidarität zu zeigen, mehr zu investieren und in  (Ruf: Wo ist der Ent­schließungsantrag?) – Ich komme gleich dazu, wo der Entschließungsantrag ist.

Ich glaube auch, dass es sinnvoll ist und sehr wohl überlegt wäre, in eine konstante ge­rechte Welt mit einer stabilen Zukunft zu investieren. Leider haben wir den Koalitions­partner bisher noch nicht davon überzeugen können, dass es sinnvoll ist, sich auf et­was Konkretes zu verständigen und konkrete Ziele anzugehen. So lange gibt es leider keinen Entschließungsantrag.

Ich hoffe sehr, dass sich bis Mittwoch, bis vor der Abstimmung, alle wirklich noch ihrer Verantwortung bewusst werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

2.45


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schwent­ner. – Bitte.

 


2.45.37

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Scha­de, wir hätten den Entschließungsantrag gerne gemeinsam eingebracht, wir hätten ihn auch gerne unterstützt. Wir haben ihn eingebracht, er wurde nicht unterstützt.

In diesem Zusammenhang, Herr Minister, kann ich das Wort „schmerzlich“ wirklich nicht mehr hören. Ich empfinde schon das Wort „schmerzlich“ als schmerzlich, denn es hätte doch einiges gegeben, um dem entgegenzuwirken.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 77

Ich würde gerne, nachdem ich schon am Vormittag einiges dazu gesagt habe – es ist dem auch wenig hinzufügen, was Kollege Van der Bellen gesagt hat –, noch zwei Ent­schließungsanträge einbringen.

Ein positiver Effekt in dem ganzen Zusammenhang war jener, dass zumindest das erste Mal das Thema Entwicklungszusammenarbeit breiter diskutiert wurde. Wir wür­den diesen Prozess gerne fortführen.

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend budgetäre Vorsor­ge für eine öffentliche Debatte über die österreichische Entwicklungszusammenarbeit

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine öffentliche Debatte sowie einen möglichst breit angelegten Konsultationsprozess über die künftige mittel- und langfristige Ausrich­tung der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit zu führen und dafür budgetär Vorsorge zu leisten. Die Ergebnisse dieses Konsultationsprozesses müssen sowohl in das von der OECD empfohlene Weißbuch als auch in die jeweiligen Dreijahrespläne Eingang finden.

*****

Das ist der erste Antrag.

Der zweite lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entwicklungszu­sammenarbeit: Budgetpfad und gestaltbare bilaterale Ausgaben als gesetzlich ver­pflichtende Ausgaben

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierung wird aufgefordert,

einen gesetzlich verbindlichen Budgetpfad

 – damit das nicht mehr passiert, was jetzt passiert –

bis 2015 zu erstellen, mit dem das Ziel, 0,7 % des Bruttonationaleinkommens für offi­zielle Entwicklungsleistungen (ODA) zur Verfügung zu stellen, realistisch erreicht wer­den kann,

Kernleistungen des Bundes im Bereich der gestaltbaren bilateralen Entwicklungszu­sammenarbeit (EZA) – also im Besonderen die Ausgaben für die Österreichische Ge­sellschaft für Entwicklungszusammenarbeit (ADA) – von Ermessensausgaben in ge­setzliche Verpflichtungen umzuwandeln und

dafür Sorge zu tragen, dass der Anteil der gestaltbaren bilateralen Projekt- und Pro­grammhilfe an den offiziellen österreichischen Entwicklungsleistungen (ODA) mindes­tens 25 Prozent ausmacht.

*****


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 78

Ich bitte Sie zumindest in diesem Zusammenhang um Unterstützung. Ich glaube, es geht tatsächlich um das Wesen und um eine seriöse Fortführung der EZA in Öster­reich. Und das sind alles Dinge, die dafür notwendig wären. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

2.47


Präsident Fritz Neugebauer: Beide Entschließungsanträge stehen mit in Verhand­lung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend budgetäre Vorsor­ge für eine öffentliche Debatte über die österreichische Entwicklungszusammenarbeit,

eingebracht im Zuge der Debatte über Bundesfinanzgesetz 2011 samt Anlagen (980 d.B.)

Im Zuge der Pläne der Bundesregierung, die Mittel für die bilaterale Entwicklungszu­sammenarbeit (EZA) bis 2014 massiv zu kürzen, entstand eine Diskussion rund um die Höhe, aber auch die Ziele der österreichischen EZA. Dieses öffentliche Interesse sollte genutzt werden, um eine öffentliche Debatte sowie einen breit angelegten Konsulta­tionsprozess über die künftige mittel- und langfristige Ausrichtung der EZA in Öster­reich zu starten. Die letzten Eurobarometer-Umfragen zeigen, dass die Österreiche­rInnen der Entwicklungshilfe generell positiv gegenüber stehen. Demgegenüber fehlt es aber an einer politischen Debatte über Ziele und Inhalte.

Das Entwicklungskomitte der OECD (OECD DAC) hat in seinem letzten Prüfbericht zur österreichischen EZA festgestellt (S. 10 bis 12)

„()Austrian development co-operation will require strong public and political backing if the country is to meet its international commitments to reach 0.7% ODA/GNI and to achieve the MDGs. The DAC encourages Austria to strengthen its efforts, and to find new ways of engaging parliamentarians and the public in an informed debate about aid and development issues. The Ministries of Foreign Affairs and Finance and ADA need to invest strategically in communicating Austria‘s aid policy, focusing particularly on development results. This would help promote public debate.“

und empfiehlt u. a.

„() Prepare a medium-term development policy such as a ―white paper, which addresses all ODA activities and is endorsed at the political level. () Strengthen efforts to win political and public support for development co-operation, and in particular for achieving international aid targets and the MDGs. The MFA (Ministry for Foreign Affairs, Anm.) should take the lead on developing, in consultation with the MoF (Ministry of Finance, Anm.), ADA and other government stakeholders, a comprehen­sive and well-targeted communication and advocacy strategy that promotes public and political debate about development in Austria.“

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine öffentliche Debatte sowie einen möglichst breit angelegten Konsultationsprozess über die künftige mittel- und langfristige Ausrich­tung der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit zu führen und dafür budgetär


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 79

Vorsorge zu leisten. Die Ergebnisse dieses Konsultationsprozesses müssen sowohl in das von der OECD empfohlene Weißbuch als auch in die jeweiligen Dreijahrespläne Eingang finden.

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entwicklungszu­sammenarbeit: Budgetpfad und gestaltbare bilaterale Ausgaben als gesetzlich ver­pflichtende Ausgaben,

eingebracht im Zuge der Debatte über Bundesfinanzgesetz 2011 samt Anlagen (980 d.B.)

Die offiziellen Entwicklungsleistungen Österreichs (ODA), die Österreich an die OECD meldet, sinken seit 2007. 2007 betrugen sie noch 0,50 % des Bruttonationaleinkom­mens (BNE), 2008 0,43 % und 2009 nur noch 0,30 % des BNE.

Dieser Rückgang ist vor allem auf die rückläufigen Entschuldungen zurückzuführen, die im Vergleich zu anderen OECD-Ländern einen überproportional hohen Anteil an der österreichischen ODA ausmachten.

Andere Entwicklungsleistungen, insbesondere die Ausgaben für die Österreichische Gesellschaft für Entwicklungszusammenarbeit (ADA) wurden in dieser Zeit kaum er­höht.

Gleichzeitig bekennt sich Österreich seit 1970 zum UN-Ziel, 0,7 % des Bruttonatio­naleinkommens (BNE) für Entwicklung auszugeben, seit 2000 zu den Millenniumszie­len der UNO (MDG) und seit 2005 im Rahmen der EU, seine Entwicklungsleistungen bis 2010 auf 0,51 % des BNE und bis 2015 auf 0,7 % des BNE anzuheben. Auch wenn das Ziel für 2015 nicht erreicht werden wird, so hält die österreichische Regierung nach wie vor am 0,7 %-Ziel fest, auch wenn die Erreichung desselben mit dem in Loipersdorf präsentierten Kürzungen bis 2014 nicht zu erreichen ist.

Die Europäische Kommission hat in ihrer Mitteilung „Zwölfpunkte-Aktionsplan der EU zur Verwirklichung der Millenniumsentwicklungsziele“ an die Regierungen aller EU-Mit­gliedstaaten im April 2010 festgehalten:

„Wird die zugesagte Erhöhung der Entwicklungshilfe zurückgestellt, verzögert sich damit auch die Verwirklichung der MDG. In der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise ist es zwar nicht leicht, die gemeinsame Verpflichtung zur ODA-Aufstockung auf 0,7 % des BNE bis 2015 zu erfüllen, wobei 50 % dieser zusätzlichen Mittel nach Afrika fließen sollen, es ist jedoch nach wie vor möglich und erforderlich. Dies ist eine Frage der Weitsicht und des politischen Willens. Auf der Grundlage einer gerechten globalen und EU-internen Lastenverteilung müssen alle Geber ihren Beitrag zu der Verwirklichung dieses gemeinsamen Ziels leisten.“ (Hervorhebung hinzugefügt)

Für das Budget 2011 (und auch für die Folgebudgets bis 2014) sind nun aber massive Einschnitte bei der Entwicklungszusammenarbeit geplant. So sollen die Ausgaben für die ADA bis 2014 um ein Drittel gekürzt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 80

Die Regierung wird aufgefordert,

einen gesetzlich verbindlichen Budgetpfad bis 2015 zu erstellen, mit dem das Ziel, 0,7 % des Bruttonationaleinkommens für offizielle Entwicklungsleistungen (ODA) zur Verfügung zu stellen, realistisch erreicht werden kann,

Kernleistungen des Bundes im Bereich der gestaltbaren bilateralen Entwicklungszu­sammenarbeit (EZA)– also im Besonderen die Ausgaben für die Österreichische Ge­sellschaft für Entwicklungszusammenarbeit (ADA) - von Ermessensausgaben in ge­setzliche Verpflichtungen umzuwandeln und

dafür Sorge zu tragen, dass der Anteil der gestaltbaren bilateralen Projekt- und Pro­grammhilfe an den offiziellen österreichischen Entwicklungsleistungen (ODA) mindes­tens 25 % ausmacht.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.

 


2.48.07

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundes­minister! Zunächst werden Sie von uns Zustimmung ernten für die Kürzung der Mittel der Entwicklungszusammenarbeit oder Entwicklungshilfe, wie man früher gesagt hat. Nur so wird der Druck entstehen, dass dort nicht die Strukturen finanziert werden. Es ist ja bemerkenswert, dass in Wirklichkeit lauter Vertreter von Strukturen jammern kom­men, nicht die Projektvertreter, sondern die Vertreter der Strukturen. Es gehen in Wirklichkeit erhebliche Mittel für die Organisationen drauf, diese landen nie bei denen, bei denen sie landen sollten. Das wissen Sie selber.

Es gibt ja in diesem Bereich Organisationen, die bis zu 40, 50, 60, 70 Prozent der Mit­tel, die sie bekommen haben, für die Finanzierung ihrer Strukturen verwendet haben und nur ein Bruchteil davon überhaupt bei den Menschen gelandet ist, für die er be­stimmt war. Nur so wird der Druck entstehen, dass da tatsächlich die Strukturen ver­schlanken. Daher ist es bemerkenswert, dass eben die Strukturvertreter am lautesten jammern.

Nun aber zu einem anderen Thema und das ist ein Thema, bei dem ich sage, dass Sie bisher säumig sind. Das ist die Frage, wie wir mit einem Botschafter umgehen, der in diesem Land eine Minderheit vertritt und so tut, als ob er der politische Vertreter dieser Minderheit wäre, nämlich der türkische Botschafter, und bei der Gelegenheit die ganze österreichische Bundesregierung, insbesondere die Innenministerin an den Schand­pfahl stellt und die Österreicher massiv beschimpft.

Wie gehen wir mit einem Land um, das 900 Millionen € Heranführungshilfe bekommt, wenn angeblich – ich zitiere hier auch Ihre Aussagen im Außenpolitischen Ausschuss – die Türkei gar nicht EU-Mitglied werden soll? Also wofür führen wir sie dann mit enor­men Mitteln an die Europäische Union heran, wenn sie nicht Mitglied der Europäischen Union werden soll?

Herr Bundesminister, können Sie das uns beziehungsweise auch dem Steuerzahler er­klären, wieso er das alles finanzieren soll, wo wir das Geld anderweitig brauchen?!

Dann geht es natürlich letztlich um die Probleme, die wir im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Europäischen Union haben. Meine Redezeit genügt gar nicht, aber Sie wissen, dass wir nach wie vor ein Problem haben, nämlich dass uns der Europäische Rechnungshof bis heute keine Zuverlässigkeitserklärung ausgestellt hat, dass bei den Projekten, die wir einreichen  bei den Zahlen, die wir an den Europäischen Rech­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 81

nungshof liefern , zu hohe Fehlerquoten vorhanden sind, weil die Zahlen einfach nicht zusammenpassen. Der Rechnungshof stellt sogar in seiner Begründung fest, warum bei der Darstellung der Rückflüsse und der Darstellung der angeforderten Mittel erheb­liche Divergenzen vorhanden sind, und die Abweichungen bei den Strukturfonds sind astronomisch.

Die Europäische Kommission hat selber gesagt, dass die Abweichung der tatsächli­chen von den geplanten Rückflüssen 258 Prozent betrug, allerdings war das im Jahr 2008 der Fall. Der Durchschnitt lag damals bei 27 Prozent, und daran hat sich nichts Wesentliches geändert. Der Rechnungshof sagt dazu, dass in Wirklichkeit die Mittel, die Österreich anfordert beziehungsweise die Mittel, die Österreich im Bereich des Strukturfonds anfordern könnte, zu einem Rückstau geführt haben und wahr­scheinlich verfallen werden, wenn Österreich nicht bessere Projekte einreicht.

Da bin ich beim Kollegen Schüssel: Ich habe wirklich mit großem Genuss heute gele­sen, dass Kollege Schüssel jetzt auch eine etwas differenziertere Auffassung von der Tätigkeit der Kommission hat. Das ist schon neu, und ich begrüße das, und wenn das auch die Linie des Bundesministers wird, dann hat er unsere Unterstützung  denn ich sage auch, meine Damen und Herren, dass es nicht Aufgabe der Europäischen Union ist, Tempo 30 in den Kommunen zu verordnen. Da haben Sie recht.

Es ist nicht Aufgabe der Europäischen Union, Rauchverbote und Glühbirnenverbote  und was weiß Gott noch alles für Detailregelungen aus der Europäischen Union kom­men, bis hin zu den Natura-2000-Regelungen, die ich übrigens für überzogen halte  zu regeln, während man gleichzeitig die großen Probleme der Energieversorgung, der Energiepolitik und einer klugen Währungspolitik unter „ferner liefen“ abhandelt bezie­hungsweise dort nichts anderes als Rettungsschirme entdeckt oder entwickelt  fanta­sielos im Grunde.

Meine Damen und Herren, wenn das der neue Weg Ihrer Außenpolitik im Zusammen­hang mit der Politik gegenüber der Europäischen Union ist, der sozusagen durch den Kollegen Schüssel  einem Ihrer Vorvorgänger  verbalisiert wird, dann haben Sie un­sere Unterstützung, denn das haben wir immer gesagt. Das haben wir auch gesagt, als Sie noch Minister waren, Herr Kollege Schüssel, und damals sind wir dafür noch ver­höhnt worden. Das war so.

Jetzt ist die Österreichische Volkspartei offensichtlich draufgekommen, dass dieser Zentralismus der Europäischen Union  der sich übrigens mit dem Herrn Van Rompuy verschärft hat, da hat sich nichts verbessert  schlimmer geworden ist. Auch das sagt übrigens Kollege Wolfgang Schüssel heute in einer Tageszeitung, wenn er richtig zitiert wird. Ich teile diese Auffassung, Herr Bundesminister. Beginnen Sie damit, in Brüssel ein anderes Auftreten Österreichs zu gewährleisten, als es der Herr Bankenminister bei jeder Gelegenheit tut  im Übrigen zulasten des österreichischen Steuerzahlers. (Bei­fall beim BZÖ.)

2.53


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen zum Kapitel Äußeres liegen nicht vor.

Damit ist auch dieser Themenbereich abgeschlossen.

02.53.30UG 13: Justiz

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zur Verhandlung der Untergliederung 13: Justiz.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 82

2.53.59

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Kollege Cap ist jetzt Gott sei Dank auch bei uns. Ich darf gleich im Sinne dessen, was er gesagt hat – er tritt vor allem für Gerechtigkeit ein und hätte gerne konstruktive Vorschläge seitens der Opposition, denen er dann freudig zustimmen kann –, beginnen. Nun, wir probieren es jetzt einmal mit einem ganz kleinen Schrittchen in Richtung Gerechtigkeit, das dem Budget ein bisschen Geld bringt, vielleicht auch dem ORF. Ich bin überzeugt, dass er bis zur Endabstimmung über das Budget auch mit dem Kollegen Kopf entsprechend gesprochen haben wird, sodass man diesem Antrag der FPÖ dann eigentlich nur zustimmen wird können.

Es geht darum, dass es als ungerecht empfunden wird, wenn es in Österreich eine Gruppe gibt, die keine Rundfunkgebühren bezahlt. Das sind ungefähr 10 000 Häftlinge in den 28 Justizanstalten, die keine GIS-Gebühren bezahlen. Sie dürfen zwar fernse­hen, aber müssen eigentlich nichts dafür bezahlen. (Abg. Amon: ... Publikumsrats­wahl!)

Daher stelle ich folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Rosenkranz und weiterer Abgeordneter betreffend Bezahlung der Rundfunkgebühren für Strafgefangene durch die Steuerzahler

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Justiz wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass in Zu­kunft Strafgefangene, welche eine Vergünstigung in Form der Benutzung eigener Fern­sehapparate gewährt wurde, vom Hausgeld einen Beitrag zur Bezahlung der Rund­funkgebühren leisten müssen.“

*****

Das ist das, was auch die Bevölkerung als gerecht empfindet und was man hier wirk­lich einmal umsetzen wird können. (Beifall bei der FPÖ. Abg. Hörl: Das ist schon richtig!) Kollege Cap, ich weiß es in besten Händen, und wir freuen uns auf Ihre Zu­stimmung.

Es gibt auch etwas anderes, was mir aufgefallen ist: Natürlich sind im Justizministerium sehr viele Reformen angedacht, die in der nächsten Zeit kommen sollen, aber ich möchte die Aufmerksamkeit auch auf einen anderen Punkt aus meiner beruflichen Tä­tigkeit lenken: Ich habe erst unlängst eine kleine Verfahrenshilfesache, eine Strafsache auf den Tisch bekommen. Was liest man über den Beschuldigten, der untergetaucht ist? Nicht nur, dass er nicht österreichischer Staatsbürger ist  er ist Jahrgang 1980 , er ist auch Frühpensionsbezieher via AMS. Den findet man nicht. (Abg. Mag. Rudas: Schweigepflicht!)

Da muss etwas passieren, damit staatliche Zahlungen eingefroren werden, wenn je­mand im Verdacht steht, eine strafbare Handlung gemacht zu haben und wenn nach ihm gesucht wird  dass man das Geld nicht einfach jemandem überweist. Ich glaube, da sind Sie gefordert, dass Sie mit den entsprechenden anderen Ministerien, insbeson­dere dem Sozialminister, eine Lösung finden, dass dann gesagt wird: Wenn man dich sucht, dann frieren wir deine Gelder ein, die du vom Staat bekommst, bis du dich stellst. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich glaube, das sind zwei konstruktive Vorschläge, der eine für den Kollegen Cap, der andere für die Frau Bundesministerin, die auf jeden Fall zu mehr Gerechtigkeit und viel­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 83

leicht auch zu mehr Aufklärung bei Verbrechen führen können. Da freut sich auch un­sere Innenministerin. (Beifall bei der FPÖ.)

2.56


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Rosenkranz und weiterer Abgeordneter betreffend Bezahlung der Rundfunkgebühren für Strafgefangene durch die Steuerzahler

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung 13 – Justiz, in der 91. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 21. Dezember 2010

Das Bundesministerium für Justiz führt Rundfunkgebühren von 5000,- Euro für die Strafgefangenen, welchen eine Vergünstigung in Form der Benutzung eigener Fern­sehapparate gewährt wurde, ab. Warum die Kosten für die Rundfunkgebühren vom Steuerzahler bezahlt werden müssen und nicht von den Strafgefangenen, ist nicht nachvollziehbar.

Gemäß § 44 Absatz 1 Strafvollzugsgesetz ist jeder arbeitsfähige Strafgefangene ver­pflichtet, Arbeit zu leisten. Strafgefangene, die eine befriedigende Arbeitsleistung er­bringen, haben für die von ihnen geleistete Arbeit eine Arbeitsvergütung zu erhalten.

Diese Arbeitsvergütung in Form des Hausgeldes und der Rücklagen können somit zur Begleichung der Rundfunkgebühren herangezogen werden.

Auch arbeitsunwillige Strafgefangene erhalten diese Vergünstigungen, obwohl nur ei­nem Strafgefangenen, der erkennen lässt, dass er an der Erreichung der Zwecke des Strafvollzuges mitwirkt, in den Genuss der Vergünstigung kommen soll. Dies ist grund­sätzlich abzulehnen. Weiters verdienen diese Insassen auch nichts, um die Rundfunk­gebühren bezahlen zu können.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Justiz wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass in Zu­kunft Strafgefangene, welche eine Vergünstigung in Form der Benutzung eigener Fern­sehapparate gewährt wurde, vom Hausgeld einen Beitrag zur Bezahlung der Rund­funkgebühren leisten müssen.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Donner­bauer. – Bitte.

 


2.56.55

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Herr Präsident! Werte Frau Bun­desministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zuallererst möchte ich noch einmal


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 84

darauf zurückkommen, was vom Kollegen Hübner schon genannt wurde. Wir würden gerne diese wichtigen Budgetpositionen, das Budget für 2011, zu einer etwas attrak­tiveren Stunde und etwas ausführlicher diskutieren, als es jetzt um 3 Uhr in der Früh möglich ist.

Allerdings hat es hier zwei Fraktionen gegeben, denen es wichtiger war, sechs Stun­den lang zu einer attraktiveren Zeit Abstimmungen zu machen und dafür das Budget nach hinten zu verschieben. Für das nächste Mal kann ich den Kolleginnen und Kolle­gen von den Grünen durchaus sagen: Es sind keine 26 namentlichen Abstimmungen notwendig, um unsere Positionen klar zu machen. Wir stehen zu unseren Positionen und sind auch gerne bereit, das zu bestätigen. Dafür braucht es keine namentliche Ab­stimmung und kein Protokoll. (Beifall bei der ÖVP. Zwischenruf des Abg. Brosz.)

Aber jetzt zum Budget im Bereich Justiz, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wenn man das ablaufende Jahr 2010 Revue passieren lässt, so war es durchaus ein schwieriges Jahr, aber für die Justiz auch ein erfolgreiches Jahr – und zwar vor allem ein Erfolg der Frau Justizministerin. Wenn wir uns erinnern, so haben wir im letzten Jahr etwa 150 zusätzliche Planstellen im Bereich Justiz aufgestockt. (Ruf beim BZÖ: Bezirksgericht Bludenz, Bezirksgericht Dornbirn ...!)

Zu Beginn des Jahres gab es schon die erste Diskussion mit der Frau Beamtenminis­terin Heinisch-Hosek, die damals gemeint hat, das Justizpersonal sei ausreichend. Sie wollte keine zusätzlichen Postbediensteten für die Justiz zur Verfügung stellen.

Durch Verhandlungen ist es der Frau Justizministerin gelungen, dass jetzt zusätzliche Bedienstete, auch aus dem Postbereich, für die Justiz herangezogen werden können. Es wurde schon Anfang des Jahres um 35 zusätzliche Planstellen aufgestockt, und im August des heurigen Jahres wurden für Korruptionsbekämpfung und Wirtschaftskrimi­nalität noch einmal 28 Millionen € für die nächsten Jahre zugesagt. Das sind zusätzli­che 190 Planstellen für die Justiz, und ich glaube, das ist durchaus eine Erfolgsge­schichte, die der Hartnäckigkeit und dem Verhandlungsgeschick unserer Justizministe­rin zu verdanken ist.

So ist auch das Budget für 2011 im Bereich Justiz, anders als bei verschiedenen ande­ren Ressorts, eines, das kaum von Kürzungen gezeichnet ist. Es gibt also nur 16 Mil­lionen € weniger bei mehr als 1 Milliarde € Budget für die Justiz. Ich glaube, dass das ein richtiger Weg ist. Es wird aber nicht ausreichen – das muss man auch sagen –, dass man mit gleichem Budget weiterfährt, sondern es wird notwendig sein, mit diesen Mitteln, die vorhanden sind und die im Gegensatz zu anderen Ressorts relativ geringe Kürzungen zu verzeichnen haben, auch effizienter umzugehen.

Das heißt, es ist unsere gemeinsame Aufgabe, auch in den nächsten Monaten und Jahren für effizientere Strukturen zu sorgen, wie wir es auch in den letzten Monaten schon getan haben – zum Beispiel mit der elektronischen Fußfessel, die eine Entlas­tung für die Justizanstalten ist.

Abschließend noch zur Anregung des Kollegen Rosenkranz von vorher: Wie Sie genau wissen, Herr Kollege, ist das Fernsehen für Häftlinge nicht nur eine Begünstigung, sondern es ist auch im Sinne eines besseren Zusammenlebens in einer Haftanstalt für weniger Gewaltbereitschaft notwendig  und unter diesem Aspekt muss man das sehen. Aber Ihr Hinweis ist wichtig, wir werden das auch aufgreifen und sind gerne bereit, uns anzusehen, wie man mit dieser Sache umgehen kann.  Danke. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 85

3.00


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Steinhau­ser. – Bitte.

 


3.00.55

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Justizministerin! Es ist ungewöhnlich, dass eine Budgetrede eines Oppositionellen mit einem kleinen Dank beginnt, bei Ihnen mache ich das aber. Ich möchte mich dafür bedanken, dass Sie mir relativ unbürokratisch die schriftlichen Beantwortungen der Budgetanfragen zur Verfügung gestellt haben – auch beim Kabi­nettchef Krakow –, denn der Zeitplan des Parlaments war so knapp, dass eine sinnvol­le Auseinandersetzung nicht möglich gewesen wäre, wenn Sie da dem Parlament nicht entgegengekommen wären.

Das ist aber auch schon das Ende meines Lobes. Das ermöglicht natürlich auch – und das ist in der Demokratie wichtig –, die Fragen auf die Waagschale zu legen und auch kritisch zu wiegen. Den Befund, der vom Kollegen Donnerbauer hier gestellt wurde, dass die Personalsituation bei der Justiz so gut wäre, teile ich überhaupt nicht. Es hat im Jahr 2009 die Personalanforderungsrechnung gegeben. Die Ergebnisse waren er­schreckend.

Es gibt an den Landesgerichten, Bezirksgerichten, bei den Staatsanwältinnen und Staatsanwälten eine Überlastung von 100 bis 120 Prozent. Jetzt gibt es ein paar Plan­stellen mehr, das ist schon richtig. Die werden aber überwiegend im Bereich der Wirt­schaftskriminalität eingesetzt werden. In den ganz sensiblen Bereichen, bei der Fami­liengerichtsbarkeit, wo die Belastung enorm ist, wo man monatelang auf Besuchs­rechtsentscheidungen warten muss, ändert sich gar nichts.

Zweiter Punkt: der Amtstag. Sie haben im ursprünglichen Entwurf des Budgetbegleit­gesetzes den Amtstag abschaffen wollen. Das wäre fatal gewesen, weil Sie damit wei­ten Bevölkerungsschichten den Zugang zum Recht erschwert hätten. Da hat es Protest gegeben, Sie haben das zurückgezogen. Das war richtig. Nur stelle ich fest: Im Budget hat das keine Auswirkungen. Also entweder sind die in Aussicht gestellten Einspa­rungen ohnedies nicht vorhanden gewesen, oder es gibt zwar potentielle Einspa­rungen, durch die Zurücknahme gibt es aber jetzt keine Änderungen im Budget. Das heißt, dass die Abwicklung des Amtstages hochproblematisch werden wird und dass Sie dann den Bezirksgerichten ein Chaos hinterlassen. Ich vermute das.

Dritter Punkt: die Situation beim Verein NEUSTART. Der Verein NEUSTART leistet wichtige Arbeit. In den letzten zehn Jahren, Sie wissen das, wurden dort 25 Prozent des Personals eingespart, obwohl die Leistungen um 75 Prozent zugenommen haben. Allein in den letzten zwei Jahren wurden in der Bewährungshilfe 10 Prozent des Perso­nals gekürzt. Wir haben hier im Parlament das Haftentlastungspaket beschlossen. Das heißt, wir haben zusätzliche Aufgaben für den Verein NEUSTART geschaffen, der aber im Verhältnis immer weniger Personal hat.

Wo führt das hin? Weniger Personal, mehr Aufgaben heißt zwangsläufig weniger Qua­lität. Das ist weder im Sinne der Bevölkerung, noch im Sinne der Kriminalpolitik. Die ersten Ergebnisse sieht man: Die Intensivbetreuung bei der Bewährungshilfe hat abge­nommen. Nur mehr ein Drittel aller Bewährungshilfefälle werden in Intensivbetreuung geführt. Da sind Sie in der Verantwortung, und Sie haben im Ausschuss keinerlei Ver­ständnis für unsere Kritik gezeigt. Sie sagen, die bekämen eh in etwa gleich viel wie bisher. Ich erinnere noch einmal: Die Aufgaben haben zugenommen.

Das andere ist Folgendes: Wenn für personalintensive Aufgabenbereiche, wie sie der Verein NEUSTART ausführt, gleich viel Geld fließt, dann ist das aufgrund der Perso­nalsteigerungen eine relative Kürzung. Vergessen Sie das nicht! NEUSTART ist kein Einzelfall, die gleiche Situation gibt es bei den Sachwalterschaftsvereinen. Die müssen jede zweite Anfrage ablehnen und können die Sachwalterschaft nicht übernehmen. Die Clearingstellen können nicht ausgebaut werden. Das Gleiche passiert bei der Prozess­


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begleitung, die bekommen auch nicht mehr. Auch da bedeuten wieder alleine die Per­sonalkosten, dass das eine relative Kürzung ist.

Ähnlich ist die Situation im Jugendstrafvollzug. Da war und ist seit Längerem bekannt, dass es extreme Missstände gibt, es war vor einigen Tagen wieder mediales Thema. In diesem Budget bieten Sie überhaupt nichts an, um diese Missstände zu beseitigen. Das Einzige, was Sie feststellen, ist, dass der geplante Bau eines Jugendgerichtes oder einer Außenstelle zum Landesgericht wieder nicht möglich ist. Das ist zu wenig. Es ist so! Sie haben das Geld nicht, aber Sie werden die Missstände im Jugendstraf­vollzug beseitigen müssen.

Die Liste könnte beliebig verlängert werden. Die größte Gefahr droht dem Rechtsstaat dadurch, dass er ausgehöhlt wird, indem er ressourcenmäßig immer schlechter ausge­stattet wird. Ich muss leider feststellen, dass es da bei Ihnen keine Trendumkehr gibt, sondern dass die Gefahr der Aushöhlung des Rechtsstaates auch durch diese Bud­getierung gegeben ist. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

3.05


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

 


3.05.53

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ich glaube, man muss schon sagen, dass im Verhältnis zu all den Einsparungen, die im Rahmen der Budgeterstellung durchgeführt worden sind, das Justizministerium si­cherlich relativ gut davongekommen ist. Es kam eigentlich auch bei Neustart und bei allen anderen Einrichtungen zu keinen Personalrücknahmen.

Das ändert natürlich nichts daran, dass es Personalbedürfnisse gibt, keine Frage. Es ist auch immer ein Thema, welche Mittel zur Verfügung stehen und wo man Prioritäten setzen kann. Der Strafvollzug ist natürlich momentan wirklich einer der Brennpunkte. Allerdings muss man auch dazusagen, dass es nicht die Idee der nunmehrigen Justiz­ministerin war, den Jugendgerichtshof aufzulösen. Das war eine extrem fahrlässige Entscheidung (Abg. Dr. Rosenkranz: Das stimmt doch gar nicht!), an der wir jetzt nach wie vor zu kiefeln haben.

Wenn man also sieht, dass tagtäglich Jugendliche im Grauen Haus im Strafvollzug ver­gewaltigt werden, dann ist das unerträglich. Ich glaube, Frau Ministerin, und ich darf Sie wirklich herzlich ersuchen, dass, auch wenn wir die Baumgasse jetzt verschieben müssen, es andere Möglichkeiten geben muss, da einzugreifen. Es ist völlig unmög­lich, dass am Freitag am Abend um 16 Uhr bis am Sonntag in der Früh bei sechs Leu­ten mehr oder weniger die Bewachung herausgenommen wird. Noch dazu gibt es ja relativ wenig Freizeitausgleich, wenig Sport. Da staut sich natürlich etwas auf, und dann sind die Schwächsten jeweils die, die unter die Räder kommen – da müssen wir sicherlich stark dagegen auftreten. (Ruf beim BZÖ: ... Sexualstraftäter!)

Frau Minister, Sie haben sicherlich unsere Unterstützung, ich glaube, Sie haben die Unterstützung aller hier im Haus, wenn es vernünftige Maßnahmen gibt – vielleicht kann man mit einer Kaserne etwas machen. Aber das, was derzeit stattfindet, ist schlicht und einfach inakzeptabel. Machen wir es gemeinsam!

Ein weiterer Punkt sind sicherlich auch die ganzen Regelungen, die wir um den § 278a und all diese anderen unbestimmten Begriffe haben, weil wir feststellen, dass wir eigentlich eine Unmenge an Geld in ein Verfahren – nicht nur in der Justiz, sondern auch im Rahmen des Innenministeriums – gesteckt haben, von dem sich nunmehr he­rausstellt, dass es eine absolute Fehlinvestition war.

Ich glaube also, dass wir in der nächsten Zeit sicher viele Herausforderungen zu be­wältigen haben werden. Das um 3 Uhr zu besprechen, ist sicherlich alles andere als


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besonders vernünftig. Aber ich glaube, dass wir viele Diskussionen führen werden, um gute justizpolitische Arbeit zu leisten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

3.08


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.

 


3.08.39

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Zunächst, Herr Kollege Donnerbauer: Wenn man die Debatte zur Nachtstunde beklagt und die namentlichen Abstimmungen dafür verantwortlich macht, dann muss ich daran erin­nern, dass die Bundesregierung durch einen Bruch der Verfassung dieses Budget erst in den letzten Dezembertagen dem Parlament zuleitet. Da kann man nicht die Nachtstunden und die Abstimmung beklagen – die einzigen Möglichkeiten, die die Op­position hat, sich zur Wehr zu setzen und Protest gegen Ihren Verfassungsbruch zu üben, meine Damen und Herren. (Beifall bei BZÖ und Grünen.)

Das war der entscheidende Punkt, warum wir diesen Protest gemacht haben: Weil Sie verspätet waren, weil Sie die Verfassung gebrochen haben. Tut nicht Täter- und Op­ferrolle verkehren! Es war Ihre eigene Bundesregierung, Ihr eigener Bankenminister, der aus wahltaktischen Gründen das Budget nicht rechtzeitig dem Parlament zugeleitet hat. (Rufe bei der ÖVP: Schrei net so!) Also vergießen Sie hier keine Krokodilstränen, beklagen Sie sich bei Ihrem eigenen Bankenminister!

Zweite Vorbemerkung: Herr Kollege Kräuter, ich weiß nicht, ob ich die aktuelle Redner­liste habe, aber ich vermisse Ihre Wortmeldung in dieser Debatte. Sie haben doch im Ausschuss großspurig angekündigt, dass Sie hier Telefonabhörprotokolle verlesen wol­len. (Abg. Dr. Kräuter: Was geht denn das Sie an?) – Bitte? Ich frage Sie ja nur. Was geht das mich an? (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von BZÖ und SPÖ.)

Er macht eine großspurige Ankündigung, reißt seinen Rachen auf und sagt, dass er hier – zur Immunisierung – die Debatte dazu benutzen wird, die Telefonabhörprotokolle zu verlesen. Wo sind sie? (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.) – Ach, Sie kommen noch? Der Herr Kräuter kommt noch. Ich bin extra hier geblieben und habe mir ge­dacht, heute bekomme ich endlich die Abhörprotokolle des Herrn Kräuter geliefert.

Nun, wo sind denn die Abhörprotokolle? (Abg. Dr. Kräuter: Abwarten!) – Sie kommen noch. Heute noch? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.) Morgen kommen sie. Wann? Können wir erfahren, wann? (Abg. Dr. Kräuter: Abwarten! – Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.) – Er weiß es noch nicht. Haben Sie die Abhörprotokolle schon? Wann wollen Sie die Telefonabhörprotokolle bringen? Beim Landwirtschafts­budget, oder wann wollen Sie sie bringen? (Abg. Dr. Kräuter: Nein, ...!) – Nein. Wann dann? Beim Verkehrskapitel? Das könnte sein, das Telefon hat etwas mit dem Verkehr zu tun. Auch eine Möglichkeit. Also wann kommt das morgen, Herr Kollege Kräuter? (Abg. Dr. Kräuter: Abwarten!) – Abwarten müssen wir.

Also wir halten fest: Kollege Kräuter hat eine großspurige Ankündigung getätigt, ist aber nicht in der Lage, diese Telefonabhörprotokolle hier vorzutragen. Meine Damen und Herren, halten wir das für das Protokoll fest! (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) Können wir irgendwann im Laufe der nächsten Jahre damit rechnen, dass es diese Ab­hörprotokolle geben wird? – Abwarten, ja, ich habe es verstanden. Gut.

Frau Bundesministerin, da wir schon beim Abwarten sind: Die Bürger haben nicht so viel Interesse am Abwarten. Die Verfahren dauern nach wie vor zu lange. Das ist Ihnen bekannt; ich weiß, dass auch Sie selbst das so sehen. Aber der leichtere Zugang zum Recht ist es nicht, auch wenn natürlich Ihr Ressort relativ glimpflich davonkommt – das stimmt schon, da hat Kollege Jarolim recht –, aber dennoch ist es kein leichterer Zu­


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gang zum Recht, wenn man gleichzeitig die Gerichtsgebühren bei der sogenannten Glättung hinaufschnalzt – in einem Fall um bis zu 83 Prozent, glaube ich –, und zwar unter Bruch eines Versprechens, das man beim EU-Beitritt gegeben hat.

Man hat damals gesagt, nein, der EU-Beitritt wird nicht dazu führen, dass bei der Ein­führung des Euro, bei der Umstellung der Währung die Abgabenbelastung für die Bür­ger größer wird. Dann hat man die Beträge, die entsprechenden Streitwerte 1 : 1 um­gerechnet – das war korrekt –, und nun glättet man sie, aber natürlich nicht nach oben, sondern nach unten, und damit werden natürlich alle Zivilverfahren automatisch teurer. Das ist logisch, eine fadengerade Geschichte. (Zwischenbemerkung von Bundesminis­terin Mag. Bandion-Ortner.) – Praktisch für alle, Frau Bundesministerin, praktisch alle!

Ich sage es noch einmal: In einem Punkt beträgt die Steigerung sogar bis zu 83 Pro­zent, um die die Gerichtsgebühren hinaufgeschnalzt werden.

Natürlich ist auch die Reduktion der Amtstage, auch wenn es nicht zur völligen Ab­schaffung kam, keine Methode des leichteren Zugangs zum Recht.

Daher sage ich, Frau Bundesministerin: Ihr Ressort ist relativ glimpflich davongekom­men, aber es gibt einige Kritikpunkte, die auch in diesem Ressort anzubringen sind. Ich kritisiere beispielsweise auch, dass man jetzt eine Mindestgebühr von 400 € einführt, wenn man die Jahresabschlüsse zu spät vorlegt (Zwischenrufe bei der SPÖ) – bitte?; die Untergrenze ist 700 € –, oder dass man bei Firmenbucheintragungen oder Grund­bucheintragungen die Gebühren hinaufsetzt.

Oder auch, dass man die fahrlässige Körperverletzung in Zukunft überhaupt erst bei 14 Tagen Leiden ansetzt und darunter im Grunde das Ganze auf den Bürger, auf den Zivilrechtsweg verlagert. Auch das ist kein wirklich leichterer Zugang zum Recht. Denn: Die Verschuldensfrage war bisher auch bei der leichten beziehungsweise bei der fahr­lässigen Körperverletzung wenigstens im Strafverfahren klärbar, sodass man sich die­ser Beweisproblematik im Zivilverfahren begeben konnte beziehungsweise oft sogar einfach nur eine Einigung mit der Versicherung herbeiführen konnte, weil die Verschul­densfrage schon geklärt war. Das wird in Zukunft nicht mehr der Fall sein.

Das heißt, bei einer erheblichen Zahl an Verkehrsunfällen wird in Zukunft der Bürger selber das Prozessrisiko völlig tragen und die Verschuldensfrage auf dem Zivilrechts­weg klären müssen. Das alles sind keine Mittel des erleichterten Zugangs zum Recht, sondern im Grunde Verteuerung und Verkomplizierung beziehungsweise Verlagerung des Risikos auf den Bürger bei der Rechtssuche.

Das ist eine Tendenz, die leider mit diesem Budget zusammenhängt. Der Bürger muss immer mehr Lasten tragen für Aufgaben, für die er vorher schon Steuern zahlt, damit der Staat ihm dieses Service erbringt, und zwar in Zentralangelegenheiten des Staa­tes. Dazu gehört innere und äußere Sicherheit. Die Rechtspflege ist eine Zentralauf­gabe des Staates, für die der Bürger zu den Steuern, die er ohnehin schon zahlt, nicht zusätzlich noch hohe Gebühren zahlen müssen sollte.

Daher, Frau Bundesministerin: Diese Tendenz muss irgendwann wieder umgekehrt wer­den, sodass man dem Bürger den Zugang zur Rechtspflege nicht verteuert, sondern eben erleichtert und Gebühren wieder herabsetzt. (Beifall beim BZÖ.)

3.15


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Lausch. – Bitte.

 


3.15.18

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ho­hes Haus! Kollege Jarolim, wenn Sie sich hier herausstellen, den Jugendvollzug in Ös­terreich bekritteln und sagen, es sei eine Zumutung, wie die Jugendlichen in Österreich


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untergebracht werden, dann frage ich Sie: Kennen Sie das alte Jugendgericht mit dem Gefangenenhaus in der Rüdengasse? Haben Sie das jemals besucht? (Abg. Doppler: Sicher nicht! – Beifall bei der FPÖ.)

Kennen Sie das überhaupt? Sogar die Jugendlichen in Österreich sagen, diese Unter­bringung im 3. Bezirk war eine Zumutung und gehörte geschlossen. Dass Sie ein ideo­logisches Problem haben und hier Standesvertretung machen, weil kein Roter Präsi­dent des neuen Jugendgerichts wurde, das verstehe ich schon. Aber hier so zu tun, als ob in den österreichischen Haftanstalten täglich zwei oder drei Jugendliche vergewal­tigt würden, ist schlicht ein Witz. Da kennen Sie sich nicht aus! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Herr Kollege Jarolim, genau! Na wer da ahnungslos ist!

Frau Bundesministerin, vom Budget 2009 zum Budget 2011 steigern Sie in Ihrem Haus – und das ist ein bisschen verwerflich, das habe ich Ihnen schon beim letzten Mal ge­sagt – die Personalausgaben um genau 1 Million €. (Anhaltende Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.) – Ja, ich weiß, die Aufregung ist groß, aber das sind die Tatsachen. (Zwi­schenruf der Abg. Mag. Rudas.) – Ja, die Jugendhoffnung meldet sich auch.

Frau Bundesministerin, Sie sparen vor allem nicht in Ihrem Haus – das habe ich Ihnen schon beim letzten Mal gesagt – bei den Personalausgaben, sondern Sie sparen bei der Basis. Dort sparen Sie massiv bei den Personalausgaben. Zum Beispiel sind für die Justizanstalten im Jahr 2011 Einsparungen von 1,5 Millionen € geplant. Obwohl die Personalvertretungen – egal ob schwarz, rot oder blau – schon seit Jahren einen ekla­tanten Personalmangel und eine Personalnot bei der Exekutive in den Justizanstalten feststellen und immer wieder darauf hinweisen – das müsste auch Ihnen bekannt sein –, werden da Einsparungen von fünf Exekutivplanstellen vorgenommen. Das ha­ben wir im Budgetausschuss angefragt. Sie sagen, das wird in der Vollzugsdirektion stattfinden. Dazu muss man aber wissen, dass die Vollzugsdirektion schon jetzt dienst­zugeteilte Beamte von der Basis hat. Man kann schon sagen, da sparen wir dort ein, nur bringt das nichts, wenn man dann wieder fünf bis zehn Wachebeamte von der Ba­sis dorthin zuteilt.

Da wir das Ganze nicht mehr glauben, bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Lausch, Vilimsky und weiterer Abgeordneter betreffend notwendige Erhöhung der Planstellen der Verwendungsgruppen E 2a und E 2b für Exekutivbe­dienstete im Justizwachdienst

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Justiz wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass es zu keinen weiteren Einsparungen, sondern zu der unbedingt notwendigen Erhöhung der Planstellen der Verwendungsgruppen E 2a und E 2b für Exekutivbedienstete im Justiz­wachdienst kommt.“

*****

(Beifall bei der FPÖ. – Rufe bei der SPÖ: Redezeit! – Abg. Lausch – das Rednerpult verlassend –: Ich bin eh schon fertig!)

3.18


Präsident Fritz Neugebauer: Das sind freiwillige Redezeitbeschränkungen.

Der Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 90

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Lausch, Vilimsky und weiterer Abgeordneter betreffend notwendige Erhöhung der Planstellen der Verwendungsgruppen E 2a und E 2b für Exekutivbe­dienstete im Justizwachdienst

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung 13 – Justiz, in der 91. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 21. Dezember 2010

Im Budget des Bundesministeriums für Justiz ist für die Justizanstalten ein Budget
von 334,4 Millionen Euro vorgesehen. Dies ist um 3,2 Millionen Euro weniger als im Jahr 2010. Davon werden 1,5 Millionen Euro beim Personal eingespart.

Im Bundesgebiet werden 28 Justizanstalten betrieben. 16 Justizanstalten bei Gerichts­höfen Erster Instanz mit 7 Außenstellen, 8 Strafvollzugsanstalten mit 4 Außenstellen, eine Sonderanstalt für männliche Jugendliche, eine Justizanstalt für die Unterbringung nach § 21 Abs. 1 StGB, eine Justizanstalt für die Unterbringung nach § 21 Abs. 2 StGB mit einer Außenstelle, eine Sonderanstalt für die Unterbringung nach § 22 StGB mit einer Außenstelle.

Zurzeit gibt es ca. 9.000 Insassen in den österreichischen Justizanstalten. Diesen 9.000 Haftinsassen stehen im Verhältnis 3:1 nur ca. 3.000 Exekutivbedienstete im Jus­tizwachdienst gegenüber. Im Jahr 2011 werden wieder Planstellen gestrichen. In den Ländern der europäischen Union beträgt das Verhältnis zwischen Insassen und Justiz­wachebeamten durchschnittlich 2:1.

Die Überstundenbelastung ist übermäßig. Das heißt, dass jedes Jahr von den Exeku­tivbediensteten im Justizwachdienst zusätzlich zur normalen Dienstzeit beinahe 20 Jahre an Überstunden geleistet werden! Laut Personalplan des Bundesfinanzge­setzes 2011 werden wieder Planstellen bei den Exekutivbediensteten im Justizwach­dienst eingespart.

Es darf nicht schon wieder bei der Sicherheit zum Nachteil der Bediensteten gespart werden und eine Erhöhung der Planstellen für Exekutivbedienstete im Justizwach­dienst ist unbedingt notwendig.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Justiz wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass es zu keinen weiteren Einsparungen, sondern zu der unbedingt notwendigen Erhöhung der Planstellen der Verwendungsgruppen E 2a und E 2b für Exekutivbedienstete im Justiz­wachdienst kommt.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Musiol. – Bitte.

 


3.19.06

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Gute Morgen, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Kollege Lausch, Sie haben offensichtlich justizpolitisch


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 91

oder vor allem jugendjustizpolitisch keine Ahnung! (Abg. Lausch: Sagen Sie! Das ist Ihre Meinung! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich war im Jugendgerichtshof Rüdengasse. Es war ein altes Gebäude, aber eines war klar: Der Jugendgerichtshof Rüdengasse ist auf die Bedürfnisse und die Notwendig­keiten von jungen und jugendlichen Gefangenen eingegangen. Das kann die Justiz­anstalt Josefstadt nicht! (Beifall bei den Grünen.)

Wenn Sie hier Polemiken betreiben, indem Sie hier über irgendwelche Besetzungspa­ranoia sprechen, dann fahren Sie damit über all die Jugendlichen hinweg, die genau dieser Gewalt, die Kollege Jarolim ausgesprochen hat, tagtäglich ausgesetzt sind. Und das ist zynisch! (Beifall bei den Grünen.)

 Aber nun zu einem anderen Punkt aus dem Bereich der Justiz, nämlich zur Therapie von Suchtkranken. Wir haben uns im Ausschuss schon damit befasst, Frau Ministerin. Es ist ja vorgesehen, dass eben nach dem Suchtmittelgesetz Suchtkranke unter be­stimmten Voraussetzungen sich einer Therapie zu unterziehen haben. Das gibt es ent­weder innerhalb der Haft, innerhalb der Justiz, da wird es von der Justiz selbst erledigt, aber auch durch Einrichtungen außerhalb der Justiz, vor allem dann, wenn Suchtkran­ke aus verschiedenen Gründen nicht in Haft genommen werden.

Und jetzt machen Sie Folgendes: Sie beschließen, dass diese Therapie maximal sechs Monate dauern darf, und zwar für Therapien, die in jenen Einrichtungen stattfinden, die außerhalb der Justiz liegen. Wenn man je im Suchtbereich tätig war – und ich war das als Sozialarbeiterin –, dann weiß man, dass man nicht alle Suchtkranken über einen Kamm scheren kann und dass man nicht sagen kann, dass jemand automatisch nach sechs Monaten fertig therapiert ist. Das zeigen auch die Zahlen der ExpertInnenein­richtungen.

Der „Grüne Kreis“ hat zum Beispiel Zahlen zur Verfügung gestellt, aus denen ganz klar hervorgeht, die durchschnittliche Aufenthaltsdauer dort in diesen Einrichtungen ist zwar 90 bis 143 Tage, liegt also – für alle, die jetzt zu diesem Zeitpunkt noch rechnen kön­nen – innerhalb dieser sechs Monate, aber man muss dazusagen: Sieht man sich die Aufenthaltsdauer derer an, die eine Therapie auch erfolgreich beenden – und nicht zu jenen zählen, die eine Therapie vorzeitig abbrechen, die aber auch in diesen Durch­schnitt mit einberechnet sind –, dann ist die durchschnittliche Therapiedauer 268 bis 363 Tage. Und wer jetzt noch immer rechnen kann, kann sich leicht ausrechnen, dass das weit über diesen sechs Monaten liegt.

Ihre Aussage im Ausschuss, dass der Trend ja in Richtung ambulante Therapie und weg von stationärer geht, entspricht nicht den Tatsachen. Es gibt Suchtkranke, die eben mehr als sechs Monate stationären Aufenthalt brauchen. Es gibt natürlich auch Suchtkranke, die weniger brauchen und für die eine ambulante Einrichtung besser ge­eignet ist. Aber hier alle über einen Kamm zu scheren und es zu verunmöglichen, dass Menschen, die dies dringend notwendig haben, die nötige Hilfe bekommen, ist kurz­sichtig und in diesem Sinne von uns zu kritisieren.

Und in diesem Sinne: Gute Nacht! (Beifall bei den Grünen.)

3.22


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


3.22.44

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Justizministerin! Wir haben einige Pro­blembereiche mit Ihnen im Ausschuss diskutiert. Es hat uns ein bisschen verwundert, dass Sie es abgelehnt haben, so wie wir es beantragt und unterstützt hätten, dass Sie 80 Dienstposten mehr bekommen. Anscheinend sind Sie zufrieden mit dem, was Sie haben. Wir hätten geglaubt, dass gerade im Sinne der schnelleren Verfahren und des


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 92

direkten Zugangs zum Recht diese 80 Dienstposten hilfreich gewesen wären. Aber bitte, das müssen Sie verantworten.

Was uns aber im Ausschuss besonders irritiert hat, war die Diskussion über die Häft­lingszahlen und die Frage: Ist es aufgrund der hohen Häftlingszahlen notwendig, ein neues Gefangenenhaus zu errichten? Sie haben gesagt, Ihnen ist lieber, die Häftlinge zu entlassen als ein neues Gefängnis zu bauen. Ich sage Ihnen, da haben wir eine andere Meinung. Wenn jemand zu einer Strafhaft verurteilt worden ist, dann soll er diese auch absitzen, und nicht dass Sie sagen – das klingt ja schon nach Broda’schen Ideen –, Sie sind froh, wenn es keine Häftlinge gibt. Das sind wir auch, aber wenn sie verurteilt sind, dann sollen sie ihre Strafe auch absitzen. Und da haben Sie die Verant­wortung, dass die notwendigen Gebäude vorhanden sind und die entsprechende In­frastruktur eingerichtet ist. (Beifall beim BZÖ.)

Ein weiterer Punkt, wo wir im Ausschuss anderer Meinung gewesen sind, war die Fra­ge der bedingten Entlassung, vor allem für Sexualstraftäter. Sie haben gemeint, wie so oft, man soll sie bedingt entlassen, denn nur dann könne man auch begleitende Maß­nahmen setzen. Da sind wir auch ganz anderer Meinung. Wir sind der Meinung, gera­de bei Sexualstraftätern soll es keine bedingte Entlassung geben, dafür aber lebens­lange Maßnahmen zur Beobachtung dieser Straftäter, denn das Restrisiko einer Wie­derholung, eines Rückfalls darf nicht auf die Gesellschaft überwälzt werden, vor allem dann nicht, wenn es um Kinder geht.

Frau Justizministerin, da würden wir uns mehr Initiativen von Ihnen erwarten. Das ist Ihre Verpflichtung. Da hätten Sie auch unsere Unterstützung. Da ist im Ausschuss lei­der sehr wenig gekommen. (Beifall beim BZÖ.)

Lassen Sie die Ideologie, dass der Täter nicht selbst verantwortlich ist, sondern ein Opfer der Gesellschaft, also von uns allen, und deshalb haben wir auch das Risiko zu tragen, in dieser Hälfte des Hauses, und überlegen Sie sich, ob Sie nicht der Bevölke­rung hier eine entsprechende Verantwortung schuldig sind.

Und ganz zum Schluss, was auch im Budget nicht ganz verständlich gewesen ist: eine sehr starke Reduzierung der Haftentschädigungen für unschuldig Einsitzende. Ich glaube, wenn jemand nachweislich unschuldig in Haft genommen worden ist, dann wä­ren – man kann das ohnehin nicht entschädigen – die ursprünglichen Sätze schon ge­rechtfertigt gewesen.

Kollege Kräuter ist heute angesprochen worden auf seine angekündigte, dann nicht durchgeführte Aktion der Immunisierung von vertraulichen Akten. Auch das haben wir im Ausschuss diskutiert, und ich möchte das hier auch noch einmal klar sagen. Es ist ganz interessant, wie vor allem in den letzten Wochen und Monaten Gerichtsakten 1 : 1, zumindest dort, wo es passt, an die Öffentlichkeit gespielt werden. Sie, Frau Mi­nisterin, haben im Ausschuss gesagt, das kommt nicht von der Justiz. Wir wissen es nicht, und Sie wissen es auch nicht.

Wir wissen nur eines: dass diese Akten unzureichend geschützt sind. Der Rechnungs­hof kann es entsprechend nachvollziehen, von wem Akten hinausgegangen sind. Die Innenministerin hat gesagt, sie hat das mittlerweile so organisiert, dass es nicht aus­zuschließen, aber erschwert möglich ist, dass diese Akten von eigenen Bediensteten an die Öffentlichkeit gebracht werden. Das würden wir auch von Ihnen erwarten, denn es geht hier um die Rechte unschuldiger Privatpersonen, die wir auch schützen müs­sen.

Es gibt sehr wohl ein Interesse an Aufdeckung, aber vor Vernaderung, Verleumdung und vor Amtsmissbrauch muss man die Bevölkerung schützen. (Beifall beim BZÖ.)

3.27



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 93

Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Winter. – Bitte.

 


3.27.26

Abgeordnete Dr. Susanne Winter (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Werte Kolle­gen, insbesondere von der ÖVP und von der SPÖ, ich werde Ihnen heute einen Satz sagen, der gestern gesagt wurde, der morgen gesagt werden wird und der wahrschein­lich das ganze nächste Jahr gesagt werden wird:

Ihr Budget ist kein gerechtes, kein sozial ausgeglichenes, sondern es ist ein Belas­tungsbudget! Es ist ein Budget, das die Familien, die Kinder, die Pendler, die Autofah­rer, die Bankkunden und, und, und ausgesprochen belastet. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie sind weit davon entfernt, dass Sie die tatsächlichen Problemzonen angesprochen haben, nämlich Verwaltungsreform, Föderalismus und Gesundheit. Und, Frau Minister, Sie haben das weitergeführt, was Ihr Finanzminister Ihnen vorgegeben hat, nämlich die Abzocke bei jenen Bevölkerungsgruppen, die sich am allerwenigsten dagegen wehren können.

Frau Minister, Sie kennen sicher den offenen Brief, der von vielen Juristen, von De­kanen, von Präsidenten der Rechtsanwaltskammer und der Staatsanwaltschaft und so weiter unterschrieben worden ist, nämlich in Bezug auf die Rechtspraktikanten. Diese Kürzung der Ausbildungszeit für Rechtspraktikanten von neun Monaten auf fünf Mona­te, das ist ganz einfach ungeheuerlich. Sie wissen, dass unser juristisches Ausbil­dungssystem ein zweistufiges ist: Erst erfolgt die sehr theoretische Ausrichtung auf den Beruf an den Universitäten und dann die praktische Ausbildung im Gericht.

Sie haben damit aber nicht nur den Rechtspraktikanten einen schlechten Dienst erwie­sen und den künftigen Richtern und vielen anderen auch, sondern auch den Gerichten. Denn es ist ja sehr wohl vorgesehen, dass der Amtstag in einer gewissen Form er­halten bleibt. Es bleiben aber auch die Klagen und die Anträge am Amtstag erhalten, und Rechtspraktikanten sind eigentlich die akademischen Hilfskräfte der Richter.

Ich kann mich noch sehr gut an meine Zeit erinnern, und ich habe mit einigen Rechts­praktikanten in Graz gesprochen. Nach wie vor ist es immer noch der gleiche Ablauf: Sie müssen zwar einerseits die Akten der Richter tragen, müssen aber andererseits auch die liegengebliebenen und die neuen Urteile der Richter sehr oft einmal vorab ausfertigen. Ich glaube, gerade diese Gerichtsleute und diese Rechtspraktikanten ha­ben es verdient, dass sie auch ein entsprechendes Gehalt bekommen. Und dies um 20 Prozent zu kürzen, das ist einfach ungeheuerlich.

Und noch etwas finde ich ungeheuerlich, Frau Minister. Wir haben Sie darauf ange­sprochen, und Sie waren der Meinung: Na ja, die gehen um zwölf nach Hause, warum soll man denn die so entlohnen? – Bitte erkundigen Sie sich in den Gerichten. So läuft das nicht.

Noch einmal ein kleiner Satz als Abschluss in Richtung der SPÖ, zum Kollegen Cap. Er war ja heute am Vormittag der Meinung, dass das Budget ein Weg der Gerechtigkeit ist, der weitergegangen werden muss. Ich darf Ihnen dazu die „Kleine Zeitung“ vom 16. Dezember zitieren. Dort steht unter dem Titel „Sauer auf Koalition“: 51 Prozent sind nicht der Meinung, dass es in unserem Land alles in allem gerecht zugeht. – Mehr, glaube ich, ist dazu nicht zu sagen. (Beifall bei der FPÖ.)

3.30


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Westentha­ler. – Bitte.

 


3.31.00

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Der aktuelle grausame Fall des Erwin K. und der Anita K. – nur zur Erinnerung, wer es nicht


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 94

mehr weiß, das ist ja erst in den letzten Tagen und Wochen diskutiert worden, auch in der Öffentlichkeit – hat gezeigt, wie wichtig es ist, nicht nur eine lebenslange Kontrolle und Aufsicht über Sexualstraftäter durchzuführen, sondern vor allem, Frau Ministerin, ersuchen wir Sie noch einmal eindringlichst, zu überlegen, die Tilgungs- und Verjäh­rungsfristen bei Sexualstrafdelikten einer genauen Prüfung zu unterziehen. (Beifall beim BZÖ.)

Denn Sie wissen, was passiert ist: Erwin K., der sich da als „Vater“ von Anita K. aufge­spielt hat, die er grausam ermordet hat, der in den siebziger bis neunziger Jahren mehr­fach einschlägig vorbestraft und verurteilt worden ist wegen Vergewaltigung, Blut­schande und weiterer Delikte, ist, an den Jugendämtern vorbei, ohne jegliche Bean­standung, überhaupt an dieses Kind herangekommen.

Da stimmt doch etwas im System nicht, da ist ein Fehler im System, dass so etwas passieren kann, dass so eine – ich sage das hier ganz ausdrücklich – Bestie überhaupt in die Nähe einer Minderjährigen kommen kann und sich dann auch noch selbst zum Erziehungsberechtigten ernennen kann. Und das Ganze vorbei am Jugendamt, an den Behörden. Da muss etwas geschehen! Das kann so nicht sein. Frau Ministerin, da ha­ben Sie Handlungsbedarf.

Genauso wie bei den vorzeitigen Haftentlassungen, wo allein seit dem Jahr 2006 1 880 Rückfalltäter wieder einsitzen, die vorzeitig bedingt entlassen worden sind. Allein in den Jahren 2008 bis 2010 waren es 310 Sexualstraftäter, Sexualstraftäter mit zum Teil schweren Delikten, die vorzeitig bedingt entlassen worden sind, und davon sind 29 Rückfalltäter. 29 weitere Fälle! Da geht es nicht um einen Fall bei diesen Rückfalltä­tern, sondern meistens gleich und mehrere, um Serientäter, die da ihr Unwesen getrie­ben haben. Daher ist es wirklich dringend notwendig, zu überlegen, wie man diesen Sexualstraftätern tatsächlich den Garaus macht in dem Sinne, dass man sie nicht mehr auf die Öffentlichkeit, auf die Familien und auf die Kinder loslässt, sondern endgültig wegsperrt oder lebenslang kontrolliert. (Beifall beim BZÖ.)

Frau Minister, Sie haben gesagt, wir haben 8 600 Bestand in den Haftanstalten und 8 600 belegt. Das heißt, irgendetwas stimmt auch da nicht. Sie sollten sich überlegen und unseren Vorschlag ernst nehmen, nicht zu sagen, weil wir keine Haftplätze haben, lassen wir alle frei oder sperren wir niemanden mehr ein, sondern neue Haftanstalten und Möglichkeiten von neuen Hafträumen zu prüfen. Wir haben den Vorschlag ge­macht, etwa Bundesheerkasernen, die nicht mehr gebraucht werden, die zum Verkauf stehen, zu übernehmen und dort mögliche Haftplätze zu schaffen. Das wäre eine Idee.

Letzter Punkt: die sogenannte Emmentaler-Justiz. Frau Ministerin, prüfen Sie auch da Ihre Stellen! Zuletzt haben wir die Protokolle des Herrn Kulterer von der Hypo in der Zeitung gelesen – illegal, geheime Protokolle – oder den Strafakt beziehungsweise den vorbereiteten Akt des Herrn Strache im „profil“ – das finde ich auch nicht in Ordnung, dass der vorzeitig in den Medien berichtet wird – oder auch andere Fälle. Sie wissen, was wir meinen. Vergessen Sie nicht, dass ein Ministersekretär einer Ihrer Vorgänge­rinnen erst vor Kurzem verurteilt worden ist, weil er Bawag-Akten dem „profil“, damals noch dem Herrn Worm, zugespielt hat.

Also so aus der Luft gegriffen ist es nicht, dass auch aus Ihrem Haus ganz gezielt Ak­ten den Medien zugespielt werden. Da haben Sie eine Verantwortung, dass Sie, ähn­lich wie der Rechnungshof oder ähnlich wie das Innenministerium, Methoden der Co­dierung, der Sicherung von Akten finden, damit nicht ständig Menschen, die auch un­schuldig sind, wo sich herausstellt, es gibt überhaupt kein Verfahren oder das Verfah­ren wird eingestellt, in den Medien vorverurteilt werden. Da haben Sie einfach eine Verantwortung, Frau Ministerin. (Beifall beim BZÖ.)

3.35



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 95

Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Frau Bundesministerin Mag. Ban­dion-Ortner. – Bitte.

 


3.35.16

Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr verehrter Herr Staatssekretär! Ja, das Justizressort hat ein Budget von 1,1 Milliarden €, und wir haben einen Eigendeckungs­grad von fast 73 Prozent. Das ist alte Tradition in Österreich, und das führt dazu, dass die Justiz nicht den Steuerzahler generell etwas kostet, sondern vor allem die etwas kostet, die die Justizleistungen auch in Anspruch nehmen.

Bitte, das ist Kostenwahrheit, und ich finde, dieses Prinzip ist auch das richtige Prinzip. Das wurde letztens auch in einer Studie des Europarates hervorgehoben, die vor zirka einem Monat in Ljubljana präsentiert wurde.

Dort wurde auch ganz klar, dass die österreichische Justiz sich keineswegs zu verste­cken braucht, ganz im Gegenteil, dass wir sehr, sehr stolz sein können auf unser Jus­tizsystem. Wir sind im Opferschutz Nummer eins, wir sind in den vordersten Rängen, was die Schnelligkeit der Verfahren anlangt, und wir sind vor allem für den Steuer­zahler sehr günstig. Also ich lasse mir nicht immer alles schlechtreden. (Beifall bei der ÖVP.)

Ganz kurz noch zum Strafvollzug. Den einen gibt es zu viele bedingte Entlassungen, den anderen gibt es zu wenig bedingte Entlassungen, den einen gibt es zu viel Betreu­ung im Strafvollzug, und den anderen gibt es zu wenig Betreuung im Strafvollzug. Das ist doch der beste Beweis dafür, dass wir genau den richtigen Weg gehen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

3.37


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen zum Kapitel Justiz liegen nicht mehr vor.

Damit ist dieser Themenbereich abgeschlossen.

03.37.10UG 14: Militärische Angelegenheiten und Sport

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir gelangen zur Verhandlung über die Untergliede­rung 14: Militärische Angelegenheiten und Sport.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Podgorschek. – Bitte, Herr Kollege.

 


3.37.21

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Ich glaube, das letzte Mal, als ich zu dieser Tageszeit gesprochen habe, das war wahrscheinlich noch im Rahmen meiner Tätigkeit in der Miliz, wenn ich eine Befehlsausgabe beziehungsweise eine Lagebesprechung abgehalten habe. In einer ähnlichen Situation fühle ich mich jetzt wieder.

Wir haben eine sehr dramatische budgetäre Entwicklung in der österreichischen Lan­desverteidigung, und ich habe berechtigten Zweifel an der Fähigkeit zur Erfüllung der verfassungsmäßigen Aufträge. Unser österreichisches Bundesheer hat sicher eine, würde ich sagen, eingeschränkte Einsatzbereitschaft, und auch wenn immer wieder betont wird, sowohl von Ihnen, Herr Minister, oder auch von Ihrer Generalität, dass al­les zum Besten steht, sind das meiner Meinung nach nur Lippenbekenntnisse und die­nen nur zum Verstummen der Kritik und zur Ruhigstellung der Kritiker.

Wir haben ein Milizsystem, das mehr oder weniger durch die Politik zerstört worden ist. Das war schon damals, als wir durch politische Anweisung die sechs Monate


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 96

Dienstzeit eingeführt haben. Eine ordentliche Miliz ist mit sechs Monaten nicht mehr zu führen, und nachdem das auf Weisung der Politik eingeführt wurde, war – das kann man dann letzten Endes feststellen – die Miliz nur mehr auf freiwilliger Basis möglich. Alle Milizsoldaten haben dann letzten Endes keine Perspektive mehr gesehen, und das führt eigentlich zu einem Desaster.

Jetzt sind wir wieder in einer ähnlichen Situation: Jetzt wurde uns von der Politik die Diskussion zur Abschaffung der Wehrpflicht aufgezwungen. Das ist letzten Endes dann der nächste Schritt, dass wieder ein Teil unserer Verteidigungsbereitschaft verloren­geht.

In der Miliz wird massiv eingespart. 2011 sollen wieder 10 Prozent der Waffenübungen eingespart werden – in Euro ausgedrückt sind das 5,3 Millionen –, vor allem wird auch die Zahl der Milizübungstage massiv gekürzt.

Daher möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Podgorschek, Dr. Fichtenbauer, Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine weiteren Budgetkürzungen im Bereich der Miliz

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Landesverteidigung wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass es zu keinen weiteren Kürzungen im Bereich der Miliz kommt und der Nachwuchs von Milizkräften endlich sichergestellt wird.“

*****

(Beifall und Bravorufe bei der FPÖ.)

3.40


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Antrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Podgorschek, Dr. Fichtenbauer, Kunasek und weiterer Abgeordne­ter betreffend keine weiteren Budgetkürzungen im Bereich der Miliz

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung 14 – Militärische Angelegenhei­ten und Sport, in der 91. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 21. Dezember 2010

Die dramatische budgetäre Entwicklung in den letzten Jahren und Monaten lässt täg­lich mehr Zweifel an der Fähigkeit zur Erfüllung der verfassungsmäßigen Aufträge laut werden. Insbesondere die sträfliche Vernachlässigung der Miliz als integraler Bestand­teil des österreichischen Bundesheeres führt zu einer massiv eingeschränkten Einsatz­bereitschaft.

Der Stellenwert der Miliz ist ja bereits grundsätzlich im B-VG und im Wehrgesetz ge­regelt:

„Artikel 79. (1) Dem Bundesheer obliegt die militärische Landesverteidigung. Es ist nach den Grundsätzen eines Milizsystems einzurichten“ und im Wehrgesetz:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 97

„§ 1. (1) Das Bundesheer als die bewaffnete Macht der Republik Österreich ist nach den Grundsätzen eines Milizsystems einzurichten. Die Organisation des Bundesheeres hat den militärischen Erfordernissen für die Erfüllung seiner Einsatzaufgaben zu ent­sprechen. Die ständig erforderlichen Organisationseinrichtungen (Friedensorganisa­tion) haben den Bedürfnissen des für die Einsatzaufgaben notwendigen Organisations­rahmens (Einsatzorganisation) zu dienen“.

Nicht umsonst wurde und wird immer wieder bei der Diskussion die intensive Einbezie­hung der „Miliz“ als immens wichtige Säule für die operative Leistungsfähigkeit gespro­chen. Doch dienen diese pseudo Lippenbekenntnisse der Verantwortlichen meistens nur dem (untauglichen) Versuch der Ruhigstellung der Kritiker.

Die Leistungen der Miliz seien hier nur beispielhaft in Form des Berichtes aus dem Weißbuch 2008 dargestellt:

„Dies zeigt sich auch an der Einsatzleistung der Wehrpflichtigen des Miliz- und Reser­vestandes (seit dem 1. Turnus sihpolAssE/SchE kommen ca. 14 % der eingesetzten Soldaten aus dem Miliz- oder Reservestand) bzw. in deren Anteil an den Auslandsein­sätzen der Jahre 2007 und 2008 (insgesamt ca. 31 %, je nach Einsatzraum unter­schiedlich zwischen ca. 16 % bei AUCON EUFOR TCHAD/RCA bzw. ca. 60 % bei AUCON/UNDOF).“

Zur Zeit ist es aber leider so, dass die Miliz kaum noch Nachwuchs bekommt. Durch die Verkürzung der Wehrdienstzeit auf sechs Monate ist es zu einer de facto Abschaf­fung der verpflichtenden Milizübungen gekommen, da seitdem das Prinzip der Freiwil­ligkeit herrscht. Dazu ist das Milizsystem aber nicht attraktiv genug und die Perspektive durch die politische Führung ist geradezu ein Desaster.

Mittlerweile werden fast 70 Prozent der einrückenden Soldaten als Systemerhalter ein­gesetzt, was sich naturgemäß ebenfalls auf die Motivation für eine mögliche Milizlauf­bahnentscheidung auswirkt.

Die rein politische Entscheidung der Verkürzung der Wehrdienstzeit auf sechs Monate war ein übereilter Vorgriff auf eine Empfehlung der Bundesheerreformkommission. Die­se Verkürzung war nämlich dezidiert als letzte Maßnahme aller Reformempfehlungen ausgesprochen worden. Als Wahlzuckerl und budgetschonende Maßnahme wurde sie nur zu gerne vorgezogen und führte naturgemäß zu einer Zerstörung der Aufwuchs­fähigkeit der Milizverbände.

Die Offiziersgesellschaft äußert sich dazu wie folgt:

„Die sogenannte „strukturierte“ Miliz ist mit regionalen Unterschieden bei weitem nicht komplett aufgefüllt und schon gar nicht personell wie ausbildungsmäßig konsolidiert. Die Einheiten sind als solche nicht aufbietbar und könnten erst nach längerer Vorbe­reitungszeit einfache Einsatzaufgaben übernehmen. Die Einheiten sind auch nicht übungsfähig, um die erforderlichen militärischen Kenntnisse und Fertigkeiten im Ver­bund einzuüben und zu erhalten. Bekleidung und Mannesausrüstung sind überwiegend nicht mehr am Soldaten. Dazu kommen noch materielle Mängel, wie fehlende Kraft­fahrzeuge. ()Nicht geregelt ist auch der Aufbietungsmodus für die „strukturierte“ Mi­liz. Insgesamt sind die Voraussetzungen für den Aufbau und den Erhalt der Miliz, vor allem für den Personalersatz, völlig unzureichend. ()“

Im Jahr 2011 kommt es auch wieder bei der Miliz zu Einsparungen. Wie der Minister im Budgetausschuss darlegte, werden Waffenübungen und Funktionsdienste gegenüber dem Jahr 2010 um 10 % reduziert. 5,3 Millionen Euro werden im Bereich Entschädi­gungen für freiwillige Waffenübungen gestrichen. Auch die Anzahl der Milizübungstage sollen dem Vernehmen nach gekürzt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 98

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Landesverteidigung wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass es zu keinen weiteren Kürzungen im Bereich der Miliz kommt und der Nachwuchs von Milizkräften endlich sichergestellt wird.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte.

 


3.40.19

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich kann zu dem für den Herrn Minis­ter wahrscheinlich erfreulicheren Kapitel, nämlich zum Sport, sprechen und möchte vielleicht dort beginnen, wo die Geschichte der Sportförderung ihre Erfreulichkeit ge­startet hat, im Jahr 2000, als Bundeskanzler Wolfgang Schüssel nämlich den oberen Deckel der Sportförderung aufgehoben hat und seither die Sportförderung erfreuliche Höhenflüge feiert und heuer mit 129 Millionen € insgesamt den absolut höchsten Be­trag in der Geschichte des österreichischen Sports erreicht.

Das ist sehr erfreulich, denn damit kann der Sport seine Aufgaben erfüllen. Das ge­schieht einerseits im Breitensport, wo man das flächendeckende Vereinsnetzwerk be­dienen kann mit seinen über 14 000 Vereinen in ganz Österreich, die die Basis für die Jugendarbeit und für die Nachwuchsarbeit in Österreich sind.

Zum Zweiten kann man damit auch das Veranstalterland Österreich ausreichend dotie­ren, nämlich zum Beispiel mit der Schi-WM in Schladming im Jahr 2013 oder auch mit den Olympischen Jugendspielen im Jahr 2011, wobei sowohl die Allgemeine als auch die Besondere Bundes-Sportförderung ein ganz ein wesentlicher Beitrag dazu sind.

Zum Dritten sind es die erfolgreichen Fachverbände, die die Basis für die Erfolge der Spitzensportler sind. Selbstverständlich bringen die Spitzensportler ihre eigenen Leis­tungen ein, aber die Unterstützung aus den Verbänden und den Vereinen ist eine ganz wichtige.

Damit das Ganze eine ordentliche Abrundung findet, gibt es ja eine Reform dieser Bun­des-Sportförderung, und hier ist es ganz wichtig, dass wir transparente und effiziente Vergabe und vor allem die Kontrolle in dieser Hinsicht einführen und die Autonomie des Sports wahren.

Herr Minister, Sie wissen, Sie haben in uns im organisierten Sport einen Partner in jeder Beziehung. Schauen wir, dass diese finanzielle Ausstattung dorthin kommt, wo sie hinkommen soll, nämlich zu den Vereinen und zu den Sportlern, damit wir weiterhin ein erfolgreiches Sportland bleiben! – Danke. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

3.42


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte.

 


3.42.36

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine Damen und Herren! (Abg. Mag. Molte­rer: Sprichst du jetzt zum Sport?) Das würde dir so passen! Selbstverständlich nicht, selbstverständlich zu den 27 000 höchstgefährdeten jungen Männern, die, wenn nicht bald eine vernünftige Entscheidung getroffen wird, wieder Tranche für Tranche zu ei­nem vollkommen sinnlosen militärischen Zwangsdienst eingezogen werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 99

Ich respektiere die Position der Freiheitlichen Partei, die sagt: Okay, wir vertreten die Milizoffiziere bis hinauf zu den Milizgenerälen! Die wollen sich regelmäßig treffen. Die einen spielen den Feind, die anderen spielen die Unsrigen, mit Panzern, Kanonen, al­lem möglichen. Und dann wollen sie in dieser Republik auf Kosten der Steuerzahler und Steuerzahlerinnen Krieg spielen.

Nur: Niemand außer diesen seltsamen Menschen mit ihren seltsamen Freizeitvorstel­lungen braucht diese Miliz. (Abg. Strache: Es geht auch um die Zivildiener, um die so­ziale Sicherheit! Die Zivildiener werden ja dann auch gestrichen! Das darf man nicht vergessen!) Niemand braucht diese freiheitlichen Abenteuerspielplätze. Das ist völlig überflüssig und kostet sehr, sehr viel Geld.

Im Gegensatz zur Freiheitlichen Partei, die die Interessen der Jugend vollkommen ig­noriert (Abg. Strache: Machen wir doch eine Volksabstimmung! Ich freue mich auf das Ergebnis!), die die Interessen alter Milizabenteurer gegen die österreichische Jugend vertritt, stelle ich beim Verteidigungsminister fest, dass er, trotz früherer Äußerungen, in den letzten Monaten begonnen hat, sich politisch zu bewegen. Ich glaube auch, dass die Diskussion bei der Enquete im Hilton auch für ihn durchaus überzeugend ge­zeigt hat, dass überall dort, wo es beim Militärischen nicht mehr primär um Landesver­teidigung geht, sondern um das sinnvolle Organisieren internationaler Friedenseinsät­ze im Rahmen der Vereinten Nationen, es mit der Wehrpflicht vorbei ist.

Nur die Staaten die ausschließlich oder weitgehend auf Landesverteidigung setzen, werden noch in absehbarer Zeit eine Wehrpflicht haben, und das sind so unterschied­liche Staaten wie Finnland oder die Türkei. (Abg. Strache: Oder die Schweiz!) Und jetzt vertritt die Freiheitliche Partei offensichtlich die Position, dass türkische Militärvor­stellungen uns näher sind als deutsche, schwedische, britische, holländische, italieni­sche, tschechische, slowenische und so weiter. (Abg. Strache: Die Schweiz ist uns sehr, sehr nahe! Die Schweiz ist das beste Vorbild!)

Sie wissen ganz genau, der militärische Zwangsdienst geht dem Ende zu. Das wird überprüft, und es wird nächstes Jahr eine Volksabstimmung geben. Wir werden in die­sem Haus den Antrag auf Durchführung einer Volksabstimmung einbringen. (Abg. Stra­che – Beifall spendend –: Hoffentlich!) Und wenn Sie auf der anderen Seite stehen, dann werden Sie, Herr Strache, einmal eine Lektion in direkter Demokratie erleben (Abg. Strache: Dann werden Sie auch sehen, wo die Mehrheit ist!), dann wird die ös­terreichische Jugend, und nicht nur die männliche Jugend, Ihnen eine Lektion bei einer Volksabstimmung erteilen und dann werden Sie zur Kenntnis nehmen, dass die Vor­stellungen, das Geld ins Militär statt in die Schulen, das Geld für Panzer und Kanonen statt in die Pflege und in die Sozialberufe zu investieren, keine Zukunft hat und Sie auch in diesem Punkt eine radikale Minderheit vertreten. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Stra­che: Meinen Sie die 8 Prozent der Grünen in diesem Haus?)

Ich halte es für sehr, sehr wichtig, dass hier in der SPÖ, die aus vollkommen anderen Gründen für die Wehrpflicht ist – das hat etwas mit Geschichte und Vorstellungen von Demokratie zu tun –, in Bezug auf die Wehrpflicht ein Umdenken stattfindet und sie sich Schritt für Schritt neuen Modellen nähert. (Abg. Strache: Pilz für Berufssoldaten! Pilz für die Berufsarmee!)

Nächstes Jahr wird es so weit sein, und ich bin mir sicher, dass es auch nächstes Jahr so weit ist, dass wir in diesem Haus eine klare parlamentarische Mehrheit gegen die klassisch freiheitlichen Vorstellungen von militärischen Zwangsdiensten haben. Ich freue mich auf die Volksabstimmung. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Strache: Pilz für ein Be­rufsheer!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 100

3.47


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Prähauser. – Bitte.

 


3.47.24

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Kollege Pilz, wir werden natürlich nächstes Jahr genau dieses Thema zu bera­ten haben, aber bevor es darüber zu einer Abstimmung in irgendeiner Form kommt, werden wir beauftragt sein, uns selbst entsprechend zu informieren, miteinander zu diskutieren und einen Weg aufzuzeigen, den dann die Bevölkerung auch nachzuvoll­ziehen in der Lage ist.

Es kann doch nicht so sein, dass jede Partei für sich der Bevölkerung eine eigene Sichtweise oktroyiert oder übersendet und dann auf Wunder wartet, dass die richtige Entscheidung gefällt wird.

Unsere Aufgabe als Volksvertreter ist es, das so vorzubereiten, dass die Menschen wissen, was sie erwartet. Auf der einen Seite können wir nicht so tun, als wären die Soldaten der Vergangenheit nutzlos gewesen und jede Investition hinausgeworfenes Geld. Die Hilfen allein bei Katastrophen und bei anderen Einsätzen sind nicht beziffer­bar. Das ist von der Volkswirtschaft nicht erarbeitbar, wenn das Professionisten ma­chen müssten.

Meine Damen und Herren, wenn wir dem Kollegen Pilz heute zugehört haben, dann konnten wir doch feststellen, dass er eigentlich das erste Mal durchblicken hat lassen, dass er ja im Grunde überhaupt kein Heer möchte, weil er ja gesagt hat, Geld für Pan­zer könne man für die Gesundheit verwenden, Geld für Waffen für Bildung. Damit ist der Weg zu jeglichem Einsatz für andere Zwecke natürlich geebnet.

Ich gehöre zu jenen, die meinen, wir haben die Landesverteidigung in der Verfassung verankert, wir sind auf die Verfassung vereidigt und haben diese auch ernst zu nehmen.

Natürlich ist auch – einer Diskussion sollten wir uns nicht verwehren – ein Einsparpo­tential von 530 Millionen € bis 2014 ein gewaltiger Schritt. Da ist man natürlich auch gefordert, aber es ist auch eine Chance, das ganze System neu zu überdenken. Es ist sicher modifizierbar, es ist effizienter zu gestalten, das ist keine Frage, aber was es letztendlich wird, das werden wir noch gemeinsam zu beraten haben.

Die Grundlage wird die Verteidigungsdoktrin sein, und dann haben wir einen Auftrag zur Erarbeitung eines Konzepts, dann haben wir Farbe zu bekennen, was es uns wert ist, die Landesverteidigung in Österreich zu finanzieren. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

3.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter List. – Bitte.

 


3.50.01

Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Da­men und Herren des Hohen Hauses! Herr Kollege Prähauser, Bundesminister Darabos hat – im Auftrag der SPÖ offensichtlich – das Bundesheer in die schwerste Krise der Gegenwart geführt. (Demonstrativer Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

In nur vier Jahren Amtszeit, Herr Bundesminister Darabos, haben Sie die Einsatzbe­reitschaft des Bundesheeres beinahe abgeschafft. Die Budgets sind bei Weitem zu gering. Das Bundesheer wird konsequent kaputtgespart. Katastropheneinsätze wie et­wa jener bei der Hochwasserkatastrophe in Niederösterreich im Jahre 2002 können nicht mehr bewältigt werden!

Trotzdem hat Bundesminister Darabos – in politischem Gehorsam! – ein weiteres Spar­paket beim Bundesheer, nämlich in Höhe von 530 Millionen €, ohne Widerrede akzep­tiert! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Dieses Sparen, geschätzte Damen und Herren, geht zu Lasten der letzten noch ver­bliebenen militärischen Einsatzbereitschaft – und wird vom BZÖ strikt abgelehnt! (Bei­fall beim BZÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 101

Mit diesem sinnlosen Sparen haben Sie die Motivation beim Kader in den Keller ge­führt: Die Soldaten sind frustriert, weil Investitionen zur Auftragserfüllung zurückgefah­ren, gestreckt oder überhaupt gänzlich gestrichen werden.

Minister Darabos kürzt in allen Bereichen, jedoch ohne das Setzen irgendwelcher Schwergewichte. Es gibt Kürzungen im Dienstbetrieb, in der Ausbildung – und selbst bei den Flugstunden wird gespart! Und damit wird die Sicherheit der Piloten gefährdet!

Wir vom BZÖ fordern als logische Konsequenz daraus: Im täglichen Betrieb darf nicht gespart werden, aber in der aufgeblähten Verwaltung ist Sparen selbstverständlich angesagt!

Gleichzeitig müssen wir feststellen, Herr Bundesminister Darabos, dass die Bundesre­gierung weiterhin Steuergelder fahrlässig verschwendet. Die Fortführung des Assis­tenzeinsatzes an der Ostgrenze ist absoluter Schwachsinn und muss sofort beendet werden!

Wir vom BZÖ fordern die Bildung einer neuen Bundesgrenzschutztruppe mit entspre­chenden Kompetenzen. Nur damit können lückenlose Grenzkontrollen durchgeführt werden. Dieser unser Antrag wird aber ständig von Ihnen von SPÖ und ÖVP sozusa­gen verschleppt – und das seit Monaten!

Geschätzte Damen und Herren! Der bisherige Verlauf der Debatte zeigt: SPÖ und ÖVP sind auch im Bereich der Landesverteidigung völlig zerstritten. Jeder bastelt an seiner eigenen „Sicherheitsdoktrin“. In dieser so wichtigen sicherheitspolitischen Frage gibt es kein gemeinsames Vorgehen in dieser Bundesregierung! Kollege Amon und auch Außenminister Spindelegger machen da einen Alleingang – und Bundesminister Darabos erhält von den selbsternannten Militärexperten Faymann und Häupl die Marschrichtung vorgegeben.

Jetzt ist Minister Darabos da „Spezialist“ – und plötzlich wird er zum Einzelkämpfer! Vorher war er ein bekannter Blockierer und hat jede Reform auf die lange Bank ge­schoben und immer wieder die gescheiterte Bundesheerreform 2010 verteidigt. Jetzt geht er in die Offensive – und das ohne eine seriöse Lagebeurteilung!

In Unkenntnis, im Nichtwissen, welche Aufgaben ein Bundesheer der Zukunft bewälti­gen muss, verscherbeln Sie jetzt, Herr Bundesminister, das Bundesheer. Das ist doch alles völlig ziel- und planlos!

Auf Teufel komm raus wird plötzlich „reformiert“ und „reformiert“ – und die ÖVP sieht tatenlos zu! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es ist doch geradezu erschütternd, dass die ÖVP da nicht einschreitet. Der Alleingang dieses Verteidigungsministers gehört abge­stellt!

Das Dulden der ÖVP zeigt, dass sich die ÖVP als Sicherheitspartei längst verabschie­det hat. Diese Verantwortung hat das BZÖ bereits übernommen (ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP), auch beim Bundesheer Neu.

Die meisten Staaten in Europa geben dem Berufsheer eine Chance, und zwar eine Riesenchance. Für viele anerkannte Experten – auch in Österreich – ist die Wehr­pflicht, wie sie jetzt durchgeführt wird, ein völliger ökonomischer Unsinn.

Und der allgemeine Tenor lautet: Das Bundesheer ist im Zerbröseln! Politisches Han­deln ist längst überfällig – und das BZÖ hat rasch reagiert! Unter der Verantwortung des kompetenten und erfolgreichen ehemaligen Verteidigungsministers Scheibner ha­ben wir die Lage rechtzeitig beurteilt, und es wurde ein Modell entwickelt, das wir be­reits vor Monaten vorgestellt haben.

Wir haben unsere Vorschläge dazu auch hier im Hohen Haus eingebracht. Es liegt jetzt an den Verhandlungen, was daraus wird. Wir vom BZÖ verlangen die sofortige Ausset­zung beziehungsweise Abschaffung der Wehrpflicht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 102

Wir vom BZÖ fordern für Österreich ein effizientes Freiwilligenberufsheer mit notwendi­ger Milizkomponente.

Zusätzlich müssen die Katastrophenschutzaufgaben für mögliche Assistenzeinsätze des Bundesheeres aufgewertet werden.

Solche Reformen, meine Damen und Herren, würden die Voraussetzungen für die Be­wältigung künftiger Aufgaben durch das neue Heer schaffen!

Sie, Herr Bundesminister Darabos, und Ihr Generalstab, der heute keine Nachtschicht eingelegt hat, wären gut beraten, unsere Modelle zu übernehmen, damit Schutz und Hilfe für Österreich garantiert werden können. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

3.54


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Kapeller. – Bitte.

 


3.54.56

Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller (ÖVP): Herr Minister! Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Eigentlich wollte ich nur mehr fürs Protokoll reden, aber nun ganz kurz, lieber Kurt List: Das Berufsheer auf freiwilliger Basis mit einer Milizkomponente, wie du das als Vertreter der selbst erkorenen „Sicherheitspartei“ forderst, würde wahrschein­lich das Doppelte wie dieses Mischsystem, das wir jetzt haben, kosten. Das könnte eine Berechnung darüber durchaus ergeben – aber sei´s drum.

Kollege Peter Pilz, ich muss ehrlich sagen: Deine pointierten Anmerkungen in den Un­terausschüssen, die relativ familiär sind, weil wir dort alle sehr eng beieinander sitzen, schätze ich wirklich sehr. Du, Kollege Pilz, bist ja in deiner Haltung konsequent, dass du dem Bundesheer nur ein Ziel verschaffen möchtest – und das ist in Wahrheit ein kleines, vielleicht feines Berufsheer. Aber jedenfalls willst du die Abschaffung der allge­meinen Wehrpflicht beziehungsweise jedenfalls die Abschaffung dessen, was es jetzt ist.

Hinweisen möchte ich schon auf Folgendes: Unser Bundesheer hat Inlandsaufgaben, die aber andere Heere, deren Situation wir kürzlich im Hilton präsentiert bekommen ha­ben, nicht haben. Diese präsentierten Länder sind fast alle, die zu einem Berufsheer übergegangen sind, in der NATO verankert. Das ist Österreich ja auch nicht.

Ich denke, gerade hier sitzen Parteien – auch in der Opposition –, die stets ein bünd­nisfreies und neutrales Österreich auf ihre Fahnen heften. Aber davon ist wirklich nicht mehr viel zu sehen! Ein Berufsheer ohne allgemeine Wehrpflicht und ohne Miliz­komponente kann nicht nur die geforderten Inlandsaufgaben nicht erfüllen, sondern da ist doch auch die Bündnisfreiheit und Neutralität unseres Landes in Frage gestellt. Und das stellen Sie in Frage – nicht wir! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

3.56


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kunasek. – Bitte.

 


3.56.32

Abgeordneter Mario Kunasek (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesmi­nister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Zu später, ja eigentlich früher Stun­de ein paar Sätze zu Ausführungen von Vorrednern.

Liebe Freunde, liebe Kollegen von der SPÖ, zu dieser Diskussion, die wir jetzt hier ha­ben – auch die Ausführungen des Herrn Pilz zeigen das –, sind wir aber nicht zuletzt deshalb gekommen, weil ein gewisser Bürgermeister Häupl in Wien diese Diskussion auf unseriöse Art und Weise losgetreten hat. (Demonstrativer Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 103

Leider wurde da bis dato seitens der SPÖ nicht eingegriffen. Häupl hat offensichtlich geglaubt, dass er auf diese Weise schnell bei der Jugend Stimmen holen kann – und den Endeffekt haben wir ja heute hier, auch in der Wortmeldung des Dr. Pilz, gesehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, jetzt einmal zum Budget: 65 Millionen € we­niger für das Jahr 2011 beim Bundesheer; 530 Millionen € weniger bis 2014. Und was das bedeutet, weiß, glaube ich, jeder hier, da braucht man kein großer Sicherheits­experte zu sein.

Was jedoch die ohnehin schon genug schlimme Situation noch mehr verschlimmert, sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, ist die Vorgangsweise von Bundesminister Darabos. Man weiß ja nicht erst seit gestern, dass das Bundesheer 530 Millionen € sparen muss, sondern das weiß man bereits seit dem Frühjahr 2010, und somit hätte man Zeit gehabt – und da bin ich schon beim SPÖ-Wehrsprecher Prähauser –, über Konzepte nachzudenken.

Das, was wir jetzt erleben, ist unkoordiniert, ohne Konzept, ist ein Sparen nach der Ra­senmäher-Methode. Ich will jetzt gar nicht alle Punkte aufzählen, denn das geht über den Abbau von 1 000 Mitarbeitern; die Flottenkilometer sollen beschränkt werden und ebenso die Flugstunden. Massive Einschnitte wird es geben bei der Truppe und eben­so massive Reduktionen im mechanisierten Bereich. – Meine sehr geehrten Damen und Herren, so kann man keine seriöse Sicherheitspolitik machen! (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundesminister Darabos, Sie haben, nicht zuletzt hier, mit diesem Budget wieder einmal bewiesen, dass Sie als Verteidigungsminister überfordert und Teil einer – ich sage das ganz offen – sukzessiven Zerschlagung des Bundesheeres sind. Und ich bedauere es sehr, dass hier Abgeordnete der SPÖ, aber vor allen Dingen auch Abge­ordnete der ÖVP – die Sie sich immer genüsslich zurücklehnen, wenn man Bundes­minister Darabos sozusagen ein bisschen nähertritt – diesem Treiben des Bundesmi­nisters zusehen und keine Schritte dagegen setzen.

Bis dato ist dazu von der ÖVP – außer ein Papier von Herrn Spindelegger – eigentlich nichts gekommen. Seriöse Debatten sehen anders aus!

Wir Freiheitlichen stehen für ein funktionierendes Bundesheer!

Wir Freiheitlichen stehen zur Wehrpflicht!

Wir Freiheitlichen stehen zu einer starken Miliz – und vor allen Dingen auch für ein si­cheres Österreich!

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kunasek, Dr. Fichtenbauer, Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zukunft des österreichischen Bundesheeres

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, mit Nachdruck darauf zu achten, dass trotz der geplanten Einsparungsmaßnahmen das österreichische Bundesheer auch in Zukunft seine verfassungsmäßigen Aufträge, die militärische Landesverteidigung mit all ihren in- und ausländischen Komponenten und in weiterer Folge die sicherheitspolizeiliche As­sistenz sowie die Hilfeleistung in Katastrophenfällen außergewöhnlichen Umfangs, er­füllen kann.“

*****


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 104

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist fünf vor zwölf in diesem Bereich! (Rufe: Es ist vier Uhr früh!) – In diesem Bereich ist es fünf vor zwölf, und ich bitte Sie daher, diesem Antrag zuzustimmen. Ich glaube, das sind wir dem Bundesheer – lieber Kurt List, du bist auch davon betroffen – und vor allen Dingen auch den Bediensteten des Bundesheeres schuldig. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

3.59


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Antrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kunasek, Dr. Fichtenbauer, Podgorschek und weiterer Abgeordne­ter betreffend Zukunft des österreichischen Bundesheeres,

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung 14 – Militärische Angelegenhei­ten und Sport, in der 91. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 21. Dezember 2010.

Das Bundesfinanzrahmengesetz 2011 bis 2014 sieht für den Bereich UG 14 „Militäri­sche Angelegenheiten“ Einsparungen in der Höhe von ca. 530 Millionen € bis 2014 vor. Im Budget 2011 gibt es ein Minus von ca. 65 Millionen €.

Die Reduktion im Sachaufwand führt zu einer massiven Reduktion der Fähigkeiten des Bundesheeres in der Erfüllung der verfassungsmäßigen Aufgaben. Die geplante neue Strukturierung des Bundesheeres und vor allem der nunmehr angekündigte Abbau der mechanisierten Truppe scheint nicht einmal mehr eine einzige vollständige Brigade nach internationalen Standards zuzulassen. Viele Soldaten und vor allem Offiziere wer­den daher nicht einmal mehr in der Ausbildung volle Verbände sehen, geschweige denn führen. Die Aushöhlung von Verbänden unter Wegnahme der schweren Waffen führt nur wieder zur Frage „wer braucht dann diesen Rumpfverband noch?“ und es wird daher auch dieser Verband aufgelöst.

Die Miliz als wichtiger Bestandteil des Österreichischen Bundesheeres mit einem we­sentlichen Anteil an der Aufgabenerfüllung wird zum Sterben verurteilt. So wurde schon bislang durch die systematische Aushungerung der Miliz die Fähigkeit zur militä­rischen Landesverteidigung (in welchem operativen Verfahren auch immer) defacto eliminiert. Die budgetierten Einsparungen auf diesem Gebiet führen zwangsweise zu weniger Übungsmöglichkeiten der Miliz-Soldaten. Dies wiederrum führt zu Wissensver­lust und unausweichlich zur Frage der weiteren Daseinsberechtigung im Rahmen künf­tiger Einsparungsdiskussionen.

Bei Auslandseinsätzen wurde als "Level of Ambition" der von der Bundesheerreform­kommission empfohlene Brigaderahmen auf zwei Bataillone heruntergefahren und die Zielerreichung auch zeitlich gestreckt. Offenbar sind durch derzeitige Budgetkürzungen dann noch weitere Reduktionen zu erwarten.

Auch im Bereich sicherheitspolizeilicher Assistenzen und Katastrophenhilfe, die auf­grund aktuell zu erwartender territorialer Bedrohungen sich im Allgemeinen als sehr personalintensiv herausstellen, sind weitere Kürzungen zu befürchten.

Es gibt keine neuen mittelfristigen Risikoanalysen, die Vorschläge zur neuen Sicher­heits- und Verteidigungsdoktrin will der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport erst nach dem Budgetbeschluss für 2011 vorlegen. Prophetische Aussagen wie


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jene, über die Möglichkeit künftiger Panzerschlachten, sind entbehrlich, da zum einen mit unserem Gerät maximal ein Panzerscharmützel aber sicher keine Panzerschlacht geschlagen werden kann, zum anderen verblüfft vor dieser Begründung das Interesse anderer Staaten an unseren Kampfpanzern. Vielleicht sollte man diesen Staaten auch unsere prophetischen Möglichkeiten zur Verfügung stellen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, mit Nachdruck darauf zu achten, dass trotz der geplanten Einsparungsmaßnahmen das österreichische Bundesheer auch in Zu­kunft seine verfassungsmäßigen Aufträge, die militärische Landesverteidigung mit all ihren in- und ausländischen Komponenten und in weiterer Folge die sicherheitspolizeili­che Assistenz sowie die Hilfeleistung in Katastrophenfällen außergewöhnlichen Um­fangs, erfüllen kann.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Bundesminister Mag. Darabos. – Bitte.

 


4.00.09

Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Guten Morgen! Zum Budget kommend: Ich bin sehr überrascht und auch erfreut, dass diese Diskussion über die Zukunft des österrei­chischen Bundesheeres in die Budgetdebatte einfließt, aber ich möchte mich ange­sichts der späten, besser gesagt, der frühen Stunde, nunmehr auf das Thema Budget konzentrieren.

Ich darf einige Worte zu Ausführungen von FPÖ-Abgeordneten hier sagen, und zwar ohne jede Polemik. Sie können sicher sein, dass die Fähigkeit des österreichischen Bundesheeres mit dem Budget 2011 und auch mit den nachfolgenden Budgets bis 2014 gewährleistet sein wird. Wir haben – im Gegensatz zu manchen Vorgängerregierun­gen – auch die Milizübungen, die Sie angesprochen haben, wieder eingeführt. Ich habe das persönlich getan; das werden Sie ja nicht abstreiten können. Das wollte ich jetzt ganz kurz vorausschicken.

Ich stehe dazu, dass wir ein Konsolidierungsprogramm insgesamt in Österreich zu fah­ren haben – und dass das österreichische Bundesheer bis zum Jahr 2014 mit 530 Mil­lionen € betroffen sein wird. Ich möchte nur in diesem Konnex noch sagen, dass beispielsweise die Bundesrepublik Deutschland 8 Milliarden € im gleichen Zeitraum einzusparen hat. 8 Milliarden €! Auch wenn die Bundesrepublik, Herr Kollege List, zehn Mal so groß ist wie Österreich: Wenn man das durch zehn dividiert, dann wären das 800 Millionen €.

Man kann also mit diesem Konsolidierungspaket auf österreichischer Seite durchaus leben. Was wichtig ist, ist, dass die Effizienz, dass die Effektivität gegeben ist und dass wir den Aufgaben Katastrophenschutz, Auslandseinsatz und dem hoffentlich sehr theo­retischen Fall der Landesverteidigung nachkommen können – und das können wir mit dem Budget 2011!

Ich möchte ganz klar und offen dazu sagen – das ist auch die Diskussion, die in den letzten Tagen gelaufen ist –: Ich stehe dazu, dass wir schweres Gerät abbauen, dass


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 106

wir die Zahl der Panzer halbieren, dass wir ... (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Sie haben uns Untätigkeit vorgeworfen, aber wir arbeiten seit längerer Zeit daran, und ich freue mich, dass zumindest dieser Punkt bei Ihnen auf Konsens trifft.

Ich bin der Meinung, dass wir auf Grund der geänderten sicherheitspolitischen Rah­menbedingungen – im Marchfeld ist kein Panzerkrieg zu erwarten – die Panzer in jet­zigen Ausmaß nicht mehr brauchen. Deswegen ein klarer Schritt, und nicht, wie Sie sa­gen, ein konzeptloses Vorgehen, sondern ein ganz klares Konzept, und zwar auf Grund der sicherheitspolitischen Lage.

Darüber hinaus ist das Verteidigungsministerium eines jener Ressorts – ich habe das heute sehr genau verfolgt, hier live aber auch über das TV-Gerät: gerade von der FPÖ ist ja dauernd die Forderung nach Verwaltungsreform gekommen –, das eine Verwal­tungsreform tatsächlich umsetzt. Und ich bitte Sie da auch um Ihre Unterstützung. (Zwi­schenruf bei der FPÖ.)

Nicht Panzer verkaufen, sondern Personal abbauen! 1 000 Personen werden bis 2014 abgebaut. Darüber hinaus werden vom Überstandspersonal, das zugegebenermaßen da ist, 400 Personen dem Finanzminister zur Verfügung gestellt, und zwar zur Betrugs­bekämpfung. 200 Beamte und Beamtinnen über Stand werden aus dem Verteidigungs­ressort dem Ressort der Innenministerin zur Verfügung gestellt, damit es mehr Sicher­heit auf unseren Straßen gibt. – Also bitte, wenn das keine Verwaltungsreform ist, was ist dann überhaupt eine Verwaltungsreform?!

Ich würde Sie daher um Ihre Unterstützung in diesem Bereich bitten (Beifall bei der SPÖ) – und nicht nur sozusagen in den Reden hier vom Podium aus zu sagen, man solle in der Verwaltung sparen, man solle Beamte einsparen, aber wenn das dann tat­sächlich getan wird, dann dafür keine Unterstützung zu geben. – Okay, aber das ist ja von Ihnen nicht zu erwarten gewesen.

Wir werden auch weiterhin Liegenschaften verkaufen, werden beispielsweise Stand­orte in Wien zusammenlegen. Auch das halte ich für eine effiziente und gute Maßnah­me. Damit wollen wir 30 Millionen € erzielen, die dem Bundesheer direkt zugute kom­men werden.

Insgesamt ist dieses Budget jedenfalls dazu angetan, trotz dieses Sparvorhabens In­vestitionen zu gewährleisten. Wir haben das höchste Bauvolumen, das das Bundes­heer je gehabt hat, und zwar im Jahre 2011 mit 65 Millionen €. Auch das möchte ich heute betonen.

Meine Damen und Herren, Sie können davon ausgehen, dass die Budgets für die nächsten Jahre gesichert sind und dass wir unsere Aufgaben – damit schließt sich der Kreis – im Katastrophenschutz und im Auslandseinsatz, wo wir die stärkste Phase seit langer Zeit haben, und zwar mit 1 200 Soldatinnen und Soldaten am Balkan bezie­hungsweise am Golan, erfüllen können; ebenso die Landesverteidigung.

Zum Bereich Sport ganz kurz. Es war ja bisher nur ein Redner, der sich mit diesem Thema beschäftigt hat. Ich kann Ihnen zu 100 Prozent recht geben: Das ist das höchs­te Budget, das der Sport je hatte, nämlich mit 129 Millionen €.

Wir konnten mit den einzelnen Dachverbänden, mit den Fachverbänden, aber auch mit der BSO erreichen, dass wir es hier im Hohen Haus ermöglicht bekommen haben, die Grundfinanzierung für den Sport von 40 Millionen € auf 80 Millionen € zu erhöhen. Das ist ein tolles Ergebnis für den österreichischen Sport.

Wir werden im nächsten Jahr hier im Hohen Haus gemeinsam eine Förderreform zu diskutieren beziehungsweise durchzuführen haben. Und ich bin wirklich guten Mutes, dass wir ein neues Fördermodell schaffen können, und zwar eines, das mehr Gerech­


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tigkeit schafft und weniger nach dem Gießkannenprinzip vorgeht, und eines, das mehr und bessere Kontrolle schafft. Ich bin eigentlich sicher, dass alle hier im Hohen Haus vertretenen Parteien an einem Strang ziehen werden.

Wir werden, wie das Herr Abgeordneter Haubner schon angesprochen hat, auch nicht darauf vergessen, große Sportvorhaben zu finanzieren. So beispielsweise die Schi-WM 2013 in Schladming, wo Österreich sozusagen in der Auslage steht. Das gilt auch für die Jugend-Olympiade 2012 in Innsbruck. Das ist weltweit überhaupt erst die zweite Veranstaltung dieser Art. Im Sommer hat es eine in Singapur gegeben, und im Jah-
re 2012 wird es, wie gesagt, eine solche in Innsbruck geben. Das stellt ein tolles Aus­hängeschild für den österreichischen Sport und für die Republik Österreich insgesamt dar.

Ich bedanke mich, dass hier im Hohen Haus vor allem in Bezug auf den Bereich Sport Einhelligkeit herrscht, und ich bin sicher, dass wir mit den 129 Millionen € für den ös­terreichischen Sport Gutes nicht nur im Spitzensport, sondern auch im Breitensport schaffen können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

4.05


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Krist. – Bitte.

 


4.06.02

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Spät in der Debatte, aber früh am Morgen stelle ich mir die Frage: Was bleibt von diesen rund 17 Stunden, die wir da herinnen verbracht ha­ben? Insgesamt 100 Mal ist der Name Bucher gefallen. Ob das seine Sympathiewerte gehoben hat, weiß ich nicht ganz genau; das überlasse ich anderen Abgeordneten. Wahrscheinlich aber ist Kollege Bucher so fertig, dass er jetzt schon ins Bett schlafen gehen musste. (Zwischenrufe beim BZÖ.)

Ich halte diese Eigenwerbung auf dem Rücken der MitarbeiterInnen der Parlaments­direktion für nicht für in Ordnung. Diese haben jedenfalls auch heute ganz tolle Arbeit geleistet mit den rund 20 durchzuführenden namentlichen Abstimmungen. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.) Diese namentlichen Abstimmungen waren zumindest blutdruckanre­gend und haben uns in Bewegung gebracht, was ja aus sportlicher Sicht in Ordnung ist. Höchstleistungen der SchriftführerInnen konnten wir heute gleichfalls erleben.

Das ist, wie gesagt, aus sportlicher Sicht sehr erfreulich, aber ich meine trotzdem, dass relativ wenige Damen und Herren der Opposition eine Ahnung davon haben, was die ParlamentsmitarbeiterInnen leisten müssen, wenn die Geschäftsordnung so exzessiv ausgenützt wird. Daher noch einmal ein großes Danke an die Mitarbeiterinnen! (Abg. Strache: Vergessen Sie nicht auf die Mitarbeiter! – Abg. Dr. Graf: Die Mitarbeiter ha­ben auch etwas geleistet!)

Nun zum Thema Sport. Das Sportbudget ist erfreulich hoch dotiert: rund 80 Millionen € für die Besondere Bundes-Sportförderung, wo ein harter Kampf unseres Ministers ge­meinsam mit unserer Unterstützung dieses Ergebnis gebracht hat. Dach- und Fachver­bände sowie die BSO mit der Politik gemeinsam müssen den Auftrag erfüllen, denn wir haben die Verpflichtung, dieses Geld verantwortungsvoll, effizient und zielgerichtet im Sinne des Breiten- und Spitzensportes einzusetzen.

Wir haben uns ja dazu verpflichtet, im Jahre 2011 die Reform der Sportförderung anzu­gehen; wir werden das gemeinsam umsetzen. Für Jänner kommenden Jahres erwarte ich die ersten umfassenden Unterlagen hiezu; das wurde uns zugesagt. Wir werden dann eine intensive Diskussion im Sportausschuss haben. Der Herr Vorsitzende hat ja schon angekündigt, dass wir das wie immer konstruktiv erledigen werden. Und schluss­endlich soll das in ein neues, modernes und richtungsweisendes Sportfördergesetz mün­den. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Dazu brauchen wir den Willen aller, auch die Unterstützung des Ministers, die er uns ja schon zugesagt hat.

Daher: Freuen wir uns auf ein intensives, spannendes und arbeitsreiches Jahr 2011! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

4.08


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


4.08.37

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Die Reform der Sportförderung ist in mehreren Bereichen notwendig, unter anderem im Bereich der Mittelkontrolle. Ich hoffe, dass wir da im nächsten Jahr einen bedeutenden Schritt wei­terkommen, denn dass sich jene Stellen, die letztlich die Mittel vergeben, selbst kon­trollieren, ist etwas, was seit längerer Zeit als unangemessen betrachtet wird.

Auf der anderen Seite brauchen wir eine Sportförderung, bei der wir stärker darauf ein­gehen können, wo aktuelle Erfolge im Sport sind, wo Vorbildwirkungen sind, wo man er­folgreiche Verbände mehr fördern kann, als das bisher der Fall ist. Das ist etwas, was eigentlich schon länger ansteht.

Nun möchte ich auf einen Punkt zu sprechen kommen, der zwar ein konkretes Projekt betrifft, der aber, wie ich meine, schon symptomatisch für die österreichische Sport- und Förderpolitik ist. Ich habe Sie, Herr Minister, im Sportausschuss, im Budgetaus­schuss mehrfach gefragt, wie eine Weiterentwicklung der Werner Schlager-Akademie in Schwechat ausschauen soll, ein Projekt, das aus meiner Sicht international und für österreichische Verhältnisse von relativ großer Bedeutung ist.

Für jene, die das nicht so mit verfolgen: In Schwechat ist ein europäisches Tischtennis­trainingszentrum entstanden, das sozusagen der Gegenpol zu den asiatischen Trai­ningseinheiten, auch denen des Weltverbandes, ist. Ich habe mir damals gedacht, dass die Förderung dieses Projekts etwas ist, das für österreichische Verhältnisse in­teressant und über das übliche Maß hinausgehend ist. Jetzt stellt sich aber heraus, dass es zwar Finanzierungen für die Errichtung der Halle in Schwechat gegeben hat, dass aber der laufende Betrieb offenbar völlig in der Luft hängt.

Wenn man sich anschaut, was dort an Geld und Know-how hineingeflossen ist, dann muss man sagen: In der österreichischen Sportpolitik haben wir ganz offenbar ein mas­sives Problem, denn wenn Sie das ernsthaft meinen, dass Sie sagen, wir zahlen keine Betriebskosten – und dieser Satz fiel im Budgetausschuss mehrfach –, dann frage ich mich, wie das bei einer Sportart wie Tischtennis gehen soll, wo klar ist, dass da nicht massiv Geld hineinfließen kann und dass man dort nicht reich wird, selbst wenn man in den Spitzensport vordringt. Diese Sportler können nur mit der Sporthilfe halbwegs le­ben.

Ein Weltmeister wie Werner Schlager, den es in Österreich wahrscheinlich nur einmal in 100 Jahren gibt, kann vielleicht ein bisschen besser davon leben, aber man kann nicht davon ausgehen, dass da Eltern dahinter stehen, die für ihre Kinder viel Geld in die Hand nehmen können.

Wenn man bei solchen Projekten eine Halle errichtet, die einen höheren zweistelligen Millionenbetrag gekostet hat, es dann aber keine Mittel gibt, um den laufenden Betrieb zu fördern, dann frage ich mich, was eigentlich in der Sportpolitik so vorgeht. (Ruf bei der SPÖ: Nicht die Tatsachen verdrehen!) – Was heißt, „die Tatsachen verdrehen“?! Na Entschuldigung, wo sind denn die laufenden Förderungen?! (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Das glaube ich auch, dass es ganz gut wäre, wenn das hier gewusst würde.

Ich stelle fest, in Schwechat ist eine Halle um sehr viel Geld errichtet worden – und wenn dazu schon Zwischenrufe kommen, dann führen wir diese Diskussion ernsthaft –:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 109

Wo hat es denn einen Masterplan in Bezug auf den Betrieb gegeben? Ihr könnt doch nicht 40 Millionen € in die Hand nehmen und dort ein großes Zentrum errichten, aber schon im ersten Jahr des Betriebes ist nicht sichergestellt, dass die Betriebskosten in irgendeiner Form gedeckt werden können!

Betriebskosten heißt in diesem Fall und unter anderem auch Trainerkosten. Wie soll dort ein Tischtenniszentrum bestehen können, wenn die Trainerkosten nicht auch durch Bun­desmittel mitfinanziert werden? Was glauben Sie denn, wer das zahlen soll?! Das hätte doch wohl in der Logik dieses ganzen Modells drinnen sein sollen, wenn man das för­dert und der Minister hergeht und sagt, wir zahlen Millionen für die Errichtung, dass man dann nachher auch weiß, dass das Ding in irgendeiner Form funktionieren kann.

Ich bin echt erschüttert gewesen über die mehrfache Antwort, es gebe keine Betriebs­kosten. Betriebskosten gäbe es dann, wenn man zum Beispiel beim ASKÖ oder bei der SPORTUNION dabei wäre. Da gibt es nämlich sehr wohl Trainergelder, die dorthin fließen. Das Problem dürfte nämlich offensichtlich auch sein, dass das kein Bereich ist, in dem es sozusagen gewachsene Strukturen gibt.

Ich bin sehr gespannt darauf, wie wir nächstes Jahr um diese Zeit dastehen werden und ob dieses Modell, das meiner Meinung nach vorbildhaft für Österreich sein könnte, tatsächlich betrieben werden kann – oder ob es dort zu einem Finanzierungs-GAU kommt, wie es derzeit ausschaut.

Dass die Hallenfinanzierung jetzt noch einmal vom Bund aufgefettet wird, ist okay, aber das ist ein anderes Kapitel. Dort aber eine Trainingshalle hinzustellen, wo klar ist, dass man dort keine Einnahmen in einem bestimmten Maße lukrieren kann und man nach­her sagt, man zahlt keine Betriebskosten, das ist für mich völlig unverständlich und meiner Überzeugung nach ein völlig falsches Modell von Sportförderung. (Beifall bei den Grünen.)

4.12


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markowitz.– Bitte.

 


4.12.56

Abgeordneter Stefan Markowitz (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Herr Bundesminister Darabos, Fakt ist: Das Bundesheer wurde letztes Jahr zu Tode gespart. Hier muss man entweder Geld in die Hand nehmen oder ein attraktives Be­rufsheer ins Leben rufen, denn die Miliz ist quasi nicht mehr einsatzfähig.

Wenn man sich das Budget anschaut, dann sieht man, dass, was die Infrastruktur und vor allem die Kasernen betrifft, vom Jahr 2010 auf das Jahr 2011 10 Millionen € einge­spart werden sollen. Auch bei den Personalkosten ist ein Rückgang zu verzeichnen.

Daher: Wir brauchen ein attraktives Berufsheer, sodass nicht 26 000 Menschen, die jährlich beim Bundesheer ausgebildet werden, quasi in einem Beruf ohne irgendeine Zielvorstellung landen. Was sollen diese Menschen danach tun?!

Wir brauchen, wie ich meine, ein Berufsheer von 15 000 Leuten, die auch im Katastro­phenschutz einsatzfähig sind. Das wäre der richtige Weg.

Herr Bundesminister, Sie wissen das ja selber, und wenn man Ihre Ausführungen der letzten Wochen und Monate gehört hat, ist man verpflichtet, an dieser Stelle zu sagen, dass es in den nächsten Jahren in die richtige Richtung gehen muss und dass wir, wie gesagt, ein schlagkräftiges Berufsheer brauchen. Effizient, leistungsfähig und natürlich nicht zu teuer soll dieses sein.

Zum Thema Sportförderung: Ja, es ist schön, dass es hierfür mehr Mittel gibt, und wir wissen auch, warum: Weil die Leute beim Lotteriespiel mehr Geld ausgeben – und da­her gibt es dann auch für die Sportförderung mehr, was natürlich begrüßenswert ist.


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Nur: Was die Förderung betrifft – das haben wir schon im Ausschuss diskutiert –, darf es nicht sein, dass, wenn es Ungereimtheiten bei der Sportförderung gibt, das Auszah­len des Geldes nicht mehr gestoppt werden kann. Ich meine, da müssen wir wirklich danach trachten, dass das in Zukunft nicht mehr der Fall ist, sondern dass man in ei­nem solchen Falle sofort das Auszahlen der Fördermittel stoppen kann.

Was Dopingkontrollen betrifft: Es gibt wieder mehr Budget für Dopingkontrollen – und das ist gut so. Es soll auch mehr kontrolliert werden, nur eines darf es nicht geben: dass eine Kontrolle 2 000 € kostet. Ich finde, solche Kontrollen müssen günstiger und leistbarer werden, damit noch mehr und noch effizienter kontrolliert werden kann. – Vie­len Dank. (Beifall beim BZÖ.)

4.15


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Höbart. – Bitte.

 


4.15.19

Abgeordneter Ing. Christian Höbart (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Ein „Bett­hupferl“ möchte ich jetzt nicht unbedingt hier als letzter Redner loswerden, aber zumin­dest kurz zu den Ausführungen des Kollegen Krist. (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Eines muss man schon feststellen, auch zu dieser späten oder frühen Stunde: Letztendlich ist die Regierung daran schuld, dass das Budget so spät vorgelegt wurde. Das heißt, Sie brauchen hier nicht die beleidigte Leberwurst zu spielen, weil wir hier zu später Stunde sitzen. Das muss man an dieser Stelle schon festhalten. (Beifall bei der FPÖ.)

Man hat Ihnen von den Regierungsparteien schon angemerkt, dass Sie das mehr oder weniger nicht goutieren, dass wir hier zu dieser Stunde noch im Parlament sitzen. (Wei­terer Zwischenruf bei der SPÖ.)

Herr Minister, wo viel Schatten, da auch ein wenig Licht. Ich musste feststellen, Sie ha­ben sich bei Ihrer Rede hier schon ein wenig darüber hinweg geturnt, dass Ihnen das Ressort Landesverteidigung eigentlich überhaupt nicht liegt, sondern eher das Ressort Sport.

Nochmals: Wo viel Schatten, da auch ein wenig Licht – und im Sportbereich ist es zu­mindest so, dass die Budgets ungefähr gleich gehalten werden konnten, was doch als Lichtblick zu bezeichnen ist, wenn man dieses jämmerliche Budget, das hier vorgelegt wurde, betrachtet.

Letztendlich stellen sich aber dennoch für uns einige Fragen über Dinge, die wir in Zu­kunft mit Argusaugen beobachten werden, und da zum einen – das wurde vorhin schon angesprochen – die Neugestaltung der Sportförderung. Seit Monaten warten wir auf das von Ihnen angekündigte Konzept, nach dem es vielleicht auch eine Zurückdrän­gung der verpolitisierten Sportorganisationen gibt. Sie wissen alle, was da gemeint ist: Ich spreche da den ASKÖ, aber natürlich auch die SPORTUNION an. Auch in diesem Zusammenhang würden wir uns weniger Politik wünschen.

Auch der effiziente Kampf gegen Doping ist eine sehr interessante Sache, Maßnah­men, die wir mit Argusaugen beobachten werden, denn wir wissen, die NADA kann, was Effizienz und Effektivität betrifft, sicherlich noch besser werden.

In diesem Sinne wünsche ich gutes Gelingen mit diesem Sportbudget. Wie gesagt: ein ganz klein wenig Licht bei sehr viel Schatten. (Beifall bei der FPÖ.)

4.17


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht mehr vor.

Somit ist die Beratung zu diesem Themenbereich beendet.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 111

Meine Damen und Herren, in knapp weniger als fünf Stunden werden wir mit den Un­tergliederungen 20 bis 22: Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie fortsetzen.

Ich unterbreche nun die Sitzung bis heute, 9 Uhr.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

04.17.10(Die Sitzung wird am Dienstag, den 21. Dezember 2010, um 4.17 Uhr unterbrochen und am Dienstag, den 21. Dezember 2010, um 9.05 Uhr fortgesetzt.)

*****


 


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09.05.27Fortsetzung der Sitzung:

Dienstag, 21. Dezember 2010, 9.05 Uhr

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene 91. Sitzung des Nationalrates wieder auf.

Am heutigen Sitzungstag sind folgende Abgeordnete als verhindert gemeldet: Katzian, Dr. Schüssel und Ing. Hofer.

Wir setzen mit den Budgetberatungen fort.

Ich gebe bekannt, dass die Sitzung bis 13 Uhr vom ORF live übertragen wird.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Für den heutigen Sitzungstag wurde eine Block­zeit von 10 „Wiener Stunden“ beschlossen, sodass sich folgende Redezeiten erge-
ben: SPÖ und ÖVP je 145 Minuten, FPÖ 125 Minuten, Grüne 105 Minuten sowie
BZÖ 100 Minuten.

Ferner wurde auf Grundlage eines Präsidialrundlaufes folgende Redeordnung be­schlossen: Während der Fernsehzeit werden die Untergliederungen 20, 21 und 22 – Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Sozialversicherung – gemeinsam debattiert.

Jeder Fraktion steht eine Gesamtredezeit von 41 Minuten zur Verfügung. Es steht den Fraktionen frei, wie viele Redner/Rednerinnen sie jeweils stellen.

Die Einzelredezeit für den Erstredner beträgt jedoch maximal 14 Minuten, jene der weiteren Debattenredner und -rednerinnen maximal 9 Minuten.

Der Aufruf der Redner und Rednerinnen erfolgt nach dem Prinzip contra/pro.

Tatsächliche Berichtigungen werden erst nach dem Ende der Fernsehzeit aufgerufen.

Die Redezeit von der Regierungsbank während dieser Debatte beträgt maximal 15 Mi­nuten und kommt ausschließlich der SPÖ zu.

Hinsichtlich der weiteren Gestaltung der Debatte zu den heutigen Rubriken verweise ich auf die Ausführungen zu Sitzungsbeginn.

09.07.19Rubrik 2 (Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie)

09.07.21UG 20: Arbeit

UG 21: Soziales und Konsumentenschutz

UG 22: Sozialversicherung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zunächst gelangen wir zur Verhandlung der Un­tergliederungen 20: Arbeit, 21: Soziales und Konsumentenschutz, sowie 22: Sozialver­sicherung. Hierüber findet eine gemeinsame Debatte statt.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kickl. Ich stelle die Uhr auf 10 Minuten. – Bitte.

 


9.07.43

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Auch von meiner Seite einen schönen guten Mor­gen, sofern man einen schönen guten Morgen wünschen kann, wenn man berück­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 113

sichtigt, dass man es hier seit Wochen, ja seit Monaten mit einer innovations- und ge­rechtigkeitsresistenten Bundesregierung zu tun hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber wir werden uns weiterhin bemühen. Noch ist nicht aller Tage Abend. Und vielleicht geschieht ja noch ein kleines vorweihnachtliches Wunder, meine Damen und Herren.

Wenn wir in Tagen wie diesen, auch bereits in den letzten Wochen und Monaten von einer schwarzen Null reden, meine Damen und Herren, dann ist damit nicht gemeint, dass es in Österreich keine Neuverschuldung mehr gibt, so wie es uns diese Bundes­regierung ganz gerne weismachen will, und sie wird nicht müde, das immer wieder zu betonen, denn das Schuldenmachen geht ja munter weiter. Das Einzige, was etwas weniger wird, ist die Belastung durch Zinsenzahlungen.

Nein, meine Damen und Herren, wenn auch ich hier von einer schwarzen Null rede, dann ist das, glaube ich, eher eine politische Charakterdefinition für einen der Haupt­verantwortlichen (Zwischenruf des Abg. Grosz) – ja, ja, der ist auch ein Pflichtvertei­diger von ihm – für dieses Budget, nämlich für den Herrn Finanzminister und für den Herrn ÖVP-Parteichef. Das ist die eigentliche schwarze Null in der ganzen Budgetde­batte. (Beifall bei der FPÖ.)

Null Einhaltung von Versprechen, null Verfassungstreue, null Einhaltung des Vertrau­ensgrundsatzes. Wir könnten das noch lange fortsetzen.

Aber natürlich hätte die schwarze Null das nicht alles zustande gebracht, wenn sie nicht ordentlich Unterstützung gehabt hätte, meine Damen und Herren. Allein hat er das nicht verbocken können, sondern er ist tatkräftig unterstützt worden von lauter ro­ten Nullen, die quer durch alle Ressorts – man kann es nicht anders bezeichnen – lau­ter Nullnummern zum Beispiel in Sachen sozialer Gerechtigkeit und auch in Sachen zukunftsweisender Arbeitsmarktpolitik geliefert haben. Und da dürfen Sie sich jetzt be­troffen fühlen, meine Damen und Herren von der SPÖ, und Sie, Herr Sozialminister.

Ich weiß nicht, ob Sie das Zitat kennen, einige von Ihnen werden es kennen, weil sie prinzipiell nach diesem Motto agieren. Aber ich bringe es auch Ihnen noch einmal zur Kenntnis, Herr Sozialminister. Ich zitiere:

„Wenn es mehrere Möglichkeiten gibt, eine Aufgabe zu erledigen, und eine davon in einer Katastrophe endet oder sonstwie unerwünschte Konsequenzen nach sich zieht, dann wird es jemand genau so machen.“ – Zitatende.

Das ist das berühmte Gesetz von Murphy. Und jeder, der dieses Gesetz jetzt gehört hat, muss doch ein ordentliches Aha-Erlebnis haben, wenn er an das denkt, was in den letzten Tagen, Wochen und Monaten im Zusammenhang mit dem Budget passiert ist, denn genau dieser Jemand sitzt seit gestern dort hinten auf der Regierungsbank, und auch der Herr Sozialminister ist einer von diesen Jemands, die genau diese Katastro­phen am laufenden Band produzieren, von denen Herr Murphy in der Feststellung sei­ner Gesetzmäßigkeit gesprochen hat.

Es ist interessant, und da haben Sie natürlich in einer Koproduktion quasi ressortüber­greifend einiges zustande gebracht, tatsächliche Meisterleistungen, meine Damen und Herren. Sie haben zum Beispiel dem Begriff „Umverteilung“, einem Begriff, den Sie lan­ge Zeit sehr gerne verwendet haben und der eindeutig besetzt war, eine völlig neue Bedeutung gegeben. Sie haben Umverteilung im Zusammenhang mit dieser Budget­debatte völlig neu definiert. Da muss man nur ein bisschen die europäische Dimension, von der Sie so gerne reden, mit in den Blickwinkel nehmen, meine Damen und Herren.

Im Hinblick auf die Österreicher ist es ja so, dass Sie mit einer geradezu räuberischen Gesinnung an Ihre Aufgaben herangehen – mit einer räuberischen Gesinnung gegen die österreichischen Pensionisten, denen Sie Pensionskürzungen bescheren. Aber Sie


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haben überhaupt kein Problem damit, wenn autobusweise Rumänen und Bulgaren ins Land kommen und sich eine Auffettung ihrer Mindestpension holen. Das ist für Sie dann der Ausgleich im Rahmen einer Sozialunion, wie Sie sich das vorstellen. Für uns ist das ein räuberischer Anschlag, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie, meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP, gehen räuberisch gegen die öster­reichischen Familien vor, indem Sie Leistungen kürzen, aber Sie haben überhaupt kein Problem damit, dass wir Jahr für Jahr Millionen und Abermillionen an Euro ins Ausland exportieren für Kinder von Personen, die sich zwar in Österreich aufhalten, aber deren Kinder im Ausland leben. Das ist eine Inländerdiskriminierung, die Sie da produzie­ren (Beifall bei der FPÖ), weil Sie ja genau wissen, dass der Wert der Familienleistun­gen dann auch in Ungarn, Polen, Tschechien, der Slowakei – und da warten wir noch auf den 1. Mai des kommenden Jahres – ungleich höher ist als in Österreich.

Das müssen Sie einmal einer österreichischen Familie erklären, der Sie jetzt das Geld wegnehmen, warum Sie dort mit 50 Prozent Zuschlag fördern, meine Damen und Her­ren!

Und noch etwas zum Thema Familien. Wenn wir Freiheitlichen von Familie reden, dann meinen wir die österreichischen Familien. So klar ist das hier herinnen in die­sem Hohen Haus aber offensichtlich nicht bei allen. Da haben wir eine große Lobby für die Zogajs, Zekajs und Zukajs und wie sie alle heißen. Aber mit den österreichischen Familien, denen kein Asylbetrug anzulasten ist, meinen Sie es nicht gut, mit denen ge­hen Sie räuberisch um, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Räuberisch gehen Sie auch mit den Behinderten um, räuberisch gehen Sie auch im Zusammenhang mit den Pflegebedürftigen und den jungen Arbeitslosen und so weiter um. Und warum tun Sie das alles, meine Damen und Herren? Sie kürzen, Sie kas­sieren dafür, weil Sie von Rot und Schwarz es ja waren, die uns sozusagen als selbst­ernannter europäischer Hochadel in eine Situation gebracht haben, in der Sie Staaten, die die Euroreife nicht gehabt haben, in den europäischen Währungsverbund hinein­geführt haben. Das war das erste Mal, dass Sie gegen Ihre eigenen Regeln verstoßen haben.

Systematisch und jahrelang haben Sie zugeschaut, wie diese Staaten Schulden über Schulden machen, als ob es kein Morgen gäbe. Und da entstehen natürlich riesige Löcher und ein riesiger Finanzierungsbedarf. Das, was Sie auf der einen Seite hier den Österreichern abknöpfen, stopfen Sie auf der anderen Seite europäischen Ländern und dort wiederum insbesondere dem Bankensektor hinein.

Das ist die neue Form von Umverteilung Marke Sozialdemokratie – von der ÖVP rede ich gar nicht –: Umverteilung von denjenigen, die fleißig und leistungsbereit sind, zu den­jenigen, die dadurch auffallen, dass sie permanent über die Stränge schlagen und sich um keine Regeln kümmern. Umverteilung von denen ganz unten hinauf zu den Ban­ken. Dazu kann ich Ihnen nur gratulieren, Herr Sozialminister. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie haben sich natürlich noch eine Form der Umverteilung ausgedacht. AMS heißt ja im Zusammenhang mit der Beschäftigungspolitik schon lange nicht mehr Arbeitsmarkt­service, sondern das heißt eigentlich, viel mehr Ausländer müssen es sein. AMS steht für Ausländer müssen es sein. Und das ist die zweite Form Ihrer Umverteilung, nämlich eine Umverteilung von den inländischen Arbeitskräften hin zu den ausländischen Ar­beitskräften. Das ist die zweite Umverteilung, an der Sie arbeiten, auch im Zusammen­hang mit diesem Budget.

Ich darf Sie nur daran erinnern, dass Sie es sind, die den 1. Mai, den Tag der Arbeit, einen Feiertag der Sozialdemokratie, dadurch entweihen, dass Sie am kommenden 1. Mai, genau zu diesem Datum, den Arbeitsmarkt für die Arbeitnehmer aus den neuen EU-Beitrittsländern öffnen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 115

Meine Damen und Herren, Sie wissen doch ganz genau – ich weiß nicht, Herr Minister, ob Sie sich noch daran erinnern können, dass Sie irgendwann einmal eine Funktion beim ÖGB gehabt haben –, dass zum Beispiel dieser ÖGB, dass zum Beispiel die Ar­beiterkammer und andere Experten, die nicht aus dem freiheitlichen Lager kommen, davor warnen, dass sich durch diese Maßnahmen der Verdrängungswettbewerb im Niedriglohnbereich zu Lasten der Österreicher auswirken wird. Das sind die Konse­quenzen. Und Sie treiben dieses Spiel der Umverteilung munter weiter voran, meine Damen und Herren. Zusätzlich kürzen Sie dann noch beim AMS die Mittel, weil Sie da­von ausgehen, dass Sie wirtschaftspolitisch, arbeitsmarktpolitisch schon über dem Berg sind. Davon kann keine Rede sein.

Meine Damen und Herren, wir wollen bei diesem Unfug nicht mitmachen, was die Ar­beitsöffnung betrifft. Deswegen bringe ich heute zum wiederholten Male einen Ent­schließungsantrag der Abgeordneten Kickl und weiterer Abgeordneter ein.

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, auf europäischer Ebene alle notwendigen Maß­nahmen zu ergreifen, um eine Verlängerung der Übergangsfristen zu bewirken und da­mit die Möglichkeit zu schaffen, den Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt durch nationale Maßnahmen und Zugangsbeschränkungen zu regeln und den Erfordernissen des österreichischen Arbeitsmarktes und den Folgen der Wirtschaftskrise anzupassen und somit Mehrbelastungen im Budget 2011 vorzubeugen.“

*****

Was waren denn Ihre großen Ankündigungen vor dieser Budgetdebatte? – Ein chi­rurgisch genauer, fast lasergesteuerter, möchte man fast sagen, Präzisionsangriff auf die Superreichen, auf diejenigen, die uns die Krise eingebrockt haben, auf die Speku­lanten und Finanzhaie.

Herausgekommen ist ein Flächenbombardement gegen den Mittelstand, gegen die Be­zieher von kleinen und mittleren Einkommen, gegen die Pensionisten und gegen die Behinderten, die darf man nicht vergessen, denn die Behinderten, meine Damen und Herren, sind so etwas wie Stiefkinder Ihrer Sozialpolitik. Nicht nur dass Sie das Pfle­gegeld, Stufe 1 und 2, dadurch kürzen, dass Sie den Zugang durch Bestimmungen ein­fach erschweren und damit natürlich die Behinderten treffen, gehen Sie in Zeiten, in denen Sie ansonsten Baumaßnahmen vorziehen, um die Konjunktur zu beleben, auch noch her und öffnen ein Hintertürl dafür, dass Sie die Barrierefreiheit, das heißt den Umbau von Institutionen und Einrichtungen in eine behindertengerechte Variante, in der Option bis 2019 nach hinten verschieben. Sie sollten nie mehr hergehen und von Antidiskriminierung reden, solange Sie so etwas fabrizieren, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Deswegen bringe ich auch hier einen Entschließungsantrag der Abgeordneten Kickl und Kollegen ein, um das zu korrigieren.

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass die Frist zur Umsetzung baulicher Maßnahmen zur Erlan­gung von Barrierefreiheit nicht erstreckt wird, sondern dass die notwendigen Maßnah­men rascher als bisher geplant vorgenommen werden. Im Budget 2011 ist für diese Maßnahmen Vorsorge zu treffen.“

*****


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 116

Meine Damen und Herren, Sie argumentieren gerne damit, dass Sie alles unterneh­men, um diese Krise zu bekämpfen. – Ich sage Ihnen: Kein Wort davon ist wahr! Wahr ist vielmehr, dass Sie diese Krise sind, und diese Krise werden wir erst dann überwin­den, wenn wir dieses rot-schwarze Proporzsystem und damit diese Bundesregierung überwunden haben. (Beifall bei der FPÖ.)

9.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die soeben eingebrachten beiden Entschlie­ßungsanträge sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kickl und weiterer Abgeordneter betreffend Verlängerung der Über­gangsfristen zur Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes für neue EU-Mitglied­staaten

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung 20 – Arbeit, in der 91. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 21. Dezember 2010

Um einem weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit und damit verbundenen Mehrbelas­tungen im Budget 2011 entgegen zu wirken, ist die Verhinderung der Ostöffnung des österreichischen Arbeitsmarktes Anfang Mai 2011 von zentraler Bedeutung.

Alle namhaften Wirtschaftsexperten gehen davon aus, dass das Wirtschaftswachstum in Österreich in den kommenden drei Jahren nicht ausreichend sein wird, um eine Er­holung des Arbeitsmarktes zu ermöglichen. Die Lage am Arbeitsmarkt wird also ange­spannt bleiben, hunderttausende Menschen in Österreich bleiben ohne Job und laufen so Gefahr, in Armut abzurutschen.

Arbeitnehmervertreter warnen daher zu Recht vor den Folgen der mit Mai 2011 ohne Rücksicht auf geänderte Rahmenbedingungen geplanten Öffnung des Arbeitsmarktes in Richtung jener Staaten, die 2004 der Europäischen Union beigetreten sind.

Mit 1.5.2004 wurden Ungarn, die Tschechische Republik, die Slowakei und Polen in die EU aufgenommen. Zu diesem Zeitpunkt lag das Lohnniveau dieser Staaten bei 15-20% des österreichischen, bzw. bei 30-36%, wenn man das unterschiedliche Preisniveau in diesen Ländern und in Österreich berücksichtigt. Aus diesem Grunde wurde in den Bei­trittsverträgen eine Übergangsfrist von 7 Jahren für die Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes für die Bürger dieser Staaten vereinbart – in der Hoffnung, dass in die­ser Zeit eine weitgehende Annäherung der Lohnniveaus eintreten würde.

Es ist offenkundig, dass eine ausreichende Annäherung des Lohnniveaus dieser Staa­ten an das österreichische Niveau nicht erfolgt ist. Eine Betrachtung der Entwicklung für den Zeitraum 2004 – 2008, für den die erforderlichen Daten vorliegen, zeigt, dass der Anstieg des Lohnniveaus in den genannten Staaten sehr viel langsamer erfolgt ist als beim Beitritt angenommen. Bis 2008 ist das Lohnniveau lediglich auf 22-28% des österreichischen gestiegen bzw. unter Berücksichtigung der verschiedenen Preisni­veaus auf 37-43%.

Unter diesen Umständen ist mit einer ernsten Störung des österreichischen Arbeits­marktes insbesondere durch Tagespendler aus den drei Nachbarstaaten Ungarn, Tschechische Republik und Slowakei ab 1. Mai 2011 zu rechnen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 117

In den angeführten Nachbarstaaten bleibt zudem die Arbeitslosigkeit höher als in Ös­terreich und für Pendler, deren Lebensmittelpunkt in ihren Heimatländern liegt, spielen die höheren Lebenshaltungskosten in Österreich keine Rolle.

Unter diesen Umständen muss mit einem starken Zustrom von Arbeitskräften, insbe­sondere von Tagespendlern, aus den Nachbarstaaten gerechnet werden, mit den Fol­gen eines Verdrängungswettbewerbs und eines weiteren und erheblichen Anstiegs der Arbeitslosigkeit und einer damit einhergehenden Mehrbelastung im Budget 2011 in Ös­terreich. Diese Tagespendler kommen zudem in den vollen Genuss der österrei­chischen Familienleistungen wie Kinderbetreuungsgeld und Familienbeihilfe. Wenn man berücksichtigt, dass beispielsweise eine zahnärztliche Assistentin im grenznahen Ödenburg gerade einmal 350 Euro monatlich verdient und gleichzeitig die Ehefrau ei­nes Tagespendlers aus Ödenburg, der im wenige Kilometer entfernten Eisenstadt einer Beschäftigung nachgeht, bei zwei Kleinkindern rund 400 Euro an Familienleistungen aus Österreich erhält, ergibt sich eine deutliche Schieflage, die nicht zu rechtfertigen ist.

Bei dieser Situation scheint es dringend notwendig, möglichst umgehend die EU auf die besondere Situation Österreichs infolge seiner Randlage hinzuweisen und alles zu tun, um eine Verlängerung der Übergangsfrist aufgrund der Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise zu erreichen. Österreich ist als Nettozahler durchaus in der Lage, schlüssige Argumente vorzuweisen.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, auf europäischer Ebene alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um eine Verlängerung der Übergangsfristen zu bewirken und damit die Möglichkeit zu schaffen, den Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt durch nationale Maßnahmen und Zugangsbeschränkungen zu regeln und den Erfordernissen des österreichischen Arbeitsmarktes und den Folgen der Wirtschaftskrise anzupassen und somit Mehrbelastungen im Budget 2011 vorzubeugen.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kickl und weiterer Abgeordneter betreffend Vorverlegung der Inves­titionen in Barrierefreiheit

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung 21 – Soziales, in der 91. Sit­zung des Nationalrates, XXIV. GP, am 21. Dezember 2010

Im Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz wird vordergründig nunmehr doch die bisherige Frist zur Herstellung von Barrierefreiheit bei 31.12.2015 belassen, ab der auch bei Altgebäuden Schadenersatz wegen Diskriminierung verlangt werden kann. Ei­ne längere Umbaufrist ist jedoch möglich, wenn Ministerien, die viel an alter Bausub­stanz haben, in einem verbindlichen, veröffentlichten Etappenplan die Umsetzung der Umbaumaßnahmen festschreiben. Hier gilt als letzte Frist der 31.12.2019. Es steht völlig außer Zweifel, dass diese Fristverlängerung sehr zum Schaden behinderter Men­schen in Österreich in vielen Fällen ganz oder teilweise in Anspruch genommen wird.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 118

Ohnehin anstehende Investitionen in Infrastruktur sind aber optimalerweise dann zu tä­tigen, wenn der Arbeitsmarkt besonders angespannt ist, um Arbeitsplätze zu sichern bzw. zu schaffen. Im Budget 2011 ist für diese Maßnahmen Vorsorge zu treffen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass die Frist zur Umsetzung baulicher Maßnahmen zur Erlan­gung von Barrierefreiheit nicht erstreckt wird, sondern dass die notwendigen Maßnah­men rascher als bisher geplant vorgenommen werden. Im Budget 2011 ist für diese Maßnahmen Vorsorge zu treffen.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wöginger. Ich stelle die Uhr auf 7 Minuten. – Bitte.

 


9.18.05

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Bucher, es freut uns, dass Sie der Debatte auch wieder folgen, nachdem Sie sich gestern nach dem Abstimmungsmarathon verabschiedet haben, den Sie selber mitzuverantworten hatten. Schön, dass Sie wieder hier sind, Herr Klubobmann Bucher. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Bucher und Grosz. – Präsidentin Mag. Pram­mer gibt das Glockenzeichen.)

Das Kapitel Arbeit und Soziales inklusive Sozialversicherung stellt einen sehr wesentli­chen Bereich im Budget 2011 dar. Wir haben eine Sozialquote von rund 30 Prozent und liegen damit im obersten Viertel im Vergleich mit den übrigen europäischen Län­dern.

Grundsätzlich muss man aber festhalten, dass alle Sozialtransferleistungen erst einmal erwirtschaftet werden müssen, bevor sie dann auch einigermaßen sozial gerecht – wir arbeiten intensiv daran – wieder verteilt werden können. Die Ausgaben im Bereich Ar­beit und Arbeitsmarkt – das ist ein Unterkapitel, das hier behandelt wird – entwickeln sich aufgrund der Gott sei Dank besseren Wirtschaftslage leicht rückläufig: Sie sinken von 6,4 Milliarden 2010 auf rund 6 Milliarden € im kommenden Jahr. 2009 waren es 5,9 Milliarden €. Das heißt, wir pendeln uns in etwa wieder bei den Werten des Jah­res 2009 ein.

Meine Damen und Herren, das ist ein Beweis dafür, dass die Konjunktur und die Ar­beitsmarktpakete, die wir hier auf Vorschlag der Bundesregierung beschlossen haben, gegriffen haben. Wir haben den Menschen und den Unternehmen Rahmenbedingun­gen gegeben, damit sich der Arbeitsmarkt schneller als in anderen europäischen Län­dern wieder erholen konnte.

Und das ist am wichtigsten, meine Damen und Herren, denn das Wichtigste ist, dass die Menschen in unserem Land einen Arbeitsplatz haben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wir haben rund 3,4 Millionen Beschäftigte mit Stand November 2010 und eine Arbeits­losenquote von 4,8 Prozent. Das ist hinter Holland die zweitniedrigste im Vergleich der EU 27. 13 400 Personen weniger sind arbeitslos und 5 680 sind weniger in Schulung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 119

(Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.) Es sollte uns alle freuen, meine Damen und Herren, dass wir in diesem Bereich eine so positive Entwicklung haben. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Etwas anders verhält sich die Situation bei der Pensionsversicherung: Da haben wir eine fast dramatische Entwicklung. Denn: Der Bundesbeitrag steigt von 7,8 Milliarden € im Jahr 2010 auf 8,6 Milliarden € im Budget 2011 an. Das ist immerhin eine Steigerung von rund 10 Prozent. Die Ausgleichszulagen entwickeln sich konstant von 990 Millio­nen € auf 994 Millionen €. Auch die Pensionsanpassung mit 1,2 Prozent bis 2 000 €, dann auslaufend bis 2 300 € ist meiner Meinung nach sozial gerecht und gerade für die niedrigen Pensionen ein wichtiger Ausgleich aufgrund der Inflation.

Was ist aber das Hauptproblem für den stark steigenden Bundesbeitrag? – Wir gehen insgesamt zu früh in Pension. Wenn wir uns mit den europäischen Ländern verglei­chen, dann sehen wir, dass es diese Situation nur noch in Frankreich gibt. Aber Frank­reich hat ja bekannterweise eine Änderung im Pensionsbereich beschlossen, nämlich Antrittsalter-neu 62 Jahre. Wir in Österreich gehen im Durchschnitt mit 58 Jahren in Pension, und das ist aufgrund der – Gott sei Dank! – immer steigenden Lebenserwar­tung einfach zu früh.

Ein zweiter Aspekt, warum wir diese Probleme haben, ist sicherlich der Be­schluss 2008 bei der Hacklerregelung, wo Gratisersatzzeiten hereingenommen wur­den, die eine Kostenexplosion verursacht haben. Im vorigen Jahr sind rund 35 Prozent der Neueintritte bei der Hacklerpension auf diese Gratiszeiten zurückzuführen.

Mit diesem Budget wirkt man aber entgegen: Man nimmt eine Änderung bei den Nach­kaufzeiten bis 2013 vor, das heißt, Ausübungsersatzzeiten müssen künftig, ab 2011, nachgekauft werden, und zwar mit 159 € pro Monat. Und Schulzeiten werden teurer. Es wird insgesamt angehoben auf 937 €. Ab 2014 gibt es dann keine Ersatzzeiten mehr bei der Langzeitversichertenregelung. Präsenzdienst und Zivildienst und Kinder­erziehungszeiten werden angerechnet. Es gibt ein Antrittsalter von 62 Jahren, bei den Frauen wird es stufenweise angehoben. 45 Beitragsjahre reichen aber weiterhin für ei­nen Pensionsanspruch.

Das ist ein erster Schritt, meine Damen und Herren, damit wir auf der einen Seite die Langzeitversichertenregelung für jene, die lange in das System einzahlen, behalten können, aber auf der der anderen Seite die kostendämpfenden Maßnahmen, die not­wendig sind, setzen können.

Für die Zukunft, meine Damen und Herren, ist auf alle Fälle eine raschere Harmoni­sierung aller Pensionssysteme, die wir haben, notwendig. Wir müssen die Systeme an das ASVG-System angleichen. (Beifall bei der ÖVP.) Das ist ein Akt der Gerechtigkeit, meine Damen und Herren! Wir haben Systeme – und ich nenne bewusst keine Betrie­be und keine Landesorganisationen –, bei denen wir mit 52, 54, 56 Jahren in Pension gehen. Aber die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können nichts dafür. Ich betone das! Wir stehen in der Verantwortung, dass wir diese Systeme ändern, dass wir auch da Gerechtigkeit schaffen, indem wir das an ASVG-System angleichen. Das ist unsere Aufgabe, meine Damen und Herren! Das ist notwendig für die Absicherung eines der weltweit besten Pensionssysteme.

Abschließend, meine Damen und Herren, möchte ich noch ein Thema ansprechen, das mit dem Bereich Soziales zu tun hat, nämlich den Punkt Pflege. Die Pflegeausgaben entwickeln sich dramatisch – weniger im Bund, sondern vielmehr bei den Ländern und den Gemeinden.

Wir diskutieren alle, auch als regionale Abgeordnete, mit unseren Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern die Sozialausgaben, vor allem jene im Bereich der Pflege. Diese Ausgaben können die Gemeinden einfach nicht mehr leisten. Daher bin ich dem Bun­


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desminister und auch unserem Finanzminister dankbar, dass es eine Bund-Länder-Ar­beitsgruppe für den Bereich Pflege gibt, wo Vertreter der Gemeinden, der Bundes­länder und auch des Bundes an einer Lösung arbeiten. Der Herr Bundesminister hat im Ausschuss angekündigt, dass es eine Zwei-Etappen-Lösung geben wird. Wir brauchen bis zum nächsten Finanzausgleich zusätzliche Mittel, damit wir die stark steigenden Kosten bei der Pflege abdecken können. Wir haben nämlich aufgrund der demogra­phischen Entwicklung stark steigende Kosten. Und beim nächsten Finanzausgleich kann der Pflegefonds realisiert werden, der auch im Regierungsprogramm festge­schrieben ist.

Ich bin der Meinung, wir sollten rasch in dieser Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu einer Lösung kommen, und zwar in erster Linie im Sinne der Betroffenen. Wir haben ein ver­ändertes Familienbild, wir sehen es in den Bezirken: Wir brauchen mehr Heim- und Be­treuungsplätze. Daher ist diese Maßnahme höchst notwendig. In zweiter Linie brau­chen wir eine Lösung für unsere Gemeinden, damit wir da eine spürbare Entlastung zu­stande bringen.

Meine Damen und Herren, Österreich hat insgesamt ein dicht geknüpftes Sozialnetz mit sehr guten Sozialleistungen. Wir müssen aber dieses System weiterentwickeln und an demographischen Veränderungen anpassen. Das ist unsere Aufgabe, die wir auch wahrnehmen werden! Diesem Budget 2011 stimmen wir jedenfalls zu. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 10 Minuten. – Bitte.

 


9.25.59

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Guten Morgen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister, interessant finde ich, oder eigentlich müsste man fragen: Was ist der Grund, warum Sie sich in der Beschreibung dessen, was eine Bud­getsanierung notwendig macht, noch nicht einig sind? Das hat ja auch auf das Sozial­budget Auswirkungen.

Ein Teil der Redner und Rednerinnen war gestern der Meinung: Na ja, Auswirkungen der internationalen Krise, wir müssen daher auch sparen! – So plump und einfach, aber nicht grundsätzlich falsch, war die Erklärung.

Ein anderer Teil der Rednerinnen und Redner – und da habe ich sehr gut aufgepasst – war aber der Meinung: Das, was wir jetzt beim Budget machen müssen, ist, den So­zialstaat, der überbordend ist, ein bisschen niederbügeln! Es wird zu viel für Soziales ausgegeben! Es gibt einen überbordenden Wohlfahrtsstaat in Österreich! Den Leuten geht es zu gut! Das wurde zwar nicht so gesagt, aber das steht ja dahinter. (Zwischen­ruf des Abg. Wöginger.)

Ich weiß schon, gerade in Teilen der ÖVP hört man das doch häufiger als bei anderen Parteien. Aber da würde ich Sie schon bitten, dass Sie sich zunächst einmal in der Analyse, in der Beschreibung, warum überhaupt jetzt so drastische Maßnahmen im Budget gesetzt werden müssen, einig sind. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Zweiter Punkt: Es hat gestern immer wieder geheißen: Na ja, vergleicht es doch mit anderen europäischen Ländern! Wir sind ja noch relativ milde! Schauen wir doch nach Großbritannien, denen geht es ja wirklich schlecht, oder schauen wir nach Irland oder nach Island! – Also unsere Bezugspunkte haben sich in den letzten Tagen und Wo­chen drastisch verändert, weil wir uns jetzt wieder mit einem, wie ich meine, auch sehr politisch motivierten, sehr konservativen Austeritätskurs, wie in Großbritannien verfolgt, messen. Wenn das der Bezugspunkt ist, dann: Nein danke, meine sehr geehrten Da­men und Herren!


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Aber schauen wir uns Großbritannien an! – Die Maßnahmen, die dort bei den Einspa­rungen gesetzt werden, betreffen zu zwei Drittel den Sozialbereich. Genau das Gleiche passiert in Österreich! Ich gestehe schon zu: In Österreich um eine Potenz niedriger als in Großbritannien! Aber Großbritannien, kann doch, bitte, wirklich nicht der Maßstab sein dafür, wann und wo und warum wir in Österreich im Sozialbereich hineinschnei­den wollen und sollen. Aber das ist offensichtlich für Sie ein Bezugspunkt geworden. Für mich ist das, was in Großbritannien abläuft beziehungsweise was jetzt dort von einer konservativ-liberal-demokratischen Regierung gemacht wird, wirklich äußerst bru­tal. Das ist Raub an der Zukunft und Raub an den Menschen zur Potenz. Überhaupt keine Frage! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Insofern haben Sie schon recht: Bei uns läuft es nicht wie in Großbritannien! Okay. Aber ich betone: Zu zwei Dritteln erfolgen auch in Österreich genauso wie in Großbri­tannien die Einsparungen im Bereich Soziales.

Diese Einsparungen haben Sie eigentlich schon im Frühjahr mit dem Budgetpfad fest­gelegt. Schon seit dem Frühjahr ist klar, dass etwa im Bereich Pflege eine Summe von mehr als 300 bis 350 Millionen € bis 2014 eingespart wird. Gleichzeitig gehen Sie her und nehmen diese 350 Millionen € aus dem Bereich Pflege, die sie den Leuten wegge­nommen haben, in die Hand und sagen: Damit finanzieren wir den Pflegefonds!

Also irgendetwas stimmt da nicht. Gehen wir es der Reihe nach durch! Das, was Sie im Bereich Soziales machen, ist noch nicht der soziale Kahlschlag, richtig, aber einzelne Maßnahmen sind es dennoch wert, dass man sie sich näher anschaut, und man stellt fest: Sie sind nicht gerecht und sie sind teilweise unsinnig und bösartig gegenüber den Menschen! (Beifall bei den Grünen.)

Nun zum Bereich Pflege – ich habe damit schon begonnen –: Die Einsparungen betra­gen doch einiges, und sie werden erzielt dadurch, dass es in erster Linie bei den Pfle­gestufen 1 und 2 fast ausschließlich Verschärfungen gibt. Das heißt, der Zugang zum Pflegegeld wird in den Pflegestufen 1 und 2 schwieriger, und das bedeutet für die Men­schen, für die Angehörigen, für die Betroffenen eine massive Verschärfung. Denn sonst kämen Sie ja nicht zu dem Einsparungseffekt von 350 Millionen € bis zum Jahr 2014.

Ist das gut? Ist das gerecht? Ist das sinnvoll? – Sie wissen genauso gut wie ich, dass sehr viele Leistungen im familiären Bereich durch Nachbarn, durch Freunde und Freundinnen, durch Angehörige erbracht werden, und wir müssen irgendwann – das ist zumindest meine Erkenntnis – aus der Praxis herauskommen, dass wir das eine, näm­lich die Zurverfügungstellung von Sachleistungen, gegen das andere, nämlich die sehr bescheidene Geldleistung im Bereich der Pflegestufen 1 und 2, aufrechnen.

Mit den Geldleistungen der Pflegestufe 1 und 2 können Sie Stundenlöhne von zwei bis drei Euro bezahlen. Also eigentlich können Sie damit niemanden wirklich für erbrachte Pflegeleistungen bezahlen. Es wissen alle seit Jahren, dass eigentlich die Geldleistun­gen in den Pflegestufen 1 und 2, die nur für Personen aus dem familiären Bereich, für Angehörige, für Freunde und für Familienmitglieder gedacht sind, keine großartige Er­leichterung darstellen. Und trotzdem erfolgt dort der Schnitt. Wir alle wissen, dass 80 Prozent oder 70 Prozent aller Pflegeleistungen in allen Pflegestufen im familiären Bereich erbracht werden. Trotzdem erfolgt dort der Schnitt. Ist das fair? Ist das ge­recht? Ist das sinnvoll?

Und kommen Sie mir bitte, Herr Sozialminister, nicht wieder mit der Erklärung daher: Na ja, in den Pflegestufen 1 und 2 wird das Pflegegeld ja oft irgendwie als Zubrot für die zu Pflegenden betrachtet! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das kommt noch dazu: dass im Bereich der Pflegestufen 1 und 2 die Betroffenen dieje­nigen sind, die die niedrigsten Pensionen haben. Das ist schon richtig! Und trotzdem wird die 80-jährige Großmutter oder der 90-jährige Großvater oder umgekehrt, denn


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meistens werden die Frauen älter, in der Regel dieses Geld – und das wissen auch Sie aus Untersuchungen – verwenden, um sich damit Pflege- oder Betreuungsleistungen im weitesten Sinn einzukaufen. Das passiert! Und es ist gut, dass es passiert. Und ausgerechnet dort wird gespart?! – Nein, Herr Sozialminister, ganz sicher nicht mit uns! (Beifall bei den Grünen.)

Ich halte das für grundsätzlich falsch, weil Sie so tun, als ob diese Einsparungen oder Verschärfungen in diesem Bereich kompensiert werden könnten durch mehr Sach­leistungen. Das geht sich nicht aus! Das können sich die Leute gar nicht einkaufen! Dazu haben sie nicht das Geld und dazu gibt es nicht die erforderlichen Betreu­ungsleistungen! Dieses „Hin- und Her-Spielen“ ist grundsätzlich falsch und für die Be­troffenen tatsächlich eine drastische Verschärfung! (Beifall bei den Grünen.)

Dritter Punkt: Bereich Pensionen. – Es fehlt mir natürlich jetzt die Zeit, alles dazu im Detail zu erzählen, aber, lieber Kollege Wöginger, eine Bemerkung sei mir schon ge­stattet: Ausgerechnet die ÖVP beziehungsweise der ÖAAB, deren Vertreter hier immer ans Rednerpult herausgekommen sind und sich ... (Zwischenruf des Abg. Kopf.) Wö­ginger habe ich gesagt. (Abg. Mag. Molterer: Nein, Öllinger haben Sie gesagt!) Dass Sie sich also mit der Langzeitversichertenpension gebrüstet haben, vulgo Hacklerrege­lung, also ausgerechnet die Vertretung des ÖAAB in Gestalt des Kollegen Wöginger kommt hier heraus und sagt: Das können wir uns nicht leisten, bei uns gehen die Leute zu früh in Pension!

Wir reden jetzt konkret von denjenigen, die mindestens 45 Jahre gearbeitet haben oder 47, 48 Jahre! (Abg. Kopf: Stimmt ja nicht!) Das alles geht sich noch aus mit den Rege­lungen, die Sie für die Zeit ab nächstem Jahr beschließen. Das sind nicht jene Leute, die kurz im Erwerbsleben stehen, aber für diese verschärfen Sie es. Und das ist der Punkt, über den wir ernsthaft miteinander reden müssen!

Selbstverständlich kann man darüber reden, dass diese Leute auch mit geringeren Ab­schlägen in die Pension gehen sollen. Nur: Erzählen Sie mir dann auch, inwiefern es gerecht ist, dass man etwa im öffentlichen Dienst mit 42 Jahren in die Langzeitversi­chertenpension gehen kann, während man, wenn man in der Privatwirtschaft ist, in Zu­kunft als Mann 47 Jahre braucht, wenn man mit 15 Jahren einsteigt! (Abg. Wöginger: Braucht man nicht!) Selbstverständlich! Erzählen Sie mir, wo das Gerechtigkeit er­zeugt!

Das ist ungerecht, meine sehr geehrte Damen und Herren (Beifall bei den Grünen), und deshalb werden wir bei derartigen Husch-Pfusch-Regelungen nicht mitmachen!

Sie hätten unsere Bereitschaft gehabt, sich einzulassen auf ein System, mit dem wir die Pflege grundsätzlich regeln, mit dem wir die Pensionen grundsätzlich regeln. Wir wären bereit gewesen, das grundsätzlich zu diskutieren, aber nicht, so drüberzugehen wie Sie, Herr Kollege Wöginger, der Sie so tun, als ob die Pensionsregelungen, von denen Sie ja selber sagen, dass sie ungerecht sind, irgendwann entstanden sind. Die sind auf Ihrem Mist beziehungsweise auf dem der ÖVP/FPÖ-Bundesregierung ge­wachsen! So schaut es aus!

Sich jetzt herzustellen als große Reformer und zu sagen: Wir wollen das alles wieder gerechter machen und ändern!, damit verleugnen Sie die Geschichte der letzen Jahre, an der ja noch einige andere Herrschaften in diesem Haus beteiligt waren. (Zwischen­ruf des Abg. Wöginger.) Wir ganz sicher nicht! Wir haben unsere Position klar erläu­tert.

Und eines sage ich Ihnen: Sozial gerecht muss es sein – und das ist es leider nicht! (Beifall bei den Grünen.)

9.36



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 123

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Csörgits zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 8 Minuten. – Bitte.

 


9.37.00

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geschätzte Damen und Herren! Das war leider wieder einmal sehr typisch für die FPÖ, Ihre Rede, Herr Kickl: Sie war polemisch (Abg. Neubauer: Sie war gut!), sie war men­schenverachtend, und Sie haben schlecht geredet! (Zwischenruf des Abg. Kickl.) Das ist das Einzige, was Sie können! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Hören Sie auf mit Ihren Märchen!)

Erinnern Sie sich zurück: Was war denn da, als Sie Regierungsverantwortung mitge­tragen haben? – Da gab es die höchste Arbeitslosenrate in diesem Land. Da haben sehr viele junge Menschen keine Arbeit gehabt. Und Sie haben damals eine reale Pen­sionskürzung vorgenommen, indem Sie den sogenannten Übergenuss den Pensionis­tinnen und Pensionisten weggenommen haben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Keine Ahnung!) Daran erinnern Sie sich nicht gerne! (Abg. Kickl: Keine Ahnung!)

Und bei dieser Gelegenheit möchte ich schon feststellen: Ihr Herr Klubobmann ist an Sozialpolitik nicht besonders interessiert, denn sonst wäre er auch zu dieser frühen Morgenstunde hier bei uns im Saal! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Doch, doch, er ist daran sehr interessiert!)

Ich möchte mich in meinen weiteren Ausführungen schwerpunktmäßig mit dem Thema „Arbeitsmarkt“ auseinandersetzen und das, was vonseiten der FPÖ völlig falsch darge­stellt worden ist, ins rechte Licht rücken. (Abg. Neubauer: Wer so viel verdient, der darf ...!)

Zur Bewältigung der Krise, meine Damen und Herren, hat unsere Bundesregierung sehr viele finanzielle Mittel in die Hand genommen. Und es zeigt sich, dass diese Ent­scheidung notwendig und richtig war, denn die Auswirkungen der Wirtschafts- und Fi­nanzkrise sind in unserem Land weniger dramatisch als in vielen anderen Ländern Eu­ropas.

Die Maßnahmen der beiden Konjunkturpakete und der Arbeitsmarktpakete sowie das Rekordbudget im Zusammenhang mit Arbeitsmarktpolitik waren richtige Schritte zur richtigen Zeit. Infolgedessen gehört Österreich seit Monaten zu den Ländern Europas mit der niedrigsten Arbeitslosigkeit, und darauf, glaube ich, können wir alle sehr stolz sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf noch kurz in Erinnerung rufen, was da die positiven Aspekte waren und was denn dazu geführt hat, dass die Arbeitslosigkeit in Österreich erfreulicherweise niedrig gehalten worden ist. Das waren zum Beispiel: Kurzarbeit, Qualifizierungsmaßnahmen, Verbesserungen bei Stiftungen, Bildungskarenz, aber auch Möglichkeiten im Zusam­menhang mit Berufen, etwa die Möglichkeit, Fertigkeiten in sogenannten Zukunftsbe­rufen zu erlernen. Gesundheits- und Sozialwesen sind da an erster Stelle zu nennen.

Diese Maßnahmen, meine Damen und Herren, haben gut gegriffen. Bis Novem­ber 2010 haben bereits 560 176 Personen dank der Unterstützung des AMS wieder eine Arbeit aufnehmen können, und auch das Kursangebot des AMS wurde mit über 263 000 Menschen gut genützt.

Wir haben in unserem Land rund 3 299 000 Menschen, die einer Beschäftigung nach­gehen. Damit ist es gelungen, in Österreich über 60 000 Arbeitsplätze mehr als im Vor­jahr zu erhalten und zu schaffen. Das heißt auf der einen Seite, wir haben das Loch, das durch die Krise entstanden ist, wieder ein bisschen wettmachen können und ver­zeichnen auch im November einen Rekord an Beschäftigung in Österreich. Das ist gut


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so, das ist richtig so, die Maßnahmen unserer Bundesregierung haben gegriffen! (Bei­fall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was mir ebenfalls sehr wichtig ist und was betont werden muss, ist, dass auch die Maßnahmen für junge Menschen – ich nenne hier die Maßnahmen im Rahmen von „Aktion Zukunft Jugend“ – bei den jungen Menschen gegriffen haben. Sie haben die Möglichkeit, entweder eine Ausbildung in einem Beruf in einer Lehrwerkstätte zu erhal­ten oder den schulischen Ausbildungsweg zu gehen. Damit haben unsere jungen Men­schen im Vergleich zu jenen in anderen Ländern gute Zukunftsperspektiven.

Sehr geschätzten Damen und Herren, obwohl das Bundesministerium für Arbeit, So­ziales und Konsumentenschutz von allen Ressorts den größten Gesamtbeitrag im Bud­get einsparen muss, geschieht das auf sozial verträgliche Weise. Ganz wichtig ist es mir, in diesem Zusammenhang zu betonen, dass wir trotz der erfreulicherweise rück­gängigen Arbeitslosigkeit das dritthöchste Budget im Zusammenhang mit arbeitsmarkt­politischen Maßnahmen zur Verfügung haben.

Damit zeigt sich ganz deutlich, meine Damen und Herren, dass unsere Bundesregie­rung mit Bundeskanzler Werner Faymann auch weiter den erfolgreichen Kampf gegen die Arbeitslosigkeit fortsetzen wird. Für uns ist eines ganz entscheidend: Jeder Arbeits­lose ist ein Arbeitsloser zu viel. Denn: Eine hohe Erwerbsquote, sichere Arbeitsplätze mit einem guten Einkommen sind die Voraussetzung dafür, dass einerseits das hervor­ragende Sozialsystem, das wir in Österreich haben, auch weiter aufrechterhalten blei­ben kann; und das Zweite ist, dass wir durch eine hohe Erwerbsquote Armut verringern und vielen Menschen das Schicksal ersparen, dass sie arbeitslos werden, dass sie ausgegrenzt werden, dass sie keine Perspektiven mehr haben, was dann oft in Ver­zweiflung und Krankheit endet. Dafür lohnt es sich zu kämpfen, diese negativen Aus­wirkungen der Arbeitslosigkeit zu verringern. (Beifall bei der SPÖ.)

Eines lassen Sie mich auch ganz deutlich sagen: In vielen anderen Ländern sind sozia­le Errungenschaften zurückgefahren worden. Wir in Österreich haben einen anderen Weg gewählt. Wir haben die bedarfsorientierte Mindestsicherung eingeführt, eine so­zialpolitische Verbesserung, von der mehr als 270 000 Menschen in Österreich profitie­ren. Nach dem Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“ ist es einerseits gelungen, Menschen vor der Armut zu schützen, ihnen aber andererseits auch Hilfestellung zu geben, damit sie wieder in den Arbeitsprozess eingegliedert werden können.

Was für mich im Zusammenhang mit diesem Budget auch ganz wichtig und entschei­dend ist, ist, dass es auch zu Verbesserungen im Zusammenhang mit der Invaliditäts­pension kommt. Ich darf kurz erwähnen: Die Invaliditätspension beträgt bei Männern 1 117 € und bei Frauen 640 €. Hier wird es zu einer Veränderung im Zusammenhang mit den Abschlägen kommen, die Abschläge werden verkürzt. Das heißt, die I-Pen­sionisten und -Pensionistinnen werden eine Erhöhung von 1,2 Prozent ihrer Pension erhalten.

Es gibt noch viele andere positive Ansätze, auf die meine Nachrednerinnen und Nach­redner weiter eingehen werden.

Zum Schluss lassen Sie mich Folgendes sagen: Ganz wichtig und entscheidend ist es, dass für uns nach wie vor die zwei obersten Prinzipien gelten, nämlich einerseits alles dafür zu tun, dass Arbeitsplätze erhalten werden, dass Menschen eine Beschäftigung finden mit einem Einkommen, mit dem sie auch auskommen können, denn damit ist andererseits auch die Kaufkraft gesichert. Dieses Budget trägt entscheidend dazu bei, und ich bedanke mich sehr herzlich. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)


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9.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Haubner gelangt nun zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 7 Minuten. – Bitte.

 


9.44.47

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine werten Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher an den Fernsehschirmen! Wir müssen alle den Gürtel enger schnallen, um die Krise zu meistern, um den Staatshaushalt zu sanieren, um ein Budgetpaket zu schnü­ren, das den nächsten Generationen auch noch Chancen gibt – etwas, was Sie, meine Damen und Herren, in den letzten Wochen immer wieder gehört haben.

Ich frage Sie, ich frage mich: Halten sich wirklich alle daran mit dem Gürtel-enger-Schnallen? Wie schaut es wirklich aus mit jenen, die politisch verantwortlich sind, wenn es darum geht, den Gürtel enger zu schnallen, in Sachen Strukturreformen, in Sachen Reformen des Systems das endlich anzugehen, im Gesundheitssystem, im Schulsys­tem? Wie sieht es aus mit einer Aufgabenreform? Wer fragt sich wirklich nachhaltig: Was braucht, was muss ein Staat heute, im 21. Jahrhundert, noch leisten? Wie schaut es aus mit der Verkleinerung der politischen Gremien bei jenen, die jetzt politische Ver­antwortung tragen? (Beifall beim BZÖ.)

Und wie schaut es aus im Umgang mit Steuergeldern, wenn ich nur etwa an die hohen Parteienförderungen denke?

Ich sage, meine Damen und Herren, wir haben hier ein großes Ungleichgewicht, wir haben eine große Unverhältnismäßigkeit, denn die Sanierung des Budgets besteht ei­nerseits aus Kürzungen und Streichungen von Leistungen und andererseits aus Steu­ererhöhungen und der Einführung neuer Steuern. Die Hauptlast, meine Damen und Herren, tragen die Familien, die Autofahrer, die Pflegebedürftigen und die Menschen mit Behinderungen, die Schülerinnen und Schüler, die Studierenden, aber auch die äl­tere Generation. Sie zahlen den Preis für ein Belastungspaket, das nicht zukunftsorien­tiert ist, das nicht leistungsorientiert ist. Sie zahlen den Preis für eine rot-schwarze Re­gierung, der das Gespür für die reale Lebenssituation Tausender Menschen immer mehr abhandenkommt. (Abg. Dr. Bartenstein: Geh bitte!) Sie zahlen den Preis für ei­ne Regierung, die vor den Wahlen immer sehr viel verspricht und nach den Wahlen – siehe 13. Familienbeihilfe – immer sehr viel streicht.

Meine Damen und Herren! Im Sinne von sozialer, aber auch von Generationengerech­tigkeit fordern wir vom BZÖ an dieser Stelle noch einmal sehr deutlich, im System zu sparen und nicht auf dem Rücken der Menschen. (Beifall beim BZÖ.)

Der Sozialbericht zeigt es ja sehr deutlich, Herr Bundesminister: Nach wie vor sind eine Million Menschen armutsgefährdet, besonders die Älteren, besonders die Familien mit Kindern. Und es zeigt sich: Jedes Kind senkt den Wohlstand. Wir sehen, dass Al­leinerzieherInnen – dies sind vor allem Frauen – mit dem Einkommen nicht auskom­men, weil das Einkommen die Balance mit den Lebenshaltungskosten nicht halten kann. Leistung zahlt sich für viele nicht mehr aus, da hat sich in den letzten Jahren bis heute nichts geändert.

Gerade Sie, Herr Bundesminister, müssten wissen, wie wichtig Transferleistungen und ihre armutsbekämpfende Wirkung sind. Daher ist es für mich, für das BZÖ absolut un­verständlich, dass zwei Drittel der Budgetmaßnahmen, der Sparmaßnahmen, der Kür­zungen die Familien und die Pflegebedürftigen zahlen müssen.

Wenn Sie immer wieder sagen, Herr Bundesminister, es wird gerade im Bereich der Pflege kein Euro weniger ausgegeben, dann muss ich sagen: Das ist für diejenigen, die in Zukunft weniger Pflegegeld bekommen oder gar kein Pflegegeld bekommen – das sind in etwa 24 000 Menschen –, relativ unwichtig, denn sie spüren andere Dinge. Sie spüren, dass sie schon heute mit dem Pflegegeld nicht auskommen. 60 Prozent der Kosten können nicht mehr real gedeckt werden. Der Rechnungshof hat ganz richtig festgestellt, dass derzeit keine Absicherung gegen das finanzielle Risiko der Pflegebe­dürftigkeit vorhanden ist.


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Daher werden wir nicht nur an dieser Stelle, sondern in allen weiteren parlamentari­schen Beratungen und Sitzungen weiter vehement einfordern: Das Pflegegeld muss wertangepasst werden, das Pflegegeld muss valorisiert werden – denn wenn Gebüh­ren und Tarife jährlich an den Index angepasst werden, muss das auch für das Pflege­geld gelten. (Beifall beim BZÖ.)

Sehr geehrter Herr Bundesminister, gerade der Pflegebereich – ich habe es Ihnen schon oft gesagt – entwickelt sich immer mehr zur Großbaustelle, zu einer Großbau­stelle, wo nichts weitergeht. Dort, wo Sie Tempo zulegen sollten, im Bereich der Finan­zierung, stoppen Sie mit Arbeitsgruppen. Jetzt sprechen Sie schon davon, dass mit zwei Etappenplänen bis 2014 eine Lösung kommen soll. Aber dort, wo es um Re­formen geht – in Pflegegeldverfahren, bei der Schaffung einheitlicher Kriterien –, geht nichts weiter. Schnell sind Sie nur, wenn es darum geht, Leistungen zu kürzen, und schnell sind Sie, wenn es darum geht, Menschen mit Behinderungen auch hier einzu­schränken.

Was die Menschen mit Behinderungen betrifft, so möchte ich an dieser Stelle noch ein­mal Folgendes festhalten: Sie genießen nicht oberste Priorität in dieser Bundesre­gierung. Ich erinnere nur an die Budgetrede des „Bankenministers“, der die Menschen mit Behinderungen und die Anliegen und Sorgen, die sie haben, mit keinem Wort er­wähnt hat. (Beifall beim BZÖ.)

Kollegin Lapp, die im Jahr 2004 Behindertensprecherin der SPÖ war, hat damals – ich kann mich erinnern – gesagt: Die Behinderten sind mit dieser schwarz-blau-orangen Regierung auf der Wartebank. Jetzt frage ich Sie, Frau Kollegin Lapp: Was sind die Behinderten jetzt, wenn die Barrierefreiheit wieder hinausgeschoben wird? – Sie sitzen weiter auf der Wartebank, und ich sage, sie sitzen mehr denn je im Abseits. (Beifall beim BZÖ.)

Eine zweite Baustelle, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind die Pensionen, wo die Kosten explodieren, wo nach wie vor die Systeme undurchsichtig sind, kom­pliziert sind. Kein Mensch kennt sich mehr aus. Nicht ohne Grund sagen 53 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher, ihnen fehlt das Vertrauen in dieses Pensions­system.

Statt Mut aufzubringen, dieses System so zu gestalten, dass es nachhaltig umsetzbar ist, dass es nachhaltig den Generationen gerecht wird, setzen Sie nur kurzfristig kos­tendämpfende Maßnahmen.

Weil Kollegin Csörgits von den realen Pensionskürzungen der Regierung bis 2006 ge­sprochen hat, muss ich sagen: Bei realen Pensionskürzungen sind Sie auch nicht fad! Sie führen die Verschiebung der erstmaligen Valorisierung von Neupensionen wieder ein. Sie schaffen einen erschwerten Zugang zur Hacklerpension. Die Hacklerpension, die in ihrer ursprünglichen Form – 45 Jahre zu arbeiten, 45 Jahre einzuzahlen – eine hervorragende Form der Pension gewesen ist, wurde aufgeweicht, es wird daran he­rumgedoktert. Und jetzt bricht man sogar den Vertrauensgrundsatz, den Vertrauens­schutz, indem man das Alter mit einem Schritt um zwei Jahre anhebt.

Auch bei der Streichung des Alleinverdienerabsetzbetrages sind Sie nicht fad. Das trifft gerade Pensionistenehepaare, die in einer bestimmten Zeit ein Lebensmodell gewählt haben, wo sie gesagt haben, einer geht verdienen und der andere – meistens die Frau – bleibt im Sinne der Wahlfreiheit zu Hause und betreut und erzieht die Kinder. Die wer­den jetzt bestraft, denn die Möglichkeit, diesen Alleinverdienerabsetzbetrag geltend zu machen, wird ihnen genommen. Und es sind nicht nur die Generaldirektoren und die reichen Witwen, sondern vor allem die fleißigen „Normalbürger“, die diesen Alleinver­dienerabsetzbetrag jetzt verlieren.


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Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren: Solange es Pensionsprivilegien bei den ÖBB, bei der Nationalbank, bei hohen Politikerpensionen gibt, dürfen die Kleinen, Flei­ßigen und Tüchtigen nicht zur Kasse gebeten werden. Dafür werden wir vom BZÖ uns auch dementsprechend einsetzen. (Beifall beim BZÖ.)

Mit unserem neuen Pensionsmodell gehen wir einen Schritt in die richtige Richtung. Wir haben etwas entwickelt, das der höheren Lebenserwartung entspricht. Wir haben etwas entwickelt, das aber auch die Selbstverantwortung, die Eigenverantwortung stärkt und das vor allem auch auf die Generationengerechtigkeit baut.

Zum Schluss, meine sehr geehrten Damen und Herren, möchte ich einen Ausspruch des Herrn Bundeskanzlers zitieren, der in einem Interview, das ich gestern gelesen ha­be, gesagt hat: Es gibt verdammte Ungerechtigkeiten. – Interessant, das von einem Bundeskanzler zu hören. Ich kann ihm da nur zustimmen. Aber ich glaube, für jeman­den, der Verantwortung hat, ist diese Erkenntnis allein zu wenig. Ich frage mich: Wa­rum tut dieser Bundeskanzler mit seiner Regierung nichts, damit diese „verdammten Ungerechtigkeiten“ beseitigt werden? Warum handelt er nicht? Und warum zeigt er hier mangelnde soziale Verantwortung?

Für uns vom BZÖ heißt soziale Verantwortung, dass wir die Verantwortung für die Ge­nerationen wahrnehmen, dass wir im Sinne der kommenden Generationen denken und handeln, dass wir am System sparen und nicht bei den Menschen und dass wir dort investieren, wo Zukunft ist: in der Bildung, in der Familie, in der Forschung und in einer qualitätsvollen Pflege. Und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, verstehen auch die Menschen. Das wollen auch die Menschen, diese Ehrlichkeit und diese Ver­lässlichkeit. Und wenn das so ist, dann werden sie auch bereit sein, bei sich selbst ab und zu den Gürtel etwas enger zu schnallen. (Beifall beim BZÖ.)

9.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass die folgen­den Rednerinnen und Redner jeweils die Uhr so eingestellt bekommen, wie vereinbart, allerdings existiert von nun an eine maximale Redezeitbegrenzung von 9 Minuten pro Redner/Rednerin.

Herr Abgeordneter Haberzettl ist der Nächste, der zu Wort gelangt. Ich stelle die Uhr auf 5 Minuten. – Bitte. (Zwischenrufe der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Dolinschek und Grosz.)

 


9.55.51

Abgeordneter Wilhelm Haberzettl (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Verehrte Damen und Herren! Herr Bucher, Sie können schon mit Zwischen­rufen beginnen! Ich sage Ihnen, was mir einfällt, wenn ich Ihnen ins Gesicht schaue: Da fällt mir Unfallrentenbesteuerung ein, da fallen mir Ambulanzgebühren ein. Und wenn Sie wollen, kann ich noch eine Stunde weitererzählen, welche Grausamkeiten Ih­nen, Herr Westenthaler, eingefallen sind. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westentha­ler: Privilegiensprecher!)

Geschätzte Damen und Herren! Lassen Sie mich zurückblenden in das Jahr 2008. (Abg. Grosz: Erzählen Sie uns einmal von den Privilegien bei den ÖBB! – Zwischenruf des Abg. Bucher.) Herr Bucher, Sie können nicht Zug fahren, Sie kennen sich auf der Eisenbahn nicht aus, und Sie kennen sich im Gesundheitswesen auch nicht aus! (Bei­fall bei der SPÖ. – Abg. Bucher: Oberprivilegienritter der Nation sind Sie!)

Lassen Sie mich zurückblenden in das Jahr 2008. Im Jahr 2008 wurde zum Thema Langzeitversichertenregelung (Abg. Dolinschek: Ihr Zug ist abgefahren! – Heiterkeit des Abg. Bucher) hier in diesem Haus ein einstimmiger Beschluss gefasst, nicht das Auslaufen der Langzeitversichertenregelung 2008 zur Kenntnis zu nehmen, sondern ei­


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ne Verlängerung der sogenannten Hacklerregelung bis zum Jahr 2013 vorzunehmen. (Abg. Ing. Westenthaler: Ihr Zug ist bereits abgefahren!) Es war natürlich zum damali­gen Zeitpunkt bekannt, dass im Jahr 2013 mit dieser Ausnahmeregelung oder mit die­ser Sonderregelung für lange Versicherungszeiten Schluss sein wird.

Jetzt bestand die Möglichkeit, unter Einhaltung des Vertrauensschutzes in dieser Fra­ge, entweder eine langsame Übergangsregelung – Heranführen an das Regelpen­sionsalter von 65 Jahren – vorzunehmen oder eine vernünftige, tragbare Lösung im Sinne der Langzeitversicherten zu finden. Ich glaube, dieser Spagat in diesem Bereich ist gelungen. Es wird jetzt das Antrittsalter ab 2014 auf 62 Jahre angehoben. Wermuts­tropfen dabei ist, dass diese Anhebung nicht schrittweise, sondern in einem Schritt er­folgt, aber dafür ist das auch eine Dauerlösung. Für Frauen gibt es eine Übergangs­lösung, die, Kollege Öllinger, sehr wohl ein bisschen Schwachstellen aufweist. Und ei­ne Ersatzzeitenanrechnung gibt es nur mehr für Kindererziehungszeiten und für Prä­senzdienst.

Im Zusammenhang mit der Langzeitversichertenregelung muss man aber auch die Ver­änderung im Bereich der Invaliditätspension diskutieren. Beim Invaliditätspensionspaket gibt es schon einen sehr deutlich geänderten Zugang, nämlich dass erstens die Frage der Rehabilitation in den Mittelpunkt rückt. Wir wollen nämlich Menschen nicht in die Pension drücken, sondern versuchen, im Wege der Rehabilitation auch für ihre Ge­sundheit zu sorgen. In Zukunft wird aufgrund dieser beschlossenen Vorgangsweise je­dem Antrag auf I-Pension auch ein Antrag auf Rehabilitation vorausgehen.

Es gibt aber auch – unter Anerkennung der schwierigen Situation der Betroffenen, die in die Invaliditätspension gehen müssen – sehr deutliche Verbesserungen im Bereich der Abschläge.

Wenn wir davon ausgehen, dass die durchschnittliche Invaliditätspension für Frauen 640 € und für Männer 1 117 € beträgt und derzeit ein maximaler Abschlag von 15 Pro­zent vorgenommen wird, so wird dieser Abschlag in Zukunft auf 13,8 Prozent reduziert. Das bedeutet eine geringfügige Besserstellung von 1,2 Prozent für die Invaliditätsren­tenempfänger.

Die Abschlagsverbesserung bei Invalidität in Verbindung mit Schwerarbeit ist aber, glaube ich, noch viel wichtiger. Wird in den letzten 20 Berufsjahren zehn Jahre Schwer­arbeit geleistet, so beträgt bei Antragstellung ab dem 57. Lebensjahr der Abschlag bei der Pension maximal 11 Prozent – bisher waren es 15 Prozent.

Es gibt aber auch noch eine Härtefallregelung im Bereich der Pensionen, nämlich: Für ungelernte ArbeitnehmerInnen soll nun ein fiktiver Berufsschutz ab dem 50. Lebensjahr eingeführt werden. Dies dann, wenn sie nur mehr sehr leichte Tätigkeiten ausüben können, weil sie dementsprechend krank sind. Diese Regelung gilt vorerst bis 2015 und wird einem Monitoring unterzogen.

Auch im Bereich der Altersteilzeit wird die jetzige Regelung prolongiert.

Zum Abschluss einige Bemerkungen: Ich glaube, Österreich hat den Weg aus der Wirt­schaftskrise geschafft. Es ist aber nicht so, dass die Wirtschaftskrise selbst schon zur Gänze vorbei ist. Ich denke, es ist unumstritten, dass das Bankenpaket notwendig war, es ist aber auch unumstritten, dass das Konjunkturpaket notwendig war. Wir alle wuss­ten bei Beschlussfassung dieser Pakete aber auch, dass, wenn sich die Wirtschaft wie­der stabilisiert, zu sparen ist. Und es ist dieser Bundesregierung erstmals gelungen, unter der Führung von Bundeskanzler Faymann den ersten Schritt im Bereich der Ver­mögenszuwachsbesteuerung zu setzen, den ersten Schritt im Bereich einer Banken­abgabe zu setzen. Es gab Änderungen bei der Stiftungsbesteuerung, und es gab Än­derungen bei der Konzernbesteuerung bei Zukäufen. (Abg. Ing. Westenthaler: Leider keine Änderungen bei den ÖBB!)


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Wir sollten auch nicht vergessen, dass – wie schon erwähnt – die Arbeitsmarktdaten in Europa hervorragend sind.

Ich glaube, im Zuge der Diskussion darüber, wie wir die Belastungen aufteilen, ist auch klar und deutlich zutage getreten, dass das ein ungemein schwieriger Spagat ist – ich denke, wir haben ihn geschafft. (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.)

Gleichzeitig möchte ich aber auch betonen, dass der Druck in Richtung einer Steuerre­form, um hier mehr Gerechtigkeit herzustellen, enorm gewachsen ist. Ich möchte hier Bundeskanzler Faymann zitieren, der gesagt hat, wir sollten uns bemühen, in dieser Legislaturperiode noch eine Steuerreform im Sinne der Gerechtigkeit über die Bühne zu bringen. (Beifall bei der SPÖ.)

10.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Dr. Belako­witsch-Jenewein zu Wort. Gewünschte Redezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


10.01.58

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zu meinem Vorredner ein Wort: Es ist natürlich schon besonders pikant, wenn sich hier der ÖBB-Gewerkschafter herstellt und sagt: Wir wollen die Leute nicht in die Pension „drü­cken“!, wenn man andererseits weiß, dass bei den ÖBB das Pensionsantrittsalter im Vergleich zum Vorjahr auch noch gesunken ist und jetzt die ÖBB-Bediensteten bereits mit durchschnittlich 51 Jahren in Pension gehen – und das vor dem Hintergrund des­sen, dass man allen anderen Arbeitnehmern in diesem Land wirklich das letzte Hemd auszieht! (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Da wird von den Sozialpartnern eine Rot-Weiß-Rot-Card großartig angepriesen, be­worben – Herr Bundesminister, Sie haben sich hingestellt und das als Erfolg verkauft –, aber nicht in allem, wo rot-weiß-rot draufsteht, ist auch rot-weiß-rot drin. Denn wenn man sich anschaut, wie das Punktesystem für diese Rot-Weiß-Rot-Card aussieht, stel­len sich einem schon einige Fragen.

So bekommt man zum Beispiel schon allein für das Alter, also wenn man unter 30 Jah­re alt ist, 20 Punkte; wenn man Matura hat, bekommt man 25 Punkte; bei drei Jahren Berufserfahrung bekommt man 6 Punkte. Das bedeutet, man hat dann schon die nö­tigen 50 Punkte beisammen, wenn man zum Beispiel ein 29-jähriger Maturant ist. Dann hat man bereits das Anrecht, hier sozusagen die Rot-Weiß-Rot-Card zu bekommen, ohne einen Mangelberuf haben zu müssen. Und das, obwohl wir wissen, dass wir in Österreich schon 33 000 Arbeitslose mit Maturaniveau haben – die gibt es jetzt schon in Österreich, und dann sollen diese Leute „importiert“ werden.

Fleischhauer – das wissen wir spätestens seit dem letzten Ausschuss – ist ja sozusa­gen der große Mangelberuf in Österreich. Fleischhauer aus der ganzen Welt können jetzt nach Österreich kommen. (Abg. Kickl: Fleischzerleger, Herr Minister!)

Der Fleischhauer hat es aber nicht ganz so leicht, denn der hat einen echten Mangel­beruf, bekommt aber, im Gegensatz zum Maturanten, nur 20 Punkte.

Diese Rot-Weiß-Rot-Card ist in Wirklichkeit völlig sinnlos, undurchsichtig und bringt nicht den Effekt, den wir eigentlich erwartet haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Schauen wir uns Ihre weitere Arbeitsmarktpolitik an, Herr Bundesminister! Sie setzen sich dafür ein, dass 50 Prozent der Budgetleistungen des AMS für Frauen zur Verfü­gung zu stehen haben. – Herr Bundesminister, aber nur 41 Prozent der Arbeitslosen sind Frauen! Da gibt es eine Diskrepanz, und ich frage mich, wie Sie die Arbeitslosen­rate wirklich sinnvoll senken wollen, wenn Sie sagen, die Frauen müssen mehr bekom­men, obwohl es weniger arbeitslose Frauen gibt.


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Das zeigt die Sinnlosigkeit, wie überhaupt dieses ganze Genderbudget nicht sinnvoll gemacht ist. Es gibt einfach fix vorgegebene Zahlen, ohne auf die Notwendigkeiten zu achten. Das machen Sie auch in Ihrem Budget.

Das Ganze zieht sich noch weiter durch. Sie machen ja jetzt großartig Werbung mit dem Slogan: „Echte Männer gehen in Karenz!“ – Die „unechten Männer“ sind also dann jene, die arbeiten. Gleichzeitig wissen Sie beispielsweise aber, dass viele Männer gar nicht in Karenz gehen können, weil sie nicht freibekommen oder weil sie Probleme an ihrem Arbeitsplatz hätten. Sie würden es dann in Kauf nehmen, dass einerseits die Frauen, die in Karenz gehen, Probleme mit dem Arbeitgeber bekommen, in weiterer Folge dann aber auch noch die Männer, die daran anschließend in Karenz gehen.

Sie wissen, dass diese Probleme in Zeiten eines angespannten Arbeitsmarktes beste­hen, verlangen das aber. Ich weiß schon, es gibt ein gutes Beispiel, das ist unser Be­hindertenanwalt, der ja jetzt in Karenz gehen möchte. Kaum dass er Behindertenanwalt geworden ist, hat sich aber auch schon die Situation für die Behinderten massiv ver­schlechtert. Und das wissen Sie, Herr Bundesminister!

Herr Buchinger war kaum Behindertenanwalt, hat er angekündigt, dass er aufhören möchte. Und was ist jetzt? – Jetzt wurde die Barrierefreiheit für die Behinderten ver­schoben, und da passiert gar nichts.

Das Pflegegeld wird gekürzt – und Sie stellen sich jetzt hin und sagen, dass nicht ein Euro weniger ausgegeben wird. Herr Bundesminister, für jeden, der jetzt in Pflege­stufe 1 ist, ist es – verdammt nochmal! – viel, viel schwieriger, Pflegestufe 2 zu erlan­gen. Allein dadurch bekommt er schon weniger Geld. Und jene Personen, die neu in dieses System kommen wollen, tun sich viel, viel schwerer, überhaupt Pflegegeld zu bekommen.

Und wie schaut es aus, wenn wieder einmal Kontrollen sind? Können Sie garantieren, dass jemand, der heute in der Pflegestufe 3 oder 2 ist, nicht hinunterfällt? – Das kön­nen Sie nicht garantieren!

Das heißt, es gibt natürlich eine reale Kürzung im Pflegebereich. Das sind arme Leute, das sind kranke Leute, und bei diesen wird eingespart! Auf deren Kosten wird einge­spart, damit wir die Mindestsicherung an Menschen auszahlen können, die gar nicht gewillt sind zu arbeiten. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie wissen ganz genau, dass es in ungarischen, in rumänischen, in bulgarischen Ta­geszeitungen schon Annoncen gibt, mit denen Leuten für drei Monate ein Wohnsitz in Österreich angeboten wird. Sie müssen sich nur melden, dann bekommen sie den Haupt­wohnsitz in Österreich und können die Mindestsicherung beziehen. (Abg. Mag. Gaß­ner: Das ist so ein Blödsinn!)

Das heißt, Sie sparen bei den Pflegebedürftigen ein, um das Geld dann den Auslän­dern zu geben. (Beifall bei der FPÖ.) Sie sollen bei uns in Österreich die Mindestsi­cherung bekommen, mit der sie dann in ihren Heimatländern in Osteuropa ein feines Leben führen können. Das ist Ihre Sozialpolitik!

Herr Bundesminister, Sie wissen es ganz genau – wir haben das auch schon im Aus­schuss geklärt –: Diese Mindestsicherung ist nicht vor Missbrauch gefeit, ganz im Ge­genteil. (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner.) Sie wissen genau, die Vermögenswerte von Menschen, die im Ausland leben, sind nicht nachweisbar! Sie konnten uns auch im Ausschuss nicht erklären, wie Sie das überprüfen wollen. Sie haben keine Möglichkeit, das zu überprüfen.

Das heißt, hier erfolgt eine Bevorzugung von Ausländern. Die können in Rumänien, in Ungarn ein Haus haben und erhalten trotzdem hier die Mindestsicherung, während ös­


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terreichische Staatsbürger, die über Vermögenswerte verfügen, keinerlei Geld bekom­men.

Das ist eine Umverteilung von Pflegebedürftigen, von Menschen, die das Geld brau­chen, von sozial Schwachen hin zu Ausländern, die bei uns noch nie gearbeitet haben, die nur kommen, um das Sozialsystem auszunützen! (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist Ihre Sozialpolitik. – Herr Bundesminister, Sie haben als Sozialminister abge­dankt! (Beifall bei der FPÖ.)

10.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein gelangt nun zu Wort. Gewünschte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Öllinger – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Bartenstein –: Bitte, korrigieren Sie das!)

 


10.07.33

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Minister Hunds­torfer! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich war im selben Ausschuss wie meine Vorrednerin und habe die Erläuterungen des Herrn – in diesem Fall – Arbeitsmi­nisters und Sozialministers zum Thema Mindestsicherung als schlüssig empfunden.

Missbrauch zu 100 Prozent auszuschließen, das wird schwierig sein, aber Missbrauch innerhalb unseres Rechtssystems so weit wie möglich auszuschließen, das ist be­absichtigt. Und da kommt – Hand aufs Herz! – auch viel an Verantwortung auf die Län­der zu. Auch das hat Minister Hundstorfer schlüssig ausgeführt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In den letzten Minuten, in der letzten Stunde ist seitens der Opposition viel von Kürzungen die Rede, vom Gürtel-enger-Schnallen, O-Ton Ursula Haubner. Schauen wir uns doch die Zahlen an. Wie sieht es denn aus? Was gibt denn dieses Land für Soziales aus, dieses Land, in dem es einen Grundkon­sens gibt, einen Grundkonsens aller hier Sitzenden, ein hohes Sozialniveau haben zu wollen, erhalten zu wollen und auch punktuell weiter auszubauen, je nach Maßgabe der Möglichkeiten?

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Sozialbericht des Ministers sagt uns, dass im Jahr 2009 die Sozialquote auf den neuen Rekordstand von 30,7 Prozent unse­rer gesamten Wirtschaftsleistung angestiegen ist – eine relativ abstrakte Zahl. (Zwi­schenruf des Abg. Öllinger.) 84,1 Milliarden € geben wir pro Jahr in diesem Land für Soziales aus – auch noch eine relativ abstrakte Zahl.

Ich darf sie herunterbrechen auf den jeweiligen Österreicher und die jeweilige Öster­reicherin: Das sind mehr als 10 000 € pro Österreicher, die für Soziales aufgewendet werden – mehr als 10 000 € pro Kopf und Nase! Und das ist doch sehr herzeigbar und zeigt, auf welch hohem Niveau dieser Sozialstaat Österreich weiterhin geleitet und ge­führt wird. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich weiß schon, da ist manches auch krisenbedingt dahinter – na klar, wenn Menschen arbeitslos werden, muss gegengesteuert werden, und, und, und –, die Sozialquote liegt natürlich auch krisenbedingt über 30 Prozent, und wir sind zwar nicht ganz an der Spit­ze Europas, aber immerhin auf Platz sechs, im oberen Viertel der EU-Staaten, was so­ziale Leistungen anlangt.

Punkt zwei: Arbeitsmarkt. Herr Minister, da kann ich mich kurz fassen, die Zahlen spre­chen für sich. Frau Kollegin Csörgits, Sie haben recht ausführlich dazu Stellung ge­nommen, die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt ist wirklich äußerst erfreulich.

Vor allem jetzt im Nachhinein können wir sagen, dass die gesetzten Maßnahmen die richtigen waren. Die Krise wurde nicht nur gut, sondern außerordentlich gut bewältigt, daher an dieser Stelle einmal mehr mein Dank an das AMS. Sie wissen und ich weiß,


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wovon wir sprechen, auch die Sozialpartnervertreter hier in diesem Hause wissen das. Das läuft ganz ausgezeichnet.

Wenn wir uns da in einer Art Finale mit den Holländern – Fußball ist es ja nicht, da hätten wir keine Chance – matchen um den ersten Platz innerhalb der Europäischen Union – auch das hat schon Tradition –, so ist das gut. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zu dem, was die Freiheitlichen einmal mehr sagen – ich möchte fast despektierlich sa­gen: von sich geben, aber diese Formulierung ist durchaus überlegt –, meine sehr ver­ehrten Damen und Herren, nämlich die Rot-Weiß-Rot-Card sei so schlecht, Folgendes: Lesen Sie internationale Zeitungen, sogar in diesen wird die Rot-Weiß-Rot-Card als sinnvolles Instrument gewürdigt. (Abg. Dr. Rosenkranz: In internationalen, das ist ja logisch! – Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.) Das muss ja erst kom­men, es wundert mich daher, Frau Belakowitsch-Jenewein, dass Sie schon wissen, wie das ausgehen wird.

Das wird bewertet als sinnvolles Zugangsinstrumentarium. Ja, wir Österreicher neh­men es für uns in Anspruch. Wir wollen uns aussuchen, wer zu uns kommt. Wer die richtige Qualifikation hat, der soll kommen, und wer nicht, der dann eben bitte nicht. Das wird streng nach dem Arbeitsmarkt und nach dessen Erfordernissen bewältigt und gestaltet werden und ist eine sinnvolle Erweiterung und Weiterentwicklung der beste­henden Instrumente betreffend Schlüsselkräfte und so weiter.

Herr Kollege Kickl, das, was Sie in Sachen Übergangsfristen hier einmal mehr an die Wand gemalt haben – er ist, glaube ich, im Moment nicht mehr im Saale; macht nichts, Wortmeldung abgegeben. (Abg. Kickl – in der letzten Bankreihe sitzend –: Hier!) – Ah, ganz hinten. (Abg. Kickl: Damit ich Sie besser sehen kann!) Okay. Vielleicht ein Platz, der Ihnen auch zusteht. (Abg. Neubauer: Sie sind aber auch schon weiter hinten ge­sessen! Sie sind auch schon einmal auf der Regierungsbank gesessen!)

Herr Kollege Kickl, es wird deswegen nicht besser, weil Sie es jedes Mal neu bringen. Wir Österreicher meinen, dass wir unseren Arbeitsmarkt so fit haben, dass wir den 1. Mai in Sachen Zuwanderung gut bewältigen werden, wenn die Übergangsfristen fal­len. (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.)

Ein Letztes zu einem Thema, das mir auch am Herzen liegt und wo ich nicht so ganz zufrieden bin, weil aus der Ausnahme die Regel wurde und weil das wohl so etwas wie die „Achillesferse“ unseres Sozialsystems, unseres Pensionssystems geworden ist, nämlich zur berühmten Hacklerregelung. Es stimmt ja nicht, dass das als Regelfall eingeführt wurde, wie Ursula Haubner das zum Ausdruck bringen wollte. Nein, die Pen­sionsreform des Jahres 2000 – manche erinnern sich daran –: Anhebung des Pen­sionsantrittsalters von 60 auf 61,5 Jahre, Abfederung für drei Übergangsjahrgänge; mehr sollte es nicht sein. 4 000 Personen haben im Jahr 2001 die Hacklerregelung in Anspruch genommen. Wissen Sie, wie viele es letztes Jahr waren? – 27 000! Aus der Ausnahme ist der Regelfall geworden.

Wissen Sie, was uns die Hacklerregelung heute kostet gegenüber einem Status, bei dem es sie nicht gäbe? – 2 Milliarden € pro Jahr! Wir reden hier über viel, viel gerin­gere Summen, die wir da und dort einsparen müssen und die wehtun. 2 Milliarden € pro Jahr! Und wenn es wenigstens die Hackler wären, die davon begünstigt werden, die am Bau sind, die Schicht arbeiten in den großen Industriebetrieben, bei Nacht und Nebel, bei Kälte und Hitze, aber die sind es ja nicht, die die Hacklerpension in An­spruch nehmen können, sondern es sind Beamte, es sind andere Bedienstete, die eben kontinuierliche Beschäftigungsverhältnisse haben. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Es sind eben Sündenfälle passiert, einer nach dem anderen, insbesondere im Jahr 2008, als Ersatzzeiten besonders günstig oder gratis zur Verfügung gestellt wurden. Und jetzt


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ist es so, dass die PVA (Zwischenruf des Abg. Kickl), meine sehr verehrten Damen und Herren, 300 Anträge auf Nachkaufzeiten pro Tag zu bearbeiten hat! 300 Anträge! Ein richtiger Run hat da eingesetzt.

Deswegen ist es wichtig und richtig, dass Sozialminister Hundstorfer hier erste Gegen­maßnahmen entwickelt hat – aus meiner Sicht hätten sie weiter gehend sein können; orten Sie da den Ansatz eines Dissenses. Aber ein Anfang ist gemacht, und so gese­hen wird der Sozialstaat gut weiterentwickelt. Die 30,7 Prozent Sozialquote sprechen für sich. Wir sind und bleiben ein Staat, in dem es sich gut leben lässt. (Abg. Neu­bauer: Das wissen mittlerweile alle anderen auch!) Und wenn es einmal nicht so gut geht, dann ist man sozial abgesichert. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

10.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Jarmer zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 7 Minuten. – Bitte.

 


10.14.31

Abgeordnete Mag. Helene Jarmer (Grüne) (in Übersetzung durch eine Gebärden­sprachdolmetscherin): Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kollegen! Hohes Haus! Heute zum Thema Einsparungen: Das ist natürlich ein Thema, über das sich niemand freut. Einsparen müssen wir, aber die Einsparungen sind gegen die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Be­hinderungen – leider. Einige dieser Punkte möchte ich hier anbringen.

Es ist uns bewusst, dass wir barrierefrei bauen müssen, die Frist wird jedoch verscho­ben. Was aber nicht aufgefallen ist: Wenn das Ministerium im Teiletappenplan Maß­nahmen nicht berücksichtigt, nicht einbringt, dann ist es auch nicht verpflichtet, das einzuhalten.

Wer überprüft die Einhaltung? – Das ist nicht klar. Wer ist dafür zuständig? – In der UN-Konvention ist in Artikel 9 ganz genau beschrieben, was Barrierefreiheit bedeutet. Es geht dabei nicht nur um Gebäude, Brailleschrift, Gebärdensprachdolmetsch; es ist ganz genau beschrieben.

Zum Thema Arbeit und Arbeitsmarkt: Wir wissen natürlich, behinderte Menschen sind sowieso sehr stark davon betroffen, die Armutsquote ist erhöht.

Was wir nicht vergessen dürfen – und da möchte ich mich einfach wiederholen; man­che meinen, es wären vielleicht nur 10 000 Menschen mit Behinderungen, aber nein –: Es sind 1,6 Millionen Menschen mit Behinderungen in Österreich, chronisch Kranke. Das ist eine sehr große Gruppe in Österreich. Diesbezüglich gibt es ein großes Miss­verständnis. Das ist keine kleine Gruppe.

Beim Maßnahmenpaket fehlt mir etwas: Die Ausgleichstaxe ist zu wenig erhöht. Der Betrag muss mindestens über dem Mindestgehalt liegen. Warum sollte eine Firma einen behinderten Menschen einstellen, was ist der Vorteil für ein Unternehmen? Wir müssen Role Models zeigen, was behinderte Menschen können, welche Stärken sie haben. Das Gesamtpaket muss man zeigen, und das vermisse ich hier. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich glaube, darüber haben wir bereits einmal gesprochen, und darauf möchte ich noch einmal zurückkommen, Herr Minister, nämlich auf das Thema Arbeitsmarkt, Coaching, Job-Coaching, Arbeitsassistenz – da gibt es Einsparungen. Und Sie, Herr Minister, ha­ben gesagt – ich hoffe, ich kann Sie beim Wort nehmen –, dass in diesem Bereich kei­ne Einsparungen stattfinden werden. Ich habe Ihre Zusage, nicht wahr? – Gut.

Zum Thema Pflegegeld: Auch in diesem Bereich wird eingespart. Und wen trifft das be­sonders? – Demenzkranke und Kinder. Die Artikel-15a-Vereinbarung wurde übernom­men, das wissen Sie bereits.


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Deshalb bringe ich hier folgenden Antrag ein – ich lese ihn vor –:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Öllinger, Jarmer, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierung wird aufgefordert, die Zugangskriterien in den Pflegestufen 1 und 2 un­verändert beizubehalten.

*****

(Beifall bei den Grünen.)

Was ich damit sagen wollte: Diese Punkte sind natürlich nicht alles, es gibt noch so viel, worüber wir uns unterhalten könnten: dass der Spritpreis gestiegen ist für Men­schen mit Behinderungen, einige Dinge weggefallen sind, die doppelte Familienbeihilfe gestrichen wird. Ein Problem beim Studium sind die Zugangsbeschränkungen, die bau­lichen Maßnahmen werden verschoben. Das ist die eine Seite, dass die baulichen Maßnahmen verschoben werden, aber auf der anderen Seite sagt man: Studieren Sie schneller! – Das geht nicht. Man muss sich überlegen, wie man das machen kann. (Beifall bei den Grünen.)

Zum Thema Einsparungen: Für mich ist es sehr wichtig – ich verstehe natürlich, dass Sie sparen müssen –, dass man auch in Zukunft behinderte Menschen, ExpertInnen in eigener Sache einlädt und mit ihnen gemeinsam an einem Tisch bespricht, was man machen kann, welche Maßnahmen besser nicht umzusetzen sind. Das vermisse ich.

Ich glaube, Sie kennen die UN-Konvention sehr gut. In dieser steht, dass behinderte Menschen einbezogen werden sollen. Im nächsten Jahr wird der Nationale Aktionsplan präsentiert, und das ist auch ein Teil davon. Ich hoffe, dass Sie diese Maßnahmen dann auch so annehmen werden, denn die UN-Konvention ist keine Empfehlung, son­dern Österreich hat sie ratifiziert, unterschrieben und sich verpflichtet, das in Gesetze umzuwandeln. Leider sehe ich bis jetzt nicht viel davon.

Was, bitte, wird umgesetzt? Haben Sie vielleicht etwas gesehen oder gehört? – Nein, damit Sie sich nicht wundern, nichts. Ich hoffe, auf ein Weihnachtswunder! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von der Frau Abgeordneten Mag. Jarmer eingebrachte Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Öllinger, Jarmer, Freundinnen und Freunde betreffend die Beibe­haltung der derzeit geltenden Zugangskriterien für die Pflegegeldstufen 1 und 2

eingebracht im Zuge der Debatte über das Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011

Die geplante Anhebung der monatlichen Stundenwerte, in Pflegestufe 1 von mehr
als 50 auf mehr als 60 Stunden und in Pflegestufe 2 von mehr als 75 auf mehr als 85 Stunden, werden zu budgetären Einsparungen auf Kosten jener Menschen führen,


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die sich am wenigsten wehren können, weil sie auf Hilfe angewiesen sind. Wenn kein Geld für präventive und stabilisierende Maßnahmen bereits in einem frühen Zeitpunkt der Pflegebedürftigkeit vorhanden wird, dann ist damit zu rechnen, dass sich der Grad der Pflegebedürftigkeit rasch erhöht und letztlich dem Staat dadurch womöglich sogar höhere Kosten verursacht.

Das Pflegegeld ist ohnedies nur ein Zuschuss zu den tatsächlichen pflegebedingten Mehraufwendungen. Wohnungsadaptierungen oder Hilfsmittel zur Prävention von Stür­zen oder Unfällen werden in Zukunft für viele nicht mehr im benötigten Ausmaß leistbar sein. Besonders hart betroffen sein werden jene Menschen sein, die nur eine Mindest­person haben und sich deshalb keine Hilfeleistungen am freien Markt zukaufen kön­nen. Deshalb sind wir für die Beibehaltung der derzeit geltenden Zugangskriterien zu den Pflegestufen 1 und 2.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierung wird aufgefordert, die Zugangskriterien in den Pflegestufen 1 und 2 un­verändert beizubehalten.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Königs­berger-Ludwig. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.20.20

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Haubner und Frau Kollegin Jarmer! Sie zeichnen hier ein Bild vom Herrn Bundesminister Hundstorfer, mit dem ich nicht ganz einverstanden bin. (Abg. Öllinger: Na, na, na! – Abg. Dr. Moser: Das war noch milde formuliert!) Es ist nicht so, dass die Behindertenpolitik auf der Warteliste steht. Das ist keinesfalls so. Es ist auch keinesfalls so, dass der Herr Bun­desminister Behindertenorganisationen nicht einbindet, ganz im Gegenteil.

Wenn man sich anschaut, was in den letzten beiden Jahren im Behindertenbereich al­les passiert ist (Abg. Mag. Widmann: Kürzungen, Kürzungen, Kürzungen!), dann muss man ja auch – oder kann man ja auch, wenn man möchte – einmal das Positive sehen.

Ich möchte ein paar positive Dinge herausstreichen. Zum Beispiel wurde im vergange­nen Jahr die Unfallversicherung in den Beschäftigungstherapien umgesetzt. Es wurde die Verbesserung der Behindertenvertrauensperson durchgesetzt, die Änderung der Einstufungskriterien. Das Budget für begleitende Hilfen, für Arbeitsassistenz, das schon angesprochen worden ist, wurde nicht gekürzt und wird auch nicht gekürzt. Ein Berufs­ausbildungsgesetz für jugendliche Behinderte wurde verbessert. Es gibt eine Grundla­ge für eine österreichweite Arzneimittel-Hotline. Ich finde auch, dass der veränderte Kündigungsschutz hoffentlich dazu beitragen wird, dass noch mehr behinderte Men­schen in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden, weil ich davon überzeugt bin, dass das beste Mittel zur Inklusion die Teilhabe am Arbeitsmarkt ist und damit auch die Mög­lichkeit zum selbstbestimmten Leben. (Beifall bei der SPÖ.)

Der bereits angesprochene nationale Aktionsplan, Frau Kollegin Jarmer, wird auch da­zu beitragen, dass es noch mehr in das Bewusstsein aller Ministerien, Stellen, Länder, Gemeinden und, so hoffe ich, auch in die Köpfe der Menschen einziehen wird, dass es


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auch darum geht, die sozialen Barrieren im Zusammenhang mit behinderten Menschen abzubauen. Diese Initiative wurde auch von Bundesminister Hundstorfer gesetzt und soll im nächsten Jahr abgeschlossen werden – unter Einbindung aller Akteurinnen und Akteure. Na selbstverständlich wird das so gemacht.

Es werden auch alle Lebensbereiche von Menschen mit Behinderungen in diesen na­tionalen Aktionsplan mit aufgenommen. Bei der Sitzung des Bundesbehindertenbeirats wurde das ja eindeutig mitgeteilt, dass es darum geht, die Menschenrechte anzu­schauen, die Barrierefreiheit anzuschauen, die Bildung anzuschauen, den Arbeitsmarkt anzuschauen, vor allem auch das selbstbestimmte Leben für Menschen mit Behin­derungen in den Mittelpunkt zu stellen, ebenso wie Gesundheit und Rehabilitation. Ich denke mir, das ist doch ein ganz, ganz wichtiger Schritt, um tatsächlich mehr zur In­klusion von Menschen mit Behinderungen beizutragen. Ich bin ja ganz Ihrer Ansicht, Frau Kollegin Jarmer, es sollten vor allem die Stärken von Menschen mit Behinderun­gen betrachtet werden und nicht die Defizite. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Do­nabauer.)

Geschätzte Damen und Herren! Dass Österreich, die Bundesregierung und auch wir, das Parlament, die Anliegen von Menschen mit Behinderungen durchaus sehr ernst nehmen, zeigt auch die Tatsache, dass Österreich einer der wenigen Staaten gewesen ist, der den Staatenbericht zeitgerecht abgeschickt hat. Auch dafür ist Österreich gelobt worden. Es wurde auch so vorgegangen, dass Behindertenorganisationen eingebun­den worden sind, weil es wichtig ist, nicht von oben herab Behindertenpolitik zu ma­chen, sondern mit den betroffenen Menschen Behindertenpolitik zu machen.

Frau Kollegin Jarmer, weil Sie, wie auch schon einige andere Kolleginnen und Kol­legen, die Verlängerung der Frist für die Barrierefreiheit angesprochen haben, möchte ich noch etwas dazu sagen. Das war auch für mich und auch für Kollegen Huainigg ein Punkt, der für keine große Zustimmung gesorgt hat. Ich bin sehr froh, dass es gelun­gen ist, in diesem Bereich sehr wohl eine Veränderung herbeizuführen, weil diese Ver­längerung für die Barrierefreiheit nicht mehr generell gelten wird. Sie wissen alle, Mi­nisterien müssen ihre Teiletappenpläne verpflichtend bis zum Ende des Jahres auf ih­ren Websites veröffentlichen. Diese Teiletappenpläne sind ja auch zu einem großen Teil mit der ÖAR erarbeitet worden. Infolgedessen ist das auch nicht von irgendjeman­dem verordnet, sondern gemeinsam erarbeitet worden.

Ich bin überzeugt davon, dass Ministerien, die ja bereits viel umgesetzt haben im Be­reich der Barrierefreiheit, jetzt keineswegs ihre Anstrengungen hintanstellen werden. Ich denke, das wird nicht passieren; ich bin eigentlich überzeugt davon. Und wir alle wissen, dass diese Verlängerung der Barrierefreiheit aufgrund dessen passiert ist, weil einige Ministerien in alten Gebäuden beheimatet sind. Für diese Ministerien soll es die­se Sonderregelung geben, und ich bin überzeugt, dass alle anderen ihre Teiletappen­pläne einhalten werden.

Ich habe noch ein paar Anmerkungen zum Pflegegeld. So oft wurde heute gesagt, dass das Pflegegeld gekürzt wird. Geschätzte Damen und Herren, das ist immer so, wie man die Sachlage betrachtet. Es ist tatsächlich so, dass das siebenstufige Einstu­fungsverfahren erhalten bleibt. Es ist tatsächlich so, dass das Pflegegeld als Geldleis­tung erhalten bleibt. Wie viel ist da im Vorhinein hineininterpretiert worden! Diese Dinge bleiben erhalten, und niemand in Österreich, geschätzte Damen und Herren auch an den Fernsehschirmen, der jetzt im Pflegegeldsystem ist, wird auch nur einen Euro oder einen Cent verlieren. (Abg. Neubauer: Falsch! – Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.) Alle Menschen werden die gleiche Leistung erhalten, auch jene, die nur befristete Bescheide haben. (Abg. Neubauer: Lesen Sie die Einschätzungsverordnung!)

Dass man sich aber im Pflegebereich in den nächsten Jahren etwas überlegen müssen wird, geschätzte Damen und Herren, das wissen wir alle, weil es einfach so ist, dass die


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demographische Entwicklung uns dazu zwingen wird, und auch zum Teil die finanzielle Situation der Gemeinden. (Abg. Neubauer: Seit wann kennen wir die demographische Entwicklung? – Abg. Kickl: Seit der Krise!) Auch da ist Bundesminister Hundstorfer auf einem sehr, sehr guten Weg, weil er mit den Ländern in Gespräche eingetreten ist und der Pflegefonds Abhilfe schaffen wird, weil es einfach wichtig ist, dass wir das Pflege­geldsystem in dieser Qualität auch aufrechterhalten.

Geschätzte Damen und Herren, ich bin überzeugt davon, dass die Herausforderungen der Zukunft in vielen Bereichen sehr groß sind, nicht nur im Bereich des Pflegegeldes. Wovon ich aber auch überzeugt bin, ist, dass es nicht dienlich ist, Frau Belakowitsch-Jenewein, wenn man die Gesellschaft auseinanderdividiert, sondern wir müssen darauf achten, dass der soziale Friede gewahrt wird. (Zwischenruf des Abg. Neubauer. – Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: ... Ihr bevorzugt’s Ausländer!) Das passiert nicht mit Polemik und Populismus, sondern mit verantwortungsvoller Politik. (Beifall bei der SPÖ.)

10.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dolinschek kommt nun zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 7 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.27.08

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Streichen, Kürzen, Drüberfahren – das zieht sich wie ein roter Faden durch das Budget auf Kosten von Leuten, die es sonst im Leben nicht so einfach haben beziehungsweise von Haus aus etwas schwerer haben als andere. Es betrifft Menschen mit Behinderungen, es betrifft Kranke, es betrifft Arbeiterinnen und Arbeiter.

Einsparungen von 1,4 Milliarden € stehen Steuererhöhungen von 1,2 Milliarden € gegen­über. Das Budgetdefizit steigt weiter an. Die Schulden von ASFINAG, ÖBB, Sozialver­sicherungsanstalten, von Ländern und Gemeinden werden nach wie vor dort nicht mit eingerechnet. So ist es.

Ins Budgetdefizit müsste eigentlich das mit einbezogen werden, so wie es die EU jetzt in Zukunft vorhat. Dann schaut das wieder ganz anders aus. Dann steigt dieses Bud­getdefizit, und beim Finanzstabilitätspakt (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter) ist die Pflegefinanzierung noch ausständig, Herr Kollege Matznetter. Ich erinnere mich noch sehr gut an das Jahr 2006, kurz vor der Nationalratswahl. Da hat die SPÖ sogar den Pflegenotstand ausgerufen. (Abg. Ing. Westenthaler: Ja, ja!) Passiert ist bis heute gar nichts. (Beifall beim BZÖ.) Jetzt kürzt man noch in der Pflege. Man erschwert den Zu­gang zur Pflegestufe 1 und Pflegestufe 2.

Das ist nicht alles, Frau Kollegin Königsberger-Ludwig. Es ist nicht so, wenn jemand schon die Pflegestufe 1 oder 2 hat, dass er auf dieser Stufe bleibt, denn wenn er eine Nachuntersuchung hat, kann er dort auch herausfallen. (Abg. Neubauer: Aufgrund der ... Verordnung!) So ist es! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Bleiben Sie bei der Wahr­heit! (Beifall beim BZÖ.)

Ein großer Brocken auf der Einnahmenseite ist die Erhöhung der Mineralölsteuer. (Zwi­schenruf des Abg. Donabauer.) Diese Erhöhung der Mineralölsteuer mit 4 Cent auf Benzin und 5 Cent auf Diesel ist eine Steuer auf die Steuer und trifft die vielen Pend­lerInnen in Österreich. Wir haben zirka 1,8 Millionen Pendler, und nur 56 Prozent von diesen können überhaupt eine Pendlerpauschale beantragen, der Rest fällt heraus. Das sind Teilzeitbeschäftigte, das sind Beschäftigte in atypischen Berufen und so wei­ter. (Abg. Neubauer: Genau!) Wenn jemand nicht elf Tage zur Arbeit fährt, fällt er so­wieso schon heraus. Das gehört alles umgestellt, Herr Sozialminister. Das gehört um­gestellt. (Bundesminister Hundstorfer schüttelt den Kopf.)


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Ich weiß schon, dass Sie jetzt nicht dafür zuständig sind. Da ist der Herr Bankenminis­ter zuständig. Aber Sie könnten das ja anregen als Sozialminister, dass das endlich einmal auf eine kilometerabhängige Pendlerbeihilfe umgestellt wird. Das wäre richtig. (Beifall beim BZÖ.)

Was mir schon zu denken gibt: Es ist ja heuer das Europäische Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung. Ich muss sagen, ich bin überrascht. Es wird der Arbeitsmarkt hochgejubelt, das hat auch der ehemalige Wirtschaftsminister Bartenstein gesagt, die Zahlen sind erfreulich. Da sage ich: Klar, die Arbeitslosenzahlen sind sehr niedrig in Österreich. Darauf sind wir alle stolz. Das ist keine Frage. Aber was mich da­bei so wundert, ist, dass die Einkommensschere immer weiter auseinandergeht und je­der Achte in Österreich armutsgefährdet ist. Das ist immerhin eine Million Menschen in Österreich, die armutsgefährdet ist. Und in Zeiten einer steigenden Verschuldung und in Zeiten einer Finanzkrise werden die Mittel für die Schuldnerberatung auch noch ge­kürzt, Herr Sozialminister und Konsumentenschutzminister. Das gibt mir auch zu den­ken. Das ist nicht im Sinne der Bevölkerung. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Mag. Johann Maier: Zahlen lesen muss man können!)

Ich komme zum Arbeitsmarkt. Kollege Maier, bei den Arbeitslosen sind natürlich jene, die in Schulungen sind, nicht enthalten, und auch jene, die noch nie in einem Beschäf­tigungsverhältnis waren, fallen nicht in diese Statistik hinein. Das sind vor allem junge Leute.

Kein Thema waren bisher die älteren Arbeitnehmer. Länger im Erwerbsleben bleiben, nur wie? Es fehlen hier konkrete Maßnahmen, die gesetzt werden sollten. Ich lese im­mer wieder in Gewerkschaftszeitschriften, in Kolumnen von Arbeiterkammern, der Fak­tor Arbeit, der gehört entlastet. Ja, tun Sie endlich einmal etwas! (Anhaltender Beifall beim BZÖ.) Da sitzen jede Menge Sozialpartner hier im Parlament und auch in der Bundesregierung, aber sie tun nichts. (Abg. Dr. Matznetter: Ihr wart es ... Stiftungen und Spekulanten!) Nichts tun Sie! Leere Worthülsen von Ihrer Seite, das ist die Sozial­demokratie, die für die Leute überhaupt nichts tut, null tut, null! So ist es. Das ist die Wahrheit. (Ruf bei der SPÖ: Wir sind ein Parlament!)

Was ist in den Bereichen der Sozialversicherung? Die Ausgaben bei den Sozialversi­cherungsanstalten steigen. Wie es zu Einsparungen kommen soll, ist mir ein Rätsel. Wir haben noch immer den Luxus von 22 verschiedenen Sozialversicherungsanstalten. Wir brauchen eine Unfallversicherung, eine Krankenversicherung, eine Pensionsversi­cherung. Die Ansätze sind seinerzeit gemacht worden, als wir die Pensionsversiche­rungsanstalt der Arbeiter und der Angestellten zusammengelegt haben. Heute noch vermisse ich ein Zusammengehen von allen. Das Allgemeine Pensionsgesetz hätte die Voraussetzungen dafür geschaffen, nur sitzt man noch immer auf den Sesseln. (Zwi­schenruf des Abg. Donabauer.)

Herr Kollege Donabauer, wozu braucht man eigentlich noch eine Sozialversicherungs­anstalt der Bauern? Berechnet wird sowieso alles bei der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen. Wozu braucht man so viele Generaldirektoren in jedem Bundes­land? Das geht nur auf Kosten der Bauern, diese Beiträge, die es da gibt. Da gehört al­les einmal zusammengeführt. So gehört das einmal gemacht in diesem Bereich. (Bei­fall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich darf noch etwas zur Langzeitversichertenregelung bemerken. Bei der Langzeitver­sichertenregelung wird immer wieder davon gesprochen, dass wir das Alter des Pen­sionsantritts anheben müssen. Jene Männer, die in die Langzeitversichertenregelung, in die Hacklerregelung fallen, gehen durchschnittlich mit zirka 61 Jahren in Pension. Dort brauche ich nichts anzuheben! Wo das durchschnittliche Pensionsantrittsalter bei 58,5 Jahren liegt, bei denen muss ich ansetzen, die die Privilegien haben, dass sie frü­


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her gehen können. (Abg. Hagen – auf Abg. Haberzettl weisend –: Der Haberzettl ... !) Bei den Sonderbestimmungen, wie Nachkauf von Sozialversicherungszeiten und so wei­ter, in diesem Bereich gehört angesetzt.

Es gibt keine Weichenstellung hin zu einer besseren Generationengerechtigkeit. Das vermisse ich alles hier im Budget. Keine nachhaltigen Maßnahmen sind gesetzt wor­den, sondern lediglich Änderungen im geringfügigen Bereich, eine Dämpfung der Kos­tenexplosion bei den Pensionen. Diese Einsparungen allein sind viel zu wenig, sehr geehrte Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Krist.) Schreiben Sie sich das hin­ter die Ohren! (Beifall beim BZÖ.)

Wir brauchen ein Pensionssystem, auf das die Österreicherinnen und Österreicher und auch die junge Generation vertrauen können und bei dem sie damit rechnen können, dass sie auch in Zukunft eine Pension erhalten. Unterschiedliche Pensionsversiche­rungsanstalten und -beiträge müssen der Vergangenheit angehören. Wir brauchen ein zukunftsorientiertes System.

Jetzt noch ein Wort zum Raubzug und zum Anschlag auf Menschen mit Behinderung, sehr geehrte Damen und Herren. Das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz ist mit 1. Jänner 2006 in Kraft getreten. Jetzt gibt es eine Verschlechterung beim Kündigungs­schutz für begünstigte Behinderte. Die müssen vier Jahre in einem Dienstverhältnis sein – bisher waren es sechs Monate –, damit sie diesen erhalten. Und die NoVA-Be­freiung für diese Leute wird ebenfalls abgeschafft. Man trägt das auf dem Rücken der Ärmsten aus.

Die Verlängerung der Frist zur Herstellung der Barrierefreiheit ebenfalls. Frau Kollegin Lapp, Sie waren damals, 2005, Behindertensprecherin und haben gesagt: Diese Frist bis zum Jahr 2016 ist viel zu lang. Jetzt wird sie noch einmal um vier Jahre verlängert, und jetzt gehen Sie, Frau Kollegin Königsberger-Ludwig, hier heraus und sagen, das ist notwendig bei diesen alten Gebäuden der Ministerien, beim Rechnungshof, beim Verwaltungsgerichtshof, beim Verfassungsgerichtshof und so weiter. Die öffentlichen Ausschreibungen für die Bauwirtschaft sind um 25 Prozent zurückgegangen. Die Bau­wirtschaft würde es ankurbeln, wenn man die Herstellung der Barrierefreiheit forcieren und nicht zurückstellen würde. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf der Abg. Csörgits.) Ja, aber genau das ist es, Frau Kollegin Csörgits. Das müsste eigentlich forciert wer­den und nicht zurückgestellt werden. Das ist das Problem dabei.

Geschätzte Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Eine Reform in den Berei­chen Verwaltung, Gesundheit, Pension und Pflege ist unumgänglich. Wir haben leider keinen Piloten mehr in der Bundesregierung, sondern nur mehr Systemverteidiger ei­nes überholten Systems in Österreich. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Silhavy: Solche Sturzpiloten wie Sie brauchen wir nicht! – Ruf: Der Donabauer war ein Bruchpilot! – Abg. Grosz: ... Förderungen fladern! – Abg. Dr. Jarolim: Der Dolinschek war ein Bruch­pilot und kein Pilot! – Unruhe im Saal. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glocken­zeichen.)

10.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich Herr Bundesminister Hundstorfer zu Wort gemeldet. Die gesamte vereinbarte Redezeit beträgt 15 Minuten. – Bitte.

 


10.36.09

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstor­fer: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Zuseher und Zu­seherinnen auf der Galerie und werte Damen und Herren zu Hause! Ich möchte und muss ein paar Dinge hier klarstellen. Man muss ein paar Dinge etwas relativieren, und Sie gestatten mir anzumerken, dass ich bei ein paar Punkten wirklich tief erschüttert bin (Abg. Ing. Westenthaler: Wir sind auch entsetzt über Ihre Sozialpolitik! – Zwi­


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schenruf des Abg. Grosz) über den Kenntnisstand dessen, was gestern im Budgetbe­gleitgesetz gestanden ist.

Es ist zum Beispiel drinnen gestanden, lieber Herr Abgeordneter, dass es beim Pflege­geld sehr wohl bei den Befristungen eine Übergangsbestimmung gibt. (Ruf beim BZÖ: Wann wurde da evaluiert?) Man muss es nur lesen. Es ist sehr wohl klargestellt, dass die Einstufungen, die jetzt unbefristet bestehen, auch weiter auf der Basis der jetzigen Einstufungsverordnung weitergehen und so weiter. Das ist alles geschehen. Man muss es nur zur Kenntnis nehmen, was wirklich dort steht. – Das ist einmal Punkt 1. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: „Das Pflegegeld wird erhöht! Muss man nur lesen!“ – Die Arroganz der Macht!)

Ich weiß, dass ein politischer Mitbewerber sich sehr massiv bemüht und mit einem Wort immer wieder zur Kenntnis bringen will, dass es eine bestimmte Menschengruppe in diesem Land gibt, die bevorzugt wird. Ich weiß, dass dieses Wort bei gewissen Mit­bürgerinnen und Mitbürgern emotional hie und da ankommt. Sie gestatten mir auch hier die Feststellung: Halten Sie auf Dauer gesehen die Österreicherinnen und Öster­reicher und die Menschen, die hier leben, nicht für so naiv (Abg. Kickl: Naiv sind schon Sie!), nicht für so desillusioniert, nicht für so gebildet (Abg. Markowitz: Wie sind Sie gebildet?), wie Sie das hier darstellen. Nicht für so ungebildet, wie Sie das hier darstel­len. (Abg. Strache: Das war schon der richtige freudsche Versprecher! – Zwischenrufe beim BZÖ.)

Zum Beispiel die Familienbeihilfe: Die Familienbeihilfe geht nur zu jenen Wohnsitzen von EU-Bürgern, wo der EU-Bürger hier arbeitet, hier Steuer zahlt. (Abg. Kickl: Und was ist mit den Arbeitslosen oder ...! Ah, genau! Und bekommen sie die Mindestsiche­rung?) Fragen Sie sich auch: Ab wann kann ich denn überhaupt arbeitslos werden? Ar­beitslos kann ich nur dann werden, wenn ich die Voraussetzungen dafür hier am inlän­dischen Arbeitsmarkt erfüllt habe. Da sind wir uns einmal einig. Wir sollten uns auch darüber einig sein, dass auch die Mindestsicherung nur zu ganz speziellen Spielregeln an ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger gegeben werden kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Weil Sie hier dauernd den 1. Mai 2011 propagieren: Ich war es nicht, der damals, im Jahr 2004, in der Regierung gehockt ist. (Abg. Strache: Sie haben die Verhandlungen verweigert! – Abg. Kickl: Da reden Sie von der Krise ... !) Das waren Sie! – Punkt eins.

Punkt zwei: Ich stehe dazu, dass man Verträge einhält. (Abg. Kickl: Schauen Sie ein­mal, dass die ihre Verträge einhalten!) – Ich stehe dazu, dass man Verträge einhält, und ich stehe dazu, dass wir uns über die letzten Jahre sehr, sehr gut vorbereitet ha­ben. Ich stehe dazu, dass wir über die letzten Jahre vieles in der Vorbereitung getan haben, und wir werden in den nächsten Wochen hier im Haus auch noch beim Lohn- und Sozialdumping etwas tun – das ist auch ein Teil des Programms. Und es ist gleich­falls ein Teil des Programms, für die Drittstaatsangehörigen mit der Rot-Weiß-Rot-Card einen geordneten, geregelten Zugang zu ermöglichen – wenn wir sie brauchen, und das ist der ganz entscheidende Unterschied.

Es gibt mit der Rot-Weiß-Rot-Card, so wie es heute bei den Mangelberufen keinen un­geordneten Zugang gibt, auch morgen keinen ungeordneten Zugang (Abg. Kickl: Ich sehe Sie schon auf Werbetour in Afrika!), denn wir haben heute bei den Mangelberufen ein sehr geordnetes System mit sehr vielen Prüfverfahren und werden morgen ein ebensolches haben. Dazwischen haben wir nur eine Überschrift geändert: Es gibt eine Rot-Weiß-Rot-Card. (Abg. Kickl: Erklären Sie uns einmal, was Sie für die eigenen Leute tun! – Ruf bei der SPÖ: Mehr als ... die anderen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Grosz: ... dass der Matznetter ...! – Abg. Ing. Westenthaler – in Richtung des Abg. Dr. Matznetter –: Warum wurden Sie hinausgeschmissen? – Abg. Grosz: Das ist schon traurig!)


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Sehr geehrte Damen und Herren, es sei mir gestattet, Ihnen hier zum Pflegegeld ein paar Dinge noch einmal etwas vertieft näherzubringen. Österreich ist beim Pflegegeld Weltmeister. (Beifall bei der SPÖ.) Sie werden kein Land der Welt finden, wo, in der Relation zur Gesamtbevölkerung, so viele Menschen Pflegegeld beziehen wie in Öster­reich. (Abg. Kickl: Sie werden aber auch andere Länder finden, ...!) In der Relation zur Gesamtbevölkerung beziehen 5,1 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher Pfle­gegeld: Der weltweite Schnitt derjenigen Länder, die sich in der OECD vereinigt fühlen, ist 2,3 Prozent; wir haben 5,1 Prozent Pflegegeldbezug. (Abg. Ing. Westenthaler: Da­von kann sich kein einziger Pflegebedürftiger etwas kaufen, von dem, was Sie da er­zählen!)

Was sagt diese Zahl? – Diese Zahl sagt, dass wir ein zugängliches System haben, und wir werden auch in Zukunft dieses zugängliche System haben (Abg. Ing. Westentha­ler: Hauptsache, wir zahlen Sozialhilfe für ...!), weil alle diejenigen, die in Zukunft nicht – so wie heute – glatt die Pflegestufe 2 erreichen, automatisch in die Pflegestufe 1 einge­reiht werden. Dadurch stimmt diese Zahl 24 000 nicht, denn 24 000 ist die Gesamtzahl. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Und die, die schon einzahlen?)

In Wahrheit bremsen wir den Zugang für 10 000 Menschen: Wir haben derzeit einen jährlichen Zugang von 60 000, und dieser jährliche Zugang von 60 000 wird auf 50 000 gebremst. Das ist die Reform, die gestern mit dem Budgetbegleitgesetz hier beschlos­sen wurde. Diese Bremse ist verträglich, ist nachvollziehbar (Abg. Kickl: Was bremsen Sie denn bei den Managergehältern? – Abg. Strache: Dort, wo öffentliche Gelder ..., kann man nichts bremsen! – Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler), denn wir ha­ben in Wahrheit ganz einfach auch weiterhin das bestausgeprägte System, das es beim Pflegegeld gibt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Die jubeln schon alle, die Pflegebedürftigen! – Abg. Strache: Freudentänze auf den Straßen! – Abg. Ing. Westenthaler: Huldigungen!)

Das wahre Problem beim Pflegegeld ist etwas ganz anderes. Das wahre Problem beim Pflegegeld entsteht doch in Wahrheit überall dort, wo Menschen, die Sozialhilfe brau­chen, Leistungen einkaufen. Dieser Anstieg bei der Sozialhilfe ist in vielen Gemeinden nicht mehr finanzierbar. Das ist unser wahres Problem, weil 42 Prozent  (Abg. Ing. Westenthaler: Aber Sozialhilfe für Terroristen!)

Meine Damen und Herren! Es ist besser, auf gewisse naive Zwischenrufe nicht einmal mehr zu antworten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Es sei auch mir als Regierungsvertreter gestattet, hie und da einmal ein bisschen polemisch zu sein. (Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.) Ich muss mir Ihre Polemik auch anhören.

42 Prozent der österreichischen Pflegegeldbezieher kaufen Leistungen zu und 58 Pro­zent kaufen keine Leistungen zu – 42 Prozent kaufen Leistungen zu! Leistungszukauf kann alles sein, und das ist ganz einfach unser wahres Problem: die Finanzierung die­ses Leistungszukaufs. (Abg. Kickl: Nein, das Problem ist, dass Sie das Gesundheits­system ...!) Deswegen werden wir, die Bundesregierung, in den nächsten Tagen und Wochen sehr wohl diesen Pflegefonds einrichten. Wir werden das entsprechend zu­sammenbringen!

Dabei gibt es zwei Etappen. – Frau Haubner, wir sind uns, glaube ich, einig, dass in Österreich ab 2014 eine neue Finanzausgleichsperiode beginnt und dass das in der Fi­nanzausgleichsperiode von 2014 bis 2020 zu regeln ist. (Zwischenruf der Abg. Ursula Haubner.)

Wir stimmen aber auch darin überein, dass die österreichischen Gemeinden 2011, 2012 und 2013 ebenfalls dringendsten Finanzierungsbedarf haben, und das gehört in einer ersten Etappe geregelt (Beifall bei der SPÖ), weil – ich glaube, wir sind uns auch darüber einig – der jetzige Finanzausgleich wegen dieser drei Jahre ganz einfach nicht mehr aufgeschnürt wird. Wir müssen das mit einer anderen Konstruktion lösen.


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Im Übrigen werden Sie sehen, dass es weiterhin das am besten zugängliche und das am besten funktionierende Pflegegeldsystem aller Ländern, die in der OECD vereinigt sind, sein wird.

Es sei mir, zum Schluss kommend, noch ein Kommentar gestattet. Nehmen Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, auch wenn es Ihnen keinen Spaß macht, auch wenn es Ihnen nicht gefällt, Folgendes zur Kenntnis: Wir haben die niedrigsten Arbeits­losenzahlen (Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ – Abg. Neubauer: Trotz dieser Regie­rung!), wir haben den stärksten Rückgang bei den Langzeitarbeitslosen, wir haben den stärksten Rückgang bei der Jugendarbeitslosigkeit und wir haben auch weiterhin einen Rückgang der Arbeitslosigkeit insgesamt, inklusive der Schulungsteilnehmerinnen und Schulungsteilnehmer. Diese Zahlen werden nie verheimlicht; sie wurden nie verheim­licht und werden auch in Zukunft nicht verheimlicht, denn die Gesamtstatistik zeigt die Zahlen inklusive der Schulungsteilnehmer.

Ich weiß, dass es Ihnen wehtut, dass Sie hier keine Angriffsfläche mehr haben (Abg. Strache: Na, die McJobs tun den Österreichern weh! Wo ist denn die Vollzeitbeschäf­tigung? Lauter McJobs! – Abg. Ing. Westenthaler: Und was sind das für Jobs?), aber seien wir doch endlich einmal froh, dass wir in Österreich den Menschen sagen kön­nen: Bist du 15, 16 Jahre alt, dann hast du eine Ausbildungsgarantie. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Seien wir doch froh, dass wir den jungen Menschen Perspektive bieten, seien wir doch froh, dass den jungen Menschen Ausbildung geboten wird! Was ich von Ihnen erwartet hätte, ist eine Forderung, die ich Ihnen jetzt sage: Wir müssen es zusammenbringen, dass jeder 15-, 16-Jährige in diesem Land nach seiner Pflichtschulzeit eine Ausbildung machen muss – eine Ausbildung machen muss! Das ist unser Prinzip. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Das hat schon der Klima gesagt! Daran ist schon der Klima gescheitert! – Abg. Strache: Aber warum scheitern Sie dann daran?)

Es scheitert überhaupt nichts an dieser Bundesregierung, denn wir alle sind eingela­den, die Ausbildungsgarantie der österreichischen Bundesregierung (Abg. Ing. Wes­tenthaler: Den Kalauer versprechen Sie schon seit 20 Jahren!), die weltweit anerkannt ist, wegen der ganze Delegationen von Arbeitsmarktverwaltungen zu uns kommen, um sich das anzuschauen, weiterzuentwickeln. Dazu sind alle herzlichst eingeladen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Strache: 70 000 ...! – Abg. Ing. Westentha­ler: Seit 20 Jahren versprechen Sie ..., die war noch nie da!)

10.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Gril­litsch. Ich stelle die Uhr auf 5 Minuten. – Bitte.

 


10.48.27

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, auch liebe Vertreter der Opposition! Wir haben eine sehr schwierige Phase hinter uns und auch vor uns: eine Krise, wegen der, so glaube ich, es die Menschen in Österreich verdient haben, dass wir alle, die wir hier herinnen sind, gemeinsam politische Lösungsansätze finden. Das, was hier passiert und wie hier diskutiert wird, dieser Theaterdonner, das haben die Menschen in Österreich nicht ver­dient, meine Damen und Herren von der Opposition! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Zwi­schenruf des Abg. Petzner.)

Bringen Sie Lösungsansätze! Stellen Sie sich heraus, sagen Sie uns, wie wir das bes­ser machen! Ich sage Ihnen ehrlich, ich habe nichts gegen das demokratische Recht der Opposition, 20 Anträge einzubringen (Unruhe im Saal), über die namentlich abge­stimmt wird, 100 Anträge einzubringen, über die abgestimmt wird – das ist ein demo­kratisches Recht, okay –, aber dann erwarte ich auch, dass am nächsten Tag alle wie­


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der hier sind, beispielsweise auch Frau Kollegin Glawischnig, meine Damen und Her­ren. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Wir haben eine Aufgabe hier in diesem Hohen Haus, nämlich die Zukunft zu sichern. Und die Zukunft zu sichern heißt, Rahmenbedingungen zu schaffen, innerhalb derer die Wirtschaft Arbeitsplätze schaffen kann, durch die die Menschen Einkommen ha­ben, durch die wir die Wertschöpfung in diesem Land behalten können und auch die Lebensgrundlagen sichern. Ich sage Ihnen, dieses Budget, das so schlechtgeredet wird, ist in Wahrheit ein verantwortungsbewusstes Budget für die Zukunft dieser Menschen! (Abg. Kickl: Kraut-und-Rüben-Budget!)

Dieses Budget ist aber auch generationenverträglich, meine Damen und Herren – es trägt in sich die Generationenverträglichkeit, die ganz, ganz wichtig ist, was wir erken­nen können, wenn wir uns die demografischen Entwicklungen ansehen. In Wirklichkeit erwarten wir bis 2025 eine demografische Explosion, meine Damen und Herren (Abg. Kickl: Seit wann wissen Sie das? – Abg. Strache: Seit vier Jahrzehnten hat die Anti-Familienpartei ÖVP versagt! Sie schwächen die Familien in Österreich!), nach der es mehr von uns Älteren geben wird als Junge, Herr Kollege Kickl. Es wird mehr Ältere geben als Junge (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kickl), daher haben wir diese He­rausforderungen auch entsprechend zu lösen. (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Reden wir nicht daran vorbei, sondern bringen wir Lösungsansätze! Wir müssen schau­en, wie wir die Pensionen sichern können. Wir müssen schauen, wie wir die Pflege fi­nanzieren können. Und wir müssen die Frage beantworten: Welche zukunftsorientierte Krankenkassenfinanzierung haben wir? (Neuerliche Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Reden Sie mit den Bürgermeistern draußen, wie es ihnen bei der Sicherung der Sozial­ausgaben, bei der Sicherung der Pflege, bei der Sicherung der Spitalsfinanzierung geht! Reden Sie mit Ihnen! – Ja, Sie haben kaum Gelegenheit, weil Sie keinen Bürgermeis­ter haben, das verstehe ich schon. (Abg. Neubauer: ... als Bauern-... verkaufen ...!)

Meine Damen und Herren, machen wir Lösungskonzepte für die Jungen! Unsere Jun­gen sind die Leistungsträger der Zukunft. Bedenken Sie Folgendes: Wenn früher Mitar­beiter mit dem Kind zum Arzt gegangen sind, konnten sie nicht zur Arbeit gehen. Heute ist es umgekehrt, meine Damen und Herren: Heute können die Mitarbeiter nicht mehr zur Arbeit gehen, weil sie mit Vater und Mutter zum Arzt gehen müssen. – Daher ap­pelliere ich an Sie: Wenn es Einschnitte in Pensionen gibt, wenn es Kürzungen von Geldleistungen gibt – ja, sie sind schmerzhaft –, tragen auch Sie dann diese mit!

Ich appelliere auch an die ältere Generation: Tragen Sie es mit und übernehmen auch Sie Verantwortung! Und an die Vertreter der älteren Generation weiter: Nehmen auch Sie die Verantwortung für die Zukunft wahr! (Abg. Strache: Sparen Sie einmal bei
der Verwaltung und nicht bei den Menschen! ... Banken Milliarden, aber bei den Men­schen ...! Das ist ein Witz! – Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Ich komme aus einer Gruppe, Herr Kollege Strache, die ein Einkommensminus von 28 Prozent gehabt hat. Wir nehmen auch in diesem Budget Verantwortung wahr, weil wir dieses Budgetziel mittragen, um zu sparen und die Menschen nicht nur zu belas­ten, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Beispielsweise wurde der Bereich der bäuerlichen Sozialversicherung, die sparsam und effizient arbeitet, vom Rechnungshof geprüft. Aber wir haben auch ein demographi­sches Problem, das wir lösen müssen, und das werden wir nur gemeinsam lösen kön­nen. Deswegen danke ich auch dem Herrn Sozialminister recht herzlich für seine Hand­schlagqualität (Abg. Ing. Westenthaler: Ja, danke, danke!), dafür, dass es gelungen ist, auch das fiktive Ausgedinge abzusenken.


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Das ist eine Qualität, die mich auch ermutigt, zu sagen: Wir brauchen diese Reform­partnerschaft! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.) Ich bitte Sie, Herr Minister, aber auch um Folgendes: Nehmen Sie Kollegen in Ihrem Regierungs­kreis zur Seite, wie beispielsweise Ihren Kollegen Stöger, der die Bäuerinnen und Bau­ern nur einseitig belasten will mit AGES-Beiträgen und der Erhöhung der Unfallversi­cherungs- und Krankenkassenbeiträgen! Reden Sie mit ihm!

Wählen wir das Modell Hundstorfer, dieses Reformmodell, diese Qualität per Hand­schlag! Dann, glaube ich, werden wir auch in Zukunft entsprechend für die Menschen arbeiten können. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Der beim BAWAG-Kredit ge­glaubt hat, es handelt sich um eine Anwesenheitsliste!)

10.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Neu­bauer zu Wort.

Ich mache darauf aufmerksam und darf Sie herzlich darum bitten, Folgendes zu be­rücksichtigen: Die Lautstärke macht das Argument nicht stärker, weder als Zwischenruf noch von der Regierungsbank, noch vom Rednerpult aus.

Wir können und dürfen die Lautstärke nicht regulieren – das könnte auch zu Missver­ständnissen führen –, daher ist es natürlich an jedem Redner/an jeder Rednerin gele­gen, sich auch entsprechend zu verhalten. Ich darf wirklich darum bitten! Ich glaube, die Zuseherinnen und Zuseher zu Hause werden es Ihnen danken.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Neubauer. – Bitte.

 


10.54.17

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Wenn man Herrn Bundesminister Hundstorfer jetzt gerade so zugehört hat, dann kommt man ja fast in Versuchung, zu meinen, in diesem Land sei alles in Ordnung und wir würden in einem Land leben, in dem die Tauben herum- und uns praktisch direkt in den Mund hineinfliegen.

Man musste sich in den letzten zwei Tagen ja die Frage stellen, ob das, was uns hier suggeriert wird, nämlich dass das Budget sozial verträglich und sozial gerecht ist, auch tatsächlich dem standhält, wenn man es näher betrachtet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das letzte Jahr war geprägt von zahlreichen massiven Teuerungen, und auch jene, die in diesem Land Mindestpensionisten sind, haben wirklich massiv darunter zu leiden gehabt. Ich erinnere nur daran, dass sich zum Beispiel Heizöl um 22,4 Prozent verteuerte und sich alleine daraus ergeben hat, dass sich 330 000 Menschen in diesem Land das Heizen in diesem Winter nicht mehr leis­ten können.

Herr Bundesminister, ich habe den Aufschrei von Ihnen, ich habe Aktionen von Ihnen und von der Bundesregierung vermisst, um hier eine Regelung zu finden, um 330 000 Menschen ein entsprechend würdiges Leben in diesem Winter zu ermögli­chen. Das habe ich wirklich vermisst! (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Hier haben Sie „soziale Wärme“ gezeigt wie ein Eisschrank. Das ist Ihre Wahrheit, das ist Ihre soziale Empfindung, die Sie diesen Menschen in diesem Österreich entgegen­bringen!

In Österreich ist fast 1 Million Menschen armutsgefährdet beziehungsweise lebt an der Armutsgrenze, meine sehr geehrten Damen und Herren. In diesem ach so reichen Ös­terreich ist es möglich, dass sich 330 000 Menschen das Heizen nicht leisten kön­nen und gleichzeitig eine Million Menschen armutsgefährdet ist. Ja, wie erklären Sie das die­


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sen Menschen? (Abgeordnete der SPÖ machen eine beschwichtigende Handbewe­gung. – Ruf bei der SPÖ: Schrei nicht so!) Weil alles so „toll“ ist in diesem Land? – Das ist ja unglaublich! Gleichzeitig setzen Sie eine Mindestsicherung ein, die die Fleißigen und Tüchtigen bezahlen dürfen, um den Ausländern, um den Faulen in diesem Land das Auskommen zu sichern! (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundesminister, ist Ihnen klar, dass seit dem vergangenen Jahr, seitdem es diese Regelung statt der Sozialhilfe gibt, der Anstieg bei der Mindestsicherung um das Drei­fache angestiegen ist? Das werden wir uns auf Dauer nicht mehr leisten können! (Abg. Öllinger: Aha!?) Und das, was Sie mit der Rechten bekommen, nehmen Sie mit der Lin­ken weg. Das ist Ihre Politik des Gebens und Nehmens!

Und eines dieser Beispiele ist (Abg. Öllinger: Der kann ja nur brüllen!), dass Sie zum Beispiel die Wartefrist – vor dem Jahr 2008 groß angekündigt; als unsozialer Akt von Bundeskanzler Faymann abgeschafft – jetzt wieder einführen. Das bedeutet für die Pensionisten, dass sie teilweise bis zu 23 Monate Wartefrist haben, um in den Genuss einer Pensionsanpassung zu kommen. Dafür, meine sehr geehrten Damen und Herren und sehr geehrter Herr Bundesminister, müssen Sie sich wirklich schämen! (Beifall bei der FPÖ.)

Gleichzeitig wird der Alleinverdienerabsetzbetrag bei den Pensionisten gestohlen. Den Pensionisten wird der Alleinverdienerabsetzbetrag genommen! Wissen Sie, was das trotz Pensionsanpassung für diese Pensionisten bedeutet? – Ein Minus von 240 € im Jahr. Und das sage nicht ich, sondern das sagen die Vertreter des Seniorenrates, und einer von diesen ist unter anderem Herr Karl Blecha von der SPÖ. (Abg. Vilimsky: Der ist ja auch schon in Pension, der Blecha!)

Bei der Hacklerregelung sind Sie wieder einmal umgefallen. Bei der Pensionsharmoni­sierung wollen Sie keinen Finger rühren. Und betreffend Pensionsharmonisierung, Kol­lege Haberzettl, ist es schon dreist, was Sie hier betreiben: Sie gehen hier heraus, be­schimpfen Mitglieder des Hohen Hauses, obwohl Sie selbst in einem Unternehmen sind, in dem Sie Mitverantwortung tragen sollten, ein Unternehmen, das im Jahr 400 Millio­nen € auf den Kapitalmärkten verspekuliert hat, 250 Millionen € Defizit macht (Abg. Öllinger: Das waren ja Ihre Leute! Das waren Ihre Leute!), das Bedienstete hat, die zehnmal so viel Subvention für die ASVG-Pension bekommen als alle anderen und mit 52 Jahren in Pension gehen – 13 Jahre vor der Pensionsregelung. (Zwischenruf des Abg. Haberzettl.)

Das ist ein Skandal! Da sollten Sie etwas tun, Herr Haberzettl, und sich nicht hier her­stellen und die Menschen dieses Hauses beleidigen! Das steht Ihnen nämlich wirklich nicht zu! (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Paket ist ein reines Belastungspaket. Es strotzt nur so vor Grauslichkeiten, dass es sich gewaschen hat, und Sie belasten die Alten, die Kranken und die Behinderten, und dafür gehört Ihnen ein großes, dickes Minus ausgesprochen, meine Damen und Herren. Sie bewirken durch Ihre Belastun­gen, dass die Länder nicht mehr zu Atem kommen. Bei den Psychosozialen Hilfs- und Notdiensten in Oberösterreich müssen deshalb 60 Menschen abgebaut werden, bei der Krisenintervention muss um ein Drittel reduziert werden. Und betreffend Menschen mit Behinderung muss ich Ihnen ein Gustostückerl erzählen.

Aufgrund der Einschränkungen in diesem Budget hat es folgende Situation in Oberös­terreich gegeben: Da gibt es ein Projekt, bei dem 6 Millionen € in Wohnungen für Be­hinderte investiert wurden. Stellen Sie sich das vor: 3 000 Behinderte in Oberösterreich suchen eine Wohnung! Nun haben wir endlich diese Wohnungen, aber jetzt können sie nicht bezogen werden, weil nicht einmal mehr das Geld für die Betriebskosten da ist. – Das ist Ihr Versagen in der Sozialpolitik, Herr Bundesminister! Da haben Sie versagt –


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und hier reden Sie alles schön! Das ist wirklich ein Skandal! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Kickl.) Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach Durch­sicht des Sozialbudgets muss man zu der Ansicht gelangen: Dieses Budget ist nicht ausgewogen, dieses Budget ist nicht gerecht, dieses Budget ist schlicht und einfach unsozial! Und daher sind Sie eigentlich rücktrittsreif, Herr Bundesminister! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Absurder geht es nicht mehr!)

11.00


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Maier gelangt nun zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 5 Minuten. – Bitte.

 


11.00.26

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ho­hes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Neubauer, nehmen Sie eines zur Kenntnis: Diese Bundesregierung mit diesem Bundesminister betreibt eine höchst erfolgreiche Sozialpolitik! Ihre Argumentation ist in keiner Form nachzuvollzie­hen.

Warum glauben Sie eigentlich, dass der Zugang zur Mindestsicherung ansteigt, was Sie beklagen, wo Sie die Wortwahl „Ausländer“ und „Faulen“ getroffen haben? – Die Armen sind es, Kollege Neubauer, die diese Mindestsicherung in Anspruch nehmen! (Beifall bei der SPÖ.) Und das ist der erfolgreiche Weg, der in Österreich gegangen wird. Das Mindestsicherungs-Projekt ist überhaupt das erfolgreichste Sozialprojekt der letzten zehn Jahre. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Tausende Menschen haben Probleme, wenn sie Verträge abschließen, Tausende Menschen haben Probleme mit Unternehmen, die sich nicht an gesetzliche Bestimmungen halten. Diese Menschen können in diesen Fällen Beratungseinrichtungen wie den Verein für Konsumenteninfor­mation aufsuchen oder die Arbeiterkammern, die Hilfe leisten, beraten, informieren und auch Rechtschutz gewähren. Der Verein für Konsumenteninformation – ich möchte das hier mit aller Deutlichkeit sagen – ist das erfolgreichste Sozialpartnerprojekt in Öster­reich, wo Tausende Menschen jährlich beraten und unterstützt werden.

Ich möchte an dieser Stelle die Gelegenheit wahrnehmen und mich bei den Kollegin­nen und Kollegen des Vereins für Konsumenteninformation für die hervorragende Tä­tigkeit im Beratungsbereich, bei Tests, aber auch in der Rechtschutztätigkeit recht herz­lich bedanken. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Budget für das Jahr 2011 sieht entsprechende finanzielle Mittel für den Verein für Konsumenteninformation vor. Dieser Verein wird mit 1,6 Millionen basisgefördert. Dazu kommen noch Geldmittel, um eine entsprechende Klagstätigkeit des Vereins für Kon­sumenteninformation zu unterstützen.

Ich möchte dem Kollegen Dolinschek schon eines sagen: Bitte, Kollege Dolinschek, nicht schwindeln! Bei der Schuldnerberatung wird überhaupt kein Geld eingespart. Die Schuldnerberatung bekommt vom Sozialministerium genau denselben Betrag wie im Jahr zuvor. Bitte das Budget lesen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Do­linschek.)

Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine besondere Tätigkeit ist die Klagstätigkeit des VKI. Es geht nämlich nicht nur um Konsumentenrechte, sondern es geht auch um deren Durchsetzung, und das ist der entscheidende Schlüssel für einen effektiven und wirksamen Konsumentenschutz. Erlauben Sie mir, dass ich dafür einige Beispiele darstelle.

Es gibt immer noch Unternehmer, die eine sogenannte Zahlscheingebühr verlangen. Der Verein für Konsumenteninformation ist diesbezüglich erfolgreich unterwegs. In meh­


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reren Verfahren wurde uns bereits recht gegeben, dass diese Zahlscheingebühr nicht gerechtfertigt, dass sie illegal ist. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Oder: der Bereich Telekommunikation. Konsumenten sind immer wieder mit irreführen­der Werbung für Preise und Angebote bei Mobiltelefonie konfrontiert.

Das Hauptproblem aber liegt sicherlich im Anlagebereich. Sie erinnern sich vielleicht noch daran, dass es einmal einen Finanzminister namens Grasser gegeben hat, der Anlageprodukte beworben hat, die so sicher seien wie ein Sparbuch, oder andere An­gebote, bei denen von Mündelsicherheit die Rede war. – Es gibt zurzeit Hunderte Pro­zesse, die der Verein für Konsumenteninformation führt, Sammelklagen, um den ge­schädigten Anlegern in diesem Bereich zu helfen. Das betrifft den AWD ebenso wie natürlich auch die Erste Bank oder aktuell Prolactal; der VKI hat gerade eine Sammel­klage gegen Prolactat eingebracht. (Abg. Grosz: Prolactal!) – Prolactal, Herr Kollege, ja, natürlich!

Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein aktueller Fall ist die Zukunft der begünstigten Zukunftsvorsorge. Sie können sich vielleicht daran erinnern, als der damalige Finanzminister Grasser hier in diesem Haus erklärt hat: „Ein guter Tag be­ginnt mit einem sanierten Budget.“ – Wie viele von uns wissen, meinte er damals be­reits, glaube ich, sein eigenes Budget – nicht das Budget des Bundes und nicht das Budget der Anleger –, denn all diejenigen, die die begünstigte Zukunftsvorsorge mit der 40-prozentigen Veranlagung an der Börse genommen haben, sind in der Zwischenzeit schwerst geschädigt worden.

Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Genau für derartige Fälle sind der Verein für Konsumenteninformation und die Arbeiterkammer zuständig, um die ent­sprechenden Klagen durchzuführen. – Herzlichen Dank, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Der Herr Kräuter wurde zurückgepfiffen! Er darf nicht mehr lesen!)

11.05


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schatz. – Bitte.

 


11.06.02

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Vorsitzender! Meine Damen und Her­ren! Ich bin ziemlich irritiert von der Art, wie diese Debatte geführt wird. Dieses laute Brüllen von – ich sage jetzt einmal – älteren Männern (Beifall bei den Grünen) geht nicht in Richtung einer qualitativ hochwertigen Debatte. Besonders eigenartig finde ich auch das Lamento des Abgeordneten Grillitsch, der aber auch schon wieder weg ist, obwohl er sich darüber beschwert, dass unsere Klubobfrau Glawischnig gerade nicht hier ist.

Ich denke, wir alle sollten einmal überlegen: Warum ist es so weit gekommen? – Wer hat denn die Verfassung gebrochen und das Budget derart spät vorgelegt, dass es jetzt notwendig ist, das alles in kürzester Zeit abzuhandeln, dass es notwendig ist, der­art überlange Sitzungen abzuhalten? Vielleicht sollten Sie künftig darauf achten und nicht im Zuge des Budgetverfahrens die Verfassung brechen, dann könnten wir uns nämlich alle mehr Zeit für die Debatte nehmen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte auch anregen, dass wir uns insgesamt überlegen, ob diese Art von Debat­ten für irgendjemanden Sinn macht, ob das überhaupt irgendeinen Beitrag zur Quali­tätssteigerung in der Budgetpolitik leisten kann. (Abg. Neubauer: Sie könnten jetzt endlich beginnen!) Ich denke, es ist wirklich an der Zeit, dass wir uns diese Frage stel­len. Herr Abgeordneter Grillitsch und die ÖVP könnten dazu sicher einen wichtigen Bei­trag leisten. (Beifall bei den Grünen.)


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Ich möchte auch noch auf einige Zwischenrufe eingehen. Ich habe das schwierige Ver­gnügen, neben dem BZÖ zu sitzen, heute neben Herrn Abgeordnetem Brosz (Rufe beim BZÖ: Brosz? Grosz?), der wiederholt geäußert hat, dass Herr Minister Hundstor­fer ... (Abg. Ing. Westenthaler: Brosz?) – Grosz. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie haben gesagt, Brosz!) Grosz! – Fakt ist, er hat zum wiederholten Male auch in Form eines Zwischenrufes geäußert, Herr Minister Hundstorfer hätte das intellektuelle Niveau einer Suppenschüssel. (Abg. Grosz: Den intellektuellen Radius einer Suppenschüssel!) Herr Abgeordneter, es sind vielmehr Aussagen wie diese, die das intellektuelle Niveau un­serer Debatten extrem hinunterdrücken und zu einer einzigen Peinlichkeit verkom­men lassen. (Beifall bei Grünen, SPÖ, ÖVP und FPÖ.)

Ich möchte jetzt nicht den Herrn Minister in Schutz nehmen, denn das ist schwierig, weil sich Ihre Argumentation natürlich hauptsächlich nach der der rechten Parteien hier im Haus richtet. Sie halten nur mehr Verteidigungsreden gegen die inhaltlich falsche Polemik der Rechten, und das ist wirklich bedauerlich. (Abg. Mag. Widmann: Was heißt das konkret?) Was hätten Sie dem entgegenzusetzen? – Sie hätten dem derart entge­genzusetzen, dass Sie eine gute, effiziente, offensive Politik machen. Aber das tun Sie nicht, Sie reden nur davon. Sie legen Inserate vor, in denen Sie sich selbst be­jubeln, aber wir alle haben die Studien, haben die Daten, die klar besagen, dass das, was Sie sagen, was Sie uns erklären, was Sie uns weismachen wollen, nicht der Realität ent­spricht. Und noch viel wichtiger ist: Die gefühlte Realität der Menschen ist eine andere. Sie können noch so oft sagen, Sie bemühen sich, es sei alles in Ordnung. – Es ist nicht in Ordnung! Das wäre eigentlich die Antwort, die Sie den Rechten geben müssten: eine bessere Sozial- und Arbeitsmarktpolitik! (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt habe ich leider einen Großteil meiner Redezeit dafür verwendet, meiner Bestür­zung über die Art der Debatte Ausdruck zu verleihen. (Abg. Scheibner: Sie reden 10 Mi­nuten, aber sagen überhaupt nichts! – Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.)

Fakt ist, dass Sie es in diesem Budget leider verabsäumen, wichtige Weichenstellun­gen vorzunehmen. Sie werden wieder nicht in die Bildungsreform investieren, und – weil wir ja über das Kapitel Arbeit, über den Arbeitsmarkt reden – Sie werden auch nicht mas­siv in die aktive Arbeitsmarktpolitik investieren.

Die aktive Arbeitsmarktpolitik muss da ansetzen, wo die Bildungspolitik letzten Endes versagt hat. Sie muss versuchen, Bildungsdefizite, Qualifizierungsdefizite jener Men­schen, die keine Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, aufzubessern. Sie aber kürzen, statt zu investieren, und das ist ein massives Problem.

Sie argumentieren das Ganze damit, dass die Arbeitslosenrate sinkt. – Ja, aber Sie wissen aufgrund der Studien von Wifo und IHS auch, dass die Arbeitslosenrate pro­portional definitiv weniger rasch sinkt, als Sie die Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik kürzen werden. Das heißt de facto, dass pro Arbeitslosem künftig weniger finanzielle Mittel für eine gute Beratung und für gute, qualifizierende Maßnahmen zur Verfügung stehen werden. Das Niveau ist jetzt schon kein gutes, kein berauschendes, aber es wird noch weiter gekürzt werden. Das ist in höchstem Maße kurzsichtig.

Vor allem ist es kurzsichtig in Anbetracht der Tatsache, dass wir wissen, dass fast die Hälfte aller Arbeitslosen höchstens einen Pflichtschulabschluss hat. Das heißt, das Ein­zige, das Sie tun können, um diesen Menschen nachhaltig bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu geben, ist, ihr Bildungsniveau, ihr Qualifizierungsniveau zu steigern. Das ist in volkswirtschaftlichem Sinn, in budgetpolitischem Sinn eine sehr gute Investition. Es gibt zahlreiche Studien, die belegen, dass sich solche Qualifizierungsmaßnahmen schon nach wenigen Jahren rechnen. Wenn Menschen nicht mehr arbeitslos sind, be­ziehen sie kein Geld mehr aus dem Sozialsystem – über Arbeitslosengeld, Notstands­hilfe et cetera –, sondern sind wieder in die Arbeitswelt integriert, leisten selbst Steuer­abgaben, Sozialversicherungsbeiträge und über den Konsum auch Konsumsteuern.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 149

Meine Damen und Herren, leider ist dieses Budget kein positives Signal für die nächs­ten Jahre. Es ist weitgehend mutlos, es ist perspektivenlos, es ist der Ausdruck des kleinsten gemeinsamen Nenners, den Sie in der Koalition gefunden haben. Das ist schade, und ich hoffe, dass es künftig anders weitergeht in diesem Land. (Beifall bei den Grünen.)

11.12


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klikovits. – Bitte. (Abg. Klikovits begibt sich zum Rednerpult und platziert dort zwei Pappkartons, von denen einer mit orange-grün-blau-gestreiftem, der andere mit rot-schwarzem Ge­schenkpapier überzogen ist. – Abg. Dr. Lichtenecker: Oh, Weihnachtsgeschenke! – Abg. Grosz: Das ist eine Verhöhnung aller Menschen in diesem Land, die sich keine Weihnachtsgeschenke leisten können!)

 


11.12.31

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Kollege Grosz, hören Sie einmal zu, dann werden Sie vielleicht auch etwas ler­nen! (Abg. Grosz: Das ist eine Verhöhnung aller Menschen, die sich nichts zu Weih­nachten leisten können!) Sehr geehrte Damen und Herren, vor allem auch liebe Zuse­herinnen und Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen! Seit fast 24 Stunden diskutieren wir Abgeordnete hier das Budget 2011, natürlich mit unterschiedlichen Zugängen. Ich erlaube mir, für Sie darzustellen, welches politische Paket die Opposition Ihnen vorlegt und welches wir als Regierungsparteien den Österreicherinnen und Österreichern un­ter den Christbaum legen.

Das (der Redner hält das orange-grün-blau-gestreifte Paket in die Höhe) ist das Bud­getpaket der Opposition. Sie sehen (der Redner öffnet den Karton; er ist leer), es ist in­haltsleer, es ist nur gespickt mit Polemik. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) Es ist nur gespickt mit politischem Gejammere und Gejeiere. (Rufe bei der FPÖ: Da ist keine Polemik drin! Es ist leer! – Abg. Neubauer: Keine Belastungen!) Das ist das politische Paket, das ist das Budget, das die Österreicherinnen und Österrei­cher von der Opposition erwarten können.

Ich darf Ihnen im Gegensatz dazu natürlich auch das andere Paket, gefüllt mit 70 Mil­liarden 126 Millionen, zeigen. (Der Redner öffnet den rot-schwarzen Karton; er ist ge­füllt mit Naschwerk. – Zahlreiche Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.) Das ist das Budget, das wir den Österreicherinnen und Österreichern vorlegen (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP – Abg. Ing. Westenthaler: Setz dich wieder nieder!), das in jedem Fall Inhalte hat und das dafür sorgt (Abg. Ing. Westenthaler: Niedersetzen! – Abg. Ing. Höbart: Da sollten Glasperlen drin sein!), dass Österreich auf einen guten Weg weiterkommt. (Weitere zahlreiche Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ. – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Herr Kollege Grosz, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition! Das (der Redner zeigt ein weiteres, wesentlich kleineres rot-schwarzes Päckchen) ist das Belastungspaket dazu, das wir den Österreicherinnen und Österreichern leider Gottes auch unter den Christbaum legen müssen, das aber auch mithelfen soll ... (Anhaltende Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ. – Präsident Neugebauer gibt neuerlich das Glo­ckenzeichen.)

Reißt euch z’sammen, behält eure Nerven! Wenigstens habe ich es geschafft, dass ihr wieder munter seid. Mit der Schläfertruppe von der Opposition, die gestern Abend nicht anwesend gewesen ist, geht es wieder aufwärts. (Demonstrativer Beifall bei Abgeord­neten von ÖVP und SPÖ.)

Herr Kollege Petzner und auch Kollege Grosz werden wahrscheinlich hierher ans Red­nerpult kommen und uns vermutlich wieder großgoschert beleidigen. Aber so ist das


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 150

eben. (Abg. Dr. Rosenkranz tritt ans Rednerpult und nimmt ein paar Zuckerl aus dem rot-schwarzen Karton.) – Sie bekommen dann etwas, Herr Kollege! Schauen Sie, wie gierig sich die Opposition auf unser Budget stürzt. (Beifall bei der ÖVP.) Also dürften wir gar nicht so falsch liegen. Ich weiß, dass Sie nicht nur politisch ausgehungert sind, sondern auch mit Ihren Vorschlägen. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Zwi­schenrufe bei FPÖ und BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was wir hier in diesem Paket haben, diese 70 Milliarden, stellen wir den Österreicherinnen und Österreichern zur Verfügung ... (Abg. Dr. Rosenkranz – ein Zuckerl in die Höhe haltend –: Das ist ja abgelaufen!) – Das ist nicht abgelaufen! Sie sind vielleicht abgelaufen, politisch. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Das ist das Budget, das wir zur Verfügung stellen, das – wir haben heute schon sehr viel darüber gesprochen – dafür sorgen soll, dass wir die Arbeitslosigkeit in diesem Land europaweit weiterhin am niedrigsten halten können, das dafür sorgt, dass wir trotz der zehn Stunden, um die wir die ersten beiden Pflegestufen erhöhen müssen, für diese Menschen noch immer jenen Versorgungsgrad sicherstellen, den sie letztendlich brau­chen. Diese Milliarden, die wir zur Verfügung stellen, sind dafür da, die Pensionen zu si­chern, den PensionistInnen 1,2 Prozent mehr zur Verfügung zu stellen, ihnen einen ge­rechten und fairen Anteil zu geben. Das ist das Budget, mit dem wir durch Bildungs- und viele andere Maßnahmen den Jungen eine Chance geben, mit dem wir für Sicher­heit sorgen – und vieles mehr, das wir bereits diskutiert haben.

Geschätzte Damen und Herren, ich möchte gar nicht verhehlen, dass dieses Belas­tungspaket nicht nur die österreichische Bevölkerung schmerzt, sondern natürlich auch uns, aber das sind Maßnahmen, die wir setzen müssen, um den nächsten Generatio­nen, um unseren Kindern – ich habe zwei – auch Chancen in der Zukunft zu bieten, ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Zan­ger.) – Kollege Zanger, Schnellredner.

Ich möchte auch sagen, dass dieses Budget, das wir zur Verfügung stellen, Österreich mit auf den Weg bringt, dass dieses Budget dafür sorgt, dass die Menschen in diesem Land abgesichert sind. Daher müssen wir auch dieses kleine Belastungspaket (der Redner hält noch einmal das kleine rot-schwarze Päckchen in die Höhe), fair, aber ge­recht und vor allem generationensicher, beilegen. (Abg. Öllinger: Was ist da drin?)

Ich möchte alle, vor allem Sie, Herr Kollege Grosz, weil Sie der nächste Redner sind (Zwischenrufe beim BZÖ – Gegenrufe bei der ÖVP – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen), fragen, ob ich die Kartons stehen lassen darf, denn Leistung soll sich lohnen, und die Opposition will ja auch mitnaschen bei unserem Kuchen. Ich erlaube mir, das hier stehen zu lassen, und jeder Redner darf sich am Ende seiner Ausfüh­rungen eine dieser Köstlichkeiten aus dem Budget mitnehmen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Klikovits verlässt das Pult ohne seine Kartons. – Rufe beim BZÖ: Mit­nehmen!)

11.18


Präsident Fritz Neugebauer: Ich danke für das freundliche Angebot. Ich gehe davon aus, dass der nächste Redner mir sagen wird, ob er sich dadurch gestört fühlt. – Herr Kollege Grosz, Sie sind der nächste Redner. Fühlen Sie sich gestört? (Abg. Grosz: Er soll das bitte wegnehmen!) Ich darf Kollegen Klikovits bitten, seine Päckchen zu entfer­nen. (Abg. Ing. Westenthaler: So ein Kasperl! So ein Abgeordnetenkasperl!)

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Grosz. – Bitte.

 


11.18.37

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Du kannst auch deinen Zwetschkenkrampus mit­nehmen. – Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich fühle mich nicht ge­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 151

stört, sondern ich fühle mich wie Hunderttausende Menschen, die dieser Übertragung vor ihren Fernsehern beiwohnen, wie viele Menschen in diesem Land schlichtweg ver­höhnt von dieser Aktion, verhöhnt von einem ÖVP-Abgeordneten, der in seiner Präpo­tenz und Arroganz hierher ans Rednerpult schreitet, Schokoladezuckerl verteilt und meint, das sei die Politik dieser Bundesregierung:

Schokozuckerl zu verteilen vier Tage vor Weihnachten, zu einem Zeitpunkt, zu dem in Österreich 1 Million Menschen unter der Armutsgrenze leben (Beifall beim BZÖ), Scho­kozuckerl als politische Antwort darauf, dass wir in diesem Land 347 000 Pflegegeld­bezieher haben,

Schokozuckerl dieser rot-schwarzen Bundesregierung als Antwort darauf, dass wir 250 000 Menschen haben, die sich in der Arbeitslosigkeit befinden und nicht wissen, wie sie sich Weihnachten leisten können,

Schokozuckerl Ihrer Regierung als Antwort darauf, dass sich 300 000 Menschen in die­sem Land das Heizen nicht mehr leisten können,

Schokozuckerl Ihrer Regierung als Antwort darauf, dass Sie 1 Million Menschen in die­sem Land, die mit Behinderung leben, die Behindertenförderung kürzen. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Dr. Moser.)

Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Bevor wir uns endgültig lächerlich machen, ersuche ich Sie, sich in dieser schwierigen Situation unseres Landes endlich zu besinnen, endlich Politik für die Menschen zu machen, sie nicht zu verhöhnen, ihnen nicht ins Gesicht zu lügen und sie nicht mit Almosen in Form von Schokozuckerln in irgendeiner Form befriedigen zu meinen! (Beifall beim BZÖ.)

Sie, Herr Abgeordneter Klikovits, gehen in der gleichen Präpotenz hier heraus wie ein Sozialminister, der in seiner parteigegebenen Gewerkschaftspräpotenz hier uns heute erklärt – im O-Ton, ich zitiere –: Halten Sie die Österreicherinnen und Österreicher für nicht so gebildet!

 


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Kollege, es ist zu viel der Präpotenz! Ein bissel he­runter mit dem Tonfall! – Bitte. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


Abgeordneter Gerald Grosz (fortsetzend): Ich zitiere grundsätzlich den Sozialminis­ter, übersetzt in sein Gewerkschaftsdeutsch, ins Wiener Gewerkschaftsdeutsch: Die Ös­terreicher sind ohnedies dumm genug, dass sie nicht merken, was wir mit ihnen in der Bundesregierung aufführen!

Herr Bundesminister, Sie erklären uns hier heute, dass Sie keinerlei Kürzungen im Be­hindertenbereich vornehmen, mit den Worten: Man muss nur lesen können, es steht eh alles drinnen! (Der Redner ahmt bei diesen Worten immer wieder den Tonfall von Bun­desminister Hundstorfer nach.)

Nach Ihrer Theorie haben wir in diesem Land jetzt in Zukunft Steuersenkungen und nicht Steuererhöhungen – man muss ja nur lesen können!

In diesem Land haben wir in Zukunft den Sozialbereich gestärkt und nicht geschwächt, wie Sie es mit diesem Budget machen – man muss ja nur lesen können! Irgendwo wird es schon drinnen stehen, die Vergünstigung, in dem Haufen Papier. (Beifall beim BZÖ.)

In diesem Land werden auch die Behindertenförderungen erhöht und nicht gekürzt – man muss ja nur lesen können! Irgendwo wird es schon stehen, Herr Bundesminister.

Herr Bundesminister, wir haben gelesen, welchen Pfusch Sie allein bei der Mindestsi­cherung aufgeführt haben. Ich freue mich ja darüber, dass die Bundesregierung und die Regierungsmehrheit nicht einmal in der Lage waren, das Gesetz zur Mindestsi­cherung ordnungsgemäß kundzumachen. Heureka, die Überraschung kommt!


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Sie haben am 2. Dezember das Gesetz kundgemacht, und Sie haben vergessen, so­wohl im Nationalrat als auch im Bundesrat – das belegt auch der heutige Ausdruck des RIS –, dass Sie die Anlagen und die Beilagen dieses Mindestsicherungsgesetzes mit kundmachen, und haben damit auch sämtliche Durchführungserlässe nicht kundge­macht, und daher wird dieses Gesetz zur Mindestsicherung aufgrund Ihres Pfusches vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben werden.

Sie haben jetzt am Freitag über die Parlamentsdirektion noch versucht, die Beilagen als PDF-Dokumente auf die Parlamentshomepage zu stellen. Im Amtsblatt der „Wiener Zeitung“ wurden diese Beilagen nicht kundgemacht. Daher ist Ihr Mindestsicherungs­gesetz nicht ordnungsgemäß kundgemacht. (Abg. Petzner: Na servus, das ist eine Blamage!) Und Sie haben damit Tür und Tor geöffnet, dass wir diesem Schandgesetz endlich auch über den Verfassungsgerichtshof begegnen können. (Abg. Ing. Westen­thaler: Eine Blamage sondergleichen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wir haben es gelesen, wir haben es gespürt und wir sehen, wie viele Hunderttausende Österreicherinnen und Österreicher unter diesem Budget, unter Ihrer Verwaltung des politischen Elends in Österreich tagtäglich leiden. Jawohl, Sie und Ihre Politik sind das Synonym dafür, dass in Österreich politisches Elend verwaltet wird. Die Erfüllung der Vorgaben des Behindertengleichstellungsgesetzes wird auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben: keinerlei Barrierefreiheit für die Behinderten. Das wird auf die lange Bank geschoben, weil man es sich ja mit der Wirtschaft in irgendeiner Form verscherzen könnte. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist zum Genieren!) Man könnte doch wenigstens die eigenen Behörden dazu zwingen, die Behindertengleichstellung endlich durchzu­führen. (Abg. Krist: Absurd! Falsch!)

Herr Bundesminister, Sie haben es zu verantworten, dass die langen Verfahren zu den Pflegegeldeinstufungen in Österreich dazu führen, dass Menschen, denen Pflegegeld zusteht, noch lange kein Pflegegeld bekommen. Sie selbst wissen, dass der Rech­nungshof festgestellt hat, dass gerade bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerbli­chen Wirtschaft die Pflegegeldeinstufungen vorne und hinten nicht klappen und sehr viele Menschen den ersten Bezug des Pflegegeldes überhaupt nicht mehr erleben. – Sehr geehrte Damen und Herren, das ist menschenverachtender Zynismus, das ist ein Schandstück dieser Bundesregierung! (Beifall beim BZÖ.)

Sie lassen es als Konsumentenschutzminister zu, dass die Treibstoffpreise seit zwei Jahren auf ihrem Höchststand verweilen, dass die Menschen in diesem Land ausge­sackelt werden. Sie als Konsumentenschutzminister sind nicht in der Lage, die Treib­stoffmultis wegen illegaler Preisabsprachen endlich anzuzeigen. Da haben Sie sich mit dem Herrn Ruttenstorfer, Ihrem Parteikollegen, natürlich arrangiert.

Sie, Herr Bundesminister, sagen heute und verhöhnen damit auch das Parlament, dass es in Österreich kaum mehr Jugendarbeitslosigkeit gibt. Ich rufe Ihnen eine Bro­schüre (eine solche in die Höhe haltend) Ihrer eigenen Arbeiterkammer in Erinnerung, Herr ehemaliger ÖGB-Präsident: „Oberösterreich: 11 000 Junge ohne Jobs. Die AK fordert wirksame Maßnahmen gegen die Jobkrise.“

Das ist die Wahrheit, die Ihre eigenen Parteigänger, Unterläufer und Gewerkschafts­funktionäre in den Bundesländern selbstverständlich spüren, aber Sie in Ihrem Elfen­beinturm im Sozialministerium nicht wahrhaben wollen! (Beifall beim BZÖ.)

Sie verwalten auch in Zukunft den Sozialversicherungsbereich und haben die Chance vertan, endlich die Sozialversicherungen zusammenzulegen. Statt tatsächlicher Refor­men in diesem Bereich kürzen Sie in allen Bereichen. Statt endlich die Sozialversiche­rungen und die Gebietskrankenkassen zusammenzulegen, schauen Sie dabei zu, dass allein die neun österreichischen Gebietskrankenkassen – laut Ihrer eigenen Anfragebe­antwortung – im Jahr 557 Millionen € Gehaltskosten verursachen. Sie finden nichts da­


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bei, dass der Herr Donabauer als Obmann der Sozialversicherungsanstalt der gewerb­lichen Wirtschaft, in der dritten Reihe der ÖVP sitzend, weiterhin mit Dienstwagen, Chauffeur und seinem Chefarzt in der Gegend herumkurvt, und belasten somit die Bei­tragszahler aller Berufsschichten in diesem Land. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wir wollen das nicht und haben daher gestern auch hundert Anträge im Parlament ein­gebracht. Und im Gegensatz zu den Grünen sitzen unsere Abgeordneten jetzt auch wieder da. Denn, Frau Kollegin Schatz: Ihre eigene Klubobfrau bequemt sich irgend­wann einmal um 11 Uhr am Vormittag mit ihrem Frühstück und ihrem Teehäferl herein, frühstückt und verlässt dann wieder den Saal. Das ist keine gute Arbeitsmoral: dieses Parlament mit Aktionismus zu lähmen, aber keine Inhalte zu bringen! (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Wir haben hundert Anträge eingebracht, und den 101. Antrag darf ich jetzt einbringen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dolinschek, Ursula Haubner, Grosz, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat so schnell wie möglich ein zu­kunftsweisendes Gesamtkonzept im Behindertenbereich zu übermitteln, das zumindest folgende Punkte beinhaltet:

Erleichterung der Behördenwege;

Schaffung einer zentralen Anlaufstelle für Zuschüsse;

Förderung der Mobilität und Abbau von Barrieren im alltäglichen Leben;

bundeseinheitliche Regelung der Persönlichen Assistenz;

Einführung einer einheitlichen ärztlichen Begutachtung durch das Bundessozialamt für die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO;

Weiterentwicklung der Behindertenanwaltschaft;

Einrichtung eines Fonds zur finanziellen Unterstützung für die Rechtsdurchsetzung bei Diskriminierung;

verbesserte Förderung zur Erhöhung der Beschäftigung (Erhalt und Sicherung) sowie

die rasche Herstellung der baulichen Barrierefreiheit und

Einführung von entsprechenden Kriterien bei der Vergabe von Wohnbauförderungs­mitteln.“

*****

Im Gegensatz, Herr Abgeordneter Klikovits, zu Ihrem unwürdigen Schauspiel sind im Paket der orangen Opposition mit 101 Anträgen zahllose Verbesserungsvorschläge ent­halten, wie wir uns Österreich in Zukunft sozialer, zukunftssicherer und wirtschaftlich er­folgreicher vorstellen. – Herzlichen Dank. (Beifall beim BZÖ.)

11.27


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dolinschek, Ursula Haubner, Grosz, Kollegin und Kollegen betref­fend umfassende Verbesserungen im Behindertenbereich

eingebracht in der Sitzung des Nationalrates am 21.12.2010 im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bun­desgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundes­finanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.); [UG 21 – Soziales]

Mit dem Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz im Jahr 2006 wurde ein wesentli­cher Schritt gesetzt, Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen die Mög­lichkeit zu geben, ein selbstbestimmtes Leben zu führen und die gleichberechtigte Teil­habe zu ermöglichen. Denn aufgrund einer Behinderung darf niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden.

Dennoch haben Menschen mit Behinderungen aufgrund verschiedener Zuständigkei­ten von Behörden immer wieder große Schwierigkeiten. Viele Antragswerber sind bei einfachen Behördenwegen überfordert. Behinderte Menschen müssen zur Erlangung von Zuschüssen zu behinderungsbedingten Anschaffungen mit unterschiedlichen Stel­len in Kontakt treten. Diese Situation ist gerade für behinderte Menschen besonders belastend. Daher sollen wie auch von der Volksanwaltschaft gefordert eine Erleichte­rung der Behördenwege und eine zentrale Anlaufstelle zur Erlangung von Zuschüssen für behinderungsbedingte Anschaffungen umgesetzt werden.

Während für die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO für dauernd stark gehbehinderte Personen die Bezirkshauptmannschaften bzw. die Magistrate der Städ­te (in Wien MA 15) zuständig sind, ist die Ausstellung eines Behindertenpasses beim Bundessozialamt zu beantragen.

Als Voraussetzung für die Erlangung eines derartigen Ausweises nach § 29b StVO gilt, dass eine andauernde starke Gehbehinderung vorliegt, die vom Amtsarzt festzustellen ist. Beim Behindertenpass wird die ärztliche Begutachtung zur Feststellung des Behin­dertengrades durch das Bundessozialamt vorgenommen.

Mit dem Ausweis nach § 29b StVO darf zum Ein- oder Aussteigen und zum Ein- und Ausladen der für die gehbehinderte Person nötigen Behelfe, z. B. eines Rollstuhls, an Straßenstellen, an denen ein Halte- und Parkverbot durch Verkehrszeichen kundge­macht ist sowie in zweiter Spur gehalten werden. Weiters darf an Straßenstellen, an denen ein Parkverbot durch Verkehrszeichen kundgemacht ist, in einer Kurzparkzone ohne zeitliche Beschränkung sowie in einer Fußgängerzone in der Zeit, in der eine La­detätigkeit vorgenommen werden darf, geparkt werden.

Unverständnis löst bei den Behinderten oft jene Bestimmungen aus, dass bei der Gratis-Autobahnvignette der Parkausweis nach § 29b StVO nicht ausreicht und hierfür der Behindertenpass mit den erforderlichen Zusatzeintragungen notwendig ist. Da das Ausmaß der Beeinträchtigung durch eine starke Gehbehinderung trotz Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes von unterschiedlichen Behörden noch immer unterschiedlich beurteilt wird, ist eine einheitliche ärztliche Begutachtung bei der Zuerkennung des Ausweises gemäß § 29b StVO durch das Bundessozialamt dringend erforderlich. Eine Verwaltungsvereinfachung im Einvernehmen mit den Bundesländern könnte damit die Antragstellung für Personen mit Behinderungen erheblich verbessern.

Aber auch eine rasche Herstellung der baulichen Barrierefreiheit muss umgesetzt wer­den. Kriterien bei der Vergabe von Wohnbau-Förderungsmittel müssen eingeführt wer­den. Im Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz wurde der Bund dazu verpflichtet, die geeigneten und konkret erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um Menschen mit


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Behinderungen den Zugang zu den erforderlichen Leistungen und Angeboten zu er­möglichen.

Obwohl das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz regelt, dass niemand aufgrund einer Behinderung unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden darf, sind aber Be­nachteiligungen für Menschen mit Behinderungen in diesem Bereich evident. Grund­sätzlich hat die betroffene Person bei Verletzung des Diskriminierungsverbotes An­spruch auf Ersatz des Vermögensschadens und auf eine Entschädigung für die erli­ttene persönliche Beeinträchtigung. Oft reichen aber die finanziellen Mittel der Men­schen mit Behinderungen nicht aus, um ihr Recht wirklich durchzusetzen. Zur Rechts­durchsetzung soll daher ein entsprechender Fonds eingerichtet werden, der bei Diskri­minierung finanzielle Belastungen für diese Menschen verhindern soll.

Im Behindertenbereich müssen optimale Voraussetzungen geschaffen werden, damit Menschen mit Behinderungen geeignete und notwendige Dienstleistungen in Anspruch nehmen können. Die Eingliederung und Wiedereingliederung von behinderten Men­schen in Gesellschaft und Beruf sind dabei - unabhängig von der Ursache der Ent­stehung der Behinderung - wesentliche Aufgaben der österreichischen Sozialpolitik. Daher ist eine verbesserte Förderung zur Erhöhung der Beschäftigung (Erhalt und Si­cherung) von Menschen mit Behinderungen anzustreben.

Überdies ist der längst fällige Nationale Aktionsplan umzusetzen und die einzelnen Bundesländer aufgefordert werden, für ihre Bereiche Aktionspläne zu erstellen, die mit realen, konkreten Umsetzungsschritten versehen sind.

Aber auch eine bundeseinheitliche Regelung der persönlichen Assistenz ist dringend notwendig. Denn die persönliche Assistenz umfasst alle Bereiche des täglichen Le­bens, in denen Menschen aufgrund ihrer Behinderung Unterstützung benötigen.

Zudem brauchen Menschen mit Behinderungen eine qualitätsvolle, lebenswerte und leistbare Pflege. Die finanziellen Mittel für Menschen mit Behinderungen müssen auch in Zukunft gesichert werden, damit laufend Leistungen finanziert werden können. Die Kosten für die Betroffenen müssen daher so weit gesenkt werden, dass eine gleichbe­reichtigte Teilhabe und eine selbstbestimmte Lebensführung ermöglicht und gewähr­leistet werden.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat so schnell wie möglich ein zu­kunftsweisendes Gesamtkonzept im Behindertenbereich zu übermitteln, das zumindest folgende Punkte beinhaltet:

Erleichterung der Behördenwege;

Schaffung einer zentralen Anlaufstelle für Zuschüsse;

Förderung der Mobilität und Abbau von Barrieren im alltäglichen Leben;

bundeseinheitliche Regelung der Persönlichen Assistenz;

Einführung einer einheitlichen ärztlichen Begutachtung durch das Bundessozialamt für die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO;

Weiterentwicklung der Behindertenanwaltschaft;

Einrichtung eines Fonds zur finanziellen Unterstützung für die Rechtsdurchsetzung bei Diskriminierung;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 156

verbesserte Förderung zur Erhöhung der Beschäftigung (Erhalt und Sicherung) sowie

die rasche Herstellung der baulichen Barrierefreiheit und

Einführung von entsprechenden Kriterien bei der Vergabe von Wohnbauförderungs­mitteln.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Riepl. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim – in Richtung des Abg. Grosz –: Der Klikovits war dreimal so gut wie du!)

 


11.27.50

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich werde mich bemühen, in den vier Minuten Redezeit, die ich habe, die Sachlichkeit in den Vordergrund zu stellen. Schreien, diffamieren, andere aus­spotten, das ist nicht mein Stil, nicht Stil der SPÖ und, da bin ich mir sicher, auch nicht Stil der ÖVP. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Abgeordneter Grosz vom BZÖ (Abg. Rädler: Klein, nicht Grosz!) hat gefordert, wir sollen eine Politik für die Menschen machen. Schauen wir uns die derzeitige Situation auf dem Arbeitsmarkt einmal an, der Herr Bundesmi­nister hat schon auf die Arbeitsmarktzahlen hingewiesen. (Abg. Kickl: Schauen wir uns einmal Ihr Pensionssystem an, Herr Riepl!) Beschäftigte im Jahresvergleich: im letzten Jahr plus 55 000 Arbeitslose, heuer minus 13 400. Die Zahl jener, die in Schulung sind, hat sich um 5 600 reduziert. Also insgesamt haben wir in unserem Land innerhalb ei­nes Jahres um rund 19 000 Arbeitslose weniger. Bei den Jungen haben wir ein Minus von 8,4 Prozent, aber sogar bei den älteren Arbeitslosen ist die Zahl etwas geringer ge­worden, zwar nicht sehr viel geringer, aber wenigstens etwas.

Kein anderes mit uns vergleichbares Land in der EU kann auf eine so gute Arbeits­marktbilanz verweisen, und das ist sicher kein Zufall. Ich erinnere an Arbeitsmarktpa­ket 1, Arbeitsmarktpaket 2, an die Ausbildungsgarantie gerade für die Jungen, die wir re­gional je nach Bedarf entsprechend gestaltet haben, und auch an die Kurzarbeit.

Im Jahr 2009 gab es insgesamt 113 Millionen € Zuschuss der Republik für die Betrie­be, für die dort Beschäftigten, um Beschäftigung zu sichern und zu halten. Mittlerweile kommen Briefe aus den Betrieben, wo es Kurzarbeit gegeben hat, in denen man sich beim AMS, bei den Sozialpartnern dafür bedankt, dass professionelle Unterstützung gewährt wurde.

Wir haben das gemeinsam geschafft, und ein bisschen sollten wir auch stolz darauf sein: Regierung, Parlament, Sozialpartner, alle gemeinsam. Wir haben in der Krise Ös­terreich nicht krankgejammert, sondern dagegengehalten. Ich glaube, das ist bei diesem Budget wichtig festzuhalten.

Sehr verehrte Damen und Herren! Zum Bereich Pensionen hat Kollege Wöginger von der ÖVP am Beginn der heutigen Debatte gemeint, der Bundesbeitrag steige drama­tisch. – Ja, das ist richtig, wir haben einen Anstieg des Bundeszuschusses für die Pen­sionen, aber man muss sich auch anschauen: Wer braucht den größten Zuschuss? Wie schaut es da aus? Es sind die Bauern und auch die Selbständigen, die im Ver­hältnis zur Pensionsleistung einen großen Zuschussbedarf haben. Das hängt ein biss­chen auch damit zusammen, dass die Beitragsleistung von diesen von mir genannten Personengruppen geringer ist als im ASVG-Bereich. (Abg. Kickl: Bei Ihrer Politiker­pension, wie ist es denn da?)


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Daher ist es auch gerecht – und damit bin ich wieder beim Budget –, dass mit diesem Budget jetzt die Beitragsleistung für die Bauern und für die Selbständigen in der Pen­sionsversicherung leicht angehoben wird. Dadurch kommen wir auch zu einer verbes­serten Ertragssituation und haben voraussichtlich weniger Zuschussbedarf.

Sehr verehrte Damen und Herren! Ich möchte zum Schluss noch auf den Erstredner dieser Debatte ganz kurz eingehen, weil es mir ein Bedürfnis ist und weil ich morgen nicht die Möglichkeit habe, zum Kapitel Familie etwas zu sagen. Der Herr Abgeordnete Kickl von den Freiheitlichen hat in einem der ersten Sätze seiner Rede heute gemeint: Wenn wir, die Freiheitliche Partei, von Familien reden, dann reden wir von österrei­chischen Familien. – Das Wort „österreichisch“ wurde von Ihnen akustisch betont. (Bra­vorufe bei der FPÖ.) Es ist Ihr gutes Recht, das so auszusprechen.

Ich habe es so verstanden: Wenn Sie von Familien reden, dann reden Sie von rein ös­terreichischen Familien. – Ich erlaube mir dieses Wort „rein“ hinzuzufügen. (Abg. Dr. Rosenkranz: Was heißt das?) Ich darf Ihnen sagen: Wenn wir von der SPÖ von Familien reden, dann reden wir von allen Familien, die in Österreich leben. Das ist ein Unterschied, auf den ich aber stolz bin, Herr Abgeordneter Kickl! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.32


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. – Bitte.

 


11.32.22

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Schlafentzug gepaart mit Vollmond erklärt einige seltsame Wortspenden von Vorrednern und Vorrednerinnen.

Herr Minister, drei Faktoren bedrohen den Wohlstand in Österreich: Erstens das Bud­getdefizit. Das können wir, wenn wir es richtig angehen, selber managen. Zweitens die finanzielle Belastung durch die EU – Schlagwort Rettungsschirm beziehungsweise die Garantien, die abgegeben wurden. Kein Mensch weiß, wo diese Reise hingehen wird. Das kann alles gut gehen, es kann aber auch ins Gegenteil umschlagen.

Und das Dritte, das unseren Wohlstand bedroht, ist, dass wir, geographisch, historisch gesehen, an einem Schnittpunkt zwischen der ehemaligen westlichen Welt und dem ehemaligen Ostblock leben und heute immer noch die Auswirkungen dieser einstigen Verwerfungen spüren.

Wir haben unterschiedliche Wirtschaftsstandards, unterschiedliche Finanzstandards, unterschiedliche Sozialstandards. Diese große Kluft, die zwischen unserem Land und unseren Nachbarn heute immer noch besteht, bedarf einiger Begutachtungen und ist auch Ursache für zahlreiche Verwerfungen.

Firmen wandern ab, weil es natürlich im Osten deutlich billiger ist als bei uns. Firmen wandern ab, weil sie dadurch deutliche Steuervorteile lukrieren können, mit der unan­genehmen Wirkung für unsere Volkswirtschaft, dass es hier zu massiven Steueraus­fällen kommt. Und wir alle wissen, dass wir diese Steuern zur Finanzierung der Kran­kenkassen und zur Finanzierung unseres Budgets benötigen.

Es wandern aber auch die Menschen ab, die durch dieses Finanzpaket, das hier von der Regierung geschnürt worden ist aufgrund des Budgetdefizits, das korrigiert werden muss, massive Einsparungen in ihrem persönlichen Lebensstandard hinnehmen müs­sen. Die Menschen haben, wie man so schön sagt, eine geringere Kaufkraft. Sie müs­sen sich beim Einkaufen umschauen, sie müssen jeden Euro umdrehen. Das haben wir heute auch schon von vielen Vorrednern gehört.


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Ein Beispiel dafür ist, dass vor allem jetzt in der Weihnachtszeit viele Einkäufe nicht bei uns, sondern eben im benachbarten Ausland getätigt werden und dass saisonunab­hängig auch die Sozial- und Gesundheitsleistungen im Ausland konsumiert werden.

Ich erwarte mir von einer aktiven Wirtschafts- und Sozialpolitik, dass hier gegenge­steuert wird, und ich kann nicht verstehen – ich habe das an diesem Ort schon viele Male gesagt –, dass genau in diesem Punkt keine Verbesserungen angedacht werden, sondern sogar noch Aktionen gesetzt werden, die die ganzen Auswirkungen noch ver­schärfen.

Ein Beispiel möchte ich nur nennen, das Sie auch alle kennen: Wenn ein Mensch in Österreich eine Zahnprothese benötigt, dann geht er zu seinem Zahnarzt und bezahlt dort einen gewissen Betrag, den wir Selbstbehalt nennen. Wenn er nach Ungarn fährt und dieselbe Leistung dort in Anspruch nimmt, zahlt er auch einen gewissen Betrag, bekommt aber den gesamten Betrag vollständig von seiner Krankenkasse retourniert. Und ich sage Ihnen, die Konsequenzen sind keine Kleinigkeit, sondern die Konsequen­zen sind Kaufkraftausfälle, Steuerausfälle und Kaufkraftabfluss. Viele Menschen trifft das wirklich bis ins Mark. Ich kann nicht verstehen, dass ein aktiver Sozialpolitiker die­se Verwerfungen einfach in Kauf nimmt und hier keine gegensteuernden Maßnahmen setzt. (Beifall bei der FPÖ.)

In Sonntagsreden wird andauernd davon gesprochen, dass wir das beste Gesundheits­system der Welt haben. Das stimmt, aber es gibt eben auch diese Randbereiche, wo das nicht der Fall ist: Wenn Sie zum Beispiel, wie schon gesagt, diese Rechnungen bei der Krankenkasse einreichen, bekommen Sie das Geld zu 100 Prozent zurück.

Herr Minister, ich bin überzeugt davon, dass Ihnen diese Situation, der diese Men­schen ausgesetzt sind, auch nicht angenehm ist, aber ich glaube doch und unterstelle das vielen Sozialpolitikern, dass sie sagen, wir wissen um dieses Problem, haben aber nicht genügend Geld zur Verfügung, um in diesem Segment einzugreifen. Die Men­schen haben ein Ventil, und dieses Ventil können sie nutzen, indem sie eben nach Un­garn fahren und sich die Prothesen dort anfertigen lassen.

Sie, Herr Minister, nehmen das billigend in Kauf, dass es eine Gruppe von Menschen gibt, die sozial schwach sind, die dieses Mühsal auf sich nehmen müssen. Es ist ja schließlich auch mit Risken verbunden. Und die anderen, die es sich leisten können, können diese Leistungen in Österreich in Anspruch nehmen. Das, finde ich, ist eine ver­fehlte Sozialpolitik.

Der dritte Punkt, warum wir sagen, dass Österreich vom Verlust des Wohlstands be­droht ist, ist jener, dass die Menschen aus dem ehemaligen Osten ab 1. Mai massiv in unser Sozialsystem einwandern werden. Die Menschen interessieren keine theoreti­schen Abhandlungen, sondern sie interessiert aktive Sozialpolitik, die sich an den rea­len Problemen orientiert und die Alltagssorgen mindert. Es müssen daher im Sozialbe­reich für unsere Menschen Maßnahmen ergriffen werden, damit es nicht mehr nötig ist, Österreich zu verlassen, um die notwendigen sozialen und medizinischen Leistungen zu erhalten. (Beifall bei der FPÖ.)

11.38


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte.

 


11.38.11

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren an den Fernsehschirmen, auf der Galerie! Hohes Haus! Seit 1955 wird in diesem Haus Sozialpolitik gemacht, seit dem Beschluss des Allgemeinen So­zialversicherungsgesetzes. Ich denke, die Sozialpolitik in Österreich ist nicht fehlerfrei,


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das zu behaupten wäre überheblich. Sie ist aber wirkungsvoll, sie ist herzeigbar und sie hat dazu beigetragen, dass wir Wohlstand haben, eine soziale Absicherung haben und dass wir in Österreich alle miteinander gut versorgt sind.

Natürlich ist es so, dass die Budgetdebatte Emotionen aufkommen lässt, und ich denke, es lohnt sich nicht, alles zu loben, es ist aber auch nicht richtig, alles zu tadeln und zu kritisieren. Alle, die sich hier herstellen und sich als Besserwisser darstellen, wer immer es ist, sollen beginnen, die Dinge besser zu machen. Das haben Sie von der Opposition bis heute noch nicht gezeigt. (Abg. Petzner: Eine Million lebt an der Ar­mutsgrenze – und Sie reden von Wohlstand für alle! Das ist ja unglaublich!)

Wir haben eine Beschäftigung in Österreich, die herzeigbar ist, und ich möchte in die­sem Zusammenhang sagen, dass die Beschäftigung deshalb wichtig ist, weil sie unse­re Volkswirtschaft stärkt.

Meine Damen und Herren, wir müssen davon ausgehen, dass jeder zweite Euro, den wir in Österreich verdienen, in Wahrheit durch Exporte erwirtschaftet wird. Das heißt, unsere Wirtschaft, unsere Beschäftigten, unsere Dienstnehmer, unsere Unternehmer sind gut unterwegs.

Wenn wir von Beschäftigung reden – darauf hinzuweisen ist mir ein Grundanliegen –, dann geht es nicht nur um die unselbständig Beschäftigten, sondern dann geht es auch um die 100 000 Unternehmer und um die mehr als 200 000 bäuerlichen Menschen, die in den Betrieben arbeiten.

Hätten sie nicht dort Arbeit, würden sie auf den Arbeitsmarkt drängen, und dann wür­den die Beschäftigung und die ganze Soziallinie anders ausschauen. Das, glaube ich, sollten wir in Wahrnehmung unserer Staatsverantwortung sehr deutlich sehen.

Damit das alles auch in Zukunft funktioniert, brauchen wir wettbewerbsfähige und vor allem faire Produktionsvoraussetzungen in all unseren Betrieben. Dabei ist Bildungs­politik wichtig, und ich würde mir wünschen, dass wir die Debatte über die Bildungs­politik möglichst bald auf den Punkt bringen und wirklich das erreichen, was wir brau­chen, nämlich die beste Ausbildung für unsere Jugend, damit sie nach der Schule auch in die Arbeitswelt eintreten kann. (Abg. Petzner: Und genau Ihre Partei verhindert das!)

Herr Bundesminister, ich möchte auch gerade der Weiterbildung ganz große Bedeu­tung beimessen, weil ich denke, dass diese auch über gewisse Zielalter hinaus sehr wichtig für die Beschäftigung ist. Darauf sollten wir uns letzten Endes einstellen, denn nur die Beschäftigung sichert uns die Sozialleistungen. Wenn in Österreich, wie schon mehrmals gesagt wurde, etwa 30 Prozent des BIP für Sozialleistungen ausgegeben wird, dann ist das das Verdienst von uns allen. Darauf können wir stolz sein, aber das wäre zu wenig. – Wir müssen das auch halten. Das ist, glaube ich, die große Aufgabe.

Es hat keinen Sinn, sich gegenseitig aufzurechnen, wer mehr zahlt. Einer meiner Vor­redner hat vorhin gemeint, die Bauern zahlen zu wenig oder die Wirtschaft zahlt zu we­nig. – Nehmen wir die Dinge, wie sie sind! Wir alle, und das ist sozialpartnerschaftlich vereinbart, zahlen in das Pensionssystem 22,8 Prozent an Beiträgen ein. Der Dienst­nehmer zahlt 10,25 Prozent, der Dienstgeber 12,55 Prozent. Sie sehen also: ein du­ales System. Die Wirtschaft zahlt 17,5 Prozent, und der Rest wird, weil sie andere So­zialleistungen in Anspruch nehmen, eben dazugegeben. Die Bauern zahlen in Zukunft 16 Prozent und haben dazu viele Eigenleistungen, so zum Beispiel das fiktive Ausge­dinge oder die Sonderabgabe bei der Grundsteuer. Das alles muss man berücksichti­gen, nur dann führt man eine Debatte über soziale Ausgewogenheit richtig, ehrlich und korrekt. (Beifall bei der ÖVP. Zwischenruf des Abg. Öllinger. Abg. Jan­nach macht die sogenannte Scheibenwischerbewegung.)

Nun noch ein paar Gedanken zu den aktuellen Vorgaben. Ich denke, das Wichtigste
für uns alle ist – das muss unser Ziel sein! –, den Älteren die Angst zu nehmen.
(Abg.


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Dr. Strutz: Das tut ihr nicht!) So mancher Debattenbeitrag hat das nicht oder gerade in umgekehrter Weise vollzogen. Das hat keinen Sinn! Es sind mehr als 2 Millionen Menschen, die über die Pension in der sozialen Versorgung stehen, und denen jeden Tag Angst zu suggerieren, meine Damen und Herren, das ist nicht Staatspolitik!

Wir müssen aber auch fair darüber diskutieren, weil wir auch der Jugend Hoffnung ge­ben sollen. Viele junge Menschen fragen uns: Freunde, was hat das für einen Sinn? Ich denke, wir sind in Summe gut unterwegs. (Abg. Öllinger: Ja, ja!) Herr Bundesmi­nister, wenn wir im Pflegegeldbereich Korrekturen vornehmen, dann ist das zwar nicht angenehm, aber insgesamt, so denke ich, vertretbar, weil es stimmt, dass wir europa­weit, ja weltweit die besten Leistungen haben, und die wollen wir auch in Zukunft hal­ten. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Kuzdas.)

11.43


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte. (Abg. Öllinger in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Grü­newald : Kurt, bitte! Abg. Dr. Moser: Bring’s ins Lot! Die Stimme der Vernunft!)

 


11.43.17

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Ich möchte hier nicht auf einzelne Zahlen und Tabellen eingehen, sondern einmal schauen, welche Bilder hinter diesen Zahlen und Tabellen stehen. Es sind die Bilder der Politikerinnen und Politiker mit ihren BeamtInnen, die diese Gesetze ge­schrieben haben, aber viel stärkere Bilder sind die Millionen von Menschen, die diese Zahlen und Tabellen und dieses Budget treffen. Ich glaube, das sollte man sich ganz massiv vor Augen halten.

Ich möchte auch betonen – und Sie wissen das ja, Herr Bundesminister –, dass sich Soziales und Gesundheit sehr stark überlappen und überschneiden. Deshalb existiert natürlich eine Art Dschungel, was Kompetenzen, Verantwortlichkeiten und Budgettöpfe betrifft, der zudem noch in einem massiven Spannungsfeld von Bund und Ländern steht. Das alles ist nicht sehr hilfreich. Beide Bereiche sind Querschnittmaterien, und Sie – so wie Minister Stöger und eigentlich alle Ministerinnen und Minister – sollten sich dieses Themas annehmen.

Sie wissen so gut wie ich – und ich möchte einmal kurz über diese berühmten Schnitt­stellen, die noch nie zu Nahtstellen geworden sind, reden –, dass die Medizin maximal zu 20 Prozent darüber entscheidet, wann und wie oft Menschen krank werden bezie­hungsweise wann und wie lange Menschen krank sind und wie lange sie leben. Sie wissen, dass es allein, wenn man verschiedene Bezirke in Wien betrachtet, Unterschie­de in der Lebenserwartung von vier und mehr Jahren gibt.

Das hängt nicht mit der Medizin zusammen, sondern das hängt mit den wichtigsten Faktoren zusammen, die über Krankheit, Leben und Tod entscheiden, und das sind Bildung, Einkommen, soziale Integration, Wohn- und Arbeitsverhältnisse – alles Dinge, die auch Ihr Ressort treffen. Das heißt, mit sozialen Maßnahmen können Sie mehr ma­chen als zum Beispiel – sie wird es nicht gerne hören! – die Ärztekammer. Wesentlich mehr!

Das heißt, man muss auf Bildung schauen und man muss auf Einkommen schauen. Es geht nicht an, dass eine Frau, die keinen Pflichtschulabschluss erlangt hat, sechs Jah­re kürzer lebt als eine Akademikerin in höherer Position. Das ist ein soziales Ärgernis, und von Gleichheit und Fairness kann da nicht die Rede sein. (Beifall bei den Grünen.)

Es haben viele in der ÖVP versucht, Krankheit mit Schuld gleichzusetzen. Die oder der müsste sich einfach gesünder verhalten, weniger rauchen, mehr spazieren gehen, ver­nünftiger essen (Abg. Dr. Rosenkranz: Weniger Zucker essen!)  weniger Zucker es­


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sen; Sie nehmen mir das Wort aus dem Mund. Sie sehen aber, dass viele dieser Fak­toren nicht in der Entscheidungsfreiheit der Menschen liegen.

Wie viel Prozent der Menschen können sich aussuchen, wo sie wohnen? Wie viel Pro­zent der Menschen können sich aussuchen, welche Bildungschancen sie haben? Wie viele können sich aussuchen, wie die Umweltbedingungen sind, unter denen sie leben, und wie viel sie verdienen? Das bestimmen vielfach  ich sage nicht ausschließlich  andere.

Das heißt, es wäre sinnvoll, wenn die Ministerinnen und Minister, aber auch die Abge­ordneten im Parlament sähen, dass wir nicht nur das Verhalten der Menschen betrach­ten müssen, sondern versuchen müssen, die Verhältnisse zu ändern, die die Men­schen krank machen. Das fehlt mir ganz wesentlich. Ich werde immer ganz kribbelig und bekomme einen höheren Puls, wenn es heißt, man könne keinen Ausschuss ein­berufen, weil kein Gesetzesantrag vorliegt. – Wir hätten so viel zu reden, so viel zu pla­nen, um vielleicht einmal selbst draufzukommen, welche Gesetze es braucht, damit die Menschen gesünder sind.

Es gibt jetzt bezüglich dieser Schnittstellen einige Anhaltspunkte, die Sie betreffen, zum Beispiel die Pflege. Sie wissen – und dazu gibt es relevante Studien –, wenn in einer Familie ein Pflegefall auftritt, steigt das Armutsrisiko sprunghaft auf 20 bis 25 Pro­zent; das ist nicht lustig. Als ich noch an der Klinik tätig war, waren viele meiner Pa­tientInnen zwischen 40 und 60 Jahren, die stationär aufgenommen waren, um es jetzt vielleicht ein bisschen komisch auszudrücken, fix und foxi waren und psychisch darnie­der lagen. Sie haben ihren Vater, ihre Mutter, den Schwiegervater und die Schwieger­mutter gepflegt und waren kaputt.

Wenn man jetzt sagt, man hat etwas in der 24-Stunden-Betreuung getan  was ja nicht ganz falsch ist –, dann muss man mit bedenken, dass nur 3 Prozent eine solche brau­chen, und viele anderen Leute stehen finanziell im Regen. Wir sind dafür, dass Sorge dafür getragen wird, dass es eine Art Grundrecht auf humanitäre und erschwingliche Pflege gibt. Das sollte so sein! (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Mag. Aubauer.)

Für Pflegestufe 1 und 2 muss man nachweisen – ich weiß es jetzt nicht punktgenau auswendig –, dass man 40, 60 oder 80 Stunden Pflege- oder Betreuungsbedarf hat, und man bekommt dann 300, 400 oder 500 € dafür. – Das trägt nicht einmal 10 Pro­zent der Bedürfnisse, die die Leute haben! Wenn man sieht, welche Kraft es in Heimen braucht, diesen Leuten eine annehmbare Qualität zu bieten, dann weiß man, dass da ein ungeheurer Finanzierungsbedarf besteht. Vom Pflegefonds wird nur geredet, aber es wird nichts getan! Und Sie wissen, da droht wirklich eine Apokalypse, wenn nichts geschieht.

Dann zum Föderalismus, der mir auch schon irgendwie an die Nieren geht, also in die­sem Ausmaß gesundheitsschädigend ist. In Tirol kommt man drauf, dass dort, ver­glichen mit anderen Bundesländern, viel, viel mehr Leute in Pflegestufe 1 und 2 einge­stuft sind. Ich möchte nicht, dass die Qualität der Pflege vom Bio-Rhythmus und vom Horoskop von Landeshauptleuten beziehungsweise vom Meldezettel abhängt. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Mayerhofer.) Ich will bundeseinheitliche Qualitätssi­cherung und bundeseinheitliche Garantien, dass die Leute gut gepflegt werden.

Wenn ich mir dann anschaue, wie viele Unterschiede es auch in der Rehabilitation zwi­schen den einzelnen Kassen, zwischen den einzelnen Bundesländern gibt, sodass al­lein nach Schlaganfällen oder Schädel-Hirn-Verletzungen nach Unfällen ein Drittel der Personen keine adäquaten ambulanten Therapieplätze finden, dann frage ich mich, wer sich ausgerechnet hat, was das kostet, wenn dieses Angebot nicht kommt. Oder wie kann es sein, dass in den Richtlinien der AUVA drinsteht, die Rehabilitation hat alle Mittel nach dem neuesten Stand der Wissenschaft einzusetzen und alles zu versu­


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chen, die Leute wieder zu integrieren und in die Rehab zu führen, während das in den Richtlinien der PVA nicht drinsteht? Da steht halt drinnen, macht Rehab. Wer prüft, wie die ausschaut? – Da ist einiges zu tun.

Dann komme ich zu einem weiteren Kapitel, das Ihren Bereich berührt, nämlich zur Familienhospizkarenz. Das, was man sich bezüglich der Anzahl der Personen, die die­se in Anspruch nehmen, erwartet hat, wurde weitgehend gar nicht erreicht. Warum? – Weil sich die Leute das trotz des Fonds nicht leisten können. Es gibt übrigens kein An­recht auf Unterstützung aus dem Fonds, sondern die Leute müssen um Unterstützung ansuchen. Das ist auch beschämend, wenn man Angehörige pflegt.

Zum Schluss zur Hospiz: Wenn ein Ministerium sagt, Sterben ist Ländersache, und neun Sozialreferenten oder SoziallandesrätInnen sagen, sie stecken in das Hospizsys­tem kein Geld, dann frage ich mich, ob Geburt und Tod nicht beides Lebenden wider­fährt und warum man dann diesen Unterschied macht. Zweiklassenmedizin bis ins Ster­ben halte ich absolut für einen Skandal! (Beifall bei den Grünen.)

Was auch noch Sie betrifft, Herr Minister Hundstorfer – und das ist kostenintensiv –: Burnout und Stress sind die Hauptgründe für viele medizinische Behandlungsfehler. Zu 40 Prozent ist das Arbeitszeitgesetz in Gesundheitsberufen umgesetzt, zu 60 Prozent teilweise nicht. Arbeitsinspektoren und ‑inspektorinnen geraten massiv unter Druck, sich mit Anzeigen zurückzuhalten. Ich könnte Beispiele aufzeigen: Die Leute trauen es sich nicht.

Jetzt kratze ich noch die Kurve zur Universität. Was heißt das für Sie, wenn an Uni­versitäten Arbeitnehmerschutzbestimmungen schon vor Jahren ausgesetzt und bis zum Jahr 2013 retardiert wurden? Aus Geldmangel treten Arbeitnehmerschutzbestimmun­gen 2016 in Kraft. Was heißt das? Was heißt das im Sozialen und im Universitären? Sind die Leute dort nichts wert? Kann man sich das leisten? Was ist, wenn etwas pas­siert?

Noch einmal: Ich glaube, Gesundheit und Soziales gehören vernetzt. Die Qualität der Systeme muss bundeseinheitlich garantiert werden. Ich würde Sie bitten – und ich hal­te Sie für fähig –, leisten auch Sie Widerstand wie viele andere, auch wenn es den Part­ner gelegentlich stört! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.53


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte.

 


11.53.29

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren im Hohen Haus, auf der Besucher­galerie und vor den Fernsehgeräten! Herr Kollege Grünewald hat gerade in seinen ein­leitenden Worten den Zusammenhang zwischen sozialem Status, sozialen Rahmenbe­dingungen und Gesundheit dargestellt. Ich möchte damit beginnen, politische Verhält­nisse und unser soziales System in Zusammenhang zu bringen.

Herr Kollege Grosz hat ja vom politischen Elend gesprochen. Da hat er wohl eine Ei­gendefinition des BZÖ gewählt, wenn man an die Zeit der Regierungsbeteiligung die­ser Partei und deren sozialpolitische Auswirkungen denkt. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Grosz: Oh, oh, oh!)

Herr Kollege Klikovits hat auf seine Art und Weise mehr oder weniger anschaulich de­monstriert (Abg. Grosz: Eher weniger!), wie er dieses Budget empfindet, wobei er aber interessanterweise das Belastungspaket als schwarzes Paket mit rotem Deckel darge­stellt hat. (Ruf bei der FPÖ: Aber nicht gezeigt, was drinnen ist!)

Das war genau die richtige Darstellung, denn nur sozialdemokratische Regierungsbe­teiligung und sozialdemokratische Regierungsführung bedeuten, dass Belastungen be­


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grenzt werden und dass es mehr soziale Ausgewogenheit gibt. – Und dafür kämpfen wir, dafür stehen wir und dafür steht auch unser Bundesminister Hundstorfer. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Kickl: Ein rotes Paket mit schwarzen Einschnürungen!)

Sehr geschätzte Damen und Herren, Österreichs Wirtschaft hat sich viel rascher als er­wartet von der Krise erholt, obwohl man noch nicht sagen kann, dass wir sie endgültig und dauerhaft bewältigt haben. Dazu hat einerseits der Sozialstaat als ganz wesentli­cher Stabilitätsfaktor gedient, es haben sich aber andererseits auch die antizyklisch wirkenden Konjunkturbelebungsmaßnahmen als richtig erwiesen. Vor allem haben auch unsere beiden Arbeitsmarktpakete dazu beigetragen, dass Österreich zu den Staaten mit der niedrigsten Arbeitslosenrate in ganz Europa gehört.

Menschen, die eine existenzsichernde Arbeit haben, fördern auch eine positive Wirt­schaftsentwicklung, weil sie natürlich die Binnennachfrage erhöhen. Und das macht man ja auch, indem man versucht, eben mit steuerlichen Maßnahmen auch Binnen­nach­frage und Einkommen der Menschen zu lenken. Auch diesbezüglich unterstützen wir die Intentionen des Bundeskanzlers, noch in dieser Legislaturperiode für die arbeiten­den Menschen steuerliche Entlastungen zustande zu bringen. (Abg. Kickl: Aber de­nen, die weniger verdienen, nützen die steuerlichen Entlastungen nichts!)

Wir können in den letzten Tagen immer wieder Jubelmeldungen vom Handel hinsicht­lich des florierenden Weihnachtsgeschäftes hören, Herr Kollege Kickl. (Abg. Kickl: Sie haben sich sicher schon eingedeckt!) Allerdings – und das muss man schon offen sa­gen – stehen wir gerade im Hinblick auf gute soziale Netze vor einer großen Herausfor­derung.

Herr Kollege Öllinger hat vorhin die jungen Menschen angesprochen. Ja, es ist eine Herausforderung, dass die Wirtschaft auch in den Dienstleistungsbereichen wieder stär­ker Vollzeitbeschäftigungen und Volljahresbeschäftigungen anbietet, damit genau die­se jungen Menschen auch eine Chance haben, tatsächlich in diese sozialen Netze in­tegriert zu werden. Nur wenn möglichst viele Menschen einen barrierefreien Zugang zu den sozialen Netzen haben, wird die soziale und wirtschaftliche Stärke des Sozialstaa­tes auch in Zukunft erhalten bleiben.

Ein ähnliches Bild stellt sich für das Urlaubsland Österreich dar. Der Tourismus hat sich in den letzten Jahren als stabiler Beschäftigungsfaktor erwiesen. Es wird wieder von einem Nächtigungszuwachs gesprochen. Wien hat beispielsweise schon jetzt ein Tourismus-Rekordjahr zu verzeichnen, und die heurige Wintersaison könnte sogar jene des Vorjahres überflügeln.

Aber auch da bin ich wieder bei einem wichtigen Punkt. Es geht darum, Herr Bundes­minister, dass auch in diesem Bereich die Entwicklung in Richtung ganzjährige Beschäf­tigung geht. (Abg. Kickl: Der Minister schläft schon ein!) Das muss ein gemeinsames Ziel von Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik für den Tourismus sein.

Die gesamte Freizeitwirtschaft wird ein immer bedeutenderer Faktor für die Beschäfti­gung. Mit guter Ausbildung gelingt es, diesbezüglich mehr Wertschätzung zu requirie­ren. Man denke an den Bereich Wellness- oder Vitaltourismus. Zugleich sind das aber auch Angebote, die von der heimischen, also ansässigen Bevölkerung genutzt werden. Das ist aber nur dann möglich, wenn die arbeitenden Menschen aus ihrer Arbeit ein Einkommen erzielen, von dem sie sich eine Teilhabe an den Freizeitangeboten auch tat­sächlich leisten können.

Ein wichtiger Punkt ist für mich auch noch – und da möchte ich jetzt noch einmal Sie, Herr Bundesminister Hundstorfer, ansprechen – die Einkommenstransparenz. Ich bin überzeugt davon, dass es, wenn wir dieses Gesetz umgesetzt haben – und ich hoffe, wir beschließen es Anfang Jänner positiv und konstruktiv in diesem Haus –, zu mehr


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Sensibilität kommen wird und dass Einkommensbenachteiligungen von Frauen eher beseitigt werden.

Ich denke, damit haben wir auch wieder eine Grundlage dafür geschaffen, dass auch Frauen stärker und besser in diesem sozialen Netz verankert werden.

Zum arbeitsmarktpolitischen Budget möchte ich nur Folgendes sagen: Diesem Budget liegt ja die Annahme zugrunde, dass eine weitere Zunahme der Beschäftigung erfolgen wird, wofür wir ja auch jetzt schon besonders positive Zahlen haben. Das entspricht auch der Annahme der Wirtschaftsforscher. Die Arbeitsmarktpolitik hat sich unter ei­nem sozialdemokratischen Sozialminister in den vergangenen beiden Jahren als posi­tiv für die Menschen in diesem Land erwiesen, und jene des kommenden Jahres wird entsprechend diesem Trend fortgesetzt werden.

In diesem Sinne werden wir dem Budget unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

11.58


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte.

 


11.58.45

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Zuseher! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! „Haben und nicht geben ist in manchen Fällen schlimmer als stehlen.“ Dieses Zitat stammt von Marie von Ebner-Eschenbach. Die Kürzung im Pflegebereich für die Pflegestufen 1 und 2 ist ein solcher Fall, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Wenn Sie uns nämlich weismachen wollen, dass in Österreich kein Geld für die pfle­gebedürftigen Menschen zur Verfügung steht, dann wissen Sie selbst, dass das nicht die Wahrheit ist. Sie haben Geld in Ihrem Budget, nur wollen Sie es den Pflegebedürfti­gen nicht geben.

Der Herr Sozialminister wurde heute schon im Zusammenhang mit den Einsparungen, was die Pflegestufen 1 und 2 betrifft, zitiert, aber es ist halt immer nur ein halbes Zitat gebracht worden. Das vollständige Zitat lautet:

„Es wird kein Euro weniger ausgegeben, es wird ein bisschen weniger mehr ausge­geben.“

Ich möchte, Herr Minister, in diesem Zusammenhang eine Frage an Sie stellen, eine Frage, die ich auch stellvertretend für die 10 000 Unterstützer – um genau zu sein: 10 645 Unterstützer – stelle, die unter der Adresse www.pflegegeld-retten.at ihren Pro­test gegen die geplanten Kürzungen, gegen die Einsparungen im Pflegebereich kund­getan haben.

Die Pflegestufe 1 wird von 50 auf 60 Stunden erhöht, die Pflegestufe 2 von 75 auf 85 Stunden, die Zugangskriterien werden hier extrem erschwert und verschärft.

Jetzt frage ich Sie: Was sagen Sie den Frauen, den Männer, den Kindern, die wö­chentlich 50, wie bisher, oder 75 Stunden, in der Stufe 2, an Pflegebedarf haben? Was sagen Sie denen? Was geben Sie denen? Was bekommen die von Ihnen? – Nichts bekommen sie von Ihnen, Herr Minister! (Beifall beim BZÖ.)

Von den Einsparungen im Pflegebereich besonders betroffen sind Frauen und Fami­lien; Frauen deshalb, weil die Pflege vorwiegend von Frauen gemacht wird, zu Hause gemacht wird und weil Frauen in den schlecht bezahlten Pflegeberufen tätig sind. Die­se Einsparungen sind unsozial und nicht vertretbar. Sie wissen genau, wo Sie einspa­ren hätten können, ohne den pflegebedürftigen Menschen in Österreich in die Taschen zu greifen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 165

Der Rechnungshof hat es Ihnen aufgezeigt, nicht einmal, sondern hunderte Male, wür­de ich fast sagen. Wir vom BZÖ haben jede Menge von Anträgen eingebracht, was die Verbesserung im Pflegebereich betrifft.

Ich möchte an dieser Stelle auch heute noch einmal einen Antrag einbringen. Und ich möchte alle dazu aufrufen, da auch mitzustimmen, ganz besonders den Kollegen Gril­litsch, der heute wieder davon gesprochen hat, dass es keine Lösungen und keine Vor­schläge unsererseits gibt. Ich lade dich herzlich ein, diesem unserem Antrag zuzustim­men, den ich hier nun einbringen werde.

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner, Dolinschek, Schenk, Grosz und Kollegen betref­fend umfassende Verbesserungen im Pflegebereich

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz wird ersucht, dem Nationalrat so schnell wie möglich ein zukunftsweisendes Gesamtkonzept im Pflegebe­reich zu übermitteln, das zumindest folgende Punkte beinhaltet:

die Sicherstellung der Pflegevorsorge durch eine jährliche Anpassung des Pflegegel­des und die Einrichtung eines Pflegefonds;

die Schaffung einer einheitlichen Rechtsgrundlage für die Gewährung des Pflege­geldes;

die Verringerung der Zahl der Entscheidungsträger und der bescheiderlassenden Stel­len in Pflegegeldverfahren;

einen bundesweit einheitlichen Kriterienkatalog für Pflegegelduntersuchungen, der die Qualitätskriterien neu definiert, ohne die Schwellen für den Zugang zu bestimmten Pflegegeldstufen zu erhöhen und

eine Verringerung der Verfahrensdauer.“

*****

Meine Damen und Herren, stimmen Sie diesem Antrag im Sinne der Pflegebedürftigen in Österreich zu! – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

12.02


Präsident Fritz Neugebauer: Der Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner, Dolinschek, Schenk, Grosz und Kollegen betref­fend umfassende Verbesserungen im Pflegebereich

eingebracht in der Sitzung des Nationalrates am 21.12.2010 im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundes­gesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfi­nanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.); [UG 2 – Soziales]


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 166

Pflegebedürftige Menschen in Österreich wollen darauf vertrauen können, dass sie die bestmögliche Pflege erhalten. Pflege muss leistbar, qualitätsvoll und sicher sein. Doch in seinem Bericht "Bund 2010/3" stellte der Rechnungshof fest, dass es "keine umfas­sende Absicherung gegen das finanzielle Risiko der Pflegebedürftigkeit" gibt und daher weitere Maßnahmen zur Sicherstellung der Pflegevorsorge und deren nachhaltige Fi­nanzierbarkeit erforderlich sind.

In Österreich gibt es über 400.000 pflegebedürftige Personen, die Pflegegeld erhalten. Rund 80 Prozent der pflegebedürftigen Menschen in ganz Österreich werden nach wie vor zu Hause betreut und gepflegt. Die Höhe des Pflegegeldes ist für die Möglichkeit der Versorgung in den eigenen vier Wänden entscheidend. Preissteigerungen bei den notwendigerweise zugekauften Leistungen schlagen sich ohne entsprechende Erhö­hung des Pflegegeldes als Verschlechterung der Versorgung nieder. Damit aber den Betroffenen keine finanziellen Mehrkosten entstehen soll eine jährliche Anpassung des Pflegegeldes rasch umgesetzt und ein Pflegefonds eingerichtet werden.

Da der Pflegebedarf in Österreich aufgrund der demografischen Entwicklung weiter steigen wird stellt diese Tatsache unsere Gesellschaft und unser Land vor neue finan­zielle und organisatorische Herausforderungen. Schon jetzt herrscht ein dramatischer Personalmangel im Bereich der Pflege und Betreuung.

Bereits bei der Nationalratswahl 2006 wurde von Seiten der Bundesregierung ange­kündigt, dass man dem drohenden Pflegekräftemangel durch eine entsprechende Aus­bildung und eine Aufwertung des Pflegeberufes an sich entgegenwirken möchte. Bei dieser Ankündigung ist es jedoch geblieben. Gerade der Pflege- und Betreuungsbe­reich bietet jedoch große Berufs- und Zukunftschancen für junge Menschen.

Weiters ist eine gänzliche Reform des Pflegegeldverfahrens notwendig. Dabei muss die Anzahl der Entscheidungsträger und der bescheiderlassenden Stellen auf einen Rechtsträger, der in jedem Bundesland eine Landesstelle unterhält, verringert werden. Auch eine einheitliche Rechtsgrundlage für die Gewährung des Pflegegeldes muss ge­schaffen werden, um ungerechtfertigte Einstufungsunterschiede durch die Entschei­dungsträger auszuschließen. Dabei darf es aber nicht zu einer Verschärfung der Vo­raussetzungen zur Erlangung bestimmter Pflegestufen für die pflegebedürftigen Men­schen kommen. Denn es muss sichergestellt werden, dass alle pflegebedürftigen Men­schen ein ihrem Bedarf entsprechendes Pflegegeld erhalten und bei der Einstufung auch gleich behandelt werden. Eine wesentliche Verkürzung der Verfahren von der An­tragstellung bis zur Bescheidausstellung muss dabei angestrebt werden.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz wird ersucht, dem Nationalrat so schnell wie möglich ein zukunftsweisendes Gesamtkonzept im Pflegebe­reich zu übermitteln, das zumindest folgende Punkte beinhaltet:

die Sicherstellung der Pflegevorsorge durch eine jährliche Anpassung des Pflegegel­des und die Einrichtung eines Pflegefonds;

die Schaffung einer einheitlichen Rechtsgrundlage für die Gewährung des Pflege­geldes;

die Verringerung der Zahl der Entscheidungsträger und der bescheiderlassenden Stel­len im Pflegegeldverfahren;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 167

einen bundesweit einheitlichen Kriterienkatalog für Pflegegelduntersuchungen, der die Qualitätskriterien neu definiert, ohne die Schwellen für den Zugang zu bestimmten Pfle­gegeldstufen zu erhöhen und

eine Verringerung der Verfahrensdauer.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Huainigg. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.03.50

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Ho­hes Haus! Behinderte Menschen haben auf der Straße demonstriert, bei Kälte und Schnee. Ihnen gilt mein voller Respekt und meine Anerkennung für dieses Engage­ment. Und sie haben auch einiges erreicht, nämlich dass das Pflegegeld nicht mehr in Frage gestellt wird.

Das Pflegegeld ist wichtig, um ein selbstbestimmtes Leben zu sichern und die Wahl­freiheit zu gewähren, damit jeder behinderte Mensch entscheiden kann, von wem er wann wo und wie gepflegt oder assistiert wird.

Was ich an dieser Diskussion sehr bedauere, ist, dass sie sehr emotional geführt wird. In Behindertenforen sind sehr viele Fakten verdreht und falsch dargestellt worden; das führt zu einer starken Verunsicherung.

So ist beispielsweise die Rede davon gewesen, dass bei der Behindertenintegration am Arbeitsmarkt eingespart wird, dass es keine Berufsausbildungsassistenten mehr geben wird. Ich habe natürlich beim Bundessozialamt nachgefragt, und Fakt ist, dass bei den Bundessozialämtern zwar eingespart wird, dass aber die Ziele zur beruflichen Integration im Jahr 2011 voll erfüllt werden können. (Beifall bei der ÖVP.)

Der Schwerpunkt liegt bei der unterstützten Hilfe wie persönlicher Assistenz, Clearing, Jobcoaching, Arbeitsassistenz. Auch in den Bereichen Clearing und persönliche Assis­tenz ist mit einem Mehraufwand für 2011 zu rechnen. Das ist auch finanzierbar.

Was immer wieder unter den Tisch gekehrt wird, das sind die positiven Aspekte dieses Budgets, denn es findet sich auch eine Sozialpartnereinigung darin: die Aufhebung oder Aussetzung des Kündigungsschutzes für die ersten vier Jahre ab Beginn einer Be­schäftigung sowie die Anhebung der Ausgleichstaxe.

Diese Maßnahmen sind jahrelang umstritten gewesen und sind dazu angetan, mehr behinderte Menschen in Beschäftigung zu bringen. Außerdem werden die Behinderten­vertrauenspersonen mehr anerkannt, bekommen mehr Möglichkeiten. (Präsident Neu­gebauer gibt das Glockenzeichen.)

Ich möchte abschließend noch etwas erwähnen, was ich sehr bedauere, wo es nicht gelungen ist, eine Lösung herbeizuführen: Das ist bei der Entwicklungszusammenarbeit.

Ich glaube, dass es wichtig ist, dass man hier Maßnahmen setzt. Es gibt weltweit 650 Millionen behinderte Menschen, 80 Prozent davon leben in Entwicklungsländern, in Schwellenländern. Ich meine, es ist eine gewisse solidarische Verantwortung not­wendig. Es muss ein Schwerpunkt 2011 sein, diesbezüglich eine Lösung zu finden. – Danke. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

12.07


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Unterrei­ner. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 168

12.08.21

Abgeordnete Mag. Heidemarie Unterreiner (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist einiges faul im Staate Österreich. (Abg. Großruck: Dänemark!) Es gibt eine Fülle von Problemen, aber die Regierung schafft es nicht, die Lebensumstände zu verbessern, und das Budget, das beschlossen werden soll, verschärft diese Probleme sogar noch.

Es ist – gerade im Gegenteil! – so, das Budget ist so, dass man sich wirklich fürchten muss, gerade im Sozial- und Familienbereich. Und das ist eine Schande. (Beifall bei der FPÖ.)

Es gibt ja nicht nur Parallelgesellschaften, die durch die massive Einwanderung ent­standen sind und durch eine Multikultiideologie gefördert wurden, sondern es gibt auch Parallelwelten, in denen Politiker agieren, völlig losgelöst von den wahren Bedürfnissen der Menschen in unserem Land. (Abg. Dr. Bartenstein: „Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage“!)

Herr Kollege Bartenstein! Ich habe Ihren Zwischenruf leider nicht verstanden und kann somit auch nicht darauf reagieren. Tut mir leid. (Abg. Dr. Bartenstein: Ich habe mit Hamlet geantwortet! – Abg. Großruck: „Auch du, mein Sohn Brutus?“) – Na ja, war doch gut von mir als Kultursprecherin, oder? (Heiterkeit der Rednerin.)

Obwohl zum Beispiel der Frauenbericht und viele andere Umfragen deutlich aufzeigen, dass die private Betreuung und Erziehung des Nachwuchses der staatlichen Betreu­ung vorgezogen wird, wird keine Lehre aus diesen erhobenen Daten gezogen. Die ge­wünschte Lebensplanung wird ganz einfach ignoriert.

Die Frauenministerin und auch Parlamentspräsidentin Prammer fordern sogar, dass Frauen gleich nach der Geburt wieder erwerbstätig werden. Frau Heinisch-Hosek warnt sogar davor, in die Falle zu tappen, Kinder selbst in der Familie großzuziehen oder die Eltern selbst zu pflegen.

Und die Klubobfrau der Grünen, die heute überhaupt abgeht, verlangt sogar einen ver­pflichtenden Kindergartenbesuch schon ab zwei Jahren. Man muss sich das einmal vorstellen!

In meinen Augen ist das wirklich unmenschlich, Kinder ... (Zwischenrufe bei den Grü­nen.)  Sie hat einen verpflichtenden Kindergartenbesuch ab zwei Jahren verlangt. Man geht damit überhaupt nicht auf die Bedürfnisse der Kinder ein. (Abg. Brosz: Zwei Jahre vor der Geburt!)

Mit solchen Ideen stellen diese Politikerinnen Paradebeispiele der Umsetzung linker Ideologien dar, ausgehend von Marx und Lenin. Wir haben das hier schon öfter disku­tiert. Auch Ihre Lieblinge Marcuse und so weiter wollen Werte wie Familie, Heimat, Va­terland, Muttersprache – in den Augen der Grünen sowieso verdächtige Wörter –, Mut­terschaft – ganz schlimm – diffamieren und damit zerstören. (Beifall bei der FPÖ. – Bravoruf des Abg. Neubauer.)

Wir Freiheitlichen lehnen diese Ideologien linker Feministinnen und Gender-Theoreti­ker ab, denn diese behaupten ja sogar, dass man zu Mann und Frau erst durch Erzie­hung konstruiert, erst gemacht wir


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d.

Es wäre ganz wichtig – das sagen die Linken –, dass man diese Rollenbilder auf­weicht, so als ob es nicht Männer und Frauen gäbe. Diese behaupten, sie spielen nur eine Rolle. Wir sind der Meinung, dass es Mütter und Väter gibt und dass Mütter und Väter nicht eine Rolle spielen, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Gelder, die in diese falschen Theorien hineingesteckt werden, sind vergeudete Gelder, sagen wir. Kämen nämlich diese Summen einer konstruktiven Familienpolitik zugute, dann könnte endlich eine gerechte Altersabsicherung für Frauen geschaffen werden, die viele, viele Jahre ihres Lebens der eigenen Familie widmen.

Ich weiß, das sind grundsätzliche Gedanken. Aber genau aus diesen Gedanken kom­men ja die verschiedenen Ideologien, die auch zu verschiedenen Wertungen und zu verschiedenen Entscheidungen hier im Haus führen. Die Tatsache, dass Österreich im europäischen Vergleich eines der Länder mit der niedrigsten Geburtenrate ist, zeigt auf, dass hier etwas schiefgelaufen ist. Dies zeigt, dass es hier ein gesellschaftliches Klima gibt, in dem sich die Frauen nicht bestärkt und nicht geborgen fühlen, Kinder zu bekommen. Die Entscheidung, Kinder zu bekommen und großzuziehen, darf kein Nach­teil sein. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.)

Wir Freiheitlichen wollen die Förderung und die Stärkung der Familien, denn sie erfül­len eine der wichtigsten Aufgaben, und zwar unseren Kindern die nötige Geborgenheit und den nötigen Halt zu geben. Darüber hinaus noch etwas: nämlich die Partnerschaft zwischen Mann und Frau, die auf Vertrauen, Achtung und Liebe basiert. Auch das ist sehr gut, weil sich das in einer Familie besonders gut entwickeln kann.

Sehr geehrte Damen und Herren! Kein Geld für Gesellschaftsutopien, die an den wah­ren Bedürfnissen der Menschen vorbeigehen! Wir Freiheitliche wollen, dass die Fami­lien gestärkt werden und dass die Menschen ihre persönliche Lebensgestaltung auch selbst bestimmen können. (Beifall bei der FPÖ.)

12.13


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

 


12.13.26

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Nur ganz kurz: Frau Kollegin Unter­reiner, ich glaube, man müsste sich unser Budget und dann die Budgets der ande-
ren Länder einmal im internationalen und im europäischen Vergleich anschauen. (Abg. Kickl: ... anderen können sich unsere nichts kaufen!)

Meine Damen und Herren! Wenn wir davon ausgehen, dass wir in einer sehr ange­spannten Wirtschaftskrise ein solches Budget zustande gebracht haben, wie wir es jetzt verabschieden werden, ein sozial ausgeglichenes Budget, dann kann man wirklich froh sein, dass das geglückt ist, und insofern noch herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zu einem funktionierenden Sozialstaat gehört natürlich auch ein entsprechender Zu­gang zum Recht. Ich möchte mich hier, da es eine lange Diskussion gegeben hat, herzlich dafür bedanken, dass es uns allen gelungen ist, den Amtstag doch nicht abzu­schaffen. Ich sage das wirklich in alle Richtungen. (Beifall bei der SPÖ.)

Klubobmann Kopf genauso wie unserem Staatssekretär Schieder, der sich da beson­ders eingesetzt hat, und auch dem Herrn Sozialminister ist zu danken, weil der Amts­tag eine wichtige Maßnahme für all jene ist, die wenig Geld haben, die nicht das Geld haben, sich bei jeder rechtlichen Frage einen Anwalt zu leisten. Es ist daher auch in Zukunft möglich, zu Gericht zu gehen und sich beraten zu lassen. Aber es kann auch den Richtern, die ein Problem kommen sehen, die Möglichkeit gegeben werden, zu mediatisieren und zu schauen, dass das Problem im Vorfeld vielleicht bereinigt werden kann. Das ist eine sehr gute Maßnahme für den Rechtsstaat. Das eröffnet auch allen die Chance, unabhängig von ihrer sozialen Stellung zu ihrem Recht zu kommen.

Wenn wir uns soziale Chancengleichheit als Vorbild nehmen, wenn wir das anstreben wollen, dann sehen wir allerdings auch, dass es viele Maßnahmen, viele Fälle in Öster­reich gibt, die uns alle außerordentlich ärgern und Schaden herbeiführen. Ich nenne


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hier nur die Namen Meinl, Immofinanz, Grasser, BUWOG, Hypo Alpe-Adria (Abg. Riepl: Meischberger!) – alles Fälle, wo viele Menschen, die nicht viel Geld hatten, de­nen man vorgegaukelt hat, sie sollten, anstelle Geld in ihr Sparschwein zu geben, Ak­tien kaufen, Wertpapiere kaufen, durch diese Fonds um ihr letztes Geld umgefallen sind. (Abg. Dr. Strutz: Da war Gusenbauer Berater!)

Daher ist es notwendig, dass wir unsere Staatsanwaltschaften entsprechend stärken, den Dingen wirklich auf den Zahn fühlen. (Abg. Dr. Strutz: Was hat Herr Lacina im Aufsichtstrat getan? Wie viel hat Herr Gusenbauer für Beratung bekommen?) – Ich weiß schon, dass es sehr schwierig ist, mit dieser Angelegenheit umzugehen, sich zu wehren und damit der Gerechtigkeit zum Durchbruch zu verhelfen.

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Strutz, es gibt ja kaum einen anderen Justiz­minister oder überhaupt einen Minister, der der Republik derartig viel Schaden zuge­fügt hat wie Herr Minister Böhmdorfer. (Abg. Dr. Strutz: Das war der einzige unabhän­gige Minister!) Wenn ich mir anschaue, welche Gebäude, wie etwa der Jugendge­richtshof beispielsweise, quasi zertrümmert, verkauft worden sind und dass neue Ge­bäude, an denen wir bis dato noch zahlen, gebaut werden mussten und wir jetzt die Ju­gend im Grauen Haus haben, wo sie täglich missbraucht wird, so kann ich nur sagen: Auf diese Politik können wir gerne verzichten.

Meine Damen und Herren! Ich bin froh – zum Abschluss kommend –, dass wir dieses soziale Budget beschließen werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.16


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schwent­ner. – Bitte.

 


12.16.47

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Frau Kollegin Unterreiner, Sie haben das ganz miss­verstanden. Im Regierungsübereinkommen der Wiener Grünen mit der SPÖ steht, dass wir wollen, dass die Kinder schon zwei Jahre vor der Geburt in den Kindergarten gehen und dass die Männer die Kinder bekommen. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Das ist natürlich ein Scherz. Aber Sie sollten mit dem Begriff „Gender“ vielleicht einmal verant­wortungsvoller umgehen. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Es ist schon eine Form der Ironie, zum Abschluss dieses Jahres, des Europäischen Jahres zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung ein Sparmaßnahmen­paket präsentiert zu kommen, das man eher als Armutsförderungsmaßnahme bezeich­nen könnte.

Herr Minister! Sie und auch ich – leider wenige andere Abgeordnete – waren vor zwei Wochen bei einer Abschlussveranstaltung der Armutskonferenz und von InterACT hier im Parlament, wo es darum gegangen ist, mit dem InterACT-Theaterstück „Kein Kies zum Kurven Kratzen“ noch einmal darzustellen, was in diesem Jahr nicht geschehen ist, um Armut zu bekämpfen und Armut entgegenzusteuern.

Das ist mittlerweile nichts Neues. Es zieht sich wie ein roter Faden durch das ganze Budget, dass nämlich gerade dort, wo die Lobby schwach ist, wo es wenig Wider­spruch gibt, am meisten eingegriffen wurde. Das betrifft die Studierenden, das betrifft die Familien, das betrifft Menschen in Entwicklungsländern und nicht zuletzt sehr viele Frauen in Österreich. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist schön, dass wir eine Frauenministerin haben. Es ist weniger schön, dass diese Frauenministerin ein sehr geringes, nämlich das geringste Budget aller Ministerien hat. Dass an diesem Budget nicht noch weiter herumgegrast und „gerasenmäht“ wurde, sagt noch nicht aus, dass das gut ist und dass es genug Geld für die Frauen in diesem


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Land gibt. Da ist das Gras einfach schon zu kurz, dass man nicht mehr groß drüber­mähen kann.

Es gibt noch viel Bedarf, gerade im Frauenministerium, für Frauenhäuser, für die Gleich­behandlungsanwaltschaften und vieles mehr. Da bleibt auch die Lobby fern. Aber gerade bei den anderen Ressorts, wenn es darum geht, zu schauen, wie es um die Auswirkungen auf Männer und Frauen steht, wenn es um das Zauberwort „Gender Budgeting“ geht – Frau Unterreiner ist jetzt hinausgegangen und muss nachlesen, was „gendern“ wirklich bedeutet –, da gibt es einiges an Nachholbedarf. Auch wenn Sie es nie verstehen wollen, Gender Budgeting ist kein Teufelszeug, das ist keine große He­xerei. Das heißt nur, dass man sich das Budget ... (Abg. Dr. Rosenkranz: Es ist nur teuer!) – Das ist auch nicht teuer.

Man schaut sich das Budget auf seine Auswirkungen auf Frauen und Männer an. Das ist eine ganz einfache Angelegenheit. Man muss nur einmal klick machen und einen Blick darauf werfen. Das sollten auch Sie tun. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Aber glücklicherweise ist Gender Budgeting seit 2009 in der Verfassung verankert. Es läuft jetzt ein Testbetrieb, und das können Sie auch nicht mehr verhindern. Ab 2012 wird es verbindlich eingeführt, und dann wird man sich das genau anschauen müssen, denn jetzt ist es in einzelnen Ressorts noch wenig zufriedenstellend, wieweit Budget­analysen durchgeführt werden in den Auswirkungen auf Männer und Frauen.

Es gibt nämlich sehr wohl sehr viele verschiedene Auswirkungen, was Gesundheit, was Bildung, was Verkehr und Arbeitsmarkt und die unterschiedlichen Lebensrealitäten von Männern und Frauen betrifft. Diese seriöse Auswertung fehlt auch im vorliegenden Budget. Wenn man genauer hinschaut, sieht man, dass es da sehr wohl zu einer Ver­schiebung kommt, nämlich von bezahlter zu unbezahlter Arbeit, die künftig die Frauen wieder mehr treffen wird.

Wie Sie alle wissen, leben wir in einem Land, in dem die Einkommensschere jetzt zwar minimal zugegangen ist, ich befürchte aber, dass wir gerade nach diesen Budgetmaß­nahmen da nicht gegensteuern, dass wir nach wie vor einen Nationalen Aktionsplan zur Gleichstellung von Männern und Frauen in der Arbeitswelt nur auf dem Papier ha­ben. Da geschieht nichts. (Abg. Mag. Wurm: ... im Jänner!) Das Gesetz im Jänner – da bin ich skeptisch. Sie wissen, da gibt es einige Punkte, die nicht so gut sind. Vor allem wird es nie die Masse an Frauen treffen, die arbeiten, was die Einkommenstransparenz betrifft, weil die meisten Betriebe, die da geprüft werden, nicht die Betriebe sind ... (Abg. Mag. Wurm: 2014! Stufenplan!)

Einen Stufenplan gibt es, aber trotzdem wird es bis 2014 die große Zahl von kleinen Unternehmen, wo vor allem Frauen beschäftigt sind, nicht treffen. Wir diskutieren im Jänner weiter, Frau Kollegin. (Abg. Mag. Wurm: Dann freuen wir uns gemeinsam!)

Weiters gibt es große Einsparungsmaßnahmen gerade in dem Bereich, was zum Bei­spiel die flächendeckende Nachmittagsbetreuung betrifft. Wir wissen nicht, wie es da weitergeht, obwohl die Schuldiskussion zwar permanent geführt wird, aber zu nichts führt. Und gerade was die Investitionen in Kinderbetreuung anbelangt, was nämlich ge­rade Frauen zugutekommen würde, auch Alleinerzieherinnen vor allem, wird der Pro­zess gerade durch Minister Mitterlehner gebremst, der nämlich sagt, nächstes Jahr wird evaluiert und nicht mehr weiter investiert in eine flächendeckende Kinderbetreuung für Kinder im Kindergarten unter drei Jahren.

Alle Maßnahmen, die gegen Familien gerichtet sind, treffen Ein-Kind-Familien beson­ders hart, und das sind sehr oft Alleinerzieherinnen. Sie wissen, dass Kinder in diesen Familien doppelt so stark armutsgefährdet sind, und wie da Armut reduziert wird, wie dem entgegengewirkt wird, das bleibt leider offen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 172

Ich möchte gern noch ein Kapitel ansprechen, nämlich die Pflegekürzungen. Es ist heute schon mehrmals angesprochen worden. Aber dass das besonders Frauen trifft, war noch nicht so ganz im Gespräch. Das trifft nämlich Frauen dreifach: Erstens sind vor allem Frauen im Pflegeberuf beschäftigt, es sind aber auch vor allem Frauen, die pflegen, und es sind sehr viele Frauen, vor allem in den Pflegestufen 1 und 2, die zu pflegen sind. Und da wurde offensichtlich keine Gender-Budgeting-Analyse vollzogen, sonst würde man sehen ... (Bundesminister Hundstorfer: O ja!) Ich weiß, dass gerade in Ihrem Ressort besonders darauf geachtet wird, aber gerade dem, dass es vor allem Frauen treffen wird, hat man nicht entgegengewirkt, und das finde ich sehr bedauerlich.

In manchen Bundesländern kann man nämlich, wenn man kein Pflegegeld zuerkannt bekommt, auch keine Heimhilfe in Anspruch nehmen. Das heißt, dass viele Frauen und Männer, die einen Pflegebedarf in einem Ausmaß von 60 Stunden haben, keine Heim­hilfe in Anspruch nehmen werden können. Und wer betreut sie dann? – Das sind die Angehörigen, und die Angehörigen sind in diesem Fall meistens weiblich: die Töchter, die Schwiegertöchter oder die Partnerinnen.

Und es trifft viele Frauen, die selbst pflegebedürftig sind. Es ist oft so, dass gerade bei Frauen, wenn die Pflegebedürftigkeit eingestuft wird, genau hingesehen wird, wieweit sie den Haushalt noch alleine führen können. Und natürlich können Frauen, die ihr Leben lang den Haushalt geführt haben, die geputzt, gewaschen und gekocht haben, das auch im Alter noch besser. Viele Männer, die das nicht getan haben, können das natürlich auch im Alter schlechter. Und dass sie deswegen eher als pflegebedürftig ein­gestuft werden als Frauen, ist leider Realität. Das heißt, es wird auch in der Pflegeein­stufung viele Frauen treffen.

Ich würde noch gerne einen Antrag für die Kollegin Jarmer einbringen, obwohl er jetzt nicht ganz zum Thema passt, da er das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz be­trifft. Der Antrag liegt hoffentlich vor.

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Gesetzesvorlage zuzuleiten, welche die Erhöhung der Ausgleichs­taxe auf ein branchenübliches Mindestgehalt beinhaltet.“

*****

Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.24


Präsident Fritz Neugebauer: Der Antrag liegt vor. Er ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Aus­gleichstaxe auf ein branchenübliches Mindestgehalt

eingebracht im Zuge der Debatte über das Bundesfinanzgesetz 2011 samt Anlagen (980 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 173

Im Zuge des Budgets wird auch das Bundesbehinderteneinstellungsgesetz geändert. Der besondere Kündigungsschutz für Menschen mit Behinderung wird für vier Jahre ausgesetzt. Damit fällt bei der Kündigung der Umweg über ein Schlichtungsverfahren weg. Im Gegenzug wird die Ausgleichstaxe gestaffelt erhöht: für Dienstgeber mit 25 bis 99 DienstnehmerInnen bleibt sie bei 226 Euro, für Dienstgeber ab 100 DN soll sie 316 Euro und für Dienstgeber ab 400 DN auf 336 Euro erhöht werden.

Mit dieser Maßnahme soll die Zahl der beschäftigten Menschen mit Behinderten erhöht werden. Die Arbeitslosigkeit ist bei Menschen mit Behinderungen besonders hoch, es ist zu befürchten, dass sich, bedingt durch diese sehr geringe Erhöhung der Aus­gleichstaxe an dieser Situation nichts ändern wird. Es wäre daher dringend notwendig, die Ausgleichstaxe auf ein branchenübliches Mindestgehalt zu erhöhen

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Gesetzesvorlage zuzuleiten, welche die Erhöhung der Aus­gleichstaxe auf ein branchenübliches Mindestgehalt beinhaltet.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pack. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.24.47

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Geschätzte Damen und Herren! Ich glaube, die heutige Debatte hat gezeigt, es ist unumstritten, dass eine Budgetkonsolidierung nicht einfach, aber notwendig, ja unver­meidbar ist. Wir haben ja am Beispiel vieler anderer Länder gesehen, was passieren kann, wenn man über die Verhältnisse lebt. (Abg. Kickl: Gibt es jetzt neue Schulden oder nicht?)

Das ist auch einer der Gründe für die Notwendigkeit dieser Konsolidierung und dafür, dass Einsparungen im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik auch akzeptabel sind. Herr Sozialminister, Sie haben in diesem Budgetbereich im richtigen Ausmaß gespart und reduziert, und trotzdem ist es Ihnen gelungen, immerhin noch das drittgrößte Bud­get im Bereich des AMS zur Verfügung zu stellen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Mit diesen Mitteln kann man viel erreichen, wenn man vernünftig wirtschaftet. Das Bud­get steht ja im Zeichen auch der Generationengerechtigkeit. Wir wollen diesen erdrü­ckenden Schuldenrucksack für unsere Jugend reduzieren, und deswegen ist gerade auch – Sie haben es in Ihrer Rede erwähnt – die Berufsausbildung unserer Jugendli­chen wichtig. Und die Statistik gibt uns recht: Es wurde sowohl die Jugendarbeitslosig­keit als auch die Lehrstellenlücke reduziert.

Herr Sozialminister! Sie planen, rund 140 Millionen € für die überbetriebliche Lehrlings­ausbildung auszugeben. Gleichzeitig betonen Sie zu Recht, dass die bessere Ausbil­dung die betriebliche Ausbildung ist, weil diese nachhaltig ist. Es ist ganz klar: Wenn die Wirtschaft nicht fähig ist, diese Plätze zu schaffen, sind die UbAs dementsprechend gute Instrumente. Dennoch müssen wir uns sehr wohl auf die betrieblichen Arbeits­plätze, auf die betriebliche Lehrausbildung konzentrieren, um im Sinne der Jugend eine nachhaltige Berufsausbildung zu ermöglichen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 174

Das AMS hat die Mittel und auch das Budget zur Verfügung. Es ist aber relativ schwierig – und Sie haben das auch immer im Ausschuss erwähnt –, auf regionale As­pekte einzugehen, und manche Lehrlinge haben eben andere Berufswünsche als in der Region ausgebildet wird. Das Ganze erschwert es natürlich, entsprechende Maß­nahmen zu setzen, wenn das AMS, statt regional Budgets auszuschreiben, landesweit oder bundesweit Budgets ausschreibt und damit nicht auf die regionalen Aspekte ein­geht. – Herr Bundesminister, wenn Sie darauf noch schauen würden, würden wir uns in diesem Bereich leichter tun. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.27


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Abgeordneter Dr. Spadiut ist der nächste Redner. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.27.24

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Bei aller Brisanz des Sozialbudgets dürfen wir auf den Kon­sumentenschutz nicht vergessen. Konsumentenschutz ist eine Querschnittmaterie, die Verantwortlichkeiten sind auf verschiedene Ministerien verteilt. Das entbindet Sie, Herr Minister, aber nicht von der Verantwortung für die Konsumenten. Die Konsumenten interessiert nämlich sehr wenig, wie die Kompetenzverteilung aussieht.

Gerade jetzt, in einer Zeit, in der das Klima in der Koalition sehr angespannt ist, ist es nicht leicht einen Konsens mit den anderen Ministern zu finden. Schon bei der noch zu beschließenden Novelle des Konsumentenschutzgesetzes haben Sie sich nicht durch­setzen können. Die meisten Ihrer Anregungen fanden keinen Eingang in die Regie­rungsvorlage.

Das sollte aber bei Ihrem Parteikollegen, Gesundheitsminister Stöger, einfacher sein. Da sollten Sie Erfolg haben, fällt doch die Zuständigkeit, was das Thema Gesundheits­gefährdung durch überhöhte Grenzwerte, egal, ob es Lebensmittel, Kosmetik oder Kin­derspielzeug betrifft, hauptsächlich in seine Verantwortung.

Gerade beim Thema Kinderspielzeug hat sich in den letzten Jahren nicht viel getan, und das, obwohl vor zwei Jahren ein diesbezüglicher Fünf-Parteien-Antrag im National­rat eingebracht wurde. Mittlerweile ist die Obergrenze für polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe in Autoreifen niedriger als für Kinderspielzeuge.

Nicht nachvollziehbar, Herr Minister, ist für mich die Budgetierung der Schuldnerbe­ratung, die in Ihre Verantwortung fällt. Herr Kollege Maier hat erklärt, dass es diesbe­züglich zu keinen Kürzungen im Budget gekommen ist. Das ist nur bedingt richtig. 2007 waren es noch 90 000 €, ab Beginn der Wirtschaftskrise wurde das Budget ge­senkt: im Jahr 2008 auf 70 000 €, 2009 gar auf 21 000 €, und für 2011 sind nur mehr 20 000 € budgetiert, und das, obwohl es einen Anstieg von Hilfesuchenden gibt! Allein in Oberösterreich waren es 4 000 Neuberatungen, jeder Achte in Österreich ist armuts­gefährdet.

Ursache für die Verschuldungen ist einerseits die Wirtschaftskrise, andererseits aber die Kaufsucht, die man durchaus zu den psychischen Erkrankungen zählen kann. Ins­gesamt 10 Prozent der Bevölkerung waren vergangenes Jahr stark kaufsuchtgefähr­det; die Tendenz ist leicht steigend. Die Schuldnerberatung macht aber nur Sinn mit ei­ner gemeinsamen Therapie, und auch hier sollten Sie den Konsens mit Minister Stöger suchen.

Vielleicht sollte man den Konsumentenschutz dem Justizministerium zuordnen – aber das ist keine Kritik an Ihrer Arbeit, Herr Minister –, weil die Justiz mehr Verhandlungs­möglichkeiten hat, etwa bei der Festsetzung von Höchstprämien, Verordnungen oder Kontrollen. (Beifall beim BZÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 175

Herr Minister, suchen Sie den Konsens mit den Kollegen der anderen Bereiche, um den Konsumentenschutz auch gut und wirkungsvoll umzusetzen! – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

12.30


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Lapp. – Bitte.

 


12.30.59

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Die essentielle Frage im Kampf gegen Ar­mut – und es haben heute schon viele Vorrednerinnen und Vorredner erwähnt, dass wir im Europäischen Jahr im Kampf gegen Armut sind – ist, dass man einen Arbeits­plätz hat. Auch auf Initiative der Frau Präsidentin war das InterACT-Theater der Ar­mutskonferenz zu Gast hier im Hohen Haus, und unter dem Motto „Kein Kies zum Kur­ven Kratzen“ wurde dargestellt, wie schnell eine Familie in Armut und Verzweiflung hi­neinschlittern kann, und dass diese Familie auseinanderbricht, wenn der Arbeitsplatz wegfällt, wenn die Arbeitssituation sich verändert und man nicht in den Arbeitsmarkt kommt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bundesregierung unter Bundeskanzler Werner Faymann ist es das wichtigste Anliegen, dass Arbeitslosigkeit bekämpft wird, dass Arbeitsplätze gefördert und Arbeitsplätze geschaffen werden. Und es hat sich auch gezeigt, dass wir hier erfolgreich unterwegs waren, denn als einziges Land in Eu­ropa neben den Niederlanden haben wir von der Europäischen Kommission und von der OECD ein Lob bekommen, internationales Lob, das uns attestiert, dass wir die Ar­beitsmarktsituation im Griff haben – trotz einer riesigen Wirtschaftskrise. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich kann nur feststellen, dass bei den Freiheitlichen diesbezüglich ein fokussierter Tun­nelblick vorherrscht. Wenn die Kollegin Unterreiner hier davon spricht, wie Familien be­droht sind in unserer heutigen Gesellschaft, oder wenn der Kollege Kickl hier davon spricht, dass er bei jedem Schalter bei einer Krankenkassa oder bei einem Sozialamt oder beim Bundessozialamt oder bei sonstigen Einrichtungen einen Rumänen wittert (Abg. Mag. Stefan: Was heißt „einen“? Viele!), dann, sehr geehrte Damen und Herren von den Freiheitlichen, würde ich Ihnen empfehlen: Schalten Sie diesen Tunnelblick einmal aus! Das brächte auch für Ihre Politik eine gewisse Bereicherung. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Budget der Bundesregierung ist mit Verlässlichkeit, mit Augenmaß und vor allem auch mit Gerechtigkeit geschnürt worden, Gerechtigkeit in der Richtung, dass auf der einen Seite gespart werden musste, auf der anderen Seite auch zusätzliche Einnah­men erschlossen wurden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kampf um diese Einnahmen war von lautstarken Auseinandersetzungen gekennzeichnet. Es ist der harten Arbeit der sozial­demokratischen Mitglieder in der Regierung zu verdanken, dass wir die Bankensteuer haben (Abg. Grosz: Sagen Sie, glauben Sie das auch alles, was Sie da sagen?), dass wir die Vermögenszuwachssteuer haben, dass wir Stiftungsbesteuerung und Konzern­besteuerung haben. (Abg. Grosz: Redezeit!)

Herr Kollege Grosz, ich finde, es wäre wirklich schon an der Zeit, dass Sie endlich Mäuse, Ameisen oder sonst was melken gehen, denn Ihre Beiträge im Hohen Haus sind nicht gerade gekennzeichnet von Augenmaß, Verlässlichkeit und Gerechtigkeit, wie es das Budget der sozialdemokratisch geführten Bundesregierung ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grosz: Danke, die Nächste, bitte! Wiederschaun! Haltungsnote: Nicht­genügend!)

12.34



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 176

Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gartelgruber. – Bitte.

 


12.34.36

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Kollegin Lapp, nur ein kleiner Zusatz: Wir haben keinen Tunnelblick, wir sind die einzige Partei mit Weitblick in Österreich! (Beifall bei der FPÖ. – Ironische Heiterkeit bei SPÖ, ÖVP, BZÖ und Grünen.)

Jetzt aber zum Budget. – Bereits mehrfach wurde von meinen Vorrednern der Um­stand angesprochen, dass es diese rot-schwarze Regierung mit unglaublicher Zielsi­cherheit geschafft hat, vor allem die Schwächsten in unserer Bevölkerung mit einem Belastungspaket zu bestrafen. Während es offenbar unmöglich ist, endlich tiefgreifen­de Verwaltungsreformen in Österreich umzusetzen, um hier einzusparen, wird gerade bei den Schwächsten schamlos in die Tasche gegriffen.

Ein besonders trauriger Höhepunkt dieser unsozialen Einsparungen, die die Regierung jetzt vornimmt, sind jene bei den behinderten Menschen. So wird auch im Zuge der Senkung des Pflegegeldes der Zugang zu Stufe 1 und 2 massiv erschwert. Sie, Herr Sozialminister, haben uns vorhin erzählt, diese Maßnahmen werden 10 000 Personen betreffen. Ich sage Ihnen: Das wird weit mehr Personen betreffen, und ich sage Ihnen auch, Sie werfen hier bewusst mit falschen Zahlen um sich, um uns alle zu täuschen. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es zieht sich wie ein roter Faden durch das Budget, dass unsere Bundesregierung für die Familien in Österreich nicht wirklich viel übrig hat. Ist Ihnen eigentlich auch klar, was passieren würde, wenn nicht unzählige Menschen in Österreich ihre pflegebedürftigen Angehörigen pflegen würden? Viele Pflegebedürftige wären dann gänzlich ohne Unterstützung. Und gerade jene, die sich liebevoll und mit viel Einsatz um ihre Angehörigen kümmern, werden jetzt bestraft. Vie­le Pflegebedürftige wollen lieber zu Hause gepflegt werden als in einem Pflegeheim, und deshalb ist diese Maßnahme gänzlich abzulehnen.

Ein weiterer großer Einschnitt für Behinderte in diesem Budget ist, dass die Normver­brauchsabgabe behinderten Menschen nicht mehr rückerstattet wird. Dass dann der Staat auch noch daran verdient, wenn sich behinderte Menschen ein Fahrzeug kaufen wollen, ist ja fast schon unanständig! Viele behinderte Menschen sind auf ein Fahrzeug angewiesen, da es ihnen ohnehin schwerfällt oder überhaupt nicht möglich ist, sich mobil zu bewegen. Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Minister, haben nicht viele einen Dienst­wagen mit Chauffeur.

Wir bringen auch einen entsprechenden Entschließungsantrag ein, der diesen Um­stand reparieren sollte. In unserem Antrag fordern wir, dass die Mehrwertsteuer beim Anschaffen von Kraftfahrzeugen bei Behinderten in Form einer Förderung an die Men­schen, denen es aufgrund ihrer Behinderung kaum möglich ist, sich fortzubewegen, wieder rückvergütet wird. Dies wäre eine echte Erleichterung für die Betroffenen. Eines muss nämlich ganz klar festgehalten werden: Es darf nicht sein, dass Menschen, die durch ihre Behinderung in ihrer Mobilität ohnehin schon eingeschränkt sind, vom Staat auch noch zur Kasse gebeten werden!

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gartelgruber und weiterer Abgeordneter betreffend Förderung in Hö­he der Mehrwertsteuer bei der Anschaffung von Kraftfahrzeugen durch Behinderte


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 177

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Kon­sumentenschutz, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzulei­ten, die sicherstellt, dass behinderte Menschen künftig eine Förderung in der Höhe der anfallenden Mehrwertsteuer für den Kauf eines Fahrzeuges bis zu einem anrechen­baren Kaufpreis von € 40 000,- zuzüglich der Kosten für behinderungsbedingt notwen­dige Umbauten erhalten. Im Budget 2011 ist für diese Maßnahme Vorsorge zu treffen.“

*****

Ich bitte Sie, meinen Antrag zu unterstützen. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

12.38


Präsident Fritz Neugebauer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gartelgruber und weiterer Abgeordneter betreffend Förderung in Hö­he der Mehrwertsteuer bei der Anschaffung von Kraftfahrzeugen durch Behinderte

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung 21 – Soziales, in der 91. Sit­zung des Nationalrates, XXIV. GP, am 21. Dezember 2010

In § 36 Bundesbehindertengesetz ist die Abgeltung der Normverbrauchsabgabe für Menschen mit Behinderung geregelt. Diese Bestimmung wird dem Belastungspaket der Regierung zum Opfer fallen und abgeschafft, was eine massive Verschlechterung für Menschen mit Behinderung bedeutet. Als Begründung wird eine Verwaltungsver­einfachung angeführt, indem die Maßnahmen zur Mobilitätsförderung zusammenge­führt und neu gestaltet werden sollen. Aber eine Erhöhung des Freibetrages wird den Wegfall der Rückerstattung der NoVA nicht ausgleichen können, denn das öster­reichische Steuerrecht bevorzugt bei den Freibeträgen primär jene Steuerpflichtigen, die hohe Einkommen erzielen.

Es darf nicht sein, dass der Staat auch noch daran verdient, wenn ein Mensch, für den die Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels aufgrund der Art und Schwere seiner Behinderung kaum möglich ist, ein Auto kauft. Es soll daher künftig eine Förderung in Höhe der Mehrwertsteuer bis zu einem anrechenbaren Kaufpreis von € 40.000,- zuzüglich der Kosten für behinderungsbedingt notwendige Umbauten (z. B. Automatik, Servolenkung, Umbau von Pedalen) rückvergütet werden. Ein neuerlicher Antrag soll entsprechend der geltenden Bestimmungen erst nach Ablauf von fünf Jahren zulässig sein. Im Budget 2011 ist für diese Maßnahme Vorsorge zu treffen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Kon­sumentenschutz, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 178

die sicherstellt, dass behinderte Menschen künftig eine Förderung in der Höhe der an­fallenden Mehrwertsteuer für den Kauf eines Kraftfahrzeuges bis zu einem anrechen­baren Kaufpreis von € 40.000,- zuzüglich der Kosten für behinderungsbedingt notwen­dige Umbauten erhalten. Im Budget 2011 ist für diese Maßnahme Vorsorge zu treffen.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schmucken­schlager. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.39.03

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren mit dem Weitblick! Ich möchte kurz auf die Vorrednerin zu sprechen kommen, und zwar wegen dem „Chauffeur“. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass auch Regierungsmitglieder in den Landesregie­rungen der FPÖ mit Chauffeur fahren. Und ich glaube, das ist auch gut so. Wichtig ist – und das möchte ich auch für die ÖVP-Regierungsmitglieder in den Ländern und im Bund in Anspruch nehmen –, dass die Arbeit stimmt, und dann braucht man auch einen Chauffeur, weil man gewisse Distanzen zurückzulegen hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber ich möchte nun ein anderes Thema beleuchten, und das sind die Pensionen. Wir haben auch bei den Pensionen Konsolidierungen vorzunehmen, denn alle Bevölke­rungsgruppen haben einen Solidarbeitrag zu leisten. Das Pensionssystem muss sich stabil entwickeln. Es darf nicht zu einem Pyramidenspiel verkommen, indem die Men­schen hoffen, dass die nächste Generation der vorherigen alles bezahlt und vielleicht sogar noch mehr einzahlt.

Das kann so nicht weitergehen. Das ist eine soziale Ungerechtigkeit. Die Generatio­nengerechtigkeit kommt mir in der gesamten Gerechtigkeitsdebatte viel zu kurz. Das ist nicht gegen die Pensionisten gerichtet. Österreich hat unabhängig von der Finanz- und Wirtschaftskrise auch ein strukturelles Problem. Es sind die teuren und unsozialen Zu­gänge zur Pension. Im Jahr 2009 hatten die männlichen Pensionsantrittspersonen be­reits eine Pensionsbezugsdauer von 22 Jahren und die Damen von 28 Jahren zu er­warten. Das kann mit den Beiträgen nicht mehr gedeckt werden. Da kommen wir in ei­nen Teufelskreis für unseren Staatshaushalt. (Beifall bei der ÖVP.)

Natürlich soll hier nicht in bestehende Pensionen eingegriffen werden. Ich darf aber ab­schließend noch kurz einen Aspekt beleuchten, nämlich das durchschnittliche Pen­sionsantrittsalter. Das liegt bei den ÖBB-Bediensteten bei 53 Jahren, der Durchschnitt der österreichischen Pensionsantrittsalter liegt bei 58 Jahren, und gesetzlich sollten es 60 beziehungsweise 65 Jahre sein. Das heißt, 80 Prozent aller Österreicherinnen und Österreicher gehen sozusagen zu früh in Pension.

Der Trend zum frühzeitigen Pensionsantritt muss gestoppt werden! (Beifall und Bravo­rufe bei der ÖVP.)

12.41


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


12.41.37

Abgeordneter Christoph Hagen (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Kollege Wöginger ist vor einigen Stunden am Rednerpult gestanden und hat gelästert, dass heute Nacht verschiedene Abgeordnete frühzeitig heimgegangen sind, damit sie heute rechtzeitig da sein können. Herr Wöginger, Ihr Klubobmann, Herr Abgeordneter Kopf war nicht hier, Sie waren nicht hier, und Klubobmann Cap war auch nicht hier!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 179

(Abg. Jakob Auer: Er war da!) Ich war bis zum Schluss der Sitzung anwesend, also kann ich es sagen. Und dennoch war ich heute schon um acht Uhr im Hauptausschuss. (Beifall beim BZÖ.)

So machen Sie Politik. Sie zeigen mit dem Finger auf andere, und selbst machen Sie das Gegenteil. (Abg. Jakob Auer: Sie sagen die Unwahrheit! – Zwischenrufe der Abge­ordneten Großruck und Dr. Bartenstein.) Das ist die Politik der ÖVP, meine Damen und Herren!

Herr Minister Hundstorfer, Sie sind vorhin hier gestanden und haben gesagt, dass Sie stets das, was Sie sagen, auch tun und dass Sie zu Ihrem Wort stehen. Ist das wirklich so?

Herr Minister, ich habe hier ein Papier mit dem Titel: „Wege in die Zukunft“, das SPÖ-Investitionsprogramm für die Verkehrsinfrastruktur – Stand: 25. August 2006. (Der Red­ner hält das genannte Schriftstück in die Höhe.) Meine Damen und Herren, da steht wortwörtlich drinnen:

„Für die SPÖ kommt eine weitere Erhöhung der Steuern und Abgaben für private Kraft­fahrer nicht in Frage. Dies bedeutet ein klares Nein zu einer Erhöhung der PKW-Maut­vignetten oder einer weiteren Erhöhung der Mineralölsteuer.“

Ich erinnere Sie daran: Das war im Jahr 2006. Jetzt sind Sie vier Jahre in der Regie­rung. In diesen vier Jahren haben Sie mehrfach den Preis für die Vignette angehoben, unsere diesbezüglichen Anträge, die dies verhindern sollten, wurden in den Ausschüs­sen immer abgelehnt. Zusätzlich haben Sie die Mineralölsteuer mehrmals erhöht, und jetzt wird sie von Ihnen wieder erhöht.

Wenn ich dann beobachten muss, wie Sie die Pendler, die Arbeiter, die Angestellten, die zur Arbeit fahren müssen, hiemit belasten, dann muss ich sagen: Sie haben Ihr Wort gebrochen! Das ist die Politik der SPÖ, Herr Minister! (Beifall beim BZÖ.)

Lassen Sie mich noch kurz auf die Arbeit zurückkommen! Der BZÖ-Leitsatz lautet: Ar­beit muss sich lohnen, Leistung muss sich bezahlt machen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie (in Richtung ÖVP) haben das auch schon übernommen, weil Sie eingese­hen haben, dass das der richtige Weg ist. (Abg. Wöginger: Da hat es dich noch gar nicht gegeben! – Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.)

Ich sage Ihnen jetzt etwas: Vor einigen Tagen hat mich ein Betriebsleiter gebeten, ich möge ihm helfen, für seine Firma mehrere Arbeitskräfte vom AMS zu bekommen, weil er einfach zu wenige Leute hat. Dabei handelte es sich um 30 Personen. Ich habe da­raufhin persönlich beim AMS angerufen und sie haben auch wirklich Arbeiter geschickt. Nur – jetzt kommt die Krux an der Sache! –, kein Einziger davon wollte sich einstellen lassen. Wissen Sie, warum? – Weil das Sozialsystem bei uns so etwas von übertrieben ist, dass diese Leute nämlich mehr verdienen, wenn sie nicht arbeiten. Mit den zahl­reichen Gebührennachlässen und Wohnungsförderungen – und was sie noch alles be­kommen – haben sie am Ende des Tages mehr in der Tasche, als wenn sie arbeiten gehen und 1 100 € brutto verdienen. (Abg. Krainer: Vielleicht zahlen Sie einfach zu wenig!)

Meine Damen und Herren, das ist die falsche Politik. Da müssen Sie eingreifen, um den Staat nach vorne zu treiben und wieder Steuern hereinzubringen. (Beifall beim BZÖ. – Ruf bei der ÖVP: Unglaublich!)

Ich komme nun zur Auftragnehmerhaftung. Wer einen kleinen Betrieb hat, dort Investi­tionen leistet und Materialzahlungen machen muss, versucht, dass er da vorwärts­kommt. Fakt ist, dass er nicht nur für die Personen, die er angestellt hat, und für seine Arbeitsleistung die Sozialversicherung vorzahlen muss, sondern auch für das Material, das er beim Angebot anbringt. Das ist ein Missbrauch der Sozialversicherung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 180

Herr Minister, zum Abschluss schlage ich Ihnen vor, eine Verwaltungsreform zu ma­chen. Sparen Sie die 21 Sozialversicherungen ein und machen sie eine daraus! Sie haben immer gesagt, wir machen keine konkreten Vorschläge: Hier haben Sie einen. (Beifall beim BZÖ.)

12.45


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Höfinger. – Bitte.

 


12.45.18

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Hagen, von heute Nacht und der Anwesenheit wissen wir nur: Es waren noch fünf Mitglieder des BZÖ hier, und Ihr Vorsitzender Bucher war auch nicht da. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Hagen: Nein, stimmt nicht!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht heute in der Debatte um drei Be­reiche: Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz. (Abg. Grosz: Balduin, das Nachtge­spenst!) Herr Bundesminister, Sie haben zwar mit großer Leidenschaft Arbeit und So­ziales vorgetragen, Sie haben aber leider kein einziges Wort zum Konsumentenschutz verloren, und das ist schade, denn in diesem Bereich geht es um den unmittelbaren Schutz von Menschen.

Da geht es darum, dass uns das in allen Lebensbereichen trifft, egal, ob am Arbeits­platz, in der Freizeit oder zu Hause. Da geht es sehr oft darum, dass Menschen über­vorteilt werden, dass Menschen betrogen werden. Das trifft uns in allen Lebenslagen. Kurzum: Dem können wir uns nicht entziehen, dem sind wir ausgeliefert. Daher sollte dieser Thematik auch dementsprechend großer Raum gewidmet werden.

Erfreulich in diesem Zusammenhang ist, dass die budgetären Mittel, die Gelder annä­hernd gleich geblieben sind, wie wir sie in der Vergangenheit zur Verfügung hatten. Was aber bleibt, ist natürlich auch die Frage, was mit diesen Geldern passiert und wie die Themen behandelt werden.

Rund 56 Prozent des Gesamtbudgets wandern zum VKI, zum Verein für Konsumen­teninformation. Das ist gut, denn dieser VKI leistet hervorragende Arbeit. Die Frage ist aber, ob Sie, Herr Bundesminister, oder das Ministerium, wenn Sie schon mehr als die Hälfte dieses Budgets aus Ihrem Bereich dorthin fließen lassen, dort auch ein Mitspra­cherecht haben, ob Sie auch sagen können: Wir setzen den einen oder anderen Schwerpunkt!, oder ob Sie Ergebnisse einfach so hinnehmen.

Abschließend zu einem weiteren Thema, das wichtig ist: Sie haben vor Kurzem den Aktionsplan Konsumentenschutz präsentiert. Das ist aber ein Papier, ein Sammel­surium, das nicht aus Ihrem Haus stammt, sondern von den verschiedensten Organi­sationen im Bereich des Konsumentenschutzes zusammengefasst wurde. Das Kuriose daran ist: Es widerspricht teilweise dem Regierungsprogramm, es ist teils überholt oder nicht mehr zeitgemäß.

Daher sage ich: Wir haben in diesem Bereich viel Arbeit. Ich wünsche mir von Ihnen, dass Sie diese Arbeit noch verstärken. Ich bin aber überzeugt davon und gehe davon aus, dass Sie diese Verantwortung auch intensiv wahrnehmen werden. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

12.47


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Neubauer. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 1 Minute. – Bitte.

 


12.47.51

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Die Freiheitliche Partei ist der Ansicht, dass die Wiedereinfüh­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 181

rung der Wartefrist für Menschen, die in Pension gehen wollen, unsozial ist. Wir wollen diesen Menschen deshalb eine Alternative bieten.

Ich bringe deshalb folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Kon­sumentenschutz, wird aufgefordert, dem Nationalrat unverzüglich eine Regierungsvor­lage zuzuleiten, mit der eine Neuregelung der erstmaligen Valorisierung von Neupen­sionen im Form einer Aliquotierung eingeführt wird. Im Budget 2011 ist für diese Maß­nahme Vorsorge zu treffen.“

*****

Herr Bundesminister, nützen Sie diese Möglichkeit! Denken Sie um und unterstützen Sie unseren Antrag! (Beifall bei der FPÖ.)

12.48


Präsident Fritz Neugebauer: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung, eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesord­nungspunkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bun­desfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung 22 – Sozialversicherung, in der 91. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 21. Dezember 2010

Bis zum Ablauf des Juli 2008 war nach § 108 Abs. 1 ASVG vorgesehen, dass die erst­malige Pensionsanpassung erst ab dem ersten Jänner des zweiten Kalenderjahres, das dem Pensionsstichtag folgt, vorzunehmen ist. Die einschlägige Bestimmung wurde im Rahmen des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 2008, BGBl. I Nr. 129, aufgehoben. Werner Faymann, damals schon SPÖ-Parteivorsitzender, erkor die Beendigung der Wartefrist bei Pensionsanpassungen zum zentralen Anliegen der SPÖ, denn es sei weder gerecht noch verständlich, dass man mehr als 100.000 Pensionisten bis zu
23 Monate auf die erste Anpassung warten lässt.

Aus Kostengründen soll nun auf Vorschlag der Bundesregierung unter Kanzler Werner Faymann mit Wirkung vom 1. Jänner 2011 zur skizzierten Rechtslage zurückgekehrt werden. Man rechnet im Budget 2011 mit einer Einsparung von rund 19,4 Mio. € durch diese Maßnahme.

Eine faire Regelung in Form einer Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung ist not­wendig, dadurch würde z. B. ein Pensionsantritt im Februar eine 11/12 Anpassung oder ein Pensionsantritt im Dezember eine 1/12 Anpassung ergeben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 182

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Kon­sumentenschutz, wird aufgefordert, dem Nationalrat unverzüglich eine Regierungsvor­lage zuzuleiten, mit der eine Neuregelung der erstmaligen Valorisierung von Neupen­sionen in Form einer Aliquotierung eingeführt wird. Im Budget 2011 ist für diese Maß­nahme Vorsorge zu treffen.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Bundesminister Hundstorfer. – Bitte.

 


12.48.50

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstor­fer: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte diese Gelegenheit wahr­nehmen, noch einmal auf zwei Punkte einzugehen. Der eine Punkt ist: Bei der NoVA-Rückvergütung muss man Folgendes aufklären. Wir machen aus einem System, bei dem es in der Vergangenheit 3 600 Betroffene gab, jetzt einen neuen Freibetrag, der 30 000 Menschen betreffen wird. Das heißt, statt 3 600 Menschen können 30 000 Men­schen diesen Freibetrag beantragen. (Abg. Öllinger: „Freibetrag“?!)

Das ist ein Freibetrag – gar keine Frage –, genauso wie die 3 600 auch Menschen ge­wesen sind, die sich in einer gewissen Situation befunden haben. Ein Ausgleichszula­genbezieher – da sind wir uns einig, wie ich meine – hat sich noch nie einen Neuwa­gen um 25 000 € leisten können. – Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt ist folgender, meine Damen und Herren: Hier wurden von der Ar­mutskonferenz präsentierte Zahlen besprochen, nämlich dass über 300 000 Menschen Probleme haben, ihr tägliches Leben zu bestreiten und zu heizen. Das ist eine Zahl, mit der man sich auseinandersetzen kann und muss. Heizkostenzuschüsse sind primär Länderangelegenheit.

Mir aber gleichzeitig vorzuwerfen, dass die Zahl der Mindestsicherungsbezieher an­steigt, ist perfide. Gerade die Mindestsicherung ist ein Teil der Antwort, um diesen Per­sonen zu helfen. (Abg. Öllinger: Das stimmt!) Das sollten Sie bitte zur Kenntnis neh­men. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.50


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Windholz. – Bitte.

 


12.50.32

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Hohes Haus! Wir debattieren einen ganz, ganz wichtigen Bereich – einen Be­reich, den die österreichische Bevölkerung und vor allem die Ärmsten der Armen bald massiv zu spüren bekommen werden. Das ist alles andere als ein Ruhmesblatt. Die beiden Regierungsparteien richten uns immer wieder aus, dieses Paket sei sozial aus­gewogen oder – wie ich hier immer höre – alternativlos. Ich kann beides wirklich nur zu 100 Prozent in Abrede stellen.

Bezüglich des Sozialstaates gibt es mehrere Ebenen, die betroffen sind. Ich sage Ih­nen als Bürgermeister: Massiv betroffen sind die Gemeinden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 183

Ich habe mir einige Presseartikel zur Hand genommen. Ich zitiere jetzt nur diese Über­schriften: „Gemeinden pfeifen aus dem letzten Loch“, „Finanz-Desaster bei Österreichs Gemeinden“, „Schuldenkaiser“, 70 Prozent der Gemeinden sind defizitär, „kein Spiel­raum für Investitionen“, „Umrühren bei den Gebühren“.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das kommt auf diese Bundesregierung schneller zu, als sie glauben möchte.

Wenn es „kein Spielraum für Investitionen“ heißt, so spürt das vor allem das kleine und das mittlere Gewerbe. 70 Prozent davon schaffen keinen ausgeglichenen Haushalt, ha­ben eine negative Finanzspitze.

Wir sind mit Bereichen konfrontiert, die nicht steuerbar sind. Die Ausgaben im Sozial­bereich steigen massiv an. Die Einnahmen gehen deutlich zurück, erfangen sich aber jetzt wieder. Der Trend ist aber klar erkennbar: Die Gemeinden schaffen es nicht mehr.

Meine sehr geehrten Damen und Herren: Wer bekommt es zu spüren? – Wieder jeder einzelne Bürger. Schauen Sie sich die Landesgesetzgebungen an! Hier wird schon wiederum überwälzt. Man sagt: Da habt ihr den neuen Spielraum! Erhöht Gebühren­sätze, erhöht die Abgabensätze!

Das ist die falsche Antwort. Sie machen hier eine Budget, das jeder einzelne Öster­reicher zu spüren bekommen wird – die ärmsten Schichten ganz massiv –, und auf Ge­meindeebene dasselbe Spiel noch einmal. (Beifall beim BZÖ.)

Der gesamte Gesundheitsbereich, der Pflegebereich, auch der Schulbereich – denn dort sind die Gemeinden in aller Regel Schulerhalter – schreit nach Reformen. Sie sind reformunwillig, ja sogar reformunfähig.

Ein Fraktionskollege von mir hat Sie schon aufgefordert, darüber nachzudenken, wa­rum Sie sich denn so beharrlich einer Verwaltungs- und Staatsreform verweigern. Das ist doch die Antwort auf die ÖVP, wenn sie immer sagt, dieses Paket sei alterna­tivlos. – Ganz im Gegenteil! Sie haben sich nicht drübergetraut. Sie versagen bei einer Gesundheitsreform, Sie versagen bei der Pflegereform, Sie versagen in allen Berei­chen, wo Reformen auf den Tisch gehören. (Beifall beim BZÖ.)

Die Antwort auf die reflexartige Aussage, die Opposition fordert immer Dinge ein, kann ich geben. Da kann ich sagen: Wir haben einen wirklich unverdächtigen Zeugen, das ist der Rechnungshof. Der Rechnungshof präsentiert Ihnen ständig Vorschläge, wo sinnvolle Investitionen getätigt werden könnten, wenn Sie nur endlich bereit wären zu sparen.

Sie verharren beharrlich im nichtreformwilligen Bereich. Sie wollen einfach nicht zur Kenntnis nehmen, dass dort Geld genug liegt, das es zu heben gilt. Entlasten Sie end­lich auch die Gemeinden, denn sonst werden Sie nach einem Bankenrettungspaket sehr bald ein Gemeinderettungspaket benötigen! (Beifall beim BZÖ.)

12.54


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jannach. – Bitte.

 


12.54.38

Abgeordneter Harald Jannach (FPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Sozialminis­ter! Jetzt haben wir es bald überstanden. Sehr traurig stimmt mich natürlich in der gan­zen Budgetdebatte, dass wir tagelang darüber diskutieren können, verschiedene Vor­schläge einbringen können, aber sich in Wirklichkeit kein Beistrich am Budget – auch wenn die Vorschläge der Opposition noch so gut sind – ändern wird. (Abg. Kickl: Durch „Betriebsunfälle“!) – Bis auf „Betriebsunfälle“ bei Abstimmungen, verursacht durch SPÖ und ÖVP! Dann ändert sich etwas. Das war ja für uns sehr erfreulich. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 184

Herr Minister, Sie sind schon von vielen für die Kürzungen im Sozialbereich scharf kri­tisiert worden. Auch wir verurteilen diese Kürzungen. Aber ich könnte noch Verständnis für Einschnitte unter dem Sparzwang aufbringen. Wir könnten noch Verständnis auf­bringen für Kürzungen im Sozialbereich, weil wir vielleicht sparen müssen. Aber was nicht geht ist, keinen einzigen Euro im Verwaltungsbereich einzusparen. Sie sparen nur bei den Bürgern, aber nicht bei der Verwaltung.

Sie müssen mir einmal erklären, warum wir 22 Sozialversicherungsanstalten brauchen. Wir haben eine Pensionsversicherungsanstalt, wir haben neun Gebietskrankenkassen, sechs Betriebskrankenkassen – Austria Tabak, Kapfenberg, Mondi, voestalpine Bahn­systeme, Wiener Verkehrsbetriebe, Zeltweg –, wir haben eine Allgemeine Unfallversi­cherungsanstalt, wir haben eine Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirt­schaft, eine Sozialversicherungsanstalt der Bauern, eine Versicherungsanstalt für Ei­senbahnen und Bergbau, eine Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates und eine Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter. – Alle mit Vorstandsmitgliedern, alle mit gut bezahlten Aufsichtsräten und alle mit gut bezahlten Direktoren!

Da müsste man sparen, dann hätte die Bevölkerung auch Verständnis für Einsparun­gen im Familien- und im Pflegebereich, aber nicht, wenn Sie hier nicht sparen. (Beifall bei der FPÖ.)

Hinzu kommen noch 17 Krankenfürsorgeanstalten, für die zwar nicht Sie zuständig sind, aber wo es auch unglaubliche Einsparungspotenziale geben könnte. Dann bräuchten wir nicht bei den Pensionisten und vor allem bei den „Kleinen“ zu sparen.

Aber nein, das wollen Sie nicht. Sie wollen hier nichts angehen – und das wissen Sie genau! –, weil die Sozialversicherungen genau zwischen Rot und Schwarz aufgeteilt sind. Die Gebietskrankenkassen sind rot, die Sozialversicherungsanstalt der Bauern ist schwarz geführt, die Betriebskassen sind rot, und die Sozialversicherung der gewerb­lichen Wirtschaft ist wiederum schwarz. So zieht sich das durch. Überall gibt es Vor­standsmitglieder, überall Aufsichtsräte, überall Generaldirektoren, die ausschließlich von Rot und Schwarz in trauter koalitionärer Eintracht eingesetzt werden, und dagegen wehren wir uns massiv. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Stimmt ja nicht!)

Herr Bundesminister, Sie hätten im Zuge der Wirtschaftskrise gemeinsam mit Ihrem Koalitionspartner eine historische Chance gehabt, hier nicht nur eine Staatsreform zu machen, sondern auch im Sozialversicherungsbereich etwas zu unternehmen. Aber es ist anscheinend wichtiger, die eigenen Günstlinge in diesen Bereichen zu versorgen, als wirklich Geld aus diesen Einsparungen für die Bürger zur Verfügung zu stellen.

Ich sage Ihnen noch einen Bereich, wo Sie sparen können, weil ich der Agrarsprecher der FPÖ bin. (Abg. Hornek: Bei den Klubbeiträgen!)

Wir haben es schon einmal besprochen: Wie können Sie es verantworten, dass Hun­derttausende Euro an Agrarförderungen an 3 Prozent der österreichischen Betriebe gehen? Wie können Sie als Sozialminister, der eine Mindestsicherung einführt, es ver­antworten, dass Sie einer Gräflichen Landwirtschaft St. Martin 170 000 € pro Jahr nach­schmeißen, dass Sie einem Landgut Allacher 270 000 € nachschmeißen – alles steu­erfrei –, dass Sie einem Landwirtschaftsbetrieb Stift Schotten 378 000 € nachschmei­ßen, dass Sie einer Heinrich Privatstiftung 1 Million € nachschmeißen oder dass Sie ei­ner Stiftung Fürst Liechtenstein in Kalwang 1,7 Millionen € steuerfrei pro Jahr nach­schmeißen? (Abg. Grillitsch: Das ist nichts als die Unwahrheit!)

Das können Sie als Sozialminister nicht verantworten. Dagegen wehren wir uns. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Ich weiß schon, Sie vertreten den Landadel und die Großgrundbesitzer. (Abg. Grosz: Und die Scheuchs! Der Hundstorfer vertritt die Scheuchs, Großgrundbesitzer, den Land­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 185

adel!) Da müssen Sie wirklich effektiv sparen. Herr Sozialminister, es ist eine Bitte: Schnallen Sie den Gürtel dort enger, wo es die eigenen Günstlinge und Freunde be­trifft, denn dann bräuchten Sie nicht bei den Familien, im Pflegebereich oder bei den Behinderten zu sparen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Westentha­ler. – Bitte.

 


12.59.19

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Präsident! Herr Sozialminister, noch nicht zusammenpacken! Wir sind noch nicht fertig. Noch ist der Weihnachtsurlaub nicht gekommen, Herr Sozialminister! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ihre heutige Rede hier in Ihrer ganzen Selbstherrlichkeit, die Sie von der Regierungsbank aus verkörpert haben, hat mich schon auch herausgefordert, einige Dinge klarzustellen. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Das, was Sie, Herr Minister, hier heute gezeichnet haben, dieses Bild der heilen Welt, wie toll denn alles ist, wie super Ihre Sozialpolitik ist, wie gut es den Menschen in die­sem Land geht, wie Pflegebedürftige, sozial Schwächere oder Menschen mit weniger Einkommen Ihnen täglich applaudieren, was für eine tolle Sozialpolitik Sie machen, weil in dem Land alles zum Besten steht, ist nicht so.

Herr Sozialminister, da sind Sie völlig falsch gewickelt. Und wenn Sie das wirklich glau­ben, was Sie hier heute gesagt haben, dann tun Sie mir nur mehr leid, Herr Sozial­minister. Dann tun Sie mir wirklich nur mehr leid. (Beifall beim BZÖ.)

Wenn Sie heute eine Tageszeitung aufschlagen, nämlich die Tageszeitung „Heute“, die auch von 100 000 Menschen gelesen wird, so lesen Sie etwa die Schlagzeile – es ist keine billige, polemische Behauptung der Opposition, wie Sie immer sagen –: „108.000 kalte Wohnungen!“ – Allein in Wien, Herr Sozialminister! Bewegt Sie das? (Abg. Dr. Strutz: Er findet das lustig!) Haben Sie heute dazu Stellung genommen? – In 108 000 Wohnungen bleibt es kalt.

Ich zitiere aus diesem Artikel: „Mütter können die Wohnung für ihre Kinder nicht heizen, Pensionisten stellen sich die Frage: ‚Soll ich essen oder heizen?‘“ – Zitatende.

Soll ich essen oder heizen? – Ich füge hinzu, sie müssen noch überlegen: Oder soll ich Miete zahlen? (Abg. Öllinger: Mindestsicherung erhöhen!) Denn sie können nur unter­scheiden zwischen essen oder heizen oder Miete zahlen (Abg. Öllinger: Mindest­sicherung!), weil die Menschen sich nichts anderes leisten können.

Zu den Menschen in den 108 000 Haushalten, die in Wien sitzen, in Pullover, in Strick­westen mit Kapuzen, mit Fäustlingen am Weihnachtsabend, weil sie sich das Heizen nicht leisten können (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz), kommen noch einmal 200 000 quer durch Österreich dazu; insgesamt sind es 300 000 Haushalte, Herr So­zialminister, und Sie wollen uns hier die heile Welt vorgaukeln! Das ist doch ein Skan­dal, was Sie heute gesagt haben zu dem, was in der Öffentlichkeit auch immer wieder gesagt wird! (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Das ist doch nicht die Wahrheit! Gehen Sie doch heraus und sagen Sie, was Sie dage­gen machen wollen!

Oder was tun Sie dagegen, dass allein in den letzten zehn Jahren, und ganz beson­ders in den letzten drei Jahren, sämtliche Kosten für Energie, für Mobilität (Abg. Öllin­ger: Blau-Schwarz!), für Strom, für das Heizen durchschnittlich pro Haushalt um 5 000 € pro Jahr angestiegen sind, Herr Sozialminister? – Da höre ich nichts von Ih­nen.


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Oder was sagen Sie dazu? – Ein anderer Zeitungsartikel aus der „Kronen Zeitung“: Mütter am Existenzminimum, fürs Essen bleiben 8 €, Familien fehlt Geld zum Leben.

Tausende Mütter, alleinerziehende Mütter in diesem Land stellen sich täglich dieselbe Frage wie die Menschen, die ihre Wohnungen nicht heizen können: 8 € zum Essen?

Das ist die Realität in diesem Land, und nicht Ihre Schönfärberei und Ihre Schönre­derei über den Sozialstaat, den es in der Form, wie Sie es glauben, gar nicht gibt, Herr Sozialminister! Das ist die Wahrheit wenige Tage vor Weihnachten. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Strache.)

Oder Ihr dauernder Kampf gegen die Mobilität. Ich hätte mir von Ihnen erwartet, Herr Sozialminister, dass Sie aufstehen und sagen: Da mache ich nicht mit bei einer Be­lastung der Menschen, die auf Mobilität angewiesen sind. Und ich spreche nicht nur von den 1,8 Millionen Pendlern, sondern auch von jenen, die keine Pendler sind, von Müttern, die ihre Kinder zum Arzt bringen, von Müttern, die den Einkauf erledigen müs­sen, die auf dem Land leben, von Arbeitern, die auf dem Land leben, die angewiesen sind auf ihr Auto.

Da höre ich nichts von einem Sozialminister, der sagt: Freunde, das, was da passiert mit der Pendlerpauschale, ist doch ein ungerechtes System!

Herr Sozialminister, 1,8 Millionen Pendler gibt es im Land – und nur jeder Zweite kommt überhaupt in den Genuss einer Pendlerpauschale! Und wissen Sie, warum? – Weil er zu wenig verdient, nicht zu viel. Er verdient zu wenig und kann daher die Pendlerpau­schale über die Steuer gar nicht abrechnen, weil er unter die Einkommensgrenze von 11 000 € fällt. Das ist die Wahrheit, jeder zweite Pendler zahlt zu 100 Prozent sein Au­to, Sprit, zahlt die Erhaltungskosten, die Wartung, muss voll aufkommen.

Wissen Sie, was ein Auto heute für einen Pendler bedeutet? – Ein Luxusgut, in das er einen großen Teil seines Einkommens stecken muss, damit er überhaupt mobil ist.

Das ist die wahre Situation, Herr Sozialminister, in diesem Land, und das negieren Sie. (Beifall beim BZÖ.)

Das negieren Sie völlig, das ist Ihnen völlig egal. Es sind Ihnen die Pendler egal. Es sind Ihnen die Menschen, die in den kalten Wohnungen sitzen, egal. Es sind Ihnen die alleinerziehenden Mütter egal, die sich das Essen nicht mehr leisten können, aber Sie haben wunderschöne Weihnachten, Herr Sozialminister. (Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Sie werden wunderbare Weihnachten am Freitag feiern, mit einem reichen Gabentisch, Sie werden vielleicht noch einen schönen Urlaub machen, aber Ihr soziales Gewissen, Herr Sozialminister, haben Sie längst abgegeben. Sie sind unglaubwürdig, Sie sind kein Sozialminister, Sie sind ein Antisozialminister und sollten eigentlich zurücktreten! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Ing. Westenthaler – auf dem Weg zurück zu seinem Sitz­platz in Richtung Bundesminister Hundstorfer –: Das ist Ihnen egal, dass die Leute in kalten Wohnungen sitzen! Alles super! Aber Hauptsache, Sie beißen in die Weihnachts­gans, eine wirklich fette! – Zwischenbemerkung von Bundesminister Hundstorfer.)

13.04


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Mir liegen hiezu keine Wortmeldungen mehr vor.

Die Beratungen zu diesen Themenbereichen sind somit beendet.

13.04.59UG 24: Gesundheit

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zur Verhandlung der Untergliede­rung 24: Gesundheit.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. Eingestellte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 187

13.05.13

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Herren Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Vielen Dank, Herr Kollege, für diese Vorschusslorbeeren, ich werde mich be­mühen.

Eines ist einmal vorweg zu sehen: Es ist nicht nur das Sozialbudget unsozial, es ist auch das Gesundheitsbudget mehr als unsozial.

Herr Bundesminister Stöger, Sie wissen, dass es in den Krankenkassen nicht gut aus­schaut, und Sie wissen, dass unsere Krankenkassen saniert gehören. Wir haben im Ausschuss darauf hingewiesen, dass dieser Kassenstrukturfonds, der jetzt im Jahr 2010 mit 100 Millionen € dotiert war, in den nächsten vier Jahren mit jeweils 40 Millionen € dotiert ist. Es wird also sehr schwierig sein, den Konsolidierungsweg der Krankenkas­sen fortzuführen.

Sie haben uns dann darüber aufgeklärt, dass nie geplant war, dass dieser weiter do­tiert wird und dass es sozusagen ein Goodwill Ihrer Person war, dass überhaupt noch Geld dorthin kommt.

Herr Bundesminister! Im Februar 2009 haben Sie noch ganz anders gesprochen. Da haben Sie nämlich nach der Klausur von Sillian gesagt: Dieser Kassenstrukturfonds kann später auch mit mehr Geld als den 100 Millionen € ausgestattet werden, und die­ser Strukturfonds ist ein dauernder Fonds, der die Leistungen, die der Staat von den Versicherungen verlangt, abgelten soll.

Jetzt ist also alles anders. Jetzt ist plötzlich kein Geld mehr da und ist das nur noch Ihr Goodwill.

Herr Bundesminister, auch im Februar 2009 war schon die Krise da. Offensichtlich gibt es hier ganz andere Probleme. Es ist scheinbar doch das Geld, das nach Griechen­land, nach Irland und sonst wohin fließt, das Geld, das jetzt auf dem Rücken der Kran­ken in Österreich eingespart werden muss. Ich stelle mir schon die Frage, wie sich das auswirken wird, und ich nehme jetzt das Beispiel der Wiener Gebietskrankenkasse he­raus. Sie wissen, das ist jene Krankenkasse, die besonders schlecht dasteht. Nicht nur, dass diese Kasse besonders hoch verschuldet ist, nämlich immer noch am aller­höchsten von allen, ist es so, dass es jetzt ein Höchstgerichtsurteil gibt, das besagt, dass diese Krankenkasse auch noch rund 20 Millionen € zurückbezahlen muss. Die Antwort auf die Frage, woher die Kasse das Geld nehmen wird, sind Sie uns schuldig geblieben.

Sie sind uns auch die Antwort darauf schuldig geblieben, wann, in welchem Zeitrah­men dieses Geld zurückgezahlt werden muss. Wie wirkt sich das denn aus auf den Schuldenstand dieser Krankenkasse? Wann wird denn diese Krankenkasse dann wie­der kurz vor der Pleite stehen?

Das bedeutet im Klartext: Das ist die Hälfte dessen, was überhaupt im nächsten Jahr für alle Krankenkassen ausgeschüttet wird. Sie können davon ausgehen, dass die Krankenkasse in Wien im nächsten Jahr überhaupt nichts bekommen wird. Es wird al­so besonders schwer werden für diese Krankenkasse. Und da stelle ich mir schon die Frage, wie Sie sich das vorstellen, wie das weitergehen soll.

Interessant ist ja auch, dass der Chef des Hauptverbands, Herr Schelling – noch bevor Sie in Loipersdorf gewesen sind –, gesagt hat, er erwartet sich, dass jetzt auch von an­deren Systempartnern ähnliche Kostensenkungspotenziale ausgenützt werden, zum Beispiel eben vom Krankenhausbereich.

Herr Bundesminister, Sie hatten einen guten Ansatz, ja, da waren wir auch sofort Ihrer Meinung, nämlich dass die Krankenhausverwaltung vereinheitlicht werden soll. Sie ha­


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ben es aber nicht durchgesetzt. Es haben sofort alle Landeshauptleute nein geschrien, und die Idee war offensichtlich wieder vom Tisch. Es ist nichts davon übriggeblieben, und es zeigt sich halt auch in diesem Budget, dass nichts davon übrigbleiben wird und nichts davon übrigbleibt. – Das betrifft die Krankenkasse, das ist die Baustelle Nummer eins im Gesundheitsbereich.

Nächste Baustelle: AGES. Die AGES ist die Agentur für Gesundheit und Ernährungs­sicherheit. Da wollen Sie in Zukunft, wann auch immer – auch da sind Sie uns eine Antwort schuldig geblieben, ab wann das gelten soll, also frühestens ab 2012, mögli­cherweise auch erst später –, dass eine Bundesabgabe von Lebensmittelunternehmen in Österreich eingehoben werden soll. Sie haben sie als moderat bezeichnet. Ich habe Sie damals schon gefragt, ob Sie nicht der Meinung sind, dass diese Abgabe natürlich wieder auf die Konsumenten übergewälzt wird. – Auch diese Antwort sind Sie uns in Wahrheit schuldig geblieben.

Letztlich werden genau diese Gebühren auf den Konsumenten übergewälzt, sämtliche Produkte werden wieder teurer werden. Aber – und jetzt komme ich zum Beginn zu­rück – dieses Gesetz gilt frühestens ab dem Jahr 2012. Woher wird die AGES im nächsten Jahr das Geld nehmen? Es handelt sich ja immerhin um eine Lücke von 2 Millionen €. Woher nehmen sie das Geld? – Aus Ihrem Ressort kommt das Geld nicht mehr in Richtung AGES. Das Gesetz gilt auch noch nicht. Wer wird das bezahlen, und welche Folgen, welche Konsequenzen wird denn das für die AGES haben?

Bereits heute – und das haben Sie in einer Anfrage selbst beantwortet – ist es so, dass die Lebensmittelbehörden in den Ländern weit, weit unter dem Plansoll liegen, sprich, dass also die Lebensmittelkontrollen viel zu selten erfolgen. – Wir haben ja gesehen, was daraus resultiert.

Das heißt, Sie hungern die AGES aus. Dass es aber letztendlich die Bürger sind, die diese Konsequenzen zu tragen haben, wenn nicht ordentlich kontrolliert wird, das soll­ten Sie auch im Hinterkopf behalten. Genau diese Antworten sind Sie uns schuldig ge­blieben.

Das ist ebenso eine Baustelle im Gesundheitsressort, wie es viele, viele andere gibt, wie Sie überhaupt keine Lösung haben für E-Medikation, für ELGA und so weiter. All diese Baustellen lassen Sie offen. All diese Finanzierungen sind nicht gegeben, und Sie haben keine einzige Frage im Ausschuss beantwortet. Sie haben auf keine einzige Frage eine konkrete Antwort gegeben, Ihre einzige Antwort war, dass Sie uns gesagt haben – wörtliches Zitat des Herrn Bundesministers im Ausschuss (Zwischenruf der Abg. Dr. Oberhauser) –: Es ist mein Goodwill, dass der Kassenstrukturfonds in den nächsten Jahren jeweils 40 Millionen € bekommt. – Frau Kollegin Oberhauser, Sie sa­ßen ja dabei, Sie müssen es ja gehört haben. (Abg. Dr. Oberhauser: Wir müssen in ei­nem unterschiedlichen Ausschuss gewesen sein!)

Herr Bundesminister, das ist eine sehr schwache Ansage für ein Budget für einen Be­reich, der doch sehr wichtig ist! (Beifall bei der FPÖ.)

13.10


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Dr. Oberhauser. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.10.52

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Werte Kollegin Belakowitsch-Jenewein! Ja, wir waren im gleichen Ausschuss, und ich bin, muss ich gestehen, etwas verwundert. Ich weiß nicht, ob Sie sich erinnern, Sie saßen neben dem Kollegen Hofer, der heute leider nicht da ist, der ganz explizit dem Herrn Bundesminister dankte für die wohltuende Art der Beantwortung der Fragen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 189

und für das sich Abheben insofern, als er sachlich und sachgerecht antwortete, was in anderen Ausschüssen so nicht der Fall gewesen war. (Zwischenruf der Abg. Dr. Bela­kowitsch-Jenewein.)

Frau Kollegin, Sie behaupten, der Herr Minister habe keine einzige Frage beantwortet. Dann frage ich mich: Ist das hier der billige Populismus? – Ich glaube, das ist es, weil Abgeordnetem Hofer, denke ich, kann man nicht vorwerfen, dass er dem Herrn Minis­ter irgendwie schöntun muss.

Das Zweite betreffend die 40 Millionen € – das, was Sie vorgelesen haben – wider­spricht in keiner Weise dem, was wir jetzt haben. Natürlich hätte dieser Fonds, der mit 100 Millionen € im Jahr 2010 dotiert war, im Jahr 2011 mit 200 Millionen €, 300 Millio­nen €, 400 Millionen € oder sonst was dotiert werden können, aber es war keine Zahl drinnen, und es ist auch keine Frage, dass wir uns nicht freuen, dass nur 40 Millionen € drinnen sind. Aber wir freuen uns, dass es zumindest 40 Millionen € sind – und jetzt fix vorgeschrieben auf die nächsten Jahre. Das heißt, wir haben erstmalig Steuergeld mit einer fixen Zusage für die nächsten vier Jahre im System. (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.) – Klarerweise hätte es mehr sein können, das ist keine Frage, aber es widerspricht nicht dem, was Sie sagen.

Das heißt, der Herr Minister sagt in keiner Form die Unwahrheit. Es gab einen Fonds 2010, der war dotiert. Er hätte höher dotiert sein können, ja, das stimmt. Er ist es nicht. Wir wissen, dass die Finanzmittel eng sind. Wir wissen aber auch, dass die Gebiets­krankenkassen mit dem Geld sehr sorgfältig umgehen und dass die Anschubfinan­zierung durch den Kassenstrukturfonds gewirkt hat, und wir werden schauen, dass wir mit 40 Millionen € auch weiterkommen.

Ihre Sorge um die Wiener Gebietskrankenkasse teile ich. Allerdings brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen, dass der Herr Bundesminister diese 20 Millionen €, 40 Millio­nen € irgendwie umschichten muss. Das bewerkstelligt der Kassenstrukturfonds, der Kassenausgleich, der Ausgleichsfonds in den Krankenkassen. Das machen sich die Sozialversicherungsträger untereinander aus, wie sie dort das Geld verteilen. Da braucht man den Herrn Minister nicht. Dafür haben wir eine Selbstverwaltung, eine gut funktionierende Selbstverwaltung. Ich glaube, darauf können wir uns in Ruhe verlassen.

Sie haben einige Punkte schon gesagt: Wir haben die Aufnahme der Mindestsiche­rungsempfänger in die Sozialversicherung, das heißt e-card für alle. Wir haben die Auf­nahme der Kinder im verpflichtenden Kindergartenjahr in die Unfallversicherung. Auch das ist etwas, was Mehrkosten verursacht. Wir haben an Einsparungsmaßnahmen aus dem Bundesbudget, dass der Beitrag zur bäuerlichen Unfallversicherung jetzt nicht mehr getragen wird, sondern in den nächsten Jahren aus den Rücklagen gedeckt wird.

Herr Abgeordneter Grillitsch hat hier von der unsolidarischen Leistung des Gesund­heitsministers gesprochen, er solle sich ein Beispiel an Rudi Hundstorfer nehmen in der Frage, wie man mit Bauern umgeht. (Abg. Ing. Westenthaler: Lieber nicht!) Also es ist ganz klar, dass die Krankenkasse, auch die bäuerliche, kein Sparverein ist. Das heißt, wir werden jetzt einmal schauen, wie es in den nächsten Jahren weitergeht – Kollege Donabauer lacht –, weil wir auch für die nächsten Jahre ganz klar gesagt haben, dass so weiter ein Projekt und eine Struktur geschaffen werden müssen, dass auch die bäu­erliche Unfallversicherung in den nächsten Jahren für ihre Mitglieder da sein kann.

Wenn Sie heute das „Morgenjournal“ gehört haben, diejenigen, die pünktlich in der Früh da waren, dann hat man nicht nur den Kollegen Van der Bellen gehört, der gesagt hat, er kommt heute erst gegen Mittag, weil er vorher nichts zu tun hat, sondern man hat auch gehört, dass es im Rahmen der Budgetierung dazu kommen wird, dass die Defizite der Spitäler, die ja derzeit den Ländern zugeordnet werden, Maastricht-Krite­


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rien-wirksam sind. Das heißt, wir werden in der nächsten Zeit vermehrten Druck haben, auch die Budgets im Krankenhaussektor hinunterzubringen.

Da ist Minister Stöger vor allem mit seinen Vorschlägen für ein einheitliches Kranken­anstaltenrecht, aber auch für eine transparente Finanzierung (Ruf: Umgefallen!) auf dem richtigen Weg – überhaupt nicht umgefallen, sondern auf dem richtigen Weg. Der Hauptverbandschef Schelling unterstützt ihn in diesen Plänen, und ich bin überzeugt davon, dass Minister Stöger dieses Problem auch auf die Reihe bringen wird, so wie er alle anderen Probleme auch auf die Reihe gebracht hat. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Aubauer.)

13.15


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Grünewald. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.15.06

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Bundesminister! Hin und wieder gilt in der Politik – zumindest teilweise – auch die Unschuldsvermutung. Herr Minister Stöger, Sie sind unschuldig, dass Sie zu wenig Kompetenzen haben. Sie sind unschuldig teilweise, dass so wenig Budget da ist. Wo­mit man sich schuldig machen kann, ist Folgendes, nämlich wenn man pausenlos das Gute nur lobt und nicht sagt, wo noch Defizite da sind, wenn man leugnet, dass die Krankenkassen, sollten sie wirklich allen fair und gerecht moderne medizinische Leis­tungen anbieten wollen, mehr Geld brauchen und mit diesem Geld nicht mehr lange auskommen werden. Man darf sich dann nicht wundern, wenn das Budget sich nicht sprunghaft vermehren wird, wenn es der Finanzminister nicht erfährt. Das ist hier, glau­be ich, echt angezeigt.

Es ist auch nicht einzusehen, dass ganze Personengruppen mit bestimmten Erkran­kungen – psychisch Erkrankte, Menschen mit seltenen Erkrankungen, mit genetischen Erkrankungen, mit Speichererkrankungen, Kinder und alte Leute – nicht das bekom­men, was sonst junge Erwachsene wirklich bekommen, und zwar mit Vollersatz. Bricht man sich den Fuß, hat man einen Herzklappenfehler, braucht man eine Niere, so wird das von den Krankenkassen komplett getragen, auch die Folgen werden getragen. Ist man psychisch krank, vor allem Kinder, wartet man Monate, teilweise Jahre, um zu einer Diagnose und zu einer Therapie zu kommen, und wenn es einmal so weit ist, werden die Leistungen von den Kassen nur teilabgegolten. Der Selbstbehalt von Eltern mit Kindern mit Handicap und psychischen Erkrankungen ist gewaltig und übersteigt die Möglichkeiten vieler. Da nützen Appelle an Wellness und Fitness wenig. Wellness­programme und Fitnessprogramme als Prävention erreichen vorwiegend wohlhabende Schichten, und die sind ohnehin gesünder. Auch Inseratenkampagnen für ein gesün­deres Leben sind nicht niederschwellig – PISA hin oder her –, die werden auch nur von den Gebildeteren wahrgenommen und befolgt.

Das heißt, da muss man auf die Leute zugehen. Man muss vielleicht auch einmal sa­gen und mit dem Sozialminister und mit dem Kanzler diskutieren, dass Gesellschaften mit einer großen sozialen Diskrepanz zwischen Arm und Reich viel krankheitsgefähr­deter sind als jene, die eine etwas homogenere Gesellschaft zeigen. Man müsste sa­gen, was Bildung für einen Einfluss hat.

Es ist einmal ein Buch erschienen über Mängel in der Kinderheilkunde, und was ist den wissenschaftlich fundierten und unumstrittenen Autoren passiert? – Sie wurden wegen Rufschädigung geklagt. Liest man dann genauer nach und fragt Experten, so zeigt sich, dass das alles stimmt. Wir brauchen Kompetenzzentren für seltene Erkrankungen, weil da die Behandlungen, die Diagnosen besser werden.


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Das heißt, Sie sollten wirklich aufzeigen, wo die Defizite sind. Und die Leute, die diese Defizite in der Versorgung haben, müssen versorgt werden wie alle anderen. Ich halte es für extrem ungerecht, Personen- und Diagnosegruppen, das trifft Sie jetzt, einfach auszugrenzen, indem etwas voll finanziert, nur halb finanziert oder momentan über­haupt nicht finanziert wird. (Beifall bei den Grünen.)

Sie könnten auch aufzeigen – das hat jetzt gar nichts mit Sonntagsreden oder morali­schem Dusel zu tun –, welche finanziellen Auswirkungen der Staat zu tragen hat, wenn man hier nicht eingreift, wenn psychisch kranke Kinder in der Schule versagen, am Ar­beitsmarkt versagen, das kostet ja alles Geld. Hier könnten Sie ruhig einmal kräftig auf den Tisch klopfen. Hauptverband und Sie haben meiner Meinung nach gute Konzepte präsentiert, auch wenn die Ärztekammer diese nicht in jedem Detail wohlwollend auf­genommen hat – sage ich jetzt einmal vorsichtig –, aber sie sind im Prinzip nicht schlecht.

Ich würde mir wünschen, dass jetzt nicht Hauptverband und Ministerium zeigen, wer ist der Bessere, sondern zusammenarbeiten, um zu einem Ziel zu kommen, das allen Ös­terreicherinnen und Österreichern die Chance auf mehr Gesundheit gibt. Das ist bud­getwirksam. Gesund ist billiger als krank! – Das sollten Sie dem Herrn Finanzminister Pröll einmal ganz kräftig sagen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.20


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Dr. Rasinger. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.20.11

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Hohes Haus! Ich glaube, wir müssen in der Gesundheitspolitik einmal eine Art neue Ehrlichkeit ausrufen. Wir müssen definieren, was wir eigentlich wollen. Als Politiker würde ich mich auch gerne in die Finanzdebatte verirren, weil wir immer sagen, das sei das Wichtigste.

Erstens würde ich jedem empfehlen, sich Folgendes zu überlegen: Wir alle sind Men­schen, und Menschen sind vergängliche Wesen. Vergängliche Wesen können einmal krank werden, und sie wissen nicht, wann sie krank werden, wo sie krank werden und wie sie krank werden. Das ist eine ganz simple Erkenntnis, dafür muss man nicht Me­dizin studiert haben.

Wie das bewältigt wird, der Fall X, wenn Sie umfallen und einen Herzinfarkt kriegen, das ist die entscheidende Frage im Gesundheitswesen. Darum hat es ein Regierungs­programm gegeben, und in diesem Regierungsprogramm steht ein ganz toller Satz drinnen, weil er von mir ist. (Abg. Dr. Grünewald: Wie könnte es anders sein?) – Nein, nicht von mir, aber von mir voll mitgetragen: Die Bundesregierung bekennt sich zu ei­ner qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung für alle – zuhören! –, unabhängig von Alter, Einkommen, Herkunft, Religion und Geschlecht.

Das ist der entscheidende Satz. Er ist so unscheinbar, aber ich würde allen empfeh­len – auch den Leuten vom Hauptverband, von der Ärztekammer, wurscht wem –, die­sen Satz zu lesen, weil sich von ihm alles herleitet und nicht vom Kassenbeitrag.

Zweitens: Wenn wir vom österreichischen Gesundheitswesen reden, dann wird es im­mer dargestellt wie ein krankes Wesen. Heute hat der Abgeordnete vom BZÖ gefragt, wann die Gesundheitsreform endlich komme. – Die Gesundheitsreform ist ein tagtägli­ches Bemühen. Es gibt nicht den großen Big Bang, die große Rakete, die man startet, und dann entsteht die Gesundheitsreform. Es ist auch unfair, die Gesundheitsreform mit einer Schulreform zu vergleichen. (Zwischenruf beim BZÖ.) In der Schule ist die Situation so – sagt Androsch, nicht ich –: vierthöchste Kosten, viertschlechteste Ergeb­nisse. Ich bin mir nicht sicher, Herr Minister, ob wir im Gesundheitswesen Weltmarkt­


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führer sind, aber jedenfalls sind wir ziemlich gut. (Beifall bei der ÖVP.) – Danke. Auch ich freue mich über Applaus.

Jeden Sommer flüchten hunderte Österreicher mit der Flugambulanz aus Ländern, die gar nicht so unterentwickelt sind, wie Spanien, Portugal et cetera. Als Insider glaube ich, es ist berechtigt, dass die Leute geflüchtet sind. Das heißt, wir sind in manchen Bereichen wirklich sehr gut, und es erfüllt mich persönlich auch mit Freude, wenn ich eine Patientin habe, die seit drei Jahren lungentransplantiert ist und keinen Groschen zahlt. Auch da passt der soziale Aspekt.

Aber ich bin voll beim Abgeordneten Grünewald. Ich habe genau zugehört. Sein Bei­spiel mit den vier Jahren und den sechs Jahren stimmt: Wer einen mangelhaften Zu­gang zur Bildung hat, wer mangelhafte finanzielle Ressourcen hat, hat schlechtere Kar­ten im Gesundheitswesen – und das ist auch nicht einsichtig. Du verwendest immer das Beispiel mit den vier Jahren in Wien: Im 19. Bezirk leben die Menschen vier Jahre länger als im 20. Bezirk – nur getrennt durch die Donau. Das hat natürlich einen Grund, der nicht allein gesundheitspolitisch motiviert ist. Ärmere haben bis zu sechs Jahre we­niger Lebenserwartung.

Das heißt, wir sind zwar gut, wir sollten uns nicht krank reden – wir sind auf dem Ni­veau des österreichischen Skinationalteams, wenn wir vom Gesundheitswesen reden –, aber wir sollen auch hinschauen in einer neuen Ehrlichkeit, wo Mängel sind. Mängel gibt es – du hast es schon angeschnitten – in der Kindergesundheit, in der Kinder­psychiatrie. Es ist auch in der ländlichen Versorgung einiges zu tun. Und wir haben– was mich sehr bewegt – eine Fehlversorgung auch in Österreich.

Wir haben in den letzten 15 Jahren im OECD-Vergleich geringe Steigerungsraten. Es ist ein völliger Trugschluss, wenn immer gesagt wird, dass alles so teuer geworden ist. Österreich hatte im Schnitt eine Steigerung der Gesundheitskosten von 2,9 Prozent, der OECD-Schnitt war 3,9 Prozent. Das heißt, es ist schon viel passiert. Man soll nicht immer so reden, als müsse man jetzt den ersten nationalen Dialog erfinden. Wir haben zu viele Spitalsaufenthalte: 2,7 Millionen. Den OECD-Schnitt umgelegt auf Österreich würden es nur 1,7 Millionen sein. Das ist ein Delta von 40 Prozent. Das heißt, in Öster­reich landen zu viele Menschen im Spital.

Es ist jetzt müßig zu fragen, warum, wieso, weshalb. Es waren mit Sicherheit nicht nur die Bürgermeister, es waren mit Sicherheit nicht nur die eitlen Primare, sondern ich glaube, dass die Krankenkasse in den letzten 20 Jahren – aus welchem Grund auch immer – zu wenig im ambulanten Sektor investiert hat. Ich könnte das jetzt lang aus­führen, aber es ist müßig.

Neue Ehrlichkeit heißt, dass wir auch die Ziele neu und besser definieren sollen. Dazu braucht man keinen Masterplan, man braucht auch nicht die zigste nationale Gesund­heitskonferenz. Man braucht auch nicht neue Eitelkeiten, sondern man muss nur lesen, was im Regierungsprogramm drinnen steht. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Da haben wir schon Punkte drinnen: Schlaganfall, Herzinfarkt, Krebs, Demenz, Diabetes, Überge­wicht, Bewegung, Ernährung und – was mir ganz wichtig zu sein scheint – Suizid.

Es ist unglaublich, dass in Österreich doppelt so viele Menschen an Selbstmord ster­ben wie im Straßenverkehr – und es rührt keinen Menschen. Ich glaube, das sollte uns schon bewegen in einem Land, in dem wir behaupten, sehr gut zu sein. Wenn Sie einen Angehörigen haben, der sich selbst umgebracht hat oder nahe daran war, dann wissen Sie, das reißt ganze Familien auseinander, erzeugt langfristige Schicksale. Das sollte uns nicht kaltlassen, und nicht kaltlassen heißt, das in der Gesundheitspolitik zu berücksichtigen und nicht wegzuschauen.

Mein letztes Wort: In Tschechien läuft derzeit ein Viertel der Spitalsärzte davon – nach Deutschland. 2 000 österreichische Ärzte sind schon in Deutschland tätig. Deutschland


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fehlen 5 500 Ärzte. Warum? – Weil 60-Stunden-Wochen und schwere Arbeitsverhält­nisse – vor allem für Frauen – keine attraktiven Bedingungen sind. In Österreich liegt – wenn ich das richtig gelesen habe – die Burn-out-Rate bei Ärzten bei 30 Prozent, bei den Schwestern weiß ich es nicht, aber die Verweildauer im Beruf ist sehr kurz. Wir müssen auch sehr pfleglich umgehen mit den 400 000 Menschen, die im Gesundheits­wesen arbeiten. Darum plädiere ich für neue Ehrlichkeit und nicht für Aktionismus. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Hagenhofer.)

13.27


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Spadiut. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.27.11

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Große Änderungen im Gesundheitsbudget sind nicht zu erkennen, es sind ja auch keine Reformen angedacht. Der Gesundheitsminister spart durch Strei­chung des Bundesbeitrags zur Unfallversicherung der Sozialversicherungsanstalt der Bauern 28,9 Millionen € und belastet dadurch die Bauern zusätzlich. (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.)

Ein Minderbedarf entsteht durch eine geringere Dotierung des Krankenkassenstruktur­fonds (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Grillitsch) – er liegt bei 60 Millionen € –, dafür ist der Mehrbedarf durch Einführung der Mindestsicherung 20 Millionen €. Die Aufwendungen für den Bereich Veterinärwesen, Lebensmittelangelegenheiten, Gen­technologie und Strahlenschutz werden von 21 Millionen € auf 10 Millionen € für das Jahr 2011 gesenkt, da die gemäß tierseuchenrechtlichen Bestimmungen zu leistenden Entschädigungen nicht mehr finanziert werden sollen. Das bedeutet wieder eine Belas­tung für die Bauern.

Stattdessen wird ein Tierseuchenfonds gegründet – das heißt auf Deutsch: Statt Ein­sparungen in der Verwaltung kommt es zur Gründung einer neuen, teureren Einrich­tung, um das Geld von den Landwirten einzufordern. Man kann sich wohl denken, dass ein Teil dieser Einnahmen für diesen neuen Verwaltungsapparat verwendet werden wird. Statt an den bisher in drei Bundesländern existierenden Tierseuchenkassen fest­zuhalten und diese österreichweit auszubauen oder das Geld über die bestehende elektronische Plattform des Finanzministeriums einzufordern, werden neue Verwal­tungsapparate geschaffen.

Das zeigt einmal mehr die Vorliebe unseres Gesundheitsministers für aufgeblähte Ver­waltungen. (Beifall beim BZÖ.) Kein Wunder, dass sich der allgemeine Verwaltungs­aufwand seines Ministeriums innerhalb von zwei Jahren um 10 Millionen € erhöht hat, kein Wunder, dass der Minister nicht daran denkt, die 22 Sozialversicherungsträger zu­sammenzulegen.

Das Gesundheitsministerium verabschiedet sich weiter von der Finanzierung der AGES. Diese soll durch Einführung einer Lebensmittelsteuer über das Bundesgesetz zur Entrichtung eines Gesundheits- und Ernährungssicherheitsbeitrages geschehen. Bezahlen sollen das die Arzneimittelfirmen, Apotheken oder Lebensmittelbetriebe. Es ist nicht schwer, auszurechnen, dass diese Rechnung wieder der Primärerzeuger – sprich der Bauer – oder der Konsument bezahlen wird.

Die schärfste Kritik, Herr Minister, kommt aber wegen der von Ihnen angedachten und bis heute nicht in Angriff genommenen Spitalsreform. Der Ansatz war sehr gut, er wur­de von der Bevölkerung bei einer Umfrage sogar mit einem Vertrauenszuwachs von einigen Prozenten honoriert. Nur haben Sie sich leider von den Landesfürsten in die Knie zwingen lassen. Nach Ihrer Auskunft soll die Reform mit der neuen Krankenan­staltenverordnung mit 1. Jänner 2014 durchgeführt werden.


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Uns sind diese drei Jahre bis zur Spitalsreform eindeutig zu lang. Das bedeutet unnö­tige Mehrausgaben.

Dr. Schelling bringt es in einer Aussendung vom 16. Dezember auf den Punkt. Er sagt, das Kassensanierungspaket allein reiche nicht, erforderlich seien ganzheitliche Refor­men. 68 Prozent der Bevölkerung befürworten die Finanzierung aus einem Topf, knapp die Hälfte eine Reform im Spitalswesen.

Herr Minister! Kündigen Sie die Vereinbarung gemäß Artikel 15a des Bundes-Verfas­sungsgesetzes, und verhandeln Sie neu, um eine Gesundheitsreform unverzüglich in Angriff nehmen zu können.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Spadiut, Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend so­fortige Aufkündigung der Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens zum Zweck einer umfassenden Spitalsre­form

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Gesundheit wird aufgefordert, die Vereinbarung gemäß Arti­kel 15a Bundes-Verfassungsgesetz über die Organisation und Finanzierung des Ge­sundheitswesens umgehend aufzukündigen und in Neuverhandlungen mit einer umfas­senden Spitalsreform einzutreten.“

*****

Herr Minister, wandeln Sie sich! Wandeln Sie sich von einem passiven Verwaltungs­minister in einen aktiven Reformminister! (Beifall beim BZÖ.)

13.31


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

Der Abgeordneten Dr. Spadiut, Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend so­fortige Aufkündigung der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens zum Zweck einer umfassenden Spitalsre­form

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesfinanzgesetz 2011 (1044 d.B) (UG 24 Gesund­heit)

Der Bundesminister für Gesundheit hat sich im Zuge der Ausschussberatungen für das Budget 2011 klar zum Erfordernis einer umfassenden Spitalsreform bekannt, jedoch gleichzeitig angenommen, die Umsetzung wäre erst im Zuge des Abschlusses der nächsten 15a-Vereinbarungen mit den Ländern möglich.

Der Präsident des Hauptverbandes, Dr. Jörg Schelling bringt es mit seiner Aussendung am 16. Dezember 2011 gerade rechtzeitig zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Bud­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 195

gets 2011 im Parlament auf den Punkt, indem er seine Umfrage bei der Bevölkerung zum österreichischen Gesundheitswesen präsentiert und damit der Stimme des Volkes mit der Forderung nach Reformen Gehör verschafft.

In der Aussendung ist zu lesen:

„Das Kassensanierungspaket allein reicht als zukunftssichernde Maßnahme nicht, erforderlich sind ganzheitliche Reformen. Derart lässt sich die aktuelle Stimmungslage der Österreicher zum Thema Gesundheitsreform zusammenfassen“.

Österreich benötigt eine umfassende, nachhaltige und zukunftsweisende Spitalsreform, die im Jahr 2011 beschlossen und bereits mit dem Jahr 2012 wirksam werden kann. Jeder Tag der hier länger gewartet wird belastet die kommenden Generationen und erhöht die Bürde für die heute jungen Österreicherinnen und Österreicher, die bereits pro Kopf einen Schuldenlast von 26.500 € zu tragen haben.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Gesundheit wird aufgefordert, die Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens umge­hend aufzukündigen und in Neuverhandlungen mit einer umfassenden Spitalsreform einzutreten“.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Keck. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


13.31.35

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Drei Jahre Wirtschaftskrise und drei Jahre Kampf gegen das Versagen von Banken und Spekulanten haben auch in Österreich ihre Spuren hinterlassen. Doch an­ders als in vielen anderen Ländern hat unsere Bundesregierung den Kampf gegen den wirtschaftspolitischen Kollaps gewonnen. Bei uns sinkt die Arbeitslosigkeit, bei uns steigen die Löhne (Abg. Kickl: Ist noch nicht vorbei!), und bei uns wächst die Wirt­schaft wieder. Dieses Sparpaket, Kollege Kickl, ist der Preis, den uns die weltweite Wirtschaftskrise gekostet hat (Abg. Kickl: Geh!), und trotzdem sind wir dank der Arbeit unserer Regierung in der Lage, dass bei uns nicht der Rasenmäher regiert beim Spar­paket und dass es Bereiche gibt, die wir von einer Rasenmäherphilosophie ausklam­mern können.

Einer dieser Bereiche ist der Tierschutz, und ich möchte Tierschutzminister Stöger danken, dass es im Jahr 2011 die gleichen Mittel geben wird wie 2010. Mit diesen Mit­teln können wir unseren guten Ruf auch 2011 weiter ausbauen, denn Österreich, mei­ne Damen und Herren, ist Vorreiter beim Tierschutz. Bei all den Streitigkeiten und Dis­kussionen der letzten Tage hier herinnen sei erwähnt, dass die Beschlüsse im Tier­schutz immer ein gemeinsamer Erfolg sind, denn mehr als 95 Prozent aller Beschlüsse zum Tierschutz in diesem Haus erfolgten einstimmig. Ich möchte mich recht herzlich bei den Tierschutzsprechern – insbesondere beim Kollegen Vock, beim Kollegen Spa­diut, bei der Kollegin Brunner und beim Kollegen Eßl – bedanken, denn der Tierschutz zeigt, dass Parlamentarismus parteiübergreifend der Sache dienend eingesetzt wird und auch hier in diesem Haus funktionieren kann.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 196

Die Ergebnisse, meine Damen und Herren, können sich sehen lassen. Mit der neuen Tierschutzkommission, die wir jetzt eingerichtet haben, werden wir sogar noch besser und praxisnäher arbeiten können. Aber wir haben schon jetzt das beste Tiertransport­gesetz Europas, schon jetzt ist bei uns die Käfighaltung von Legehennen verboten, schon jetzt haben wir auch das Verbot der Käfighaltung für Kaninchen mit dem 1. Jän­ner 2012 fixiert.

Mit dem Budget für 2011 werden wir weiter investieren können. Das Projekt „Tierschutz macht Schule“ hat europaweit für Aufsehen gesorgt. Wir werden es auch 2011 weiter­entwickeln. Mit dem neuen Tierschutzpreis prämieren wir die besten Tierschutzorgani­sationen, und wir werden auch 2011 Öffentlichkeitsarbeit für ihre wichtige Arbeit betrei­ben. Wir unterstützen mit dem Budget aber auch den Aufwand privater Tierschutzinitia­tiven. Wir betreiben Forschung, und wir helfen dort, wo viele die Augen verschließen. Ich möchte noch einmal die Laboraffen der Firma Baxter und die Tiere aus einem früheren Safaripark erwähnen. Nur mit dem Tierschutzbudget konnten wir sie artge­recht im Gut Aiderbichl unterbringen.

Natürlich werden wir uns auch weiterhin dem Heimtiersektor widmen. Schon jetzt ha­ben wir uns mit der Heimtierdatenbank, mit dem Chippen und Registrieren von Heim­tieren einen hervorragenden internationalen Ruf erarbeitet. Dieser Ruf hat uns auch politisch gestärkt und dafür gesorgt, dass Hunde und Katzen aufgrund der Anregungen von österreichischen Abgeordneten in den Tierschutzaktionsplan der EU aufgenom­men wurden und dass das nächste Ziel die EU-weite Harmonisierung der Regelung für Haustiere ist.

Das alles wird 2011 möglich sein mit einem Budget, das ein gutes Signal für den Tier­schutz ist. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Spadiut.)

13.34


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Dr. Karlsböck. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.34.48

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Herr Minister, das Diktat der leeren Kassen bei den Gemeinden, beim Bund, aber auch bei den Städten gibt der Gesundheitspolitik derzeit eine echte Chance. Gestern wurde der Gemeindefinanzbericht 2010 präsentiert, wonach sich die Haushaltssituation der Städte und Gemeinden dramatisch verschlechtert hat. Daran seien die steigenden Ausgaben im Gesundheits- und Sozialbereich schuld, schreiben die Autoren.

Das gibt doch Hoffnung, dass hier Fronten abbröckeln – was vor ein paar Jahren un­denkbar gewesen wäre. Wer hätte sich gedacht, dass gerade die Länder und die Ge­meinden hier irgendwann einmal gezwungen sein werden, von ihren Standpunkten ab­zurücken. Da kommt die Diskussion, die in den letzten Wochen und Monaten geführt wurde – einerseits Ihr Vorschlag mit dem Zusammenlegen der Krankenhausplanung, andererseits der Hauptverband mit seinem Masterplan –, gerade recht. Deswegen kann ich nicht verstehen, Herr Minister, warum derzeit – und ich sage es jetzt bewusst provokant – solche kindischen Diskussionen Platz greifen, und der eine dem anderen – so scheint es zumindest zu sein – den ersten Schritt, den Erfolg nicht gönnen will. Ich habe das Gefühl, dass diese kindischen Kompetenzstreitigkeiten der Diskussion nicht unbedingt förderlich sein werden.

Damit hier kein Missverständnis aufkommt: Ich bin selbstverständlich der Meinung, dass die Erstellung eines Masterplans nicht zu den ursprünglichen Kernbereichen des Hauptverbandes gehört. Wenn jedoch vorher nichts passiert ist in diese Richtung, dann muss man sagen, dass es eine der Kernkompetenzen des Hauptverbandes ist, die In­teressen der Versicherten zu wahren.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 197

Entscheidend ist also nicht, wer zu einer nationalen Gesundheitskonferenz lädt, son­dern dass überhaupt eingeladen wird.

Die Kritik der Ärztekammer ist in dieser Hinsicht natürlich auch berechtigt. Das heißt, dass bei der Erstellung des Masterplans die Kammer nicht eingebunden war, ist na­türlich auch aus meiner Sicht eine verurteilenswürdige Angelegenheit.

Selbstverständlich ist der Verdacht näher zu beleuchten, dass der Hauptverband vor allem ökonomische Ziele durchsetzen will, die nicht Sinn und Zweck und Inhalt eines sozialen Gesundheitssystems sein können. Es ist auch darüber zu sprechen, dass eine Bedarfsplanung ohne Anbieter – das heißt, ohne die Ärzteschaft – eine verfehlte Struk­turreform darstellen würde und auch darstellt.

Wer sich für Verbesserungen im System starkmacht, sollte zuerst einmal für gesetzes­konforme Arbeitsbedingungen – vor allem auch der Ärztinnen und Ärzte in den Kran­kenanstalten – sorgen, auch darüber müssten wir sprechen. Dort, wo bestehende Ge­setze nicht eingehalten werden, ist in einem Rechtsstaat zu sanktionieren, und dort, wo man draufkommt, dass die Gesetze nicht lesbar und lebbar sind, sollte man sie zumin­dest überdenken, auch wenn starke Lobbys dahinterstehen.

Eines ist mir jetzt noch ein Anliegen, Herr Minister. Sie haben in Ihren Ausführungen zum jetzigen Budget gesagt, dass es eines Ihrer Verdienste sei, dass es zu keiner ein­zigen Leistungsbeschränkung gekommen sei. – Wahrscheinlich wissen Sie gar nicht, dass es leider nicht so ist.

Ich möchte Ihnen sagen, dass in Wien heuer das erste Mal Kontingentierungen vorge­nommen worden sind. Seit Mitte November gibt es für Untersuchungen mit Großge­räten in der Radiologie – wenn man eine Magnetresonanz- oder eine Computertomo­graphie benötigt – keine Termine mehr, weil das Geld – um es platt zu sagen – einfach ausgegangen ist. Schuld daran ist eine Deckelung des Budgets für diese Position, und das bedeutet schlicht und einfach eine Rationierung auf Kosten der Patienten.

Dass die Patienten theoretisch in ein Krankenhaus ausweichen können, ist auch kein Geheimnis, widerspricht aber all dem, worüber wir hier dauernd diskutieren, und auch einer effizienten und patientennahen Versorgung. Wir müssen uns dieses System ge­nauer anschauen, denn wenn solche Praktiken in einem Fachbereich einreißen – was natürlich auch Auswirkungen auf die Patientenzufriedenheit hat –, dann ist es leider nicht mehr fern, dass sie in einem breiteren Rahmen im Bereich der Finanzierung und vor allem der Versorgung einreißen. Das dürfen wir uns alle zusammen nicht gefallen lassen. (Beifall bei der FPÖ.)

13.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Donabauer. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.40.02

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es ist keine Frage, die Gesamtverantwortung für das Budget trägt der Finanzmi­nister mit seinen Staatssekretären. (Abg. Huber: Bankenminister!) Und sie machen ih­ren Job gut! Die konkrete Ausführung haben die Einzelminister zu verantworten. Der Gesundheitsminister ist heute bei uns, und wir haben die Möglichkeit, mit ihm zu disku­tieren.

Was stelle ich fest? – Leistungsanbieter wollen mehr bekommen und die Leistungs­nehmer immer weniger zahlen. Das ist das Problem, vor dem wir stehen. Dafür gibt es viele neusprachliche Begrifflichkeiten, die uns aber alle nicht weiterhelfen. Wo liegt das Problem? – Da gibt es viele Zugänge. Ich möchte auf einige davon Bezug nehmen, über die man hier reden sollte.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 198

Ich bin der Meinung, dass der niedergelassene Bereich unterdotiert ist. Er müsste stärker positioniert und, wie ich immer gesagt habe, auch mit besseren Tarifen bedacht werden. Ein gründliches ärztliches Gespräch zum Beispiel würde uns viel Geld erspa­ren, das sagen viele Leute, weil das Herumwandern der Patienten zwischen allen Fach­disziplinen so manchmal eingespart werden könnte.

Wir treten sehr für Vorsorgeuntersuchungen, Gesundenuntersuchungen ein, müssen aber feststellen, dass wir da dann eine Hochbürokratie haben. Daher gehen viele Leute da auch gar nicht hin. Das ist ein Fehler! Den werfe ich niemandem vor, schon gar nicht dem Herrn Minister. Darüber sollten wir jedoch leidenschaftslos reden und ehrlich nachdenken, um zu einer Neuausrichtung zu finden.

Herr Minister! Dass Neuausrichtungen möglich sind, zeigt die aktuelle Diskussion. Ich habe gehört, dass Sie sich sehr für eine neue Kompetenzverteilung in Spitalsfragen verwenden. Ich gratuliere Ihnen zu diesem Vorschlag, zu diesem Mut. Wir unterstützen Sie gerne. Die erste Möglichkeit, das zu erreichen, werden Sie bei den Finanzaus­gleichsverhandlungen haben. Vorher geht überhaupt nichts, weil jeder Betreiber, seien es die Länder oder auch andere, auf seinem „Reich“ und seiner Zuständigkeit besteht und nicht nachgeben will. Jeder argumentiert da mit allen möglichen oft weit herge­holten Begründungen die Notwendigkeit aller Standorte. Das können wir nicht einem überlassen, das wäre undenkbar; das müssen wir gemeinsam in Angriff nehmen.

Herr Minister! Dass Sie zu etwas imstande sind, habe ich gemerkt, als Sie der bäuer­lichen Unfallversicherung 29 Millionen € nicht weggenommen, sondern bloß einmal vorenthalten haben. Sie wollten eine Erhöhung des Beitragssatzes. Das ist Ihnen nicht gelungen. Ich möchte mich da jetzt nicht übernehmen, aber ich sage Ihnen trotzdem, dass Ihnen das auch in Zukunft nicht gelingen wird, weil ich das für phantasielos halte.

Was wir allerdings brauchen, und dazu brauchen wir Ihre Mitarbeit, ist eine Neu­ausrichtung. Das habe ich von Beginn an gesagt. Dass ich damit keine Freude habe, das werden Sie mir wohl glauben. Wir müssen einmal schauen, wie wir an die Dinge herangehen und was wir in Zukunft neu und besser machen können. Da werden wir auch mit den Sozialpartnern viele Verhandlungen führen müssen. Da tragen Sie eine Verantwortung, die zu übernehmen ich Sie einlade.

Es ist interessant, dass dieser Beitrag 1973 beschlossen wurde. Wer 1973 in der Re­gierung war, wissen Sie alle. Warum geschah das damals? Nicht, weil (in Richtung SPÖ) Sie die Bauern so lieben – um Gottes willen, das wissen wir doch –, sondern weil diese Berufsgruppe das höchste Unfallrisiko hat und darüber hinaus eine Betriebs­versicherung. Alle, die im Betrieb tätig sind, sind versichert. Sie müssen bedenken, dass die Hälfte der Unfalltoten in Österreich ins Kontingent der bäuerlich Versicherten fällt. Das liegt nicht daran, dass die so leichtsinnig wären, sondern daran, dass der Be­ruf als solcher gefahrvoll ist. Deshalb war es auch angezeigt und richtig, dass der Bund sich da mit etwa 25 Prozent maßvoll beteiligt hat. In diesem Bereich stehen wir vor ei­ner großen Herausforderung. Wir werden sie gemeinsam lösen und sicherlich zeitge­recht mit Ihnen Gespräche dazu aufnehmen.

Lassen Sie mich jetzt noch ein Thema ansprechen, das ich mir ebenfalls vorgemerkt habe. Es geht um die Hausapotheken. Wir reden häufig und gerne über Versorgung mit Ärzten am Land. Viele Jungärzte gehen nicht mehr in die ländlichen Regionen, weil die Hausapotheke ein wesentlicher Einkommensfaktor für den Arzt war.

Aufgrund der Niederlassungsfreiheit nach der EU-Richtlinie, für die Sie gar nichts kön­nen, befindet sich das mehr oder weniger im Fluss. Ich denke, dass wir das nicht ta­tenlos so laufen lassen sollten. Wir sollten den Mut aufbringen, uns als Österreicher hin­zustellen und zu sagen, dass das ein österreichisches Spezifikum ist. Wir werden auch in Zukunft an so einer Lösung arbeiten. Da kann es Klagen geben, die brauchen wir nicht


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 199

zu fürchten. Wir müssen nur die besseren Argumente haben, dann werden wir gewin­nen. – Ich bedanke mich. (Beifall bei der ÖVP.)

13.45


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. 4 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


13.45.11

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister, Sie ha­ben sich in den letzten Wochen viel vorgenommen. Das Ziel der angekündigten Spi­talsreform, bei der es Ihnen um klare Zuordnungen, um klare Verantwortlichkeiten und auch deren Sichtbarkeit geht, kann ich absolut unterstützen, wenn ich etwa an das Bei­spiel Oberösterreich denke. Dort hat es zwar in den letzten Jahren Reformen gegeben, es gibt aber im Zentralraum Linz nach wie vor sehr viele Doppelgleisigkeiten, weil par­teipolitische Schrebergärten weiter gehegt und gepflegt werden. Allein an diesem Bei­spiel wird deutlich, wie wichtig die Einführung klarer Zuständigkeiten ist. Die Länder ha­ben allerdings ablehnend reagiert.

Sie haben durch den Hauptverband einen Masterplan Gesundheit mit Kernbestandtei­len wie Gesundheitszielen, Qualitätssicherung und Ähnlichem in Auftrag gegeben. Auch das ist absolut zu begrüßen. Das, so scheint mir jedenfalls, stößt jetzt wiederum auf den Widerstand der Ärztekammer.

Ich frage mich und frage jetzt Sie, was jetzt nach diesen beiden für mich doch sehr wichtigen Ankündigungen geschieht. Was geschieht in Richtung Spitalsreform? Was geschieht in Richtung Masterplan Gesundheit?

Da ich das von Ihnen noch nicht beantwortet bekommen habe, muss ich mich eben an die Fakten im Gesundheitsbudget halten. Da ist festzustellen, dass es weniger Geld für den Kassenstrukturfonds gibt, dass es weniger Zuschüsse für die Unfallversicherung der Bauern gibt, dass mehr Geld notwendig sein wird für die Mindestsicherung, für die Umsetzung der e-card.

Mir ist aufgefallen, dass Sie sich von den Kernaufgaben Lebensmittelsicherheit, Arznei­mittelsicherheit und Seuchensicherheit verabschieden und alles auslagern. Mir ist auch noch aufgefallen, dass die finanziellen Mittel zur Bedeckung von Vorsorge und Präven­tion, die auch ein wichtiges Gesundheitsziel im Masterplan sind, gleich bleiben. Gerade dafür, so denke ich, müsste eigentlich mehr Geld in die Hand genommen werden. (Bei­fall beim BZÖ.)

Es genügt nämlich nicht, dass man als Vorsorge- und Präventionsmaßnahme einen im Ansatz sicherlich guten Nationalen Aktionsplan Ernährung startet. Das ist zu wenig! Wir müssen auch schauen, was im Bereich der Schulgesundheit geschieht, was über­haupt im Bereich der Kinder- und Jugendgesundheit geschieht. Wie können wir den Mutter-Kind-Pass zu einem Mutter-Kind-Jugend-Pass weiterentwickeln? Wie steht es mit der Abschaffung der Selbstbehalte bei Krankenhauskosten für Kinder? Wie steht es mit der Leistbarkeit von Therapien für Kinder und Jugendliche?

Sehr geehrter Herr Minister! Auf diesem Gebiet besteht absolut Handlungsbedarf. Kin­der- und Jugendgesundheit beschränken sich bei Ihnen bisher auf Absichtserklärun­gen. Dass hier vieles nicht in Ordnung ist, wissen wir. Gerade der Zugang zu Thera­pien ist in Österreich regional sehr unterschiedlich. Ein positives Beispiel ist Vorarlberg, wo von den Eltern, von den Familien nur ein leistbarer Selbstbehalt von zirka 5,50 € eingehoben wird. In allen anderen Ländern muss vorfinanziert werden. Eine Stunde Psychotherapie kostet 65 €, während die Krankenkassen maximal 25 € bezahlen. In den anderen Bundesländern bleibt also für die Familien sehr viel als „Rest“.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 200

Daher stellt sich für mich die Frage, wer sich das in Zukunft noch wird leisten können. Haben wir da dann wieder ein soziales Gefälle? Kindern aus einem sozialen Umfeld, in dem die Elterneinkommen entsprechend hoch liegen, dass Therapien leistbar sind, können diese dann auch geboten werden. Und alle anderen fallen sozusagen durch den Rost.

Gerade diese Regierung spricht immer so gerne davon, dass wir über die Grenzen schauen sollen, um zu beurteilen, wie gut oder auch weniger gut wir sind. Auch in die­sem Bereich sollten wir das tun. In Deutschland sind Therapien bis zum 18. Lebensjahr in der Krankenversicherung inkludiert, es ist also überhaupt nichts dafür zu bezahlen. In der Schweiz gibt es einen nur 10-prozentigen Selbstbehalt. Diese Anregungen und Ideen sollte man aufgreifen, denn wenn wir in diesen Bereich, also in die Kinder- und Jugendgesundheit, investieren, investieren wir in die Zukunft. (Beifall beim BZÖ.)

Die Folgekosten, die entstehen, wenn repariert werden muss, sind allemal wesentlich höher, als wenn in Prävention und Vorsorge investiert wird. Ich vermisse von Ihrer Sei­te ein klares Signal in diese Richtung. Vielleicht kommt dieses klare Signal noch, wenn wir im neuen Jahr über die Kinderrechte im Verfassungsrang diskutieren werden, denn das Kinderrecht auf ein gesundes Leben, das Kinderrecht auf Gesundheit ist da wohl ein unbestrittenes Element.

Wir vom BZÖ haben schon viele Anträge in diese Richtung eingebracht. Wir werden auch im nächsten Ausschuss die Einrichtung eines Unterausschusses beantragen, denn ein so wichtiges Thema soll nicht nur nebenbei behandelt, sondern muss sehr intensiv von allen getragen werden. (Beifall beim BZÖ.)

13.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.51.11

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Haubner, Sie formulieren ei­nen riesigen Forderungskatalog an den Herrn Bundesminister. (Abg. Ursula Haubner: Das waren Fragen!) Sie wissen schon, dass Sie selbst sechs Jahre lang Zeit gehabt hätten, all das umzusetzen, was Sie hier jetzt fordern. (Abg. Ursula Haubner: Gesund­heit war nicht in meinem Ressort! Vielleicht werde ich ja noch Gesundheitsministerin!) Sie waren doch in der Regierung! (Weiterer Zwischenruf beim BZÖ.) Ja, ja, dann braucht sie es hier heute nicht zu fordern.

Ein Sparpaket ohne Leistungsreduktion ist die Charakteristik dieses Gesundheitsbud­gets. Österreich liegt im europäischen Vergleich sehr gut. (Abg. Petzner: Die Ge­schichte Österreichs beginnt 1945 und nicht erst 2000!) Sie können dann hier ans Pult kommen. Jetzt aber ein bisschen Geduld, bitte.

Allerorten werden Sparpakete geschnürt. Es gibt Einschnitte ins Gesundheitssystem, die Kosten für Kranke steigen. Sie wissen: In Irland geht es um 1,2 Milliarden €, in Griechenland um 2,1 Milliarden €, in Deutschland um 10 Milliarden € und eine Er­höhung der Versicherungsbeiträge. In Österreich wird zur gleichen Zeit der Kassen­strukturfonds mit 160 Millionen € dotiert. Es gibt im Zuge der bedarfsorientierten Min­destsicherung in Österreich für Sozialhilfeempfänger eine Krankenversicherung, deren Kosten der Bund trägt.

Es ist auch positiv und richtig – darauf möchte ich schon hinweisen –, dass die Kosten für die bäuerliche Unfallversicherung jetzt einmal aus Rücklagen aufgebracht werden und es dann zu einer Angleichung der Beitragsleistungen der Bauern und Selbstän­digen an jene der ASVG-Versicherten kommen wird.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 201

Österreich wendet für sein zweifellos hervorragendes Gesundheitssystem mehr als 10 Prozent des BIP auf. Aus aktuellen Untersuchungen können wir erfahren, dass ein Großteil der ÖsterreicherInnen das Gesundheitssystem als das beste in Mitteleuropa anerkennt und mit dem Leistungsangebot der Krankenkassen zufrieden ist. Die Unter­suchung weist aber gleichzeitig auch auf den Arbeitsauftrag für die Zukunft hin, denn 77 Prozent fordern eine gesamtheitliche Gesundheitsreform.

Die Menschen in Österreich haben jeden Zugang zum Gesundheitssystem, auch wenn es durch unterschiedlich organisierte Strukturen in den Bundesländern zu Ungleichhei­ten kommt. Hier liegen unserer Meinung nach auch die Herausforderungen für die Zu­kunft. Minister Stöger hat das Ziel formuliert: zentrale Gesundheitsplanung beim Bund, bundeseinheitliches Anstaltengesetz, einheitliche Rahmenbedingungen für das Zusam­menspiel von Spitälern, Gruppenpraxen und niedergelassenem Bereich und Schwer­punkt im Bereich der Prävention.

Herr Bundesminister, wir unterstützen Ihren Weg als Grundlage für mehr Effizienz und vor allem auch für Versorgungssicherheit in Zukunft. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Aubauer.)

13.54


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Vock. 4 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


13.54.54

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Mein Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! (Abg. Dr. Rasinger: Sein Präsident!) Ich habe leider die Rede des Abgeordneten Keck vorhin nicht gehört. Ich kann mir jedoch vorstellen, dass er Ähnliches wie schon bei der ersten Lesung erklärt haben wird, nämlich dass es im Tierschutzbereich kaum zu Kür­zungen oder zu gar keinen Kürzungen gekommen ist. Herr Minister! Das wundert mich nicht, denn im Tierschutzbereich hat der Bund ja schon seit Jahren – schon vor Ihrer Zeit – kaum ein Budget, denn der Tierschutz ist in Österreich letzten Endes privatisiert.

Wir haben auch ein sehr gutes Tierschutzgesetz. Es mangelt jedoch an einzelnen Punk­ten, wobei die meisten Punkte kaum etwas kosten, kaum das Budget belasten würden. Ich denke zum Beispiel daran, dass wir den Tierschutz endlich in den Verfassungsrang heben sollten. Das kostet uns überhaupt nichts. Es gab dazu ja schon im Jahr 2005 ei­nen Allparteienantrag im Nationalrat, der bis heute nicht umgesetzt ist. Ich weiß schon, dass die SPÖ da gesprächsbereit ist. Es liegt einmal mehr an der ÖVP, die bei solch wichtigen Gesetzen offensichtlich der Blockierer ist.

Verstöße gegen das Tierschutzgesetz werden kaum geahndet. Es ist auch nicht Ihr Res­sort, das dafür die Verantwortung trägt, sondern das Justizressort oder allenfalls hin­sichtlich der Kontrollen das Innenministerium. Nehmen wir die Langstreckentiertrans­porte als Beispiel: Wenn ich heute beim Zigarettenschmuggel erwischt werde, dann ist es selbstverständlich, dass die Ware beschlagnahmt wird. Die Zigaretten werden mir weggenommen. Niemand käme auf die Idee, mir den Wert dieser geschmuggelten Zi­garetten zu ersetzen. Beim Tierschutz ist das anders. Erstens einmal wird fast gar nicht beschlagnahmt, und wenn, dann bekommt der Schmuggler den Wert ersetzt. Was für Zigaretten gilt, muss jedoch auch für unseren Tierschutz gelten!

Das Tierschutzgesetz sieht die Möglichkeit vor, die Tiere und auch den Lkw zu be­schlagnahmen. Wenn wirklich einmal der Chauffeur eines Tiertransports zu Fuß nach Hause gehen muss, weil es einen groben Verstoß gegeben hat, dann schaue ich mir an, ob das ein Wiederholungstäter wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Spenden sind jetzt ja auch steuerlich absetzbar, wie wir wissen, nur leider nicht im Be­reich des Umwelt- und Tierschutzes. Ich darf daher folgenden Antrag einbringen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 202

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend steuerliche Absetzbarkeit von Spenden für Tier- und Umweltschutz

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Finanzen wird ersucht, umgehend die Liste der steuerbegüns­tigten Hilfsorganisationen um jene Vereine und Einrichtungen, die im Bereich Tier- und Umweltschutz tätig sind, zu erweitern, damit künftig die steuerliche Absetzbarkeit von Spenden für den Tier- und Umweltschutz sichergestellt ist.“

*****

Wie schon in der Einleitung ausgeführt, sind bei uns in Österreich zahlreiche Tier­schutzaufgaben privatisiert. Das machen gemeinnützige Vereine. Die Erhaltung der Tierheime beispielsweise ist an die Länder übertragen, und die übertragen das bud­getär zu zwei Drittel an diese gemeinnützigen Vereine weiter. Wenn wir schon die Tier­schutzarbeit privatisieren und an gemeinnützige Vereine abtreten, so sollten wir ihnen wenigstens durch die steuerliche Absetzbarkeit der Spenden ihre Arbeit erleichtern. (Beifall bei der FPÖ.)

13.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend steuerliche Absetzbarkeit von Spenden für Tier- und Umweltschutz

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung 24 – Gesundheit, in der 91. Sit­zung des Nationalrates, XXIV. GP, am 21. Dezember 2010

Mit der Steuerreform 2009 wurde mit 1. Jänner 2009 die Absetzbarkeit von Spenden an Vereine und Einrichtungen eingeführt, die selbst mildtätige Zwecke verfolgen, Ent­wicklungs- und Katastrophenhilfe betreiben oder für diese Zwecke Spenden sammeln. Privatspender können seither Ihre Zuwendung an die in § 4a EStG 1988 genannten Einrichtungen als Sonderausgabe in der Arbeitnehmerveranlagung geltend machen; Unternehmer können ihre Spenden als Betriebsausgaben absetzen. Spenden (z. B an wissenschaftliche Vereine, Museen etc.) blieben unter den gleichen Voraussetzungen wie bisher auch weiterhin absetzbar.

Hilfsorganisationen, die in die Liste der steuerbegünstigten Hilfsorganisationen aufge­nommen werden wollen, müssen gewisse Voraussetzungen aufweisen.

Derzeit sind es 452 mildtätige bzw. Entwicklungs- oder Katastrophenhilfe betreibende Organisationen in Österreich, deren Unterstützer ihre Spenden von der Steuer abset­zen können. Umwelt- und Tierschutzorganisationen sind von dieser Begünstigung der­zeit aber ausgeschlossen, was von vielen Seiten kritisiert wird.

Um den Tier- und Umweltschutz nicht weiter zu diskriminieren sowie aufgrund der Tat­sache, dass im Jänner 2011 die Frist endet, innerhalb der der Finanzminister Kosten


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 203

und Wirksamkeit der Spendenabsetzbarkeit abschätzen und über die Ausweitung der Begünstigten entscheiden wollte, stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Finanzen wird ersucht, umgehend die Liste der steuerbegüns­tigten Hilfsorganisationen um jene Vereine und Einrichtungen, die im Bereich Tier- und Umweltschutz tätig sind, zu erweitern, damit künftig die steuerliche Absetzbarkeit von Spenden für den Tier- und Umweltschutz sichergestellt ist“.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Durchschlag. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.58.30

Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es werden in schö­ner Regelmäßigkeit Meinungsumfragen durchgeführt, in denen die Menschen befragt werden, welche Bereiche, welche Lebensbereiche, welche Themen ihnen besonders wichtig sind. Als ein Thema, das mit Sicherheit von den Menschen immer als beson­ders wichtig eingestuft wird, findet sich neben Familie und Arbeitsplatz stets das The­ma Gesundheit.

Der Wunsch, frei von Krankheit und von Behinderungen zu leben und auch alt zu wer­den, ist verständlicherweise stark ausgeprägt, dies allerdings auch schon bei den ganz Jungen. Wir haben voriges Jahr in Oberösterreich eine Jugendstudie durchgeführt und haben gesehen, dass das Thema Gesundheit auch bei den jungen Menschen ganz oben auf der Liste steht.

Das mag vielleicht manche verwundern. Wenn man allerdings so wie ich oder auch viele meiner KollegInnen den Gesundheitszustand von Kindern und Jugendlichen über mehr als 30 Jahre beobachten konnte, dann ist das durchaus nachvollziehbar. Wir er­leben bereits im Volksschulalter Kinder mit Rückenbeschwerden, wir erleben Jugendli­che mit massiven Haltungsfehlern, wir erleben übergewichtige und adipöse Kinder, wir erleben Kinder, deren motorische Fähigkeiten mehr als bescheiden sind, wir erleben zunehmend juvenile Diabetes und so weiter und so weiter. Wenn man das alles zu­sammen nimmt, kann man eigentlich von einem desaströsen Befund sprechen, der ge­radezu nach Sofortmaßnahmen schreit.

Da komme ich jetzt zum Regierungsübereinkommen, Herr Bundesminister. In diesem ist ja im Zusammenhang mit Prävention von einigen nationalen Aktionsplänen die Re­de, unter anderem in den Bereichen Diabetes, Übergewicht, Demenz, Bewegung, Er­nährung und noch in einigen anderen Bereichen. Es ist zusätzlich eine Strategie für ei­ne gesunde Schule angekündigt.

Wenn ich mir jetzt überlege, dass es äußerst notwendig ist, diese Punkte auch umzu­setzen, wird das eine gemeinsame Kraftanstrengung aller im Gesundheitswesen täti­gen Fachleute erfordern. Ich betone jetzt das Wort „Fachleute“ ganz besonders, denn das wird, wenn es so kommt, auch ein äußerst beliebtes Betätigungsfeld sogenannter Schmalspur-Fachleute oder selbsternannter Experten der verschiedensten Disziplinen sein.

Da geht es jetzt um Qualitätssicherung. Qualitätssicherung, Herr Minister, kann hier nur die ebenfalls im Regierungsübereinkommen beschlossene Registrierung der Berufsbe­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 204

rechtigten durch die entsprechenden überbetrieblichen Interessenvertretungen garan­tieren, die auch schon längst fällig ist. Für meinen Bereich darf ich sagen, MTD-Austria als Dachverband der gehobenen medizinisch-technischen Dienste ist dafür schon lan­ge bereit und wartet auf die Umsetzung.

Zurück zum Thema Prävention: Auf lange Sicht gesehen – und das ist auch absolut nichts Neues – wird unser hochwertiges Gesundheitssystem nur aufrechterhalten wer­den können, wenn es uns gelingt, mehr Menschen länger gesund zu erhalten. Die Wei­chen dafür sollten so früh wie möglich gestellt werden, am sinnvollsten bereits im Kin­dergarten.

Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben mit dem Nationalen Aktionsplan Ernährung be­reits einen ersten Schritt gesetzt. Ein Nationaler Aktionsplan Bewegung, wie auch schon des Öfteren angesprochen, vom Kindergartenalter an über die Schule bis hin zu Bewegungsförderung in den Betrieben, wäre der logische nächste Schritt. (Abg. Petz­ner: ... kein durchschlagender Erfolg!)

Ein zweiter Bereich, den ich gerne ansprechen möchte, ist der Bereich Gender-Medi­zin – auch wenn ich weiß, dass das Wort „Gender“ bei manchen wahrscheinlich durch­aus Pusteln hervorruft. Es ist im Regierungsübereinkommen von Forschung in diesem Bereich die Rede (Abg. Zanger: Sehr einfühlsam!), speziell auch, was die Wirkung von Medikamenten angeht, die ja hauptsächlich oder zur Gänze an Männern getestet wurde. Das ist, glaube ich, ein sehr positiver Bereich von Gender: Ich schaue mir ein­fach an, wie Medikamente auf Männer und auf Frauen wirken. Ich habe dieses Thema im Gleichbehandlungsausschuss schon angesprochen, und da wurde auch auf die Ko­operation mit Ihrem Ressort verwiesen, Herr Minister. Da erwarten wir uns auch Aktivi­täten.

Sehr geehrter Herr Bundesminister, Prävention wird sich immer mehr als Schlüssel zur Aufrechterhaltung unseres guten Gesundheitswesens erweisen. Ich ersuche Sie ei­gentlich nur, gemäß dem Regierungsübereinkommen die entsprechenden Maßnahmen rasch zu ergreifen, es ist schon fünf nach zwölf! Unsere Unterstützung haben Sie, Herr Minister. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.03


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesmi­nister Stöger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.03.10

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Präsident! Hohes Haus! Liebe Zuhörerinnen, liebe Zuhörer! Wir stehen hier und diskutieren ein Sparbud­get. Wenn wir ein Sparbudget diskutieren, haben andere Länder Europas gerade im Bereich der Gesundheit Einschnitte in die Leistungen gemacht. Anders die Republik Österreich, anders die Regierung Faymann: Es gibt keine Leistungseinschränkung, ob­wohl wir ein Sparbudget im Gesundheitsbereich haben.

Genau das Gegenteil ist hier der Fall: Wir haben mit diesem Budget auch sicherge­stellt, dass die Leistungen ausgeweitet werden können. (Abg. Petzner: Es gibt längst eine Zweiklassenmedizin!) Wir weiten die Leistungen in dem Bereich aus, dass wir die e-card und damit den Zugang zur Krankenversicherung für alle Menschen in Österreich erstmals sicherstellen. Erstmals in dieser Republik haben alle Menschen Anspruch auf Krankenversicherung! Nicht nur das: Wir erweitern den Unfallversicherungsschutz für Kinder im Kindergarten, und wir erweitern den Unfallversicherungsschutz für Men­schen, die in Behinderteneinrichtungen stehen. Ich denke, dieses Budget kann sich se­hen lassen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man kann darüber diskutieren, ob vierzig mehr als null ist. Wir haben für das Jahr 2011 im Kassenstrukturfonds nichts vorgese­


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hen gehabt, und wir haben jetzt sicherstellen können, dass 40 Millionen € nicht nur im Jahr 2011, sondern dass 40 Millionen € vier Jahre lang, und damit planbar für die so­ziale Krankenversicherung, zur Verfügung stehen. Darüber hinaus hat die soziale Kran­kenversicherung ein Einsparungspotenzial, eine Kostendämpfung von 1,7 Milliarden € vereinbart und das im letzten Jahr auch umgesetzt. Ich denke, dass dieser Weg ein gu­ter Weg ist, der auch fortgesetzt werden kann.

Was einige Abgeordnete gemeint haben – ich denke an den Abgeordneten Grüne­wald –, ist richtig, und das sage ich auch zum Abgeordneten Rasinger: Wir sind Welt­marktführer! Ich traue mich, das zu sagen. Wenn wir aber Weltmarktführer sind, müs­sen wir uns jeden Tag verbessern, damit wir diese Weltmarktführerschaft auch behal­ten.

Insofern ist etwas notwendig, was mehrere Redner angesprochen haben: Wir brau­chen mehr Vorsorge. Diese Vorsorge muss auch in den allgemeinen Geldern vorge­sehen werden. Abgeordneter Grünewald hat recht, wenn er meint, dass in der Frage der psychologischen Betreuung, in der Frage der psychischen Erkrankungen auch die Krankenversicherungen aufgefordert sind, Leistungen anzubieten. Das ist ein Auftrag, das bleibt ein Auftrag, und ich sage das auch ganz deutlich. Speziell für Kinder und Ju­gendliche haben wir im Kindergesundheitsdialog den Weg eingeschlagen, hier Vor­schläge zu erarbeiten, und das werden wir im Frühjahr ganz besonders tun.

Zum Thema Tierschutz einen Aspekt: Das ist ein wichtiges Thema, und das werden wir auch deutlich sagen. Zum Abgeordneten Vock erlaube ich mir, darauf hinzuweisen: Zi­garetten, die beschlagnahmt werden, werden nachher vernichtet; das wollen wir bei Tieren nicht tun, daher gibt es auch einen anderen Umgang mit Tieren, die beschlag­nahmt werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, erlauben Sie mir, auf die Frage der Spitäler einzugehen. Ich habe ganz deutlich gesagt, nach der Sicherung der Finanzierung der Gebietskrankenkassen, nach der Erweiterung der Möglichkeiten in der Krankenversor­gung außerhalb von Krankenhäusern im sogenannten niedergelassenen Bereich mit den Ärztegesellschaften ist das dritte Feld, auf dem wir neue Wege gehen müssen, das Feld der Spitäler.

Ich stelle mir erstens einen gemeinsamen Rahmen in ganz Österreich vor. Zweitens stelle ich mir vor, dass wir die Gelder, die wir im Bund ausgeben, bündeln und zielge­richtet einsetzen. Das geht bei einer nächsten Vereinbarung über die Artikel-15a-Ver­einbarung: Diese beginnt am 1. Jänner 2014, die ist zu verhandeln, und ich erwarte mir, dass die Qualität sichergestellt wird, dass sie auch dargestellt wird. Dazu brauchen wir mehr Transparenz.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend bei jenen Men­schen bedanken, die tagtäglich die Arbeit im Gesundheitswesen machen. Ich möchte mich bei ihnen dafür bedanken, dass Sie diese Weltmarktführerschaft tagtäglich auf­rechterhalten. Ich danke stellvertretend allen Abgeordneten, die hier im Haus Ärztinnen und Ärzte sind, und danke auch den Abgeordneten (Abg. Grosz: ... die keine Ärzte sind!), die hier die Krankenpfleger vertreten. Ich denke, hier wird gute Arbeit ge­leistet, und die­ses Budget stellt sicher, dass das auch im nächsten Jahr möglich ist. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Dr. Strutz. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


14.09.00

Abgeordneter Dr. Martin Strutz (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Gesundheitsminister, wenn man Ihnen jetzt zugehört hat, dann muss man eigent­


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lich sagen: Alles bestens im Gesundheitsbereich! – Sie müssen dann nur den Österrei­cherinnen und Österreichern erklären, warum eine Kostenexplosion mit über 30 Milliar­den € zu Buche schlägt und sich keine Stabilisierung und auch keine Verbesserung in diesem Bereich abzeichnet.

Ich sage Ihnen, warum: Im Gesundheitsbereich findet die alltägliche Verschwendung statt, und es wird vonseiten der Politik nicht gegengesteuert. Dem Gesundheitssystem gehen Milliarden durch überflüssige Untersuchungen, mangelhafte Absprachen zwi­schen den Ärzten und schlechte Organisation verloren. Würde die große Koalition die­se Probleme beseitigen, könnte sie sich höhere Steuern, könnte sie sich Abgaben für den Gesundheitsbereich ersparen.

Ich nenne nur einen Bereich: die Doppeluntersuchungen, denen die Einführung der
e-card sicherlich Vorschub geleistet hat. Ich nenne nur die Schlagworte Ärztehopping und e-card-Shopping. Sie wissen, dass wir im europäischen Vergleich neben Deutsch­land die höchste Frequenz an Arztbesuchen haben. Würden wir bei den Patienten nur eine Doppeluntersuchung durch organisatorische Maßnahmen vermeiden, könnten wir diese Gesundheitsausgaben in Wirklichkeit um 10 Prozent reduzieren.

Ich habe Dr. Grünewald und Dr. Rasinger als Insidern sehr aufmerksam zugehört; sie haben gesagt: Diskutieren wir nicht über die Kostenexplosion, sondern führen wir eine ehrliche Debatte! – Ich möchte hier etwas hinterfragen, und zwar die eigenen Vor­gaben des Gesundheitsministers in Ihrer Regierungserklärung. Ich picke hier nur zwei Punkte heraus.

Herr Minister, Sie haben gesagt, zur Steigerung der Effizienz muss einen gemeinsame Strategie, Planung und Steuerung des Gesundheitswesens erfolgen. – Vollkommen richtig! Sie haben einen Masterplan in Auftrag gegeben. Wenn man sich diesen Mas­terplan und die Analyse ansieht, die Ihre eigenen Beamten erstellt haben – ich lese Ih­nen nur ein Zitat vor:

„Die Versorgung erfolgt nicht nach dem Bedarf, sondern nach den Zuständigkeiten der Akteure im Gesundheitswesen. Behandlungen werden teilweise nicht von der fachlich am besten geeigneten Leistungsebene erbracht. Dies führt zu Qualitätseinbußen. Pa­tientinnen und Patienten werden zwischen Spital und niedergelassenem Bereich hin und hergeschoben. Dabei bedeutet die Behandlung auf einer nicht adäquaten Versor­gungsebene meist volkswirtschaftliche Mehrkosten.“

Weiters heißt es:

„Darüber hinaus fehlt im Gesundheitswesen eine ganzheitliche Finanzplanung.“ – Das sagen die Sozialversicherungen, das sagt Herr Schelling.

Nur, um einen Bereich noch anzusprechen, in dem Sie sich selbst die Vorgaben gege­ben haben – ich habe das im Ausschuss hinterfragt –: Im Regierungsübereinkommen sprechen Sie vom Projekt ELGA, das Sie löblicherweise auch durch die Gründung die­ser Gesellschaft vorangetrieben haben. Da steht als Zeitplan drin: Für die Realisierung des Gesundheitsportales ist Ende 2009 vorgesehen, dies soll Ende 2009 umgesetzt werden.

Herr Sektionschef Auer! Herr Gesundheitsminister! Allein, wenn man auf die Home­page blickt, dann wissen Sie, dass über die Planungsphase, dass über Arbeitsgruppen, dass über Projekte hinaus nichts vorzuweisen ist. (Abg. Grosz: Ist Sektionschef Auer ...?) Wo ist der Patientenindex, der bereits für 2009 versprochen wurde? – Sie wis­sen, dass auch die gesundheitlichen, die rechtlichen Rahmenbedingungen nicht reali­siert worden sind, gar nicht zu sprechen vom Portal, das nach Ihren eigenen Vor­gaben eigentlich schon im Jahr 2009 Realität sein sollte.

30 Millionen € kostet allein dieser große Arbeitskreis – als solchen möchte ich ihn titu­lieren –, an dem Hunderte Mitarbeiter aus Spitälern, aus Landesorganisationen, aus So­


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zialversicherungen mitarbeiten. Ich ersuche Sie, Herr Gesundheitsminister, wirklich auch einmal die Effizienz dieses Projektes ELGA zu hinterfragen. 30 Millionen € sind bisher hineingeflossen, und außer, dass wir vielleicht im April des nächsten Jahres in Nieder­österreich einen Versuch mit der e-Medikation starten werden, ist hier noch nicht sehr viel vorzuweisen.

Die Bilanz hat Ihre eigene Abteilung gegeben, haben die Sozialversicherungen im Be­reich Masterplan gegeben. Ich frage Sie: Wann werden Sie die Punkte, die Sie im Re­gierungsprogramm selbst angekündigt haben, die Sie mit Fristen und Zeiten verbunden haben – Ende 2009 –, tatsächlich in Angriff nehmen, damit eine derartige Explosion, wie wir sie aus Ihrem eigenen Budget entnehmen können, in Zukunft verhindert wer­den kann? (Beifall bei der FPÖ.)

14.14


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Hechtl. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


14.15.02

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Herr Staatssekretär! Geschätztes Hohes Haus! Mit diesen Budgetbegleitgeset­zen treten Maßnahmen in Kraft, die das Budget nachhaltig beeinflussen werden. Wir sind uns bewusst, dass Konsolidieren und Sparen im Budget nicht populär sind. Mit diesem Budget können wir im europäischen Vergleich auf ein sehr moderates Sparpro­gramm verweisen, und mit Einsparungen von 1,7 Prozent des Gesamtbudgets sind wir in einem zumutbaren Rahmen.

Kein anderes Land in Europa kommt mit solch geringen Einsparungen aus. Während im Gesundheitsbereich in den europäischen Staaten Maßnahmen gesetzt werden, die sich weit schwerwiegender auswirken – ich denke da zum Beispiel an Deutschland, wo der Gesundheitsetat um 10 Milliarden € gekürzt werden soll, wo die Krankenkassen in der Verwaltung 300 Millionen € einsparen sollen, wo durch Maßnahmen in den Kran­kenhäusern in den nächsten Jahren 500 Millionen € eingespart werden sollen, um nur einiges zu nennen –, gehen wir in Österreich einen anderen Weg.

In Österreich haben wir für das Jahr 2011 Ausgaben von 868,2 Millionen € für Gesund­heit vorgesehen. Dieser Etat geht über den laut Bundesfinanzrahmengesetz vom Ju­ni 2010 vorgesehenen Rahmen hinaus. Mit dem Krankenkassen-Strukturfonds werden 160 Millionen € zur Verfügung gestellt und somit mehr an Gesundheit vermittelt.

Geschätzte Damen und Herren! Die bestmögliche Gesundheitsversorgung für alle in unserer Gesellschaft und die Erhaltung des besten Gesundheitssystems muss weiter­hin unser großes Ziel sein. Auch wenn wir die Einsparungen im Budget ohne jegliche Einschränkungen bei den Leistungen im Gesundheitswesen ermöglichen, darf es uns nicht davon abhalten, eine Gesundheits- und Verwaltungsreform anzusprechen und in Zukunft auch anzupacken.

Sehr geehrter Herr Bundesminister, unsere Unterstützung ist Ihnen sicher, und wir wün­schen Ihnen bei diesem großen Vorhaben weiterhin alles Gute! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.17


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Aubauer. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


14.17.37

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wenn jetzt überall gefragt wird: Was bringt


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das Jahr 2011? – Das Jahr 2011 ist das Jahr der Gesundheit. Es muss das Jahr der Gesundheit sein, denn, wie Sie gesagt haben, Herr Bundesminister, wir sind zwar Welt­meister in den Leistungen, aber das sollte uns nicht daran hindern, noch besser zu wer­den. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir alle werden daran gemessen werden, ob es uns gelingt, dass wir gemeinsam et­was weiterbringen, ob wir gemeinsam gute Reformen weiterbringen. Das gilt ganz be­sonders für die Gesundheitspolitik. Was wollen wir denn erreichen? – Wir wollen von den hohen Kosten im Spitalsbereich wegkommen, bei gleicher Qualität der Versor­gung. Wir wollen die Pflege auf solide Beine stellen, die Pflege soll im Idealfall Teil der Gesundheitsversorgung sein.

Der Schlüssel zu all dem, ja, das ist die Gesundheitsvorsorge! Es wurde heute hier schon einiges darüber gesagt. Uns ist lebensbegleitende Gesundheitsvorsorge wichtig, also nicht nur für die Jungen, sondern genauso für ältere Menschen. Was heißt das konkret?  Wir brauchen mehr Vorsorge in den Betrieben, altersgerechte Arbeitsplätze, spezielle Trainingsprogramme, Ernährungsschulung, so wie vieles im Nationalen Ak­tionsplan Ernährung vorgesehen ist. Herr Minister, das ist sehr zu begrüßen!

Wer länger gesund bleibt, erspart nicht nur sich selbst viel Leid, er kann auch länger im Job bleiben. Was bringt das? – Wieder eine Win-win-Situation: Pro länger gearbeite­tem Jahr 1 Milliarde weniger an Pensionskosten! Wenn die Älteren länger gesund blei­ben, so erspart das dem Gesundheitssystem erhebliche Kosten. Wieder eine Win-win-Situation: Davon profitieren vor allem die Jüngeren, die mit ihren Beiträgen einen gro­ßen Teil der Kosten decken. Das Ziel ist, die Pflegebedürftigkeit so lange wie möglich hinauszuschieben oder, wenn möglich, ganz zu vermeiden.

Gesundheitsvorsorge, Reha statt Pflegebett, Gesundheitszentrum statt Krankenhaus. Voraussetzung für all das ist: Der Staatshaushalt muss in Ordnung gebracht, saniert werden. Damit können wir Geld für Offensivmaßnahmen freischaufeln.

Gerade im Gesundheitsbereich ist es möglich, gesund, intelligent zu sparen. Machen wir das! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.20


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Hell. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.20.33

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staats­sekretär! Treffsichere Maßnahmen im Kampf gegen diese negative Entwicklung im Finanz- und Wirtschaftsbereich zu setzen und gleichzeitig das Budget zu konsolidieren, ist keine leichte Aufgabe. Das haben die letzten Diskussionen bereits gezeigt. Wesent­lich scheint mir dabei aber zu sein, dass wir unsere Erfolge nicht kleinreden, sondern offensiv und positiv darüber diskutieren und versuchen, das auch den Menschen in die­sem Lande näherzubringen.

Ich glaube, wir alle bekennen uns zu einem starken öffentlichen Gesundheitssystem und zur Sicherstellung eines qualitativ hochwertigen medizinischen Versorgungssys­tems für alle Menschen in Österreich. Was wir auf jeden Fall nicht wollen, ist eine Zweiklassenmedizin in Österreich! Konsolidierungskurse im Gesundheitsbereich ver­langen ein Ineinandergreifen von Maßnahmen in unserem Gesundheitssystem, die die­ses nicht gefährden, sondern weiter absichern.

Herr Bundesminister Stöger hält in seinem Bereich an den Reformplänen fest, wie wir es auch in den Diskussionen im Ausschuss erfahren konnten, unter anderem auch im Krankenanstalten-Finanzierungsbereich. Auch das wichtige Instrument zur nachhalti­gen finanziellen Absicherung der Krankenkassen wird – das wurde heute schon ange­


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sprochen – beibehalten. Der Krankenkassen-Strukturfonds wird neuerlich in der Höhe von jährlich 40 Millionen € dotiert und, wie es auch der Herr Bundesminister wieder er­wähnt hat, bis 2014 mit insgesamt 160 Millionen € abgesichert.

Damit erhalten die Gebietskrankenkassen, die ihre vereinbarten Ziele zur Kostendämp­fung erfüllen, auch Geld aus diesem Fonds. Der Fonds existiert seit 2010 und soll den Kassen auch als Ausgleich für versicherungsfremde Leistungen dienen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir unterstützen die Bündelung von Fi­nanzströmen im Gesundheitsbereich, die Vereinheitlichung der Krankenanstaltenge­setzgebung und die Transparenz des Versorgungssystems.

Das Wichtige im Leben ist die Gesundheit. Zur Erhaltung unseres Gesundheitssystems können wir hier für die Zukunft wesentliche Sicherstellungen bieten. Herr Bundesminis­ter, ich bedanke mich für Ihre Bemühungen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Wöginger.)

14.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Steibl. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


14.23.25

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich beginne mit einem Satz, den unser Ge­sundheitssprecher Erwin Rasinger positioniert hat: Gesundheitsreform ist ein tagtägli­ches Bemühen. – Ja, das muss es auch sein.

Da der Herr Bundesminister gemeint hat, das Budget ist sozusagen gleichgeblieben und es ist auch ein mehrjähriges Konsolidierungsprogramm erstellt worden, das abge­arbeitet wird, möchte ich nur einen Wunsch auch aus den Ländern, insbesondere aus der Steiermark deponieren: Es soll auch einheitliche, übersichtlichere Finanzierungs­strukturen geben. Ich denke, das ist dringendst notwendig.

Ich möchte auf zwei Zielgruppen eingehen, die in Zukunft genau angeschaut werden müssen, beziehungsweise bei denen noch notwendige Schritte zu setzen sind. Die ers­te Zielgruppe sind die Kinder. Es wurde heute schon einige Male angesprochen. Da lie­gen die Schwerpunkte natürlich in den Bereichen Ernährung und Bewegung, also im Bereich Prävention, aber auch ganz speziell im Bereich der Versorgung von Kindern, zum Beispiel mit einer eigenen Kinderpsychiatrie.

Herr Bundesminister, wir haben das auch im Ausschuss diskutiert, aber ich möchte Sie darin bestärken, dass Sie bei den nächsten Verhandlungen über die Artikel-15a-Ver­einbarung auch bezüglich des Selbstbehaltes bei Krankenhausaufenthalten von Kin­dern mit den Ländern zu einer Lösung kommen. Ich denke, das ist dringend notwendig, um Eltern zu entlasten.

Die zweite Zielgruppe sind die Frauen, auch das wurde schon kurz angesprochen. Die Frauengesundheit bedarf tatsächlich neuer Ansätze. Sie sagen, Sie denken darüber nach beziehungsweise sind in Arbeit mit einer Gruppe. Aber hier geht es ganz konkret auch um Prävention, Medikation und um Therapie, um eben dieser Unterschiedlichkeit der Geschlechter auch im medizinischen Bereich Rechnung zu tragen. Dies bedarf der Forschung bei neuen Krankheitsbildern, neuer Präparate sowie einer umfassenden Entwicklung der geschlechtersensiblen medizinischen Behandlungen, der sogenannten Gender Medizin.

Ich denke, dass das nicht irgendeine Spinnerei ist – das würde ich jetzt nur sehr vor­sichtig formulieren –, sondern dass es eine dringend notwendige Arbeit ist, die wir hier vorantreiben müssen, weil sie letztendlich bei Umsetzung dieser Gender Medizin auch zu Einsparungen führen würde.


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In diesem Sinne glaube ich, dass wir gerade im Gesundheitsbereich auf einem erfolg­reichen, guten Weg sind. Ich bedanke mich auch bei allen, die im Pflege- beziehungs­weise im Gesundheitswesen arbeiten. Ich persönlich könnte das nicht. Daher: Hoch­achtung gegenüber diesen Menschen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Preiner. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


14.26.32

Abgeordneter Erwin Preiner (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Budgetierung des Gesundheitsministeriums stellt ein­deutig klar, dass es 2011 zu keinen Leistungskürzungen im Gesundheitsbereich kommt – und das in einer finanziell schwierigen Zeit, wie heute schon einige Male angesprochen wurde. Ich darf auch erwähnen, dass wir mit unserem Gesundheitswesen im interna­tionalen Ranking top in der Platzierung sind und es absolut keinen Grund gibt, unser Gesundheitssystem schlechtzureden oder krankzujammern.

Top sind wir eigentlich auch im Bereich des Konsumentenschutzes. Da stehen uns auch im kommenden Jahr 1,6 Millionen € zur Verfügung – für diverse Beratungsmaß­nahmen der Konsumentinnen und Konsumenten, die im Steigen begriffen sind, zum Beispiel auch im Kampf gegen unerwünschte Werbeanrufe. Hier ist schon einiges in Bewegung geraten. Eine Novelle zum Telekommunikationsgesetz wird ein Verbot der Unterdrückung und der Verfälschung der Rufnummernanzeige bringen.

Auch das Phänomen Scalping nimmt zu. Dabei wird mittels fingierter Anlageninforma­tionen versucht, die Konsumentinnen über Internet und Telefon zum Kauf von in Wahr­heit wertlosen Aktien zu animieren. Daher werden im Bereich der Finanzdienstleistun­gen zusätzliche Maßnahmen zu setzen sein, damit das Internet nicht zur Falle gerät, vor allem für die Jugendlichen. – Einige sitzen übrigens gerade auf der Galerie, die ich somit herzlich begrüßen möchte.

Ich möchte nun den Bereich der Lebensmittelkennzeichnung ansprechen. Die Ver­handlungen zum EU-Vorschlag über die Information der Verbraucher betreffend Le­bensmittel stehen auf EU-Ebene knapp vor der politischen Einigung. Wichtig für die KonsumentInnen wird die Art der Kennzeichnung sein, und dass der nationale Gesetz­geber bestehende Spielräume zur Kennzeichnung unverpackter Produkte auch entspre­chend nützt.

Während die Kennzeichnung der Produktbestandteile mittlerweile eine Selbstverständ­lichkeit ist, wollen die KonsumentInnen heute deutlich mehr über ihr Produkt wissen: etwa, woher es kommt oder wie es produziert wird. Das Schlagwort „Fair Trade“ ist bei Weitem kein leeres mehr. Kaufentscheidend ist heute sehr oft, ob ein Produkt gentech­nikfrei produziert wird oder ob Nanotechnologie entsprechend Verwendung findet. Die­se wird im Lebensmittelsektor und bei Verpackungen zunehmend eingesetzt.

Der Wissensstand der KonsumentInnen über die Risken ist aber noch immer sehr ge­ring. Neben der Forcierung der Forschung bezüglich der Auswirkungen diverser Mate­rialien auf den menschlichen Organismus ist daher eine umfassende Kennzeichnung der Anwendung dieser Technologie bei Lebensmitteln und Verpackungen von essen­zieller Bedeutung.

Ich denke, dass wir im kommenden Jahr mit unserem Gesundheitssystem, auch mit dem dafür vorgesehenen Budget sehr gut unterwegs sind, und bin zuversichtlich, dass wir diesen hohen internationalen Standard auch weiterhin, über das Jahr 2011 hinaus, halten werden können. – Ein Dankeschön an Sie, Herr Minister! (Beifall bei der SPÖ.)

14.29



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 211

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Lipitsch. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.30.01

Abgeordneter Hermann Lipitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Wir haben das beste Gesundheitssystem der Welt, aber es ist ein Um­bau notwendig. Diesen Umbau hat unser Gesundheitsminister Alois Stöger in den letz­ten zwei Jahren begonnen (Abg. Grosz: Wir haben einen schlechten Gesundheitsmi­nister, einen Bakterienminister!), und er betreibt ihn mit Kompetenz, Augenmaß und Beharrlichkeit ständig voran; denn das Schlimmste im Gesundheitswesen ist, wenn Menschen verunsichert werden. Und da zeigt sich, dass dieser Kassenstrukturfonds vom Bundesminister für die nächsten vier Jahre eingerichtet wurde, um Sicherheit zu schaffen, um Planungen machen zu können, um eben den Menschen Sicherheit zu ge­ben.

Wenn man sich ansieht, dass das Gesundheitswesen auf viele, viele Bereiche aufge­teilt ist, dass die Finanzierung auf die Gemeinden, die Länder, den Bund, aber auch auf andere Kompetenzen verteilt ist, dann weiß man, welchen Spagat das Gesund­heitsministerium machen muss. Ich möchte den Mitarbeitern des Ministeriums recht herzlich dafür danken, dass es trotz Kürzungen im Budget zu keinen Leistungsein­schränkungen gekommen ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Gesundheit bedeutet aber auch mehrere Bereiche, das haben meine Vorredner bereits angeführt. Gesundheit ist der Verbraucherschutz. Gerade jetzt, vor Weihnachten, dis­kutieren wir über Kinderspielzeug, das für Kinder gefährlich ist. Auch das gehört in den Bereich Gesundheit.

Im Bereich Ernährung ist die Lebensmittelkennzeichnung sehr wichtig für die Gesund­heit. Arbeitsbedingungen: Ich habe gestern irgendwo gehört, man soll den Arbeitsin­spektor abschaffen. – Ich glaube, das ist eine wichtige Position, die wir brauchen, um für die Menschen Arbeitsbedingungen zu schaffen. Aber auch das Einkommen und der sichere Arbeitsplatz tragen zur Gesundheit der Menschen bei.

Gesundheit ist aber auch auf ärztliche Versorgung angewiesen, die funktionieren muss, da ist eben immer wieder Not am Mann, im Ambulanzen- und Krankenhausbereich. Ich glaube, unser Bundesminister ist gut unterwegs, in den nächsten Jahren Strukturrefor­men herbeizuführen, damit dieses Gesundheitssystem in dieser Form aufrechtbleibt, wie es bisher war.

Es sei mir erlaubt, lieber Kollege Strutz, kurz Folgendes anzumerken: Gesundheitsre­form sollte nicht so stattfinden wie in einem Krankenhaus in Kärnten, wo man extra eine Managerin aus Deutschland holt. Ich würde sagen, das ist unorientiert, denn als unfähig möchte ich sie nicht bezeichnen. Politische Machtspiele führen dazu, dass Pa­tienten Angst haben, in dieses Krankenhaus zu gehen. Eine Verwaltungsreform sollte nicht darin bestehen, dass wir zwischen einem Aufsichtsrat einer Krankenanstalt und einer Geschäftsführung einen – ich sage jetzt einmal – Expertenrat einführen müssen, um diese Leute auch noch zu beraten. Ich glaube, dann sind zumindest zwei zu viel.

Aber es gibt, wie gesagt, Positives und Negatives. (Abg. Dr. Strutz: Wer ist der Ge­sundheitsreferent Kärntens? – Der Herr Kaiser von der SPÖ!) – Ihre Partei hat ein Ge­setz beschlossen, Herr Strutz, das darin besteht, dass ein Gesundheitsreferent keine Möglichkeit mehr hat. Sie wissen das ja ganz genau und werden auch die Folgen da­von zu tragen haben!

Sicherheit vermitteln ist eines der wichtigsten Dinge im Bereich Gesundheit. Wir wer­den uns in wenigen Tagen wieder gegenseitig die Hände reichen und sagen: Ein ge­sundes neues Jahr! Ich glaube, es wird ein gesundes neues Jahr mit dem Schirmherrn


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über die beste Gesundheitsvorsorge Europas. – Danke, Herr Bundesminister! Alles Gute! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Lipitsch reicht Bundesminister Stöger die Hand.)

14.33


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Spindelberger. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.33.47

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich glau­be, wir sollten bei der ganzen Diskussion um das Budget diese drei Tage lang ja nicht vergessen, welcher Umstand zu diesen Budgetansätzen geführt hat. Da muss man schon sagen, dass die Bundesregierung Österreich durch eine Finanz- und Wirtschafts­krise zu führen hatte, die die ganze Welt ins Schleudern gebracht hat; wobei ich be­haupte, dass es diese Bundesregierung bestens bewältigt hat, Österreich durch diese stürmischen Zeiten zu manövrieren.

Es kommt nicht von ungefähr, dass wir in Österreich eine Arbeitslosenrate von nur 4,5 Prozent zu verzeichnen haben und dadurch Europameister sind. In diesem Zusam­menhang möchte ich kurz auf die gestrige Rede der Kollegin Fürntrath-Moretti einge­hen. Sie hat gemeint, dass die ganze Misere des Budgetdefizits eigentlich damals mit einem Sager von Kreisky begonnen hätte: „Mir bereiten ein paar Millionen mehr Schul­den weniger schlaflose Nächte als ein paar hunderttausend Arbeitslose mehr.“

Damit es für alle hier klar ist: Ich bekenne mich auch heute noch dazu. Denn: Hätten wir im Vorjahr nicht gemeinsam in diesem Bereich viel, viel Geld in die Hand genom­men, dann hätten wir vielleicht die gleichen hohen Arbeitslosenzahlen zu verzeichnen wie in den Zeiten, als BZÖ/FPÖ in der Bundesregierung waren, als man – in einer Hoch­konjunktur! – 305 000 Arbeitslose zu verzeichnen hatte. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ur­sula Haubner: Traumatische Zeit? Dann müsst ihr in Therapie gehen, Psychothera­pie! – Abg. Grosz: Du hast die Steirische Gebietskrankenkasse hingemacht!)

Wenn heute ein bekannter Krakeeler des BZÖ vom grauenvollsten Sparpaket der Zwei­ten Republik gesprochen hat, dann darf ich daran erinnern, dass es gerade in Zeiten der Regierungsbeteiligungen von FPÖ/BZÖ das massivste Sparpaket gegeben hat, wel­ches bewirkt hat, dass das Kranksein extrem teuer geworden ist. Man denke nur an die Erhöhung des Spitalskostenbeitrags – um 43 Prozent habt ihr ihn erhöht! Erhöhung des Krankenversicherungsbeitrags bei den Pensionisten, bei den Angestellten, Kürzun­gen beim Krankengeld für die Schwerstkranken von 78 auf 52 Wochen! Das ist eure so­ziale Einstellung! (Abg. Grosz: Du bist ein Pleitier, ein Konkursant!)

Und wenn der Herr Grosz immer wieder von Verwaltungskosten redet, von denen er ja keine Ahnung hat, dann möchte ich nur sagen: Die Verwaltungskosten bei der Steier­märkischen Gebietskrankenkasse sind unter 2,5 Prozent! Und da stellen sich ein paar Politiker heraus, wie der Kollege Strutz, der sagt: Das Budget ist im Gesundheitsbe­reich explodiert. – Es ist deswegen explodiert, weil man den Krankenkassen – auch das sollte man offen ansprechen – zusätzliche Leistungen aufs Aug’ gedrückt hat, die Kosten in Höhe von Millionen Euro zusätzlich verursacht haben, und diese hätten sie fast in den Ruin getrieben. (Neuerliche Zwischenrufe des Abg. Grosz.)

Daher wäre es dringend angeraten, anstelle die Gebietskrankenkassen auch in Zukunft zu Bittstellern zu machen, ihnen eine nachhaltige Finanzierungsgrundlage zu bieten, indem versicherungsfremde Leistungen abgegolten werden. Herr Minister, für mich ist auch der derzeitig gültige Verwaltungskostendeckel so, in dieser Form einfach nicht vertretbar. Ich halte es für einen Blödsinn, alle Verwaltungsangestellten darunter zu subsumieren. Da gehören meines Erachtens die ganzen Beitragsprüfer herausgenom­men, denn es sind ja gerade die Beitragsprüfer, die die Gelder von den Betrieben he­reinholen. Es ist für mich durch nichts zu rechtfertigen, wenn mit dem Stichtag 31. De­


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zember 2009 die Unternehmer Außenstände von 1 Milliarde € bei den Gebietskran­kenkassen haben. (Abg. Grosz: Du bist ein Konkursant! Mit Geld von anderen hast du spekuliert!)

Da müssen wir einmal schauen, das kann es nicht sein. Darum kann ich nicht in einer polemischen Art wie der „klaane Obzwickte“ da in der ersten Reihe immer hergehen (Rufe beim BZÖ: Ordnungsruf!), und für alles die Sozialversicherung verantwortlich ma­chen.

Für mich ist das Budget alles in allem sicherlich kein Wunschpaket, das sage ich auch, sondern ein – wenn auch mit Bauchweh – notwendig zu setzender Schritt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grosz: „Klaaner Obzwickter“ – ein Ordnungsruf, ein klassischer!)

14.37

14.37.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Sehr geehrter Herr Abgeordneter Erwin Spindelber­ger! Ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf (Beifall beim BZÖ) ob der Aussage in Rich­tung eines Abgeordnetenkollegen, er sei ein „klaaner Obzwickter“.

Zur Untergliederung 24, Gesundheit liegen mir nun keine Wortmeldungen mehr vor. Damit ist auch dieser Themenbereich erledigt.

14.38.12Rubrik 3 (Bildung, Forschung, Kunst und Kultur)

14.38.15UG 30: Unterricht, Kunst und Kultur

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zur Beratung kommt die Rubrik 3: Bildung, For­schung, Kunst und Kultur.

Zunächst kommen wir zur Verhandlung der Untergliederung 30: Unterricht, Kunst und Kultur.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


14.38.36

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Frau Kollegin Aubauer hat vorhin gemeint, 2011 soll das Jahr der Gesundheit werden. Ich glaube, es wäre aus aktuellem Anlass angezeigt, das Jahr 2011 zum „Jahr der Bildung“ auszurufen. Ich glaube, ein gutes Jahr der Bildung fängt auch damit an, dass die Frau Bundesministerin bereit war und ist, Mitte Jänner bei sich einen Runden Tisch sämtlicher Bildungssprecher einzuberufen. Ich glaube, das ist eine gute Sache. Damit ist sie einer freiheitlichen Forderung nachgekommen. (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)

Wir beobachten ja, dass die Bildungsdebatte von Dingen überlagert ist, zu denen grund­sätzlich keine Einigung zu erzielen ist; allerdings werden keine Reformschritte ge­macht, die notwendig sind und zu denen es Einigung geben könnte.

Äußerer Anlass ist dieses kleine Stichwort PISA. Aber was bedeutet PISA? PISA misst nur einen kleinen Sektor aus dem Lerngeschehen. PISA misst nichts anderes, sagen manche, als die Fertigkeit, den Test auszufüllen, während Bereiche wie Fremdspra­chen, Literatur, Religion, Ethik, Geschichte, Musik, bildende Kunst, Sport ausgeblendet werden! Daher kann PISA nicht als Ersatzevangelium für das Bildungswesen dienen. Es ist ein reines Pulsmessen, eine bestimmte Momentaufnahme. Und jetzt wird das schlechte Ergebnis benutzt, um das eine oder andere mehr an die Öffentlichkeit zu brin­gen.

Da Stillstand besteht in der großen Koalition, muss die SPÖ sogar auf ein Volksbe­gehren zurückgreifen, das sie hier in der Lade hat und das sie dann mit ihrem Uralt­politiker Hannes Androsch als Gallionsfigur irgendwie durchsetzen möchte, damit we­


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nigstens von außen in irgendeiner Form Bewegung kommt. (Abg. Mag. Gaßner: Jetzt redet der Richtige davon, dass etwas uralt ist!) Jedenfalls, die Gesamtschule der
10- bis 14-Jährigen, das soll das Programm sein, das soll das sein, was hier durchge­setzt werden soll.

Dazu eine freiheitliche Position: Wir unterstützen jede Verbesserung der Hauptschule als Regelschule im gesamten ländlichen Bereich – auch wenn sie in Zukunft Mittel­schule heißen soll oder kann –, und zwar gerade im ländlichen Bereich mit der Mög­lichkeit der Durchlässigkeit bis zur Matura und bis zum Studium, jedoch nicht unter Auf­gabe des Gymnasiums in der Langform. Es muss beides, ein durchlässiges, ein geglie­dertes Schulsystem, nach wie vor erhalten bleiben – mit der Chance für alle. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Gaßner: Eine Elite brauchen wir doch noch! )

Über die reine Gesamtschule sagt Konrad Paul Liessmann: „Eine gemeinsame Schule mit demotivierten Lehrern wird eine katastrophal schlechte Schule sein.“

Oder ein anderes Zitat von Bernhard Seier: Führt man eine Gesamtschule ein, würde das dazu führen, dass jeder, der es sich finanziell leisten kann, seine Kinder in eine Privatschule schicken wird.

Das wollen wir verhindern. (Abg. Mag. Gaßner: Sind Sie für den sozialen Ausgleich? – Abg. Mag. Josef Auer: Sind Sie für soziale Gerechtigkeit?) Wir wollen auch die Mög­lichkeit haben, dass sich Eltern ein Bildungssystem aussuchen können, ohne über eine dicke Brieftasche zu verfügen. (Abg. Mag. Josef Auer: Warum seid ihr dann dage­gen?) Aber das wollen Sie nicht, denn wenn Sie es nämlich logisch weiterdenken, dann müssen Sie gleichzeitig, wenn Sie diese Gesamtschule einführen wollen, sämtli­che konfessionellen oder andere Privatschulen in diesem Altersbereich ebenfalls ab­schaffen. Und das möchte ich mir ebenfalls anschauen.

Wenn in einem Land die Gesamtschule öffentlich und generell eingeführt ist, so wie in Frankreich, in England, in den USA, wohin gehen dann ... (Abg. Dr. Matznetter: Finn­land!) Zu Finnland kommen wir noch, Kollege Matznetter. Seien Sie nicht so ungedul­dig! Ich werde mich schon damit beschäftigen. Aber gerade dort sieht man, wo die so­ziale Ungerechtigkeit hingeht. Dort geht man ins katholische Lycée, ins britische Inter­nat oder in die teure Privatschule in den USA, damit die Kinder dort eine andere Bil­dung bekommen. (Abg. Dr. Matznetter: Aber nicht zum Schaden der Kinder!) Also was zum Schaden der Kinder ist, da bin ich mir bei Ihrer Art der Bildungspolitik nicht ganz sicher, ob das nicht genau der Hauptpunkt wäre. (Beifall bei der FPÖ.)

Tatsache ist auch, dass interessanterweise genau die, die das gegliederte Schulsys­tem am meisten ablehnen, dann sogar ihre Kinder selbst in die Privatschulen schicken. Fragen Sie einmal Ihren Altkanzler Gusenbauer, wo der sein Kinderl hinschickt, oder fragen Sie einmal die Frau Stoisits, die Frau Volksanwältin, wo die ihre Kinder hin­schickt. Es sind alles die teuren Privatschulen. So sieht es in Wahrheit aus!

Das wollen wir nicht. Wir wollen, dass auch ein Kind aus einem Arbeiterbezirk oder aus einer Bauernfamilie eine gute und eine gerechte Bildungschance erfährt und nicht letzt­lich die Brieftasche entscheidet. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich könnte Ihnen jetzt viele Zitate von Wissenschaftlern bringen, ich habe einen ganzen Ordner davon.

Ich sage Ihnen eines: Gerechte Schule ist eine Schule der Leistung, und das ist das Entscheidende. (Abg. Dr. Matznetter: Wer sagt etwas dagegen?) Es darf die Leistung nicht diskriminiert werden, wie zum Beispiel durch Liberalisierung oder Abschaffung der Notengebung, durch eine Geringschätzung von Wissen (Abg. Mag. Johann Auer: Wer sagt das?), durch eine Vernachlässigung solider Sprachkenntnisse – das ist in Ös­terreich die deutsche Sprache – oder Verzicht auf Auswendiglernen oder zum Beispiel


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Kopfrechnen. Eine Bildung braucht Inhalte und nicht nur die Methode im Vordergrund. Wir brauchen einen fachlich fundierten Schulunterricht und nicht einen Kompetenzer­werb. Ich bin nicht gegen fächerübergreifendes oder vernetztes Lernen, aber um etwas vernetzen zu können, braucht man auch Inhalte. Das Vernetzen von Nullsummen bringt nämlich überhaupt nichts. Daher ist auch der Inhalt wichtig. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Gaßner: Oje! Oje!)

Zum Schluss meiner kurzen Ausführungen: Wer nichts weiß, muss alles glauben. Wir wollen einen mündigen Bürger, und das nicht durch irgendeine linke Bildungspolitik, aus den Händen der verantwortungsvollen Eltern genommen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Matznetter: Also Volksschule! Da sind in der Bildung dann alle gleichberech­tigt! – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

14.44


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mayer. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.44.40

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Ja, ich habe lange gebraucht. Ich habe eigentlich gedacht, es seien nur ein paar wirklich übriggebliebene christliche und zum Teil auch andere Gewerkschafter im Bereich der AHS, die noch so in der Vergangenheit hängen wie der Kollege Rosen­kranz. So was Ewiggestriges, wie hier vorgetragen wurde, habe ich lange nicht gehört. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Rosenkranz: Geh, geh, geh!)

Ich bedaure, ich habe Sie bisher für einen intelligenten Menschen gehalten, der zumin­dest das auch vertreten kann, was er hier sagt. (Abg. Dr. Rosenkranz: Alle anderen europäischen Länder können sehr gut damit leben!) Sie versprechen mir schon seit zwei Jahren, Sie kommen endlich mit Studien daher, die das belegen können. Sie ha­ben sie natürlich nicht. Aber das tut einfach so weh, das tut so weh, was Sie daher­bringen! (Abg. Dr. Rosenkranz geht mit einem dicken Ordner zum Rednerpult!) Ja, komm, komm! Ein bisschen schneller, Sie stehlen mir die Zeit. Geben Sie es her! (Abg. Dr. Rosenkranz – dem Redner den offenen Ordner hinhaltend –: Da schau! Das kannst du vorlesen!) Ja, legen Sie es hierher! Legen Sie es her da! Ich nehme es ger­ne mit. Lassen Sie es mir da! (Abg. Dr. Rosenkranz: Ich kopiere es! – Rufe und Ge­genrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Also das ist sowas von peinlich: Da kommt er her mit einem Bene-Ordner mit ein paar Zeitungskopien! Also bitte, sei mir nicht böse, Kollege Rosenkranz, so kann man nicht Bildungspolitik machen! Das tut sowas von weh, was Sie da aufführen. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist nur noch peinlich, und das ist eines Bildungssprechers einer relativ gro­ßen Parlamentsfraktion nicht würdig. Das, was Sie dargelegt haben, ist nur noch pein­lich, ist ewiggestrig und ist Gott sei Dank überholt. Das ist einfach sowas von peinlich! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Rosenkranz: Sagen Sie etwas zur Sache!)

Das Zweite: Sie fordern ein Jahr der Bildungsarbeit. (Abg. Dr. Rosenkranz: Ihnen geht es nicht um Bildung!) Seit Claudia Schmied hier ist, tut sie nichts anderes, als Re­formen, zum Teil auch gegen massiven Widerstand, auf die Beine zu stellen. (Abg. Dr. Rosenkranz: Wieso wissen Sie das? Betreiben Sie Gehirnforschung?) Sie ist wei­ter dran, Schritt für Schritt, beginnend bei den kleineren Klassenschülerzahlen, bis hin zu kleineren Gruppen, bis hin zur neuen Matura, bis hin zu Bildungsstandards. (Abg. Dr. Rosenkranz: Wunderbar!) Die Liste ist unendlich lang. (Abg. Mag. Josef Auer: Er weiß es eh!)

Sie wissen das und reden wider besseres Wissen einen solchen Stumpfsinn daher.
Ich muss Ihnen das sagen. Das tut sowas von weh, und das in einem österreichischen


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Parlament zu hören, das ist sowas von peinlich! (Abg. Dr. Rosenkranz: Lassen Sie Ih­re Sprechblasen, Herr Oberlehrer! Sie wollen die Bildungspolitik den Lehrern wegneh­men!)

Ich möchte aber jetzt wirklich zum Inhaltlichen kommen. Herr Kollege Kopf – jetzt geht er leider; das tut mir ein bisschen weh, denn mit Ihnen kann ich mich hier nicht be­fassen, das habe ich jetzt eingesehen –, mein Appell geht dahin – da muss ich mich auch nicht an die Grünen richten, sondern das geht tatsächlich an die ÖVP in diesem Haus –: Ich weiß, wir können keine moderne Bildungspolitik machen, wir können kei­nen entscheidenden Schritt setzen, wenn Sie nicht endlich Ja sagen, wenn Sie nicht endlich weggehen von dieser wirklich unseligen Schubladenpolitik, die wir seit Jahren betreiben.

Wir geben Kinder – und das wurde jetzt gerade bestätigt durch den Kollegen Rosen­kranz – möglichst schon mit acht, neun Jahren in die Schublade von Sonderschule, Hauptschule, Neue Mittelschule, AHS, und da sollen sie möglichst drin bleiben, ohne die Chancen für die Zukunft zu nützen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie wissen es. Re­den Sie mit Ihren Lehrern, die in den Pflichtschulen tätig sind, reden Sie mit den Eltern, reden Sie mit den Wirtschaftskämmerern, reden Sie mit der Industriellenvereinigung, reden Sie mit der katholischen Kirche, reden Sie, mit wem Sie wollen, Sie werden fest­stellen: Jawohl, wir brauchen eine gemeinsame Schule, wo man die neuen Erkennt­nisse, wie man denn unterrichten soll, auch tatsächlich umsetzt, indem man schaut, wie man Begabte optimal fördern und sie gleichzeitig in soziale Strukturen mit einbin­den kann, die wir brauchen für die Zukunft – Schlagwort: Sozialkompetenz.

Wenn wir diesen Schritt nicht schaffen im kommenden Jahr, dann ist jede Bildungsre­form zum Scheitern verurteilt. (Abg. Dr. Rosenkranz: Aber geh!) Wir müssen diesen Schritt gemeinsam schaffen, sonst wird man zu Recht sagen, diese große Koalition ist in der Bildungspolitik gescheitert. (Abg. Ing. Westenthaler: Nicht nur dort!) Und das wollen wir nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

14.48


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Walser. 7 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.48.55

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Kollege Elmar Mayer, ich kann deine Verzweiflung ver­stehen. Es ist wirklich schwer. Ich kann gut nachvollziehen, dass man an dieser ÖVP in Bildungsfragen verzweifelt. Das geht in dem Fall auch mir so.

Ich habe gestern meine Rede mit einer positiven Botschaft begonnen. Ich möchte sie auch heute eigentlich mit einer positiven beginnen. (Abg. Amon: Ein guter Vorsatz!) Das ist mir jetzt nicht gelungen in dem Fall.

Herr Rosenkranz, es betrifft die FPÖ. Es gibt auch in der FPÖ vernünftige Kräfte. (Bei­fall bei der FPÖ. – Abg. Kitzmüller: Ja, das ist so! – Abg. Vock: Gut! Das ist gut!) Das ist die gute Botschaft des heutigen Tages. Ich darf die Abgeordnete und Bildungsspre­cherin der FPÖ im Vorarlberger Landtag zitieren, die vehement die gemeinsame Schu­le der 10- bis 14-Jährigen fordert. Bravo! (Beifall bei der SPÖ.) Weiter so! Vielleicht geht das ein bisschen ringsum.

Die Kärntner FPK haben Sie offensichtlich auch nicht so richtig im Griff, denn auch die Kärntner FPK – sie ist vielleicht noch ein bisschen verseucht vom BZÖ, ich weiß es nicht – ist für die gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen. Lesen Sie also auch ein bisschen das, was in Ihrer Partei dazu gesagt wird. Sie können noch viel dazulernen.


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Viel dazulernen allerdings muss auch diese Bundesregierung in mehrfacher Hinsicht, aber auch hier eine positive Botschaft: Nach 15 Jahren hat diese Regierung – na gut, inzwischen haben sich die Regierungen ein bisschen geändert –, nach 15 Jahren hat man gemerkt, dass beispielsweise die Schulbuchaktion ein ökonomischer Unsinn ist, dass man für die Administration mehr Geld verwendet hat, als dann schlussendlich he­reingekommen ist mit dem Selbstbehalt der Schülerinnen und Schüler beziehungs­weise eigentlich der Eltern. Man hat nach 15 Jahren nun ein Einsehen und gibt das auf. Bravo! Inzwischen hat man aber der Bevölkerung 150 Millionen € aus der Tasche ge­zogen. Sinnlose Geldvernichtung!

Und solche sinnlosen Geldvernichtungsaktionen kann ich Ihnen mehrere bieten. Das betrifft natürlich vor allem die Details des Unterrichts. Ich möchte daran erinnern, dass das Wiederholen von Klassen ein pädagogischer Unsinn ist und auch ein ökonomi­scher Unsinn ist. Kein Pädagoge kann erklären, warum eine Schülerin oder ein Schü­ler, der in einem Fach ein Nichtgenügend hat, alle anderen Fächer auch wiederholen muss. Das kostet das Budget 280 Millionen €, das kostet zusätzlich die Eltern für Nach­hilfestunden und so weiter an die 500 Millionen €. So die Arbeiterkammer. Das können wir uns sparen.

Damit hätten wir zarte Pflänzchen der Reform in den Budgets der vergangenen Jahre drinnen gehabt. Wir haben beispielsweise Budgetposten für die modulare Oberstufe, dass also Schülerinnen und Schüler dann jeweils nur noch jenes Fach wiederholen müssen, in dem sie tatsächlich negativ sind. Das ist der Kern der modularen Oberstufe. Und wo kürzen wir jetzt in diesem Budget? – Genau hier in diesem Bereich! 1 Million, 2 Millionen, 3 Millionen € in den nächsten Jahren. Es sind keine großen Beträge, aber halt leider der absolut falsche Weg.

Skandalös, muss ich sagen, ist die, wie Sie es umschreiben, Redimensionierung von Investitionen. Das heißt schlicht und einfach, Sie setzen das Bundes-Behinderten­gleich­stellungsgesetz nicht um, Sie setzen internationale Vorgaben nicht um, Sie sparen hier an jenen, die es am notwendigsten haben, die keine Lobby haben. Auch dieser Bereich des Sparens, meine Damen und Herren, ist für uns nicht nachvollziehbar.

Noch einmal zum Stichwort Pisa. Ich habe gestern kurz über Polen gesprochen, und schauen wir uns Deutschland an. Deutschland hat in den letzten Jahren massiv aufge­holt. Deutschland hat aus dem Schock – in Deutschland war es vor allem das Jahr 2003, das eine entsprechende Schockwelle ausgelöst hat – gelernt, hat massiv investiert. 4 Milliarden waren es in dem Bereich der Ganztagsangebote. Da sind die 80 Millionen, auch wenn man das mal zehn nimmt, ein vergleichsweise geringer Betrag. Heute ha­ben wir in Deutschland 20 Prozent der Schülerinnen und Schüler, die hier drinnen sind

Heute können die Deutschen aber auch in anderer Hinsicht die Früchte ihrer Reformen ernten, wenn ich etwa daran erinnere, dass in vielen Bundesländern das dreigliedrige System zurückgefahren wurde in ein zweigliedriges und in den erfolgreichsten Bundes­ländern Sachsen, Thüringen – (Abg. Dr. Rosenkranz: Bayern, Baden-Württemberg!) – in Bayern leider nicht, ich habe es gerade gesagt –, genau in diesen zwei Bundeslän­dern, die Einführung der gemeinsamen, der wirklich gemeinsamen Schule der bis zu Vierzehnjährigen diskutiert und angedacht ist.

Die Deutschen sind auf einem guten Weg, die Deutschen haben sich in den letzten Jahren auch deutlich weiterentwickelt. Wir hingegen sind in unseren Plänen – keines­wegs in dem, was wir umgesetzt haben – leider immer noch viel zu bescheiden. Und was tun wir? – Ich habe gestern schon den Herrn Finanzminister zitiert, ich möchte heute noch einmal ein Zitat von ihm bringen. Gestern war es eines, wo er auf die Volksschullehrerinnen und -lehrer eingeprügelt hat, wo er ihnen die Schuld an Pisa zu­geschoben hat, er hat aber in einem pädagogischen Ringsum-Schlag auch die Haupt­schullehrer bedacht.


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Ich zitiere hier, was uns der Sprecher des Herrn Finanzministers ausrichten lässt: „Es sind Zweifel angebracht, die Gesamtschule als Allheilmittel anzupreisen, in der gute und schlechte Lehrer, gute und schlechte Schüler durcheinander gemischt werden.“

Meine Damen und Herren, was sind denn gute und schlechte Lehrer nach dieser Lo­gik? – Die guten sind in der AHS, und die schlechten sind in der Hauptschule? (Abg. Dr. Rosenkranz: Nein, das hat keiner gesagt!) Wenn mir jemand eine andere Interpre­tation dieses Satzes sagen kann, dann setze ich einen Preis aus. (Abg. Dr. Rosen­kranz: Es ist sozial nicht gerecht!) Das können Sie nicht! Und das ist eine Unver­schämtheit gegenüber jenen Lehrkräften, die Sie in der Schule alleine lassen (Abg. Dr. Rosenkranz: Wann haben Sie zuletzt mit Gymnasialdirektoren geredet?), denen Sie keine Möglichkeit geben, das zu verwirklichen, was Pädagoginnen und Pädagogen verwirklichen wollen: eine sozial gerechte Schule, eine Schule, in der alle Kinder die gleichen Chancen haben und in der es keine Privilegierten gibt.

Landesrat Stemer hat in Vorarlberg ganz deutlich gesagt, was er will: 20 Prozent in die AHS, 80 Prozent in die Hauptschule. Das ist ÖVP-Politik pur! Sie sind die Partei der Privilegierten. Das sehen wir im Steuersystem, das sehen wir in allen anderen Berei­chen und jetzt halt auch im Schulbereich. Im Schlepptau haben Sie die Freiheitlichen. Ich habe vorhin mit Alexander Van der Bellen diskutiert, wer da wen stärker ansteckt, die Freiheitlichen die ÖVP oder umgekehrt. Tatsache ist, dass Sie hier offensichtlich eine ziemlich kleinkoalitionäre Koalition andenken; im Bildungsbereich sind Sie schon sehr, sehr weit.

Wir werden diesbezüglich energischen Widerstand leisten (lebhafte Heiterkeit des Abg. Rosenkranz), wir werden im Interesse der Schülerinnen und Schüler dieses Landes dafür sorgen, dass Sie diese Pläne nicht umsetzen können und wir im österreichischen Schulwesen endlich die entscheidenden Schritte machen, Schritte, die von Eltern mas­siv eingefordert werden, die von den Lehrkräften massiv eingefordert werden und die in den nächsten Jahren kommen müssen. Wir müssen aber unmittelbar jetzt damit star­ten. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

14.57


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich erinnere daran, dass sowohl der Vorredner der grünen Fraktion als auch der Redner der FPÖ-Fraktion die Entschließungsanträge, die sie einzubringen beabsichtigten, nicht eingebracht haben.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Amon. 5 Minuten Rede­zeit sind eingestellt. – Bitte.

 


14.57.55

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich habe durchaus ein gewisses Verständnis, insbesondere so kurz vor Weihnachten, wenn hier in der Nostal­gie verhaftete Spätachtziger einer Eintopfschule das Wort reden. (Beifall bei der ÖVP.)

Jene, die das wollen, mögen in diesem nostalgischen Bild verhaftet bleiben und mögen sich den Reformen entgegenstellen. Alle, die sich in der Bildungspolitik ein wenig aus­kennen, alle Experten der OECD, alle Pisa-Experten, werden Ihnen sagen und bestä­tigen, dass die Frage der Organisationsform der Schule nicht das Relevante ist, das ei­gentlich Relevante ist die Frage der Inhalte.

Meine Damen und Herren, ich möchte, weil ich glaube, dass auch die Ergebnisse der letzten Pisa-Studie eine starke Betroffenheit in Österreich ausgelöst haben, doch ein paar Worte sagen. Ich glaube, man sollte da nicht so nonchalant darüber hinweggehen und der Meinung sein, alles, was da geschrieben steht, ist auch schon sakrosankt. Denn es ist schon bemerkenswert, dass, wenn eine solche Studie präsentiert wird, schon Ta­


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ge zuvor die OECD mitteilt, dass die Daten, die veröffentlicht werden, nur unter gro­ßem Vorbehalt überhaupt veröffentlicht werden. (Abg. Dr. Walser: Dann lesen Sie was über PISA 2003 oder 2006! Das ist effizient genug!)

Sie wissen, in welcher aufgeheizten Stimmung diese Testungen stattgefunden haben, Sie wissen, dass es Boykott-Aufrufe der Schülervertretung gegeben hat, dass es hefti­ge Auseinandersetzungen zwischen dem Bildungsministerium und der Lehrerschaft zu diesem Zeitpunkt gegeben hat und dass daher die Validität, die Gültigkeit dieser Tes­tungen sehr infrage zu stellen ist. (Abg. Dr. Walser: Das ist auch eine Möglichkeit: Au­gen zu und durch!)

Aber, meine Damen und Herren, wenn wir schon die Testungen ernst nehmen und wenn wir auch unterstellen, es würde alles passen, dann möchte ich jenen, die so PISA-gläubig sind, einmal eine Frage stellen. Es sind nämlich genau jene, die üblicherweise gegen punktuelle Testungen auftreten. (Ruf bei der ÖVP: Genau! Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es sind jene, die gegen jede Form von Aufnahmeprüfung sind, weil sie sa­gen, dass da nur die Tagesverfassung eines Kindes zählt und es keine Möglichkeit gibt, eine Prognose aufgrund einer Testung an einem Tag zu erstellen.

Ja, was ist denn PISA? PISA ist nichts anderes als eine Testung an einem Tag, und zwar einer Altersgruppe in drei Fächern. (Zwischenrufe des Abg. Dr. Matznetter.) Und was leiten Sie daraus ab? – Eine Systemdiskussion. Und das ist völlig verfehlt, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP. Zwischenrufe bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Walser.)

Man muss das aber natürlich ernst nehmen. Schon die letzten Studien senden uns die Botschaft, dass – und das sind eben dann die Details dieser Ergebnisse, Herr Kollege Matznetter – ein Viertel der Fünfzehnjährigen offenbar – und da streite ich jetzt nicht, ob das 22, 25, 27 Prozent sind – nicht sinnerfassend lesen kann. Tragisch genug! Es ist die Frage berechtigt, wo die Ursache liegt. (Abg. Dr. Matznetter: Hanebüchen! Un­sinn!)

Ich glaube, Frau Bundesministerin, dass wir auch im Regierungsübereinkommen ein paar sehr interessante Ansätze haben, die wir umsetzen müssen, etwa die Frage der Sprachstandsfeststellung. Wir haben die Schuleinschreibung auf das 5. Lebensjahr vorverlegt, um zu schauen: Kann das Kind die Unterrichtssprache? Ist das Kind imstande, dem Unterricht zu folgen? (Abg. Dr. Matznetter: Nach dem PISA-Test!)

Die Frage ist aber: Wie standardisiert läuft diese Überprüfung der Unterrichtssprachen­kenntnisse ab? Ist das nur ein Fragen nach dem Namen, oder gibt es hier ein Proce­dere, ein standardisiertes Verfahren, um das festzustellen? Was ist die Konsequenz, wenn ein Kind die Unterrichtssprache nicht beherrscht? (Zwischenrufe der Abgeord­neten Dr. Walser und Dr. Matznetter.) Gehen wir dann in Richtung einer verpflich­tenden Vorschule, um einem Kind die Unterrichtssprache beizubringen, oder hoffen wir darauf, dass das im Kindergarten umgesetzt wird? Die Idee, da einen Kindergartenbil­dungsplan zu entwickeln, ist zweifelsohne ein richtiger Ansatz. (Präsidentin Mag. Pram­mer übernimmt den Vorsitz.)

Wir haben eine gemeinsame Schule in Österreich, die Volksschule, die gemeinsame Schule der Sechs- bis Zehnjährigen ist das, in sich undifferenziert. Und wir haben am Ende dieser Schule zum Teil dramatische Probleme: Die Kinder beherrschen die Kul­turtechniken nicht: nicht Lesen, nicht Schreiben, nicht Rechnen. Auch das drückt uns ja PISA aus. Also ist es offensichtlich nicht die Organisationsform das Problem, sondern die Frage des Inhaltes. Konzentrieren wir uns wieder auf die wesentlichen Dinge und nicht auf die ganze Lyrik, die drumherum aufgebaut wird. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Dr. Matznetter: Aufwachen! 15 Jahre ... !)


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Insgesamt, meine Damen und Herren – und wir debattieren ja das Budget, ich möchte auch der Frau Bildungsministerin zu diesem Budget gratulieren –, ist es ein sehr or­dentliches Budget, das zukunftsweisend ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Moser.) Dass es aber auch im Wissenschaftsressort so ist, dass wir in beiden Res­sorts 80 Millionen € zusätzlich in unsere jungen Menschen investieren, ist auch dem Herrn Finanzminister zu danken. Er ist heute durch den Herrn Staatssekretär vertreten. Ich glaube, das sind wichtige und richtige Signale, die zeigen, dass uns Bildung, Wis­senschaft und Forschung ganz, ganz wichtige Anliegen sind, meine Damen und Her­ren. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, dass wir die Schule in Richtung mehr Autonomie für den Einzelnen weiter­entwickeln müssen. Wenn Sie Länder, die in der PISA-Studie gut abschneiden, be­trachten, ist das Schulbuch vielleicht ein schlechtes Beispiel, Herr Kollege Walser, denn in Finnland entscheiden die regionalen Schoolboards über die Frage der Schulbücher. In einer reichen Gemeinde gibt es dort ein Gratisschulbuch, und wenn es eine ärmere Gemeinde ist, müssen die Eltern das Schulbuch kaufen.

Ein solches Modell, meine Damen und Herren, wollen wir in Österreich nicht, und das bringt auch zum Ausdruck, dass man nicht ein System, das in einem anderen Land his­torisch gewachsen ist, eins zu eins über unser System drüberstülpen kann. Man muss das eigene System weiterentwickeln. Autonomie der Schule heißt mehr Verantwortung an der Schule, heißt ein mittleres Management in der Schule, heißt, dem Lehrer und insbesondere dem Direktor mehr Kompetenzen in Personalfragen zuzuordnen  in der Frage der Klassenschülerhöchstzahl, in der Frage der Teilungszahlen. (Abg. Dr. Wal­ser: Da ist niemand dagegen!)

Das ist das Zukunftsprogramm. Und wir, Frau Bundesministerin, sind uns ja auch einig: Das sind Punkte, die im Regierungsprogramm stehen und die der Umsetzung harren. Ich glaube, wir sollten diese leidige Diskussion über die Organisationsform, die uns Spätachtundsechziger hier aufs Auge drücken wollen, beenden, und wir sollten endlich in die Offensive kommen bei der Bildungspolitik. (Beifall bei der ÖVP. Zwischenruf des Abg. Dr. Walser.)

15.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Haubner gelangt nun zu Wort. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Schluss mit Hippie-... !)

 


15.05.00

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich kann mich hier dem anschließen, was Kollege Amon gesagt hat: Wir müssen endlich in die Offensive kommen, was Schul- und Bil­dungspolitik anbelangt.

Nur, wenn ich mir jetzt diese Debatte anhöre, dann schleicht sich bei mir schon das Gefühl ein, dass die Schuldebatte nach wie vor eine sehr ideologisch behaftete ist und manche eigentlich stehen geblieben sind und den Blick eher in die Vergangenheit rich­ten als in die Zukunft. (Abg. Amon: 68! Abg. Dr. Matznetter: 2068!) Ich bin kein Acht­undsechziger, nein, bin ich nicht, aber ich richte den Blick in die Zukunft, was die Schu­le anbelangt. Schule muss weiterentwickelt werden und kann sich nicht an einem Be­reich, nämlich an der gemeinsamen Schule der Sechs- bis Vierzehnjährigen, orientie­ren. Es ist ein wichtiger Teil davon, aber das allein ist nicht die Schulreform.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Schule muss heute ein moderner pädagogi­scher Dienstleister sein, muss ein Dienstleistungsangebot haben und muss vor allem der veränderten Familienwelt, aber auch der veränderten Arbeitswelt, in die unsere Ju­gend hineinwächst, gerecht werden. Die jungen Menschen müssen nicht nur das Recht


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auf Bildung haben, sondern sie müssen auch die Möglichkeit haben, in einer Schule er­folgreich zu lernen – und erfolgreich lernen ist für jeden etwas anderes.

Der eine, der mehr gefördert gehört, der zwar Stärken hat, aber auch sehr viele Schwä­chen, der wird anders erfolgreich lernen als derjenige, der hochmotiviert, hochtalentiert ist. Und das, glaube ich, sind die zwei wichtigsten Ziele, die wir im Bereich der Schul- und Bildungspolitik vor Augen haben müssen. Das vorliegende Budget, Frau Bundes­ministerin, ist das einzige, das ohne massive Kürzungen auskommt. Sie haben sogar ein Plus von 6,1 Prozent.

Die begonnenen Maßnahmen der letzten Jahre, wie Senkung der Klassenschüler­höchstzahl, Lehre mit Matura, Neue Mittelschule, aber auch das Nachholen von Bil­dungsanschlüssen, können fortgeführt werden. Sie bezeichnen das in einer Aussen­dung als Offensivmaßnahmen. Ob das offensiv fortgeführt werden kann, bezweifle ich trotzdem bei diesem Budget, denn gekürzt werden unter anderem auch die Schulbeihil­fen. Das ist für mich sehr familienfeindlich. Dafür gibt es aber wieder relativ viel Geld für neue Institutionen, wie zum Beispiel das BIFIE. 5,5 Millionen werden dort einge­bracht.

Daher müssen wir uns in diesem Bereich nicht nur mit dem PISA-Ergebnis befassen, denn PISA öffnet uns vielleicht wieder die Augen oder zeigt uns, dass wir mit einer Re­form im Schulwesen einfach zu lange warten. Ich glaube, dass wir in dieser Zeit unsere Kraft und Energie nicht darauf verwenden sollten, Schuldzuweisungen zu treffen, wer für PISA verantwortlich ist und wer nicht. Es gibt viele Gründe.

Wir dürfen auch nicht vernachlässigen, dass in der Familie auch schon Gründe liegen, warum Kinder heute so wenig oder auch so schlecht lesen können. Also daher halte ich nichts von Schuldzuweisungen. Ich halte auch nichts vom politischen Hick-Hack, denn ich glaube, es muss uns allen endlich gelingen, dass die Schule zu einer partei­politikfreien Zone wird. (Beifall beim BZÖ.) Ich sage nicht zu einer politikfreien, aber ei­ner parteipolitikfreien Zone, in der sich vieles ändern muss, sich vieles weiter entwi­ckeln muss und in der Gutes bestehen kann  aber nicht so, dass man auf den ver­schiedensten Dingen beharrt.

Für uns vom BZÖ ist es ganz, ganz wichtig, dass Reformen eingeleitet werden. Frau Ministerin, Sie haben ja selbst schon Reformen angekündigt – oder kündigen sie stän­dig an. Sie wissen selbst, dass wir eines der teuersten Schulsysteme haben, aber auch ein Schulsystem mit mittelmäßigen Ergebnissen. Die Zahlen werden immer wieder ge­nannt: Wir haben 15 Prozent Schülerinnen und Schüler, die keinen Pflichtschulab­schluss haben  das ist beängstigend. Wir haben in etwa ein Viertel der Schüler, die nicht sinnerfassend lesen können – das ist mindestens genauso beängstigend.

Ich glaube auch, dass die finanziellen Mittel nicht richtig gewichtet sind. Wenn ich mir das Budget anschaue: Da sind für die Schulaufsichtsorgane, die Personalkosten für die Schulaufsichtsorgane, 76 Millionen € veranschlagt, und für die Neue Mittelschule  wo es jetzt wieder eine Diskussion wegen der 10-Prozent-Klausel gibt, gegen die wir im­mer gewesen sind  sind 27 Millionen € vorgesehen. Also für die unmittelbare Bildung gibt es relativ wenig, aber für die Erhaltung eines Apparates der Schulaufsichtsorgane ein Dreifaches. Das, denke ich, ist in der Zukunft einfach nicht mehr tragbar

Wir vom BZÖ wissen, dass sich vieles ändern muss. Wir haben als Oppositionspartei, die sich Gedanken über die Zukunft macht, ein Bildungskonzept erstellt, wo es um sechs ganz wesentliche Punkte geht:

Einerseits gehört die Schulverwaltung reformiert und entpolitisiert. Mehrgleisigkeiten ge­hören beseitigt, Landesschulräte in der Form und Bezirksschulräte gehören abgeschafft. Man kann sich neue Formen von Bildungsdirektionen überlegen.


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Zweitens muss die Schulautonomie gestärkt werden. Bei den Schulen ist wichtig, dass sie als autonome Einrichtungen die Personalhoheit haben, dass sie selbst entscheiden können und dass auch Verwaltung und pädagogische Arbeit getrennt ist.

Drittens brauchen wir ganz dringend ein neues Lehrer-Dienst- und Besoldungsrecht. Daran soll angeblich gearbeitet werden – ich hoffe nur, dass Sie nicht wieder am Wi­derstand der schwarzen Gewerkschaft scheitern, Frau Bundesministerin.

Der vierte Punkt ist die Integration, ein ganz wesentlicher Teil einer funktionierenden Schule, Integration mit entsprechender Sprachförderung schon im Vorschulalter.

Die schulische Tagesbetreuung gehört ausgebaut, aber schulische Tagesbetreuung muss ein freiwilliges Angebot sein, denn letztendlich müssen und sollen die Eltern ent­scheiden, was sie wollen. Natürlich muss es auch die gemeinsame Schule geben, die als ein Teil des Angebotes in einem modernen Schulsystem vorgegeben werden kann.

Ich persönlich glaube, dass die Erfahrungen bisher auch gezeigt haben, dass die ge­meinsame Schule nicht eine leistungslose Schule ist, denn wenn mit neuen Unter­richtsmethoden gearbeitet wird, dann werden Kinder nicht in Gruppen getrennt, in leis­tungsschwache und besonders talentierte Kinder, sondern sie werden gefördert und gefordert. Das, glaube ich, ist auch der Sinn und Zweck eines funktionierenden Schul­systems.

Ich darf daher einen Antrag einbringen, in dem wir klar zum Ausdruck bringen wollen, dass wir an einer Allianz für Bildung interessiert sind, wo wir alle einladen, über die Parteigrenzen hinweg, hier in diesem Parlament an einem gemeinsamen Weg zu ar­beiten, an einer Allianz für Bildung, und zwar unter dem Titel „Weg mit ideologischen Scheuklappen, her mit echten Reformen!“

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haubner, Markowitz, Petzner, Kollegin und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur sowie die Bundeministerin für Wissenschaft und Forschung werden aufgefordert, unter Einbindung aller parlamentarischen Fraktionen und gesellschaftlich relevanter Gruppen entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um eine echte und nachhaltige Schulreform in Österreich so rasch wie möglich umzusetzen.“

*****

Ich bitte Sie, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, diese Einladung, dieses Angebot anzunehmen, diesen Antrag zu unterstützen, denn es geht letztendlich um un­sere Kinder und nicht um machtpolitische Interessen, und wie Rechnungshofpräsident Moser einmal auch in diesem Zusammenhang gesagt hat: Wenn wir in der Schule nichts tun, dann frisst die Vergangenheit die Zukunft auf! Das wollen wir sicher alle nicht. (Beifall beim BZÖ.)

15.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 223

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner, Stefan Markowitz, Stefan Petzner Kollegin und Kol­legen betreffend Allianz für Bildung – „Weg mit ideologischen Scheuklappen, her mit echten Reformen!“

eingebracht in der 91. Sitzung des Nationalrates, am 21. Dezember 2010 im Zuge der Debatte zu TOP 1, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.) (Unter­gliederung UG 30)

Die Ergebnisse der jüngsten PISA-Studie zeigen Wirkung:

Für die Österreicher ist eine große Schul- und Bildungsreform das wichtigste Polit-The­ma für das Jahr 2011. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Linzer market-Instituts für den "trend", die das Wirtschaftsmagazin in seiner am Montag erscheinenden Aus­gabe veröffentlicht. 84 Prozent der Befragten halten eine Bildungsreform demnach für "ganz besonders wichtig" bzw. "eher wichtig".

Aber auch Politik und Wirtschaft sehen das PISA-Ergebnis als Appell und Chance, Schulreformen ohne ideologische Barrieren zu starten, wie nachfolgende Zitate bestä­tigen:

SPÖ -Bundeskanzler Werner Faymann:

„Ministerrat - Faymann zur Bildungsreform: 2011 muss das Jahr der Entscheidungen sein!

Die Bildungsreform müsse außerdem unabhängig von der Parteipolitik vorangetrieben werden“

OTS0171 / 07.12.2010

SPÖ-Landesparteivorsitzender NÖ LHStv. Dr. Sepp Leitner

„Leitner: PISA-Ergebnisse sind Auftrag die Bildungsreform von BM Schmied endlich umzusetzen – Alte, machtorientierte Standespolitik gehört abgelöst

St. Pölten (OTS/SPI) - "Die schlechten PISA-Ergebnisse sind in keinster Weise zu be­schönigen - vielmehr sind sie ein Auftrag die Bildungsreform von BM Claudia Schmied endlich umzusetzen. Die Interessen der PädagogInnen, der Eltern und vor allem der SchülerInnen dürfen nicht auf der Strecke bleiben.“

OTS0060 / 08.12.2010

Grüne Bildungssprecher Dr. Harald Walser:

„Walser zu katastrophalem PISA-Absturz: Grüne fordern grundlegendes Umdenken in der Bildungspolitik.

Wien (OTS) - "Das unverantwortliche Treiben der Herren Pröll, (E.) Pröll, Faymann und Co muss ein Ende haben, die Zeit der politischen Sonntagsreden ist vorbei. Österreich muss eine grundlegende Bildungsreform angehen", reagiert Harald Walser, Bildungs­sprecher der Grünen, auf die Vorabmeldungen, wonach Österreich auf Platz 31 von 34 Ländern abgestuerzt ist.“ OTS0202 / 06.12.2010

FPÖ Bildungssprecher Walter Rosenkranz:

„Bildungssprecher der Parlamentsparteien an einen Runden Tisch! Nachdem Ministe­rin Schmied in ihrer ersten Bestürztheit einen 'nationalen Kraftakt' zum Wohle des ös­terreichischen Bildungswesens gefordert hat, lässt sie inzwischen bereits wieder An­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 224

strengungen vermissen, alle Bildungssprecher der Parlamentsparteien zu einem Run­den Tisch einzuladen." OTS0229 / 10.12.2010

ÖGB-Präsident Erich Foglar:

„Zukunftsthema Bildung umfassend diskutieren Barrieren abbauen, gleiche Chancen für alle jungen Menschen:

Wien (OTS/ÖGB) - "Die aktuelle Diskussion über das Bildungssystem geht am eigent­lichen Thema vorbei", sagt ÖGB-Präsident Erich Foglar. "Wir brauchen ein Schulsys­tem, das allen jungen Menschen die gleichen Chancen eröffnet und das die finanziel­len Mittel bestmöglich im Sinn der Bildung einsetzt. Der ÖGB-Vorstand hat heute seine Schwerpunkte für das kommende Jahrdiskutiert, Bildung als eines der wichtigsten Zu­kunftsthemen steht ganz oben auf der Liste. "Wir brauchen ein Gesamtkonzept und kein Flickwerk, wir brauchen Zukunftsorientierung statt eines bildungspolitischen Schre­bergartens", sagte Foglar.“

OTS0280 / 22.11.2010

ÖGB-Oberhauser zu Pisa: Umsetzungskompetenz gefragt – Zukunftsorientiertes Bil­dungskonzept rasch verwirklichen

Wien (OTS/ÖGB) - "Wir müssen das manchen liebgewordene Verhinderungsritual durchbrechen und bei der anstehenden Bildungsreform Umsetzungskompetenz bewei­sen", fordert ÖGB-Vizepräsidentin Sabine Oberhauser rasches, zukunftsorientiertes Handeln als Reaktion auf die schlechten Pisa-Ergebnisse. OTS0095 / 07.12.2010

UGöD: Reinhart Sellner, Vertreter der Österreichischen LehrerInneninitiative – Unab­hängige GewerkschafterInnen in der ARGE LehrerInnen der GöD:

„UGöD zu PISA: Schulsystemfehler beheben! Unabhängige GewerkschafterInnen in der GÖD fordern als PISA-Konsequenz Schulreformen und keine Ausreden - Schluss mit den Kürzungen der Bildungsbudgets!

Wien (OTS) - PISA hat einmal mehr dem österreichische Schulsystem ein schlechtes Zeugnis ausgestellt - und zwar dem Gesamtsystem. Es ist das österreichische Bil­dungs-System, das Reformen notwendig hat. Es sind die Kinder und Jugendlichen, oh­ne Unterschied ihrer Herkunft, die diese Reformen brauchen," fordert Reinhart Sellner, vom Vorsitzteam der Unabhängigen GewerkschafterInnen im öffentlichen Dienst (UGöD) und Vertreter der Österreichischen LehrerInneninitiative – Unabhängige Gewerkschaf­terInnen in der ARGE LehrerInnen der GöD.“ OTS0226 / 07.12.2010

AK Präsident Herbert Tumpel:

AK fordert Einberufung eines nationalen Bildungsdialogs – Tumpel: Absturz muss Weck­ruf für Beschleunigung der Schulreformen sein - 10-Prozent-Grenze bei neuer Mittel­schule muss weg!

Wien (OTS) - „Der Absturz Österreichs in der neuen Pisa-Studie muss ein Weckruf sein. Mit der Beschleunigung der Schulreform nicht länger gewartet werden kann. Es ist alarmierend, wie viele Jugendliche bei uns nicht gut genug lesen können oder in Mathematik Schwierigkeiten haben. Hier geht es um die Zukunftschancen der Jugend, Warten ist daher geradezu fahrlässig“, erklärt AK Präsident Herbert Tumpel. Des-
halb fordert die AK die Einberufung eines nationalen Bildungsdialogs.“ OTS0140 / 07.12.2010

Präsidentin der Wirtschaftskammer Wien Brigitte Jank:

„Heimisches Bildungsniveau wird für Wirtschaft zum Problem - WK Wien-Präsidentin Jank und Bildungsexperte Salcher fordern Bildungsreform


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 225

Wien (OTS) - Seit Jahrzehnten herrscht in der österreichischen Bildungspolitik Reform­stau. Die Konsequenzen daraus werden von Tag zu Tag sichtbarer - und nicht nur durch das internationale PISA-Ranking."PISA dokumentiert nur ein weiteres Mal, wel­chen Problemen sich die heimischen Betriebe bei der Suche nach qualifizierten Mitar­beitern ausgesetzt sehen", erklärt Brigitte Jank, Präsidentin der Wirtschaftskammer Wien. Ganz besonders betroffen ist hier das Bundesland Wien, wo mittlerweile knapp 70 Prozent der Betriebe laut einer aktuellen Befragung klagen, Schwierigkeiten bei der Suche nach ausreichend qualifizierten Pflichtschulabgängern zu haben und wo die PISA-Ergebnisse weit unter dem Österreich-Schnitt liegen. "Wir befinden uns in einer Nega­tivspirale, die es dringend aufzulösen gilt", sagt Jank in einer gemeinsamen Presse­konferenz mit dem österreichischen Bildungsexperten Andreas Salcher.“ OTS0151/ 13.12.2010

Industriellenvereinigung (IV), Generalsekretär Mag. Markus Beyrer:

„Industrie zu PISA: Unüberhörbarer Weckruf für heimische Bildungspolitik – IV-GS Beyrer: Studie zeigt Handlungsbedarf klar auf - keine Zeit mehr zu verlieren - Gegen Nivellierung nach unten

Wien (OTS/PdI) - Als "unüberhörbaren Weckruf für die heimische Bildungspolitik" be­zeichnet der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV) Mag. Markus Beyrer die Ergebnisse des aktuellen PISA-Tests. Es sei nicht länger hinzunehmen, "dass durch bildungspolitischen Stillstand, parteipolitischen Kleinkrieg und Bund-Länder-Machtinter­essen die Zukunft unserer Kinder auf das Spiel gesetzt wird. PISA zeigt den Hand­lungsbedarf klar auf.“

OTS0099 / 07.12.2010

Vorsitzende der AHS-Gewerkschaft Eckehard Quin:

Bahn frei für Qualitätsoffensive an den Schulen

Wien (OTS) - Als "Jahrhundertchance" sieht Eckehard Quin, der Vorsitzende der AHS Gewerkschaft, die PISA-Ergebnisse. "Vielleicht sind die Ergebnisse Anstoß für die Bil­dungspolitik, endlich vom Reiten ideologischer Steckenpferde abzugehen und sich sinn­vollen Reformen zuzuwenden, wie sie die Lehrergewerkschaft seit vielen Jahren for­dert", hofft Quin.“

OTS0098 / 08.12.2010

Diese Aussagen bestärken uns im Glauben an einen von uns mehrfach geforderten gemeinsamen Weg für Österreich in dieser Frage. Das BZÖ ist bereit, eine „Allianz für Bildung“ quer über alle Parteigrenzen hinweg zu bilden und zu unterstützen. Jeder Re­former, jeder Erneuerer ist eingeladen und herzlich willkommen, gemeinsam mit dem BZÖ für die Zukunft unserer Kinder zu kämpfen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur sowie die Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung, werden aufgefor­dert, unter Einbindung aller parlamentarischen Fraktionen und gesellschaftlich relevan­ter Gruppen entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um eine echte und nachhaltige Schulreform in Österreich so rasch wie möglich umzusetzen.“

*****

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 226

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Bundesministerin Dr. Schmied. – Bitte.

 


15.14.09

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Hohes Haus! Für den Bil­dungsbereich  zu diesem möchte ich jetzt Stellung nehmen, zu Kunst und Kultur möchte ich dann nach den Kultursprechern Bezug nehmen  sind für das Jahr 2011 7,3 Milliarden € im Budget veranschlagt, und unter der Voraussetzung des flexiblen Rücklagenmanagements  dass auch Rücklagen zur Deckung der Ausgaben verwen­det werden können  werden damit alle wichtigen Projekte im Bildungsbereich fortge­setzt; Frau Abgeordnete Haubner hat sie schon genannt.

Die kleineren Klassen sind übrigens das aufwändigste Projekt, das wir seit dem Jahr 2007 realisieren. Über den Finanzausgleich hinaus gehen unter diesem Titel 280 Millionen € jährlich an die Bundesländer zur Finanzierung zusätzlicher Pflicht­schullehrer. Die Sprachförderung ist jetzt im Pflichtschulbereich für zwei Jahre gesetz­lich verankert, auch im Bereich der AHS-Unterstufe.

Entscheidend und in ihrer Wirkung, wie ich glaube, noch ein Stück unterschätzt sind die Bildungsstandards und die neue Matura, die jetzt vorbereitet werden. Erstmals sind die Bildungsstandards österreichweit im Jahr 2012 im Einsatz, die neue Matura erst­mals im Jahr 2014. Die Neue Mittelschule konnten wir jetzt an 320 Standorten reali­sieren, und  ich möchte dieses Projekt besonders erwähnen  an dem Projekt Lehre und Matura nehmen mittlerweile schon 7 400 junge Menschen teil.

Wir müssen, davon bin ich zutiefst überzeugt, die Reformmaßnahmen fortsetzen, und dazu soll nicht nur PISA der Anlass sein – das braucht, in meinem Verständnis und in all den Positionen, die es hier immer wieder zu überwinden gilt, die gemeinsame Kraft­anstrengung und das braucht bei wichtigen Themen auch die Zusammenarbeit über die Parteigrenzen hinaus.

Ich habe daher sehr gerne Ihre Anregung, Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz, aufge­nommen und mir erlaubt, für Jänner schon zu einem Runden Tisch einzuladen, um da­bei auch das Jahresprogramm für 2011 zu besprechen. Ich glaube, es sind da viele Vorhaben dabei, jenseits ideologischer Überfrachtungen, die wir gemeinsam, so wie ja auch bisher, Schritt für Schritt lösen können. (Demonstrativer Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Amon.)

Aus meiner Sicht sind das vor allem folgende Projekte: Der erste Punkt, Herr Abgeord­neter Amon hat schon darauf Bezug genommen, ist mehr Qualität an den Schulen, aber auch mehr Verantwortung am Schulstandort. Persönlich verwende ich da lieber den Begriff „Verantwortung“ anstelle von „Autonomie“, da es mir auch um klare Leis­tungsverantwortung geht. Dazu zählen für mich ein klares Profil der Schulleitung, eine Stärkung der Schulpartnerschaft am Schulstandort und die auch bereits von Frau Ab­geordneter Haubner erwähnte Schulaufsicht, die wir in Richtung Qualitätsmanagement weiterentwickeln müssen.

Wenn wir die Schulaufsicht in Relation zum eingesetzten Personalaufwand setzen, dann schreckt mich diese Relation nicht, ganz im Gegenteil, wir müssen nur die Schul­aufsicht österreichweit nach einheitlichen Standards einsetzen. Die Schulaufsicht ist Bundeskompetenz, und sie muss auch als Bundeskompetenz gelebt werden. Dafür sind derzeit Gesetzesvorschläge in Begutachtung.

Wir werden noch im Detail, auch mit dem Regierungspartner, über diese Gesetzesno­vellen sprechen, aber ich folge da auch einer klaren Anregung des Rechnungshofes, um vor allem das Qualitätsmanagement an unseren Schulen zu verbessern. Auch wird


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an einem Kurssystem für die Oberstufe gearbeitet – nicht zu verwechseln mit der mo­dularen Oberstufe. Das Ziel sollte es sein, Sitzenbleiben durch gezielte Leistungsförde­rung zu ersetzen.

Der zweite Punkt, über den ich gerne im Jänner mit Ihnen sprechen würde, sind Päda­gogInnenbildung-neu und ein neues Dienst- und Besoldungsrecht. Diese beiden The­menstellungen müssen wir mit dem absoluten Mut zur Entschlossenheit gleichzeitig behandeln, weil sie nämlich ineinander greifen  Lehrerbildung und Dienst- und Besol­dungsrecht. Einige Eckpunkte sind klar, aber auch das braucht die Vertiefung. Es hat im Jahr 2010 intensive Vorbereitungen mit den Vertretern und Vertreterinnen der Lehrergewerkschaft gegeben. Wir sollten im Jänner den Modus der Verhandlungen er­reichen, um in dieser Legislaturperiode auch zu Abschlüssen zu kommen.

Der dritte Punkt sind die Förderung der Gesprächskultur und Ermöglichung von Eigen­verantwortung an den Schulstandorten. Verantwortung kann erst dann übernommen werden, wenn Entscheidungsspielräume gegeben sind. Das heißt, es wird auch darum gehen, gemeinsam zu überlegen, wie die Ressourcenzuteilung an die Standorte er­folgt, damit dann dort unter pädagogischen Gesichtspunkten flexibel gearbeitet werden kann.

Wertschätzende Gesprächskultur ist mir in diesem Zusammenhang besonders wichtig.

Ich möchte das unterstreichen, was auch Sie, Frau Abgeordnete Haubner, betont ha­ben: Hören wir auf mit Schuldzuweisungen! Vergessen wir das Dramadreieck – wer ist schuld? –: Täter, Retter, Opfer – Eltern, Schüler, Lehrer! Arbeiten wir gemeinsam an Leistung und Erfolg! (Demonstrativer Beifall beim BZÖ.)

Der vierte Punkt, der mir wichtig ist, ist der Ausbau der ganztägigen Schulangebote. Dafür sind Budgetmittel auch vorgesehen. Leider sind wir im Bereich der Verwaltungs­reform nicht weitergekommen. Ich muss es ja jetzt schon nahezu als Erfolg bezeich­nen, dass der Status quo in der Kompetenzaufteilung beibehalten werden konnte. Aber wir haben eine Vielfalt der Zuständigkeiten im Pflichtschulbereich. Daher wird es not­wendig sein, beim Ausbau der ganztägigen Schulangebote wieder Artikel-15a-Verein­barungen abzuschließen.

Artikel-15a-Vereinbarungen kann ich rein rechtlich nur mit den Bundesländern ab­schließen. Das heißt, wir müssen hier sehr wohl auch Maßnahmen vorsehen, die si­cherstellen, dass tatsächlich die Schulerhalter die Mittel bekommen und die Schul­standorte tatsächlich entsprechend ausgebaut und verbessert werden. Ziel ist es, wie gesagt, das Angebot derzeit auf 50 Prozent der Schulstandorte im Pflichtschulbereich zu erhöhen.

Der fünfte Punkt ist der Bereich der Deutschförderung, wo wir sicher über das ver­pflichtende Element auch noch intensiv nachdenken müssen, wie wir nämlich die Mittel so einsetzen, dass auch Erfolge möglich sind, da vor allem im Volksschulbereich.

Jetzt zu einzelnen Punkten, die wir auch schon im Budgetausschuss diskutiert haben, die aber doch jetzt auch zur Sprache gekommen sind und wozu ich ein paar Worte sa­gen möchte.

Herr Abgeordneter Walser, Thema Konsolidierung: Im Jahr 2011 beträgt der Konsoli­dierungsbedarf oder – sagen wir es besser so – die Konsolidierungsnotwendigkeit in meinem Budget 112 Millionen €. Davon können 55 Prozent durch den prognostizierten Schülerrückgang dargestellt werden, also es müssen da keine Einsparungsmaßnah­men gesetzt werden. Etwa 20 Prozent beziehen sich auf geänderte Umsetzungspläne bei Investitionen, die Sie auch angesprochen haben.

Es ist mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir, obwohl es ein geringerer Betrag ist, dennoch weiter auch im Rahmen des Behindertengleichstellungsgesetzes investieren. Für 2011 haben wir 21 Millionen € vorgesehen.


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Ein zweiter Punkt ist mir wichtig: Schulen in freier Trägerschaft. Die Schulen in freier Trägerschaft sind innovative Bereiche, sind innovative Institutionen in unserem Schul­system. Sie beteiligen sich zum Beispiel auch am Projekt der Bildungsstandards. Wir konnten das Budget mit 4,5 Millionen € in diesem Bereich unverändert lassen. Ich bin mir aber sehr dessen bewusst, dass wir da, da der Kreis der Empfänger, also der Trä­gervereine ausgeweitet wird, sehr sorgfältig prüfen müssen, damit es nicht zu allzu gro­ßen Einschnitten bei den bestehenden Trägervereinen kommt.

Zum Thema BIFIE – Frau Abgeordnete Haubner hat es angesprochen –: Das BIFIE ist mit 15,1 Millionen € budgetiert und im Wesentlichen mit den Themenstellungen Bil­dungsstandards und neue Matura befasst. Es werden aber auch internationale Tests im Jahr 2011 durchgeführt, PIRLS und TIMSS im Volksschulbereich, wo wir dann 2012 auch die Ergebnisse haben werden.

Zum Thema Sonderpädagogik und Integration hat Frau Abgeordnete Mag. Jarmer auch ein Gespräch als wertvoll erachtet, um diesen Bereich zu vertiefen. Ich habe mir erlaubt, auch für diesen Punkt schon einen Termin zu vereinbaren.

Aus meiner Sicht entscheidend für die Zukunft sind die großen Projekte, die auch sys­temisch wirken. Das ist der ganze Bereich mehr Verantwortung am Schulstandort, und es ist vor allem PädagogInnenbildung-neu und neues Dienst- und Besoldungsrecht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, da ich manchmal von dem einen oder ande­ren Parteisekretariat angegriffen werde, möchte ich zum Schluss noch eine kurze Zwi­schenbilanz zur Frage Realisierung des Regierungsprogramms geben. Von den 46 Ein­zelprojekten, die im Regierungsprogramm enthalten sind, sind nach zwei Jahren 20 Pro­jekte erledigt, 8 Projekte teilweise erledigt, 15 Vorhaben in Vorbereitung, und 3 Projek­te stehen aufgrund der Konsolidierungserfordernisse derzeit unter Budgetvorbehalt.

Soweit eine Übersicht zu den Vorhaben, ein Ausblick auf das Jahr 2011. Ich möchte mich von dieser Stelle aus zum einen für die immer auch konstruktive Zusammenarbeit vor allem im Unterrichtsausschuss bedanken. Auch die Einrichtung des Unteraus­schusses des Unterrichtsausschusses begrüße ich sehr. Und ich freue mich auf den Runden Tisch als Beginn für eine intensive Zusammenarbeit im Jahr 2011. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, FPÖ und BZÖ.)

15.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl. – Bitte.

 


15.26.06

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Mi­nisterin! Hohes Haus! Dass das Budget des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur bis 2014 um 80 Millionen € jährlich erhöht wird, ist selbstverständlich sehr erfreulich, aber ich meine, dass das auch notwendig ist, denn Investitionen in unsere Kinder, Investitionen in unsere Jugend sind sehr wohl gut angelegte Investitionen in unsere Zukunft.

Von der jährlichen Investition von 280 Millionen €, die auch unsere Frau Bundesminis­terin soeben angesprochen hat, Millionen, die für die Reduzierung der Klassenschüler­höchstzahl herangezogen werden, profitieren immerhin 725 000 SchülerInnen öster­reichweit. Aufgrund von kleineren Klassen konnten auch 6 000 Lehrerdienstposten zu­sätzlich geschaffen werden, was auch sehr erfreulich ist.

Als Pädagogin bin ich selbst in den Genuss gekommen, in kleineren Klassen unterrich­ten zu dürfen, und ich kann wirklich nur bestätigen, dass die Erhöhung der Qualität des Unterrichts beinahe proportional zur Verkleinerung der Klassenschülerhöchstzahl steigt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 229

Der Vorteil ist natürlich, dass ich alle Schülerinnen und Schüler individuell fördern kann. Der Vorteil ist selbstverständlich, dass ich in kleineren Gruppen Stressfaktoren, Prü­fungsängste, Nervosität, aber auch Probleme im familiären Bereich schneller erkennen und auch lösen kann.

Meiner Überzeugung nach ist es daher sehr wichtig, dass diese Maßnahmen, dass die­se Reformen selbstverständlich weitergeführt werden. Für mich ist es auch sehr wichtig und hat es oberste Priorität, dass es beim Modellversuch Neue Mittelschule zum Weg­fall der 10-Prozent-Klausel kommt. Ich appelliere jetzt sehr an die ÖVP, ich appelliere sehr an Sie, Herr Kollege Amon, dass es bei Ihnen zu einem Umdenken kommt, damit alle Schülerinnen und Schüler sehr wohl die Chance haben, in einem zeitgemäßen Bil­dungssystem ausgebildet zu werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Unterreiner kommt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.28.24

Abgeordnete Mag. Heidemarie Unterreiner (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Zuallererst möchte ich etwas zu den Ausführungen der beiden Kollegen sagen, die sich da in einer wahren Suada über Walter Rosenkranz ausgelassen haben. Das war unwürdig, das war aggressiv, das war nicht zu akzeptie­ren. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich würde sagen: Schämen Sie sich! Man hat irgendwie den leisen Verdacht, als wären Sie, Herr Elmar Mayer, ein bisschen frustriert, denn Sie haben es ja nicht einmal ge­wagt, beim Pisa-Test mitzumachen. Schon allein deswegen können Sie sich ein biss­chen schämen, die anderen haben das wenigstens gewagt.

Doch nun zur Kulturpolitik. Sie können sich wahrscheinlich alle noch an die Reden von Kanzler und Vizekanzler erinnern: kein einziges Wort über Kultur. Für ein Kulturland wie Österreich ist das eine Schande. Es ist, wie ich meine, ganz wichtig, dass man da­zu als Kanzler und als Vizekanzler etwas zu sagen hat. Anscheinend ist für die beiden Kultur nur ein Ornament, eine Verzierung, vernachlässigbar, nicht erwähnenswert.

Wenn man sich ein bisschen umhört, dann stellt man fest, dass es wirklich so ist, dass wir Freiheitlichen wirklich die Einzigen hier im Haus sind, für die Kultur das Fundament der Gesellschaft ist, das Fundament, auf dem sie baut und auf dem sie steht. (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Das ist erschreckend!)

Warum ist das erschreckend? Genau so ist es, und es ist auch gut so, denn wenn es nicht so wäre, dann würden Sie ja Kultur nicht achten. Das ist ja ganz klar, dass das das Fundament ist, auf dem die Gesellschaft steht.

Wir sind auch die Einzigen, die unser Kulturerbe, unsere Werte, Traditionen, Ideen, Sit­ten, Gebräuche, Sprache, Religion achten und unzerstört an die nächsten Generatio­nen weitergeben wollen. Auch das ist Ihnen ja nicht so wichtig.

Ich kann mich erinnern, Frau Muttonen hat sich immer dagegen ausgesprochen, sie hat immer gesagt, das sei ja rückwärtsgewandt. – Frau Kollegin, das ist nicht rückwärtsge­wandt (Zwischenruf bei der SPÖ) – ich habe es nachgelesen –, sondern es ist unsere Pflicht, unseren kulturellen Reichtum, der in Jahrhunderten gewachsen ist, zu erhalten und weiterzuentwickeln. Ja, ich lese die Reden meiner Kollegen nach.

Im Budget des Kulturbereichs gibt es keine Kürzungen, und das ist gut und richtig, aber innerhalb des Ressorts wird eine völlig falsche Gewichtung vorgenommen.

Frau Ministerin, wir haben ja schon oft darüber gesprochen, aber ich glaube, Sie soll­ten sich jetzt wirklich schleunigst um die Großbaustellen Museen kümmern. Sie wissen,


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wir haben eine ganz akute Museumskrise, und es ist so, dass wir von Mal zu Mal in den Ausschüssen und auch hier immer nur hören, dass wir evaluieren. Ich glaube, Sie müssen jetzt wirklich einmal die Sache in Angriff nehmen.

Seit Jahren wissen wir nicht, wie die Zukunft von Volkskunde- und Völkerkundemu­seum ausschaut. Dabei wäre es wichtig, dass die beiden Museen den Status von zwei eigenständigen Bundesmuseen wiedererlangen. Sie haben diesen ja schon einmal ge­habt. Bitte nehmen Sie das einmal in Angriff!

Das MAK zum Beispiel, eines Ihrer Lieblingsmuseen, bekommt 9,6 Millionen €, das wird wirklich sehr gut gefördert. Wenn man das aber umgesetzt auf die Besucherzahl betrachtet – das MAK hat nämlich die geringste Zahl von Besuchern, müssen Sie wis­sen –, dann sieht man, dass eine Karte mit 52 € gefördert wird. Ich meine, das ist eine Ungeheuerlichkeit, denn auf der anderen Seite bekommt das Volkskundemuseum, das wissen Sie alle wahrscheinlich, nur einen Bruchteil davon, nämlich 400 000 €. Daran sieht man ja schon die Wertigkeit, die mangelnde Wertschätzung unserer eigenen Identität. Das ist eigentlich ein wirklich gravierender Fehler in der österreichischen Kul­turpolitik. (Beifall bei der FPÖ.)

Eine falsche Subventionspolitik lässt auch die abstrusesten Blüten treiben. Sie haben das sicher alle gelesen. Herr Kulturstadtrat Mailath-Pokorny erklärt ja Migrant Main­streaming – also er spricht gar nicht mehr Deutsch – zum Schwerpunkt seiner Wiener Kulturpolitik. Ich meine, das muss man sich einmal vorstellen. Aber wenn man sich an­schaut, was in unserem Kunst- und Kulturbericht steht, dann finden wir auch da, dass sehr viel Geld für Multikulti-Themen ausgegeben wird, wobei es möglich ist, aufgrund der Förderungen eine Parallelgesellschaft aufzubauen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Drittel der Vereine zum Beispiel, die bei uns auf Bundesebene gefördert werden, haben so klingende Namen wie MOTIF – Interkultu­reller Kulturverein Bregenz, Flucht und Asyl oder Chiala’Afriqas Festival, ein Drittel all dieser Vereine werden sehr großzügig subventioniert, während für die großen Kultur­institutionen nicht genug Geld vorhanden ist.

Die Beibehaltung der Höhe der Basissubventionen für die großen Kulturinstitutionen wie die Bundestheater und die Bundesmuseen scheint zwar erfreulich zu sein, es wird aber dabei nicht erwähnt, dass damit auch die steten Erhöhungen der Gehälter der Angestellten und der Beamten abgefedert werden müssen. Bei den Bundestheatern kommt noch dazu, dass auch die Instandhaltungskosten der Gebäude aus dem opera­tiven Budget bestritten werden müssen. Somit bleibt jedes Jahr immer weniger Geld für die Kunst, also für das, was in diesen Häusern stattfinden soll.

Auch der im Ansatz richtige freie Eintritt der Jugendlichen unter 19 Jahren in die Bun­desmuseen muss durch die Häuser selbst getragen werden, und auch dadurch wird das operative Budget gekürzt.

Deshalb stellen wir Freiheitlichen folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Basisabgeltungen für Bundesmuseen und -theater

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird dazu aufgefordert, alle not­wendigen Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass im Falle eines Anstieges der Personal- oder Gebäudeinstandhaltungskosten das jeweilige operative Budget der


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Bundestheater oder -museen verringert wird, und daher die jeweilige Basisabgeltung jährlich entsprechend zu erhöhen.“

*****

Also statt für völlig sinnlose Förderungen Geld hinauszuschmeißen – Frau Ministerin, ich erinnere Sie an die 1 Million € für eine Umdichtung der Bundeshymne, das war wohl eines der großen Negativbeispiele (Zwischenruf bei der SPÖ); das haben wir in Form einer Antwort auf eine Anfrage erfahren, und es ist in unseren Augen eine Schande, dass man für das Umdichten der Bundeshymne Geld ausgibt (Beifall bei der FPÖ) – wäre es, meinen wir eben, wichtiger, dass wir unsere großen Kulturinstitutionen unterhalten: Kunsthochschulen, Museen, Theater und Opernhäuser, Denkmalschutz, Bibliotheken, traditionelle Festwochen, denn der Erhalt dieser großen Institutionen kann den Zusammenhalt und die Stabilität einer Gesellschaft garantieren. Das ist ja auch eine sehr wichtige Rolle, die Kunst und Kultur innerhalb eines Landes spielen kön­nen.

Wir müssen Prioritäten setzen. Die Bewahrung unserer Identität ist das Gewissens­thema unserer Epoche. (Beifall bei der FPÖ.)

15.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Basisabgeltungen für Bundesmuseen und -theater

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d. B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d. B.), Untergliederung 30 – Unterricht, Kunst und Kul­tur, in der 91. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 21. Dezember 2010

Jahr für Jahr werden weder bei den Bundestheatern, noch bei den Bundesmuseen die jeweiligen Basisabgeltungen entsprechend dem Anstieg der jeweiligen Personal- und Gebäudeinstandhaltungskosten erhöht.

Das hat zur Folge, dass bei Bundestheatern, wie bei Bundesmuseen das jeweilige operative Budget für die eigentlichen Aufgaben, nämlich der Vermittlung von Kunst und Kultur, Jahr für Jahr real schrumpft.

Daher erscheint es geboten und angemessen, die jeweiligen Basisabgeltungen ent­sprechend dem Anstieg der Personal- und Gebäudeinstandhaltungskosten so zu erhö­hen, dass es künftig zu keiner realen Verminderung des operativen Kunst- und Kultur­budgets der Bundestheater und Bundesmuseen kommen kann. Das heißt, die Basis­abgeltung ist mindestens um den erhöhten Personal- und Gebäudeinstandhaltungs­aufwand auszugleichen.

Gelingt dies nicht, laufen die besagten Flaggschiffe des Kulturlandes Österreich Ge­fahr, ihrem hohen künstlerischen und kulturellen Qualitätsanspruch nicht mehr gerecht werden zu können, was wohl eine Schande für ebendieses Kulturland Österreich wäre.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 232

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird dazu aufgefordert, alle not­wendigen Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass im Falle eines Anstieges der Personal- oder Gebäudeinstandhaltungskosten das jeweilige operative Budget der Bundestheater oder -museen verringert wird, und daher die jeweilige Basisabgeltung jährlich entsprechend zu erhöhen.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren! In eigener Sache zur Information: Im neuen Jahr wird es – dies ist in Fertigstellung – auf der Homepage des Parlaments die Bundeshymne in Gebärdensprache geben.

Frau Abgeordnete Mag. Fuhrmann ist die Nächste. – Bitte.

 


15.36.21

Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Frau Kollegin Unterreiner, Sie haben in der Rede des Finanzministers zum Budget die schönen Worte zur Kultur vermisst. Wissen Sie, das liegt daran, dass wir es nicht so mit den schönen Worten halten, sondern messen Sie uns lieber an den Taten, die wir setzen. (Abg. Petzner: Na servas! Das ist genau der Punkt!) Das spricht für sich. (Beifall bei der ÖVP.)

In der Kulturnation Österreich ist es richtig und wichtig, dass es auch durch gemein­same Kraftanstrengungen von Finanzminister und zuständiger Kulturministerin gelun­gen ist, den Kulturbereich nicht zu kürzen. Das wäre wahrscheinlich in Summe auch zu wenig, um ein Budget zu sanieren, es würde aber wichtige kulturelle Einrichtungen zer­stören, wenn man da gekürzt und etwas gestrichen hätte.

Man kann in der Kulturpolitik unterschiedliche Ansichten haben, das ist legitim. Die von Ihnen angesprochene Museumskrise, Frau Kollegin Unterreiner, sehe ich allerdings bei bestem Willen nicht. Ganz im Gegenteil, lesen Sie den letzten Kunst- und Kulturbericht, wo es ganz deutlich heißt, dass die Besucherzahlen der einzelnen Museen gestiegen sind, dass sehr viele Touristen eben wegen der Kultur, wegen unserer Museen nach Österreich kommen.

Es ist ja auch einiges im Aufbruch. Der neue Direktor des Kunsthistorischen Museums leistet meiner Meinung nach sehr gute Arbeit, die neue Direktorin des MUMOK wird sich beweisen müssen, die Ansätze sind sehr positiv. Die Direktion des MAK ist derzeit gerade ausgeschrieben. Also ich denke, dass Work in progress auch von unserer Seite politisch durchaus unterstützt werden kann.

Sie haben gesagt, Migrant Mainstreaming sei nicht in Ihrem Interesse. Auch darüber kann man in einer Stadt wie Wien streiten. Ich glaube, dass Multikulti nicht etwas ist, vor dem man sich fürchten muss, sondern – ganz im Gegenteil – sehr positiv ist.

Was mir allerdings, wenn ich an Wien denke, sehr wohl sauer aufstößt und auch Sorge bereitet – wie dem letzten Kulturbericht zu entnehmen ist, sind immerhin wieder 5,6 Millionen € vom Bund dafür bezahlt worden –, das ist das Volkstheater.

Wenn ich mir den letzten Rechnungshofbericht anschaue – ich möchte dann nur drei Punkte nennen –, muss ich sagen, das ist, wie ich meine, sehr makaber und bedarf je­denfalls auch eines intensiven Gespräches mit dem Kulturstadtrat von Wien. Schluss­folgerungen, die heißen: Förderansuchen rechtzeitig einreichen, Budgetposten im Jah­resbudget so aufbereiten, dass sie gut dokumentiert und auch leicht nachvollziehbar


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 233

sind, und auch bei den Kostenträgern Personalkosten erfassen, sind schon starke Stü­cke, wo, wie ich glaube, der Bund durchaus positiv auf Wien einwirken muss.

Im Grunde genommen muss in Zeiten wie diesen das Credo lauten, dass Geld für die Kultur eben ins Programm und nicht ins System fließen soll.

Insofern erwarten wir mit Spannung auch den Evaluierungsbericht zu den Bundes­theatern. Dann wird man auch in konstruktiver Weise über das befürchtete Defizit von 24 Millionen €, so haben es die Bundestheaterdirektoren formuliert, sprechen und dis­kutieren können. Alle Maßnahmen, die gesetzt werden müssen, sind zu setzen.

Frau Ministerin, wenn zum Ausdruck kommt, dass zehn Jahre nach der Ausgliederung durchaus Möglichkeiten gegeben sind, noch effizienter zu arbeiten, so werden wir als Koalitionspartner Sie jedenfalls voll dabei unterstützen.

Ansonst volle Kraft voraus für bestehende Investitionsmaßnahmen und für alle Projek­te, die Sie schon angekündigt haben, wie die Kunstkammer und das 20er Haus!

Ich glaube, kulturpolitisch sind wir auf einem guten Weg. Ich hoffe, dass es auch in der nächsten Zeit so sein wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Dr. Zinggl gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.40.51

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Frau Ministerin! Herr Staatssekre­tär! Meine Damen und Herren! Ich habe hier an dieser Stelle das Kulturbudget schon gelobt. „Gelobt“ ist ein bisschen übertrieben für ein konstantes Budget, aber immerhin ist es in Zeiten knapper Budgets gelungen, das Kulturbudget halbwegs konstant zu hal­ten. Auch das „halbwegs“ ist interessant, denn symbolisch sind 800 000 offensichtlich in den Unterrichtsbereich hinübergeflossen, was mir nicht recht ist, aber es sind Pea­nuts.

Zumindest haben wir eine Art budgetären Stillstand. Aber das ist, Frau Ministerin, kein Grund, deswegen Bewegungslosigkeit in der Kulturpolitik an sich zu beweisen. Auch mit knappen Mitteln ist es, glaube ich, notwendig, Kulturpolitik zu betreiben. Man muss das Maximale herausholen, und genau das vermisse ich. Sie betreiben im Kulturbereich ei­ne Art Verwaltungspolitik, Sie lassen den Laden mehr oder weniger laufen, und das wirkt sich dann à la longue katastrophal aus. Darauf weise ich jedes Mal hin, seit Jah­ren weise ich darauf hin. Es geht die Schere zwischen den großen Tankern und den vielen anderen, die im Lande Kultur machen, immer weiter auseinander.

Das ist ganz klar, denn bei den repräsentativen staatlichen Einrichtungen wird, sobald sie ein bisschen aufschreien, nachgefüttert und nachgebessert. Die sind sozusagen abgesichert, während die vielen anderen im Lande, die Kultur betreiben, schauen müs­sen, wo sie bleiben. Die haben aber auch Inflation, da wird nicht valorisiert, die gehen dann am Zahnfleisch. Denn die Mieten werden höher, die Personalkosten werden hö­her, und die müssen dann schauen, wo sie bleiben. Das ist auch eine Art symbolische Verteilungspolitik, die sich in der Kultur zeigt.

Ich bin sehr dafür, wegzukommen von dem alten sozialdemokratischen Begriff „Kultur für alle“ und zu überlegen, ob es eigentlich nicht schon längst, schon seit 30 Jahren, „Kultur von allen“ heißen müsste. Genau das machen Sie leider nicht!

Ein anderer Aspekt, den ich vermisse, sind Umschichtungen und Überlegungen in Be­zug auf Medien. Wir haben ganz eindeutig immer mehr Bedarf und immer mehr Pro­duktion im Filmbereich. Daher gibt es auch in der Regierungserklärung die Ankündi­gung: 20 Millionen bis zum Ende der Legislaturperiode. Wenn wir uns das Budget, aber


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 234

auch den Budgetrahmen anschauen, dann können wir davon nichts merken. Sie haben im Ausschuss gesagt, Sie werden das einhalten. Also ich bin nicht so naiv, ich kann mir nicht vorstellen, dass in den kommenden Jahren bei den Rahmenzielen, die vorge­geben sind, jetzt für den Film plötzlich 3 Millionen bis 4 Millionen € noch dazukommen werden. Das glaube ich nicht, daher meine ich, dass auch da ein Versagen der Kul­turpolitik festzustellen ist.

Ein drittes Beispiel – Kollegin Unterreiner hat es schon angesprochen; und ich freue mich, dass die Freiheitlichen auch auf diesen Zug aufspringen –: das leidige Kapitel „Museum der Kulturen“ beziehungsweise ehemaliges Völkerkundemuseum.

Frau Ministerin, Sie wissen das, wir alle wissen das: Dieses Völkerkundemuseum ist von der Sammlung her eines der wichtigsten Völkerkundemuseen, die die Welt hat, und dieses Museum liegt brach – das ist wirklich eine Schande! –, seit Ministerin Geh­rer es dem Kunsthistorischen Museum untergeordnet hat. Das gibt es ganz einfach nicht mehr. Das Völkerkundemuseum gibt es in der Öffentlichkeit nicht, und das gibt es auch als Aktion nicht. Man kann es also nicht wahrnehmen, und das ist nicht nur scha­de, sondern eine Schande.

Es wäre ganz dringend notwendig, den Begriff „Völkerkundemuseum“ umzuwandeln in „Museum der Kulturen“. Das wäre deswegen ganz wichtig, weil wir es gerade in der Kulturdiskussion mit einem Problem zu tun haben, nämlich den ständigen Vorstellun­gen von einem Leitbild der Kulturen, das auch ein Museum anders darstellen könnte, indem es zeigt, welche Kulturen nebeneinander und miteinander leben können müssen und wie das immer schon funktioniert hat.

Ich fordere Sie daher auf und bitte Sie eigentlich noch einmal, den betreffenden Ent­schließungsantrag des Parlaments ernst zu nehmen. Es gibt einen Drei-Parteien-Ent­schließungsantrag seitens der Regierungsparteien und der Grünen, dem offensichtlich die Freiheitlichen auch etwas abgewinnen können, wo es darum geht, das Volkskunde­museum und das Völkerkundemuseum zusammen als eigenständiges Museum zu ent­wickeln.

Sie reden immer davon, dass alle möglichen Gremien eingerichtet werden, aber, um mit Kollegin Fuhrmann zu sprechen, lassen Sie den schönen Worten doch endlich Ta­ten folgen! Es scheitert nicht am Budget – Sie selbst haben gesagt, am Budget, am Geld wird es nicht scheitern. Es scheitert einzig daran, dass Sie entweder das nicht wollen oder dass Sie es nicht durchsetzen können.

Ich hoffe, dass wir das noch erleben. Ich bezweifle es, wenn ich mir die letzten Monate ansehe. Ich glaube, Sie sollten mehr agieren und auf die aktuellen Notwendigkeiten re­agieren, anstatt das Budget nur zu verwalten und den Laden laufen zu lassen. – Dan­ke. (Beifall bei den Grünen.)

15.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Muttonen zu Wort. – Bitte.

 


15.46.04

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Frau Unterreiner, weil Sie mich angesprochen haben: Ich glaube, wir haben einfach zu unterschiedliche Definitionen von zeitgenössisch, modern und vorgestrig, und da kommen wir wahrscheinlich nicht ganz zusammen.

Meine Damen und Herren! Ich möchte eine Verbindung knüpfen zwischen den beiden Bereichen des Unterrichts- und Kulturressorts, nämlich der Bildung und der Kultur. Seit Jahren betonen wir, wie wichtig kulturelle Bildung für Schüler und Schülerinnen ist: ers­tens als Fundament der Allgemeinbildung, und dazu gehören auch die Freude und die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 235

Neugier, sich mit Texten auseinanderzusetzen, also lesen und begreifen, wie es nicht nur der PISA-Test fordert, sondern wie wir alle das fordern, und zweitens als Funda­ment für Selbsterfahrung, Reflexion und Weiterentwicklung.

Jetzt sind Kunst, Kultur und Bildung in einem Ressort vereint, und es können Synergie­effekte dieser beiden Bereiche genutzt werden und Visionen in Bezug auf kulturelle Bil­dung auch umgesetzt werden. Durch diese Zusammenlegung profitieren beide Berei­che, wobei es nicht nur um eine unmittelbare finanzielle Kosten-Nutzen-Rechnung geht, sondern, wie gesagt, um das Errichten von Fundamenten.

Neben den Schwerpunkten der verstärkten Partizipation, unter anderem dem freien Eintritt in Museen bis zum 19. Lebensjahr, und einer entsprechenden Vermittlung, zum Beispiel auch in den Museen, ist die Förderung regionaler Kulturinitiativen von beson­derer Bedeutung. Und da schließt sich der Kreis, denn durch das Projekt „Kunst macht Schule“ sollen bis 2015 flächendeckend Partnerschaften zwischen Kulturinitiativen, Künstlern und Künstlerinnen und Schulen entstehen. Dazu gibt es ein entsprechendes Schulkulturbudget, und „KulturKontakt“ wird auch die notwendigen Kontakte herstellen und die Schulen und die Kulturinitiativen zusammenbringen.

Damit ist meiner Meinung nach ein ideales Zusammenführen der bis jetzt so streng ge­teilten Aufgabenbereiche geglückt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Petzner gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.48.41

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! „Es ist meine Einschätzung, dass mehr planvolles, konsequentes und sachorientiertes Han­deln sichtbar und wirksam werden muss.“ – Diese Aussage in Richtung der Regie­rungsparteien SPÖ und ÖVP stammt nicht von mir, sondern von unserem Bundesprä­sidenten Heinz Fischer, der das in einem aktuellen Interview für die morgen oder über­morgen erscheinende Ausgabe des Nachrichtenmagazins „NEWS“ so gesagt hat.

Ich glaube, meine Damen und Herren, dass diese Aussage des Herrn Bundespräsi­denten in Richtung der Koalitionsparteien gerade für den Bildungsbereich sehr zutref­fend ist. Wir brauchen mehr planvolles, konsequentes und sachorientiertes Handeln gerade im Bildungsbereich, vor allem in Anbetracht der jüngsten Ergebnisse der PISA-Studie, wo Österreich beispielsweise im Bereich der Lesekompetenz auf Platz 31 von 34 teilnehmenden OECD-Staaten zurückgefallen ist.

Sie wissen, Frau Ministerin – und diese Garantie haben Sie von uns –, dass Sie für Ih­re Reformbestrebungen im Bildungsbereich die volle Unterstützung des BZÖ haben, weil wir glauben, dass es dringend notwendig ist, umfassende Reformschritte im Bil­dungsbereich zu setzen, und wir die Blockadepolitik der ÖVP in diesem Bereich nie verstanden haben und auch nie verstehen werden, meine Damen und Herren (Beifall beim BZÖ), weil es zum Schaden und zu Lasten unserer Kinder ist, für die eine optima­le Bildung der entscheidende Schlüssel für ein gelungenes und gutes Leben ist.

Ein paar Beispiele für Reformen im Bildungsbereich, die wir nennen wollen: Wir müs­sen die Schulverwaltung vereinfachen und entpolitisieren. Wir wollen keine Verlände­rung der Schulkompetenz, sondern wir wollen die alleinige Zuständigkeit des Bundes. Wir wollen die Neue Mittelschule. Wir wollen die Forcierung der Neuen Mittelschule, und wir wollen keine „Pröll-Schule“ nach altem System, meine Damen und Herren! (Bei­fall beim BZÖ.)

Wir bekennen uns dazu, dass es auch gilt, das Berufsbild des Lehrers, das Image des Lehrers zu verbessern. Wir brauchen ein einheitliches Dienst- und Besoldungsrecht. Wir


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 236

brauchen auch einheitliche Ausbildungsstandards. Und wir müssen, meine Damen und Herren, auch das Angebot im Bereich der Tagesbetreuung, wofür jetzt zusätzlich 80 Mil­lionen € im Budget vorgesehen sind, weiter ausbauen, weil das für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein ganz entscheidender Faktor ist. Da sind 80 Millionen € – das wissen Sie, Frau Bundesminister – ein Tropfen auf den heißen Stein.

Zentrales Anliegen beziehungsweise der zentrale Reformansatz ist und bleibt die For­cierung der Neuen Mittelschule. Die 320 Standorte sind erfolgreich, das freut uns ganz besonders, und wir wollen das weiter ausbauen, gemeinsam mit Ihnen, Frau Bundes­minister.

Ich darf daher folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner, Stefan Petzner, Stefan Markowitz, Kollegin und Kol­legen betreffend Aufhebung des 10-Prozent-Limits bei Modellversuchen der „Neuen Mit­telschule“ sowie Überführung der Schulversuche ins Regelschulwesen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird ersucht, dem Nationalrat ehebaldigst einen Gesetzentwurf zuzuleiten, der die ersatzlose Streichung der bundes­weiten 10-Prozent-Grenze für die Beantragung von Schulversuchen zur ‚Neuen Mittel­schule‘ vorsieht.“

*****

Ich lade alle Damen und Herren, vor allem jene von der SPÖ, ein, diesen Antrag zu unterstützen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an eine Aussage des Wiener Bür­germeisters Michael Häupl, der gesagt hat: Ja, suchen wir im Bildungsbereich andere Mehrheiten abseits der großen Koalition, wenn da Reformstillstand herrscht! – Sie ha­ben heute schon bei diesem Entschließungsantrag die Möglichkeit, dieser Einladung des Wiener Bürgermeisters Folge zu leisten.

Es steht, meine Damen und Herren, ein Bildungsvolksbegehren des seinerzeitigen Mi­nisters Hannes Androsch auch auf der Agenda. Nur: Ich hoffe, dass er mit diesem Volksbegehren nicht so umgeht, wie er seinerzeit als Minister mit Volksbegehren um­gegangen ist. Ich erinnere da an das Volksbegehren gegen den Bau des Konferenz­zentrums, das erfolgreichste Volksbegehren aller Zeiten, das damals vom Herrn An­drosch, der jetzt große Volksbegehren initiiert und für diese um Unterschriften wirbt, mit einem Handstreich vom Tisch gewischt wurde und wo das Konferenzzentrum gegen den Willen der Bevölkerung trotzdem gebaut wurde. (Beifall beim BZÖ.)

Herr Androsch soll sich da auch an seinen eigenen Taten in seiner Regierungsverant­wortung messen lassen und nicht vergessen, was er da alles gemacht hat.

Ein Satz auch zum Kunst- und Kulturbereich: Im Vergleich zu anderen Staaten, wo teil­weise massive Kürzungen vorgesehen sind, haben wir in Österreich im Kulturbudget keine Kürzungen. Das ist ein positives Bekenntnis zur Kulturnation Österreich. Die Fra­ge ist, wie diese Mittel eingesetzt werden.

Wir haben hier bereits gestern einen entsprechenden Abänderungsantrag beim Bud­getbegleitgesetz eingebracht und bringen auch in Sachen Mittelverwendung heute ei­nen Entschließungsantrag ein:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 237

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petzner, Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sanierungs­konzept für das anatomisch-pathologische Institut

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird aufgefordert, innerhalb des ersten Halbjahres 2011 ein umfangreiches Sanierungskonzept für das anatomisch-pa­thologische Institut vorzulegen.“

*****

Ihnen, Frau Bundesministerin, kann ich abschließend versichern, dass Sie auch im neu­en Jahr 2011 mit der Unterstützung des BZÖ für Ihre Reformbestrebungen rechnen kön­nen. In diesem Sinne alles Gute! (Beifall beim BZÖ.)

15.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die beiden Entschließungsanträge sind ausrei­chend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner, Stefan Petzner, Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen betreffend Aufhebung des 10%-Limits bei Modellversuchen der „Neuen Mittel­schule“ sowie Überführung der Schulversuche ins Regelschulwesen

eingebracht in der 91. Sitzung des Nationalrates, am 21. Dezember 2010 im Zuge der Debatte zu TOP 1, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.) (Unter­gliederung UG 30)

Angesichts der derzeit geübten Praxis für die Anwendung des bundesweiten 10%-Li­mits bei der Genehmigung von Modellversuchen zur „Neuen Mittelschule“ stellt sich die Frage, an welchen Kriterien sich das Ministerium orientiert, wenn diese 10%-Grenze überschritten wird. Bisher ließ die Genehmigungsroutine eine den regionalen Bedürf­nissen entsprechende Streuung der Modellversuche vermissen. Der daraus entste­hende Konkurrenzkampf der Bundesländer um potentielle Standorte zur Errichtung des Schulversuchs ist nicht geeignet, das österreichische Schulsystem nachhaltig und flächendeckend im Sinne der dringend notwendigen Schulreform weiterzuentwickeln. Das vom Ministerium angewandte Prinzip „wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ zeugt von fehlender langfristiger Planung und fehlenden klaren Überlegungen zur Implemen­tierung der „Neuen Mittelschule“ in den Regelschulbetrieb. Darüber hinaus wird der laufende Schulversuch von Schülern wie Eltern sehr positiv angenommen, was für eine ehest mögliche Überführung in den Regelschulbetrieb spricht.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird ersucht, dem Nationalrat ehebaldigst einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der die ersatzlose Streichung der bun­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 238

desweiten 10%-Grenze für die Beantragung von Schulversuchen zur „Neuen Mittel­schule“ vorsieht.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petzner, Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sanie­rungskonzept für das anatomisch-pathologische Institut

eingebracht in der der 91. Sitzung des Nationalrats am 21. Dezember 2010 im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Budgetvoranschlags für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.): [UG 30- Unterricht, Kunst und Kultur]

Das Museum des pathologisch- anatomischen Institutes wurde 1796 unter Kaiser Franz II gegründet und ist seit 1974 ein Bundesmuseum, welches Narrenturm auf dem Areal des Alten Allgemeinen Krankenhauses untergebracht ist. Die offiziellen Öff­nungszeiten des Museums sind jeweils sechs Stunden wöchentlich, inklusive jeden ersten Samstag im Monat weitere drei Stunden. Zusätzlich gibt es laut Homepage die Möglichkeit, mit Voranmeldung und ab einer gewissen Anzahl an Personen, das Bun­desmuseum im Narrenturm auch außerhalb der Öffnungszeiten im Rahmen einer Füh­rung zu besuchen. Im Sommer finden zusätzlich diverse Veranstaltungen statt.

Die Besucherzahlen sind seit Jahren rückläufig, ebenso wie die Einnahmen des Bun­desmuseums(3416/AB) Zusätzlich stehen seit längerer Zeit umfangreiche Sanierungs­arbeiten an, die Fassade bröckelt vor sich hin. Seit geraumer Zeit spricht die Bundes­ministerin von einem Sanierungskonzept, auch die Eingliederung bzw. der Anschluss des anatomisch-pathologische Instituts in ein anderes Bundesmuseum wurde ange­dacht. Bis dato wurde dieses Konzept allerdings noch nicht vorgelegt.

Daher stellen die unterzeichneten Abgeordneten an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird aufgefordert, innerhalb des ersten Halbjahres 2011 ein umfangreiches Sanierungskonzept für das anatomisch-pa­thologische Institut vorzulegen.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Bundesministerin Dr. Schmied. – Bitte.

 


15.54.16

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Hohes Haus! Es wurde schon angesprochen: Der Bund bleibt ein stabiler Partner im Bereich Kunst und Kultur. Es stehen für 2011 dafür 430 Millionen € zur Verfügung. Selbstverständlich wären zu­sätzliche Mittel sehr positiv gewesen, und zwar in vielen Bereichen. Herr Abgeordneter Zinggl hat ja die Diskrepanz zwischen traditioneller Kunst und Kultur und zeitgenössi­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 239

scher Kunst angesprochen, und um das zu überwinden, wären zusätzliche Budgetmit­tel in beträchtlicher Höhe notwendig. Die gibt es leider nicht. Aber ich muss Ihnen per­sönlich sagen: Ich bin relativ froh, dass es geglückt ist, in diesem Bereich stabile Bud­gets zu haben und hier nicht stehen zu müssen, um Ihnen zu erläutern, wo wir Kürzun­gen vornehmen müssten.

Ich möchte mich explizit bedanken bei Frau Abgeordneter Fuhrmann für die ausge­zeichnete Zusammenarbeit vor allem im Bereich der Vorbereitung der Evaluierung der Bundestheater. Ich halte es für wichtig, da in einer sehr engen Regierungspartnerschaft gemeinsam zu arbeiten.

Es ist möglich, die im Bereich der Kunstförderung gesetzten Schwerpunkte fortzufüh­ren, und es ist möglich – Frau Abgeordnete Unterreiner hat es angesprochen – die Basisabgeltung für die großen Institutionen, nämlich die Bundesmuseen und die Bun­destheater, unverändert weiterzuführen. In Ergänzung Ihrer Ausführungen möchte ich festhalten, dass da Erhöhungen in den letzten Jahren möglich waren, aus meiner Sicht daher die Situation nicht in dem Maße angespannt ist, wie es von Ihnen geschildert wird.

Im Bereich der Investitionen darf ich Sie darüber informieren, dass die Projekte Kunst­kammer, 20er Haus und auch die Sanierung des MUMOK sehr gewissenhaft vorbe­reitet wurden und werden, in Umsetzung sind und nach dem derzeitigen Informations­stand auch plangemäß abgeschlossen werden können.

Im Budgetausschuss haben wir – insbesondere auf Wortmeldung von Herrn Abgeord­netem Petzner – über die Themen Museumsförderung, Büchereiförderung, Förderung der Volkskultur eingehender diskutiert. Den Bereich der Volkskultur haben wir für 2011 höher als im Vorjahr mit 500 000 € budgetiert.

Herr Abgeordneter Zinggl, Sie haben mich auf meine kunst- und kulturpolitischen Schwerpunkte angesprochen. Ein erklärtes politisches Ziel meinerseits ist es, die zeit­genössische Kunst im Rahmen der gegebenen finanziellen Möglichkeiten bestmöglich zu unterstützen, und wir haben hier drei erklärte Schwerpunkte.

Der erste Punkt ist der Bereich der Kunstvermittlung. In der Tat ist es da von großem Vorteil – was auch Frau Abgeordnete Muttonen angesprochen hat –, Bildung, Kunst und Kultur in einem Haus zu verantworten. So ist es möglich, Schulprogramme und Pro­gramme der Bundesmuseen und der Bundestheater ohne großen Umweg aufeinander abzustimmen. Und das Projekt „freier Eintritt in die Bundesmuseen“ ist ein erfolgrei­ches Projekt, das wir auch fortsetzen wollen.

Zweiter Punkt: Nachwuchsförderung. Wir können die Stipendienprogramme fortsetzen, und wir können die Atelierprogramme fortsetzen. Und ich freue mich sehr – ich möchte mich da insbesondere bei Herrn Abgeordnetem Molterer für seinen Einsatz bei der BIG bedanken –, dass es geglückt ist, die „Praterateliers“ über ein Fruchtgenussrecht zum Kunst- und Kulturbereich zu bringen. Es ist dadurch möglich, die freien Ateliers – es sind da sehr, sehr viele Atelierflächen frei, weil sie schon längere Zeit nicht mehr ver­mietet wurden – jungen Künstlern und Künstlerinnen zur Verfügung zu stellen. Erst vor­gestern konnte ich wieder drei Künstler und Künstlerinnen nominieren, die für sieben Jahre dort in den Ateliers Arbeitsmöglichkeiten finden.

Der dritte Punkt ist der Bereich der Internationalisierung: die Teilnahme an internatio­nalen Ausstellungen, aber auch Incoming-Bereich, das Bereitstellen von Arbeitsmöglich­keiten für internationale Künstler in Österreich.

Von Herrn Abgeordnetem Zinggl wurde dann noch besonders der Bereich Film ange­sprochen. Ich wiederhole hier mein Bekenntnis zum Regierungsprogramm und zu den 20 Millionen € für das ÖFI. Wir stehen derzeit bei 16,6 Millionen €. 2 Millionen € stehen für den innovativen Film im Jahr 2011 zur Verfügung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 240

Ich freue mich auch sehr, dass es in einer gemeinsamen Regierungsanstrengung ge­glückt ist, im ORF-Gesetz wichtige kulturpolitische Themen zu verankern. Ich nenne da das Radio-Symphonieorchester, und ich nenne auch die gesetzliche Verankerung des Film/Fernseh-Abkommens mit einer höheren Dotierung, nämlich mit 8 Millionen €. Wir werden im Jänner – so ist das jetzt geplant – die Details zum neuen Film/Fernseh-Ab­kommen bekannt geben können.

Es geht aber nicht nur um die Förderung der Produktion österreichischer Filme, son­dern es ist wichtig, dass die österreichischen Filme auch gesehen und gesendet wer­den. Hiezu finden sich entsprechende Vereinbarungen im Film/Fernseh-Abkommen. Und wir wollen 2011 auch die Digitalisierung der Programmkinos. Hiezu sind Vorgespräche auch mit Frau Abgeordneter Ablinger schon erfolgt. Wir wollen hier die Digitalisierung auch über Kofinanzierungen ermöglichen, weil den Programmkinos zur hundertprozen­tigen, alleinigen Finanzierung die Mittel fehlen.

Wie bereits im Budgetausschuss auf Anregung von Herrn Abgeordnetem Dr. Rosen­kranz besprochen, sollten wir die Präsenz und Wahrnehmung des zeitgenössischen Kunstschaffens erhöhen. Wir werden die Ausstellung „In Between“, eine Ausstellung über zeitgenössische Kunst, im Jahr 2011 fortsetzen. Wir wollen auch, dass Preisver­leihungen, Auszeichnungen größere mediale Aufmerksamkeit bekommen. Und ich kann als Kunst- und Kulturministerin nur betonen, dass Aktivitäten des Parlaments, Ak­tivitäten des Hohen Hauses in diesem Zusammenhang sehr willkommen sind. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

16.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Cortolezis-Schlager ge­langt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.01.37

Abgeordnete Mag. Katharina Cortolezis-Schlager (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Mit die­sem 7,7-Milliarden-Budget für das Unterrichtsressort können die Qualität, die Vielfalt und die Attraktivität des Bildungsangebotes weiter verbessert werden. Aufseiten der ÖVP freut uns besonders, dass es gelungen ist, damit den notwendigen Rahmen zu schaffen, um alle Punkte des Koalitionsübereinkommens bei entsprechender Prioritä­tensetzung auch künftig umsetzen zu können.

Insbesondere ist uns die individuelle Förderung besonders wichtig, und diese auch in allen Lebensphasen zu fördern und zu ermöglichen. Dafür benötigen wir den aufein­ander abgestimmten, durchlässigen und aufeinander aufbauenden Bildungskanon, ein entsprechendes Bildungsangebot, welches ein lebensbegleitendes Lernen vom Kinder­garten über die Schule, Hochschule bis hin zur Weiterbildung ermöglicht. Bildung darf keine Sackgasse sein! Kein Abschluss ohne Anschluss! Das muss unser gemeinsamer Ansatz sein. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Petzner: Ist das das neue Bil­dungskonzept der Volkspartei? Ist das schon akkordiert mit Ihrer Partei?)

Modern heißt für uns, Kollege Petzner, dass es künftig in jeder Lebensphase möglich sein soll, weitere und höhere Bildungsabschlüsse zu erwerben. (Abg. Petzner: Been­den Sie einmal die Reformblockade! Blockiererpartei!) Das bedeutet beispielsweise für die Jugendlichen ohne oder nur mit Pflichtschulabschluss, dass sie eine zweite und dri­tte Chance bekommen. Das bedeutet beispielsweise aber genauso, dass Lehrlinge Lehre und Matura kombinieren können. Das bedeutet, die Berufsreifeprüfung noch stär­ker zu bewerben und sie als Eintritt in die Hochschule zu propagieren.

Österreich, Herr Kollege Walser, investiert mit 5,5 Prozent des BIP deutlich mehr in die Bildung als Deutschland. (Abg. Petzner: Deutschland schneidet aber bei der PISA-Stu-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 241

die besser ab! Was ist da die Ursache?) Deutschland orientiert sich zurzeit an uns, und nicht umgekehrt. Das zeigt auch die jüngste Studie, die gerade herausgekommen ist.

Im Primarschulbereich gehört Österreich mit über 6 000 € pro Jahr und Kind bei den öf­fentlichen Ausgaben zur internationalen Spitzengruppe. Das ist auch gut so. Jeder Cent, der für Unter-Zwölfjährige investiert wird, hat eine zehnfach höhere Wirkung als in spä­teren Bildungsphasen, weil er präventiv wirkt.

Die im internationalen Vergleich hohen Ausgaben setzen sich in Österreich aber auch für die Jugendlichen in der Berufsbildung fort. Auch hier liegen wir deutlich über dem EU-Durchschnitt und über dem OECD-Durchschnitt. Österreich gibt im Vergleich zu Deutschland fast doppelt so viel in der Berufsbildung aus. (Abg. Petzner: Was ist das Ergebnis?) Wir haben daher die geringste Jugendarbeitslosigkeit in ganz Europa. Das ist ein Grund, auf unser Bildungssystem, auf unsere Berufsbildung stolz zu sein. (Bei­fall bei der ÖVP. – Abg. Petzner: Das ist so ein Blödsinn! – Abg. Öllinger: Der Kollege Petzner hat recht!)

Wir brauchen Verlässlichkeit im Abschluss, um den Anschluss zu ermöglichen. Wir brauchen daher wieder mehr Bildungsstandards, die auch wirklich evaluiert werden, Bildungsabschlüsse, die verlässlich sind, die den Übergang von einem Bildungsange­bot in ein anderes ermöglichen. (Abg. Petzner: Das ist eine Bankrotterklärung! ... ab­gedankt!)

Kolleginnen und Kollegen! Bei den 10- bis 14-Jährigen gibt es schon einen gemeinsa­men Lehrplan! Ich hoffe, dass Sie mittlerweile alle angekommen sind und dass wir uns daranmachen, sicherzustellen, dass dieser gemeinsame Lehrplan auch wirklich gemein­sam umgesetzt wird. (Beifall bei der ÖVP.)

16.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es gelangt nun Herr Abgeordneter Jury zu Wort. – Bitte.

 


16.05.50

Abgeordneter Josef Jury (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Frau Kol­legin Cortolezis-Schlager, ich glaube, Sie haben die falsche Rede gehabt. Man glaubt ja, man ist im falschen Film, wenn man hört, wie toll unser Bildungssystem ist. Fakt ist, dass wir in Europa Spitze bei den Ausgaben für das Bildungssystem sind, Fakt ist aber auch, dass aus dem Bildungssektor und aus diesem Bildungsangebot zu wenig he­rauskommt. Deswegen bin ich auch geistig und auch mit meinem Herz bei unserer Un­terrichtsministerin, die die Neue Mittelschule auf den Weg gebracht hat, die vor allem in Kärnten auf einem sehr guten Weg ist. Und es gibt in den Hauptschulen tatsächlich Defizite, das kann man nicht von der Hand weisen. Ich möchte mich daher bei der Frau Unterrichtsministerin noch einmal bedanken und ihr viel Kraft wünschen, um diese Neue Mittelschule  (Abg. Petzner: Der Herr Rosenkranz hat aber gegen die Neue Mit­telschule geredet! Was ist denn da los bei euch?)

Kollege Petzner, dass du dich im schulischen und im Bildungsbereich nicht sehr gut auskennst, beweist dein Redebeitrag. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Ro­senkranz in Richtung des Abg. Petzner –: Hör doch zu! Zuhören!)

Ein weiterer Punkt, Frau Minister, ist noch einmal diese Bildungsoffensive im Land Kärn­ten mit der Lehre mit Matura, wo Kärnten Vorreiter ist und die angesichts unserer Bil­dungsprobleme auch die Zukunft ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir müssen uns in Zukunft stärker daran­machen, unsere Kinder in den Mittelpunkt unseres Interesses und bildungspolitischen Interesses zu stellen, und nicht immer die Befindlichkeiten der Pädagogen und der Ver­waltung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 242

Zum Kultur- und Kunstbereich möchte ich anführen, dass die Kulturinitiativen, Frau Mi­nister, und auch die Kunstvermittlung, die Ihnen sehr wichtig ist, im Budget für 2011 auch gut bedacht sind und dass es auch in Zukunft so bleiben soll, dass diese Förde­rungen transparent und nachvollziehbar sind. – Ich weiß schon, gerecht können Förde­rungen nie sein, weil es immer jemanden gibt, der sagt: Warum bekommt der eine För­derung und ich bekomme keine?

Damit das aber auch für die Zukunft gesichert ist, möchte ich noch folgenden Ent­schließungsantrag einbringen:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird aufgefordert, dem National­rat unverzüglich eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die die Erstellung einer öffentlich einsehbaren Transparenzdatenbank für Subventionen im Bereich der Kunst und Kultur vorsieht, die sämtliche Förderungsnehmer öffentlicher Mittel, die jeweilige Höhe der Förderungsmittel und die jeweiligen öffentlichen Subventionsgeber auflistet.“

*****

Damit sollen diese positive Kräfte unterstützenden Maßnahmen, Kunstvermittlungspro­gramme, Kulturinitiativen und Projekte auch für die Zukunft unterstützt und abgesichert werden. – Alles Gute, Frau Minister! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Jury reicht Bundesmi­nisterin Dr. Schmied die Hand. – Abg. Wöginger – in Richtung des zu seinem Sitzplatz zurückkehrenden Abg. Jury –: Jury, jetzt hast wieder a paar Tausender hamzaht!)

16.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Unterreiner, Jury und weiterer Abgeordneter betreffend Einfüh­rung einer Subventions-Transparenzdatenbank für die Bereiche Kunst & Kultur

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d. B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d. B.), Untergliederung 30 – Unterricht, Kunst und Kul­tur, in der 91. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 21. Dezember 2010

Im Sinne des effizienten Einsatzes von öffentlichen Geldern und zur Vermeidung von Doppelgleisigkeiten im österreichischen Förderungs- und Subventionsdschungel im Bereich der Kunst und der Kultur erscheint es sinnvoll, für möglichst viel Transparenz in benannten Bereichen zu sorgen.

Da nicht nur der Bund öffentlicher Subventionsgeber für die Bereiche Kunst und Kultur ist, sondern in vielen Bereichen überlappend auch Länder und Gemeinden, erscheint es auf der einen Seite zielführend, Förderungsnehmer zu verpflichten, in ihren Förde­rungsersuchen sämtliche öffentliche Förderungen offenzulegen, auf der anderen Seite eine öffentlich einsehbare Subventions-Transparenzdatenbank zu erstellen, die sämtli­che Förderungsnehmer öffentlicher Mittel, die jeweilige Höhe der Förderungsmittel und die jeweiligen öffentlichen Subventionsgeber auflistet.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 243

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird aufgefordert, dem National­rat unverzüglich eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die die Erstellung einer öffentlich einsehbaren Transparenzdatenbank für Subventionen im Bereich der Kunst und Kultur vorsieht, die sämtliche Förderungsnehmer öffentlicher Mittel, die jeweilige Höhe der Förderungsmittel und die jeweiligen öffentlichen Subventionsgeber auflistet.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Riepl. – Bitte.

 


16.09.33

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Ich glaube, all jenen, die endlich eine Schul- und Bildungsreform einfor­dern, muss man einmal mehr sagen: Wir sind nicht am Start. Wir sind bereits am Weg. Die Frage ist nur: Könnte das Ganze nicht ein bisschen schneller gehen?

Ich denke, diese Frage ist berechtigt. Es ist richtig, es könnte ein bisschen schneller gehen. Aber ich erinnere mich an die Budgetberatungen im Wirtschaftsausschuss, als Bundesminister Mitterlehner ganz ehrlich und offen gesagt hat: Es gibt unterschiedliche Meinungen in der ÖVP, die noch nicht ausdiskutiert sind. – Das ist, glaube ich, auch die Antwort, was die Frage des Tempos betrifft.

Wir werden also noch ein bisschen brauchen, um ein wenig Tempo zulegen zu kön­nen. Frau Bundesminister, ich vergleiche das vielleicht ein bisschen mit dem Straßen­verkehr: Eine Zeit lang sind wir in der Bildungspolitik in der Garage gestanden, da ist nichts weitergegangen; das war vor Ihrer Zeit. Dann sind wir ein bisschen in der 30er-Zone herumkutschiert. Mittlerweile sind wir auf der Landstraße, auf dem Weg auf die Bundesstraße, aber auf der Schnellstraße sind wir noch lange nicht. Ziel müsste es sein, dass wir von der Bundesstraße auch auf die Schnellstraße kommen. Das wird uns auch gelingen. Es ist, wie gesagt, nur mehr eine Frage der Zeit.

Das Budget ermöglicht jedenfalls die Fortsetzung der Reformmaßnahmen – es ist schon darauf hingewiesen worden –: kleinere Klassen, Ausweitung der Tagesbetreuung und gleichzeitig damit verbunden, was noch nicht gesagt wurde, auch weniger Notwendig­keit privater Förderung – denn wenn es eine Tagesbetreuung gibt, dann muss auch eine Förderungsmöglichkeit am Nachmittag in der Schule bestehen –, Sprachförderung klarerweise. Und was mir ein ganz besonderes Herzensanliegen ist, ist natürlich die Lehre mit Matura. Wenn im Budget für das nächste Jahr 12,4 Millionen € dafür vorge­sehen sind, dann können weit mehr als 7 000 Lehrlinge davon profitieren, die sich ne­ben ihrer Lehre oder am Ende ihrer Lehre auch gleichzeitig auf die Berufsreifeprüfung vorbereiten und sie auch abschließen.

Ich denke, so wie man die Lehrlinge fördert in Richtung Matura, muss man auch, und das sollten wir auch angehen, dafür sorgen, dass jene, die aus irgendeinem Grund ihre Lehre abgebrochen haben, also keine Lehrabschlussprüfung haben, die Möglichkeit haben, diesen Bildungsabschluss nachzuholen.

In diesem Sinne freue ich mich auf die weitere Zusammenarbeit im Unterrichtsaus­schuss und vor allem mit unserer Unterrichtsministerin. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Riepl reicht Bundesministerin Dr. Schmied die Hand.)

16.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Brosz gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 244

16.12.23

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Ich ha­be die Debatte Anfang Dezember diesmal etwas anders erlebt als bei den PISA-Ver­öffentlichungen bis dorthin. Die ersten drei habe ich als Bildungssprecher mitbekom­men, jetzt hat das Kollege Walser übernommen, und das schafft auch eine gewisse Dis­tanz zu diesem alltäglichen Reagieren-Müssen.

Ich habe das dann einmal Revue passieren lassen. Ich kann mich noch gut erinnern: Als die erste PISA-Studie gekommen ist, hat es damals eine „Cordoba-Debatte“ gege­ben, wonach Österreich so viel besser als Deutschland gewesen ist. Und damit war die Debatte um die ersten PISA-Ergebnisse auch schon verebbt. Umso schwieriger, denn das war im Jahr 2001, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, und wenn man jetzt zu­rückdenkt, wie lange das her ist, dann weiß man, dass die Kinder, die jetzt bei der letzten PISA-Studie einbezogen waren, eigentlich den Großteil ihrer Schulkarriere ab­solviert haben, nachdem die erste PISA-Studie gekommen ist. In diesen neun Jahren kann man, was die Ergebnisse betrifft, sagen – lassen wir das mit den Schwierigkeiten bei der Erhebung jetzt einmal weg –: Dass bei uns ein Trend nach oben festzustellen wäre, das kann man in Summe einfach nicht wirklich konstatieren. Das liegt, glaube ich, unabhängig von der Schultypen-Diskussion, schon ein bisschen auch an den Kern­elementen, wie diese Debatte geführt wird.

Ich habe mittlerweile die Perspektive noch in einer zweiten Form gewechselt: Meine Kinder sind jetzt elf und dreizehn und sind so richtig in der Gymnasialzeit gelandet. (Abg. Dr. Rosenkranz: Na, schämen Sie sich!) Dort hat man dann die Diskussion: Wir haben Schularbeit! – Wenn man sich die Eltern im Umfeld anschaut, dann weiß man in etwa auch, wie die Nachmittage ablaufen und wo Lernen im hohen Ausmaß stattfindet: nämlich nicht in der Schule, sondern in einem hohen Ausmaß nach wie vor auch bei den Eltern. Man kann sich in etwa ausrechnen, welchen Anteil die Möglichkeit der El­tern ausmacht, sich mit den Kindern auseinanderzusetzen, ihnen auch zu helfen, und wie das die Kinder von jenen unterscheidet, wo das zu Hause nicht der Fall ist.

Generell betrachtet muss man schon sagen, dass die Neue Mittelschule bei allen Vor­teilen, die sie auch bietet, bei allen besseren Möglichkeiten, zum Teil mit mehr Res­sourcen, eines nicht überwunden hat, nämlich die frühe Aufteilung der Kinder. Wir ha­ben noch einen Schultyp mehr dazubekommen, wir haben keine Form des Zusammen­führens der Schule. Und lassen wir da jetzt einmal die ideologische Fragestellung weg, das ist gar nicht so sehr der Punkt, sondern ich glaube, dass es viel eher darum geht, wie eigentlich Unterricht und wie Lernen verstanden wird. Und solange wir noch immer die Diskussion führen: braucht es Leistungsgruppen?, braucht es eine Differenzie­rung?, gehen wir von einem Bild aus, wo man Kinder in Gruppen zusammenfasst, und dann gibt es eine Gruppe, und für die gibt es für alle gemeinsam den optimalen Unter­richt. Wir müssen endlich von diesem Bild wegkommen und davon ausgehen, dass je­des Kind unterschiedlich ist, dass jedes Kind unterschiedlich lernt. Und am aller­wichtigsten ist, glaube ich, dass die Selbständigkeit beim Lernen in den Mittelpunkt rü­cken muss.

Ich kann Ihnen sagen, wenn Sie als Vater von 11- und 13-jährigen Kindern erleben, wie Schule heute noch funktioniert, dann ist es in vielen Fällen so, dass sie sich von meiner Schulzeit überhaupt nicht unterscheidet, und das ist jetzt mittlerweile in etwa 30 Jahre her – abgesehen davon, dass sie originellerweise zum Teil die gleichen Lehrer haben, die ich gehabt habe, wenn man so die gleiche Schulkarriere durchgeht. Aber wenn man sich anschaut, wie Schule sich verändert hat, dann muss man sagen: Wenn wir in anderen Berufen so wenig an Innovation mitbekommen hätten, dann wäre das ein or­dentliches Problem. Der Kernpunkt der weiteren Schulentwicklung ist meiner Ansicht nach einfach, dass die Selbständigkeit beim Lernen in den Mittelpunkt rücken muss. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 245

Wenn man sich anschaut, wo Kinder etwas mitnehmen, wo etwas geschieht, wo sie Freude entwickeln, wo sie motiviert sind, wo sie selbst etwas machen – das ist mit all dem, wo sie Zwang beim Lernen haben, überhaupt nicht vergleichbar. Da geht es nicht um einen Leistungsbegriff. Die Grünen haben einen massiven Leistungsbegriff, be­haupte ich einmal. Unser Leistungsbegriff heißt, wir wollen allen Kindern die Möglich­keit geben, das Beste aus ihren Chancen zu machen, sie bestmöglich fördern, aber nicht alle über einen Kamm scheren. Das ist der Punkt, um den es zentral geht. Es geht auch nicht darum, dass man nach den Schwächen lernen sollte, sondern dass die Stärken im Mittelpunkt des Schulsystems stehen sollten. Es geht nicht immer darum, genau dort zu investieren, wo man die größten Probleme hat, sondern auch darum, dort Zeit zu haben, sich weiter zu beschäftigen, wo man die meisten Fähigkeiten, die eigenen Stärken sieht.

Da die Grundlage dafür mit Sicherheit auch in der Sprach- und Lesekompetenz gelegt wird, bringe ich abschließend folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Walser, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung – insbesondere der Bundesminister für Finanzen und die Bun­desministerin für Unterricht, Kunst und Kultur – wird aufgefordert, für Maßnahmen und Projekte zur Förderung der Sprach- und Lesekompetenz von österreichischen Kindern und Jugendlichen 95 550 000 € jährlich zusätzlich zum vorgelegten Budgetentwurf be­reitzustellen und für die in der Begründung genannten Maßnahmen zu verwenden.

Für das kommende Kalenderjahr sind die Beträge unter Berücksichtigung des bereits laufenden Schuljahres 2010/11 entsprechend anzupassen.

*****

(Beifall bei den Grünen.)

16.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Walser, Freundinnen und Freunde betreffend Maßnahmen zur Erhö­hung der Lesekompetenz von österreichischen Schülerinnen und Schülern

eingebracht im Zuge der Debatte über das Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011

Der Zukunftsklau in Österreich muss gestoppt werden, wir brauchen mehr Geld für den Bildungsbereich und nicht weniger. Ein notwendiger Schritt zur nachhaltigen Verbesse­rung der Ergebnisse unseres Schulsystems ist die möglichst rasche Einführung einer modernen und an den erfolgreichen internationalen Modellen orientierten Gemeinsa­men Schule der 6- bis 14-Jährigen.

Es müssen aber auch schon kurzfristig Sofortmaßnahmen gesetzt werden. Die Lese­kompetenz österreichischer Schülerinnen und Schüler liegt - wie auch die letzte PISA-Studie zeigt - deutlich unter dem Durchschnitt der OECD-Länder. Dieser Zustand ist für


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 246

Österreich nicht tragbar. Sprachkompetenz ist eine Schlüsselkompetenz für den weite­ren Bildungs- und Lebensweg. All dies ist nicht erst seit kurzem bekannt. Die Behe­bung des unbefriedigenden Zustands ist eine wesentliche Aufgabe des Bundes, auch wenn die Verwaltung der Kindergärten und Schulen teilweise den Ländern obliegt. Es gibt mehrere Empfehlungen und Expertenberichte zu diesem Thema, nicht zuletzt einen Evaluationsbericht des BIFIE mit dem Titel "Frühkindliche Sprachstandsfeststel­lung - Konzept und Ergebnisse der systematischen Beobachtung im Kindergarten" oder das "Hattinger Modell" für die 5. und 6. Schulstufe. Die darin enthaltenen Empfeh­lungen wurden und werden bis heute nicht oder nur sehr rudimentär umgesetzt. In Deutschland wird aus diesen und ähnlichen Überlegungen mehr Geld für Bildung be­reitgestellt, während in Österreich der Zukunftsklau an unserer Jugend ungebremst wei­tergeht.

In Österreich wird es bislang besonders engagierten Lehrkräften überlassen, die feh­lenden budgetären Mittel durch ihr persönliches Engagement auszugleichen. Dieser Zu­stand ist auf Dauer nicht tragbar, für die extrem wichtige Förderung der Sprach- und Lesekompetenz sind ausreichende Budgets zur Verfügung zu stellen.

Es sollen konkret folgende Maßnahmen umgesetzt werden:

1. Österreichweite Sprachentwicklungsbeobachtung an allen Kindergärten einmal jähr­lich. Kostet ca. 950.000,- Euro jährlich.

2. Lesekompetenz-Screenings in allen Volksschulen in der 3. Schulstufe. Kostet ca. 1.600.000,- Euro jährlich.

3. Qualifizierungsangebote an den öffentlichen Pädagogischen Hochschulen für Päda­goginnen und Pädagogen in Kindergarten und Volksschule. Kostet ca. 5.000.000,- Eu­ro jährlich.

4. Zusätzliches, qualifiziertes Personal zur Unterstützung für den Bereich der Sprach­förderung im Kindergarten. Kostet ca. 41.000.000,- Euro jährlich.

5. Zusätzliche, qualifizierte BegleitlehrerInnen zur Unterstützung für den Bereich der Le­sekompetenz in der Volksschule. Kostet ca. 38.000.000,- Euro jährlich.

6. Einführung des "Hattinger Modell" in allen Klassen der 5. und 6. Schulstufe. Kostet ca. 9.000.000,- Euro jährlich.

Daraus ergeben sich Gesamtkosten von € 95.550.000,- jährlich.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung - insbesondere der Bundesminister für Finanzen und die Bundes­ministerin für Unterricht, Kunst und Kultur - wird aufgefordert, für Maßnahmen und Pro­jekte zur Förderung der Sprach- und Lesekompetenz von österreichischen Kindern und Jugendlichen 95.550.000,- Euro jährlich zusätzlich zum vorgelegten Budgetentwurf be­reit zu stellen und für die in der Begründung genannten Maßnahmen zu verwenden.

Für das kommende Kalenderjahr sind die Beträge unter Berücksichtigung des bereits laufenden Schuljahres 2010/11 entsprechend anzupassen.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Franz. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 247

16.17.26

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Ho­hes Haus! Grundsätzlich ist festzustellen, dass das Bildungsbudget seit 2001 konti­nuierlich angestiegen ist, und das ist sehr erfreulich. Es sind auch viele positive Dinge passiert: Die Mittags-, die Nachmittagsbetreuung wurde ausgebaut, die Sprachförde­rung hat sich verbessert, die Klassen sind kleiner geworden. Und es gibt auch eine große Anzahl an Schulversuchen, mit einer noch größeren Vielfalt an Modellversu­chen. Das ist grundsätzlich positiv, nur sollte nach einem Versuch einmal evaluiert wer­den, um dann zu entscheiden, ob das jeweilige Modell das richtige ist, ob es in das Regelschulwesen übernommen werden soll oder ob die Stopptaste gedrückt wird. (Abg. Öllinger: Geh bitte, das haben wir ja schon 30 Jahre!)

Beispielsweise Ethikunterricht: Es laufen einige sehr erfolgreiche Schulversuche in die­sem Bereich, und ich würde mir wünschen, dass gerade dieser Ethikunterricht ins Re­gelschulwesen übernommen werden könnte. (Abg. Öllinger: Sie wissen aber auch die Position der ÖVP!)

Zum Modellversuch in der Sekundarstufe 1: Hier gibt es wunderbare Modelle, die mit größtem Engagement der Lehrerschaft vorangetrieben werden – siehe Vorarlberg, die Vorarlberger Mittelschule. Nur: Es gibt nicht die Neue Mittelschule, sondern die ver­schiedensten Projekte. Ich bin deshalb schon sehr gespannt auf eine erste Evaluierung und darauf, welche Elemente der verschiedenen Modelle dann auch ins Regelschulwe­sen übernommen werden können.

Nun noch zum peinlichen PISA-Ergebnis und zur noch peinlicheren PISA-Debatte: Die Lösung für all die Probleme in der gemeinsamen Schule der Zehn- bis Vierzehnjähri­gen zu sehen, ist naiv und geht am Thema vorbei. Tatsache ist, dass – laut TIMSS-Stichprobe im Jahr 2007 – bereits in den Volksschulen die Leistungen der SchülerIn­nen enorme Unterschiede aufweisen. Trotz Führung als Gesamtschule, einheitlicher Lehr­pläne, einheitlich ausgebildeter Lehrerinnen und Lehrer und auch ähnlicher Res­sourcen ergeben sich zwischen den besten und den schlechtesten österreichischen Volksschulen dramatisch große Unterschiede.

Da müssten doch die Fragen erlaubt sein: Welche Schulen sind die besten? Warum sind sie die besten? Was können wir von ihnen lernen? Und wie kann man die schlech­testen nach oben bringen? (Beifall bei der ÖVP.)

Nichtssagende Durchschnittsergebnisse bringen uns nicht weiter, Details und regionale Aufschlüsselungen sind gefragt. – Das würde ich mir bei der PISA-Studie auch wün­schen.

Aber: In jeder Krise steckt auch eine Chance! – Die Konsequenz aus der PISA-Studie kann keine Systemdiskussion sein, sondern man muss bei denen ansetzen, die unse­ren Kindern Rechnen, Lesen und Schreiben beibringen, nämlich bei den Lehrerinnen und Lehrern.

Es kann nicht sein, dass permanent eine Berufsgruppe schlechtgeredet wird, dass öffentlich Lehrer-Bashing betrieben wird (Abg. Öllinger: Wer tut denn das?) und dass man die Lehrer mit lächerlichen Anfangsgehältern abspeist. Wundern wir uns daher nicht, wenn wir einem großen Lehrermangel entgegensehen – bei uns in Vorarlberg ist er schon sehr deutlich zu spüren.

Deshalb brauchen wir ein neues Lehrerdienstrecht, und zwar sofort. Dieses Projekt ist längst überfällig. Wir müssen ernsthaft verhandeln. Es ist höchst an der Zeit, dass die­ses Dienstrecht auf die Welt kommt – mit einer leistungsgerechten Bezahlung und hö­heren Einstiegsgehältern –, denn unsere Pädagoginnen und Pädagogen brauchen öf­fentliche Anerkennung und mehr Wertschätzung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 248

Die Lehrer sind es, die schlussendlich verantwortlich sind für einen spannenden, einen ertragreichen Unterricht, in dem die Schüler neugierig sind, neugierig gemacht werden, gefordert, aber auch gefördert werden. Das Entscheidende sind nicht die Architektur, nicht das Gebäude, sondern die Menschen, die mit Engagement, mit Motivation, mit pädagogischem Geschick in der Schule unterrichten, und das sind die Lehrpersonen. (Beifall bei der ÖVP.)

16.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Marko­witz. – Bitte.

 


16.21.59

Abgeordneter Stefan Markowitz (BZÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Frau Kollegin Franz, ich bin ganz Ihrer Meinung, wenn Sie sa­gen, dass „Lehrer“ aufgewertet werden müssen. Natürlich benötigen sie unsere Unter­stützung, weil sie einen verantwortungsvollen und harten Job ausüben, aber dann müs­sen Sie auch verstehen, dass ich die Debatte nicht verstanden habe, was die zwei Stunden mehr betrifft, denn da sind 500 Millionen drinnen, was die Steuerreform be­trifft. Sie werden verstehen, dass man dieses Geld sehr gut brauchen kann, um es in die Schulen zu investieren. (Beifall beim BZÖ.)

Ein wichtiger Punkt, den ich auch ansprechen möchte – das haben wir heute schon öf­ters gehört –, ist Lehre mit Matura, ein Erfolgskonzept, das aus Kärnten kommt, sehr unterstützt von Landeshauptmann Dr. Jörg Haider. Sie, Frau Ministerin, haben das mit ihm gemeinsam vorangetrieben, das freut mich sehr.

Kollege Jury, du bist ja jetzt da. Vorher haben wir gesagt: Wir sind natürlich für die Neue Mittelschule – die natürlich auch von Dr. Jörg Haider vorangetrieben wurde, wie du weißt, und das ist das, was Stefan Petzner vorher gemeint hat –, die auch jahrelang ein Erfolgskonzept in Kärnten war. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe der Abgeordne­ten Jury und Dr. Rosenkranz.)

Herr Rosenkranz, ich weiß nicht, sind Sie Kärntner, oder warum sprechen Sie da jetzt mit? Sie sind wahrscheinlich der Allwissenssprecher von FPÖ/FPK. (Abg. Dr. Rosen­kranz: Nein, aber ich mache Sie darauf aufmerksam, dass man hier im Parlament auch andere Meinungen haben kann ...! Demokratie nennt sich das!) Ich spreche für mein Bundesland, und damit ist das Thema für mich auch schon erledigt.

Der nächste Punkt: Kunst und Kultur. Es ist, Frau Ministerin, sehr erfreulich, dass Sie diese Bereiche zusammengelegt haben. Sie meinten, das wäre quasi eine Aufwertung für die Kunst und Kultur.

Wenn ich mir das Teilheft ansehe, ist sehr auffällig, dass die Erfolge 2009 – ich habe Ihnen das schon gesagt – und der Bundesvoranschlag 2010 darin nicht enthalten sind, sodass die Vergleichszahlen in der Auflistung fehlen. Sie haben gesagt, das liege am Finanzministerium. Ich würde Sie bitten, das in Zukunft genauer zu kontrollieren – das Budget ist ja ohnehin so spät gekommen –, dann würden wir alle uns leichter tun, was die Vergleichszahlen betrifft.

Ein wichtiger Punkt für mich ist das Haus der Geschichte, eine „Never-ending Story“ – von 1999 bis jetzt im Jahr 2010 wird darüber nur geredet. Ursprünglich als Millionen­projekt angepriesen, wurde es von den Ministern Elisabeth Gehrer und Platter 2006 dann vorangetrieben. Da wurde wieder eine Evaluierung durchgeführt, eine Arbeits­gruppe eingesetzt et cetera. Eine Umsetzungsstrategie wurde erarbeitet, aber bis heu­te ist diesbezüglich nichts geschehen.

Im Ausschuss habe ich Sie, Frau Ministerin, gefragt, auf welche Höhe sich die Kosten belaufen – jetzt sind sie mit 100 000 € veranschlagt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 249

Ich würde Sie bitten, dass man in diesem Zusammenhang eine Strategie entwickelt und definitiv bestimmt, wann das Haus der Geschichte tatsächlich verwirklicht wird, inklusi­ve der Standortfindung.

Ich bringe dazu folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Markowitz und Petzner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Eva­luierung des Projekts „Haus der Geschichte“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird aufgefordert, so rasch wie möglich eine detaillierte Evaluierung des Projekts Haus der Geschichte 1999 bis 2010 zu veranlassen und das Ergebnis dem Nationalrat zukommen zu lassen.“

*****

Frau Ministerin, ich ersuche Sie, diesbezüglich tätig zu werden. Sie haben im Aus­schuss gesagt, das Projekt habe für Sie keine Priorität. Wenn dem wirklich so ist, dann sollten wir das Projekt stoppen – was ich sehr schade fände, vor allem nach den Be­mühungen der letzten elf Jahre –, dann könnten wir das Geld sicher woanders auch gut investieren. – Vielen Dank. (Beifall beim BZÖ.)

16.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ebenfalls ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Markowitz, Petzner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluie­rung des Projekts „Haus der Geschichte“

eingebracht in der der 91. Sitzung des Nationalrats am 21. Dezember 2010 im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (980 d. B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Budgetvoranschlags für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011- BFG 2011) samt Anlagen (1044 d. B.): [UG 30- Unterricht, Kunst und Kultur]

Bereits 1999 wurde eine Machbarkeitsstudie zu einem „Haus der Geschichte der Re­publik Österreich“ von der damaligen Bundesministerin Gehrer in Auftrag gegeben. Das Projekt, als „Milleniumsprojekt“ angekündigt, wurde darauf hin in einigen Koali­tionsprogrammen vollmundig angekündigt. 2006 schließlich wurde eine Arbeitsgruppe zur Errichtung des "Hauses der Geschichte der Republik Österreich" mit dem Auftrag betraut, eine Umsetzungsstrategie (Roadmap) für die Realisierung des Vorhabens zu erstellen. Es wurden Konzepte erstellt, Experten beauftragt, ein möglicher Standort ge­sucht, dementsprechend finanzielle Mittel in die Hand genommen. 2008 ließ der dama­lige Bundeskanzler Gusenbauer verkünden, dass man zwar noch keinen Standort ge­funden habe, bis Ende 2009 aber den angekündigten Architektenwettbewerb abge­schlossen wissen möchte. Als wahrscheinlicher Baubeginn wurde 2010 genannt.

Bis dato ist der Öffentlichkeit kein genauer Umsetzungsstand bekannt. Die Bundesmi­nisterin für Unterricht, Kunst und Kultur erklärte im Zuge der Budgetdiskussionen aller­


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dings, dass sie für das Jahr 2011 insgesamt 100 000 Euro für das Projekt veranschlagt habe. Eine ihrer Prioritäten sei das Haus der Geschichte allerdings nicht.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird aufgefordert, so rasch wie möglich eine detaillierte Evaluierung des Projekts Haus der Geschichte 1999 bis 2010 zu veranlassen und das Ergebnis dem Nationalrat zukommen zu lassen.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Loh­feyer. – Bitte.

 


16.25.20

Abgeordnete Mag. Rosa Lohfeyer (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Neben den vielen Schulprojekten, die fortgeführt werden, möchte ich auf den Ausbau der schulischen Tagesbetreuung eingehen.

Im Budget stehen 80 Millionen € pro Jahr ab dem Schuljahr 2011/12 für die Schaffung von neuen Ganztagesplätzen zur Verfügung, und es sollen 80 000 neue Plätze geplant und geschaffen werden. Schließlich fehlt es in ganz Österreich an ganztägigen Schul­formen und -betreuungen, weil in den Jahrzehnten davor die gesellschaftliche Entwick­lung nicht beachtet wurde.

In einer sehr breit angelegten Umfrage des BMUKK haben nunmehr 68 Prozent der El­tern Bedarf angemeldet beziehungsweise den Ausbau der schulischen Ganztagesbe­treuung unterstützt.

Es geht dabei nicht allein um die Betreuung von Kindern, sondern darum, ein umfas­sendes Bildungskonzept umzusetzen, welches darauf aufgebaut ist, dass Kinder nach neuen Modellen, unabhängig von Qualifikation und Verdienst der Eltern und deren Bil­dung, Bildung erfahren können und erfahren müssen. Deshalb ist qualitativ hochwer­tige Tagesbetreuung offensiv fortzusetzen.

Es sind 126 Millionen €, die Eltern jährlich für Nachhilfe berappen müssen, weil im Un­terricht die Zeit zur Vermittlung und Vertiefung des Lehrstoffes mittlerweile nicht mehr ausreichend ist. Und wer das Geld oder die Möglichkeiten für Nachhilfe nicht hat, bleibt im derzeitigen Schulsystem nicht selten auf der Strecke.

Es sind neue Strukturen für diese ganztägigen Formen gefragt: Schularten, übergrei­fende Angebote, die in der verschränkten Form flexibel sind, Mindestöffnungszeiten ga­rantieren und zusätzlichen Einsatz von Freizeitpädagogen vorsehen.

Wir schaffen mit ganztägigen Schulformen auch zusätzliche Möglichkeiten, dass Kin­der schulisch besser gefördert werden können, aber auch ausreichend mit Bewegung, Sport, Kunst, Kultur, Kreativität und interkulturellem Verständnis sowie Eigenverantwor­tung in Berührung kommen.

Die Rahmenbedingungen und Investitionen sind notwendig. In Schulgebäuden sind Vor­kehrungen für ganztägige Betreuung zu treffen. Gute Vorbereitung dafür ist für die Arti­kel-15a-Vereinbarungen mit den Ländern notwendig – das hat die Frau Ministerin ja schon angekündigt. Und es werden jene zum Zug kommen, die sich relativ rasch um Förderungen für ganztägige Schulformen bemühen und diese auch intensivieren.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 251

Setzen wir überfällige Bildungsreformen über alle ideologischen Grenzen hinweg fort, denn diese wichtigen Investitionen in die Bildung sind ja auch Investitionen in die Zu­kunft unseres Landes.

Ich wünsche Ihnen, Frau Ministerin, weiterhin viel Mut und Kraft für diese große Auf­gabe. (Beifall bei der SPÖ.)

16.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Riemer gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.28.36

Abgeordneter Josef A. Riemer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister, im Budgetausschuss betreffend Unterricht war ich schon von Ih­ren Worten und Äußerungen sehr angetan. Das ist ja wirklich allerhand und eine ganze Menge, was hier geplant ist, was man eigentlich machen sollte.

Was ich heute hier zusätzlich gelernt habe – das ist auch wesentlich –, ist, dass unsere unterschiedlichen Positionen gar nicht so weit auseinander sind.

Ich nehme auch mit, dass man nicht zuerst über die Organisationsstrukturen sprechen sollte – es ist etwas ganz Wesentliches, dass ich vor Weihnachten einmal einen Back­teig habe, und die Modellierform kann ich mir ja später suchen.

Es geht im Wesentlichen immer um Inhalte. Ich weiß, bei der Bildung ist es ungefähr so wie bei der Gesundheit: Wir haben heute gehört, wir haben in Österreich das beste Gesundheitssystem, nur wissen wir auch, dass es sich die meisten Leute nicht mehr leisten können (Abg. Kopf: Was?), und dann hat man auch nichts davon. Es ist also auch wichtig, dass wir ein Schulsystem haben, das sich alle leisten können. Und das ist auch so eine Sache.

Es gibt also dieses schöne Dreieck, das Sie genannt haben: die Kinder, die Lehrer und die Eltern. Wenn man da ein bisschen philosophieren würde, müsste man sagen, wir hätten dann mit dem, was Sie hier angeboten haben, bald ein Schulsystem, das wirk­lich aller Ehren wert ist, natürlich mit einigen Abstrichen. Wenn man das so hinkriegen würde, wäre das eine wirklich tolle, tolle Geschichte.

Ich hoffe aber auch, dass sich all die Eltern – darüber wurde heute schon beim Fami­lienbudget gesprochen – das auch später leisten werden können. Das hängt ja auch mit kulturellen Dingen zusammen: Wer bezahlt die Eintritte in die Museen? Wer kann sich heute noch Schulschikurse leisten, et cetera? – Wir müssen also auch da Lösun­gen anbieten.

Von den Ausführungen meiner Vorrednerinnen und Vorredner nehme ich noch ein Wort mit, das hat auch sehr viel mit der Wertschätzung zu tun – ich glaube auch, die Entideologisierung dieses Bildungssystems ist ein wesentlicher Schritt. Wir können nicht wirklich hier eingemauert stehen, sondern wir müssen uns weiter nach vorne be­wegen. Und da ist die ganze Geschichte die, dass wir voraussetzen und sagen: Kinder sind Humankapital, das ist Kapital! (Beifall bei der FPÖ.) Und dieses Kapital bedingt natürlich unser aller Wertschätzung.

Jetzt werden wir bald ein tolles Schulsystem haben, tolle Schulen haben, energetisch ausgeprägt und alles – das, was wir jedoch nicht haben werden, sind Kinder. Jetzt wis­sen wir nicht mehr, was wir mit den Kindern machen werden.

Auch da merkt man, dass die Familienthematik auch zur Schulthematik passt. Wir soll­ten ernsthaft entideologisiert darüber sprechen, was so manches heißt, beispielsweise: Wie gehen wir eigentlich mit dem Schutz Ungeborener um? – Da graust ja schon eini­gen. Ist das wirklich noch etwas? – Eine gute Geschichte.


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Ich nehme aus dieser Debatte mit: Wir müssen die Rahmenbedingungen für die Leh­rer, Eltern und Schüler neu definieren. Sie haben das hier ja teilweise vorgezeigt, und ich wünsche Ihnen dafür alles Liebe.

Inhalte und Ziele – was wollen wir erreichen, mit welchen Mitteln, was sollen unsere Kinder können? – Wir reden immer von einer Schule. Bitte, was muss ein 14-, 15-Jäh­riger in der Lehre können, was muss er bei seiner Aufnahmeprüfung in der Schule kön­nen? Das müssen wir klar definieren.

Ich komme zum Schluss, weil das Licht schon ständig leuchtet – das macht mich so nervös –: Wir müssen den Lehrern wieder mehr Freude und Wertschätzung geben. Der Lehrer ist ja wirklich oft der Letzte. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Der ist der Letzte!

Ich darf Ihnen dazu aus Graz vielleicht als Motivation – den Sprenger haben Sie ge­nannt, ich liebe Sprenger auch, das ist eine tolle Geschichte – Folgendes sagen: In Graz passieren tolle Dinge. Zum Beispiel werden Lehrer krank, weil sie sich nicht mehr trau­en, den Schülern ein Nichtgenügend zu geben, weil die Eltern so mächtig sind, dass sie sagen: Dann gehe ich zum Kadi!

Oder, dann gibt es natürlich eine Weisung vom Ministerium. Oder: der Angriff eines Schülers auf Lehrer – da gibt es Polizei, Gerichtsverfahren, der Schüler darf weiter zur Schule gehen, die Entscheidung liegt bei den Juristen des Landesschulrates, und so fort.

Bitte, Ausschlüsse! Wir müssen die Position des Lehrers stärken, denn sonst wird er zum Hampelmann – das wissen die Schüler, die sind ja nicht nur lieb, sondern auch kleine Bestien, liebenswürdige Bestien, und ich glaube, das ist auch wichtig gegenüber Elternvereinigungen. Verhelfen wir den Lehrern wieder zu jenem Respekt, den sie ver­dienen, denn wie die Mütter erziehen sie auch die Zukunft und die Blüte unseres Vol­kes. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

16.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Huainigg zu Wort. – Bitte.

 


16.34.05

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesmi­nisterin! Hohes Haus! Vor drei Wochen hat eine besondere Sitzung stattgefunden, nämlich nicht Politiker sind am Rednerpult gestanden, sondern SchülerInnen aus Inte­grationsklassen. Gleich war, dass die Frau Bundesministerin auf der Regierungsbank gesessen ist und auch die Frau Nationalratspräsidentin hier war. Sie haben die Schü­lerInnen zur Diskussion eingeladen und haben zugehört, welche Anliegen behinderte und nicht behinderte SchülerInnen haben, die gemeinsam in die Schule gehen. Es war sehr interessant.

Was ich davon mitgenommen habe, ist eine Inklusionsregel, nämlich eine ABC-Regel.

Inklusion erfordert A wie Angstfreiheit, B wie Barrierefreiheit und C wie Chancengleich­heit. Und dazu möchte ich kurz etwas sagen.

A wie Angst: Die Schule hat Angst vor Veränderungen, vor allem LehererInnen haben Angst, wenn sich etwas ändert. Aber behinderte Kinder haben eine neue Form des Un­terrichts gebracht: offener Unterricht, Projektunterricht, geringere Schülerzahlen, indivi­dualisierte Lehrpläne, einfach das, was auch im Schulsystem heute gebraucht wird: ei­ne innere Differenzierung, auch wenn alle Schüler gemeinsam in eine Klasse gehen.

B wie Barrierefreiheit: Es gibt ein aktuelles Problem: dass das Behindertengleichstel­lungsgesetz nicht bis 2015 vom Unterrichtsministerium erfüllt werden kann, dass nicht alle Bundesschulen barrierefrei gestaltet werden können. Wir haben die Frist in solchen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 253

Ausnahmefällen bis 2019 verlängert, und ich begrüße sehr, dass die Unterrichtsministe­rin heute gesagt hat, dass 2011 20 Millionen € für Schuladaptierungen vorgesehen sind. Das ist gut, es darf keinen Stopp geben, es muss weitergehen.

Mein Anliegen ist: Kein einziger Schulbesuch eines behinderten Schülers darf an einer Barriere der Schule scheitern. Eine Schule für alle darf nicht an den Stufen beim Ein­gang der Schule enden. Es wäre wichtig, das sicherzustellen. Und im Notfall muss es auch individuelle Lösungen geben.

Dann bleibt noch C, die Chancengleichheit: Es braucht einen Inklusionsfahrplan zur Wei­terentwicklung der Integration in Richtung Inklusion, und dieser sollte meiner Meinung nach fünf Punkte enthalten.

Das Erste wäre, dass die Inklusion bei Neueinschulungen zum Regelfall wird.

Das Zweite wäre, dass man die Weiterführung nach der achten Schulstufe umsetzt. Da gibt es dankenswerterweise Schulversuche, und diese sollten in absehbarer Zeit eva­luiert und dann ins Regelschulwesen übernommen werden.

Ein weiterer Punkt wäre, dass auch behinderte LehrerInnen notwendig sind. Die Inte­gration beginnt im Lehrerzimmer.

Vierter Punkt: Auch die Lehrpläne-neu sollten enthalten, dass sich jeder Lehrer, der neu ausgebildet wird, mit dem Thema Inklusion, Integration befasst, dass das nichts Neues ist.

Der letzte Punkt wäre, dass die Sonderschulen mit ihren vielen Erfahrungen umgewan­delt werden in Individualpädagogische Zentren, dass individualisierter Unterricht in al­len Schulen Platz greift. Ich glaube, dass solch ein Inklusionsfahrplan im Rahmen des Nationalen Aktionsplanes möglich sein sollte. – Danke. (Beifall bei der ÖVP, bei Abge­ordneten der SPÖ sowie des Abg. Dr. Königshofer.)

16.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Jarmer. – Bitte.

 


16.40.01

Abgeordnete Mag. Helene Jarmer (Grüne) (in Übersetzung durch eine Gebärden­sprachdolmetscherin): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zum Thema Bildung möchte ich gerne auch aufs Budget zu sprechen kommen. Mein Kollege Huainigg hat es bereits gesagt: Die Frist zur Erreichung der Barrierefreiheit im schulischen Bereich wird um vier Jahre verlängert. – Das ist ja keine echte Einsparung, sondern sozusagen eine Ver­schiebung.

In der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen steht in Arti­kel 19 – Wahlfreiheit und selbstständige Lebensführung –, dass die Menschen auch selbstständig Schulen auswählen, Bereiche wählen und die Bildung so gestalten kön­nen, wie es für sie passt. Diese Situation – das wissen Sie bereits – haben wir in Öster­reich noch nicht erreicht. Wir haben Segregation – wir haben Sonderschulen und nor­male Schulen –, und ich bin mir sicher, dass Sie alle noch nicht wirklich viel mit behin­derten Menschen in Berührung gekommen sind. Früher gab es Kollegin Haidlmayr, jetzt haben wir Herrn Kollegen Huainigg.

Wie gehe ich mit behinderten Menschen um? – Für viele von ihnen ist das total unge­wohnt. Das Wort Integration ist oft sehr missverständlich, denn das Kind bekommt nicht immer wirklich das, was es braucht. Gehörlose und schwer hörende Kinder be­kommen ein paar Stunden Stützlehrkräfte, und der Rest des Unterrichts geht ihnen ver­loren. Die Schulgebäude sind auch nicht immer barrierefrei zugänglich und nicht immer passt der Lehrplan zu dem, was das Kind braucht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 254

Ich nehme an, dass Sie es bereits wissen, aber in der Praxis ist es so, dass „Inklusion“ das neue Wort ist; zu dem Wort „Integration“ wollen wir ein bisschen Abstand halten.

Inklusion ist auch in der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinde­rungen definiert. Jedes Kind bekommt nach seinen Bedürfnissen das, was es braucht, und zwar nicht nur ein bisschen davon.

Inklusion bedeutet für mich hier in diesem Fall, dass eine Dolmetscherin hier ist. Ich kann mit ihrer Hilfe telefonieren und meine Tätigkeit normal ausführen.

Kollege Huainigg hat eine persönliche Assistentin, die ihm teilweise vorliest, das Mikro­fon hinhält, mit ihm herumgeht, vielleicht sogar die Rampe aufbaut, damit auch er hier gleichberechtigt teilnehmen kann.

Bekommt er vielleicht „ein bisschen“, 5 Stunden, Assistenzkräfte, um „ein bisschen“ mit­zumachen? Nein, das ist hier nicht so! Er ist voll integriert und hat hier auch die Mög­lichkeit, voll zu arbeiten. – Im schulischen Bereich ist diese Möglichkeit noch nicht vor­handen. Deswegen ist auch der Inklusionsfahrplan, genau wie mein Kollege Huainigg das bereits gesagt hat, total wichtig. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Inklusion ist wichtig, um auch betroffene Menschen bei der Gestaltung des Plans mit einzubeziehen. Inklusion ist auch in der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung an der Ba­sis notwendig. Wir haben bereits Anträge dahin gehend eingebracht, dass die Hoch­schul-Zulassungsverordnung zu streichen ist, da nämlich behinderte Personen ausge­schlossen werden, behinderte Menschen nicht hineinkommen.

Oft wird gesagt: Ich kenne mich mit Behindertenthemen nicht aus, ich weiß nicht, wie ich das machen soll, ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll, deswegen schließen wir es aus! – Nein, wir brauchen hier Gleichberechtigung auch in der Ausbildung.

Dabei ist insbesondere bei gehörlosen Kindern wichtig – und da wiederhole ich mich gerne –, dass LehrerInnen nicht verpflichtet sind, und zwar überhaupt nicht verpflichtet sind, Gebärdensprachkompetenz vorzuweisen. Das ist in Zukunft für eine Inklusion nicht möglich. (Beifall bei den Grünen.)

Ich formuliere es so: Ist die Bildung schlecht, ist angesichts einer hohen Arbeitslosen­rate auch die Zukunftsperspektive sehr schlecht. Sparen wir jetzt, gibt es auch für die Zukunft keine guten Aussichten; haben wir jetzt eine gute Situation bei den Investitio­nen, wird auch die Zukunft rosig aussehen. – Vielen Dank, liebe KollegInnen. (Beifall bei den Grünen.)

16.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl zu Wort. – Bitte.

 


16.44.08

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Im Zu­sammenhang mit Budgetdebatten wird sehr oft das Bild strapaziert, dass wir die Bud­gets so zu gestalten haben, dass wir unseren Kindern keinen Schuldenberg hinterlas­sen sollen.

Ich möchte dieses Bild um ein anderes ergänzen, nämlich jenes, dass wir auch die Ver­pflichtung haben, Budgets so zu gestalten, dass wir unsere Kinder mit einem entspre­chenden Startkapital ausstatten können. Deswegen ist es besonders wichtig, dass es gelungen ist, selbst bei einem Sparbudget Bedingungen zu schaffen, um den Reform­weg der letzten Jahre fortsetzen zu können. Auch wenn wir uns gewünscht hätten, ihn offensiver fortsetzen zu können, ist es wichtig, in den nächsten Jahren jedenfalls weite­re wichtige Schritte setzen zu können.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 255

Ein ganz wichtiger Schritt ist der Ausbau der Ganztagsbetreuung, den ich für einen wirk­lichen Schlüssel dafür halte, was aus unserer Sicht eine zentrale Zielsetzung in der Bil­dungspolitik, der Schulpolitik ist, nämlich dass wir auf die Begabungen von keinem Kind verzichten wollen, die Kinder entsprechend fördern wollen – auch jene, die aus einem sozialen Umfeld kommen, in dem sie weniger Hilfestellung und Unterstützung bekom­men, bei denen aber die Talente vorhanden sind.

Dafür ist der Ausbau der Ganztagsschule, der Ganztagsbetreuung ein wirklich wichti­ger Schlüssel, deswegen begrüße ich es sehr, dass die nächsten Schritte mit sich brin­gen werden, dass wir dann in Summe 200 000 Plätze haben werden.

Der zweite ganz, ganz wichtige Schritt ist die Fortsetzung des Ausbaus der Neuen Mit­telschule – ebenfalls sehr wichtig, um die Kinder entsprechend unterstützen zu können, auch jene, die aus einem sozialen Umfeld kommen, in dem sie zu Hause die Unterstüt­zung nicht in diesem Ausmaß haben. Der Ausbau wird fortgesetzt: Es werden zusätz­lich sehr, sehr viele Klassen eröffnet werden.

Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass wir es demnächst doch schaffen werden, die
10-Prozent-Grenze aufzugeben und hier weitere Programme ausbauen zu können. (Bei­fall bei der SPÖ.)

16.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Spa­diut. – Bitte.

 


16.46.36

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Frau Präsident! Frau Minister! Schade, dass Frau Minister Schmied nicht da ist, ich hätte sie gerne direkt angesprochen. Mir geht es – und das ist uns wirklich ein großes Anliegen und das liegt uns sehr am Her­zen – um das Freilichtmuseum Stübing.

Die Hälfte des Jahresbudgets von 1,2 Millionen € wird durch Einnahmen finanziert, für die Finanzierung des Rests fühlt sich niemand zuständig. Der Verein wurde zwar in eine Stiftung umgewandelt, aber weder Unterrichts- noch Wissenschafts-, Wirtschafts- oder Landwirtschaftsministerium beteiligen sich an der Finanzierung. Es wird Geld be­nötigt, und zwar 300 000 €; das übersteigt bei Weitem den Bundeszuschuss des Unter­richtsressorts von 73 000 €.

Gestern hat eine Kuratoriumssitzung stattgefunden. – Ich hätte die Frau Minister gerne gefragt, was dabei herausgekommen ist, mir ist das Ergebnis nämlich nicht bekannt.

Damit die Verhandlungen jedoch nicht im Sande verlaufen und da es wirklich höchste Zeit ist, bringe ich zum wiederholten Mal folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Grosz, Schenk, Dr. Spadiut, List, Kolleginnen und Kollegen

„Der Nationalrat wolle beschließen:

,Die Bundesregierung wird aufgefordert, so schnell wie möglich Maßnahmen zur Si­cherstellung der nachhaltigen Finanzierung des Österreichischen Freilichtmuseums Stü­bing zu ergreifen.‘“

*****

(Beifall beim BZÖ.)

16.48



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 256

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend un­terstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Grosz, Schenk, Dr. Spadiut, List Kolleginnen und Kollegen betref­fend Sicherstellung der Finanzierung des Freilichtmuseums Stübing

eingebracht in der der 91. Sitzung des Nationalrats am 21. Dezember 2010 im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Budgetvoranschlags für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.): [UG 30 – Unter­richt, Kunst und Kultur]

In der Gemeinde Deutschfeistritz nahe Graz befindet sich eines der zehn größten und beeindruckendsten Freilichtmuseen Europas. Dort werden originale bzw. historische bäuerliche Bauwerke aus ganz Österreich gezeigt, damit ein Einblick in die heimische bäuerliche Kultur gewährt. Das Freilichtmuseum Stübing wurde 1970 eröffnet. In Zu­sammenarbeit mit den Bundesländern wurden alte Bauernhöfe (das älteste Bauern­haus stammt aus dem Mittelalter) restauriert und in eine Schausiedlung integriert. . Das Österreichische Freilichtmuseum Stübing wurde mit dem Museumsgütesiegel des In­ternational Council of Museums der UNESCO ausgezeichnet.

Die Hälfte des Jahresbudgets von 1,2 Millionen Euro wird aus eigenen Einnahmen fi­nanziert, für die Finanzierung der anderen Hälfte fühlt sich keiner zuständig. Ursprüng­lich ein Verein, wurde das Österreichische Freilichtmuseum Stübing in eine gemein­nützige Stiftung verwandelt, an der das Unterrichts-, Wissenschafts-, Wirtschafts-, Land­wirtschafts- und Finanzministerium beteiligt sind, sowie alle neun Bundesländer. Das ÖFM ist somit ein Bundesmuseum, was das Unterrichtsministerium bestreitet. Selbst als Stiftung jedoch muss genügend Vermögen vorhanden sein, um den Stiftungszweck zu erfüllen, sonst müsste man sie auflösen.

Ohne einen Bundeszuschuss über die 73.000 Euro des Unterrichtsressorts hinaus, dürfte ein bedeutendes kulturelles Zeugnis unserer bäuerlichen Identität vor dem Aus stehen. Insgesamt werden 300.000 Euro benötigt. Vor der Wahl in der Steiermark wur­de seitens der Koalitionsfraktionen lediglich beschlossen, dass die im Kuratorium ver­tretenen Ressortminister gemeinsam mit dem Land Steiermark und den übrigen Bun­desländern im Rahmen ihrer Organfunktion ersucht werden, gemeinsam darauf einzu­wirken, dass der Vorstand die derzeitige Struktur evaluieret und auf ihre Nachhaltigkeit überprüft sowie neue Konzepte zum Erhalt des Freilichtmuseums Stübing entwickelt, um den Fortbestand des Freilichtmuseums abzusichern. Die Sicherstellung der Finan­zierung wurde mit keinem Wort erwähnt.

Daher stellen die unterzeichneten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, so schnell wie möglich Maßnahmen zur Si­cherstellung der nachhaltigen Finanzierung des Österreichischen Freilichtmuseums Stü­bing zu ergreifen.“

*****

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 257

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Let­tenbichler. – Bitte.

 


16.48.24

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Frau Ministerin! Hohes Haus! Die Zukunft und die Bildung unserer Kinder ste­hen im Mittelpunkt, stehen im Zentrum unserer Politik, deswegen hat die Bundesregie­rung im Budget 2011 auch mehr Mittel vorgesehen als noch im Jahr 2010.

Mit Offensivmaßnahmen im Gegenwert von 80 Millionen € werden die Schwerpunkte der letzten Monate und Jahre fortgesetzt, und zwar Schwerpunkte wie zum Beispiel der Ausbau der Ganztagsbetreuung, die Senkung der Klassenschülerhöchstzahl oder das Programm Lehre mit Matura, das weiter vorangetrieben wird. – Ich denke, dazu kann man dieser Bundesregierung gratulieren, auch wenn Sie von der Opposition das natur­gemäß anders darstellen.

Dass Handlungsbedarf besteht und die Mittel in der Bildung bestens investiert sind, haben wir in der letzten Woche wieder bestätigt bekommen. Die Ergebnisse der PISA-Studie dienen uns allen als Grundlage, wenngleich auch die Ergebnisse nicht überin­terpretiert werden sollten. Bedenke ich etwa die Messmethoden und die Auswahl der Testpersonen, dann darf ich mich schon wundern, warum Hauptschüler mit 15, sogar mit 16 Jahren befragt wurden.

Natürlich führt die Ergebnisveröffentlichung – wir sind ja mittendrin – wieder zu einer grundsätzlichen Diskussion, wie die Schulen ausgerichtet werden sollen. Dabei soll es aber meines Erachtens nicht darum gehen, dass Ideologien im Vordergrund stehen, sondern es soll ganz einfach das Bestmögliche für unsere Kinder erreicht werden.

Die Lösung darf nicht sein, Bewährtes zu zerschlagen – Bewährtes wie unsere Gym­nasien –, sondern wir müssen einen guten Dialog, ein gutes Miteinander von Haupt­schulen und Gymnasien, so wie es in Tirol bestens funktioniert, finden. (Beifall bei der ÖVP.)

Dort, wo es Defizite gibt, welche vor allem in Schulen in den urbanen, in den Ballungs­räumen auftreten, müssen wir die Hauptschulen verbessern und auch weiterhin bereit sein, Mittel in die Hand zu nehmen. Dies passiert in meinem Bundesland Tirol sehr in­tensiv: Dort werden auf Initiative der Bildungslandesrätin Beate Palfrader ab dem Schuljahr 2011/2012 insgesamt 1 399 zusätzliche Stunden Förderunterricht finanziert, damit an den Hauptschulen Kinder und Jugendliche gemäß ihren Begabungen besser gefördert werden können und der Unterricht noch individueller gestaltet werden kann.

Handeln statt reden!: Das ist der Zugang, den ich mir lobe. Auch verwahre ich mich da­gegen, dass unsere sehr gut arbeitenden Land-Hauptschulen ständig schlechtgeredet werden.

Frau Bundesminister – Sie ist leider nicht da (Rufe bei der SPÖ: O ja!) – ah, sie ist wieder da. Grüß Gott, hallo! Ich habe hinten keine Augen, tut mir leid! Sparen Sie bei den Gagen von diversen monopolistisch agierenden Beratern und geben wir das Geld stattdessen den Hauptschulen, damit unsere Kinder bestmögliche Unterstützung erhal­ten! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz zu Wort. – Bitte.

 


16.51.32

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen Minis­terinnen! Ganz kurz – Kollege Mayer ist jetzt gerade gekommen. Ich habe in Ihren Wort­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 258

meldungen als Replik auf mich eigentlich nur die Worte „peinlich, peinlich, peinlich, ewig­gestrig, ewiggestrig“ gehört. – Ich hoffe, dass Sie als Lehrer nicht nur über einen restrin­gierten Code verfügen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Zu Kollegem Walser, den ich jetzt gerade nicht sehe: Sie haben unterstellt, dass Befür­worter des Gymnasiums in der Langform zwischen guten und schlechten Lehrern un­terscheiden. Nämlich: Der gute sei der Gymnasiallehrer und der schlechte der Haupt­schullehrer. – Lassen Sie sich eines sagen: Als Sohn einer Frau, die mit Leib und See­le Hauptschullehrerin war, werde ich das Andenken meiner Mutter sicher nicht be­schmutzen, nur weil Sie ideologische Scheuklappen aufhaben, die die Sicht der Din­ge – die von Kollegem Brosz ist differenzierter – ja anders machen.

Ich darf mich bei der Frau Ministerin bedanken, dass Sie viele Dinge angesprochen hat, die gemeinsam abgearbeitet werden können, wo man nämlich wirklich einmal das, wo es unter Umständen noch Auseinandersetzungen geben kann, aber vielleicht in dem einen oder anderen Bereich auch nicht, angeht.

Ich darf folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform der Sekundarschule

„Der Nationalrat wolle beschließen:

,Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur werden aufgefordert, bei allen zur Reform der Sekundarschule angestellten Über­legungen jedenfalls die AHS-Langform in der derzeitigen Variante beizubehalten.‘“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

16.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung. (Abg. Dr. Jarolim: Aber sehr sachkundig hat das nicht gewirkt!)

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz und weiterer Abgeordneter betreffend Re­form der Sekundarschule

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung 30 – Unterricht, Kunst und Kul­tur, in der 91. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 21. Dezember 2010

Schon vor dem schlechten Abschneiden bei der PISA-Studie 2009 meldete sich Bil­dungswissenschafter DDr. Günther Haider zu Wort und forderte einer radikale Schul­reform bis hin zur Gesamtschule, da diese seiner Meinung nach zu einer Verbesserung beitragen könnte. Zuletzt äußerte sich auch Bundespräsident Heinz Fischer im Ö1 Mit­tagsjournal am 18. 12. 2010 zur Gesamtschule und nimmt für die Gesamtschule auch die Abschaffung des achtjährigen Gymnasiums in Kauf:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 259

„Der Bundespräsident mahnt in diesem Zusammenhang auch die überfälligen Struktur­reformen ein, vor allem im Bildungswesen. Und Fischer gibt im Streit um das Schulsys­tem in Österreich ein klares Bekenntnis zur gemeinsamen Schule der Zehn- bis Vier­zehnjährigen ab, die die ÖVP weiterhin strikt ablehnt. Fischer will für die gemeinsame Schule auch in Kauf nehmen, dass damit das klassische achtjährige Gymnasium ab­geschafft wird. Ihn hätten die Experten vom Sinn und der Wichtigkeit einer solchen Re­form überzeugt, so der Bundespräsident. Es gehe hier darum, Begabungen bestmög­lich auszuschöpfen und dies könne nur geschehen, wenn es nicht zu früh zu einer Se­lektion kommt. Diese differenzierte gemeinsame Schule könne durchaus Lehrstoffe des Gymnasiums berücksichtigen, so Fischer.“ (http://oe1.orf.at/artikel/264732, 20.12.2010)

Die tatsächlichen Kosten für den Betrieb der derzeitigen 320 Versuchsschulen sind im Budget verschleiert – da nur implizit enthalten – weswegen sich auch Kostenschätzun­gen für eine kolportierte flächendeckende Einführung der Gesamtschule „Neue Mittel­schule“ nur schwer beziffern lassen.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur werden aufgefordert, bei allen zur Reform der Sekundarschule angestellten Überlegungen jedenfalls die AHS-Langform in der derzeitigen Variante beizubehalten.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ablin­ger. – Bitte.

 


16.53.10

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Ministerinnen! Wir kommen jetzt wieder zurück zur Kultur: Es ist ja schon mehrfach hier im Haus erwähnt worden, wie erfreulich es ist, dass wir gerade im Kunst- und Kulturbudget ein stabiles Budget haben, auch – und das haben wir immer wieder gesagt – wenn wir na­türlich wissen, dass gleichbleibendes Budget gleichzeitig heißt, dass in manchen Berei­chen Mangel herrscht, weil es ja keine Inflationsabgeltungen gibt. Aber vor dem Hinter­grund der Verhältnisse ist ein Gleichstand jedenfalls ein Erfolg.

Wir können auch gewisse Schwerpunkte im Bereich der Vermittlung, der Partizipation, Kultur für alle und Kultur mit allen, fortsetzen, und – was ganz wichtig ist – auch die Nachwuchsförderung mit dem Halten der Staatsstipendien in der Höhe von 600 000 €. Darüber hinaus gehende Schwerpunkte sind das Fortsetzen und Absichern des freien Eintritts, der erfreuliche Zahlen aufweist, was die Nutzung der Museen betrifft, oder auch der Ausbau der Zweijahresverträge für Kunst- und Kulturinitiativen, was Planungs­sicherheit gibt und ausgeweitet werden kann.

Ich möchte im Wesentlichen noch auf einen Punkt eingehen, weil Kollege Zinggl davon gesprochen hat. Erstens eine Klarstellung: Kollege Zinggl, du hast im Zusammenhang mit „Museum Neu“ von einem Drei-Parteien-Antrag gesprochen. – Das war ein Vier-Par­teien-Antrag, und genau die FPÖ war nicht dabei. So war das!

Wir sind jedenfalls dran an dieser Zusammenlegung und halten das Konzept für ein ganz wesentliches und ein ganz innovatives im Zusammenhang mit einer neuen Mu­seumseinrichtung, und so gesehen ist eben die eigenständige Wahrnehmung auch ganz wesentlich für dieses Haus, weswegen wir das unterstützen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 260

Zu noch etwas, was du gesagt hast, Kollege Zinggl, von wegen „einfach nur laufen las­sen“. – Die Ministerin gibt, glaube ich, viele Beispiele, dass sie es in der Kultur nicht „laufen lässt“. Ein Beispiel, das wir angesprochen haben, nehme ich jetzt heraus: die Digitalisierung bei den Programmkinos – ich bedanke mich dabei auch sozusagen aus der Ferne bei Sektionschefin Andrea Ecker, die da initiativ geworden ist.

Es ist vollkommen klar, dass die Programmkinos die Digitalisierung aus eigener Ta­sche nicht finanzieren können, dass es zwar eine bunte, kräftige Szene der Programm­kinos gibt, aber dass sie das allein nicht leisten können. Dafür brauchen sie politischen und finanziellen Rückhalt, und die Ministerin hat jetzt ein Kofinanzierungsmodell vorge­schlagen.

Ich würde nur zusätzlich Folgendes vorschlagen – jetzt ist leider Kollegin Fuhrmann nicht da –: Minister Mitterlehner hat ein Fördermodell für den „Filmstandort Österreich“, das ist am 1.7.2010 gestartet worden, da gibt es noch immer ganz schön viel Geld, da ist noch etwas übrig geblieben. Ich finde, das wäre ein Bereich, betreffend den man den Minister bitten könnte, im Zusammenhang mit dieser Förderung auch für die Di­gitalisierung der Programmkinos Geld zur Verfügung zu stellen, weil gute Filme ja nicht nur produziert, sondern auch gezeigt und gesehen werden müssen.

Ich finde, das ist auch eine Aufgabe, die dazu passt – in der Förderung steht ja sogar drinnen, dass die Wettbewerbsfähigkeit abzusichern ist –, und die Ministerin leistet ei­nen Beitrag dazu. Ich finde, das wäre etwas, was Minister Mitterlehner „mitschultern“ könnte, und dann könnte man die Digitalisierung durchziehen. Das Lächeln fasse ich jetzt einfach als Zustimmung auf: Sie werden es ihm ausrichten. – Ich danke Ihnen herz­lich. (Beifall bei SPÖ und Grünen. – Abg. Kopf: Das ist eine Überinterpretation!)

16.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Prinz zu Wort. – Bitte.

 


16.56.30

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Ministerinnen! Meine Damen und Herren! Die Bildung und Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen ist uns wichtig. Finanzminister Josef Pröll unterstreicht dies, indem trotz des notwen­digen Sparkurses für den Bereich Bildung und Wissenschaft zusätzliche Geldmittel in den nächsten Jahren vorgesehen sind.

Erfolgreiche Schulpolitik braucht die Zusammenarbeit aller Schulpartner. Lehrkräfte, El­tern und Schüler müssen in die Schulpolitik entsprechend eingebunden werden. Ich denke, hier wäre es von Nutzen, mehr auf die Qualität als auf das Tempo zu setzen.

Der Großteil der Lehrkräfte leistet hervorragende Arbeit, wofür ihm zu danken ist. Die Lehrer brauchen aber die Unterstützung der Eltern, beispielsweise bei der Motivation zum Lesen.

Schulen stiften Identität für Kinder und Eltern. Frau Bundesminister, ich halte es für wichtig, dass auch Sie sich für den Erhalt von kleineren Schulen einsetzen! Für mich stellt sich die Frage, welche Schülerzahlen bei Volksschulen und Hauptschulen aus Ihrer Sicht hoch genug sind, welche Sie persönlich für notwendig erachten, damit diese Schulstandorte auch in der Zukunft erhalten bleiben.

Schule heißt, die Kinder auf dem Bildungsweg für das spätere Leben vorzubereiten. Das heißt für mich, dass man Leistung verlangt, die Schwächeren entsprechend fördert und die Starken fordert.

Großes Augenmerk ist dabei auf das Erlernen der deutschen Sprache zu legen. Die deutsche Sprache in Wort und Schrift ist die wichtigste Voraussetzung für eine erfolg­


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reiche Integration. Leistungsdifferenzierung ist notwendig, ganz egal, ob in der Haupt­schule oder in der Unterstufe des Gymnasiums. Schüler aus Hauptschulen sind für wei­terführende Schulen mindestens so gut gerüstet wie Kinder, die eine AHS-Unterstufe be­suchen.

Organisation und Verwaltung sollten möglichst nahe bei den Betroffenen sein. Deshalb wäre es sinnvoll, für die Zukunft Wege zu finden, wo die großen Bildungsentscheidun­gen wie Bildungsziele, Lerninhalte et cetera auf Bundesebene entschieden werden und die Organisation des Schulwesens den Ländern übertragen wird. (Abg. Mag. Gaßner: Geh, Nikolaus!) Gespräche, ohne vorher einen Justamentstandpunkt einzunehmen, soll­ten es möglich machen, hier gemeinsame Lösungen zu finden.

Österreich hat im Grunde genommen ein sehr gutes, durchlässiges und zweckmäßiges Schul- und Bildungswesen. Dies gilt es, entsprechend effizient zu machen und in der Zukunft noch zu verbessern. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Gaßner: Die Rede hat dir der Pühringer geschrieben!)

16.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun kommt Frau Abgeordnete Hakel zu Wort. – Bitte.

 


16.59.09

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Ich komme selbst auch aus einer ländlichen Region und weiß daher, wie wichtig die regionale Kul­turförderung vor allem auch auf dem Land ist. Schön, dass sie auch in den nächsten Jahren gesichert ist. Kunst und Kultur wird auch in Zukunft kein Fremdwort für den länd­lichen Raum sein.

Wir haben heute schon sehr viel über die PISA-Studie gehört, über ihre Ergebnisse, über die Leseschwäche unserer Jugend – das war auch ein großes Hauptthema in den letzten Wochen. Umso wichtiger ist es jetzt, dass hier entgegengewirkt wird.

Gerade weil auch ich selbst als Jugendliche Stammkundin in unserer kleinen städti­schen Bücherei war, freut es mich ganz besonders, dass es gelungen ist, die Bücherei­förderung beizubehalten und hie und da eine deutliche Aufstockung der Mittel zu be­wirken.

Als Abgeordnete eines Regionalbezirkes weiß man nur zu gut, wie wichtig solche klei­nen Bildungsstätten sind. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Die Zielsetzungen des neuen Förderungssystems sind die stärkere Vernetzung der Bi­bliotheken, der Ausbau des Medienbestandes, aber vor allem eben auch eine stärkere Aus- und Fortbildung der MitarbeiterInnen. Das stellt dann wiederum sicher, dass die Bü­chereien attraktiver und qualitätsvoller werden.

Durch diese Neuregelung ist es auch in strukturschwächeren Regionen möglich, den BesucherInnen ein umfangreiches Bildungsangebot zu bieten. Das ist ein wichtiger Schritt in Richtung Bildung, ein wichtiger Schritt in Richtung niederschwelligerer Zu­gang und ein wichtiger Schritt in Richtung Emanzipation. (Beifall bei der SPÖ.)

17.00


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


17.01.02

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Rahmen der heutigen Debatte zum Budgetkapitel „Unterricht, Kunst und Kultur“ zeigt sich, dass unsere Kulturministerin Schmied eine sehr verlässliche Partnerin für sehr viele Künstlerinnen und Künstler und für Kulturinitiativen in diesen


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schwierigen Zeiten ist und dass Kunst und Kultur auch weiterhin einen sehr hohen Stellenwert besitzen. Deren Wertschätzung wird eben auch in den budgetären Mitteln ausgedrückt, die heuer über 430 Millionen betragen und somit auch konstant geblieben sind.

Das ist auch eine ganz wichtige Voraussetzung für viele Künstlerinnen und Künstler, um überhaupt erst tätig sein und ihre Talente entfalten zu können. Das ist aber nicht selbstverständlich, denn ein Blick über die Grenzen zeigt, dass es in anderen Ländern Europas anders aussieht; man muss nur APA-Aussendungen und Zeitungen lesen. In den Schlagzeilen heißt es, dass „die Künstler in Großbritannien, Spanien oder in den Niederlanden bluten“ müssen. In Spanien wurden 12,3 Prozent Einsparungen getrof­fen, in Großbritannien sogar 15 Prozent. Im „Standard“ war zu lesen, dass es wilde Pro­teste der Künstlerinnen und Künstler gegen die hohen Einsparungen gegeben hat.

Viele wichtige Kunst- und Kulturprojekte, kunst- und kulturpolitische Anliegen wurden heute schon diskutiert, und auch die Frau Ministerin hat ihre Schwerpunkte genannt, die in der Kulturvermittlung, in der Nachwuchsförderung liegen. Mir ist es ganz beson­ders wichtig, dass auch weiterhin investiert wird und Bauprojekte planmäßig weiter­geführt werden; so zum Beispiel das 20er Haus, das Literaturmuseum und die Kunst­kammer. (Beifall der Abg. Mag. Muttonen.)

Frau Ministerin Schmied wird mit den ihr zur Verfügung stehenden Budgetmitteln auch dazu beitragen, dass in Österreich weiterhin ein progressives Kunst- und Gesellschafts­verständnis diskutiert wird. Kunstrezeption führt zu einer anderen, weiteren offenen Ein­stellung zu Kunst, zu sozialer Umwelt und zum Leben an sich. Das sehr gut dotierte Kunst- und Kulturbudget 2011, das bis ins Jahr 2014 hinausreicht, hilft jedenfalls wei­terhin mit, dass Kunst und Kultur in Österreich lebendig, weltoffen, kritisch, diskursiv und am Puls der Zeit bleiben. (Beifall bei der SPÖ.)

17.03


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Sacher. – Bitte.

 


17.03.49

Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerinnen! Die „Salzburger Nachrichten“ haben am 1. Dezember geschrie­ben, dass das Budget für Kunst und Kultur relativ glimpflich sei. Mit 0,2 Prozent minus sei es de facto stabil. Ich kann dazu sagen: Bundesministerin Schmieds Weg, Kunst und Kultur breit in der Gesellschaft zu verankern, kann fortgesetzt werden.

Das gilt auch für den Denkmalschutz, über den heute noch nicht gesprochen worden ist. Im Denkmalschutz kann weiterhin eine konstante Förderquote von 10 Prozent er­möglicht werden. Ganz besonders steht das neue Konzept, die Zukunftsstrategie Bun­desdenkmalamt 2013, für einen modernen Weg im Denkmalschutz: ein modernes Ma­nagement, ein Dialog mit den Betroffenen, der notwendig ist – das zeigen viele Bei­spiele; Stichwort „Hallstatt“ –, eine Serviceorientierung und eine effiziente dezentrale Förderungsabwicklung.

Eine Forderung von Frau Bundesministerin Schmied können wir nur massiv unter­stützen: Damit Denkmalschutz auch eine breite Akzeptanz bekommt, sollten Denkmal­schutzinvestitionen auch steuerlich absetzbar werden. – Wir, die SPÖ, werden diese Forderung selbstverständlich sehr gerne unterstützen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Abschließend möchte ich aber eine Sorge zum Aus­druck bringen, die sich auf das Land Niederösterreich bezieht, und zwar die Sorge um das Weltkulturerbe Wachau. Ein ganz wesentlicher Bestandteil des Weltkulturerbes Wachau ist die Existenz der Donauuferbahn, der Wachaubahn; ein kulturtechnisches einzigartiges Bauwerk, eine einzigartige Strecke. Tausende Menschen haben für deren


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Erhalt unterschrieben. Leider handelt das Land Niederösterreich anders, es möchte die­se Strecke einstellen. Und wenn kein Betrieb mehr auf dieser Strecke stattfindet, dann ist es wahrscheinlich auch nicht möglich, diese Strecke als Kulturerbe zu erhalten. In­ternationale Experten befürchten, dass damit generell auch das Weltkulturerbe-Diplom in der Wachau gefährdet ist.

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau Bundesministerinnen, ich darf Sie ersu­chen – wie schon eine andere Kollegin in einem anderen Zusammenhang –: Wirken Sie gemeinsam mit uns auf das Land Niederösterreich ein, dass dieses Weltkulturerbe durch die Einstellung dieser kulturtechnisch wirklich sehr interessanten Strecke nicht gefährdet wird! (Beifall bei der SPÖ.)

17.06


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Der nächste Teil der SPÖ-Stricherlliste!)

 


17.06.45

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerinnen! Liebe Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Wir haben es heute schon ein paar Mal gehört: Das Kulturbudget wurde nicht gekürzt. Ich finde das eben­falls sehr erfreulich. Somit kann gewährleistet werden, dass der Staat ein verlässlicher Partner für die Kultur- und Kunstinitiativen bleibt. Das ist keine Selbstverständlichkeit in Zeiten, in denen wirtschaftliche Anspannung vorherrscht und man oft den Eindruck be­kommen kann, dass Kunst- und Kultur als Sparfaktor Nummer 1 angesehen werden.

Wenn man einer Umfrage, wonach – wie in einer Boulevardzeitung geschrieben wur­de – sich 70 Prozent der Bevölkerung in Amstetten durchaus vorstellen können, bei Kunst- und Kultur am leichtesten zu sparen, Glauben schenken kann, dann sehe ich ein großes Aufgabengebiet für uns alle darin, den Stellenwert von Kunst und Kultur bei den Menschen in Österreich tatsächlich auch anzuheben. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, das hat für mich auch etwas mit Bildung zu tun, mit Interesse-Wecken, mit Neugierig-Machen. Ich begrüße es daher sehr, dass der Schwerpunkt von der Frau Mi­nisterin auch weiterhin eindeutig bei der Kulturvermittlung liegen wird.

Ein weiterer Schritt in diese Richtung ist sicher der freie Eintritt in die Museen. Ein für mich ebenso wichtiger Schritt sind die regionalen Kulturinitiativen, weil dadurch ge­währleistet wird, dass auch in regionalen Zentren abseits von urbanen Zentren Kultur und Kunst möglich werden. Wenn man sich die hohe Qualität der Festivals und Kultur­initiativen anschaut, dann sieht man, dass es sich durchaus auch bezahlt macht.

Ich möchte mich im Namen von vielen Kulturinitiativen und -vereinen in den Ländern, also in den Regionen draußen, bedanken für die großartige Unterstützung seitens des Kulturministeriums und vor allem auch für den wertschätzenden Umgang seitens des Ministeriums mit den Vereinen und Kulturinitiativen, wie mir immer wieder bestätigt wird.

Geschätzte Damen und Herren! Ich würde mir diesen Konsens in der Kulturpolitik auch für die Bildungspolitik wünschen, weil ich wirklich davon überzeugt bin, dass es uns wichtig sein muss, die Chancen für alle Kinder zu nützen, und dass wir es uns nicht leisten können, nur ein einziges Kind auf dem Weg ins Erwachsenenleben zu verlieren. Das gilt auch für Kinder mit Behinderungen. Deshalb begrüße ich es sehr, dass die Frau Bundesministerin auch diesbezüglich Initiativen setzen wird. Ich sehe die Diskus­sion über die gemeinsame Schule wirklich als Chance auch für eine inklusive Schule und bin gerne bereit, dabei mitzuarbeiten. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 264

17.09


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen zum Kapitel „Unterricht, Kunst und Kultur“ liegen nicht vor. Damit ist dieser Themenbereich behandelt.

17.09.29UG 31: Wissenschaft und Forschung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zur Verhandlung der Untergliederung 31: Wissenschaft und Forschung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek. – Bitte, Herr Kollege.

 


17.09.39

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Ich bringe gleich zu Beginn folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Deimek, Gradauer, Hackl, Mag. Haider, Kitzmüller, Neu­bauer, Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung einer Medizin-Universität in Linz

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Standort Linz für die Schaffung einer vier­ten Medizin-Universität ernsthaft zu prüfen und gemeinsam mit der Landeshauptstadt Linz und dem Bundesland Oberösterreich so rasch als möglich die organisatorischen, finanziellen und baulichen Maßnahmen zur Errichtung derselben in die Wege zu leiten."

*****

Warum bringe ich diesen Antrag gleich zu Beginn ein? – Weil das Thema Medizin-Uni, wie so viele andere auch, zeigt, welch unstrukturierte Debatte im Bereich Wissenschaft herrscht und mit welchen Täuschungsmanövern von den wirklichen Themen, die in der Wissenschaft interessant sind, abgelenkt wird.

Ein Weiteres ist die ganze Geschichte rund um den Bachelor. – Frau Bundesministerin, Sie werden sich vielleicht erinnern, in einer Fragestunde hier im Plenum habe ich Sie gefragt, wie das jetzt wirklich mit der Vollwertigkeit ausschaut und mit dem Unterschied zwischen Bachelor und Master. Sie haben mir geantwortet, für Sie sei das in etwa so wie früher bei den Juristen nach altem Studienplan der Unterschied zwischen Magister und Doktor. Nun – und ich glaube, Sie haben ein bisserl Ahnung, wie es auf der juri­dischen Fakultät abgeht –, damals bestand der Unterschied in einer Handvoll Prüfun­gen. Der Unterschied heute zwischen Bachelor und Master zumindest im Bereich der Technik liegt darin, dass der erste Abschnitt, der mit „Bachelor“ abschließt und angeb­lich ein voller Abschnitt ist, ein vollwertiger 180-ECTS-Abschnitt und der zweite Ab­schnitt ein 120-ECTS-Abschnitt ist. Also der zweite Abschnitt sind zwei Drittel vom ersten, und das, bitte, ist nicht mehr „eine Handvoll Prüfungen“ oder eine Kleinigkeit. Das zeigt ganz genau, dass da nur getarnt und getäuscht wird und an den wirklichen Themen vorbeigeredet wird.

Man kann wirklich sagen, die Propagandawalze der ÖVP zu diesem Thema läuft ganz toll. Breite Mehrheit für neue Studiengebühren! – Also die Studiengebühren sind so et­was von uninteressant im gesamten Bereich, denn es geht um die finanzielle Situation der Universitäten und nicht um irgendwelche Detailsachen.

Schauen wir uns jetzt im Detail an, was da läuft! – Kosten und Gehälter des Uni-Ma­nagements wären einmal zu evaluieren und zu untersuchen. Es gibt nicht einen Uni-Rektor, der weniger verdient als ein Minister. Muss das wirklich sein? Wie es mit dem übrigen Verwaltungsaufwand ausschaut, kann man sich ebenfalls genau anschauen. Die Medizin-Unis haben in den letzten Jahren weniger Studenten, aber mehr Verwal­tungsaufwand. – Lustig, Frau Minister, oder? Da könnten Sie einmal richtig eingreifen.


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Oder schauen Sie sich doch auch einmal die Nebentätigkeiten des Uni-Personals an! Es gibt doch eigentlich vertragliche Regelungen für Lehrverpflichtung, Anwesenheit, Ab­haltung der Kolloquien. – Müssen sie das wirklich machen? Wird das hinterfragt? Oder haben sie so wie zum Beispiel Primarärzte auch ihre Nebeng’schäfterln laufen, die sie von der ursprünglichen Tätigkeit abhalten?

Das Nächste: Online-Studien. – Die Uni in Linz wird immer – zu Unrecht – als Ludwig-Scharinger-Universität bezeichnet. Das hat aber schon seinen Sinn. Herr Scharinger hat nämlich beim Neujahrsempfang dem Herrn Rektor ausrichten lassen, was er sich vorstellt: Er finanziert ihm vielleicht noch ein Uni-Gebäude, aber sicher keinen Park­platz mehr, denn es gibt mittlerweile genügend Elektronik und EDV, auch auf der JKU, und er erwartet sich, dass die Uni das ausbaut. Was hat der Herr Rektor gemacht? – Das hat funktioniert, er baut das Ganze aus!

Frau Minister, setzen Sie das bei allen Universitäten durch! Das ist doch ein ganz Leich­tes, dass die das machen. (Abg. Mag. Molterer: Was ist am IT-Ausbau falsch?) – Am IT-Ausbau ist nichts falsch, da haben Sie mich falsch verstanden. Ich möchte, dass auf allen Universitäten Online-Studien und Ähnliches wie bei der FernUni Hagen eingeführt werden. Das kann die Frau Ministerin durchsetzen. (Abg. Mag. Molterer: Ach so, alle Universitäten zu Scharinger-Universitäten!) – Nein, nein, dieser Name wird von den Stu­denten ab und zu verwendet. Er ist aber auch nicht falsch; er ist vielleicht inhaltlich falsch, aber nicht vom Sinn her.

Gehen wir weiter! Evaluierung der Tätigkeit des Uni-Personals. – Jede gute Firma steht auf Kunden-Feedback, die Universitäten brauchen das nicht. Die Studenten-Gfraster – wie es so schön heißt – sollen machen, was wir wollen, und die Professoren arbeiten vor sich hin. Das kann es doch bitte wirklich nicht sein!

Wenn wir im Bereich Universitäten wirklich etwas machen, dann machen wir doch das, was auch in der Wirtschaft üblich ist, nämlich eine Produktbereinigung und dann eine Standortbereinigung! Schauen wir uns an, welche Studienrichtungen auf den Universi­täten in den letzten Jahren neu errichtet wurden, beispielsweise auf der Wirtschaftsuni. Herr Badelt macht Wirtschaftsrecht, Wirtschaftsinformatik, und dann beschwert er sich, dass er ein volles Haus mit Studenten hat. – Das kann es ja nicht sein. Es gibt Infor­matik, und es gibt Recht, wir brauchen diese zwei Studienrichtungen auf der WU wirk­lich nicht neu zu erfinden. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn all diese Maßnahmen durchgeführt sind, dann können wir noch über die studien­platzbezogene Finanzierung reden. Wir wollen aber, wenn das dann umgesetzt ist, nicht über Zugangsbeschränkungen reden, und wir wollen nicht über Studiengebühren reden, denn wenn es Ersteres gibt, kann man auf das Zweite verzichten. Wenn all die Maßnahmen im Detail durchgezogen sind, dann braucht es nicht mehr diese paar Mil­lionen, die man über Studiengebühren hereinbringen würde – das verschweigen Sie näm­lich, wie viel Sie wirklich bekommen würden –, dann kann darauf verzichtet werden.

Bitte, Frau Minister, stellen Sie einmal sicher, als Ziel und als finanzielle Durchführungs­maßnahme, dass wir in Österreich 300 000 Studenten finanzieren können! Es wird im­mer davon geredet, dass wir zu wenig Akademiker haben, dass wir zu wenig Absol­venten haben. Heuer haben wir 270 000, letztes Jahr waren es vielleicht 260 000, es werden, weil dann wieder geburtenschwächere Jahrgänge kommen, auch nie 300 000 sein, aber wir haben ewig ein Problem. Stellen Sie einmal die Finanzierung sicher!

Bei dieser Gelegenheit noch eine Kleinigkeit: Nehmen Sie Ihre Rücklagen – 310 Mil­lionen haben Sie gesagt – und nehmen Sie die anderen Gelder, die Sie erhalten – zum Beispiel die 500 000 €, die Sie für Ihre MINT-Offensive genommen haben –, und stel­len Sie damit die Finanzierung sicher!


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Noch eine Kleinigkeit zu den Studenten beziehungsweise Studierenden, wie sie jetzt heißen: Jus kann man in zehn Semestern machen, wenn man Minister werden will, Landwirtschaft kann man in zwölf Semestern machen, dann wird man Vizekanzler, nur in den technischen Fächern und in den MINT-Fächern, wie das jetzt modern so schön heißt, sind 13 bis 15 Semester der Median; all das, was dabei normalerweise noch un­tergejubelt wird, bereits abgezogen. Jetzt rechnen Sie einmal! HTL – 19 Jahre, plus sieben Jahre für ein MINT-Fach, dann sind wir bei einem Alter von 26 Jahren. Und Sie drehen ab 24 die Kinderbeihilfe ab?!

Das sind nicht die Maßnahmen, die wir uns vorstellen. Sie verpulvern zwar nur 500 000 € an Inseratenvolumen, stellen aber nicht sicher, dass in den MINT-Fächern, in Maschinenbau, in Elektrotechnik, in Mathematik, Informatik und so weiter, die Stu­denten auch wirklich einen Platz haben. – So stellen wir uns Wissenschaftspolitik nicht vor. Bitte, ändern Sie das! Wir lehnen Ihre Maßnahmen jedenfalls ab. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.17


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Großruck.)

 


17.17.11

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Eine sehr pointierte Rede, Herr Kollege, die ich in der Grundhaltung in manchen Punkten durchaus unterstützen will, nämlich in der Grundhaltung, dass wir uns auch Universitäten wünschen, die sich nicht gestört fühlen durch Studierende und durch eine Politik, die die jungen Leute dabei unterstüt­zen will, wenn sie eine gute Ausbildung absolvieren wollen. Ich hoffe, dass wir trotz Sparbudget in den nächsten Jahren doch auch Signale in diese Richtung setzen kön­nen.

Es gibt erfreulicherweise doch 80 Millionen € mehr als ursprünglich vorgesehen in die­sem Budget für die Universitäten, die vor allem auch schwerpunktmäßig zur Verbes­serung der Lehre, der Situation in der Lehre eingesetzt werden sollen, zur Verbesse­rung der Studiensituation, vor allem der Studierenden in den sogenannten Massenfä­chern – ich spreche ja lieber von den „beliebtesten“ Fächern, die die meisten Studie­renden belegen –, deren Absolventen wir vermehrt brauchen. Das heißt, es ist sehr wichtig, nicht nur von Zugangsregelungen, von Zugangsbeschränkungen zu sprechen, sondern sich auch zu überlegen – Sie haben das schon richtigerweise angesprochen –: Kann man nicht durch stärkeren Einsatz von Online-Angeboten die Kapazitäten aus­bauen?, auch mehr Fantasie zu entwickeln, wie man das Angebot erweitern und ver­bessern kann.

Insofern sind diese Mittel wichtig und richtig eingesetzt auch für den Ausbau der Fach­hochschulen – ein sehr, sehr wichtiges Angebot im tertiären Sektor, niederschwelliger als die Universitäten, stärker berufsorientiert, stärker berufsbegleitend, sehr wichtig. Da­her unterstütze ich es, dass ein Teil dieser zusätzlichen 80 Millionen € in den Ausbau der Fachhochschulen, den ich für dringend und wichtig halte, gehen soll.

Wichtig ist mir auch, dass Mittel jenen Instituten zur Verfügung gestellt werden, denen die Basisförderung entzogen wird, Instituten der außeruniversitären Forschung, um sie aufzufangen und zu unterstützen. Es gibt darunter sehr viele, die wertvolle Arbeit leis­ten. Es ist wichtig, diese zu unterstützen, damit sie ihre Arbeit, diese wichtige wissen­schaftliche Arbeit, fortführen können.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass auch wieder ermöglicht wird, dass der FWF Over­headkosten im Rahmen seiner Forschungsförderung übernehmen kann.

Wir wissen natürlich und teilen diese Einschätzung weitestgehend, dass die Universi­täten mehr Mittel bräuchten, als wir in diesem Budget zur Verfügung stellen können. Es


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wird hier immer wieder diskutiert, wie sehr das ein Mix sein soll aus öffentlichen und privaten Mitteln. Ich möchte mich hier auch im Namen der Sozialdemokratie dazu be­kennen, dass wir die Universitäten, den Bildungssektor gut ausstatten wollen aus öf­fentlichen Mitteln.

Es liegen in den nächsten Jahren große Aufgaben vor Ihnen, Frau Bundesministerin, um diese Entscheidungen auch auf den entsprechenden Grundlagen treffen zu kön­nen. Der Hochschulplan wird ein ganz entscheidendes und wichtiges Projekt sein, um die wirklich sachorientierten Grundlagen für diese Entscheidungen zu bieten. Die Vor­bereitung der Studienplatzfinanzierung und die Umstellung auf dieses Modell der Fi­nanzierung der Universitäten zählen auch zu den ganz, ganz großen Herausforderun­gen der nächsten Jahre. (Beifall bei der SPÖ.)

17.21


Präsident Fritz Neugebauer: Der zuvor von Herrn Abgeordnetem Dipl.-Ing. Deimek eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung. Ich füge hinzu, dass zu diesem auch eine namentliche Abstimmung beantragt wurde.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten DI Deimek, Gradauer, Hackl, Mag. Haider, Kitzmüller, Neubauer, Podgorschek und weiterer Abgeordneter betreffend Schaffung einer Medizin-Universi­tät in Linz

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung 31 – Wissenschaft und For­schung, in der 91. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 21. Dezember 2010

Der Gesundheitssektor wird in den kommenden Jahren und Jahrzehnten einen der wichtigsten Wirtschafts- und Tätigkeitszweige in unserer alternden Gesellschaft dar­stellen.

Es geht nicht an, dass Österreichs Studenten um teures Geld im Ausland studieren müssen, weil die bestehenden Medizinuniversitäten den Ansturm auf diesen zukunfts­trächtigen Studienzweig nicht aufnehmen können.

Zu den bestehenden Uni-Kliniken, Wien, Graz und Innsbruck könnte mit Linz eine be­stehende Lücke in einem bevölkerungsreichen Raum geschlossen werden. Wegen des zentralen Standorts könnte Linz einen wichtigen Stellenwert in einem vier Regionen umfassenden Gesundheitsreformkonzept darstellen. Weiteres ist zu erwarten, dass eine medizinische Universität in Linz Aufgrund der günstigen Lage und Verkehrsanbin­dung binnen kürzester Zeit ausgelastet sein wird.

Um nicht in einigen Jahren die fehlenden Mediziner durch Mediziner aus dem Ausland kompensieren zu müssen und so weitere Kosten im Gesundheitsressort zu verursa­chen, ist es sinnvoll nun die Schaffung einer Medizin-Universität zu prüfen. Dies würde auch zu weiteren positiven Effekten für den Standort Linz führen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 268

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Standort Linz für die Schaffung einer vier­ten Medizin-Universität ernsthaft zu prüfen und gemeinsam mit der Landeshauptstadt Linz und dem Bundesland Oberösterreich so rasch als möglich die organisatorischen, finanziellen und baulichen Maßnahmen zur Errichtung derselben in die Wege zu lei­ten.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.

 


17.21.42

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­te Frau Ministerin! Das Fatale an der derzeitigen Debatte ist, dass es der Bundesregie­rung gelungen ist, den ganzen tertiären Bildungs- und Forschungssektor auf die Fra­gen von Zulassung und Studiengebühren zu reduzieren. Ich halte das für eine Kata­strophe, weil das einiges verschleiert, was an Versäumnissen zu kritisieren ist und was für die Zukunft notwendig wäre.

Wenn jetzt noch doppelte Maturajahrgänge und -abschlüsse in Deutschland anstehen und die Abschaffung der Wehrpflicht geradezu mit Begeisterung begrüßt wird, muss ich mich fragen: Haben bei uns die Bildungspolitikerinnen und Bildungspolitiker in den letzten Jahren geschlafen? Dass diese doppelten Maturajahrgänge kommen, ist seit Jahren bekannt, dass die Wehrpflicht abgeschafft wird, ist bekannt. – Man hat nicht da­rauf reagiert.

Was dabei unausgesprochen bleibt, ist, dass nicht Studiengebühren und Zulassungs­beschränkungen die zentralen Probleme sind, sondern die durch internationale Studien bestätigte krasse Unterfinanzierung der Universitäten.

Wenn die Betreuungsverhältnisse so sind, dass sie mit unseren Nachbarländern nicht zu vergleichen sind, wenn die Politik beobachtet hat, dass jährlich die MaturantInnen­raten, Gott sei Dank, steigen, jährlich mehr an die Uni drängen, wollen und sollten, dann muss man darauf reagieren, und diese Reaktionen haben nicht stattgefunden. Auch auf Ebene der EU waren Sie im Wesentlichen untätig. Ich erinnere nur, dass der EuGH sein Urteil nur ausgesetzt hat. Es steht uns immer noch bevor. Das kann wieder reaktiviert werden, und ich weiß eigentlich nicht, was in der Zwischenzeit geschehen ist.

Das heißt, es wird sehr viel abgelenkt, man legt die Hände in den Schoß und spielt nun die Überraschten: Hilfe, Hilfe! Die Studierenden kommen, wir wissen nicht, was wir tun sollen!

Es wurde immer wieder angeführt, dass pro Kopf einer/eines Studierenden so extrem viel ausgegeben wird. Ich rufe in Erinnerung, dass Rektor Skalicky, der immerhin der Rektorenkonferenz über Jahre vorgestanden ist, ausgerechnet hat, was ein Student an der TU Wien, an der ETH Zürich, Lausanne, München, glaube ich, und Stuttgart kostet. Sein ganz einfacher und leicht verständlicher Satz damals war: Die haben dasselbe Budget, wir in Schilling und die in Franken. Wenn man jetzt nachrechnet, geben die pro Studierenden derzeit zwei- bis dreimal mehr aus als Österreich. Antwort darauf höre ich eigentlich auch keine.

Wir erleben pausenlos Ho-ruck-Aktionen und Feuerwehraktionen. Was ich vermisse, ist eine nachhaltige Strategie, einmal zu sagen: Wie viele Studierende soll Österreich haben? Wollen wir den europäischen Schnitt, den OECD-Schnitt erreichen, oder wol­len wir weiter Nachzügler bleiben?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 269

Wenn man jetzt über Eliteinstitute redet, habe ich nichts dagegen. Das ist gut, und die sollten auch an der Uni entstehen. Aber Elite wächst auf einer möglichst großen Breite, das ist klar, rein statistisch. Das sollte so sein, und es nützt nichts, wenn wir drei Elite­institute haben und dann zehntausende Studierende keinen Platz an den Unis bekom­men. Ich glaube, es müsste beides möglich sein.

Die Grünen haben alternative Finanzierungsmodelle vorgelegt, dem Finanzminister überreicht. Ähnliche Modelle kommen vom WIFO und von vielen anderen. Sie unter­schlagen aber, wie viel Investitionen in Bildung dem Staat Österreich bringen. Das ist der Faktor 3: Was Studierende an Transferleistungen kosten, kriegt der Staat mindes­tens dreifach herein, und die Wirtschaft freut sich darüber. Die Industriellenvereinigung sagt auch: Wir brauchen mehr Studierende. Forschung und tertiärer Bildungssektor brauchen mehr Geld.

Was mich schon irritiert, ist, dass über alles jetzt so hinweggehudelt und -getäuscht wird, etwa wenn ich jetzt höre, es gibt Offensivprogramme. Rektoren und auch andere sagen, es fehlt 1 Milliarde €. Dann geben Sie den Universitäten 80 Millionen € und er­klären das zum Offensivprogramm. – Also da verstehe ich die Begriffe nicht mehr. Unter einer Offensive verstehe ich jedenfalls etwas anderes.

Was mich noch irritiert – da geht es auch um eine Bildungsfrage; jetzt kritisiere ich nicht Sie, aber einige andere –: Es scheint ein großes Unwissen zu herrschen, welche Ressourcen und welches Umfeld Lehre und Forschung brauchen, um wirklich kreative junge Leute, kreativen Nachwuchs in der Wissenschaft zu fördern. Da hat man, glaube ich, keine Ahnung. Das funktioniert nicht, hier an einer Schraube und da an einer Schraube zu drehen, sich einige Legionäre aus dem Ausland zu kaufen und zu glau­ben, dann schneit es die Nobelpreisträger wie Manna vom Himmel. Das hat es früher einmal in der Bibel gegeben, aber in unserer Politik nicht.

Jetzt zu einigen Schwächen. Sie haben über außeruniversitäre Institute auch in der Anfragebeantwortung gesagt, allen werde die Basisfinanzierung gestrichen. Allen! Aber einige könnten an den Unis unterkommen. – Was mir fehlt, ist die Antwort auf die Fra­ge: Wollen die das auch? Fehlt ihnen dann nicht etwas an Freiheit? Haben die Unis das Geld, sie überhaupt unterzubringen, ihnen Asyl, Unterschlupf zu gewähren? Und wie ändern sich dadurch ihre Arbeitsbedingungen?

Sie haben nicht erwähnt, dass die Forschungsfonds in Österreich pro Kopf, jetzt egali­siert auf die Einwohnerzahlen, verglichen mit der Schweiz und Deutschland nicht ein­mal ein Drittel der Mittel zur Verfügung haben.

Jetzt komme ich zum Thema Studienberatung. Es sind oft so Schnellschüsse: Wir beraten jetzt alle, und dann ist die Treffsicherheit erhöht. – Für die Treffsicherheit der Studienwahl muss die Grundlage spätestens in der Oberstufe gelegt werden, durch ein Modulsystem, wo Neigungen und Interessen, wenn sie sich mit Talenten treffen, umso besser, gefördert werden, um da etwas zu erreichen.

Sie schreiben, jetzt werden ungefähr 20, 25 Prozent beraten, es sollen aber 100 Pro­zent beraten werden. Und dann steht darunter: Finanzielle Konsequenz: null. Jetzt fra­ge ich mich schon: Haben Sie sich erkundigt, wie viele Institutionen es gibt? Es werden aufgelistet das WIFO, das AMS, die ÖH und einige Informationszentren an den Unis.

Eine Kollegin von mir – eine aktive Studierende, bei der „unibrennt“-Bewegung dabei, ich hoffe, es stört Sie nicht, sehr aktiv, sehr vif – studiert Politologie und Entwicklungs­zusammenarbeit, geht zum AMS und lässt sich beraten. Was kommt heraus? Sie soll Theologin werden; zweite Wahl: Pastoralassistentin. Also da muss ich sagen, wenn Sie auf das setzen, bitte, bitte, nein!

Was die von Ihnen immer wieder angesprochenen Zulassungsbeschränkungen be­trifft – ich höre sofort auf, Zinggl schaut mich schon ein bisschen strafend an –, sagen


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alle, die sind so schwammig: bei außergewöhnlicher Belastung, bei überbordenden Studierendenströmen. Das heißt, das Vage ist da und das Präzise fehlt. Es bleibt so viel Spielraum, das zu interpretieren, dass das Gesetz meiner Meinung nach nicht hal­ten wird oder Willkür Tür und Tor geöffnet ist.

Abschließend wünsche ich mir einen Dialog, wo wir uns alle ernst nehmen und die Argumente gewichten und auch Standorte wechseln, Sie wie ich, und die besseren Ar­gumente sollen gewinnen. Aber ich bitte Sie, internationale Daten und Fakten nicht völ­lig zu negieren. – Danke.

17.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Cortolezis-Schlager. – Bitte.

 


17.30.01

Abgeordnete Mag. Katharina Cortolezis-Schlager (ÖVP): Herr Vorsitzender! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die österreichische Bundes­regierung ist mit dem Ziel, die Zukunft zu sichern, an die Budgetgestaltung 2011 heran­gegangen. (Abg. Dr. Lichtenecker: Von dem merkt man aber nichts!) Der Erfolg von Politik zeigt sich in der Vorschau, aber auch in den Ergebnissen – und die Ergebnisse der vergangenen Jahre im Hochschulbereich können sich sehen lassen.

Im Zeitraum von 2005 bis 2009 erhöhte sich das Universitätsbudget um 25 Prozent von 2,1 Milliarden auf 2,6 Milliarden €. In diesen vier Jahren wuchs auch die Studierenden­zahl um 26 Prozent. Im Jahr 2005 haben sechs von zehn Studierenden ihr Studium po­sitiv abgeschlossen, im Jahr 2009 waren es bereits acht von zehn. Die Anzahl der Stu­dienabschlüsse erhöhte sich ebenfalls um 30 Prozent. Das alles gelang mit Studienbei­trägen. Studienbeiträge hindern daher nicht am Studium, sondern sie regeln ganz ein­fach die Kapazitätsplanung. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir dürfen uns in den kommenden Jahren aber mit diesen Steigerungen noch nicht zu­friedengeben. Es liegen in den kommenden Monaten große Reformvorhaben vor uns.

Kollege Grünewald hat den internationalen Dialog und Beispiele aus dem Ausland und aus der Science Community angesprochen. Ich begrüße, dass Sie diesen Schritt ma­chen, denn Österreich ist umgeben von Ländern, die Studienbeiträge einheben, die klare Zugangsregelungen haben, die ihre Kapazitäten planen. Genau das wünschen wir uns jetzt für Österreich auch.

Wir brauchen eine klare Studieneingangsphase, wir brauchen Transparenz in den Auf­nahmekriterien, wir brauchen einen international angemessenen privaten Beitrag zu den Studienkosten. Wir haben außergewöhnlich hochkarätige Ausbildungen, beispiels­weise an unseren Kunstuniversitäten. Aber warum müssen Studierende aus Drittstaa­ten, die nicht sozial bedürftig sind, für dieses hochkarätige Angebot nicht zahlen? Das ist international nicht mehr vertretbar. Unsere Universitäten haben einen Wert, und die­ser Wert soll sich auch entsprechend ausdrücken. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Entwicklung einer studienplatzbezogenen Finanzierung ist ein ganz wichtiger Schritt in den kommenden Monaten. Hiezu ist auch durch die Frau Bundesministerin eine Stu­die in Auftrag gegeben worden. Die Ergebnisse werden demnächst vorliegen, sie bil­den die Basis für eine wichtige Weiterentwicklung des Finanzierungsmodells, das auch im Koalitionsübereinkommen festgehalten ist und das sich bereits bei den Fachhoch­schulen in den letzten Jahren hinlänglich bewährt hat. Das wollen wir nun auch für die Universitäten ermöglichen.

Die Universitäten haben mit den Leistungsvereinbarungen Verlässlichkeit bis 2012, das kann man nicht oft genug betonen. Daher geht es vor allem in den kommenden Mona­


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ten darum, diese Verlässlichkeit auch für die Jahre 2013 und folgende entsprechend auszuverhandeln und die entsprechenden Budgets sicherzustellen.

Ich kann mir eine Reform bei der Hacklerregelung durchaus vorstellen, aber es gibt mehrere Möglichkeiten, wie wir gemeinsam zu einer Sicherstellung des Budgets kom­men. Irgendeine aber müssen wir finden, Frau Kollegin Kuntzl, denn einfach nur zu sa­gen, wir wollen mehr, ist zu wenig. Wir müssen uns gemeinsam einigen, ob wir um­schichten oder Zugangsregelungen finden, ob wir die Studienbeiträge wieder einführen. Letzteres, glaube ich, ist dringend notwendig. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Universitäten bekommen in den nächsten Jahren aus den Offensivmitteln mehr Geld, sie brauchen aber jetzt auch verlässliche Rahmenbedingungen, um planen zu können. Sie müssen kurz-, mittel- und langfristig wissen, wie viele Studierende sie ha­ben, für wie viele Studierende sie Hörsäle zur Verfügung stellen müssen und wie viele Lehrende sie für die Anzahl der Studierenden brauchen.

Diese Planbarkeit ist derzeit noch nicht gegeben, daher brauchen wir in den nächsten Monaten eine gemeinsame Herangehensweise in der Koalition, um diese Planbarkeit, wie wir sie bei den Fachhochschulen auch schon geschaffen haben, nun auch für die Universitäten herzustellen. Das ist international State of the Art, das bringt international die Möglichkeit für unsere Hochschulen, sich entsprechend mit ihrer Qualität präsen­tieren zu können. Sichern wir die Wettbewerbsfähigkeit unserer Universitäten, geben wir ihnen die Möglichkeit, sich international zu positionieren! (Beifall bei der ÖVP.)

17.35


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte.

 


17.35.30

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Man kann natürlich den Wissenschafts- und Forschungsbereich in Österreich schönreden. Man kann auch sagen, es gibt Steigerungsraten bei den Ausgaben, aber Faktum ist, dass sich der Bedarf an dem orientiert, was wirklich gebraucht wird – und da fehlt es im Wissenschaftsbereich gewaltig hinten und vorne. Ein Problem jagt das andere.

Wir haben ein Strategieproblem und wir haben ein Strukturproblem. Ganz kurz, im Stac­cato-Stil: Wo ist die FTI-Strategie, die seit Jahren angekündigt wird? Wo ist der Hoch­schulplan, der seit Langem versprochen wird? Wo ist die Konzentration der Kompeten­zen in einem Ministerium anstatt zersplittert auf vier? Wo sind die Evaluierung der For­schungs- und Entwicklungsförderung und die entsprechenden Umsetzungsmaßnah­men, die Bündelung? Wo ist das versprochene Forschungsförderungsgesetz, um die Grundlagenforschung mittel- und langfristig entsprechend abzusichern? Und wo sind eine Spreizung etwa der Forschungsprämie und eine Attraktivierung des Steuersys­tems, um gerade auch KMUs in den Genuss und Vorteil von Forschungsförderungen kommen zu lassen? – Es ist weit und breit nirgends etwas davon zu sehen.

Die Unis haben wirklich ein Finanzierungsproblem. Und sagen Sie nicht, sie haben 80 Millionen mehr! Sie haben de facto um 15 Millionen weniger, das wissen Sie ganz genau. Mit dem Bundesfinanzrahmengesetz haben Sie 95 Millionen herausgestrichen, und jetzt geben Sie ihnen 80 zurück. Die Differenz ist minus 15, das ist ganz leicht zu rechnen.

Hinzu kommt auch noch, dass die Studiengebühren abgeschafft wurden. Der vereinig­te Linksblock von SPÖ, FPÖ und Grünen hat die Studiengebühren abgeschafft – und damit eine Finanzierungsquelle von 157 Millionen € pro Jahr ebenfalls abgeschafft.


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Die Kollegin von der ÖVP hat es gesagt, die Studiengebühren sind an sich nichts Schlechtes, es gibt sie rundherum. Warum, glauben Sie, kommt die neue deutsche Welle auf uns zu? Warum, glauben Sie, stehen bald 17 000 neue Studenten aus Bay­ern vor den Toren der Universitäten von Innsbruck, Salzburg oder auch Linz? – Weil es bei uns keine Studiengebühren gibt und in Bayern schon! So einfach ist die Welt.

Daher sind Studiengebühren in Höhe von 500 € wieder einzuführen, das ist moderat, das ist akzeptabel, wenn man diesen auch entsprechende Studienbeihilfen sozial ge­staffelt gegenüberstellt. Es sind aber auch Einschreibgebühren einzuführen, wie sie eu­ropaweit und international auch gang und gäbe sind, um die Finanzierung dadurch wei­ter auszubauen, etwa in Höhe von 5 000 €. Jenen, die in Österreich eine Matura oder einen gleichwertigen Abschluss gemacht haben, sind diese 5 000 € durch den Uni-Bo­nus – das ist das BZÖ-Modell – zu refundieren. Und jene, die aus dem Ausland kom­men und hier studieren – darauf komme ich noch zurück –, haben das zu zahlen und zu leisten.

Ein weiterer Schritt wäre die Einführung von Studieneingangsphasen statt Knock-out-Prüfungen, wo man sich orientieren kann und wo festgestellt wird, ob die Studieren­denleistung entsprechend ist und das Studium auch richtig gewählt worden ist. Auch das wäre sinnvoll und wird in Ansätzen bereits gemacht.

Aber jetzt zu den Studenten aus dem Ausland. 330 000 studieren, 70 000 sind aus dem Ausland, 17 000 kommen jedes Jahr neu hinzu. Wenn Sie allein von diesen 17 000 Einschreibgebühren in Höhe von 5 000 € verlangen würden, kommen Sie auf rund 90 Millionen, die Sie lukrieren könnten.

Wenn Sie Studiengebühren einführen würden für 330 000 Studenten, liebe Kollegen von der FPÖ, würde die Situation so ausschauen, es ist ganz leicht auszurechnen: 500 pro Semester sind 1 000 pro Jahr; 330 000 mal 1 000 ergibt 330 Millionen € Zusatz­mittel, mit denen man leicht entsprechende Studienbeihilfen finanzieren und auch die Basisfinanzierung der Unis sicherstellen kann. (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Das ist ja über­haupt nicht wahr!)

Ihr wollt immer nur verteilen, von der Wiege bis zur Bahre, aber ihr wollt nicht einen leistungsgerechten Staat, ihr wollt nicht, dass die Universitäten ordentlich ausgerüstet sind. Das ist das Dilemma der FPÖ. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Deimek: 70, wenn du willst, 75 Millionen! Mehr wird es nicht bei zweimal 500 pro Semester!)

Daher ist auch die FPÖ mitverantwortlich dafür, dass wir schlechte Studienbedingun­gen haben und dass wir an den Universitäten von Ausländern überflutet werden, an­statt zuerst einmal auf die Österreicher zu schauen und für diese gute Voraussetzun­gen zu schaffen. Das ist das Dilemma der FPÖ: so zu reden und anders zu handeln. (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Welche 330 000 Studenten zahlen das, wenn wir nicht einmal 300 000 haben?) – Kollege Deimek, du redest von 500 000 €, die für MINT-Inserate völlig verfehlt ausgegeben wurden. Das war mein Thema, ich habe das erfragt im Aus­schuss, du replizierst richtig.

Ich gebe dir ein weiteres Thema, auf das du auch in Zukunft seitens der FPÖ re­plizieren kannst: Wir geben im Bereich Stipendien rund 40 Prozent für Ausländer aus – bei einer Quote von nicht einmal 20 Prozent Auslandsstudenten im Inland, die im Üb­rigen weit überhöht ist, weil der OECD-Schnitt bei rund 8 Prozent liegt. Ich frage dich: Ist das korrekt, oder wollen wir nicht lieber dafür sorgen, dass die Stipendien vorwie­gend einmal die Österreicher bekommen? – Das heißt, auch hier hat die Regierung großen Handlungsbedarf.

Die neue deutsche Welle habe ich bereits angesprochen. Da warten wir immer noch auf eine Regelung, und es ist eigentlich egal, ob es eine kurzfristige Quotenregelung ist, ob es Ausgleichszahlungen zwischen den Ländern sind, wie etwa in den nordi­


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schen Staaten, oder ob wir das Herkunftslandprinzip wieder einführen. Mittelfristig ver­lange ich aber von dieser Regierung, dieses Thema europaweit zu regeln, denn es kann nicht sein, dass einige wenige Länder für die Ausbildung von ganz Europa zahlen müssen, so wie das derzeit in Österreich der Fall ist. Bereits jeder vierte Erstinskri­bierende in Österreich ist aus dem Ausland. Das ist mittlerweile ein untragbarer Zu­stand. Wir erwarten daher, wenn dieses Ping-Pong-Spiel zwischen ÖVP und SPÖ wei­tergeht, einen unregulierten Studenten-Tsunami aus Deutschland bereits im nächsten Herbst.

Nur damit Sie auch wissen, was der Rat für Forschung und Technologieentwicklung in einem ganz aktuellen Papier, einer Art Mission Statement, sagt: Zur Finanzierung der Uni gebe es einen Nachholbedarf von 1,5 Milliarden €. Das heißt, Sie müssen zu­sätzlich 20 Jahre lang 80 Millionen € aufwenden, damit Sie den Nachholbedarf über­haupt abgedeckt haben.

Der Uni-Bereich und auch der Forschungs- und Entwicklungsbereich sind somit eine große Baustelle.

Ich bringe daher zwei Anträge dazu ein, um das entsprechend zu ändern.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Widmann, Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich einen Ge­setzentwurf vorzulegen, durch den die Erreichung der bereits für 2010 angekündigten 3-prozentigen F&E-Quote im Jahr 2011 sichergestellt wird.“

*****

Das ist nichts anderes als die Umsetzung des Regierungsprogramms, also nehmen Sie sich bitte selbst bei Ihrem – schriftlich festgehaltenen – Wort.

Der zweite Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Widmann, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wissenschaft und For­schung, wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzentwurf zuzuleiten, der folgen­de Punkte umfasst:

Auflage eines ,UNI-Bonus‘ in der Höhe von 5 000 € für jede Schülerin und jeden Schü­ler, der in Österreich die Matura besteht oder die Studienberechtigungsprüfung positiv absolviert;

Einführung einer Einschreibegebühr an allen österreichischen Universitäten und Fach­hochschulen in der Höhe von 5 000 €;

Umsetzung einer Studieneingangsphase von zwei Semestern, an deren Ende in Form einer Gesamtbeurteilung aller in dieser Zeit erbrachten Leistungen festgestellt wird, ob die Studierende/der Studierende für das gewünschte Studium geeignet ist;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 274

sofortige Ausschüttung einer zweckgebundenen Notfallsfinanzierung an die Universitä­ten in der Höhe von zumindest 250 Millionen € für 2011 (als Teil einer Uni-Milliarde in den nächsten vier Jahren), um akute personelle und infrastrukturelle Mängel zu beseiti­gen;

Wiedereinführung von Studiengebühren in der Höhe von € 500 pro Semester.“

*****

Damit soll die Finanzierung auf geordnete Beine gestellt werden, wie es international bei leistungsorientiert ausgerichteten Studiensystemen üblich sein sollte.

Schaffen Sie endlich die strukturellen und finanziellen Voraussetzungen an den Unis in Österreich! Es ist höchste Zeit, denn die Uni brennt noch immer. (Beifall beim BZÖ.)

17.43


Präsident Fritz Neugebauer: Beide Entschließungsanträge sind ordnungsgemäß ein­gebracht und stehen mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Widmann, Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der F&E - Mittel zur Sicherstellung der 3%-igen F&E - Quote

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesfinanzgesetz 2011 (1044 d.B) (UG 31 Wissen­schaft und Forschung)

Die österreichische Bundesregierung hat sich im Regierungsprogramm für die Einhal­tung der Erreichung einer 3%-igen F & E-Quote folgendermaßen ausgesprochen:

„Die Bundesregierung setzt sich zum Ziel, die Forschungsquote bis 2010 auf 3 % des BIP anzuheben und bis 2020 4 % zu erreichen. Österreich soll von der Gruppe der „Followers“ zur Gruppe der „Innovation Leader“ aufsteigen und damit zu einem der in­novativsten Länder der EU werden. Die Bundesregierung wird zur Erreichung dieser Ziele eine ausreichende Finanzierung vorsehen und darauf bedacht nehmen, dass durch die Förderpolitik möglichst hohe private Forschungsinvestitionen ausgelöst wer­den.“

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich einen Ge­setzesentwurf vorzulegen, durch den die Erreichung der bereits für 2010 angekün­digten 3%-igen F&E - Quote im Jahr 2011 sichergestellt wird.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „UNI- Bonus“ und „UNI- Card“ - Akutprogramm für die Universitäten


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eingebracht in der 91. Sitzung des Nationalrates, am 21. Dezember 2010 im Zuge der Debatte zu TOP 1, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.) (Unter­gliederung UG 31)

Überfüllte Universitäten, ein Ansturm von ausländischen, vor allem bundesdeutschen Studenten auf bestimmte Studienrichtungen wie etwa Medizin und eine inakzeptable finanzielle wie personelle Ausstattung der Universitäten, dies sind die Probleme, die immer noch die österreichische Studienlandschaft erschüttern und deren Lösung man vergebens in dem von der Regierung präsentierten Budget 2011 zu finden hofft.

Die Probleme sind nicht neu und wurden in der Vergangenheit bereits mehrfach dis­kutiert und analysiert. So gaben befragte Studenten bereits 2006 konkret an, welche die Hauptgründe sind, die ihr Fortkommen im Studium behindern:

„Am stärksten behinderten die Schwierigkeiten, Studium und Erwerbstätigkeit zu ver­einbaren, den Studienfortschritt. Jede/r vierte Studierende wurde dadurch bisher sehr behindert, weitere 30% etwas. Insgesamt im selben Ausmaß, aber seltener als sehr hinderlich, wurden unzureichende Informationen über das Studium und die Studienor­ganisation genannt. 16% der Studierenden geben an dadurch sehr und weitere 40% etwas behindert worden zu sein. Danach werden fehlende Studienmotivation und über­füllte Hörsäle als Hindernisse für den Studienfortschritt genannt. An fünfter Stelle ste­hen finanzielle Schwierigkeiten, die für 15% den Studienfortschritt sehr und für weitere 32% etwas behindert haben. Etwa im selben Ausmaß werden auch „ausgebuchte" Lehrveranstaltungen genannt.“ (1)

Dramatischer Anstieg der Zahl der Studierenden

Mit der Einführung der Studiengebühren im Wintersemester 2001/2002 ergab sich
ein signifikanter Rückgang der Studierendenzahl. Studierten 2000/01 noch rund 228.000 Personen (2) in Österreich, so ging die Zahl im Wintersemester 2001/02 um 20% auf rund 183.000 zurück. Nach der mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ und Grünen im September 2008 erfolgten Abschaffung der Studiengebühren erreichte die Zahl der Studierenden mit 292.145 Personen im Wintersemester 2008/09 einen neuen Höchst­stand. Gegenüber dem Stand von 2001/02 bedeutet dies eine Steigerung von rund 60%. Im gleichen Zeitraum ist der Zahl der ausländischen Studierenden von 27.281
auf 60.216 angestiegen, was eine Steigerung von 120% bedeutet.

Überforderte Studenten

Die Erwartungshaltung der Studierenden ist, was die Absolvierung ihres Studiums in der vorgesehen Mindestdauer betrifft, überwiegend pessimistisch (3). Nur rund 47% glauben daran, ihr Studium in der Mindestdauer absolvieren zu können. Besonders sig­nifikant ist der Umstand, dass an den infrastrukturintensiven Universitäten diese nega­tive Einschätzung am stärksten hervortritt. Nur 25% der Studierenden der Veterinär­medizin, 40% der Studierenden der Naturwissenschaften und 41% der Medizinstu­dierenden glauben, dass sie ihr Studium in der Mindestdauer absolvieren können. Be­merkenswert auch die Erhebung gesundheitlicher und psychischer Beschwerden der Studenten. Nur ein Drittel aller Studierenden gibt an, keine stressbedingten gesund­heitlichen Beschwerden zu haben. (4)

Fehlende Budgetmittel

Zur Aufrechterhaltung eines qualitativ hochwertigen Studienbetriebs fordern die Rek­toren der heimischen Universitäten für die nächsten vier Jahre eine "Uni-Milliarde". Mit gerade einmal 80 Mio Euro, die für den Universitätsbereich im Jahr 2011 zusätzlich budgetiert sind, ist diese Bundesregierung meilenweit von der Erfüllung dieser For­


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derung entfernt und leistet damit einer Entwicklung Vorschub, die dazu führt, dass die Studienbedingungen an österreichischen Universitäten zusehends schlechter werden.

Eine der niedrigsten Abschlussquoten

Österreich liegt nach Angaben der OECD-Bericht 2009 (5) bei den Abschlussquoten im tertiären Bereich an drittvorletzter Stelle. Hinter Österreich mit seiner Abschlussquote von rund 20% liegen nur noch Slowenien und Griechenland. Der OECD-Durchschnitt liegt bei einer 40%igen Abschlussquote. An der Spitze liegen Island, Australien, Polen und Finnland mit einer Quote von 60% bzw. 50%.

Österreich zukunftsfähig gestalten

Leider beschränkt sich die Bildungskrise in Österreich nicht nur auf den tertiären Be­reich, sondern hat ihren Ursprung insgesamt in einem veralteten und mehr als reform­bedürftigen Bildungssystem. Zu der in Österreich nun durchschlagend wirksam wer­denden Weltwirtschaftskrise gesellt sich eine veritable Krise des österreichischen Bil­dungssystems. Schule, Lehre und Universitäten in Österreich sind auf die Herausfor­derungen des 21. Jahrhunderts nicht vorbereitet. Um Synergieeffekte zwischen Bil­dungs- und Wirtschaftssektor zu erzeugen und Maßnahmen derart zu platzieren, dass sie nachhaltig für die Zukunft wirken und nicht in einer einmaligen Aktion verpuffen, stellt das Bildungssystem den wirkungsmächtigsten Bereich dar. Abgesehen davon, dass eine Generalreform des österreichischen Bildungssystems ohnehin mehr als überfällig ist, kann man entsprechende Investitionen in diesem Bereich mit Sicherheit als das nachhaltigste Konjunkturpaket für die österreichische Wirtschaft überhaupt be­zeichnen. Um den Wirtschaftsstandort Österreich mit gut ausgebildeten Menschen auch langfristig versorgen zu können, müssen jetzt bildungspolitische Maßnahmen ge­setzt werden, die geeignet sind, dies für die Zukunft zu garantieren. Der tertiäre Sektor braucht als Akutversorgung ein sofort wirksames „Notprogramm“.

Neue Wege zum akademischen Erfolg

Aus der Sicht des BZÖ muss daher ein Bündel von Erstmaßnahmen gesetzt werden, um die Akutversorgung der Universitäten zu gewährleisten. Darunter fällt die Einfüh­rung eines UNI Bonus in der Höhe von € 5.000.- für jede Schülerin und jeden Schüler, die oder der in Österreich die Matura besteht oder die Studienberechtigungsprüfung absolviert. Dieser Bonus wird auf eine neu zu schaffende UNI-Card gebucht und kann nur für eine universitäre Ausbildung verwendet werden. Gleichzeitig werden an den Universitäten und Fachhochschulen Einschreibegebühren in der Höhe von € 5.000.- eingerichtet und Studiengebühren wieder eingeführt. Das heißt jede Studentin und je­der Student, die bzw. der nicht in Österreich die Matura gemacht bzw. eine Studienbe­rechtigungsprüfung positiv absolviert hat, zahlt die vollen € 5.000.- während die Ös­terreicher ihren UNI-Bonus verwenden können und damit effektiv nur Studiengebühren zahlen. Diese Einstiegshürde verhindert wirkungsvoll die bundesdeutsche Studenten­flut, stellt aber keine Zugangsbeschränkung für österreichische Jugendliche dar und ist EU-konform, da für eine erbrachte Leistung eine Belohnung des Staates erfolgt und nicht auf die Staatsbürgerschaft abgezielt wird. Die Wiedereinführung der Studienge­bühren wird mit den bereits bei der ersten Einführung erhöhten Studienbeihilfen abge­federt, die aber zu evaluieren und bedarfsgerecht anzupassen sind. Die Einführung einer Studieneingangsphase von zwei Semestern, an deren Ende festgestellt wird, ob der Studierende für das gewünschte Studium geeignet ist, soll klare Entschei­dungshilfen für die Studierenden schaffen: Statt ungerechter „Knock-Out- Prüfungen“ wird die Gesamtheit aller erbrachten Leistungen während dieser beiden Semester be­rücksichtigt.

Die Ausschüttung einer zweckgebundenen Notfallfinanzierung in der Höhe von € 250 Mio. aus dem Budget an die Universitäten, soll deren akute personellen und infrastruktu­


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rellen Defizite beseitigen und sie wieder fit für den internationalen Bildungswettbewerb machen.

(1) Bericht - Materialien zur sozialen Lage der Studierenden 2007 (BMWF, Wien 2007)

(2) Statistik Austria

(3) Ebda. S.65

(4) Ebda

(5) „Bildung auf einen Blick" OECD-Indikatoren 2009; S.67

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wissenschaft und For­schung, wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zuzuleiten der fol­gende Punkte umfasst:

Auflage eines „UNI-Bonus“ in der Höhe von € 5.000.- für jede Schülerin und jeden Schüler, der in Österreich die Matura besteht oder die Studienberechtigungsprüfung positiv absolviert

Einführung einer Einschreibegebühr an allen österreichischen Universitäten und Fach­hochschulen in der Höhe von € 5.000.-

Umsetzung einer Studieneingangsphase von zwei Semestern, an deren Ende in Form einer Gesamtbeurteilung aller in dieser Zeit erbrachten Leistungen festgestellt wird, ob die Studierende/der Studierende für das gewünschte Studium geeignet ist

Sofortige Ausschüttung einer zweckgebundenen Notfallsfinanzierung an die Universi­täten in der Höhe von zumindest € 250 Millionen für 2011 (als Teil einer Uni-Milliarde in den nächsten vier Jahren), um akute personelle und infrastrukturelle Mängel zu besei­tigen

Wiedereinführung von Studiengebühren in der Höhe von € 500 pro Semester.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Bundesministerin Dr. Karl. – Bitte.

 


17.43.14

Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung Mag. Dr. Beatrix Karl: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Budgetentwurf 2011 mit etwas Positivem beginnen.

Es wurde ja bereits darauf hingewiesen, dass es für die Universitäten und für die Fach­hochschulen ab 2011 jährlich 80 Millionen € zusätzlich geben wird. (Abg. Mag. Kogler: Muss man sich das wirklich wieder anhören?!)

Ich darf kurz darauf eingehen, in welche Bereiche diese 80 Millionen € ab 2011 konkret investiert werden.

Zum einen geht es um mehr Qualität in der Lehre und damit um die Verbesserung der Studienbedingungen insbesondere in den Massenfächern, mit einem Schwerpunkt auf den sogenannten MINT-Fächern – Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und


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Technik. Um das auch zu beziffern: Es ist geplant, dass dafür in den kommenden zwei Jahren jährlich 20 Millionen € aufgewendet werden.

Es wurde ja von Herrn Abgeordnetem Deimek bereits darauf hingewiesen, dass eine Möglichkeit, für mehr Qualität in der Lehre zu sorgen, E-Learning bietet. Ja, natürlich wird auch von solchen Maßnahmen Gebrauch gemacht werden – davon gehe ich aus. Ich kann natürlich nicht garantieren, dass es an jeder Universität einen Ludwig Scha­ringer gibt, aber ich glaube, dass es für viele Universitäten zusätzlich E-Learning-Ange­bote geben wird. Diese Maßnahmen wurden unter anderem auch im Zuge des letzten Paketes für die Verbesserung der Lehre in Höhe von 34 Millionen € ergriffen.

Qualität in Forschung und Lehre ist natürlich von ganz großer Bedeutung für die Uni­versitäten. Deswegen möchte ich noch kurz bei diesem Punkt bleiben. Um Qualität in Lehre und Forschung sicherzustellen, wurde ja bei der Budgetklausur in Loipersdorf auch vereinbart, dass es in den Massenfächern eine Regelung des Zugangs geben soll, und zwar rasch. Es wurde ja bereits darauf hingewiesen, dass rasche Lösungen gefragt sind.

Es wurde aber auch beim in der Folge stattfindenden Uni-Gipfel vereinbart, dass es ab 2013 eine Studienplatzfinanzierung geben soll. Auch daran wird natürlich mit Nach­druck gearbeitet, und hier soll wirklich auch klargelegt werden, wie viele Studienplätze in welcher Höhe finanziert werden.

Ich möchte auch gleich auf die Ausführungen von Ihnen, Herr Abgeordneter Grüne­wald, eingehen, weil Sie im Zusammenhang mit der Qualität der Lehre und dem Zuzug von deutschen Studierenden auch auf das Verfahren vor der Europäischen Kommis­sion eingegangen sind und gemeint haben, die Europäische Kommission habe das Verfahren nur ausgesetzt.

Bei diesem Verfahren ist es ja um die Quotenregelung an den medizinischen Univer­sitäten gegangen. Diesbezüglich hat es ja mittlerweile ein weiteres EuGH-Urteil gege­ben, nämlich das Urteil in der Rechtssache Bressol. Dieses Urteil hat natürlich auch Auswirkungen auf unsere Quotenregelung, weil ja auch unsere Argumentation, nämlich dass die Quotenregelung erforderlich ist, um die Gesundheitsversorgung in Österreich sicherzustellen, anerkannt wurde.

Eine solche Quotenregelung auch in anderen Studienfächern einzuführen, halte ich für wenig aussichtsreich, weil genau diese Argumentation etwa im Bereich der Publizistik nur schwer zu führen sein wird. Deshalb halte ich es für zielführender, außerhalb der Medizinunis zu versuchen, wieder auf das Modell des Herkunftslandprinzips zurückzu­gehen. Diesbezüglich führe ich auch Gespräche auf europäischer Ebene. Ich habe be­reits ein Gespräch mit der zuständigen Kommissarin geführt, auch etwa mit Kollegin Schavan aus Deutschland, die mir ihre Unterstützung zugesagt hat.

Herr Abgeordneter Grünewald hat auch angesprochen, dass es nach der letzten OECD-Studie „Education at a Glance“ ganz klar sei, dass natürlich Akademiker und Akademi­kerinnen einen Mehrwert für die Gesellschaft bedeuten – das steht außer Zweifel. Des­halb bin ich ja auch dafür, dass wir die Akademikerquote in Österreich ausbauen. Nur der Vollständigkeit halber: Die OECD empfiehlt auch immer wieder eine stärkere priva­te Beteiligung zusätzlich zur öffentlichen Finanzierung der Universitäten.

Aber lassen Sie mich nun zu meinem eigentlichen Thema zurückkommen, nämlich wo­für die 80 Millionen € verwendet werden.

Neben der Verbesserung der Studienbedingungen werden sie dafür verwendet, die Eingliederung von exzellenten Einrichtungen der außeruniversitären Forschung in Uni­versitäten und auch in die Akademie der Wissenschaften sicherzustellen beziehungs­weise für die Förderung von Kooperationen zwischen Hochschulen untereinander, aber


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auch zwischen Hochschulen und der Wirtschaft. Dafür werden jährlich 12 Millionen € zur Verfügung gestellt.

Eine weitere Maßnahme, die bereits angesprochen wurde, ist der Ausbau der Fach­hochschulen, gefördert in der Höhe von rund 10 Millionen € jährlich.

Es wird auch noch in den Neustart der universitären Overheadfinanzierung im Rahmen der Forschungsfinanzierung durch den FWF investiert – eine langjährige Forderung der Universitäten und auch des FWF. Dafür wenden wir jährlich rund 12 Millionen € auf.

Schließlich werden für die Umsetzung des Hochschulplans ab 2013 mehr als 140 Mil­lionen € zur Verfügung gestellt.

Sie sehen also, meine sehr verehrten Damen und Herren, Wissenschaft und For­schung sind klare Schwerpunkte der Regierungsarbeit und finden sich daher auch im Budget wieder. Der von der Bundesregierung eingebrachte Budgetvoranschlagsent­wurf für das Jahr 2011 sieht ja für die Untergliederung 31, Wissenschaft und For­schung, einen Gesamtausgabenrahmen von rund 3,8 Milliarden € vor.

Dennoch muss natürlich auch das Wissenschaftsressort, wenngleich es als Zukunfts­ressort gilt, seinen Beitrag zur Konsolidierung leisten, das ist vollkommen klar. Da war es mir wichtig, die Eckpunkte des Ressorts wirklich außen vor zu halten und sicher­zustellen, dass diese Eckpunkte des Wissenschaftsressorts nicht angegriffen werden.

Was sind diese Eckpunkte? Das sind die Universitäten, die Fachhochschulen, der FWF, also der Wissenschaftsfonds, die Akademie der Wissenschaften, die Ludwig Boltz­mann-Gesellschaft, das IST-Austria und die Studienförderung. Diese Bereiche haben teilweise ein Plus zu verzeichnen, zumindest gibt es aber keine Einsparungen; sie wur­den also von den Konsolidierungsmaßnahmen völlig ausgespart.

Wir haben für die Universitäten ganz im Gegenteil im Jahr 2009 ein verlässliches Paket geschnürt, und zwar in Form der Leistungsvereinbarungen. Den Universitäten stehen 2011 rund 2,8 Milliarden € zur Verfügung, 2010 waren es 2,7 Milliarden €.

Folgendes möchte ich noch betonen: Das Universitätsbudget ist ja für 2011 und 2012 gesichert; da wird ja nicht eingegriffen.

Die Fachhochschulen bekommen 2011 235 Millionen €, das sind rund 20 Millionen € mehr als 2010, ohne dass der Beitrag aus den 80 Millionen € Offensivmitteln einge­rechnet ist.

Dem FWF stehen auch 2011 wieder rund 160 Millionen € zur Verfügung. Dazu kommt zusätzlich noch die Overheadfinanzierung in Höhe von zirka 12 Millionen € im Maxi­malausbau.

Für die großen außeruniversitären Forschungsinstitutionen, also insbesondere die Aka­demie der Wissenschaften, das IST-Austria und die Ludwig Boltzmann-Gesellschaft, werden 2011 rund 115 Millionen € zur Verfügung gestellt. Für die Studienförderung wird im Jahr 2011 ein Betrag von 218 Millionen € zur Verfügung gestellt.

Wie gesagt, das sind die Bereiche, wo wir teilweise ein Plus zu verzeichnen haben oder zumindest gleichbleibende Budgets. Aber natürlich – ich habe es bereits ange­sprochen – muss ich auch in meinem Bereich einen Beitrag zur Konsolidierung leisten. Da gab es auch in meinem Ressort teilweise schmerzhafte Einschnitte und, Sie kön­nen mir glauben, so etwas ist natürlich nicht angenehm; dennoch waren solche Ein­schnitte notwendig.

Ich möchte zuallererst die Finanzierung der außeruniversitären Forschungseinrichtun­gen ansprechen, weil sie heute bereits Thema waren und weil natürlich diese Strei­chung des Finanzierungsinstruments Basisfinanzierung tatsächlich ein schmerzlicher Eingriff auch in jahrelange Gewohnheiten war.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 280

Ich sage es Ihnen ganz ehrlich, es ist teilweise abenteuerlich, was unter dem Titel Ba­sisförderung in den letzten Jahren vom Staat nach dem Gießkannenprinzip finanziert worden ist – teilweise ausgezeichnete Einrichtungen, aber teilweise auch Einrichtun­gen, die mit Wissenschaft und Forschung nicht sehr viel am Hut haben.

Mein Ziel war es, auf eine neue Förderung der außeruniversitären Forschungseinrich­tungen umzustellen und wirklich jene Einrichtungen weiterzufinanzieren, die sehr gut sind, wo sehr gute Leistungen im Bereich der außeruniversitären Forschung erbracht werden.

Deshalb kam es zu einer Neuordnung der Forschungslandschaft und in diesem Zu­sammenhang wirklich zu einer Restrukturierung, die ja in Wirklichkeit schon seit Lan­gem angedacht war und auch von vielen empfohlen wurde, wie etwa vom Wissen­schaftsrat, vom Forschungsrat oder auch vom Rechnungshof.

Man muss hier auch sehen – und das wurde immer wieder in verschiedenen Studien angesprochen –, dass in Österreich die außeruniversitäre Forschungslandschaft sehr kleinteilig und sehr fragmentiert ist. Deshalb wurde immer wieder empfohlen, diese außeruniversitären Forschungseinrichtungen stärker als bisher zu bündeln und damit auch eine stärkere internationale Sichtbarkeit zu erreichen und auch die Interdiszi­plinarität und Transdisziplinarität zu stärken. Außerdem ging es auch um die Stärkung der Robustheit des Wissenschaftssystems.

Wir haben deshalb die Förderung der außeruniversitären Forschungseinrichtungen auf völlig neue Beine gestellt und dazu ein Drei-Säulen-Modell entwickelt, das ich Ihnen kurz vorstellen möchte. Dieses Drei-Säulen-Modell tritt an die Stelle der im Jahre 1970 entwickelten Basisförderung.

Die erste Säule ist die Eingliederung von außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Universitäten. Dazu hat Herr Abgeordneter Grünewald die Frage gestellt, ob das die­se Einrichtungen und die Universitäten überhaupt wollen.

Ich gebe Ihnen vollkommen recht, das ist natürlich eine ganz zentrale Frage. Solche Eingliederungen, solche Kooperationen kann man natürlich nicht von oben herab an­ordnen, so etwas kann nicht funktionieren. Forschung auf Anordnung oder Forschung auf Weisung, davon halte ich nichts. Deswegen haben wir natürlich auch Gespräche mit den Forschungseinrichtungen und mit den Universitäten geführt, und nur dort, wo es von beiden Seiten auch gewünscht und als sinnvoll erkannt worden ist, kommt es tatsächlich zu solchen Eingliederungen.

Wir sind in den Gesprächen schon sehr weit fortgeschritten. Einige dieser Eingliede­rungen in Universitäten stehen schon vor dem Abschluss, bei anderen wird es noch weitere Gespräche geben, aber insgesamt verlaufen diese Gespräche tatsächlich sehr gut und die Aufnahmebereitschaft der Universitäten ist da. – Natürlich bekommen die­se außeruniversitären Forschungseinrichtungen auch Geld mit; das möchte ich auch dazusagen. Es ist also nicht so, dass diese Einrichtungen ohne Geld an die Universität gehen, sondern natürlich werden auch die notwendigen finanziellen Mittel mitverhan­delt, das ist ganz klar.

Die zweite Säule ist die Projektsicherung im Bereich der außeruniversitären For­schungseinrichtungen der Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften. Hier geht es da­rum, dass ja gerade die außeruniversitären Forschungseinrichtungen in diesen Berei­chen wirklich sehr gut im Einwerben von EU-Drittmitteln sind. Die werben rund 75 Pro­zent der EU-Drittmittel ein, sind also sehr erfolgreich.

Diesen Erfolg wollen wir natürlich auch weiterhin sicherstellen. Deshalb gewährt das Wissenschaftsministerium mit Wirkung vom 1. Jänner 2011 finanzielle Unterstützung bei der Teilnahme an genehmigten Projekten im 7. EU-Rahmenprogramm. Das heißt,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 281

es kommt zu einer Teilfinanzierung von Projektkosten, damit die Drittmittel auch wirk­lich eingeworben werden können und die Rückflüsse auch weiterhin sichergestellt sind.

Die dritte Säule ist die Stärkung der Forschungsinfrastruktur im Bereich Geistes-, So­zial- und Kulturwissenschaften. Das heißt, hier geht es vor allem um Institutionen im Bereich der Archivierung und Dokumentation von zeitgeschichtlichen Materialien. Da wollen wir eine neue Schiene zur Förderung der Infrastruktur im Bereich Geistes-, So­zial- und Kulturwissenschaften schaffen. Es geht dabei auch einfach um eine bessere Vernetzung. Es wird im ersten Schritt einmal ein virtuelles Netzwerk sein, aber auch eine bessere Zugänglichkeit ist wesentlich, um eine wichtige Voraussetzung für einen breiten wissenschaftlichen interdisziplinären Austausch zu schaffen.

Ich habe das in Bezug auf die erste Säule angesprochen, aber natürlich werden auch mit allen anderen Einrichtungen, die in die zweite oder dritte Säule fallen, Gespräche geführt. Diese Gespräche verlaufen sehr konstruktiv, und es wird wirklich versucht, auch mit den einzelnen Institutionen Lösungen zu finden, mit denen sie auch gut leben können. Da laufen also Gespräche, und, wie gesagt, es gibt dafür ja auch finanzielle Mittel.

Insgesamt möchte ich schon noch festhalten, dass in unserer Hochschullandschaft nicht alles schlecht ist und dass auch an den Universitäten nicht alles schlecht ist. In den Reden der Abgeordneten ist vorgekommen, dass die Universitäten Baustellen seien, dass sie schlecht seien. Ich darf Sie nur bitten, genauer hinzuschauen. (Abg. Mag. Widmann: 1,5 Milliarden € fehlen!) An unseren Universitäten passiert auch viel Großartiges. (Abg. Mag. Widmann: Trotzdem!) Natürlich haben wir auch Problembe­reiche, an denen man ansetzen muss. Diese Herausforderungen nehme ich sehr gerne an. Vergessen Sie aber nicht, dass unsere Universitäten auch Großartiges im Bereich von Lehre und Forschung leisten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.56


Präsident Fritz Neugebauer: Bevor ich Frau Abgeordneter Silhavy das Wort erteile, darf ich einen Gast aus Israel sehr herzlich bei uns begrüßen, und zwar den stellver­tretenden Minister für die Entwicklung von Negev und Galiläa, Herrn Ayub Kara, der auch stellvertretender Sprecher der Knesset ist. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Bei­fall.)

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte.

 


17.57.15

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatsse­kretär! Hohes Haus! Werte Gäste! Wir führen eine wesentliche Diskussion zu einem österreichischen und auch internationalen Zukunftsthema, nämlich zur Wissenschaft.

Frau Bundesministerin, es ist sehr erfreulich, dass es bei allen Sparmaßnahmen, die getroffen werden müssen, gelungen ist, dass die Kernkompetenzen des Ressorts ohne weitgehende Einschnitte belassen werden.

Ich möchte aber trotzdem vor allem auch auf die Ausführungen von Kollegin Cortole­zis-Schlager eingehen, die ja immer wieder die Studiengebühren als eines ihrer ganz wesentlichen Themen aufwirft. (Abg. Mag. Widmann: Auch der Voves!) Ich darf daran erinnern, dass wir im UG einen Ersatz für die Abschaffung der Studiengebühren ge­schaffen haben, nämlich 157 Millionen €, meine Damen und Herren. Das müssten Sie schon gegenrechnen, Herr Kollege. Das haben Sie nämlich nicht gemacht. (Zwischen­ruf des Abg. List.) Sie rechnen immer nur so, wie es Ihnen passt, und das kann nicht ganz funktionieren, denn letzten Endes zählt das, was tatsächlich überbleibt. (Abg. Grosz: Was macht eigentlich Kollegin Silhavy?)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 282

Frau Bundesministerin, ich denke, ganz wichtig ist auch, was Sie selbst schon ange­sprochen haben, dass es gelungen ist, 80 Millionen € zusätzlich zu gewinnen. Sie ha­ben ja ein paar Schwerpunkte ausgeführt. Mich freut es sehr, dass es die 10 Millio­nen € für die Fachhochschulen gibt. Da waren ja die erforderlichen Studienplätze, die notwendig sind, schon errechnet. Nunmehr können diese Studienplätze mit diesem Geld auch tatsächlich umgesetzt werden.

Wichtig erscheint mir auch, dass es gelungen ist, diese universitären Overheadkosten jetzt in die Finanzierung mit einzubeziehen. Das war ja auch immer ein wesentlicher Diskussionspunkt.

Einen Wermutstropfen möchte ich aber doch auch hier anführen, und zwar die 144 Mil­lionen €, die für die kommenden Leistungsvereinbarungen ab 2013 anzusparen sind. Ich denke, das ist schon ein Punkt, den man auch noch einmal diskutieren muss.

Wesentlich erscheinen mir – und das ist ein Punkt, der immer wieder kommt, das ha­ben Sie auch im Ausschuss gesagt – sozial gerechte Studienförderungssysteme. Ich würde mir wirklich wünschen, da endlich einmal ein Modell zu diskutieren, denn bei den unterschiedlichen Einkommensbegriffen, die wir haben, und bei den unterschied­lichen Möglichkeiten der Gestaltung würde es mich wirklich interessieren, wie über­haupt ein Modell der gerechten Studienförderungssysteme ausschauen sollte.

Ich bin schon sehr gespannt auf die Diskussion über den Hochschulplan. Sie haben uns ja zu den Studienplatzfinanzierungen eine Studie – bereits im Februar dieses Jah­res – versprochen. Ich glaube, da ergibt dann ein Stück das nächste Stück. Es ist ein bisschen wie ein Puzzle, muss man fairerweise auch dazusagen, weil die Stücke halt sehr unterschiedlich im Zeitablauf daherkommen, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Was mir noch wichtiger erscheint, ist Folgendes: Sie haben die Frauenförderungspro­gramme angesprochen, nicht jetzt, aber im Ausschuss. Die Erhaltung dieser Frauenför­derungsprogramme scheint mir sehr wichtig, gerade im Forschungsbereich, zu sein, damit wir endlich auch auf die entsprechende Quote kommen. Ich hoffe, dass die fFORTE-Programme zumindest in Ihrem Bereich vollständig weitergehen.

Gratulieren darf ich Ihnen und dem Ministerium insgesamt zu der Gender Monitoring-Geschichte, die auch auf der Homepage abrufbar ist. Wenn man sich den Glasdecken-Index anschaut, der über uni:data abrufbar ist, dann sehen wir allerdings, dass wir auf diesem Gebiet noch ziemlich viel gemeinsam zu tun und zu bewegen haben.

Ich hoffe, dass wir mit diesem Budget in diesen Punkten, wo keine Kürzungen kom­men, nämlich in der Frauenförderung und im Genderbereich, wieder ein Stück weiter­bringen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.01


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. – Bitte.

 


18.01.22

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Zunächst darf ich einen Entschließungsantrag des Abgeordneten Dr. Graf, unseres Herrn Präsidenten, einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Graf und weiterer Abgeordneter betreffend Uni-Milliarde bis 2015


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 283

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um das Budget für den tertiären Bildungssektor bis zum Jahr 2015 auf 2 Prozent des BIP zu erhöhen. Die daraus resultierende Milliarde Euro für Infrastruktur, Lehre und For­schung an den österreichischen Universitäten wird eine sichtbare Verbesserung für die Studierenden bringen. Als erste Tranche sind zur Erreichung des 2-Prozent-Zieles die Rücklagen des BMWF im Jahr 2011 aufzulösen und den Universitäten zur Verfügung zu stellen. Weiters wird die Bundesregierung aufgefordert, umgehend einen detaillier­ten Plan vorzulegen, der die Verwendung der 310 Millionen Euro Rücklagen des Wis­senschaftsministeriums für den tertiären Bildungssektor vorsieht.

*****

So weit der erste Entschließungsantrag.

Zum zweiten Thema, das ebenfalls Inhalt eines Entschließungsantrags ist. Es geht um die Problematik, schlagwortartig – Kollege Widmann hat es bereits angesprochen –, der drei Studienjahrgänge aus der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere aus dem Nachbarland, dem Freistaat Bayern.

Da haben Sie, Frau Ministerin, gesagt, das Herkunftslandprinzip – man kann auch völ­kerrechtlich sagen: das Prinzip der Gegenseitigkeit – wäre heranzuziehen. Man sagt, jene, die die Voraussetzungen im Heimatland erfüllen, dürfen auch bei uns studieren. Das heißt, der klassische Numerus-clausus-Flüchtling kann in Österreich dadurch nicht studieren.

Das ist eine mutige Ansage, aber die einzig richtige. Wir würden Sie dabei unterstüt­zen, auch gegenüber der EU, falls es da zu Problemen kommen sollte. Das Quoten­system, das der Herr Bundeskanzler angeregt hat, halten wir für nicht optimal, denn letztlich würde die Quote zulasten der österreichischen Studenten ausschlagen. Das wollen wir nicht.

Herkunftslandprinzip, Prinzip der Gegenseitigkeit, wir haben das schon einmal ge­macht – mit Erfolg. Sie können sich erinnern: Nach den Scheinehen hat es die Schein­adoptionen gegeben, weil nur in Österreich – neben den Niederlanden – die Adoption von Erwachsenen möglich war.

Da hat man darauf abgestellt, dass eine Erwachsenenadoption nur dann in Österreich gültig ist, wenn es auch im Heimatland des Betreffenden eine Erwachsenenadoption gibt. Mit dieser Entscheidung waren schlagartig alle Probleme weg, auch im Gewerbe­bereich, im Unternehmensrecht. Es gibt viele Bereiche, wo auf dieses Prinzip der Ge­genseitigkeit im Völkerrecht abgestellt wird. Wir glauben, das ist die einzig sinnvolle Maßnahme.

Daher stellen wir folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Graf, Dipl.-Ing. Deimek, Dr. Rosenkranz, Dr. Winter, Dr. Karls­böck und weiterer Abgeordneter betreffend „Herkunftslandprinzip“

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, mit der im tertiären Bildungssektor, zum Schutz des österreichischen Hochschul­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 284

standortes, das „Herkunftslandprinzip“ in Bezug auf nichtösterreichische Studentinnen und Studenten verankert wird.

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

18.04


Präsident Fritz Neugebauer: Beide Entschließungsanträge stehen mit in Verhand­lung, wobei der zuletzt genannte Entschließungsantrag auch mit einer namentlichen Ab­stimmung zur Verhandlung steht.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Dr. Graf und weiterer Abgeordneter betreffend Uni-Milliarde bis 2015

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung 31 – Wissenschaft und For­schung, in der 91. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 21. Dezember 2010

Der Nationalrat hat bereits am 24.9.2008 beschlossen: "Durch öffentliche und private Investitionen sollen die Budgets für den tertiären Bildungssektor ab dem Jahr 2009 bis spätestens 2020 auf 2 % des BIP erhöht werden - das sind jährliche Steigerungen von mindestens 200 Mio. Euro zusätzlich. Die Globalbudgetierung der Universitäten soll daher - im Vergleich mit dem Budget des Jahres 2008 - im Jahr 2009 um 200, im Jahr 2010 um 400, im Jahr 2011 um 600, im Jahr 2012 um 800 Mio. € erhöht werden."

Das Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode, das SPÖ und ÖVP beschlossen haben, enthält im Kapitel Wissenschaft und Forschung eine Rücknahme bzw. Relativierung der am Ende der letzten GP beschlossenen Maßnahmen im Univer­sitätsbereich. Verschärft wird die Situation im Universitätsbereich auch deshalb, weil die im Regierungsprogramm in Aussicht genommenen Maßnahmen unter Budgetvor­behalt stehen.

Der FPÖ-Wissenschaftssprecher Martin Graf forderte bereits am 28.10.2009 eine Uni-Milliarde zur Beseitigung der untragbaren Bedingungen an den Universitäten. Das Geld soll einerseits verwendet werden, um die Kapazitäten in Lehre und Forschung zu er­höhen. Andererseits muss in zusätzliche Infrastruktur investiert werden. "Es muss si­chergestellt sein, dass in Österreich jeder studieren darf, was er will, sofern er die dafür nötigen Qualifikationen aufweist", verlangt Graf und wendet sich damit klar gegen Zu­gangsbeschränkungen und auch gegen Studiengebühren. Graf ist erfreut, dass seiner Forderung nach der „Uni-Milliarde“ nun auch schon der Präsident der Universitätenkon­ferenz Badelt und der Wiener Bürgermeister Häupl gefolgt sind.

Fraglich ist auch, was mit den Rücklagen von 310 Millionen Euro passieren soll, die vom Ministerium nicht aufgebraucht wurden.

Die derzeitige Finanzierung der Universitäten stellt nach der Auffassung der unter­zeichnenden Abgeordneten eine völlig unzureichende Alibimaßnahme dar.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 285

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um das Budget für den tertiären Bildungssektor bis zum Jahr 2015 auf 2% des BIP zu erhöhen. Die daraus resultierende Milliarde Euro für Infrastruktur, Lehre und Forschung an den österreichischen Universitäten, wird eine sichtbare Verbesserung für die Studie­renden bringen. Als 1. Tranche sind zur Erreichung des 2% Zieles die Rücklagen des BMWf im Jahr 2011 aufzulösen und den Universitäten zur Verfügung zu stellen. Weite­res wird die Bundesregierung aufgefordert, umgehend einen detaillierten Plan vorzule­gen, der die Verwendung der 310 Millionen Euro Rücklagen des Wissenschaftsminis­teriums für den tertiären Bildungssektor vorsieht.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Graf, DI Deimek, Dr. Rosenkranz, Dr. Winter, Dr. Karlsböck und weiterer Abgeordneter betreffend „Herkunftslandprinzip“

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung 31 – Wissenschaft und For­schung, in der 91. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 21. Dezember 2010

Derzeit gibt es vor allem von deutschen Studenten einen regelrechten Ansturm auf Ös­terreichs Universitäten, da es auch für ausländische Studenten möglich ist in Öster­reich zu studieren, die in ihrem Heimatland keine Studienberechtigung haben.

Die Aussetzung der Wehrpflicht in Deutschland und die doppelten Maturajahrgänge in Bayern und Niedersachsen, die wegen der verkürzten Gymnasialzeit um ein Jahr frü­her fertig werden, bescheren Österreichs Universitäten im kommenden Herbst noch weitere Studenten aus Deutschland.

Nachdem sich der dritte Nationalratspräsidenten Dr. Martin Graf zu dieser Thematik zu Wort meldete und eine Verankerung des „Herkunftslandprinzip“ im tertiären Bildungs­sektor forderte, gab nun auch Bundesministerin Dr. Karl diesbezüglich in der Zeitung die Presse eine Stellungnahme ab. Die Bundesministerin merkte an, dass sie deutsche Studenten durch das „Herkunftslandprinzip“ stoppen möchte. Numerus-clausus-Flücht­linge sollen in Österreich nicht mehr studieren dürfen so Bundesministerin Dr. Karl.

Das von Bundeskanzler Faymann in der Pressestunde am 19.12 vorgestellte Modell der Quotenregelung, würde mehrheitlich österreichische Studierende treffen und sich wieder negativ für heimische Studierende auswirken.

Im jetzigen Budget sind keine weiteren Mittel für den zusätzlich zu erwartenden An­sturm von EU-Ausländern auf Österreichs Universitäten vorgesehen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zuleiten, mit der im tertiären Bildungssektor, zum Schutz des österreichischen Hoch­schulstandortes, das „Herkunftslandprinzip“ in Bezug auf nichtösterreichische Studen­tinnen und Studenten verankert wird.“

*****

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 286

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Lettenbich­ler. – Bitte.

 


18.04.35

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Minister! Geschätzter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Frau Minister, ich darf Ihnen vorab gratulieren, gratulieren dazu, dass es trotz dieses Konsolidie­rungsbudgets zu keinerlei Einschnitten, zu keinerlei Kürzungen im universitären Be­reich gekommen ist. – Im Gegenteil! 80 Millionen € Offensivmaßnahmen für die Hoch­schulen sollen in die Verbesserung der Studienbedingungen in den Massenfächern oder in den Ausbau der Fachhochschulen fließen. (Abg. Mag. Widmann: Glaubt ihr das wirklich?) Trotz dieser schwierigen finanziellen Situation investiert unsere Bundes­regierung in die Zukunft des Wissenschafts- und Forschungsstandortes Österreich.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist ja vorhin schon wieder angesprochen worden: Es gibt nach wie vor einiges zu tun, vieles zu tun. Wir brauchen mehr Geld für die Universitäten. Wir müssen ja neue Wege, vielleicht wieder andere Wege gehen, aber ein Teil ist natürlich, dass es ohne einen finanziellen Beitrag der Studentinnen und Studenten einfach nicht gehen wird. Ich orte in dieser Frage auch bei der SPÖ, vor al­lem in den Ländern, ein Umdenken, was mich sehr freut.

In Tirol haben wir vor allem das Problem – das ist auch schon angesprochen worden –, dass wir einen enormen Druck aus unserem nördlichen Nachbarland haben. Einerseits wollen diese Studentinnen und Studenten den Gebühren entgehen, andererseits finden sie aufgrund des Numerus clausus keinen Studienplatz in ihrer Heimat. Da haben wir einen dringenden, einen akuten Handlungsbedarf, aber ich bin mir sicher, dass wir die Mehrheit der Bevölkerung auf unserer Seite haben.

Wichtig ist, meine Damen und Herren, dass wir in unserem Land ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Grundlagenforschung einerseits und angewandter Forschung an­dererseits haben. Dieser Mix ist in Österreich gegeben. Ich will an dieser Stelle eine Lanze für unsere internationalen Leitbetriebe brechen, denn sie werden von manchen hier im Hause gerne herangezogen, wenn es gegen die Großen, gegen die Konzerne geht (Beifall bei der ÖVP), die ja nur ihre Headquarters hier haben, denn sie sind die wahren Innovationsträger.

Ich darf Ihnen nun einige Zahlen zu Gemüte führen. Alleine die 29 forschungsinten­sivsten Leitbetriebe investieren jährlich 2,4 Milliarden € in Forschung und Entwicklung. Das ist ein Drittel der gesamten F&E-Ausgaben Österreichs. 29 Betriebe sind das. 85 Prozent dieser Leitbetriebe kooperieren regelmäßig mit Hochschulen und außeruni­versitären Forschungseinrichtungen. Auch im vergangenen Jahr, dem Krisenjahr 2009, als diese Betriebe Umsatzrückgänge teilweise im zweistelligen Prozentbereich hin­nehmen mussten, wurde das hohe Niveau bei den Forschungsinvestitionen weitge­hend gehalten.

F&E-Förderung durch die öffentliche Hand löst enorme Multiplikatoreneffekte in der Volkswirtschaft aus. Neueste Daten zeigen, wie wichtig gerade jetzt der weitere Aus­bau der Forschungsförderung in Österreich ist. Hier ist es ein wichtiges Signal der Bun­desregierung, die Forschungsprämie von 8 auf 10 Prozent zu erhöhen.

Unternehmerische F&E-Ausgaben von Leitbetrieben zeigen wiederum signifikante po­sitive Effekte auf Wertschöpfung und Arbeitsplätze in den Unternehmen selbst, aber darüber hinaus in der gesamten Volkswirtschaft. So generiert 1 Million € an zusätz­licher F&E-Förderung von Leitbetrieben zusätzlich 132 zum Teil hoch qualifizierte Jobs, 14 Millionen € an Produktion, 9 Millionen € an Wertschöpfung und 3 Millionen € an Steuern und Abgaben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 287

Meine Damen und Herren, Sie sehen, diese Zahlen sollte man eigentlich immer im Hin­terkopf haben, wenn wir über die Zukunft des österreichischen Wissenschafts- und Forschungsstandortes, aber auch über die Headquarterpolitik diskutieren beziehungs­weise von der Opposition geschimpft werden.

Wir geben viel Geld für Wissenschaft und Forschung aus, wir wollen aber auch mehr Wissenschaft und Forschung für dieses Geld. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

18.08


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte.

 


18.08.46

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministe­rin! Werte Kollegen von der ÖVP! Ja, wenn man etwas lang genug wiederholt, dann glaubt man es schon selber. Das ist eine psychologische Eigenart des Menschen, oder? (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Mag. Widmann.)

Also diese sagenhaften 80 Millionen € Offensivmaßnahmen – Sie wissen ganz genau, dass das durch eine Umschichtung innerhalb des Bundesfinanzrahmens zustande ge­kommen ist. Wenn man zuerst gegenüber dem alten Finanzrahmen etwas kürzt und es nachher wieder korrigiert, dann verkauft man das als Offensivmaßnahme.

Ich schlage Ihnen vor, das nächste Mal das Budget um 300 Millionen € gegenüber dem alten Bundesfinanzrahmen im Frühjahr zu kürzen, das im Herbst im Budget zu korri­gieren – zack, haben Sie ein Offensivprogramm von 300 Millionen! (Heiterkeit der Abg. Dr. Lichtenecker.) Wunderbar, ja?! Das kann man ja beliebig nach oben verschieben.

Schauen Sie sich den ganzen Finanzrahmen an! Schauen Sie sich nur das Budget für 2011 für die UG 31, über die wir ja heute reden, an! Da ist keine Rede von 80 Millionen plus, bestenfalls die Hälfte davon plus für 2011. Aber wie schaut es bis 2014 aus? – Schon die Erhöhung für 2011 deckt die Inflationsrate nicht.

Das heißt, die Ausgaben für Wissenschaft und Forschung in diesem Bereich sinken real. Das ist die Realität. Bis 2014 reden wir von nominell konstanten Zahlen. Mein Gott, das ist Ihr Ausbauprogramm? Damit nehmen Sie Rücksicht auf die steigenden Studentenzahlen? – Also bitte!

Frau Ministerin, was die außeruniversitären Forschungseinrichtungen betrifft: Sie ver­kaufen das jetzt als wohlgeplantes Reformvorhaben. Ich darf Sie schon daran erinnern, dass Sie vor fünf oder sechs Wochen – maximal ist das her – diesen Brief an all diese Forschungsinstitute geschrieben haben, die nicht innerhalb der Universitäten sind, in dem allen ratzeputz angekündigt wird, ab 1. Jänner seid ihr pleite. Das war die Planung damals, und seither rudern Sie zurück.

Na Gott sei Dank rudern Sie zurück! Ich wünsche Ihnen viel Glück. Aber wie man von Anfang an auf die Idee kommen kann, Institute wie das IWM oder das IFK oder zum Beispiel das Erwin-Schrödinger-Institut nicht einem x-beliebigen Boltzmann-Institut für gleichwertig zu halten, diese Erklärung sind Sie uns bis heute schuldig geblieben!

Ich bin absolut davon überzeugt, dass die Institute der Boltzmann Gesellschaft gute Arbeit leisten. Aber diese haben Sie à priori aus der Evaluierung herausgenommen, die bekommen nach wie vor so viel Geld wie bisher. Nur die anderen kommen zum Hand­kuss.

Es ist schon in Ordnung, das Gießkannenprinzip einmal einzustellen, aber doch nicht auf diese Art. Die waren ja vor fünf Wochen in Panik, sie müssten eigentlich alle Leute kündigen, zusperren. Das sind ja Vereine, da ist ja der Vorstand in jeder Hinsicht ver­antwortlich. – Na gut. Also da wünsche ich Ihnen viel Glück.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 288

Aber nun zum Budget. Wer sprach hier vorhin von der ÖVP? Der Herr Lettenbichler, glaube ich. Ausgewogenes Verhältnis zwischen angewandter Forschung und Grundla­genforschung? Lesen Sie einmal die letzte Dokumentation der Akademie der Wissen­schaften! Bei der F&E-Quote sind wir nahe an den gewünschten 3 Prozent dran. Das stimmt, das ist im Wesentlichen die angewandte Forschung. Bei der Grundlagenfor­schung sind wir vom internationalen Ziel, 1 Prozent des BIP, meilenweit entfernt. Da­von kann gar keine Rede sein.

Und was die 2 Prozent des BIP für die Universitäten oder für den tertiären Sektor ins­gesamt, inklusive Fachhochschulen, betrifft, wo stehen wir da heute? – Bei 1,3 Pro­zent. Gut. Wie viel ist die Differenz in Millionen Euro auf 2 Prozent des BIP? – Na un­gefähr 2 Milliarden € jährlich zusätzlich – nicht die 80 Millionen €, die Sie jetzt behaup­ten, die 40 Millionen €, die es in Wirklichkeit nicht einmal sind, sondern 2 Milliarden €. Wir brauchen einen Pfad dorthin, und den verweigern Sie. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn man sich die Struktur des Bundesbudgets anschaut – das Wifo hat dazu eine sehr bemerkenswerte kleine Analyse gemacht –, dann steigen die Ausgaben in den Untergruppen 22 und 23 – das sind die Pensionen inklusive Beamte – von 2010
bis 2014 von 23,5 auf 27,7 Prozent an – das ist mehr als ein Viertel des Gesamtbud­gets! –, während sämtliche Ausgaben im Bereich Unterricht, Wissenschaft, For­schung – 30, 31, 33, 34 – bis 2014 im Budget anteilsmäßig sinken. Das ist Ihre Zu­kunftsplanung.

Wenn – man kann sich in einem Albtraum Verschiedenes vorstellen – dieselbe Regie­rung für 2014 bis 2018 einen Finanzrahmenplan mit den gleichen Ausgabentrends macht, dann haben wir im Jahr 2018 im Budget anteilsmäßig doppelt so viel an Ausga­ben für Pensionen wie für den gesamten Unterrichts-, Wissenschafts-, Forschungsbe­reich – angeblich die Zukunft dieses Landes.

Ich bin der Meinung, Sie sind der Meinung – ich höre es ja in jeder Sonntagsrede, wie wichtig diese Zukunftsausgaben sind. Und wie schaut die Realität aus? – Es geht ganz woanders hin! Sie haben keine Prioritäten im Bereich Unterricht, Wissenschaft und Forschung. Wenn Sie sie hätten, hätten Sie in diesem Budget für 2011 und ganz be­sonders im Bundesfinanzrahmenplan bis 2014 andere Maßnahmen setzen müssen. (Beifall bei den Grünen.)

18.14


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Preiner. – Bitte.

 


18.14.25

Abgeordneter Erwin Preiner (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatsse­kretär! Geschätzte Gäste! Wie manche meiner VorrednerInnen bereits ausführten, ha­ben wir im Wissenschaftsbudget trotz Sparmaßnahmen moderate Erhöhungen vorse­hen können.

Ich verwende hier ganz bewusst das Wort „moderat“, weil wir uns in diesem wichtigen Zukunftsbereich natürlich noch wesentlich mehr Mittel für Offensivmaßnahmen ge­wünscht hätten. Allerdings sind 80 Millionen € plus für die Wissenschaft ein guter erster Schritt, wie ich meine, dem aber in Zukunft noch weitere folgen müssen, damit sich die Rahmenbedingungen für die Studierenden und Lehrenden verbessern, denn wir wis­sen natürlich, dass es teilweise katastrophale Zustände an der Hauptuni in Wien, aber auch an der WU gibt.

Ich möchte auch noch kurz meinen Vorredner, Herrn Kollegen Van der Bellen, an­sprechen. Soweit ich weiß, Herr Kollege, sind Sie ja Uni-Beauftragter der Stadt Wien. Ich denke, in dieser Funktion können Sie sich zur Verbesserung der Situation an den Unis auch ab sofort entsprechend positiv einbringen. (Abg. Dr. Van der Bellen: Wien soll ... ausgeben, was der Bund versäumt hat?! Super! Schön wär’s!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 289

Eine zweite Anmerkung hätte ich noch zu machen. Sie haben gesagt, dass ab 2011 den Universitäten 300 Millionen € fehlen. Die Frau Ministerin hat vorhin ausgeführt, dass die Universitäten 2011 80 Millionen € mehr bekommen. Jetzt möchte ich gerne in Erfahrung bringen, wer von Ihnen beiden recht hat. (Abg. Dr. Van der Bellen: Die Mi­nisterin redet von 250 Millionen! Wo sind die?) Aber Sie könnten ja, Herr Kollege, an­schließend noch ein zweites Mal das Wort ergreifen. (Abg. Dr. Lichtenecker: Lesen Sie einfach das Budget! Dann wissen Sie es!)

Angesichts der knappen Redezeit, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, möchte ich nur ganz kurz einige vorhandene Problembereiche ansprechen. Wir wissen, dass wir im internationalen Vergleich zu wenige Studierende haben, dass zweieinhalbmal mehr Kinder von Akademikerfamilien die Universitäten besuchen als Kinder aus bildungsfer­nen Schichten.

Weiters ist auch bekannt, dass es nach wie vor zu geringe Übertrittsquoten von der AHS in den universitären Bereich gibt. Die Lage der Studierenden bessert sich nicht unbedingt, sondern – im Gegenteil! – sie verschlechtert sich merklich.

Ein persönliches Anliegen ist mir auch noch, dass wir möglichst bald eine gemeinsame Ausbildung aller Pädagoginnen und Pädagogen auf universitärem Niveau bekommen.

Ich denke, diese Punkte, die ich vorhin erwähnt habe, sind bereits genug Herausforde­rungen für die nächste Gegenwart und Zukunft.

Sehr positiv sehe ich – die Frau Ministerin hat es angesprochen –, dass die Fachhoch­schulen bereits 2011 10 Millionen € mehr bekommen. Die Fachhochschulen sind in Österreich eine Erfolgsgeschichte. Ich erwähne nur, dass laut einer Studie des IHS, veröffentlicht im „Kurier“ im August dieses Jahres, 95 Prozent aller Absolventen von Fachhochschulen innerhalb von sechs Monaten nach Absolvierung bereits einen Job bekommen haben. Das spricht sehr wohl für die Fachhochschulen.

Ich möchte noch den Wunsch äußern, dass man im Fachhochschulbereich auch in Zu­kunft mehr Augenmerk auf die Ausbildung entsprechender Fachkräfte im Sozial- und Gesundheitssektor legen muss. (Beifall bei der SPÖ.)

18.17


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter List. – Bitte.

 


18.17.58

Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin Karl und Herr Staatssekretär Lopatka – der steirische Beitrag auf der Regierungsbank! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Dilettantismus statt Strategie, Flickwerk ohne Konzepte. – Das ist ein vernichtendes Urteil von Experten zum Sparen von Ministerin Karl im Wissenschaftsressort.

Geschätzte Damen und Herren, das ist ganz einfach erklärt! Im Hochschulbereich ge­hen nämlich die Vorstellungen der Koalition diametral auseinander. Die SPÖ mit ihrer selbsternannten Wissenschaftsministerin Mag. Kuntzl blockiert überall, wo es nur geht.

Die Novelle zum Universitätsgesetz wird auf die lange Bank geschoben. Hier wird längst nicht mehr gearbeitet. Beim Vorhaben, die Studiengebühren wieder einzuführen, bleibt Ministerin Karl ebenfalls im Regen stehen.

Letzten Sonntag wurde das Thema zur Chefsache erklärt. Faymann pfeift seine Lan­deshauptleute zurück. Solange er Kanzler ist, wird es keine Studiengebühren geben. – Damit verweigert der Kanzler den Universitäten sehr viel Geld. (Abg. Mag. Kuzdas: Glauben Sie, was Sie da sagen? Völliger Unsinn!)

Rund 150 Millionen € jährlich fehlen an finanziellen Mitteln, die für den universitären Betrieb dringend gebraucht werden. Diese Mittel fehlen!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 290

Geschätzte Damen und Herren! Dieses sture Verhalten des Kanzlers ist ungeheuerlich und schädigt die Universitäten weiter. Es bestätigt aber leider auch, dass Sie, Frau Bundesministerin, mit der Wiedereinführung der Studiengebühren kläglich gescheitert sind. Die Regierung streitet, während die Universitäten aus allen Nähten platzen. Diese katastrophale Entwicklung haben vorrangig natürlich ÖVP-Minister zu verantworten – in letzter Zeit Sie, Frau Bundesministerin Karl.

Die 100 Tage Schonfrist sind leider längst abgelaufen – und Sie sind mitten im Ge­fecht! Ihr Vorgänger Hahn hat Ihnen ein schlechtes Erbe hinterlassen. Die ÖVP hat be­reits seit Jahren in der Wissenschaftspolitik versagt und sich von diesem Bereich ver­abschiedet.

Geschätzte Damen und Herren! Deshalb sind auch die Proteste und der Hilfeschrei der Rektoren gerechtfertigt. Geschlossen stellen sie nämlich fest: In Österreich fehlen die politischen Bildungsstrategien und weitere 300 Millionen jährlich, um den derzeitigen Standard der Universitäten annähernd zu halten. Jetzt verschlechtern nämlich noch SPÖ und ÖVP mit ihrem Sparpaket die ohnehin schon schlimmen Zustände an den Uni­versitäten dramatisch.

Letzter Aufschrei – morgen, am 22. Dezember, in der „Kronen Zeitung“; ich weiß nicht, ob Sie das schon kennen, Frau Bundesministerin Karl –: In einem Interview warnt der Rektorenchef Hans Sünkel vor den unhaltbaren Zuständen an den Universitäten. Die heimischen Unis stehen kurz vor dem Zusammenbruch, sagt er, und so weiter. Er for­dert rasch Zugangsbeschränkungen. Wir brauchen diese Regelungen, dieses Rahmen­werk bis Ende Jänner! – Das steht morgen in der „Kronen Zeitung“! Und hier tun SPÖ und ÖVP so, als ob gar nichts gewesen wäre im Bereich der Wissenschaftspolitik. Hier ist Feuer am Dach!

Geschätzte Damen und Herren! Eine logische Folge all dessen ist – und das wissen Sie auch, Frau Bundesministerin –, dass viele Forscher und Lehrende von den Univer­sitäten abwandern. Das gilt natürlich auch für die ehemalige Elite-Universität, die TU Graz, an der Sie vor Kurzem etwas eröffnet haben. Hier müssen nämlich nach zehn Jahren Institute geschlossen werden. Die Professoren wandern ab – es reicht ih­nen, es fehlt ihnen an Zukunftsperspektiven. Diese finden sie vor allem in Deutschland. Trotz Wirtschaftskrise sind für ihre wissenschaftlichen Arbeiten beim Nachbarn bes-
sere Rahmenbedingungen vorhanden, und deshalb gehen sie schweren Herzens nach Deutschland.

Frau Bundesministerin, Ihr Sparprogramm demontiert den Forschungsstandort Öster­reich und den internationalen Ruf weiter. Hier haben Sie akuten Handlungsbedarf. Über­nehmen Sie die BZÖ-Forderungen im Wissenschaftsbereich! Diese wurden von unse­rem Wissenschaftssprecher, Mag. Widmann, vor wenigen Minuten wieder und vehe­ment eingefordert. Die Schwerpunkte sind klar: die Sofortmilliarde für den universitären Bereich, für den Hochschulbereich und die Wiedereinführung von Studiengebühren. Nur unsere Maßnahmen, diese Maßnahmen des BZÖ, garantieren, dass die Universi­täten Werkstätten der Zukunft bleiben. Frau Bundesministerin, setzen Sie diese The­men um! (Beifall beim BZÖ.)

18.22


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Plassnik. – Bitte.

 


18.22.45

Abgeordnete Dr. Ursula Plassnik (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich bin froh darüber, dass wir in diesem Land eine sehr kämpferische und entschlossene Ministerin haben, die sich um die Themen Wissenschaft und Forschung kümmert. Das


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 291

sei auch einmal gesagt. Ich sehe das ganz anders als manche meiner Vorredner. (Bei­fall bei der ÖVP.)

Mein Zugang zu diesem Thema ist eher einer von der internationalen Seite. Wir sind uns, glaube ich, in diesem Hohen Haus darüber einig, dass Wissenschaft und For­schung für Österreich ein eminent wichtiger nicht nur Zukunftsfaktor, sondern auch Standortfaktor ist und dass wir hier an die Spitze gehören. Dass die Frau Bundesmi­nisterin hier unter gar nicht leichten Bedingungen hervorragende, sachkompetente Ar­beit leistet, liegt für mich auf der Hand und ist auch anerkannt.

Im Gegensatz zu Kollegem Grünewald finde ich nicht, dass die Bundesregierung es geschafft hat, die Zugangsregelungen und auch die Frage der Studiengebühren zum alleinigen Thema zu machen. Weit gefehlt! Es lässt sich keine Definitionsmacht in die­sem Bereich etablieren. Gott sei Dank ist die Diskussion vielfältig und auch bunt.

Nach meiner Einschätzung werden wir beides brauchen: Wir werden Zugangsrege­lungen brauchen, die klar und zukunftstauglich sind, und wir werden Studiengebüh­ren brauchen.

Herr Kollege Grünewald, das halte ich schon für einen interessanten Gesichtspunkt, und ich verstehe schon, dass es Ihnen vielleicht nicht ganz passt, wie sich das Mei­nungsbild in Österreich diesbezüglich geändert hat. Dieses Meinungsbild kann nicht die Regierung allein, aber die breite Debatte beeinflussen.

Ich persönlich, das sage ich Ihnen ganz ehrlich, war sehr lange eine recht hartnäckige Verfechterin keiner Studiengebühren. Das hat mit meinem persönlichen Hintergrund zu tun. Aber ich habe auch erlebt, was Studiengebührenfreiheit oder freier Hochschulzu­gang, wenn man es jetzt breiter fasst, nicht leisten kann, nämlich mehr soziale Ge­rechtigkeit. Wenn wir uns das anschauen: Die soziale Durchmischung ist interessan­terweise in den Fachhochschulen größer als an den Universitäten. Sie kann auch nicht leisten eine höhere Akademikerquote – das sehen wir auch im internationalen Ver­gleich, wenn wir uns die verschiedenen Modelle anschauen. Und Studiengebührenfrei­heit kann auch eine höhere Qualifikation, Qualität auch in Lehre und Forschung nicht leisten. Also vielleicht ist es ganz einfach an der Zeit, dass wir einmal mit diesen ideo­logischen Schlachtrufen aufhören und uns mit den Fakten beschäftigen. (Beifall bei der ÖVP.)

Denn das, glaube ich, steht hinter den neuesten Meinungsumfragen – Sie kennen sie ja sicherlich auch. OGM hat hier im Laufe des Jahres verschiedene Umfragen ge­macht, und interessanterweise kommt jetzt heraus, dass 70 Prozent der Bevölkerung für Studiengebühren sind, interessanterweise auch eine Mehrheit nicht nur bei den Grünen – da gibt es das schon seit einiger Zeit –, sondern auch bei den SPÖ-Wählern. Und das hat ja offenbar auch seine Auswirkungen in der innerparteilichen Debatte, wenn ich das von außen jetzt einmal so mutmaßen darf.

Wir haben uns mit diesen Themen der Massenuniversität auseinanderzusetzen. Wir haben uns auch damit auseinanderzusetzen – und das macht die Frau Bundesministe­rin in sehr couragierter Weise –, dass es hier zum Teil unzumutbare Studienbedingun­gen für die Studenten gibt. Ich vertraue ihrer Entschlossenheit, ich vertraue ihrer Sach­kompetenz, und ich hoffe, dass wir endlich einmal zu diesen wichtigen und gesell­schaftlich relevanten Themen eine etwas ideologiefernere Diskussion insgesamt führen können. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Kogler: Über eine gemein­same Schule ...!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 292

18.26


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker. – Bitte.

 


18.26.36

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, Frau Kollegin Plassnik, da mögen Sie schon recht haben, dass die Wissenschaftsministerin kämp­ferisch unterwegs ist. Das wird ihr aber nicht viel nützen, wenn sie die Kolleginnen und Kollegen von ÖVP und SPÖ und insbesondere der Vizekanzler und der Bundeskanzler völlig im Stich lassen in dieser Frage, mit einer budgetären Ausstattung, die einfach nicht ausreicht.

Wenn man bedenkt, dass Studienplätze im Ausland, beispielsweise in Deutschland, um ein Vielfaches höher durch die öffentliche Hand finanziert werden als in Österreich, dann ist auch klar, warum diese Plätze in den vielen Rankings als Standort diesbezüglich vor­ne sind. In Deutschland kostet ein Studienplatz 26 000 €, an der Uni Wien werden ge­rade einmal 2 900 € investiert. (Abg. Mag. Widmann: Wo sind die Studiengebühren?) Das sind ja Riesenunterschiede, die können mit Schönreden hier nicht wettgemacht wer­den!

Natürlich sind es die Versäumnisse der letzten Jahre. Wenn Sie zu Beginn 4 Prozent Forschungsquote ins Regierungsprogramm geschrieben haben und das dann schon revidieren auf 3,76 Prozent, dann ist natürlich die Frage, wie man das erreicht. Ich kann Ihnen versichern: Mit diesen Budgets, wie Sie sie jetzt vorgelegt haben, sicher nicht!

Selbst der Rat für Forschung und Technologieentwicklung, wo auch Sie, Frau Minis­terin, Ihre Expertinnen und Experten hineingeschickt haben, betont, dass es jährlich um 6,6 Prozent mehr an Mitteln braucht. Und davon sind diese Sparbudgets dieser Re­gierung weit entfernt!

Letztendlich ist das, was Sie jetzt machen, dort bremsen, wo es einen Turbo braucht. Mein Kollege Van der Bellen hat es schon angesprochen: Was heißt denn das in den nächsten vier Jahren? Es ist schwarz auf weiß am Tisch, dass die Budgetanteile für Wissenschaft und Forschung sinken werden, nämlich von 5,3 Prozent auf 5,1 Prozent. Und dann wollen Sie hier herinnen von Steigerungen reden? Da machen Sie sich doch selbst lächerlich!

Und wenn Sie von der öffentlichen Meinung reden: Schauen Sie sich doch auch an, was denn die öffentliche Meinung der Opinion Leaders in diesem Land ist! Eine aktuel­le „market“-Umfrage zeigt, dass der überwiegende Anteil, nämlich an die 63 Prozent der Befragten, davon überzeugt ist, dass in Österreich viel zu wenig in die Grundlagen­forschung investiert wird. Diese Defizite wettzumachen wird schwierig werden, aber es muss angegangen werden.

Einige Beispiele zeigen ja, dass es falsch läuft im Budget, auch wenn Sie es heute ver­suchen schönzureden. Da ist beispielsweise das Auslaufen der Vorziehprofessuren, das für die Universitäten bis 2014 einen Verlust von 44 Millionen bedeuten wird, und da sind natürlich auch die Einsparungen bei den internationalen Forschungskooperatio­nen – ein Minus von 42 Prozent! –, wo doch vollkommen klar ist, dass genau dieser Be­reich wichtig ist.

Frau Ministerin, klar ist, dass Sie mit diesem Budget nicht wirklich weiterkommen wer­den, was die großen Ziele angeht, aber das Problem ist: Es geht zulasten der nächsten Generationen, es geht zulasten der jungen Menschen. Deshalb ist es uns wichtig, dass als erster Schritt drei wichtige Forderungen erfüllt werden: erstens ein klarer Maßnah­menplan, wie wir zu den 2 Prozent Bildungsausgaben im tertiären Sektor kommen, und das bis 2015, das bedeutet ein flottes Voranschreiten, denn wir brauchen die besten Köpfe, wir brauchen zweitens ein Forschungsfinanzierungsgesetz, um hier die Verbind­lichkeiten festzulegen, und wir brauchen drittens die Sicherung des akademischen Nach­wuchses an den Universitäten und die Investitionen in die Grundlagenforschung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 293

Meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP, Sie werden an den Zukunftsinvestitio­nen gemessen werden, und das, seien Sie sich dessen bewusst, ist im Moment viel zu wenig. (Beifall bei den Grünen.)

18.31


Präsident Fritz Neugebauer: Frau Abgeordnete Hakel ist als Nächste zu Wort ge­meldet. – Bitte.

 


18.31.26

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Das Thema Wissenschaft ist eines, das in den letzten Monaten öffentlich sehr stark debattiert wur­de, und es ist kein Geheimnis, dass SPÖ und ÖVP hier viele konträre Standpunkte ha­ben. Als Sozialdemokratin wünsche ich mir Möglichkeiten auf eine qualitativ hochwerti­ge Bildung und vor allem einen barrierefreien Zugang zu allen Studienrichtungen. Das ist kein Widerspruch, sondern vielmehr eine Frage des politischen Willens, und gerade dieser ist für mich nicht immer ersichtlich.

Die Probleme an den Universitäten haben nichts mit Studiengebühren zu tun. Es ist ein trauriges Faktum, dass sich trotz der 80 Millionen € an Offensivmitteln die Ausga­ben für diesen so wichtigen Bereich gemessen am BIP wieder weg vom 2-Prozent-Ziel bewegen und sich dem Stand von 2005 annähern. Und hört man dann auch noch den ÖVP-Dauersager, den man schon gar nicht mehr hören kann: Keine Schulden auf dem Rücken unserer Kinder!, stellt sich mir schon auch die Frage, ob das, was hier ein­gespart wird, nicht doch besser in die Zukunft investiert wäre, würde man diesen Kin­dern eine adäquate Ausbildungsmöglichkeit bieten, eine Ausbildung, die Österreich auch in den nächsten Jahrzehnten wettbewerbsfähig machen würde. Denn alles Spa­ren hat heute keinen Sinn, wenn man das Geld morgen so oder so wieder für Kon­junkturmaßnahmen ausgeben muss, da das tertiäre Bildungssystem von gestern nicht mit den Ansprüchen der heutigen Gesellschaft und der Ökonomie mithalten kann.

Ein Letztes noch – jetzt ist leider Herr Abgeordneter Grillitsch nicht da; er hat sich das auch so sehr gewünscht –: Wenn das Bundesministerium nicht ums Sparen herum­kommt, aus welchem Grund auch immer, dann sollte zumindest sinnvoll gespart wer­den. Wenn ich an die ungewisse Finanzierung des Universitätszentrums Rottenmann denke: Das ist zum Beispiel etwas, wo ich nicht sparen würde, bei einem Zentrum, das ausgezeichnet in die regionalen Förderungspläne passt und dem Anliegen der Auffä­cherung der Studienabsolventinnen und -absolventen entspricht. Dieses Zentrum wird dem Sparstift zum Opfer fallen. Das ist ein Vorhaben, das Sie, Frau Ministerin, mir und vielen anderen Menschen im Bezirk Liezen auch einmal sinnerfüllend erklären müssen, denn das ist bis dato noch nicht passiert. (Beifall bei der SPÖ.)

18.33


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. – Bitte.

 


18.33.59

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Schlechtreden tun wir die Unis sicher nicht, das ist weder unsere Absicht noch notwendig. Es geht den Unis aber schlecht. Und wenn wir uns überlegen, was von diesem Hochschuldialog, der im vergangenen Jahr stattgefunden hat, übrig geblieben ist – wenn überhaupt! –, dann war es die einhellige Meinung, es fehlt vorne und hinten an Geldern, um eine positive Entwicklung zu ermöglichen.

Und das war nicht nur die Meinung der Betroffenen an den Universitäten, also der Hochschulprofessoren, die dann ausgestiegen sind, der Studierenden, die auch ausge­stiegen sind, und des Mittelbaus, sondern in diesen Dialog eingebunden waren ja auch die Arbeiterkammer, Gewerkschafter, die Industriellenvereinigung, die Wirtschaftskam­mer, die Parteien. Es gibt also, glaube ich, einen Konsens in diesem einen Punkt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 294

Bei den Studiengebühren und bei den Zulassungsbeschränkungen hat es keinen Kon­sens gegeben, im Gegenteil. Da gab es eher eine ablehnende Haltung: Das wollen wir dahingestellt lassen. Und dennoch halten Sie gerade an diesen beiden Punkten fest, und – es ist heute schon einige Male angedeutet worden – ich sehe das auch deutlich als eine Ablenkungsstrategie. Denn das, worüber Sie dann in der Öffentlichkeit trefflich streiten, verdeckt natürlich auch die Sicht auf den wunden Punkt, auf die Probleme, die es gibt.

Und eines dieser Probleme ist ganz eindeutig die Sturheit der Bundesregierung, die einfach nicht machen möchte, was dringend notwendig ist, nämlich die Entwicklungen zu forcieren. Sie bremst dort, wo eigentlich finanziert werden soll, und damit macht sie genau das, was wir alle fordern, nicht, nämlich mehr Geld dort zu investieren, wo es notwendig ist.

Jetzt komme ich auf einen kleinen Taschenspielertrick, der mir aufgefallen ist, der un­abhängig von der „Großwetterlage“ ist, die Kollege Van der Bellen erklärt hat, dass die­se 80 Millionen € gar nicht stimmen; es geht eher so um die kleine „Wetterlage“.

Schauen wir uns die 80 Millionen €, die für die Unis angeblich mehr da sind, genauer an. – Von den 80 Millionen € wollen Sie 26 Millionen € gar nicht ausgeben. Die halten Sie zurück, die schütten Sie dann irgendwann einmal im Jahr 2013, vielleicht als Wahl­zuckerl, noch einmal aus. Sie verkaufen also diese 26 Millionen €, die Sie jetzt zurück­halten, ein zweites Mal.

Bleiben aber noch 54 Millionen € übrig. Sie haben uns erklärt, wie Sie die ausgeben wollen, nämlich davon einmal 10 Millionen € an die Fachhochschulen. Das ist sicher sehr gut, nützt aber den Unis zunächst nicht. Bleiben 44 Millionen € übrig. Und ich ha­be Sie im Ausschuss schon gefragt: Wie ist das eigentlich mit diesen 35 Millionen €, die Ihr Vorgänger, der ehemalige Minister Hahn, in seiner Not den Universitäten vor genau einem Jahr zugestanden hat? Damals haben ja die Unis gebrannt – und sie brennen immer noch. Und diese 35 Millionen € müssen ja zu den budgetierten Zahlen vom Jahr 2010 als Erfolg des Jahres 2010 hinzugezählt werden, es müssen also 35 Millionen € mehr sein – sonst sind es ja keine 35 Millionen € mehr, die er gegeben hat, sondern es ist nur eine Verschiebung des Budgets.

Wenn wir aber 35 Millionen € mehr haben im Jahr 2010 für Ausgaben, die kontinuier­lich fortgesetzt werden, und das ist tatsächlich der Fall, weil vor allen Dingen in die Lehre investiert wurde, also Professuren zusätzlich dazugekommen sind, dann muss man das jetzt auch fortsetzen. Das heißt, wir müssen das von den 44 Millionen € ab­ziehen – bleiben 9 Millionen € übrig, und die geben Sie jetzt vielfach aus – Sie haben es aufgezählt –: für Overhead, für eine Verbesserung der Studienbedingungen und für die Eingliederung der außeruniversitären Institute.

Die 12 Millionen €, die Sie dafür veranschlagt haben, sind ja auch kein frisches Geld, denn die nehmen Sie ja vorher den außeruniversitären Instituten weg, damit Sie es ihnen dann wieder zurückgeben – ähnlich, wie Kollege Van der Bellen das auch gesagt hat –, und teilweise auch nicht den Universitäten, sondern der Akademie der Wissen­schaften. Das ist sicher gut, wenn die das bekommt, aber es wird vorne und hinten mit Taschenspielertricks gearbeitet. Frustrierend, dass wir über 80 Millionen € überhaupt diskutieren müssen, aber jämmerlich, dass es nicht einmal die sind! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 295

18.38


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte.

 


18.38.19

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Frau Bundesminister! Meine Vorrednerin Ursula Plassnik und viele andere haben ja schon darauf hingewiesen, dass der freie Hochschulzugang die von vielen von uns in ihn gesetzten Erwartungen über die letzten Jahrzehnte nicht erfüllt hat, und ich appelliere an uns, an Sie alle, dass wir gemeinsam im Wissen dessen das Beste für unsere Universitäten tun.

Wir wissen, dass das nächste Jahr für unsere Universitäten besonders schwierig wer­den wird. In etlichen Ländern Deutschlands wird die Schulzeit von neun auf acht Jahre verkürzt, gleichzeitig wird die Wehrpflicht ausgesetzt. Selbst wenn wir den Geldsack über die Universitäten ausschütten würden, wären diese nicht dazu in der Lage, einen völlig ungebremsten Zulauf von Studenten aus einem Land, das zehn Mal größer ist als Österreich zu verkraften und die Ausstattung mit Labors, mit gut ausgebildetem Per­sonal, mit Räumlichkeiten aus dem Stand zu bewältigen.

Deswegen mein dringender Appell: Überfordern wir gerade im kommenden Jahr unse­re Universitäten nicht auf eine Art und Weise, die sie nicht einmal mit allem Geld der Welt bewältigen können! Schaffen wir gemeinsam Rahmenbedingungen, die es den Uni­versitäten ermöglichen, tatsächlich die Aufgabe einer guten Ausbildung, einer exzellen­ten Forschung zu erfüllen!

Darum bitte ich wirklich inständig, weil ich keine Möglichkeit sehe, allein mit Geld die Zustände zu verbessern, geschweige denn wirklich gutzumachen.

Bei der Einführung der Studienbeiträge mögen viele von Ihnen ganz offensichtlich den Eindruck gehabt haben, wir wollen jetzt von Studenten Geld abkassieren oder es gehe darum, irgendjemanden dafür zu bestrafen, dass ohnehin mehr Menschen aus höhe­ren sozialen Schichten studieren dürfen. Dem ist nicht so. Das, was wir schaffen woll­ten und auch geschafft haben, war eine Ex-ante-Planbarkeit für die Universitäten, die auch ganz besonders wichtig ist.

Man kann nicht Studierende, die vielleicht gar nicht wirklich studieren wollen – auch die gibt es! (Abg. Dr. Pirklhuber: Es gibt auch Professoren, die nicht ... wollen!) –, einfach inskribieren lassen, die Unis mit den Inskribierten alleine lassen, sie aufgrund dieser völlig falschen Datenlage alles planen lassen und im Nachhinein draufkommen, dass nur 80 oder nur 70 Prozent von diesen Studenten eine Prüfung gemacht haben.

Wir müssen das andersherum schaffen. Wir müssen vorher wissen: Wer will wirklich studieren?, und für diejenigen Studierenden die besten Rahmenbedingungen schaffen. (Beifall des Abg. Amon.)

Das ist in Zukunft umso wichtiger, als wir gerade im Bereich von Forschung und Inno­vation auf eine verstärkte Zusammenarbeit auch zwischen den Universitäten und unse­ren Unternehmen bauen. Neben der finanziellen Mehrförderung bei der Forschungs­prämie und der finanziellen Aufstockung der FFG müssen wir verstärkt auf die Ko­operation zwischen Hochschulen und Wirtschaft setzen. Gerade für unsere KMU, die unsere Innovationskraft ausmachen, stellen wir für neue Forschungsprojekte mehr Geld in der FFG zur Verfügung – und auch sie sollen an eine Zusammenarbeit mit den Hoch­schulen hingeführt werden. Das ist nur mit besserer Planbarkeit auf den Universitäten überhaupt vorstellbar und möglich. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.41


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. – Bitt


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 296

e.

 


18.42.01

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Man muss zu den Studiengebühren schon eines sagen – und das ist im Rahmen dieser Debatte ganz wichtig –, nämlich dass da­mals, bevor die Studiengebühren eingeführt wurden, im Jahre 2001 noch das Budget für das Wissenschaftsministerium um fast genau diesen Betrag gekürzt wurde. Dann hat man sie eingeführt, und das war dann gedeckelt. Und als die Mehrheit dieses Hau­ses sie abgeschafft hat, hat man auch dafür gesorgt, dass genau die Mittel, die jetzt den Universitäten fehlen, aus dem Budget zufließen.

Also, diese Mittel fehlen nicht und können daher auch nicht als Steuerungsinstrument eingesetzt werden. Sie sind einfach auch ein sozialer Beitrag. Sie führen dazu, dass diese Bildungshürden nicht bestehen, die wir damit aus dem Weg geschafft haben. Es tut mir an und für sich leid. Ich schätze die Ministerin sehr – das ist nicht nur so dahin­gesagt! –, weil sie wirklich engagiert für ihre Anliegen eintritt und eine derjenigen ist, die sagt – und da würde ich bitten, dass sie alle diejenigen, die sie so sehr loben, auch dort unterstützen –, es ist wichtig und entscheidend, dass wir die Basis für die tertiäre Bildung, nämlich eine gemeinsame Ausbildung unserer kommenden Generation, schaf­fen, und ganz vehement die für eine gemeinsame Schule eintritt, weil sie ganz genau weiß warum.

Umso mehr würde ich ganz gerne sagen: Ja, suchen wir doch einen Weg! Aber für uns Sozialdemokraten ist dieser eingeschlagene Weg so wichtig und so entscheidend, dass wir – wie ich glaube – andere Lösungen suchen müssen, um aus dieser Situation herauszukommen.

Wichtig ist mir in diesem Zusammenhang auch der Bereich der neuen Lehrerausbil­dung, wo Sie mit eine entscheidende Rolle spielen. Es sind sich eigentlich alle einig: Die neue LehrerInnenausbildung soll auf universitärem Niveau, auf tertiärem Niveau geschehen. Sie wissen, es gibt jetzt drei Möglichkeiten. Es kann nicht allein die Päda­gogische Hochschule sein, es kann nicht allein die Universität sein. Es gibt also eine Clustermöglichkeit, eine Zusammenarbeit zwischen Pädagogischen Hochschulen und Universitäten. Es gibt die Möglichkeit, Fakultäten an den Universitäten oder auch eige­ne Pädagogische Hochschulen zu bilden, was aus meiner persönlichen Sicht – das sa­ge ich dazu – das einzig Richtige wäre.

Nach den ganzen Problemen, die wir jetzt im Zusammenhang mit den Universitäten diskutiert haben, wäre es gut und richtig, bei der neuen Lehrerausbildung ein klares Sig­nal zu setzen: Wir wollen den Schwerpunkt auf eine neue LehrerInnenausbildung set­zen und werden dort die besten Kräfte bündeln und eine gute Kombination zwischen einer Praxisausbildung, zwischen einer pädagogischen und didaktischen Ausbildung und einer sehr fachwissenschaftlichen Ausbildung finden! Ich glaube, das wäre wichtig. Da werden Sie ganz besonders gefordert sein.

Ich bitte Sie, auch dabei sehr engagiert – wie Sie es bisher gemacht haben – die Unter­richtsministerin zu unterstützen, denn wir brauchen die neue LehrerInnenausbildung in der Bildungspolitik so dringend wie einen Bissen Brot. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.45


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Mayer. – Bitte.

 


18.45.25

Abgeordneter Peter Mayer (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ein Budget sanieren heißt auch sparen, aber nicht bei Wissenschaft und Forschung. Ich glaube, da sind sich alle Rednerinnen und Redner bei dieser Themengruppe einig. Man muss festhalten: Wir wollen in Österreich die besten Uni-Standorte, wir wollen die besten Lehrenden an den Unis und in der For­


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schung, und wir wollen auch die besten Studenten. (Abg. Mag. Widmann: Das wollen wir alle!)

Das ist der Punkt, auf den ich näher eingehen möchte. Wir haben in Österreich die Si­tuation, dass wir sehr viele Studienbeginner, aber wenige Absolventen, die das Stu­dium auch tatsächlich abschließen, haben. Das bedeutet hohe Kosten pro Absolvent. Dem müssen wir gegensteuern.

In meiner unmittelbaren Nachbarschaft gibt es eine Familie. Der Vater ist Autolackierer, Alleinverdiener, sie haben vier Kinder. Alle haben das Glück zu studieren. Ich kenne die Familie sehr gut. Wir musizieren gemeinsam im Musikverein. Ich habe sie gefragt: Wie seht ihr das? Sind Studiengebühren ein Problem? Sind Zugangsbeschränkungen in Form von Aufnahmeprüfungen ein Problem? Was sagt ihr dazu? Sie sagen dazu: Das ist kein Problem! Wenn Studiengebühren sozial gerecht gestaffelt sind, dann ha­ben wir natürlich auch eine Chance! Es ist uns ein Anliegen – das haben sie wortwört­lich gesagt –, dass bei den Studenten die Spreu vom Weizen getrennt wird, speziell in den Massenfächern! – Sie halten nichts davon, wenn es eine hohe Anzahl von Stu­denten gibt, die umherhopsen, von einem Studienfach ins andere, ewig brauchen und eigentlich nicht wissen, was sie am Ende des Tages machen wollen.

Da geht es einmal mehr darum, dass wir Instrumente wirksam einsetzen, um den Zu­gang speziell bei den Massenfächern zu regeln. Kollege Widmann hat das schon ange­sprochen: Die deutsche Welle steht ja an. Da müssen wir gegensteuern und dement­sprechende Instrumente finden.

Ich finde es positiv, dass es im universitären Bereich Offensivmaßnahmen im Ausmaß von 80 Millionen € gibt. Man kann natürlich über die Höhe streiten. Man hat schon an­dere Beträge gehört, etwa von einer Uni-Milliarde, die in diesem Bereich gewünscht wird. Ich möchte aber doch eines anmerken: Die Budgethöhe sagt noch lange nichts über die Qualität aus. Dazu gibt es ein aktuelles Beispiel in der Fußballbundesliga. Da hat der Verein mit dem kleinsten Budget die Herbstmeisterschaft gewonnen. Das war der SV Ried. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP. – Abg. Kopf: Ehre, wem Ehre ge­bührt!) Ich weiß, der Vergleich hinkt vielleicht ein bisschen, aber ich sage es so gerne, da es mein Heimatverein ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte noch auf das Erfolgsmodell der Fachhochschulen eingehen. Da gibt es ei­ne hohe Anzahl an Absolventen, die in der Mindestzeit fertig werden. Die Absolventen haben dann sofort einen Platz am Arbeitsmarkt, und es gibt, wie schon mehrmals er­wähnt, eine gute soziale Durchmischung – trotz Studiengebühren. Das soll hier auch mehrfach hervorgehoben werden.

Mich hat es gefreut, dass die SPÖ-Landeshauptleute in puncto Studiengebühren schon etwas zugänglicher geworden sind. Die SPÖ-Granden haben aber dann wieder den Rückmarsch bei diesem Thema angetreten. Sie haben Angst, bei dem Hauptthema der SPÖ – ein Nein zu Studiengebühren – umzufallen. Aber haben Sie keine Angst, umzu­fallen, wir werden Sie auffangen! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.48


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. – Bitte.

 


18.48.51

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Ich habe manchmal den Eindruck, die Studiengebührendebat­te, die immer wieder sozusagen gestreut wird, dient dazu, um von den Problemen, die wir an den Universitäten haben, etwas abzulenken.

Ich sehe die Geschichte schon sehr sachlich, ich bemühe mich. Aber wir haben einfach das Problem, dass sehr viele Maturanten, die nach der Matura keinen Beruf finden, sich


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einfach entscheiden, an die Universitäten zu gehen, und dort manchmal etwas planlos und ratlos unterwegs sind. Das ist schon richtig.

Es gibt natürlich eine zweite Sache. Jeder in Österreich weiß, dass in den nächsten Jahren rund 50 Prozent der Lehrer pensionsreif sein werden. Das steigert natürlich das Interesse, gerade diese Fächer zu studieren, weil man auch eine Chance sieht, fertig­zuwerden. Mein Eindruck ist: An den Universitäten weiß man das nicht und reagiert auf diese Entwicklung nicht. Ich sehe wirklich eine Gefahr, dass es zu wenig Lehrer geben wird, weil die Universitäten ihr Programm routinemäßig weiterfahren.

Ich bin sehr froh darüber, dass für die außeruniversitären Einrichtungen eine Lösung gefunden wird, Frau Bundesministerin! Wenn welche dabei sind, die nicht förderungs­würdig sind, dann muss man hier die Konsequenzen ziehen, das ist keine Frage! Im Grunde genommen ist es, wie ich meine, schon sehr wichtig, sehr tolle Einrichtungen, die zum Teil seinerzeit an den Universitäten nicht gewünscht waren, weil die Profes­soren, die dort entschieden haben, das nicht wollten, oder die zum Teil gegründet wur­den, weil die Forscher vom Ministerium selbst animiert wurden, außeruniversitär tätig zu werden und sich so finanzieren zu lassen, nicht einfach sozusagen zu killen. Wenn es hier eine Lösung gibt, dann ist es sehr gut auch für den Forschungsstandort Öster­reich. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.50


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ablinger. – Bitte.

 


18.50.58

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, Sie haben am Ende Ihres State­ments gesagt: Man soll die Universitäten und die Leistungen, die dort erbracht werden, nicht schlechtreden. – Da haben Sie vollkommen recht. Aber dann verstehe ich nicht, warum Sie mit Ihrer Diskussion über Zugangsbeschränkungen alles daran setzen, we­niger Studierende an die Unis zu kriegen und die Studierenden von dort zu vertreiben, denn unbenommen ist ... (Abg. Mag. Molterer: Weil Sie gegen die Studiengebühren sind, ganz einfach! Das ist eine Folge Ihrer Politik!) – Also: Wir sind gegen Studienge­bühren, und Sie vertreiben die Studenten. Das ist irgendwie eine interessante Logik, finde ich. (Abg. Mag. Molterer: Nein, nein! Sie haben eine andere Frage gestellt! Sie haben die Frage gestellt, warum es die Zugangsbeschränkungen gibt, die übrigens der Faymann auch begrüßt! Weil Sie Studiengebühren ablehnen!) – Ja, das stimmt!

Ich kann Ihnen auch sagen, warum wir sie ablehnen. Im ersten Jahr der Einführung der Studiengebühren haben wir sofort 15 Prozent weniger Erstinskribenten gehabt. Kolle­gin Hakl hat das in salbungsvolle Worte gekleidet: Die soziale Durchmischung auf den Universitäten ist nicht gelungen. 40 Jahre freier Hochschulzugang: Die soziale Durch­mischung ist nicht gelungen!

Ihre Antwort darauf ist: Jetzt machen wir alles zu! Wir erhöhen die Barrieren, wir ma­chen es noch viel schwieriger, auf die Universitäten zu kommen. Denn es ist ganz klar: Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen werden dazu führen, dass weniger Stu­dierende an die Universitäten kommen.

Unser Problem ist aber nicht nur, dass wir zu wenig Maturantinnen und Maturanten oder zu wenig Akademikerinnen und Akademiker haben, sondern das Problem ist auch, dass wir ein hoch selektives Schulsystem haben, das – und das sagen alle – viel zu früh se­lektiert, und dass wir noch immer viel zu wenig in der Frühförderung tun.

Ich nenne nur ein Beispiel aus der PISA-Studie. Da gibt es Zahlen, wonach die besten 20 Prozent der dritten Leistungsgruppe in einer Hauptschule in ihren Leistungen den schlechtesten 20 Prozent einer AHS entsprechen. Das Ergebnis ist aber: Die AHS-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 299

Schüler oder -Schülerinnen schaffen es zu einem größeren Teil an die Universitäten, schaffen es bis zur Matura und zu einem Studium. Die Schüler in der dritten Leistungs-gruppe der Hauptschule schaffen es manchmal nicht einmal, einen Lehrplatz zu be­kommen. (Zwischenruf des Abg. Ing. Schultes.) Das heißt, das ist das Ergebnis unse­res selektiven Schulsystems.

Wenn Sie dann sagen: Die soziale Durchmischung haben wir nicht geschafft, dann lassen wir es und führen wir Zugangsbeschränkungen und Studiengebühren ein, denn ohne finanziellen Beitrag geht es nicht!, und die Antwort ist: Wenn wir kein Geld krie­gen, dann müssen es die Studierenden selber zahlen!, so finde ich das – mit Verlaub – ein bisschen keck.

Die Universitäten brauchen mehr Geld, aber wir wissen ganz genau, dass dieses rei­che Land auch andere Möglichkeiten hätte, Gelder zur Verfügung zu stellen. Wir bräuch­ten nur eine gerechtere Besteuerung von Vermögen in diesem Land, und wir hätten so­fort eine bessere Lösung (Beifall bei der SPÖ – Abg. Amon: Geh, bitte!), und wir hät­ten sofort die Möglichkeit, mehr Studierende an die Universitäten zu bekommen! – Dan­ke. (Abg. Mag. Molterer: Da klatscht nicht einmal der Otto Pendl! Das verstehe ich!)

18.54


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen zum Kapitel Wissenschaft und Forschung liegen nicht mehr vor.

Damit ist dieser Themenbereich erledigt.

18.54.06Rubrik 4 (Wirtschaft, Infrastruktur und Umwelt)

18.54.07UG 34: Verkehr, Innovation und Technologie (Forschung)

UG 41: Verkehr, Innovation und Technologie

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zur Beratung kommt die Rubrik 4: Wirtschaft, Infra­struktur, Umwelt, mit den Untergliederungen 34 und 41, weiters 25, 33 und 40 sowie 42 und 43.

Zur Beratung kommen zunächst die Untergliederungen 34: Verkehr, Innovation und Technologie (Forschung), sowie 41: Verkehr, Innovation und Technologie.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek. – Bitte.

 


18.54.39

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Meine Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ich beginne wieder mit einem Antrag.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Deimek, Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Bau des Linzer Westrings im Zuge einer Infrastrukturgesamtstrategie für Öster­reich

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert,

1. umgehend eine umfassende österreichische Infrastrukturgesamtstrategie mit einem Planungshorizont 2030 erarbeiten zu lassen und für die darin enthaltenen Vorhaben ei­nen verbindlichen Zeit- und Finanzierungsplan für die Umsetzung festzulegen;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 300

2. für alle Infrastrukturvorhaben mit den jeweils betroffenen Bundesländern verbindli­che Verträge über Zeitpunkt und Finanzierung dieser Vorhaben abzuschließen, und

3. speziell das im Bundesland Oberösterreich vorgesehene Projekt der A 26 mit 4. Lin­zer Donaubrücke umgehend zu verwirklichen.“

*****

Warum bringe ich diesen Antrag ein? – Nicht weil wir glauben, dass heute die Abge­ordneten von ÖVP und SPÖ das Ganze positiv durchwinken würden, sondern wieder einmal zur Erinnerung deswegen, weil wir anhand des Linzer Westrings ganz genau sehen, wie die Geschichte läuft: Der Bund verspricht – manchmal zu Recht, manchmal zu Unrecht –, und manchmal sind die Länder halt unfähig, diese Vereinbarungen dann wirklich schriftlich abzuschließen oder dingfest zu machen, wie es ein Rechtsanwalt ma­chen würde.

Der sogenannte Oberschmäh unseres Herrn Landeshauptmanns Pühringer, den er zu­letzt anlässlich des letzten Treffens von sich gegeben hat, ist: Na ja, wenn jetzt diese Durchrechnung und die kommenden Verhandlungen wieder nichts bringen, dann hat er ja noch das Notmittel eines Antrags im Nationalrat. – Ich glaube, der Herr Landes­hauptmann war jetzt schon länger nicht mehr in Wien, denn er sollte eigentlich wissen, wie die Koalitionsvereinbarung zwischen ÖVP und SPÖ ausschaut. Das schauen wir uns an!

Ich glaube, wenn der Westring nicht kommt, haben nicht nur die Oberösterreicher ei­nen gewaltigen Schaden, da werden auch der Herr Landeshauptmann und der Herr Hiesl ein bisschen einen Schaden davontragen. Aber bitte, sei’s drum.

Kommen wir zum Verkehrsthema, zu den Straßen und zu den Autos als Erstes. Unser Motto ist – ich glaube, das ist hinreichend bekannt –: Freie Fahrt für freie Bürger! (Abg. Dr. Moser: Ganz wurscht wie schnell!) Ich weiß schon, da hat man bei den Grünen ab und zu Probleme. Die Frau Moser ist ja pünktlich gekommen! Richtig! Danke, dass Sie mir lauschen.

Schauen wir uns ein paar Sachen an, die Sie vielleicht interessieren könnten, zum Bei­spiel NoVA und MÖSt (Abg. Dr. Moser: Ganz richtig!), wo der Bund mit den ganzen sechs Cent pro Liter, die wir haben, eine Scheinökologisierung betreibt.

Wissen Sie, wir kommen schön langsam dorthin, wo die Grünen immer hinwollten, wenn sie zum Beispiel höhere Treibstoffpreise oder sonstige Sachen, Mauten et cetera gefordert haben. Die Grünen haben uns immer versprochen, wenn das umgesetzt wird, dann werde der Individualverkehr um so viel weniger. Jetzt sind wir dort angekommen, und der Individualverkehr ist nicht weniger geworden, er ist eigentlich mehr geworden. (Abg. Mag. Kogler: Sie haben ja keine Ahnung!) – Richtig, der Herr Kogler sagt das, er ist der Einzige ... (Weiterer Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.) Wissen Sie, ich kann in 10 Minuten das sagen, was Sie in 13 Stunden sagen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Widmann: Eine Fahrradspur beim Westring!) Es ist einfach inhaltsleer, was Sie dauernd bringen.

Was bringen die Mehreinnahmen wirklich? – Man kann ja einmal evaluieren, wie viel CO2 das wirklich einspart, man kann alles andere auch evaluieren. Wir sagen: Machen wir lieber eine Zweckbindung, denn dann haben wir ordentlich etwas davon!

Vielleicht noch ein Wort zu den Grünen: Ihr sagt ja lieber: Freie Fahrt für freie Radler! – Ich halte das wirklich für eine gefährliche Drohung. (Abg. Dr. Moser: Lebensgefähr­lich!) Die Burschen auf den Fahrrädern haben keine Kennzeichen, sie haben keine Versicherung (Abg. Mag. Widmann: Sie zahlen keine Steuer!), sie betreiben laufend


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 301

Gesetzesübertretungen, verstoßen gegen die Straßenverkehrsordnung, obwohl sie ei­gentlich ohnehin privilegiert sind. Laufend werden irgendwelche Fahrerfluchten in den Zeitungen dokumentiert, trotz schwerster Unfälle.

Also bitte: Das könnt ihr euch irgendwo „einkasteln“! Wir wollen den Straßenverkehr mit Autos und Motorrädern, aber nicht unbedingt mit Fahrrädern. (Beifall bei der FPÖ.)

Auch noch ein Wort zur Pendlerpauschale. Da richte ich wirklich mein Ersuchen an die SPÖ, darüber einmal nachzudenken: Eine Pendlerpauschale bringt Kleinverdienern und atypisch Beschäftigten überhaupt nichts.

Mein großes Anliegen an die Frau Bundesminister wäre die Erstellung eines Infrastruk­tur- und Verkehrsplans im Gesamtzusammenhang. Denken wir zurück: Der letzte wur­de im Jahr 2002 von der Frau Forstinger erstellt. (Abg. Dr. Moser: Ja, unter Ihrer Kolle­gin Forstinger!) Richtig, der wurde auch von Gorbach nachgebetet! Und jemand ande­rer hat noch keinen gemacht. Auch die Grünen haben nicht einmal ein Papierl dazu zu­sammengebracht. (Abg. Dr. Moser: Und der hat uns das alles eingebrockt! Und das war fürchterlich!)

Das, was in diesem Zusammenhang auch wichtig wäre, wären neben dem Straßenver­kehr natürlich die ÖBB. Warum? – Nicht weil das irgendeine Firma ist, bezüglich der Kol­lege Maier von der ÖVP immer wieder nur über die Schulden spricht, sondern weil da auch forstwirtschaftlich – Entschuldigung! –, volkswirtschaftlich jede Menge drinnen ist. Man kommt immer ganz leicht, wenn man auf die ÖVP-Seite schaut, zur Forstwirtschaft! In dem Fall ist es aber die Volkswirtschaft.

Warum? Es sind natürlich nicht nur 45 000 Eisenbahner, die wirklich ordentlich arbei­ten und die es sich nicht verdienen, bei jeder Verkehrsdiskussion in den Dreck gezo­gen zu werden – nicht einmal von der ÖVP! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

Es geht vielmehr darum, dass wir es bei den ÖBB nicht nur mit dem operativen, son­dern auch mit dem Infrastrukturbereich zu tun haben, und dort kommt auf uns langsam, aber sicher ein Berg der Finanzierung zu, von dem man früher gesagt hat, dass das eine Zwischenfinanzierung ist, aber in der Zwischenzeit ist es keine mehr; und die Hö­he dieses Berges ist nicht klein. Wir sollten den ÖBB ein Schicksal wie das der AUA er­sparen, bei der man zuerst immer gesagt hat, es gibt nichts Wichtigeres als die rote Heckflosse, und am Schluss war sie verkauft. Die DB Schenker warten nur darauf, dass sie die ÖBB schlucken können.

Frau Bundesminister, bitte schauen Sie darauf, dass die Schulden tatsächlich abge­baut werden, dass auch entsprechend die Zinsen bezahlt werden und dass in diesem Bereich eine Sanierung kommt! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.01


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag wird mit behan­delt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten DI Deimek, Podgorschek und weiterer Abgeordneter betreffend Bau des Linzer Westringes im Zuge einer Infrastrukturgesamtstrategie für Österreich

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung 41 – Verkehr, Innovation und Technologie, in der 91. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 21. Dezember 2010


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 302

Der Bau des Linzer Westrings wird mittlerweile seit 40 Jahren wird diskutiert. Mit der A 26 und dem Bau des Westrings samt 4. Donaubrücke, einem hochkomplexen Projekt im städtischen Bereich, würden rund 45.000 Menschen, die täglich in den Zentralraum von Linz zum Arbeitsplatz stauen, massiv entlastet werden. Vor kurzem wurde jedoch von Bundesministerin Bures bekanntgegeben, dass das bereits sehr weit gediehene Westring-Projekt nicht realisiert werden soll.

Die Zukunft Österreichs insbesondere als Wirtschafts- und Arbeitsplatzstandort hängt an einer leistungsfähigen Infrastruktur; diese wird immer mehr zu einem entscheiden­den Erfolgsfaktor. Der seit kurzem vorliegende unabhängige österreichische Infrastruk­turreport 2011 ortet schwerwiegende Mängel im Infrastrukturbereich und insbesondere eine fehlende Gesamtstrategie im Infrastrukturministerium.

Mitte November 2010 präsentierte Ministerin Bures den Ausbauplan 2011-2016 für die österreichische Verkehrsinfrastruktur. "Der Wirtschaftsstandort braucht ein umwelt­freundliches, leistungsfähiges Verkehrsnetz. Wachstum und Arbeitsplätze hängen di­rekt mit einer gut ausgebauten Infrastruktur zusammen. .", betont die Ministerin in ei­ner Pressekonferenz. Gleichzeitig wurde dem Bau des Linzer Westringes in der seit Jahren geplanten Form seitens der Verkehrsministerin eine Absage erteilt.

Diese Entscheidung zum Nichtbau des Linzer Westrings ist umso mehr unverständlich, als dieses Projekt nicht nur eine Aufwertung des Wirtschaftsstandortes der Landes­hauptstadt und der angrenzenden Regionen darstellt, sondern vor allem eine maßgeb­liche Entlastung des städtischen Verkehrs bringen würde. Die Bevölkerung steht hinter dem Projekt, laut einer Umfrage erwarten sich 73 Prozent der Bevölkerung durch den Bau des Westrings eine Verkehrsentlastung.

Die Österreicherinnen und Österreicher haben ein Anrecht darauf, dass Baumaßnah­men des Bundes, die zugesichert werden, in einem überschaubaren Zeitraum umge­setzt und zugesagte Projekte auch tatsächliche verwirklicht werden.

Notwendige Infrastrukturmaßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft, zur Sicherung und leichteren Erreichbarkeit der Arbeitsplätze dürfen nicht zum wahltaktischen Spiel­ball werden, sondern sind zügig zu planen und rasch umzusetzen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert,

umgehend eine umfassende österreichische Infrastrukturgesamtstrategie mit einem Planungshorizont 2030 erarbeiten zu lassen und für die darin enthaltenen Vorhaben ei­nen verbindlichen Zeit- und Finanzierungsplan für die Umsetzung festzulegen;

für alle Infrastrukturvorhaben mit den jeweils betroffenen Bundesländern verbindliche Verträge über Zeitpunkt und Finanzierung dieser Vorhaben abzuschließen, und

speziell das im Bundesland Oberösterreich vorgesehene Projekt der A 26 mit 4. Linzer Donaubrücke umgehend zu verwirklichen.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. – Bitte, Herr Kollege.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 303

19.01.13

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundes­ministerin! Ich mache es ganz kurz, ich beschäftige mich mit dem Bereich außeruni­versitäre Forschung, Technologie und Innovation. Ich glaube, man kann Ihnen wirklich umfassend gratulieren zu diesem wirklich tollen Budget. Es wird wahrscheinlich für die UnternehmerInnen gar nicht so leicht sein, die Möglichkeiten auszuschöpfen, die ihnen dieses Budget bietet. Ich bin sehr froh darüber. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vor­sitz.)

Ich bin aber auch sehr froh über die Fokussierung auf einige wenige große Schwer­punkte und ganz besonders darüber erfreut, dass die Produktionswissenschaft einen Schwerpunkt in der nächsten Zukunft im BMVIT darstellen wird. Wie gesagt, herzliche Gratulation, Sie haben extrem erfolgreich verhandelt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.02


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Dr. Moser. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte. (Abg. Mag. Mol­terer: Frau Moser, nehmen Sie sich ein Beispiel an Gartlehner!)

 


19.02.15

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Ja, natürlich, Herr Kollege Molterer, Ihnen zuliebe. – Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Was soll ich sa­gen, Herr Kollege Molterer? – Das Problem liegt darin, dass die Frau Ministerin leider eine Verkehrspolitik geerbt hat, eine Budgetpolitik geerbt hat, die in Ihren Händen lag, Herr Kollege Molterer, die schwarz war und blau war. Mein Vorredner hat schon ver­merkt, der Generalverkehrsplan stammt aus der Ära Forstinger, und das alles haben wir jetzt auf dem Tisch.

Frau Ministerin, Ihr Verkehrshaushalt steht leider unter dieser Hypothek, er hat näm­lich einerseits wirklich eine Budget-Dynamitladung in sich, sprich Schuldenexplosion außerbudgetär; und da genieße ich ja im Nachhinein die gestrige Rede des Herrn Kol­legen Kopf. Gestern in der Früh hat er sich hier damit gebrüstet, Schuldenabbau ist das Allerwesentlichste. Wir müssen überall ein bisschen sparen, manchmal ein biss­chen mehr, manchmal ein bisschen weniger, vor allem bei den Familien und bei den Stu­dentInnen und dann auch noch ein bisschen bei den PensionistInnen und dann auch noch ein bisschen dort und da.

Herr Kollege Kopf, hören Sie dem Finanzminister Pröll zu, der gesagt hat: 3,1 Milliar­den € jährlich Investition in den Schienen- und Straßenausbau als Neuverschuldung. Dort werden die Schulden angehäuft, dort gibt es eine Schuldendynamik, dort ist das Schuldendynamit. Sie brauchen nicht meine Budgetreden nachzulesen aus den Jah­ren 2004, 2005, 2006, 2007, 2008, 2009, sondern Sie brauchen nur in der Zeitung zu lesen. Sie brauchen nur den heutigen „Kurier“ nochmals aufzuschlagen, Sie brauchen nur das „Morgenjournal“ zu hören. Wir haben ganz konkret durch diese massive Ver­schuldung für den Schienen- und vor allem auch für den Straßenausbau außerbudge­tär ein massives Problem. Das sind ja nicht irgendwelche Kinkerlitzchen-Beträge, das sind 35 Milliarden €, und Sie wissen ganz genau, dass Eurostat laut Statistik Austria neue Regeln oder neue Maßstäbe anlegen wird. Sie haben eine Beratungsagentur, Herr Kollege Molterer. Wie heißt diese? – Euro Agency oder Euro Capacity oder so ähnlich. Sie müssten ja beraten. (Abg. Mag. Molterer: Sie brauchen das dringend!) – Ja, ich habe leider den Zettel weggeworfen, wo der Name draufsteht. (Abg. Mag. Mol­terer: Ich mache es günstiger für Sie!)

Sie müssten dringend den Unternehmungen raten, dass sie vorsichtig sind, weil die Staatshaftung schlagend wird, und dann haben wir nicht 70 Prozent Verschuldensrate, wo wir nur 60 Prozent haben sollten laut Maastricht, nein, dann dürfen Sie lockere


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18 Prozent dazurechnen, denn wenn man 35 Milliarden € außerbudgetäre Haftung da­zurechnet zum normalen Schuldenstand, dann haben wir leider nicht mehr 70, sondern 88 Prozent. Und das ist budgetär ein Monsterproblem, denn dann ist unsere Bonität ei­ne andere, dann kriegen wir nicht mehr so leicht Triple A.

Frau Ministerin, das war sozusagen die Retrospektive, aber Ihr Verkehrsbudget hat ja nicht nur diese Schuldendynamik – harmlos ausgedrückt –, dieses geradezu budgetäre Sprengstoffmittel in sich, sondern auf der anderen Seite ist es auch sozial und öko­logisch höchst ungerecht. Ich sage nur ein Stichwort: Unsozial ist Ihr Budget, weil Sie kürzen.

Sie kürzen, sodass die ÖBB zum Beispiel schaffnerlos fahren. Was heißt denn das? – Die Reichen haben ein schönes, wunderbares Auto, sind mit dieser wunderbaren Mo­bilität ausgestattet, noch dazu eine vergleichsweise günstige NoVA, wahrscheinlich ist es ein Firmenwagen. Der Firmenwagen ist steuerlich auch sehr günstig. Wir wissen, insgesamt gibt es Steuergeschenke von einer halben Milliarde angesichts der steu­erlichen Bevorzugung von Firmen-Wagen. Aber die einfachen Menschen, die „kleinen“ Frauen und Männer, die sind darauf angewiesen, mit dem Zug zu fahren, und wenn der Automat nicht funktioniert, dann kostet das Ticket 65 €. (Abg. Dr. Lichtenecker: Das ist ja unglaublich! – Abg. Mag. Kuzdas: Was macht denn Oberösterreich mit den MÖSt-Mitteln? – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Das ist unsozial, abgesehen davon, dass wir eine öffentliche Verkehrspolitik haben, Frau Ministerin, wo ständig der Sparstift herrscht. Ich kann es Ihnen der Reihe nach anfüh­ren. Sie setzen dort den Sparstift an, wo es wirklich die Masse trifft, und Sie spannen auf der anderen Seite wieder eine Mega-Schuldenfalle, die wieder nur durch steuerli­che Belastung der Masse einigermaßen bewerkstelligt und abgetragen werden kann.

Wo gebaut wird, fließen die Milliarden, ich habe es schon gesagt: bei der ASFINAG, bei den ÖBB plus 50 Prozent im Budget Investitionen, von 1 Milliarde € gehen wir auf 1,5 Milliarden € hinauf. 2025 haben wir 25 Milliarden € Schulden bei den ÖBB; alles ist abzuzahlen in Annuitätenraten, und die werden immer um einen dreistelligen Millionen­betrag pro Jahresbudget steigen.

Andererseits dort, wo gefahren wird, wo die Fahrgäste unterwegs sind, da sparen Sie, etwa bei den Zugsverbindungen. Eine umsteiglose Verbindung zwischen den Landes­hauptstädten wurde zwischen Linz und Graz gestrichen, wurde zwischen Graz und Salz­burg gestrichen und wurde zwischen Graz und Innsbruck gestrichen. Da darf man als einfacher Mensch ohne einen Firmenwagen immer umsteigen. – Danke schön! (Abg. Mag. Kuzdas: Der grüne Anschober zahlt nichts dazu!)

Schaffnerlos mit diesen super Fahrkarten um 65 €, das habe ich schon erwähnt – eine falsche Konsequenz dieser zu geringen Ausstattung der öffentlichen Verkehrsmittel. Die Mittel für U-Bahn beziehungsweise Straßenbahnen, Privatbahnen wurden um mi­nus 6 Prozent gekürzt, der U-Bahn-Zuschuss in Wien um minus 10 Prozent. Dort, wo die Leute unterwegs sind, dort wird gestrichen, dass es nur so kracht.

Weiters: Energieabgabe. Auf einmal dürfen die ÖBB Energieabgabe zahlen, wackere 27 Millionen €. Frau Ministerin, ich weiß, da sind nicht Sie direkt schuld, aber Sie müs­sen das auslöffeln. Wir haben indirekt ein Verkehrsbudget bei den ÖBB, wo wir zusätz­liche Belastungen haben zu dem, was sowieso schon an Schulden da ist. Ich will ja gar nicht reden von den Missmanagement-Belastungen (Abg. Mag. Molterer: Ist eh ge­scheiter!), die ebenfalls dort angesiedelt sind.

Wo die Leute fahren, wird auch zugesperrt. Schauen Sie nach Niederösterreich: Regio­nalbahnen sperren der Reihe nach zu, weil das Land nicht mehr will. Und warum will das Land nicht mehr? – Weil Sie als Bund es zulassen, dass es nicht mehr will. Es darf da nicht ein Zusperr-Paragraph wirksam werden, der dafür sorgt, dass das Ganze so


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 305

schnell abgewickelt wird, dass für private Interessenten nicht einmal ausgeschrieben wird.

Zum Schluss schauen wir uns noch das an, wo gefahren wird und die Fahrgäste wie­der draufzahlen – bei den Finanzierungen des öffentlichen Personen- und Nahver­kehrs. Es waren einmal wackere 11 Millionen €, jetzt sind es wieder die gesetzlich fi­xierten 7 Millionen €. Runter damit, 4 Millionen € weniger! Und auf der anderen Seite – wir reden hier auch über Forschung – stellen Sie eine großzügige Forschungsförde­rung für E-Mobilität/Auto zur Verfügung: 60 Millionen €. Das geht locker, aber 4 Millio­nen € streichen wir noch beim öffentlichen Verkehr herunter.

Das ist Schieflage! Dort, wo die Reichen unterwegs sind, herrschen Privilegien, dort, wo die einfachen Leute unterwegs sind, wird gespart, gibt es Tariferhöhungen, werden die Leute sogar teilweise bestraft. Das ist unseres Erachtens die totale Schieflage bei diesem Verkehrsbudget.

Ich will von Energieeffizienz und Klimaschutz erst gar nicht reden. Die MÖSt ist nur ganz leicht erhöht worden, die NoVA ganz leicht ökologisiert worden, bei der Flugti­cketabgabe darf’s nur ein bisschen sein. Aber auf der anderen Seite haben wir Privi­legien, die weiter bestehen. Wir buttern hinein in die Boni-Zahlungen – ich erinnere an den Flughafen Wien, Skylink. Das ist zwar nicht Ihr direkter Schauplatz, aber es hat auch mit Wien als Standort zu tun.

Wir haben insgesamt eine Vorgangsweise, die der Bauwirtschaft dient, die die Reichen fördert, die Bauwirtschaft vergoldet und den Privaten, den einfachen Menschen teilwei­se Subsistenz raubt. (Ruf bei der SPÖ: Das ist eine völlig verzerrte Darstellung, Frau Kollegin!) Da das ja Tradition hat in diesem Haus, darf ich noch an das erinnern, was ich eingangs gesagt habe, an dieses schwarz-blaue Erbe. Dieses schwarz-blaue Erbe darf ich Ihnen jetzt als Ersatz des Vierzeilers vom Kollegen Großruck durch ein Ori­ginalzitat vergegenwärtigen.

Dieses schwarz-blaue Erbe geht zurück auf einen Herrn namens Finanzminister Gras­ser. Um ihn gab es den Freundeskreis. Der Freundeskreis kassierte immer bei Privati­sierungen. (Abg. Mag. Kogler: Das ist eine Sumpftruppe!) Da diese Freunde dann nicht wussten, wofür sie eigentlich die Geldleistungen bekamen – es waren 200 000 €, es waren 500 000 €, es waren manchmal auch 10 Millionen € –, riefen sie an. Ja, wen riefen sie denn an? – Den ehemaligen Herrn Finanzminister! (Abg. Mag. Kogler: Schwarz-blauer Sumpf, zum Speiben!) Und dann sagt der ehemalige Finanzminister, seines Zeichens auch durchaus ÖVP-nahe: Na, aber das würd’ ich mir ein bissel ge­nauer anschauen, in welchen Ländern ist die PORR, in welchen Projekten war sie tä­tig. Ein bisschen in die Richtung argumentieren, in die sie auch selber argumentie­ren. – Und dann sagt Meischberger darauf: Da bin ich jetzt supernackt, das weiß ich nicht. (Abg. Mag. Kogler: Schwarz-blaue Koalitionstruppe!)

Meine Damen und Herren, wir wollen diese Zustände nicht haben, wir wollen einen Strich darunter ziehen, wir wollen das parlamentarisch untersuchen. Wir brauchen vor allem auch ein Verkehrsbudget, das den Leuten dient und nicht diese schwarz-blaue Misswirtschaft teilweise fortführt und vor allem die Großprojekte weiter trägt zu Lasten der Generation in der Zukunft. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.12


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Hakl. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.12.50

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Frau Bundesministerin! Als Forschungsspre­cherin bin ich sehr glücklich, dass wir zusätzliche 100 Millionen € für die unternehmens­nahe Forschung haben.


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Frau Kollegin Moser, das wird Sie jetzt wundern, ich möchte Sie ganz massiv unter­stützen bei dem, was Sie jetzt mit den Protokollen hier aufgebracht haben, weil ich denke, bei den ÖBB und in anderen Bereichen gibt es große Sparpotenziale, und da gibt es Korruption in einem Ausmaß, wo ich froh bin, Frau Kollegin Moser, dass Sie jetzt die Finger in die Wunden legen, und ich glaube, auch in die richtigen Wunden le­gen. (Abg. Öllinger: Sagen Sie einmal was zur Korruption in der BIG!) – Jetzt hören Sie einmal zu, Herr Kollege Öllinger! (Abg. Mag. Kogler: Ihr habt ja alle adoptiert, die sit­zen alle bei euch!)

Tatsächlich bin ich der Überzeugung, dass die ganze Problematik erheblich größer ist als das, was Kollegin Moser mit den Protokollen jetzt aufgedeckt hat, auch sehr viel länger zurückgeht und sehr viel schlimmer ist als all das, was wir bislang in der Zeitung lesen konnten und mussten. (Abg. Mag. Kogler: Ärger als in Sizilien! Jagdgesellschaft! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich war in den neunziger Jahren bei der Brenner Eisenbahn GmbH tätig. Pöchhacker und andere waren damals bereits in ihren Funktionen, und ich habe erlebt, welcher Druck auf vergebende Unternehmen gemacht wird von Seiten der Bauwirtschaft, aber auch von Seiten des Ministeriums, Auftragsvergaben in eine bestimmte Richtung zu steuern. (Zwischenrufe bei Grünen und ÖVP.)

Wir waren damals ein sehr kleines Team und sind mit dem damaligen Chef, dem spä­teren SPÖ-Landesrat Lindenberger, zu Scholten – der war damals noch Verkehrsmi­nister – gefahren, haben alle unterschrieben, dass wir unsere Jobs kündigen und zu­rücktreten, wenn die Auftragsvergaben so vonstattengehen, wie man von Seiten des Aufsichtsrates – auch des Ministeriums – von uns verlangt hat, und Scholten hat das da­mals korrigiert. Wir haben unseren Aufsichtsratsvorsitzenden sozusagen losgebracht.

Ich wünsche mir, Frau Bundesminister, dass das jetzt auch mit dem derzeitigen Auf­sichtsratspräsidenten der ÖBB passiert. Pöchhacker war damals schon und ist heute noch da einfach mittendrin! Und die Dinge, die passieren, sind viel schlimmer, Frau Kol­legin Moser, als Sie glauben. Die Korruption ist nicht, wie Sie vielleicht annehmen, in der Politik zu suchen. (Zwischenruf bei den Grünen.)

Ich nehme Sie in Schutz, Frau Bundesminister, weil ich der festen Überzeugung bin, dass Sie hier nicht mittun. Ich glaube, in Ihrem Kabinett gibt es jetzt auch Untersuchun­gen, und ich weiß, dass insbesondere unter den Ministerialräten, die nach wie vor in ih­ren Positionen und Funktionen sind, es welche gibt, die damals schon lächelnd erzählt haben, dass ihre Haziendas nach entsprechenden Bauaufträgen von Baufirmen errich­tet wurden. Da sollten Sie einmal mit einem Stahlbesen durch Ihr Ressort fahren.

Ich weiß auch, wie schwer das ist. Die Minister kommen und gehen. Die Minister tun sich da unglaublich schwer. Die Minister sind angewiesen auf die Expertise ihrer Be­amten. Aber ich würde insbesondere großes Augenmerk auf all die Projekte legen und die noch einmal hinterfragen, wie zum Beispiel den Koralmtunnel. – Wozu wir den brauchen, kann mir niemand erklären. Ich habe jetzt erst im Internet nachgeschaut: PORR.Steiermark wurde von der ÖBB Infrastruktur Bau AG mit dem Baulos 5, der Projektleitung der Koralmbahn beauftragt. Dieses Baulos umfasst vier Unterführungen mit Tragwerken für die ÖBB beziehungsweise für die GKB. Weiters sind zwei Brü­cken – eine Eisenbahn- und eine Straßenbrücke – über den Stainzbach herzustellen. Daneben sind fünf kleinere Brücken auszuführen – und so weiter und so fort. Das zieht sich überall durch.

Ich würde besonderes Augenmerk auf all jene Projekte legen, bei denen die Planungs­gemeinschaft Fritsch, Chiari & Partner tätig ist, denn mir fällt seit Jahren auf, dass über-
all dort die Kosten explodieren und eine Rückendeckung der Planer passiert in einem


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Ausmaß, wie wir uns das, glaube ich, alle gemeinsam nicht wünschen können. Das ist so bei den Bahnhofsbauten in Wien. Das ist so beim Skylink, wo diese Planungsge­meinschaft tätig war. Und ich glaube, man sollte auch ein bisschen darauf achten, wie da die Verbindungen laufen: auf der einen Seite Pöchhacker, auf der einen Seite ins­besondere Chiari, auf der anderen Seite Faymann als ehemaliger Wohnbaustadtrat.

Ich hoffe, dass hier die Staatsanwaltschaft sehr viel tiefer gehende Untersuchungen einleitet und wir alle an einem Strang ziehen, um das abzustellen, weil ich der festen Überzeugung bin, dass wir hier über Einsparungspotenziale von vielen, vielen hundert Millionen reden, resultierend aus Aufträgen, die zu Unrecht an Baufirmen mit überhöh­ten und überteuerten Preisen vergeben werden. Und ich hoffe, dass wir irgendwann einmal in der Lage sind, dieses seit über 20 Jahren existierende System endlich zu knacken. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.17


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. 5 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


19.17.48

Abgeordneter Christoph Hagen (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Kollegin Moser hat hier – wo ist sie denn?; sie ist gar nicht da – davon gesprochen, dass der Generalverkehrsplan, und zwar die damalige Ministerin Forstin­ger, für die Misere der ÖBB und der ganzen Verkehrspolitik verantwortlich wäre.

Leider ist Frau Abgeordnete Moser nicht da, denn die Problematik der ÖBB wird sich nämlich durch ein Schreiben aufklären, welches mir ein Experte, der in der Wirtschaft tä­tig ist, der viel mit der SBB, mit Verkehrsführung, der Wirtschaft, dem Transport auf der Schiene und dem Personentransport und diesem Bereich zu tun hat, übersandt hat. Ich habe ihn gefragt: Wo liegt das Erfolgsrezept der SBB gegenüber den ÖBB? – Er hat mir geschrieben:

Punkt 1, klare Trennung von Politik und Unternehmensführung, in den Gesetzen vierjäh­rige Leistungsaufträge und Spezialfinanzierung für große Projekte, diese immer im Ein­klang mit der Regierung und dem Parlament gemeinsam verabschiedet.

Dann schreibt er weiter: In diesem Rahmen eine unpolitische Unternehmensführung. – Herr Haberzettl, das betrifft Sie: unpolitische Unternehmensführung. Ich komme später auf Sie zurück!

Dann schreibt er weiter: Das 20-Jahre-Projekt „Bahn 2000“ hat das Angebot auf dem gesamten Netz optimal und massiv erweitert. Die Folge davon sind 27 Prozent mehr Verkehr in nur fünf Jahren. – Hier könnten sich die ÖBB ein Beispiel nehmen, meine Da­men und Herren.

Um die Einhaltung der zentralen Werte Pünktlichkeit, Sicherheit und Sauberkeit wird täglich gerungen. Tatsächlich ist die Qualität der Angebote auf ein sehr hohes Niveau gewachsen. Die Marktanteile der Bahn in der Schweiz sind enorm hoch, und zwar zwi­schen 70 und 90 Prozent.

Den Unterschied erkennt man an den Bahnhöfen und den Zügen. Die Bahnhöfe sind in der Schweiz immer sehr belebt. Kürzlich war ich um 18 Uhr am Bahnhof Innsbruck, schreibt er hier, dieser Bahnhof war leer. (Ruf bei der SPÖ: ... nein!) – Ja, schreibt er mir. (Ruf bei der SPÖ: 25 000 jeden Tag!) – Nein. (Ruf bei der SPÖ: Doch!) Das Publi­kum in den Zügen ist ein Abbild unserer Gesellschaft. Noch 1990 hat man in der Schweiz gesagt, es fahren nur die vier A mit der Bahn: die Alten, die Auszubildenden, die Armen und die Ausgeflippten.

Im Nachhinein betrachtet begingen die ÖBB in den neunziger Jahren – Frau Moser, da sind wir genau bei diesem Punkt, Sie haben das falsch verstanden – vermutlich einen


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gravierenden strategischen Fehler, und zwar die Priorität auf den Güterverkehr zu set­zen. Das ist schwer zu korrigieren. – Das schreibt ein Fachmann, der in der Schweiz, in Liechtenstein und in Österreich wirtschaftlich enorm viel mit der Bahn zu tun hat.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, da erfasst man, wo die Fehler liegen. Die ÖBB hatten einfach ein falsches Konzept in den neunziger Jahren, und damals war bekannt­lich noch kein FPÖ- beziehungsweise BZÖ-Verkehrsminister am Ruder. (Beifall beim BZÖ.)

Betrachten wir nun die Lage der ÖBB! Die Pünktlichkeitsquote im Personennahverkehr lag 2009 mit 91,4 Prozent unter der des Vorjahres 2008 mit 95,4 Prozent – Tendenz fallend. Wenn jeder dritte Güterzug mittlerweile unpünktlich ist – und zwar massiv un­pünktlich –, dann ist das kein gutes Zeichen für die ÖBB.

Meine Damen und Herren! Die Milliardenschulden, die hier angehäuft worden sind, sind eine Zeitbombe fürs Budget. (Abg. Dr. Moser: Ja eh!) Wir wissen, dass wir jedes Jahr 7 Milliarden € in die Bahn investieren beziehungsweise in die ÖBB. Doch wir müssen hinnehmen, dass hier geradezu mit Pensionen geprasst wird – mit dem Wissen, dass die ÖBB das früheste Pensionssystem hat, was bedeutet, dass im Schnitt die ÖBBler mit 52 Jahren in Pension gehen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Josef Auer) Hinzu kommt, dass die ÖBBler nicht nur mit 100 Prozent der Bezüge – wie die anderen Beamten auch, wenn sie entsprechende Nebengebühren haben – in Pension gehen (neuerlicher Zwi­schenruf des Abg. Mag. Josef Auer), sondern auch, dass die Überstunden – also die Nebengebühren – so abgerechnet werden, dass sie als Mehrdienstleistung gelten, und sie dann noch früher in Pension gehen können. Dieses System muss verändert werden.

Meine Damen und Herren, ich habe heute schon einmal etwas kurz angeschnitten, und zwar bei der Rede des Herrn Ministers Hundstorfer: dieses Papier, das den Titel „We­ge in die Zukunft“ trägt, das Investitionsprogramm für die Verkehrsinfrastruktur, Stand 25. August 2006. (Der Redner zeigt das genannte Schriftstück.)

Soweit ich weiß, Frau Minister, waren Sie damals Bundesgeschäftsführerin der SPÖ, und ich glaube, an diesem Papier hat sich noch nichts geändert. Es steht geschrieben: „Für die SPÖ kommt eine weitere Erhöhung der Steuern und Abgaben für die privaten Kraftfahrer nicht in Frage. Dies bedeutet ein klares Nein zu einer Erhöhung der Pkw-Mautvignette“, und dass eine weitere Erhöhung der Mineralölsteuer abgelehnt wird.

Meine Damen und Herren, wenn wir jetzt auf die letzten vier Jahre zurückschauen, in denen die SPÖ in der Regierung und eine SPÖ-Verkehrsministerin am Ruder ist – beziehungsweise davor der jetzige Bundeskanzler Verkehrsminister war –, dann muss ich sagen: Wort gebrochen! Frau Minister, Sie kennen das Papier, nehme ich an. – Wort gebrochen! Sie haben den Preis für die Vignette mehrfach erhöht, Sie haben die Mineralölsteuer extrem erhöht. Die Autofahrer – und man denke dabei an die vielen Pendler und Arbeiter, die mit dem Auto zur Arbeit fahren müssen – sind aber von ins­gesamt acht Steuern betroffen: die Mineralölsteuer, die Mehrwertsteuer mit 1,8 Milliar­den Ertrag, die Umsatzsteuer beim Kauf eines Fahrzeuges, die NoVA als Steuer auf eine Steuer, die motorbezogene Versicherungssteuer, die Versicherungssteuer, die Vignette als Abgabe und die CO2-Strafsteuer auf Neuwagen. Wenn wir das alles addie­ren und sehen, wie die Autofahrer abkassiert werden, Frau Minister, dann läuft hier vie­les falsch. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf beim BZÖ.)

Lassen Sie mich noch auf ein Projekt zurückkommen, das ich auch im Ausschuss schon angesprochen habe: die Verbindung der A 14, der Rheintal Autobahn, zur Schweiz – ein altes Projekt, das mit der S 18 gelöst hätte werden sollen. Über 30 Jahre wird für die­ses Bauvorhaben schon geplant, nichts ist geschehen. Erst im Ausschuss musste ich erfahren, dass dieses Projekt nicht einmal im Generalverkehrsplan bis 2016 vorgese­


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hen ist, die Vorarlberger Landesregierung noch nicht einmal die finanzielle Anforderung gestellt hat. In Vorarlberg werden fortwährend Stimmen laut, dass für dieses Anbin­dungsproblem eine dringende Lösung gesucht wird, und auch den Medien war heute wieder zu entnehmen, dass auf der A 14 der Verkehr in Richtung Schweiz zugenom­men hat, der in Folge auf das niederrangige Straßennetz umgeleitet wurde. Hier läuft vie­les falsch.

Das alles liegt nicht nur in Ihrer Hand, sondern es liegt auch in ÖVP-Hand, bei Ihrem Koalitionspartner. Frau Minister! Hier sind Sie und die ÖVP säumig. Ich glaube, hier ist dringend Weiterarbeit voranzutreiben. Damit will ich es für heute belassen. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

19.25


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kirchgatterer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.25.46

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Zu meinem Vorredner: Es ist immer gut, wenn man beide Seiten betrachtet bei den ÖBB. Ein Eisenbahner im Fahrdienst hat ganz un­regelmäßige Arbeitszeiten – in der Nacht, am Wochenende, an den Feiertagen, zu Weihnachten, am Silvesterabend –, bitte das auch mitzubedenken.

Eigentlich möchte ich über Innovation und Technologie sprechen, und gerade in die­sem Bereich ist in der Wirtschaftskrise sehr viel getan, gemacht, umgesetzt worden. Es hat sich das Agieren, die Politik des BMVIT mehr als bewährt. Der Erfolg, die niedrigste Arbeitslosenquote in Europa zu erreichen, ist auch ein Erfolg des BMVIT. Der Einsatz der Mittel dort, wo die Beschäftigungsintensität am größten ist, ist aufgegangen. Im vor­liegenden Budget sind vorbildliche Programme für die KMUs enthalten.

Es geht darum, für kleinere und mittlere Unternehmen den Einstieg in Forschung und In­novation zu erleichtern, Kooperationen mit Forschungs- und Entwicklungspartnern, zum Beispiel den Fachhochschulen, zu erleichtern. Meine Damen und Herren! Der Innova­tionsscheck für KMUs, für Klein- und Mittelbetriebe, ist eine Erfolgsmaßnahme, auf die ich aus vielen guten Gründen – aus sehr guten Gründen – eingehen möchte.

In den ersten drei Jahren wurde der Innovationsscheck allein in Oberösterreich von 650 Betrieben, im gesamten Bundesgebiet von beachtlichen 3 500 Betrieben in An­spruch genommen. Damit wurde und wird die positive Weiterentwicklung der Klein- und Mittelbetriebe ganz wesentlich unterstützt und das Wachstum gestärkt. (Beifall bei der SPÖ.)

19.27


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Lausch. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.27.58

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ich erspare Ihnen jetzt ÖBB und ASFINAG, darüber wurde schon von meinen Vorrednern genug diskutiert. Die Brocken ÖBB und ASFINAG lasse ich einmal gänzlich aus.

Was ich Ihnen nicht ersparen kann, Frau Bundesministerin, und dafür hätte ich schon gerne eine Erklärung, denn das ist für mich nicht nachvollziehbar – Sie befinden sich aber in guter Gesellschaft mit den anderen Regierungsmitgliedern, das sage ich wie­der –: Diese Bundesregierung verordnet auf der einen Seite dem Steuerzahler, den Bürgern und Bürgerinnen ein Sparpaket, ein Belastungspaket, sagt, man müsse in allen


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Sparten einsparen, aber selbst – und das verstehe ich wirklich nicht – setzt sie hier ein ganz falsches Zeichen.

Mir ist bei diesem Budget aufgefallen, dass Sie – wie Ihre Ministerkollegen und -kolle­ginnen ebenfalls – nicht in Ihrem eigenen Haus sparen. Die Personalausgaben steigen nämlich von 2009 bis 2011 trotz rückläufigem Personalplan. Das heißt, Sie haben we­niger Mitarbeiter, aber innerhalb von zwei Jahren steigen die Personalausgaben um 4,5 Millionen €. Das, denke ich, ist sicherlich ein gänzlich falsches Zeichen für die Be­völkerung.

Dann gehen wir weiter: Nur in Ihrem Haus, im BMVIT – Werbeausgaben. Sie geben im Jahr 2011 – so haben Sie es budgetiert – für Werbung 2,5 Millionen € aus. Ich denke, das ist wieder einmal ein komplett falsches Zeichen, ein Zeichen in die falsche Rich­tung für die Bevölkerung. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Werbung ist Ihnen wichtig, dass Sie sich in der Bevölkerung, in den Medien besser darstellen können, ist Ihnen 2,5 Mi­llionen € wert.

Die Repräsentationsausgaben steigen im BMVIT von 2009 bis 2011 um mehr als das Doppelte, nämlich von 136 000 € auf sage und schreibe 270 000 €. Wenn ich nur diese drei Posten zusammenzähle, dann ist das eine Mehrbelastung von 7,3 Millionen € – das klingt in Euro nicht viel. In Schilling würde es mehr klingen, es wäre auch mehr – 7,3 Millionen, die Sie hier ausgeben.

Sie haben mir das im Ausschuss nicht beantwortet, ich stelle Ihnen heute noch einmal die Frage: Frau Bundesministerin! Halten Sie diese Mehrausgaben für so notwendig in dieser angespannten budgetären Situation, dass Sie diese 7,3 Millionen € mehr im Jahr 2011 der Bevölkerung zumuten können? – Vielleicht bekomme ich heute eine Ant­wort.

Frau Bundesministerin! Geschätzte Kollegen von SPÖ und ÖVP! Bereits im Zuge des letzten Nationalratswahlkampfs wurde von den damaligen Regierungsmitgliedern die Einführung eines Österreich-Tickets vollmundig angekündigt. Ich gebe Ihnen heute die Chance, dieses verspätete Wahlversprechen einzulösen.

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten DI Deimek, Lausch und weiterer Abgeordneter betreffend Einfüh­rung eines Österreich-Tickets

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend ein Österreich-Ticket einzuführen, das zu einem sozial verträglichen Tarif die Nutzung sämtlicher öffentlicher Verkehrs­mittel in Österreich ermöglicht.“

*****

Sie haben heute, wie gesagt, die Möglichkeit, dieses Wahlversprechen gegenüber der Bevölkerung einzulösen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.32


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, teile ich noch mit, dass der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ausreichend unterstützt ist und mit in Verhandlung steht.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 311

Entschließungsantrag

der Abgeordneten DI Deimek, Lausch und weiterer Abgeordneter betreffend Einfüh­rung eines Österreich-Tickets

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung 41 – Verkehr, Innovation und Technologie,

in der 91. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 21. Dezember 2010

In Österreich gibt es derzeit insgesamt acht Verkehrsverbünde; jedes Bundesland ver­fügt über einen eigenen Verkehrsverbund. Im Gegensatz zur Schweiz gibt es bislang aber noch kein Ticket, das österreichweit für sämtliche öffentliche Verkehrsmittel gilt und das einen sozial verträglichen Preis hat.

In der Schweiz gibt es bereits seit Jahren eine von mittlerweile rund 320.000 Schwei­zern genutzte Jahresnetzkarte, die im ganzen Land gilt. Mit diesem so genannten Ge­neral-Abo (AG) kann man sämtliche Bahnstrecken der SBB und der meisten Privat­bahnen, die Postautos, Schiffe sowie Trams und Busse in vielen Schweizer Städten und Agglomerationen – insgesamt über 23.500 Kilometern des öffentlichen Verkehrs­netzes – nutzen. Zudem erhalten Besitzer eines General-Abos Vergünstigungen auf Fahrten bei zahlreichen Bergbahnen. Die Zahl der verkauften General-Abos steigt von Jahr zu Jahr.

In Österreich gibt es eine derartige Jahresnetzkarte noch nicht. Dabei würde ein sol­ches Österreich-Ticket viele Bürger zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel bewe­gen, was sowohl aus verkehrspolitischer Sicht als auch aus Umweltschutzgründen sehr begrüßenswert wäre.

Derzeit benötigt man in Österreich diverse unterschiedliche Fahrkarten um beispiels­weise von Wien mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf einen Berg im Salzkammergut zu fahren: Eine Fahrkarte für die U-Bahn in Wien, eine Fahrkarte für den Zug, eine Fahr­karte für den Bus vom Bahnhof zur Talstation und eine Fahrkarte für die Bergfahrt. In der Schweiz braucht man von der Stadt auf den Berg nur ein Ticket.

Bereits im Zuge des letzten Nationalratswahlkampfes wurde seitens damaliger Regie­rungsmitglieder immer wieder die rasche Einführung eines so genannten Österreich-Tickets angekündigt. Mit 1.450.- - 1.490.- € für Erwachsene und Familien, 1.190.- € für Pensionisten und 990 € für Jugendliche wurde sogar schon ein möglicher Preis für ein solches Ticket genannt. Eingeführt wurde ein derartiges Ticket bislang aber noch nicht.

Der Bund finanzierte den Schienen–Personenverkehr (Gemeinwirtschaftliche Leistun­gen) mit über einer halben Mrd. EUR pro Jahr. Mit diesen Mitteln werden u. a. die Pend­lertarife oder die diversen ÖBB-Vorteilskarten Bedürfnissen gestützt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend ein Österreich-Ticket einzuführen, dass zu einem sozial verträglichen Tarif die Nutzung sämtlicher öffentlicher Verkehrs­mittel in Österreich ermöglicht.“

*****

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 312

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schultes. 4 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


19.32.29

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Bundesminister! (Zwischenruf bei der FPÖ.) Ich will heute zur Frage des Güterverkehrs im Donaukorridor sprechen.

Ich lebe selber in der Region östlich von Wien – zwischen Donau, March und Wien – und bei uns in der Gegend erlebt man eben alles sehr intensiv, was an Baulichkeiten an der March, an der Donau passiert. So ist das für uns eine wichtige Fragestellung.

Ich sehe, dass die Schifffahrt auf der Donau nicht die Entwicklung nimmt, die ich mir wünschte. Die Schifffahrt auf der Donau hat sich zwischen 1990 und 2007 so entwi­ckelt, dass wir 1990 7,5 Millionen Tonnen Fracht hatten, 2007 rund 11 Millionen, 2008 12 Millionen Tonnen. Das ist nicht gerade dramatisch. Wenn man bedenkt, dass die auf der Schiene transportierte Fracht von 11 Millionen auf 26 Millionen Tonnen gestie­gen ist und die auf der Straße transportierte Fracht von 9,4 auf über 43 Millionen Ton­nen in diesem Korridor, so sieht man, dass sich sehr wohl etwas bewegt hat.

Insgesamt hat sich das Frachtvolumen von 28 Millionen Tonnen auf 81 Millionen Ton­nen verdreifacht. Was heißt das? – Das heißt, dass sich in Wirklichkeit alle anderen Verkehrsmittel wesentlich dynamischer entwickelt haben, die Schiene nicht so gut wie der Lkw und die Donau nicht so gut wie die Schiene. Wir haben besonderen Nach­holbedarf, denn gerade die Verkehrsmittel, die umweltfreundlich sind, entwickeln sich nicht so stark.

Auf der Donau gibt es häufig das Problem, dass gelegentliches Niederwasser eine or­dentliche Auslastung der Kähne verhindert. Als Alternative dazu wurde ein flussbauli­ches Gesamtprojekt entwickelt, das auch im Bereich des Nationalparks die Möglichkeit geben würde, das Niederwasser anzuheben. Die via donau, eine Einrichtung des Bun­des, die an sich sehr erfolgreich arbeitet, hat sich um dieses Projekt bemüht. Leider ist dieses Projekt überfällig, und es wird nicht so umgesetzt, wie es sein sollte.

Frau Bundesminister, ich darf Sie daher ersuchen, dass Sie gerade, was dieses Projekt betrifft – nämlich die Umsetzung des flussbaulichen Gesamtkonzeptes –, doch rasch in die Umsetzungsphase kommen, auch wenn diverse Naturschutzorganisationen seltsa­merweise gerade den naturnahen Rückbau der Donau behindern wollen. Ich verstehe es, ehrlich gesagt, nicht, aber das ist ein sonderbares Faktum unserer Zeit.

An der March selber haben wir erlebt, dass nach dem schlimmen Hochwasser und den Dammbrüchen tolle Planungen begonnen haben, die mittlerweile im Wesentlichen um­gesetzt werden. Wir sind in der letzten Ausbauphase, und hier würde ich sagen, dass die via donau wirklich gute Arbeit leistet. Natürlich ist die Diskussion mit der Bevölke­rung jeden Tag neu zu führen. Nicht alles geht reibungslos, aber die Diskussionskultur hat sich in den letzten Jahren gut entwickelt. Das Gespräch ist gut, es geht etwas wei­ter. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

Ich muss sagen, im Großen und Ganzen gibt es viele Bereiche, die in dieser Republik funktionieren. Die via donau und der Umgang mit den Wasserstraßen funktionieren, Verbesserungen sind überall möglich. (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

19.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Lichten­ecker. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 313

19.35.56

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, als Zuständige für den Be­reich Innovation und Technologie in der Regierung ist es völlig verständlich, dass Sie immer wieder den Wunsch äußern, Österreich müsse zu den innovativsten Ländern gehören, müsse zu den Innovation Leadern vorstoßen. Die Frage ist: Wie kann das ge­lingen? Wenn man sich die Länder anschaut, denen das gelingt – wie Schweden, Finn­land, Deutschland, Dänemark –, dann sieht man ganz genau, dass einerseits wesent­lich mehr Mittel in die Forschung fließen, und andererseits die Forschungslandschaft anders aufgestellt ist.

Das heißt, es kommt ganz klar darauf an, ob es eine strategische Vorgangsweise, eine Forschungsstrategie gibt, und wie der Mix in der Forschungsförderung aussieht, näm­lich das Zusammenspiel zwischen der direkten Forschungsförderung und der indirek­ten oder der steuerlichen Forschungsförderung. Wenn man sich das in Österreich an­schaut, dann sieht man, dass hier sehr üppige Förderungen unterwegs sind, und dass es massive Steigerungen zwischen 2002 und 2007 gegeben hat, nämlich um rund 48 Pro­zent.

Dahingegen hinken die Universitäten weit hinterher – weit hinterher! –, wiewohl wir in­zwischen wissen, dass wir möglichst viele gut ausgebildete Humanressourcen brau­chen, um Vorreiter zu werden. Auch die OECD stellt fest, dass kein anderes Land steu­erlich derartig üppig fördert wie Österreich. Finnland, Schweden und Deutschland lie­gen wesentlich weiter darunter, sind aber in der Innovation und in der Forschung trotz­dem vorne. Das hängt damit zusammen, dass sie wesentlich mehr in die Universitä­ten und wesentlich mehr in die Grundlagenforschung investieren.

Frau Ministerin, wir warten nach wie vor auf eine Evaluierung des Systems, die schon längst überfällig ist – das empfehlen sowohl der Rechnungshof als auch die OECD. Bislang wurde das noch immer nicht gemacht, und dennoch ist die Regierung herge­gangen und hat gesagt: Daumen mal Pi, es gibt ein paar interessierte Großunterneh­men, wir werden die Forschungsprämie von 8 auf 10 Prozent erhöhen – was Mehrkos­ten von 80 Millionen € verursachen wird. Das ist ein Punkt, von dem wir glauben, dass es eine differenzierte Herangehensweise braucht, nämlich bei der Frage, wie die Mittel möglichst effizient eingesetzt werden können. Expertinnen und Experten bekritteln auch immer, dass es zu Ineffizienzen und Mitnahmeeffekten kommt, und schlagen vor, die Forschungsprämie zu staffeln.

Wir glauben, dass es in der jetzigen Situation eine gute Vorgangsweise ist, dass man ganz klar zum Ausdruck bringt: Uns sind die Unternehmen beziehungsweise die For­schung in den Unternehmen wichtig. Daher: Belassen wir die Prämie bei 8 Prozent, für die mittleren Unternehmen erhöhen wir sie auf 10 Prozent und für die kleinen auf 12 Pro­zent.

Das wäre im Sinne der Innovation wesentlich fortschrittlicher, wesentlich moderner und auch kostengünstiger in der jetzigen Situation.

Daher bringen wir folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Staffelung der Forschungsprämie nach Betriebsgröße

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Gesetzes­vorlage vorzulegen, derzufolge die Forschungsprämie für kleine Unternehmen 12 Pro­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 314

zent, für mittlere Unternehmen 10 Prozent und jene für große Unternehmen 8 Prozent beträgt.“

*****

Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn es keine Leerformel bleiben soll – wie das Kanzler Faymann, Vizekanzler Pröll und Ministerin Bures immer wieder fordern –, dass Österreich zu den innovativsten Ländern gehören soll, dann unterstützen Sie heute unseren Entschließungsantrag. (Beifall bei den Grünen.)

19.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Staffelung der Forschungsprämie nach Betriebsgröße eingebracht im Zuge der Debatte über das Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011

Die von der Regierung geplante Anhebung der Forschungsprämie von 8 auf 10 Pro­zent führt laut Finanzministerium zu einem Steuerentfall von 80 Mio. Euro pro Jahr. Rund drei Viertel dieser zusätzlichen Förderung (60 Mio. Euro) wird – wie in den ver­gangenen Jahren (vgl. OECD Länderbericht 2007) – alleine an die 20 größten For­schungsunternehmen fließen. Durch eine Staffelung nach Betriebsgröße könnten
die Kosten stark reduziert und gleichzeitig kleine innovative Unternehmen mit großem Wachs­tumspotential stärker gefördert werden.

Die österreichische Bundesregierung hat die steuerliche Forschungsförderung für Un­ternehmen in den letzten Jahren bereits stark ausgeweitet. Die Förderung von F&E
 im Unternehmenssektor (firmeneigener Bereich) stieg von 404 Mio. Euro (2002) auf 598 Mio. Euro (2007) und damit um 48 Prozent an. Kein anderes Land der OECD för­dert firmeneigene F&E großzügiger als Österreich.

Im Gegenteil, die in Sachen Forschung und Entwicklung führenden europäischen Na­tionen stehen bei der indirekten steuerlichen F&E-Förderung bewusst auf der Bremse um Ineffizienzen und starke Mitnahmeeffekten zu verhindern (vgl. Fellinger 2009 , OECD 2007 ). Finnland, Schweden und Deutschland geben für diesen Bereich wesent­lich weniger Ressourcen aus. Diese Länder investieren stattdessen verstärkt in öffentli­che Forschungseinrichtungen und in die universitäre Grundlagenforschung.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Gesetzes­vorlage vorzulegen, der zufolge die Forschungsprämie für kleine Unternehmen 12 Pro­zent, für mittlere Unternehmen 10 Prozent und jene für große Unternehmen 8 Prozent beträgt.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Bundesministerin Bures. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 315

19.40.11

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte kurz auf die Diskussion eingehen und zu fünf angesprochenen Bereichen ganz konkret Position beziehen.

Punkt eins, zur Frage des Baus des Koralm-Tunnels: Abgeordnete Hakl – sie ist jetzt nicht mehr da – hat die Sinnhaftigkeit dieses Projekts in Frage gestellt. Ich war bis zu dem Zeitpunkt, zu dem noch nicht sicher war, dass wir auch den Semmering-Ba­sistunnel ausbauen und damit dann tatsächlich eine zentrale Verkehrsachse schaffen können, die wir auch als Straße haben, zurückhaltend. Wir haben zwei zentrale Ver­kehrsadern in Österreich, die West Autobahn und die Süd Autobahn. Als Alternative dazu brauche ich die Bahn als Verkehrsträger, damit das erfolgen kann, was wir ver­kehrspolitisch festgelegt haben, nämlich eine Verlagerung von der Straße auf die Schiene. Da es gelungen ist, die Südstrecke, den gesamten Korridor auch von den Ver­fahren her, in den Bauplänen aneinanderzurücken, und damit nicht nur auf der West­strecke, sondern in Zukunft auch auf der Südstrecke eine Alternative zur Straße zu h­aben, macht es Sinn, diese Eisenbahnstrecke zu modernisieren. (Beifall bei SPÖ und BZÖ sowie des Abg. Grillitsch.)

Frau Abgeordnete Hakl, wenn man schon die Sinnhaftigkeit dieses Vorhabens in Frage stellt – auch ich glaube, dass man jedes Projekt immer wieder auf seine Sinnhaftigkeit überprüfen sollte –, dann kann ich nicht nachvollziehen, wieso Sie noch vor Kurzem im Parlament mit eingebracht haben, dass ich gegen das Ausschreibungsgesetz die Ver­gabe des Baus des Koralm-Tunnels vorziehen soll. Da war Frau Abgeordnete Hakl be­teiligt, und das ist, so finde ich, nicht redlich. Bei aller Bereitschaft, über jedes Projekt und dessen Sinnhaftigkeit zu diskutieren, braucht es eine klare politische Linie, und das erwarte ich mir auch vom Koalitionspartner. Ich glaube allerdings, es handelt sich da nur um die Abgeordnete Hakl allein. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Petzner. – Abg. Petzner – in Richtung ÖVP –: Sehr richtig!)

Zweiter Punkt – Herr Abgeordneter Deimek, Sie wissen, ich schätze Sie sehr –: Wir ha­ben sehr viele konstruktive Gespräche über Fragen der Verkehrspolitik. Ich weiß auch, dass man immer dazu neigt, davon zu sprechen, dass Milliardeninvestitionen geplant sind. Es ist sowieso schon schwierig, denn es ist für die Menschen schon 1 Milliarde € nicht recht fassbar, und 7,5 Milliarden € für die ÖBB, die man da in den Raum stellt, erst recht nicht. Es entspricht aber auch nicht den Tatsachen, denn wir reden heute hier über ein Budgetvolumen von 2,7 Milliarden €. Wie ich da 7,5 Milliarden € verste­cken soll, das müssten Sie mir noch erklären.

Wir reden also von 2,7 Milliarden € Investitionen in Straßen, in die Schiene, in die Luft­fahrt, in die Donau, in den Ausbau der Wasserstraßen. Wir müssen uns also von der Beschwörung von Riesensummen verabschieden, auch wenn das populär ist, auch wenn es gut klingt. Heute reden wir über insgesamt 2,7 Milliarden € Investitionen im Jahr 2011 im gesamten Verkehrsbereich. Zu denen stehe ich, und ich denke auch, es ist gut investiertes Geld. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dritter Punkt. Herr Abgeordneter Hagen – er ist auch nicht mehr da. (Abg. Hagen be­tritt soeben den Sitzungssaal.) – Also doch! Sie gehören auch zu jenen, mit denen wir uns in Fragen der Verkehrspolitik trefflich streiten. Da bin ich schon dafür. Ich habe aber auch immer klar gesagt, dass ich, was die Verkehrsträger Straße und Schiene be­trifft, eine klare Priorisierung vertrete. Ich halte es auch für die Zukunft für wichtig, dass Österreich auf ökologische Verkehrsmittel setzt. Das heißt aber nicht, dass ich zu je­nen gehöre, die die Autofahrer zur Melkkuh der Nation erklären, sondern ganz im Ge­genteil. Wir haben so Dinge wie Wechselkennzeichen, wir haben Regelungen bei der Autobahnvignette und Mautsysteme. Dies allemal.


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Wir haben, wie ich glaube, ein faires System in Österreich. Wenn wir den Vignetten­preis – nur weil Sie das Thema auch angeschnitten haben – von 2010 auf 2011 um 30 Cent erhöhen, von 76,20 € auf 76,50 €, und Sie dann 10 Sekunden Ihrer Redezeit darauf verschwenden, eine Indexanpassung dafür zu nutzen, vom Autofahrer als Melk­kuh der Nation zu reden, so halte ich das wahrlich für überzogen und nicht angebracht angesichts einer Erhöhung von 30 Cent. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Vierter Punkt. Herr Abgeordneter Schultes, ich bin ganz Ihrer Auffassung, was das flussbauliche Gesamtprojekt betrifft. Auch ich halte den Blick auf die Gesamtheit der Verkehrsträger für ganz wesentlich. Wir haben tatsächlich auch auf der Wasserstraße viel Kapazität. Wir müssen auch in diesen Bereich investieren. Ich sage Ihnen ganz of­fen: Ich versuche, das wirklich zu forcieren. Wir haben nur derzeit – Sie kommen aus Niederösterreich – vom Land Niederösterreich einen Bescheid, wegen dem wir dieses Projekt in der Form nicht umsetzen können, und ich habe das zu respektieren. Das liegt jedoch weder an den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln noch am feh­lenden Willen des Verkehrsministeriums oder meiner Person, sondern das liegt einzig und allein daran, dass es Bescheide des Landes Niederösterreich gibt, die mir leider nicht ermöglichen, dieses Projekt mit Ausnahme eines Pilotprojekts fortzusetzen. Auch diese Hürde werden wir jedoch schaffen. Ich wollte das nur einmal klarstellen.

Zum fünften Punkt: Was die Fragen, wer wo spart, Repräsentationskosten, Verwal­tungskosten im BMVIT anlangt, ist Folgendes ganz klar: Jeder Zweite in diesem Be­reich Tätige, der in Pension geht, wird nicht nachbesetzt. Wir werden im BMVIT eine Strukturreform durchführen, wie wir das bei den ÖBB gemacht haben, die Effizienz sichert und Doppelgleisigkeiten beseitigt. (Abg. Grosz: Oh je! Nur nicht wie bei den ÖBB, bitte!) Wir werden also in diesem Bereich massiv sparen und es wird bei den Re­präsentationskosten kein Cent mehr ausgegeben werden. Ich weiß nicht genau, um welche Zahlen es sich gehandelt hat, aber das Budget liegt Ihnen ja vor, und, was die Budgetzahlen betrifft, ist ganz klar: Gegenüber dem Budgetvoranschlag 2010 wird es bei den Repräsentationsausgaben im Budgetvoranschlag 2011 keine Erhöhung geben, nicht um einen Cent. Das ist mir noch wichtig festzuhalten.

Ich wollte das sagen, obwohl ich weiß, dass Sie – heute ist es ja noch nicht so spät – eine lange Nacht hatten. Das habe ich natürlich auch mitbekommen. Mir war es den­noch wichtig, wirklich in eine Diskussion einzutreten. Wir haben im Verkehrsausschuss wie auch im Forschungsausschuss eine gute Kultur und Tradition wirklicher Auseinan­dersetzung. Wir reden nicht aneinander vorbei, sondern wir schauen uns die Dinge ge­nau an. Erlauben Sie mir daher, trotzdem noch 2 Minuten ganz grundsätzlich etwas zum Budget Verkehr und Forschung zu sagen.

Wir wissen, dass die OECD von drei Faktoren spricht, die für ein Land ganz entschei­dend sind, was seine Leistungsfähigkeit, die Beschäftigungslage und das Wirtschafts­wachstum anlangt. (Abg. Dr. Moser: Bildung und Wissenschaft!) Ein Punkt ist Bildung. Das haben Sie schon diskutiert; das ist auch nicht unmittelbar mit mir zu diskutieren.

Die anderen beiden Faktoren sind die Modernisierung der Infrastruktur eines Landes und Investitionen in Forschung und Technologieentwicklung. Ich kann Ihnen heute wirklich reinen Gewissens sagen, dass wir bei diesen beiden Faktoren – Modernisie­rung der Infrastruktur und Wachstumspfad bei Investitionen in Forschung und Techno­logieentwicklung – voll und ganz all das erfüllen, was die OECD zu Recht verlangt. Wir werden auch in Zukunft Rekordinvestitionen im Bereich der Infrastruktur vornehmen. Wir werden bis 2016 11,5 Milliarden € in die Schiene investieren. Wir werden bis 2016 6,5 Milliarden € bei der Straße vor allem dort investieren, wo es um Verkehrssicherheit geht, wo es um intelligente Investitionen geht. Nicht jede Straße muss eine Autobahn sein. Wir brauchen kluge Verkehrslösungen, um Ortskerne zu entlasten. Es muss aber


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auch gespart werden, und genau das ist angewandte Verwaltungsreform, die wir durch­führen werden. Ich werde bei mir im eigenen Haus sparen, und ich werde dort sparen, wo überzogene Projekte, die verkehrspolitisch nicht notwendig sind, redimensioniert oder nur teilrealisiert werden. Ich denke, das ist klug so. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Rädler.)

Weil ich weiß, dass im Ressort die Frage der Gewichtung, nämlich angewandte, wirt­schaftsnahe Forschung versus Infrastruktur, immer ein bisschen zugunsten von Straße und Schiene ausfällt, erlauben Sie mir abschließend noch ganz kurz, auch etwas zum so wichtigen Bereich der angewandten Forschung zu sagen.

Wir werden in den nächsten Jahren jedes Jahr über 400 Millionen € in Forschung und Technologieentwicklung investieren. Wir werden mehr in diesen Bereich investieren, und wir sind nicht mit dem Rasenmäher drübergefahren. Es mag da und dort Versuche dazu gegeben haben, aber die sind nicht geglückt. Wir werden im Bereich der Techno­logieentwicklung und der angewandten Forschungsförderung in Wirklichkeit über die sogenannten zusätzlichen Mittel, Offensivmittel weitere 100 Millionen € investieren.

Wir machen das, um den Wirtschaftsstandort zu stärken, wir machen das, um den Nach­wuchs zu fördern, um dafür zu sorgen, dass wir hochqualitative Arbeitsplätze für die jungen Menschen unseres Landes zur Verfügung stellen können. Wir machen das nicht, um nur dort zu bleiben, wo wir heute schon sind, nämlich innerhalb der EU unter den Top 3 bei Innovation und Technologie und weltweit an zehnter Stelle, sondern weil wir die Vision haben, noch besser zu werden und unter die Top 5 weltweit vorzustoßen.

Ich kann Ihnen wirklich reinen Gewissens sagen: Wenn wir da an einem Strang ziehen, wenn wir – Wissenschaft, Wirtschaft, Politik – uns da tatsächlich bewusst sind, wie we­sentlich das für uns alle ist, dass wir in diesen Bereich investieren und das auch zu un­serem zentralen Thema machen, dann werden wir da auch erfolgreich sein. Die Zah­len, die auf dem Tisch liegen, die Sie morgen beschließen werden, zeigen, dass wir auf einem guten Weg sind und das auch erreicht werden kann. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Rädler.)

19.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hell. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.51.17

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Gestatten Sie mir, bevor ich auf meinen eigentlichen Punkt zu spre­chen komme, ein paar Dinge aus den vorangegangenen Diskussionen anzusprechen.

Nach meinen Informationen wurden die Bauaufträge, die innerhalb des ÖBB-Konzerns vergeben worden sind, in den zuständigen Organisationseinheiten beschlossen und nach den damals vorliegenden Unterlagen auch genau so vergeben.

Koralm-Tunnel: Nach meinen Informationen ist die Entscheidung für den Koralm-Tun­nel bereits unter Bundeskanzler Schüssel gefallen. Ich komme selbst aus einer Re­gion – St. Pölten –, wo man während eines bereits bestehenden Bauvorhabens, der Güterzugumfahrung, dieses eingestellt hat. Ich weiß, was für Kosten es verursacht und welche betriebliche Folgen es gehabt hat, dieses Verfahren damals einzustellen.

Zum Thema von Frau Moser, zum schaffnerlosen Betrieb: Es heißt nicht schaffnerloser Betrieb, sondern es heißt Null-zu-Null-Betrieb. (Abg. Dr. Moser: Das ist ja noch ärger!) Null-zu-Null-Betrieb heißt kein Zugführer mehr im Zug. Dieser hat beim Zug betriebli­che Aufgaben zu erledigen. Diese betrieblichen Aufgaben fallen nicht mehr an, weil die Fahrzeuge entsprechend umgebaut worden sind und vom Triebfahrzeugführer über­nommen werden. Null-zu-Null-Betrieb wird nur im Nahverkehr eingesetzt.


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Frau Abgeordnete Moser, wenn Sie vom Westbahnhof nach Hütteldorf fahren und mit der U-Bahn unterwegs sind, fahren Sie Null-zu-Null. Wenn Sie künftig in einem TW 4024 nach Hütteldorf fahren, werden Sie auch Null-zu-Null fahren. Da gibt es also keine gro­ßen Unterschiede. (Abg. Dr. Moser: Das gilt aber nicht zwischen Schlierbach und Linz!)

Zum Thema des Abgeordneten Hagen, die SBB betreffend: Die SBB – die Frau Bun­desministerin hat bereits im Ausschuss darauf hingewiesen – bedient überwiegend Hauptstrecken. Die Regionalstrecken in der Schweiz sind teilweise im Besitz der Kan­tone und werden auch von diesen zusätzlich finanziell unterstützt. bedient. Daher hat es die SBB einfach leichter, weil sie sich nur um den Betrieb der Hauptbahnen küm­mern muss. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.53


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.53.55

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Bundesmi­nisterin, Sie werden sich jetzt vielleicht wundern, aber in großen Teilen dessen, was Sie ausgeführt haben, kann ich Ihnen nur beipflichten, vor allem was die Modernisie­rung der Infrastruktur und die Investitionen in Forschung und technologische Entwick­lung betrifft. Wo es keine funktionierende Infrastruktur gibt, dort funktioniert auch keine Wirtschaft. Das ist nun einmal so! (Beifall beim BZÖ.)

Wenn Sie sich in Zukunft dafür einsetzen, dass die Verkehrswege zukunftsweisend, klug und sicher gebaut werden, damit wir auch gewisse Gefahren von der Straße weg­bringen und auf die Schiene umsteigen, so ist das nur gut. Auch das, was Sie zu den Ost-West-Verbindungen gesagt haben, kann ich nur zu hundert Prozent bestätigen. Wenn man sich in die Westbahn setzt und von Wien weg nach Westen fährt, hat man halbwegs passable Züge. Das einzige Problem sind momentan die Verspätungen. Mit der Südbahn ist es aber zum Beispiel von Klagenfurt nach Wien beinahe eine Welt­reise.

Da geht es nicht nur um die Verbindung zwischen Klagenfurt und Graz, sondern es geht um die transeuropäische Achse von den baltischen Staaten bis hinunter nach Süditalien. Darum geht es – und darum, dass wir da eingebunden sind. Der Verkehr wird nicht abnehmen, sondern er wird zunehmen. Deswegen ist es auch wichtig, dass das Verkehrsnetz ausgebaut wird, das auch im europäischen Interesse. (Beifall beim BZÖ.)

Jetzt haben wir die A 2, die Süd Autobahn. Wir haben die West Autobahn. Wir haben Nord-Süd-Verbindungen, wir haben Ost-West-Verbindungen, und wir brauchen moder­ne Verkehrswege. Es gibt da engstirnige Leute. Mit Kollegin Hakl verstehe ich mich an­sonsten ausgezeichnet und schätze sie auch, aber das, was sie heute von sich gege­ben hat, kann ich nicht nachvollziehen. Aiginger vom Wifo behauptet auch, dass wir diesen Koralm-Tunnel überhaupt nicht brauchen. Solche Leute denken überhaupt nicht nach, denen ist es einfach egal, ja sie sind gegen den Ausbau der Südbahn als trans­europäische Achse. Wenn seinerzeit Carl Ritter von Ghega so gedacht hätte, hätten wir die Semmeringbahn bis heute noch nicht. So kann es in diesem Bereich Infrastruk­tur natürlich nicht gehen. (Beifall beim BZÖ.)

Frau Bundesminister, dort gehören die Mittel eingesetzt, da gebe ich Ihnen vollkom­men recht. Wenn ich mir heute allerdings anschaue, wie viel Budgetdefizit wir haben, wenn wir dann zusätzlich noch die Schulden der ASFINAG, die Schulden der Österrei­chischen Bundesbahnen, der Sozialversicherung, der Länder und Gemeinden – die ge­hen Sie zwar nichts an – hinzurechnen, dann ist das ja ein Wahnsinn. Wo geht das noch


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hin? Da hat niemand mehr eine Aussicht! Da gehört einmal eine Verwaltungs- und Bun­desstaatsreform durchgezogen, damit wir aus diesem Schlamassel herauskommen. Das ist einmal das Wichtige in diesem Bereich. (Beifall beim BZÖ.)

Dann muss ich noch eines sagen: Es gehören zweifellos Maßnahmen gesetzt, nur: So etwas wie die Erhöhung der Mineralölsteuer, eine Steuer auf die Steuer – auch das ma­chen nicht Sie, aber Sie sind indirekt mit betroffen; es ist der Bankenminister, der da schuld ist – schwächt die Massenkaufkraft und heizt die Teuerung an. Das kann nicht im Sinne der Erfinder sein. Man sollte vielmehr darüber nachdenken, und Sie als Sozial­demokratin müssten auch einmal daran arbeiten, dass endlich diese Pendlerpauscha­le, die nicht mehr zeitgemäß ist, abgeschafft und ein kilometerabhängiger Fahrtkosten­zuschuss gewährt wird. Das gehört in diesem Bereich gemacht. (Beifall beim BZÖ.)

19.57


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Singer. 4 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


19.57.39

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte dort anknüpfen, wo ich gestern meine Rede beendet habe, nämlich bei der Bedeutung des Schuldenabbaus für unsere Jugend. Ich bin davon überzeugt, dass niemand von uns seinen Kindern Schul­den übergeben will. Niemand von uns will die Zukunft unserer Kinder aufs Spiel setzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Im Sinne der Generationengerechtigkeit ist der Schuldenabbau unumgänglich. Dieses Budget schafft die Umkehr und trägt dazu bei, den Schuldenrucksack für unsere Ju­gend abzubauen.

Nun zum Thema Verkehr im Besonderen. Sehr geehrte Frau Bundesministerin, im Re­gierungsübereinkommen ist die Erarbeitung einer „Roadmap Luftfahrt“ vereinbart. Es stellt sich die Frage, warum. – Weil wir im globalen Wettbewerb stehen, weil wir im eu­ropäischen Luftfahrtraum neue Herausforderungen bewältigen müssen, weil wir Visio­nen für inhaltliche und organisatorische Anpassungen brauchen. Zusammenfassend: Wir brauchen eine Luftfahrtstrategie, um die Zukunft der Luftfahrt in Österreich aktiv gestal­ten zu können.

Sehr geehrte Damen und Herren, bis 2020 ist im europäischen Luftraum eine Verdop­pelung des Flugverkehrs zu erwarten. Das heißt, doppelt so viele Flugpassagiere als heute verlassen sich täglich darauf, dass Sicherheitsstandards eingehalten und Kon­trollen vorgenommen werden. Eine besondere Herausforderung, da alles unter den Ge­sichtspunkten reibungsloser Ablauf, Pünktlichkeit und angemessene Ticketpreise zu er­bringen ist. Unter diesen Voraussetzungen dürfen aber auch die Interessen der Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter im Flugverkehr nicht vergessen werden.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin, Ihr Ministerium ist gefordert, diese Roadmap mit konkreten Inhalten zu füllen und auf eine breite politische Basis zu stellen. Gründe da­für gibt es genug. Einige habe ich genannt. Der österreichischen Luftfahrt kommen im Vergleich zu allen anderen Verkehrsträgern am wenigsten öffentliche Mittel zu. Umso dringender müssen gesicherte konstante Rahmenbedingungen geschaffen werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.59


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Kunasek. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


20.00.08

Abgeordneter Mario Kunasek (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesmi­nister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Frau Bundesminister, Sie erwähnen ja selbst


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die Prioritätensetzung „Schiene vor Straße“; das ist auch gut so. Im Infrastrukturbereich stehen auch in den nächsten Jahren wichtige Investitionen an.

Ich möchte noch einmal auf meine Vorredner zurückkommen. Eine sehr wichtige In­vestition – und da sollten wir uns alle einig sein – sind der Koralmtunnel und die Süd­bahn. Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, ganz beson­ders Frau Abgeordnete Hakl: Ist die ÖVP jetzt dafür? Ist sie dagegen? Abgeordnete Steibl aus der Steiermark oder Fritz Grillitsch oder Bernd Schönegger: Sind wir dafür, oder sind wir gegen den Koralmtunnel? (Abg. Steibl: Graz-Umgebung!)

Ich sage Ihnen, was Ihr Landeshauptmann-Stellvertreter Schützenhöfer sagt: Jemand, der den Koralmtunnel in Frage stellt, wird uns kennenlernen! – Daher würde ich euch wirklich bitten, vielleicht auch ein bisschen die Kommunikation in diesem Bereich zu verbessern. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir Freiheitliche stehen zum Koralmtunnel! Wir stehen zur Südbahn als einem wichti­gen, ganz wichtigen Infrastrukturprojekt der nächsten Jahre für die Steiermark und für Kärnten, für die gesamte südliche Region.

Ein zweiter Bereich, in dem man die Prioritätensetzung der Frau Bundesminister im Be­reich Schiene allerdings nicht erkennen kann, ist die Ausdünnung und Einstellung der Direktzugverbindungen. Es ist heute schon gekommen: Graz – Linz, Graz – Innsbruck, Graz – Salzburg; Graz, Frau Bundesminister, ist sprichwörtlich auf dem Abstellgleis! Wir haben das im Ausschuss schon besprochen.

Ich sage auch ganz offen: Die Argumentation der ÖBB hinsichtlich Wirtschaftlichkeit ist für uns hier nicht zulässig! Dann müssen eben die Attraktivität gesteigert oder Alterna­tiven gefunden werden! Ich weiß aus unzähligen Gesprächen mit ÖBB-Bediensteten, dass es diese Alternativen gibt. Man muss sich nur die Mühe machen, diese Alternati­ven zu suchen, zu finden und dann auch umzusetzen. Eines muss uns klar sein: Wenn wir Kundenzufriedenheit herstellen möchten und Leute von der Straße auf die Schiene bekommen möchten, dann müssen wir auch eine Attraktivitätssteigerung erreichen. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Ich bringe deshalb folgenden Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dei­mek, Kunasek und weiterer Abgeordneter ein:

„Der Nationalrat wolle beschließen:

‚Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird ersucht, auch künf­tig regelmäßige Direktzugverbindungen zwischen den österreichischen Landeshaupt­städten sicherzustellen und die Aufrechterhaltung dieser Direktverbindungen an die Zah­lungen im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Leistungen zu knüpfen.‘“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sparen wir in der Verwaltung, sparen wir bei den Managergehältern, sparen wir bei den Bonuszahlungen – aber sparen wir nicht bei der Attraktivierung der ÖBB und bei der Bahn! (Beifall bei der FPÖ.)

20.02


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Deimek, Kunasek und weiterer Abgeordneter betreffend Aufrechterhaltung der Direktzugsverbindung zwischen den Landeshauptstädten,


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eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung 41 – Verkehr, Innovation und Technologie, in der 91. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 20. Dezember 2010.

Mitte November 2010 präsentierte Ministerin Bures den Ausbauplan 2011-2016 für die österreichische Verkehrsinfrastruktur und betonte einmal mehr den Vorrang von Schie­ne vor Straße. „Trotz spürbarer Einsparungen bleiben die Investitionen auf Rekordhö­he", betont die Ministerin dabei in einer Pressekonferenz.

Die Investitionen in die Schiene, festgelegt im Rahmenplan der Österreichischen Bun­desbahnen (ÖBB), betragen dabei für die nächsten 6 Jahre 11,5 Milliarden.

Im Zuge der heurigen ÖBB-Fahrplanumstellung wurden weitere Zugsverbindungen ge­strichen bzw. nur für die kommenden Monate fixiert. Vor allem Direktzugsverbindungen zwischen österreichischen Landeshauptstädten (!) sollen gestrichen werden.

Da die ÖBB jährlich mehr als 3,5 Milliarden Euro Steuergeld erhält, nach derzeitigem Stand zumindest 600 Millionen Euro verspekuliert hat und dennoch an ihre Führungs­riege Bonuszahlungen in großer Höhe leistet, ist die Einstellung von Direktzugsverbin­dungen zwischen österreichischen Landeshauptstädten, die von der ÖBB in der Regel als Sparmaßnahmen verkauft werden, mehr als unverständlich.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird ersucht, auch künf­tig regelmäßige Direktzugverbindungen zwischen den österreichischen Landeshaupt­städten sicherzustellen und die Aufrechterhaltung dieser Direktverbindungen an die Zah­lungen im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Leistungen zu knüpfen.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


20.02.47

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrter Präsident! Hochgeschätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte eigentlich ausschließlich zu ei­nem Thema reden, das in der Debatte meiner Meinung nach etwas zu kurz kommt – das ist der Bereich Forschung, Innovation, Technologie –, weil ich weiß, wie wichtig Ihnen die Kooperation zwischen Wirtschaft und Wissenschaft ist. Das ist wirklich Ihr Herzensanliegen. Ich meine auch, dass die Forschungsstrategie, die jetzt über Wo­chen und Monate diskutiert wurde und in Vorbereitung ist, dann fixiert werden kann, wenn wir morgen das Budget abschließend beschließen und hier dann auch die Posi­tionen für die Zukunft klargelegt werden.

Außerdem meine ich, es kann nicht genug herausgestrichen werden, dass in Zeiten wie diesen 100 Millionen € zusätzlich in den Bereich der angewandten, wirtschaftsna­hen Forschung fließen. Sie haben schon erwähnt, dass die Forschungsprämien für Un­ternehmen auf 8 Prozent und 10 Prozent gesteigert werden. Ich glaube, das sind wirk­lich Zahlen, die sich sehen lassen können, und dazu möchte ich Ihnen ganz, ganz herz­lich gratulieren!


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Einen Bereich muss ich jetzt aber noch anschneiden, denn Kollege Hagen, der immer ganz verschmitzt dort oben sitzt und so tut, als hätte er von allem keine Ahnung, war ja Bundesrat in der Ära Hubert Gorbach und dann auch Wegbegleiter des Hubert Gor­bach von der FPÖ zum BZÖ, unter dem Motto: „Die Besten im Westen für die Posten im Osten“ – so hat es früher geheißen. (Zwischenruf des Abg. Hagen.)

Wenn man weiß, was dieser Kollege Hubert Gorbach – und ich bin sonst nicht jemand, der die eigenen Landsleute schlechtmacht – im Bereich ÖBB und Infrastrukturwesen angestellt hat, den Schaden, den er im Bereich ÖBB mit der Fortsetzung der Filetie­rung angerichtet hätte, wenn man weiß, was da passiert wäre, wenn nicht der Wähler 2006 eine Korrektur gemacht hätte, dann, glaube ich, hätten Sie wirklich große Sorge, Kollege Hagen!

Eines möchte ich Ihnen sagen, weil Sie so tun, als täte man im Landtag überhaupt nichts, übrigens auch mit der S18: Da waren ausschließlich ÖVP und FPÖ – gemein­sam in der Landesregierung, und dann noch Gorbach als Verkehrsminister – gemein­sam schuld daran, dass diese Straße gekappt wurde. Jetzt der Ministerin die Schuld daran zu geben, ist wohl billig!

Eine Zahl, Herr Kollege Hagen, möchte ich nennen, weil sie einfach so beeindruckend ist, auch für unser kleines Bundesland. Allein in den Jahren 2011 bis 2016 gibt es im Be­reich ÖBB/Eisenbahn-Infrastruktur eine Gesamtinvestition von 675,4 Millionen €. Dazu kommen die ASFINAG-Gelder für den Ausbau im Straßenbereich, inklusive Pfänder­tunnel et cetera, mit 434 Millionen €. Insgesamt sind das von 2011 bis 2016 über 1,1 Milliarden €, und das allein für das kleine Bundesland Vorarlberg! Sie hätten allen Grund, der Ministerin zu danken und hier nicht Kritik zu üben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.05


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rädler. 4 Minu­ten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


20.05.55

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Ich glaube, dass wir ein ausgewogenes Verkehrsbudget erstellt haben: plus 3 Prozent bei den gesamtwirtschaftlichen Leistungen, bei einem Konsolidierungs­bedarf von 550 Millionen € in diesem Budgetbereich. (Abg. Dr. Moser: Und was ist das Nächste? ... wie in Niederösterreich?) – Ja, liebe Frau Moser, Ihre Politik ist nach der Philosophie ausgerichtet: Schützt die Bäume, esst mehr Biber! – Aber da können wir alle miteinander nicht mit. (Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ.)

Zurück zur Verkehrspolitik. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Moser.) – Ja, ja. Es gibt wichtige strategische Punkte in diesem Budget, dafür sind wir sehr dankbar. Es wurden die Themen Westbahn und Südbahn angeschnitten, wo es notwendig ist, Infra­strukturmaßnahmen zu setzen. (Abg. Dr. Moser: Ich habe kein einziges Mal einen Baum ...!) Es ist weiter notwendig – aber da haben Sie keine Ahnung –, dass 33 Millio­nen € in den Breitbandausbau investiert werden. Das müsste eigentlich auch Sie er­freuen, damit können auch in Oberösterreich und im ländlichen Raum neue Infrastruk­turen und eine Standorterweiterung für unsere Betriebe geschaffen werden.

Aber ich möchte mich jetzt eigentlich noch mit einem aktuellen Thema beschäftigen, Frau Bundesminister, nämlich mit zweien Ihrer Vorgänger; der eine ist Sekanina, der Zweite der heutige Herr Bundeskanzler. Vielleicht habe Sie heute Früh im Radio von den Verkehrsunfällen auf der Wechselstrecke gehört, der „Sekanina-Sparstrecke“ auf der Südautobahn, wo es immer wieder zu Unfällen kommt.

Jetzt haben wir unter Verkehrsminister Faymann erreicht, dass beginnend mit dem Jahr 2009, weil auf dieser Strecke dreimal mehr Unfälle als in Gesamt-Österreich auf


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vergleichbaren Autobahnstrecken passieren, eine Tempo-100-Beschränkung in Fahrt­richtung Wien eingerichtet wird, beschränkt mit Verordnung des Verkehrsministeriums bis Ende dieses Jahres. Die Zahlen sprechen eine eigene Sprache: 2007 gab es auf dieser Strecke 185 Verkehrsunfälle, 2008 170 Unfälle; dann kam die Verordnung mit der 100-Stundenkilometer-Beschränkung, daraufhin hatten wir 73 Verkehrsunfälle im Jahr 2009 und im heurigen Jahr 55 Unfälle.

Am 1. Dezember gab es eine Besprechung im Beisein eines Beamten Ihres Verkehrs­ministeriums, bei dem ich bezweifle, dass er überhaupt einen Führerschein hat, denn da wurde festgelegt, dass diese Maßnahme nur noch bis Mitte nächsten Jahres verlän­gert wird. Dann soll sie aufgehoben werden.

Jetzt soll mir einmal irgendjemand, der einen Führerschein hat, erklären, ob das sinn­voll ist. Ich hoffe auf die Vernunft! Ich möchte jetzt nicht mit Ihnen in Streit treten, Frau Bundesminister (Bundesministerin Bures: Schade!) – nein, nicht „schade“ –, sondern ich bin mir sicher, dass Sie hier mit Ihrer praxisbezogenen Politik eine Lösung finden werden. Sonst müssten Kollege Hechtl von Ihrer Partei und ich – und ich hoffe, auch Sie – uns wie angekündigt auf die Südautobahn setzen und diese Strecke angemeldet lahmlegen.

Daher bitte ich, dass Sie einschreiten und den Beamten sagen, was hier wirklich wich­tig ist. (Beifall bei der ÖVP.)

20.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. Die gesamte verfügbare Restredezeit der Fraktion beträgt 3 Minuten; diese stelle ich ein. – Bitte.

 


20.09.31

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesmi­nister! Frau Kollegin Hakl, jetzt sind Sie Gott sei Dank wieder im Saal: Ich meine, was bilden Sie sich eigentlich ein, hier einmal mehr herauszukommen und den Koralmtun­nel in Frage zu stellen?! (Abg. Steibl: Genau! Da bin ich einmal deiner Meinung!) – Bis heute! Selbst in Ihrer eigenen Fraktion ist es unerklärlich (Beifall beim BZÖ), warum gerade Sie einmal mehr in den Chor der Mayers und der Wifo-Aigingers und wie sie alle heißen, einstimmen und den Koralmtunnel, eine zentrale Verkehrsachse, einmal mehr torpedieren, noch dazu mit irgendwelchen Vorwürfen, die wir hier nicht überprü­fen können!

Ich sage Ihnen nur eines – Sie sagen, da müsse noch gebaut werden, so viele Brü­cken, Bäche müssen überbrückt werden, Stainzbach –: Das steht schon alles! 1,2 Mil­liarden € sind in die Strecke schon investiert, und die Ministerin hat das Baulos 2 be­reits vergeben. Wir sind bereits im Tunnel. Wir bauen schon den Tunnel, und die Stre­cke ist zumindest auf steirischer Seite fix und fertig und befahrbar.

Ich frage mich daher wirklich, warum Sie hier einmal mehr heraustreten und – offenbar auch gegen den Willen Ihrer eigenen Fraktion und zum Unmut Ihrer eigenen Fraktion – wieder eine Debatte zum Koralmtunnel anzetteln. Wenn Sie sich bei den Freiheitlichen wohler fühlen, dann sagen Sie es! (Beifall beim BZÖ.) Treten Sie dann auch gleich in die nächste Fraktion über, wenn Sie Ihre politische Zukunft sichern wollen, aber beläs­tigen Sie nicht dieses Haus, wenn es um dieses wesentliche Zukunftsprojekt geht, das zwischen SPÖ und ÖVP und einer Mehrheit dieses Hauses außer Streit gestellt ist! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf der Abg. Dr. Moser.)

Sehr geehrte Frau Bundesminister, was mich aber heute beschäftigt – daher bringe ich auch einen Entschließungsantrag der Abgeordneten Grosz, Hagen, Dolinschek und Mag. Widmann ein –, ist die Verschlechterung durch die Bundesregierung bei der Nah­


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verkehrsförderung für Länder und Gemeinden. Sie und viele andere innovative Ver­kehrspolitiker schreiten bei allen möglichen Symposien nach vorne und sagen: Der öf­fentliche Verkehr ist unsere Zukunft.

Die Koralmbahn ist der öffentliche Verkehr! Wir wissen durch die Feinstaubbelastung in den großen Städten, in den Ballungszentren, dass uns nur noch der einzige Weg bleibt – und es ist auch gut so –, den öffentlichen Verkehr zu stärken. Daher frage ich mich, warum Sie gerade in dieser Situation die Nahverkehrsförderung um bis zu 25 Prozent streichen und wir in der Steiermark – klassisch in Graz –, in Klagenfurt, überall die Pro­bleme bekommen werden, in allen Bundesländern die Probleme bekommen werden, als Gemeinde diesen öffentlichen Verkehr zu finanzieren.

Daher bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

„Der Nationalrat wolle beschließen:

‚Die Bundesregierung wird ersucht, im Bereich des öffentlichen Personennah- und Re­gionalverkehrs keine Kürzungen der Bundesförderungen herbeizuführen und die Mitfi­nanzierungsverantwortung des Bundes mindestens im bisherigen Ausmaß fortzuset­zen. Die Zuschüsse für zusätzliche Verkehrsdienste gemäß den §§ 24 und 26 des Ös­terreichischen Personennah- und Regionalverkehrsgesetzes sollen zumindest in un­veränderter Höhe weiterhin bereitgestellt werden. Zur Verbesserung des öffentlichen Verkehrs sind mit den Ländern und Gemeinden weitere Verkehrsprojekte umzusetzen.‘“

*****

Ich glaube, gerade das ist sinnvoll: nicht in diesem Bereich, im Bereich des öffentlichen Verkehrs zu sparen. Frau Bundesminister, sparen Sie bei Ihren Inseraten, die Sie über­all schalten! Seitenweise Inserate mit kleinem Passfoto unten: „Ihre Doris Bures“. Spa­ren Sie bei Ihren Ausgaben bei der ÖBB, die Sie, Ihr Herr Haberzettl (Präsident Dr. Graf gibt das Glockenzeichen) und Ihr Management zu verantworten haben, aber sparen Sie nicht bei der Zukunft dieses Landes, nämlich beim Verkehr und seiner Wirt­schaftlichkeit! (Beifall beim BZÖ.)

20.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der eingebrachte Entschließungsantrag ist ausrei­chend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Grosz, Hagen, Dolinschek, Mag. Widmann, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend keine Verschlechterungen bei der Nahverkehrsförderung für Länder und Gemeinden,

eingebracht in der Sitzung des Nationalrates am 21.12.2010 im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundes­gesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfi­nanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.); [UG 41- Verkehr].

In Österreich droht in den nächsten Jahren ein drastischer Eingriff in das bestehende System des öffentlichen Nahverkehrs. Der Bund will sich aus der Verantwortung für den öffentlichen Personennah- und Regionalverkehr in Österreich zurückziehen und immer mehr den Ländern und Gemeinden die Zuständigkeiten und finanziellen Aufga­ben übertragen. Dies allerdings, ohne ausreichende Mittel dafür zur Verfügung zu stel­len. Dies hat beträchtliche negative Auswirkungen für die betroffenen Regionen. Die


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Versorgung der Bürgerinnen und Bürger mit öffentlichem Verkehr ist daher nicht mehr gesichert. Wesentliche Verkehrsdienste beispielsweise im Burgenland, in Oberöster­reich, in der Steiermark und in Graz stehen vor dem Aus. Zudem werden mit den ge­planten Kürzungsplänen die Bemühungen der Länder und Gemeinden, öffentliche Per­sonenverkehrsdienste von hoher Qualität anzubieten, untergraben.

Ein gut funktionierender Personennah- und Regionalverkehr ist aber ein unverzicht­barer Bestandteil der Lebensqualität für Länder und Gemeinden. Die Optimierung und Attraktivierung dieser Verkehrsdienste hat für die einzelnen Regionen eine große Be­deutung. Eine Kürzung der dafür zur Verfügung stehenden Bundesmittel bzw. eine Senkung der Zuschüsse würde daher eine weitere Schwächung des ländlichen Rau­mes sowie eine weitere Belastung für die Pendlerinnen und Pendler in den betroffenen Ländern und Gemeinden bedeuten. Aufgrund der Kürzungspläne bei den Förderungen sind diese Projekte teils nicht mehr finanzierbar, teils zumindest gefährdet.

Eine Reduktion der Förderungen kann nicht als zielführend erachtet werden. Es muss daher ein besonderes Anliegen der Bundesregierung sein, den öffentlichen Personen­nahverkehr zu forcieren. Vielmehr sind die Förderungen beizubehalten und den Län­dern und Gemeinden die erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, im Bereich des öffentlichen Personennah- und Re­gionalverkehrs keine Kürzungen der Bundesförderungen herbeizuführen und die Mitfi­nanzierungsverantwortung des Bundes mindestens im bisherigen Ausmaß fortzuset­zen. Die Zuschüsse für zusätzliche Verkehrsdienste gemäß den §§ 24 und 26 des Ös­terreichischen Personennah- und Regionalverkehrsgesetzes sollen zumindest in un­veränderter Höhe weiterhin bereitgestellt werden. Zur Verbesserung des öffentlichen Verkehrs sind mit den Ländern und Gemeinden weitere Verkehrsprojekte umzusetzen.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Heinzl. 3 Minu­ten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


20.13.17

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminis­terin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Seitens der sozialdemokratischen Fraktion darf ich festhalten: Für uns ist klar, der Koralmtunnel muss gebaut werden, die Koralmbahn muss gebaut werden! (Beifall bei SPÖ und BZÖ.)

Dazu gehört natürlich auch der Semmering-Basistunnel, denn – und das ist heute von meinen Vorrednern schon ein paar Mal richtigerweise bemerkt worden – wir brauchen zu einer Hochleistungs-Westbahn natürlich auch eine leistungsfähige Südbahn. Des­halb ist es notwendig, auch den Koralmtunnel, den Semmering-Basistunnel und die neue Südbahn zu bauen.

Zweiter Punkt: Sehr geehrte Frau Bundesministerin, herzlichste Gratulation zur Vorlage dieses Budgets! Trotz Finanz- und Wirtschaftskrise bringt dieses Budget für 2011 im Bereich der Infrastruktur einen neuen Investitionsrekord, und auch für die zukünftigen Generationen werden Werte geschaffen. Es wird klug und sinnvoll investiert und gleich­zeitig verantwortungsvoll gespart. Die Frau Bundesministerin hat es selbst schon ge­


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sagt: Verantwortungsvolles Sparen heißt zum Beispiel auch, dass in Zukunft nicht jede Straße unbedingt eine Autobahn sein muss.

In den kommenden sechs Jahren – und das ist ein nicht mehr allzu langer Zeitraum – wird fast die unglaubliche Summe von 18 Milliarden € in die österreichische Verkehrs­infrastruktur investiert, davon 11,5 Milliarden € in die Schiene und 6,5 Milliarden € in die Straße. Der Wirtschaftsstandort Österreich braucht ein umweltfreundliches, leis­tungsfähiges Verkehrsnetz. Wachstum und Arbeitsplätze hängen direkt mit einer gut ausgebauten Infrastruktur zusammen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Dass rund zwei Drittel des Geldes in die Schiene fließen, ist, glaube ich, ein klares Bekenntnis zum öffentlichen Verkehr und auch zu mehr Umweltschutz. Diese Investition in die Schiene ist auch deshalb not­wendig, weil, wie wir wissen, große Teile des Schienennetzes noch aus der Zeit der Monarchie stammen. Deshalb ist der weitere Ausbau, der massive Ausbau einer mo­dernen Bahninfrastruktur, unbedingt notwendig. (Abg. Dr. Moser: Es sollte vor allem etwas darauf fahren!)

Dazu kommt, dass jeder Euro der angesprochenen Investitionen dem Staat eine Wert­schöpfung von 2,1 Millionen € zurückbringt. Aber was noch viel wichtiger ist, sehr ge­ehrte Damen und Herren: Durch die bisher getätigten Investitionen wurden 40 000 Ar­beitsplätze dauerhaft gesichert!

Sehr geehrte Damen und Herren, zusammenfassend: Der Ausbau der Infrastruktur ist von entscheidender Bedeutung für die Zukunft des Landes. In Zeiten knapper finan­zieller Mittel gilt es, das Geld besonders zielgerichtet zu verwenden. Oberste Priorität muss dabei ein gut ausgebautes öffentliches Verkehrsnetz und – was mir auch be­sonders wichtig ist – die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schie­ne haben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Vock. 4 Minu­ten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


20.16.34

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Mein Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Die Frau Ministerin hat uns im Ausschuss stolz erklärt, dass mit diesem Budget mehr in die Infrastruktur investiert wird. Wenn man die Budgetzahlen sieht, dann sieht man wirk­lich: Es wird mehr in die Infrastruktur investiert.

Gleichzeitig hat sie uns aber im Ausschuss auch erklärt, dass sie sich als Ministerin nur mehr für die Hauptverkehrsstrecken zuständig fühlt – zum Beispiel für die Westbahn, für die Südbahn –, aber nicht für die vorhandene Infrastruktur der Nebenbahnen. Das sind für sie nur mehr Sightseeing-Bahnen, das ist nur mehr ein attraktives Nebenge­schäft, das vielleicht ein Land macht, das vielleicht ein Privater macht, aber sie als Mi­nisterin ist dafür nicht mehr zuständig.

Diese Nicht-Zuständigkeit, diese Unzuständigkeit, Frau Minister, haben Sie auch in der Beantwortung von Anfragen wiederholt den Abgeordneten hier erklärt. Sie haben es auch dem Rechnungshof im Rahmen einer Kritik erklärt. Immer wenn es für die ÖBB kritisch wird, dann ist die Frau Ministerin nicht zuständig.

Der Rechnungshof hat zum Beispiel zu den Privatbahnen gesagt:

„Das Ressort erstellte das mittelfristige Investitions- und Erhaltungsprogramm 2005 bis 2009 ohne Bezugnahme auf verkehrspolitisch übergeordnete Zielsetzungen und ohne Festlegung von Verteilungsprioritäten. Förderungsmittel wurden teilweise vor Abschluss der Verträge ausbezahlt und auch für nicht ausführungsreife Projekte zugesagt. Die Prü­fung der widmungsgemäßen Verwendung der Förderungsmittel erfolgte nicht systema­tisch.“


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Das heißt, wenn wir unter diesen Gesichtspunkten mehr in die Infrastruktur investieren, Frau Minister, dann sehe ich das als Drohung. Das sehe ich als Drohung, die ÖBB wei­ter zu ruinieren, denn was macht eine Bahn interessant? – Es ist doch mir als Fahrgast egal, ob ich von Mödling nach Wien 10 Minuten oder 15 Minuten fahre oder ob ich, wenn ich nach Graz fahre, 15 Minuten länger im Zug sitze. Wenn ich einmal im Zug sit­ze, bin ich zufriedener Kunde – hoffentlich! Das Problem besteht dann, wenn ich auf dem Bahnsteig sitze, wenn ich keinen Anschlusszug habe, wenn ich keine Anschluss­verbindung habe, wenn ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht weiterkomme. Dann habe ich ein Problem – und genau das ist das Problem der Nebenbahnen.

Für mich ist auch Folgendes interessant: Wir haben ja am Anfang dieses Jahres die Nebenbahnen an Niederösterreich abgetreten, mit einer Betriebsverpflichtung bis 2030, also für die nächsten 20 Jahre. Jetzt frage ich mich, Frau Minister: Sind Sie da auf die vollmundigen Versprechen des Landeshauptmanns Erwin Pröll hereingefallen? Hat er Ihnen da versprochen, dass man das großartig herrichten kann und die Bahnen groß­artig machen kann? Oder war Ihnen von vornherein klar, dass diese Nebenbahnen letzten Endes nur geschlossen werden, dass alles hier nur Show ist?

Die NÖVOG – so liest man in der Öffentlichkeit nach – hat ganze 14 Tage nach Inter­essenten für die Nebenbahnen gesucht; 14 Tage für derartige Investitionsprojekte! Mich wundert es nicht, dass man keine Investoren gefunden hat. Als Folge gibt es beim neu­en Fahrplan eine Schließung folgender Bahnen: das Schweinbarther Kreuz, das Trai­sental, die Krumpe – eine Nebenbahn der Mariazellerbahn –, das Schwarzenauer Kreuz, die Erlauftalbahn, die Wachauer Bahn.

Eine Bahnlinie nach der anderen wird eingestellt. Die Nebenbahnen, die wir mühsam erstellt haben, sind alle eingestellt. Da kann man dann nicht mehr sagen, die öffentli­chen Verkehrsmittel sind attraktiv, sondern: Ich steh’ auf dem Bahnsteig und woat auf an Zug, oba der kummt ned – weil diese Nebenbahnen eingestellt sind! Während Politi­ker der Monarchie Weitblick zeigten und ein Eisenbahnnetz mit Nebenbahnen großzü­gig ausgebaut haben, werden diese Errungenschaften heute durch rot-schwarze Politi­ker abgebaut. Das Verkehrsministerium hat die niederösterreichischen Nebenbahnen unter Ihrer Führung ermordet! Landeshauptmann Pröll ist der Totengräber! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Großruck: ... Seilbahn?!)

20.20


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Schmuckenschlager. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.20.57

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Ich möchte kurz berichtigen: Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll ist kein Totengräber! (Beifall bei der ÖVP. – Heiterkeit des Abg. Grosz.)

Experten verlangen schon länger einen mittel- und längerfristigen Finanzierungsplan für die ÖBB. (Abg. Grosz: Was ist er denn?) Dieser Finanzierungsplan soll auch das Finanzszenario von 2011 bis 2020 beinhalten und klare Ziele definieren. (Abg. Grosz: Der Chefpompfüneberer?) Heute zahlt jeder Österreicher pro Jahr bereits 2 500 € an Steuergeld, ohne auch nur einmal in einem Zug gesessen zu sein. (Abg. Grosz: Ker­zenhalter?) Aber besonderes Fingerspitzengefühl haben die Manager bei der neuen Einstellung des Ticketverkaufs in Nahverkehrszügen bewiesen. (Abg. Grosz: Arm­leuchter?) Da wird in Zukunft der Ticketverkauf im Zug nicht mehr möglich sein. (Abg. Grosz: Was ist Ihre Definition?) – Landeshauptmann von Niederösterreich!

Fahrkarten sind dann nur mehr bei den Automaten zu kaufen, via Internet oder via Handy. Falls jetzt jemand Bedenken haben könnte, dass für Personen, die mit diesen


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Alternativen nicht umgehen können, Probleme entstehen, seien Sie ohne Sorge, denn für Senioren und Interessierte machen die ÖBB Infotouren an den Automatenkassen. Ich hoffe nur, dass sie vorher kein Ticket dafür kaufen müssen. (Zwischenruf des Abg. Vock.)

Zugbegleiter soll es auch weiterhin auf den Strecken mit Selbstbedienung im Nahver­kehr geben. Ihre Aufgabe wird sich jedoch vom Ticketverkauf in Richtung Kundenser­vice und Kontrolltätigkeit entwickeln. Das System wird umgestellt, mit dem Erfolg, dass wir weiterhin die Zugbegleiter haben, sie aber nicht mehr zum Kassieren, sondern zum Strafen im Zug sitzen. – Also Kundenservice sieht anders aus! (Abg. Grosz: Herr Ab­geordneter, sind Sie Ministrant?!)

Aber Sie brauchen keine Angst zu haben, die Arbeiterkammer hilft. Ich darf hier kurz eine OTS-Meldung verlesen. Zitat:

„Wenn der Automat am Bahnsteig defekt ist, müssen die Fahrgäste laut ÖBB bewei­sen, dass sie kein Ticket kaufen konnten. Fotografieren Sie beispielsweise mit dem Handy einen defekten Automaten. Nur so haben Sie eine Chance, die Mehrgebühren von 65 oder 95 Euro zurückzuerhalten.“

Wenn man dann also mit dem Handy den defekten Automaten fotografiert hat, könnte man vielleicht auch nachher mit dem Handy dieses Ticket kaufen?! Es ist ja wirklich skurril, was da los ist!

Aber ein zweites Thema, zu den Holztransporten: Herr Heinzl, Sie haben hier vorher groß­spurig auch davon geredet, die (Abg. Heinzl: Junger Mann, nicht „großspurig“ ...!) – Doch, Sie haben davon gesprochen, den Transport von der Straße auf die Schiene zu verla­gern. Ein wirklich tolles Ziel. Nur macht die Rail Cargo Austria genau das Gegenteil: Mit der Preiserhöhung gerade bei den Holztransporten zwingt sie über 200 000 Lkw-Fuh­ren wieder zurück auf die Straße, weil sonst eine Zukunftsbranche wie die Holzbranche in Österreich nicht mehr konkurrenzfähig sein könnte. Das ist Ihre Politik! So sieht die Kundenfreundlichkeit der ÖBB aus! Zukunftsbahn muss anders aussehen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Das ist ja das Unternehmen vom Haberzettl!)

20.24


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Tadler. Eingestellte Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

 


20.24.31

Abgeordneter Erich Tadler (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Es reicht! Dieser magische Satz hat zum Bruch der letz­ten Regierung geführt, den Rest kennen wir. Es reicht der Bevölkerung mit dieser Poli­tik der Verzögerung von Reformen, die längst angekündigt und nie umgesetzt wurden: Verwaltungsreform, Gesundheitsreform, Bildungsreform, um nur einige zu nennen.

Wir leben in einem Land von Kunktatoren – das sind Zauderer, Hinauszögerer. Des­halb formiert sich auch schon ziviler Ungehorsam, der sich in Protestkundgebungen der Bevölkerung zeigt. Ehemals wichtige politische Persönlichkeiten erzeugen Druck auf die Regierung, um den riesigen Reformstau aufzulösen und den Entscheidungsträ­gern unter die Arme zu greifen.

Meine Damen und Herren, die Zeit der Blockadepolitik, der Freunderlwirtschaft ist zu Ende! Das werden die Regierungsparteien beide – sie verstehen sich ja bestens, wie wir gerade gemerkt haben – bei den nächsten Wahlen merken. Die Sozialpartner, die Zwangsmitgliedsvereine braten ihren eigenen Saft und beglückwünschen sich gegen­seitig dazu, wie gut und wie bezahlt sich dieses System seit Jahrzehnten macht.

Meine Damen und Herren von den Sozialpartnern, das Hohe Haus ist für die Legis­lative zuständig – und nicht die Sozialpartner! Eine Reform von Bund, Ländern und


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Gemeinden steht schon lange an. Vor allem den Gemeinden steht, wie wir heute gele­sen haben, das Wasser bis zum Halse. Auch die Landesfürsten kochen ihr eigenes Süppchen: Sie sind eine Art Oberregierung, der sich die Bundesregierung unter Fe­derführung der ÖVP untergliedert. Hier liegt das Problem in den unterschiedlichen Zu­ständigkeiten, es ist ein Kompetenzwirrwarr. Darum geht nichts weiter, meine Damen und Herren.

Frau Bundesminister, Sie warten schon auf die ÖBB, aber Sie haben noch genügend Arbeit. So auch bei Österreichs berühmtester Baustelle, wie der Herr Ferry Maier – er ist nicht im Haus – immer wieder sagt: Das Einzige, das bei den ÖBB fix ist, sind die Schulden. – Die bald auch für die Maastricht-Kriterien relevant werden, das hat auch Frau Kollegin Moser gesagt. Nächsten März ist Schluss mit den Finanztricks und den ausgelagerten Schulden der ÖBB. Wenn man die Schulden der ÖBB, wir sprechen hier von 18 Milliarden €, dem Bund zurechnet, dann „Gute Nacht, Österreich!“ Dann haben wir wirklich griechische Verhältnisse. Wer wird uns dann helfen? Wo ist hier die Nach­haltigkeit?

Private Bahnanbieter, wie zum Beispiel auf der Strecke zwischen Salzburg und Wien, die für mich interessant ist, könnten es vielleicht schaffen, aber nur mit denselben Wett­bewerbsbedingungen, Frau Minister! Ein Statement gab es schon gestern vom Herrn ÖVP-Abgeordneten dazu.

Jetzt zur Südbahn: Diese Projekte müssen wir finalisieren. Auch der Brennerbasistun­nel soll schleunigst finalisiert werden!

Jetzt zu diesem schönen Haus: Hier sollte weniger gestritten und mehr gearbeitet wer­den – und keine so sinnentleerten oder sinnlosen Aktionen stattfinden wie jene, die ges­tern in diesem baufälligen Gebäude stattgefunden haben. Sonst sagt die Bevölkerung, wie schon so oft zu dieser Politik von Rot und Schwarz: Es reicht! – Danke, meine Da­men und Herren!

20.27


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Lohfeyer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.28.06

Abgeordnete Mag. Rosa Lohfeyer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! 2009 wa­ren rund 10 Prozent der PflichtschulabsolventInnen arbeitslos. Jedes einzelne Unter­nehmen ist hier gefragt, Lehrlinge aufzunehmen, vor allem die großen Betriebe. Ich möchte auf die Lehrwerkstätten der ÖBB eingehen und hervorheben, dass sie wesent­lich dazu beitragen, dass junge Menschen die Chance bekommen, auf Lehrabschlüsse mit höchstem Niveau hinzuarbeiten.

Die ÖBB als größter umweltfreundlicher Mobilitätsdienstleister in Österreich investieren nicht nur in die neuen Technologien, sondern auch in ihre MitarbeiterInnen. Das zeigt sich in der Qualität der Ausbildung, in den ÖBB-Lehrwerkstätten, die sich durch ihre in­tensive, innovative Ausbildung auszeichnen. Es bedarf des besonderen Einsatzes von Menschen wie den Koordinatoren und den Zuständigen in den Lehrwerkstätten, dass neben der technischen und kaufmännischen Kompetenz auch Projekte zur sozialen Kompetenz, Suchtprävention, gegen Rechtsradikalismus und für Integration während der Ausbildung an Gewicht gewonnen haben.

Innovation ist bei den ÖBB auch hinsichtlich der Begeisterung von jungen Frauen für technische Berufe geboten. Derzeit sind immerhin 18 Prozent, das sind 328 von über 1 800 Lehrlingen weiblich. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, um den Frau­enanteil von 7 Prozent stetig zu erhöhen. Außergewöhnlich ist auch, dass die Lehrlinge im Laufe der Lehrjahre auf mehreren Einsatzorten praktisch geschult und eingesetzt


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 330

werden. Dadurch bekommen sie einen guten Überblick über die Struktur des Unter­nehmens, sodass dem Unternehmen am Ende der Lehrzeit bestausgebildete Mitarbei­terInnen im kaufmännischen, verkehrs- und technikorientierten Bereich zur Verfügung stehen.

Junge, engagierte Topmitarbeiter mit Topausbildung sind der größte Wert eines jeden Unternehmens. Diesem Grundsatz wird in den ÖBB-Lehrwerkstätten Rechnung getra­gen. Die jährlichen 20 Millionen € an Förderungen und Subventionen für Lehrlinge durch das BMVIT sind eine sehr sinnvolle Investition in die Zukunft der jungen Menschen und in die Infrastruktur unseres Landes. (Beifall bei der SPÖ.)

20.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Grosz zu Wort gemeldet. Ich erinnere ausdrücklich an die Bestimmun­gen der Geschäftsordnung und erteile ihm das Wort. – Bitte.

 


20.30.39

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Abgeordnete Schmuckenschlager hat hier behauptet, Landeshauptmann Erwin Pröll wäre kein To­tengräber.

Ich berichtige tatsächlich, angesichts seiner Politik der verbrannten Erde ist er wohl eher ein Feuerbestatter. (Heiterkeit. – Anhaltende Zwischenrufe bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kößl: Eine Steigerung an Blödheit gibt’s da nimmer!)

20.30


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege, bitte!

Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Walser zu Wort. Eingestellte Rede­zeit: 1 Minute. (Zwischenrufe des Abg. Dr. Walser.) – Ihre Fraktion hat in Summe noch 2 Minuten Restredezeit, diese stelle ich Ihnen ein. Ist das okay? Es stehen noch 2 Mi­nuten zur Verfügung, und diese bekommen Sie in der vollen Länge. – Bitte.

 


20.31.10

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Ho­hes Haus! In jüngster Zeit hat es einige Vorkommnisse gegeben, die der Republik sehr teuer zu stehen gekommen sind. Ich möchte insbesondere an die Vorkommnisse beim Flughafen Wien erinnern: Man sieht, was herauskommt, wenn Parteien ihren Einfluss geltend machen und hohe Manager installieren. Das kommt der Republik sehr, sehr teuer, das ist Postenschacher zum Schaden der Republik!

Es soll jetzt ein Ende mit Schrecken geben. Was man hört: 350 000 € Abfertigung. Hin­zu kommen Konsulentenverträge, gerüchtehalber ebenfalls in der Höhe von 350 000 €. Es ist eine der vornehmen Aufgaben der Opposition, da Kontrolle auszuüben. Ich glau­be, ein besonderer Dank gilt diesbezüglich unserer Abgeordneten Gabriela Moser, die in den letzten Wochen in vielerlei Hinsicht für Aufsehen und für Sauberkeit in diesem Staat gesorgt hat. (Beifall bei den Grünen.)

Ich darf daher folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Vertragsschablonenverordnung derart an­zupassen, dass eine Vertragsauflösung auch bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, etwa Vertrauensverlust, möglich wird.“

*****

Gerade die Vorkommnisse am Flughafen Wien zeigen, wie wichtig es ist, dass wir das einführen. So bietet selbst offenkundiges Unvermögen bislang keine Handhabe, das zu


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 331

gewährleisten. Deshalb haben wir diesen Antrag eingebracht. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.33


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Abgeordneter Dr. Walser, der Antrag, den Sie jetzt eingebracht haben, ist bei uns am Präsidium noch nicht schriftlich eingelangt. (Abg. Grosz: Keine Klubführung!)

Jetzt gäbe es theoretisch die Möglichkeit, dass Sie ihn mir mit fünf Unterschriften unter­schreiben, die Sie schnell herbeizaubern, oder wir müssen eine Unterstützungsfrage stellen. – Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Moser, Freundinnen und Freunde betreffend Vertragsschablone für Vorstandsverträge

eingebracht im Zuge der Debatte über das Bundesfinanzgesetz 2011 samt Anlagen (980 d.B.)

Die jüngsten Vorkommnisse beim Flughafen Wien haben erneut gezeigt, dass die Ver­tragsschablonenverordnung aus dem Jahr 1998 Reformbedarf hat. So bieten selbst of­fenkundiges Unvermögen oder Fehlleistungen des Vorstands keine Handhabe, Ver­träge schnell und kostensparend zu beenden. Insbesonders fehlen Klauseln, wie sie in Vorstandsverträgen in der Privatwirtschaft üblich sind, über die Entziehung der Vor­standsagenden bei Vertrauensverlust. Weiters ist eine Koppelungsklausel im Vor­standsvertrag zweckmäßig, mit der ein Vorstandsvertrag automatisch mit Abberufung des Vorstands endet.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Vertragsschablonenverordnung derart an­zupassen, dass eine Vertragsauflösung auch bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, etwa Vertrauensverlust, möglich wird.

*****

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Eßl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.34.54

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Grosz, ich wäre beinahe versucht, zu sagen: Wenn da etwas verbrannt ist, dann ist es das Hirn des Kollegen Grosz! Aber das wäre beinahe  (Zahlreiche Zwischenrufe beim BZÖ. – Abg. Grosz: Herr Präsident, ein Ord­nungsruf!)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Abgeordneter Eßl, ich erteile Ihnen einen Ord­nungsruf für die Behauptung, dass das Hirn des Herrn Abgeordneten Grosz abge­brannt sei, und bitte, sich in den letzten Minuten des heutigen Tages etwas zu mäßigen!

Setzen Sie mit Ihrer Rede fort!

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 332

Abgeordneter Franz Eßl (fortsetzend): Sehr geehrter Herr Präsident! Ich habe gesagt, ich wäre beinahe versucht, aber nachdem der Kollege Faul schon nach diesem Or­gan gesucht und es nicht gefunden hat, ist es nicht möglich! (Allgemeine Heiterkeit. – Beifall bei ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grünen. – Abg. Grosz: Auch Faul musste gehen!)

Meine geschätzten Damen und Herren, bleiben wir bei der Ernsthaftigkeit. Wenn wir vom Budget reden, dann reden wir von der Gestaltung der Zukunft. Das ist uns wichtig. Wenn wir auch unterschiedlicher Meinung sind und der eine oder andere vielleicht ein anderes Budget gemacht hätte: Die Politik braucht Kompromisse. Wichtig ist, dass wir nach dem Krisenszenario die Finanzen tatsächlich wieder festigen, um für unsere Ju­gend die Zukunft zu sichern!

Im Budget Verkehr, Innovation und Technologie haben wir ein Gesamtbudget von 2,706 Milliarden €. Damit ist es möglich, wichtige Infrastrukturprojekte wieder durchzu­setzen.

Ich muss als Salzburger natürlich einige Projekte herausstreichen, die mir wichtig sind: Salzburg-Freilassing, die Strecke Straßwalchen West, Seekirchen, Hallwang und Elix­hausen, der Bahnhof in Lend. Aber ich möchte auch die Strecke Golling-Bischofshofen, die Pass-Lueg-Strecke wieder in Erinnerung rufen: Sie ist uns für die Zukunft sehr, sehr wichtig.

Wenn ich zur Straße komme, dann sage ich, dass Umweltentlastungsmaßnahmen in Zederhaus für uns prioritär sind, aber ich möchte auch den Autobahn-Anschluss in Al­tenmarkt nicht vergessen.

Wichtig ist mir auch – da möchte ich an den Herrn Kollegen Schmuckenschlager an­schließen – die Geschichte mit den Verladebahnhöfen. Ich finde, es ist absolut nicht gescheit, was da die ÖBB machen, denn – ich nehme das Bundesland Salzburg als Beispiel –: 200 000 Festmeter Holz werden jährlich von der Schiene auf den Lkw ge­drängt. Das sind 8 000 Lkw-Züge! Ich glaube, das ist einfach nicht gescheit im Sinne einer umweltfreundlichen Verkehrspolitik.

Frau Bundesministerin, sparen Sie wirklich woanders, sparen Sie im System, dort, wo Privilegien herrschen! Eine Pensionsrechtsreform bei den ÖBB ist notwendig! Sparen Sie nicht dort, wo umweltfreundlich gewirtschaftet wird!

Mit dem Budget können wir, glaube ich, durchaus einverstanden sein. Es ermöglicht, zuversichtlich in die Zukunft zu schauen. (Beifall bei der ÖVP.)

20.38


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Gartelgruber. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.38.27

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Der Herr Staatssekretär ist nicht mehr da. Was mich heute in der Diskussion beim Budget etwas verwundert hat: Es war nur der Kollege Tadler, der den Brenner-Basistunnel angespro­chen hat. Als Tirolerin interessiert mich natürlich die Umsetzung oder die Weiterent­wicklung dieses Projektes sehr. Was für mich eine große Bedeutung hat, ist: Wie steht eigentlich die EU zur Verlagerung auf die Schiene? Gibt es dazu überhaupt Garantien? Gibt es seitens der EU dazu eine klare Aussage?

Weiters möchte ich Sie fragen, Frau Bundesministerin: Wann kann mit dem Brenner-Basistunnel tatsächlich begonnen werden? Wann findet das statt – da wir ja jetzt von Italien die Zusage bekommen haben, dass die Finanzierung steht –?

Was beim Brenner-Basistunnel noch ein sehr, sehr großes Problem ist: Mit den Kür­zungen des Budgets werden, so meine große Sorge, wahrscheinlich auch hier Kürzun­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 333

gen stattfinden. Die schlimmste Kürzung, die uns ins Haus stehen könnte, wäre, dass die Zulaufstrecken des Brenner-Basistunnels gerade im Unterinntal – ich spreche als Wörglerin, ich komme aus dem Unterinntal – eine massive Belastung für die Wörgler und für die Unterinntaler Bevölkerung wäre. Frau Bundesministerin, da wünsche ich von Ihnen eine klare Aussage: Gibt es tatsächlich die Zusage, dass die Zulaufstre­cken des Brenner-Basistunnels unterirdisch gebaut werden?

Ich fordere Sie wirklich auf, dazu klare Aussagen zu tätigen! Die Tiroler haben genug von Versprechungen und möchten von Ihnen klare Antworten haben! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

20.39


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Stauber. 2 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Mag. Josef Auer – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Stauber –: Geh, Peter, stell das richtig!)

 


20.40.25

Abgeordneter Peter Stauber (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministe­rin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal, Frau Bundesminister, Gratula­tion zu diesem Budget! Ordentlich, klug wird investiert, wo es notwendig ist, und dort, wo es möglich ist, wird auch gespart. Das ist, glaube ich, eine gute und vernünftige Vor­gangsweise. Ich gratuliere dazu! (Beifall bei der SPÖ.)

Für mich als Kärntner Abgeordneten ist natürlich auch der Koralmtunnel ein ganz be­sonders wichtiges Projekt (Beifall des Abg. Grosz), und ich muss schon sagen, das, was wir heute hier zu hören bekommen haben von einer gewissen Frau Hakl, das schlägt dem Fass wirklich den Boden aus. (Beifall des Abg. Grosz sowie bei Abgeord­neten der FPÖ.)

Ich denke, wenn jetzt von vielen Abgeordneten betont worden ist, zum Beispiel von der Frau Kollegin aus Tirol, dass der Brenner-Basistunnel wichtig ist, vom Salzburger, dass die Salzburger Projekte wichtig sind, dann ist natürlich auch für uns Kärntner und Stei­rer der Koralmtunnel wichtig und das gesamte Südbahnprojekt. Dazu stehen wir auch. (Beifall des Abg. Grosz sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ein Projekt, das hier in diesem Haus beschlossen wurde, das von den Ländern Kärn­ten und Steiermark vertraglich mitfinanziert wird, das von der EU anerkannt wird, für das bereits 1,4 Millionen verbaut und 600 Millionen € bereits vergeben sind, noch im­mer in Frage zu stellen, das stellt wirklich in Frage, ob Sie, geschätzte Frau Hakl, wis­sen, was Wirtschaften heißt und wie man Geld in den Sand setzt. Ich glaube, das wis­sen Sie ganz gut. (Beifall beim BZÖ. – Bravoruf des Abg. Petzner. – Abg. Grosz: Fürs Protokoll: Die ÖVP-Abgeordneten nicken bejahend!)

Es ist auch wohltuend zu hören, dass heute hier grenzüberschreitend, über alle Frak­tionsgrenzen, ein Bekenntnis zu diesem Koralmtunnel abgelegt wurde, bis eben auf die Frau Hakl und auch den Kollegen Ferry Maier, der immer wieder da in die Suppe spuckt und immer etwas findet an diesem Projekt. Aber es gibt auch vernünftige Kräfte in der ÖVP. Und wenn Frau Hakl gesagt hat, wir sollen an einem gemeinsamen Strang ziehen, dann sagt ihr, die Vernünftigen, bitte doch, an welchem Ende sie mitziehen soll, damit wir alle in die gleiche Richtung ziehen und nicht gegeneinander.

Danke schön, und ich hoffe, wir werden dieses Projekt weiterbauen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und BZÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 334

20.42


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Josef Auer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.42.38

Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Lieber Herr Kollege Vock, ich darf Ihnen versichern, Totengräber sind bei uns in Tirol eher dunkel gekleidet, also dunkelblau oder schwarz, auf alle Fälle sind sie nicht rot gekleidet.

Gott sei Dank haben wir eine rote Ministerin, und die bringt verkehrspolitisch alles auf Schiene. Sie weiß, dass ein Wirtschaftsstandort natürlich auch gute Verkehrsnetze braucht, vor allem auch umweltfreundliche Verkehrsnetze braucht, und deshalb kann man getrost sagen: Bei unserer Frau Minister ist alles auf Schiene.

Vor allem bei der Bahninfrastruktur liegt doch einiges aus der Vergangenheit noch im Argen, und da ist sie eigentlich das Gegenteil eines Totengräbers. Da muss sie eigent­lich sehr viele Wiederbelebungsversuche und Wiederbelebungsaktionen machen, und das kostet natürlich Geld.

Gott sei Dank sind wir jetzt, was die Infrastruktur bei der Bahn anbelangt, auf der Über­holspur, und wenn man auf der Überholspur ist, dann muss man, glaube ich, auch in den Rückspiegel schauen. Wenn ich in den Rückspiegel schaue bezüglich gestern, muss ich sagen, Frau Fürntrath hat gestern gesagt, dass die Schuldenpolitik unter Bru­no Kreisky entstanden ist beziehungsweise dass Bruno Kreisky der Oberschuldenma­cher wäre.

Ich habe mir das herausgesucht. 13 Jahre Alleinregierung Bruno Kreisky, damals in Schilling 420 Milliarden Schulden, und dann kam die schwarze Partei dazu, die ÖVP, das waren auch 13 Jahre, und es waren um 110 Prozent mehr. Das waren 981 Milliar­den, die dazugekommen sind. Noch dazu ist es eine Zeit gewesen, in der es viele, vie­le Erneuerungen gab, in der es viele Ausbaumaßnahmen gab, vor allem wenn ich an die Totengräber der Bildungspolitik derzeit denke. Damals wurde die Anzahl der Lehrer verdoppelt, viele weiterführende Schulen wurden gebaut, und, und, und. Wir haben also damals für die Zukunft Infrastruktur gebaut, und davon können wir heute zum Teil noch leben. Ich hoffe also, dass Sie so etwas in Zukunft nicht mehr sagen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.45


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Haberzettl. 2 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Grosz: Vorsicht, Kollege Haber­zettel!)

 


20.45.07

Abgeordneter Wilhelm Haberzettl (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! – Kollege Grosz, ein An­gebot: Weihnachtsfriede? (Abg. Grosz: Ja, ganz genau!) Okay.

Frau Hakl, ich denke, heute eine Diskussion über den Koralmtunnel zu beginnen, ist schlichtweg vergossene Milch und ein bisschen verschlafene Zeit. Der Koralmtunnel ist so auf Schiene, dass das irreversibel ist. Der Zug fährt und ist einfach nicht mehr auf­zuhalten. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Grosz.)

Die Diskussion hätten wir ehrlicherweise schon früher führen müssen. Wir können noch einiges über den Brenner diskutieren, aber das werden Sie vielleicht wieder nicht wol­len, dass wir über den Brenner diskutieren, weil hier letztendlich die nächste Stufe erst beginnt.

Ich darf aber jetzt weiter zurückblenden, nämlich in das Jahr 2003, weil ich mir ange­sichts diverser Äußerungen heute hier denke, da scheinen einige zu vergessen, was im Jahr 2003 passiert ist. Ich erinnere Sie an den Verkehrsunterausschuss Neustruktu­rierung ÖBB im Jahr 2003.


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Es gab im Lokal VI ein Hearing, und ich habe Ihnen damals gesagt, es wird in fünf bis sieben Jahren ein enormes Problem mit dieser Struktur geben. Sie haben das Problem jetzt auf dem Tisch. Sie jammern über die Preisgestaltung im Holztransport, Sie jam­mern über die Preisgestaltung im Lebensmittelbereich. Ja, Sie haben die ÖBB in die Eigenständigkeit entsandt, und ein eigenständiges Unternehmen hat einfach Vorschrif­ten, nach denen es zu bilanzieren und nach denen es zu kalkulieren hat. Das haben Sie zu verantworten! Und jetzt haben Sie das Problem: Sie können damit nicht umge­hen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Na, Sie reden von der Infrastruktur. Das ist ein biss­chen etwas anderes. Sie dürfen nicht Äpfel und Birnen vertauschen. Sie haben natür­lich einen Lehrer da hinten sitzen, das ist schon richtig, aber seien Sie doch so ehrlich: Welchem Unternehmen in dieser Republik rechnen Sie die Pensionskosten an? Nicht bei Siemens, keiner Polizei, keinem Staatsdienst, nur der ÖBB. Nehmen Sie sich doch einmal einen Spiegel und halten Sie ihn sich vor! (Beifall bei der SPÖ.)

Und so würde ich Sie ersuchen, gehen Sie auch fair mit diesem Unternehmen um. Sie haben ja eines geschafft, Herr Staatssekretär: Sie haben als Mitglied einer Bundesre­gierung ein eigenes Unternehmen samt den dort Beschäftigten in der Öffentlichkeit so madig gemacht, dass es eine Katastrophe wäre, wenn dieses Unternehmen an der Börse wäre. Das ist ja fahrlässig, wenn nicht sogar vorsätzlicher Rufmord an einem Unternehmen. So schaut die Wirklichkeit aus! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich möchte aber trotzdem auch noch zur Sache kommen. Ich möchte der Frau Bun­desminister gratulieren, weil sie doch einen Auftrag erfüllt hat, bei dem viele Ängste freigeworden sind in Insiderkreisen. Sie hat einen Sparauftrag gelöst in ihrem Ministe­rium, ohne dass sie den Bereich der gemeinwirtschaftlichen Leistungen im Nahverkehr reduzieren musste und ohne dass sie geplante Investitionen absagen musste. Sie hat wohl die Zeitschiene berührt und gestreckt, aber sie hat letztendlich nicht die Investi­tionen selbst in Frage gestellt. Und ich glaube, das war eine enorme Leistung, denn letztendlich hätten wir, würde sich im gemeinwirtschaftlichen Bereich etwas negativ ver­ändert haben, eine Preissteigerung für die Pendlerinnen und Pendler gehabt. Und ich glaube, das wäre wirklich eine Katastrophe gewesen.

Ich möchte aber auch noch einen kurzen Blick in die Zukunft werfen, weil das Budget letztendlich auch etwas darüber aussagt, wie die Zukunft in der Verkehrspolitik aus­schaut. Und ich glaube, hier sind einige Weichen gestellt, die sehr wichtig werden in der zukünftigen Diskussion. (Abg. Vock: Weichen zum Endbahnhof!)

Wir haben in Zukunft eine Diskussion zu führen über das Weißbuch über die Zukunft des Verkehrs mit einer Perspektive bis 2020. Wir haben eine Initiative über den nach­haltigen Verkehr, nämlich eine Revision der TEN-Leitlinien vorzunehmen. Hier geht es um die Definition „umfassendes Grundnetz“ sowie „Kernnetz“, und wir haben auch Stra­tegien für Verkehrstechnologien zu diskutieren und letztendlich zu entwickeln, bis hin zur Einführung.

Aber was ganz wichtig ist: Wir haben auch ein Verkehrssicherheitspaket aus strategi­scher Perspektive mit einem Leitfaden für Verkehrssicherheit zu entwickeln. Das sind unbedingt notwendige Schritte, die im Zuge einer Liberalisierung im Verkehrsbereich zu setzen sind.

Wir haben – und hier sei besonders zur Vorsicht gemahnt – im nächsten Jahr auch ein sogenanntes Recast des ersten Eisenbahnpakets zu diskutieren. Hier, glaube ich, muss sehr sensibel aufgetreten werden, weil genau die bereits genannten Dinge dann wieder zur Sprache kommen. Eine Preisgestaltung im Holztransport ist heute in der Republik Österreich bei den ÖBB noch ein Relikt aus der alten Staatsbahn, ein Trans­port im Lebensmittelbereich ist noch immer ein Relikt aus der alten Staatsbahn, darum auch dort die Bewegung durch das neue Management.


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Ich finde es klug, was hier passiert, ich finde es richtig, was hier passiert. Hier werden die Fehler, die bereits vor sieben Jahren gemacht wurden, letztendlich entweder aufge­arbeitet oder zumindest thematisiert.

Frau Bundesminister! Ihnen wünsche ich im Jahr 2011 weiterhin viel Erfolg! Leider ist es ein kleiner Sparkurs, aber auch den werden Sie meistern. Alles Gute! (Bundesminis­terin Bures: Danke schön! – Beifall bei der SPÖ.)

20.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Keck. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.50.44

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Der Bereich UG 41 des Budgets ist wirklich ein wahres Zukunftskapitel, denn hier geht es um mas­sive In­vestitionen in die Schiene – wir haben es schon gehört mit dem Koralmtunnel – und auch in die Straße. Es werden Aufträge sowohl an die heimische Wirtschaft als auch für die Schaffung einer zukunftsfähigen Mobilität vergeben, und anders, als es hier behauptet wurde, setzen wir mit diesem Budget die Infrastrukturoffensive fort. Auch 2011 wird es mehr Mittel für die Bahninfrastruktur geben. Sie steigen um 40 Prozent auf rund 1,5 Mil­liarden €. Es wird also weiterhin in die Sicherheit der Bahn investiert, es wird weiterhin in den Erhalt der Bahnstrecken investiert, es wird weiter in den Ausbau der Strecken­kapazitäten investiert, und es wird auch weiterhin in Bahnhöfe investiert.

Gespart wird dort, wo eine Überprüfung den Anlass dazu gibt. Und nicht ohne Grund, meine Damen und Herren, bewertete daher die Bundesarbeiterkammer die Maßnah­men im Bereich UG 41 des Budgets als eindeutig positiv. Auch sie sieht, dass mit die­sem Budget auch eine vernünftige Verkehrspolitik mit Lenkungseffekt gemacht wird. Durch die Erhöhung der Mittel um 3,1 Prozent – es sind das 17,1 Millionen € – für ge­meinwirtschaftliche Leistungen im Personenverkehr treten wir auch künftig zum Bei­spiel für jene Menschen ein, die den öffentlichen Verkehr täglich brauchen, nämlich für die Pendler.

Auch in ihrem Namen kann man die Mittel, die im UG 41 bereitgestellt werden, als gute und als richtige Investitionen bezeichnen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.52


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner des heutigen Tages zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Großruck. 3 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Heinzl: Der Großruck bringt wieder einen Vierzeiler!)

 


20.52.25

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Zum Schluss kommt der immer, nicht am Anfang. Das wäre ein Stilbruch.

Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Es ist gar kein Nachteil, wenn man zum Schluss zum Reden kommt, denn jetzt sind noch mehr hier, als in der Früh hier waren, wenn man da Erstredner gewesen wäre. Da (in Richtung FPÖ) gehen mir zwar einige ab, aber das macht nichts.

Meine Damen und Herren! Geschätzte Frau Bundesministerin! Obwohl ich aus Ober­österreich bin, keine Angst, ich werde jetzt nicht auf die Westtangente und die West­umfahrung eingehen, obwohl ich heute im Teletext gelesen habe, dass die Mühlkreis Autobahn und die Linzer Autobahn mit 28 Millionen Fahrzeugen inzwischen zu den meistfrequentierten in Österreich gehören und es deshalb, glaube ich, notwendig ist, dass mit dem Westring eine entsprechende Lösung und Variante kommt. (Beifall bei der FPÖ), und ich bin überzeugt, dass der Herr Landeshauptmann Dr. Pühringer zusam­


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men mit Ihnen, zusammen mit dem Herrn Bundeskanzler, zusammen mit dem Herrn Finanzminister eine für Oberösterreich entsprechend ordentliche Lösung zustande brin­gen wird. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

Zwei Punkte habe ich mir aufgeschrieben, Frau Bundesministerin. Es sind nur Kleinig­keiten, aber ich glaube, gerade die Kleinigkeiten stören die Leute, und sie ärgern sich darüber. Meistens ärgert man sich über Kleinigkeiten.

Das eine ist einmal, dass es noch immer keine Lösung gibt bei den Vignetten, wenn ich ein Wechselkennzeichen habe. Ich würde Sie ersuchen, da ehestmöglich eine Lösung zu finden, denn wenn ich zwei Autos habe und ein Wechselkennzeichen, kann ich nur mit einem fahren, ich kann nur einmal die Autobahn benützen. Und die, die vielleicht in einer Stadt wohnen und für die Stadtfahrten ein kleines Auto benützen, haben, glaube ich, auch ein Anrecht darauf, gerecht behandelt zu werden. Das kostet nichts, es wäre nur eine Lösung zu suchen. Das würde ich mir wünschen.

Das Zweite, Frau Bundesministerin: Ich würde Sie ersuchen, auch in der Europäischen Union dafür einzutreten, obwohl der Konsumentenschutz nicht direkt Ihr Ressort ist, dass auch die Fahrgastrechte, vor allem beim Fliegen, erhöht werden, zum Beispiel, wenn jemand ausfällt. Nicht, dass es so ist, wie es heuer einem Kollegen von mir pas­siert ist, der im Rahmen einer Hilfsmaßnahme nach Albanien wollte. Er konnte nicht flie­gen, weil er einen Unfall hatte. Der Flug ist storniert worden, und er hat die Flugkosten nicht zurückbekommen, obwohl er einen Ersatz gehabt hätte. Das war nicht möglich. Das ist in meinen Augen heute, wo die Glühbirnen, wo alles geregelt wird, ein Skandal, dass so etwas noch möglich ist.

Aber ich komme zum Schluss, meine Damen und Herren, ich komme zum Vierzeiler. Gestern haben wir eine ominöse Sitzung gehabt, die, glaube ich, für jene, die geglaubt haben, sie könnten punkten, gründlich in die Hose gegangen ist. Denn wenn man sich heute die Medien angehört/angesehen hat, konnte man feststellen, es ist nicht viel be­richtet worden. Die Menschen, mit denen wir heute gesprochen haben, haben kein Verständnis gehabt für die sechs oder sieben Stunden Abstimmung. (Abg. Mag. Kog­ler: Zur Sache!)

Ich habe einige Telefonate bekommen, auch von zu Hause, wo mich Leute gefragt ha­ben, ob wir noch alle Tassen – nicht wir, sondern manche hier herinnen – im Schrank haben. Es war gestern, glaube ich, der teuerste Kindergarten Österreichs, den wir ge­habt haben (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ), und das letztklas­sige Kasperltheater Österreichs. So möchte ich das bezeichnen. (Abg. Mag. Kogler: Das ist so ein Schrott, was Sie da reden! Sie sind als Abgeordneter untragbar! Sie ha­ben keine Ahnung!) Ja, regen Sie sich nur auf, Herr Kogler. Sie können ja dann noch fünf Stunden reden. (Abg. Mag. Kogler: Sie machen der Regierung nur die Räuberlei­ter! Dafür werden Sie nicht bezahlt!)

Da wäre es mir viel lieber gewesen, wir wären hinausgegangen in den sechs Stunden, wären in ein Asylantenheim gegangen und hätten dort vielleicht Suppen verteilt oder gekocht. Das wäre viel produktiver gewesen als das, was Sie gestern gemacht haben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Kogler: Ein unglaublicher Unsinn, was Sie da reden!)

So, jetzt kommt mein Vierzeiler, Herr Kogler, um den Weihnachtsfrieden wieder herzu­stellen. Ich habe für Sie, Herr Kogler, einen Weihnachtswunsch ans Christkind. Hören Sie mir zu, Herr Kogler, es kommt mein Weihnachtswunsch für Sie und Ihre Fraktion ans Christkind:

Ich habe einen Wunsch, nicht den geringsten.

Liebes Christkind, dass du ihn weißt:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 338

Komme diesmal erst zu Pfingsten

und schicke uns jetzt den Heiligen Geist!

(Allgemeine Heiterkeit. – Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

20.56


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Frau Bundesministerin Bures hat sich zu Wort ge­meldet. Ich erteile es ihr.

 


20.56.58

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Danke vielmals, Herr Präsident! Ich habe mir gedacht, die Vierzeiler des Herrn Abgeordneten Großruck eignen sich gut als Schlussworte des heutigen Abends.

Ich wollte eigentlich nur, falls Sie mich morgen nicht ins Parlament zitieren, die Gele­genheit nützen, Ihnen frohe Weihnachten zu wünschen.

Ich freue mich auf eine weitere gute Zusammenarbeit im nächsten Jahr. – Danke viel­mals. (Allgemeiner Beifall.)

20.57


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Mir liegen keine Wortmeldungen mehr vor.

Damit sind diese Themenbereiche erledigt.

Ich unterbreche nun die Sitzung bis Mittwoch, den 22. Dezember 2010, 9 Uhr.

Nach Wiederaufnahme der Verhandlungen wird mit der Beratung der Untergliederun­gen 25, 33, 40 der Rubrik 4: Wirtschaft, Infrastruktur und Umwelt, fortgesetzt werden.

Bevor ich die Sitzung unterbreche, mache ich darauf aufmerksam, dass 5 Minuten nach Unterbrechung dieser Sitzung eine Sitzung des Hauptausschusses im Lokal VI stattfin­det.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

20.58.20(Die Sitzung wird am Dienstag, den 21. Dezember 2010, um 20.58 Uhr unterbrochen und am Mittwoch, den 22. Dezember 2010, um 9.05 Uhr fortgesetzt.)

*****


 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 339

09.05.22Fortsetzung der Sitzung:

Mittwoch, 22. Dezember 2010, 9.05 Uhr

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen.

Ich nehme die unterbrochene 91. Sitzung des Nationalrates wieder auf.

Am heutigen Sitzungstag sind folgende Abgeordnete als verhindert gemeldet: Katzian und Ing. Hofer.

Wir setzen mit den Budgetberatungen fort.

Ich gebe bekannt, dass die Sitzung bis 13 Uhr vom ORF live übertragen wird.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Für den heutigen Sitzungstag wurde eine Block­zeit von 8 „Wiener Stunden“ beschlossen, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 116, FPÖ 100, Grüne 84 sowie BZÖ 80 Minuten.

Ferner wurde auf Grundlage eines Präsidialrundlaufes folgende Redeordnung be­schlossen: Während der Fernsehzeit von 9.05 Uhr bis 13 Uhr werden die Untergliede­rungen 40, 33 und 25 – Wirtschaft, Familie und Jugend – gemeinsam debattiert.

Jeder Fraktion steht eine Gesamtredezeit von 41 Minuten zur Verfügung. Es steht den Fraktionen frei, wie viele Redner/Rednerinnen sie jeweils stellen.

Die Einzelredezeit für den Erstredner beziehungsweise die Erstrednerin beträgt jedoch maximal 14 Minuten, jene der weiteren Debattenredner/rednerinnen maximal 9 Minuten.

Der Aufruf der Redner, Rednerinnen erfolgt nach dem Prinzip contra/pro.

Tatsächliche Berichtigungen werden erst nach dem Ende der Fernsehzeit aufgerufen.

Die Redezeit von der Regierungsbank während dieser Debatte beträgt maximal 15 Mi­nuten und kommt ausschließlich der ÖVP zu.

Die weitere Gestaltung der Debatte ist bekannt.

09.07.22Rubrik 4 (Wirtschaft, Infrastruktur und Umwelt) (Fortsetzung)

09.07.23UG 25: Familie und Jugend

UG 33: Wirtschaft (Forschung)

UG 40: Wirtschaft

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Fortsetzung der Verhand­lungen der Rubrik 4 (Wirtschaft, Infrastruktur und Umwelt). Von der Beratung umfasst sind die Untergliederungen 25: Familie und Jugend, 33: Wirtschaft (Forschung), sowie 40: Wirtschaft.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Themessl. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 8 Minuten. – Bitte.

 


9.07.57

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Guten Morgen, Frau Präsidentin! Guten Morgen, Herr Bundesminister! Einen schönen guten Morgen auch der Frau Staatsse­kretärin und dem Herrn Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 340

und Kollegen! Einen schönen guten Morgen auch an alle Zuseher zu Hause und hier im Plenum!

Ja, Herr Bundesminister, wenn man sich das Budget Wirtschaft anschaut und den Teil, der für Familien dort gedacht ist, wegnimmt, dann sieht man, dass Sie eigentlich nur ein Minimalbudget zur Verfügung haben. (Abg. Grillitsch: Das stimmt nicht!) Aber das ist eigentlich nicht der gravierende Punkt. Der gravierende Punkt ist der, dass in die­sem Budget auch absolut keine Strategien und keine Visionen erkennbar sind, wie Wirt­schaftspolitik in Österreich in Zukunft gemacht werden soll, und das ist eigentlich das Fatale an dieser ganzen Sache.

Aber angefangen hat das Ganze ja schon vor zwei Jahren, als dieses Wirtschaftsminis­terium vom Arbeitsministerium getrennt wurde. Ich werde Ihnen aufgrund nur eines Bei­spieles erklären, warum das ein fataler Fehler war.

Sie können heute Wirtschaft und Arbeit nicht voneinander trennen, auch nicht im Minis­terium, weil dies unmittelbar zusammengehört. (Beifall bei der FPÖ.) Sie wissen, dass die österreichische Wirtschaft sehr kleinstrukturiert ist und es heute nicht so ist, dass bei einem Drei-, Vier- oder Fünfmannbetrieb der große Überdrüber der Chef ist, wäh­rend der kleine Unterdrunter der Arbeitnehmer ist.

Es ist grundsätzlich auch falsch, von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu sprechen, son­dern wir sprechen hier ausschließlich von Erwerbstätigen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich sage Ihnen ein Beispiel, warum diese Trennung der Ministerien so fatal war. Sie, Herr Wirtschaftsminister, als Lobbyist der Industrie in Österreich schreien jetzt seit Mo­naten, teilweise schon seit Jahren nach Fachkräften, die uns in Österreich fehlen.

Wir sprechen im Moment von 40 000 Fachkräften, die in Österreich fehlen. Sie wissen genauso wie alle anderen Experten, dass diese im Ausland momentan in dieser Grö­ßenordnung nicht zu holen sind.

Auf der anderen Seite haben wir über das AMS über 70 000 Österreicherinnen und Ös­terreicher in sogenannten AMS-Schulungen, die absolut am Bedarf vorbei produzieren. Aber Sie sind nicht imstande, Ihren Arbeitsminister Hundstorfer soweit zu bringen, dass man diese AMS-Kurse endlich so umgestaltet, dass es dort auch möglich ist, entspre­chende Facharbeiter in den gewünschten Bereichen, wo sie fehlen, auch auszubilden.

Und das ist der erste Fehler, warum das nicht funktionieren kann, wenn der Arbeits­minister dazu noch ein Roter ist und ohnehin nicht Ihr bester Freund und Sie als Wirt­schaftsminister ein Schwarzer sind, der absolut über kein Budget verfügt und absolut keinen Einfluss darauf ausüben kann, was da geschieht.

So – und jetzt sind wir bei der österreichischen Wirtschaft. Sie wissen genau, dass wir im internationalen Vergleich nicht so gut liegen, wie Sie seit zwei Tagen versuchen uns das weiszumachen. Seit zwei Tagen höre ich nichts anderes als: Wir in Österreich sind die Besten, wir haben die wenigsten Arbeitslosen in Europa, wir haben die besten Wirt­schaftsdaten, die besten Wirtschaftsprognosen. – Sie wissen, dass das alles so nicht stimmt.

Zum Ersten sollten Sie, Herr Dr. Bartenstein, wissen, dass Europa nicht nur die EU-Staa­ten umfasst, sondern dass auch die Schweiz mitten in Europa liegt, dass auch Norwe­gen in Europa liegt. Sie wissen, dass bei den Arbeitslosenzahlen die Schweiz und Nor­wegen wesentlich besser dastehen als Österreich, wobei ich zugegebenermaßen fest­halten muss, dass die Arbeitslosenzahlen in Österreich nicht so schlecht sind.

Aber vom Wirtschaftswachstum her sind wir natürlich nur Mittelmaß in diesem Europa und auch innerhalb der EU. In den Wirtschaftswachstumsdaten sind natürlich andere Länder wesentlich stärker. Da fängt das Ganze ja an, dass bei Ihnen völlig die Strate­


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gien dafür fehlen, wie sich die kleinstrukturierte Wirtschaft in den nächsten Jahren in Österreich entwickeln soll. Sie wissen, dass wir eine Reindustrialisierung brauchen, davon sind Sie weit entfernt. Sie wissen, dass zum Beispiel bei den lohnabhängigen Abgaben Österreich mit 31,6 Prozent im Vergleich zu Deutschland mit 19,3 Prozent weit weg von jeder Realität ist. Das heißt, wir sind im internationalen Vergleich absolut nicht konkurrenzfähig, wenn es uns nicht gelingt, diese Abgaben entsprechend zu sen­ken. (Beifall bei der FPÖ.)

Wissen Sie, Herr Wirtschaftsminister, wenn wir das auf den Anteil Deutschlands ab­senken könnten, dann würden Sie den österreichischen Unternehmen 8 Milliarden € an Kosten im Jahr ersparen und dann wären wir konkurrenzfähig nicht nur im europäi­schen Vergleich, sondern natürlich auch im internationalen Vergleich.

Jetzt kommen wir weiter zur Industrie und zur Frage, warum in Österreich die Wachs­tumszahlen im Vergleich zu anderen EU-Ländern nicht das hergeben, was sie eigent­lich hergeben sollten. Sie wissen genau, dass in Österreich im Vergleich zu Deutsch­land in den letzten zwei Jahren wesentlich weniger investiert wurde. Das hängt damit zusammen, dass natürlich nach wie vor diese Bankenkrise dazu geführt hat, dass eine Kreditklemme auf dem österreichischen Markt vorherrscht, und vor allen Dingen damit, dass Sie es nicht schaffen, in Österreich Wirtschaftspolitik zu machen und sich von rei­ner Bankenpolitik endlich zu verabschieden.

Sie haben jetzt zwar die Kreditvertragsgebühr abgeschafft, das ist sicher ein positiv zu erwähnender Aspekt. Sie haben dabei aber vergessen, dass die Gesellschaftssteuer nach wie vor in der Größe von einem Prozent aufrecht bleibt. Das heißt, für österreichi­sche Unternehmen, die sich jetzt schon dadurch auszeichnen, eine sehr geringe Ei­genkapitalquote zu haben, schaffen Sie keinen Anreiz, diese Eigenkapitalquote zu er­höhen, indem man Geld für die eigene Firma oder Firmenbeteiligung mit fördert. Sie haben die Kreditvertragsgebühr abgeschafft, haben aber vergessen, die Gesellschafts­steuer abzuschaffen. Sie haben das ja als Generalsekretär der Wirtschaftskammer da­mals selbst immer wieder gefordert. Also ich hoffe, dass Sie da dranbleiben.

Jetzt komme ich noch zu ein paar Fakten, die zeigen, was Sie außerhalb Ihres Budgets eigentlich nicht einmal versucht haben zu verhindern und was sonst noch alles passiert ist, das die österreichische Wirtschaft belastet. Sie haben die heimische Reisebranche mit 330 Millionen € zusätzlich belastet durch die Flugticketabgabe. Sie haben die Tou­rismuswirtschaft und den Dienstleistungssektor mit 300 Millionen € belastet durch die Streichung der Energieabgabenrückvergütung.

Ein Beispiel: Ein mittlerer Hotelbetrieb, zirka 120 Betten, hat eine zusätzliche Belastung in Höhe von zirka 5 000 € im Jahr. Ein kleinerer Thermenbetrieb hat rund 80 000 € im Jahr an zusätzlicher Belastung.

Der Mittelstand und die KMUs sind durch die Vermögenssteuer belastet in der Größen­ordnung von 430 Millionen €. Die, die Sie treffen wollten, nämlich die Casinospekulan­ten, sind da überhaupt nicht erfasst beziehungsweise die treffen Sie damit nicht.

Die Treibstoffpreise steigen weiter. Sie belasten die heimische Transportindustrie, und zwar über Gebühr. Es hängen Tausende von Arbeitsplätzen daran, Sie wissen das ganz genau.

Die Bankenabgabe wird zu einer reinen KMU-Steuer, weil die Banken bereits ange­kündigt haben, dass sie das selbstverständlich weiter verrechnen werden.

Mit der übermäßigen Erhöhung der Tabaksteuer – ich habe Ihnen das vorgestern schon erklärt – haben Sie Behindertenarbeitsplätze speziell in grenznahen Regionen, Hun­derte von Trafikanten gefährdet, die weiterhin auf Almosen angewiesen sein werden.


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Sie haben die heimische Exportwirtschaft dadurch geschädigt, dass Sie die Montage­regelung nicht verhindert haben. Es gibt bis dato keine Gegenstrategie. Sie wissen, wo­von ich spreche.

Und dann haben Sie es noch zugelassen, dass der ÖVP-Umweltminister den Altlasten­sanierungsfonds geplündert und gleichzeitig noch zusätzlich die Gebühren erhöht hat. Und Sie belasten die Gastronomiebetriebe und auch andere Betriebe in Österreich durch die AGES-Gebühr ab dem Jahr 2012 zusätzlich noch einmal.

Herr Wirtschaftsminister, ich kann Sie nur auffordern. Ich glaube, Sie kennen dieses Pa­pier. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Dieses Papier ist ein Strategiepa­pier „Verwaltungskosten senken für Unternehmen“, eine Maßnahmenliste datiert vom 26. März 2008, damals noch unter Vizekanzler Molterer angeregt, Sie waren in diesem Arbeitskreis.

Auf 19 Seiten wird in über 130 Punkten angeführt, welche Maßnahmen zur Entlastung der österreichischen Firmen gedacht sind. Und wenn Sie es schaffen, Herr Bundesmi­nister, mir von diesen 130 Maßnahmen nur 10 Prozent aufzuzählen, die Sie umgesetzt haben, dann wünsche ich Ihnen viel Vergnügen. Sie haben nichts gemacht! Wenn Sie den Wirtschaftsstandort Österreich in Zukunft aufrechterhalten und die österreichische Wirtschaft und damit Arbeitsplätze nicht weiterhin gefährden wollen, dann tun Sie et­was! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

9.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Haubner gelangt nun zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 5 Minuten. – Bitte.

 


9.17.19

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Frau Staatssekretär! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Wir alle haben es in den letzten Jahren erlebt, wir haben ei­ne Wirtschaftskrise gehabt und diese Wirtschaftskrise hat uns allen sehr viel abver­langt. Aber sie hat vor allem auch die Wirtschaft, jeden einzelnen Unternehmer und je­de einzelne Unternehmerin sehr massiv gefordert.

Unsere Wirtschaft hat aber in dieser Krise, und das war ganz entscheidend, den Kurs gehalten. Viele kleine Unternehmer, mittelständische Betriebe und natürlich auch die Industriebetriebe haben ihre Beschäftigten im Betrieb gehalten und haben damit in der Wirtschaftsflaute an und für sich auf Weiterbildung und Innovation gesetzt. (Beifall bei der ÖVP.) Das zeichnet die österreichischen Unternehmerinnen und Unternehmer aus, dass sie, wenn es darauf ankommt, für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch da sind und in kooperativer Art und Weise zusammenarbeiten.

Es war die Wirtschaft mit ihren Beschäftigten, die den Staatsmotor, den Wirtschafts­motor Österreich am Laufen gehalten hat und trotz schlechter Prognosen auf Innova­tion statt auf Resignation gesetzt hat. Und ich glaube, das ist ganz wichtig, meine Da­men und Herren.

Die Anstrengungen haben sich gelohnt. Wenn man sich das anschaut – und da stimme ich mit dem Kollegen Themessl nicht überein –, dann sehen wir, wir haben einen wirt­schaftlichen Aufschwung, und das ist das Verdienst der Unternehmerinnen und Unter­nehmer. Getragen wird dieser Aufschwung von der Exportwirtschaft. Wir werden auch heuer wieder die 100 Milliarden €-Grenze knacken. Und das ist ein Verdienst der öster­reichischen Unternehmerinnen und Unternehmer. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wissen, es ist ein Sparbudget, und zwar deswegen, weil wir unsere politische Verantwortung wahrnehmen wollen und auch müs­sen, damit wir die Staatsschulden im Griff behalten und somit Stabilität im Land gewähr­leisten.


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Aber ich möchte mich schon beim Minister Mitterlehner dafür bedanken, dass er auch in dieser Phase konjunkturstärkende Maßnahmen gesetzt hat. Mit Maßnahmen der ther­mischen Sanierung, mit der Erhöhung der Forschungsquote und – Sie haben es er­wähnt – mit der Abschaffung der Kreditvertragsgebühr haben wir wichtige Beiträge für unsere Unternehmer geleistet, damit ihre Stabilität, ihre Liquidität und ihre Flexibilität ge­stärkt werden und sie auch ordentlich wirtschaften können. Und wir sind – Herr Kollege Themessl, machen wir uns nicht schlechter, als wir sind – im internationalen Vergleich absolute Spitze. Wir haben ein Wirtschaftswachstum, und die OECD prognostiziert uns bis 2012 stabile 2 Prozent.

Wir sind am Arbeitsmarkt Spitze, in Österreich haben wir mit 4,8 Prozent eine der nied­rigsten Arbeitslosenraten in Europa, und wir sind in der Jugendbeschäftigung absolute Spitze. Und was die Jugendbeschäftigung betrifft, so ist die duale Ausbildung in Öster­reich eines der Erfolgssysteme unserer Ausbildung. Wir müssen daher diese betriebli­che Lehrlingsausbildung weiter fördern. Sie ist ein ganz zentrales Element, denn wenn sich über 40 Prozent der Jugendlichen für einen Lehrberuf entscheiden, dann, muss ich sagen, sind unsere Betriebe attraktive Ausbilder, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben in Österreich eine solide Wirtschaftsstruktur, bestehend aus Klein- und Mit­telbetrieben und Industriebetrieben, und einen starken Mittelstand. Das ist das Rück­grat unserer Wirtschaft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundeskanzler Faymann hat am Sonn­tag in der „Pressestunde“ gesagt, dass wir den Faktor Arbeit entlasten müssen. – Ja, das ist die richtige Ansage. Der Faktor Arbeit muss entlastet werden! (Abg. Dolin­schek: Kollege Haubner! Durchführen, nicht reden!) Wir haben eine der höchsten Abgabenquoten in Europa, und hier sind wir gefordert. Aber das kann nicht über Ver­mögenssteuern funktionieren, denn Vermögenssteuern sind Eigentumssteuern, und Ver­mögensteuern sind Gift für den Wirtschaftsstandort Österreich, meine Damen und Her­ren. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir gefährden damit den Wirtschaftsstandort, die Unternehmen, und wir gefährden da­mit Arbeitsplätze. Und darum gibt es auch in Europa kaum ein Land, wo es Vermögens­steuern gibt. (Abg. Mag. Gaßner: Überall gibt es sie!) Und wenn es Vermögenssteuern gibt, dann werden sie gerade abgeschafft, so wie in Frankreich.

Deshalb brauchen wir einen neuen Ansatz, und da bin ich bei Ihnen, Herr Kollege The­messl: Wir brauchen ausgabenseitige Einsparungspotentiale. Papiere hierfür liegen auf dem Tisch, und es gilt jetzt nach diesem ersten Schritt der Konsolidierung des Staats­haushaltes den zweiten Schritt, nämlich die Umsetzung dieser Reformen, anzugehen.

Deshalb glaube ich, dass wir in Österreich gefordert sind, damit wir auch zukünftig ein stabiler Lebens- und Wirtschaftsstandort bleiben. Lieber unsere Systeme erneuern als unser Eigentum besteuern! – Danke. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP.)

9.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Klubvorsitzende Dr. Glawischnig-Piesczek zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 8 Minuten. – Bitte.

 


9.22.22

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Frau Staatssekretärin! In diesen Rubriken, die wir jetzt diskutieren, ist auch das wahrscheinlich härteste Sparpaket im Rahmen dieses Budgets versteckt, nämlich die Einschnitte im Familienbereich. Deswegen möchte ich meine Rede diesen Einschnit­ten widmen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Bundesregierung immer wieder sagt: Ja, es finden sich in diesem Budget durchaus Druck- und Schmerzpunk­


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te. – Diese Begriffe haben mich immer ein bisschen erschreckt, denn was bedeutet das: Druck- und Schmerzpunkte eines Budgets? – Es sind im Wesentlichen Schmerz­punkte und Druckpunkte für viele Familien, vor allem für die, die Kinder haben – also Eltern, Väter und Mütter mit kleinen Kindern, mit Kindern in Ausbildung, mit Kindern, die studieren –, die durch dieses Budget völlig unverhältnismäßig getroffen werden.

Ich möchte Sie noch einmal bitten, sich vor Augen zu führen, mit welchen Argumenten Sie diesen Familien begegnen. Die ÖVP argumentiert sehr gerne mit dem Schulden­berg der Zukunft, den sie nicht den Kindern und den Enkelkindern überantworten möch­te. Stellen Sie sich vor, Sie sind eine Familie mit drei Kindern, mit vier Kindern oder mit fünf Kindern! (Abg. Neubauer: Die gibt’s ja gar nicht mehr!) Da ist allein schon der All­tag, jede Stunde, jeder Tag, einfach die Bewältigung des Alltags eine unglaubliche Leis­tung, und ich verbeuge mich vor solchen Familien, weil ich mich immer frage: Wie schaf­fen das Eltern mit drei Kindern? – Ich habe nur zwei. (Beifall bei den Grünen.)

Und dann kommt das Argument der ÖVP: Es ist alternativenlos. Wir dürfen unseren Kindern keinen Schuldenberg hinterlassen! – Stattdessen stürzen wir also jene Kinder, die es jetzt schon schwer haben, die jetzt schon armutsgefährdet sind, weiter in die Ar­mutsfalle? – Das kann ja kein vernünftiges Argument sein! Niemand hat jemals dage­gen argumentiert und behauptet, das Budget müsse nicht konsolidiert werden. Selbst­verständlich muss das Budget konsolidiert werden. Aber Sie signalisieren diesen Fami­lien, dass es keine einzige Alternative gibt, um 20 Millionen € einzusparen, als ihre Si­tuation und die Situation ihrer Kinder noch weiter zu verschlimmern. Und das kann kein Argument sein! (Beifall bei den Grünen.)

Es kann nicht sein, dass es im ganzen Bundeshaushalt keine andere Maßnahme gibt, die 21 Millionen € hereinbringt. Das ist auch das, was so wehtut: dass man sich nicht die Mühe gemacht hat, solche Härten zu vermeiden. Aber das ist nicht die einzige Härte.

Was die Senkung der Familienbeihilfe von 26 auf 24 betrifft, so geben wir nicht auf, auch wenn Sie das in der Nacht von Montag auf Dienstag bereits in namentlicher Ab­stimmung beschlossen haben. Wir werden das weiter bekämpfen. Wir werden diese Familien weiterhin unterstützen. Wer ein studierendes Kind hat, wer zwei studierende Kinder hat, weiß, was das für eine finanzielle Belastung ist. Und wenn Sie wissen, dass nur 16 Prozent der Studierenden tatsächlich bis 24 fertig werden, dann muss Ihnen be­wusst sein, dass Sie hier ein bürokratisches Monster geschaffen haben, weil jetzt der Rest, die restlichen 85 Prozent der Studierenden im Hinblick auf ihren ganzen Lebens­fahrplan durchleuchtet werden müssen, um zu schauen, ob sie vielleicht weiterhin an­spruchsberechtigt sind.

Wir werden das bekämpfen. Wir werden jedenfalls mit den Betroffenen zum Verfas­sungsgerichtshof gehen. Wir werden sie juristisch, prozedural und auch von der Rücken­stärkung her unterstützen, das zu Fall zu bringen. Und die Chancen stehen gut! (Beifall bei den Grünen.)

Kann es sein, dass man für die 18 Millionen €, für die 14 Millionen €, die vor allem Ar­beit suchende Jugendliche betreffen, im ganzen Bundeshaushalt keine Alternative ge­funden hat? Wie kann es sein, dass man Arbeit suchenden Kindern zwischen 18 und 21, arbeitslosen Jugendlichen, ohnehin eine der schwächsten Gruppen in unserer Gesell­schaft, Jugendlichen, die keine Arbeit finden und deswegen in einer sehr schwierigen Situation sind, die Familienbeihilfe streicht? Wie kann es sein, dass es für diese 14 Mil­lionen € keine Alternative gibt? Herr Kollege Kopf, vielleicht können Sie das diesen Fa­milien erklären.

Das betrifft Jugendliche gerade nach Beendigung einer Berufsausbildung. Es wird hier immer wieder der österreichische Arbeitsmarkt sehr gelobt. Trotzdem, wir dürfen nicht vergessen: Auch wenn die Situation im Vergleich zu anderen Ländern nicht so schlecht ist, haben wir seit dem Jahr 2008 einen Anstieg bei der Jugendarbeitslosigkeit um ein


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Viertel! Das heißt, diese Personengruppe, die von dieser Maßnahme betroffen ist, ist seit der Krise bedeutend größer geworden. Und die brauchen gerade jetzt in der Krise zusätzliche Unterstützung und nicht weniger Unterstützung! (Beifall bei den Grünen.)

Das Argument mit dem Schuldenberg für die Jugend tut deswegen so weh, weil es für die betroffenen Familien nicht nachvollziehbar ist. Ich habe jetzt sehr viele Anrufe be­kommen, das hat mich sehr berührt, auch von Familien aus Kärnten, die sagen: Wir kämpfen! Wir haben drei, vier Kinder, wir haben eine Landwirtschaft, wir haben ein Ne­bengewerbe, und für uns waren diese Familienleistungen ein wichtiges Zusatzeinkom­men, dadurch haben wir es irgendwie geschafft. – Das sind Frauen, die vor dem Burn-out stehen, weil sie von Kindestagen an sehr hart arbeiten, dann die Kinder in die Welt setzen, weiterarbeiten und jetzt das Signal von der Regierung bekommen: Es gibt kei­ne Alternative als euch noch weiter wehzutun.

Es gibt über 100 000 Jugendliche und Kinder in Österreich, die armutsgefährdet sind oder in Armut leben. Das heißt, dass man jetzt vor dem Christbaum sitzt oder sich in dieser Woche überlegt: Okay, das mit dem Schikurs wird sich wahrscheinlich nicht mehr ausgehen. Die Geschenke, die sich mein Kind oder meine Kinder gewünscht ha­ben, werden sich wahrscheinlich auch nicht ausgehen. – Ich finde, das ist wirklich ab­solut unzumutbar, und Sie sollten sich das noch einmal überlegen. Sie haben noch ei­ne Chance, dass das nicht Realität wird. Es ist heute die allerletzte Chance. Aber ich glaube, diese Familien werden Ihnen das niemals vergessen und niemals verzeihen, dass Sie gerade in dieser Situation keine Alternative im ganzen Bundesfinanzgesetz ge­funden haben.

Allerdings – und, Herr Familienminister, jetzt kommt der nächste Streich, und das ist et­was, was Sie auch als Wirtschaftsminister sehr interessieren müsste. Ich bin selten mit dem Kollegen Andreas Khol einer Meinung gewesen, das wissen wahrscheinlich einige Ältere im Haus noch, aber ich bin heute und hier mit ihm völlig einer Meinung, wenn er über die österreichische Familienpolitik Folgendes sagt:

„Man muss ganz ideologiefrei und objektiv eingestehen, dass die Familienpolitik ge­scheitert ist – das Motto ,Mehr Geld für Familien bedeutet mehr Geburten’ war nicht erfolgreich. Also müssen wir überlegen, was wir falsch gemacht haben.“ – Das ist ein guter Ansatz. Man kann auch einmal überlegen, was man falsch gemacht hat. – „Und da sieht man im Vergleich mit Schweden oder Frankreich, dass wir viel zu wenig Kin­derbetreuungseinrichtungen“ (Zwischenruf der Abg. Steibl) – hören Sie jetzt zu! – „oder Ganztagsschulen haben.“ – Andreas Khol, 8. November 2010.

Ja, was ist die Konsequenz? – Der Wirtschaftsminister verkündet, dass der Kindergar­tenausbau für 2011 weiter eingeschränkt wird, dass die Ausbaumillionen (Abg. Steibl: Die Länder haben eine Verantwortung!), die den Ländern zur Verfügung gestellt wur­den (Abg. Wöginger: Das ist Länderkompetenz!), gekürzt werden. – Ja, das ist Län­derkompetenz, natürlich. Und wer finanziert die Länder, wer finanziert den Ausbau? – Das ist Bundeszuständigkeit. Wenn Sie glauben, das geht uns nichts an, dann täuschen Sie sich gewaltig. Das ist eine der wichtigsten Aufgaben! (Beifall bei den Grünen.)

Die Länderkompetenz bei der Kinderbetreuung führt dazu, dass die Qualität der Kinder­betreuung von der Postleitzahl abhängig ist. (Abg. Hornek: Das ist ja abstrus, was Sie da behaupten! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist ja ein völlig verrücktes System: Da sitzen 16 Kinder, dort sitzen 8. Da schließt es um 12 Uhr, dort um 16 Uhr. – Das ist kein Zustand! (Zwischenrufe der Abgeordneten Hornek und Wögin­ger sowie weitere anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) – Kein Wunder, dass Sie sich so aufregen. Sie kommen ja aus Nie­derösterreich, und dort (Abg. Wöginger: Oberösterreich!) ist die Situation be­sonders schlimm. (Ruf bei der ÖVP: Geh bitte!)


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Herr Wirtschaftsminister, ich appelliere an Sie: Überlegen Sie sich das, überlegen Sie sich das wirklich gründlich, bei diesem Bundeszuschuss, diesem Ausbau gerade für die Kleinsten zwischen null und drei Jahren zu sagen, wir evaluieren jetzt einmal – da brauchen Sie nicht lange zu evaluieren, wenn Sie sich die Situation anschauen –, hier weiter zuzuwarten und hier die Situation weiter zu verschlechtern! So ein Blödsinn! Ich kann Sie da nur fragen: Wenn bei einem Kind, das zwei Jahre alt ist, in einer Grup­penbetreuung zwei Personen, zwei Frauen 16 Kinder betreuen, finden Sie das in Ord­nung?

Dort, wo das vorbildlich geregelt ist, kommen drei bis vier Kinder auf eine Betreuungs­person. Und dann wundern Sie sich über die PISA-Ergebnisse?! – Ihnen ist ja nicht mehr zu helfen! Hören Sie auf Andreas Khol, kann ich nur sagen! (Beifall bei den Grü­nen.)

Zum Abschluss – letzter Satz –: Wenn Ihnen Familien – in Ihrer Diktion, das heißt El­tern mit Kindern – wirklich wichtig sind, dann bringen Sie dieses Familienpaket noch zu Fall! Andernfalls haben Sie jede Glaubwürdigkeit als Familienpartei ÖVP verloren, für immer. (Beifall bei den Grünen.)

9.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren! Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, darf ich Sie wirklich inständig auffordern, erstens den Geräuschpegel zu senken – es ist ein derart lautes Gemurmel hier im Saal; der Ein­druck, der dadurch vermittelt wird, ist nicht der beste –, und zweitens, was die Zwischen­rufe betrifft, so gehören diese natürlich dazu, aber auch da darf ich um ein gewisses Maß an Disziplin bitten. (Abg. Bucher: Das stimmt, Frau Präsidentin! Aber bei uns auch!)

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. Redezeit: 8 Minuten. – Bitte.

 


9.32.09

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Wir sind im Jahr zweieinhalb, nicht ganz 27 Monate nach Ausbruch der schwersten Wirtschafts- und Finanzkrise der letzten 80 Jah­re. Ja, es ist nicht länger her, seit die Lehman Brothers in Konkurs gegangen sind. (Abg. Bucher: Gott sei Dank, sonst wüsstet ihr nicht einmal, worüber ihr reden sollt, wem ihr die Schuld geben sollt!) Wir sind daher an einem Punkt angelangt, an dem man kurz einmal Bilanz ziehen kann, was bisher bei uns geschah und wie es weiter­geht. Und das Kapitel Wirtschaft im Budget für das Krisenjahr drei und der Aufräumar­beiten für das, was bisher schon an Dingen zu machen war, ist eine gute Gelegenheit, das zu tun.

Ich setze dort an, wo Kollege Haubner zu Recht hervorgehoben hat, dass es in Öster­reich durch die kleingliedrige Struktur vieler Klein- und Kleinstunternehmen gelungen ist, die Beschäftigung im Lande in einem Ausmaß zu halten, dass wir leuchtendes Vor­bild für ganz Europa sind. (Abg. Bucher: Wer? – Ein negativer Leuchtturm, oder was?) Der Dank gilt in diesem Fall allen Beteiligten, den Unternehmerinnen und Unterneh­mern, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die gemeinsam auch in so schwie­rigen Phasen eines bewiesen haben: Sozialpartnerschaft funktioniert nicht nur im poli­tischen Bereich, sie funktioniert am allerbesten auf der betrieblichen Ebene, weil die Menschen in Österreich fleißige Leute sind und in solchen Situationen beweisen, dass sie zusammenstehen können. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich darf aber bei dieser Gelegenheit, weil die Opposition jetzt so viele Tage genützt hat, um eine Regierung, die wirklich ihr Licht nicht unter den Scheffel zu stellen braucht, mit Vorwürfen zu konfrontieren, in Erinnerung rufen: Wir haben durch die Kurzarbeitsrege­lung in Österreich verhindert, dass wir hunderttausend Industriearbeitsplätze verlieren. Wir konnten eine Kernsubstanz im Bereich der Industrie halten, wir konnten es durch die zusätzlichen Maßnahmen bei den Arbeitsmarktmitteln ermöglichen, in dieser Zeit


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fort- und durchzubeschäftigen. Mit der Ausweitung der Forschungsmittel, mit der Aus­weiterung der Förderungen im Bereich des Austria Wirtschaftsservice, aber auch der Konjunkturpakete der Länder – ich denke an Mikrokredite, wie es sie in Wien und der Steiermark gegeben hat, an die Klein-ERP-Aktion, wo Minister Mitterlehner es möglich gemacht hat, dass man auch ab 10 000 € so etwas bekommt –, mit all diesen Maßnah­men ist es gelungen, dass wir Nummer eins bei der Arbeitslosigkeit sind. Das ist ein Er­folg, darauf sind wir stolz, und da geht ein Dankeschön an alle, die mitgemacht haben. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nützen wir diese Gelegenheit aber auch, um die Frage zu stellen: Wie sind wir über­haupt in diese Krise gekommen? Es ist Zeit, gerade jetzt, wo wir gemeinsam Aufräum­arbeiten durchgeführt haben, all jenen – oft erstaunlicherweise durchaus wertkonserva­tiven Menschen –, die in den letzten 20 Jahren von Deregulierung gesprochen haben, die gesagt haben, den Staat brauchen wir nicht mehr, Regeln brauchen wir nicht mehr, die Frage zu stellen: War das alles so richtig? War eine qualifizierte Regulierung, die dafür sorgt, dass ein Meisterbetrieb ein Meisterbetrieb ist, das Schlechteste? War ein gesichertes Arbeitsverhältnis, und nicht „hire and fire“, nicht eine Grundlage dafür, dass wir so tolle Erfolge haben, dass, wenn ein österreichisches Unternehmen ins Ausland ausrückt, dort die Aufträge den Österreichern gegeben werden, weil sie perfekt arbei­ten? (Abg. Scheibner: Aber das ist vorbei!)

All das hat bewiesen, dass die, die ein bisschen konservativer waren, die nicht jeder neo­liberalen Forderung der Börsen und Shareholder gefolgt sind, heute die Ersten sind, die in Europa durchstarten. Das sind Deutschland und Österreich. Großbritannien und andere Länder schaffen es gar nicht mehr, einen Sektor aufzubauen. In den USA ist die Industrie überhaupt kaputt.

Deswegen müssen wir darauf schauen, dass es funktioniert. An dieser Stelle eine kur­ze Anmerkung zur Vermögenssteuer, weil das Thema KMUs vom Kollegen Haubner angesprochen wurde: Deswegen hat ja Bundeskanzler Faymann gesagt, ab einer Mil­lion € Nettovermögen! Die Zuseherinnen und Zuseher wissen, das sind mehr als 14 Mil­lionen Schilling.

Tut mir leid, unsere Tourismusbetriebe – die übrigens in dieser Krise die Gäste hervor­ragend betreut und auch Erfolge zu verzeichnen haben – haben immer ihren Kredit für das Hotel, da hat keiner einen Nettowert von über einer Million €. Die Trafiken haben es nicht, die Gewerbebetriebe haben es nicht, die kleinen Werkstätten haben es nicht. Die sind es ja nicht. Wir haben aber 67 000 Finanz-Euro-Millionäre, rund um den hal­ben Wörthersee, mit den Häusern am See. Ehrlicherweise – sagt das den Freundinnen und Freunden!; meist sind es ja Männer, die das besitzen –, die können ein bisschen etwas zahlen. Dann müssten wir uns die Kritik am Familienpaket nicht anhören. Wir soll­ten in diese Richtung weiterdenken. Das schadet nicht und nützt der Wirtschaft. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein wichtiger Punkt: Herr Kollege Themessl hat behauptet, dass wir nichts tun wegen des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs, das die Steuerfreiheit bei den Aus­landsmontagen wegnimmt.

Erste Feststellung dazu: Es ist ein Teil des Steuerwettbewerbs. Auf den Weltmärkten schafft es jedes, fast jedes Land in irgendeiner Form, dass seine Betriebe mit steuerli­chen Begünstigungen auf der ausländischen Baustelle arbeiten. – Das ist eine harte Arbeit! Das sind Menschen, die im Container wohnen, die lange weg sein müssen, kei­ne Frage. Wir konnten aber nicht einfach das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes ausbessern. Wir haben daher – und da haben Sie selber ja einen langen Sitzungsma­rathon mitgemacht – jetzt einmal beschlossen: Zwei Drittel bleiben ab dem nächsten Jahr steuerfrei, ab dem übernächsten Jahr ein Drittel. Das ist aber keine Dauerlösung,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 348

denn auch nächstes Jahr und übernächstes Jahr sind unsere Betriebe in Konkurrenz, und es besteht die Gefahr, dass unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, mehr als 20 000, ihren Arbeitsplatz verlieren.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mobilitätsförderung im Zusammenhang mit länger andauernder Auslands­tätigkeit“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Finanzen wird ersucht, im Sinne der obigen Ausführungen bis zum Ende des 1. Quartals 2011 einen Gesetzesvorschlag für eine europa- und verfas­sungskonforme Nachfolgeregelung des § 3 Abs. 1 Z 10 Einkommensteuergesetz 1988 zum ehestmöglichen Inkrafttretenszeitpunkt vorzulegen.“

*****

Wir wollen eine Lösung, die außerhalb der Union weiter die alte Steuerfreiheit vorsieht und innerhalb der Union einen entsprechenden Freibetrag. Da werden Sie sehen, Herr Kollege Themessl: Auch da stehen wir auf der Seite der Betriebe und ihrer Beschäf­tigten. Sie sind es, die dafür sorgen, dass dieses Land läuft. Und unser Land läuft su­per, auch wegen der Regierung! – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mobilitätsförderung im Zusammenhang mit länger andauernder Auslandstä­tigkeit“

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Budgetausschusses über die Regie­rungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 201 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung 40 Wirtschaft.

Auf Grund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 30.09.2010 wird die seit Jahrzehnten bestehende steuerliche Begünstigung für bestimmte Auslandstätig­keiten abgeschafft. Die Konkurrenzsituation für österreichische Unternehmen und de­ren Arbeitnehmer im Ausland ist jedoch unverändert davon bestimmt, dass den Mitbe­werber anderer Länder gleichartige oder ähnliche Begünstigungen zugänglich sind. Wenngleich mit dem Budgetbegleitgesetz 2011 eine zweijährige Übergangsregelung geschaffen wird, könnte sich die gänzliche Abschaffung der Steuerbegünstigung wett­bewerbsnachteilig für die Österreichische (Export-) Wirtschaft auswirken. Es soll daher, im Rahmen des derzeit begünstigten Auslandstätigkeitskreises, im Dauerrecht eine steuerliche Regelung geschaffen werden, die unter Berücksichtigung höchstgerichtli­cher Erkenntnisse die Bereitschaft von Arbeitnehmern erhält, länger dauernde Aus­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 349

landstätigkeiten in größerer Entfernung vom Wohnsitz und die damit verbundenen er­höhten Erschwernisse auf sich zu nehmen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Finanzen wird ersucht, im Sinne der obigen Ausführungen bis zum Ende des 1. Quartals 2011 einen Gesetzesvorschlag für eine europa- und verfas­sungskonforme Nachfolgeregelung des § 3 (1) Z 10 Einkommensteuergesetz 1988 zum ehestmöglichen Inkrafttretenszeitpunkt vorzulegen.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Bucher mit einer Redezeit von 8 Minuten. – Bitte.

 


9.39.32

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf welcher Seite Rot und Schwarz stehen, das sieht man ja auch, wenn man ins Budget schaut. Nur, Herr Kollege Matznetter, das ist absolute neoliberale Po­litik, die Sie hier vertreten. Das ist neoliberale Politik! Sie schmeißen den Banken das Geld hinterher. So schnell können die Banken gar nicht schauen, wie sie in Österreich und im gesamten europäischen Raum zu Geld kommen! (Beifall und Bravorufe beim BZÖ.) – Das ist ja an neoliberalem Gedankengut geradezu nicht mehr zu überbieten!

Das alles, Herr Kollege Matznetter, ohne wirklich konstruktive und funktionierende Fi­nanzmarktaufsicht (Abg. Riepl: Ihr habt Kärnten in die Pleite geführt, das BZÖ!), die gibt es weder in Österreich noch auf europäischer Ebene, ohne Konkursrecht für Ban­ken. Überlegen Sie sich das einmal! Sie waren ja auch einmal im Finanzministerium (Abg. Dr. Matznetter: Lesen Sie einmal die Protokolle ...!), da hätten Sie sich schon längt einmal mit diesen Regelwerken auseinandersetzen können.

Und jetzt schaffen Sie eine Bankenabgabe! – Herr Kollege Matznetter, die Banken­abgabe – das sollten Sie eigentlich schon wissen, weil Sie ja ein Wirtschaftsprüfer sind – wird letztendlich auf die Bankkunden abgewälzt werden. (Abg. Dr. Matznet­ter: ... und 600 zahlen keine!) Das ist das Natürlichste auf der ganzen Welt. Jeder Be­trieb, der Fixkosten aufgebürdet bekommt, überwälzt sie an die Kunden, wodurch sich der Endpreis erhöht. (Abg. Dolinschek: Das zahlt immer der Endverbraucher!) Das ist das Einfachste in der Gesamtrechnung, und das sollten Sie endlich einmal begreifen.

Aber das ist ja auch die Wirtschaftspolitik von Rot und Schwarz: immer nur für die Ban­ken und für die Konzerne da zu sein. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Frau Präsidentin! Sie wissen, ich komme aus Kärnten. Wir haben in Kärnten im schö­nen Gurktal einen Zwergerlpark. (Anhaltende Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP. – Präsi­dentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Für mich war in der Vergangenheit immer klar, dass die Zwerge privat überwintern, aber für mich ist neu, dass die Zwer­gerl aus dem Gurktaler Zwergerlpark im Parlament überwintern. Das wusste ich nicht. (Beifall beim BZÖ.)

Und dass sie sich aus den hinteren Reihen der ÖVP so laut zu Wort melden, wusste ich auch nicht. (Abg. Scheibner: Die sind immer nur laut ...!)

Aber das ist buchstäblich Wirtschaftspolitik à la ÖVP (Abg. Riepl: Bei eurer Wirt­schaftspolitik hat man eh gesehen, wohin die führt!), indem man bei den Forschungs­mitteln kürzt. Die angewandte betriebliche Forschung wird bestraft!


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Sie sollten sich auch einmal überlegen, Herr Wirtschaftsminister, warum die kleine und mittelständische Wirtschaft immer durch den Rost fällt, wenn es um Forschung geht. Sie wissen, dass, wenn sie in der Wirtschaft innovativ bleiben möchten, auch kleine Betriebe in der Größenordnung von 20, 30 Mitarbeitern in die Forschung investieren müssen. Aber diesen Betrieben wird der Zugang zu Forschungsmitteln ständig er­schwert, indem sie eigene Forschungsstätten errichten müssen. Ja welcher Betrieb mit einer Größenordnung von 20, 30 Mitarbeitern kann sich eine eigene Forschungsstätte leisten? Da werden Forschung und Produktion zusammengelegt. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Mitterlehner.)

Daher sollte man, wenn man die kleine und mittelständische Wirtschaft unterstützen möchte, gerade dort die Förderung ansetzen und nicht immer bei der Wissenschaft, bei den Universitäten und bei den Konzernen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Denn Innovation findet überall statt, egal welche Größe ein Betrieb hat. (Beifall beim BZÖ.)

Auch beim Austria Wirtschaftsservice werden die Mittel gekürzt – wieder die kleine und mittelständische Wirtschaft, die geschröpft wird. (Abg. Rädler: Stichwort Taferl!) Das Fass zum Überlaufen bringt ja jetzt die neue Lebensmittelsteuer. (Zwischenruf bei
der ÖVP.) –
Da fangen die Zwerge schon wieder an zu schreien, Frau Präsidentin. (Abg. Grosz: Hinten sind die Lauten, und vorne brauchen sie ...!)

Austria Wirtschaftsservice und jetzt die Lebensmittelsteuer. Jeder Betrieb, jeder kleine, mittelständische Betrieb in Österreich, der mit Lebensmitteln in Kontakt kommt, muss jetzt eine Steuer zahlen. 40 Millionen €, meine sehr geehrten Damen und Herren, sol­len auf diesem Umweg zur Sanierung der maroden Kassen des Finanzministers beitra­gen. Ja wer sieht denn das noch ein?

Wir haben die HCCP-, diese Hygieneverordnung, vor vielen Jahren von Rot und Schwarz eingeführt, die ohnehin schon jedem Lebensmittelhändler und -produzenten das Leben schwer macht, und jetzt muss er auch noch eine Lebensmittelsteuer zahlen! (Abg. Grosz: Das ist Raubrittertum!) Das sieht niemand mehr ein!

Diese Lebensmittelsteuer wird so wie viele andere Steuererhöhungen und Maßnahmen der Bundesregierung auch dazu beitragen, dass die Preise in die Höhe schnellen wer­den, dass wir in den nächsten Jahren eine höhere Inflation haben werden. Aber das kann ja nicht im Interesse vor allem der Sozialdemokratie sein. Sie sollten endlich ein­mal begreifen, dass eine hohe Inflation die Steuer der kleinen Einkommensbezieher ist. Begreifen Sie das endlich einmal und bauen Sie das in Ihre politischen Überlegungen mit ein! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Mitterlehner.)

Sie kürzen bei wichtigen Infrastrukturprojekten. Die großen Infrastrukturprojekte, meine sehr geehrten Damen und Herren (Bundesminister Dr. Mitterlehner: ... Voodoo!), sind auf die lange Bank geschoben!

Das ist kein Voodoo-Zauber, Herr Bundesminister, sondern das ist augenscheinlich, wenn man Ihr Budget anschaut. Sie sollten sich einmal ressortübergreifend interes­sieren, beispielsweise dafür, welche Kürzungen im Infrastrukturbereich vorgenommen werden, welche Kürzungen im Gemeindebereich vorgenommen werden, weil die Ge­meinden einfach pleite sind und kein Geld mehr haben. Die Gemeinden sind aber der größte Auftraggeber der Republik. (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner.) Das wird auch die kleine, mittelständische Wirtschaft zu spüren bekommen, diese Betriebe wer­den von der Rücknahme der öffentlichen Investitionen getroffen.

Und hiezu kommt, dass wir die Banken großartig gefördert haben, die Banken das Geld bekommen haben – ohne dass wir sie beaufsichtigen und ohne dass wir dafür sorgen, dass diese Geldspritzen auch tatsächlich den Betrieben in Form von Krediten weiterge­geben werden, denn die Betriebe brauchen das Geld für Investitionen und zur Auf­rechterhaltung ihrer Infrastrukturen und betrieblichen Leistungen. (Beifall beim BZÖ.)


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All das spielt sich ab vor dem Hintergrund eines Höchststeuerlandes: 44 Prozent Steu­er- und Abgabenquote. (Abg. Rädler: Taferl!) Es gibt im gesamten europäischen Raum nur noch zwei Länder, die einen höheren Steuer- und Abgabensatz haben als Öster­reich, nämlich Schweden und Dänemark. Stolz soll man darauf sein, auf den „National­park Hohe Steuern“?! Und das bei gleichzeitig wachsendem Schuldenstand!

Meine Damen und Herren! Der Schuldenstand wächst schneller als die Wirtschaft, das ist das Dogma der Wirtschaftspolitik des Herrn Bankenministers Pröll. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Jetzt sehen wir ja auch – der Zwergerlpark ÖVP meldet sich wieder zu Wort – den Schuldentrick, den Sie da vornehmen, nämlich dass Sie den gesamten Schuldenstand, der sich in den nächsten Monaten da aufbaut, bei den Ländern und Gemeinden ver­stecken wollen. (Der Redner zeigt eine Kopie eines Zeitungsartikels.)

Das ist ja die Perversion, die hinter dieser Budgetpolitik steht, denn in Wirklichkeit ha­ben wir in Österreich nicht 200 Milliarden € Schulden, sondern 260 Milliarden € Schul­den. (Ruf bei der ÖVP: Kärnten!) Sie verstecken mit Ihren Hütchenspielen die Schul­den unseres Landes in außerbudgetären Bereichen, bei der Asfinag, bei den ÖBB, bei der Bundesimmobiliengesellschaft, bei den Gemeinden und bei den Ländern, und getrauen sich nicht die Wahrheit zu sagen, nämlich welchen Schuldenstand wir tat­sächlich haben und wie belastet Österreich tatsächlich ist! (Beifall beim BZÖ. – Zwi­schenruf des Abg. Kickl.)

Daher lautet die Devise des BZÖ gegenzusteuern, gegen diese Bundesregierung von Rot und Schwarz, weil sie nicht in der Lage ist, wirklich Reformen anzugehen und über Reformen das Budget zu sanieren, gegen die Steuern aufzutreten. Es wäre doch höchst an der Zeit, eine Steuerreform zu machen und die Steuern zu senken anstatt sie zu er­höhen. (Beifall beim BZÖ.)

Niedrigere Steuern führen zu mehr Steuereinnahmen, meine sehr geehrten Damen und Herren, daher ist es notwendig, gegenzusteuern, für Reformen zu sein, für eine Modernisierung zu sein, damit sich Leistung wieder lohnt! (Beifall beim BZÖ. – Zwi­schenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

9.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Steibl gelangt nun zu Wort. 4 Minuten. – Bitte.

 


9.47.41

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Werte Frau Staatssekretärin! Werter Herr Staatssekretär! Werte Zuseherin­nen und Zuseher vor dem Fernsehschirm! Zurück zur Familienpolitik: Die gegenwärtige Generation darf nicht auf Kosten ihrer Kinder und Enkel leben. Ich denke, dass das uns allen bewusst ist. Das bedeutet, dass jetzt gespart werden muss, um Österreichs Fami­lienleistungen nachhaltig zu sichern – und das ist auch unser Anliegen.

Gerade das ist auch das Anliegen der Bundesregierung mit Bundeskanzler Werner Faymann von der SPÖ, und Vizekanzler Finanzminister Josef Pröll will und muss ver­hindern, dass die Staatsschulden weiter anwachsen. Das müsste der Opposition, den Grünen, dem BZÖ und der FPÖ, ja auch ein Anliegen sein (Abg. Bucher: 8 Milliarden mehr Schulden! – Abg. Dr. Lichtenecker: Natürlich, ist es uns auch!), wenngleich die Diskussionen, egal ob im Budgetausschuss oder in den letzten Tagen hier, nicht in die­se Richtung gehen.

Ich denke, dass Sie nicht verantwortungsvoll handeln, das muss man hier einmal klar sagen, denn nur wettern über etwas und keine Vorschläge zu haben, das ist zu wenig. (Abg. Bucher zeigt eine Tafel mit der Aufschrift: „BZÖ“, „Nationalrat halbieren!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 352

Alle Experten drängen die Regierung dazu, die Staatsfinanzen nach Ende der Krise wieder ins Lot zu bringen, auch alle Experten im Budgetausschuss. Und wir machen das mit Vizekanzler Finanzminister Josef Pröll! Er hat ein Budget für eine gesicherte Zukunft für unsere Familien, für unsere Kinder, für unsere Jugend vorgelegt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Petzner: Das glauben Sie ja selber nicht!) – Ich glaube das. Sie wis­sen das nicht. (Ruf beim BZÖ: Wer hat Ihnen diese Rede geschrieben?) – Ich schreibe meine Reden selbst, denn sie haben Inhalt, bei Ihren bin ich mir nicht so sicher. (Neu­erlicher Beifall bei der ÖVP.)

Eines möchte ich auch sagen: Sie haben auch die Verantwortung, die Wahrheit zu sa­gen. (Zwischenrufe beim BZÖ.) Das, was wir in der letzten Zeit an Familienleistungen eingebracht haben, ist europaweit nach wie vor Spitze.

Ich nehme nur ein paar Beispiele heraus: die Einführung des einkommensabhängigen Kindergeldes oder der Ausbau der Kinderbetreuung. (Abg. Kickl: Export der Familien­leistungen, ein Vorschlag der ...!) Und ich frage: Wo ist Frau Kollegin Glawischnig? Sie kommt herein, hält eine Rede und marschiert wieder. Wo ist sie? Wo übernimmt sie Verantwortung? (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Folgendes möchte ich Ihnen auch sagen – vielleicht spricht sie von Wien, aber dort ha­ben die Grünen ja die Chance, etwas zu verändern –: In der Steiermark ist der Kinder­garten ab dem dritten Lebensjahr gratis. Wir haben übrigens den Kindergarten ver­pflichtend ab dem 5. Jahr eingeführt. (Zwischenrufe bei den Grünen.) In Niederös­terreich ab zweieinhalb Jahren gratis, in Oberösterreich ab zweieinhalb Jahren gratis. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ja, und das Barcelona-Ziel werden wir auch erreichen. Sie brauchen uns nicht immer mit Frankreich zu vergleichen, Österreich ist ein gutes Land, wo Familien zu Hause sein können. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber weiter im Nachhilfeunterricht (Zwischenruf der Abg. Mag. Korun): Das Budget für die Familien beträgt über 6 Milliarden €, und wir sind mit diesen 6 Milliarden für unsere Familien, für unsere Kinder europaweit nach wie vor an der Spitze. Ja, jede Verände­rung ist schmerzlich, ja, wir haben zur Budgetsanierung auch etwas beitragen müssen (Abg. Kickl: Sie nicht!), aber wir liegen hinsichtlich der Budgetsituation nach wie vor beim Niveau von 2008. Ja, es ist auch so, dass manchmal wahrscheinlich durch vor­eiliges Vorgehen Fehler gemacht werden, aber wir positionieren uns neu, und wir blei­ben in der Spitzenposition in Europa.

Eines möchte ich auch noch dazusagen, das verschweigen oder vergessen Sie: Zum Beispiel die Schulbücher sind zur Gänze gratis, denn der Selbstbehalt wird gestrichen, was eine jährliche Entlastung der Eltern in der Höhe von 9,7 Millionen € ausmacht. (Abg. Mag. Gaßner: Das ist schon seit Bruno Kreisky!)

Oder: Die Zuverdienstgrenze bei der Familienbeihilfe wird auf 10 000 € angehoben. (Zwischenrufe des Abg. Kickl.) – Hören Sie bitte zu!

Oder: Auch die Pendlerpauschale wird angehoben. – Familienpolitik ist ja eine Quer­schnittspolitik, und daher gehört sie auch in die Wirtschaftspolitik hinein.

Ich kann Ihnen nur versichern, Familie und Kinder waren, sind und werden auch in Zu­kunft ein zentrales Anliegen der ÖVP sein. (Abg. Kickl: Ha, ha! Homoehe!) Dafür stehe ich, dafür steht die Österreichische Volkspartei, dafür stehen unser Familienminister und unsere Frau Staatssekretärin. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Kickl.)

9.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Podgorschek gelangt nun zu Wort. 7 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 353

9.52.37

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Dame und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren vor dem Bildschirm! Ich zitiere: Mich stört alles, denn alles nimmt Kaufkraft weg von den Menschen, alles nimmt Wachstumskraft von den Betrieben und alles bringt nicht eine Erneuerung des Landes, die wir dringend brauchen. Wir diskutieren zwanzig oder dreißig Jahre. Wir haben jetzt eine schlimme Krise hinter uns, und nicht einmal die Krise rüttelt uns auf. Was ist das für eine Verantwortlichkeit der Verantwortungsträger unseres Landes? Warum geht da nichts weiter? – Zitatende.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das war nicht der von Ihnen so gefürchtete Oppositionsführer Heinz-Christian Strache (Heiterkeit), das war kein Politiker der Frei­heitlichen, nein (Abg. Kopf: Sie sehen uns zittern!), das war – davon gehe ich aus, Herr Minister – der von Ihnen geschätzte Präsident der Bundeswirtschaftskammer Christoph Leitl. (Ah-Rufe bei der FPÖ.)

Ich darf weiters Karl Aiginger vom WIFO zitieren. Er hat in der „Pressestunde“ am 17. Oktober 2010 gesagt: Konsolidierung muss primär ausgabenseitig sein.

Was ist geschehen? – Wir haben Ausgaben in der Höhe von 70,1 Milliarden €, diesen standen im Vorjahr 70,8 Milliarden € gegenüber, das sind 641 Millionen € weniger.

Wenn man aber die Zinsausgaben, die wir haben, abzieht, dann sind es im Grunde ge­nommen nur mehr 406 Millionen € weniger, denn für die Zinsausgaben kann die Regie­rung nichts dafür, es war Glück, dass wir niedrige Zinsen haben.

Und wenn ich dem dann noch den Betrag aus der Finanzmarktstabilisierung gegen­überstelle, das heißt, es wurden 500 Millionen € weniger ausgegeben, als ursprünglich für das Bankenpaket geplant war, dann ist der ganze Einsparungseffekt weg.

In Wirklichkeit haben wir nämlich um 94 Millionen € mehr ausgegeben, und das vor dem Hintergrund von einem Verhältnis von 60 zu 40, Minderausgaben zu Mehreinnah­men. Aber davon kann nun überhaupt keine Rede mehr sein. Die Mehreinnahmen über­wiegen drastisch.

Betrachten wir das jetzt noch einmal. Klar gesagt: Die Minderausgaben von 641 Mil­lionen € ergeben ein Verhältnis von 18 zu 82. Wenn ich dann wieder die Zinsen be­rücksichtige, dann sind wir nur noch bei 12 zu 88. Und nehme ich letzten Endes auch die Position Finanzmarktstabilisierung dazu, dann haben wir überhaupt keine Einspa­rungen.

Das heißt, diese Aussage von einer Einsparung in der Höhe von 63,4 Prozent lässt sich nur dann herleiten, wenn man nicht auf den tatsächlichen Ist-Stand aufsetzt, son­dern auf früheren Plänen, die ursprünglich höhere Ausgaben vorsahen, und diese fik­tiven Zahlen den sogenannten Einsparungen gegenrechnet. Im wirklichen Leben schaut es nämlich ganz anders aus.

Nein, man hat etwas ganz anderes gemacht. Man hat 327 Millionen €, das sind per Sal­do 80 Prozent, von den 406 Millionen € Gesamtausgaben bei den Familien eingespart. Und wenn ich dem die Steigerung des Sozialetats in der Höhe von 159 Millionen € ge­genüberstelle, dann kann ich nur den Schluss ziehen, dass es eine krasse Umvertei­lung von den Familien zu anderen Zielgruppen gegeben hat. Und angesichts der demo­graphischen Entwicklung kann ich nur sagen: Das ist der falsche Schritt, der führt uns in einen Abgrund. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber lassen Sie mich noch bei Herrn Aiginger bleiben. Er hat in derselben „Presse­stunde“ gesagt: Insgesamt schätzen wir – das WIFO –, dass es kurzfristig möglich ist, 2 Milliarden bis 3 Milliarden € zu sparen und langfristig – und das ist fast das Wichti­gere – 6 Milliarden bis 10 Milliarden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 354

Wenn Sie jetzt behaupten, dass das alles nicht wahr ist, dann haben Sie, glaube ich, die falschen Experten eingesetzt.

Wo sind jetzt die notwendigen Schritte in die richtige Richtung?

Ich gehe einmal davon aus, dass die beiden Onkel – Erwin und Michael – jeden Schritt, den sie vorlegen, blockieren. (Bundesminister Dr. Mitterlehner: Welche? Was sind das für Onkel?) – Onkel Erwin wird Ihnen ja bekannt sein, auch Onkel Michael aus Wien. (Ruf bei der SPÖ: Das ist danebengegangen!) Das ist nicht danebengegangen. (Ruf bei der SPÖ: Die ganze Rede geht daneben!)

Die Regierungsparteien, meine Damen und Herren, befinden sich nämlich in der Gei­selhaft ihrer Landesfürsten und jener Gruppen, die nur ihre Partikularinteressen vertre­ten. Ihre Politik ist nur gegenseitige Blockade, und das ist die Regel.

Aber wie schaut es bei den Einnahmen aus? – 62,5 Milliarden € haben wir jetzt an Ein­nahmen budgetiert. Davon entfallen auf Rücklagenentnahmen 1,2 Milliarden €, auf die Rückzahlung aus dem Bankenpaket, das ist sogenanntes Partizipationskapital, 0,9 Mil­liarden €. Die Einnahmen aus Netto-Abgaben steigen 2011 um rund 2,9 Milliarden €.

Was hat Aiginger gesagt? – Aiginger hat gesagt: Österreich hat eine hohe Abgaben­quote, und diese sollte nicht weiter steigen, weil das Beschäftigung und Wachstum be­hindern würde.

Nein, wir erhöhen die Mineralölsteuer. Wen belastet die? – Hauptsächlich die Pendler, nämlich die kleinen, armen Verkäuferinnen, die keine öffentlichen Verkehrsmittel benut­zen können, die zum Teil nur halbtags beschäftigt sind, die müssen diese Steuer letzten Endes tragen.

Oder die Bankensteuer, die eingeführt wird: Wer ist davon wieder ausgenommen? – Der ganze oder fast der ganze Raiffeisensektor. (Abg. Grillitsch: Nein! Nein!)

Daher aus meiner Sicht: weg mit Bagatellsteuern und eine umfassende Steuerreform! (Beifall bei der FPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, zum Abschluss darf ich noch, weil ich so viele schö­ne Zitate habe, Bundesminister Pröll zitieren: „Wir wollen das vor allem durch eine Bremse bei den Ausgaben erreichen, andernfalls würde man den Weg für Steuerer­höhungen ebnen, und genau das will ich ja nicht!“ – Das hat Pröll laut „Krone“ vom 19. Jänner 2010 gesagt.

Und dann der Höhepunkt beim „Sommergespräch“ am 1. September 2009: „Ich bin nicht bereit, neue Steuern einzuführen. Wir haben jetzt schon eine Steuerbelastung, die sich gewaschen hat.“

Sehr geehrte Damen und Herren! Mit diesem Budget sind die Regierung und Bundes­minister Pröll nicht nur sich selbst, sondern auch der österreichischen Bevölkerung in den Rücken gefallen! (Beifall bei der FPÖ.)

9.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Binder-Maier kommt nun zu Wort. – Bitte.

 


9.59.39

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Sie erleben soeben
ein Wechselspiel der Debatte zwischen Wirtschaftspolitik und Familienpolitik. Beides kann aber miteinander diskutiert werden, weil es ja auch unmittelbar zusammenhängt.
(Abg. Kickl: Ein Ressort!)

Meine Damen und Herren, Familienpolitik ist natürlich an und für sich sehr emotional besetzt. Ich versuche, Ihnen einige Fakten näherzubringen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 355

In Österreich, meine Damen und Herren, leben 2,3 Millionen Familien, davon ungefähr die Hälfte ohne Kinder und 1,1 Millionen mit Kindern. Kinder bedeuten nicht nur Freu­de, sondern auch Kosten, und es gibt eine Studie, die besagt, eine Familie bestehend aus zwei Personen und einem Kind hat 480 € pro Monat an Mehrausgaben im Ver­gleich zu einer Familie ohne Kinder. Und um diese Mehrausgaben abzufedern, erhal­ten die österreichischen Familien 9 Milliarden €.

Davon stammen 6,5 Milliarden € aus dem Familienlastenausgleichsfonds, und davon profitieren 90 Prozent der österreichischen Familien. Sie erhalten rund 3,35 Milliarden € an Familienbeihilfe, 1,15 Milliarden € werden für den Kinderabsetzbetrag verwen­det und 959 Millionen € für das Kinderbetreuungsgeld.

Nach einer Studie des WIFO, meine Damen und Herren, beziehen Haushalte aus dem untersten Einkommensdrittel Familienleistungen in fünfeinhalbfacher Höhe ihrer Ein­zahlungen, das mittlere Einkommensdrittel erhält Leistungen aus dem FLAF in zwei­facher Höhe und das oberste Drittel knapp mehr, als sie eingezahlt haben. So gesehen eine Sozialabgabe, die auch als Solidarleistung zu sehen ist.

Das sind Leistungen, meine Damen und Herren, die weiter zu finanzieren sind. Eine Neustrukturierung des FLAF ist deshalb unbedingt notwendig. Der Herr Minister hat ja im Ausschuss gemeint, es kommt zu einer Evaluierung, und wir werden sehr bald über diesen Bericht diskutieren.

Meine Damen und Herren, nicht uninteressant in diesem Zusammenhang ist auch, dass ein Viertel der rund 8,2 Millionen Krankenversicherten kostenlos mitversichert ist, davon sind drei Viertel Kinder. 15 Prozent der Ausgaben werden für Mitversicherte in­vestiert (Zwischenruf des Abg. Kickl) – das ist richtig, das ist notwendig.

Das vorliegende Budget, meine Damen und Herren, gibt Auskunft, welche Mittel und in welcher Höhe diese den Familien zugutekommen. Die ursprünglichen Vorschläge von Loipersdorf wurden verändert: Letztendlich wurden 300 Millionen € mehr für die Fami­lien für die nächsten Jahre zur Verfügung gestellt.

Ich möchte auch darauf hinweisen, meine Damen und Herren, dass Österreich bei den finanziellen Familienleistungen im europäischen Spitzenfeld liegt und dass wir im inter­nationalen Vergleich am längsten Familienbeihilfe auszahlen.

Das Budget, meine Damen und Herren, ist eine notwendige Maßnahme, um bestehen­de Leistungen einerseits abzusichern, andererseits zu stabilisieren. Gleichzeitig jedoch ist es für mich und für meine Fraktion auch Auftrag, Alternativen zu erarbeiten, zu­kunftsweisende Vorschläge zu diskutieren und anstehende Probleme und Themenfel­der zu bearbeiten. Uns geht es weiterhin um Verteilungsgerechtigkeit: Es geht um die gerechte Verteilung von vorhandenen Mitteln. (Beifall bei der SPÖ.)

Konkret meine ich damit: Es geht um die Neustrukturierung des FLAF, es geht auch uns um die Anschlussförderung für den weiteren Ausbau von Kinderbetreuungseinrich­tungen.

Im Hinblick auf die Ausführungen von Frau Kollegin Glawischnig lassen Sie mich Fol­gendes sagen: Die Kindergärtnerinnen vor Ort leisten hervorragende Arbeit im Sinne der Kinder – auch dafür ein großes Danke! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir müssen auch andere Themen noch weiter behandeln: Jugendschutzgesetz, Ju­gendhilfegesetz (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter), Väterkarenz, Väterbeteiligung. Meine Damen und Herren, wir haben viel zu tun!

Letztendlich besteht die Familienpolitik aus einem Mix aus Sach- und Geldleistungen. Es geht um die Vielfalt, um die Verantwortung, um die Herausforderung der Zukunft der nächsten Jahre für die Familien in Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

10.04



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 356

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Mu­siol zu Wort. – Bitte.

 


10.04.58

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Herr Minister! Frau Kollegin Steibl (Abg. Steibl: Ja, bitte?), ich fürchte ja manchmal, dass Sie glauben, was Sie da sagen. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Steibl. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: ... Propaganda!) Ich befürchte das, denn wenn Sie das wirklich glauben, dann muss man wirklich die Angst haben, dass sich Ihre Politik, Ihre Familienpolitik hier niemals ändern wird.

Frau Kollegen Steibl, Sie glauben wirklich, dass Sie hier zum Wohle der Familien agie­ren, Sie glauben wirklich, dass dieses Budget ein Budget ist, mit dem, wie Sie sagen, unsere gegenwärtige Generation nicht auf Kosten unserer Kinder lebt, eines, das die­sen Vorsatz unterstützt? Dem ist nicht so, dem ist absolut nicht so! (Zwischenrufe der Abgeordneten Steibl und Mag. Donnerbauer.)

Frau Kollegin Binder-Maier, auch wenn Sie hier Zahlen bringen und auch wenn Sie hier eine Nachhilfestunde geben und auch wenn Sie hier Lippenbekenntnisse abgeben, was denn alles notwendig wäre – zum Beispiel der Ausbau der Kinderbetreuung –, sage ich Ihnen eines: Ich kann es nicht mehr hören! Ich höre seit Sommer von Ihrer Frauenmi­nisterin, wie wichtig es ist, die Kinderbetreuung auszubauen, wie wichtig es ist, diesen Bundeszuschuss zu verlängern.

Wir haben einen Antrag gestellt. Sie haben ihn vertagt, haben aber bei dieser Verta-gung im Ausschuss gesagt, das wird natürlich verlängert und wird kommen. – Und was hören wir dann vom Wirtschaftsminister im Budgetausschuss? – Dass evaluiert wird! (Abg. Steibl: ... keine Ahnung von der Wirklichkeit!) Verzeihung, evaluiert wird dann, Arbeitsgruppen gibt es dann, wenn man nicht entscheiden will, das gibt es dann, wenn man verzögern will, das gibt es dann, wenn man draußen nicht zugeben will, dass man eben genau nicht investieren will – und das ist wirklich ein Skandal! (Beifall bei den Grünen.)

Aber Sie haben auch heute hier wieder die Gelegenheit, Ihre Worte in Taten umzuset­zen. Ich werde zwei Anträge einbringen und Sie können diesen zustimmen. (Neuerli­cher Zwischenruf der Abg. Steibl. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: ... die Wiener SPÖ!)

Unsere gegenwärtige Generation darf also nicht auf Kosten unserer Kinder leben. Was sind denn die Kosten für unsere Kinder, was brauchen denn Kinder überhaupt? – Kin­der brauchen in erster Linie Liebe und Fürsorge, das werden wir hier ihnen nicht ge­ben, das werden wir unseren eigenen Kindern und unseren Kindeskindern und unse­ren Kindeskindeskindeskindern, falls es solche in diesem Haus schon gibt, geben. (Zwischenruf des Abg. Mag. Donnerbauer.) Das ist Aufgabe der Familien, und dort, wo diese das nicht können, Aufgabe der sozialen Institutionen, die das ersetzen, und das ist glücklicherweise nicht sehr oft notwendig.

Aber was sie auch brauchen, ist Existenzsicherung, ist eine Heizung in ihrer Wohnung (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: In allen Räumen!), ist Kleidung, ist Essen, ist Schul­unterricht, ist Bildung, ist Urlaub, Freizeit, Freunde, ist alles Mögliche, all das – und das wird mit Ihrer Politik nicht unterstützt. (Abg. Kopf: Das muss der Staat organisieren?!)

Was Sie machen, ist Klientelpolitik. Ich würde sie gerne unterstützen, ich fürchte nur, Sie haben Ihre Klientel schon längst verloren, denn wenn man sich anschaut, wel­che ... (Abg. Kopf: Das lassen Sie aber unsere Sorge sein!) – das ist klarerweise nicht meine Sorge, aber wenn man sich anschaut, welche Institutionen ... (Abg. Steibl: Sie haben keine Ahnung, um was es hier geht!) – Lassen Sie mich aussprechen, dann hö­re ich Ihnen kurz zu.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 357

Wenn man sich anschaut, welche Institutionen hier laut aufgeschrien und protestiert haben, dann war das der Katholische Familienverband, dann war das die Caritas, dann waren das diverse kirchliche Organisationen (Abg. Steibl: Die Kirche hat ihre ...!) und dann war das die Arbeiterkammer – alles Institutionen, die personell durchaus auch mit Personen aus Ihren Parteien durchsetzt sind. (Beifall bei den Grünen.)

Das zeigt Ihre „Diskussionsbereitschaft“ und das zeigt Ihre Form des Politikmachens: Sie sind auf diese Vorwürfe und auf diesen Aufschrei überhaupt nicht eingegangen! Sie sagen uns, wir wettern über etwas und haben keine Vorschläge. (Abg. Steibl: Wo haben Sie Vorschläge?) Ich habe vorgestern Vorschläge gebracht – ich weiß nicht, ob Sie sie gehört haben –: Warum haben Sie den Kinderfreibetrag nicht zurückgenom­men? – 165 Millionen € wären hier einzusparen gewesen!

Frau Kollegin Ablinger hat gleichfalls gesagt, ja, das wäre ein Vorschlag gewesen, der ihr gut gefallen hätte (Zwischenrufe der Abgeordneten Steibl und Großruck), ein Vor­schlag, der von der Arbeiterkammer, aber auch von anderen gekommen ist. Das ist ein Vorschlag, aber warum wollen Sie diesen Vorschlag nicht? Weil die jetzige Situation Ih­re Klientel unterstützt, weil sie die Gut- und Besserverdienenden unterstützt, und nicht diejenigen ... (Abg. Steibl: ... Gutmenschen!) – Ich bin kein Gutmensch, nein! Wir alle sind keine Gutmenschen, das ist auch nicht unser Handlungsziel in der Politik. Unser Handlungsziel ist, hier verantwortungsvoll zu arbeiten, und das tun Sie nicht! – So. (Bei­fall bei den Grünen. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Steibl.)

Zu guter Letzt möchte ich Ihnen die Chance geben, unseren Vorschlägen, die wir in Form von zwei Anträgen – weitere werden folgen – einbringen, beizutreten. Jetzt geht es um zwei Entschließungsanträge. Der erste, Frau Kollegin Binder-Maier – die ich jetzt gerade nicht sehe, aber sie wird ja dann bei der Abstimmung anwesend sein –, bezieht sich auf den Ausbau des Bundeszuschusses.

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Bundeszuschuss zum Ausbau des institu­tionellen Kinderbetreuungsangebots sowie zur frühen sprachlichen Förderung in insti­tutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen im Ausmaß von 20 Millionen € jährlich bis zum Ende der Legislaturperiode fortzusetzen.“

*****

Der zweite Antrag bezieht sich auf die Beibehaltung der bisherigen Höhe des Mehr­kindzuschlags (Zwischenruf der Abg. Steibl), wozu sich Klubobfrau Glawischnig schon inhaltlich geäußert hat.

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die bisherige Höhe des Mehrkindzuschlags beizubehalten.“

*****

Sie haben die Gelegenheit, hier wirklich soziale, faire, gerechte Familienpolitik zu ma­chen, und keine Klientelpolitik. (Beifall bei den Grünen.)

10.09



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 358

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die beiden Entschließungsanträge sind ausrei­chend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Fortsetzung des Bun­deszuschuss zum Ausbau der Kinderbetreuung

eingebracht im Zuge der Debatte über das Budgetbegleitgesetz

Anfang November kündigte der ÖVP-Familienminister Mitterlehner eine Kehrtwende der aktuellen Familienpolitik an. Ziel müsse es sein, künftig vermehrt in Sachleistungen anstelle von Geldleistungen zu investieren.

„Die Kosten des Systems stehen in keiner Relation zu den Ergebnissen. Unsere vor­nehmlich auf Geldleistungen ausgerichtete Familienpolitik hat nicht zu einer höheren Ge­burtenrate geführt. Rein finanzielle Anreize haben sich europaweit nicht bewährt.“ () „Bei uns herrscht das Bild, dass Kinder nur in der behüteten Umgebung der Familie gut aufwachsen. Das entspricht nicht der Realität. Wir müssen Sachleistungen wie Kinder­gartenplätze ausbauen.“ (R. Mitterlehner, profil Nr.45/10 8.11.2010)

Noch deutlichere Worte zur aktuellen Familienpolitik fand Seniorenbund-Obmann An­dreas Kohl:

„Man muss ganz ideologiefrei und objektiv eingestehen, dass die Familienpolitik ge­scheitert ist – das Motto „Mehr Geld für Familien bedeutet mehr Geburten“ war nicht erfolgreich. Also müssen wir überlegen, was wir falsch gemacht haben. Und da sieht man im Vergleich mit Schweden und Frankreich, dass wir zu wenig Kinderbetreuungs­einrichtungen oder Ganztagsschulen haben.“ (A. Kohl, profil Nr.45/10 8.11.2010)

Für den Ausbau der Kinderbetreuung stellte der Bund zwischen den Jahren 2008 und 2010 jährlich 15 Mio Euro zur Verfügung. Zusätzliche 5 Mio Euro investierte der Bund zwischen 2008 und 2010 in die Sprachförderung. Im Rahmen einer 15a-Vereinbarung einigte man sich mit den Ländern, dass diese die insgesamt 20 Mio Euro verdoppeln.

Für jeden neuen Betreuungsplatz wurden (je nach Ausmaß der Betreuungsstunden) zwischen 1.500 und 4.000 Euro bereitgestellt, wenn das Bundesland mitfinanziert hat.

Die Regierung setzte es sich zum Ziel, die Bereuungsquote der unter 3-Jährigen bis 2010 auf 33% zu erhöhen, um dem Barcelona Ziel der EU zu entsprechen. Aus­gangspunkt der 15a-Vereinbarung zu Ausbau der Kinderbetreuung war eine Betreu­ungsquote der unter 3-Jährigen bei 10,8%.

Wenngleich das Barcelona Ziel bei den unter 3-Jährigen (33%) 2010 wieder nicht er­reicht werden konnte, so wird angesichts der aktuellen Kindertagesheimstatistik für 2009/2010 sichtbar, dass die Investitionen von Bund, Ländern und Gemeinden beim Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen immerhin langsam Wirkung zeigen.

Sowohl die Zahl der 3-5-Jährigen Kinder als auch die Anzahl der unter 3-Jährigen hat im Vorjahresvergleich wieder zugenommen. Im Jahr 2009 wurden 88,5% aller 3-5-Jäh­rigen sowie 15,8% aller unter 3-Jährigen außerhäuslich betreut.

Laut Aussagen von Frauenministerin Heinisch-Hosek wurden im Rahmen des Kinder­betreuungs-Ausbauprogramms (2008-2010) insgesamt 17.000 neue Betreuungsplätze und 6.000 neue Arbeitsplätze geschaffen.

Angesichts der Richtungsänderung des zuständigen Familienministers Mitterlehner wä­re zu erwarten gewesen, dass sich die Forderung der ÖVP nach einem weiteren Aus­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 359

bau an Kinderbetreuungsplätzen anstelle von Geldleistungen für Familien auch im Budgetentwurf für 2011 wiederfindet.

Familien finden im Budget sehr deutliche Einsparungen der direkten Geldleistungen vor (Reduzierung Bezugsdauer Familienbeihilfe, Reduzierung 13. Familienbeihilfe, Re­duzierung Mehrkindzuschlag, Abschaffung Familienbeihilfe für arbeitsuchende junge Menschen, Abschaffung der Familienbeihilfe nach einer Ausbildung). Die Investitionen in den Ausbau von Kinderbetreuung fehlen jedoch völlig.

Familienminister Mitterlehner stellte im Budgetausschuss zum Bereich Familie und Ju­gend am 15. Dezember 2010 dazu fest, dass es im Jahr 2011 keine weiteren Bundes­mittel für den Ausbau der Kinderbetreuung sowie die Unterstützung der Sprachförde­rung an die Länder geben wird. Im Jahr 2011 soll eine Evaluation der bisher verwen­deten Mittel durchgeführt werden und ebenso der weitere Bedarf an Kinderbetreu­ungsplätzen ermittelt werden. Ob bzw. in welcher Höhe ab 2012 wieder Bundesmittel für den Ausbau zur Verfügung stehen, ließ der Minister völlig offen. Dies hat eine zumindest einjährige Lücke im Ausbau von weiteren Plätzen sowie der sprachlichen Förderung zur Folge.

Nachhaltige Familienpolitik, die es sich zum Ziel setzt für eine Vereinbarkeit von Fami­lie und Beruf zu sorgen, darf Bemühungen im Ausbau von Kinderbetreuung nicht stop­pen. Ob bzw. in welchem Umfang Kinderbetreuungsangebote, insbesondere für unter 3-Jährige, zur Verfügung stehen, darf nicht allein der Finanzkraft von Ländern und Ge­meinden überlassen werden. Weitere Investitionen in den Ausbau der Kinderbetreuung mit der Unterstützung des Bundes sind dafür dringende Voraussetzung und dürfen da­her auch nicht ausgesetzt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Bundeszuschuss zum Ausbau des insti­tutionellen Kinderbetreuungsangebots sowie zur frühen sprachlichen Förderung in ins­titutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen im Ausmaß von 20 Mio. Euro jährlich bis zum Ende der Legislaturperiode fortzusetzen.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beibehaltung der bis­herigen Höhe des Mehrkindzuschlags

eingebracht im Zuge der Debatte über das Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011

Ein Viertel aller Studierenden schrammt derzeit an der Armutsgrenze. Dies geht aus der Studierenden Sozialerhebung 2009 hervor. Kürzungen bei der Familienbeihilfe werden diese Gruppe vergrößern.

Neben der verkürzten Bezugsdauer der Familienbeihilfe wird den Familien mit drei oder mehr Kindern der Mehrkindzuschlag gekürzt. Dieser Stand beträgt bislang mo­natlich 36,40 Euro für das dritte und jedes weitere Kind. Voraussetzung für den Bezug ist ein maximales Familieneinkommen (2009) von 55.000 Euro pro Jahr. Der Mehr­kindzuschlag wird nun von 36,40 Euro auf 20 Euro gekürzt. Damit erspart sich die Re­gierung 26,1 Millionen Euro ab 2011.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 360

Hätte die Bundesregierung ihren eigenen kürzlich veröffentlichten Familienbe­richt 1999-2009 gelesen bzw. das Kapitel zur Familienarmut nicht gänzlich gestrichen, so wüsste sie, dass insbesondere Familien mit drei oder mehr Kindern besonders stark armutsgefährdet sind. Armutsgefährdete Familien sind besonders angewiesen auf Transferleistungen, da diese einen Großteil ihres Haushaltsbudgets ausmachen. Im Sinne der Vermeidung bzw. Prävention von Armut ist dies eine völlig kontraproduktive Maßnahme.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die bisherige Höhe des Mehrkindzuschlags beizubehalten.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Bundesminister Dr. Mit­terlehner. – Bitte.

 


10.10.36

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf exemplarisch damit beginnen, kurz darauf Bezug zu nehmen, was die Wirtschafts­sprecher der Oppositionsparteien eingewendet haben.

Ich darf mit Herrn Kollegem Themessl beginnen, der zwischenzeitlich weg war. Ich glau­be, er hat seine Rede wieder archiviert, denn im Endeffekt halten Sie seit drei Jahren die gleiche Rede (Abg. Kickl: Ja, weil sich nichts ändert! – Abg. Mag. Stefan: Leider! Schön wäre es, wenn er sie einmal anders halten könnte!), nämlich dass sich die Kom­petenzen im Bereich Wirtschaft und Arbeit geändert haben. – Ja, das ist richtig! Wir ha­ben eine andere Kompetenzaufteilung, und ich würde Sie auch bitten, dass Sie die Maßnahmen, die Sie immer aus dem Jahr 2008 zitieren, auch evaluieren. Wir hatten eine Wirtschaftskrise (Abg. Bucher: Wir haben eine Regierungskrise!) und jetzt eine Strukturerneuerung. – Es wäre ganz gut, das anzupassen.

Und als Zweites würde ich Sie bitten, Ihren Ausführungen einfach etwas mehr Qualität und auch Recherche zugrunde zu legen. Sie haben hier herinnen heute behauptet, es würde dem Tourismus ein Betrag von 300 Millionen € entzogen, weil die Energieabga­benrückvergütung nicht mehr stattfindet. – Das ist unrichtig.

Herr Kollege! Insgesamt haben wir 580 Millionen € Rückvergütung, davon werden jetzt im Budget 100 Millionen € weniger rückvergütet, und laut der Stellungnahme der Wirt­schaftskammer betrifft das den Tourismus mit insgesamt 35 Millionen €. Das ist immer noch unangenehm, aber – auf Ihre Rede zurückkommend – es ist ein Zehntel dessen, was Sie gesagt haben. (Zwischenruf des Abg. Mag. Molterer.) Und ich hoffe, dass man bei Ihren Argumenten und anderen Angaben nicht auch überall ein Zehntel neh­men muss, um auf das wirkliche Niveau zu kommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Des Weiteren möchte ich auch etwas dazu sagen, was Herr Kollege Bucher hier ange­sprochen hat – Sie haben auf Kollegen Matznetter repliziert und haben gesagt, er habe da eine neoliberale Wirtschaftspolitik vertreten, und das ist, wenn man den Banken Geld nachschmeißt –: Das ist eine eigenartige Auffassung, aber ich würde Sie diesbe­züglich wirklich bitten, dass Sie im kleinen Kreis in Kärnten eine Recherche machen, welche Bank Geld braucht, ob man ihr das Geld nachwerfen muss und ob die anderen


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das Partizipationskapital entsprechend zurückzahlen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Petz­ner: Und Sie schauen einmal nach Niederösterreich!)

Meine Damen und Herren! (Die Abgeordneten des BZÖ halten Tafeln mit verschiede­nen Aufschriften hoch.) – Ja, es ist schön, Herr Kollege Bucher, dass Sie und Ihre Trup­pe den PISA-Test verstanden haben. Sie können offensichtlich lesen – aber ob Sie sinn­erfassend argumentieren können, weiß ich nicht. Das ist noch des Beweises würdig. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler – zwei Tafeln hochhaltend –: Ein paar gute Ideen haben wir da!)

Meine Damen und Herren, wenn die Herren des BZÖ ihre Lesedarstellung beendet ha­ben, möchte ich auf die zwei ...

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, einen Moment! – Für die Abgeordneten des BZÖ gilt dasselbe, was für alle anderen Fraktionen gilt: Die Schilder sind hergezeigt. Ich darf Sie bitten, diese wieder zu entfernen.

Bitte, Herr Bundesminister. (Abg. Grosz: ... aber er hat es ja noch nicht verstanden! Wir müssen ihn nachsitzen lassen! Er ist ja ...!)

 


Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner (fortsetzend): Herr Kollege Westenthaler und Co, Sie sollten wirklich einmal schauen, ob Ihnen nicht etwas Neues einfällt. Das hat Haider schon vor Jahren gemacht, Sie kom­men immer mit dem Gleichen. Das ist irgendwie fad. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischen­rufe beim BZÖ.)

Meine Damen und Herren, damit zu dem, was hier eigentlich im Zentrum stehen sollte, nämlich die Auseinandersetzung mit der Frage – und die ist wirklich entscheidend –: Wie haben wir mit unseren Rahmenbedingungen einerseits die Krise bewältigt – das gilt für das Jahr 2009 –, und wie arbeiten wir andererseits an der Strukturreform der Wirtschaft in den Jahren 2010, 2011 und in den Folgejahren?

Wenn Sie, meine Damen und Herren, auf das Jahr 2009 schauen, dann haben wir die Krise sehr gut bewältigt. Es ist mir klar, das war nicht die Bundesregierung oder das Parlament allein, sondern unsere MitarbeiterInnen und die Eigentümer der Betriebe, gar keine Frage (Beifall bei der ÖVP), aber ich glaube, die richtigen Maßnahmen der Bundesregierung im Bereich Kurzarbeit, im Bereich thermische Sanierung, im Bereich Ökoprämie und die Steuerreform haben dazu geführt, dass wir eben besser abge­schnitten haben als andere Länder.

Und weil Sie dann immer kommen und sagen, Deutschland hat heuer bessere Wachs­tumsdaten: Sie haben auch mehr aufzuholen! Deutschland hat voriges Jahr mehr ver­loren als wir, daher gibt es natürlich einen größeren Erholungsprozess.

Da können Sie einfach auf die Zahlen schauen – und Zahlen sind eigentlich unbestech­lich –: Wir haben im Jahr 2009 weniger Rückgang gehabt, was das Wirtschaftswachs­tum anlangt, und haben jetzt, im Jahr 2010, eine höhere Steigerung des Wachstums, höhere Exportraten als andere Länder.

Ich erwähne OECD- beziehungsweise EU-Umfragen für 2010: durchschnittliches Wachstum in Europa 1,8 Prozent, wir haben 2,0 Prozent und werden das möglicher­weise sogar übererreichen; im Jahr 2011 beträgt der EU-Durchschnitt 1,7 Prozent, wir haben 2,2 Prozent. Noch bessere Daten wären natürlich wünschenswert – arbeiten wir mit den richtigen Maßnahmen daran, dass es noch besser wird!

Das ist die Linie im Budget 2011: Wir können nicht immer Krise spielen, wir können nicht immer unsere Ausgaben auf dem Niveau des Jahres 2009 halten, sondern wir müssen die Werte auf das Niveau des Jahres 2008 zurückführen, und das war ein Jahr der Hochkonjunktur, und wir haben wirtschaftlich auch erfolgreich abgeschnitten. Da­her: Wenn Sie hier kritisieren, schauen Sie einfach auf die Veränderungen!


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Herr Kollege Bucher, beim AWS haben wir im nächsten Jahr einen Rückgang von 18,25 Millionen € auf 17,25 Millionen € und wir werden die Haftungsrahmen ein wenig zurückschrauben müssen, aber im Endeffekt wird das Niveau, die Finanzierungsfähig­keit für die Betriebe nicht kleiner werden. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) Das wird nicht kleiner werden, daher ist die Wettbewerbsfähigkeit da gesichert.

Es dürfte Ihnen auch entgangen sein, was wir im Bereich Forschung und Entwicklung haben: Wir haben das Niveau aufrechterhalten können. Wir haben 10 Millionen € we­niger Budget, weil das ein Teil des Konjunkturprogrammes war – das war vor allem für die Umstrukturierung des automotiven Bereichs gedacht. Das ist passiert, das ist ge­schehen, daher sind wir dort gut unterwegs. Und außerdem sollten Sie wissen, wir er­warten doch nicht von einem Klein- und Mittelbetrieb, dass er eine eigene Forschungs­abteilung aufbaut! (Abg. Bucher: Das ist aber so!)

Interessant ist es, Anreize zu geben, und dafür gibt es den Innovationsscheck, das funktioniert – 2 500 €; viele Betriebe haben den Weg in die Forschung gefunden –, und zum Zweiten erhöhen wir jetzt die Forschungsprämie von 8 auf 10 Prozent. Das sind die Maßnahmen, die die Betriebe nötig haben, aber nicht irgendwelche alten Modelle, die wir eigentlich nicht mehr brauchen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Internationalisierung, meine Damen und Herren, weil Sie immer fragen: Was ist das Zukunftskonzept? – Das Zukunftskonzept der heimischen Wirtschaft ist, dass wir im Bereich Export, im Bereich unserer Strukturen und vor allem der neuen Märkte Ände­rungen vornehmen. Wir ändern in Richtung Technologie, in Richtung Innovation, aber auch in Richtung von neuen Märkten, wie dem Mittleren Osten, dem ganzen Schwarz­meerbereich, aber noch stärker Asien. Dort sind wir erfolgreich unterwegs, dort werden wir mit leicht verminderten Relationen auch die Internationalisierungsoffensive fortset­zen.

Meine Damen und Herren, ich möchte, da ich auch noch für einen zweiten ganz wich­tigen Bereich zuständig bin, jetzt auch etwas zur Familie sagen. Ich möchte aber ein­fach zum Ausdruck bringen, dass wir in dem Bereich, was die Wirtschaft, was die Zah­len anlangt, gut aufgestellt sind, und was die Maßnahmen anlangt, noch besser aufge­stellt sind.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich etwas zur Familienpolitik sagen: Was ist die beste Familienpolitik? – Die beste Familienpolitik ist, wenn die Wirtschaft Arbeits­plätze hat, wenn derjenige, der Geld in die Familie bringt, oder diejenigen, die das tun, auch wirklich arbeiten können, wenn Männer und Frauen arbeiten können und die Un­ternehmen erfolgreich sind. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Und da, meine Damen und Herren, bitte ich Sie einfach zu relativieren: Frau Kollegin Glawischnig! Wir haben neulich diskutiert, und zwar sehr sachlich diskutiert, genauso wie auch heute. Wir haben im Jahr 2009 und im Jahr 2010 940 Millionen € – bedingt durch die Wirtschaftskrise und weil es auch notwendig war – mehr an Förderung in den Familienbereich gegeben. Heuer beziehungsweise im Budget für das nächste Jahr nehmen wir von den 940 Millionen € 234 Millionen € wieder heraus. (Abg. Dr. Gla­wischnig-Piesczek: Ja, wem? Die Frage ist, wem nehmen Sie es weg? Für manche Leute sind 100 € schon viel!) 234 Millionen €! Da von einem Anschlag zu sprechen, ist einfach unrichtig.

Wir haben auch einige Abrundungen getroffen. Ich weiß, das stößt bei den Betroffenen nicht auf Freude – sie sehen die negative Maßnahme; auch ich bedauere, dass wir hier überhaupt einschränken müssen –, aber schauen Sie einfach den FLAF an! Der FLAF hat Ausgaben in einer Größenordnung von rund 6,6 Milliarden € und Einnahmen von 5,7 Milliarden €, also ein Defizit. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: ... einmal diesen FLAF!)


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Wenn Sie, Frau Glawischnig, sagen, in dem Zusammenhang schmerzt die Familien das Argument der Steuerlast, dann ist nicht das Argument schmerzvoll, schmerzvoll ist die Steuerlast! Was wir tun, ist, die Steuerlast und die Schuldenlast, die auf diesem gan­zen Problem liegt, entsprechend zu beheben, und wenn die Schulden weg sind, haben wir eine größere Handlungsfähigkeit. (Beifall bei der ÖVP.) – Daher nehmen wir in dem Bereich zurück.

Wir haben die Übergangsfrist im Bereich 26 bis 24 Jahre verlängert, und in dem Zu­sammenhang muss ich auch sagen, die Verlängerung der Übergangsfrist betrifft jeden, der eine Wohnung gemietet hat. Er kann die Förderungen bis 1. Juli zu den alten Bedin­gungen haben.

Jetzt komme ich zu einem Punkt, der meines Erachtens wesentlich ist: 900 000 von 1,8 Millionen Bezugsberechtigten im Familienbeihilfenbereich erfahren keinerlei Ein­schränkung! Also in diesem Bereich davon zu sprechen, das System würde ruiniert wer­den, das entspricht nicht der Realität.

Was aber die Frage für die Zukunft anlangt, wenn wir schon darüber diskutieren, wie es weitergeht, möchte ich drei Punkte ansprechen.

Der eine ist von Ihnen mehrfach erwähnt worden, nämlich wir würden vom Ende der Familienpolitik oder von einer Kehrtwende sprechen. – Meine Damen und Herren, wenn Sie einmal die Familienförderungen von Bund und Ländern betrachten, die steuerli­chen Bedingungen, dann erkennen Sie bis zu 30 gleiche, teilweise unterschiedliche Förderungen und Steuerbegünstigungen. Daher ist es meines Erachtens notwendig, die Treffsicherheit des Systems, die Begünstigung in dem Sinne so auszurichten, dass jedes Kind gleich profitiert. Warum soll es in Kärnten – teilweise auf Schuldenbasis, muss ich dazusagen – eine andere Förderung geben als in anderen Bundesländern? Das gehört treffsicherer gemacht.

Zweiter Punkt: Kinderbetreuung, Anschlussfinanzierung; auch dazu die Fakten, Frau Glawischnig. Wir haben eine 15a-Vereinbarung, und die läuft im Jahr 2010 aus. (Zwi­schenruf der Abg. Mag. Musiol.) Frau Musiol, wenn es heißt, dass wir evaluieren, so steht das in der Vereinbarung drin. Der Bund hat die Vereinbarung auf Punkt, auf Cent und Euro eingehalten, aber die anderen haben zum Teil noch keine Abrechnungen vor­gelegt, gar nichts. Vier Bundesländer haben diese Aufgabe erledigt, fünf Bundesländer nicht. Daher ist es notwendig, zu evaluieren, und dann wird es eine Anschlussför­derung geben. Aber ich sage Ihnen auch: Das ist ein Thema der Länder, das ist eine Sachleistung. Der Bund ist Multiplikator, um die Barcelona-Ziele zu erreichen.

Dritter Punkt, wenn wir von Familie reden, sind die Studenten. Mir ist aufgefallen, dass viele Studenten gar nicht so heftig protestiert haben, weil offensichtlich teilweise die Familienbeihilfe bei den Eltern verbleibt, nicht überall weitergegeben wird. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Deswegen hinterfrage ich das Modell!) Jetzt mag es sein – und da beziehe ich mich auf einen hier eingebrachten Entschließungsantrag –, dass ei­nige Studenten das „Hotel Mama“ bis zum 50. Lebensjahr beanspruchen, aber die Wirklichkeit schaut doch so aus, dass viele Studenten ganz allein oder mit anderen Kollegen zusammen und nicht mehr zu Hause wohnen. Daher ist eine Überlegung: Sollten wir nicht andere Systeme in Betracht ziehen und beispielsweise die Familien­beihilfe direkt an die Studenten ausbezahlen? Dazu gibt es sogar einen Entschlie­ßungsantrag im Nationalrat. Das ist natürlich auch mit Nachteilen verbunden, wenn Sie ja sagen. Dann gibt es nämlich möglicherweise nicht mehr die Förderung für mehrere Kinder oder die Begünstigung bei der Altersgrenze, weil das Kind ja nicht mehr im ge­meinsamen Haushalt lebt. Daher muss man das auch von den steuerlichen Gegeben­heiten her betrachten und vielleicht eine entsprechende Umstellung vornehmen.

Zusammengefasst: Es gibt aus unserer Sicht eine Fortsetzung der Anschlussfinanzie­rung, und keine Einstellung. Es gibt eine Überprüfung der Treffsicherheit, das ist drin­


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gend notwendig. Und drittens müssen wir uns im Bereich Studienförderung anschauen, warum andere Länder andere Systeme haben und die Familienbeihilfe im Wesentli­chen ab dem Alter von 19 Jahren einstellen und trotzdem genügend Studenten haben, trotzdem genügend Qualität auch für den Wirtschaftsbereich haben.

Meine Damen und Herren, zum Schluss kommend: Betrachten Sie beide Kapitel! Der Familienbereich weist teilweise Einschränkungen, aber andererseits auch ein hohes Niveau auf, ohne dass die Gesamtfähigkeit des Systems leidet. Der Wirtschaftsbereich ist strukturell immer noch ausgezeichnet aufgestellt, weil das die Voraussetzung dafür ist, dass alles andere in anderen Bereichen mitfinanziert werden kann, ob Arbeits­markt, Pensionen oder Gesundheit. Florierende Wirtschaft heißt florierendes Gesamt­system. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

10.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Steindl gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.23.55

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Opposition will nicht wahr­haben, dass wir doch die größte Finanz- und Wirtschaftskrise seit dem Jahr 1929 zu bewältigen hatten, weil es offensichtlich nicht so genau in die Argumentation passt. Aber es ist so, dass wir eine wirklich schwierige Zeit zu bewältigen hatten. Es hat vor allem auch entsprechende Einbußen bei der österreichischen Volkswirtschaft gegeben. Wir hatten bei der Exportwirtschaft immerhin 20 Prozent Einbuße zu verzeichnen, und unser Bruttosozialprodukt ist in etwa um 3,6 Prozent zurückgegangen.

Österreich ist deswegen einigermaßen gut aus dieser Krise herausgekommen, weil die klein- und mittelständischen Unternehmen, die immerhin 75 Prozent der Beschäftigten in Österreich halten und sehr eng mit ihren Mitarbeitern verbunden sind, ihre Mitarbei­ter zum großen Teil behalten haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich selbst bin seit mehr als 25 Jahren selbständiger Unternehmer in der Kfz-Branche, und ich weiß, wie wichtig uns unsere langjährigen und treuen Mitarbeiter sind. Wir ken­nen das soziale Umfeld unserer Mitarbeiter ganz genau, und jeder von uns überlegt sich, ob er einen Mitarbeiter gleich freistellt, wenn er einmal nicht die volle Auslastung in seinem Betrieb findet. Dass das nicht immer ganz einfach ist, weiß ich nur zu gut, weil damit auch enorme Kosten verbunden sind.

Die Regierung, sprich Wirtschaftsminister Mitterlehner und auch Finanzminister Pröll, hat entsprechende Maßnahmen getroffen, die Minister Mitterlehner im Wesentlichen soeben vollständig aufgezählt hat. Es waren für alle Bereiche entsprechende Pakete dabei, sodass wir die Konjunkturtiefen einigermaßen gut überstehen konnten. Wir sind dadurch sehr viel besser aus dieser Krise herausgekommen als so manch andere eu­ropäische Länder. Die internationalen Statistiken zeichnen ein ganz deutliches Bild. Wir haben mittlerweile wieder eine der geringsten Arbeitslosenraten innerhalb der Euro­päischen Union, wir haben Höchstbeschäftigung in Österreich. Damit können wir bele­gen, dass diese Maßnahmen zielsicher und effizient waren.

Wir werden diese Offensivmaßnahmen auch weiterhin fortsetzen. Der Herr Minister hat entsprechende Programme und Projekte angekündigt, die das Wachstum nachhaltig festigen werden.

Es wird wichtig sein, dass wir die Internationalisierungsoffensive entsprechend fördern. Dafür sind 18 Millionen € im Jahr sichergestellt.

Es ist ebenso wichtig, dass die thermische Sanierung – vor allem für die klein- und mit­telständische Wirtschaft bringt das entsprechende Impulse – weiter fortgesetzt wird.


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Die Energiestrategie ist ein wichtiger Bestandteil, gerade was die Energiesicherung in Österreich und die Verteilerfunktion anlangt.

Auch der Tourismus ist eine wirklich tragende Säule. Auch in der Krise sind entspre­chende Unterstützungen seitens AWS und entsprechende ERP-Kreditaktionen sicher.

Ganz wesentlich ist auch die Verlängerung der Schwellenwerte, die vor Kurzem in der Regierung beschlossen wurde. Das gibt gerade der regionalen Wirtschaft, aber auch den Gemeinden entsprechende Möglichkeiten, Impulse für die regionale Beschäftigung zu setzen.

Es wird auch erforderlich sein, dass wir weiterhin wettbewerbsfähige Abgabenquoten in Österreich haben. Wir haben die 44-Prozent-Marke erreicht, wir dürfen diese nicht mehr erhöhen. Wir sollten – das sage ich auch unserem Koalitionspartner – nicht noch über eine zusätzliche Vermögensteuer nachdenken. Wir wissen alle, dass diese, gera­de was den Verwaltungsaufwand betrifft, mehr kosten, als sie letztlich bringen würde. (Abg. Dr. Lichtenecker: Aber es ist gerechter! – Abg. Kopf: Nein!)

Ich darf darauf verweisen, dass die Vermögensteuer im Jahr 1989 von Lacina/Ditz ab­geschafft wurde. Anstelle der Vermögensteuer wurde die KESt für Dividenden und Zinserträge eingeführt. Damals hat die Vermögensteuer ein Jahresaufkommen von in etwa 800 Millionen € gebracht, die KESt bringt heute in etwa 5 Milliarden € Aufkom­men. Ich glaube, das war eine durchaus richtige Entscheidung, wir haben die richtigen Maßnahmen getroffen. (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend: Die Abgabenquote immer wieder abzusenken und die entsprechenden Maßnahmen für die Rahmenbedingungen in Österreich zu treffen, ist wichtig. Gerade die Steuerreform 2003/2004 hat gezeigt, dass, wenn wir den Körperschaftsteuersatz von 34 auf 25 Prozent absenken, das auch einen Mehrwert für den Staat bringt, einen Mehrwert an Beschäftigung; wir haben seither einen gigantischen Beschäftigungszu­wachs in Österreich. Wir haben vor allem sehr viel mehr Steueraufkommen aus der Körperschaftsteuer. Wir hatten mit dem alten Körperschaftsteuersatz in etwa 1,7 Mil­liarden € Ertrag und haben jetzt, nach der Krise, mit dem geminderten Körperschaft­steuersatz fast 4,5 Milliarden €.

Das, glaube ich, ist der richtige Weg. Ich danke der Regierung für diese Maßnahmen. – Besten Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

10.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Scheibner gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte.

 


10.29.46

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister, man kann Ihnen eines zugestehen: Sie sind in der öffentlichen Wahrnehmung gar nicht so negativ beurteilt, nicht zuletzt deshalb, weil Sie versuchen, sich möglichst nicht gemein­sam mit der Regierung abbilden zu lassen, sich möglichst abzuheben, weil Sie ganz genau wissen: Wer an diese Regierung anstreift, hat schon einmal fünf Minuspunkte!

Aber, Herr Bundesminister, das allein reicht nicht. Wir brauchen gerade in der Krise ei­ne aktive Wirtschaftspolitik für die Wirtschaft. (Bundesminister Dr. Mitterlehner: Ist eh aktiv!) Sehr „aktiv“! – Fragen Sie einmal vor allem die kleinen und mittleren Betriebe und nicht die Großindustrie! Natürlich, die Großindustrie hat selbstverständlich alle Mög­lichkeiten, auch international zu agieren. Sie hat auch die vollen Kassen im Hinter­grund, die notwendig sind, um langfristig Märkte zu bearbeiten, auch das eine oder an­dere Wellental zu durchtauchen. Aber fragen Sie die vielen tausend kleinen und mittle­ren Betriebe in Österreich, wie es ihnen geht!


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Wenn ich von den Theoretikern der Regierungsparteien höre: Die Krise ist überstan­den, es ist alles wunderbar!, dann ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Im Gegensatz zu Ihnen bin ich ein Praktiker, weil ich als Unternehmer auch international tätig bin (Beifall beim BZÖ) und auch österreichische Unternehmen berate, die versuchen, in den Zu­kunftsmärkten, die der Herr Bundesminister hier angesprochen hat, Fuß zu fassen. (Zwi­schenruf des Abg. Rädler.) Sie sind im Bankensektor tätig, und da ist es natürlich ganz toll im Bankensektor. Das würden sich auch die kleinen Unternehmen wünschen: dass sie die Gewinne, wenn sie welche machen, selbst behalten können, und für Verluste, die sie machen, steht dann der Steuerzahler mit Paketen, so wie für die Banken, gera­de. Aber so funktioniert das leider nicht, Herr Kollege! (Beifall beim BZÖ.)

Die kleinen und mittleren Unternehmer müssen jeden Euro selbst verdienen, um ihre Rechnungen bezahlen zu können, um ihre Mitarbeiter bezahlen zu können. Und das wä­re doch das Ziel.

Wir haben sehr viele Ein-Personen-Unternehmen. Was macht man, um diesen zu er­möglichen, auch Beschäftigte aufzunehmen, ein Büro auszustatten, auch international tätig zu werden? Welche Unterstützungen gibt es? – Sie lächeln, Herr Bundesminister! Ich weiß schon, die Wirtschaftskammer macht Fact Finding Missions, aber das ist auch zu wenig. Wir müssen diesen Unternehmen Möglichkeiten aufzeigen durch ein attrak­tives Steuersystem, durch entsprechende Anreize auch bei den Reduzierungen der zu versteuernden Gewinne.

Sie kürzen jetzt die AWS-Garantien. Es war damals eine sinnvolle Maßnahme, diese Garantien einzuführen. Aber ich frage Sie – gerade weil die Bankenvertreter anwesend sind; wobei ich nicht alle Banken über einen Kamm scheren möchte, das wissen Sie ganz genau –: Was haben die Unternehmer gehört, wenn Sie am Höhepunkt der Krise mit den AWS-Garantien zu den Banken gegangen sind und Kredite haben wollten? – Sie wurden gefragt: Was haben Sie denn zusätzlich noch für Sicherheiten?

Eine AWS-Garantie – das muss man sich vorstellen! –, eine staatliche AWS-Garantie war für viele Großbanken nicht ausreichend, um den kleinen und mittleren Betrieben die notwendigen Kredite zu geben. Das ist die Realität, über die ich nichts höre von den Theoretikern hier von SPÖ und ÖVP! (Beifall beim BZÖ.) Hier wünscht sich die Wirt­schaft Unterstützung, denn das darf ganz einfach nicht sein.

Herr Bundesminister, wie Sie richtigerweise gesagt haben, sind die Zukunftsmärkte nicht in Österreich. Sie sind nicht in Europa, und auch das viel gelobte Osteuropa ist bald ausgereizt, sondern die Zukunftsmärkte liegen in Asien, im Mittleren Osten. – Sie lachen die ganze Zeit, Herr Minister. (Bundesminister Dr. Mitterlehner: Soll ich wei­nen?) Ich sage Ihnen, den Wirtschaftsbetrieben ist das Lachen vergangen, die können nicht lachen. (Bundesminister Dr. Mitterlehner: Soll ich weinen?) Nein, Sie sollten sinnerfassende Wirtschaftspolitik machen, die den Unternehmungen tatsächlich hilft (Beifall beim BZÖ), denn die haben den langen Atem nicht. Man braucht oft Jahre, um auf diesen Märkten Fuß zu fassen, man muss die Kosten entsprechend vorfinanzieren.

Herr Bundesminister, Sie wissen ganz genau, dass all diese Märkte und das Wirt­schaftswachstum an Europa, nicht nur an Österreich, sondern an Europa vorbeigehen. Daher wäre auch eine gemeinsame Wirtschaftspolitik der Europäischen Union notwen­dig, aber diesbezüglich geschieht überhaupt nichts. Die Europäer glauben noch immer, die Old Economy sei so gut, sie glauben, nur sie seien so gescheit, hätten Qualität und die anderen seien nur die Kopierer. – Das ist schon längst vorbei. Man braucht Europa nicht mehr, Gewinne werden anderswo gemacht, die Märkte sind anderswo. Die Chi­nesen und die Asiaten nützen die Wirtschaftskrise und die mangelnde Unterstützung für gut gehende Unternehmungen in Österreich, sie kaufen Unternehmungen und das Know-how auf und stellen dann die Produkte billig in Asien her, liefern sie dann wieder an uns und konkurrieren mit unserer eigenen Wirtschaft.


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Dagegen muss man etwas unternehmen. Das verlangen wir, und das verlangt die Wirt­schaft auch von einer aktiven Wirtschaftspolitik Österreichs und der Europäischen Uni­on, aber davon sieht man noch relativ wenig. (Beifall beim BZÖ.)

Anderes Beispiel: die Steuerpolitik, weil ich schon wieder Ankündigungen höre, dass Steuern erhöht werden. Was Sie unter dem Titel Vermögensteuern diskutieren, ist doch in Wirklichkeit nur eine weitere Belastung des leistungsbereiten Mittelstands und der Wirtschaft, jener Wirtschaft, die unsere Gesellschaft trägt. Nicht Sie, nicht die Poli­tik, nicht Marx und Murks finanzieren die Gesellschaft, sondern gut gehende Wirt­schaftsbetriebe, gut gehende und aktive Unternehmen, die das Geld organisieren und Beschäftigung garantieren. Hier müsste man mit einem sinnvollen wirtschafts- und leis­tungsorientierten Steuersystem, so wie wir vom BZÖ das vorgeschlagen haben mit der Flat-Tax, einen echten Anreiz für Investitionen schaffen, einen Anreiz auch dafür, dass ausländische Unternehmungen nach Österreich hereinkommen.

Die Wirtschaftskammer hat Werbespots und Inserate gemacht wie: keine neuen Steu­ern, wir brauchen das nicht, Schulden reduzieren. – Viele, die hier sitzen, kommen ja aus diesem Bereich. Sie beschließen die Belastungen, aber die Wirtschaftskammer muss aus den Beiträgen der Unternehmungen diese Inserate bezahlen. Das ist der fal­sche Weg. Wir fordern eine aktive Politik für die Wirtschaft, denn die Wirtschaft stützt die Gesellschaft und das Sozialsystem. (Beifall beim BZÖ.)

10.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Lueger gelangt nun zu Wort. 5 Minuten. – Bitte.

 


10.36.32

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen des Natio­nalrates! Ja, das Budget war in einer Zeit zu erstellen, in der die Wirtschaftskrise eine riesige Herausforderung war. Dass in der Krise richtig reagiert wurde, zeigt sich daran, dass die Kaufkraft und die Konjunktur gestärkt wurden und dass Arbeitsmarktpakete geschnürt wurden, die uns geholfen haben und helfen. Es zeigt sich auch daran, dass Österreich weit stabiler dasteht als andere Staaten in Europa. Als Beispiel dafür seien die Ausgabenkürzungen erwähnt. Im Vergleich zu anderen europäischen Staaten mit 5 Prozent Ausgabenkürzungen haben wir in Österreich 1,7 Prozent Ausgabenkürzun­gen. Das zeigt, dass wir in der Krise sehr gut reagiert haben.

Herr Kollege Themessl, Sie haben schon Mumm (Abg. Mayerhofer: Er hat Mumm, das stimmt! – Abg. Dr. Fichtenbauer: Mehr als Sie schon! – demonstrativer Beifall bei Ab­geordneten der FPÖ), Sie stellen sich hier ans Rednerpult und behaupten, dass es jetzt die höchste Steuerbelastung gibt. Darauf kann ich nur mit den Worten des Herrn Ministers antworten: Sie müssen ein bisschen besser recherchieren! Wahrscheinlich aber hört es irgendwo einmal auf, da können Sie dann nicht mehr recherchieren, weil auch die blaue Fraktion sehr wohl einmal in einer Bundesregierung vertreten war. Da­mals – und das sind Zahlen der Oesterreichischen Nationalbank, die sicherlich nicht anzuzweifeln sind – lag die Steuer- und Abgabenquote bei 47,1 Prozent im Gegensatz zu jetzt, wo sie bei 43 Prozent liegt. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich komme nun zum Bereich Familie. Die Konsolidierungsmaßnahmen waren mit rund 1,5 Milliarden € beziffert, das Budget besteht zum größten Teil aus dem FLAF, über des­sen aktuelle Situation der Herr Minister bereits berichtet hat, und für jugendpolitische Maßnahmen stehen 9,4 Millionen € zur Verfügung.

Ja, es stimmt, es gab damals zum ersten Entwurf viele Proteste, aber, Frau Kollegin Mu­siol, es stimmt nicht, dass sich, wie Sie sagen, aufgrund dessen nichts verändert hat.


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Der Konsolidierungsbedarf hat sich ausgehend von dem von mir eingangs genannten Betrag um 307 Millionen verbessert. Das heißt, es wurden durchaus Maßnahmen ge­setzt, um Veränderungen und auch Verbesserungen herbeizuführen.

Österreich liegt mit seinen Leistungen für die Familien weiterhin im europäischen Spit­zenfeld und zahlt im Vergleich zu anderen europäischen Ländern die höchste Fami­lienbeihilfe am längsten aus. Nichtsdestotrotz müssen wir uns die Frage stellen: Wa­rum gehen die Geburtenraten zurück? Sind diese finanziellen Leistungen die richtigen? Sind das die richtigen Maßnahmen, die wir setzen?

Ich habe versucht, das Budget nicht nur als Budget, als Insel in unserer politischen Land­schaft anzuschauen, sondern auch in Verbindung mit dem Familienbericht, den wir schon im Ausschuss und auch hier im Plenum kurz diskutiert haben. Was ist in den letz­ten zehn Jahren alles geschehen?

Die Familienbeihilfe ist zweimal erhöht worden. Die Geschwisterstaffelung ist einge­führt worden. Der Mehrkindzuschlag ist eingeführt worden. Der Anspruch auf Familien­beihilfe für Studentinnen und Studenten ist verlängert worden, Stichwort Toleranzse­mester. Die Schülerfreifahrt für Lehrlinge ist erweitert worden, gleichzeitig auch auf Ge­sundheits- und Krankenpflegeschüler ausgedehnt worden.

Da sind wir uns sicherlich einig: Niemand von uns – niemand von uns – hat Freude damit, dass etwas gekürzt und eingeschränkt werden muss. Niemand. Ich glaube, das ist ein Punkt, worin hier im Saal Einigkeit besteht. Obwohl Österreich eines der reichs­ten Länder Europas ist, sind wir auch konfrontiert mit Armutsgefährdung und sozialer Ausgrenzung. Speziell Einfamilienhaushalte mit einem Erwachsenen, einem oder meh­reren Kindern sind von Armut, aber auch von sozialer Ausgrenzung bedroht. Es ist un­sere Aufgabe – und das Budget ist die Basis dafür –, in Zukunft Maßnahmen zu set­zen, alle finanziellen Ausgaben zu überprüfen und zu prüfen, ob die wirklich treffsicher sind.

Ich bin überzeugt davon, das Budget ist das erste Mal so erstellt worden, dass es ein Schritt in die richtige Richtung ist – und dazu haben wir auch einen entscheidenden Beitrag geleistet –, denn erstmals wurden auch jene herangezogen, die Vermögen be­sitzen. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, damit wir einmal zu echter Vertei­lungsgerechtigkeit kommen. (Beifall bei der SPÖ.)

10.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Kitzmüller ist die Nächste, die spricht. 5 Minuten. – Bitte.

 


10.41.45

Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Werte Kollegen! Sehr geehrte Zuse­her hier und zu Hause! Weil Sie hier wieder mit Ihrem Gejammer über die schwarz-blaue Koalition begonnen haben: Ohne schwarz-blaue Koalition wäre die Familien­politik und wäre Österreich nicht das, was es heute ist! (Beifall bei der FPÖ und bei Ab­geordneten des BZÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und Sie picken sich heute noch die guten, die wirklich wohlüberlegten Körner heraus. Davon leben Sie heute noch! Das sind die einzigen Dinge, von denen die Familien heute noch ein bisschen etwas haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, zwei Monate hat diese Regierung angeblich gebraucht, um dieses verunglückte Budget zusammenzubasteln. Wenn Sie zwei Wochen gebraucht hätten, hätte man das ja noch einsehen können, aber auch da wäre der Aufwand viel zu groß gewesen, um dieses matte Machwerk hier vorzustellen.

In Wirklichkeit haben sich ÖVP und SPÖ zwei Tage lang bei einem gemütlichen Sau­nabesuch in Loipersdorf und nicht länger der Zukunft Österreichs gewidmet. So sieht


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nämlich auch das Ergebnis aus. Wie eine verschworene Saunarunde haben sich Fay­mann und Pröll und ihre Regierungskollegen danach abgeschüttelt, die Tropfen weg­gewischt und leichtfertig die Änderungswünsche, die auch wir, die Opposition, immer wieder vorgebracht haben, ignoriert und damit gezeigt, was ihnen die Familien, was ih­nen Österreich wert ist und wie ehrlich sie es mit uns meinen.

ÖVP und SPÖ stützen ihre Apparate, ihre reformunfähigen Verwaltungseinheiten in Bund und Ländern. Sie trauen sich nicht, dort hineinzugreifen, Sie trauen sich auch nicht, dort Geld einzusparen. Dort, in diesen Strukturen, versickert das Geld. In diesen Ihnen über alles heiligen Systemen wird nichts gemacht. In diesen Systemen wird nichts an­getastet und nichts angerührt. Und deshalb, meine Damen und Herren, müssen wir, müssen die Wähler von Rot genauso wie von Schwarz, von Grün, von Blau und Orange bluten. Es bluten auch die Nichtwähler. Egal aber auch, nicht? Hauptsache, es gibt kein Eingreifen in Bereiche, in denen es Widerstand geben könnte. Bei den Ver­waltungsdinosauriern gibt es Widerstand, deshalb wird dort auch nichts getan. Natür­lich, beim Volk wird eingespart, denn über den Widerstand unserer Bevölkerung haben Sie von SPÖ und ÖVP sich schon längst hinweggesetzt, das lässt Sie kalt, da reagie­ren Sie nicht einmal mit einem Ohrenzucken. (Beifall bei der FPÖ.)

Am meisten trifft es dabei natürlich die Familien. Die Familien haben von diesen Regie­rungsparteien überhaupt keine Unterstützung. Und da zeigt es sich wieder einmal: Die Einzigen, die sich für die Familien einsetzen, sind wir Freiheitliche (Beifall bei der FPÖ), denn bei den Regierungsparteien stehen die Familien vor verschlossenen Türen.

In diesem ganzen Bereich wurde, wie schon erwähnt worden ist, eine Einsparung von insgesamt 406 Millionen € getätigt, wovon 80,5 Prozent, das sind 327 Millionen €, bei den Familien eingespart werden. Eine „tolle“ Leistung! Gratuliere! (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)

Aber wir von den Freiheitlichen wollen nicht an unserer Zukunft und bei denen sparen, die die Garanten unseres Staates und unserer Bevölkerung sind.

Ein Beispiel: Eine klassische Familie im freiheitlichen Sinne mit Vater, Mutter, zwei Kin­dern, einem Studenten mit 25 Jahren, einem zweiten Kind mit 16 Jahren, das noch in die Schule geht, was verliert diese Familie jährlich aufgrund dieses Sparbudgets? – 3 000 €. (Abg. Neubauer: Unfassbar!) Meine Damen und Herren, 3 000 € für eine Fa­milie sind ein ganz gewaltiger Betrag! (Beifall bei der FPÖ.)

Weil vorhin davon die Rede war, dass die Studenten die Familienbeihilfe nicht bekom­men würden: Ich frage Sie: Wovon leben denn die Studenten? – Natürlich von den El­tern! Die Studenten bekommen halt die Familienbeihilfe nicht direkt auf die Hand, son­dern sie bekommen von ihren Eltern Taschengeld oder die Miete für ihr Zimmer gezahlt.

Aber das ist nicht alles: Gebühren werden valorisiert, aber nur dort, wo es um das Neh­men geht. Dort, wo es um das Geben geht, bei den Familienleistungen, was ist da? Da ist die Regierung absolut uninteressiert an Valorisierungen. Vor diesen Valorisierungen fürchten Sie sich wie der Teufel vor dem Weihwasser.

In diesem Zusammenhang bringe ich einen Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kitzmüller, Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bei­behaltung der 13. Familienbeihilfe

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle Maßnahmen zu ergreifen, dass die 13. Fa­milienbeihilfe im derzeitigen Ausmaß vollumfänglich erhalten bleibt. Des Weiteren wird


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die Bundesregierung aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, welche vorsieht, dass die Familienbeihilfe und das Kinderbetreuungsgeld in einem Aus­maß erhöht werden, welches den Wertverlust, der durch unterlassene Anpassungen in den letzten Jahren entstanden ist, ausgleicht.“

*****

Aber es geht noch weiter, meine Damen und Herren, bei der Familienbeihilfe: Was ist mit der Familienbeihilfe, die ausgezahlt wird an Kinder, die nicht in Österreich leben? Warum passt man da die Familienleistung nicht an das Niveau des Heimatlandes an? Das wäre gerecht und fair. Zum Beispiel in Polen gibt es die Familienbeihilfe bis 24 Jahre in der Höhe von 24 €. Damit hat ein Pole, der dort seine Kinder hat und hier bei uns Familienbeihilfe bezieht, einen Gewinn von 106,90 €. Und solche Beispiele lie­ßen sich noch lange fortführen. (Abg. Dr. Matznetter: Der zahlt ja hier Steuern! – Abg. Kickl – in Richtung des Abg. Dr. Matznetter –: Na und?! Na und?!)

Da muss ich Ihnen schon sagen, meine Damen und Herren: Sanieren wir unsere Fa­milien, und lassen wir hier bei uns die soziale Gerechtigkeit einziehen! (Beifall bei der FPÖ.) Schließen wir die Tore vor diesem Missbrauch!

Deshalb habe ich einen weiteren Antrag einzubringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anpassung der Fa­milienbeihilfe für Bürger aus dem EU/EWR-Raum

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zuleiten, die vorsieht, dass die Familienbeihilfe für Kinder, die im EU/EWR-Raum leben und deren Eltern in Österreich arbeiten, auf das Niveau der tatsächlichen Lebenshal­tungskosten im jeweiligen Land angepasst wird.

*****

Und dazu, meine Damen und Herren zu Hause und hier auf der Galerie, lade ich Sie ein, auf www.unzensuriert.at bei unserer Umfrage mitzumachen und so Ihre Meinung kundzutun, ob da nicht eine faire Besteuerung und eine faire Leistung für uns Österrei­cher angesagt wäre. (Beifall bei der FPÖ.)

Dieses Budget, meine Damen und Herren, verdient unsere Ablehnung, denn uns Frei­heitlichen geht es um das Wohl unserer Familien und nicht um das Wohl der anderen, und wir sind die Einzigen, die die Familien unterstützen. (Beifall bei der FPÖ.)

10.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die zwei Entschließungsanträge sind ordnungs­gemäß eingebracht, ausreichend unterstützt, stehen mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kitzmüller, Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bei­behaltung der 13. Familienbeihilfe


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eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung 25 – Familie und Jugend, in der 91. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 22. Dezember 2010

Am 25.09.2008 hat der Nationalrat einstimmig den Antrag 900/A (XXIII. GP) zur Ände­rung des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 und damit zur Einführung der 13. Fa­milienbeihilfe beschlossen. Am 08.10. desselben Jahres beschloss der Bundesrat, kei­nen Einspruch dagegen zu erheben.

Die nach wie vor aktuelle Begründung für die Einführung dieser familienpolitischen Maßnahme lautete damals: „Österreich hat es sich seit langem zur Aufgabe gemacht, ein familien- und kinderfreundliches Umfeld zu schaffen, Familien finanziell zu unter­stützen und steht damit bei den Familienleistungen europaweit an der Spitze. Erst mit 1. Jänner 2008 wurde z. B. die Geschwisterstaffel für Mehrkind-Familien erhöht und sind die Gebühren für Geburtsurkunde, Staatsbürgerschaftsnachweis und Reisepass eines neugeborenen Kindes weggefallen. Familien mit Kindern sind von der herr­schenden Inflation und der dadurch bedingten allgemeinen Teuerung besonders be­troffen. Diese verstärkte Belastung erhöht sich für Kinder ab dem Schuleintritt gerade im Monat September, in dem üblicherweise das Schul- bzw. Ausbildungsjahr beginnt, betrifft allerdings auch Kinder unter 6 Jahren, bei denen z. B. Kosten für die Betreuung anfallen. Es soll daher die Familienbeihilfe, die einen Beitrag des Staates für noch nicht selbst erhaltungsfähige Kinder darstellt, im Monat September zur gezielten Unter­stützung bei den anfallenden Mehrausgaben ein dreizehntes Mal ausgezahlt werden. Die Verdoppelung der Familienbeihilfe für September soll für alle Kinder ausbezahlt werden, wobei die Erhöhung der Geschwisterstaffel alle Kinder, für die Familienbeihilfe bezogen wird, umfasst. Auch die erhöhte Familienbeihilfe von 138,3 € monatlich für ein erheblich behindertes Kind soll für September verdoppelt werden, da gerade diese Kin­der oft besondere Förderungen, die mit zusätzlichen finanziellen Aufwendungen ver­bunden sind, benötigen.“

Dass sie tatsächlich eingeführt wurde, ist wohl vor allem den 24. Nationalratswahlen zu verdanken, welche am 28. September 2008 stattgefunden haben und im Zuge derer die ÖVP unter anderem so geworben hat:

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Da die 13. Familienbeihilfe vor den Nationalratswahlen 2008 scheinbar als Wahlzuckerl für die ÖVP gedient hat, soll diese nun wieder abgeschafft werden.

Die 13. Familienbeihilfe ist besonders zum Schulanfang im September eine große Er­leichterung für die Familien. Als mageren Ersatz soll es künftig nur noch für Schul­


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kinder zwischen 6 und 15 einmalig einen Fixbetrag von 100 €, quasi als minimale An­schaffungshilfe für den Schulbeginn geben. Bisher konnte die 13. Familienbeihilfe auch deutlich höher ausfallen, da diese gestaffelt nach dem Alter und inklusive eventuellem Mehrkinderzuschlag gezahlt wurde. Hier zu sparen, heißt sozial bedürftige Familien mas­siv zu schädigen.

Auch bei den Studenten war die 13. Familienbeihilfe ein Teil der Studienförderung und führt bei knapp 130.000 Beziehern zu einer Kürzung.

Die 13. Familienbeihilfe wurde auch eingeführt, da im Unterschied zu den Pensionen die Familienbeihilfe, das Kinderbetreuungsgeld und der Kinderabsetzbetrag nicht regel­mäßig erhöht wurden, um die Inflation abzugelten. Seit 1992 wurde dieser Wertverlust nur ungenügend bis gar nicht ausgeglichen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle Maßnahmen zu ergreifen, dass die 13. Fa­milienbeihilfe im derzeitigen Ausmaß vollumfänglich erhalten bleibt. Des Weiteren wird die Bundesregierung aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, welche vorsieht, dass die Familienbeihilfe und das Kinderbetreuungsgeld in einem Aus­maß erhöht werden, welches den Wertverlust, der durch unterlassene Anpassungen in den letzten Jahren entstanden ist, ausgleicht.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anpassung der Fa­milienbeihilfe für Bürger aus dem EU/EWR-Raum

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung 25 – Familie und Jugend, in der 91. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 22. Dezember 2010

Für Kinder, die im EU/EWR-Raum leben und deren Eltern in Österreich arbeiten, muss die österreichische Familienbeihilfe ausbezahlt werden, ohne dass dabei die tatsäch­lichen Lebenshaltungskosten im jeweiligen Ausland berücksichtigt werden.

Nach Angaben von Staatssekretär Reinhold Lopatka führt dies in Ländern mit nied­rigerer Familienbeihilfe als in Österreich zu hohen Differenzzahlungen unabhängig von den dortigen Lebenshaltungskosten. Beispielsweise beträgt die Differenz der Familien­beihilfe für ein Kind ab zehn Jahren in der Slowakei, wo die Lebenshaltungskosten um 35 Prozent unter denen von Österreich liegen, und jener in Österreich mehr als 100 Euro pro Monat.

Bedenken in rechtlicher Hinsicht kann entgegnet werden, dass Verfassungs- und Euro­parechtsexperten die Meinung vertreten, dass bei entsprechender Ausgestaltung im Sinne einer diskriminierungsfreien Regelung eine Kürzung der Familienbeihilfe rechts­konform wäre.

Eine Anpassung der Familienbeihilfe an die tatsächlichen Lebenshaltungskosten ist ei­nerseits sozial gerechtfertigt und ermöglicht andererseits Einsparungen in Höhe von mehr als zehn Millionen Euro pro Jahr.


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Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zuleiten, die vorsieht, dass die Familienbeihilfe für Kinder, die im EU/EWR-Raum leben und deren Eltern in Österreich arbeiten, auf das Niveau der tatsächlichen Lebenshal­tungskosten im jeweiligen Land angepasst wird.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Fuhr­mann. – Bitte.

 


10.49.26

Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Wenn Frau Kollegin Kitzmüller kritisiert, dass diese Bundesre­gierung zwei Monate Zeit gehabt hätte, um ein ordentliches Budget vorzulegen, was es aus meiner Sicht auch ist, dann muss ich ihr entgegenhalten, dass auch ihre Partei zwei Monate Zeit gehabt hätte, um sich Gegenvorschläge zu überlegen, aber das ha­ben Sie von der FPÖ nicht getan. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl: Hat sie eh gerade gemacht! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Stattdessen stellen Sie sich hier her und üben sich in populistisch vielleicht ganz gut ankommender Rhetorik, denn das, was ich von Ihnen, von Ihrer Partei die letzten zwei, drei Tage höre, ist purer Populismus, den ich nicht mehr ertragen kann. Ich sage Ihnen auch, warum.

Sie stellen sich hier her und sagen: Der Wähler, die Wählerin müssen bluten. (Abg. Ing. Westenthaler: Wie viel kosten zwei Wurstsemmeln?) Oder ein anderer Sager, den ich gehört habe: Die Regierungsparteien würden sich an den Weihnachtstisch set­zen und bei der Weihnachtsgans mitschneiden. – Ich weiß nicht, wer Ihnen solche Sa­ger entwirft und aufschreibt. (Abg. Scheibner: Und was war mit eurer Zuckerl-Aktion?)

Zwei Monate sind lang genug, dass man sich in Rhetorikseminaren übt, aber als Poli­tiker müsste man eigentlich die Verantwortung und den Anstand haben, sich seriös mit den Dingen auseinanderzusetzen, und das tut Ihre Partei definitiv nicht! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Neubauer: Dann tun Sie das! Übernehmen Sie Verantwortung! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Wenn es nach Ihnen geht, dann schaut das Konzept so aus: Ein bisschen Populismus, ein bisschen reißerische Sager vermischt mit Ausländerhetze, und wir sind schon wie­der – Ihrer Ansicht nach – ein paar Prozente vorne. Aber ist das der Anspruch, warum Sie hier im Hohen Haus Nationalratsabgeordnete sind? Gehen Sie am Abend nach Hause und können Sie, wenn Sie die Familien schon so hoch leben lassen, Ihren Kin­dern, vielleicht auch Enkelkindern noch in die Augen blicken? Können Sie das? – Ich könnte das nicht! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Zanger: Sie haben einen Horizont von zwölf bis zu Mittag! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Frau Kollegin Musiol hat angemerkt, dass es auch von der Arbeiterkammer, vom Ka­tholischen Familienverband, von der Caritas Kritiken, Anregungen gab. Und, Frau Kol­legin Kitzmüller, genau deshalb, weil die Familien bei uns nicht vor verschlossener Tü­re stehen, gab es ja auch einige Abrundungen. Ich muss sie nicht wiederholen, Sie alle kennen sie: Der Mehrkindzuschlag bleibt. Auch bei den Studierenden gab es Verbes­


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serungen, was die Familienbeihilfe betrifft, und zwar für jene, deren Studien länger dau­ern; Präsenz- und Zivildienste wurden eingerechnet. (Abg. Neubauer: Wurstsemmerl-Fuhrmann!)

Der Selbstbehalt bei Schulbüchern fällt weg, das wurde schon angesprochen. Es gibt 100 € zu Beginn eines Schuljahres, auch das wurde schon gesagt, aber anscheinend muss man es wiederholen, damit auch Sie es zur Kenntnis nehmen. (Abg. Mag. Ste­fan: Zurückgerudert oder wie?) Nicht zuletzt gab es auch bei der Steuerreform im Jahr 2009 für Familien eine Entlastung von 500 Millionen €. (Abg. Neubauer: Ich glau­be, Sie sind noch immer in der Sauna in Loipersdorf!)

Wenn schon die Studierenden hier angesprochen werden, dann möchte ich auch noch einmal erwähnen, obwohl wir jetzt nicht das Wissenschaftskapitel diskutieren, dass es dem Finanzminister dieser Regierung ein Anliegen war, 80 Millionen € mehr für die Uni­versitäten herzugeben, dass diese Regierung sich dazu bekannt hat, obwohl wir spa­ren müssen, bei Unterricht, bei Bildung weniger zu sparen, weil wir eben in unsere Kin­der, in unsere Jugendlichen investieren.

Den Vorschlag von Herrn Bundesminister Mitterlehner, die Familienbeihilfe direkt an Stu­dierende auszuzahlen, finde ich gut. Ich denke, das sollten wir machen. Es ist nämlich nicht so, dass Jugendliche nur von den Eltern leben, sondern viele junge Menschen müssen sich ihr Studium selbst verdienen, und deshalb ist das wichtig. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Folgendes noch zum Schluss: Ich bin der Meinung, dass wir die Politik, die wir hier ma­chen, einer Generationen- und Jugendverträglichkeitsprüfung unterziehen sollten. (Abg. Mag. Stefan: Warum kürzen Sie dann bei den Familien? 80 Prozent der Kürzun­gen sind bei den Familien! Warum gerade bei den Familien? Ist das die ÖVP-Familien­politik? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Dann könnten wir uns Sager, wie wir sie vorher gehört haben, ersparen. (Beifall bei der ÖVP.) Das wäre etwas, was nicht nur für die Zukunft relevant ist, sondern vor allem für heute, denn Jugendliche wollen auch heute eine Unterstützung haben und nicht Sager hören wie „die Zukunft von morgen“. (Abg. Mag. Stefan: Warum wird gerade bei den Familien gekürzt?)

Das soll Ihnen auch bei Ihren Weihnachtsgebeten in Erinnerung bleiben, wenn Sie an­dächtig mit Ihrer Familie Weihnachten feiern, was uns hoffentlich nach Ende dieser Plenarberatungen auch gelingen wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Die zehnfache Landesmutter Fuhrmann! – Ruf bei der FPÖ – in Richtung ÖVP –: Kauft ihr ein Wurstsemmerl! – Weitere anhaltende Zwischen­rufe bei FPÖ und BZÖ.)

10.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wenn sich die Damen und Herren wieder etwas beruhigt haben, werden wir mit der Sitzung fortsetzen. (Abg. Ing. Westenthaler: Ma­chen Sie weiter, es hält Sie niemand auf! – Abg. Scheibner: Wir sind im Parlament, Frau Präsidentin! Da werden wir nicht wie die Kaninchen warten, bis Sie wieder je­manden aufrufen!) Trotzdem gebührt diesem Haus eine gewisse Ordnung. Ich werde Ihnen gerne die E-Mails auch nach diesen Sitzungen wieder zukommen lassen. (Abg. Ing. Westenthaler: Ihre selber geschriebenen E-Mails können Sie sich behalten, Frau Präsidentin! Ihre Mails interessieren uns nicht! Die interessieren keinen Menschen!)

Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill. – Bitte sehr.

 


10.54.53

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Besucherinnen und Besucher auf der Gale­rie! Die Rede meiner Kollegin Silvia Fuhrmann soeben mutet schon sehr, sehr eigen­artig an, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen sowie bei


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Abgeordneten von FPÖ und BZÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Die kriegt das „Mutter­kreuz“ verliehen!)

Wenn sich die Jugendsprecherin von der ÖVP hier herausstellt und meint, wir brau­chen eine Jugendverträglichkeitsprüfung, die Gesetze sollen geprüft werden im Sinne der Kinder und Jugendlichen, ob sie wirklich der Zukunft von Kindern und Jugendlichen entsprechen, dann ist das zynisch, weil dieses Budget, das hier heute von SPÖ und ÖVP beschlossen wird, genau diesen Anspruch nicht erfüllt.

Sind Jugendvertretergruppen, sind Jugendliche wirklich eingebunden worden in diesen Gesetzwerdungsprozess? – Nein!

Zur Historie, nur zur Information: Was ist denn passiert? – Es wurde das Loipersdorfer Budget vorgestellt, und dann gab es den großen Aufschrei, den Aufschrei von Jugend­lichen, den Aufschrei von Studierenden, den Aufschrei der Familienorganisationen, den Aufschrei von Eltern, der Zivilgesellschaft. Und dann haben alle von den Regierungs­parteien vollkommen überrascht getan: Mein Gott, das kann doch nicht sein! Warum gibt es da solch einen Aufschrei? Und dann haben Sie sich erst überlegt, dass man ja vielleicht diese Familienorganisationen, die Jugendorganisationen, die Kinderrechtsor­ganisationen auch in diesen Diskurs einbinden könnte. Dann erst!

Dann gab es die Runden Tische, und dann ist man draufgekommen: Hoppala, viel­leicht sollte es doch noch ein paar Abfederungen geben! Hoppala, vielleicht sind wir doch ein bisschen zu streng, was das Jugendbudget anlangt, was das Kinderbudget anlangt, was das Familienbudget anlangt. – Sich dann hier herauszustellen und zu meinen, wir brauchen eine Kinder- und Jugendverträglichkeitsprüfung, ist zynisch, mei­ne sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

„Schmerzlich“, „bedauerlich“, „ein Schritt in die richtige Richtung“ sind Wörter, die hier von den Regierungsparteien im Zusammenhang mit der Budgetkonsolidierung gefallen sind. Das sind keine politischen Größen, meine sehr geehrten Damen und Herren, das sind auch keine Entscheidungsfindungsprozesse im Sinne von Kinder- und Jugend­politik oder Familienpolitik. Was heißt es denn, sich hier herauszustellen und zu sagen: Das ist schmerzlich!, oder: Es tut mir so leid, dass Studierende keine Familienbeihilfen­bezüge mehr bekommen, wenn sie über 24 Jahre alt sind!? – Das ist eine Form der Politik, das ist eine Form der Demokratie, die es nicht wert ist, hier in diesem Haus über­haupt ausgesprochen zu werden. (Beifall bei den Grünen.)

Zu den Studierenden und der Kürzung der Bezugsdauer von 26 auf 24 Jahre. Im allge­meinen Hearing im Budgetausschuss wurde von allen Experten aller Fraktionen ge­sagt, dass Jugendliche und junge Erwachsene über Gebühr belastet werden, nämlich im Verhältnis zu ihrem eigenen Einkommen. Und darum geht es im Endeffekt: Sie be­lasten Jugendliche und junge Erwachsene über Gebühr! Das wurde kritisiert, auch von den Experten von SPÖ und ÖVP, gerade im Hinblick auf die Herabsetzung der An­spruchsdauer der Familienbeihilfe von 26 auf 24 Jahre, gerade im Hinblick auf die Strei­chung der Familienbeihilfe für arbeitsuchende Jugendliche, gerade im Hinblick auf die Strei­chung der 13. Familienbeihilfe für Jugendliche.

Auch Ihre Experten, meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP, haben kritisiert, dass gerade auf dem Rücken von Jugendlichen und jungen Erwachsenen ein Sparkurs ge­fahren wird, für den diese junge Generation überhaupt nichts kann. Sie kann nämlich überhaupt nichts für die Wirtschaftskrise, sie kann nichts für den Konsolidierungskurs. Das ist der falsche Gedanke, Herr Minister Mitterlehner, zu sagen: Wir sparen bei den Jugendlichen, damit sie dann eine gute Zukunft haben! – Das ist der falsche Weg.

Die Studierenden sind am meisten belastet, meine sehr geehrten Damen und Herren, und deshalb bringe ich, auch im Zuge der Debatte über Vorschläge der Grünen, folgen­den Antrag ein:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 376

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Windbüchler-Souschill, Musiol, Grünewald, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Rücknahme der Kürzung der Familienbeihilfe für Studierende

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, Studierenden den Anspruch auf Familienbei­hilfe weiterhin bis zum vollendeten 26. Lebensjahr zu gewähren.

*****

Damit setzen Sie ein Zeichen für aktive Jugendpolitik, für aktive Bildungspolitik, für akti­ve Politik der Unis und der Studierenden und für ein Wirtschaftssystem und ein Bildungs­system, die den Namen auch wirklich verdient haben. (Beifall bei den Grünen.)

11.00


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der eingebrachte Antrag ist ausreichend unter­stützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Windbüchler-Souschill, Musiol, Grünewald, Freundinnen und Freun­de betreffend Rücknahme der Kürzung der Familienbeihilfe für Studierende

eingebracht im Zuge der Debatte über das Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011

„Meine ersten spontanen Gedanken waren: Wenn es zur Kürzung der Familienbeihilfe kommt, dann schmeiße ich mein Studium. Arbeiten gehen, schön und gut, aber die Uni ist Vollzeit und kann nicht einfach so nebenbei gemacht werden. Und wenn ich arbei­ten gehe, muss ich mir die ohnehin sehr knappe Zeit gut einteilen, um dann möglichst bald mein Studium abschließen zu können ...“

Mehr „Bessergestellte“, nicht „höher Begabte“, sollen studieren – Auszug aus einem LeserInnenbrief aus Salzburg

„Es wird gespart, bei jenen mit dem geringsten Widerstand, bei den Bevölkerungs­schichten, welche die kleinste oder gar keine Lobby haben. Mit Wegfall der Familien­beihilfe fällt auch der Mehrkinderzuschlag, es fällt die Vorteilscard, die Mitversicherung wird gestrichen werden und vieles mehr. Natürlich, mit 24 Jahren hat jeder sein fünfjäh­riges Masterstudium beendet, auch im September Geborene, BHS- AbsolventInnen und diejenigen, die der Allgemeinen Wehrpflicht als Soldaten oder Zivildiener nachge­kommen sind ...“

Bei der Familienbeihilfe wird massiv gekürzt, sie soll statt bis zum 26. nur noch bis zum 24. Lebensjahr ausbezahlt werden. Das trifft vor allem Studierende und ihre Eltern hart, da dies ein Minus von rund 2700 Euro pro Jahr bedeuten würde. Durch die massiven Proteste aller Beteiligten sind hier inzwischen Ausnahmeregelungen geplant, aber kei­ne Nachverhandlungen dürfte es bei der 13. Familienbeihilfe geben: Es wird sie künftig nur mehr für schulpflichtige Kinder in der Höhe von 100 Euro geben. Die Streichung der 13. Familienbeihilfe trifft insbesondere Alleinerziehende sehr hart, die Streichung des Mehrkind-Zuschlags trifft große Familien - beides Gruppen, die ohnehin stark be­lastet sind.

Der Wegfall von 2700 Euro pro Jahr bedeutet für viele Studierende, dass sie noch mehr arbeiten müssen - dadurch verlängert sich die Studiendauer, die ja eigentlich ver­


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kürzt werden soll, noch weiter. Bis 24 mit einem Studium fertig zu sein, ist in den meis­ten Fällen - auch aufgrund der Studienbedingungen - nicht möglich, d. h., viele würden ihr Studium abbrechen müssen.

Auch wenn mittlerweile von „Abrundungen“ gesprochen wird, so kann es nicht sein, dass mit dem vorgelegten Belastungspaket ein weiterer Rückgang der AkademikerIn­nenquote und der Frauen in Leitungsfunktionen an Universitäten riskiert oder sogar for­ciert wird.

41 Prozent der Studierenden bekommen schon derzeit keinerlei Förderung, also weder Familienbeihilfe, noch irgendeine andere öffentliche Unterstützung. Als Konsequenz dessen ist der Anteil der erwerbstätigen Studierenden zwischen 2006 und 2009 von 58 auf 62 Prozent gestiegen, 45 Prozent arbeiten mittlerweile während des ganzen Se­mesters. Die Hälfte der arbeitenden Studierenden klagt über die schwierige Vereinbar­keit von Studium und Beruf – 37 Prozent würden ihr Arbeitspensum gern reduzieren. Studienverzögerungen sind also vorprogrammiert. Dies geht aus der Studierenden So­zialerhebung 2009 hervor .

130 Millionen Euro würden den Studierenden durch Herabsetzung des Bezugsalters für die Familienbeihilfe gestrichen, rechnete die Österreichische Hochschülerschaft vor. 43.000 Studierende würden pro Jahr jeweils 2685,90 Euro verlieren - durch den Weg­fall der bisher 13 Mal ausgezahlten Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags von zwölf Mal 58,40 Euro. Weitere 106.000 fallen um die Auszahlung der 13. Familienbei­hilfe, die künftig gestrichen wird, um .

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, Studierenden den Anspruch auf Familienbei­hilfe weiterhin bis zum vollendeten 26. Lebensjahr zu gewähren.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


11.00.36

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Frau Staatssekretärin! „Müssen Rabenmutter-Image abbauen. Unternehmen, die auf Vereinbarkeit von Beruf und Familie setzen, sind Unternehmen der Zukunft. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist die große Herausforderung unserer Zeit. Fa­milie und Erwerbstätigkeit dürfen einander nicht ausschließen, sondern haben sich so zu ergänzen, dass eine befriedigende Lebensführung für alle möglich wird“ .– Dies sagt Anna Maria Hochhauser, Generalsekretärin der Wirtschaftskammer Österreich. (Abg. Hörl: Stimmt ja alles!)

Das ist eine Offensive, wie sie die Familien, wie sie die jungen Frauen, die jungen Män­ner brauchen, weil das genau das ist, was wir – all jene, die lesen wollen, können und es sich dann auch noch merken können – aus all den Studien herausgelesen haben, nämlich dass Familien, Frauen, Eltern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wollen; alles andere ist vorgestrig. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. Abg. Zanger: Mehr als 60 Prozent wollen zuhause bleiben!)

Sehr geehrte Damen und Herren, genau darum geht es uns jetzt. Es geht um die Maß­nahmen, die vom Parlament und von der Bundesregierung gesetzt worden sind, näm­


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lich zum Beispiel das einkommensabhängige Kindergeld. Zwei Drittel der Männer wol­len diese Art des Karenzurlaubes und des Kindergeldes in Anspruch nehmen. (Präsi­dent Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Es scheitert aber oft noch am Bewusstsein. Da ist es wichtig – sehr wichtig! –, dass Unternehmen, dass der ÖGB, dass die Sozialpartner bewusstseinsbildende Maßnah­men setzen, damit wir auf europäisches Niveau kommen. Mindestens 30 Prozent der Eltern, der Väter sollen diese Möglichkeit in Anspruch nehmen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. Abg. Zanger: Mehr als 60 Prozent der Frauen wollen zuhause bleiben die ers­te Zeit, aber sie müssen es sich auch leisten können!)

Sehr geehrte Damen und Herren, was mich in diesem Jahr besonders gefreut hat, war, dass erstmals seit langer Zeit die Einkommensschere zwischen den Geschlechtern zusammengegangen ist, dass also die Lohnunterschiede, die Einkommensunterschie­de geringer geworden sind. Es wäre auch wünschenswert, wenn im nächsten Jahr – und da zähle ich auch auf Sie, Herr Wirtschaftsminister – das Gleichbehandlungsge­setz dahin gehend novelliert wird, dass Einkommenstransparenz gegeben ist, um nä­her an das heranzukommen, was Einkommensgerechtigkeit bedeutet.

Was ich mir für die Frauen in unserem Land weiters wünsche, ist nicht nur, dass sie ar­beiten gehen können und dass die Kinder gut versorgt sind, in schönen, adäquaten, qua­litativ hochwertigen Bildungseinrichtungen, sondern auch, dass sie entsprechend ge­nug verdienen, Frau Kollegin Windbüchler-Souschill. Das ist mein Wunsch: dass man mit dem Einkommen auch auskommt. Dann braucht man nicht laufend über Förde­rungen zu reden. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. Abg. Dr. Gla­wischnig-Piesczek: Was wollen Sie uns sagen?)

Nächster wichtiger Punkt: Es wurde hier schon Verschiedenes über das „Kompetenz-Unwesen“ erzählt, das Österreich oft durchzieht. (Abg. Dr. Rosenkranz: In der Regie­rung ist es eher ein „Nicht-Kompetenz-Unwesen“!)

Die Kinderbetreuung etwa liegt in der Kompetenz der Länder. Ich würde schon lange dafür plädieren – und wir haben bereits Gesetzesvorschläge für ein Rahmengesetz in der Schublade –, dass endlich einmal Mindeststandards für ganz Österreich geschaf­fen werden. (Abg. Bucher: Heraus aus der Schublade! Gönnen Sie dem Vorschlag die Freiheit! Heraus damit!)

Wir in Tirol haben zum Beispiel die Möglichkeit, dass Kinder zwischen dem vierten und dem sechsten Lebensjahr gratis in den Kindergarten oder in eine Kinderbildungseinrich­tung gehen können. In Wien kann das Kind zum Beispiel ganzjährig ganztägig in eine Kinderbildungseinrichtung gehen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Warum haben Sie das in der Schublade und nicht mit?) Aber es ist ganz unterschiedlich. Es ist in ländli­chen Gebieten nicht selten, dass Juli/August Sperrzeit für Kindergärten ist. Es ist nicht selten der Fall, dass die Kinder mittags vor verschlossenen Türen stehen – in der Schule und auch im Kindergarten –, und, und, und. (Abg. Bucher: In SPÖ-Gemeinden ist das leider der Fall!)

Es ist viel zu tun, aber Sie haben uns an Ihrer Seite. Wir werden nicht aufgeben, und der nächste Schritt erfolgt im Jänner, damit Einkommenstransparenz gelebt wird. (Bei­fall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.04


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lugar. – Bitte.

 


11.04.54

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Die ÖVP ist wirklich eine Enttäuschung. (Beifall beim BZÖ.) Die ÖVP ist für viele Menschen in die­sem Land eine herbe Enttäuschung. Oder glauben Sie ernsthaft, dass Sie die Menschen belügen können und damit durchkommen? (Rufe bei der ÖVP: Hör auf! Na, bitte!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 379

Schauen wir uns einmal an, was der Herr Finanzminister, genannt Bankenminister, vor einem Jahr noch gesagt hat.

Josef Pröll hat gesagt, mit ihm werde es keine neuen Steuern geben. Was ist gekom­men? Neue Steuern!

Er hat gesagt, wir werden das Budget 60 : 40 reformieren – 60 Prozent in der Verwal­tung und all diesen Bereichen einsparen und 40 Prozent neue Steuern machen. Was ist gekommen? – 100 Prozent neue Steuern oder Maßnahmen, die wie Steuern wirken.

Josef Pröll hat weiters gesagt: Die Griechenland-Hilfe ist alternativlos. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Heute wissen wir, dass es zur Griechenland-Hilfe sehr wohl eine Alternative gegeben hätte, die uns keine 600 Millionen € – so viel ist es bis dato – gekostet hätte. Wenn wir uns diese 600 Millionen € gespart hätten, dann hätten wir uns auch sämtliche Grauslichkeiten in diesem Budget sparen können. Wen wundert es des­halb, dass die Menschen enttäuscht von der ÖVP sind, wenn sie permanent belogen werden. Deshalb sage ich: Hören Sie damit auf, die Menschen zu belügen!

 


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Abgeordneter, Sie wissen ganz genau, welchen Sprachschatz wir meiden sollten. (Abg. Rädler: Na, er nicht!) – Das Wort „Lüge“ fällt jedenfalls darunter. Sie werden auch mit einer anderen Formulierung durchaus gehört. (Abg. Grosz: Aber es ist die Wahrheit!)

 


Abgeordneter Ing. Robert Lugar (fortsetzend): Herr Präsident, ich habe natürlich Ver­ständnis für die Würde dieses Hohen Hauses, nur: Wenn jemand ein Jahr vorher etwas sagt und dann ein Jahr später genau das Gegenteil davon macht, was soll ich dann da­zu sagen? Ist das dann die Wahrheit, oder ist es eine Lüge? Das bleibt Ihnen überlas­sen, wie Sie das bewerten. (Beifall beim BZÖ.)

Mich hat vor Kurzem ein Journalist gefragt, warum sich die Opposition so aufregt. Wir könnten uns ja zurücklehnen und uns über diese furchtbare Performance der Regie­rung freuen. Wir könnten uns darüber freuen, dass die Umfragewerte der Opposition hoch sind, die Regierung sich hingegen in einem Umfragetief befindet. Aber so einfach ist die Welt nicht. (Abg. Weninger: Das BZÖ ... sensationell!) Eines Tages werden auch wir in der Regierung sein. Eines Tages wird auch die Opposition regieren, und bis dorthin wird es, wenn Sie so weitertun, gar nicht mehr so lange dauern. (Ironische Hei­terkeit bei ÖVP und SPÖ.)

Deshalb ist es für uns nicht egal, ob Sie uns einen Scherbenhaufen hinterlassen. Es ist für uns nicht egal, ob Sie all die Großbaustellen, die Sie ja schon über Jahrzehnte vor sich hertragen, nicht endlich angehen. – Das alles ist für uns nicht egal.

Für uns ist auch nicht egal, ob Sie nicht endlich einmal das Pensionssystem reformie­ren. Wir wissen alle, das Pensionssystem wird in einigen Jahren kollabieren. Wir wis­sen das. Alle hier herinnen wissen das, aber keiner tut etwas dagegen.

Genauso das Gesundheitssystem: Das Gesundheitssystem muss endlich von einem Krankheitsverwaltungssystem zu einem tatsächlichen Gesundheitserhaltungssystem umgebaut werden. All diese Dinge tun Sie nicht. (Beifall beim BZÖ.)

Oder auch die Länder: Die Länderkompetenzen machen seit Jahrzehnten Probleme, und wenn wir sie nicht endlich beschneiden, dann werden wir keine positive Zukunft in diesem Lande zusammenbringen. (Abg. Hörl: Zentralismus!) Sie müssen sich deshalb endlich über die großen Brocken der Verwaltungsreform drübertrauen. Wenn ich dann schon die Ausreden höre, Sie hätten keine Zweidrittelmehrheit, dann kann ich Ihnen sagen: Wenn es um die Zweidrittelmehrheit geht – wir geben sie Ihnen! Wir vom BZÖ geben Ihnen die Möglichkeit, mit einer Zweidrittelmehrheit all jene Baustellen anzuge­hen, die in diesem Land eine Zweidrittelmehrheit brauchen, auch die Länderbaustellen. (Abg. Dr. Rosenkranz: Aber das muss bis 2013 passieren, sonst ist es zu spät!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 380

Wenn Sie, Herr Finanzminister, Ihrem Onkel Erwin Pröll endlich die Hörner stutzen wollen – wir geben Ihnen die Zweidrittelmehrheit! Wir reichen Ihnen die Hand, weil wir wissen, dass dieses Land Reformen braucht, und wenn wir diese nicht jetzt durchfüh­ren, dann wird es zu spät sein. Alle Experten sagen, wir haben jetzt noch ein Zeit­fenster von maximal zehn Jahren, dann werden uns das Pensionssystem, das Ge­sundheitssystem und alle anderen Problemfelder, auch das Bildungssystem auf den Kopf fallen, und dann wird dieses Land unregierbar. Daran kann niemand ein Interesse haben – nicht die Opposition, und die Regierung schon gar nicht.

Also, liebe Regierung, liebe Regierungsfraktionen, wir reichen Ihnen die Hand für tat­sächliche, wirkliche Reformen. Das Einzige, was wir von Ihnen brauchen, ist der Re­formwille, der Mut, endlich die Reformen, auf die wir schon seit Jahrzehnten warten, an­zugehen. Diesen Mut erwarten wir von Ihnen. Alles andere liefern wir Ihnen: die Ideen und die Zweidrittelmehrheit, wenn Sie wollen.

Also bitte, ergreifen Sie diese einmalige Gelegenheit, denn sie kommt nicht wieder! (Abg. Dr. Rosenkranz: 2013 ist es vorbei!) Wir haben jetzt drei Jahre lang keine Wahlen. In diesen drei Jahren können wir einiges für Österreich bewegen. Deshalb kann ich Sie nur anflehen: Bitte, ergreifen Sie die Gelegenheit! Machen Sie die Reformen, auf die die Österreicher schon Jahrzehnte warten, und setzen wir gemeinsam diesen Schritt für ein besseres Österreich! – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

11.10


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte.

 


11.10.27

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Frau Staatssekretärin! Herr Kollege Scheibner hat vorher gesagt, dass wir in der ÖVP nur lauter Theoretiker seien. (Abg. Scheibner: Das habe ich nicht gesagt! Abg. Ursula Haubner: Interpretiert! Abg. Mag. Stadler: Solche Komplimente macht er nicht! Abg. Scheibner: Sinnerfassend zuhören!) – Sie haben das sehr wohl gesagt! Ich habe das gehört, ich bin da oben gesessen.

Also ich kann Ihnen sagen, allein an den unter diesem Tagesordnungspunkt behandel­ten Themen sind erfolgreiche Unternehmer wie beispielsweise Herr Kollege Hörl, Herr Kollege Obernosterer, Frau Kollegin Fürntrath-Moretti oder Herr Kollege Steindl, der heute schon gesprochen hat, beteiligt gewesen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe beim BZÖ.)

Wir wissen aus der Praxis, wie es den Unternehmen geht. Ich selbst komme aus der Steuerberatung, und ich weiß sehr wohl aus der Praxis, wie es den Unternehmen geht. Ich möchte Ihnen sagen, unsere Kollegen hier schaffen mehrere hundert Arbeitsplätze. Ich möchte nur wissen, Herr Kollege Scheibner, wie viele Arbeitsplätze Sie schaffen oder Herr Kollege Lugar, der immer so gescheit redet – wahrscheinlich keinen einzigen! (Bei­fall bei der ÖVP.)

Zurück zur Familienpolitik: Frau Kollegin Musiol hat heute gesagt, wir bedienen mit dem Kinderfreibetrag unsere Klientel. – Frau Kollegin Musiol, ich weiß nicht, wollen Sie sich von den steuerzahlenden Menschen in diesem Land abwenden? Wollen Sie nur mehr für jene Menschen da sein, die keine Lohn- und Einkommensteuer bezahlen? Für die­se Menschen tun wir sehr viel – genug –, und ich weiß nicht, woher das Geld kommen soll, wenn wir ständig auf die steuerzahlenden Menschen in diesem Land hinhacken. Sie sagen, den Kinderfreibetrag brauchen wir nicht, den können wir abschaffen. – Ge­rade für Menschen, die Steuern zahlen, ist er aber gut, weil da Steuern für Familien mit Kindern minimiert werden, und deshalb werden wir ihn auch beibehalten. (Beifall bei der ÖVP. Zwischenruf der Abg. Mag. Musiol.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 381

Es ist heute schon ein paar Mal gefallen – auch von Ihnen, Frau Kollegin Musiol –, dass den Menschen in Alleinerzieherfamilien oder auch Alleinverdienerfamilien sehr wenig Geld zur Verfügung steht. Ich möchte Ihnen nur sagen, dass beispielsweise seit der Steuerreform 2003/2004 einer Alleinerzieherin oder einer Alleinverdienerfamilie mit beispielsweise drei Kindern – weil Sie das ja auch immer so hervorstreichen, dass die­se Familien armutsgefährdet sind – allein aufgrund der Negativsteuer – wenn jemand keine Lohn- und Einkommensteuer bezahlt und Alleinverdiener oder Alleinerzieher ist – zirka 1 000 €, nämlich 999 €, vom Staat an Negativsteuern – nämlich an Steuern, die nicht bezahlt wurden – zurückbezahlt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Also wenn das „nichts“ ist, Frau Kollegin Musiol, dann muss ich sagen, Sie leben am Mond, denn für diese Familie mit drei Kindern kommen, wenn die Kinder zwischen null und 19 Jahre alt sind, noch zusätzlich pro Jahr 4 761,60 € allein an Familienbeihilfe da­zu.

Wenn das „nichts“ ist, dann, muss ich Ihnen sagen, verhöhnen wir alle Steuerzahlerin­nen und Steuerzahler, die in den Topf einbezahlen, damit wieder etwas verteilt werden kann – weil darauf kommt es nämlich an! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich habe heute schon ein paar Mal gehört, wir brauchen eine Steuerreform, wir müssen die Menschen entlasten. Ich möchte noch einmal Folgendes in Erinnerung rufen: Wir haben im Jahr 2009 eine Steuerreform mit einem Volumen von 3,6 Milliarden € auf den Weg gebracht. Allein das Familienpaket hat 510 Millionen € ausgemacht, und weitere 2,3 Milliarden € die Tarifreform, mittels derer wir gerade niedrige und mittlere Einkom­men entlastet haben, Menschen, die netto 11 000 € im Jahr verdienen. – Da ist jetzt noch nicht das dabei, was ich vorhin an Transferleistungen genannt habe. 2,7 Milliar­den Menschen in Österreich zahlen aufgrund dieser Steuerreform überhaupt keine Steuern. (Rufe beim BZÖ: Millionen, nicht Milliarden! – Abg. Grosz: „2,7 Milliarden Menschen in Österreich zahlen keine Steuern!“ Rechnen ist schon schwer!)

Ich möchte einmal wissen, warum Sie sich immer hier herstellen und meinen, wir tun nichts für Familien, die weniger verdienen. Wir haben die Arbeitslosenversicherungs­beiträge für Minderverdiener abgeschafft beziehungsweise geringer gemacht. Den Leu­ten bleibt also mehr in der Tasche. Wir sind diejenigen, die für Familien etwas tun. Wir sind diejenigen, die die Familienpolitik immer weiterentwickeln. Wir sind die einzige Fa­milienpartei, weil wir uns auch immer wieder Gedanken darüber machen.

Frau Kollegin Musiol, wenn Sie sagen, Herr Präsident Khol hätte gesagt, die Familien­politik sei gescheitert, dann frage ich mich schon ... Wir sind dabei, die Familienpolitik weiterzuentwickeln. Wir haben das Kinderbetreuungsgeld, das wir 2002 beschlossen haben, weiterentwickelt. (Abg. Scheibner: Sie haben das beschlossen?! Wir haben das beschlossen!) Es gibt mittlerweile fünf Varianten und sogar eine Pauschalvariante mit 1 000 €, und sogar Frauen, die vorher nichts verdient haben, können jetzt diese 1 000 € für 12 Monate – plus zwei Monate der Partner – bekommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend möchte ich noch eines sagen: Zur Familienpolitik gehört viel mehr! Wir haben beispielsweise mit 2005 eine Anrechnung der Kindererziehungszeiten für Frau­en eingeführt – für die ersten vier Lebensjahre der Kinder. Das sind im Jahr 2010 1 550 €! Das verdient manche Frau gar nicht, also reden Sie bitte nicht davon, dass wir keine gute Familienpolitik machen. Wir machen eine hervorragende Familienpolitik, und das ist der ÖVP und ihrem Koalitionspartner zu verdanken. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 382

11.15


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Haider. – Bitte.

 


11.15.54

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Frau Staatssekretär! Hohes Haus! Frau Kollegin Tamandl, Sie haben voll­kommen recht, und wir wissen es auch: Sie von der ÖVP haben einige erfolgreiche Un­ternehmer in Ihren Reihen. Das ist wahrscheinlich auch genau der Grund dafür, warum kein Einziger von denen jetzt hier ans Rednerpult kommt, um dieses Budget zu vertei­digen – denn die erfolgreichen Unternehmer werden diesen Spagat nicht schaffen. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Diese Budgetkapitel, in denen es um das Ressort von Minister Mitterlehner geht, kann kein Mensch schönreden. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Das sind die Kapitel der Grauslichkeiten, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sind die Kapitel, an de­nen Sie gemessen werden, und da haben Sie kräftig danebengehauen! (Rufe und Ge­genrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP, FPÖ und BZÖ.)

 


Präsident Fritz Neugebauer (das Glockenzeichen gebend): Kolleginnen und Kolle­gen! Es steht für alle Fraktionen ausreichend Redezeit zur Verfügung! Ich bitte um ein wenig Aufmerksamkeit für den Redner!

 


Abgeordneter Mag. Roman Haider (fortsetzend): Herr Präsident, Herr Kollege Wögin­ger muss immer dazwischenreden, weil er zu Hause in seinem Bezirk Schärding nicht so viel zu sagen hat. Darum fährt er immer nach Wien, und da muss er sich immer mit Zwischenrufen hinsichtlich seiner Redebereitschaft abreagieren.

Schauen wir uns einmal an, was im Familienressort wirklich passiert, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Insgesamt sollen ja die Ausgaben in diesem Budget 2011 gegenüber jenen von 2010 um insgesamt 641 Millionen € sinken. Davon sind allein 235 Millionen € Zinsersparnisse, die auf die derzeit niedrigen Zinsen zurückzuführen sind. Das werden nicht einmal Sie schaffen, dass Sie sich das als Verdienst auf Ihre Fahnen heften, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Es bleiben also nur 406 Millionen € reine Ausgabenreduktion. Mehr als 80 Prozent da­von, nämlich 327 Millionen €, betreffen Einsparungen bei Familien und Jugend – Ein­sparungen beim Rückgrat unserer Gesellschaft, nämlich bei den Familien, Einsparun­gen bei der Zukunft unserer Gesellschaft, nämlich bei der Jugend, meine sehr geehr­ten Damen und Herren!

Gleichzeitig steigt aber der Sozialetat – Hundstorfer lässt grüßen – um 159 Millionen €. (Abg. Lueger: Das sind ja Maßnahmen ...!) Das heißt also, es findet hier eine Um­schichtung von den Familien hin zu anderen Zielgruppen statt. Dieses Ausgabensen­kungsprogramm ist also überwiegend ein Sparprogramm zulasten von Familien und Jugend, mit allen Problemen, die sich daraus ergeben: mit den demographischen Aus­wirkungen, mit den Auswirkungen auf den Inlandskonsum und auf das Wirtschafts­wachstum.

Wie Sie, Herr Bundesminister, es als Wirtschaftsminister zulassen können, dass genau bei den Familienleistungen gespart wird, obwohl Sie genau wissen, dass die Familien jeden einzelnen zusätzlichen Cent in den Konsum stecken und somit das Wirtschafts­wachstum ankurbeln, wie Sie das zulassen können, dass gerade hier gekürzt wird, ist mir völlig schleierhaft!

Wo sind Sie, Herr Bundesminister, bei den Budgetverhandlungen in Ihrem Ressort ge­wesen? Wo sind Sie gewesen, als die Kürzungen und Belastungen, die die Familien be­treffen, als zum Beispiel die Kürzung der Familienbeihilfendauer beschlossen wurde, beim Mehrkindzuschlag, bei der 13. Familienbeihilfe, beim Pflegegeld, und, und, und? Wo sind Sie da gewesen, Herr Bundesminister?

Aber zum Glück haben Sie ja jetzt eine „erfahrene“ Familienstaatssekretärin aus Ost­tirol dazubekommen. Sie hat ja das Sozialamt Lienz schon für ein paar Monate geleitet.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 383

Bei den Belastungen, die auf die Familien zukommen, werden Sie diese Sozialamts­erfahrung der Frau Staatssekretärin gut gebrauchen können, das kann ich Ihnen sa­gen! (Beifall bei der FPÖ.)

Offensichtlich liegt das ganze Ministerium Familie und Wirtschaft in Agonie. Ein Zei­chen dafür ist auch – und, Herr Präsident, das betrifft auch den Nationalrat –, dass die Anfragebeantwortungen aus den Budgetausschusssitzungen noch immer nicht einge­troffen sind. Aber keine Sorge, wir haben uns das Budget selbst angeschaut, wir sind gar nicht so abhängig von Ihren detaillierten Anfragebeantwortungen, weil die groben Umrisse, die Sie uns hier vorlegen, ohnehin schon schlimm genug sind.

Aber es wäre einmal ein Thema für eine Präsidiale: dass Anfragebeantwortungen bei der Debatte im Plenum noch immer nicht vorliegen, meine sehr geehrten Damen und Herren. – So viel zum Familienbereich. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ja wieso ei­gentlich? Vier Tage ist Zeit!)

Schauen wir uns jetzt das Wirtschaftsressort an! Das ist in Österreich traditionell ohne­hin nicht viel mehr als eine Budgetbereitstellungsorganisation für die Wirtschaftskam­mer und für ein paar Fremdenverkehrsorganisationen. Da kann ja nicht viel passieren, sollte man meinen; aber nein, weit gefehlt! Herr Bundesminister, Sie haben auch da wieder den Kürzeren gezogen, es gibt nämlich wieder zahlreiche Erhöhungen, zum Bei­spiel: Mineralölsteuer, Tabaksteuer, AGES-Gebühr, Ticketsteuer, NoVA, Aktien-KESt, Stiftungssteuer und, und, und.

Habe ich etwas vergessen? – Ja, ich habe etwas vergessen! Nämlich die Kürzungen bei der Österreich Werbung, bei der Hotel- und Tourismusbank, bei der Energieabga­benrückvergütung und so weiter und so fort. Über 100 Millionen an Belastung allein für den Tourismus, das sagt der ÖVP-Spartenobmann Schenner von der Wirtschaftskam­mer.

Aber die Pendlerpauschale haben Sie erhöht. Das ist „super“! Abgesehen davon, dass das bei Weitem nicht ausreicht, um die Mehrbelastung durch die Erhöhung der Mine­ralölsteuer auch nur annähernd auszugleichen, meine sehr geehrten Damen und Her­ren, denke ich mir schon, Herr Bundesminister, dass gerade Sie, der Sie aus Oberös­terreichs Pendlerbezirk schlechthin kommen, nämlich aus dem Bezirk Rohrbach, ganz genau wissen, dass die meisten Pendler nicht einmal genug verdienen, um überhaupt in den Genuss der Pendlerpauschale zu kommen. Da nützt die ganze Erhöhung nichts! (Beifall bei der FPÖ.)

Aber ich weiß schon, Herr Bundesminister, das Thema Pendler ist für Sie ohnehin ein wunder Punkt, denn den Rohrbacher Pendlern werden Sie nämlich erklären müssen, was aus dem großartig angekündigten Veto gegen die Streichungspläne der Frau Ver­kehrsminister betreffend den Linzer Westring geworden ist. (Ruf bei der ÖVP: Rede­zeit, Herr Präsident!)

Ich komme schon zum Schluss; ich weiß, dass meine Redezeit vorbei ist, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Herr Bundesminister Mitterlehner, Ihr Ressort sieht also aus wie ein Christbaum am 6. Jänner: abgeräumt und ausgedörrt – und nicht einmal das billige Lametta hat man Ihnen gelassen! (Beifall bei der FPÖ.)

11.22


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Hakel. – Bitte.

 


11.22.19

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Lassen Sie mich ein paar Sätze zur Kreativwirtschaft sagen! Reden wir darüber, wie es diesem Bereich geht! Denken wir darüber nach, was die Politik für diesen Sektor tun kann!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 384

Vor ein paar Tagen wurde der Vierte Kreativwirtschaftsbericht der ARGE creativ wirt­schaft austria, einem Ableger der Wirtschaftskammer, präsentiert. Dieser Bericht zeigt insgesamt ein sehr gutes Bild, und darin liest man, dass die Kreativwirtschaft besser auf­gestellt ist als die Gesamtwirtschaft. – Schön zu hören.

Eine starke Kreativwirtschaft sichert auch in Zukunft den Wirtschaftsstandort Öster­reich – und das ist auch im Sinne der Sozialdemokratie. Nur etwas unprofessionell wird hie und da noch agiert, wird in diesem Bericht resümiert. Größere Probleme, die eigent­lichen Probleme, werden von demselben Bericht aus der Wirtschaftskammer leider aus­gespart.

Wenn ich von Mängeln spreche, wird mir von der Wirtschaftskammer ausgerichtet, ich solle doch endlich meine Klischees über Bord werfen – Klischees wie den Umstand, dass drei Viertel aller Unternehmen männlich geführt werden, oder Klischees wie die Erkenntnis, dass die Verhinderung oder die Beendigung von Arbeitslosigkeit generell bei 14 Prozent liegt, bei Unternehmerinnen aber vergleichsweise häufiger eine Rolle bei der Unternehmensgründung spielt.

(Unter lauten Rufen von der Galerie werden Flugzettel ins Plenum geworfen. Außer­dem wird versucht, ein Transparent aufzuspannen.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich unterbreche die Sitzung.

*****

(Die Sitzung wird um 11.23 Uhr unterbrochen und um 11.28 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und bitte, die Plätze einzunehmen.

Ich begrüße jene Damen und Herren – insbesondere die Jugend – auf der Galerie, die gewohnt sind, sich an eine Hausordnung zu halten. (Allgemeiner Beifall.)

Kollegin Hakel, Ihre Restredezeit beträgt 2 Minuten. – Bitte setzen Sie Ihre Rede fort!

 


Abgeordnete Elisabeth Hakel (fortsetzend): Danke, Herr Präsident! – In einer Demo­kratie ist freie Meinungsäußerung absolut in Ordnung, und ich verstehe natürlich, dass sich die Jugend Sorgen macht, wie es hier mit der Politik weitergeht. (Beifall bei Abge­ordneten der SPÖ und demonstrativer Beifall bei den Grünen. – Ruf beim BZÖ: Na hal­lo! – Abg. Scheibner: In welcher Partei sind Sie denn eigentlich? Sind Sie nicht aus der sozialdemokratischen Fraktion? Stimmen Sie gegen das Budget heute? Das ist un­geheuerlich! Das schauen wir uns an, wie Sie heute beim Budget abstimmen!)

Aber jetzt komme ich wieder zurück zur Kreativwirtschaft und möchte darauf zu spre­chen kommen, dass die Behauptungen der Wirtschaftskammer, dass ein Schritt in die Selbständigkeit aus reiner Freude und freiwillig geschieht, natürlich nicht ... (Weitere anhaltende Zwischenrufe beim BZÖ. – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzei­chen.)

Ich komme darauf zu sprechen, dass die Wirtschaftskammer behauptet, dass der Schritt in die Selbständigkeit aus reiner Freude und freiwillig geschieht. Das ist natürlich ein Schlag ins Gesicht vieler prekär arbeitender Ein-Personen-Unternehmen, Herr Minister. (Abg. Rädler: Hören Sie auf!) Und angesichts dieser Fakten stellt sich die Frage ei­gentlich kaum mehr, ob man dem Herrn Minister nicht auch die „Gender-Brille“ aufset­zen lässt und über verstärkte Frauenförderung auch im EVOLVE-Programm zur Förde­rung der Kreativwirtschaft zu diskutieren hat.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 385

Es ist schon längst an der Zeit, denn auch da geht es um Verteilungsgerechtigkeit, Herr Minister, und man kann darüber nachdenken, gerade im Kreativbereich einmal das Wagnis einzugehen und über den Tellerrand zu blicken: Was braucht die Kreativ­wirtschaft an Lebensraum? In welchem Umfeld entwickelt sich dieser Sektor? All das ist aber keine klassische Wirtschaftsförderung. Aber Kreativwirtschaft ist auch alles an­dere als eine klassische Wirtschaftsform. (Abg. Rädler: Hören Sie auf!)

Eine längerfristige Entwicklungsperspektive braucht eine längerfristige Förderungssi­cherheit. Und daher freut es mich auch ganz besonders, dass der Förderungsinitiative EVOLVE der Wirtschaftskammer und des Ministeriums nahezu wöchentlich mehr Bud­get zugesprochen wird. Spricht das Ministerium noch von veranschlagten 18 Millio­nen € bis 2013, gibt sich der Bundesminister via Pressemitteilung mit 25 Millionen € großzügig – und darüber freue ich mich sehr. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Sie haben heute wirklich den Vogel abgeschossen mit dieser Rede!)

11.30


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Lichten­ecker. – Bitte.

 


11.30.51

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Herr Minister! Werte Damen und Herren! Hohes Haus! Wir haben so­eben erlebt, dass junge Menschen, die Zivilgesellschaft laut aufgeschrien hat.

Und für die Damen und Herren auf den Tribünen und an den Bildschirmen: Was für Flugzettel sind denn gekommen? Darauf steht: „Nicht mit uns!“ (Abg. Hörl: Aha, orga­nisiert war das!) Herr Kollege, das wurde heruntergeschmissen, Sie hätten es sich neh­men können, wenn Sie sich dafür interessieren würden, wie es der Jugend geht. (Abg. Hörl: Haben Sie das organisiert? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Was steht denn oben? – Sie können es vorlesen! Darauf steht: „Dieses Budget ist zu­kunftsfeindlich und ein feiger Angriff auf die Schwächsten unserer Gesellschaft. Mit Ih­rer Stimme legitimieren Sie Kürzungen von: Kinder, Jugend und Familie: 1 340 Mio, Bil­dung: 518 Mio, Pflege: 578 Mio, EZA: 83 Mio.“

Das endet mit dem Schlusssatz: „Soziale Ungerechtigkeit lässt sich nicht abschleifen!“ (Beifall bei den Grünen.)

Sie haben es erlebt in den letzten Wochen: Viele Menschen aus der Zivilgesellschaft, aus den sozialen, aus den katholischen Organisationen sind aufgestanden und haben gewarnt. Viele Organisationen aus den Studentenvereinigungen und auch aus der Wirt­schaft haben davor gewarnt, dass man auch bei der Forschung streicht.

Selbstverständlich, meine Damen und Herren, die Schulden müssen abgebaut werden! Nur: Die Frage ist die: Wie wird das denn gemacht? Und letztendlich geht es ja um ei­ne intelligente, um eine zukunftssichernde Ausgaben- und Einnahmenpolitik. Und letzt­endlich geht es um Gerechtigkeit – und genau das haben Sie jetzt demonstriert be­kommen! Wachen Sie doch auf! Hören Sie doch zu, was Sie rundherum gesagt bekom­men!

Aber das, was Sie gemacht haben, was Sie, einen Verfassungsbruch riskierend, auf den Tisch geknallt haben, ist genau das Gegenteil. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, sollten weniger aufgeregt sein. Verehrte Damen und Herren von der SPÖ, hören Sie doch auf die Stimmen der Jugend! Deren Interesse ist es, dass es Investitionen in die Bildung gibt, und zwar vom Kindergarten bis zu den Universitäten, dass es Investitionen in die Forschung gibt und dass es auch intelligente Investitionen in Klimaschutz und Umwelt gibt. Und selbstverständlich for­dern die auch eine gerechte Steuerpolitik ein – und eine, die konsequent ist und die ökologisch ausgerichtet ist.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 386

Aber was machen Sie im Budget, jetzt speziell im Wirtschaftsressort? – Einerseits wer­den die Forschungsausgaben gekürzt, und das in einer Zeit, wo es dringend Investi­tionen in diesem Bereich braucht, und unter dem Deckmantel der Ökologisierung er­höhen Sie die Mineralölsteuer und glauben, das auch noch gut verkaufen zu können. – Nein, so kann es nicht gehen!

Bei den ganz zentralen Fragen, bei den Ausrichtungen bis 2014, die ganz elementar für die Wirtschaft sind, gibt es keinen Aufschrei?! Schauen Sie sich doch die Zahlen an! Schauen Sie sich an: Wie wird sich der Bildungssektor von 2011 bis 2014 entwi­ckeln? Es gibt da eine Abwärtsentwicklung in Bezug auf die Gesamtausgaben, nämlich von 10,8 auf 10,6 Prozent. Eine eindeutige Senkung! Und genauso verhält es sich auch im Forschungsbereich, und zwar gibt es dort eine Senkung von 5,9 auf 5,7 Pro­zent der Gesamtausgaben.

Und da fragen Sie sich nicht: Wie soll das ein guter Boden, ein gutes, stabiles Funda­ment für die Wirtschaft sein?!

Natürlich wird das Schwierigkeiten bedeuten! Da erwarten wir uns von Ihnen, Herr Mi­nister, eine zukunftsorientierte Ausrichtung. Und das Erste muss ein gerechtes Steuer­system sein, und zwar ein ökologisch und sozial ausgewogenes. Dafür haben wir Grü­nen ein Konzept, ein durchdachtes, modernes Konzept, das wir Ihnen gerne zur Verfü­gung stellen und gerne mit Ihnen umsetzen würden. Mit uns haben Sie auch die ent­sprechenden Mehrheiten, werte SPÖ und werte ÖVP. Die Frage ist nur: Will man da vo­rangehen?

Natürlich geht es auch um Gerechtigkeit! Na selbstverständlich braucht es eine Vermö­gensteuer bei Vermögen ab 500 000 € und eine Reduktion der Stiftungsprivilegien! Na selbstverständlich braucht es das, wenn Sie in eine gerechte Richtung gehen wollen!

Es braucht Investitionen in Bereichen, die ein beachtliches Wachstum haben und zen­trale Herausforderungen bewältigen können, nämlich im Bereich der Energieforschung. Ein Stiefkind in Österreich: Gerade einmal 0,03 Prozent werden dafür ausgegeben! Das ist ein Weg – und zwar in einem Bereich, wo man auch viele grüne Arbeitsplätze schaf­fen und sichern könnte –, der nicht zukunftsorientiert ist, und daher bringe ich jetzt ei­nen entsprechenden Entschließungsantrag ein.

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Investitionen für Energieforschung im Jahr 2011 auf 120 Millionen € pro Jahr zu erhöhen.“

*****

Das wäre der richtige Weg! So kämen wir in einem der wichtigen Zukunftsthemen vo­ran, würden Arbeitsplätze sichern, könnten Energiekosten sparen und würden das Kli­ma schützen! (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren, jetzt geht es darum, die Zukunft zu gestalten und zu si­chern, aber das, was hier heute und gestern an Angebot diskutiert worden ist, ist eine fantasielose Budgetpolitik – eine fantasielose Budgetpolitik mit Scheuklappen ohne Weit­sicht!

Was wir wollen und was wir Ihnen anbieten, sind innovative, mutige und zukunftswei­sende Vorschläge. Und ich versichere Ihnen: Wir werden nicht ruhen, wir werden nicht lockerlassen, bis Ihre großkoalitionäre Verkrustung aufbricht. So werden wir dieses Jahr beenden und so werden wir auch in das neue Jahr 2011 starten! (Beifall bei den Grünen.)

11.37



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 387

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hörl. – Bitte. (Oh-Rufe beim BZÖ.)

 


11.37.46

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! (Rufe beim BZÖ: Freie Rede! Freie Rede!) Liebe Kollegen vom BZÖ, ich werde frei reden, natürlich!

Herr Scheibner – er ist wieder nicht im Haus (Abg. Scheibner: Hier! Schauen, bitte!) – und Herr Haider, ich sage Ihnen: Hier steht ein erfolgreicher Tiroler Unternehmer! Ich verantworte mit meinem Team über hundert Mitarbeiter, und ich setze mich ernsthaft mit den Problemen dieses Landes auseinander! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

Ihnen, Frau Lichtenecker, sage ich: Wenn Sie Demonstranten hierher bestellen, dann halte ich das nicht für eine sehr seriöse Beschäftigung im Parlament und hier bei die­sem Budget.

Herr Scheibner, meine Firmen sind in Tirol und nicht im Ausland; ich wollte Ihnen das nur sagen! (Beifall bei der ÖVP.)

Als verantwortungsvoller Unternehmer weiß ich natürlich (Abg. Grosz: Nicht lesen, frei reden!), dass am Ende einer solchen Krise, gegen die wir über 6 Milliarden in Form von Konjunkturpaketen eingesetzt haben, von denen wir übrigens eineinhalb Milliarden in die Kärntner Bank gesteckt haben – das ist der halbe Haushalt des Bundeslandes Ti­rol, was wir nach Kärnten investiert haben (Abg. Grosz: Frei reden, nicht lesen!) –, dass am Ende einer solchen Krise gespart werden muss. Und dieses Budget ist natür­lich  (Weitere Zwischenrufe der Abgeordneten Scheibner und Grosz.)

 


Präsident Fritz Neugebauer (das Glockenzeichen gebend): Meine Damen und Her­ren, Sie wissen  (Der Redner setzt trotz ausgeschaltetem Mikrophon seine Rede fort.)

Herr Kollege, einen Augenblick! (Der Redner spricht unbeirrt weiter.) Herr Kollege, ei­nen Augenblick! (Ironische Heiterkeit und demonstrativer Beifall beim BZÖ.)

Ich wollte nur darauf hinweisen, dass der lebendige Diskurs ... (Neuerliche Zwischen­rufe beim BZÖ.) Herr Kollege Scheibner! (Abg. Scheibner spricht, nach hinten ge­wandt, mit Abg. Grosz.) Herr Kollege Scheibner, Sie wissen als langjähriger Parlamen­tarier, dass der Diskurs im Parlament auch von Zwischenrufen lebt, aber wenn sie nur dazu dienen, dass sie nicht einen Beitrag zur Rede, zum Inhalt leisten, sondern dass sie nur stören, dann goutiere ich das nicht! (Abg. Ing. Westenthaler: Er soll nicht vorle­sen! – Abg. Grosz: Er soll nicht lesen!)

Das ist nicht ein Beitrag zur politischen Bildung angesichts der jungen Menschen, die hier im Hause sind. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und FPÖ.)

 


Abgeordneter Franz Hörl (fortsetzend): Schauen wir uns allein die Energieabgaben­rückvergütung an, gewiss ein schmerzlicher Punkt für die Wirtschaft: Hotels, Seilbah­nen werden einiges zu zahlen haben, auch Bäder wird es treffen (Abg. Ing. Westen­thaler: Freie Rede!), aber der Herr Bundesminister und wir haben geschaut, dass wir die kleinen Betriebe, die Metzger, die Bäcker, die Greißler, die Pensionen und die Gast­höfe nicht damit belasten. (Rufe beim BZÖ: Freie Rede!) Und von den 100 Millionen €, die hier einzusparen sind, bezahlen die Österreichischen Bundesbahnen, Sozialversi­cherungen und öffentliche Gebäude die Hälfte.

Auf der anderen Seite haben wir in diesem Budget über 100 Millionen € für die thermi­sche Sanierung, für die Wirtschaft, für die regionale Wirtschaft. (Abg. Grosz: Das ist nicht das Weihnachtsevangelium!) Ich denke, unter dem Aspekt, dass die Hälfte dieser Einsparungen die öffentliche Hand und die Österreichischen Bundesbahnen zu bezah­len haben, ist dies nicht gar so ein schlechtes Geschäft. Wir haben geschaut, dass die


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Kleinen nichts zahlen, und jetzt müssen wir natürlich auch darauf schauen, Herr Mi­nister, dass die Bundesbahn das aus ihren Erträgen und nicht aus der Defizitabde­ckung des Staates zahlt.

Auch bei den Förderungsbanken, bei der aws und bei der ÖHT, kam es zu Kürzungen, wie ich denke, zu verkraftbaren Kürzungen. (Abg. Petzner: Hallo! Freie Rede!) Wir sind auf dem Stand von vor 2008, aber als Unternehmer ist es mir allemal lieber, ich bekomme weniger Förderungen und habe dafür nicht höhere Belastungen zu erdulden.

Bei der Österreich Werbung konnte das Budget gehalten werden. Ich denke, gut in­vestiertes Geld: 126 Millionen Nächtigungen, 25 Milliarden € an Umsätzen, die aus die­sem Wirtschaftszweig kommen. (Abg. Petzner: Vorlesung!)

Wir, die Wirtschaft, leisten unseren Beitrag für dieses Land, für den Standort Öster­reich, weil wir wissen, dass wir handlungsfähig bleiben müssen. Ich gratuliere Ihnen, Herr Bundesminister, Ihr Teil dieses Budgets ist hervorragend. (Beifall bei der ÖVP. – Rufe beim BZÖ: Freie Rede!)

11.41


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. – Bitte.

 


11.41.55

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Wir haben vor Kurzem ein Lehrbeispiel un­ehrlicher Politik dargestellt bekommen – unehrlicher Politik, indem eine Regierungs­fraktion wie die SPÖ, wahrscheinlich mit grüner Allianz, eine Aktion gegen ihre eigene Politik von oben bestellt. Und das ist unehrlich! Das ist unehrlich! (Beifall bei BZÖ und FPÖ. – Rufe beim BZÖ: So ist es!)

Ich frage Sie: Was denken sich die Menschen zu Hause vor den Fernsehschirmen? – Die Frau Kollegin Rudas kommt heraus und gibt noch der Kollegin Hakel Anweisun­gen, was sie zu sagen hat. (Abg. List: Wahnsinn!) Es war wirklich offensichtlich. (Zwi­schenrufe bei der SPÖ.) Ich sage: Schämen Sie sich für diese Aktion! Sie ist unehrlich, sie ist unfair und einer Regierungspartei nicht würdig! (Beifall und Bravorufe beim BZÖ sowie Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Familienpaket. Sie können es drehen, wenden, abschleifen, abfedern, abrunden, wie Sie wollen: Es ist und bleibt keine sub­stanzielle Veränderung oder Verbesserung. Es ist und bleibt ein Belastungspaket für die Leistungsträger Familie. Die Familien werden schamlos zur Kasse gebeten. (Beifall beim BZÖ.)

Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP – und das muss ich immer wieder sagen –, haben als Familienpartei wirklich abgedankt. Ich verstehe nicht, Herr Familienminister, dass Sie sich bei den Verhandlungen nicht schützend vor die Familien gestellt haben, dass Sie gesagt haben: Stopp, nicht so viel aus meinem Familienbudget! – Hier geht es um die Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen.

Ich verstehe nicht, dass Sie sich, Frau Staatssekretärin, seit Sie im Amt sind, über­haupt noch nicht geäußert haben beziehungsweise nicht mehr zu diesem Paket äu­ßern. Sie nehmen alles hin, so wie es ist. (Beifall beim BZÖ.)

Ich frage mich: Was wird als Nächstes gekürzt? Wenn man sich das Budget für das Kinderbetreuungsgeld anschaut, sind 4 Prozent weniger vorgesehen. Wird dieses Be­treuungsgeld jetzt mit einer neuen Variante weitergekürzt, obwohl die Langzeitvariante jene ist, die am meisten für die Familien bringt und auch von den Familien angenom­men wird, oder werden wir uns die Verwaltungskosten beim Kinderbetreuungsgeld nicht mehr leisten können?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 389

Sie, Herr Bundesminister, haben ja im Ausschuss gesagt, im Jahr 2005 hatten wir Kos­ten von 5 Millionen € für die Verwaltung und jetzt, im Jahr 2010, haben wir 14,8 Mil­lionen € nur für die Verwaltung des Kinderbetreuungsgeldes. Das ist ungeheuerlich! Das ist ja Geld, das den Familien genommen wird. Daher hat gerade unsere Forderung, die Zuverdienstgrenze abzuschaffen, eine einfache Verwaltung, eine unabhängige Fami­lienleistung für das Kinderbetreuungsgeld, nach wie vor Bedeutung. Und wir werden die­sen Antrag auch wieder einbringen. (Beifall beim BZÖ.)

Sehr geehrter Herr Minister, Ihr Argument, Sie müssen sparen und daher werden die Leistungen beim FLAF gekürzt, greift zu kurz. Das ist auch eine Augenauswischerei, denn das Defizit ist seit Jahren bekannt. Sie wissen ganz genau, dass man andere Re­formen machen muss, als nur Leistungen zu kürzen. Sie könnten einen ersten Schritt machen, dass Sie einfach familienferne Leistungen herausnehmen, das sind immerhin 1,2 Milliarden €.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit diesem Raubzug an den Familien haben die Regierungsparteien, auch bei allen Protesten, die sie sich bestellen, ihre Glaubwür­digkeit verloren, und sie nehmen es nicht ernst mit der Wertschätzung der Familien. (Bei­fall beim BZÖ.)

Am besten hat mir gefallen, gestern hat der Herr Kollege Cap gesagt: Na ja, das ist un­gerecht. Wir müssen im nächsten Jahr etwas für die Familien, für die Studierenden tun!, und so weiter. – Ich höre es wohl, allein mir fehlt der Glaube.

Damit es ihm ein bisschen leichter fällt, werde ich einen Antrag einbringen, dem er heute schon zustimmen und damit auch beweisen kann, dass es ihm wirklich ernst ist, dass die Belastungen für die Familien zurückgefahren werden, und zwar unter dem Ti­tel „SOS Familie – Leistung und Gerechtigkeit“, dass jene Vorhaben wie die Kürzung der Familienbeihilfe, die Kürzung der 13. Familienbeihilfe, die Verringerung des Mehr­kindzuschlages, die Verringerung des Alleinverdienerabsetzbetrages, die Verschlech­terungen beim Pflegegeld zurückgenommen werden beziehungsweise die Wertsiche­rung der Familienleistungen vorangetrieben wird. Das ist eine Auswahl, aus der Herr Kollege Cap mit seiner SPÖ auswählen kann.

Ich stelle daher folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend SOS Familie – Leis­tung und Gerechtigkeit

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, durch entsprechende gesetzliche Initiativen sicher­zustellen, dass die oben genannten Maßnahmen im Sinne von mehr Gerechtigkeit für die österreichischen Familien so rasch wie möglich umgesetzt werden.“

*****

Ich lade Sie herzlich ein, das heute zu unterstützen. (Beifall beim BZÖ.)

11.47


Präsident Fritz Neugebauer: Der von Frau Abgeordneter Haubner eingebrachte Ent­schließungsantrag steht genauso in Verhandlung wie der zuvor von Frau Abgeordneter Dr. Lichtenecker eingebrachte Entschließungsantrag.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 390

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner und Kollegin und Kollegen betreffend SOS Fami­lie – Leistung und Gerechtigkeit

eingebracht in der 91. Sitzung des Nationalrates, am 22. Dezember 2010 im Zuge der Debatte zu TOP 1, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.) (Unter­gliederung UG 25)

Primäres Handlungsfeld einer familienorientierten Gesellschaftspolitik ist die Herstel­lung bzw. Absicherung der Leistungsgerechtigkeit für Familien, die die Generationen­folge und damit das Humankapital der Zukunft sichern und zugleich die Kontinuität un­serer wirtschaftlichen und sozialen Kultur garantieren.

Die Kinder, die heute nicht geboren und in den Familien zu gemeinschaftsfähigen Men­schen erzogen werden, fehlen morgen als tragende Säule des Gemeinwesens, z. B. als Steuer- und Beitragszahler und als qualifizierte Arbeitskräfte. Dieser Zusammen­hang, der angesichts des demographischen Wandels zunehmend ins öffentliche Be­wusstsein tritt, zeigt die enorme Bedeutung, die Unterhalt, Betreuung, Pflege und Er­ziehung der Kinder für die Zukunftsfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme sowie für die Innovationsfähigkeit der Gesellschaft und damit für die Zukunftsfähigkeit des Le­bensraumes und des Wirtschaftsstandortes haben. Die in den Familien erbrachten Leis­tungen stellen – ökonomisch ausgedrückt – einen enormen externen Nutzen für die ge­samte Gesellschaft dar.

Allerdings ist das Verständnis für den Zusammenhang zwischen Leistung und Gegen­leistung der Generationen untereinander weitgehend verloren gegangen. Ursächlich dafür ist ein ökonomischer Leistungsbegriff, der sich auf die Industrieproduktion ver­engt hat und die Haushaltsproduktion ausklammert.

Die von der Bundesregierung vorgesehenen Kürzungen im Familienbereich beweisen einmal mehr, dass Familien in Österreich für ihre Leistung nicht belohnt, sondern be­straft werden.

Daher fordern wir vom BZÖ mehr Gerechtigkeit für österreichische Familien unter an­derem durch:

Beibehaltung der Familienbeihilfe bis zum 26. Lebensjahr;

Beibehaltung der vollständigen 13. Familienbeihilfe;

keine Verringerung des Mehrkindzuschlages;

Beibehaltung des Alleinverdienerabsetzbetrages für Eltern;

keine Verschlechterungen beim Pflegegeld sowie

die Wertsicherung der Familienleistungen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 391

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, durch entsprechende gesetzliche Initiativen sicher­zustellen, dass die oben genannten Maßnahmen im Sinne von mehr Gerechtigkeit für die österreichischen Familien so rasch wie möglich umgesetzt werden.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Energieforschungsausgaben auf 120 Mio. Euro

eingebracht im Zuge der Debatte über das Bundesfinanzgesetz 2011 samt Anlagen (980 d.B.)

Alle reden von Energieeffizienz, erneuerbare Energie und e-mobility. Nichtsdestotrotz hat die öffentliche Hand im Jahr 2009 gerade einmal 0,03 Prozent des BIP für Energie­forschung aufgewendet. Vergleichbare Volkswirtschaften wie Dänemark, Schweden und die Niederlande wenden für Energieforschung ein Vielfaches auf, und das seit Jah­ren.

Laut Autoren der „Strategie Energie 2050“ des Bundes e2050 stellt das niedrige Ener­gieforschungsbudget ein zentrales Problem dar. Laut Zahlen des BMVIT (Energiefor­schungserhebung) gab die öffentliche Hand im Jahr 2008 71,17 Mio. Euro für Energie­forschung aus. Nur zwölf Prozent davon flossen in die Grundlagenforschung.

Damit trägt Österreich nicht nur wenig zum Abwenden der Klima- und Energiekrise bei, sondern vergibt damit auch große Chancen in den Zukunftsfeldern der österreichi­schen Wirtschaft Energieeffizienz und erneuerbare Energien (solar cooling, smart grids, intelligente Logistiklösungen, neue Produktionsprozesse und -technologien etc.) und Tausende Grüne Arbeitsplätze zu schaffen.

„Um in das europäische Spitzenfeld vorstoßen zu können“, empfiehlt der Rat für For­schung und Technologieentwicklung in seiner Energieforschungsstrategie „eine konti­nuierliche Erhöhung der jährlichen Ausgaben für F&E im Bereich Energie auf mindes­tens 150 Mio. Euro bis 2013“. Kurzfristig braucht Österreich zumindest eine Erhöhung des Energieforschungsbudgets auf 120 Mio. Euro, um den Anschluss nicht zu verlieren.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Investitionen für Energieforschung im Jahr 2011 auf 120 Mio. Euro pro Jahr zu erhöhen.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Weninger. – Bitte.

 


11.47.29

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Frau Staatssekretärin! Bei allem Verständnis für harte politische Konfrontatio­nen, für das Aufeinanderprallen von Argumenten und Gegenargumenten, aber bei dem, was die Opposition in diesen Tagen zumutet, da geht es längst nicht mehr um die Wür­de des Hauses, da geht es darum, ob die österreichische Bevölkerung noch länger be­reit sein wird, die demokratischen Strukturen zu akzeptieren, angesichts dessen, was hier herinnen mancherorts geboten wird. Wenn da mit Unterstellungen und Zwischen­rufen gearbeitet wird, die keinerlei Beitrag dazu leisten, dass das Budget inhaltlich ver­ändert wird, dann bringt uns das keinen Schritt weiter und schadet dem Ansehen der Politik im Ganzen. Ich glaube, das sollte man bei dieser Debatte mit bedenken. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Petzner hält ein Plakat mit der Aufschrift „ÖBB privatisieren!“, Abg. Hagen ein Plakat mit der Aufschrift „Bildungssystem reformieren!“ in die Höhe.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen vom BZÖ, mit der Nummer könnt ihr beim Villacher Fasching auftreten oder bei „Gaudimax“, aber nicht im Hohen Haus! Es geht hier da­


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rum, die Krise, die wir zu bewältigen haben, zu analysieren, die politischen Instrumente für die Zukunft zu entwickeln, und nicht darum, im Parlament nur Radau zu machen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich habe überhaupt den Eindruck, dass, bei al­lem Verständnis für oppositionelle Kritik, nicht verstanden wird, welche Ausgangsposi­tion wir haben. Es ist uns gelungen, die schwerste Wirtschafts- und Finanzkrise seit den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts in Österreich nicht zu einer sozialen Krise werden zu lassen, zu keiner Krise mit Massenarbeitslosigkeit. Und es ist uns auch gelun­gen, dass die öffentlichen Haushalte nicht vollkommen aus dem Ruder laufen. Ich will uns jetzt keine fremden Federn an den Hut stecken, aber wir brauchen unser Licht auch nicht unter den Scheffel zu stellen.

Nicht umsonst sprechen alle Rankings in Europa, was sozialpolitische, arbeitsmarktpo­litische und finanzpolitische Faktoren betrifft, von Österreich als Musterland und als Vor­zugsschüler. Darauf können wir gemeinsam stolz sein, denn viele dieser Beschlüsse ha­ben wir in diesem Hohen Haus gemeinsam gefasst. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, es gibt mehrere Faktoren, die zu dieser Leistung geführt ha­ben. Die im internationalen Vergleich eher kleinstrukturierte österreichische Wirtschaft hat nicht beim ersten Auftragsmangel sofort ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gekündigt, und arbeitsmarktpolitische Investitionen haben laut Sozialbericht dazu ge­führt, dass wir mehr als 100 000 Arbeitsplätze gesichert haben.

Wir haben mit den beiden Konjunkturprogrammen die Wirtschaft angekurbelt. Wir ha­ben massiv in den Neubau von Kindergärten investiert. Ich habe nie zuvor an so vielen Spatenstichen und Eröffnungen von Kindergartenbauten teilgenommen wie in den ver­gangenen beiden Jahren, weil einfach ein Boom da war, da man auf der einen Seite wirtschaftlich reagiert hat und auf der anderen Seite den jungen Familien die Einrich­tungen zur Verfügung gestellt hat.

Wir haben mit der Einlagensicherung, mit den Bankenpaketen und mit den Infrastruk­turmaßnahmen auch dafür gesorgt, dass die Kaufkraft der Österreicherinnen und Ös­terreicher in einem hohen Ausmaß erhalten bleibt, dass die Inlandsnachfrage stabil ge­blieben ist und dass dadurch die Konjunktur weniger stark eingebrochen ist als in an­deren Ländern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben all diese Instrumentarien sehr sorgfältig und sehr behutsam eingesetzt. Damit ist Österreich nunmehr auch in der La­ge, dass wir beim Budgetkonsolidierungsprozess weit milder und vor allem sozial ver­träglicher umgehen können als andere europäische Staaten.

Ich möchte aber auch noch eine ganz konkrete Maßnahme im Budget 2011 anspre­chen, nämlich die Streichung der Kreditvertragsgebühr. Das ist eine Maßnahme, die von der Opposition nie erwähnt wurde. Mit der Streichung der Kreditvertragsgebühr ver­zichtet der Bund auf 150 Millionen € pro Jahr. Das sind 150 Millionen, die jungen Men­schen bei der Finanzierung ihres ersten eigenen Haushalts helfen. Das sind 150 Millio­nen, die österreichischen Unternehmerinnen und Unternehmern zugutekommen, wenn sie Gewerbekredite brauchen. Das sind 150 Millionen €, die für kreditfinanzierte An­schaffungen für die österreichische Bevölkerung da sind. Das heißt wieder Inlandsnach­frage, Konjunktur und somit Arbeitsplätze.

Meine Damen und Herren! Eine letzte vorweihnachtliche Botschaft an die Damen und Herren der Österreichischen Volkspartei, die in den letzten Tagen die Ära Kreisky im­mer wieder kritisiert haben. Im Jänner werden wir den 100. Geburtstag von Dr. Bruno Kreisky feiern. Er wäre sicher stolz darauf, dass die ÖVP als zuverlässiger, stabiler Partner gemeinsam mit uns wirtschaftspolitische und arbeitsmarktpolitische Instrumen­


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te, die in den siebziger und achtziger Jahren erfolgreich angewendet wurden, auch in den vergangenen beiden Krisenjahren benützt hat, um die Finanz- und Wirtschaftskrise zu bewältigen.

Die SPÖ wird diesen Weg der sozialen Gerechtigkeit, der Wohlstandssicherung und der wirtschaftlichen Stärke auch weitergehen. Ich lade alle dazu ein, uns mit konstruk­tiven Vorschlägen dabei zu begleiten. (Beifall bei der SPÖ.)

11.52


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mühlberghuber. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Entschuldigung, dürften wir wissen: Gibt es eigentlich eine Staatssekretärin für Familie, oder sitzen Sie nur auf der Regierungsbank? Kriegt sie nur das Gehalt, oder spricht sie auch im Parlament? Ich wollte es nur wissen! Dol­ce&Gabbana-Einkauf!)

 


11.52.46

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Herr Bundesminister! Frau Staatssekretä­rin! Hohes Haus! Der Herr Finanzminister hat bei seiner Budgetrede gesagt, alle müs­sen einen Beitrag leisten. Er meinte damit, alle Familien müssen einen Beitrag leisten. (Abg. Mag. Stadler: Staatssekretärin für Dolce & Gabbana!) Es ist ja überwiegend ein Sparprogramm zu Lasten der Familien. Die Einsparungen bei den Familien betragen 326 Millionen €, das sind 80,5 Prozent – bitte, 80,5 Prozent! – der gesamten Ausga­benreduktion von 406 Millionen €!

Und die SPÖ spricht immer von sozialer Gerechtigkeit. Wo ist die soziale Gerechtigkeit bei der 13. Familienbeihilfe (Abg. Weninger: Hier!), wenn sie nur mehr ein Pauschal­betrag von 100 € für Schüler zwischen sechs und 15 Jahren ist? (Beifall bei der FPÖ.)

Wo ist die soziale Gerechtigkeit beim Mehrkindzuschlag ab dem dritten Kind, wenn ge­kürzt wird von 36,40 € auf nur mehr 20 €? – Diese Kürzung des Mehrkindzuschlages ist ein falsches gesellschaftspolitisches Signal. (Beifall bei der FPÖ.)

Und wo ist die soziale Gerechtigkeit beim Pflegegeld? (Abg. Weninger: Hier!) – 80 Pro­zent der pflegebedürftigen Personen werden von Familienangehörigen gepflegt. Gera­de in den ersten beiden Pflegestufen ist der Anteil der pflegenden Familienangehörigen am höchsten. (Abg. Grosz – in Richtung Staatssekretärin Mag. Remler –: Gibt es Sie nur auf der Gehaltsliste? – Abg. Ing. Westenthaler: 15 000 €!) Diese Leistungen wer­den vor allem von Töchtern, von Schwiegertöchtern erbracht, die dann meistens auch noch die eigenen Kinder zu betreuen und zu erziehen haben.

Wo ist die soziale Gerechtigkeit bei der Familienbeihilfe für die Studenten, die dann nur mehr bis 24 Jahre gilt und darüber gestrichen wird? – Es betrifft wieder diese Eltern, die ihren Kindern ein Studium finanzieren. (Beifall bei der FPÖ.)

Thematisch ausgeklammert blieb der Bezug österreichischer Familienbeihilfe durch Ausländer. Herr Bundesminister, es wird zum Beispiel eine Familienbeihilfe von 130 € von Österreich in die Slowakei überwiesen. Da die Familienbeihilfe in der Slowakei nur 17,81 € ausmacht – wäre es nicht sinnvoll, die Zahlung aus Österreich zumindest an das Niveau des dortigen Heimatlandes anzupassen? (Beifall bei der FPÖ.) Meine Kol­legin Kitzmüller hat dazu auch einen Entschließungsantrag eingebracht.

Jetzt noch zum Thema Kinderbetreuung. Herr Bundesminister, ich habe in einer Ta­geszeitung ein Interview gefunden. Da sagen Sie – ich zitiere –: „Nicht jeder findet es gut, wenn Mütter arbeiten gehen. Frauen sollten jedenfalls die Wahlmöglichkeit haben.“ Weiters: „In Österreich gibt es nach wie vor sehr viele, die meinen, dass die beste Er­ziehung daheim bei den Eltern, bei der Mutter stattfindet.“ (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundesminister, das freut uns Freiheitliche natürlich sehr, weil wir auch dieser Meinung und dieser Überzeugung sind. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

11.56



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 394

Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Fürntrath-Moret­ti. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Waren Sie schon einkaufen bei Dolce & Gabbana, Frau Staatssekretärin? Hatten Sie keine Zeit, Ihre Rede vorzubereiten, weil Sie einkau­fen mussten?)

 


11.56.30

Abgeordnete Adelheid Irina Fürntrath-Moretti (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! (Abg. Ing. Westenthaler: Sie soll sagen, was sie geleistet hat bisher!) – Herr Abgeordneter Westenthaler, ich glaube, jetzt bin ich am Wort, sonst müssten Sie herauskommen. (Abg. Ing. Westenthaler: Ich komme eh schon!)

Herr Haider, Sie haben gesagt, es gibt keine Unternehmer in der ÖVP, die hier heraus­kommen und das Budget verteidigen. – Ich bin eine Unternehmerin und verteidige das Budget. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich verteidige deswegen das Budget, weil ich als Unternehmerin viele Mitarbeiter be­schäftige – und das schon seit 30 Jahren – und Lehrlinge ausbilde und genau weiß, ich kann nur etwas hergeben, wenn ich vorher etwas einnehme. Da bin ich wirklich sehr froh, dass heute sehr viele Rednerinnen und Redner vor mir schon gesagt und auch aufgezeigt haben, was und wie viel die österreichische Wirtschaft, nämlich die kleinen und mittleren Unternehmen, für Österreich und für uns leisten.

Wir haben gehört, dass 95 Prozent der Unternehmen Klein- und Mittelbetriebe sind. Wir haben gehört, dass diese Unternehmerinnen und Unternehmer drei Viertel der Ar­beitsplätze schaffen und auch erhalten. Das ist wirklich erwähnenswert, lobenswert, und dafür sage ich danke.

Herr Haider! Sie haben gesagt, Sie hätten die Antworten auf Ihre Budgetanfragen nicht rechtzeitig bekommen. – Das ist unrichtig. Die Ministerien haben zeitgerecht die Ant­worten an das Parlament weitergeleitet. (Rufe bei der FPÖ: Nein! Nein!) Diese sind in­folge auch zeitgerecht und fristgerecht an die Parlamentarier ergangen. Vielleicht ha­ben Sie sie zu spät gelesen? Das mag ja sein. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aber in erster Linie möchte ich Folgendes sagen: Ich bin sehr stolz auf Österreich – und Sie sollten das auch sein. Wir haben gerade in den letzten Jahren unter Führung unse­rer Minister und Staatssekretäre sehr viel für die österreichischen Familien geleistet. Ich erwähne hier nur ein paar Punkte.

Die steuerliche Absetzbarkeit der Kinderbetreuungshilfen ist ganz wesentlich. 2 300 € pro Jahr können wir als Eltern für die Kinderbetreuung absetzen. Wir haben das Gratis-Kindergartenjahr. Das ist aus meiner Sicht auch sehr wesentlich für das soziale Zusam­menleben der Kinder. Wir haben das Kindergeld, vor allem das einkommensabhängige Kindergeld. – Also alles Punkte, die sehr wesentlich für die Familien sind, die uns wei­terbringen und die die Familien unterstützen. Wir können wirklich stolz sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, weil die Kürzung der Familienbeihilfe immer so kritisiert wird: Seien wir froh, dass wir die Familienbeihilfe bis jetzt so lange auszah­len konnten! Aber im Moment haben wir zu wenig Geld im Familienlastenausgleich­fonds. Warum ist das so? – Weil 80 Prozent in diesem Fonds von den Unternehmerin­nen und Unternehmern aufgebracht werden. Im Moment ist eben nicht so viel Geld da. Da muss man noch einmal den Unternehmerinnen und Unternehmern danke sagen, die uns die Leistungen aus diesem Fonds ermöglichen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn man in andere Länder blickt – nehmen wir Schweden! –: Schweden ist ja für uns immer das Vorzeigeland gewesen und ist es noch. Meine Damen und Herren! In Schwe­den wird die Familienbeihilfe nur bis zum 16. Lebensjahr ausgezahlt.


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Ich sage daher: Wir von der ÖVP stehen für Sparen mit Augenmaß, für kluge und zu­kunftsorientierte Investitionen. Wir stehen für soziale Ausgewogenheit, für Leistung und Fairness und für zukunftsorientierte Politik. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.00


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


12.00.18

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Frau Staatssekretärin, vielleicht werden Sie sich ja heute hier noch erklären aufgrund vielfach geäußerter Wünsche der Abgeordneten. Das wäre wahr­scheinlich nicht so schlecht, um nicht wieder den Eindruck zu erwecken, dass einzelne Regierungsmitglieder eigentlich nur (Abg. Ing. Westenthaler: Nur kassieren und nicht reden!) – nein, das will ich nicht sagen – in der Form existieren, dass man mehr über das Inserat und das Plakat erfährt als über das, was wirklich passiert. (Abg. Grosz: Und Dolce&Gabbana-Brillen!)

Aber Sie wären ja damit nicht die Einzige. Der Herr Umweltminister zum Beispiel ent­zieht sich ja jedem Diskurs – dafür schmeißt er Millionen Steuergelder für Inseraten­kampagnen hinaus. (Beifall bei den Grünen.) Aber zum effizienten Mitteleinsatz werden wir ja noch kommen.

In Wahrheit – die Vorrednerin hat es schon angesprochen – geht es um die Frage, wenn schon gespart werden muss, dazu bekennen sich zumindest die meisten, aber immer noch investiert werden muss: Wie macht man das am vernünftigsten? Was ist da gerecht, was ist da innovativ? Das sind die zentralen Prinzipien, und da gibt es un­ter Umständen ideologische Unterschiede in der Einschätzung.

Aber gehen wir die Geschichte ein weiteres Mal kurz durch. Wir haben ja nur die Aus­gabenseite und die Einnahmenseite im Budget, und wir sagen Ihnen: Die Kürzungen, die Sie vornehmen, sind eben nicht dieses Sparen mit Augenmaß, wie Sie gesagt ha­ben. Das ist relativ herz- und hirnlos, wie Sie da zur Sache gehen, und weil wir heute und hier in dem Kapitel schon die Wirtschaft und die Familienpolitik vermischt haben – das ist ein bisschen unglücklich vom Debattenablauf her –, machen wir halt wieder ein­mal eine Generaldebatte! Die Dinge hängen ja auch wirklich zusammen.

Selbstverständlich ist es ein Riesenproblem, wenn wir auf der Ausgabenseite im Bud­get reihenweise Positionen finden, wo Ineffizienzen vorherrschen, wo die Regierung das Geld beim Fenster hinausschmeißt, oft noch selber Privilegien reitet, und man auf der anderen Seite mit dem Hinweis darauf, dass in Österreich die Leistungen für die Fami­lien ohnehin schon so hoch seien, daher sollten sich die Leute nicht aufregen, dorthin greift.

Ja, es mag schon sein, dass die Geldleistungen für die Familien in Österreich relativ hoch sind, das würde auch umgestellt gehören, aber es ist ja bei Weitem nicht so, dass Sie dann bei den sogenannten Sachleistungen etwa mehr tun würden. Genau das ist ja das Problem. Also insgesamt wird zurückgefahren, und das jetzt in einem Bereich, wo es Familien – und ich konzentriere mich jetzt genau auf diese – mit in Ausbildung Be­findlichen und Studierenden doch relativ hart trifft.

Was ist mit einer Familie, in der zwei Kinder gerade im Alter zwischen 22, 23 und 25 Jahren in Ausbildung sind? Die Jungen haben es nämlich gar nicht immer so leicht, das Studium ohne Weiteres in dieser Dauer, die Sie jetzt de facto für den Bezug der Familienbeihilfe vorgeben, zu absolvieren. Die Zustände auf den Universitäten sind halt nun einmal so schlecht, wie sie sind, und Sie verschlechtern sie im Übrigen noch wei­ter mit dem Budget, denn entgegen Ihren Ankündigungen gibt es ja kein zusätzliches


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Geld für die Universitäten, sondern es wird de facto eingefroren, was realiter mit Infla­tionsberechnungen et cetera heißt, es wird dort gekürzt, obwohl es immer mehr Studie­rende gibt.

Die kommen aber nicht voran. Die kommen nicht in dem Ausmaß voran, wie sie soll­ten – aber nicht, weil sie es nicht besser wollten, sondern weil sie daran gehindert wer­den, weil sie in die Pflichtseminare gar nicht mehr hineinkommen. Das ist doch das Problem! (Beifall bei den Grünen.)

Dann stehen Sie auf der anderen Seite da und sagen: So, jetzt wird gekappt!, und: Wie schaut denn das überhaupt aus?, und „Hotel Mama“ und was man sich da heute noch alles hat anhören müssen. So geht das nicht! Ich halte das für ganz zynisch. Ich bin das von Ihnen gar nicht gewohnt, Herr Bundesminister Mitterlehner. Ich schätze Sie an sich, das wissen Sie. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Das geht aber zu weit.

Das Problem ist: Wir haben genug Positionen in dem Budget, zum Beispiel in der Wirt­schaftsförderung, unter Umständen da oder dort Doppel-, Dreifach-, Vierfachförderun­gen mit den Bundesländern. Kein Mensch weiß, was bestimmte Großbetriebe oft alles gleichzeitig einsacken, wenn ich mir da die Bundesländer-Wirtschaftsförderungen an­schaue, und da geht es um hunderte Millionen alles zusammen. Da passiert nichts oder relativ wenig. Da bin ich aber noch gespannt, wie wir da tun, dass man einmal wirk­lich gerecht spart, wie Sie sagen.

Aber genau das passiert ja nicht. Nein, es trifft solche Familien! Und was heißt denn das? – Das sind 2 500 bis 3 000 € pro auszubildendem Kind. So treffen Sie die Fa­milien! Das können 5 000 bis 6 000 € sein im Jahr, und das ist nicht so wenig.

Was wollen Sie damit? Wen wollen Sie da treffen? Das soll die „soziale Treffsicherheit“ sein? – Ja, Sie treffen genau die, die es in Wahrheit brauchen würden, aber möglicher­weise entspricht ja das Ihrer Ideologie und Ihrer Klientelpolitik.

Schauen wir uns umgekehrt einmal die Einnahmenseite an, um das einmal an der rich­tigen Stelle gegenüberzustellen: Auf der Einnahmenseite wollen Sie genau nichts tun, dort, wo es um die obersten Zehntausend – und ich scheue mich nicht, diesen Begriff zu verwenden: die obersten Zehntausend – geht! Also da erwischt man die Familien und die Jugendlichen und die in Ausbildung Befindlichen, da werden Schulen und Unis ausgehungert, das passt ja alles zusammen. Auf der anderen Seite ist auch dort nicht viel passiert, wo man die Alternative hätte, einerseits gerecht zu sparen – das passiert ja nicht wirklich – und auf der anderen Seite die Einnahmen gerecht zu erhöhen, denn das erzeugt ja den Spielraum im Budget zusätzlich: gescheit sparen und die Einnah­men gerecht erhöhen.

Es wird ja immer zu Recht darauf hingewiesen, dass Österreich ein relatives Hoch­steuerland ist. Ja, das ist richtig, aber wer zahlt denn in dem Land die Steuern? – Die­jenigen, die konsumieren und einen Haufen Mehrwertsteuer zahlen, und die, die arbei­ten, egal, ob selbständig oder nicht selbständig – den Unterschied braucht man an der Stelle nicht machen –, also auch viele kleine Unternehmer und Gewerbetreibende, aber auch die ArbeitnehmerInnen, die zahlen in diesem Land und nicht in erster Linie die, die es sich am ehesten leisten könnten.

Und wenn wir schon bei dem Stichwort Steuergerechtigkeit sind: Wir sind bei den vermögensbezogenen Steuern in Österreich unter den letzten drei Plätzen im OECD-Vergleich, also durchaus bei den vergleichbar kapitalistischen Ländern auf der halben Hemisphäre, während wir bei der Arbeitsbesteuerung im Spitzenfeld sind. Aber offen­bar verstehen Sie nicht, dass man da umsteuern muss. Und wenn man vorübergehend Mehreinnahmen braucht fürs Budget, was ja sinnvoll und richtig ist, dann wird man eben dort auch schauen müssen, aber da ist, entgegen den Darstellungen der SPÖ, relativ wenig passiert.


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Man kann sagen, ein paar Dinge sind passiert, wie der Wegfall von Spekulationsfris­ten – jawohl, das ist sogar eine sehr gute Sache –, aber gemessen am Großen und Ganzen ist es relativ wenig, ja viel zu wenig. Wir haben hier (die entsprechenden Un­terlagen vorweisend) Studien allein zur Steuergerechtigkeit und zur Disharmonie der Verteilung in Österreich. Das sind aber nur die Auszüge daraus und die Zusammenfas­sungen und Empfehlungen, wie wir mehr Steuergerechtigkeit in diesem Land erzeugen könnten, auch vom Wirtschaftsforschungsinstitut. Aber Sie wollen davon nichts wissen! Und genau das ist das Problem der ÖVP: Sie haben mit Gerechtigkeit nichts am Hut! (Beifall bei den Grünen.)

Wenn Sie von Leistungsgerechtigkeit reden, dann müsste man sich schon längst ein­mal darüber unterhalten, wie es möglich ist, dass Millionenerben – Millionenerben; wir reden nicht von den kleinen Häuselbauern, auch wenn Sie noch 50 Inseratenkampag­nen auf Kosten der Steuerzahler schalten; von den kleinen Häuselbauern redet nie­mand; wir reden von denen da ganz oben – keine Erbschaftssteuer zahlen. Überall wird Erbschaftssteuer gezahlt, nur nicht in Österreich. Für Millionenerben muss es wie­der Steuern geben! Das ist ein arbeitsloses Einkommen, und ich höre mir auch nicht mehr an, dass das alles ja schon einmal versteuert worden ist.

Nach dem Prinzip dürfte es überhaupt keine Mehrwertsteuer mehr geben, meine Da­men und Herren von der ÖVP, weil alle haben schon Einkommensteuer gezahlt. Und wenn sich Frau Fuhrmann eine Wurstsemmel kaufen geht, muss sie trotzdem wieder Mehrwertsteuer zahlen. (Beifall bei den Grünen.) Das ist doch ganz normal und regu­lär.

Sie haben ja überhaupt keine Ahnung! Sie haben sich ideologisch völlig verrannt, weil Sie in Wahrheit die Schutzpatrone der Superreichen sind (Widerspruch bei der ÖVP) und bei den Familien, entgegen dem Ruf, den Sie sich gerne umhängen, kürzen wol­len. Das geht sich nicht aus – Gerechtigkeit und Innovation schauen anders aus!

Halten Sie sich an unsere Vorgaben, und stimmen Sie unseren Anträgen zu! (Beifall bei den Grünen.)

12.08


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Muchitsch. – Bitte.

 


12.08.49

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Mitglie­der der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren mittlerweile seit Montag, 10 Uhr, also seit 50 Stunden, das Budget 2011, in dem auf­grund der Finanz- und Wirtschaftskrise eine Konsolidierung notwendig ist. Ich glaube, darüber sind sich alle politischen Parteien im Hohen Haus einig.

Die Ansichten und die Meinungen (Zwischenruf des Abg. Petzner) – ja, Herr Kollege, du bist dann eh nach mir dran – sind natürlich unterschiedlich hinsichtlich dessen, wie man ein Budget konsolidieren kann, soll und muss. Und wenn wir alle 183 Abgeordne­ten hier im Hohen Haus fragen würden, wo sie denn den Hebel ansetzen würden, hät­ten wir wahrscheinlich 183 verschiedene Meinungen. Tatsache ist, dass ein zusätzliches Verteilen natürlich wesentlich angenehmer ist, als einzusparen.

Was mich etwas irritiert und stört an der ganzen Diskussion seit Montag, das ist, dass wir viel zu schnell vergessen, warum diese Budgetkonsolidierung notwendig ist. Ich glaube, man kann es nicht oft genug aufzeigen und immer wieder auch wiederholen, wenn man die Möglichkeit hat, dass es nämlich eine Ursache dafür gegeben hat, dass wir jetzt konsolidieren müssen, nämlich die Finanz- und Wirtschaftskrise.

Es war diese Bundesregierung, die im Jahr 2009 hier Verantwortung übernommen hat und mit den Konjunkturpaketen und Arbeitsmarktpaketen wirklich wichtige und richtige


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Schritte gesetzt hat, mit denen es gelungen ist, wie in keinem anderen Land in Europa, der Arbeitslosigkeit entgegenzusteuern, und Arbeitslosigkeit ist der größte Verursacher von Armut. Aber niemand – oder fast niemand – seitens der Opposition stellt sich hier heraus und würdigt diese Maßnahmen.

Die Bundesregierung ist es auch, welche jetzt die Verantwortung übernimmt, wenn es darum geht, das Budget zu konsolidieren. Und hier unterscheidet uns wieder etwas von den anderen Ländern in Europa: Die österreichische Bundesregierung und die Ab­geordneten der Bundesregierungsparteien sind bereit, neben dem Sparpaket auch zu­sätzliche Investitionen zu tätigen, etwa umweltwirksame Investitionen mit der thermi­schen Sanierung, Investitionen in notwendige Verkehrsinfrastrukturen, in Forschung und Entwicklung und vieles mehr.

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, seitens der SPÖ und ÖVP wollen wir, was Investitionen betrifft, für die Zukunft noch wesentlich mehr ausarbeiten. Wir wollen mit umweltwirksamen Bauinvestitionen den Wirtschaftsstandort Österreich, unsere Um­welt und somit auch unsere heimische Kaufkraft stärken und sichern. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Während wir hier das Budget verhandeln, laufen nämlich bereits parallel Gespräche darüber, wie es uns gelingen kann, langfristige Lenkungseffekte zu erzielen, was Wirt­schaftswachstum und Beschäftigung angeht und somit zum Wohle Österreichs ist.

Wir haben erfolgreich entgegengesteuert, was die Finanz- und Wirtschaftskrise angeht, und wir werden dieses notwendige Budget zur Sanierung auch beschließen, weil wir bereits ab 2012 wieder mehr an Investitionen in unsere Strukturen, in unser Land täti­gen wollen. Mit dieser Bundesregierung, mit diesen beiden Regierungsparteien und den für Wirtschaft verantwortlichen Bundesminister Reinhold Mitterlehner wird uns das auch gelingen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.12


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Petzner. – Bitte. (Abg. Mag. Stadler: Herr Präsident, Sie können schon einläuten! Es gibt keine einzige Wortmeldung der Frau Staatssekretärin!)

 


12.12.43

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Und vor allem Frau Staatssekretärin Remler! (Diese geht gerade zu ihrem Platz.) Vielleicht kön­nen auch Sie sich auf die Regierungsbank begeben. Sie sind ja als Familienstaatsse­kretärin eigentlich zuständig für das Kapitel, das wir hier heute diskutieren, und es ist erstaunlich, dass Sie sich bisher noch nicht zu Wort gemeldet haben zu diesem wich­tigen Thema. Es ist aber schon klar, dass durch die Dolce&Gabbana-Brille, die Sie heu­te tragen, die Familienpolitik ganz anders ausschaut, als sie tatsächlich ist. (Der Redner hält einen Laptop mit einem Foto von Staatssekretärin Mag. Remler, auf dem diese ei­ne Brille trägt, in die Höhe. – Abg. Silhavy: Geh bitte! Das ist letztklassig! – Weitere Zwi­schenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Sie, Frau Staatssekretärin Remler, sind keine Familienstaatssekretärin, für die Familien und Kinder dieses Landes, sondern Sie sind eine Staatssekretärin für Dolce & Gabba­na – und sonst gar nichts! (Beifall beim BZÖ.)

Das ist eine Schande für die einstige Familienpartei ÖVP, meine Damen und Herren: Die teuerste Staatssekretärin mit einem Grundgehalt von 11 000 € – ein Einkommen, das sich so manche Familien nur wünschen könnten. (Abg. Mag. Wurm: Ist das ein An­zug von der Stange, Herr Petzner? – Weitere Zwischenrufe.)

Ein Satz auch noch zur Störaktion der Studierenden unter Leitung der grünen ÖH-Vor­sitzenden Maurer und unter kräftiger Unterstützung der Frau Kollegin Rudas. Ich halte


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es schon für eigenartig, dass die SPÖ gemeinsam mit den Grünen Demonstranten ge­gen ihr eigenes Budget organisiert und auf der Tribüne platziert und dass noch dazu auch noch sehr viele ausländische Studierende dabei waren, die unseren heimischen Studenten den Platz versitzen. (Abg. Mag. Gaßner: Ausländische?! Ein Wahnsinn!) Da­mit haben Sie gezeigt, was Sie im Bereich der Uni-Politik, der Studentenpolitik wirklich für Ziele verfolgen, meine Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Mag. Gaßner: Woher wissen Sie, dass das ausländische waren?)

Zum Herrn Finanzminister und zur Österreichischen Volkspartei. – Ich habe mitgezählt, wie oft Herr Finanzminister Pröll in den letzten Monaten das Wort „Krise“ verwendet hat. Ich habe bei der Zahl 1 000 zu zählen aufgehört, meine Damen und Herren, und sage Ihnen ganz offen: Die Menschen dieses Landes haben sehr wohl verstanden, dass wir eine Wirtschaftskrise durchleben. Die Menschen dieses Landes verstehen und ak­zeptieren auch, dass wir sparen müssen, dass wir den Gürtel enger schnallen müssen. Aber die Menschen dieses Landes verstehen nicht, warum sie für eine Krise zur Kas­se gebeten werden, die sie nicht verursacht haben. Die Menschen dieses Landes ver­stehen nicht, warum sie zur Kasse gebeten werden und die wahren Verantwortlichen ungeschoren davonkommen. Und sie fordern daher zu Recht, dass nicht an der fal­schen Stelle, sondern an der richtigen Stelle gespart wird, meine Damen und Herren.

Unserer Ansicht nach ist es, wenn man zum Beispiel an die Belastungen für die Fami­lien mit Kindern denkt – Frau Staatssekretärin für Dolce & Gabbana (Ruf bei der SPÖ: Völlig niveaulos!), vielleicht sagen Sie noch etwas dazu –, wenn man an die Belastun­gen für die Pendler und die Pflegebedürftigen denkt, wenn man an die Belastungen für die Pensionisten denkt, kein Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2011, wie es im Titel heißt, sondern dann muss der Titel dieses Gesetzes anders lauten.

Daher bringen auch die Abgeordneten Bucher und Petzner folgenden Abänderungsan­trag zum Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Bucher, Petzner, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

„Der Gesetzesvorschlag wird wie folgt geändert:

Der Titel wird wie folgt geändert:

Die Wortfolge „Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011“ wird durch die Wortfolge „Bundesgesetz über das Belastungspaket für das Jahr 2011“ ersetzt.

*****

Das ist es nämlich, was Sie hier heute vorlegen! Es ist kein Bundesvoranschlag, es ist ein Belastungspaket für die Österreicherinnen und Österreicher, die die Verfehlun­gen Ihrer Politik ausbaden müssen. (Abg. Hagenhofer: Wie war das mit der Hypo Al­pe-Adria?)

Ich verweise in diesem Zusammenhang, zur Begründung dieses Antrags, auch auf die Richtlinien des Bundeskanzleramts, wo eindeutig festgehalten ist, dass ein Bundesge­setz und der Titel eines Bundesgesetzes auch den Gegenstand, den Inhalt des Geset­zes wiedergeben müssen. Und wenn man sich den Inhalt des Budgetgesetzes an­schaut, wird man feststellen, es handelt sich um keinen Bundesvoranschlag, sondern um ein inakzeptables Belastungspaket für die Österreicherinnen und Österreicher. Neh­


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men Sie das zur Kenntnis, meine Damen und Herren von der SPÖ, meine Damen und Herren von der ÖVP! Nehmen Sie das zur Kenntnis, Frau Staatssekretärin für Dol­ce & Gabbana! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Kickl: Geh, hör auf! Das ist ja peinlich!)

12.17

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Klubobmann Cap, bitte.

 


12.17.29

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ho­hes Haus! Ich möchte hier in aller Deutlichkeit feststellen, dass sowohl die Zwischen­rufe des Kollegen Westenthaler gegenüber der neuen Staatssekretärin als auch die Re­de, die Kollege Petzner jetzt gehalten hat, unfair, frauenfeindlich und hier im Haus de­platziert sind. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.18


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Kollege Westenthaler, bitte. (Abg. Riepl: Jetzt spricht der Vorbestrafte!)

 


12.18.03

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Zunächst einmal, Herr Klubobmann Cap – das wissen Sie genauso gut wie ich –, das war keine Wortmeldung zur Geschäftsordnung. Sie haben keinen Antrag eingebracht. Sie wissen also nicht einmal, wie die Geschäftsordnung zu handhaben ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Aber ich repliziere gerne, Herr Klubobmann Cap. Ich halte es für ungeheuerlich, dass den Familien das Geld aus der Tasche gezogen wird, die sich nicht einmal mehr das Heizen leisten können, und hier eine Familienstaatssekretärin sitzt, die es nicht der Mühe wert findet, sich hier zu Wort zu melden, aber als Staatssekretärin monatlich 15 000 € kassiert. Das ist der Skandal! (Beifall beim BZÖ.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Kollege! Ich finde es schon eigenartig, dem Kolle­gen Cap vorzuwerfen, dass er nicht zur Geschäftsbehandlung gesprochen hat, und Sie tun das Gleiche. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist erst die Einleitung, Herr Präsident!) Das ist erst die Einleitung? – Bitte. (Abg. Dr. Cap: Was war das mit der Brille? Das ist ja unfassbar!)

 


Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (fortsetzend): Das ist erst die Einleitung, Herr Präsident, denn ich fordere die Staatssekretärin hiermit auf, sich doch hier zu äußern. Denn das ist Ihr Beruf, Frau Staatssekretärin, sich von der Regierungsbank auch hier zu äußern und Ihre Meinung zu den Kürzungen im Familienbereich, die ein Skandal sind, hier auch kundzutun. Wir protestieren dagegen auf das Schärfste! (Beifall beim BZÖ.)

12.19


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Klubobmann Kopf, bitte.

 


12.19.13

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir erleben jetzt nicht nur in diesen drei Tagen, son­dern eigentlich schon viel länger ein wirklich unflätiges Verhalten von Abgeordneten, insbesondere des BZÖ (Beifall bei ÖVP und SPÖ), mit unqualifizierten Zwischenrufen, jetzt auch mit einer wirklich absolut ins Persönliche gehenden Rede gegen die Frau Staatssekretärin durch den Abgeordneten Petzner.

Meine Damen und Herren vom BZÖ, ihr solltet euch wirklich schämen! (Abg. Ing. Wes­tenthaler: Ihr solltet euch schämen, dass ihr den Familien das Geld wegnehmt!) Ihr


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würdigt dieses Parlament in einer Art und Weise herab, und ihr seid die Hauptverant­wortlichen dafür, dass die Menschen draußen vor diesem Parlament keinen Respekt mehr haben können. Ihr seid die Verantwortlichen dafür! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.19


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Abgeordneter Kickl, bitte. (Abg. Ing. Westentha­ler – in Richtung ÖVP –: Raubritter der Familien!)

 


12.20.24

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Als freiheitliche Fraktion sind wir wirklich die Letzten, die diesen sozialen Kahlschlag bei den Familien in irgendeiner Form verteidigen wollen. Da gibt es auch nichts zu verteidi­gen. Das strotzt nur so vor Ungerechtigkeiten.

Aber ich sage einmal so: Das eine ist die inhaltliche Debatte, die wir führen – auch in aller Härte und in aller Konsequenz –, das andere ist das, was das BZÖ hier in einer unglaublich peinlichen Art und Weise aufzuführen versucht (Abg. Ing. Westenthaler: Bussi, Bussi! – Abg. Petzner: Geh bitte!), wo sich jemand, der selbst in Designer-Kla­motten gehüllt ist, da herstellt und irgendeine Brille kritisiert. (Beifall bei FPÖ, SPÖ und ÖVP.) Das hat mit einer Budgetkritik überhaupt gar nichts zu tun.

Ich schau mir nur den Fuhrpark der BZÖ-Abgeordneten da vorm Haus an (Abg. Ing. Westenthaler: Schoßhund der Regierung!) und dann weiß ich: Da ist kein einziger Mittelklassewagen dabei, sondern da stehen nur Luxuslimousinen. Fangt einmal bei euch selber an! Das hat nichts mit einer Budgetkritik zu tun. (Beifall bei FPÖ, SPÖ und ÖVP.)

12.21


Präsident Fritz Neugebauer: Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig-Piesczek, bitte. (Ru­fe beim BZÖ: Bravo FPÖ! ...führer der Nation ... über Stilfragen!)

 


12.21.26

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Liebe Kollegen vom BZÖ, könnt ihr einmal zuhören? Das wäre wirklich hilfreich, wenn ihr einfach einmal zuhört und nicht dreinredet! (Abg. Ing. Westenthaler: Frau Oberlehrerin!)

Herr Präsident, es wäre selbstverständlich hilfreich und vielleicht auch einmal gut ge­wesen, wenn die Staatssekretärin dem Parlament ausführlicher vorgestellt worden wä­re. Es ist an und für sich in der Geschäftsordnung vorgesehen, dass bei Angelobung eines neuen Regierungsmitglieds wirklich eine ausführliche Diskussion mit demselben stattfindet. Das hat leider bis jetzt noch nicht stattgefunden. Bitte werten Sie (in Rich­tung Staatssekretärin Mag. Remler) das auch als Einladung, das einmal ausführlicher wahrzunehmen!

Allerdings: Die Kritik und die Art, wie sie hier vorgetragen wird, zielt sehr stark auf die Tatsache, dass Sie offensichtlich als Frau dieses Amt antreten. Das finde ich derma­ßen niederschmetternd, dass Sie (in Richtung BZÖ) nicht fähig sind, Ihre Kritik sachlich vorzutragen, sondern ausschließlich ins Aggressive verfallen, wenn es um Frauen geht. Arbeiten Sie bitte ein bisschen an Ihrem Stil! – Danke. (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: ...15 000 € Schmerzensgeld!)

12.22


Präsident Fritz Neugebauer: Das waren dankenswerterweise fünf Wortmeldungen zwar nicht zur Geschäftsbehandlung, aber zum Stil. Wir sollten uns bemühen, diesen doch deutlich zu verbessern.

*****


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 402

Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Mitterlehner. – Bitte. (Abg. Ing. Westentha­ler: Der Pflichtverteidiger! – Abg. Grosz: Die Frau Staatssekretärin!)

 


12.22.37

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist eigentlich, was das Auftreten anbelangt, schon alles gesagt worden. Ich finde es auch disqualifizierend, wenn man da mit dem iPad herausgeht und vorher schon diese Zwischenrufe mit der Brille macht. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: So wie Sie das Parlament ...!)

Das ist für alle Beteiligten und vor allem für die Zuschauer ausgesprochen unange­nehm. Und zum Zweiten ist es auch unangenehm, wenn Sie glauben, Sie können mit Zurufen die Redezeiten oder Ähnliches indoktrinieren. (Abg. Mag. Stadler: Man sollte keine Fremdwörter verwenden, wenn man sie nicht ...!)

Wir haben gemeinsam vereinbart, dass das Budget, das ich im Wesentlichen mit Chris­tine Marek verhandelt habe, auch von uns vertreten wird. Die Frau Staatssekretärin wird genügend Zeit haben, ihre Positionen – es gibt viel zu tun in diesem Bereich – auch entsprechend im Parlament darzustellen. (Abg. Ing. Westenthaler: Wann denn? Sie traut sich ja gar nicht!) Jetzt, wo die Redezeit noch 2 Minuten beträgt, zu sagen, sie soll eine inhaltliche Stellungnahme grundsätzlicher Natur einbringen, finde ich einigerma­ßen befremdlich. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Sie kann es auch außerhalb der Fernsehzeit machen!)

Ich muss Ihnen auch sagen – wer immer das da oben (auf die Galerie weisend) orga­nisiert hat, ich weiß es nicht! –, ich finde das mit der Würde des Hauses einfach nicht vereinbar. Wenn jemand Protest äußern will, dann soll er es dort tun, wo es geht, aber nicht da herinnen.

Das Nächste ist die Insultierung. Das ist eine Sache, die man in der Form auch beur­teilen können wird. Aber dass jemand – nämlich aus Ihren Reihen – dann noch hergeht und jenen gratuliert, finde ich auch nicht sehr angebracht. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ich möchte noch zu ein paar inhaltlichen Punkten Stellung nehmen. Erstens: Es ist mir vorgeworfen worden, wir hätten die Fragen im Budgetausschuss nicht fristgerecht be­antwortet. Das Gegenteil ist der Fall. Wir hatten am Mittwoch die Sitzung. In vier Ar­beitstagen haben wir das zu erledigen. Wir haben genau gestern unsere Antworten phy­sisch vorgetragen. Deuten Sie nicht! Prüfen Sie es dann nach!

Zum zweiten Punkt in dem Zusammenhang – und das ist eine entscheidendere Frage. Herr Haider und andere haben gesagt: Wo waren Sie, als das verhandelt worden ist? – Ich sage Ihnen, wo ich war: dabei! Und zwar aus einem ganz eindeutigen Grund: Wenn wir im Familienlastenausgleichsfonds nichts getan hätten, hätten wir im Jahr 2014 6 Mil­liarden € Schulden. Und daher gilt es, Gegenmaßnahmen in vertretbarer Form festzu­legen. Daher haben wir nicht irgendjemanden gefährdet, sondern wir haben die Zukunft gesichert. Das gilt es festzustellen, und nichts anderes. (Beifall bei der ÖVP.)

Frau Haubner, wenn Sie davon sprechen, dass der Familienlastenausgleichsfonds mit Leistungen überbordet ist, die eigentlich nicht dort hingehören, haben Sie recht. Ein Teil wurde von Ihnen und auch von anderen vorgeschlagen. Ich werfe das gar niemandem vor. Aber wenn man 100 Millionen € für Unterhaltsleistungen von Vätern bezahlt, die sich irgendwohin verflüchtigen, und dann das Geld nicht einmal zur Hälfte hereinbe­kommt, dann hat man ein Dauerproblem. Bei vielen anderen Leistungen, wo man Bei­hilfen für Schülerfreifahrten zahlt und andere nicht mitzahlen, ist es genauso.

Daher mein Vorschlag – und da wird auch die Frau Staatssekretärin mitarbeiten –: Ar­beiten wir gemeinsam an dem, was jetzt an Umstrukturierungen notwendig ist – und das


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in einem Stil, der sachgerecht ist und mit Emotionen und so weiter wenig zu tun hat. Das bringt uns sicherlich nicht weiter. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.25


Präsident Fritz Neugebauer: Da wir mit dem Zeitplan hoffnungslos in Verzug sind, müssen wir das neu organisieren. Ich bitte die Klubordner, bei der nächsten Rede zu mir zu kommen.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Obernosterer. – Bitte.

 


12.26.18

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehschirmen! Zum Thema Tourismus: Wir alle wissen, Tourismus ist einer der stabilsten Wirtschaftsfaktoren in Österreich. Der in der Wirtschaftskrise viel prophezeite Einbruch für den Tourismus ist Gott sei Dank nicht zum Tragen gekommen, auch aufgrund dessen, dass das Wirtschaftsministerium mit Wirtschaftsminister Mitterlehner rechtzeitig reagiert hat, Sonderaktionen der Österreich Werbung finanziert hat und es eine Aufstockung bei der Österreichischen Hoteltreu­hand und beim AWS gegeben hat.

Jetzt muss das Budget wieder konsolidiert werden. Diese Sonderaktionen werden, wie gesagt, wieder zurückgenommen. Die Energieabgabenrückführung tut natürlich der Dienstleistungsbranche sehr, sehr weh. Sie wurde aber auch erst vor einigen Jahren eingeführt. Was uns aber sehr, sehr hilft – und gerade der Tourismus ist ja eine starke Branche, die wahnsinnig viel investiert –, ist, dass die Streichung der Kreditgebühr end­lich durchgezogen wird. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn man die Marktstudie anschaut, sieht man, warum die Gäste so gerne nach Ös­terreich kommen und warum Österreich als Tourismusland international so positiv posi­tioniert ist: erstens weil wir so tüchtige Unternehmer und Mitarbeiter in der Tourismus­branche haben, zweitens aufgrund der schönen Hotels und der guten Infrastruktur. Wir haben eine wunderschöne Landschaft, aber die Touristen kommen auch deshalb so gerne nach Österreich, weil Österreich so ein sicheres Land ist (Beifall bei der ÖVP), weil man sich hier wohlfühlt, weil man sich sicher fühlt. Wenn jemand krank wird, wird er hier medizinisch versorgt. Das heißt, wenn er nach Österreich fährt, fühlt er sich in al­len Belangen einfach sicher.

Ich habe diese Diskussion in den letzten Tagen beobachtet und muss sagen: Ich muss daran zweifeln, wenn ich die Worte gewisser Abgeordneter höre. Ich möchte daher nur sagen: Wir leben in einem guten Land. Seien wir stolz, dass wir in diesem Land leben können! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir wissen, dass wir zu den sichersten, zu den saubersten Ländern gehören. Wir wis­sen, dass wir die besten Pensionssysteme und den höchsten Arbeitsmarktanteil ha­ben. Machen wir uns das nicht kaputt! Bleiben wir bei der Sache und arbeiten wir für Österreich, damit wir weiterhin in diesem Land so leben können wie bis jetzt! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

12.29


Präsident Fritz Neugebauer: Ich halte fest, dass der von Kollegen Bucher einge­brachte Abänderungsantrag in Verhandlung steht.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Bucher, Petzner Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Bewil­


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ligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der Gesetzesvorschlag wird wie folgt geändert:

Der Titel wird wie folgt geändert:

Die Wortfolge „Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011“ wird durch die Wortfolge „Bundesgesetz über das Belastungspaket für das Jahr 2011“ ersetzt.

Begründung:

Der bisherige Titel entspricht nicht dem Inhalt des vom Bundeskanzleramt herausge­gebenen Handbuchs der Rechtssetzungstechnik und ist daher dem nachstehend ab­gedruckten Zitat entsprechend abzuändern.

„ALLGEMEINES

100. Inhalt

Der Titel eines Bundesgesetzes oder einer Verordnung soll kurz und einprägsam den Inhalt angeben. Er hat die Normenkategorie (Bundesverfassungsgesetz, Bundesge­setz, Verordnung, Kundmachung, Entschließung) sowie den Gegenstand anzugeben. Außer bei Gesetzen ist auch das erlassende Organ anzuführen.

Zitate von Geschäftszahlen oder von Bundesgesetzblatt-Nummern im Titel sind zu un­terlassen. Zahlwörter und sonstige Bezeichnungen vor der Angabe der Normenkate­gorie sind ebenfalls zu unterlassen, erforderlichenfalls sind diese im Kurztitel anzuführen.

Beispiele:

Bundesverfassungsgesetz über die Neutralität Österreichs

Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft über die Einrichtung des Wasserwirtschaftskatasters

Kundmachung des Bundeskanzlers über den Geltungsbereich des internationalen Frei­bord-Übereinkommens von 1966

Entschließung des Bundespräsidenten über ...

101. Kurztitel

Bei Bedarf kann dem Titel in Klammer ein Kurztitel oder eine Abkürzung angefügt wer­den.

Bei Kurztiteln sind lange Wortbildungen zu vermeiden.

Beispiel:

Bundesgesetz über die Allgemeine Sozialversicherung (Allgemeines Sozialversiche­rungsgesetz – ASVG)

Bei der Vergabe von Kurztiteln ist auf deren Unterscheidbarkeit zu achten.

Beispiel:

Verordnung des Bundesministers für Inneres zur Durchführung des Datenschutzge­setzes im Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Inneres

statt:

Datenschutzverordnung


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besser:

Datenschutzverordnung – BMI“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Linder. – Bitte.

 


12.29.11

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Frau Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Wirtschafts­minister Mitterlehner hat heute bei seiner Rede hier die unterschiedlichen Familienför­derungen kritisiert. Ich glaube, dass es ihm als Oberösterreicher schon ein bisserl weh­tut, dass wir in Kärnten 0,1 Prozent des BIP für Familienförderungen ausgeben, Ober­österreich aber nur 0,03 Prozent des BIP ausgibt. (Zwischenruf der Abg. Dr. Lichten­ecker.)

Sie schieben dann so nebenbei, so „unterflätig“ hinein, dass Kärnten das auf Schulden macht. Ich glaube, Herr Wirtschaftsminister, dass Sie sehr wohl die Zahlen der Jahres­abschlüsse kennen, wonach die Steiermark mit 670 Millionen € Minus, Niederöster­reich mit 565 Millionen € Minus und Oberösterreich mit 351 Millionen € Minus wesent­lich schlechter dastehen als Kärnten. (Der Redner hält ein Schriftstück, auf dem eine Graphik zu sehen ist, in die Höhe.)

Auch in Kärnten sind die Zahlen nicht gut, aber wir sind auf dem Weg der Konsolidie­rung schon wesentlich weiter als diese Bundesländer. Ich bitte Sie einfach, das einmal zu akzeptieren und nicht immer wieder „untertänig“ Kärnten schlechtzumachen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Zum Thema Tourismus: Herr Wirtschaftsminister, das Budget ist immer wieder mit dem Hinweis versehen: Wir müssen zurück auf die Zahlen von 2008! Wir müssen die Erhöhungen, die 2008 erfolgt sind, zurücknehmen! Wir müssen wieder konsolidieren, wir müssen wieder festigen!

Um die Wirtschaft anzukurbeln, hat man nebenbei versucht, in die Betriebe zu inves­tieren, die Baumaßnahmen setzen. Aber leider hat der Tourismus keine Erhöhungen erhalten. Ich sehe, dass die Österreich Werbung seit mittlerweile über 12 Jahren den­selben Betrag bekommt. Wenn man von einer 2-prozentigen Inflation ausgeht, so sind das bei 20 Millionen € Förderung 5 Millionen €, die wir weniger bekommen.

Gabriel Obernosterer sagte vom Rednerpult aus, die Österreichische Hotel- und Tou­rismusbank hat mehr bekommen. Richtig ist, 2007 hat die ÖHT 35 Millionen € bekom­men, 2010 nur mehr 25,8 Millionen €, und von 2010 auf 2011 wird das noch einmal um 1 Million € gekürzt. (Abg. Obernosterer: Die AWS!) – Du hast gesagt, die ÖHT be­kommt weniger Geld!

Ich glaube, gerade im Tourismus sollten wir dahin gehen, dass wir ankurbeln, inves­tieren. Der Tourismus vergibt 90 Prozent der Investitionen an Betriebe im Umkreis von 50 Kilometern. Das heißt, Geld für den Tourismus wird direkt in die heimische „kleine“ Wirtschaft investiert. Da gehen wir den falschen Weg, wie ich meine.

Aber nicht nur, dass wir kürzen, nicht nur, dass wir weniger Geld geben, zusätzlich bür­den wir dem Tourismus noch viel an Belastungen auf. Wenn ich davon ausgehe, dass die sogenannte AGES-Gebühr 200 € für den kleinsten Betrieb und bis zu 13 000 € für größere Betriebe ausmacht, die AKM zusätzlich Belastungen für die Tourismusbetriebe plant und die Energieabgabenrückvergütung den Touristikern ebenfalls sehr zu schaf­fen macht, so glaube ich: Das ist nicht der richtige Weg, den Tourismus, der derzeit wirklich gut läuft, hervorragende Zahlen liefert, zu belasten, indem wir ihm mehr Gebüh­ren aufbürden und ihm weniger Geld geben.


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Ich glaube, der richtige Weg muss sein, dass wir für die 188 000 Menschen, die im Tourismus arbeiten, ein Zeichen setzen, dass wir wenigstens die vorhandenen Leistun­gen lassen und nicht weiter kürzen und so den Tourismus nicht abwürgen, sondern ihn fördern und international betrachtet konkurrenzfähig halten. (Beifall bei der FPÖ.)

12.33


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schopf. – Bitte.

 


12.33.18.

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Sehr verehrter Herr Präsident! Frau Staatsse­kretärin! Herr Minister! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich möchte vor allem zur Si­tuation in der Wirtschaft und zu jenen Maßnahmen, die in den letzten Monaten, in den letzten eineinhalb Jahren vonseiten der Bundesregierung gesetzt worden sind, spre­chen, weil ich denke, dass das wichtige Möglichkeiten waren, die Krise tatsächlich zu bewältigen.

Meine Damen und Herren! Diese wirtschaftliche Situation in den letzten Jahren hat leider auch viele Opfer bei Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen in vielen Bereichen gefordert. Da waren vor allem die Kolleginnen und Kollegen in der Leasingbranche je­ne, die zuerst betroffen waren. Leider haben Zigtausende Kolleginnen und Kollegen in dieser Phase, in dieser Zeit der sogenannten Krise ihren Job verloren.

Wir sind zurzeit daran, diese Krise zu bewältigen. Einige Redner haben das große En­gagement in vielen Unternehmungen angesprochen und gemeint, die Unternehmerin­nen und Unternehmer sind auf dem richtigen Weg und haben diese Krise bewältigt. Das ist richtig, aber als Gewerkschafter möchte ich doch darauf hinweisen, dass auch und vor allem Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und Betriebsräte und Betriebsrä­tinnen mit ihren Gewerkschaften einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet haben, dass diese Krise bewältigt wurde.

Meine Damen und Herren, die Auftragsbücher füllen sich! Das ist richtig, und das ist gut so.

Wenn man sich einige Instrumente ansieht, die dazu benützt worden sind, um diese Si­tuation zu bewältigen, so sieht man, dass diese Instrumente ganz, ganz entscheidend waren. Es wurde in dieser Phase in Österreich eine Reihe von Stiftungen initiiert. Es wurden Stiftungen initiiert, wodurch Kollegen und Kolleginnen die Möglichkeit hatten, eine neue berufliche Ausrichtung in dieser Stiftung anzugehen. Die Kollegen und Kolle­ginnen wurden besser und neu qualifiziert.

Wir hatten erstmals auch die Möglichkeit, nicht nur im überbetrieblichen Bereich Stif­tungen zu organisieren, sondern auch betriebsintern bestand in vielen Betrieben die Möglichkeit, Qualifizierungs- und Schulungsmaßnahmen zu organisieren. Da wurden viele, viele KollegInnen umgeschult oder neu geschult. Ich denke, dass das wichtig war, weil gerade in dieser Phase, in dieser Zeit während dieser Schulungen die Dienstver­hältnisse nicht beendet worden sind und die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ih­ren Job behalten haben.

Ein weiteres Instrument – der Herr Minister hat auch kurz darauf hingewiesen – war die Kurzarbeit. Ich möchte doch erwähnen, dass die Regelung, so wie sie in den letzten Monaten angewandt worden ist, eine gute, eine richtige, eine vernünftige Regelung war. Gerade bei diesen Regelungen haben Gewerkschaften mit den Betriebsräten und Betriebsrätinnen großartige Arbeit geleistet. Es ist möglich gewesen, mit diesem Instru­ment der Kurzarbeit Beschäftigung zu sichern. Mit diesem Instrument ist es gelungen, quasi durchzutauchen.

Jetzt sagen mittlerweile alle in diesem Land, aber auch in ganz Europa, dass diese Ins­trumente, die wir in Österreich angewandt haben, die richtigen sind. Ein großes Kompli­


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ment an alle Beteiligten in der Regierung, dass wir als Gewerkschaften und als Arbeit­nehmer diese Möglichkeit hatten! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grosz – in Richtung Staats­sekretärin Mag. Remler –: Es gibt keine Redezeitbeschränkung nach der Fern­sehzeit!)

12.36


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brunner. – Bitte.

 


12.36.51

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste und ZuseherIn­nen zu Hause! Ich finde es schon ein bisschen eigenartig, dass hier bei manchen Pa­nik auftaucht, wenn sich junge Menschen engagieren. Ich denke: Seien wir doch froh, wenn sie sich engagieren und in die Politik einbringen! (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Hakel.) Es wäre auch eine Möglichkeit, dass wir ihnen zuhören und sie ein­binden. (Ruf beim BZÖ: Hausordnung!)

Wenn Sie jetzt die Hausordnung und die Würde des Hauses ansprechen, wundere ich mich schon, dass man diese Aktionen infrage stellt – bei all dem, was hier gerade ab­gegangen ist. (Beifall bei den Grünen.) Ich freue mich, dass die Jugendlichen immer noch dageblieben sind. (Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Ich möchte eingangs auch erwähnen – da das der vorvorletzte Tag meiner 30 Tage ist, in denen ich kein Plastik kaufe –, dass hier (auf das Rednerpult weisend) sowie auf der Regierungsbank Gläser und Glasflaschen stehen. Das ist sonst im Haus leider nicht durchgängig der Fall. (Abg. Amon: Aber in jedem Ausschusslokal!) Das ist vielleicht auch etwas, woran wir arbeiten könnten.

Ansonsten bedauere ich es, dass wir leider keine eigene Debatte zum Umweltbudget durchführen können. Das ist immer irgendwo angehängt. Aber das sind halt leider die Konsequenzen, wenn man kein eigenes Umweltministerium hat. Daher werde ich jetzt beim Wirtschaftskapitel und Jugendkapitel zu Umweltbelangen sprechen, denn ich glau­be, da finden wir in beiden Bereichen genug Anknüpfungspunkte mit der Umwelt.

Zuerst möchte ich auf die Einkaufszentren-Regelung zu sprechen kommen, die im Zu­ge des Budgetbegleitgesetzes geändert wurde. Wir kennen ja alle die Situation in den Bezirksvororten, nämlich dass immer am Ortsrand Einkaufszentren entstehen, die Orts­zentren aussterben und alles nach außen verlagert wird. Das bedeutet einen irrsinni­gen Flächenverbrauch. Es entsteht mehr Energiebedarf und Verkehr. Dann jammern alle, dass zu viel Verkehr ist, aber vorher wird nach außen verlagert. Die Betriebe be­kommen vieles gratis, aus Steuermitteln zur Verfügung gestellt. Zwölf Fußballfelder pro Tag werden in Österreich dadurch verbraucht.

Ich denke, es ist offensichtlich, dass diese Regelung bisher nicht funktioniert hat. Die Konsequenz daraus, dass es nicht funktioniert hat, kann aber nicht sein, dass man sie gleich abschafft, sondern ich denke, dann braucht es halt bessere Regelungen. Ich glaube nicht, dass es der richtige Weg ist, das in die Länder zu verlagern. Wir wissen ja, wie auf Landesebene und auch vonseiten der Bürgermeister immer wieder dem Druck der Industrie nachgegeben wird. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Mitterlehner.) – Wir sehen ja die Konsequenzen! Es breitet sich immer weiter aus.

Ich denke, das ist auch keine gute Basis für Ihre Energiestrategie, auf die ich als Nächstes zu sprechen komme. Ich habe gesagt, das verursacht alles mehr Energie. Wenn Sie Energie sparen wollen, dann ist Raumordnung das Erste, wo man ansetzen muss. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein.)

Zur sogenannten Energiestrategie: Ich finde, dass das keine Strategie ist. Sie werden jetzt sagen, Sie und auch der Landwirtschaftsminister machen für die thermische Sa­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 408

nierung 50 Millionen € locker. Das ist zwar schon okay, aber eben doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir würden uns eine Energiesparmilliarde erwarten und eine Strategie, wie wir tatsächlich energieunabhängig werden können. Alle Beschlüsse, die wir hier fassen – das ElWOG zum Beispiel; ich hoffe ja, dass es beim Ökostromgesetz dann besser sein wird –, widersprechen dem Ziel, energieunabhängig zu werden. Eine Strategie ist da also nicht vorhanden, und ich finde auch im Budget nicht die entspre­chenden Mittel dafür, dass es wirklich in Richtung erneuerbare Energie, Energieunab­hängigkeit geht.

Beim Klimaschutz ist Energie jedoch ein wesentlicher Faktor. Österreich ist ja leider Klimaschutz-Schlusslicht. Klimaschutz sollte aber auch Sie als Wirtschaftsminister in­teressieren, weil alle Experten sagen, dass es viel teurer werden wird, wenn wir nichts tun. Es ist teurer, die Schäden zu bezahlen, als jetzt Klimaschutzmaßnahmen zu set­zen. Wenn Sie von Schmerzen sprechen, die Sie angesichts der Einsparungen bei den Familien und der Kürzung der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit empfinden, wun­dert mich das, denn die Schmerzen beim Finanzieren von Verschmutzung durch die Industrie waren offenbar nicht so groß, denn die finanzieren Sie weiter.

Ich finde, das sollten die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler auch wissen, dass mit ih­ren Steuermitteln Umweltverschmutzung bezahlt wird. Die Industrie bekommt aus Steu­ergeldern Verschmutzungsrechte zuerkannt. Ich sehe nicht ein, dass die Allgemeinheit dafür aufkommen soll – das soll sich die Industrie selbst zahlen! – und wir dann auch noch für die Schäden aufkommen müssen, denn unsere Klimaverfehlungen werden die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler mindestens 1 Milliarde € kosten.

Herr Wirtschaftsminister, ich möchte Sie auch warnen, denn ich sehe überhaupt nicht ein, dass die Verschmutzung aus Umweltgeldern bezahlt wird. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) Wenn Sie es wollen, dann reservieren Sie Geld in Ihrem Budget dafür, denn Umweltmittel sind das sicher keine. (Präsident Neugebauer gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Auch daran wird ziemlich klar, dass Österreich ein eigenständiges, starkes und enga­giertes Umweltministerium braucht. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.42


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Singer. – Bitte.

 


12.42.18

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! (Abg. Ing. Westenthaler: Ich glaube, jetzt kommt gleich die Rede der Frau Staatssekretärin!)

Kollege Linder, ich bin sehr überrascht und finde es sehr gewagt, dass Sie Oberöster­reich mit Kärnten vergleichen. Ich darf daran erinnern: Oberösterreich hat bis zum Jahr 2010 ausgeglichene Budgets erstellt und hat keine Schulden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Nur Mut, Frau Staatssekretärin!)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin im Gegensatz zu Frau Kollegin Brunner sehr froh, dass es zusätzliche Mittel für die thermische Sanierung gibt, nämlich 100 Mil­lionen € ab dem Jahr 2011 aus den Budgets der Minister Mitterlehner und Berlakovich. (Abg. Mag. Kogler: Zuhören will gelernt sein!) Sie werden die thermische Sanierung von Wohn- und Geschäftsgebäuden zusätzlich fördern. Daraus ergibt sich natürlich ein hoher Mehrfachnutzen. Ich führe hier nur die steigende Wohnqualität, die niedrigeren Betriebskosten für jeden Einzelnen, die Schaffung von nachhaltigen Arbeitsplätzen, die Reduktion des Energieverbrauchs und die Senkung der CO2-Emissionen an.

Es gibt aber auch darüber hinaus noch wichtige Aspekte. Die thermische Sanierung ist der richtige Weg, wie unsere Ortskerne und Stadtzentren wiederbelebt werden können.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 409

Leer stehende Geschäftslokale werden wieder benutzbar, und die Orts- und Stadtzen­tren gewinnen dadurch wieder an Attraktivität gegenüber den Einkaufszentren in der Pe­ripherie.

Sehr geehrte Damen und Herren, als Bürgermeister in der Klima- und Energiemodell­region Steyr-Kirchdorf freue ich mich besonders auf diese Mittel, weil sie uns im Be­streben unterstützen, Energie einzusparen. Sehr geehrte Damen und Herren! Die Mit­tel für die thermische Sanierung sind Beweis dafür, dass dieses Budget auch wichtige Weichenstellungen für die Zukunft vornimmt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.44


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stadler. Re­dezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


12.44.17

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Zunächst einmal: Wo ist die Frau Kollegin Glawischnig? (Abg. Ing. Westenthaler: Weg! Nicht da! Schon nach Hause gegangen!) Ich sage Ihnen in aller Form – und jeder, der mich kennt, weiß es –, dass ich Frauen und Männer gleich behandle, und zwar auch dann, wenn ich mit ihnen politisch debattiere. (Beifall beim BZÖ.)

Mit der Feminismuskeule braucht mir keiner in diesem Haus zu kommen, kein Einziger! Ich mache da keinen Unterschied. Und glauben Sie mir: Ich mache auch keinen Un­terschied, wenn es darum geht, ob eine Staatssekretärin eine gute Wahl oder eine schlechte Wahl war, und es ist mir da völlig wurscht, welches Geschlecht der betreffen­de Staatssekretär/die betreffende Staatssekretärin hat. Das möchte ich vorausschicken. (Abg. Schönpass: Meinungsfreiheit gibt es aber schon!)

Natürlich gibt es Meinungsfreiheit! Sie sollten nur nicht mit falschen Argumenten daher­kommen. Die Feminismuskeule auszupacken, nur weil eine Staatssekretärin, eine mit 15 000 € hoch bezahlte Staatssekretärin nicht in der Lage ist, zur Familienpolitik auch nur eine Silbe zu verlieren, während man gleichzeitig die Familien belastet, das halte ich für ein starkes Stück! Und da kommt man dann mit der Feminismuskeule daher. Bei mir nicht! (Beifall beim BZÖ.)

Es war Frau Präsidentin Prammer, die in der Debatte anlässlich der Vorstellung der Staatssekretärin behauptet hat – tatsachenwidrig –, es gebe eine Usance, wir hätten Staatssekretärinnen quasi zu schonen. Wir haben Ihnen nachgewiesen, dass die So­zialisten bereits bei der Präsentation der Frau Bundesminister Sickl eine Dringliche ge­macht haben. Da hat auch niemand von Feminismus gesprochen, meine Damen und Herren, Hohes Haus. (Abg. Amon: Das war auch nicht in Ordnung!) Also kommen Sie mir nicht mit dieser Feminismuskeule daher, Sie verfängt nicht! Sie haben eine falsche Wahl getroffen! Culpa in eligendo!

Aber dafür haften Sie, meine Damen und Herren! Dass Sie eine Staatssekretärin ha­ben, die in freier Rede keine fünf geraden Sätze herausbringt, ist nicht mein, sondern Ihr Problem. (Beifall beim BZÖ.)

Das außerdem just in einer Zeit, in der niemand so belastet wird wie die Familien und damit die Zukunft. Ich sage es Ihnen zum wiederholten Mal: Die Familien sind die Zu­kunft dieses Landes – und genau bei dieser Zukunft schneidet Ihr Bankenminister am tiefsten hinein, und die Staatssekretärin, die dafür bezahlt wird, die Interessen der Fa­milien zu wahren, bringt keine Silbe heraus, meine Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Grosz: Sie bekommt Schweigegeld!)

Dann kommt der Sittenwächter des Hauses, der arbiter elegantiarum daher, Herr Kolle­ge Kopf, und erklärt uns etwas über die „Würde des Hauses“. – Die Würde der Fami­lien, der armen Familien, der kinderreichen Familien, die hat er nicht im Kopf, wenn er heute von der Würde des Hauses spricht. (Beifall beim BZÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 410

Nebenbei gesagt, Herr Kollege Sittenwächter: Schauen Sie sich einfach nur das Bild des Kollegen Großruck heute an, dann wissen Sie, wem Sie die Würde des Hauses zu erklären haben. (Der Redner hält eine Bildkopie in die Höhe.) Herr Kollege Großruck hat während der Debatte nichts Besseres zu tun, als dem Kollegen Petzner Eselsohren zu zeigen.

Wissen Sie, wenn man sich als Sittenwächter geriert, aber selbst im Glashaus sitzt, dann sollte man zumindest in der eigenen Fraktion dafür sorgen, dass die Würde des Hau­ses gewahrt bleibt. (Beifall beim BZÖ.)

Mir geht es jedoch nicht um die Würde des Hauses! Das hält ein jeder aus! Dafür be­kommen Sie genug Schmerzensgeld. Sie übrigens auch, Frau Staatssekretärin! 15 000 € sind genug Schmerzensgeld für Sie. (Abg. Ing. Westenthaler: Regierungs­mannequin!)

Mir geht es um die Würde der Familien, um die Würde der armen, kinderreichen Fa­milien, meine Damen und Herren! Um diese Würde geht es uns, meine Damen und Her­ren, Herr Präsident! (Beifall beim BZÖ.)

Herr Präsident (auf das blinkende Licht am Rednerpult blickend), ich habe die gesamte Redezeit von 10 Minuten zur Verfügung. Ich weiß nicht, ob Ihnen das schon mitgeteilt wurde. – Dann sage es eben ich Ihnen jetzt.

 


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Kollege! Die Debatten über Ihre Redezeit sind schon bald Legende. Wir haben mit Ihrem Klub eine Vereinbarung getroffen, was die Fern­sehzeit betrifft. Es wurden Sie mit 3 Minuten und Kollege Markowitz mit 3 Minuten ge­meldet. Die weiteren BZÖ-Redner sind akzeptiert, allerdings außerhalb der Fernseh­zeit.

Wenn Sie weitersprechen, dann können Sie das noch 3 Minuten lang tun. Damit neh­men Sie dann die Zeit Ihres Kollegen Markowitz in Anspruch. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (fortsetzend): Wir haben intern die Vereinbarung getroffen, dass ich die Redezeit konsumiere.

So, nun aber zum Nächsten, der sich heute als Sittenwächter aufspielt. Der Generalse­kretär der FPÖ, der Generalsekretär für politische Stubenreinheit, der Generalsekretär für politische Stilfragen kommt heraus und springt der ÖVP bei. Das lässt auch tief bli­cken, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Sie (in Richtung FPÖ) haben auch nicht die Würde der Familie im Auge! Anstatt sich bei der ÖVP anzubiedern, wäre es gescheiter, Sie würden sich um die Familien küm­mern, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Ich will Ihnen in aller Form sagen: Wir müssen darauf warten, dass die Frau Staatsse­kretärin mit 15 000 € im Monat endlich etwas zur Familienpolitik sagt – was Herr Mi­nister Mitterlehner angekündigt hat mit den Worten, das komme noch. Sie wartet nur noch ab, bis der ORF die Kameras ausdreht, aber die sind bald ausgedreht. Sie kön­nen bald reden, wir warten ja darauf. – Herr Präsident, vielleicht sollten Sie dann ein­läuten. Das wäre ein ganz interessanter Ansatz.

Wenn wir darauf warten, bis die FPÖ die Familien vertritt, können wir lange warten. Die FPÖ nutzt die erste Gelegenheit, sich der ÖVP anzudienen; das haben wir heute bei der Rede des Herrn Generalsekretärs Kickl gesehen. (Beifall beim BZÖ.)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Mich hat schon die Wortmeldung der Kollegin Fuhrmann nervös gemacht. Und ich kann Ihnen auch sagen, warum. Die Familien die­ses Landes haben es satt, von Familienpolitikern ständig vorgerechnet zu bekommen, wie gut es ihnen angeblich geht, und zwar von Familienpolitikern, die sich bei jeder Ge­legenheit Kinder sozusagen ausleihen müssen, damit diese als „Accessoires“ auf den Plakaten drauf sind.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 411

Meine Damen und Herren, das ist eine Schande – und das haben die Familien schön langsam satt. Den österreichischen Familien, den österreichischen Müttern und Vätern hängen Politiker zum Hals heraus, die sich Kinder auf Plakatflächen nur als Beiwerk ausleihen, meine Damen und Herren. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das ist nicht die Familienpolitik der Österreichischen Volkspartei, die Sie ständig pro­pagieren. Die ÖVP ist als Familienpartei abgetreten, und zwar ganz erbärmlich abge­treten. (Beifall beim BZÖ.)

Die ÖVP ist eine Bankenpartei geworden, ist eine Lobbyistenpartei geworden, ist eine Funktionärskasten-Partei geworden, und Ihre Staatssekretärin Remler ist das beste Bei­spiel dafür! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Das Regierungsmannequin!)

12.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Glaser. – Bitte.

 


12.50.24

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Ich habe das zweifelhafte Glück, wieder einmal nach Kollegen Ewald Stadler reden zu dürfen. (Abg. Dr. Matznetter: Sie haben eine angenehmere Stimme!) Die Klubobmänner der anderen Parteien haben ihr Urteil zum Verhalten der Abgeordneten des BZÖ sehr treffend ausgedrückt, geholfen hat es nichts. (Abg. Ing. Westenthaler: 15 000 € für Schweigen auf der Regierungsbank sind schon recht üppig! – Abg. Mag. Kogler: Schreien ist auch nicht das Wahre!)

Gott sei Dank ist die Fernsehzeit bald vorüber, und dann wird wahrscheinlich auch in Ihren Reihen wieder Ruhe einkehren. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte nun aber zum Thema kommen. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie ist einfach zu feig, um etwas zu sagen!) Ein Problem, das wir eigentlich weltweit und auch in Öster­reich haben, ist, dass die städtischen Räume immer mehr boomen, immer mehr wach­sen, die ländlichen Räume dagegen eher an Wachstum und Bevölkerung verlieren. Das gibt es in Österreich zwar in abgeschwächter Form, aber eben doch auch. Wir ver­lieren Arbeitsplätze, Wertschöpfung im ländlichen Raum. In der Folge – wir haben das in den letzten Tagen in den Medien öfters präsentiert bekommen – können die Ge­meinden ihre Infrastruktur nicht mehr wirklich aufrechterhalten.

Es ist daher notwendig, das Offensivprogramm, das die Bundesregierung in diesem Bereich ohnehin fährt, noch wesentlich zu verstärken. Einige Maßnahmen möchte ich aufzählen: Wir müssen die Infrastruktur gerade im ländlichen Raum massiv ausbauen, von der Straße bis zum Breitband, von der Schule bis zum Seniorenheim. Der länd­liche Raum ist prädestiniert dafür, im Bereich der Ökoenergie Arbeitsplätze zu schaf­fen. Von der Biomasse bis hin zur Nutzung der Solarenergie, in all diesen Bereichen kann im ländlichen Raum Arbeit und Wert geschaffen werden. Wir müssen, und wir tun das ja auch, die Strukturprogramme, die wir seitens der Europäischen Union, des Bun­des und der Länder vorgelegt bekommen, noch weiter intensivieren und ausbauen, ob­wohl ich denke, dass wir da ohnehin schon sehr gut unterwegs sind.

Es wird letztlich notwendig sein, dass wir auch einen gerechten Finanzausgleich zu­stande bringen. Es ist meiner Meinung nach absolut nicht einzusehen, warum ein Ein­wohner in der Stadt mehr wert sein soll als einer am Land. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

In dem Zusammenhang hoffe ich, dass wir mit diesen vier Offensivmaßnahmen in Zu­kunft nachhaltiges Wachstum auch im ländlichen Raum sichern können. – Danke. (Bei­fall bei der ÖVP.)


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12.53


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Höbart. – Bitte.

 


12.53.10

Abgeordneter Ing. Christian Höbart (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Vielleicht noch ein paar Worte zu den Ausführungen von Herrn Weninger, der in seiner Rede vorhin Wirtschafts- und Familienprogramme aus den siebziger Jahren gewürdigt hat. Da muss ich wirklich lachen. Dass man die Ära Kreisky heranzieht für eine zukunfts­trächtige Programmatik, das ist an Lächerlichkeit ja wirklich nicht zu überbieten. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Weninger: Lernen Sie Geschichte!)

Schauen Sie einmal ins Handbuch freiheitlicher Politik, da sehen Sie, was ordentliche Wirtschaftspolitik ist!

Zu den Vorwürfen des Kollegen Stadler: Die Anzahl der Kinder, die die BZÖ-Fraktion vorzuweisen hat, würde mich angesichts so mancher Familienverhältnisse auch einmal interessieren. Die ist mit Sicherheit nicht allzu hoch!

Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte Ihnen an dieser Stelle nochmals ein paar Zitate dazu zur Kenntnis bringen, wie die Medien, aber auch so einige Landeshaupt­leute dieses Budget sehen. Speziell für die SPÖ und insbesondere die steirischen Kol­legen sei da Landeshauptmann Voves zitiert, auch wenn Sie es noch so oft nicht hören wollen. Der hat nämlich gesagt: Man kann nicht Belastungen beschließen ohne jegli­che Reformen. Dafür haben die Menschen kein Verständnis. – Fragen Sie einmal Ihren Landeshauptmann, wie der so etwas sagen kann, richtigerweise sagen kann.

Die „Kleine Zeitung“ schreibt: Das Land ist derzeit durch die Regierung ein „Land ohne Kompass“. Die Regierung ist am Abgrund. – Ja, das ist so!

An der Spitze der Republik macht sich Leere breit. „Die Substanzlosigkeit ihrer Politik tut weh.“ – Hören Sie gut zu! Vielleicht findet dann doch noch ein Meinungsumschwung oder ein Umdenkprozess statt.

Speziell für die ÖVP, Vizekanzler Pröll, euren Bundesparteiobmann: Josef Pröll, „der ent­zauberte Hoffnungsträger“. Als „politischer Wunderwuzzi“ entsprungen, „als Bettvorle­ger“ seines Onkels – Landeshauptmann Pröll – „gelandet“. – Mehr kann man dem nicht hinzufügen. (Beifall bei der FPÖ.)

Der Katholische Familienverband: Geht es den Familien gut, geht es der Wirtschaft gut. Beispielslose Schröpfaktion gegen Familien und die Jugend sofort zurückziehen! – Sie finden keine Worte dafür. Die Staatssekretärin lächelt, zugegebenermaßen nett, aber sie findet keine Worte dafür. Sie könnten es ändern, Sie hätten es in Händen.

Fazit: Die Einsparungen bei den Familien, bei der Jugend sind über 300 Millionen € schwer, über 80 Prozent der Ausgabenreduktionen tragen die Familien, und das ist ein Skandal. Wir fragen uns, warum die Regierung nicht klare Signale setzt, um vor allem endlich auch die Entwicklung der derzeit niedrigen Fertilitätsrate in die richtige Rich­tung zu bekommen. Warum beginnen Sie nicht gesellschaftspolitische Diskussionen, um endlich wieder mehr Kinder zu erreichen beziehungsweise den Kinderwunsch zu steigern? Denken Sie doch über den klugen Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtun­gen nach. Klug!

Es geht nicht darum, Kinder zu bekommen und sie sofort in irgendwelche Kinderbe­treuungseinrichtungen abzuschieben. Entwickeln Sie endlich ein attraktives Steuermo­dell wie das des Familiensteuersplittings der Freiheitlichen Partei, das letztendlich be­deutet: mehr Kinder, weniger Steuern. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzei­chen.) Das wäre nur gerecht. (Beifall bei der FPÖ.)

Abschlusssatz: Das Budget mit diesen fatalen Einschnitten bei Familien- und Jugend­leistungen entspringt einer Rasenmähermethode bei den Einsparungen. Dabei wird die FPÖ sicher niemals mitziehen. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 413

12.56


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markowitz. – Bitte.

 


12.56.29

Abgeordneter Stefan Markowitz (BZÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesregie­rung! Hohes Haus! Heute haben wir sehr wenig über Lehrlinge gehört. Dieser Bereich wurde grob vernachlässigt, was mir überhaupt nicht gefällt. Wir müssen die KMUs ent­lasten, die Lehrlinge stärken.

Herr Bundesminister Mitterlehner, Sie waren Sekretär der Wirtschaftskammer. Ich den­ke mir, da müssen in Zukunft mehr Impulse Ihrerseits kommen. Sie sind doch jemand, der für die Lehrlinge eintritt, zumindest habe ich mir das gedacht. Deswegen müssen wir in Zukunft die KMUs entlasten, die Klein- und Mittelbetriebe stärken, damit wieder mehr Lehrlinge aufgenommen werden. (Beifall beim BZÖ.)

Ein wichtiger Punkt ist, dass die Bundesregierung zahlreiche überbetriebliche Lehr­werkstätten geschaffen hat. Natürlich ist mir jeder Jugendliche in einer Lehrwerkstätte wichtig. Es werden damit jedoch Lehrlinge zweiter Klasse geschaffen, und das wissen Sie ganz genau. Wenn ich mir die Ausbildungsentschädigung – es ist ja keine Lehr­lingsentschädigung, sondern eine Ausbildungsbeihilfe – anschaue, so verdienen die Lehrlinge im ersten und im zweiten Lehrjahr 240 €. Jetzt erklären Sie mir, wie jemand mit 240 € über die Runden kommt. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.) Ich war selbst einmal Lehrling, deswegen sage ich Ihnen das hier klipp und klar. (Neuerlicher Zwi­schenruf der Abg. Mag. Wurm.)

Und ich sage Ihnen noch etwas in aller Deutlichkeit und in aller Klarheit: Es werden hier Lehrlinge zweiter Klasse geschaffen! Wenn ich mir dagegen die ÖBB anschaue, bei denen ein Lehrling im dritten Lehrjahr bis zu 1 300 € verdient, weil sie sonst keine Lehr­linge mehr finden, so ist das ein Skandal, wenn Sie mich fragen. (Beifall beim BZÖ.)

Weiters gehört die Attraktivität der Lehrberufe im Tourismus massiv gestärkt, denn in diesem Bereich haben wir mehr offene Lehrstellen, für die sich keine Jugendlichen mehr finden, die wir dort unterbringen könnten. Ich habe mir auch die anderen Branchen und die Zahlen des Burgenlands und Oberösterreichs vom November angesehen: Im Ver­gleich zum Vorjahr gibt es dort mehr Lehrstellensuchende und weniger offene Lehrstel­len. Wir müssen also danach trachten, noch mehr Jugendliche auf den Arbeitsmarkt zu bringen und für sie einen Arbeitsplatz zu finden. (Beifall beim BZÖ.)

 


Präsident Fritz Neugebauer (das Glockenzeichen gebend): Den Schlusssatz bitte!

 


Abgeordneter Stefan Markowitz (fortsetzend): Ich bringe noch kurz einen Entschlie­ßungsantrag ein, das geht sich aus!

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nein, Herr Kollege! Können Sie das bitte einem nachfol­genden Redner Ihrer Fraktion überlassen?

 


Abgeordneter Stefan Markowitz (fortsetzend): Das werde ich! Okay!

Ich komme nunmehr zum Schluss. Später, am Ende melde ich mich dann noch einmal zu diesem Abschnitt der Tagesordnung zu Wort und werde diesen Entschließungsan­trag noch einbringen.

Wichtig für Österreich ist, dass wir die Jugend stärken, dass wir die Lehrlinge stärken. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) Und das ist mir wichtig. – Vielen Dank. (Beifall beim BZÖ.)

12.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dei­mek. – Bitte.

 


12.59.05

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Kolleginnen und Kollegen! Zuseher hier und zu Hau­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 414

se! Ich möchte wieder ein bisschen Ruhe und Besinnung in diese Debatte hinein­brin­gen. Ein Kapitel oder eine Untergruppe heißt ja Wirtschaft und Forschung. Mir geht es genau um die Forschung. Wir haben im Wirtschaftsministerium Forschung, wir haben auch in anderen Ministerien Forschung.

Man gewinnt den Eindruck, bei den Ministerien herrscht das Motto: Jugend forscht. Je­der darf ein bisschen forschen, jeder darf ein bisschen forsch sein und Studien erstel­len, jeder darf natürlich die Forschung fördern, die läuft, und jeder darf seine Klientel bedienen und jeder darf natürlich auch seine Overheads bezahlen. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass wir in diesen Zeiten, in denen überall gespart werden soll, zusätz­liche Overheads brauchen.

Ich werde daher auch einen entsprechenden Antrag einbringen, der diese ganze For­schungsaktivität bündeln soll  und ich bin mir sicher, dass die ÖVP, die ja von sich selbst immer behauptet, eine Wirtschaftspartei zu sein, das auch entsprechend unter­stützen wird.

Vielleicht auch noch zur Kollegin Fuhrmann, die zwar gerade nicht anwesend ist: Wir haben nicht nur diesen Antrag eingebracht, sondern wir haben in Summe etwa 30 An­träge eingebracht. Diese Anträge stehen natürlich auch zur Debatte.  Das zu dem The­ma, ob die Opposition nichts macht.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Kollegen Deimek und Graf betreffend Bündelung der Forschungsaktivitäten

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle derzeitigen Forschungsaktivitäten im Bun­desministerium für Verkehr, Innovation und Technologie zu bündeln. Es sind neben dem BMWF und dem BMWFJ alle Ministerien, die Forschung betreiben, einzubezie­hen, insbesondere auch das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.“

*****

Wir können uns nicht vorstellen, dass wir diese zusätzlichen Overheads überall bezah­len wollen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.01


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten DI Deimek, Dr. Graf und weiterer Abgeordneter betreffend Bünde­lung der Forschungsaktivitäten

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung 33 – Wirtschaft (Forschung), in der 91. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 22. Dezember 2010


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 415

Derzeit findet Forschung verteilt auf mehrere Ressorts statt, neben dem Bundes­ministerium für Wissenschaft und Forschung, wird auch im Bundesministerium für Ver­kehr, Innovation und Technologie, im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend, im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft sowie in weiteren Ministe­rien Forschung betrieben. Sinnvoll wäre es sämtliche Forschungstätigkeiten, sowie das Budget für Forschung in einem Ministerium zu bündeln und somit Redundanzen und unnötigen Kostenfaktoren zu minimieren.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle derzeitigen Forschungsaktivitäten im Bun­desministerium für Verkehr, Innovation und Technologie zu bündeln. Es sind neben dem BMWF und dem BMWFJ alle Ministerien, die Forschung betreiben, einzubezie­hen, insbesondere auch das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte. (Ruf bei der FPÖ – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Schenk –: Wie viele Kinder haben Sie? – Ruf bei der SPÖ: Sie müssen sich ... entschuldigen!)

 


13.01.16

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatsse­kretärin! Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Budget ist unsozial, ungerecht und familienfeindlich. Ich glaube, mit diesen drei Eigenschaften kann man das Budget kurz und bündig zusammenfassen. Das ist wahrlich kein Grund, stolz darauf zu sein, denn nahezu jede Österreicherin und jeder Österreicher ist von diesen Sparmaßnahmen betroffen. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Die Regierung ist da anscheinend beratungsresistent, denn sie hat weder Vorschläge des Rechnungshofs betreffend die Einsparung bei der Verwaltungsreform noch Vor­schläge von den Oppositionsparteien, im Besonderen von unserer Fraktion – über 900 Anträge liegen unbehandelt in den Ausschüssen – aufgegriffen. Das ist evident. Ganz besonders betroffen von den Einsparungen und den Sparmaßnahmen sind die Familien, sind die Leistungsträger in unserem Land, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall des Abg. Bucher. Abg. Strache: Außer Bucher klatscht niemand! Die Live-Übertragung ist vorbei!)

Die ÖVP hat sich als Familienpartei verabschiedet – das haben heute schon einige Vorredner erwähnt – und sich den Banken zugewendet. Es ist so, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich möchte eine Aussage zitieren, die Ihr Außenminister Spindel­egger am 30. November in einem „ZiB“-Interview gemacht hat, wo er sich verstärkt für Zuwanderung ausgesprochen hat:

„Mit dem Überalterungsprozess in Österreich und den wenigen Kindern, die es bei uns gibt, sind unsere Sozialsysteme von alleine nicht mehr tragfähig (...) Wir müssen realis­tisch in die Zukunft blicken.“ – Das ist ein Zitat Ihres Außenministers! (Beifall beim BZÖ.)

Das ist wohl auch die neue Familienpolitik der ÖVP. Die Familien werden geschröpft, die gesellschaftspolitische Bedeutung der Familie wird zurückgedrängt. 60 Milliarden €


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 416

sind es, die die österreichischen Familien gratis für die Gesellschaft bringen, und 80 Pro­zent dieser Familienarbeit wird von Frauen geleistet.

Seit der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes im Jahr 2002 wurde dieses nicht eva­luiert. Der Kinderabsetzbetrag, die Familienbeihilfe und das Pflegegeld erfuhren eine einmalige Erhöhung. Das macht aber bei Weitem den Wertverlust nicht wett: 18 Pro­zent Wertverlust beim Kinderbetreuungsgeld, 13 Prozent Wertverlust bei der Familien­beihilfe – und das trotz Einführung der 13. Familienbeihilfe, die nun ja partiell dem Spar­wahn zum Opfer gefallen ist. (Beifall beim BZÖ.)

Wir vom BZÖ setzen uns nach wie vor für die Familien ein, wir sind die Familienpartei, wir haben das in der Vergangenheit gemacht und wir werden das in Zukunft machen. Wir haben auch die Zukunft in unserem Namen, nämlich im „Bündnis Zukunft Öster­reich“.

Ich darf abschließend in diesem Zusammenhang folgende Anträge einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Martina Schenk, Ursula Haubner und Kollegen betreffend jährliche Valorisierung der Familienleistungen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der eine jährliche Anpassung des Kinderbetreuungsgeldes, der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages an den Verbraucherpreisindex vorsieht.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner, Martina Schenk und Kollegen betreffend Weiterfüh­rung der Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über den Ausbau des institutionellen Kinderbetreuungsangebots und über die Einführung der verpflichtenden frühen sprach­lichen Förderung in institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen im Jahr 2011

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend, wird aufgefordert, mit den Ländern in Verhandlung zu treten, um eine Weiter­führung der bestehenden 15a-Vereinbarung zum Ausbau des institutionellen Kinderbe­treuungsangebots im Jahr 2011 sicherzustellen, damit die Umsetzung der ursprünglich formulierten Ziele vollständig gewährleistet werden kann.“

*****

Ich bitte um Ihre Zustimmung und danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall beim BZÖ.)

13.05

*****

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Martina Schenk, Ursula Haubner und Kollegen betreffend jährliche Valorisierung der Familienleistungen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 417

eingebracht in der 91. Sitzung des Nationalrates, am 22. Dezember 2010 im Zuge der Debatte zu TOP 1, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.) (Unter­gliederung UG 25)

Über die gesellschaftspolitische Bedeutung hinaus stellen die Familien auch einen we­sentlichen wirtschaftlichen Faktor dar. Die Leistungen, die in österreichischen Familien gratis erbracht werden, sind von zahlreichen Erhebungen und Untersuchungen ge­stützt. Aktuelle Schätzungen, die den zeitlichen Aufwand für die unentgeltlichen Leis­tungen der Familien (Erziehung, Pflege etc.) in Geld messen, kommen zu dem Ergeb­nis, dass sich der Wert der Familienarbeit in Österreich pro Jahr mit rund 60 Milliarden Euro (berechnet nach Mindestlohntarifen brutto inklusive Überstundenabgeltungen) be­ziffern lässt. Rund 80% der Familienarbeit wird von Frauen getragen.

Nach den Schätzungen des WIFO betragen die direkten Kinderkosten rund 500 € pro Kind und Monat. Eltern von zwei Kindern investieren demnach allein in den monetären Unterhalt bis zur Volljährigkeit über eine Viertelmillion Euro. Hinzu kommen die Unter­halts- und Ausbildungskosten für volljährige Kinder sowie Einkommensausfälle und deutlich geringere Rentenansprüche durch den teilweisen Verzicht auf Erwerbstätigkeit zugunsten der Kindererziehung.

Seit der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes unter der damaligen Bundesregierung Schüssel/Riess-Passer im Jahr 2002 wurde diese Familienleistung nicht erhöht. Fami­lienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag und Pflegegeld erfuhren einmalige Erhöhungen, was aber die ständige Teuerung bei weitem nicht wettmacht. Der Wertverlust des Kinder­betreuungsgeldes beträgt bereits über 18%, jener der Familienbeihilfe, trotz Einführung der 13. Familienbeihilfezahlung, 13%.

Im Gegensatz zu den Pensionen bzw. der bedarfsorientierten Mindestsicherung wer­den Familienbeihilfe, Kinderbetreuungsgeld, Kinderabsetzbetrag und Pflegegeld nicht regelmäßig erhöht. Angesichts einer Inflationsrate seit 2000 von 20% wird die Notwen­digkeit einer Anpassung der Familienleistungen immer augenscheinlicher. Angepasste Familienleistungen stärken nicht zu letzt die Kaufkraft der Familien und damit die öster­reichische Wirtschaft.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der eine jährliche Anpassung des Kinderbetreuungsgeldes, der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages an den Verbraucherpreisindex vorsieht.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner, Martina Schenk und Kollegen betreffend Weiterfüh­rung der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über den Ausbau des institutionellen Kin­derbetreuungsangebots und über die Einführung der verpflichtenden frühen sprachli­chen Förderung in institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen im Jahr 2011

eingebracht in der 91. Sitzung des Nationalrates, am 22. Dezember 2010 im Zuge der Debatte zu TOP 1, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 418

Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.) (Unter­gliederung UG 25)

In der geltenden 15a Vereinbarung zur Kinderbetreuung zwischen Bund und Ländern werden drei klare Zielsetzungen angegeben. Die erste lautet, dass nach dem Barce­lona-Ziel der Europäischen Union bis zum Jahr 2010 im Interesse der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und dem regionalen Bedarf entsprechend für 33% der Unter-Drei-Jährigen Kinderbetreuungsplätze zur Verfügung stehen sollen. Der aktuelle Öster­reich-Durchschnitt liegt laut Statistik Austria bei 15,8%. Vom Barcelona-Ziel der EU ist Österreich damit noch weit entfernt. Zwar zeigen die Bemühungen des Bundes und der Länder positive Effekte, die von der Statistik Austria erfasst wurden: „Die Zahl der in Österreichs Kindertagesheimen betreuten Kinder im typischen Kindergartenalter von drei bis fünf Jahren ist im Vorjahresvergleich um knapp 4.000 auf insgesamt 214.000 gestiegen. Auch bei den 0- bis 2-Jährigen gab es nach Berechnungen der Statistik Austria gegenüber dem Vorjahr einen Zuwachs von knapp 4.000 betreuten Kindern auf insgesamt 36.800.“[1] Laut einer Studie des Europäischen Zentrums für Wohlfahrts­politik fehlen aber selbst bei gegebenen sinkenden Bevölkerungszahlen bis 2015 mit Blick auf das Barcelona-Ziel der EU immer noch rund 47.000 Plätze für Kinder unter drei Jahren.

Die zweite Zielsetzung will Kinder, die über mangelnde Deutsch-Kenntnisse verfügen, in institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen so fördern, dass sie mit Eintritt in die erste Schulstufe der Volksschule die Unterrichtssprache Deutsch nach einheitlichen Deutsch-Standards im Sinne von Sprachkompetenzmodellen möglichst beherrschen. Die Sprachstandfeststellung des Instituts für Bildungsforschung zeigt, dass drei Viertel der 5-jährigen Kinder (76%) ein altersadäquates Sprachniveau in Deutsch aufweisen und keine spezielle Förderung im sprachlichen Bereich benötigen. Jedes vierte Kind (23%) würde aber 15 Monate vor Schuleintritt sprachlichen Förderbedarf und spezielle Unterstützung bei der Sprachaneignung brauchen. Betrachtet man die Sprachbeherr­schung hinsichtlich der Erstsprache so stellt das BIFIE fest, dass 10% der Kinder mit Deutsch als Erstsprache Förderbedarf haben, von den Kindern mit Deutsch als Zweit­sprache jedoch deutlich mehr als die Hälfte (59%) Unterstützung bei der Aneignung der deutschen Sprache benötigen.[2]

Für Kinder, die keinen Kindergartenplatz haben, kommt das BIFIE hinsichtlich der Sprachkompetenz zu folgendem Ergebnis: „Die Situation für Kinder ohne Kindergar­tenplatz ist besonders problematisch: von ihnen braucht jedes zweite Kind intensive Förderung der Sprachkompetenz. Insbesondere Kinder mit Migrationshintergrund, die keinen Kindergarten besuchen, werden den sprachlichen Anforderungen in Deutsch nicht gerecht. 80% von ihnen haben Förderbedarf im Deutschen, spezielle Fördermaß­nahmen im Jahr vor Schuleintritt könnten ihre Startbedingungen verbessern.“

Mit der dritten Zielsetzung schließlich soll ein Bildungsplan, fokussiert auf Inhalte der frühen sprachlichen Förderung in institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen, ins­besondere zur Verbesserung des Übergangs von diesen zur Volksschule und deren Kooperation geschaffen werden. Dieser Plan liegt vor und macht deutlich, wie notwen­dig die Weiterführung des Ausbaus des institutionellen Kinderbetreuungsangebots ist.

Da mit der Abrechnung des Bundeszuschusses gemäß Artikel 14 der 15a-Vereinba­rung diese für die Länder außer Kraft tritt, und die festgeschriebenen Ziele noch nicht erreicht sind, erscheint die Fortführung der eingeleiteten Maßnahmen sinnvoll.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 419

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend, wird aufgefordert, mit den Ländern in Verhandlung zu treten, um eine Weiter­führung der bestehenden 15a Vereinbarung zum Ausbau des institutionellen Kinderbe­treuungsangebots im Jahr 2011 sicherzustellen, damit die Umsetzung der ursprünglich formulierten Ziele vollständig gewährleistet werden kann.“

[1] Presseaussendung Statistik Austria Februar 2010

[2] http://www.bifie.at/presseinformation-zur-sprachstandsfeststellung

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben jetzt noch zwei Redner der Fraktion des BZÖ, die sich zu Wort gemeldet haben, aber Ihre gesamte Redezeit für diesen Tagesordnungspunkt – die in der Präsidiale verein­bart wurde – ist zur Gänze konsumiert, sodass keine Restredezeit mehr übrig ist, und daher kann ich Sie gemäß allen Vereinbarungen nicht aufrufen. Es tut mir leid, aber das ist die Vereinbarung. (Abg. Ing. Westenthaler: Wir schenken es der Staatsse­kretärin!  Abg. Grosz: Wir sind ja nicht mehr in der Fernsehübertragung! Abg. Mag. Stadler: Es zählt die Geschäftsordnung, Herr Präsident!)

Wir haben für diesen Tagesordnungspunkt einen Präsidialbeschluss und auch eine Klub­direktorenvereinbarung mit der Festlegung der Redezeiten pro Tagesordnungsblock ge­habt, und die ist konsumiert. Diese war mit 41 Minuten für jede Fraktion vereinbart, und die ist entsprechend konsumiert.

Zur Geschäftsordnung hat sich Herr Abgeordneter Dolinschek zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.06.58

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsi­dent! Es ist für den ganzen Tag für unsere Fraktion eine Redezeit von 84 Minuten ver­einbart: in der Fernsehzeit 41 Minuten, und jetzt haben wir noch 43 Minuten zur Verfü­gung. Genau um das geht es: Wenn man jetzt außerhalb der Fernsehzeit, zu welchem Kapitel auch immer, spricht, so ist das in die Gesamtredezeit einzurechnen. (Beifall beim BZÖ. Abg. Ing. Westenthaler: So ist es!)

13.07


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege Dolinschek, da muss ich Ihnen recht ge­ben, es geht zulasten der Redezeit zu den anderen Tagesordnungspunkten, außerhalb der Fernsehzeit.

Dann rufe ich Herrn Abgeordneten Grosz auf. Wie viele Minuten soll ich Ihnen ein­stellen? – 3 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte. (Ruf beim BZÖ: Es geht ja doch, Herr Präsident!)

 


13.07.38

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Unsere Fraktion hätte die 41 Minuten gerne der Frau Staatssekretärin als Redezeit eingeräumt. – Selbst­verständlich, damit sie sich dem Haus erklären kann. Ich darf Ihnen, sehr geehrter Herr Bundesminister Mitterlehner, mitteilen, dass sich selbstverständlich auch die Frau Staats­sekretärin jetzt, unabhängig von Redezeitbeschränkungen in der ORF-Übertragungszeit, zu Wort melden kann.

Sie können jetzt 20, 30, 40 Minuten reden! – Und, Frau Staatssekretärin, das wollen wir auch von Ihnen, denn wie lange sind Sie jetzt Staatssekretärin? Eineinhalb, zwei Monate? (Staatssekretärin Mag. Remler: Nein!) Wenn Sie nicht einmal das wissen, dann wird es sehr gefährlich. (Abg. Ing. Westenthaler: Seit sie 15 000 € kriegt!) Sie sind


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 420

jetzt eineinhalb Monate Staatssekretärin, haben sechs bis sieben Mitarbeiter, schöne Räumlichkeiten, nehme ich an, im Wirtschaftsministerium am Stubenring – drei Räume, ein Sekretariat, ein Büro für den Kabinettchef –, bekommen das zweite Mal 15 000 €, haben jetzt anteilig auch schon das Weihnachtsgeld bekommen und haben eine üppi­ge Spesenpauschale von mehr als 1 000 € in Ihrer freien Kasse im Ministerkabinett für Lebensmitteleinkäufe zur Verfügung.

Ich nehme an, Sie haben sich schon in einigen sündteuren Broschüren Ihres Ministe­riums verewigt. Ich gehe auch davon aus, dass Sie sich schon einen Dienstwagen an­geschafft haben und dass bei den sieben, acht Mitarbeitern auch der Chauffeur mit ein­gerechnet ist. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Ing. Westenthaler.)

Das heißt, Sie, Frau Staatssekretärin, sind seit zirka zwei Monaten auf volle Regi­mentskosten beigeordnetes Hilfsorgan – laut Verfassung – eines Bundesministers und sind (Abg. Mag. Stadler: Wären!) für die Familien in diesem Land zuständig – und wenn mich jetzt nicht alles täuscht, verhandeln wir jetzt gerade in dieser Untergrup­pe 25 Familie und Jugend. Da werden wir ja wohl gnädigerweise, nachdem es so viel Aufregung der ÖVP zum Niveau gegeben hat, von Ihnen verlangen können, dass Sie sich bei diesem Kapitel endlich im Hohen Haus auch erklären und zu Wort melden! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Da helfen auch die netten Aktionen des Herrn Abgeordneten Strache nichts, der sagt: Nein, nein, Sie sind ja eh so arm!, und dieses Schleppentragen, das Sie gegenüber der Regierung tun, und auch die verzweifelten Rufe von SPÖ und ÖVP helfen nichts. (Abg. Mag. Stadler: Schleimspur!) Das, was wir in einem gelebten Parlamentarismus wollen, ist, dass Sie sich beim Kapitel Familie, wo es um tiefe Einschnitte in dem Land geht und auch um die Zukunft aller künftigen Generationen, endlich zu Wort melden und Ih­re Politik diesem Haus erklären! (Beifall beim BZÖ. Abg. Strache: Primitivität kann man nicht lernen, die hat man!)

Denn Sie und Ihre Politik, Sie gefährden die Zukunft! Ich versuche, es für die ÖVP zu erklären: Sie geben ja immer vor, der Landwirtschaft besonders affin zu sein. (Rufe beim BZÖ: FlyNiki!) Was macht ein Altbauer, wenn er seinen Hof übergibt? – Er über­gibt seinen Hof ordentlich an eine nachfolgende Generation.

Was aber machen Sie? – Sie sind kein Totengräber, sondern Sie brennen den Hof gleich nieder, damit ja für die künftigen Generationen nichts mehr zur Verfügung steht. (Zwischenruf des Abg. Petzner.) Sie belasten flächendeckend in allen Bereichen: Mi­neralölsteuer, Pendlerpauschale, Sie belasten in der Gesundheit, Sie belasten bei den Behinderten  anstatt dass Sie endlich hergehen und dieses Jahr 2009/2010, diese Wirtschaftskrise dazu nutzen, am Scheideweg einen anderen Weg einzuschlagen, näm­lich endlich eine umfassende Staats- und Verwaltungsreform zu starten, sodass wir in Zukunft Österreich leistbarer gestalten, dass wir es als sicheren Standort mit einer ho­hen Lebensqualität in Zukunft erhalten. Das machen Sie nicht. (Zwischenruf des Abg. Strache.)

Mich erinnert Ihre politische Aktion  und ich zitiere, Herr Präsident  an ein Zitat eines weststeirischen ÖVP-Bürgermeisters (Abg. Amon: Wer war es denn?), der gemeint hat: Wissen Sie, wie die ÖVP ist? Zuerst schneiden sie dir die Gurgel durch und dann sagen sie: wird schon aufhören zu bluten!

Genauso ist auch Ihre Politik. Zuerst ruinieren Sie mit diesem Budget die Zukunfts­chancen aller Menschen in dem Land, die Zukunftschancen der Familie, und dann sa­gen Sie: Ja, wird ja nicht so schlimm sein, wird schon aufhören zu bluten. Im Zwei­felsfall kassieren Sie 15 000 € Schweigegeld dafür, dass Sie sich nicht zu Wort mel­den, dafür, dass Sie zu den Familien schweigen, dafür, dass Sie nicht einmal die Gunst der Stunde nutzen und bei der Budgetdebatte das Wort ergreifen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 421

Frau Staatssekretärin, ich ersuche Sie jetzt wirklich eindringlich  Sie haben jetzt freie Redezeit , sich endlich zum Familienkapitel, zum Jugendkapitel, zu diesem Budget­kapitel zu äußern.  Ich danke Ihnen. (Beifall beim BZÖ. Abg. Ing. Westenthaler: Finden Sie das lustig auch noch? Ruf bei der SPÖ: Wer ist eigentlich der Sachwalter des Herrn Grosz?)

13.11


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner in dieser Debatte ist Herr Abgeordneter Markowitz zu seinem zweiten Redebeitrag zu Wort gemeldet. Wie viel Zeit soll ich Ihnen einstellen? (Abg. Markowitz – auf dem Weg zum Rednerpult –: Eine Minute!) 1 Minute Redezeit ist eingestellt. – Bitte.

 


13.12.04

Abgeordneter Stefan Markowitz (BZÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesregie­rung! Hohes Haus! Ich möchte einen Entschließungsantrag der Abgeordneten Marko­witz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Wertanpassung der Österreich Werbung einbringen.

Herr Minister, wir haben das ja schon im Ausschuss wunderbar debattiert, auch die PISA-Studie haben wir ja verfolgt und natürlich ausgerechnet. Wir werden Ihnen jetzt auflisten, was da jetzt quasi der Österreich Werbung entgeht – und natürlich auch der Wirtschaft und dem Tourismus et cetera. Sie bekommen das jetzt schriftlich. Wir wer­den es auch der SPÖ ziemlich leicht machen, es gibt nämlich einen Fünf-Parteien-An­trag – Herr Minister, sehen Sie – aus dem Jahr 2007, wo alle fünf Parteien unterschrie­ben haben.

Deswegen freue ich mich schon sehr auf die Abstimmung, die SPÖ war ja auch dabei.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend dringend notwendi­ge Erhöhung des Budgets der Österreich Werbung

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend wird aufgefordert, rechtzeitig in entsprechende Verhandlungen mit dem Bundesminister für Finanzen zu treten, um eine Erhöhung des Budgets der Österreich Werbung um jährlich 10 Millionen € ab 2012 zu gewährleisten sowie mittels Statutenänderung eine entsprechende Wertsicherung der Mitgliedsbeiträge sicherzustellen.“

*****

Vielen Dank! – Und ich freue mich über die Zustimmung. (Beifall beim BZÖ. – Ruf bei der SPÖ: Das war extrem dringlich!)

13.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend dringend notwendi­ge Erhöhung des Budgets der Österreich Werbung


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 422

eingebracht in der 91. Sitzung des Nationalrates, am 22. Dezember 2010 im Zuge der Debatte zu TOP 1, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.) (Unter­gliederung UG 40)

Österreich Werbung – Mittel werden durch Nichtanhebung weiter gekürzt!

Mit der im Regierungsprogramm festgeschriebenen Absicht, die Erhöhung der Mit­gliedsbeiträge für die Österreich Werbung in einem Gesamtkonzept nur zu prüfen, ver­abschiedete sich insbesondere die SPÖ von einer bereits in der letzten Gesetzge­bungsperiode in Form eines Antrages mitgetragenen konkreten Forderung nach Erhö­hung des Budgets für die Österreich Werbung um jährlich 10 Mio Euro ab 2008.

Daher ist es auch weiter nicht verwunderlich, dass die Mitgliedsbeiträge für die Öster­reich Werbung wie schon in den letzten Jahren auch im Jahr 2011 abermals mit 24,095 Mio Euro unverändert bleiben.

Unter Einrechnung inflatorischer Faktoren ist damit das Budget für die ÖW real massiv gesunken!!!!

„Die ÖW verliert von Jahr zu Jahr an Kaufkraft, wenn im Doppelbudget nicht endlich die längst notwendige Erhöhung um 10 Mio. Euro pro Jahr samt Wertsicherung be­schlossen wird", so Peer. 2010 wäre das zehnte Jahr in Folge ohne Wertanpassung, Österreichs Tourismuswerbung würde dann real mit beinahe 20 % weniger Budget auskommen müssen. "Da freut sich der Mitbewerb, gar keine Frage", so Schellhorn. (OTS0096/13.01.2009)

Bei einem Gesamtbudget der ÖW von rund 52 Mio Euro und jährlichen Ankünften von 33,3 Mio Ankünften sind das Ausgaben von 1,57 Euro je Gast und Jahr. Ein Gast gibt durchschnittlich 120 Euro pro Tag aus!!!

Auf Initiative des BZÖ gelang es, einen Entschließungsantrag einstimmig im Plenum des Nationalrates zu beschließen, mit dem man (Anm.: einzig möglicher Minimalkon­sens der Regierungsparteien) sicherstellt, dass der Wirtschaftsminister spätestens im Rahmen der nächsten Budgetverhandlungen (sprich: für 2011) in Abstimmung mit der Wirtschaftskammer Österreich in einem Gesamtkonzept eine Erhöhung der derzeitigen Mitgliedsbeiträge der Österreich Werbung (ÖW) prüfen wird.

Passiert ist jedoch weiterhin nichts!

Aus Sicht der unterfertigten Abgeordneten ist es absolut notwendig, dass die seit Jah­ren erhobene Forderung der Erhöhung des Budgets um 10 Mio. Euro pro Jahr sowie einer jährlichen Valorisierung des aufgestockten Budgets der Österreich Werbung end­lich umgesetzt wird.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend wird aufgefordert, rechtzeitig in entsprechende Verhandlungen mit dem Bundesminister für Finanzen zu treten, um eine Erhöhung des Budgets der Österreich Werbung um jährlich 10 Mio Euro ab 2012 zu gewährleisten sowie mittels Statutenänderung eine entsprechende Wertsicherung der Mitgliedsbeiträge sicherzustellen.“

*****

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 423

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Beratungen zu diesem Themenbereich sind somit erledigt. (Ruf beim BZÖ: Jetzt kommt die Frau Staatssekretärin, oder? Abg. Ing. Westenthaler: Treten Sie gleich wieder zurück! Weitere Rufe beim BZÖ: Werden Sie Geschäftsführerin bei Dol­ce & Gabbana! – Das für 15 000 €! Unfassbar!)

13.13.27UG 42: Land-, Forst- und Wasserwirtschaft

UG 43: Umwelt

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nun gelangen wir zu den Verhandlungen der Unter­gliederungen 42: Land-, Forst- und Wasserwirtschaft, sowie 43: Umwelt.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Jannach. Eingestellte Redezeit: 5 Minu­ten. – Bitte.

 


13.13.44

Abgeordneter Harald Jannach (FPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Es ist ja noch immer ihre freie Entscheidung, ob sie reden will oder nicht. Das steht ihr frei. Ich persönlich hätte mir auch gewünscht, dass sie etwas zu Familie und Jugend sagt. (Abg. Strache: Man muss sie nicht per­sönlich beleidigen!) Das ist richtig. Ja, man muss sich auch im Ton ... (Zwischenruf beim BZÖ.) Bussi, Bussi muss man nicht machen, aber wie gesagt, gewünscht hätten wir es uns. (Abg. Mag. Stadler: Schleimspur! Rufe und Gegenrufe zwischen Abge­ordneten von BZÖ und FPÖ.)

Wir bringen zum Kapitel Landwirtschaft einen Antrag der Abgeordneten Jannach, Linder, Doppler, Hackl, Riemer und weiterer Abgeordneter betreffend Einführung einer Förderobergrenze für land- und forstwirtschaftliche Betriebe auf 50 000 € pro Betrieb und Jahr aus dem Agrarbudget ein.

Ich trage diesen Antrag vor:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Jannach, Linder, Doppler, Hackl, Riemer und weiterer Abgeordnete

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der zuständige Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft werden aufgefordert, sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass eine Förderungsobergrenze von 50 000 € aus dem Agrarbud­get der EU und Österreich pro Jahr für land- und forstwirtschaftliche Betriebe einge­führt wird und es zu einer klaren Trennung zwischen den Unterstützungen für die akti­ven Bauern und den Förderungen für Industrie- und Handelsfirmen sowie öffentliche Körperschaften kommt und keine Förderungen für Industrie- und Handelsfirmen sowie öffentliche Körperschaften aus dem Agrarbudget der EU und Österreich ausbezahlt werden. Diese Förderungen aus dem Landwirtschaftbudget sollen nur mehr aktiven Bauern zukommen.“

*****

Wir bringen einen weiteren Entschließungsantrag betreffend Erhöhung der Beitrags­sätze in der Sozialversicherung der Bauern ein. Da hätten wir gerne eine Auskunft, auch vom Landwirtschaftsminister und vom Sozialminister, wie hoch die Beitragsbelas­tungen in Summe für die Landwirte im Jahr 2011 werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 424

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Jannach und weiterer Abgeordneter

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, auf sämtlichen Ebenen Verhandlungen aufzunehmen, um die durch das Budget 2011 verursachte Schlechterstellung der Bauern zu kompensieren.“

*****

Zum ersten Antrag – wir haben das schon gestern mit dem Sozialminister diskutiert –: Wir sehen nicht ein, warum bei Familien gespart werden soll, warum das Pflegegeld gekürzt werden soll, warum bei Behinderten gespart werden soll, wenn einzelne land­wirtschaftliche Großbetriebe massiv Förderungen kassieren – jenseits der 100 000 €.

Ich erspare mir heute, weil die Debatte jetzt schon drei Tage lang läuft, das Vorlesen dieser ganzen fürstlich-gräflichen Stiftungen, dieser Industriebetriebe, die Hunderttau­sende an Euro kassieren, während die kleinen Bauern auf der Strecke bleiben. Ich fra­ge mich auch Folgendes – und das frage ich auch den Landwirtschaftsminister –: Alle wissen mittlerweile, dass 4 000 oder 5 000 Bauern heuer keine AMA-Förderungen aus­bezahlt bekommen haben. Mich würde interessieren, ob ein Großbetrieb darunter ist, der diese Förderung auch nicht ausbezahlt bekommen hat. Wir können uns das nicht vorstellen. Das betrifft nur die kleinen Bauern, die werden nicht ausbezahlt. Kein einzi­ger Industrie- und Handelsbetrieb, keine einzige Landwirtschaftskammer hat diese För­derung heuer nicht erhalten. Alles in diesem Bereich ist ausbezahlt worden, aber den Bauern wird nichts ausbezahlt. Das verstehen wir nicht. (Ruf beim BZÖ: So ist es!)

Zur Sozialversicherung: Wir haben einen Antrag eingebracht und möchten vom Herrn Bundesminister einfach wissen, wie hoch die Belastungen sind. Es gibt ein internes Pa­pier, das vornehmlich Kollege Donabauer ausgearbeitet hat. Die Zusammenfassung die­ses Papiers lautet: Die Mehrbelastung durch die aufgezeigten Maßnahmen in Pensions-, Unfall- und Sozialversicherung für den kumulierten Budgetzeitraum 2011 bis 2014 be­trägt 260 Millionen €.

Wir wollen vom Herrn Bundesminister genau wissen, wie hoch die Belastungen tat­sächlich sein werden beziehungsweise ob dieses Papier stimmt und warum man die Landwirte darüber nicht informiert.

Frau Kollegin Brunner hat heute kritisiert, dass im Umweltbereich – für den auch der Herr Minister Berlakovich zuständig ist – wenig bis gar nichts passiert oder passieren soll. (Abg. Mag. Brunner: Null!) Wir haben uns natürlich die Umweltpolitik des Land­wirtschaftsministers angesehen und fanden außer ganzseitigen Inseraten in den Ta­geszeitungen, Sie erinnern sich (der Redner hält eine Kopie einer Zeitungsseite in die Höhe), in denen er sich selbst Fragen stellt, wenig. (Abg. Grosz: Flugberichte aus Pa­ris!) – Flugberichte, das übrigens auch.

Sie haben Elektroautos für Dienstwagen. Wie fährt es sich damit? Das Fahrgefühl ist großartig, sagt der Herr Minister. Wer immer noch glaubt, die Politik ist langsam und mühsam, irrt. An den Ampeln gewinne ich den Start, selbst wenn neben mir ein Por­sche steht. – Zitatende.

Das ist die Umweltpolitik à la Berlakovich. Dafür wird viel Geld ausgegeben, und in an­deren Bereichen fehlt das Geld für sinnvolle Maßnahmen im Umweltbereich. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.18



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 425

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Die beiden eingebrachten Entschließungsanträge sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Jannach, Linder, Doppler, Hackl, Riemer und weiterer Abgeordneter betreffend Einführung einer Förderobergrenze für land- und forstwirtschaftliche Betrie­be auf 50.000 Euro pro Betrieb und Jahr aus dem Agrarbudget der EU und Österreichs

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Bud­getausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung 42 - Land- Forst und Wasser­wirtschaft, in der 91. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 22. Dezember 2010

Die derzeitige Diskussion im Zuge der Budgetverhandlungen 2011 über die Gemeinsa­me Agrarpolitik (GAP) nach 2013, sollte zu einer gerechteren Verteilung der Agrarför­derungen auf die einzelnen land- und forstwirtschaftlichen Betriebe führen.

Grundsätzlich richtet sich die Höhe der Förderungen und Unterstützungen nach der Größe des Betriebes bzw. nach der Anzahl der am Hof gehaltenen Tiere.

Je mehr Fläche ein Betrieb bewirtschaftet bzw. je mehr Vieh gehalten werden, desto höher ist die Subvention.

Laut Transparenzdatenbank erhalten lediglich

798 Betriebe über 100.000 Euro (das sind 0,5 % der Betriebe)

3591 Betriebe zwischen 50.000 und 100.000 Euro (das sind 2,5 % der Betriebe)

20.361 Betriebe zwischen 20.000 und 50.000 Euro (das sind 14 % der Betriebe)

33.372 Betriebe zwischen 10.000 und 20.000 Euro (das sind 23 % der Betriebe)

30.255 Betriebe zwischen 5.000 und 10.000 Euro (das sind 21 % der Betriebe) und

56.738 Betriebe unter 5.000 Euro (das sind 39 % der Betriebe)

Diese Aufstellung zeigt schon deutlich die ungerechte Verteilung der Unterstützungen für die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe. Die Förderungen für land- und forstwirt­schaftliche Betriebe sollten sich daher nach der Anzahl der Arbeitskräfte am Bauernhof richten und es sollte zudem eine Förderobergrenze von 50.000 Euro pro Betrieb und Jahr eingeführt werden.

Zudem sollten Agrarförderungen den "echten Bauern" zugutekommen, d. h. Förderun­gen, die dem europäischen und österreichischen Agrarbudget zugerechnet werden, sollten ausschließlich bei den "echten Bauern" ankommen.

Derzeit sind es insbesondere die großen Industriefirmen und Handelsketten oder die öffentlichen Körperschaften, wie Kammern, Landesregierungen, Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammer und ähnliche, welche mehrere 100.000 Euro an Förderun­gen aus dem Agrarbudget kassieren.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 426

„Die Bundesregierung und insbesondere der zuständige Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft werden aufgefordert, sich auf EU-Ebene dafür ein zusetzen, dass eine Förderungsobergrenze von € 50.000,-- aus dem Agrar­budget der EU und Österreichs pro Jahr für land- und forstwirtschaftliche Betriebe ein­geführt wird und es zu einer klaren Trennung zwischen den Unterstützungen für die ak­tiven Bauern und den Förderungen für Industrie- und Handelsfirmen sowie öffentliche Körperschaften kommt und keine Förderungen für Industrie- und Handelsfirmen sowie öffentliche Körperschaften aus dem Agrarbudget der EU und Österreichs ausbezahlt werden. Diese Förderungen sollen nur mehr aktiven Bauern zukommen.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Jannach und weiterer Abgeordneter betreffend Erhöhung der Bei­tragssätze in der Sozialversicherung der Bauern

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung 42 – Land-, Forst- und Wasser­wirtschaft, in der 91. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 22. Dezember 2010

Inakzeptabel sind die im Budget der Regierung vorgesehenen Mehrbelastungen für die Bauern durch die Erhöhung der Beitragssätze in deren Sozialversicherung. Allein die vorgesehene Erhöhung des Beitragssatzes in der Pensionsversicherung von 15 % auf 16% innerhalb der nächsten vier Jahre bedeutet eine Mehrbelastung von 62,1 Mio. € für die Beitragszahler.

Die Bauern stehen schon jetzt unter massivem wirtschaftlichem Druck und die Zahl der Hof-Schließungen steigt. Nach dem dramatischen Einkommensminus von 28 % im Jahr 2009 sind die angedachten Belastungen nicht vertretbar.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, auf sämtlichen Ebenen Verhandlungen aufzunehmen, um die durch das Budget 2011 verursachte Schlechterstellung der Bauern zu kompensieren.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Auer. 4 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


13.18.26

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Jan­nach! Es ist durchaus lobenswert, wenn Sie meinen, es müsste bestimmte Obergren­zen geben. Darüber könnte man diskutieren. Aber einmal ganz im Ernst: Glauben Sie tatsächlich, dass Deutschland, als größter Nettozahler der Europäischen Union mit knapp 8,8 Milliarden €, bereit wäre, nur darüber zu reden – die 50 000 € Obergrenze in


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 427

der EU, bei ihren Großbetrieben –, dies zu akzeptieren? Herr Kollege Jannach, also seien Sie mir nicht böse, das ist zwar nett, das ist etwas für das Wirtshaus, aber in der Sache selber hilft uns das nicht weiter. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Zum Zweiten, meine Damen und Herren: Dem Minister Untätigkeit in der Umweltpolitik vorzuwerfen, grenzt schon ein bisschen an eine Zumutung. Seien Sie mir nicht böse, Österreich ist das europäische Musterland in der Umweltpolitik. Das sollten Sie auch einmal zur Kenntnis nehmen! Zeigen Sie mir ein zweites Land, wo so viel für nach­wachsende Energie, wo so viel im ÖPUL, im Umweltprogramm, gemacht wird wie in Österreich! (Abg. Mag. Brunner: Jedes andere europäische Land!) Zeigen Sie mir ein zweites Land in der Europäischen Union, dann können Sie sich mit uns auf eine sachli­che Debatte einigen. (Beifall bei der ÖVP.)

Landwirtschaft ist Wirtschaft am Land, hat einmal jemand gesagt. (Abg. Dr. Pirklhu­ber: Ja, der Jakob Auer!) Meine Damen und Herren, dem ist nichts hinzufügen, denn Tatsache ist – und seien wir doch ein bisschen stolz darauf –, dass die österreichi­schen Bäuerinnen und Bauern hervorragend produzieren: umweltgerecht, nachvollzieh­bar, bei Betriebsgrößen, die im internationalen Wettbewerb Miniaturausführungen sind, die im klimatischen Bereich Nachteile haben und unter sehr strengen – um nicht zu sa­gen strengsten – Tierschutzbestimmungen beste Qualität erzeugen.

Meine Damen und Herren, seien wir doch stolz darauf – ich habe das schon ausge­führt –: Das Umweltprogramm ÖPUL ist eine Meisterleistung in Europa. Trotz dieser her­vorragenden Fakten und erschwerenden Wirtschaftsweisen müssen sich die österrei­chischen Bauern dem Wettbewerb stellen, dem internationalen Wettbewerb!

Es war bemerkenswert: Im Agrarausschuss – also in der Budgetberatung zum Agrar­kapitel – gab es durchaus berechtigte Fragen über bestimmte Größenordnungen bei Schweinemastbetrieben, Zuchtbetrieben in der Steiermark. Da könnte man meinen, das seien riesige Betriebe. Wenn ich aber diese Broschüre hier sehe – 67 500 Stück –, muss ich sagen: Seien wir doch stolz, dass österreichische Firmen das Know-how dorthin lie­fern. (Der Redner hält eine Broschüre in die Höhe.) Oder in Schottland: 220 Kühe mit einer Milchproduktion von täglich 11 000 Litern. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) Mit diesem Wettbewerb, meine Damen und Herren, müssen wir täglich in Konkurrenz treten.

Oder: Hier kann man lesen, wie das Agrarbusiness zur Hochtechnologiebranche wird – Brasilien. Die führen uns auf dem Weltmarkt sozusagen an der Nase herum, und wir in Österreich glauben ständig, neue Kontrollen, neue Aufgaben, AGES-Gebühren und wei­tere Erschwernisse bewältigen zu müssen. Meine Damen und Herren! Das wird nicht möglich sein. Wir haben uns auch dem Wettbewerb zu stellen. (Neuerlicher Zwischen­ruf des Abg. Dr. Pirklhuber.)

Wenn ich dann immer noch vernehmen muss, dass gerade eine Kampagne gefahren wird, dass es ständig heißt, dass die Lebensmittel nicht mehr leistbar wären, obwohl man heute nachweisbar im Schnitt 12 Prozent braucht, dann darf ich einigen in Er­innerung rufen, wie sich die Entwicklung der Verbraucherpreise darstellt: Trinkmilch ist vom Jahr 1983 bis heuer um 6,3 Prozent billiger geworden, Butter um 20 Prozent, Em­mentaler um 19,4 Prozent. Wissen Sie, wie sich der Verbraucherpreisindex im gleichen Zeitraum entwickelt hat? – Ein Plus von 37 Prozent. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirkl­huber.)

Dann immer so zu tun, als ob sich die Produkte der Bauern preislich sozusagen unend­lich entwickeln würden, das ist schön langsam eine Zumutung. (Abg. Dr. Pirklhuber: Ja, wer verdient denn? Wer verdient daran? Wer verdient?)

Meine Damen und Herren! Jeder von Ihnen weiß, dass die Erlöse aus einigen Produkt­bereichen vor dem EU-Beitritt wesentlich höher waren – der Weizen, das Fleisch, ob


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 428

Rindfleisch oder Schweinefleisch, die Milch –; und jeder weiß, dass die Ausgleichszah­lungen nur die Abgeltung eines Teiles dieser Leistungen sind, die die Bauern erbrin­gen. (Abg. Dr. Pirklhuber: Ja sicher!) Ich habe kein Verständnis dafür, wenn ständig so getan wird, als würden die Bauern zur Preistreiberei beitragen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Pirklhuber und Kitzmüller.)

Meine Damen und Herren, wir sollten uns ein wenig darauf besinnen – und ich behaup­te, den Bauern steht auch eine faire Chance zu –, Produktionsbedingungen zu schaf­fen, die es ermöglichen, dass man auch produzieren kann. Manche meinen ja, man müsste noch schärfere Tierschutzbestimmungen haben. Ja, ich bekenne mich auch zum Tierschutz (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner), aber wer fragt denn, wie es je­nen geht – gerade Sie, Frau Kollegin Brunner –, die Tierhaltung zu betreiben haben? (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.)

Vor Kurzem ist eine alte Bäuerin tödlich verunglückt, weil eine Kuh ihr – leider – einen solchen Tritt versetzt hat, dass sie gestorben ist. Das ist dem österreichischen Fernse­hen keine Nachricht wert (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber), aber die Rettung ei­nes Entenpaars in einem deutschen Teich ist natürlich eine Meldung wert. Da fragt man sich dann, was an Werthaltung bei der Berichterstattung notwendig wäre.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, wirklich nachzudenken, wie Wirtschaft auf dem Lande auch in Zukunft funktionieren könnte. Es ist nicht möglich, weitere Bedingungen, weitere Erschwernisse, weitere Auflagen – Tiergesundheitsdienst, Tierseuchengesetz, Tierseuchenkassa, AGES-Gebühren und so weiter – zu ertragen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) Es ist die Grenze in diesem Bereich. Herr Kollege Pirklhuber, schreien Sie nicht so! Helfen Sie mit bei einer konstruktiven Lösung! (Abg. Dr. Pirklhuber: Schauen Sie sich doch selbst einmal in den Spiegel!) Das hilft den Bauern und Bäue­rinnen, aber nicht das blöde Geschrei, das hier ständig zu hören ist! (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Super!)

13.24


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Brunner. 7 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.24.36

Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (Grüne): Herr Präsident! Ich werde versu­chen, mich jetzt trotzdem auf meine Punkte zu konzentrieren, weil es nicht möglich ist, diese ganze Schizophrenie irgendwie aufzuwerten. (Ruf bei der ÖVP: Seien Sie vor­sichtig, was Sie sagen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wenn gesagt wird, wir seien Umweltmusterland und wir hätten hohe Tierschutzauflagen, aber es sei nicht mög­lich, mehr Auflagen zu erteilen, dann wundere ich mich schon. (Abg. Grillitsch: Was glauben Sie überhaupt? Schämen Sie sich! ... Sauerei! – Zwischenrufe des Abg. Amon.)

Dass Österreich im Umweltbereich noch halbwegs gut dasteht, sind ausschließlich Verdienste aus der Vergangenheit. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wir fallen im Umweltbereich überall zurück: bei der Müllvermeidung, in der Luftverschmutzung und beim Klimaschutz. (Abg. Grillitsch: Was glauben Sie ...?!)

Jetzt zu sagen, Österreich sei Vorbild im Klimaschutz – obwohl wir Klimaschutz­schlusslicht sind, Klimaschutz die Umweltfrage dieses Jahrhunderts ist, und Men­schen bereits sterben, weil wir so wirtschaften, wie wir es tun –, ist schon ziemlich ein Hohn, finde ich. (Abg. Grillitsch: Entschuldigen Sie sich! Entschuldigen Sie sich! Ent­schuldigen Sie sich!) – Nein! Ich habe es satt, dass jedem, der kritisiert, dass wir nicht mehr Umweltmusterland sind, vorgeworfen wird, quasi Nestbeschmutzer zu sein. (Rufe bei der ÖVP: Entschuldigen Sie sich für das, was Sie gesagt haben! Entschuldigen Sie sich für das, was Sie gesagt haben!) Das lasse ich mir wirklich nicht vorwerfen, weil es


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 429

mir sicher keinen Spaß macht, wenn ich international auf unsere miserable Umwelt­bilanz angesprochen werde. (Ruf bei der ÖVP: Frau Kollegin, entschuldigen Sie sich für das, was Sie gesagt haben!)

Mein Ziel ist es, dass Österreich wieder Umweltmusterland wird. (Ruf bei der ÖVP: Frau Kollegin, entschuldigen Sie sich für das, was Sie gesagt haben!) Herr Landwirt­schaftsminister, ich fordere von Ihnen, dass Sie endlich etwas tun, damit wir auch wie­der dorthin kommen. Wir können uns jetzt gern anschauen, wie das Umweltbudget ausschaut, das schaut nämlich genauso aus, wie auch die Situation ist. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wir haben nicht einmal ein eigenes Umweltministerium, und das spiegelt sich im Budget auch wider. (Beifall bei den Grünen. – Rufe bei der ÖVP: ... nicht in Ordnung! – Abg. Grillitsch: Haben Sie Anstand! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich bin jetzt am Wort! Wir können das nachher gerne ausdiskutieren. (Rufe bei der ÖVP: ... sehr ernster Vorwurf! – Abg. Grillitsch: Wenn Sie Anstand haben, entschuldi­gen Sie sich! – Ruf beim BZÖ: Geh, Herr Präsident ...!) – Kann ich ausreden, Herr Prä­sident? (Ruf: Bitte, der Vorwurf ...!)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe genau verfolgt, was Frau Kollegin Brunner gesagt hat. Sie hat niemandem eine Geis­teskrankheit vorgeworfen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie hat eine Politikart bezeich­net. (Abg. Grillitsch: Lassen Sie sich das Stenographische Protokoll kommen!) Ich werde mir auch das Protokoll beischaffen, um das noch einmal nachzulesen. Es kann ja auch sein, dass ich es nicht richtig gehört habe. (Abg. Grillitsch: Ich erwarte mir von Ihnen, dass Sie sich das Protokoll beschaffen!)

Persönlich habe ich aus dem jetzigen Moment heraus keinen direkten Angriff auf einen Mandatar der ÖVP gehört. Wir werden das aber nachprüfen.

Ich bitte, auch zur Kenntnis zu nehmen, wenn der eine oder andere Zwischenruf er­folgt, dass das jetzt wirklich wesentlich moderater ist als noch vor einer halben Stunde, und da jetzt nicht zu zimperlich zu sein, sondern einfach fortzusetzen mit der Rede. – Bitte. (Beifall bei der FPÖ.)

 


Abgeordnete Mag. Christiane Brunner (fortsetzend): Ich bin gerne jederzeit dazu be­reit, die Widersprüche in der Umweltpolitik zu diskutieren, auch mit dem Herrn Minister öffentlich, aber er entzieht beziehungsweise widersetzt sich leider jeder öffentlichen Dis­kussion. Ich gehe jetzt trotzdem meine Punkte durch, und möchte zuerst einmal auf die Altlastensanierung ... (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: ... öffentliche Diskus­sion!) – Ja, es ist öffentlich. Sie können mir jetzt in den Rücken keppeln, aber das wird öffentlich niemand mitkriegen. (Beifall bei den Grünen.)

Wir können uns gerne einmal treffen, damit wir auch einen Diskurs haben – jederzeit. (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: ... öffentliche Diskussion!) – Ja, okay, viel­leicht an die Kollegen vom ORF: Der Herr Minister ist gerne bereit, mit mir öffentlich zu diskutieren – dann kann man nämlich auch ein bisschen Argumente austauschen. (Ruf bei der ÖVP: Das wird eine Freude sein!) – Für mich auch, das können Sie mir glau­ben! (Abg. Grillitsch: Das wird dem Minister eine Freude sein!)

Noch einmal zur Altlastensanierung, dort ist gekürzt worden: 48 Millionen € gehen von der Sanierung der Altlasten in das öffentliche, in das allgemeine Budget. Dadurch wird die Sanierung von Altlasten ins nächste Jahrhundert verschoben, und das finde ich un­verantwortlich, auch was die Zukunft und die Sicherung der Umweltbedingungen in der Zukunft angeht.

Im Wesentlichen gibt es – Kollege Jannach hat es angesprochen – in der Umweltpolitik null Ambitionen, null Engagement. Die Umweltförderung, die das einzige Mittel ist, mit dem man wirklich positive Projekte fördern kann, wird nicht erhöht. Dafür gibt es Inves­


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titionen in Klimaschutzprojekte im Ausland – was nichts anderes ist als ein Freikau­fen – in der Höhe von 89 Millionen €. Mit diesen 89 Millionen € könnte man auch Klima­schutzmaßnahmen – zum Beispiel – in Österreich machen, um auch die Wertschöp­fung bei uns zu behalten. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.)

Natürlich sind Mittel für Eigenwerbung für den Herrn Minister vorgesehen. Das wird dann mit Bewusstseinsbildung gerechtfertigt. Ich finde, Umweltbewusstseinsbildung kann man auch machen, ohne dass Ihr Foto drauf ist. Das hat mit Umweltbildung nicht so viel zu tun.

Was für mich aber dem Fass den Boden ausschlägt – und ich habe mir schon mehr­mals gedacht in der Umweltpolitik, jetzt kann mich wirklich nichts mehr erschüttern, aber es ist immer wieder möglich (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler) –, das ist der Punkt, dass aus Ihrem Budget, aus dem Umweltbudget, mit dem Umweltschutzmaß­nahmen finanziert werden sollen, die Verschmutzung durch die Industrie finanziert wird.

Sie bezahlen den CO2-Ausstoß von – zum Beispiel – einem neuen Gaskraftwerk. Ich frage mich, wie das mit Ihrem Image als Mister Energieautarkie zusammengeht. (Bei­fall des Abg. Dr. Pirklhuber. – Ruf bei den Grünen: Das Image hat er eh nicht!) – Dem gewollten Image. 93 Millionen € an Steuergeldern zahlen Sie dafür, dass die Industrie CO2 ausstoßen darf – und das bei einer Klimabilanz, die jenseitig ist, und obwohl die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler noch 1 Milliarde € zahlen müssen für die Strafzah­lungen.

Sie werden sagen, das sei gesetzlich geregelt. Das stimmt. Aber ich an Ihrer Stelle würde aufschreien, so laut ich nur könnte (Abg. Dr. Pirklhuber: Endlich das Gesetz ändern!), damit ich nicht aus dem Umweltbudget Umweltverschmutzung bezahlen müss­te. (Zwischenruf bei den Grünen.) Das widerstrebt jedem. Ich habe vorhin den Herrn Wirtschaftsminister aufgefordert, in seinem Budget, im Wirtschaftsbudget, Mittel dafür vorzusehen, wenn das schon der Fall sein muss. Ich hätte mir erwartet, dass das von Ihnen kommt. Das haben Sie nicht gemacht.

Ich werde ganz sicher Initiativen setzen, dass das geändert wird, weil es das nicht sein kann. Das ist eine umweltpolitische Kapitulation, und ich denke, spätestens heute muss jedem klar sein, dass Österreich ein eigenständiges, starkes und engagiertes Umwelt­ministerium braucht. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.30


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Ab­geordneter Mag. Gaßner. 4 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Rädler: Sie wissen aber schon, dass !)

 


13.31.08

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! (Zwischenruf des Abg. Räd­ler.) – Herr Rädler, kann ich jetzt etwas sagen, oder wollen Sie? – Herr Bundesminis­ter! Herr Staatssekretär! Kollege Auer, eine Frage habe ich jetzt zu deiner einleitenden Aussage, dass die Deutschen nicht mitgehen würden, wenn wir Förderobergrenzen ein­zögen. Soweit ich weiß, sind Förderobergrenzen durchaus eine nationale Angelegen­heit. (Zwischenruf des Abg. Jakob Auer.) Das hat zumindest so auch der ehemalige Agrarkommissar Fischer behauptet (Rufe bei der ÖVP: Fischler!) –Fischler –, der ge­sagt hat, wir hätten in Österreich schon lange diese großen Zahlungen an Betriebe – an Industriebetriebe, an Großgrundbesitzer – kürzen können. (Abg. Huber: Unterstüt­zen Sie unseren Antrag!) Also ich glaube, das ist durchaus national möglich. (Zwi­schenruf des Abg. Grillitsch. – Abg. Öllinger: Die ÖVP kann halt nicht!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf den ersten Blick haben wir ein Landwirt­schaftsbudget vor uns liegen, das durchaus akzeptabel und für bestimmte Bereiche der Landwirtschaft erfreulich ist. So war auch der Jubel zu verstehen, der in den Reihen des


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Bauernbundes ausgebrochen ist, als das Landwirtschaftsbudget bekannt wurde. Man kann das in der „APA“ nachlesen. Das hat mich ein bisschen zur Vorsicht gemahnt und erhöhte Aufmerksamkeit von mir gefordert. (Abg. Dr. Pirklhuber: Zu Recht!)

Man muss nämlich eines bedenken: Zu diesen 2,140 Milliarden € Bundesvoranschlag für die Landwirtschaft kommen ja aus verschiedenen anderen Ressorts noch einige Milliönchen dazu. (Abg. Dr. Pirklhuber: Richtig!) Ich sage nur: Exporterstattung, Agrar­diesel aus dem Finanzministerium, bäuerliche Sozialversicherung aus dem Sozialmi­nisterium; die Hagelversicherung (Abg. Dr. Pirklhuber: Katastrophenschutz!) kommt von den Ländern, vom Finanzausgleich – also eine ganz schöne Latte. Und dazu kom­men noch die Förderungen der Länder und der Gemeinden. Diese 2,1 Milliarden € sind ja noch lange nicht alle Förderungen, die hier verbraucht beziehungsweise ausbezahlt werden.

Leider sind Kürzungen auch hier notwendig, wobei die stärksten Kürzungen bei den Maßnahmen für die ländliche Entwicklung vorgenommen werden, und dort wiederum bei Maßnahmen, die nicht rein Agrarförderungen betreffen. Das ist genau das Problem, auf das ich noch ganz kurz eingehen werde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der ländliche Raum – um den geht es ja in der ländlichen Entwicklung – ist nach unserer Ansicht Lebensraum für alle Menschen, die dort – unter Anführungszeichen – „noch“ wohnen, muss uns aber gerade im Hin­blick auf die kleineren und mittleren Landwirte und die kleinen und mittleren bäuerli­chen Betriebe ein Anliegen sein. Arbeitsplätze im ländlichen Raum, der Arbeitsplatz Bauernhof – eine unbedingte Notwendigkeit; die Verkehrsinfrastruktur im ländlichen Raum – eine unbedingte Notwendigkeit; Breitbandausbau, Bildung, Schulen et cetera, et cetera. All diese Bereiche sind zu beachten, wenn wir vom ländlichen Lebensraum reden, und immerhin wohnen und leben dort noch zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher.

Um aber den Arbeitsplatz Bauernhof erhalten zu können, wird es notwendig sein, doch einmal über das Fördersystem entschieden nachzudenken. Es kann nicht sein, dass wir all die kleineren und mittleren Betriebe dadurch vertreiben, an ihrer Arbeit hin­dern beziehungsweise zwingen, zuzusperren, weil die großen einfach zu viele Förde­rungen in Anspruch nehmen. Gerade die kleineren und mittleren landwirtschaftlichen Betriebe sind unsere wesentlichen Partner im ländlichen Raum. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, das ist nicht ein Hirngespinst von mir oder von uns in der Sozialdemokratie, sondern das hat sogar – ganz kurz zwar nur – der Herr Finanzminis­ter in seiner Budgetrede gesagt, als er gemeint hat – ich zitiere (Zwischenruf bei der FPÖ) –: „Wir haben hier“ – und er meinte den ländlichen Raum – „... Schwerpunkte bei der Finanzierung von Projekten in der Ländlichen Entwicklung gesetzt.“ – (Abg. Dr. Pirklhuber: ... kürzt er! ... kürzt er!) – Also, was wollen wir noch mehr? Wir neh­men doch den Herrn Finanzminister sehr ernst.

Im Regierungsprogramm – ich sagte das schon einmal an dieser Stelle – steht dezi­diert drinnen: „Die österreichische Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass der länd­liche Raum als Wirtschafts-, Arbeits- und Erholungsraum für alle Menschen aus der Stadt und aus dem Land erhalten bleibt.“ – Ja, wenn das unsere Zielsetzung ist, dass das Budget für die Landwirtschaft ein gutes ist, Herr Bundesminister (Beifall des Abg. Grillitsch), dann liegt es nur mehr an uns, an unserem Wollen. Tun wir es doch end­lich! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber. – Abg. Grillitsch: Und dass wir was gut machen ...!)


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13.36


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. 7 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


13.36.21

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Sehr geehrter Herr Flying-Niki-Minister! Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! (Abg. Dr. Pirklhuber: FlyNiki!) Dieses Bud­get ist einzig und allein mutlos, es ist phantasielos, es ist es normalerweise nicht ein­mal wert, dass man es kritisiert. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Aber, liebe Freunde der ÖVP und vor allem Kollege Gaßner, du hast den ehemaligen Kommissionär (Abg. Grillitsch: Kommissar! Nicht Kommissionär! – Ruf bei der ÖVP: Kommissar! Kommissionär ist ganz was anderes!) – ist er noch ÖVP-Mitglied? – zitiert.

Auf den Antrag vom BZÖ hat Herr Ex-Kommissar Fischler gesagt, er fordere alle Poli­tiker in Österreich dringendst auf, energisch dafür einzutreten, dass es zu dieser De­ckelung kommt. (Abg. Grillitsch: Was hat er kommissioniert?) Aber für euch ist das alles zum Lachen. Der Grillitsch kann da nur blöd reden (Zwischenrufe bei der ÖVP), ist zwar Bauernbundpräsident, verrät jeden Tag die Bauern, aber kann nichts anderes, als gescheit dazwischenzurufen. Bitte, das Interview mit Fischler ist einfach Faktum.

Meine Damen und Herren, alle Nettozahler in der EU – alle Nettozahler – wollen, dass das Agrarbudget gekürzt wird. Das wissen auch unsere Herren Bundesminister – der Herr Bankenminister gemeinsam mit unserem Flugminister. Sie wissen das ganz ge­nau. Wenn es zu solchen Kürzungen kommt, dann müssen wir heute handeln. Wir müs­sen heute dafür sorgen, dass die Förderungen der Industriellen, der ÖVP-Multimillionä­re und der Raiffeisen-Funktionäre gekürzt werden. (Abg. Grillitsch: Genau! Genau!) Schichten wir das um! (Beifall beim BZÖ.)

Das BZÖ hat ja schon den Antrag eingebracht, dass man diese Obergrenze auf 25 000 € kürzt. (Abg. Mag. Stadler: Wieso hört man da nichts mehr? Herr Präsident! Man hört nichts mehr!) So sichern wir den Arbeitsplatz Bauernhof ab. Lieber Kollege Gaßner, warum stimmt ihr da nicht mit? Das ist ja ganz einfach. Man kann auch über die Höhe reden. Das ist kein Problem. Man kann darüber reden, man kann über die Höhe reden. Wir müssen da umschichten, weil das ein Verrat am Bauernstand ist. Die Bauern wollen nicht länger Bittsteller der ÖVP sein. Die Bauern wollen von ihren Pro­dukten leben können, und wir haben die Rahmenbedingungen zu schaffen. Aber die Politik von unserem Herrn Bundesminister spricht ja für sich.

Die Zeitung „ÖSTERREICH“ von heute: Nichts als Selbstbeweihräucherung des Herrn Bundesministers! Ihr schlagt ja den Bauern ins Gesicht. Die Bauern zahlen Millionen. Jeder Bauer wird von der AMA versklavt, zahlt Marketingbeiträge. Und wer macht Wer­bung? – Der Herr Bundesminister macht Eigenwerbung, und die AMA tut nichts. (Zwi­schenruf des Abg. Grillitsch.) Die AMA kommt nicht einmal mit den Kontrollen nach. Das sind Fakten.

Herr Bundesminister, wenn wir jetzt nicht ernsthaft anfangen, eine Politik für den ländli­chen Raum, für die Bauern zu machen, dann richten wir Schäden in Milliardenhöhe an. Das versteht kein Mensch mehr.

Aus dem Ausschuss wissen wir genau – das haben Experten gesagt –: Wenn es das Milchkontingent so nicht mehr gibt und die Politik nicht reagiert, werden im ländlichen Raum alle Almen sterben. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Grillitsch.) Ihr werdet doch nicht glauben, dass irgendein Bauer im Zillertal noch Milch auf der Alm produ­ziert! Wer zahlt denn diese Milliardenschäden für den Tourismus? Darüber denkt ihr ja überhaupt nicht nach.

Vergleichen wir einmal EU-Länder, vergleichen wir Italien, Deutschland und Österreich. Vergleichen wir einmal die Genossenschaften: Wo es 60 Jahre lang Raiffeisen-Genos­senschaften gegeben hat, sind die Bauern finanziell am Ende und versklavt – das ist die Wahrheit! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)


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Ihr habt immer gepredigt: Wir brauchen große Molkereien, kleine sind nicht sinnvoll zu führen. – Ich bringe euch jetzt ein Beispiel. In Cussignacco – das ist bei Udine, 120 Ki­lometer von Lienz entfernt – gibt es eine private Genossenschaft mit 17 Mitgliedern. Die­se 17 Mitglieder haben heute einen Milchpreis von 1,20 €, und es wurden im Jahr 2009 noch 17 000 € Gewinn an die Mitglieder verteilt! In Österreich wird der Gewinn genau­so gemacht, nur müssen sich hier hunderttausende Bauern schinden, damit Raiffeisen seine großen Gewinne machen kann. Da braucht es eine Befreiung, da braucht es eine Umschichtung! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Immer wieder wird gesagt, die Opposition hätte keine Vorschläge. Bitte, wir vom BZÖ haben so viele Vorschläge gemacht! Gehen wir es einmal an: Machen wir aus dem Landwirt einen Unternehmer! Der Landwirt will nicht, dass 81 Prozent der Sozialversi­cherungsbeiträge vom Bankenminister Pröll zugezahlt werden müssen. Nein, erheben wir das Einkommen der Bauern! Der Bauer ist reif, der Bauer hat damit kein Problem. Aber schaffen wir dann auch die Grundsteuer ab, denn wir können nicht die leistungs­fähige Gesellschaft bestrafen. Die Grundsteuer gehört weg! Das betrifft jeden Häusel­bauer, das betrifft jeden. Ermitteln wir dann die Einkommen, die Bauern werden kein Problem damit haben. Herr Kollege Donabauer wird vielleicht keinen Chauffeur mehr haben, aber der Bauer hat kein Problem, seinen Sozialversicherungsbeitrag vom Ein­kommen zu bezahlen.

Wir müssen auch endlich damit aufhören, den Industriellen, den Millionären die Stüt­zungen hinten hineinzuschieben. Nehmt euch ein Beispiel an der Schweiz! An der Schweiz kann man es genau sehen: Dort sind 97 Prozent der Bauern Mitglieder der Landwirtschaftskammer, aber es gibt keine Pflichtmitgliedschaft. (Abg. Hornek: Nicht so aggressiv!) Die Schweiz hat es eingeführt, dass die Bauern buchhaltungspflichtig sind, dass sie das Einkommen ermitteln müssen. Die Bauern haben nichts dagegen! Wenn man es richtig macht, dann schafft auch die Politik die Rahmenbedingungen, dass der Landwirt von seinem Produkt leben kann und somit in der Existenz gesichert ist.

Oder: Allein in Tirol haben wir 25 000 Stalllöcher – warum machen wir da nicht Photo­voltaikanlagen drauf? (Abg. Dr. Pirklhuber: Das ist richtig!) Warum gehen wir nicht her und sagen: Nicht die TIWAG soll Millionen kassieren, damit die ÖVP Wahlkämpfe mit Millionen der TIWAG gesponsert führen kann, sondern der Bauer soll profitieren!? Wa­rum machen wir das nicht? (Abg. Dr. Pirklhuber: Da hast du recht!)

Man sagt nicht: Wir stehen zur Familie, wir stehen zum Bauern! (Beifall bei BZÖ und Grünen.) Aber mit diesem Verrat wird jetzt der Bauer munter! Der Bauer will nicht mehr von der Raiffeisenbank allein abhängig sein. Er will frei sein, und er will von seinem Pro­dukt leben. (Zwischenruf des Abg. Jakob Auer.)

Wir haben so viele sinnvolle Anträge eingebracht, aber ihr stimmt sie einfach weg! Ihr stimmt alles weg, oder ihr vertagt es. Stimmt zu, dass wir aus dem Landwirt einen Un­ternehmer machen, dass die AMA endlich reformiert wird, dass die AMA hergeht und ein richtiges Produktmarketing macht, und zwar europaweit! Hören wir mit der Gen­technik auf! Dann wird Österreich der Feinkostladen Europas, und die Bauern pro­fitieren. Die Bauern profitieren – vielleicht nicht mehr so sehr Raiffeisen, weil am gro­ßen Import Raiffeisen der Hauptverdiener ist.

Aus diesem Grund und weil da jetzt so viele Gefahren sind, ist es mir auch wichtig, hier einen Entschließungsantrag betreffend Kompensierung der Bundesmittelkürzungen im Bereich der ländlichen Entwicklung einzubringen. Jeder weiß, dass 78 Prozent un­serer Bevölkerung im ländlichen Raum leben, und anstatt umzuschichten, kürzt ihr da die Mittel. Der Antrag lautet:

„Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 434

‚Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der Maß­nahmen für eine Kompensierung der nationalen Kürzungen im Bereich Ländliche Ent­wicklung vorsieht.‘“

*****

Stimmt diesem Antrag zu und hört mit den polemischen Zwischenrufen auf! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Huber – beim Verlassen des Rednerpultes –: Da hat einer seine Re­de lassen!)

13.44


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gerhard Huber, Dr. Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kompensierung der Bundesmittelkürzungen im Bereich „Ländliche Entwicklung“,

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesfinanzgesetz 2011 (1044 d.B) (UG 42 Land- und Forstwirtschaft).

Der ländliche Raum hat in Österreich überdurchschnittlich große Bedeutung. Rund 78 % der österreichischen Bevölkerung leben in Regionen, die man im weitesten Sinne als ländlich bezeichnen kann. Aber nicht nur aufgrund seiner Flächenausdehnung son­dern auch bezüglich seiner Funktion als Siedlungs-, Wirtschafts- und Erholungsraum ist der ländliche Raum für Österreich enorm wichtig.

Die Mittel die den österreichischen Bäuerinnen und Bauern von der EU im Bereich der Marktorganisation und der Direktzahlungen zur Verfügung gestellt werden sinken und verschärfen deren existentielle Situation weiterhin.

Im Bereich der „Ländlichen Entwicklung“ werden die EU-Mittel ebenfalls gesenkt, aber noch zusätzlich von Seiten des Bundes im Budget 2011 um weitere 23,9 Mio. Euro ge­kürzt.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigen Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der Maß­nahmen für eine Kompensierung der nationalen Kürzungen im Bereich Ländliche Ent­wicklung vorsieht.“

*****

13.44.40

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege Huber! Für die Behauptung „Der Abge­ordnete Grillitsch kann da nur blöd reden“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Abg. Mag. Gaßner: Ist ja eine Sauerei!)

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 435

13.45.03

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Agrar- und Umweltbereich leistet ebenfalls seinen Beitrag zur Budgetsanierung. Auch diese beiden Sektoren unterstützen den allgemeinen Pfad ei­nes sanierten Staatshaushaltes und leisten ihren Beitrag dazu. Gleichzeitig wird aber sichergestellt, dass die Bauernzahlungen gesichert sind, dass der Klimaschutz ausge­baut wird, dass die erneuerbaren Energien ausgebaut werden, dass der Schutz vor Naturgefahren, beispielsweise Hochwässern, nicht gekürzt, sondern weiterhin ausfinan­ziert wird, und gleichzeitig werden Einsparungspotenziale gehoben.

Die Budgets im Agrar- und Umweltbereich sind Budgets der Verlässlichkeit und gleich­zeitig auch der Zukunftssicherung. (Abg. Huber: Machen, nicht schön reden!) Die Ein­sparungspotenziale betreffen im Ressort die Verwaltung, die Nutzung von Synergien aus den verschiedensten Bereichen, und so darf ich im Einzelnen auf die Kapitel ein­gehen.

Entgegen den Behauptungen mancher Vorredner ist die österreichische Landwirtschaft gut aufgestellt, wenn man es international betrachtet. Sie müssen sich nur objektiv die Zahlen ansehen. Wir sind auf einem richtigen Weg und werden für diesen Weg in ganz Europa gelobt.

Im Zuge der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik ab 2014 – wo es darum geht: geht unsere Landwirtschaft in Europa jetzt in Richtung einer industrialisierten Massenpro­duktion oder in Richtung eines nachhaltigen, ökologischen Weges, den wir in Öster­reich gehen und auch weiter gehen wollen? – stehen wir am Scheideweg. Diesen Weg haben wir jetzt eingeschlagen, und meiner Meinung nach ist das auch der richtige Weg für Europa: nachhaltig im Agrarbereich zu wirtschaften, nach ökologischen Gesichts­punkten, weil das auch die Gesellschaft von der Land- und Forstwirtschaft erwartet.

Diesen Weg haben wir eingeschlagen, und die Zahlen sind so: Wir sind Bio-Weltmeis­ter, kein einziger Staat in der Welt hat dermaßen viel Fläche biologisch bewirtschaftet wie Österreich. – Ich weiß nicht, was Sie da erheitert und warum Sie als Grüne konse­quent Österreich schlechtmachen. Ich verstehe das nicht. (Abg. Mag. Brunner: Wir machen es nicht schlecht!) Die objektiven Zahlen sagen, dass wir eine Ökofläche ha­ben wie niemand anderer, dass wir Umweltmusterland sind, und Sie gefallen sich in der Rolle des Schlechtmachens. Ich verstehe es nicht. Erklären Sie das den Österrei­chern und Österreicherinnen, ich verstehe es nicht! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenru­fe bei den Grünen.) Sorry, tut mir leid. (Abg. Dr. Pirklhuber: Sie machen es sich sehr leicht!)

Österreich ist Bio-Weltmeister. Wir haben eine der jüngsten Landwirtschaften der Euro­päischen Union – eine der jüngsten Landwirtschaften, Gott sei Dank bekennen sich junge Frauen und Männer dazu, im Agrarsektor tätig zu sein. Wir sind nach wie vor kleinstrukturiert und vielfältig. Hier wurden Staaten wie Deutschland und Holland zitiert, was die alles im Agrarbereich machen. Dort findet teilweise industrielle Landwirtschaft statt, nicht so wie bei uns im Alpenraum kleinstrukturiert und vielfältig. Wir sind Vor­reiter einer ökologisch orientierten, umweltgerechten Landwirtschaft. Und: Es wäre die heimische Land- und Forstwirtschaft ohne die Frauen undenkbar, weil die Hälfte der Betriebe von Frauen geführt wird. Auch dort ist dieser Sektor ein Vorzeigesektor, und diesen Weg wollen wir im Sinne der Gesellschaft weiter gehen.

Natürlich spielt die Einkommenssicherung eine Rolle. Das WIFO hat untersucht, was es bedeuten würde, wenn die Direktzahlungen für die Landwirte gekürzt oder einge­stellt werden würden. Wir würden die Hälfte der bäuerlichen Betriebe verlieren – im Berggebiet wären es 60 Prozent –, hunderttausend Arbeitsplätze in der Landwirtschaft plus weitere 23 000 Arbeitsplätze in den übrigen Sektoren im ländlichen Raum.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 436

Die Programme der ländlichen Entwicklung, das Agrarprogramm löst positive Effekte gerade im ländlichen Raum aus. Sie haben hier darüber geredet. Während in allen Re­gionen Europas – ich rede nur von Europa – die städtischen Bereiche stärker als der ländliche Raum wachsen, ist es nach dem WIFO in Österreich umgekehrt. Hier wächst der ländliche Raum sogar eine Spur besser als die städtischen Agglomerationen, ge­rade auch durch das Programm der ländlichen Entwicklung.

Daher muss man diese Dinge auch aufrechterhalten – da bin ich ganz bei Ihnen –, weil wir natürlich sehr dafür sind – ich bin dafür und unterstütze den Weg –, dass die Sek­toren Landwirtschaft, Wirtschaft, Gewerbe, Tourismus verzahnt arbeiten. Das ist in Wirk­lichkeit das Zauberwort dafür, dass wir auch einen lebensfähigen ländlichen Raum ha­ben, und natürlich genauso städtische Bereiche.

Die Landwirtschaft hat im Vorjahr, 2009, ein Einkommensminus von 28 Prozent ge­habt. Wir haben im heurigen Jahr wieder ein Einkommensplus, das aber diese Verluste niemals kompensiert. Daher war es mir ein Anliegen, dass man bei den Zahlungen der Bauern nicht kürzt. Das war die Herausforderung, die ich im Agrarbudget gehabt habe, denn es waren die EU-Mittel, die Gelder, die wir von der Europäischen Union bekom­men und an die Bauern in Form von Ökoprämien auszahlen, auch von den Kürzungen betroffen.

Das wäre der falsche Weg gewesen, denn hätten wir diese Mittel gekürzt, hätten wir Geld in Brüssel liegen lassen. Es war immer unsere Politik, dass wir jeden €, der in Brüssel liegt, auslösen und damit die Nettozahlerbilanz Österreichs verbessern. Das ist eine eindeutige Politik, das wurde gesichert. Gleichzeitig hätten wir Einkommen bei den Bauern gekürzt, Flächenprämien, wo sie Ökoleistungen vollbringen, und das wäre falsch gewesen. Es ist mir gelungen, das herauszuverhandeln, und das ist ganz wich­tig. (Beifall bei der ÖVP.)

Deswegen ist dieses Budget auch ein Budget der Verlässlichkeit, denn die Bauern sind im Umweltprogramm bei den Bergbauern ja mehrjährige Verpflichtungen eingegangen. Ein Biobauer hat sich beispielsweise für fünf Jahre verpflichtet, ökologisch zu wirt­schaften, der Staat hat ihm dann zugesichert, dass er für seine Leistungen einen Öko-Lohn bekommt, und das sind diese Prämien. Wenn jetzt der Staat sagt: Ich kürze dir das!, dann ist das ein Vertrauensbruch, und dies wäre dann eben nicht im Sinne der Verlässlichkeit. So aber ist diese jetzt gewährleistet.

Wir kürzen eben nicht bei den Umweltprogrammen, nicht bei der Bergbauernunterstüt­zung und auch nicht bei der Investförderung, da es ja in schwierigen Zeiten wirt­schaftsbelebend und notwendig ist, dass auch der land- und forstwirtschaftliche Sektor investiert. Trotzdem leistet die Landwirtschaft einen Beitrag zur Budgetsanierung, in­dem die Interessensvertretungen, die Landwirtschaftskammern, Kürzungen hinneh­men, die Verbände auch Kürzungen hinnehmen und wir diesen schwierigen Weg ge­meinsam gehen.

Ich danke den Interessensgruppen dafür, dass sie diesen Weg gemeinsam gehen. Es ist nicht einfach, wenn man hier Dinge umstrukturieren muss. Auch in der Agrarver­waltung wird gespart, auch die AMA wird gekürzt, um Einsparungspotenziale zu heben, und so weiter. Alles das soll bedeuten, dass wir einerseits neue Strukturen schaffen, die Strukturen überdenken, sie aktualisieren, sie modernisieren, gleichzeitig aber eine Dynamik im Agrarsektor in Richtung Lebensmittelproduktion und Lebensmittelsicher­heit haben, dass sich die Menschen in Österreich auch zu vernünftigen Preisen er­nähren können, dass die Ernährung auch in heimischen Regionen gesichert wird und dass trotzdem der Feinkostladen Österreich wahr wird, indem wir im Ausland, auf aus­ländischen Märkten, erfolgreich sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Das zum Agrarbereich, der durch die Produktion von erneuerbaren Energien und den Schutz der Umwelt natürlich den Schulterschluss zum Umweltbereich schafft, denn ich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 437

kürze nicht im Bereich des Klimaschutzes, nicht im Bereich der erneuerbaren Energien und auch nicht beim Schutz vor Naturgefahren. Wir haben im Gegenteil Offensivmaß­nahmen.

Durch die Ökologisierung des Steuersystems bekommen wir zusätzliche Gelder, die wir zum Beispiel in die thermische Sanierung investieren. Abgesehen von den Schulen und Universitäten wird es ab dem kommenden Jahr 100 Millionen € jährlich für die thermische Sanierung geben. Das ist ein klarer Klimaschutzbeitrag, durch den sich die Menschen bares Geld im Geldbörsel ersparen, weil sie eben weniger für Energiekos­ten ausgeben – ein wichtiger Punkt.

Darüber hinaus geht es um die Umweltförderung im Inland, die Klima- und Energie­modellregionen. Maßnahmen wie die Förderung der Elektromobilität in bestimmten Re­gionen, die wir auch ausweiten, bis hin zum „klima:aktiv“-Programm sind dafür verant­wortlich. Dass wir im Klimaschutz mehr machen müssen, ist unbestritten. Wir müssen beim Klimaschutz mehr machen, aber das, wogegen ich mich wende, ist, dass Sie kon­sequent Österreich schlechtreden, was die Umweltbedingungen angeht. Das verstehe ich nicht. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Brunner: Wir machen nicht Österreich schlecht! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.)

Das verstehe ich nicht, denn es ist objektiv so, dass Österreich ein Umweltmusterland ist, während andere Staaten ihre Klimaschutzziele erreichen, weil sie auf Atomkraft set­zen, Frankreich zum Beispiel. Deutschland verlängert jetzt die Laufzeiten der AKWs – Sie sind offensichtlich dafür, wenn Sie das sagen –, und damit erreicht Deutschland seine Klimaschutzziele. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Geh bitte! Halten Sie uns nicht für blöd! – Weitere Zwischenrufe.) Das ist doch ein Faktum! Österreich hat keine Atomkraft.

Österreich ist auch gentechnikfrei. Andere Staaten setzen auf die Gentechnik, wir tun das nicht. Meine Initiative wurde von der Kommission aufgegriffen, indem Kommissions­präsident Barroso sagt: Wir wollen, dass zukünftig Staaten wie Österreich ein Selbst­bestimmungsrecht des Nationalstaates haben. (Abg. Brosz: Welche Initiative meinen Sie?) – Wir wollen selbst entscheiden, was auf unseren Äckern passiert, und wir wollen gentechnikfrei bleiben. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich habe den Bio-Landwirtschaftsbereich erwähnt, wo wir Bio-Weltmeister sind. Wir ha­ben einen Spitzenplatz bei den erneuerbaren Energien. Wir haben Trinkwasserqualität unserer Seen. Die Menschen werden mit Trink- und Grundwasser in höchster Qualität versorgt. Wir sind beim Recycling von Abfall in Spitzenpositionen. Während andere Län­der alles deponieren, wird bei uns sehr viel wiederverwertet und der Rest energetisch genutzt.

Das heißt, wir haben Spitzenpositionen im Umweltbereich, die durch gemeinsame An­strengungen erreicht werden konnten. Es sind gemeinsame Anstrengungen, die unse­re Bevölkerung stolz machen können, da sehr vieles geleistet wurde und auch geleistet wird (Zwischenrufe bei den Grünen), weil der Klimawandel eine Bedrohung ist, aber der Klimaschutz Chancen bietet, indem wir Green Jobs schaffen, insbesondere auch für Frauen, hochqualifizierte Jobs in den Bereichen erneuerbare Energie und Bio-Land­wirtschaft, auch in der Umwelttechnologie, wo wir in Österreich Spitzenunternehmen im Bereich der Abfallwirtschaft, der Wasserversorgung und der Abwasserentsorgung ha­ben, wo wir im Inland technische Lösungen anbieten, aber sehr wohl auch im Ausland Antworten für die Welt haben, gerade im Zusammenhang mit dem Klimaschutz.

Dieses Budget unterstützt unsere Strategie. Ich lade Sie alle ein, dass wir diesen Weg der erfolgreichen Landwirtschaft gehen, eines energieautarken Österreichs, in dem wir damit Green Jobs schaffen und auch im Ausland erfolgreich sind, was den Umweltsek­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 438

tor anlangt. Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Ab­geordneten der SPÖ.)

13.55


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Schultes. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.55.16

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätztes Hohes Haus! 3 Minuten zum Thema Umwelt, das Fern­sehen überträgt auch nicht mehr, die Kollegen sind woanders: Ich verstehe, dass Frau Brunner unzufrieden ist. – Ich hätte gern, dass wenigstens sie mir jetzt zuhört, aber auch das ist mir nicht gestattet. (Abg. Grillitsch spricht mit Abg. Mag. Brunner. – Abg. Dr. Pirklhuber: Wenn doch Kollege Grillitsch ...! – Weitere Zwischenrufe.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben in Österreich eine erfreuliche Si­tuation. (Ruf bei der SPÖ: Da reden sie ein Mal miteinander!) Umweltmusterland – der Herr Bundesminister hat es deutlich ausgeführt. Unsere Umweltsprecherin von den Grünen sagt sogar wörtlich: dass Österreich „halbwegs gut dasteht“; ich bedanke mich sehr dafür. (Beifall bei der ÖVP.) Es ist das erste Mal, dass Sie uns wirklich gelobt haben. (Abg. Mag. Brunner: Nicht „uns“! Ich habe gesagt: Österreich! Sie verwechseln das!) Ja, dass Österreich „halbwegs gut dasteht“, ich bedanke mich sehr dafür.

Ich hätte mir gewünscht, dass Sie genau das auch gesagt hätten, als die europäische Klimaschutzkommissarin hier war. Bei diesem Gespräch haben Sie den Vorsitz ge­führt, und da haben Sie wieder ordentlich auf Österreich hingehaut. Das war sehr un­angenehm und traurig, aber so ist es eben. Im Ausland habe ich Sie leider schon oft dabei erlebt, wie Sie auf Österreich schimpfen. Das muss nicht sein, es ist aber leider ein Jammer.

Meine Damen und Herren! Österreich ist ein Umweltmusterland; wir haben aber viele Aufgaben zu lösen, das ist keine Frage. Im eigenen Bereich ist vieles gut gelungen: Wasser, Wald, Luft, da sind wir gar nicht so schlecht unterwegs. Natürlich ist eine Fra­ge offen, das betrifft Raumordnung und Flächenversiegelung. In der Frage rund um den Hochwasserschutz sehen wir, dass wir in Zukunft durchaus einige Themen aufzuarbei­ten haben.

Ganz sicher ist aber, dass Klimaschutz ein Thema ist, das wir in Österreich nicht mehr allein lösen können, und dass die wirklichen Fragen der Umwelt europäische oder gar internationale Fragen sind. Deswegen bin ich sehr froh darüber, dass sich unsere öster­reichischen Verhandler – auf der einen Seite die Beamten, in der Endphase auch unser Herr Bundesminister Berlakovich – in Cancún so bewährt haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich war voriges Jahr in Kopenhagen dabei und habe erlebt, wie trostlos die Diskussion eigentlich verlaufen ist. Die damalige Vorsitzführende ist heute Klimaschutzkommis­sarin für Europa – na ja! Aber in Cancún ist es besser gelaufen. Es hat wieder eine Perspektive gegeben, und damit ist etwas sehr wichtig geworden: Kyoto hat mögli­cherweise eine Anschlussperspektive. Nicht nur Europa wird sich für Klimaschutz ver­antwortlich fühlen, sondern ein weltweites Übereinkommen könnte die Grundlage der weiteren Maßnahmen sein.

Das wieder ist sehr wichtig, denn Klimaschutz bedeutet nichts anderes als die Reduk­tion der Verwendung fossiler Energieträger. Und fossile Energieträger, das heißt in Wirklichkeit: Das Öl sollte man möglichst sparsam einsetzen. Wenn man Öl sparsam einsetzt, dann wird man versuchen, gerade dort, wo die Menschen wenig Einkommen haben, Öl möglichst zu vermeiden.

Das heißt, auf Deutsch gesagt: Bei uns, bei den einfachen Leuten für das Heizen des Hauses und auch in den empfindlichen Ländern dieser Welt, in den Ländern mit wenig


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 439

Einkommen, wird man sehr rasch darauf umstellen müssen, dass man erneuerbare Energieträger als Basis der Wirtschaftsentwicklung zustande bringt. Denn nur dann werden die Menschen und die Länder die sicher kommenden Ölpreisanstiege aushal­ten.

Klimaschutz heißt nichts anderes, als unsere Wirtschaft und unsere Einkommen am Wachsen zu erhalten, und es heißt nichts anderes, als Wertschöpfung im Land zu halten. „Ländliche Entwicklung“ ist genau das. Und, Herr Kollege Gaßner, ich darf ei­nes sagen, wenn wir über ländliche Entwicklung reden: Vergessen Sie nie, das Rück­grat des ländlichen Raumes sind die Bauern! (Beifall bei der ÖVP.) Dort, wo es funk­tioniert, sind es die Bauern. Meine Damen und Herren, das wird immer so bleiben! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Gaßner: Danke, dass Sie mich zitiert haben! Genau das habe ich gesagt!)

13.58

13.58.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: An Frau Kollegin Brunner gerichtet Folgendes: Sie haben der ÖVP-Fraktion in der Gesamtheit ob des Politikfeldes Landwirtschaft „Schizo­phrenität“ vorgeworfen. (Abg. Brosz: Das stimmt aber so nicht!) Ich habe Einsicht in das Stenographische Protokoll genommen.

Da dies ein schwerwiegender Vorwurf einer Geisteskrankheit ist, wie Sie ja wissen, er­teile ich Ihnen für diese Behauptung einen Ordnungsruf und ersuche, künftig bei der Wortwahl etwas vorsichtiger zu sein. – Danke.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschrän­kung. – Bitte.

 


13.59.46

Abgeordneter Rupert Doppler (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr ge­schätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Die Belastungen in der bäuerlichen Sozial­versicherung, Streichung des Zuschusses für die Unfallversicherung, Beitragserhöhung in der Pensionsversicherung, Einsparung bei der Familienbeihilfe, das trifft vor allem die Bauernfamilien massiv, meine sehr geschätzten Damen und Herren, denn sie haben in der Regel mehr Kinder als andere Familien in Österreich.

Einkommensrückgänge von bis zu 28 Prozent bei den Bauern! Die Bürokratie blüht, die Auflagen und Vorschriften werden immer mehr. Kein Wunder, dass immer mehr Bau­ern aufhören und die Höfe verlassen, vor allem Nebenerwerbslandwirte, werden sie doch für das Arbeiten zusätzlich bestraft.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir alle erinnern uns noch sehr gut daran, wie ein gewisser Herr Landwirtschaftsminister Josef Pröll ein großes Versprechen für die Bauern abgegeben hat. Eine Verwaltungsvereinfachung im großen Stil wurde an­gekündigt. Nur: Wo ist sie geblieben? Sie wurde nie umgesetzt!

Als „Dank“ dafür bekommen die Bauern weniger Förderung beziehungsweise wird sie später ausbezahlt. Die Bauern werden es auf ihre Weise zu bewerten wissen, meine geschätzten Damen und Herren.

Ich bringe dazu folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Jannach, Linder, Doppler, Hackl, Riemer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berücksichtigung einer finanziellen Entschädigung für unsere Landwirte für den Verlust bereits bezahlter Milchkontingente im BFG 2011

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 440

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, im BFG 2011 Entschädigungszahlungen für bezahlte Milchkontingente zu berücksichtigen.“

*****

Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

14.01


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Jannach, Linder, Doppler, Hackl, Riemer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berücksichtigung einer finanziellen Entschädigung für unsere Landwirte für den Verlust bereits bezahlter Milchkontingente im BFG 2011

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung 42 – Land- Forst und Wasser­wirtschaft, in der 91. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 22. Dezember 2010

Die Milchquote läuft im Jahr 2015 unwiderruflich aus. Bereits bezahlte Milchkontingen­te werden daher ab diesem Zeitpunkt nicht mehr berücksichtigt. Diese „kalte Enteig­nung“ – dieser Diebstahl an bäuerlichem Eigentum – soll durch Entschädigungszahlun­gen seitens des Bundes an unsere Bauern abgegolten werden.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert im BFG 2011 Entschädigungszahlungen für bezahlte Milchkontingente zu berücksichtigen.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schopf. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.01.48

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ebenfalls zum Bereich Landwirtschaft: Es wird gespart, in Summe sind es ein bisschen über 500 Millionen €. Aber man muss fairerweise dazusagen, dass da ein großer Teil das Sozialressort betrifft. Mein Vorredner hat ja erwähnt, dass es beim Bundeszuschuss für die Unfallversicherung eine Streichung von immerhin 30 Millio­nen € pro Jahr gibt, bis zum Jahr 2014 ergibt das eine Gesamtsumme von 116 Millio­nen €.

Es wird auch – das möchte ich sehr kritisch anmerken – bei manchen Projekten im ländlichen Bereich gespart. Man versucht, da Einschränkungen vorzunehmen. Manche


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 441

Projekte sollen verschoben werden. Ich denke, dass das ein ganz entscheidender und wichtiger Punkt ist, weil die ländliche Entwicklung und der ländliche Raum, wie schon gesagt wurde, nicht nur für die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft und die Bauern sehr wichtig ist. Im ländlichen Bereich sind nicht nur Bauern zu Hause, das ist für die ge­samte Bevölkerung wichtig. Und da der ländliche Raum für die Sozialdemokratie von größter Bedeutung ist, ersuche ich Sie, Herr Minister, um besondere Vorsicht, was die Entwicklung des ländlichen Raumes betrifft. (Beifall bei der SPÖ.)

Erfreulich ist, meine Damen und Herren, dass es der Bundesregierung gemeinsam ge­lungen ist, im Bereich von Förderungen – insbesondere von der EU – zu erreichen, dass die Förderungen und die Ausgleichszahlungen bis zum Dezember 2013 gleich bleiben. Ich möchte aber erwähnen, dass wir doch größtes Interesse daran haben müssen, zu versuchen, die Förderungen gerechter zu verteilen. Dazu gibt es vor allem vom Kollegen Gaßner eine Reihe von sehr konstruktiven Vorschlägen. Diese Vor­schläge sollten wir bei den zukünftigen Diskussionen verstärkt berücksichtigen. – Dan­ke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.03


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. 7 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.04.10

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Am dritten Tag liegen die Nerven schon blank. Die Kollegen verlassen teilweise fluchtartig das Haus, weil die Diskussionskultur hier so ist, wie sie eben ist. Kollege Auer hat am Ende seiner Rede vom „blöden Ge­schrei“ gesprochen, das hier ständig gemacht werde. – Ja, Kritik zu hören, ist das eine, und wirklich aufzunehmen und auch zu verstehen, worum es geht, das andere.

Da bin ich bei Herrn Bundesminister Berlakovich. Herr Minister, es ist wirklich äußerst unangenehm und bedenklich, dass Sie keine Gelegenheit auslassen, um vom Regie­rungssitz herunter gegen die Opposition zu polemisieren. Nichts anderes ist das, was Sie tun. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Huber.)

Nichts anderes, wenn Sie sagen, wir würden uns im Schlechtmachen gefallen. – Was ist denn das Gegenteil von Schlechtmachen? – Schönreden, ist es das? Ist es das, wo­von Sie auch ablenken wollen, dass Sie vielleicht doch so manches schönreden? Und ist solch eine Geisteshaltung, der Opposition Schlechtreden vorzuwerfen und selbst al­les schönzureden, nicht irgendwie sehr nahe dem, was man als gespaltene Zunge be­zeichnet – oder, wie man im Volksmund sagt: Das ist ja eine völlig schizophrene Situa­tion, nämlich a zu sagen und b zu tun!? (Zwischenruf des Abg. Amon.) Ja, das sind die Probleme, vor denen die Menschen stehen, nämlich die Bäuerinnen und Bauern, die Konsumenten, die BürgerInnen in diesem Land, wenn Sie sagen: Alles ist im grünen Bereich. Die grünen Jobs ...

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege Pirklhuber, Sie haben es zwar wirklich elegant – das muss ich Ihnen zugestehen – „aufgedoppelt“, aber ich halte an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich fest: Bei aller politischer Gegensätzlichkeit, die wir ha­ben, ist der Vorwurf, bei dem eine andere politische Meinung als geisteskranke Haltung dargestellt wird, für mich an sich immer ein ordnungsrufverdächtiges Verhalten. Das werde ich auch in Zukunft so halten.

Auch wenn Sie es schön umschrieben haben, mit einer Parabel in diesem Fall, bitte ich Sie, zu berücksichtigen, dass man in einer Demokratie auch der Haltung anderer Men­schen Respekt entgegenbringt. – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Grosz.)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 442

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (fortsetzend): Herr Präsident! Selbstverständlich, gerne! Den Respekt zolle ich auch den Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, selbstverständlich auch dem Herrn Minister. Ich erwarte mir aber, dass Sie dasselbe auch dem Herrn Minister sagen. Denn genau dasselbe würde ich mir auch von Herrn Minister Berlakovich erwarten – und nicht diese Art von Polemik vonseiten der Regierung. Darum geht es hier, um das klarzustellen. (Beifall bei den Grü­nen sowie des Abg. Huber.)

Da sind wir auch schon bei den Kernpunkten des Agrar- und Umweltbudgets. Letztlich wirft dieses Budget im Agrar- und Umweltbereich die Frage auf: Wer wird hier wirklich gefördert, wer wird hier wirklich geschützt, wer steht hier für grüne Jobs und wer steht hier für bäuerliche Arbeitsplätze? Diese Frage sollten wir sauber und ordentlich disku­tieren.

Da möchte ich noch einmal die Frage an den Minister stellen, wann er diese Debatte genutzt hat, um klarzulegen, wie das Agrarsystem gerechter, ökologischer und fairer wird. – Genau das hat Kommissar Cioloş in seinem Optionenpapier im November durchaus gemacht; und es wäre nur recht und billig, dass der Minister die Möglichkeit nutzt (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich), in diesem Bud­get ganz klar seine Position zu vertreten. Das Expertenhearing, das Sie nennen, Herr Bundesminister, haben wir als Parlamentarier durchgesetzt. Da haben wir unsere Ex­perten von den Fraktionen genannt, jawohl, das haben wir gemacht. Die ÖVP hat sich auch ihrer Experten bedient, richtig.

Aber: Sie haben uns im Budgetausschuss neuerlich eine klare Botschaft gegeben. Sie haben gesagt: Die maximale Obergrenze, die Sie sich im Agrarbereich vorstellen kön­nen, liegt bei 800 000 €. Herr Bundesminister, das ist ein Hohn – ein Hohn!  für alle Bäuerinnen und Bauern, die tagtäglich ihre Arbeit machen, unsere Kulturlandschaft be­wirtschaften, Lebensmittel erzeugen.

800 000 € Obergrenze, die Sie sich vorstellen können! Was ist denn das, wenn wir das auf europäischer Ebene fordern? – Das ist eine Bankrotterklärung für eine Politik, die nicht für kleinbäuerliche Betriebe einsteht, sondern für eine Handvoll großer Agrarkon­zerne oder Agrarbetriebe in Österreich! Für Gutsbetriebe und Großindustrielle – das ist es! –, für die werfen Sie sich ins Feuer.

Das ist unglaublich! Durchschnittliches Einkommen – schauen wir uns das durch­schnittliche Einkommen in der Landwirtschaft an –: 19 000 €. Es ist absurd, davon zu sprechen, dass die Bäuerinnen und Bauern zu viel verdienen, wenn es im Durchschnitt 19 000 € sind! Und von diesen landwirtschaftlichen Einkommen – auch das will keiner hören von der ÖVP – sind bereits 92 Prozent landwirtschaftliche Förderungen! (Zwi­schenruf des Abg. Eßl.) – Ja, richtig, das muss man diskutieren, Kollege Eßl. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Das muss man diskutieren und klarlegen, was das heißt: Das heißt, dass die Bäuerin­nen und Bauern fast zum Nulltarif Lebensmittel produzieren und damit letztlich der In­dustrie billige Rohstoffe liefern. Ist das noch okay? Ich als Bäuerinnen- und Bauernver­treter finde es katastrophal, wenn ein Wirtschaftssektor so behandelt wird, dass seine Rohstoffproduktion, seine Lebensmittelproduktion eigentlich nicht mehr bezahlt wird, so­dass wir das eigentlich nur mehr über Fördermittel ausgleichen können.

Und dann die Großen zu schützen, die mehr als 800 000 €, die Milliarden in Europa derzeit bekommen! Denn nur 14 Prozent der Betriebe innerhalb der Europäischen Uni­on bekommen 80 Prozent der gesamten Fördermittel. Sie haben keine Aussage dazu gemacht, ob Sie endlich die Exportsubventionen abstellen wollen. Kollege Gaßner hat das zu Recht mokiert: Das sind Red Bull, Agrana und sonstige Fördernehmer, die gro­ßen Industriebetriebe, auch in Österreich, und die wollen Sie weiter schützen, die wer-den Sie weiter fördern. Das ist traurig.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 443

Andererseits gibt es – und das ist das Tragische – 4 500 Betriebe, die heuer erstmals keine Förderung bekommen, nichts ausbezahlt bekommen, keinen Cent bekommen vor Weihnachten, für die schmeißen Sie sich nicht in die Bresche! Das sind die betrof­fenen Bäuerinnen und Bauern, die jetzt vor Weihnachten keinen Cent am Konto haben und ihre Überbrückungskredite über die Raika finanzieren.

Diese Gutmenschenaktion, die Sie da gestartet haben, ist ein trauriges Kapitel für die Agrarpolitik. Wenn es uns nicht gelingt ... (Abg. Hornek: Ist ja unverschämt, was Sie da sagen!) – Ja, das ist traurig, Kollege Hornek. (Beifall bei den Grünen.)

Deswegen bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auszahlung der Fördergelder an alle landwirtschaftlichen Betriebe bis Ende 2010

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert,

1. zu veranlassen, dass die volle Auszahlung der Fördergelder für alle landwirtschaftli­chen Betriebe bis Jahresende 2010 stattfindet

2. durch entsprechende rechtliche Maßnahmen einen Rechtsanspruch auf Leistungs­abgeltungen für die bäuerlichen Betriebe herzustellen

3. eine unabhängige Schlichtungsstelle (Rechtsvertretung für Bäuerinnen und Bauern) bei der AMA einzurichten sowie

4. Transparenz bei der Auswahl der Kontrollbetriebe herzustellen.“

*****

Es steht der Verdacht im Raum, dass Sie gerade jene Betriebe bestrafen, die politisch aktiv sind (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Huber und Windholz), die sich vielfältig beschäftigen und divers arbeiten – das hat kürzlich auch Kollege Gaßner angemerkt –, und das gehört dringend angeschaut. Denn: Die Risikobewertung der AMA möchten wir endlich auf dem Tisch haben! Sie hätten genug Zeit gehabt, sie uns vorzulegen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Ruf bei der ÖVP: Herr Kollege Pirklhuber, einen konkreten Hinweis!)

14.12


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auszahlung der Fördergelder an alle landwirtschaftlichen Betriebe bis Ende 2010

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.)

Mitte November d. J. bekamen mehr als 4.000 landwirtschaftliche Betriebe die erste AMA-Mitteilung, dass sie die Leistungsabgeltungen für das Agrarumweltprogramm und die Bergbauernförderung erst vier Monate später ausbezahlt bekommen. Im Dezember


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 444

wurden dieselben Betriebe informiert, dass sie auch auf die Betriebsprämie bis Ende April warten müssen. Begründung: sie wurden heuer für eine Vor-Ort Kontrolle ausge­wählt und der Prüfbericht liege noch nicht vor.

Seit Beginn der neuen Programmperiode 2007 ist jedoch bekannt, welche Regelungen bei der Kontrollabwicklung einzuhalten sind. Minister Berlakovich behauptete am 28.11.2010 im ORF, es hätte 2010 eine Verschärfung von Seiten der EU gegeben und entschuldigt damit den Auszahlungsstopp an mehr als 4.000 Betriebe mit dem Hinweis, dass nicht sämtliche Prüfungen zur Beihilfefähigkeit dieser Anträge abgeschlossen seien und die Daten erst EDV-mäßig aufbereitet werden müssten. Damit schauen jene, die heuer für Kontrollen unter die Lupe genommen wurden, bei den Förderungs-Aus­zahlungen zunächst einmal durch die Finger.

Aufgabe der AMA wäre es gewesen, ihre Zeitpläne rechtzeitig anzupassen, um eine ordnungsgemäße Auszahlung an alle landwirtschaftlichen Betriebe, die keine offenen Sanktionen haben, sicherzustellen. Für die betroffenen Betriebe ist die Verspätung der Auszahlung existenzbedrohend, wenn man bedenkt, dass vom durchschnittlichen land­wirtschaftlichen Einkommen die Förderungen bereits mehr als 90 % ausmachen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert,

1. zu veranlassen, dass die volle Auszahlung der Fördergelder für alle landwirtschaftli­chen Betriebe bis Jahresende 2010 stattfindet

2. durch entsprechende rechtliche Maßnahmen einen Rechtsanspruch auf Leistungs­abgeltungen für die bäuerlichen Betriebe herzustellen

3. eine unabhängige Schlichtungsstelle (Rechtsvertretung für Bäuerinnen und Bauern) bei der AMA einzurichten sowie

4. Transparenz bei der Auswahl der Kontrollbetriebe herzustellen.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Höllerer. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


14.12.26

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Jetzt wieder weg von diesen unhaltbaren Verdächtigungen, die mit nichts be­gründbar sind, Herr Abgeordneter (Beifall bei der ÖVP), und weg von der unnötigen Polemik, die in der Landwirtschaft ebenfalls keinen Platz hat, wieder hin zu einer sachorientierten und objektiven Politik!

Das Gute gleich am Anfang: Mit dem Bundesvoranschlag 2011 sind ausreichend Mittel zur Finanzierung der Gemeinschaftsprogramme budgetiert und mit dem Grünen Pakt hat die österreichische Landwirtschaft ein Programm für die Entwicklung des ländlichen Raums für den Zeitraum 2007 bis 2013 in Umsetzung, auf das sie nicht nur stolz sein kann, sondern das auch die Einkommen der bäuerlichen Familien sichert.

Sie alle wissen, dass die Schwerpunkte – ich brauche sie hier wahrscheinlich nicht auf­zuzählen – wie AZ und ÖPUL, aber auch die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, der Lebensqualität, der Diversifizierung der ländlichen Wirtschaft sowie die Leaderpro­jekte für die Menschen im ländlichen Raum und insbesondere für die kleinstrukturierte österreichische Landwirtschaft unverzichtbar sind.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 445

Unverzichtbar ist das auch für die Frauenbetriebe, die zu den kleinsten in Österreich gehören. Wir haben heute schon gehört, dass 40 Prozent der Betriebe von Frauen ge­führt werden und dass zirka die Hälfte der Menschen, die in der Landwirtschaft arbei­ten, Frauen sind. Daher ist auch darauf zu achten, dass sie selbstverständlich an den Programmen und Projekten der ländlichen Entwicklung anteilig ihrer Berufsgruppe par­tizipieren können. 2011 sind für die ländliche Entwicklung insgesamt 1,079 Milliarden € an EU-, Bundes- und Landesmitteln budgetiert.

Im Kapitel Land-, Forst- und Wasserwirtschaft sieht der Bundesvoranschlag Mittel in der Höhe von 2,141 Milliarden € vor. Damit ist auch klar, dass im Agrarbereich so wie bei anderen Budgetkapiteln spürbare Einschnitte getätigt werden. Es zahlt sich aus – das möchte ich auch an meine Vorredner sagen –, sich mit den Einzelheiten auseinan­derzusetzen, sich die Details anzuschauen, dann werden Sie auch sehen, wo gespart wird: insbesondere bei der Verwaltung. Es ist unserem Bundesminister Niki Berlako­vich zu verdanken, dass es gelungen ist, die Leistungszahlungen für die Bäuerinnen und Bauern zu sichern.

Weniger erfreulich – auch das haben wir schon gehört – stellt sich der Bereich der so­zialen Absicherung für die bäuerlichen Familien dar. Wir wissen, dass jeder dritte Unfall in der Landwirtschaft stattfindet, dass es schwere Unfälle sind und dass es mit der Streichung des Bundeszuschusses in der Unfallversicherung in der Höhe von 30 Mil­lionen € notwendig wird, die Unfallversicherung neu zu überdenken.

Es ist natürlich angebracht, daran intensivst zu arbeiten, denn es ist auch notwendig, dass eine gute Unfallversicherung für die Bäuerinnen und Bauern auch künftig vorhan­den ist. Auch die schrittweise Erhöhung des Beitragssatzes in der Pensionsversiche­rung von 15 auf 16 Prozent wird für die bäuerlichen Familien eine Mehrbelastung von 60 Millionen € bringen – Tendenz sogar steigend. Im Gegenzug gibt es eine Absenkung des fiktiven Ausgedinges in diesem Zeitraum um 5 Prozent.

Das sind Maßnahmen, die die bäuerliche Berufsgruppe zu verkraften hat, das sind ge­waltige Herausforderungen. Aber wir wissen, dass im Sinne eines konsolidierten Zu­kunftsbudgets auch diese Maßnahmen bewältigt werden müssen. So wie die Landwirt­schaft das Rückgrat für den ländlichen Raum ist, so ist dieses Budget eben das Rück­grat für stabile zukünftige Finanzen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Spadiut. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.16.24

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Herr Minister, ich werde mich heute ganz dem Thema AMA wid­men. Sie werden, glaube ich, erraten, warum: Es geht um die verzögerten ÖPUL-Aus­zahlungen und die verzögerten Ausgleichszahlungen.

Diese sollen bei über 4 000 Bauern – ich glaube, es sind 4 700 – erst im Februar 2011 ausbezahlt werden. Diese Betriebe haben am 10. Dezember 2010 auch noch die Infor­mation erhalten, dass sie auf die Auszahlung der Betriebsprämien bis Ende April war­ten müssen. Herr Minister, dieser Zustand ist für die Bauern wirklich nicht tragbar, und die Schuld für diese Verzögerung liegt wohl eindeutig bei der AMA! (Beifall beim BZÖ.)

Die AMA hat ein Jahresbudget von 52 Millionen €, und von den 555 Mitarbeitern sind 131 als Kontrollorgane eingesetzt, für welche Kosten in der Höhe von 5,8 Millionen € aufgewendet werden. Ich denke, das zeigt eindeutig, dass sich die AMA von ihrer eigent­lichen Aufgabe, nämlich Marketingmaßnahmen zu setzen, landwirtschaftliche Produkte zu bewerben, Arbeitsmärkte zu erschließen, meilenweit entfernt hat.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 446

Zur Hauptaufgabe der AMA hat sich die Kontrolle der Bauern entwickelt – und das ist sehr, sehr verwerflich! Vorgaben für die Kontrollen sind 5 Prozent der Betriebe. Sagen wir, das sind hochgerechnet 10 000 Betriebe. Auf eine Anfrage von mir wurde mir mit­geteilt, dass im Jahr 2008 rund 20 000 Beanstandungen festgestellt wurden, die bei rund 14 000 Betrieben zu einer Rückforderung oder Kürzung der Auszahlung geführt haben.

Herr Minister, erklären Sie mir diese Zahl! Ich nehme nicht an, dass alle Betriebe Be­anstandungen zu verzeichnen hatten, also ist die kontrollierte Zahl um vieles höher. Da entsteht dann wohl der Eindruck, dass nur kontrolliert wird, um Geld zurückzufordern!

Dann kommt noch dazu, dass die AMA durch die unnötig große Zahl von Kontrollen in Verzug kommt, und die Leidtragenden sind dann die Bauern, die ewig lange auf ihr Geld warten müssen. Wenn man bedenkt, dass im Jahr 2008 von den Bauern 5,1 Mil­lionen € zurückgefordert wurden, kann man sich denken, warum kontrolliert wird. Wenn man auch weiß, dass die Personalkosten für die Kontrollorgane 5,8 Millionen € betra­gen, entsteht leicht der Eindruck, dass kontrolliert wird, damit sich die Kontrollorgane durch Sanktionen selbst finanzieren.

Das Geld der Europäischen Union für die Landwirtschaft wird spätestens am dritten Ar­beitstag des zweiten Monats, der dem Monat folgt, an dem die Auszahlung von der Zahlstelle getätigt wurde, überwiesen – diese Auskunft habe ich von der AMA. Das lässt den Eindruck entstehen, dass der Zahlungsmodus der EU die Auszahlungen an die Bauern heuer hinauszögert, um bei der AMA keinen negativen Jahresabschluss ausweisen zu müssen. Das wäre eine Möglichkeit. Tatsache ist, dass es da wirklich nicht mit rechten Dingen zugeht.

Ich habe ein E-Mail der neu gegründeten Plattform „AMA-Auszahlung“ bekommen, und hier sagen die betroffenen Bauern ganz eindeutig, dass sie sich durch Aufnahme von Überbrückungskrediten nicht in neue Abhängigkeiten begeben wollen. Das ist nachvoll­ziehbar, das ist legitim. Die Bauern haben Auflagen, dass es wirklich nur so kracht. Beinahe im monatlichen Takt werden neue Schikanen erfunden, das Geld kommt aber nicht einmal dann, wenn sie es brauchen. Wo bleiben da die Rechte der Bauern? Wa­rum lässt man ihnen nicht einen Sanktionenkatalog zukommen und veröffentlicht den?

Herr Minister, wie mit den Bauern umgegangen wird, ist eine Schande! Bitte beenden Sie die Vorgangsweise bei der AMA und bringen Sie die AMA in Ordnung, die sich da­rauf besinnen soll, dass sie für die Bauern und nicht gegen sie da zu sein hat. – Dan­ke. (Beifall beim BZÖ.)

14.20


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Sacher. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.20.45

Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Lieber Rest des Hohen Hauses, der diese Landwirtschaftsdebatte hoffentlich aufmerksam verfolgt! Lieber Kollege Schultes, liebe Anna Höllerer, ihr habt davon gesprochen, dass die Bau­ern das Rückgrat des ländlichen Raumes sind. (Abg. Ing. Schultes: Jawohl!) Ich darf das doch etwas anders auslegen: Ihr seid ein wichtiger Teil des ländlichen Raumes. Lei­der ist das Rückgrat durch die Agrarpolitik der letzten Jahre schon schwach geworden, sodass der ländliche Raum sehr gekrümmt daherkommt, sehr geehrte Damen und Her­ren. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen und des BZÖ. – Abg. Eßl: Sagen Sie das dem Kollegen Prähauser!)

Kollege Eßl, ich möchte das, was Kollege Gaßner, unser Agrarsprecher, vorhin schon gesagt hat, ganz dick unterstreichen: Es geht uns, wenn wir vom ländlichen Raum spre­chen, um mehr als nur Landwirtschaft, um mehr als nur Bauernschaft, es geht uns um


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 447

alle Menschen im ländlichen Raum, die im ländlichen Raum ihre Heimat sehen! Sehr geehrte Damen und Herren, ich kann das nur bestätigen. Ich vertrete das Waldviertel, ich komme aus dem Bezirk Krems, das ist der Bezirk mit dem niedrigsten Durch­schnittseinkommen in Niederösterreich. Und wenn wir nicht das gute Einkommensni­veau im industriellen und gewerblichen Bereich der Stadt Krems hätten, dann hätten wir auch eine sehr geringe Kaufkraft, was noch einmal der Landwirtschaft sehr scha­den würde.

Daher weiß ich, wie wichtig es ist, dass wir im ländlichen Raum und gerade in diesen schwachen Regionen investieren, und um deren positive Weiterentwicklung hat sich die SPÖ-Agrarfraktion im Ausschuss und in ihrem gesamten Tun sehr bemüht. Darü­ber hinaus bemühen wir uns um eine zeitgemäße Agrarpolitik und setzen uns sehr deutlich dafür ein. (Beifall bei der SPÖ.)

Wofür genau, sehr geehrte Damen und Herren? – Wir setzen uns ein für mehr Einkom­mensgerechtigkeit für die arbeitenden Menschen im bäuerlichen Betrieb. Wir setzen uns ein für eine Reform des Systems, das die Förderungen gerechter als bisher ver­teilen muss (Abg. Dr. Pirklhuber: Das finden wir gut!), das den Wert der Arbeitskraft höher ansetzt und als Maß nimmt und nicht die großen Flächen und die industriellen Produktionsformen! (Abg. Dr. Pirklhuber: Da haben Sie unsere Unterstützung! Tun Sie auch etwas!) Und wir treten auch für die Beseitigung einzementierter Regelungen ein, wie zum Beispiel Einheitswerte, die die Grundlage für viele längst überholte Leis­tungen sind.

Wir Sozialdemokraten wollen mit einer modernen Agrarpolitik eine Weiterentwicklung des ländlichen Raumes für alle Menschen vorantreiben, und wir wollen – das sage ich gerade als Waldviertler Vertreter – diese stellenweise oft wirklich dramatische Abwan­derung aus dem ländlichen Raum in das Positive umkehren. Daher setzen wir Sozial­demokraten uns für eine positive, moderne Agrarpolitik ein und haben wir auch verant­wortungsbewusst an diesem Agrarbudget mitgearbeitet und tragen es mit. Aber, offen gesagt, Herr Bundesminister: In etlichen Bereichen hätten wir uns vom Regierungs­partner und vor allem vom Bauernbund noch mehr Reformfreude und Effizienzsteige­rungen im System erwartet.

Ich möchte damit schließen, was ich draußen von vielen im ländlichen Raum und von den Bauern oft noch höre. 40 Jahre ist es her, dass Kreisky große Reformen für die Bauern gesetzt hat, und viele sagen: Das waren halt noch Zeiten, als der Kreisky für uns gute Reformen gemacht hat. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Amon: Davon lebt ihr heute noch! Auf die Zukunft! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

14.24


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Linder. 4 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


14.24.35

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen! Geschätzte Kollegen! Wir haben heute schon sehr oft gehört, wie schwierig die Situation in der Landwirtschaft ist. Es gibt Einkommensverluste, und ich habe schon einmal das Beispiel gebracht, das ich am eigenen Leib erlebt habe: Ich bin Landwirt seit 1989. Für den ersten Stier, den ich verkauft habe, habe ich umge­rechnet 4,54 € pro Kilo bekommen, heute bewegen wir uns in einer Größenordnung von 2,80 € bis 3 €.

Wir alle wissen auch, dass das nur über Förderungen ausgeglichen werden kann, dass es nur möglich ist, über diese Förderungen den Einkommensverlust wettzumachen, aber auch weiterhin der Bevölkerung vernünftige Lebensmittelpreise zu garantieren.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 448

Dass diese Förderungen auch irrsinnige Kontrollen nach sich ziehen, ist der nächste Wermutstropfen dabei. Hier sage ich ganz bewusst, diese Kontrollen sind teilweise so dramatisch, dass keine Finanzkontrolle, keine Steuerkontrolle, keine Kontrolle der Ge­bietskrankenkasse so schlimm sein kann, wie es eine AMA-Kontrolle ist. Aber auch das, glaube ich, nehmen viele Bauern noch hin.

Worin ich aber das große Problem für uns für die Zukunft sehe, ist, dass die Bauern zum einen in eine Spirale hineingedrückt werden – wachsen oder weichen –, dass sie Investitionsdruck haben und schauen müssen, ob sie investieren, größer werden – oder vielleicht auf der Strecke bleiben. Und es sind leider immer wieder die jungen Landwir­te, die von vornherein sagen: Ich sehe keine Perspektive, ich sehe keine Zukunft!

Da wäre es eine ganz wichtige Aufgabe, dass wir uns hier herinnen einmal im Klaren darüber werden, was wir wollen: Wollen wir weiterhin kleine Familienbetriebe erhalten oder geht unser Ziel Richtung industrialisierte Landwirtschaft?

Lieber Kollege Eßl, wenn ich an die letzte Landwirtschaftsausschusssitzung denke, in der du ganz klar gesagt hast: Wir müssen in den Gunstlagen die Milchkontingentierung aufrechterhalten!, muss ich sagen, ich denke, das ist kein Signal an die „entlegene“ Landwirtschaft, an die kleinen Betriebe. Wenn wir die erhalten wollen, müssen wir ver­suchen, die Kontingentierung in Form von einem Lieferrecht diesen Landwirten dort wei­terhin zuzugestehen. Oder aber wir gehen den Weg, zu sagen: hinein in die große Land­wirtschaft, möglichst große Betriebe – aber dann haben wir kein Rückgrat im ländlichen Gebiet mehr. Denn nicht die Landwirtschaft, sondern die Bauern mit ihren Familien sind das Rückgrat, das es zu stützen gilt. (Beifall bei der FPÖ.)

Abschließend zu unserer Forderung mit 50 000 € Förderobergrenze. Vielleicht hat Kol­lege Auer recht, wenn er sagt, dass das nicht durchsetzbar ist. Es ist eine plakative Forderung von uns, von der Freiheitlichen Partei, aber bitte denken wir darüber nach, welche Modelle es gibt, die Förderobergrenzen einzuziehen, vielleicht die Förderungen nach oben degressiv zu gestalten, um damit – und das ist meine große Hoffnung – den jungen Bauern heute schon garantieren zu können, dass sie mit einem gewissen Maß an Förderung auch in der nächsten Periode ab 2013 rechnen können.

Denn, lieber Herr Minister, vor Kurzem haben Sie einmal gesagt: Es wird schon irgend­wie weitergehen, wir wissen noch nicht wie, aber es ist auch nach 2007 weitergegan­gen! – Ich glaube, das ist keine Ansage, die den jungen Leuten die Garantie gibt, dass sie wissen, dass sie in der Landwirtschaft bleiben können und mit einem bestimmten Maß an Einkommen rechnen können.

Deshalb: Denken wir darüber nach, die großen Einkommen – 600 000, 700 000, 800 000 € – zu kürzen und zu versuchen, den kleineren Betrieben wirklich Perspekti­ven und Garantien zu geben, damit sie wissen, dass sie mit einer Größenordnung von 10 000, 15 000, 20 000 € in Zukunft rechnen können. Dann, glaube ich, wird es uns ge­lingen, junge Leute in der Landwirtschaft zu halten und das von euch viel gerühmte Rückgrat in Form von Bauern und bäuerlichen Familien wirklich zu stützen und zu er­halten. (Beifall bei der FPÖ.)

14.28


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Eßl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 449

 


14.28.47

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine ge­schätzten Damen und Herren! Selbstverständlich sind die Bäuerinnen und Bauern das Rückgrat des ländlichen Raumes, die Bauern und Bäuerinnen sind unverzichtbar. Da­rum werden wir sie auch in der Zukunft bestens unterstützen müssen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Grosz: Wo ist der Grillitsch? Warum spricht der Grillitsch nicht?)

Ich sage auch noch eines zur Kritik an der Agrarpolitik, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen, Herr Kollege Sacher, Herr Kollege Linder. Wenn wir nicht eine solch gu­te Agrarpolitik in den letzten Jahren gemacht hätten, dann wäre die Hälfte der Bauern, die heute da sind, nicht mehr da. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Vergleichen Sie bitte mit den anderen Ländern in Europa! Bayern ist noch ein Land, das uns am ehesten entgegenkommt, aber in Bayern gibt es, umgelegt auf die Fläche und auf die Einwohnerzahl, nur halb so viele Bauern wie bei uns. Es gibt 80 000 Bau­ern in ganz Bayern, in Österreich gibt es 180 000 Bauern. Das zeigt, dass unsere Poli­tik, mit der wir die kleinen bäuerlichen Familienbetriebe unterstützt haben, auch gewirkt hat. Und das wollen wir auch in der Zukunft tun. (Beifall bei der ÖVP.)

Dazu ist es notwendig, dass wir tatsächlich im Budget entsprechend Vorsorge treffen, dass man die Bauern nicht behindert. Kollege Linder, was wäre denn das für eine Lö­sung, wenn ich in den Gunstlagen in der Produktion alles freigebe und die Bergbauern oben mit irgendwelchen Kontingenten binde? Das wäre ja komplett widersinnig und kontraproduktiv. Damit würde ich ja nur die Gunstlagen entsprechend fördern. (Abg. Lin­der: Nicht binden! Ein Lieferrecht sollen sie haben!)

So glaube ich auch, dass es halbwegs vernünftig gelungen ist, das Agrarbudget für das Jahr 2011 zu gestalten, mit dem die Bäuerinnen und die Bauern auch leben können. Ich sage auch anmerkend dazu, ein Wermutstropfen ist es schon, dass wir Belastun­gen im Sozialbereich hinnehmen müssen. Ein Wermutstropfen ist es schon, dass beim Koalitionspartner über sogenannte Ernährungssicherungsbeiträge nachgedacht wird, die die Bauern zu liefern hätten. Die Bauern liefern die Ernährungssicherheit mit den guten Produkten, die sie erzeugen, und nicht mit Beträgen, die sie irgendwo in irgend­welche Fonds und Kassen einzahlen.

Ich darf auch anmerken, dass es mich nicht freut, dass man über einen Tierseuchen­fonds in dieser Form nachdenkt. Man kann über Tierseuchenfonds nachdenken, aber nicht darüber, dass die Bauern ihn finanzieren sollten. Tiergesundheit, Seuchenbekämp­fung sind Aufgabe des Bundes, und da hat der Bundesminister zu schauen, woher er das Geld bekommt, aber nicht von den Bäuerinnen und von den Bauern. Das möchte ich ganz kategorisch ablehnen. (Beifall des Abg. Hörl.)

In Summe darf ich feststellen, dass der Budgetentwurf, was die Landwirtschaft betrifft, akzeptabel ist, und bitte darum, dass man dem zustimmt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Wann spricht der Grillitsch?)

14.31


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schönpass. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.32.00

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Ich finde es etwas traurig, dass der Bauernbundpräsident Grillitsch bei der Ag­rardebatte nicht anwesend ist. (Beifall bei SPÖ und BZÖ.)

Nichtsdestotrotz: Mit dem vorliegenden Budget wird die Kontinuität der Finanzierung für den Agrarsektor sichergestellt. Das ist erfreulich. Äußerst kritisch zu betrachten sind al­lerdings die Kürzungen im Bereich ländliche Entwicklung. Geplant ist, vor allem dort einzusparen, wo es sich um keine reinen Agrarförderungen handelt, und somit trifft es alle Menschen im ländlichen Raum.

Positiv ist, dass die europaweit anerkannte Bundesanstalt für Bergbauernfragen in ih­rer Eigenständigkeit erhalten wird. Dafür danke ich Ihnen, sehr geehrter Herr Minister Berlakovich. Das war eine weise Entscheidung. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 450

Diese renommierte Bundesanstalt hat mit einer hervorragenden Studie Pionierarbeit geleistet. Sie zeigt Möglichkeiten auf, Förderungen gerechter, also verstärkt nach Ar­beitsanfall und Arbeitserschwernis, auszurichten. Damit könnte auch die kleinstrukturier­te Landwirtschaft in Österreich erhalten werden.

Selbst Agrarkommissar Cioloş hat im Rahmen der Diskussion um die GAP-Reform 2013 beziehungsweise in den EU-Gremien gefordert, dass die Förderungen mehr an den Nach­weis, Arbeitsplätze zu erhalten, gebunden werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, nichts ist stärker als eine Idee, deren Zeit gekommen ist – Zeit für eine gerechte Verteilung der Agrarförderungen an Bäuerinnen und Bau­ern, Zeit, die Arbeit und Arbeitserschwernis zu unterstützen und damit am besten den Fortbestand der Bauernhöfe zu fördern. Unser Koalitionspartner täte gut daran, im Sin­ne der überwiegenden Mehrheit der hart arbeitenden Bauern und Bäuerinnen gemein­sam mit der SPÖ für mehr Gerechtigkeit auch im Agrarbereich einzutreten. (Beifall bei der SPÖ.)

14.34


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lugar. 4 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


14.34.29

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundes­minister Berlakovich, ich erlebe Ihr Tun seit mittlerweile zwei Jahren. Also eigentlich müsste ich mich verbessern: Ihr Nichttun erlebe ich seit mehr als zwei Jahren. Sie stellen sich immer wieder her und erzählen uns ganz wortreich, was Sie alles für die Um­welt tun wollen. (Abg. Mag. Molterer: Was haben Sie schon getan?)

Herr Molterer, wenn Sie damit ansprechen, dass man als Oppositionspolitiker weniger zu vernünftigen Gesetzen beitragen kann als ein Minister, dann haben Sie recht. Ein Minister hat die Verantwortung, vor allem als Umweltminister hat er die Verantwortung, ordentliche Umweltpolitik zu machen. Wenn ich mir die Performance des Herrn Berla­kovich so ansehe, dann muss ich sagen, da passiert nichts. (Abg. Amon: Wie können Sie sagen, da passiert nichts!? Differenzieren Sie ein bisschen!)

Wir haben ein Problem mit dem Kyoto-Ziel. Wir liegen da meilenweit vom Ziel entfernt. Wir werden wahrscheinlich Strafzahlungen im Umfang von 500 Millionen € bis zu 1 Mil­liarde € leisten müssen, und der Herr Umweltminister wirkt hier als Beruhigungszäpf­chen für all jene, denen Umweltpolitik wirklich am Herzen liegt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Beim Herrn Umweltminister habe immer so den Eindruck, als hielte sich die ÖVP, ge­steuert von der Energielobby, einen Umweltminister, der immer eine schöne Stimmung verbreitet und immer von Energieautarkie spricht und von seinem großen Ziel, und Ky­oto werden wir doch noch erreichen. All diese Dinge hören wir immer von ihm, aber es passiert nichts. Es kommt nichts. Auch in diesem Budget steht nichts drinnen, was uns in irgendeiner Form diesem Kyoto-Ziel näher bringt. Es steht auch nichts drinnen, wie wir eine Energieautarkie erreichen können, Herr Minister.

Wissen Sie, was das heißt: „Energieautarkie“? Das würde bedeuten, dass wir mehr als 90 Prozent des Öls einsparen müssten, weil wir nur 7 Prozent des Verbrauchs mit dem heimischen Öl, das wir produzieren, abdecken. Das würde bedeuten, dass wir 80 Pro­zent des Gases einsparen müssen, das wir im Moment importieren, weil wir nur 17 Pro­zent selbst produzieren. Das ist Autarkie.

Das heißt, wenn Sie das wollen und Gas im Umfang von 80 Prozent einsparen müss­ten, dann frage ich mich, warum Sie neue Pipelines bauen. Warum machen Sie das? Warum unterstützen Sie Pipeline-Projekte, wenn Sie doch genau wissen, dass wir in Zu­


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kunft viel weniger Gas verbrauchen müssen, um die Kyoto-Ziele zu erreichen, schon gar nicht davon gesprochen, dass wir ja energieautark werden wollen, was Sie immer wieder im Mund führen?

Herr Minister, ich würde Sie auch bitten, nehmen Sie sich nicht so wichtig, wenn es um Flugreisen geht, wenn es um Befindlichkeiten geht. Schauen Sie, dass Sie in der Um­weltpolitik etwas weiterbringen! Das würden wir Ihnen viel mehr danken, als dass Sie hier den starken Mann spielen und versuchen, über das hinwegzutäuschen, was die Wahrheit ist. (Beifall beim BZÖ.)

Die Wahrheit ist: Sie haben in diesen zwei Jahren praktisch nichts auf den Weg ge­bracht außer Worthülsen. Und wenn ich mir die Energiestrategie der Bundesregierung ansehe, dann kann ich nur sagen, da steht zum Beispiel auch drinnen: Wir wollen Energie sparen. – Aber wo finde ich das im Budget? Wo sehe ich im Budget Maß­nahmen, die uns genau dazu verhelfen, Herr Minister? Können Sie mir das zeigen? Das können Sie nicht, denn da gibt es eben nichts.

Deshalb in unser aller Interesse, Herr Minister: Schauen Sie, dass Sie in den nächsten drei Jahren etwas weiterbringen, sonst gehen Sie in die Geschichte ein als Minister – wie alle ÖVP-Minister, die vor Ihnen am Werk waren –, der auch wieder nur der Ener­gielobby das Wort geredet und in der Sache nichts weitergebracht hat. (Beifall beim BZÖ.)

Wir müssen uns ja nur selbst beim Wort nehmen. Sie haben heute hier gesagt – ich kann es zitieren –: Wir müssen im Klimaschutz mehr machen. Das haben Sie heute gesagt. Ja machen Sie es, Herr Minister, machen Sie es! Machen Sie mehr im Klima­schutz und hören Sie damit auf, wenn die Opposition Ihre Performance hier im Hohen Haus kritisiert, zu sagen, wir kritisieren Österreich. Das ist doch nicht wahr. Wir kri­tisieren Ihre Arbeit, nicht Österreich. Sie sind nicht Österreich, Herr Minister! Was wir kritisieren, ist Ihre Arbeit und nicht Österreich. Und deshalb: Machen Sie etwas für dieses Land, machen Sie etwas für die Umweltpolitik! Dann werden wir auch aufhören, Sie zu kritisieren. So einfach ist das! (Beifall beim BZÖ.)

In diesem Zusammenhang bringe ich jetzt einen Entschließungsantrag ein, damit Sie auch einmal sehen, dass wir nicht nur reden, sondern auch gute Vorschläge haben. Vielleicht nehmen Sie den einen oder anderen Vorschlag auch einmal auf.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Widmann, Lugar, Kolleginnen und Kollegen

betreffend zinsfreies Kreditmodell für thermische Sanierung

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft“ – also Sie – „wird aufgefordert, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen si­cherzustellen, dass privaten Hausbesitzern ein zinsfreier Kredit direkt vom Staat zum Zwecke der thermischen Sanierung gewährt wird.“

*****

Herr Minister, wenn Sie schon mickrige 100 Millionen für die thermische Sanierung be­reitstellen, die zugegebenermaßen eine gute Maßnahme ist, dann können Sie gleich ein Finanzierungsmodell machen, das kostet Sie auch nicht mehr als 100 Millionen, Sie können damit aber über eine Milliarden bewegen. Ich glaube, das ist in unser aller In­teresse.


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Zweiter Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Lugar, Mag. Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Normverbrauchsabgabe auf Elektrogeräte

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird ersucht, in Zusammenarbeit mit dem Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Ju­gend eine Normverbrauchsabgabe für Elektrogeräte einzuführen, welche auf jeden Fall aufkommensneutral gestaltet werden muss.“

*****

Herr Minister, hier haben Sie einen guten Vorschlag, den Sie umsetzen könnten, der beinhaltet, dass all jene Elektrogeräte, die sehr viel Strom verbrauchen, belastet und im Gegenzug jene Elektrogeräte, die wenig Strom verbrauchen, entlastet werden soll­ten, sodass sich auch schlechter gestellte Menschen Geräte leisten können, die wenig Energie verbrauchen.

Ich glaube, das ist auch in unser aller Interesse. Damit gehen wir nicht in Richtung be­steuern, weil das ja aufkommensneutral sein soll, sondern steuern in die Richtung, dass eben Energie eingespart wird. Und genau solche Maßnahmen würde ich mir auch in Zukunft von Ihnen, Herr Minister, wünschen und auch, dass Sie einmal eine Initiative dahin gehend setzen, dass wir etwas für die Verbesserung der Klimabilanz in diesem Land, für die Erreichung des Kyoto-Ziels und der Energieautarkie tun, die Sie sich ja im­mer so dringend wünschen. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

14.40


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Die soeben eingebrachten beiden Entschließungs­anträge sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Lugar, Mag. Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Normverbrauchsabgabe auf Elektrogeräte

eingebracht in der der 91. Sitzung des Nationalrats am 21. Dezember 2010 im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (980 d. B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Budgetvoranschlags für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 201 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d. B.): [UG 43-Umwelt]

Strom wird immer teurer. Erst gestern (21.12. 2010) bestätigte dies die Arbeiterkammer erneut. In den vergangenen zweieinhalb Jahren sind zwar die Großhandelspreise für Energie gesunken, nicht aber die Strom- und Gaspreise für die Konsumenten. Insge­samt ist der Stromgroßhandelspreis um 21,8 Prozent gefallen, zeitgleich haben die meis­ten Lieferanten ihre Preise erhöht.

Einsparungspotenzial bieten verbrauchsgünstige Elektrogeräte. Leistungsorientierte Ge­räte mögen in der Anschaffung etwas teurer sein, als ältere, mehr Energie fressende Modelle, verbrauchen aber weitaus weniger Strom, wodurch längerfristig ein deutliches


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Einsparungspotential gegeben ist. Der Stromverbrauch wird ohne Komfortverlust ge­senkt, was sich sowohl in der Geldbörse, als auch in der Klimabilanz bemerkbar macht.

Als Kaufanreiz soll eine Normverbrauchsabgabe auf Elektrogeräte als Bonus-Malus System dienen, um ineffiziente Geräte weniger attraktiv zu gestalten und letztlich vom Markt zu verdrängen. Die Normverbrauchsabgabe muss so geregelt werden, dass sie energiesparende Geräte verbilligt und Energieverschwender verteuert. In Summe muss diese Maßnahme aufkommensneutral gestaltet werden um die Bürger nicht zu­sätzlich zu belasten.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird ersucht, in Zusammenarbeit mit dem Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Ju­gend eine Normverbrauchsabgabe für Elektrogeräte einzuführen, welche auf jeden Fall aufkommensneutral gestaltet werden muss.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Widmann, Ing. Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend zins­freies Kreditmodell für thermische Sanierung

eingebracht in der der 91. Sitzung des Nationalrats am 21. Dezember 2010 im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (980 d. B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Budgetvoranschlags für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d. B.): [UG 43-Umwelt]

100 Millionen Euro in die thermische Sanierung zu investieren deckt lediglich die Kos­ten der Sanierung von zehn bis 15 öffentlichen Gebäuden. Eine GfK-Studie bestätigt den Bedarf von 3,27 Milliarden Euro, um sinnvoll zu sanieren. Größtes Energiespar­potential findet sich aufgrund schlechter Wärmedämmung bei über 1,5 Millionen Einfa­milienhäuser, die in der Zeit von 1945 bis 1980 gebaut wurden. Auch könnten über 90 Prozent der 20 000 öffentlichen Gebäuden von einer thermischen Sanierung profi­tieren.

Mit zinsfreien Krediten, die direkt vom Staat vergeben werden, könnten die Hausbe­sitzer ihre eigenen vier Wände thermisch auf den neuesten Stand bringen. Das Einspa­rungspotential an Heizkosten läge bei 80 Prozent, was für einen durchschnittlichen Haushalt 1300 Euro mehr in der Geldbörse bedeutet. Nach wenigen Jahren hätte sich für die Hausbesitzer der Kredit durch diese Einsparung von selbst bezahlt, quasi eine Sanierung zum Nulltarif. Die thermische Sanierung bewirkt einen gewaltigen Beschäfti­gungseffekt und wirkt sich positiv auf unsere Klimabilanz aus.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen sicherzustellen,


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dass privaten Hausbesitzern ein zinsfreier Kredit direkt vom Staat zum Zwecke der thermischen Sanierung gewährt wird.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hornek. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


14.41.12

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Geschätzte Abgeordnete! Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Da­men und Herren! Hohes Haus! Ich darf die Anregung des Herrn Kollegen Lugar in Be­zug auf Wärmedämmung aufgreifen und ihm einige Beispiele nennen, weil er sagt, er sieht und hört nichts.

In Bezug auf Wärmedämmung ist klar und deutlich festzuhalten, dass jede eingesparte Energiemenge ein Höchstmaß an Ökonomie bedeutet, dass eingesparte Energie die ökologischste Form überhaupt ist und auch die tollste Verwendung von Ressourcen be­deutet.

Energie einsparen bedeutet aber auch eine Investition in die Einsparung von Schad­stoffen über den Nutzungszeitraum, ist daher in höchstem Maße positiv zu werten.

Wärmedämmung ist gut für die Wirtschaft, speziell für Klein- und Mittelbetriebe. Wär­medämmung ist gut für österreichische Arbeitsplätze. (Abg. Ing. Lugar: Wer bestreitet das?) Sie schafft und sichert Tausende Green Jobs. Wärmedämmung ist wertvoll in Bezug auf Verringerung von Importabhängigkeit. Wärmedämmung ist wertvoll für den Staatshaushalt in Form erhöhter Steuereinnahmen.

Daher auch 100 Millionen zusätzliche Mittel jedes Jahr, um diese Möglichkeit nutzen zu können, wobei ich der Meinung bin, dass wir in Zukunft wesentlich mehr Augenmerk darauf legen müssen, dass auch Dämmstoffe ökologischen Kriterien entsprechen, dass sie rezyklierbar sind, dass sie aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen werden und somit CO2-Bindung selbst während des Wachstums, der Produktionsphase gegeben ist.

Herr Kollege Lugar, wenn Sie meinen, dass da nichts geschieht, dann darf ich Ihnen im Rahmen von Musterregionen im Bereich erneuerbarer Energie das Waldviertel, meine Heimatregion, ans Herz legen. Sie finden in meinem Heimatbezirk in 14 von 15 Ge­meinden Fernwärmewerke auf Biomassebasis.

Meine Heimatgemeinde hat bereits im Jahr 1995 den Europäischen Solarpreis bekom­men. Sie können heute diese neuen Technologien im wahrsten Sinne des Wortes be­greifen. Kommen Sie zu uns ins Waldviertel nach Großschönau und Sie können in Passivhäusern probewohnen. Hochgeschätzter Herr Kollege Lugar, wir verwenden in diesem Zusammenhang heute bereits hochinnovative Dämmstoffe, zum Beispiel pro­duziert von der Firma Waldland, hochinnovative Technologien von der Firma Longin in Dobersberg im Zuge des Passivhausbaus.

Wir haben hervorragende Technologien. Wir haben hervorragende Firmen. Wir haben hervorragende Mitarbeiter, und diese werden wir auch in Zukunft unterstützen.

Und an die Kollegin Brunner gerichtet: Österreich hat einen hervorragenden Landwirt­schaftsminister und Österreich hat einen hervorragenden Umweltminister. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Er ist sehr versiert auf internationalen Flughäfen! Ein sehr ele­ganter Mensch, eine noble Erscheinung!)


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14.44


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Dr. Winter. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.44.30

Abgeordnete Dr. Susanne Winter (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolle­gen! Ich möchte eigentlich etwas zur Umwelt sagen, dort, wo sich die Landwirtschaft ab­spielt, aber ein paar Worte noch zu den Biobauern.

Ich bin froh darüber, dass es in Österreich eine derart große Zahl von Biobauern gibt. Ich bin Konsumentin ausschließlich von Bioprodukten, und ich denke, wir benötigen noch viele Biobauern, denn in den Spezialgeschäften, auch in der zweitgrößten Stadt Österreichs, sind österreichische Bioprodukte meistens Mangelware und ausverkauft. Das sollte ein Anreiz sein.

Nun zum Budget. Wenn die Mandatare von SPÖ und ÖVP immer wieder behaupten, es sei ein sozial ausgeglichenes Budget, so muss ich trotzdem mit Nachdruck behaup­ten, es ist ein Belastungsbudget, ein Belastungsbudget für Familien, Pendler, Kinder und so weiter.

Sie betreiben leider ein Abkassieren bei jenen Bevölkerungsgruppen, die sich nicht da­gegen wehren können.

Herr Minister, in einer Fragestunde zu Beginn dieses Sommers ist das erste Mal der Begriff „Ökologisierung des Steuersystems“ gefallen. Ich habe damals gemeint, den Leuten stehen bei diesem Ausdruck oder Fachbegriff die Haare zu Berge. Sie haben mir damals erklärt, ach, das ist ja doch eigentlich nur eine Sache der Erklärung, sie werden das dann schon verstehen. – Jetzt muss ich aber leider sagen, es sind Ihre Erklärungskünste wirklich so schlecht, wie die Umfrageergebnisse im Augenblick sind. Es gibt auch Studien, wonach nahezu 60 Prozent der Österreicher dieses Budget als nicht sozial gerecht empfinden.

Positiv zu erwähnen ist – und das möchte ich, bitte, sehr wohl sagen –, dass die thermische Sanierung ganz einfach zu einer Selbstverständlichkeit zu werden scheint und dass Sie sich gewaltig für alternative Energien einsetzen und diese auch fördern. Natürlich, das ist ein Innovationsschub für den Budgetausgleich in Form von grünen Ar­beitsplätzen und vieles mehr.

Sie hätten aber der Bevölkerung auch erklären müssen, dass Sie dadurch andere Ener­giegruppen sehr wohl besteuern und mehr besteuern müssen, ich erwähne nur die NoVA, die Flugticketabgabe, die MöSt. Was die Flugticketabgabe betrifft, haben Sie das letzte Mal im Ausschuss gemeint, das trifft ja eh nur die Reichen.

Ich kenne Tausende Menschen, aber ich kenne niemanden, der nicht doch irgendwann einmal in seinem Leben oder immer wieder das Flugzeug als Verkehrsmittel wählt, ob es sich nun um nahe Destinationen oder Fernreisen handelt.

Bei der MöSt, muss ich sagen, ist es doch auch so, dass dies alternative Gruppen und andere Verbände trifft. Wir haben zum Beispiel einen Brief vom Arbeiter-Samariterbund erhalten, in dem es klar und deutlich heißt: Wie soll ich denn eigentlich angesichts der Senkung des Zivildienstgeldes, der geplanten Änderung des Zivildienstgesetzes und der Erhöhung der MöSt meine Dienste an der Bevölkerung leisten?

Also ich glaube, da wird wieder einmal alles über einen Kamm geschoren, was nicht besonders gut ist. Das ist wirklich eine Belastung für die Bevölkerung.

Deshalb bringen Winter, Podgorschek und andere Abgeordnete folgenden Entschlie­ßungsantrag ein, und zwar mit der Begründung, dass die Energiepreise ja weiter hoch bleiben, dadurch die Mehrwertsteuer auch weiter steigen wird und die Erlöse dem Bud­get zufließen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Winter, Podgorschek und weiterer Abgeordneter


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Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vor­zulegen, die die Halbierung der Mehrwertsteuer auf alle aus erneuerbaren heimischen Ressourcen stammenden Energien von derzeit 20 Prozent auf 10 Prozent sicherstellt.“

*****

Mein Schlusssatz: Herr Minister, schauen Sie einmal in Ihr Kapitel Gender Budgeting! Da werden Sie sehen, dass gerade wir Frauen diejenigen sind, die sehr ansprechbar sind für alternative Energien und Energiesparen. In diesem Zusammenhang möchte ich Sie, Herr Minister, doch sehr bitten, mit dieser Klientel, auch wenn es manches Mal Schwierigkeiten gibt, etwas „gentlemanliker“ umzugehen. (Beifall bei der FPÖ.)

14.48


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Winter, Podgorschek und weiterer Abgeordneter betreffend die Halbierung der Mehrwertsteuer auf Energie aus erneuerbaren heimischen Ressourcen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung 43 – Umwelt,

in der 91. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 22. Dezember 2010

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass eine rasante Ölpreissteigerung jeder Zeit möglich ist. Die OPEC sowie die Ölmultis begründen dies mit fadenscheinigen Argumenten, so werden beispielsweise eine gesteigerte Nachfrage sowie die zunehmende Spekulation bei gleichzeitig sinkenden Lieferungen angegeben.

Ziel muss es sein, dass Energie leistbar bleibt. Die Energiepreise dürfen nicht weiter steigen. Opfer wären hier vor allem Pensionisten und Familien. Die Energiekosten durch zusätzliche Steuern weiter zu erhöhen, wäre mehr als unverantwortlich.

Da die Energiepreise weiter hoch bleiben, steigen auch die Einnahmen über die Mehr­wertsteuer und daher ist es nur mehr als gerecht, wenn dieser Mehrerlös an die Bürger zurückgegeben wird.

Deshalb ist eine Reduktion der Mehrwertsteuer für Heiz- und Brennmaterialien vorzu­nehmen. Von dieser Maßnahme profitieren alle, am meisten jedoch die kleinen und mittleren Einkommen. Dies wäre ein klares Signal in Richtung Entlastung der österrei­chischen Bürger.

Aus Sicht der FPÖ ist es daher unumgänglich, die notwendigen Maßnahmen für unse­re künftige Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit durch Förderung der hei­mischen, regenerativen Energieproduktion zu setzen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 457

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vor­zulegen, die die Halbierung der Mehrwertsteuer auf alle aus erneuerbaren heimischen Ressourcen stammenden Energien von derzeit 20 Prozent auf 10 Prozent sicherstellt."

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Muchitsch. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


14.49.08

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Um­weltminister! Ich möchte zu Beginn meiner Rede etwas klarstellen. Es ist, glaube ich, nicht okay – und es ist schade, dass Kollege Franz Eßl jetzt nicht im Saal ist –, Dinge in Frage zu stellen, die laut Regierungsbeschluss schon vereinbart sind. Es handelt sich dabei um das Tiergesundheitsfondsgesetz und das Gesundheits- und Ernährungssi­cherheitsbeitragsgesetz. Das heißt, hier Dinge in Frage zu stellen, wo wieder eine Fi­nanzierung dementsprechend verneint wird, das halte ich für nicht in Ordnung. Ich woll­te es einfach hier nur gesagt haben, dass das nicht okay ist.

Zum Thema Landwirtschaft und Zukunft der Landwirtschaft in Österreich. Die Landwirt­schaft geht uns sicher alle etwas an, und sie ist uns auch sehr wichtig, weil letztendlich die Konsumenten die wichtigsten Kunden sind und unsere heimischen Produkte kau­fen.

Dennoch vermisse ich immer wieder etwas mehr Bereitschaft für Änderungen in Struk­turen – egal, ob das das Fördersystem ist, ob das eine Neuregelung der Einheitswerte ist, und auch eine Festlegung auf politischer Ebene, wie wir zur Errichtung von Tier­fabriken stehen. Da muss es einfach Lösungen und Veränderungen geben, weil es im­mer häufiger Beispiele gibt, mit denen wir einfach nicht leben können.

Das Beispiel ist die Tierfabrik in Gralla, wo 2 100 Zuchtsauen und 50 000 Ferkel eine neue Heimat bekommen sollen, wo eine Tierfabrik in unmittelbarer Nähe von Wasser­schongebieten errichtet werden soll, wo der Grundwasserspiegel 1,20 Meter beträgt und wo auch drei Trinkwasserbrunnen vorhanden sind, welche mehr als hunderttau­send Menschen mit Trinkwasser versorgen. Wir haben es bereits in der Südsteiermark erlebt, dass unser Grundwasser durch Gülleausbringung verseucht wurde. Wir wollen das nicht noch einmal haben und schon gar nicht, Herr Bauernbundpräsident, wenn man weiß, dass wir eine Überproduktion an Schweinen haben, wenn man weiß, dass wir eine Überproduktion an Gülle haben. (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.)

In Österreich importieren wir zwei Millionen Schweine im Jahr zur Schlachtung. Wir schlachten 5,2 Millionen Schweine in Österreich, benötigen aber nur 3,2 Millionen Schweine. Wir exportieren wieder zwei Millionen Schweine. Da muss mir einer sagen, wo da der Verstand ist, was daran gescheit ist.

Wenn die Gemeinden in der Südsteiermark dann von der Bezirkshauptmannschaft 275 Bescheide übermittelt bekommen, wonach der Wasserpreis erhöht und keine Gül­le in den Wintermonaten ausgeführt werden soll, dann frage ich euch wirklich, wo da die Vernunft ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister, ich ersuche Sie im Problemfall Gralla wirklich um Ihre bestmög­liche Unterstützung. Es geht nicht darum, dass man sagt, wir wollen das verhindern, sondern es geht um die Frage, wo diese Tierfabriken in Österreich errichtet werden sollen. Aber bitte nicht in jenen Bereichen, wo die Trinkwasserversorgung für die Wohn­bevölkerung gefährdet wäre. Das wollen wir nicht noch einmal durchmachen, wie wir


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 458

es bereits 1990 in der Südsteiermark erleben mussten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.52


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jury. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.52.42

Abgeordneter Josef Jury (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Am Ende des heutigen Tages und am Ende von drei Tagen Budgetberatung beleuch­ten wir noch einmal das Kapitel Landwirtschaft. (Rufe bei der ÖVP: Gehst du schon heim?) Da sollte doch einmal Ursachenforschung dafür betrieben werden, woher denn das Bauernsterben kommt, meine Herren von der ÖVP, Kollege Hörl, Kollege Grillitsch, Kollege Eßl. Woher kommt denn das Bauernsterben? Ihr bejammert das Bauernster­ben, das Sterben des ländlichen Raumes, aber was tut ihr dagegen! Ihr werdet weiter im Rahmen der europäischen Agrarpolitik vorgeschoben, an der Europa scheitern wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese europäische Wirtschaftspolitik und die Ausflüsse dieser industriellen Agrarpolitik sind der Grund dafür, dass es im ländlichen Raum dieses Bauernsterben überhaupt gibt. Und wenn Kollege Gaßner sagt, natürlich sind die Bauern ein wichtiger Bestandteil dieses ländlichen Raumes und sorgen für die Infrastruktur, für unsere Lebensmittel, für die blühenden Landschaften und stehen im ursprünglichen Sinne auch für unsere österreichische Identität, was für den österrei­chischen Tourismus von Bedeutung ist, dann muss man dem auch entgegenhalten, dass unser Landwirtschaftsminister schon wieder auf die nächste gemeinsame Agrar­politik vorgreift, auf die Periode von 2014 bis 2020, wenn er, wie im „Kärntner Bauer“ berichtet, mehr Lob als Tadel für die gemeinsame Agrarpolitik findet, die aber diese Aus­wirkungen haben wird.

Herr Landwirtschaftsminister Berlakovich, das wird der Lackmustest auch für Sie sein, ob Sie den doch sehr forschen Ideen der großen Länder Großbritannien, Schweden, Dänemark und Niederlande widerstehen werden können, wenn es heißt, keine Direkt­förderungen mehr für unsere Landwirtschaft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Regierung! Kehren Sie um, verlassen Sie den Irrweg der europäischen Wirtschaftspolitik, verlassen Sie den Irrweg der euro­päischen Agrarpolitik! Wir sind in einer Situation, in der unsere kleinen Gewerbetrei­benden sterben, wir sind in einer Situation, in der unsere Bauern sterben, Sie aber an Ih­rer Politik nichts ändern. (Beifall bei der FPÖ.)

14.55


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hörl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.55.48

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Mein Respekt, Herr Lebensminister! 60 Millionen € Einsparungen in Ihrem Ressort und keine Einspa­rungen bei den Bauern, keine Einsparungen bei den Höfen. Dringend notwendig, ge­wiss. 14 000 € Jahreseinkommen, wir haben das heute schon gehört. Da sind Aus­gleichszahlungen ein Muss. Es wäre natürlich völlig ungerecht, wenn man bei den Bau­ern sparen würde. Sie verdienen allergrößten Respekt, dass Sie in Ihrem Ressort zwar sparen und Ihren Beitrag zu diesem Budget leisten, aber nicht bei den Bauern sparen. (Abg. Grosz: Könnten Sie frei reden, Herr Abgeordneter, nicht lesen?) Das alles, Frau Kollegin Brunner, in einer intakten Umwelt mit einem tollen Trinkwasser, auch im Ener­giebereich mit großen Erfolgen. 50 Millionen € aus Ihrem Ressort für die Förderung der


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thermischen Sanierung sind auch ein großer Beitrag für den ländlichen Raum und für die Wirtschaft. Mein absoluter Respekt.

Ich darf auch sagen, dass ich denke, dass die gute Zusammenarbeit der beiden Wort­führer Grillitsch und Gaßner dazu beigetragen hat, dass auch die AGES abgewendet worden ist. Vonseiten unserer Fraktion allerhöchster Respekt. (Beifall bei der ÖVP.)

Bauern und Wirte, Tourismus und Landwirtschaft sind Partner. (Abg. Grosz: Vielleicht kann man da frei reden! Vielleicht sagen Sie etwas zum Flughafenauftritt des Herrn Mi­nisters! Charles de Gaulle!)

Herr Kollege Grosz, ich denke, dass diese Partnerschaft auch gelebt wird, und zwar aus gutem Grund gelebt wird. 126 Millionen Nächtigungen – im größten Markt, in Tirol, sind es 43 Millionen Nächtigungen – und ein Umsatz von 25,6 Milliarden € im Touris­mus sind nämlich auch ein Markt für landwirtschaftliche, also bäuerliche Produkte, den wir vor Ort vorfinden. Wenn wir heute wissen, dass von dieser Wirtschaftskraft des Tou­rismus 89 Prozent aus unserem Land kommen und nur 11 Prozent importiert werden und davon 49 Prozent wieder direkt aus den Dörfern, aus den Regionen kommen, dann denke ich, ist das eine große Möglichkeit für unsere 187 000 österreichischen Bau­ern und Betriebe.

Wir, der Tourismus und die Bauern, sind eine Einheit, wir arbeiten zusammen. Ich er­wähne zum Beispiel die Bergbauern in Ischgl, die die Rinder der Gegend zu erhöhten Preisen aufkaufen, um sie dann in den eigenen Betrieben zu vermarkten. Auch da leis­ten wir einen Beitrag.

Ihnen, Herr Kollege Grosz, mit Ihren ständigen Zwischenrufen möchte ich etwas sa­gen: Es nützt Ihnen nichts, wenn Sie aus den Tiefen des steirischen Burgbrunnens den großen Großmaulfrosch herausholen und ihn in den Ozean verpflanzen, sein Niveau bleibt das Loch, in dem er wohnte. Schönen Tag! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Herr Präsident! „Großer Großmaulfrosch“!)

14.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Er hat nicht Sie damit gemeint, sondern er hat ge­sagt  Aber wenn Sie sich betroffen fühlen. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Ich werde das in Zukunft auch verklausuliert formulieren, Herr Präsident, vor al­lem, wenn Sie am Wort sind!)

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Neubauer. – Bitte.

 


14.58.59

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Lieber Herr Kollege Eßl, ich habe gedacht, das ist wie beim Taro­ckieren, Mut kann man nicht kaufen. (Abg. Grillitsch: Das ist auch so!) Aber sich mit so einem Mut hier herzustellen, um zu behaupten, dass bei uns eine gute Agrarpolitik gemacht wird, und das im Wissen dessen, dass in den letzten Jahren hunderttausend Bauern den Betrieb aufgeben mussten, das, muss ich sagen, ringt sogar mir Respekt ab. Hier herzugehen und zu sagen: Wir machen gute Agrarpolitik!, obwohl hunderttau­send Bauern ihren Betrieb aufgeben mussten, das ist wirklich mutig. Das ringt mir Re­spekt ab. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Grillitsch: Sie sind ein Realitätsverweigerer!)

Sehr geehrter Herr Bundesminister, kommen wir zur Umwelt. Wir haben im Ausschuss schon die Frage der Entwicklung in Deutschland, was die Verlängerung der AKW-Lauf­zeiten betrifft, besprochen, und wie die Republik Österreich damit umgeht. Wir haben als Freiheitliche zur Kenntnis nehmen müssen, dass sich da die Bundesregierung in ei­nen Winterschlaf eingebunkert hat, weil sie auf diese Entwicklung nicht reagiert hat.

Herr Bundesminister, ich frage Sie hier heute, ob Sie mir Folgendes sagen können: Wie viele Störfälle hat es in den letzten Jahren durch deutsche AKWs gegeben? – Ich


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weiß nicht, ob Sie mir diese Frage beantworten können, ob Sie diese Zahl wissen. Wahr­scheinlich wissen Sie sie nicht. Das ist auch kein besonderes Armutszeugnis, das muss man nicht wissen. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Ich sage es Ihnen: Es waren in Temelín 127 und in Deutschland 1 273 Störfälle, die gemeldet wurden – 1 273 Störfälle, die die Sicherheit, die Gesundheit der österreichi­schen Bürger, der Bevölkerung massiv beeinträchtigen können hätten. Und wir hier in Österreich haben von diesen Störfällen wohlweislich nichts erfahren.

Jetzt werden also diese AKWs, die teilweise aus den siebziger Jahren stammen, noch um 14 Jahre verlängert. Wobei man das in Deutschland so argumentiert, dass man sagt, naja, in dieser Zeit bauen wir mit dem Geld, das wir durch die Atomenergie ein­nehmen, zumindest die Alternativenergie aus, um in 50 Jahren Vorreiter und autonom zu sein. Und anstatt dass sich Österreich hier bereiterklären würde, bei diesem Weg mitzutun, mitzumachen, wird auch dieser Weg nicht beschritten. Und das verstehen wir nicht.

Weil Sie hier nicht klagen, trotz der Tatsache, dass österreichische Interessen massiv beeinträchtigt wurden – weil die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht gemacht wurde, weil hier EU-Recht ganz massiv gefährdet und beschnitten wurde –, werden wir hier nicht zuschauen, sondern werden im Jänner eine Vertragsbrucherklärung bei der EU einbringen. Denn wir sind der Ansicht, wenn die Bundesregierung schon hier schläft – und weil ja uns als Opposition immer vorgeworfen wird, dass wir keine Vorschläge und keine Anträge einbringen –, werden wir selbst agieren und die Interessen der österrei­chischen Bevölkerung bei der EU wahrnehmen, meine sehr geehrten Damen und Her­ren. (Beifall bei der FPÖ.)

Eines ist auch noch klar: Wenn heute der Atombeauftragte von Oberösterreich an die Parlamentarier herantritt, weil er diese Atompolitik Österreichs mittlerweile nicht mehr versteht, ja sie sogar verurteilt und deshalb österreichische Parlamentarier auffordert – als dringender Hilferuf gedacht –, diesbezüglich einen Untersuchungsausschuss ins Leben zu rufen, damit man der Frage nachgeht, warum die Interessen eines ehema­ligen Bundeskanzlers Schüssel in Bezug auf die Atompolitik so sind, wie sie eben sind, warum die Interessen Österreichs so sind, dass der Herr ehemalige Bundeskanzler Gusenbauer plötzlich der Berater für die Atomlobby ist, dann wird das schon seinen entsprechenden Grund und Hintergrund haben. (Abg. Mag. Gaßner: Der Gusenbau­er?) – Auch der Herr Gusenbauer natürlich. Auch der ist in dem Papier erwähnt, lieber Kollege Gaßner. (Abg. Mag. Gaßner: Ja?)

Und eines auch noch, weil Sie sich als Bundesminister immer so sehr geweigert ha­ben, uns die exakten Zahlen zu geben, inwieweit denn die Beiträge Österreichs zu EURATOM laufen: Sie werden Gelegenheit haben, dazu Ihre Auskünfte zu erteilen. Ich gebe hier bekannt, dass am 28. Februar in ganz Österreich die Einleitung eines Volks­begehrens zum Thema „Ausstieg Österreichs aus dem EURATOM-Vertrag“ starten wird. Der gesamte Freiheitliche Parlamentsklub hat diesen Antrag mit unterschrieben, und ich bin stolz darauf, sagen zu können, dass das so war. Wir vertreten nämlich die Meinung, dass dieser EURATOM-Vertrag nur dazu dient, die Interessen der Atomlobby in Europa zu unterstützen, und keinesfalls der Sicherheit und der Gesundheit der Be­völkerung dient. (Beifall bei der FPÖ.)

Deshalb ersuche ich hier und heute alle, ab 28. Februar des nächsten Jahres zu ihrer Gemeinde hinzugehen und dafür zu unterschreiben, dass dieses Parlament und dieser Bundesminister, der sich bis jetzt hartnäckig geweigert hat, die Auskünfte zu erteilen, derer wir dringend bedürfen, dezidiert auch endlich einmal Rechenschaft ablegen und erklären werden müssen, wofür sie tatsächlich stehen. (Beifall bei der FPÖ.)

15.04



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 461

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es gelangt nun Frau Abgeordnete Binder-Maier zu Wort. – Bitte.

 


15.04.37

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zuallererst einen herzlichen Dank, Herr Bundesminister! Sie haben sehr unkompliziert meine mündliche Frage schriftlich beantwortet. Ich habe heu­te Ihre Beantwortung – zum Thema KonsumentInnenschutz und zur Frage der budge­tären Ausstattung – bekommen. Vielen Dank!

Zweitens, meine Damen und Herren, betrifft mein Redebeitrag mein Lieblingsthema, nämlich die Erhaltung unseres Ökosystems im Zusammenhang mit den Imkern und den Honigbienen. Zum einen möchte ich auf die berechtigte Kritik von Global 2000 hin­weisen, dass beim Maisanbau nach wie vor bienenschädliche Beizmittel verwendet wer­den. Frage an Sie, Herr Minister: Was gedenken Sie diesbezüglich zu tun? Es gibt drin­genden Handlungsbedarf.

Zum anderen beziehe ich mich auf einen Artikel in einer Zeitung, wo es darum geht, dass innerhalb der Europäischen Union die Fördermittel für Imker erhöht werden, näm­lich von 26 Millionen € auf 32 Millionen €. Meine Frage an Sie, Herr Bundesminister: Wie schaut es aus, wie hoch sind die Mittel, die die österreichischen Imkerinnen und Imker aus diesem Fördertopf erhalten? Denn ich bin davon überzeugt, dass es wichtig und notwendig ist, dass die Bienenkulturen auch in Österreich aufrechterhalten und ge­fördert werden.

Drittens, meine Damen und Herren, insgesamt zum Kapitel Landwirtschaft. Wir Sozial­demokratinnen und -demokraten meinen, dass eine gerechte Verteilung der Fördermit­tel und eine gerechte Besteuerung der Vermögen notwendig ist, um die berechtigter­weise geforderte Neugestaltung der österreichischen Förderkulisse umzusetzen, und weiters, dass auch eine Art Verwaltungsreform bei den Institutionen der Landwirtschaft interessant wäre. Das Ziel muss sein, dass die kleinen Strukturen, die ländliche Bevöl­kerung und die kleinstrukturierten Bauernhöfe, die Bäuerinnen und Bauern in Öster­reich auch in Zukunft überleben können. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Rädler.)

15.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es gelangt nun Herr Abgeordneter Praßl zu Wort. – Bitte.

 


15.07.02

Abgeordneter Michael Praßl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landwirtschaft ist vielen Herausforderungen von morgen ausgesetzt, ob nun wirtschaftlicher, ökologischer oder sozialer Natur. Was bedeutet das? – Die Notwendigkeit von Verbesserungen in der Landwirtschaft, was die Produktivität, die Wettbewerbsfähigkeit und auch ihre sonstigen Voraussetzungen für die Zukunft betrifft.

Die Landwirtschaft bietet mehr als nur die Erzeugung von Nahrung. Sie garantiert das Überleben der ländlichen Gemeinden. Wenn ich etwa nur die drei Bezirke Feldbach, Fürstenfeld und Radkersburg als Beispiel heranziehe, dann muss ich sagen, dort gibt es 88 Gemeinden, wobei es in all diesen 88 Gemeinden hervorragende landwirtschaft­liche Betriebe gibt, wo Bäuerinnen und Bauern vieles leisten und vieles tun. Sie schüt­zen auch das kulturelle Erscheinungsbild in der Landwirtschaft. Warum sage ich das? – In diesen drei Bezirken mit den 88 Gemeinden sind jedes Jahr auch sehr viele Radfah­rerinnen und Radfahrer unterwegs, weit über 100 000. Da merkt man dann ganz ein­fach, dass das, was die Landwirtschaft alles bietet, und zwar aus Überzeugung bietet, auch die Grundlage für die Zukunft ist.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 462

Ich habe das in den Gemeinden einige Male zur Sprache gebracht und hervorgehoben. Da kann man nur froh sein, ein Vertreter der Landwirtschaft in diesen Bereichen zu sein. Sie verbessern die Zukunft und gestalten sie hervorragend.

Eine Herausforderung in den einzelnen Bezirken besteht auch darin, den jungen Men­schen, ob das Bäuerinnen oder Bauern sind, eine hervorragende Ausbildung für die Arbeit in der Landwirtschaft zu bieten. Diese gibt es Gott sei Dank in allen drei Bezir­ken, nämlich in der Fachschule Hatzendorf, in Fürstenfeld und auch in Radkersburg. Gott sei Dank, dass es eine Ausbildung gibt, die die Zukunft der Landwirtschaft ge­währleistet, und dass sich eben junge Menschen, Frauen und „Dirndln“ und Männer auch dieser Ausbildung unterziehen – für die Zukunft unserer Landwirtschaft. Nicht Nein sagen, sondern Ja sagen und sich bestens ausbilden lassen für die zukünftigen Jahre!

Herr Bundesminister, ich darf auch dir herzlichen Dank sagen für dein Engagement für die Steiermark und eben für den Bereich Feldbach, Radkersburg und Fürstenfeld. Und es würde mich freuen, wenn du dir die Zeit nehmen könntest, dass du diese Gegend einfach einmal besuchst und uns etwas für die Zukunft mitgibst – eine Änderung, eine Verbesserung –, die unsere Frauen und Männer dann entsprechend umsetzen. Gott sei Dank, dass wir das haben. Herzlichen Dank dafür! (Beifall bei der ÖVP.)

15.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Silhavy zu Wort. – Bitte.

 


15.10.27

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich widme mich im Landwirtschaftskapitel dem Thema ländlicher Raum. Der länd­liche Raum umfasst ja, wie wir alle wissen, weitaus mehr als nur Landwirtschaft. Wir al­le miteinander sind damit konfrontiert, dass wir im ländlichen Raum gegen Abwande­rung etwas unternehmen müssen, und zwar nicht nur gegen Abwanderung innerhalb der bäuerlichen Betriebe, sondern nach EU-Definition sind es ja Regionen mit über 30 000 Einwohnern, die bereits zum ländlichen Raum gehören. Das heißt, es spielen Infrastrukturmaßnahmen genauso eine wichtige Rolle wie eben die Möglichkeit, auch außerhalb der Landwirtschaft Arbeitsplätze zu finden.

Der Tourismus ist ein Bereich, der den Menschen im ländlichen Raum Arbeitsplätze bietet. Wir haben ja heute schon gehört, dass Anträge eingebracht werden, die Öster­reich Werbung wieder aufzustocken. Es ist schon ziemlich lange ein Bestreben von mir, dass wir versuchen, die Werbung innerhalb der Landwirtschaft und die Werbung des Tourismus besser zu verschränken. Mit dem Kulinarik-Modell ist das ja auch teil­weise gelungen. Allerdings würde ich mir wünschen, dass wir da einen breiteren Raum ansprechen. Es gibt ja etwa die Förderung von Urlaub am Bauernhof, das ist ja auch ein Teil des ELER-Programms, wie wir nachlesen können.

Aber es gibt noch viele andere wesentliche Punkte, etwa die Verbesserung der Infra­struktur, den verbesserten Zugang zu den natürlichen Gebieten, die, denke ich mir, na­türliche Ressourcen, die wir dankenswerterweise in unserer Heimat vorfinden, auch tou­ristisch besser nutzen lassen könnten.

Da würde ich mir also eine noch stärkere Verschränkung wünschen, und da würde ich mir noch mehr Einsatz auch der ELER-Mittel, vor allem auch für die Infrastruktur im ländlichen Raum, wünschen. Wir alle wissen, heutzutage – und ich nehme an, das wird auch in den bäuerlichen Betrieben nicht anders sein – ist Internet Standard wie ein Füh­rerschein, sage ich einmal. Ohne Internet ist man heute ja von der Teilnahme an vielen gesellschaftlichen Bereichen weitgehend ausgeschlossen.

Daher meine Bitte, auch in diesen Bereichen mehr für das Breitband zu tun, nämlich für ein qualitätsvolles Breitband und für einen qualitätsvollen Breitbandausbau (Abg. Gril­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 463

litsch: Glasfaser! Da musst du mit der Bures reden!), für ein besseres Zusammenwir­ken zwischen Tourismus und Landwirtschaft und ein noch verstärktes Zusammenwir­ken, was die Werbemaßnahmen anbelangt. Dann, glaube ich, könnte es uns gemein­sam gelingen, mehr Lebensqualität, nämlich im Sinne von modernen Erwartungen der Menschen, in den ländlichen Raum zu bekommen.

Und dann könnten wir auch gemeinsam versuchen, durch bessere Arbeitsplätze mehr Chancen zu schaffen, vor allem auch für die Frauen in den ländlichen Regionen, denn gerade die Frauen sind es ja, die in die Ballungszentren gehen, weil sie eben dort an­dere Chancen sehen, weil sie andere Perspektiven sehen, auch im Hinblick auf ein ei­genständiges Leben und eine eigenständige Lebenssicherung. Wenn wir versuchen, al­len Menschen im ländlichen Raum ähnliche Chancen zu geben, dann werden wir auch gemeinsam in dieser Politik erfolgreich sein. (Beifall bei der SPÖ.)

15.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es gelangt nun Herr Abgeordneter Prinz zu Wort. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Grosz.)

 


15.13.47

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Gerald Grosz, im Gegensatz zu dir glaube ich, dass ich von der Landwirtschaft ein bisschen etwas verstehe. Vor allem ken­ne ich die manuelle Arbeit in der Landwirtschaft und weiß, wie das ist, wenn man von der Landwirtschaft lebt und nicht im Parlament Theater spielt so wie du. (Beifall bei Ab­geordneten der ÖVP.)

Die bäuerlichen Familien und der landwirtschaftliche Sektor haben an den Sparmaß­nahmen im Budget genauso ihren Teil mitzutragen wie viele andere Bereiche. Jeder ein­zelne Betrieb wird die Maßnahmen letztlich auch einmal zu spüren bekommen. Als positiv ist zu werten, dass der Bereich der Ausgleichszahlungen nicht gekürzt werden musste. Damit stehen die Mittel der Europäischen Union, des Bundes und der Länder auch in den nächsten Jahren für die bäuerlichen Familien entsprechend zur Verfügung.

Diese Ausgleichszahlungen sind eine Leistungsabgeltung zum Beispiel im Rahmen des Umweltprogramms. In vielen Produktionssparten gibt es keine kostendeckenden Prei­se für die Bauern. Die öffentlichen Ausgleichszahlungen sind daher notwendiges Ein­kommen für die Bauernfamilien einerseits und andererseits auch eine Stützung für nied­rige Konsumentenpreise. Wer glaubt, dass eine bäuerliche Landwirtschaft, die gleich­zeitig viele Leistungen für die Gesellschaft – wie zum Beispiel gesunde Lebensmittel, ge­pflegte Kulturlandschaft und so weiter – garantiert, ohne öffentliche Mittel auskommen kann, wer glaubt, dass das geht, der lebt fern jeder Realität. Uns Bauern wären höhere Preise wesentlich lieber, allerdings sind diese derzeit in vielen Bereichen nicht möglich. Und ohne entsprechende Leistungsabgeltung und ohne entsprechenden Ausgleich für klimatische und strukturelle Nachteile ist ein Überleben nicht möglich.

Die öffentlichen Gelder für die Landwirtschaft werden großteils über die Agrarmarkt Austria abgewickelt. Es gibt keine andere Organisation in Österreich, die derart viel ge­prüft wird wie die Agrarmarkt Austria. Der Verwaltungsaufwand ist im Verhältnis zu den Umsätzen sehr niedrig. Und über die Plattform eAMA kann sich jeder Landwirt auch selbst in die Verwaltung entsprechend einbringen und diese unterstützen.

Dass Kontrollen notwendig sind, steht außer Diskussion. An der Zusammenführung von Kontrollen und einer noch effizienteren Gestaltung wird von Bundesminister Berlako­vich und seinem Team intensiv gearbeitet.

Hinsichtlich der Problematik jener rund 4 000 Betriebe, bäuerlichen Familien, die ihre öffentlichen Gelder erst im Februar 2011, anstatt vor einigen Wochen, erhalten, bitte ich,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 464

sich auf europäischer Ebene einzusetzen. Bei gutem Willen gibt es vielleicht auch ent­sprechende Lösungsansätze.

Die bäuerlichen Familien haben bereits sehr viele Auflagen zu berücksichtigen. Für die Zukunft brauchen wir Entlastungen und nicht noch mehr Auflagen in der Bürokratie be­ziehungsweise Produktion. Das gilt für die europäische Ebene genauso wie für die ös­terreichische Ebene. Und ich denke hier durchaus auch an einige Parteien, speziell
an die Grünen und manche Damen und Herren in der SPÖ. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.)

Die bäuerlichen Familien leisten viel und sind eine Säule im ländlichen Raum. Unter­stützen wir sie gemeinsam mit vernünftigen Rahmenbedingungen! Bundesminister Ber­lakovich und seine Arbeit sind Garanten dafür. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Vor allem auf internationalen Flughäfen!)

15.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 


15.17.06

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminis­ter! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es gibt kaum einen Politikbereich, wo es so einfach zu erreichen ist, dass – wenn man es gut macht – einmal eingesetztes Geld einen ganz hohen positiven und sinnvollen Mehrfachnutzen hat, wie dies bei der Um­weltpolitik der Fall ist. Und auch wenn es heute schon ein paar Mal gesagt wurde: Der Klimaschutz ist, denke ich mir, ein Bereich, wo das ganz besonders deutlich wird, wo man das sehr gut sehen kann. Klimaschutzmaßnahmen im Inland helfen einerseits, wenn sie wirklich nachhaltig und konsequent und über sehr lange Zeit gesetzt werden, den Ausstoß von Treibhausgasen zu senken. Und damit kann auch Österreich einen internationalen Beitrag zur Klimapolitik leisten.

Wenn man sich anschaut, was Klimaschutzmaßnahmen zum Beispiel im betrieblichen Bereich bewirken können – wenn man dann rechnet, wie viel sie kosten und wie wenig Förderungen kosten, auf die Lebenszeit gerechnet –, wie viel Treibhausgase damit ein­gespart werden, dann, muss man sagen, ist das wirklich ein toller Effekt, sind das tolle Ergebnisse. Und das ist sicherlich viel, viel sinnvoller als zum Beispiel Zertifikate zu kaufen, die dann nach einiger Zeit regelrecht verpuffen, nicht mehr da sind und nur eine mathematische Verbesserung des Klimas mit sich bringen, aber nicht unbedingt eine reale.

Ebenso ist das Umstellen unserer Wirtschaft auf eine kohlenstoffarme Ökonomie ein sinnvolles Modell, weil es einerseits dabei hilft, wirklich energieautark und selbständig zu werden, aber andererseits gleichzeitig natürlich auch die Betriebskosten gesenkt wer­den, wenn die Maßnahmen sinnvoll gesetzt sind.

Ebenfalls Betriebskosten sparen kann man mit Treibhausgas reduzierenden Maßnah­men, mit Klimaschutzmaßnahmen im Wohnbau, was überhaupt ganz vielfältige Effekte mit sich bringt, weil nicht nur die Betriebskosten, wie schon erwähnt, sinken, sondern gleichzeitig damit auch sehr oft die Lebensqualität steigt. Man denke etwa nur daran, dass es immer noch sehr viele Substandardwohnungen gibt, in denen Menschen woh­nen, die nach wie vor alle paar Tage mit der Ölkanne gehen müssen, um den alten Öl­ofen zu beheizen. Wenn man da umtauscht, umswitcht auf nachwachsende Rohstoffe, auf treibhausgasärmere Energiequellen, dann ist das ein Gewinn nicht nur für die Um­welt, sondern natürlich auch für die Menschen, die dann nichts mehr schleppen müs­sen und eine ganz andere Lebensqualität haben.

Ebenso macht es Sinn, zum Beispiel Aktionen zu fördern, in deren Rahmen alte Elek­trogeräte, oft echte Stromfresser, ausgetauscht werden. Es hat vor einiger Zeit eine sehr


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 465

tolle Aktion der Stadt Wien gegeben, wo alle Sozialpassbezieherinnen und –bezieher die Möglichkeit gehabt haben, um 50 € einen ganz neuen, sehr energieeffizienten Kühl­schrank zu erwerben. Der alte Kühlschrank wurde abtransportiert und auch fachge­recht entsorgt.

Das sind Dinge, die sich sehr schnell amortisieren, die den Leuten wirklich auch helfen, Kosten zu sparen, und auch jenen, die es sich sonst nicht leisten können, die Möglich­keit bieten, klimasensitiver zu leben.

Auch der Tausch von Fenstern, das Dämmen von Fassaden, von obersten Geschoß­decken et cetera sind Maßnahmen, die sich meistens sehr schnell amortisieren und hel­fen, die Lebensqualität zu steigern. Genauso wichtig ist aber auch die Beratung, die oft mit ganz einfachen Verhaltensänderungen wie Lüften oder anderem Wärmeregulieren ganz tolle Ergebnisse nach sich zieht.

Die 100 Millionen €, die jetzt pro Jahr in die thermische Sanierung investiert werden – 50 Millionen in Betriebe, 50 Millionen in den privaten Wohnbau –, sind sehr zu begrü­ßen. Das ist eine ganz wichtige Maßnahme gegen „Energiearmut“, gerade die 50 Mil­lionen € im privaten Bereich. Das ist aktive Klimapolitik, die auch Beispielswirkung für andere Bereiche hat.

Das WIFO rechnet uns vor, dass sich ein investierter Euro für den Staat doppelt rech­net, indem er doppelt zurückkommt. Klimamaßnahmen im Inland wirken für viele Jahre und sind auch nach 2013, nach dem Ende der Kyotoperiode, anrechenbar. Dies bringt Arbeitsplätze, dies bringt Wertschöpfung. Ich denke, das ist ein sehr gutes Beispiel, das zeigt, wie Geld sehr sinnvoll investiert werden kann.

Viele neue Rahmenbedingungen sind noch dafür notwendig, um eine wirklich kohä­rente Klimapolitik zu leisten, wie ein Energieeffizienzgesetz, die Dotierung des Leitungs­ausbaugesetzes, mehr Gelder für die Umweltförderung im Inland, um den Rucksack ab­zubauen, und ein ökologisches Steuermodell. Aber Politik ist ja ein langer Prozess. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Mayer. – Bitte.

 


15.21.42

Abgeordneter Peter Mayer (ÖVP): Frau Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir sind es ja gewohnt, dass in den Agrarde­batten etwas Polemik mitspielt (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ach, sonst nicht?!), aber der Vorwurf oder die Unterstellung des Abgeordneten Pirklhuber, der gesagt hat, dass er glaubt, dass Bauern, die politisch tätig sind, von der AMA bewusst kontrolliert werden, geht schon in Richtung Märchenstunde. Als ich vor einigen Wochen kontrol­liert wurde, hätte ich auch den Kontrolleur fragen können, ob er deswegen kommt, weil ich im Nationalrat sitze. Dieser Vorwurf ist also schon etwas weit hergeholt. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber nun zum eigentlichen Thema: Der Agrarbereich trägt auch seinen Teil zur Bud­getkonsolidierung bei, und das ist ja nicht so unwesentlich. Ich danke dem Herrn Bun­desminister dafür, dass er die Einsparungsschwerpunkte so gesetzt hat, dass die Aus­gleichszahlungen, die direkt zu den Bauern kommen, auch in den nächsten Jahren in voller Höhe ankommen können. Das ist wichtig für die Planungssicherheit, das ist Agrarpolitik mit Handschlagqualität, speziell für die jungen Menschen, die in der Land­wirtschaft tätig sind und in dieser auch in Zukunft ihr Einkommen verdienen wollen.

Der eingeschlagene Weg in Richtung Ökologisierung des Steuersystems ist ein guter Weg, es ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, ist da und dort mit Schmerzen verbunden, auch in der Landwirtschaft.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 466

Es ist ein Irrglaube, wenn man behauptet, die MÖSt-Erhöhung treffe die Landwirtschaft nicht. Es gibt einige Presseaussendungen, die dieses Argument untermauern. Auch Kollege Kogler hat in seiner Marathonrede gesagt: Sogar die Bauern, die mit ihren gro­ßen Traktoren durch die Gegend „hirseln“ – wortwörtlich –, sind von der MÖSt-Erhö­hung verschont geblieben. Da muss mir Kollege Kogler auch einmal erklären, was er mit „hirseln“ eigentlich gemeint hat! (Zwischenruf bei der ÖVP.) Ich weiß, dass man mit Traktoren pflügen kann, mähen kann, aber dafür, was „hirseln“ bedeutet, ist er sicher noch eine Erklärung schuldig.

Tatsache ist, die Rückvergütung für Agrardiesel hat es schon immer gegeben, und die­se ist mit 50 Millionen € gedeckelt. Diese 50 Millionen € wurden jedes Jahr fast zur Gän­ze ausgeschöpft. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) Und wenn es da eine Erhö­hung gibt, dann schlägt diese Erhöhung bei den Bauern zur Gänze durch. Das ist da­her ein echter Beitrag zur Budgetsanierung.

Es gibt aber zum Beispiel bei den ÖBB bei der Rückvergütung keinen Deckel. Die Pendler werden mit einer Erhöhung der Pendlerpauschale belohnt. Die Transportunter­nehmen bekommen eine zusätzliche Förderung. In Deutschland hat man aufgrund der erschwerten Einkommensbedingungen für die Landwirtschaft die Agrardieselrückver­gütung erhöht. Es wäre auch bei uns angebracht gewesen, diesbezüglich etwas zu er­reichen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Be­cher. – Bitte.

 


15.24.48

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Wohnbausprecherin meiner Fraktion möchte ich mich natürlich auch kurz mit den wohn- und baurechtlichen Materien, die sich im Umwelt­budget befinden, beschäftigen. Da aber auch das Wirtschaftsressort davon betroffen ist, gelten meine Ausführungen natürlich auch diesem Bereich.

Im Mittelpunkt steht – das haben meine Kollegin Bayr und andere auch schon ange­sprochen – die thermische Sanierung. Die Bundesregierung hat für diesen Bereich er­freulicherweise die Mittel für vier Jahre vorgesehen. Es stehen heuer 100 Millionen € zur Verfügung. Die Vorteile hat Kollegin Bayr ja erwähnt.

Zu diskutieren wären aber auf jeden Fall die Modalitäten, die diesem Sanierungsscheck zugrunde liegen. In diesem Zusammenhang ist es für mich sehr interessant, dass die beiden zuständigen Ressorts unterschiedliche Auffassungen haben.

Der Umweltminister geht davon aus, dass dieser Sanierungsscheck eine Ergänzung zur bestehenden Wohnbauförderung der Länder ist. Der Wirtschaftsminister sieht darin aber eine eigenständige Förderungsmöglichkeit. Und im Gegensatz zum letztjährigen Fördermodell sollen hiermit auch andere Adressatenkreise, zum Beispiel im mehrge­schoßigen Wohnbau, erreicht werden.

Wir unterstützen diesen Vorstoß des Wirtschaftsministers und sind der Meinung, dass nicht nur der mehrgeschoßige Wohnbau von dieser Förderung profitieren soll, sondern dass auch Fernwärmeanschlüsse damit gefördert werden sollen. Weiters sollen nicht nur Einmalzahlungen erfolgen, sondern auch Kreditvarianten hiezu ausgearbeitet wer­den.

Der Vorteil dieses Förderungsmodells, wenn mehr Adressaten erreicht werden, liegt auf der Hand: Es wird sozial treffsicher und häufiger in Anspruch genommen. Und es wird dadurch natürlich auch ein höheres Investitionsvolumen ausgelöst.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 467

Ich möchte noch einen weiteren Punkt anregen, der mir sehr wichtig ist, denn die höchsten Sanierungsraten in diesem Bereich weisen seit Jahren die Gemeinnützigen auf. Daher ist es meines Erachtens sinnvoll, dass diese Förderschiene der thermischen Sanierung nicht nur für den privaten Sektor und den gewerblichen Bereich gilt, sondern auch auf den gemeinnützigen Bereich, also auf die Genossenschaften ausgeweitet wer­den soll. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

15.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rädler. – Bitte.

 


15.27.42

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Es sind schon obskure Diskussionen, die da manchmal geführt werden: Die Freiheitlichen, sonst EU-feindlich, entdecken in der Atompolitik, wenn sie aufflattert, wieder Brüssel, werden sich dort einsetzen. Die Grünen haben ganz vergessen, dass sie in Deutsch­land mitregiert haben, sie hätten es dort in der Hand gehabt. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Sie haben vergessen, wer den Atomausstieg wieder rückgängig gemacht hat!) Nein, nein, Sie haben es in Deutschland vergessen. (Abg. Brosz: Was haben wir vergessen?) Wir wollen daher dieses Modell in Österreich gar nicht haben.

Aber kommen wir zur realen Politik, zur Umweltpolitik in Österreich, die von dieser Bun­desregierung sehr erfolgreich betrieben wird.

Die thermische Sanierung wurde bereits angesprochen: 100 Millionen € werden dafür alljährlich zur Verfügung gestellt. Und das ist nicht allein Bundesaufgabe, sondern – schauen wir uns die Länder an – allein in Niederösterreich zum Beispiel wurden 10 000 Wohneinheiten aufgrund der thermischen Sanierung im Energiebereich umge­staltet. Und das ist gut so. (Abg. Dr. Moser: Ein Prozent Sanierungsrate!) – Österreich­weit ein Prozent, Frau Abgeordnete Moser, schauen Sie sich die Bundesländer an! (Abg. Dr. Moser: Das ist Datenstand!)

Und dann kommen noch die Gemeinden dazu. Es gibt Gemeinden, die Vorbilder sind, die eine ökologische Wohnbauförderung haben, wie meine Gemeinde. Wir fördern nicht nur die thermische Sanierung, sondern wir fördern auch Maßnahmen zur Foto­voltaik, Solarenergie und so weiter. Das ist praxisbezogene Umweltpolitik! Frau Moser, Sie reden eigentlich immer nur davon, aber aus der Praxis kann man von Ihnen eigent­lich nirgendwo etwas nachlesen. (Abg. Öllinger: Nein! Geh, bitte!) Ich konnte noch nichts nachlesen. (Beifall bei der ÖVP.)

Die weiteren Maßnahmen sind bekannt: die 400 Millionen € durch die Ökologisierung des Steuersystems und die 120 Millionen € durch das klima:aktiv Programm, 300 Maß­nahmen, die in den nächsten Jahren umgesetzt werden, um jene Ziele zu erreichen, die wir uns umweltpolitisch gesetzt haben.

Sie haben angesprochen, dass wir nur ein Prozent im Rahmen der thermischen Sanie­rung tatsächlich saniert haben. Ja, das Ziel bis 2020 sind 3 Prozent – ich hoffe, wir wer­den es erreichen.

Wir werden auch das Ziel, das der Herr Bundesminister vorgegeben hat, nämlich als Fernziel ein energieautarkes Österreich, erreichen. Wir haben bereits 37 Regionen, die sich im ländlichen Raum sehr engagieren, vielleicht auch im Burgenland, Frau Kollegin dort hinten.

Das sind in Wirklichkeit jene Maßnahmen, die von dieser Bundesregierung gefördert und auch umgesetzt werden. Ihre politischen Beiträge sind eigentlich nicht realitätsbe­zogen, sondern sehr, sehr fern, da würde ich um mehr Sachlichkeit bitten. Es reicht nicht, wenn Sie immer nur den Standardsatz bringen, dass wir uns einen besseren Bun­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 468

desminister verdient hätten. Wir hätten uns oft auch eine bessere Opposition verdient! (Beifall bei der ÖVP.)

15.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Plessl. – Bitte.

 


15.30.42

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Sehr geehrte Präsidentin! Geschätzter Umwelt­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es wurde in den vergangenen drei Tagen schon sehr viel gesagt, aber eines möchte ich besonders festhalten: Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage gibt es ein Sparbudget, zu dem alle Bereiche etwas beitragen müssen, auch der Umweltbereich, der genauso seinen Beitrag zur Konsoli­dierung leistet.

Ich möchte speziell zwei Bereiche ansprechen: Investitionen, die wichtig sind, gerade in dieser Zeit, und schmerzhafte Maßnahmen.

Der erste Bereich ist zum Beispiel die thermische Sanierung, die ein wichtiges und er­folgreiches Modell ist und auch in der Vergangenheit war. Wir haben schon im Juni im Ausschuss darüber gesprochen, wie wertvoll diese Investition war. Es gab Effekte für die lokale und regionale Wirtschaft, für die Bevölkerung, für die Arbeitnehmer. Wir ha­ben damit insgesamt 14 400 Projekte von Privaten mit einem Gesamtinvestitionsvolu­men von zirka 500 Millionen € ausgelöst, 61 Millionen zirka gefördert. Das heißt, für einen von uns investierten Euro haben wir 8 € zurückbekommen.

Zusätzlich haben wir zirka 530 Sanierungsprojekte von Betrieben durchgeführt, Inves­titionsvolumen zirka 90 Millionen; diese sind mit 18 Millionen gefördert worden, das er­gibt einen Faktor von 1 : 5. Daran sieht man, welches Volumen wir auch hier ausgelöst haben.

2011 – das wurde schon gesagt – sind 100 Millionen für diesen Bereich vorgesehen. Das ist wichtig, um auch positiv auf das Umweltbewusstsein unserer Bevölkerung ein­zuwirken. Der Aufteilungsschlüssel sollte, glaube ich, zirka 70 : 30 für die privaten Haus­halte sein.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist wichtig, im Rahmen des Budgetpfades 2012 die­se 100 Millionen € jährlich auch weiter vorzusehen. Ich unterstütze die Bestrebungen, dass dieser Topf 2012 auch für die Gemeinden aufgemacht wird, um die Gemeinden bei der thermischen Sanierung der Gemeindegebäude zu unterstützen.

Zweitens die Siedlungswasserwirtschaft, ein Bereich, in dem eine sehr große Summe eingespart wird. Wir haben das Gesamtbudget von 630 Millionen auf 355 Millionen re­duziert, 2011 von 180 Millionen auf 130 Millionen, und ab 2013 wird laut Prognosen kein Budget mehr dafür vorgesehen sein. Was das Abwasser betrifft, sind allerdings bereits 92 Prozent der Anschlüsse vorhanden. Das ist zwar wichtig, aber die Kläranlagen und die Abwasserstränge et cetera müssen auch in Zukunft erweitert und gewartet werden. Daher benötigen gerade die Gemeinden mehr Geld. Alle Parteien, die hier im Plenum vertreten sind, wissen auch – insbesondere die Bürgermeister in ihren Reihen –, wie an­gespannt die finanzielle Lage der Gemeinden ist. Deshalb müssen in diesem Bereich entsprechende Budgetmittel zur Verfügung stehen.

Zum Abschluss möchte ich um Folgendes ersuchen: Die Gemeinden sollten im Zusam­menhang mit dem Finanzausgleich Parteienstellung erhalten, damit sie in Zukunft mehr Geld zur Verfügung haben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 469

15.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gril­litsch. – Bitte.

 


15.33.55

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Meine lie­ben Kolleginnen und Kollegen! Die vergangenen Jahre, insbesondere die vergangenen letzten beiden Jahre, waren für alle sehr schwierig, ganz besonders für die bäuerlichen Familien. Keine Berufsgruppe musste derart hohe Einkommensverluste hinnehmen wie die Bäuerinnen und Bauern, nämlich ein Minus von 28 Prozent.

Ich stelle auch fest: Trotzdem wurden hier in diesem Hohen Haus und auch öffentlich Diskussionen geführt auf dem Rücken der Bauern, wenn es um Lebensmittelpreise ging oder auch um politische Forderungen. Es wurden Neiddiskussionen geführt, die in ei­ner solch krisenhaften Phase, denke ich, ganz einfach keinen Platz haben. Denn letzt­lich geht es darum, den Bäuerinnen und Bauern das zu ermöglichen, meine lieben Kol­leginnen und Kollegen, was Sie sich wünschen: sichere Lebensmittel zu produzieren.

Die Lebensmittelsicherheit und die Ernährungssouveränität werden auch Schwerpunkt der nächsten Programmperiode in der Europäischen Union sein, dessen müssen wir uns bewusst sein. Die Ernährungssouveränität und die Lebensmittelsicherheit abzusi­chern, national abzusichern, aber auch auf europäischer Ebene abzusichern, wird ein wesentlicher Schwerpunkt und auch eine Perspektive für unsere Landwirtschaft, für die Bäuerinnen und Bauern sein.

Wir müssen die Frage auch politisch beantworten, und zwar ganz offen: Welche Form der Landwirtschaft wollen wir? Wir wissen, welche Form wir wollen. Wir wollen diese bäuerliche Form, diese nachvollziehbare, diese transparente Form, diese umweltge­rechte, diese ökologisierte Form und keine industrialisierte Form, bei der Gentechnik, Hormone, Sklavenarbeit erlaubt sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Genau das ist die zentrale Herausforderung, meine Damen und Herren, vor der wir stehen. Und deswegen sage ich heute hier, Herr Bundesminister: ein tolles Budget in einer schwierigen Phase, wo es darum gegangen ist, nicht bei den Bäuerinnen und Bau­ern zu sparen, sondern bei der Verwaltung, bei der Kontrolle und bei der Bürokratie. Das ist hervorragend gelungen! (Beifall bei der ÖVP.) Und dafür sage ich auch im Na­men aller österreichischen Bäuerinnen und Bauern ein herzliches Dankeschön an un­seren Bundesminister Nikolaus Berlakovich. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Die Opposition stellt sich hier her und kritisiert, und wir von der ÖVP – das unter­scheidet uns –, wir vom Bauernbund haben den Bauern nie etwas versprochen, was wir nicht halten konnten. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei FPÖ, Grünen und BZÖ.)

Wir haben immer realitätsbezogene Politik betrieben, meine Damen und Herren! Sie haben das Blaue vom Himmel versprochen! Die FPÖ hat beim EU-Beitritt den Bauern gesagt: Ihr braucht gar nicht anzusuchen! Und das haben viele in Kärnten dann auch gar nicht gemacht. Und wisst ihr, was der Effekt war? – Dass diese Bauern fünf Jahre lang von sämtlichen Programmen ausgeschlossen waren! Das ist eine verantwortungs­lose Politik, meine Damen und Herren!

Das unterscheidet uns, denn der Bauernbund möchte den Bäuerinnen und Bauern hel­fen (Abg. Grosz: Glaubst du das alles, was du sagst?), auch im Sinne der Konsumen­ten, ihnen sichere, verlässliche, abrufbare Programme bieten. (Abg. Zanger: Märchen­stund’ vom Bauernbund! – Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Herr Kollege Grosz, Feder der großen Lippe (Abg. Grosz: Sag uns etwas zur Reise­politik des Landwirtschaftsministers!), wir wissen, was wir tun, im Gegensatz zu vielen anderen, die heute auch hier sind. (Beifall bei der ÖVP.)

15.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Huber zu Wort gemeldet.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 470

Herr Abgeordneter, Sie kennen die Bestimmungen: zunächst den zu berichtigenden, dann den berichtigten Sachverhalt. – Bitte.

 


15.37.50

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich kenne die Bestimmungen.

Kollege Grillitsch hat gerade gesagt, dass nur bei der Verwaltung gespart wird und nicht bei den Landwirten. (Abg. Grillitsch: Wo dann? Wo dann?) – Bitte, sinngemäß lesen lernen und nachlesen! (Ruf: Und erfassen!)

Im Budget steht: Bis 2014 werden an Förderungen 156 Millionen € eingespart und in der Verwaltung 24 Millionen. (Beifall beim BZÖ.)

15.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl. – Bitte.

 


15.38.00

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Mi­nister! Hohes Haus! Im November dieses Jahres wurde der Umweltzustandsbericht SOER präsentiert, der Österreich an und für sich ein nicht so schlechtes Zeugnis aus­stellt, aber auch ein Bericht, wie ich meine, der doch kritisch zu sehen ist, wenn man auch die Ergebnisse des Weltklimagipfels in Cancun betrachtet, wo Österreich von 57 Ländern nur an 40. Stelle gereiht ist.

Es ist mir sehr wohl bewusst und es ist mir klar, dass für Klimaschutzmaßnahmen hohe Investitionen benötigt werden. Und es ist mir auch bewusst und klar, dass die vorgese­henen Inlandsinvestitionen für den Klimaschutz 2011 weit höher sein könnten. Ich finde es aber trotzdem positiv, dass sich Minister Berlakovich zum Klimaschutz bekennt (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner) und dass er dies auch gestern in der Tageszei­tung „oekonews“ bekräftigt hat, indem er gesagt hat, dass es trotz Sparbudget gelun­gen ist, die 2010-Dotierung des Umweltressorts für den Klimafonds im Umfang von 75 Millionen € ohne Kürzungen für 2011 aufrechtzuerhalten, und dass es keine Kür­zungen beim Klimaschutz gibt. – Sehr geehrter Herr Minister, wir werden Sie sehr wohl auch an Ihren Worten messen.

Hinsichtlich des Klimaschutzes finde ich es äußerst wichtig und auch richtig, dass künf­tig nicht nur die Industrieländer, sondern auch die Entwicklungsländer kontrolliert wer­den, denn nur die Industrieländer mit harten Restriktionen und hohen Klimaschutzkos­ten zu konfrontieren führt sicherlich nicht zum gewünschten Klimaziel.

Ich möchte hiezu ein Beispiel anführen: Betriebe, die sich nicht dem Klimaschutz unter­werfen, können so viel CO2 emittieren, wie sie für notwendig halten (Zwischenruf der Abg. Mag. Brunner), und müssen dafür nichts oder fast gar nichts bezahlen. Das be­deutet wiederum, dass energieintensive Betriebe ihre Standorte in diese Länder verle­gen und dann sogar noch mehr klimaschädliche Abgase emittieren als zuvor.

Unsere Inlandsinvestitionen für den Klimaschutz müssen daher besonders in erneuer­bare Energie, in die Modernisierung der Infrastruktur und auch in effiziente Umwelt­techniken getätigt werden. Aber gleichzeitig – und das ist mir wichtig – muss auch un­sere Industrie, und ich komme aus dem Bezirk Leoben, wie zum Beispiel die VA Erz­berg, die leider Gottes aus technologischen Gründen an die Grenzen ihrer CO2-Opti­mierung gestoßen ist, gefördert werden.

Unser Ziel muss es sein, durch ökologische Maßnahmen, die sich mit ökonomischen Maßnahmen vereinbaren lassen, eine lebens- und erlebenswerte Umwelt zu schaffen und unsere Investitionen dahin gehend zu evaluieren. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

15.41



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 471

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Preiner. – Bitte.

 


15.41.24

Abgeordneter Erwin Preiner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Die Budgetkonsolidierung spiegelt sich teilweise auch im Umweltbudget wider – hier vor allem bei einem geringer dotierten Budget im Bereich der Altlastensanierung und ei­nem geringeren Zusagerahmen bei der Siedlungswasserwirtschaft.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Eine funktionierende Wasserver- und Abwas­serentsorgung ist in Österreich eigentlich schon fast eine Selbstverständlichkeit. (Zwi­schenruf des Abg. Pendl.) Dabei hat sich auch das Förderinstrument der Siedlungs­wasserwirtschaft seit Jahrzehnten entsprechend gut bewährt.

Nun wissen wir aber auch, dass die meisten Investitionen im Bereich der Siedlungs­wasserwirtschaft von den Gemeinden ausgehen, die bestehende Netze ausbauen, sa­nieren oder durch zusätzliche Baumaßnahmen entsprechend erweitern müssen. Über 90 Prozent der Haushalte in Österreich sind an die Kanalisation angeschlossen. Wir im Burgenland gehen mit gutem Beispiel voran: Über 98 Prozent der Haushalte sind an die Kanalisation angeschlossen. (Abg. Pendl: Sensationell!) Das ist natürlich auch ein Verdienst des jetzigen Umweltministers in seiner vormaligen Funktion als zuständiger Landesrat im Burgenland. – Ein herzliches Dankeschön, Herr Minister! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die angespannte finanzielle Situation vieler Ge­meinden hat aber auch dazu beigetragen, dass Sanierungen und ursprünglich geplante Bauvorhaben im öffentlichen Abwasserentsorgungs- und ‑versorgungsbereich verscho­ben werden müssen. Angesichts der Reduktion beim Zusagerahmen dieses Budgetan­satzes von 180 Millionen € auf 130 Millionen € werden wir daher Vorsorge treffen müs­sen, dass auch ab dem Jahr 2013 und darüber hinaus noch entsprechende Fördermit­tel zur Verfügung stehen. Wichtig ist aber meiner Meinung nach, dass der Prozentsatz der Förderung nicht heruntergefahren wird, sondern gleich bleibt.

Eine Anmerkung noch zum Katastrophenfonds: Diese Mittel müssen meiner Meinung nach schnell, nämlich innerhalb eines Jahres, an die Geschädigten ausgezahlt werden. Hier etwas Positives: Die Finanzmittel für den Katastrophenfonds im Jahr 2011 wurden sogar um fast 25 Millionen € ausgeweitet.

Zum Stichwort sauberes Wasser noch eine grundsätzliche aktuelle Anmerkung betref­fend industrielle Massentierhaltung: Wir wissen, an der burgenländisch-niederösterrei­chischen Grenze versuchen sich immer wieder Schweinemastzuchtbetriebe anzusie­deln, und das direkt im Grundwasserbereich der Neufelder Brunnen, die für die Trink­wasserversorgung des gesamten Nordburgenlandes – knapp 200 000 Menschen – von zentraler Bedeutung sind. (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Das heißt, wir wollen natürlich, dass die entsprechende Qualität des Grundwassers auch weiterhin bestehen bleibt. – Ähnliche Problemzonen gibt es ja auch in der Steiermark; diese wurden heute bereits von Kollegen Muchitsch angesprochen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! In trinkwassersensiblen Regionen derartige Pro­jekte industrieller Landwirtschaft zuzulassen ist problematisch, denn die vermehrte Gül­leaufbringung belastet das Grundwasser mit Antibiotika und Pestiziden und trägt daher auch zu einer erhöhten Nitratbelastung bei. Ich möchte nur darauf verweisen, dass der Grenzwert der Nitratbelastung bei 50 Milligramm pro Liter liegt. Es wurden aber seitens des Wasserleitungsverbandes Nördliches Burgenland im Einzugsgebiet der Neufelder Brunnen durch Sonden bereits Werte von sage und schreibe 170 Milligramm pro Liter gemessen. Ich ersuche Sie daher, Herr Umweltminister, in Zukunft diesem Problembe­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 472

reich auch entsprechend mehr Bedeutung beizumessen. (Bundesminister Dipl.-Ing. Ber­lakovich: ..., das wissen Sie ganz genau!)

Abschließend noch eines, Herr Minister: Sie kennen auch das geplante Projekt der Reststoffdeponie in Neudorf bei Parndorf. Diesbezüglich haben Sie in einer Anfragebe­antwortung auf eine Anfrage meinerseits versprochen, dass Sie die Sorgen und Nöte der Bevölkerung, der Gemeinden, der Bürgerinitiativen in der Region entsprechend ernst nehmen werden. Ich ersuche daher Sie als Entscheidungsträger, alles im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten zu tun, damit diese Reststoffdeponie in der geplanten Form nicht zur Realisierung kommen möge, und bedanke mich im Sinne aller Betroffenen. Ich hoffe, dass Sie als Burgenländer auch noch ein Herz für das Burgenland haben. (Beifall bei der SPÖ.)

15.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Auer zu Wort. – Bitte.

 


15.46.00

Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Ich kann und auch wir von unserer Fraktion können sehr vieles von dem, was Sie, Herr Minister, sowohl hier als auch im Ausschuss gesagt haben, unterschrei­ben, beispielsweise im Zusammenhang mit dem Klimaschutz. Beim Klimaschutz wird nicht gekürzt, und das freut mich sehr.

Dort, wo gekürzt wird, geschieht dies sehr moderat beziehungsweise vertretbar. Zum Beispiel sind die Kürzungen betreffend die Siedlungswasserwirtschaft angesichts des­sen, dass die Fördermittel auch 2009 nicht ausgeschöpft worden sind, akzeptabel und vertretbar.

Was ist noch zu unterschreiben? – Österreich ist atomkraftwerkfrei, gentechnikfrei, die Abfallwirtschaft ist in Ordnung; die Seen – das kann insbesondere ich als Tiroler sa­gen – haben eine ausgezeichnete Qualität. Wir stehen also nicht so schlecht da, wie das die Opposition meint. Die Opposition will diesbezüglich einiges, so glaube ich, ein­fach nicht wahrhaben.

Eine Bemerkung bezüglich des Gesamtbudgets möchte ich aber schon machen – ich hatte ja nicht die Möglichkeit, etwas zum Gesamtbudget zu sagen. Ich darf vielleicht doch ein Zitat des Altlandeshauptmannes von Tirol Eduard Wallnöfer bringen, der ein­mal gesagt hat, die ÖVP ist das Klavier, auf dem der Bauernbund spielt. (Zwischenruf der Abg. Kitzmüller.)

Das ist eine sehr schöne Aussage, die mir unter anderem eben auch erklärt, warum wir so große Probleme haben, sodass wir es bei der Landwirtschaftsförderung nicht zu­standebringen, dass Großgrundbesitzer oder Stiftungen wie die Stiftung Fürst Liech­tenstein zum Beispiel (Zwischenruf des Abg. Bucher) oder auch Industriebetriebe wie die Firma Rauch 9,5 Millionen € kassieren. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Mehr! – Abg. Dr. Bartenstein: Wollen Sie, dass die Firma Rauch die Produktion ins Ausland verlegt? – Abg. Hornek: Das können Sie ... der Firma Rauch erklären!) Das würde dem Gesamtbudget sehr gut tun.

Der ländliche Raum ist von unseren Mandataren heute schon stark in den Blickpunkt gerückt worden, er liegt auch mir als Bürgermeister einer Region im Unterinntal sehr am Herzen. Bei uns wird der ländliche Raum doch immer mehr ausgedünnt.

Was mir umweltpolitisch auch noch ein großes Anliegen ist (Zwischenruf des Abg. Öl­linger), das ist die Erzeugung von Energie. Und wenn ich da in Richtung Grüne schaue – sogar die Frau Klubobmann ist jetzt da, was mich sehr freut –, lautet ein Ap­pell von mir als Tiroler Abgeordneter, er gilt aber für Österreich insgesamt, folgenderma­


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ßen: Energieerzeugung durch Wasserkraft, das ist mir wirklich ein großes Anliegen, und ich würde mir wünschen, dass die Grünen da vielleicht noch ein bisschen mehr Herz hineinlegen würden. (Abg. Dr. Pirklhuber: Haben wir auch: Kleinwasserkraftwer­ke!) Die Wasserkraft ist eine Alternativenergie und müsste von euch mehr unterstützt werden!

Und auch für die Bauern kann ich diesbezüglich das Wort ergreifen. Die Bauern könn­ten die Ölscheichs von Mitteleuropa werden, auch bei uns in Österreich. Wenn wir die Solarenergie noch mehr ausbauen würden (Abg. Dr. Pirklhuber: Aber da passt das Wording nicht! Das sind Solarscheichs, nicht Ölscheichs!), dann wäre das natürlich für die Förderungen auch noch doppelt dienlich. Also Ölscheichs zu werden, das wäre ei­ne Herausforderung für die Landwirtschaft. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser zu Wort. – Bitte.

 


15.49.34

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Werte Präsidentin! Herr Minister! Lieber Kollege Auer! Ich glaube, wir sollten uns auf „Solarscheichs“ einigen und nicht auf Öl­scheichs. (Abg. Pendl: Solarscheichs!) Da gibt es sicher etwas Gemeinsames.

Herr Minister, es ist ja auf einer sachlichen Ebene mit Ihnen wirklich immer sehr span­nend. Darf ich einmal ganz kurz Folgendes anführen: Sie haben uns heute ja auch mit­geteilt, und wir wissen das aus den Besprechungen in den Ausschüssen, im Landwirt­schaftsausschuss zum Beispiel – ich möchte den Bogen ein bisschen weiter spannen: Landwirtschaft und Umwelt –, dass Sie auf EU-Ebene, das ist natürlich budgetrelevant, einen Vorschlag unterbreitet haben, die Förderobergrenze auf 800 000 € zu setzen, Fischler: 300 000 €, durchschnittliche Größe: 20 000 €. – Sind Sie wirklich der Agent der Großagrarier, Herr Umweltminister, Herr Landwirtschaftsminister? – Diese Schluss­folgerung drängt sich geradezu auf.

Zweites Faktum: Wir haben jetzt im Budget die Kürzung der Mittel für den Biolandbau, die Mittel werden von 750 000 € auf 700 000 € zurückgenommen. Sie plädieren immer für eine kleinräumige Landwirtschaft beziehungsweise Förderung des ländlichen Raums. Gerade der Biolandbau ist für Ihr nächstes Ziel, nämlich den Klimaschutz, sehr, sehr wichtig (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Der Biolandbau ist im Durchschnitt größer als der konventionelle! Der Biolandbau ist größer als der konventionelle!), und trotzdem fahren Sie da mit den Förderungen herunter. Ich glaube schon, dass er grö­ßer ist als der konventionelle, nur muss er gefördert werden! Er hat ja gegenüber dem konventionellen einige Nachteile: Er ist arbeitsintensiver und verwendet weniger Che­mie, was uns umweltpolitisch ja wieder sehr viel bringt.

Nächstes Faktum: Herr Kollege Grillitsch hat hier großspurig, sagt man da, glaube ich, behauptet, die ÖVP halte alles, was versprochen wurde. – Ich habe hier (die Rednerin hält ein Schriftstück in die Höhe) ein Dokument, in dem den Bäuerinnen und Bauern, es sind insgesamt 4 500, versprochen wurde, dass man die Fördergelder durch die AMA, das sind EU-Mittel, noch vor Weihnachten ausschütten wird. Daraus wird nichts! In dem Schreiben ist bitte zu lesen: Ende April!

Sie haben die AMA eingerichtet. Sie haben die AMA sozusagen als Schnittstelle, die auch die Finanzabwicklungen vorantreibt, gegründet. Und nun? Die AMA zahlt nicht und sagt, die Kontrolldaten sind nicht aufgearbeitet. Gerade das ist die Aufgabe der AMA, und Sie lassen die Bäuerinnen und Bauern einfach im Stich! Das ist wirklich – entschuldigen Sie den agrarischen Ausdruck – gegenüber den Bäuerinnen und Bauern eine Schweinerei, eine wahre Schweinerei! (Beifall bei den Grünen.)


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Noch dazu hat Ihnen Kollege Pirklhuber wiederholt einen Antrag diesbezüglich vorge­schlagen und eingebracht, aber Ihnen sind diese Menschen anscheinend egal, Weih­nachten hin oder her.

Biologische Landwirtschaft hat ja den großen Vorteil, dass sie auch das Grundwasser viel weniger belastet, und damit komme ich zu dem Bogen zwischen Landwirtschaft und Umwelt, sprich Nitrate, Atrazin-Werte. – Ich danke meinem Vorvorredner, dass er Ihre Aufmerksamkeit auf dieses Thema gelenkt hat. Da haben wir noch immer Altlas­ten, und ich möchte wissen, wann wir das endlich einmal vorantreiben.

Damit bin ich beim nächsten Stichwort, völlig sachlich: Herr Minister! Es geht auch da­rum, Altlasten zu sanieren. Sie haben die Zweckbindung der Mittel für die Altlastensa­nierung praktisch aufgehoben. Jetzt kann man mit dem Geld natürlich wieder andere Dinge machen, aber was liegen bleibt und schon lange liegt, sind die Altlasten. Wir wol­len kein Dauerproblem Altlasten haben, wir wollen da endlich einmal eine Absicherung und sozusagen eine Sanierung. Denken Sie nur an die Altschlacken bei Wiener Neu­stadt – ein Problem, das praktisch vor der Tür ist, und daran gehört gearbeitet!

Nächstes Altlastenproblem im Parlament: die Anti-AKW-Politik. Herr Minister! Wir ha­ben es jetzt schon öfter von Ihnen gehört: Sie bemühen sich zwar, nur bringen Sie nichts weiter, und dass Sie sich endlich einmal couragiert für den EURATOM-Ausstieg aussprechen, gerade als Umweltminister, das habe ich noch nicht gehört. – Vielleicht gibt es heute noch eine Chance. (Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein.)

Nächstes Stichwort: Finanzierung Energiestrategie. Diese müsste Ihnen sehr am Her­zen liegen. Ich weiß nicht, ob in Ihrem Budget diesbezüglich irgendetwas vorgesehen ist.

Nächstes Thema: Ökostromgesetz. – Es ressortiert zwar nicht direkt bei Ihnen, nur tre­ten Sie ja verbal dafür ein. Da geht nichts weiter.

Nächstes Stichwort – das ressortiert sehr wohl bei Ihnen –: die Finanzierung der Le­bensmittelkontrolle, die AGES. Ich habe bereits – ich glaube, das ist schon fast zehn Jahre her – darauf hingewiesen, dass die Ausgliederung der AGES, der Lebensmittel­kontrolle Finanzprobleme mit sich bringt. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Und was ha­ben wir jetzt? – Wir haben jetzt die Finanzprobleme! Auch da, in die Richtung, gehört mehr budgetiert, gerade für die KonsumentInnen und mit Rücksichtnahme auf gesunde Ernährung.

Das letzte Stichwort (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Rädler) – von vielen KollegIn­nen angesprochen –: thermische Sanierung. Ja, 50 Millionen € von Ihnen, 50 Millionen € von Ihrem Kollegen Mitterlehner sind okay, nur brauchen wir an sich das Dreifache!

Ich bin froh, wenn ich jetzt aus der SPÖ mehrfach höre – von Kollegin Becher, von Kol­legin Bayr –: Ja, die thermische Sanierung ist auch ein Sozialprojekt. – Das haben wir schon vor zehn Jahren gesagt! Ich bin froh, dass ich das jetzt endlich von der Seite ge­nauso höre wie teilweise von ÖVP-Seite!

Nur, was wird wieder gemacht? – Es gibt läppische 100 Millionen €, die in erster Linie den Eigenheimen zugutekommen, und deswegen brauchen wir auch eine gesetzliche Verbesserung für die Möglichkeit, thermisch zu sanieren. (Zwischenruf des Abg. Räd­ler.) Im Mietrecht ist vieles möglich, nur tun Sie es endlich! Wir brauchen einen Bauten­ausschuss, der sich einmal dieses Problems annimmt, und dazu laden wir Sie auch sehr, sehr gerne ein, Herr Minister.

Allerletztes Stichwort, allerletztes Faktum: Es hätte mich sehr gefreut, Herr Minister, wenn Sie nicht im Ausland Österreich schlechtgemacht hätten mit Ihren Bemerkungen am Flughafen in Frankreich. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Bartenstein: Na geh!) Diese Äußerungen und diese – wie soll man sagen? – Drohungen waren wirklich we­der österreichwürdig noch ministerwürdig. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

15.55



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 475

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Somit sind diese Themenbereiche erledigt.

15.56.04Rubrik 5 (Kassa und Zinsen)

15.56.08UG 15: Finanzverwaltung

UG 16: Öffentliche Abgaben

UG 23: Pensionen

UG 44: Finanzausgleich

UG 45: Bundesvermögen

UG 46: Finanzmarktstabilität

UG 51: Kassenverwaltung

UG 58: Finanzierungen, Währungstauschverträge

sowie Text des Bundesfinanzgesetzes und restliche Teile der Anlage I ein­schließlich Anlagen II bis IV

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen nun zur Verhandlung der Rubrik 5, Kassa und Zinsen.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Gradauer zu Wort. – Bitte.

 


15.56.48

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Frau Präsident! Herr Minister! Nichts gegen den Umweltminister, aber ich hätte mir doch erwartet, dass bei den Finanzpunkten je­mand von der Finanzverwaltung oder vom Finanzamt hier wäre. (Abg. Jakob Auer: Da hat er recht! Wo er recht hat, hat er recht!) So ist es leider Gottes nicht, das spricht al­lerdings Bände.

Erster Punkt: Es gibt große Unsicherheiten bei der Verrechnung der neuen Mineralöl­steuer. Die Betreiber der Tankstellen wissen nicht, wann die Preise angehoben werden sollen, nämlich in der Nacht vom 31. Dezember 2010 auf 1. Jänner 2011 oder, wie es der Wirtschaftsminister vorschreibt, erst zu Mittag. – Ich glaube, da ist einiges zu klä­ren, und das deutet darauf hin, dass bei der Gesetzwerdung doch etwas husch-pfusch vorgegangen wurde.

Zweiter Punkt: Ich bringe einen Entschließungsantrag der Abgeordneten Gradauer, The­messl und weiterer Abgeordneter ein.

Entschließungsantrag

„Der Nationalrat möge beschließen:

,Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vor­zulegen, die zu einer Entlastung der kleinen und mittleren Betriebe und zur Erhöhung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes führt.‘“

*****

Es geht dabei um eine ganze Reihe von Vorschlägen, wie man in Verwaltung und Bü­rokratie sparsamer vorgehen kann, es geht um Vorschläge, wie man bei den Steuern und Abgaben vorgehen kann, um die Situation zu verbessern. – So viel dazu, weil die Regierungsparteien uns immer vorhalten, dass wir keine Vorschläge bringen. Auch hier sind wieder viele davon.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 476

Der dritte Punkt betrifft das Budget an sich: Es ist ja nicht unbekannt, dass die Staats­finanzen ziemlich desaströs ausschauen. Der Grund dafür sind jahrelange Defizite, die wir eingefroren haben, das heißt, die Ausgaben sind wesentlich höher gewesen als die Einnahmen. Misswirtschaft und Unfähigkeit haben sich dazugesellt, und letztlich hat die Finanz- und Wirtschaftskrise ein weiteres Minus von 30 Milliarden € in die Staatsfi­nanzen gespült.

Die Zinsen fressen uns auf, meine Damen und Herren! Wir steuern auf Zinsendienste von jährlich 11 Milliarden € zu. Letztlich ist es so, dass für zukünftige Investitionen kei­ne freien Mittel zur Verfügung stehen. Wenn zum Beispiel die Universitäten jetzt sagen: Wir brauchen 300 Millionen € für diverse Investitionen!, kann das nur über neue Schul­den finanziert werden.

Wie kommt man aus diesem Teufelskreis heraus? – Ich sage, nur über einen nationa­len Schulterschluss aller können die Staatsfinanzen in Ordnung gebracht werden.

Ich machen Ihnen jetzt anstelle weiterer Polemik und weiterer Kritik einen Vorschlag, wie man an die Dinge herangehen könnte, wie das ein Kaufmann machen würde: Das Ziel müsste sein, in fünf Jahren mit den Schulden auf die 60-Prozent-Maastricht-Gren­ze herunterzukommen.

Das hieße, wir müssten die Schulden um zirka 30 Milliarden € abbauen, damit der Zin­sendienst nicht auf 11 Milliarden € pro Jahr steigt, sondern eher mit nur rund 6 Milliar­den zu Buche schlägt.

Jetzt einige Zahlen dazu, und ich bitte Herrn Krainer, mitzuschreiben; ich werde lang­sam reden. (Abg. Mag. Kuzdas: Das steht dann eh im Protokoll!) – Ja, das ist richtig, aber er müsste es sich natürlich auch anschauen.

Folgende Möglichkeiten gibt es, auf diese 30 Milliarden Einsparungspotenzial zu kom­men: Die Subventionskürzungen könnten mittelfristig 5 Milliarden ausmachen, die Ge­sundheitsreform könnte 2,8 Milliarden bringen, die Verwaltungsreform 2,5 Milliarden, und im Bereich Soziales und Pensionen wären zirka 400 Millionen € möglich, macht zusammen: 10,7 Milliarden. Die neuen Steuern, die Sie beschlossen haben, bringen 2,4 Milliarden. Um wirklich auf ein vernünftiges Ergebnis zu kommen, müsste der Staat seine Anteile bei der ÖMV, der Telekom und der Post auf 25 Prozent reduzieren, bei den Energieversorgern auf 50 Prozent plus eine Stimme und bei der BIG und den Bun­desforsten auf 75 Prozent. Das hieße, dass dort weitere 8 Milliarden schlummern.

Die Zahlen sind nicht von mir, sondern vom Wifo, von der Wirtschaftskammer und vom Rechnungshof, aber das wäre eine Möglichkeit, die Zinsenlast zu reduzieren. (Zwischen­ruf des Abg. Krainer.)

Ich rechne damit, dass von den Partizipationskapitalien, die wir den Banken geborgt ha­ben, in den nächsten fünf Jahren 5 Milliarden zurückkommen. Ich rechne damit, dass die gute Konjunktur, die bereits begonnen hat, jährlich 1,5 Milliarden pro Jahr in die Staats­­kassen hineinspülen wird; das bedeutet weitere 7,5 Milliarden €.

Meine Damen und Herren, in Summe wäre es möglich, das Einsparungspotenzial auf 33,6 Milliarden € hinaufzuschrauben, was bedeuten würde: bessere Voraussetzungen, weniger Schulden.

Es sind Reserven vorhanden. Sie erinnern sich an das Thema Bekämpfung der Schwarzarbeit; 22 Milliarden, wofür es keine Steuern gibt. Das Eintreiben von Steuer­schulden würde 6 Milliarden bringen, das Eintreiben von Gebietskrankenkassenschul­den 1 Milliarde, man müsste die Unfähigkeit zum Beispiel bei AUA, ÖBB, Skylink und so weiter – das kommt ja alles wieder – bekämpfen, und es müsste auch möglich sein, ein mittelfristiges neues Steuersystem auf die Beine zu bringen (Abg. Krainer: Aber wie geht das bei der AUA?), zum Beispiel Reverse Charge statt jetziger Umsatzsteuer.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 477

Meine Damen und Herren, man muss es nur wollen! Das Konklave, das Herr Finanz­minister Pröll einberufen wollte, wäre dringend notwendig. Es ist sofort einzuberufen!

Ich denke, jeder vernünftige Österreicher, der etwas zu sagen hat, müsste bei all die­sen Dingen verantwortungsvoll mitentscheiden und auch zugunsten der Bevölkerung entscheiden. Nur so würde es gehen, denn Sie müssen wissen, es gibt eine noch viel größere Bedrohung, die wir hier im eigenen Land nicht bewältigen können – was ich soeben erklärt habe –: die Bedrohung über den Euro. Wir wissen nicht, was passiert, wenn die Dinge ins Rutschen kommen. Vor allem muss Österreich, wenn es soweit ist, entsprechend stabil dastehen, um dieser Bedrohung begegnen zu können. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

16.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gradauer, Themessl und weiterer Abgeordneter betreffend Entlas­tung der kleinen und mittleren Betriebe und die Erhöhung der Attraktivität des Wirt­schaftsstandortes

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung 40 – Wirtschaft in der 91. Sit­zung des Nationalrates, XXIV. GP, am 22. Dezember 2010

Kleine Unternehmen sind das Rückgrat der europäischen und vor allem der österrei­chischen Wirtschaft. Sie sind Hauptträger der Beschäftigung und Nährboden für Ge­schäftsideen. Die Belange der kleinen und mittleren Unternehmungen müssen drin­gend – ganz oben – auf die Liste der politischen Prioritäten gesetzt werden. Kleine Un­ternehmen reagieren am empfindlichsten auf Veränderungen des Umfeldes, in dem sie tätig sind. Sie werden als Erste in Mitleidenschaft gezogen, wenn Unternehmen über Gebühr mit Bürokratie und Abgaben belastet werden. Und sie beginnen als Erste zu florieren, wenn die Bürokratie zurückgestutzt und Leistung belohnt wird.

Kleine Unternehmen sind als die Haupttriebfeder für Innovation, Beschäftigung sowie die soziale und lokale Integration in Österreich und Europa anzusehen. Deshalb müs­sen für Kleinunternehmen die bestmöglichen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Eine Zukunft, die nachhaltig und sicher ist, braucht starke und innovative Leistungs­träger. Die Freiheit und der Wohlstand jedes Einzelnen wird durch eine kraftvolle Wirt­schaft garantiert.

Die FPÖ fordert daher für die Bereiche „Verwaltung und Bürokratie“ sowie „Steuern und Abgaben“ die Umsetzung weiterer Maßnahmen um jene Punkte, wie oben er­wähnt, bestmöglich zu erreichen:

Verwaltung und Bürokratie

Eine zentrale Aufgabe des stattgefundenen Österreich-Konvents war es, die Strukturen für einen modernen und leistungsfähigen Bundesstaat festzulegen. Entscheidend ist dabei, dass überlappende Schnittstellen und Doppelgleisigkeiten zwischen den Ge­bietskörperschaften beseitigt werden. Die neue Verfassung sollte Grundlage für eine umfassende Verwaltungsreform sein, welche die gemeinsamen Interessen von Bund, Ländern und Gemeinden, aber auch insbesondere der Steuerzahler und der Wirtschaft vereint.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 478

Die Kosten der Unternehmer aufgrund staatlicher Informationsverpflichtungen belaufen sich mittlerweile auf über 8 Mrd. Euro jährlich. Dieser tägliche Bürokratiewahn verur­sacht beispielsweise bei Kleinbetrieben (bis 10 Mitarbeitern) Kosten von 3.750 Euro pro Mitarbeiter und Jahr. Bürokratie kostet Geld, verhindert Investitionen, fördert Schwarzarbeit und kostet bereits in jedem dritten Betrieb auch neue Jobs, da laut ak­tuellen Umfragen 38 Prozent der Kleinunternehmer mehr Personal einstellen würden, wenn die Bürokratieschraube gelockert wird.

Für den Abbau von Bürokratie gibt es unzählige Beispiele. Einige seien hier erwähnt: Streichung der Veröffentlichungsverpflichtung in der Wiener Zeitung, Abbau der Statis­tikflut (Eurostat, Interstat), Verfahrensvereinfachungen z. B. Abgabenverfahrensrecht, Vereinfachung durch Vereinheitlichung des Lohnbegriffes und damit einhergehend der Lohnverrechnung, stärkere Vernetzung der Behörden, usw.

Neben einer Staats- und Verfassungsreform, die eine effiziente Verwaltung schaffen soll, sind auch noch in anderen Rechtsmaterien (Anlagenrecht, Bau- und Raumordnung, Gewerbeordnung, usw.) Erneuerungen und Vereinfachungen bzw. Vereinheitlichungen herbeizuführen. Des Weiteren sind auch Eigenregieleistungen des Staates (z. B. Ab­fallverbände, Straßenmeistereien, Bauhöfe, Gärtnereien) - insbesondere der Kommu­nen - abzubauen bzw. gänzlich zu privatisieren.

Durch eine effektive Verwaltungsvereinfachung, die einen merklichen Bürokratieabbau mit sich bringt, könnten unsere heimischen Wirtschaftstreibenden massiv entlastet wer­den, ohne dabei an der Steuerschraube zu drehen.

Vereinfachungen der Lohnverrechnung: Allein die Tatsache, dass die Lohnsteuerricht­linien als „Auslegungsbehelf“ zum Einkommensteuergesetz rd. 1.300 Punkte umfasst, ist unzumutbar und untragbar. Die Straffung der rechtlichen Bestimmungen ist daher unumgänglich. Langfristiges Ziel sollte sein, dass jeder Arbeitnehmer selbst seine Ver­anlagung beim Finanzamt durchführt und der Arbeitgeber von der Lohnberechnung ent­lastet wird.

Vereinheitlichung der Bemessungsgrundlagen: Im Steuer- und Sozialversicherungs­recht sowie bei den Gemeindeabgaben müssen Vereinheitlichungen stattfinden. Eine Reduktion der über 100 Bemessungsgrundlagen auf möglichst wenige ist anzustreben.

Steuern und Abgaben

Lohnnebenkostensenkung: Die hohe Abgabenbelastung des Faktors Arbeit stellt ein Hemmnis für die Beschäftigung dar und führt zu einem Ausweichen in Schwarzarbeit, geringfügige Beschäftigung und Schein-Selbständigkeit. Die Abgabenbelastung des Faktors Arbeit (ohne Einkommenssteuer) beträgt in Österreich rd. 17,5% des BIP und liegt somit um 4 Prozentpunkte über dem EU-Durchschnitt. Gemessen an der Lohn- und Gehaltssumme beträgt die Abgabenbelastung 42%, um 9 Prozentpunkte höher als in der EU. Zur Entlastung könnten IESG- und AUVA-Beitrag gesenkt werden.

Änderung der Abschreibungszeiten: Abschreibungen für schnelllebige Wirtschaftsgüter (PKW, EDV-Anlagen, ...) müssen an die reale Nutzungsdauer angepasst werden.

Betrieblich genutzte Fahrzeuge: Im Bereich der betrieblich genutzten Fahrzeuge sollte die Vorsteuerabzugsfähigkeit nicht nur auf die Fiskal-PKWs beschränkt werden.

Bagatellsteuern: Nur dort wo der Staat eine Leistung erbringt, sollen Steuern und Ab­gaben eingehoben werden – Äquivalenzprinzip! Daher sind Bestandsgebühren (Miet- u. Versicherungsvertrag), Gesellschaftssteuer, Feuerschutzsteuer, Bodenwertabgabe und Werbesteuer ersatzlos zu streichen.

Finnisches Modell: In Finnland sind Ausgaben für bestimmte haushaltsnahe Dienstleis­tungen von der Steuer absetzbar – und somit deutlich günstiger. Dadurch entstanden rd. 8.000 neue permanente Arbeitsplätze zu marktgerechten Bedingungen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 479

Modell: 60% des für Haushaltshilfen und haushaltsnahen Dienstleistungen (z. B. Gar­tenarbeiten, Reparaturen am Haus - Handwerksarbeiten, usw.) gezahlten Lohns, kann von der Steuer abgesetzt werden. Die Steuerabsetzbarkeit ist mit einer weiteren Ober­grenze von 2.300 Euro pro Jahr gedeckelt. Die 2.300 Euro Steuerabsetzbarkeit gilt pro Person und nicht pro Haushalt! Durch die Einfachheit des Modells sind die Adminis­trationskosten äußerst gering.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vor­zulegen, die zu einer Entlastung der kleinen und mittleren Betriebe und zur Erhöhung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes führt.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Stumm­voll. – Bitte.

 


16.03.49

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatsse­kretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der letzte Tag einer Budgetdebatte, Kapitel Finanzen, bietet traditionell auch die Gelegenheit, ein bisschen Bilanz über die parlamentarische Budgetdebatte zu ziehen.

Mir sind bei dieser Budgetdebatte drei Dinge aufgefallen, die kennzeichnend sind. Ers­tens: Es gibt keine Alternative zum Sparen, es gibt keine Alternative zum Schulden-Bremsen. Das wurde uns schon am ersten Tag im Budgethearing von allen Experten bestätigt. (Abg. Grosz: Doch! Doch!) Die Illusion, Herr Kollege, dass Staaten auf Dauer mehr ausgeben können, als sie einnehmen, ist geplatzt – auch im Rahmen der Finanz­krise.

Wir erleben derzeit, was mit Ländern geschieht, die ihre Staatsfinanzen nicht in Ord­nung haben. – Sie werden zum Spielball der Finanzmärkte. Wir, meine Damen und Herren, wollen nie in die Situation kommen, dass andere – die EU oder der Währungs­fonds – uns diktieren, was wir zu machen haben, damit wir noch Geld bekommen. In diese Situation wollen wir nie kommen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zweiter Punkt: Mir ist aufgefallen, meine Damen und Herren, dass auch eine zweite Illusion geplatzt ist, nämlich die Illusion, dass es ein Sparpaket geben kann, das nie­mand spürt. – Eine Illusion! Der Finanzminister hat immer gesagt, jeder wird seinen Beitrag leisten müssen – jeder nach seiner Leistungsfähigkeit. Genau das ist gesche­hen. Damit ist diese Erkenntnis auch eine Absage an all jene, die glauben, mit einer Reichensteuer, mit einer Vermögenssteuer, mit einer Stiftungssteuer, mit einer Kon­zernsteuer könne man ein Budget sanieren. Das geht leider nicht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Riepl: Ein bisserl aber schon!)

Zu den Konzernen, und da spreche ich jetzt meine Kollegen von der SPÖ an: Sie fei­ern im Jänner „100 Jahre Bruno Kreisky“. (Abg. Riepl: Zu Recht!) Er war der Erste – und er würde sich heute im Grabe umdrehen –, der wirklich Konzerne nach Österreich gebracht hat, mit Lockangeboten sogar, Stichwort General Motors. Das hat Bruno Kreisky gemacht, und das war richtig. Er hat genau erkannt: Das Rückgrat der Wirt­schaft ist zwar die große Zahl unserer Klein- und Mittelbetriebe, aber auch Konzerne, die viele kleine Zulieferer brauchen, sind wichtig für dieses Land. Er würde sich heute


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 480

im Grab umdrehen, wenn er hören könnte, wie negativ Sie über Konzerne reden, mei­ne Damen und Herren, denn sie sichern auch Arbeitsplätze! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Riepl: Es gibt Konzerne, die zahlen überhaupt keine Steuern!)

Dritter Punkt, das hat sich wirklich gezeigt, und das haben auch alle Experten bestätigt: Es war richtig, trotz eines Sparbudgets offensive Maßnahmen zu setzen, offensive Maß­nahmen im Bereich Bildung, im Bereich Universitäten, im Bereich Forschung, im Be­reich Wärmedämmung. Auch das ist ein, wie ich glaube, sehr ausgewogenes Konzept.

Ich darf vielleicht noch die auflagenstärkste Zeitung unseres Landes zitieren, die als Reaktion auf das Sparpaket geschrieben hat – Claus Pandi war das –, im europäischen Vergleich sei das ein eigentlich sehr harmloses Paket.

Genau das ist es, meine Damen und Herren! Man muss über den Tellerrand hinaus­schauen und vergleichen, welche Sparkonzepte andere Länder machen. Wir kürzen kei­ne Pensionen, wir kürzen keine Löhne und Gehälter. Wir sehen Maßnahmen für den Arbeitsmarkt vor, wir tun alles, damit unser Land seinen tollen Spitzenplatz behält.

Ich möchte – ich bitte Herrn Staatssekretär Lopatka, es dem Herrn Finanzminister aus­zurichten – dem Herrn Finanzminister dazu gratulieren, dass die renommierte Rating­agentur Standard & Poor’s Österreich heute neuerlich das Triple A bestätigt hat. Tri­ple A heißt: weltweit beste Bonität. Das, meine Damen und Herren, ist ein Ergebnis ei­ner soliden Finanz- und Budgetpolitik, für die unser Finanzminister, für die unsere Bun­desregierung steht. – Ich danke Ihnen vielmals. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

16.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Kogler gelangt nun zu Wort. Sie wünschen die gesamte Redezeit, kann ich der Rednerliste entnehmen. – Bitte.

 


16.07.35

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ich glaube, der Herr Umweltminister ist nur deshalb so lange auf der Regierungsbank gesessen, damit auch anlässlich der Debatte über die Finanzkapitel klar wird, dass in diesem Bereich eigentlich ein bisschen lockerer zu Werke gegangen werden könnte, würde auf der Ausgabenseite besser gespart werden. Der Umweltminister steht in je­dem Fall für ein Regierungsprinzip: schonungslos in die Steuergeldschatulle greifen, um Regierungsinserate zu finanzieren; sich selbst jeder Diskussion zu verweigern, aber zu inserieren, zu inserieren, zu inserieren; noch dazu dort zu inserieren, wo es, wie der Rechnungshof aufgezeigt hat, überhaupt nichts mehr zu inserieren gibt. Es sind Kampagnen etwa für die Inanspruchnahme von Förderungen im Energiebereich zu einem Zeitpunkt geschaltet worden, als die Fördertöpfe schon leer waren. Das ist reine Provokation, wenn man so will; rein zu Propagandazwecken das Gesicht des Um­weltministers für Inserate – und die SteuerzahlerInnen zahlen. So geht das nicht weiter.

Ich stelle das meinen Ausführungen voran, weil wir jetzt genau darauf schauen werden, dass damit Schluss ist, dass von dem Versuch abgegangen wird – im Übrigen noch mehr vom Regierungspartner, von der SPÖ –, sich Meinung in diesem Land zu kaufen. Das kann so nicht weitergehen.

Aus meiner Sicht müssen überhaupt einmal die Rechnungshof-Richtlinien befolgt wer­den beziehungsweise muss überhaupt einmal dazu übergegangen werden, grundsätz­lich ein Verbot gegen diese Art von Regierungswerbung auszusprechen und dieses nur in Ausnahmefällen zuzulassen, also nur dort, wo ein dringendes Informationsbedürfnis vorherrscht, dieses zu befriedigen, nur dann zu schalten, wenn es wirklich um etwas geht, so etwa im Bereich von Pandemievorsorge oder weiß der Teufel, wo es nützlich ist, ganz schnell breite Bevölkerungskreise zu informieren, die dann aber auch etwas


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davon haben. Somit hätten wir schon einmal nicht nur ein paar Millionen gespart, son­dern vor allem auch Glaubwürdigkeit gewonnen. Aber das wird noch ein langer Weg. (Beifall bei den Grünen.)

Kommen wir zum engeren Kern der in Verhandlung stehenden Finanzkapitel.

Herr Kollege Stummvoll, wenn Sie schon über das Verhältnis von Finanzmärkten und Staaten räsonieren, dann wird man schon einmal in Erinnerung rufen müssen, dass, nachdem im zweifellos privaten Sektor dieser Finanzspekulationen ziemlich viel schief­gegangen ist, meinetwegen verbrämt und vermischt damit, dass es in den USA sozu­sagen eine serielle Konfiguration von absichtlich faul gestalteten Kreditketten gegeben hat, eines allein diese Finanzkrise nicht ausgelöst hat. Es hat jedenfalls auch die De­regulierung der Finanzmärkte als unabdingbare Voraussetzung dazugehört, und es hat auch dazugehört, dass diese Blasenbildungen in dieser Geschwindigkeit und Größe deshalb möglich sind, weil in dem ganzen Karussell rechtsfreie Steueroasen zwischen­geschaltet worden sind, wo in Sekundenbruchteilen was weiß ich wie viele Milliarden um den Globus bewegt werden können.

All das hat dazu geführt, dass die Titel, die gehandelt werden, bis zum Hundertfachen über dem gelegen haben, was die weltweite Realwirtschaft in diesen sozusagen Zeit­einheiten, die man zum Vergleich heranzieht, gebraucht hätte. Das heißt zumindest – darüber kann man jetzt ideologisch streiten, was wirklich ursächlich und was weniger ursächlich ist, das führt aber, glaube ich, nicht zum Ziel –, und das kann man schon festhalten, dass es hier auch massive Versäumnisse, Einbrüche, Fehlverhalten, Fehl­steuerungen im privaten Bereich im Markt gegeben hat, weil ein unregulierter Markt halt oft nicht zum Optimum führt, sondern bewirkt, dass er sich letztendlich sozusagen selbst austrickst. Es war ja nicht umsonst, dass sich alle Regierungschefs, auch und vor allem der kapitalistischen Länder, unmittelbar nach der Krise hingestellt haben und gesagt haben: Ja, jetzt müssen wir eingreifen, jetzt müssen wir etwas tun.

Also da liegt schon auch ein Versagen in diesem Bereich vor. Aber das Ganze am Le­ben erhalten beziehungsweise gerettet haben letztlich jedenfalls die Staaten, die Steu­erzahlerInnen, sozusagen auch organisiert über Staats-Handeln. Haben jetzt Banken oder Finanzjongleure die Banken gerettet, oder waren es wir – wie Sie immer wieder selbst, im Übrigen zu Recht, an dieser Stelle betonen – über Nacht, aber mit dem Kapi­tal und mit den Haftungen der SteuerzahlerInnen? – Es haben nicht die Banken die Banken gerettet. Die Banken haben sich selbst wechselseitig verhungern lassen. Deshalb mussten wir eingreifen: weil eine Bank der anderen nicht mehr getraut hat und die Liquidität ausgetrocknet ist. Das war die Ursache. Der Staat musste eingreifen. Nachher mit dem Finger auf den Staat zu zeigen, ist ein bisschen problematisch, denn die Verhältnisse haben sich, glaube ich, zumindest soweit wieder verdreht, wieder zu­rechtgerückt, dass man einsehen muss, dass es ohne einen hoffentlich besser orga­nisierten Staat, als wir ihn oft vorfinden, ohne einen auch effizienter handelnden, aber jedenfalls Regel gebenden Staat nicht gehen wird.

Man kann über Staatsverschuldung und Anhäufung von Staatsschulden viel reden, das geschieht ja auch in besseren Zeiten; was im Übrigen schlecht ist. Die letzten Ver­schuldungen haben Sie selbst – wie ich meine, auch zu Recht – einmal der Summe nach begrüßt, weil ja etwas getan werden muss, weil klar war, insbesondere nachdem die Finanzkrise auch eine Realwirtschaftskrise ausgelöst hatte, dass man da auch ge­gensteuern muss. Das war ja nachgeradezu eine keynesianische Erkenntnis: automati­sche Stabilisatoren wirken lassen, Investitionsprogramme fahren – wie gut oder wie schlecht, darüber können wir immer weiterstreiten. Ob das jetzt g’scheit war, die alten Industrien zu stützen, oder ob man gleich zu moderneren Anschub- und Förderaktio­nen hätte übergehen sollen, sei dahingestellt. Wie dem auch sei, das ist das Grund­prinzip.


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Man hat jetzt also tatsächlich höhere Staatsschulden, und an dieser Stelle stellt sich schon die Frage – insofern bin ich genau bei Untergliederung 16, bei den öffentlichen Abgaben –: Wer trägt – das war eigentlich immer die Parole, unter der das gesegelt ist; jedenfalls der kritischeren Gruppen – die Lasten dieser Krisenabtragung? Dass das Ver­schuldungsniveau nicht unmittelbar so hoch bleiben soll, darüber gibt es weitgehend Ein­verständnis, zumindest dann, wenn es nicht über eine große Inflationswelle abgetragen werden soll. So könnten sich die Staaten nämlich noch helfen. Das ist aber aus ande­ren Gründen nicht sehr beliebt.

Wenn wir das ausschließen, ist klar: Schulden müssen runter, neue Defizite entspre­chend klein gehalten werden, logisch. Das braucht Ausgabendisziplin, und deshalb muss man auch die Einnahmen anschauen dürfen; über die Ausgaben haben wir schon viel gesprochen. Es ist ÖVP-Diktion, dass man auf der Einnahmenseite überhaupt nichts tun kann, oder nichts mehr tun soll, aber das sehen wir halt anders, weil natürlich auch eine Strukturreform längst ansteht.

Ich habe heute – es liegt noch dort oben auf meinem Platz, dieses hohe Packerl – die Studien vom Wirtschaftsforschungs- und anderen Instituten mitgebracht, die beinahe an jeder Stelle diesen Geist atmen, dass man in Österreich die Steuerstruktur umstel­len sollte, nämlich bei den arbeitsbezogenen und lohnsummenbezogenen Abgaben zu­rückfahren sollte – das wird Ihnen nicht neu sein, das verlangen Sie auch bei Gele­genheit –, und an anderer Stelle hinauffahren sollte, entweder bei der Ökologisierung des Steuersystems oder eben bei den vermögensbezogenen Steuern, weil wir da im OECD-Vergleich sehr weit hinten liegen. Man könnte zur Budgetsanierung vorüberge­hend ein bisschen erhöhen und dann wieder im Gegenzug runterfahren. Das würde aber bedeuten, bei den anderen runterzufahren, dort nämlich, wo wir quasi an der Weltspitze liegen, wie etwa bei den Abgaben auf den Faktor Arbeit.

Es wird immer argumentiert, das sei womöglich leistungsfeindlich, wenn man beim Ver­mögen zu viel macht. – Das kommt darauf an, wo man ansetzt. Bei einer generellen Ver­mögensteuer, bei der man schon Schwierigkeiten mit der Erhebung, mit der Systematik der Bemessungsgrundlagen hat, dürfen wirklich Fragezeichen gemacht werden – es könnte sonst auch Verschiebungseffekte geben, et cetera –, aber zumindest bei ein paar Bezugspunkten könnte man schon ansetzen.

Sie drehen es immer so hin, als ob die Erbschafts- und Schenkungssteuer etwas wäre, das wieder nur jeden Kleinen trifft. – Das ist eine Frage der Konfiguration. Natürlich, wenn man Freibeträge von mehreren hunderttausend Euro macht, dann bleibt immer noch genug übrig bei dem, was in Österreich vererbt wird. Und es ist wirklich nicht ein­sehbar, dass für mehrere Millionen Erbschaft überhaupt kein Cent Steuer mehr anfällt. Da hilft auch nicht das Argument (Zwischenruf des Abg. Dr. Königshofer) – jetzt ha­ben das ausgerechnet Sie hereingerufen, dieser Unfug ist sonst immer der ÖVP vorbe­halten geblieben –, dass das schon einmal versteuert worden wäre. Das gilt ja überall.

Abgesehen davon, fangen wir einmal bei dem an, dem es nutzt, nämlich beim Erben! Er bekommt das Erbe einfach! Er müsste 20 Jahre lang oder, wenn er mehr verdient, entsprechend weniger, vielleicht fünf, zehn Jahre lang arbeiten, um diese Summe zu verdienen, würde aber im Durchschnitt Steuern und Sozialversicherungsabgaben von 50 Prozent zahlen. Das ist doch Unfug. Das ist ja genau das Gegenteil von Leistungs­prinzip! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Öllinger: So ist es!)

Sie sagen, das ist schon versteuert worden. – Vor diesem Hintergrund, unter diesem Aspekt stellen wir sofort einen Antrag, und Sie werden als Erste zustimmen, dass wir die Mehrwertsteuer abschaffen, denn jeder, der irgendetwas konsumiert, auch wenn er nur eine Wurstsemmel isst, zahlt das in der Regel aus versteuertem Einkommen. – So funktioniert das Argument nicht, also hören Sie auf damit! Sie werden erklären müssen, warum alle möglichen ökonomischen Vorgänge, die durchaus nützlich sind, in Öster­


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reich so hoch besteuert und dadurch auch behindert und geschädigt werden, ebenso die ganze Argumentation rund um die Arbeitsplätze und von mir aus auch bei den selbständigen Einkommen – es geht ja nicht nur um die ArbeitnehmerInnen –, während ein Erbe, also ein mitunter auch sehr hohes arbeitsloses Einkommen, steuerfrei sein soll. Das ist mit einem christlich-sozialen Verständnis, aber auch mit dem Leistungs­prinzip überhaupt nicht vereinbar. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll.)

Sie müssen halt einmal einsehen, dass wir das aus der Perspektive des Erben be­trachten. Man kann ja auch viel gewinnen. Man steuert ja nicht nur drauf los, um je­mandem zu schaden, sondern man steuert damit das System um, und man kann dort entsprechende Steuernachlässe geben, wo das durchaus vernünftig ist, worüber wir uns sofort wieder einig werden könnten. Aber so viel Zeit ist jetzt gar nicht, um Ihre Wi­derborstigkeit zu durchbrechen, weil Sie einfach Ihrer Kampagne treu bleiben. Manch­mal erzählen Sie es sich so lange, bis Einzelne von Ihnen das wirklich glauben. Als wir neulich Gelegenheit gehabt haben, uns im Budgetausschuss diesbezüglich einmal eine Spur eingehender zu unterhalten, haben Sie zum Schluss selbst alle genickt. So war es doch, und Sie haben zu Recht genickt! Aber es wird noch ein bisschen Zeit brau­chen, dann werden Sie auch hier Ihren Widerstand aufgeben müssen. (Beifall bei den Grünen.)

Ansonsten wäre es natürlich schon verlockend, sich bei der Untergliederung Finanz­ausgleich einmal ein bisschen darüber zu unterhalten, was denn mit dem Geld ge­schieht, für das im Wesentlichen die Bundesregierung, von mir aus der Nationalrat als Ganzes oder in der Mehrheit jedenfalls, Bundesorgane der Republik, wenn man so sa­gen will, die Verantwortung tragen, was denn mit dem Geld geschieht, für das auch Sie, Herr Kollege Stummvoll, die Verantwortung übernehmen müssen, was Höhe und Ausgestaltung betrifft – gerade haben wir es ja diskutiert –, was dann mit dem Geld, das wir an die Länder und Gemeinden – lassen wir die Gemeinden einmal weg – über­weisen, dort passiert.

Es liegt in den Ländern wirklich im Argen. Deshalb wäre hier eigentlich der richtige Platz, noch einmal diese ganze organisierte Reformverweigerung der Landeshauptleute zu be­sprechen, damit da endlich einmal etwas weitergeht. So hängen die Dinge nämlich wirk­lich zusammen.

Ich frage mich, wie lange es noch brauchen wird, bis wir etwa diese Bezirksschulin­spektoren los sind. Selbst wenn man die Bildungsdirektionen, die in diesen alternativen Konzepten dem gegenübergestellt werden, auf Landesebene einrichtet – vermutlich wird man da nicht rauskommen, das neunmal zu machen –, kommt man im Nettoeffekt, denn die kosten natürlich auch etwas, wir haben es seriös gerechnet, immer noch auf 40 bis 50 Millionen € Ersparnis im Jahr, ohne dass da irgendetwas Besonderes verlo­ren ginge. Ich glaube, da würde sogar noch viel gewonnen werden, und billiger wäre es auch noch.

Aber Sie wissen ganz genau, dass das einerseits im halbideologischen, aber anderer­seits auch im machtpolitischen Streit und Kampf, den die Landeshauptleute oder Ein­zelne davon im Besonderen führen, untergeht. Die Frage ist: Wie lange können wir uns so etwas noch leisten? Insofern wäre ja eigentlich die Frage bei der Untergliede­rung 44: Wie lange wollen wir uns noch reformresistente Landeshauptleute leisten? Das ist der Punkt. Das sollten Sie beantworten, Herr Staatssekretär. Das wäre einmal ein Beitrag, um hier voranzukommen.

Lassen wir das mit dem Bankenpaket weg. Das wäre ja in der Untergliederung 46 wun­derbar zu zelebrieren. Es ist vielleicht gar nicht so sehr das Problem, dass dort Eigen­kapital drinnen ist, wenn entsprechende Renditen zurückkommen. Das Problem ist ein anderes: Wenn wir das Geld im Zusammenhang mit der Hypo Alpe-Adria nicht ent­


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sprechend zurückbekommen, wird das insgesamt sehr wohl ein Verlust. Aber das ha­ben ja auch andere mitzuverantworten. Das ist schon klar. Eine Frage bleibt natürlich schon angesichts des Risikos, das in dem Fall der Steuerzahler für die Haftungen, die da rausgegangen sind, übernimmt. Das sind ja zig Milliarden, die da an Haftungen tat­sächlich eingegangen wurden. Selbst bei diesem sogenannten Partizipationskapital ha­ben wir auch nur das Risiko auf der Staatsseite, denn dann, wenn keine Gewinne in der Bank geschrieben werden, gibt es nichts. Da gilt auf einmal das Kapitalprinzip. (Bei­fall bei den Grünen.) Ansonsten ist das gestaltet wie ein Kredit. Ich frage mich eh, wa­rum die EU das nicht stärker beanstandet, aber vielleicht kommt es ja noch dazu.

Das sind schon Konstruktionen, wo der Steuerzahler aus meiner Sicht gegenüber dem, was hier an möglichem Risiko schlagend wird, zu wenig Entgelt bekommt. Bei den Haf­tungen ist es sehr, sehr niedrig, wenn man das mit anderen Haftungsentgelten am Markt vergleicht. Aber sei’s drum.

Das Resümee, Herr Stummvoll, das Sie da angestellt haben oder anstellen wollten oder zu dem Sie auch andere eingeladen haben, das am Schluss der Debatte zu ziehen, fällt für mich an einer Stelle natürlich auch anders aus, zumal ja immer wieder – Kol­lege Cap ist jetzt nicht da – kritisiert worden ist, dass da im Parlament quasi der Aktio­nismus ausgebrochen ist. Den einzigen Aktionismus, den ich bis jetzt hier habe erken­nen können, gab es ganz am Anfang. Aber dafür ist „Aktionismus“ ein bisschen eine euphemistische Bezeichnung, denn das war der organisierte Verfassungsbruch dieser Bundesregierung. Das ist eine Verniedlichung, wenn man dazu „Aktionismus“ sagt. (Bei­fall bei den Grünen und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Alles andere ist hier im Haus hoffentlich – hoffentlich, sage ich im Vertrauen auf die Präsidentin, die Präsidenten und die Ausschussvorsitzenden, Herr Kollege Auer – im Rahmen der Geschäftsordnung, im Rahmen der Gesetze, wenn Sie so wollen, abge­laufen.

Insofern war doch vollkommen klar, und das ist auch richtig so, dass sich zumindest einzelne Abgeordnete hier zur Wehr setzen, wenn die Regierung mit dem Parlament so umspringt, und zwar unabhängig von den inhaltlichen Auffassungsunterschieden, die man zu einzelnen Budgetpositionen haben kann und soll und wird. Das ist ja klar. Aber diese Vorgangsweise kann sich ein selbstbewusstes Parlament mit Sicherheit nicht gefallen lassen.

Es hat diese Legislaturperiode damit begonnen, das sich der Josef Cap da hergestellt hat – er stellt sich das Rednerpult dann immer ein bisschen höher, also ungefähr so –, da hinausgedonnert hat und den neuen Parlamentarismus verkündet hat. Suchen wir uns doch die Protokolle raus! Und das ist dann das Ergebnis dieses neuen Parlamen­tarismus? Dass er hier – ihm fällt ja mittlerweile nichts anderes mehr ein, als immer die Opposition als rabiat zu beschimpfen – der Regierung die Räuberleiter für all diese Vor­gänge macht?!

Das werden wir uns nicht bieten lassen! Insofern war das genau richtig, dass – und das haben Sie auch eingefordert – die Abgeordneten oder die Fraktionen hier ihre Gegen­vorschläge im Zuge des parlamentarischen Geschehens in Form von Anträgen – prä­ziser geht es nicht, denn darin drücken sie ihre Gegenvorschläge aus – eingebracht haben und zur Abstimmung gebracht haben. Und dass wir dafür dann auch noch na­mentliche Abstimmungen verlangt haben, ist doch dem geschuldet, dass Sie nicht bei jeder Weihnachtsansprache das Gegenteil von dem erzählen, was Sie hier tun. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der FPÖ.)


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16.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte. (Abg. Öllinger: Endlich einmal was Gescheites war das!)

 


16.25.42

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Geh, Karl, wir haben doch 13 Stunden was Ge­scheites gehört, oder? Das irritiert mich jetzt schon, dass du jetzt so tust, als ob es das erste Mal wäre. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

Aber bevor ich loslege, wollte ich nur zum Kollegen Stummvoll sagen: Wenn Sie über Kreisky sprechen, also prinzipiell, wenn irgendeine Partei oder ein Vertreter einer Par­tei über Kreisky spricht, bin ich als Sozialdemokrat natürlich immer recht skeptisch, weil es da in aller Regel nicht darum geht, etwas authentisch zu interpretieren. Lassen Sie sich einmal von mir, von einem Sozialdemokraten, den Unterschied erklären zwischen dem, was Kreisky gemacht hat, und dem, was Sie machen! (Abg. Dr. Stummvoll: Hat er Konzerne geholt oder nicht?)

Ja, Kreisky hat gefördert, dass Konzerne sich in Österreich ansiedeln und Arbeitsplät­ze schaffen. Ja, das hat er gemacht! Was aber machen Sie? Sie fördern, wenn Arbeits­plätze verloren gehen. Das ist das, was Sie in Wahrheit mit der Firmenwertabschrei­bung machen! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Was passiert, wenn eine (Abg. Hornek: Androsch, junger Mann!) – Also Sie wissen das gar nicht? Okay, dann erkläre ich Ih­nen einmal, was Sie machen.

Wenn heute eine Firma in Österreich einen Konkurrenten kauft, also ein Konkurrenzun­ternehmen, was wird da einmal prinzipiell entstehen? Wird mehr Wettbewerb in Öster­reich entstehen oder weniger? Wahrscheinlich weniger. Wird es mehr Arbeitsplätze ge­ben oder weniger Arbeitsplätze, wenn eine Firma einen Konkurrenten kauft? In aller Regel wird es weniger Arbeitsplätze geben, weil es da natürlich Synergieeffekte gibt.

So. Was machen Sie? Sie sagen dem Unternehmer: Den halben Kaufpreis kannst du auf 15 Jahre von der Steuer abschreiben. Das heißt, Sie fördern eine Aktivität, die zu weniger Arbeitsplätzen und zu weniger Wettbewerb führt, und das ist ganz etwas ande­res, als Bruno Kreisky gemacht hat. Der hat Aktivitäten gefördert, durch die Arbeits­plätze und auch mehr Wettbewerb entstanden sind. Und das ist ganz etwas anderes als das, was Sie machen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Donnerbauer: Wie viele Ar­beitsplätze hat die Verstaatlichte gekostet?)

Wenn man die Diskussion über das Budget hier Revue passieren lässt, dann hat man schon manchmal den Eindruck, in Österreich geht es den Menschen so schlecht, dass sie Gras fressen müssen, und die Regierung macht den ganzen Tag nichts anderes, als mobile Schneekanonen durchs Land zu schicken, damit eine möglichst dicke Schneedecke über dem Gras liegt. Bei der Diskussion habe ich teilweise schon den Eindruck gehabt, wir reden hier über ganz unterschiedliche Länder.

Die Wahrheit ist: Ja, die Welt ist von einer Weltwirtschaftskrise erfasst worden. Ja, auch Österreich ist davon betroffen worden. Wir haben ein Riesen-Minus beim Bruttoin­landsprodukt gehabt, das größte seit 1945. Die Volkswirtschaft hat sicher die schwers­te Krise erlebt. Die Arbeitslosigkeit ist in Österreich auf Rekordniveau gestiegen. Wir haben ein riesiges Budgetdefizit in Kauf genommen, um hier gegenzusteuern. Wir ha­ben sehr viel Geld in die Hand genommen, damit das Finanzsystem stabilisiert wird. Und wir haben gleich immer gesagt, wir fahren jetzt bewusst mit den Schulden hinauf, und wir müssen, wenn das Wirtschaftswachstum wieder anzieht, mit den Schulden run­terkommen – und das machen wir jetzt. (Abg. Mag. Stefan: Im Gegensatz zu sonst!)

Wir machen das mit einem moderaten Sparpaket. Irgendwer hat gesagt, es ist ein Sparpaketchen. Also „Sparpaketchen“ ist vielleicht ein bisschen zu niedlich ausge­drückt, aber jedenfalls ist es verglichen mit jenen anderer Länder in Europa, aber auch verglichen mit den Sparpaketen zum Beispiel der neunziger Jahre in Österreich ein sehr kleines, moderates Paket.

Es ist keiner hier im Haus mit jeder einzelnen Maßnahme einverstanden, aber, ganz ehrlich gesagt, etwas Besseres haben wir halt nicht zusammengebracht. Das ist das,


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was wir zusammenbringen, und das ist etwas, was ich auch unterstützen kann, und das ist eine Politik, die uns, wenn wir uns europaweit die Zahlen anschauen, durchaus recht gibt.

Glauben Sie wirklich, dass wir zufälligerweise die niedrigste Arbeitslosigkeit in Europa haben? Ist das Zufall, oder hat die Politik hier einen Anteil gehabt, weil wir vielleicht nicht alles richtig, aber doch nicht alles falsch gemacht haben? Ich sage, die Ergeb­nisse der Politik, die wir im Vergleich zu anderen Ländern und zu Nachbarländern se­hen, geben dieser Regierung recht und geben der Mehrheit in diesem Haus recht, dass das, was wir hier gemacht haben, richtig war, auch für dieses Land richtig war. Und ich glaube auch, dass dieses Budget zeigen wird, dass es die richtige Antwort auf die Krise ist und der richtige Weg ist, um die Schulden in Österreich zurückzufahren und die Neuverschuldung einzubremsen, und deswegen unterstützen wir das.

Ein Wort noch zur Verwaltungsreform, weil hier alle die Verwaltungsreform so groß schreiben. Jetzt hat der Bundesminister für Verteidigung gesagt, ich habe eine eigene Forstverwaltung im Bundesheer, das brauche ich doch nicht, das ist nicht meine Kern­aufgabe, es gibt aber jemanden, der das viel besser kann als ich, nämlich die Österrei­chischen Bundesforste. Und was haben die drei Oppositionsparteien hier gemacht? – Sie haben dagegen gestimmt, gegen eine vernünftige Verwaltungsreform! Erinnern Sie sich an Ihre eigenen Worte und an das, was Sie in der Praxis hier machen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Brosz: Ihr ja auch! Du hast ja auch dagegen gestimmt! – Abg. Krai­ner: Sicher nicht! Das zeigst du mir im Protokoll, dass ich dagegen gestimmt habe!)

16.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lu­gar. – Bitte. (Abg. Ing. Lugar begibt sich zum Rednerpult und stellt dort eine Tafel auf mit der Aufschrift „Flat-Tax statt Steuerdschungel“.)

 


16.31.02

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich bringe hiermit den Entschließungsantrag der Abgeordneten Bucher, Mag. Wid­mann, Ing. Lugar, Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine kurzfristige deutli­che Steuerentlastung und eine mittelfristig umfassende Steuerreform im Sinne des BZÖ-Flat-Tax-Steuermodells ein und werde ihn nun in seinen Grundzügen erläutern.

Unser Flat-Tax-Modell bezieht sich im Wesentlichen auf ein Bruttojahreseinkommen von bis zu 14 235,28 € mit 10 Prozent Pauschalabgabe. Ab einem Einkommen von 14 235,29 € kommt dann abzüglich eines Freibetrages von 11 000 € pro Jahr ein Ge­samtsteuersatz inklusive aller Abgaben von 44 Prozent zum Tragen, der nach dem Flat-Tax-Modell die Mittelschicht begünstigt und nicht die Besserverdienenden bezie­hungsweise die Superreichen in diesem Land, so wie es ja bisher der Fall ist.

Weiters werden die Kinderbetreuungskosten dementsprechend angerechnet, die Fami­lienbeihilfe wird indexangepasst und valorisiert. Die Unternehmensbesteuerung wird rechtsformneutral ausgestaltet und mit 25 Prozent festgesetzt. Die drei betrieblichen Einkunftsarten, Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, selbständiger Arbeit und Ge­werbebetrieb, werden zu einer einheitlichen Einkunftsart zusammengefasst.

Weiters wollen wir eine Totalreform der lohnsummenabhängigen Abgaben und eine Kostensenkung in der Verwaltung, die ja automatisch damit einhergeht, und die Instal­lierung einer einzigen Abgabenbehörde, was eine Vereinheitlichung und eine Verein­fachung bringt, und nicht zuletzt eine Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger, wodurch ebenfalls eine Einsparung in der Verwaltung erreicht wird.

Ich habe jetzt diesen Entschließungsantrag kurz erläutert. Mit diesem Flat-Tax-Modell können wir die Wirtschaft entsprechend unterstützen und ein faires, gerechtes und in


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 487

der Verwaltung einfaches Steuermodell implementieren. Deshalb bitte ich Sie um Ihre Zustimmung. (Beifall beim BZÖ.)

16.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Lugar, ich verstehe Ihre Wortmeldung auch als Ersuchen an mich, einen Antrag – das ist nämlich keine Selbst­verständlichkeit – kopieren und zur Verteilung bringen zu lassen. Und ich möchte Sie alle herzlich dazu einladen, die bisherigen Gepflogenheiten aufrechtzuerhalten und schon vorher zu fragen, denn nur so kann die Parlamentsdirektion vorarbeiten, und wir kommen nicht wieder in das Dilemma, im letzten Augenblick dann unkopierte und nicht verteilte Anträge zu haben. (Demonstrativer Beifall des Abg. Öllinger.)

Dieser Antrag wird also zur Verteilung gebracht. Sie haben ihn in den Kernzügen er­läutert, und er steht dann, sobald er verteilt ist, auch mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bucher, Mag. Widmann, Ing. Lugar, Grosz, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend eine kurzfristige deutliche Steuerentlastung und einer mittelfristig um­fassende Steuerreform im Sinne des BZÖ-Flat-Tax-Steuermodells

eingebracht in der 91. Sitzung des Nationalrates, am 22. Dezember 2010 im Zuge der Debatte zu TOP 1, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.):

Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bun­desfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.)

(Untergliederung UG 16)

Das derzeitige Modell der Lohn- und Einkommensteuer, aber auch der gesetzlichen Sozialversicherung ist kompliziert in der gesetzlichen Regelung, sozial ungerecht und in der Administration teuer. Statt dieses veraltete System endlich nachhaltig zu refor­mieren, wird seitens der Bundesregierung daran herumgebastelt ohne jedoch den fun­damentalen Fehlentwicklungen wie etwa der „kalten Progression“ entgegenzuwirken. So war die letzte sogenannte Steuerreform nicht einmal ausreichend, um die Inflation abzugelten.

Vor allem der Mittelstand, sei es als unselbständig erwerbstätig oder in Form der klein- und mittelständischen Wirtschaft, wird von den Ungerechtigkeiten dieses Systems voll erfasst.

Wie schon mehrfach gefordert ist statt der neuerlichen Belastungslawine, die von der Bundesregierung auf die Bevölkerung losgelassen wird, eine deutliche kurzfristige Steu­erentlastung durchzuführen und eine mittelfristige umfassende Steuerreform vorzube­reiten, die im Sinne des BZÖ-Steuermodells den Bürgern umfassend hilft und endlich Vereinfachungen und Einsparungen bringt.

Aus den genannten Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat ehestmöglich einen beschluss­reifen Gesetzesentwurf vorzulegen, der die Umsetzung des BZÖ-Flat-Tax-Steuermo­dell mit den folgenden Eckpunkten beinhaltet:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 488

Für Bruttojahreseinkommen im Bereich zwischen Geringfügigkeitsgrenze und 14.235,28 Euro besteht grundsätzlich ein einheitlicher Abgabensatz von 10 % (Aus­nahme beispielsweise für Pensionisten), der die jetzigen Abgaben für Sozialversiche­rung und Lohnsteuer (ab 10.000 bzw. 11.000 Euro Jahresbruttoeinkommen) ersetzt.

Ab einem Bruttojahreseinkommen von 14.235,29 Euro ist eine Flat-Tax-Einheitsabga­be statt der jetzigen Lohn- und Einkommenssteuer- sowie der Sozialversicherungsbei­träge einzuheben, wobei vom Bruttojahreseinkommen zuerst ein Steuerfreibetrag in der Höhe von 11.000 Euro und von der verbleibenden Summe die Flat-Tax in der ein­heitlichen Höhe von 44 Prozent abzuziehen sind.

Der Kinderabsetzbetrag (KAB) wird auf ca. 1.000 Euro/Jahr bzw. € 85/pro Monat er­höht.

Der Alleinverdienerabsetzbetrages wird um ca. 100 Euro erhöht.

Alle Kinderbetreuungskosten pro Kind und Jahr sind bis zu einem Höchstbetrag von 2.300 Euro absetzbar, wobei dies analog zum Bezug der Familienbeihilfe erfolgt, d. h. der Familienbeihilfe beziehende Elternteil soll die Kinderbetreuungskosten steuerlich geltend machen können.

Die Familienbeihilfe ist entsprechend dem Verbraucherpreisindex in jedem Jahr zu va­lorisieren.

Im Bereich der Unternehmensbesteuerung erfolgt eine rechtsformneutrale Unterneh­mensbesteuerung, indem alle Unternehmen ein Wahlrecht zukommt, sich auch nach den Vorschriften für Körperschaften, d. h. mit einem Steuersatz von 25 %, besteuern zu lassen.

Die drei betrieblichen Einkunftsarten (Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, selb­ständiger Arbeit und Gewerbebetrieb) werden zu einer einheitlichen Einkunftsart für Unternehmen zusammengefasst.

Einführung verschiedener Maßnahmen zur Stärkung von kleinen und mittleren Unter­nehmen wie beispielsweise die Stärkung des Eigenkapitals von KMU´s, Steuergut­schriften bei Ablegung von Facharbeiter- oder Meisterprüfungen bzw. vergleichbaren Prüfungen oder Steuerprämien für Neueinstellungen durch Ein-Mann-Unternehmen.

Ausweitung der Spendenabsetzbarkeit auf Bereiche wie beispielsweise Blaulichtorga­nisationen, Umwelt-, Natur- oder Tierschutz.

Totalreform der lohsummenabhängigen Abgaben durch Einführung einer einheitlichen Arbeitgeberabgabe, um den Aufwand und die damit verbundenen Verwaltungskosten zu senken und

Installierung einer einzigen Abgabenbehörde, einer Berufungsinstanz und eines ein­heitliches Sozialversicherungssystems zur dringend erforderlichen Vereinfachung im Bereich der Verwaltung.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Mol­terer. – Bitte.

 


16.34.12

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Budgetdebatte des heurigen Jahres, das ist ja keine Überra­schung, steht im Zeichen der Folge der größten Wirtschaftskrise, die die Welt, die Eu­ropa und Österreich seit vielen Jahrzehnten erlebt haben. Es war für uns vollkommen klar, und zwar für alle, Regierung und Opposition, dass wir auf diese Wirtschaftskrise in


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 489

den Jahren 2008 und 2009 reagieren müssen. Womit? Mit der Hilfe des Staates, das Finanzsystem zu stabilisieren, mit der Hilfe des Staates, die produzierende Wirtschaft zu unterstützen, und mit der Hilfe des Staates, die Kaufkraft der Menschen zu erhöhen. Technisch heißt das dann: Bankenpaket, einstimmig beschlossen, Konjunkturpaket, ein­stimmig beschlossen, und Steuerreform, mit breiter Mehrheit beschlossen.

Es war allen Beteiligten hoffentlich – hoffentlich, ich bin mir da nie ganz sicher – klar, dass nach Beschlussfassung dieser zusätzlichen Ausgaben das B kommen muss. Wer A sagt zu zusätzlichen Steuerausgaben, muss wohl B sagen, dass die logische Konse­quenz die Konsolidierung des Staatshaushaltes ist.

Österreich stellt sich dieser Aufgabe, die österreichische Bundesregierung stellt sich die­ser Aufgabe, Josef Pröll stellt sich dieser Aufgabe, und er weicht dieser Aufgabe nicht aus. (Abg. Öllinger: Wo ist er denn?)

Österreich, meine Damen und Herren, war bei der Bekämpfung der Krise – Wirtschafts­pakete, Konjunktur-, Bankenpakete – in Europa immer bei denen dabei, die als Erste, am konsequentesten, am raschesten gehandelt haben.

Österreich hat sich – im Konsens aller Parteien – in Europa auch immer ganz klar posi­tioniert, dass die Stärke der Europäischen Union, vor allem des Euroraumes, in einem starken Wachstums- und Stabilitätspakt liegt, in einem konsequent umgesetzten und keinem aufgeweichten.

Es geht in dieser Frage und bei diesem Budget, meine Damen und Herren, vor allem auch von der Opposition, daher nicht um die Glaubwürdigkeit Österreichs alleine, son­dern es geht auch um die Kreditwürdigkeit Österreichs, und die Summe aus Glaubwür­digkeitsverlust und Kreditwürdigkeitsverlust wäre, Österreich würde noch mehr Zinsen für die Staatsschulden zahlen, und wir würden das Risiko haben, mehrere Milliarden an zusätzlichen Zinsen letztendlich aus dem Budget bezahlen zu müssen, wenn wir nicht jetzt handeln.

Es gibt daher zu diesem Handeln keine Alternative, um nicht in den negativen Sog die­ser Entwicklung, die in Europa in anderen Ländern eingetreten ist, hineinzukommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Schlussfolgerung daher nach dieser Budgetdebatte, und dieser kann sich und darf sich aus meiner Sicht auch keine Partei in dem Haus entziehen: einerseits die Stär­kung der europäischen Perspektive. Nur ein konsequenter Wachstums- und Stabilitäts­pakt, eine konsequente Orientierung in dieser europäischen Perspektive an einem mög­lichst stabilen Europa, Europäischen Wirtschaftsraum, Euroraum, gibt uns in Österreich die richtige Perspektive. Aber wir können das nur dann glaubwürdig machen, wenn Ös­terreich ganz konsequent auf diesem Weg des Budgets 2011 weitergeht.

Das ist meine feste Überzeugung, meine Damen und Herren: Die Krise ist erst dann wirklich vorbei, wenn die Staatshaushalte in Europa wieder im Lot sind – nicht nur der österreichische. Daher wird uns diese Aufgabenstellung begleiten, wie wir das mit dem Budgetrahmengesetz bis 2014, von der Bundesregierung vorgelegt, im Parlament be­reits beschlossen haben.

Diese Anstrengung, diese Konsolidierungsanstrengung, meine Damen und Herren, wird uns nicht erspart bleiben. Das erspart nicht die Verantwortung der Regierungsparteien. Es erspart aber auch nicht Verantwortung bei den Oppositionsparteien.

In diesem Sinne denke ich, es war eine wichtige, manchmal nicht unbedingt von der höchsten Qualität und vom besten Stil geprägte Diskussion. Aber diese gemeinsame Verantwortung, der kann und darf die Opposition, wenn sie glaubwürdig sein will, auch nicht ausweichen. (Abg. Mag. Stadler: Dann halten Sie sie uns wieder vor, die Verant­wortung!) Die Regierungsparteien tun es nicht! Die Österreichische Volkspartei steht zu


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 490

dieser Verantwortung (Abg. Öllinger: Geh, bitte!), und Josef Pröll nimmt sie wahr. (Bei­fall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Für eine Predigt war das zu schlecht! – Abg. Mag. Molterer: Herr Öllinger, Sie wissen ja nicht einmal, wie eine Kirche von innen aus­schaut!)

16.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Kö­nigshofer. – Bitte.

 


16.38.52

Abgeordneter DDr. Werner Königshofer (FPÖ): Frau Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Etwas verwundert bin ich schon von den Worten des Herrn Ex-Finanz­ministers Molterer, wenn er von den Jahren 2008, 2009 spricht. Wir könnten auch über das Jahr 2007 sprechen, Herr Ex-Finanzminister. Das war ein gutes Konjunkturjahr, das war ein Jahr, in dem die Staatseinnahmen gesprudelt sind, wo Sie Milliarden an Mehr­einnahmen hatten und wo Sie leicht ein ausgeglichenes oder sogar positives Budget hätten zusammenbringen können. (Abg. Mag. Molterer: Das war das erste Jahr, wo wir wieder unter 60 Prozent Schuldenquote gekommen sind!)

Nur: Sie haben die Ausgaben wieder ins Kraut schießen lassen und haben wieder ein Minus produziert. Deshalb wundert es mich, wenn Sie von Budgetdisziplin reden. Ich glaube, Sie sollten da etwas vorsichtig sein. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Molte­rer: Wann war es das erste Mal, dass wir wieder unter 60 Prozent Schuldenquote ge­kommen sind? 2007!) Ja, darüber können wir schon noch reden, über das Jahr 2007. Das graben wir schon noch aus.

Meine Damen und Herren, ich möchte zum Finanzmarkt und zur Finanzmarktsicherheit sprechen. Ich habe dazu am 28. Jänner 2009 an die Innenministerin eine schriftliche Anfrage betreffend Medici-Bank gestellt und habe gefragt:

„Liegen Ihnen Verdachtsmomente vor, dass über Veranlagungen dieses Institutes in­ternationale Geldwäsche betrieben wurde?“ „Wenn ja, was haben Sie bisher unternom­men?“

Einfache Antwort auf diese Fragen: „Nein.“ – Es liegt nichts vor, Sie wissen nichts, es wurde keinerlei Ermittlungstätigkeit durchgeführt, um den Verdacht der Geldwäsche aufzuklären.

Mittlerweile wissen wir aber, dass die Frau Kohn und die Bank Austria über die Medici-Bank Milliarden von Dollar und Euro in die USA zu Bernard Madoff geschaufelt haben. Wir wissen heute nicht, wie viel davon Schwarzgeld, graues Geld oder weißes Geld war. Das Finanzministerium, die Behörden Österreichs haben keine Ahnung, was da­von was für Geld war.

Nächste Anfrage am 24. September 2010 betreffend die Entwicklung des Derivathan­dels. In der Zeitung „Die Presse“ stand, dass die österreichischen Banken mittlerweile wieder knapp 2,6 Billionen € – also 2 600 Milliarden  Derivatprodukte in ihren Büchern haben. Der dazu interviewte Nationalbank-Gouverneur Nowotny musste zugeben, dass er das Risiko dieser Größenordnung dieser Produkte nicht beurteilen könne.

Ich habe in einer Anfrage an den Herrn Finanzminister folgende Frage gestellt:

„Wie beurteilen Sie die Höhe des Risikos, welches in diesen Derivatgeschäften bein­haltet ist?“

Die Antwort des Herrn Finanzministers:

„Der Derivathandel impliziert, dass das Ausmaß der offenen, mit Risiko behafteten Po­sitionen im Zeitablauf variabel ist.“ – No na! „Zahlen dazu liegen dem Bundesministe­rium für Finanzen nicht vor.“ – Und so weiter, und so weiter.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 491

Also keine Ahnung, wie groß das Risiko des Derivathandels, der Derivatprodukte ist. Ich darf dazu Folgendes sagen: Wenn 3 Prozent dieser Größenordnung default gehen, dann ist so viel Geld verloren, wie die österreichischen Banken insgesamt an Eigenka­pital halten.

Als Letztes noch eine Anfrage betreffend die Prüfung einzelner großer Kreditinstitute beziehungsweise Bankengruppen. Da habe ich folgende Fragen gestellt:

„Wann und durch wen erfolgte die letzte Prüfung? Was war das Ergebnis dieser letzten Prüfung? Wie beurteilen Sie als BMF dieses Ergebnis?“

Antwort zu diesen Punkten:

„Da die FMA, als zuständige Behörde im Bereich der Bankenaufsicht, unabhängig und gemäß § 1 Abs. 1 FMABG in Ausübung ihres Amtes an keine Weisungen gebunden ist, ist das Bundesministerium für Finanzen (BMF) weder über erfolgte Prüfungen, noch über Ergebnisse informiert und auch nicht befugt diese Berichte einzufordern. Daher kann das BMF zu den Fragen 2. – 4. nicht Stellung nehmen.“

Meine Damen und Herren, das muss man sich einmal vorstellen! Das Bundesministe­rium für Finanzen ist überhaupt nicht darüber informiert, wie es mit den österreichi­schen Banken, mit der Prüfung der Banken, mit ihrer Bonität, mit ihrer Sicherheit aus­sieht. Das Bundesministerium für Finanzen ist aber ermächtigt, über das 100-Milliar­den-€-Bankenpaket zu entscheiden. So kann es doch nicht sein, Herr Staatssekretär! (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Staatssekretär, abschließend noch zur Finanzmarktaufsicht: Ich nenne Ihnen noch einige Banken und Finanzdienstleister, hinsichtlich derer sich diese Finanzmarktaufsicht auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat: BAWAG-PSK, Bank Burgenland, Hypo Alpe-Adria, Meinl Bank, Bank Medici, Bank Austria, Kommunalkredit Austria AG – das ist übrigens das Institut, in dem die Frau Bildungsministerin Dr. Claudia Hase, in Klam­mer: weiß von nichts, vormals Schmied, verantwortlich tätig war –, die Constantia Pri­vatbank (Abg. Mag. Stadler: Hypo Niederösterreich!), Firma AMIS, Meinl European Land, Meinl International Power, Auer von Welsbach, Immofinanz, Immoeast, die Fi­nanzfirma Globe, AWD – alles Finanzinstitute, bei denen die Finanzmarktaufsicht an sich versagt hat und wo Anleger zu Schaden gekommen sind.

Herr Staatssekretär, ich fordere Sie auf, in diesem Bereich der Finanzmarktaufsicht Klar­heit und Ordnung zu schaffen, im Sinn der österreichischen Sparer und im Sinne der Si­cherheit dieses Finanzplatzes Österreich. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

16.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Matz­netter. – Bitte.

 


16.45.16

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekre­tär! Herr Dr. Königshofer, Äpfel mit Birnen zu vermischen ist selbst beim Kompottko­chen relativ schwierig (Abg. Hagen: Das gibt einen Most!), weil die Birnen nämlich län­ger zum Sieden brauchen. Das sollten Sie auch berücksichtigen, wenn es um die Fra­ge geht, inwieweit das Finanzministerium Einsicht in die letzten Prüfungsberichte be­kommt und gleichzeitig Hilfen nach dem Finanzmarktstabilitätsgesetz gewährt. – Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe.

Wenn ein Antrag eines Institutes auf zum Beispiel Partizipationskapital gestellt wird, dann muss selbstverständlich – und das geschieht auch – jeder Einzelne dieser Prüf­berichte durch eine eigene Extraprüfung der OeNB, die unter Einbeziehung aller vorhe­rigen Prüfungen gesondert eine Art Due Diligence macht und danach erst ein Gutach­ten ausfertigt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 492

Ganz anders ist es natürlich, wenn eine Anfrage eines Abgeordneten zum Nationalrat erfolgt. Das ist ein anderes Problem. Da gebe ich Ihnen recht, dass wir in der Konstruk­tion der FMA als selbständige Behörde in Wirklichkeit eine Art Durchbrechung des In­terpellationsrechts der Abgeordneten haben. Wir haben dieses Problem in diesem Haus mehrfach diskutiert, da war Ihre Fraktion noch Regierungspartei und der Herr Grasser Finanzminister. Er hat sich strikt geweigert, die entsprechende Herstellung des Frage­rechts der Abgeordneten via FMA auch gesetzlich zu fundieren. Es stimmt auch die Beantwortung nur teilweise. (Abg. Dr. Königshofer: Um das geht es ja gar nicht! Die FMA gibt dem Finanzministerium keine Auskunft!)

Im Sonderfall kann der Finanzminister den Bericht anfordern. Ich lade Sie aber herzlich ein – es wird ja in dieser GP sicher noch Änderungen geben –, mitzudiskutieren, was wir verbessern können. Es sind alle bemüht, möglichst ein verbessertes System zu schaffen.

Nun aber zu den heutigen entscheidenden letzten Stunden dieses Budgets. (Abg. Grosz: Die letzten Stunden der Republik!) Es ist meiner Meinung nach unstrittig, dass wir nach den Ausgaben von 2009 jetzt entschieden gegensteuern, und das tun wir mit diesem Budget.

Wir erreichen ein Jahr früher die 3 Prozent nach den Maastricht-Kriterien, wir sind auf einem der besten Wege in Europa, und das ist ein richtiger Kurs in dieser Situation.

Kommt die Krise zurück, haben wir genug Spielraum, um notfalls wieder gegensteuern zu können. Mit uns wird es keine andere Politik geben, denn das ist klassisch nach Keynes durchgeführte Budgetpolitik, wie es sich gehört – antizyklisch. Genau deswe­gen machen wir das so.

Was aber die Frage betrifft, wo wir das Geld einnahmenseitig hernehmen, ist ja hörbar, dass es auch unter den Regierungsfraktionen unterschiedliche Positionen gibt. Ich bin aber froh, dass in diesem Budget und in der jetzt zur Debatte stehenden Untergliede­rung eine halbe Milliarde Bankenabgabe enthalten ist.

Warum? – Als es die Probleme am Finanzsektor gegeben hat, sind wir innerhalb von Tagen aufgesprungen und haben verhindert, dass es zur Kernschmelze kommt. Umge­kehrt gilt: Wir haben das für eine Branche gemacht, die seit Mitte der 90er Jahre immer weniger Körperschaftsteuer zahlt und immer höhere Gewinne erzielt. Dabei spielen auch die Konstruktionen, die konzernfreundlichen Formen, die Herr Dr. Stummvoll auf­gezählt hat, eine Rolle. Nur, ganz ehrlich: Das geht nicht!

Wir können einer Branche nicht über 7 Prozent des BIP quasi Steuerfreiheit einräu­men, ihr dann helfen und dann im Gegenzug nichts einnehmen. – Deshalb tun wir das jetzt, und zwar bei den 15 größten Instituten. Alle anderen 600 Institute haben keine Bankenabgabe, daher gibt es auch diesen ganzen Firlefanz mit der Weiterverrechnung nicht.

Mich wundert überhaupt, dass Sie da dem Herrn Rothensteiner nach dem Mund reden, weil natürlich eine Bank die Kosten nicht einfach drauflegen kann, wenn die kleine Bank nebenan diese nicht hat. Daher werden die Banken diesen Teil – so wie früher die Körperschaftsteuer – gegen die Gewinne hinnehmen müssen, und das ist gut so.

Jetzt zahlen sie einmal, und wenn sie wieder einmal Hilfe brauchen, werden wir sie wahrscheinlich wieder gewähren müssen – und wir werden es das nächste Mal wieder so machen. Dann kommt aber wieder der Kassazettel. Im Wirtshaus muss man auch zahlen, wenn man konsumiert hat. (Abg. Hörl: Ja, das ist wahr! Abg. Dr. Graf: Es gibt viele Zechpreller!) – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 493

16.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Widmann zu Wort. – Bitte.

 


16.49.38

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! (Der Redner stellt eine Tafel mit einem BZÖ-Logo und der Aufschrift: „Verwaltungsreform jetzt“ auf das Rednerpult.) Es ist ja fast eine gefährliche Drohung, Herr Kollege Matz­netter, wenn Sie sagen, Sie machen es im nächsten Jahr wieder so wie in diesem Jahr. (Abg. Dr. Matznetter: Für die nächste Krise!) Das heißt, Sie werden auch im nächsten Jahr Reformen verweigern, Sie werden im nächsten Jahr die Steuern erhö­hen, und Sie werden im nächsten Jahr wiederum alle guten Vorschläge der Opposition ablehnen. – Also das ist wirklich gefährlich, wenn Sie das heute bereits ankündigen! (Abg. Mag. Stadler: Und das Budget wird wieder verspätet vorgelegt!) – Und das Bud­get werden Sie auch noch verspätet vorlegen, also wieder Verfassungsbruch bege­hen – das wissen wir also jetzt, das wird auch 2011 wieder stattfinden. (Beifall beim BZÖ.)

Es ist ja wirklich kein Kunststück, ein Budget mit 70 Milliarden € Ausgaben und 62,5 Mil­liarden € Einnahmen vorzulegen. (Abg. Dr. Graf: Das Taferl ist verkehrt!) – Das Taferl ist richtig, Herr Kollege! – Aber dann zu behaupten, Sie machen eine Budgetkonsolidie­rung, Sie machen das Land schuldenfrei, Sie befreien die Jugend von den zukünftigen Lasten, das stimmt einfach so nicht, ganz im Gegenteil: Der Zinsendienst wird bereits im nächsten Jahr rund 8 Milliarden € ausmachen, Tendenz stark steigend. Nur damit wir wissen, wovon wir reden: Das ist im Prinzip ein Vielfaches von dem, was wir für Wissenschaft und Forschung ausgeben, und in etwa das, was die Bundeszuschüsse zu den Pensionen ausmachen.

Sie legen keine Sanierung vor, und Sie sparen ganz krass bei der Zukunft. Sie „pröllen“ die Familien, Sie „pröllen“ die Forschung und Wissenschaft und die Studenten, Sie „pröl­len“ die Pensionisten, Sie haben die Behinderten „gepröllt“, und Sie haben auch die Pend­ler „gepröllt“ – und die Kollegen von der Faymann-SPÖ applaudieren dazu.

Aber ich denke, man kann sich ja bessern. Herr Staatssekretär Schieder und Herr Fi­nanzminister Pröll haben ja gemeint, 1 Milliarde wäre doch aufgrund der Reformvor­schläge des Rechnungshofs zu holen. – Diese Chance wollen wir Ihnen heute geben! Wir wollen Ihnen eine Chance geben, die Grauslichkeiten dieses Budgets auszumer­zen, auszubessern, für Steuerentlastungen zu stimmen und auch für die Zukunft etwas zu tun.

Wir haben daher in einem Entschließungsantrag der Abgeordneten Bucher, Ing. Lu­gar, Mag. Widmann, Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Vor­schläge des Rechnungshofes zur Verwaltungsreform und zum Bürokratieabbau, den ich in den Kernpunkten kurz erläutern werde, entsprechende Maßnahmen vorgeschla­gen, die im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet sind, dass sie Vorschläge des Rechnungshofes sind und daher ja eigentlich auch von den Regierungsparteien gutge­heißen werden sollten.

Es geht dabei um Verwaltungseffizienz; es geht darum, Doppelgleisigkeiten abzuschaf­fen; es geht um eine echte Aufgabenreform; es geht auch darum, zu hinterfragen, wel­che Gesetze wir wirklich noch brauchen; es geht um klare Zuständigkeiten bei der Fi­nanzierung, Ausgaben- und Aufgabenverantwortung, darum, diese in eine Hand zu le­gen; es geht um Ziel- und Wirkungsorientierung, verbunden mit entsprechenden Instru­menten der Kostenrechnung, des Benchmarkings oder auch der Wirtschaftlichkeitsver­gleiche.

Es geht um verstärkte Kooperation, gerade auch auf der kommunalen Ebene; es geht um stärkere Bürgerorientierung; es geht um den flächendeckenden Ausbau des E-Gov­ernments; es geht darum, Verfahren zu beschleunigen, oder auch darum, die Pensions­rechte, die Besoldungsrechte und die Personalrechte der Länder, der Gemeinden und des Bundes endlich einmal zu harmonisieren – und, und, und.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 494

Die Reformen im Gesundheitswesen wurden angesprochen, im Schulwesen ebenso, und letztlich geht es auch darum, die Steuergesetze so zu machen, dass sie für den Bürger verständlich und einfach vollziehbar sind.

*****

Ich ersuche Sie daher um Zustimmung zu diesem Antrag, ebenso um Zustimmung zu den weit über hundert anderen Anträgen des BZÖ, denn wir wollen Reformen statt Stillstand, wir wollen Entlastung statt hohen Steuern, und wir wollen einen schlanken, bürgernahen Staat statt einer Verwaltungsbürokratie.

Diese Anträge werden letztlich zur Nagelprobe für diese Regierung werden. Es geht nicht darum, ob die Opposition hier knapp unterliegt, es geht darum, ob dieses Land eine Zukunft hat. Auch wenn Sie sich freuen, wenn wir die Anträge knapp nicht durch-bringen, letztlich ist das dann ein Misserfolg, eine Missachtung der Interessen der Bür­ger, der Studenten, der Familien, der Pendler, der Behinderten und daher ein schlech­ter Erfolg für dieses Land, wenn Sie diese Abstimmung nicht mittragen. Daher ersu­che ich Sie, unsere Anträge zu unterstützen. (Beifall beim BZÖ.)

16.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich sage es jetzt noch einmal, denn das ärgert mich jetzt ein bisschen: Ich verstehe Ihre Ausführungen dahin gehend, dass Sie das Ersuchen an mich gestellt haben, den Antrag zur Verteilung zu bringen. (Abg. Mag. Wid­mann: Bitte, Frau Präsidentin, das wurde bereits vorab durchgeführt!)

Ich ersuche darum, sich § 53 Abs. 4 GOG wirklich einmal genau anzuschauen!

Ich lasse den Antrag auch vervielfältigen und zur Verteilung bringen, und er steht damit auch mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Bucher, Ing. Lugar, Mag. Widmann, Grosz Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Umsetzung der Vorschläge des Rechnungshofes zur Verwaltungsre­form und zum Bürokratieabbau.

eingebracht in der 91. Sitzung des Nationalrates, am 22. Dezember 2010 im Zuge der Debatte zu TOP 1, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.):

Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bun­desfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.)

(Untergliederung UG 16)

Der Rechnungshof versucht laufend, seine Erfahrungen und Positionen in den mittler­weile ins Stocken geratenen Verfassungs- und Verwaltungsreformprozess einzubrin­gen und liefert mit jeder seiner Prüfungen einen Mosaikstein zur Reform der öffentli­chen Verwaltung.

Trotz der zahlreichen positiven Auswirkungen der in den Jahren 2000 bis 2006 bereits umgesetzten Verwaltungsreformmaßnahmen (allein zwischen 2000 und 2004 erzielten Personal- und Verwaltungsreformmaßnahmen Einsparungen des Bundes von rund 4,1 Mrd. €) sind weitere strukturelle Konsolidierungsmaßnahmen unbedingt erforder­lich, welche dazu beitragen könnten nachhaltige Entlastungen der Bevölkerung zu er­möglichen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 495

Die Schwerpunkte und Handlungsfelder für eine weiterführende und in Österreich drin­gend notwendige Staats- und Verwaltungsreform sind:

eine umfassende aufgabenorientierte Verwaltungseffizienz und Deregulierung auf allen staatlichen Ebenen;

Verbesserungen im Gesetzgebungsprozess und Harmonisierung von Gesetzesbestim­mungen (z. B. bei den Bauordnungen, bei den für die Bemessung der Steuern und der Sozialversicherungsbeiträge geltenden Vorschriften);

Sachgerechte Zuordnung von Aufgaben und Verantwortungen;

Zusammenführung von Finanzierungs-, Ausgaben- und Aufgabenverantwortung ( z. B. bei den Landeslehrern oder im Bereich der Krankenanstalten);

Reform der Finanzverfassung und des Finanzausgleichs (z. B. Reduzierung der viel­fältigen und intransparenten Transferströme);

Zielgerichtete Personalreduktion;

Verstärkte Ziel- und Wirkungsorientierung der öffentlichen Verwaltung;

Einsatz moderner Steuerungsinstrumente zur Verwaltungsführung (z. B. Kosten- und Leistungsrechnung, internes und externes Benchmarking);

Modernisierung des Rechnungswesens aller Gebietskörperschaften durch eine Haus­haltsrechtsreform (z. B. einheitliche und transparente Rechnungslegung, leistungsorien­tierte Budgetierung);

Straffung der Behördenorganisation (z. B. Zusammenlegung der drei Wetterdienste oder der Überwachungsorgane „Blaukappen“ und „Weißkappen“ der Stadt Wien);

Stärkere Kooperationen von Verwaltungsbehörden und öffentlichen Stellen (z. B. ver­stärkte Nutzung von Verwaltungsdaten für die amtliche Statistik, Datenaustausch zwi­schen BMWF und Universitäten);

Verstärkte Bürgerorientierung (z. B. Ausbau von One-Stop-Shops);

Weiterer Ausbau von E-Government (z. B. im Rahmen von Finanz-Online);

Verfahrensbeschleunigung und Schaffung der Voraussetzungen für eine raschere Ab­wicklung von Verfahren (z. B. im Bereich des Asylwesens);

Effizienteres Personalmanagement und Flexibilisierung des Personaleinsatzes (z. B. Vermeidung ausbildungsfremder Verwendungen);

Harmonisierung der Pensions- und Personalrechte von Bund, Ländern und Gemeinden;

Reduzierung des Aufwandes für Supportleistungen (z. B. durch eine gemeinsame Auf­gabenbesorgung in Verwaltungsclustern);

Wirtschaftlichkeitsvergleich von Eigen- und Fremdleistung (z. B. beim Einsatz externer Berater);

Ausgliederungen;

Reform des Gesundheitswesens (z. B. Abbau von Akutbetten, Verbesserung der Stand­ortstruktur, Neuregelung der Krankenanstaltenfinanzierung);

Reform des Schulwesens (z. B. Zusammenlegung von Klein- und Kleinstschulen, effi­zientere Gestaltung der Schulaufsicht);

Effizientere Gestaltung des Förderungswesens (z. B. Festlegung quantifizierbarer För­derungsziele, Vermeidung von überschneidenden Förderungsbereichen und von Mehr­fachförderungen);


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 496

Nachhaltige Finanzierung von Infrastrukturprojekten (Vermeidung „grauer Finanzschul­den“);

Verbesserte Abwicklung von Bauvorhaben der öffentlichen Hand (z. B. durch Einfüh­rung von „Claim Management“);

Wohnbauförderung und Siedlungswasserwirtschaft (z. B. Umstellung auf Subjektför­derung; verstärkter Zusammenschluss von Gemeinden und Gemeindeverbänden);

Stärkung der öffentlichen Finanzkontrolle durch Ausweitung der Prüfungszuständig­keiten der Rechnungshöfe.

Allein aus den 206 Vorschlägen des Rechnungshofes die bisher noch nicht oder nicht ausreichend aufgegriffen wurden, ergibt sich ein geschätztes Einsparungsvolumen von rund 1 Mrd. €. Dies ohne Berücksichtigung der Einsparungsmöglichkeiten durch Refor­men im Gesundheitsbereich, der Abwehr der finanziellen Auswirkungen pensionsrecht­licher Maßnahmen für den Bund im Bereich der ÖBB (1,2 Mrd. €) sowie durch eine Re­form der Wohnbauförderung (bis zu 1 Mrd. €).

Alle Empfehlungen nützen aber nichts, wenn sie nicht umgesetzt werden.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Sinne der Vorschläge des Rechnungshofes zur Verwaltungsreform, zum Bürokratieabbau und zur massiven steuerlichen Entlas­tung der Bevölkerung nachstehende Maßnahmen umzusetzen:

Zusammenführung der Kompetenzen von Bundeswettbewerbsbehörde und Bundes­kartellanwalt

Abstimmung der Aktivitäten zwischen Bundeswettbewerbsbehörde und Regulatoren - Vermeidung von Parallelaktivitäten bei der Marktbeobachtung

Erreichung einer tatsächlichen Personaleinsparung durch Ausgliederungen von Ver­waltungstätigkeiten durch die Verwendung der im Ressort verbliebenen Mitarbeiter auf freien Planstellen (Beispiel Verwendung der Buchhaltungsbediensteten nach Ausglie­derung der Buchhaltungsagentur)

Transparentere Gestaltung des Finanzausgleichs und Einbeziehung der nicht unbe­deutenden steuerlichen Gebarung der Gebietskörperschaften in die rechnerischen Über­legungen über die Aufteilung der öffentlichen Mittel

Aufhebung des Instruments der Selbstträgerschaft und Einbeziehung der finanziellen Folgen in die Finanzausgleichsverhandlungen

Einfachere, klarere und überschaubarere Gestaltung des für die Abgabenverwaltung schwer zu vollziehenden und für den betroffenen Bürger kaum mehr durchschaubaren Steuerrechts; Konzentration auf Abgaben, deren Erhebungsaufwand sowohl für den Abgabepflichtigen als auch für die Abgabenverwaltung möglichst gering ist

Veränderung des Organisationsaufbaus, Verflachung des Strukturen und Reduzierung sowohl der Anzahl der Abteilungen als auch der Anzahl der Führungskräfte um rund die Hälfte

Neuausrichtung der strategischen Zielsetzung und möglichst konkrete, messbare und ambitionierte Gestaltung der fachbezogenen Ziele

Optimierung der Geschäftstätigkeit von Tochtergesellschaften, z. B. durch Änderung der Veranlagungsformen oder Optimierung der Immobilienvermietung am Beispiel der IG Invest Immobilen GmbH


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 497

Wiederaufnahme der Rechtsträgerfinanzierung (Rechtsträger mit mehrheitlicher Bun­desbeteiligung sollen ihren Finanzbedarf zu günstigeren Konditionen über die Österrei­chische Bundesfinanzierungsagentur decken)

Modernisierung und Automatisation der Verfahren bei den Finanzämtern im Zusam­menhang mit den Energieabgaben zwecks Steigerung der Effizienz und Rechtmäßig­keit; Errichtung eines wirksamen internen Kontrollsystems

Harmonisierung der für die Bemessung der Steuern und der Sozialversicherungsbei­träge geltenden Rechtsvorschriften

Neuregelung der steuerlichen Absetzmöglichkeiten von Topf-Sonderausgaben (Ab­setzmöglichkeiten für Wohnraumschaffung, Personenversicherungen usw.) aufgrund des geringen Lenkungseffekts der bisherigen Regelung und geringer steuerlicher Aus­wirkungen für den einzelnen Steuerpflichtigen (maximal 167 EUR jährlich) zugunsten einer Berücksichtigung im Steuertarif

Maßnahmenbündel zur Errichtung eines funktionierenden internen Kontrollsystems bei den Arbeitnehmerveranlagungen (im Hinblick auf den Wegfall des Vier-Augen-Prinzips und die Ausweitung der selbständigen Genehmigungsbefugnisse von Bediensteten bei Erledigungen in den Finanzämtern)

Neustrukturierung der Finanzstrafbehörden der Zollverwaltung in Anbetracht der rück­läufigen Erledigungszahlen

Einführung des elektronischen Zahlungsverkehrs und Entlastung von bundesweit rd. 40 Bediensteten von der Eingabe und Kontrolle der Buchungen; Heranziehung für an­dere Aufgaben bei den Finanzämtern

Forcierung der Nutzung von FinanzOnline für die Einbringung der Abgabenerklärungen (ermöglicht Kostenreduzierung um rd. 50 %) sowie für die elektronische Zustellung der Steuerbescheide im Wege der Databox (Entfall der Postgebühren)

Aufhebung des Instruments der Selbstträgerschaft und Einbeziehung der finanziellen Folgen in die Finanzausgleichsverhandlungen

Reduzierung des Personaleinsatzes für Beschaffungsaufgaben in den Ressorts durch zunehmende Verlagerung des Beschaffungsvolumens auf Abrufe aus Rahmenverein­barungen der BBG (10 % bis 30 % erscheinen durchaus realistisch) und

Verbesserung des Beschaffungscontrollings der BBG und Verknüpfung mit dem EShop; Vervollständigung der Datenbank als Basis für die Vorschreibung von Servicegebüh­ren.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Auer. – Bitte.

 


16.53.40

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am Ende der durchaus interessanten und spannenden, lange dauernden Budgetberatungen möchte ich zuerst einmal meinen Stellvertretern im Budgetausschuss, Frau Kollegin Tamandl, Herrn Kollegen Gradauer und Herrn Kol­legen Gartlehner, ein sehr herzliches Dankeschön sagen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ein Danke auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aller Klubs, die bemüht waren, uns entsprechend zur Seite zu stehen, vor allem aber auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Parlamentsdirektion, die uns professionell wie immer geholfen haben. (Allgemeiner Beifall.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 498

Meine Damen und Herren, die Debatte und die Stellungnahmen der Experten zu Be­ginn der Budgetberatungen waren ja interessant. Da ja in Österreich die Experten ge­wissermaßen einen besonderen Stellenwert haben – denn wenn der Experte etwas be­hauptet, muss es ja unbedingt wahr sein –, habe ich mir angesehen, wie großartig und wie sicher die Meinungen und die Prognosen dieser Experten waren, da es ja fast die gleichen Experten waren, die uns auch geholfen haben, das Budget 2009 zu beraten und zu bewerten.

Interessant war: Die Budgetexperten, die beim Budget 2009 dabei waren – Rossmann, Walterskirchen, Wlecke, Lehner, Schratzenstaller, also de facto die gleichen wie heu­er –, haben uns damals prophezeit, das Budget 2009 sei Makulatur, es müsste neu ver­handelt werden, das Budgetdefizit würde nie halten wie prognostiziert und wie veran­schlagt, es würde wesentlich höher sein.

Der von der FPÖ nominierte Experte meinte sogar, es könnte bis zu 6 Prozent gehen, dasselbe meinte Bruno Rossmann – mindestens 5 Prozent Budgetdefizit – und so wei­ter. Was herausgekommen ist, weiß man: Dank der professionellen Arbeit des Herrn Bundesministers für Finanzen, dank der professionellen Arbeit der Beamten im Minis­terium und der hervorragenden Regierungspolitik ist das Budgetdefizit deutlich gerin­ger, die Wirtschaft wächst und die Fakten und Einnahmen sind deutlich besser als ur­sprünglich prognostiziert. (Abg. Mag. Stadler: Jakob, nicht einmal die ÖVP applau­diert!) Professor Lehner war mit seiner Expertise am nächsten.

Die lange Rede des Kollegen Kogler in der Nacht auf letzen Freitag – ich persönlich habe Respekt davor – war ja bemerkenswert. Mir hat die Titulierung in den Medien – lange Rede, kurzer Sinn – gar nicht gefallen, weil er wirklich bemüht war. Es ist nicht ganz einfach, eine solche Leistung zu erbringen, wenn man zwölf drei viertel Stunden redet.

95 Prozent seines Beitrages waren, so meine ich, durchaus auch anerkennenswert und als wirklicher Redebeitrag zu werten. (Abg. Kopf: Sagen wir, 80 Prozent!) Aber er hat sich, da er so viel Zeit hatte, besonders mit den Steuererfindungen beschäftigt. Er meinte wörtlich – ich habe mitgeschrieben –, es wäre notwendig, bei den vermögensbezoge­nen Steuern kräftig zuzulangen; einige Hunderttausend – er hat es dann konkretisiert: 500 000 € – sollten Steuerfreibetrag sein, und den das übersteigenden Betrag, so meinte er, müsste man mit 25 Prozent versteuern.

Ich sage Ihnen nun ein Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie haben eine kleine Landwirt­schaft – im europäischen Vergleich eine Miniaturlandwirtschaft – mit 20 bis vielleicht 25 Hektar, je nach Bonität, Verkehrswert 1,5 Millionen € – 500 000 € steuerfrei, 1 Mil­lion zu versteuern, wenn es zu vererben ist, also 250 000 € Steuern, wenn es nach dem Modell Kogler geht. (Abg. Mag. Gaßner: 1,5 Millionen € Verkehrswert, das muss aber am Stadtrand sein!)

Ich garantiere Ihnen, Kollege Kogler kann diese Betriebe dann selber übernehmen – die jungen Bauern wären dazu nicht mehr in der Lage. Da kann er dann seinen Träumen nachhängen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Linder.)

Das ist nicht möglich, und daher sollten wir uns in diesen Bereichen etwas deutlicher auf die wirklichen Möglichkeiten, die es gibt, zurückziehen und nicht Steuererfindungs­ideen kreieren, die wirtschaftlich und finanziell nicht verkraftbar sind. Das hilft uns nicht weiter.

Insgesamt ist dieses Budget die richtige Antwort auf die Krise gewesen. Insgesamt ist dieses Budget aufgrund der Bedingungen, die durch die Krise gegeben sind, eine pro­fessionelle Antwort und wird sicherstellen, dass die kommenden Jahre letztlich auch zu meistern sind, im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Mag. Gaßner: Das ist ein Bauer am Linzer Stadtrand, oder?)

16.59



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 499

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Zanger zu Wort. – Bitte.

 


16.59.28

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Angesichts der fehlenden Reformen im Budget ist es vielleicht notwendig, sich noch einmal über ein Kapitel zu unterhalten, das vielleicht dort, wo es wirklich kluppt, so eine Art Knackpunkt sein könnte, nämlich bei der Streiterei um die Kompetenzen Land/Bund. – Das ist, glaube ich, der Hauptpunkt, warum nichts weiter­geht.

Eine Möglichkeit, hier anzusetzen, wäre der Finanzausgleich. Es hat die Technische Universität Wien vor Kurzem eine sehr interessante Studie gemacht, in der sie fest­stellt, dass hinsichtlich des Verteilungsschlüssels extreme Ungerechtigkeiten bestehen. Salzburger Gemeinden erhalten pro Einwohner 1 019 € jährlich aus dem Steuertopf. Die Steiermark ist ein Stiefkind mit 811 € pro Kopf.

Was ist daran schuld? – Schuld daran ist ein altes System, ein alter Verteilungs­schlüssel, der darauf abstellt, dass die damalige wirtschaftlich Situation sozusagen ein­gefroren wurde, Weiterentwicklungen nicht berücksichtigt werden und sich dadurch heute diese Differenz ergibt. 160 Millionen € allein fehlen der Steiermark.

Interessant in diesem Zusammenhang ist – und dass das nicht alle sagen, ist mir schon klar – diese Graphik der Statistik Austria (hält dieselbe in die Höhe), wo man Folgendes sieht: Schuldenkaiser ist das Land Steiermark mit 670 Millionen €, und Salzburg, das
zu
jenen gehört, die auch die höchsten Bedarfszuweisungen erhalten, liegt im Plus mit 38 Millionen €. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Ich denke, es wird notwendig sein, hier einen Prozess einzuleiten, der sich mit der Ver­änderung des Verteilungsschlüssels beschäftigt. Für mich stellt sich aber auch die Fra­ge, ob es immer sinnvoll ist, einfach sozusagen mit der Gießkanne herzugehen und über Pro-Kopf-Zahlen zu sprechen und Gelder fließen zu lassen. Ich denke, es wäre vernünf­tig, hier mehrere Parameter einfließen zu lassen.

Ein Punkt, der mir besonders wichtig erscheint, ist jener, dass sich Gemeinden mitein­ander auch einmal überlegen sollten: Was können wir zu vernünftigen, effizienten Ver­waltungen beitragen?, denn da passiert eigentlich sehr wenig, und es ist notwendig – und das haben wir auch im Ausschuss schon festgestellt –, einen Diskussionsprozess auch auf den untersten Ebenen zu beginnen.

In diesem Zusammenhang möchte ich einen Entschließungsantrag einbringen, der diese Parameter als Grundlage für den Finanzausgleich festschreiben soll oder zumin­dest einmal hier einen Diskussionsprozess in Gang bringen soll.

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der zuständige Minister für Finanzen werden aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die vorsieht, ein An­reizsystem für Gemeinden zu schaffen, mit den aus dem Finanzausgleich erhaltenen Mitteln effizient und sparsam zu wirtschaften. Die Höhe der zugeteilten Mittel soll au­ßerdem an aktuelle und zweckmäßige Parameter gekoppelt werden, um Fehlallokatio­nen zu vermeiden.“

*****

Solche Parameter sollten etwa sein: Größenordnung der Gemeinden, Einwohnerzahl, wirtschaftliche Ausrichtung der Gemeinde. Ich denke, da sollte man einmal anfangen, zu reden und zu überlegen, ob es nicht wirklich sinnvolle Lösungen dafür geben könn­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 500

te, denn eines soll auf keinen Fall mehr passieren: dass sich, so wie es bei uns in Fohns­dorf in der Steiermark passiert ist, Bürgermeister überhaupt nicht darum scheren, was die Rechtsgrundlagen für Beschlüsse, für Finanzierungen und für wirtschaftliche Ent­wicklungen einer Gemeinde sind.

Es muss mehr Verantwortungsbewusstsein einziehen, und ich glaube, dazu kann die­ser Diskussionsprozess über den Finanzausgleich und über die Verwaltungsreform ganz unten mithelfen. – Ich danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.03


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Wolfgang Zanger und weiterer Abgeordneter betreffend zweckmä­ßige Parameter als Grundlage für den Finanzausgleich

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung – Finanzen, in der 91. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 22. Dezember 2010

Eine Studie der TU Wien zeigt erheblichen Reformbedarf im Bereich des Finanzaus­gleiches auf. Salzburger Gemeinden erhalten je Einwohner durchschnittlich 1019 Euro pro Jahr. Steirische Gemeinden müssen mit mageren 811 Euro auskommen. Der Grund für diese auffällige Diskrepanz liegt in der unzweckmäßigen Berechnungsgrund­lage für die Aufteilung und Ausschüttung der Mittel aus dem Finanzausgleich. Der Ver­teilungsschlüssel zieht einen Mix unterschiedlicher Parameter heran. Als Grundlage dienen unter anderem: das Aufkommen der Getränkesteuer im Zeitraum 1993 bis 1997; die Einnahmen aus der Gewerbesteuer bis zurück in das Jahr 1993, um nur einige herauszugreifen.

Diese Berechnungszeiträume sind nicht geeignet, der ökonomischen Entwicklung Rechnung zu tragen. Besonders die wirtschaftliche Lage der Steiermark hat sich seit dem Jahr 2003, in dem die Landeshauptstadt Graz europäische Kulturhauptstadt war, sehr zum Positiven entwickelt. Anstatt die begrüßenswerte Entwicklung zu unterstüt­zen, werden die Gemeinden dieses Bundesland aufgrund des derzeit herangezogenen Verteilungsschlüssels benachteiligt.

Als Ersatz für die derzeitigen Bemessungsgrundlagen sollen etwa die Einwohnerzahl des Bundeslandes, die Größenklassen der Gemeinden, die wirtschaftliche Ausrichtung und Bedürfnisse der Gemeinden und Effizienz in der Verwaltung herangezogen wer­den. So würde effizienteres Förderwesen garantiert und ein Anreiz für Gemeinden ge­schaffen, mit erhaltenen Mittel sparsam und zweckmäßig zu investieren.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der zuständige Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die vorsieht,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 501

ein Anreizsystem für Gemeinden zu schaffen, mit den aus dem Finanzausgleich er­haltenen Mitteln effizient und sparsam zu wirtschaften. Die Höhe der zugeteilten Mittel soll außerdem an aktuelle und zweckmäßige Parameter gekoppelt werden, um Fehlal­lokationen zu vermeiden.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Hagenhofer. – Bitte.

 


17.03.54

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Staatssekre­täre! Kolleginnen und Kollegen! Unsere Wirtschaft hat sich dem rasanten internationa­len Wandel fast täglich neu anzupassen, und sie tut das auch, um Arbeitsplätze in Ös­terreich zu sichern, und genauso hat sich auch die öffentliche Verwaltung einem Wan­del zu unterziehen, und sie macht das auch.

Ein Paradebeispiel dafür ist die Finanzverwaltung. Und es ist heute schon einmal ge­sagt worden: Es war wirklich eine besondere Leistung, was da die Beamten gemein­sam mit dem Sektionschef des Finanzministeriums, mit dem Finanzminister, mit der ge­samten Regierung beim neuen Haushaltsrecht auf die Beine gestellt haben.

Eine neue öffentliche Verwaltung sollte ja dem Bürger gegenüber sozusagen als Dienst­leistungsunternehmen in Erscheinung treten, und sie tritt auch in Erscheinung im Rah­men der Finanzverwaltung. Finanzamt, könnte man sagen, geht hin zu FinanzOnline. Und es ist auch im Arbeitsmarktservice schon eine entsprechende Veränderung zu be­merken. Auch dort können Sie schon online die Anträge auf Arbeitslosengeld stellen und sich auch online betreuen lassen.

Um diese moderne Dienstleistung erbringen zu können, braucht es entsprechende Strukturen, und diese Strukturen wurden mit dem neuen Haushaltsgesetz geschaffen, wo Aufgabenbereiche gegliedert sind, also mehrjährig im Vergleich aufgeteilt sind, mit Ausgabendeckelung und mit Rücklagenmöglichkeit. Diese Struktur ermöglicht der Re­gierung – und darauf sollten wir auch stolz sein – eine sogenannte Mittelfristplanung. Und mit dieser Mittelfristplanung werden wir, so meine ich, auch in Zukunft sehr gut ge­gensteuern können, wenn gegensteuern wieder einmal angesagt und notwendig ist für die Zukunft.

Und da bitte ich die österreichische Bundesregierung, dafür Sorge zu tragen, dass nicht nur Österreich sich in der Finanzmarktverwaltung erneuert, sondern dass auch inner­halb der Europäischen Union entsprechende Erneuerungen, was Finanzmarktkontrol­len oder Finanzkontrolle anbelangt, stattfinden, auch wenn wir uns in der Koalition da­rüber noch nicht einig sind.

Auch sollten wir arbeiten im Hinblick darauf, dass der internationale Finanzmarkt regu­liert werden muss, damit wir an der Finanztransaktionssteuer dranbleiben können. Denn: In Amerika war es nicht so, dass das nur eine schlechte Finanzpolitik war, son­dern in Amerika war es so, dass die Einkommensungleichheit so stark geworden ist, dass die Einkommen dann durch öffentliche Haushaltskredite ausgeglichen werden mussten. Und das kann ja nicht unser Ziel sein!

Unser Ziel muss sein – und das geht nur mit einer modernen Finanzmarktverwaltung –, ausgeglichen und sozial gerecht, soweit man das überhaupt machen kann, Budgets in Zukunft zu verwalten, aber auch zu gestalten. – Ich bedanke mich. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Rädler: Das war eine sehr interessante Re­de!)

17.07



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 502

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Podgorschek. – Bitte.

 


17.07.49

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herren Staatssekretäre – ja, einer steht da drüben! Als Resümee dieser Budgetsitzungen kann man eines ziehen, nämlich den Inhalt zweier Zitate, eines von Herrn Kollegen Krainer, wo er gesagt hat: Wir haben nicht mehr zusammengebracht!, und eines vom Herrn Bun­desminister Pröll, wo es hieß: Bei dieser Konstellation war nicht mehr drinnen! – Ich glaube, das sagt alles! Mehr ist dem nicht hinzuzufügen (Beifall bei der FPÖ.)

Aus Sicht eines Mitgliedes des Finanzausschusses möchte ich noch ein paar Dinge be­leuchten, unter anderem die Mineralölsteuererhöhung. Bei der Mineralölsteuererhö­hung geht Staatssekretär Schieder davon aus, dass wir aus dieser ungefähr 500 Mil­lionen Einnahmen haben werden. Der Autofahrerclub ARBÖ rechnet hingegen mit 200 Millionen, weil er glaubt, dass der Tanktourismus wegbrechen wird. Sollte das ein­treffen, dann ist diese Mineralölsteuererhöhung ein Schuss ins Knie. Ich gehe insbe­sondere davon aus, dass vor allem die Tankstellenbetreiber in den Grenzregionen mas­sive finanzielle Verluste haben werden.

Nächster Punkt: Basel III. – Der G-20-Gipfel in Korea hat Basel III beschlossen, wo es letztendlich darum geht, die Aufsichtsmechanismen im Bankenbereich zu verbessern. Es ist ja Basel II noch nicht einmal zur Gänze durchgeführt. Sinn und Zweck von Ba­sel III ist es, die Liquidität der Banken für die Zukunft zu verbessern. Wir befürchten aber, dass die Banken zusätzlich Eigenkapital aufbringen müssen. Die Gefahr ist sehr groß, dass dadurch zu wenig Geld für die Wirtschaft übrigbleibt und dass dadurch der Wirtschaft erschwert wird, entsprechende Kredite zu bekommen, sodass es die Situa­tion eher verschärfen könnte.

Nächster Punkt: Gewerbe-Diesel-Rückvergütung. – Es wäre durchaus begrüßenswert, wenn die KMUs, die Klein- und Mittelunternehmen, ebenfalls gleich behandelt würden, und zwar vor allem in den Bereichen Gewerbe, Tourismus und Handel.

Wir schaffen in diesem Bereich letzten Endes eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Gerade die kleinen Betriebe kämpfen nämlich mit dieser Mineralölsteuererhöhung enorm.

Eine Frage hätte ich noch an einen der Herren Staatssekretäre, vielleicht kann das noch beantwortet werden. – Es ist uns zugetragen worden, dass nächstes Jahr eine Fi­nanzpolizei, hervorgehend aus der KIAB, entstehen soll. Bis dato haben wir nichts an­deres gehört, als dass es noch keine Organisationsstrukturen gibt, nicht einmal eine Stabstelle wurde bisher geschaffen. Wer hat da die Verantwortung? Was ist der ak­tuelle Stand? Es herrscht nämlich vor allem bei den Beamten eine enorme Unsi­cherheit, vor allem auch in Bezug darauf, wie viele Beamte jetzt wirklich aus dem Bun­desheer kommen sollen. Im Landesverteidigungsausschuss wurde uns gesagt, dass es an die 400 Personen sein sollen.

Letzter Punkt: Bei der Einführung des Euro gab es auch – das wissen wir – Fehlein­schätzungen, was namhafte Ökonomen bestätigen, wie zum Beispiel Robert Mundell.

Es ist die Gefahr gegeben, dass die Euro-Zone auseinanderdriftet in eine weiche und eine harte Eurozone, und daher möchte ich in dieser Hinsicht folgenden Antrag einbrin­gen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Podgorschek, Zanger, Themessl, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Schaffung einer kerneuropäischen Hartwährungszone


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 503

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen werden auf­gefordert, sich auf europäischer Ebene für eine kerneuropäische Hartwährungszone ein­zusetzen.“

*****

Weiters bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Podgorschek, Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verlän­gerung des § 113h Gehaltsgesetz

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, schnellstmöglich eine Novelle zum Gehalts­gesetz vorzulegen, welche wegen der Freistellung von Personal zum Zwecke der Bud­getkonsolidierung die Verlängerung der sozialen Abfederungsmaßnahmen des § 113h Abs. 6 Gehaltsgesetz bis zum 1. Jänner 2015 beinhaltet.“

*****

Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.12


Präsident Fritz Neugebauer: Die beiden soeben eingebrachten Anträge stehen mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Podgorschek, Zanger, Themessl und weiterer Abgeordneter betref­fend Schaffung einer kerneuropäischen Hartwährungszone

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Untergliederung – Finanzen, in der 91. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 22. Dezember 2010

Bei der Einführung der Gemeinschaftswährung „Euro“ im Jahr 1999 wurden von den handelnden Politikern aller Mitgliedsstaaten signifikante Fehleinschätzungen über geld- und währungspolitische Zusammenhänge und damit falsche Entscheidungen über Art und Umfang der Währungsunion getroffen. Basierend auf einem unangebrachten politi­schen Anspruchsdenken wurde der aktuelle Stand der Wirtschaftswissenschaft igno­riert (vgl die Verleihung des Nobelpreises für Wirtschaftswissenschaften 1999 an den kanadischen Ökonomen Robert Mundell für seine „Theorie optimaler Währungsräu­me“) und in der Währungsunion zusammengepresst, was nicht zusammengehört.

Die realwirtschaftliche Entwicklung der Jahre 1999 bis 2008 zeigte, dass die Nettoemp­fängerländer innerhalb der Eurozone kurzfristig von stark gesunkenen Zinssätzen pro­fitierten und einen liquiditätsgetriebenen Boom erlebten. Die verfügbaren Mittel wurden aber keineswegs effizient eingesetzt: Irland verschärfte seinen Wettbewerb im Steuer­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 504

dumping auf Kosten Kontinentaleuropas, in Spanien wurden die Küsten mit Millionen von mittlerweile leer stehenden Wohneinheiten verbaut und in Griechenland versicker­te die Masse der Mittel einfach in dubiosen und korrupten Kanälen. An eine Verbes­serung der Produktivität und an einen Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit ging man in den betroffenen Nettoempfängerländern nicht.

Der Offenbarungseid kam mit der Finanzkrise von 2008. Die unterschiedliche Wettbe­werbsfähigkeit wurde durch die teuren, krisenbedingten Stabilisierungsmaßnahmen vi­rulent, da sich wirtschaftlich schwache Staaten mit einer enormen Ausweitung ihrer Staatsverschuldung konfrontiert sahen, mit längerfristig nur geringer Hoffnung auf Rückzahlung. Das dergestalt erhöhte Risiko für Investoren schlägt sich in massiv ge­stiegenen Zinssätzen nieder. Zur vorübergehenden Abfederung beschlossen die euro­päischen Regierungen unter Verletzung des Bailout-Verbots der EU-Verträge eine ge­genseitige milliardenschwere Hilfe in Form von Kredit- und Haftungsgewährungen.

Die FPÖ erblickt in dieser Entscheidung ein Überwälzen des Risikos auf die wirt­schaftlich – noch – potenten Mitgliedstaaten, wobei die so vorgenommenen Investitio­nen Kriterien von Effizienz und Förderung der Wettbewerbsfähigkeit eindeutig abträg­lich sind. Nach gewissen vorübergehenden Stabilisierungsmaßnahmen ist der für die FPÖ einzig gangbare Lösungsansatz, dass wirtschaftlich schwächere Staaten die Wäh­rungsunion verlassen und zu ihren angestammten Währungen zurückkehren. Ein An­satz, der in letzter Zeit von immer mehr Kommentatoren und Wissenschaftlern vertre­ten wird. Dieser Schritt ermöglicht es den Betroffenen, für ihre jeweiligen Anforderun­gen maßgeschneiderte Geld- und Währungspolitik zu betreiben, durch Abwertungen ihre wettbewerbs- und produktivitätspolitischen Defizite zu kompensieren und mittel­fristig ihre Leistungsbilanz wieder in Ordnung zu bringen, während die wirtschaftlichen Leitnationen der EU die Mittel zur Förderung ihrer eigenen Positionen um globalen Wett­bewerb wesentlich produktiver und zum Vorteil aller investieren können. Nicht die schiere Größe der Eurozone entscheidet über ihren Erfolg, sondern ihre Homogenität und wirtschaftliche Schlagkraft. Diese zu optimieren ist das Ziel der FPÖ.

In der, dann modernen wirtschaftswissenschaftlichen Erkenntnissen und einem optima­len Währungsraum entsprechenden, (Hart-)Währungsunion verblieben nach dieser Re­gelung die BRD, Österreich, die Niederlande, Luxemburg, Finnland und Slowenien so­wie – ggfls. – Frankreich (Stand Dezember 2010). Alle anderen Staaten haben diese zumindest vorübergehend zu verlassen, besitzen jedoch die Aussicht, nach umfas­sender ökonomischer Rekonvaleszenz einen Antrag auf Wiederaufnahme zu stellen. Die geld- und währungspolitischen Organe der EU sind entsprechend anzupassen.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen werden auf­gefordert, sich auf europäischer Ebene für eine kerneuropäische Hartwährungszone ein­zusetzen.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Podgorschek, Kunasek und weiterer Abgeordneter betreffend Ver­längerung des § 113 h Gehaltsgesetz


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 505

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt: Bericht des Budget­ausschusses über die Regierungsvorlage (980 d.B.): Bundesgesetz über die Be­willigung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011 (Bundesfinanzgesetz 2011 – BFG 2011) samt Anlagen (1044 d.B.), Rubrik 5 – Finanzen und Kassen, in der 91. Sit­zung des Nationalrates, XXIV. GP, am 22. Dezember 2010

Das Bundesgesetz vom 29. Februar 1956 über die Bezüge der Bundesbeamten
(1956 - GehG), BGBl. Nr. 54/1956, idF BGBl. I Nr. 53/2007, normiert in § 113h Maß­nahmen betreffend die Zusammenlegung der Wachkörper im Bereich des Bundesmi­nisteriums für Inneres und die Bundesheerreform 2010.

Ein Teil dieser Bestimmung des Gehaltsgesetzes dient der sozialen Abfederung der durch die Bundesheerreform betroffenen Bediensteten.

Die Regelungen zur Bundesheerreform wurden in der XXII. Gesetzgebungsperiode dem § 113h Gehaltsgesetz mittels Abänderungsantrag zur Regierungsvorlage betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Pensions­gesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz und das Gehaltsgesetz 1956 geändert wurde, implementiert.

Normiert wurde unter anderem: „Wird in Folge der Bundesheerreform 2010 im Bereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung ein Beamter des Militärischen Diens­tes oder ein Beamter des Allgemeinen Verwaltungsdienstes gemäß § 38 BDG 1979 versetzt oder gemäß § 40 Abs. 2 BDG 1979 einer Verwendungsänderung unterzogen, oder sein Arbeitsplatz einer niedrigeren Funktionsgruppe derselben Verwendungsgrup­pe zugeordnet, so gebührt ihm

1. ein Differenzausgleich und

2. wenn der Beamte des Militärischen Dienstes nicht mehr in einem Bereich, der der Einsatzorganisation zugeordnet ist, tätig ist, an Stelle der Zulage nach § 98 für die Dauer von 6 Jahren eine ruhegenussfähige Ergänzungszulage. § 113e ist mit der Maß­gabe anzuwenden, dass abweichend von § 113e Abs. 2 der Zeitraum des möglichen Fortbezuges der bisherigen Funktionszulage spätestens nach sechs Jahren endet.“

Wegen der Freistellung von Personal zum Zwecke der Budgetkonsolidierung ist es notwendig, im Sinne und für die betroffenen Bediensteten zu handeln und die Verlän­gerung der sozialen Abfederungsmaßnahmen des § 113h Absatz 6 Gehaltsgesetz bis in das Jahr 2015 anstatt bis zum 1. Jänner 2011 festzuschreiben.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, schnellstmöglich eine Novelle zum Gehaltsge­setz vorzulegen, welche wegen der Freistellung von Personal zum Zwecke der Budget­konsolidierung die Verlängerung der sozialen Abfederungsmaßnahmen des § 113h Ab­satz 6 Gehaltsgesetz bis zum 1. Jänner 2015 beinhaltet.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein. – Bitte.

 


17.12.59

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Einige, und zwar drei Gedanken zum Schluss dieser Debatte aus meiner Sicht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 506

Zum Ersten: Gott sei Dank ist das Wachstum schneller zurückgekehrt, als es weltweit erwartet wurde. Österreich und auch Deutschland haben im besonderen Ausmaß da­von profitiert. Das Wachstum – in Deutschland besonders hoch, auch bei uns sehr, sehr gut – hat das Budgetieren natürlich erleichtert und wird es weiterhin erleichtern.

Seien wir uns aber an einem Tag wie diesem auch dessen bewusst, weshalb denn das Wachstum in unserer Region stärker ist als anderswo. Da komme ich schon darauf zu­rück, dass es unter Experten völlig unumstritten ist, dass es die Industrie, dass es die Exportorientiertheit dieses Landes ist – auch Deutschlands im Übrigen –, das uns stär­keres Wachstum beschert. Das sollten wir wissen. Und das sollten wir auch dann wis­sen, wenn es darum geht, Konzerne, große Unternehmungen zu kritisieren und sie, wie aufseiten des Koalitionspartners, immer wieder in ein Bashing mit einzubeziehen. Das ist nicht angemessen.

Zum Zweiten, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind wir Österreicher natürlich eingebunden in die Eurozone, und nichts wäre falscher, als zwei verschiedene Euro­zonen entwickeln zu wollen, wie das der Entschließungsantrag der Freiheitlichen for­dert. Ein Euro hart, ein Euro light: Das geht sicherlich nicht!

Der Euro ist in den letzten Wochen ins Gerede gekommen, aber da bin ich bei denjeni­gen, die, wie zum Beispiel Nowotny es auch sagt, meinen, es gibt einige Euroländer, die ein Problem haben, aber der Euro selbst ist stark. Der Euro selbst ist relativ hart, unter Umständen sogar ein Stück weit härter, als unsere Exportwirtschaft das möchte.

Die Eurozone insgesamt ist auch in Ordnung. Die Schulden der Eurozone sind insge­samt gerechnet um einiges geringer als zum Beispiel die der USA. Also die irischen, die griechischen und sonstigen Probleme werden durch die gesunden Finanzen Deutschlands, aber auch zum Beispiel Österreichs mehr als überkompensiert.

Halten wir uns einmal vor Augen, was in Österreich zurzeit los wäre, wenn es den Euro nicht gäbe! Dann gäbe es eine D-Mark, dann wären wir weiterhin gekoppelt an eine
D-Mark, und diese D-Mark samt dem Schilling wäre dann wahrscheinlich so hoch wie der Franken – mit allen Folgen für die Exportwirtschaft und für die Arbeitsplätze.

Und ein dritter Gedanke am Schluss dieser Budgetdebatte an diesem Tage: Es ist rich­tig, dass wir viel über diejenigen gesprochen haben, die unserer Solidarität bedürfen – gerade auch einige Tage vor Weihnachten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist aber ebenso wichtig, auch einmal zu sagen: Es braucht die Solidarität mit den Schwachen, aber es braucht auch die Soli­darität mit denjenigen, die zahlen in diesem Land! Das ist der Mittelstand und das ist die Wirtschaft, die dann zahlen können, wenn es ihnen auch gut geht.

So gesehen auch hier eine gewisse Ausgewogenheit, der wir uns etwas stärker beflei­ßigen sollten: Solidarität mit den Schwachen, aber denken wir auch daran, dass es auch eine Solidarität mit den Zahlenden in diesem Lande braucht. Es sind derer viele – es ist der Mittelstand –, und die zahlen recht kräftig. Wir sind, wie Sie alle wissen, in Wirklichkeit ein Hochsteuerland. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Hagenhofer.)

17.16


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Linder. – Bitte.

 


17.16.22

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen! Geschätzte Kollegen! Wenn der Gemeindebund-Präsident Mödlhammer in einer Aussendung dieser Tage verlangt, dass es für die Gemeinden mehr Reformen geben muss, so glaube ich, dass es richtig ist, dass wir die Bereiche Pflegefinanzierung, Krankenhausfinanzierung und dergleichen


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mehr reformieren und entflechten müssen und immer wieder unter das Motto stellen sol­len: Wer zahlt, schafft an!, oder: Wer anschafft, soll auch zahlen!

Wenn Herr Mödlhammer weiters kritisiert, dass mittlerweile 70 Prozent der Gemeinden Abgangsgemeinden sind, und daher mehr Geld fordert, so kann ich als Kärntner sa­gen: Ich bin ein bisschen stolz, denn wir hatten 2010 in Kärnten 50 Prozent Abgangs­gemeinden, nämlich von 132 Gemeinden 66, und diese konnten wir im Jahre 2011 um 25 Prozent auf 33 reduzieren.

Wenn ich dann in seiner Presseaussendung lese, wie hoch die Pro-Kopf-Verschuldung ist, so stelle ich fest: Am höchsten ist die Pro-Kopf-Verschuldung in den niederöster­reichischen Gemeinden, und zwar 2 311 € pro Einwohner. Danach kommt Oberöster­reich mit 1 800 €, danach kommt Vorarlberg mit 1 700 €, und dann folgt die Steiermark mit 1 600 €. Das ist für mich ein weiterer Beweis, dass wir im finanziellen Bereich in Kärnten auf dem richtigen Weg sind. (Abg. Hornek: Was?!)

Der Grund dafür, dass die Kärntner Gemeinden wesentlich besser dastehen als die üb­rigen österreichischen Gemeinden, sind zu einem sicherlich die mittlerweile gestiege­nen Ertragsanteile, aber auch ein sehr schlaues und intelligentes BZ-Verteilungsmo­dell, wo die Gemeinden, die sparsam wirtschaften, entlohnt werden, und der Umstand, dass überdurchschnittliche Strukturkosten wiederum die Bedarfszuweisungsmittel kür­zen und die Gemeinden selbst an sich arbeiten müssen, damit sie die vollen BZ-Mittel ausschöpfen können. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

In weiterer Folge gibt es bei uns sehr große Budgettöpfe für interkommunale Zusam­menarbeit. Und ich glaube, man hat mittlerweile erkannt, dass das Rezept „Zusammen­arbeit“ und nicht „Zusammenlegung der Gemeinden“ lautet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum erzähle ich Ihnen das? – Vielleicht deshalb, weil ich ein bisschen stolz darauf bin, dass es bei uns in Kärnten bei den Gemeinden gut läuft.

Den Grünen sei gesagt – im Übrigen, eine Sitzreihe bei den Grünen ist komplett leer, es sind nur mehr zwei oder drei Abgeordnete hier –: Ihr seid diejenigen, die am meis­ten die Gemeinden kritisieren, die die Gemeinden anschütten und sagen: Weg damit, zusammenlegen, reformieren, die sollen arbeiten lernen! Aber wenn ich mir den Zinno­ber vor Augen führe, der hier am Montag aufgeführt wurde: hundert Abstimmungen, 24 namentliche, bei den 24 wart ihr von den Grünen die Antragsteller, so kann ich, glau­be ich, sagen, liebe Kollegen von den Grünen: Es hat kein einziger von euch mehr das Recht, eine Gemeinde zu kritisieren, solange ihr euch hier herinnen wie Kinder aufführt! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Das versteht draußen kein Bürger! Kein einziger Bürger draußen hat Verständnis da­für. Wir stehen draußen in direktem Kontakt zu den Bürgern und müssen uns dafür rechtfertigen – und ihr versteckt euch hier herinnen und führt so einen Zinnober auf!

Ich glaube, solange man sich hier herinnen so benimmt, so eine Art an den Tag legt, hat man in keiner Weise mehr das Recht, die Gemeinden zu kritisieren (Abg. Öllinger: Völlig daneben!), sollte sich ein Beispiel am Demokratieverständnis der Gemeinden nehmen (demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der ÖVP) und sollte, bevor man Kri­tik übt, an sich selbst arbeiten und hier ein gutes Beispiel abgeben. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

17.20


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. – Bitte.

 


17.20.23

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich ist es ein kühnes Manöver, die Kärntner Finanzpolitik als Erfolgs­


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modell darstellen zu wollen. Allerdings ist unbestritten, dass es in Gemeinden und Städ­ten in Kärnten durchaus respektable Leistungen gibt. Insofern würde ich dem Kollegen Linder über gewisse Strecken recht geben.

Ich glaube auch, dass das Thema Gemeindefinanzen generell in der Budgetdebatte etwas zur kurz gekommen ist, denn die Lage ist tatsächlich dramatisch, wenn jede drit­te Gemeinde de facto von der Pleite bedroht ist. Das hat natürlich entsprechende Kon­sequenzen auf Investitionen, auf Klein- und Mittelbetriebe. Das ist gar nicht absehbar. Da muss natürlich dringend etwas geschehen.

Was kann geschehen? – Drei Zielsetzungen müssen verfolgt werden. Einerseits brau­chen die Gemeinden Einnahmen. Daran führt kein Weg vorbei. Es gibt auch verschie­dene Vorschläge von den Gemeindeverantwortlichen, von den Gemeindeverbänden. Grund und Boden ist so ein Vorschlag, vor allem dort, wo es Wertsteigerungen durch Umwidmungen gibt. – Das wäre das eine: neue Einnahmen für die Gemeinden.

Das Zweite ist: Reformen; dort und da sind Effizienzsteigerungen möglich. Eine Schie­ne ist der Rechnungshof. Da gibt es in Zukunft zusätzliche Empfehlungen und Richt­linien, es gibt auch einzelne Initiativen in den Ländern, die man sich durchaus sehr ge­nau anschauen kann.

Das Dritte ist, wie man mit den Verantwortlichen und den Kommunalpolitikern umgeht, auch mit dem Nachwuchs in den Gemeinden. Da ist auch dringend eine Änderung not­wendig. Andererseits braucht es einmal so etwas wie Respekt und Anerkennung und Wertschätzung für die wirklich schwierige Arbeit. Die wird ja nicht leichter, wenn es die­se Finanzprobleme gibt, die die Damen und Herren, die in den Kommunen verantwort­lich sind, tagtäglich leisten.

Sie haben eine besondere Verantwortung, gewissermaßen als Filialleiter der Republik Österreich. Daher glaube ich, ist es dringend notwendig, dass man die Rahmenbedin­gungen verändert und verbessert. Es sind die bekannten Dinge, und die sind wirklich überschaubar, was die Finanzierung betrifft, die dringend reformiert gehört.

Was ist mit Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, die arbeitslos werden? – So et­was kann ja passieren im Zuge einer Wahl. Was ist mit der Rückerstattung der Pen­sionsbeiträge? (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Das müssen wir auch unbedingt klären, das werden wir auch in den nächsten Wochen und Monaten tun.

Meine Damen und Herren, es gehört ja wirklich diese Ungerechtigkeit beseitigt, dass ASVG-Versicherte schlechter behandelt werden, wo es Ruhensbestimmungen gibt, als die beamteten Bürgermeisterinnen und Bürgermeister. (Demonstrativer Beifall und Bra­voruf des Abg. Rädler.)

Das ist eine gemeinsame Aufgabe, der sollten wir uns gleich in den nächsten Wochen und Monaten des neuen Jahres widmen. Unsere Gemeindeverantwortlichen haben das wirklich verdient. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.23


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hübner. – Bitte.

 


17.23.31

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Herr Präsident! Ich rege an, vorerst ein­mal festzustellen, ob die eine Fraktion, die überhaupt abhanden gekommen ist, noch existiert. Vom BZÖ habe ich seit einer halben Stunde überhaupt niemanden mehr ge­sehen. Haben Sie Informationen, Herr Präsident, ob es die noch gibt? (Heiterkeit bei der FPÖ.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich habe keine, aber ich werde auch die Sitzung nicht wegen einer Suche unterbrechen. (Heiterkeit und Beifall bei FPÖ, ÖVP und SPÖ.)

 



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Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (fortsetzend): Sehr gut. Da sehe ich schon einen Mitarbeiter des BZÖ. Der Klub existiert noch, okay. Da bin ich zufrieden, und wir können fortsetzen, über das Budget zu diskutieren.

Das Interesse an diesem Thema scheint ja interessanterweise auch bei vielen Oppo­sitionellen dramatisch abzunehmen mit der Zeit, obwohl: Es ist noch lange nicht alles gesagt. Es wurde sehr viel gesagt von sehr vielen, aber noch lange, lange nicht alles. Es ist immer wieder und sehr häufig das Gleiche wiederholt worden, mit nur marginal abweichenden Worten, aber eines habe ich nicht gehört, vor allem von der zweiten Bank der ÖVP, wo ja immer die Budgetdisziplin sehr richtig eingemahnt wird. Da habe ich von den Ex-Ministern – Ex-Finanzminister, Ex-Wirtschaftsminister – gehört, dass wir ja ein Hochsteuerland sind, dass wir Solidarität mit den Steuerzahlern, mit den Abga­benpflichtigen brauchen, dass wir Stabilität nur durch ein saniertes und ausgeglichenes Budget erreichen. – Alles richtig, alles in Ordnung, wird 100-prozentig von mir und von allen Kollegen meiner Fraktion unterschrieben. Da gibt es nichts.

Was ich jedoch nie höre, ist die Frage: Wie erreichen wir das? Durch Reformen? Ja na­türlich kann ich Reformen machen. Da gibt es den Entschließungsantrag Bucher, Lu­gar, Widmann von der nicht mehr vorhandenen Fraktion. Das sind fünf Seiten Reformen, Reformen.

Es gibt – ein Schlagwort ist es nicht – eine Binsenweisheit in der österreichischen Ver­waltung: dass das Wort „Verwaltungsreform“ dafür steht, dass alles immer komplizier­ter, umständlicher und teurer wird.

So war es auch, wenn wir zum Beispiel von der Schulreform ausgehen. Die Schule ist ja eines der am meisten reformierten Dinge in Österreich. Ich kann mich erinnern: Von meinem ersten Tag in der Mittelschule – oder Gymnasium, wie das jetzt heißt – an ha­ben wir mit Schulversuchen, Schulreformen und so weiter zu tun gehabt. Heute – es ist eine Weile her, weit über 30 Jahre, dass ich in der Schule gewesen bin – sitzen diesel­ben Leute hier, dieselben Parteien und sagen: Reform, Reform, Reform!

Frau Ministerin Schmied sagt: Reform, Reform, Reform! Dieses Ressort ist seit meiner Schulzeit überwiegend in den Händen der SPÖ gewesen. Passiert ist gar nichts! Es ist aber auch gar nichts passiert, als es in den Händen der ÖVP gewesen ist. Es ist nur ei­nes passiert: Es wurden Versuche gemacht, es wurden Veränderungen vorgenommen, es wurde von A nach B und von C nach D und von D wieder nach A geschoben – und das alles wurde als „Reform“ bezeichnet.

Tatsache ist: Wenn ich etwas ändern will, dann muss ich zu den Inhalten gehen, und wenn ich die Leute dazu bringen will, dass sie lernen zu lesen, dann müssen die Leute auch lesen und nicht lernen zu lesen. Denn sofern ich auch ein Jahr lang Lernen lerne, werde ich am Schluss durch das Lernenlernen nichts gelernt haben, außer Lernen zu lernen. – Effekt null! (Beifall bei der FPÖ.)

Ähnlich ist das auch mit dem Budget. Ähnlich ist das auch mit der Ausgabendisziplin. Wenn ich immer den Steuerzahler beschwöre, das ausgeglichene Budget beschwöre, dann muss ich fragen: Was verursacht Kosten? Im Wesentlichen sind das Aufgaben. Wenn ich mir Aufgaben setze, verursache ich Kosten, denn nicht nur in der Mühle steht ein leerer Sack nicht von allein, sondern auch in der Verwaltung funktioniert eine Vor­schrift, die eingehalten und verwaltet werden soll, nur mit Verwaltungspersonal und da­mit mit Kosten.

In der ganzen Diskussion, die ja über dutzende Stunden gegangen ist, habe ich nie ge­hört: Wo reduzieren wir die Aufgaben des Staates? Wo hat sich der Staat hier über Jahrzehnte in Art von Gewohnheitsrechten, die sich teilweise exponentiell vermehren, in immer mehr Bereichen breitgemacht? Wo hat der Staat es übernommen, eine Pa­rallelwirtschaft zur Privatwirtschaft zu machen? Wo hat die staatliche Subventionitis den Markt verdrängt?


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Ich habe nichts gehört zum Thema Subvention, auch nicht von dieser zweiten Bank (in Richtung ÖVP) und auch nicht von Ihnen. Wir stehen hier bei 16,4, 16,7, 16,3 Milliar­den €, die wir subventionierend in den letzten Jahren in eine Wettbewerbsverzerrung hineingegeben haben.

Vieles davon ist kaum zu ändern, das gebe ich schon zu. Was man in die Bahn und so weiter hineingibt, das hat schon gewisse volkswirtschaftliche Grunderfordernisse, aber sehr, sehr vieles, all das, was unter Ökologisierung, unter Lenkung, unter Steuerung, unter Einsatz für mehr Effizienz läuft, all das ist nichts anderes als eine gigantische Verwaltungsmaschine, wo man Steuergeld oben hineinwirft. 100 Steuergelder, dann wird es verwaltet und verwaltet. Dann gibt es die Verwaltung, die wird hin und her reformiert. Unten bei den 100 kommen am Schluss 62 oder 60 oder 52 oder 37 raus, und das fließt dann hinein, je nachdem, wie hoch der Betrag ist.

Diese ganzen strukturellen Kernfehler unseres Systems müssen wir ansprechen. Wenn wir das nicht tun, wenn wir dazu nicht bereit sind, dann ist es hohl und für die Leute nicht nur unbefriedigend, sondern – sagen wir einmal – politikerdeklassierend, immer wieder zu hören: Wir schützen, wir machen, wir anerkennen, wir wollen nicht, wir stabi­lisieren. Denn dann wissen die Leute, dass es nichts anderes ist als Gerede. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steindl. – Bitte.

 


17.29.22

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Wir haben heute schon vielfach gehört, dass uns diese größte Krise natürlich auch budgetäre Sor­gen bereitet. Wir haben, so glaube ich, hier die richtigen Maßnahmen getroffen. Das Bundesfinanzrahmengesetz war ein Asset in dieser Struktur, dass wir von 2011 bis 2014 klar die Konsolidierungsgrundsätze vorgegeben haben, 60 Prozent ausgabensei­tig einzusparen und 40 Prozent über neue Einnahmen zu holen. Wir haben somit ins­gesamt über 8,1 Milliarden € Einsparungen bis 2014. Das ist bisher in dieser Weise noch nie geschehen.

Aber daher wird es trotzdem weiterhin wichtig sein, hier hart an den Maßnahmen zu ar­beiten, die das Budget anbelangen. Wir werden in Zukunft auch daran zu arbeiten ha­ben, dass wir die Abgabenquote nicht weiter erhöhen, weil ja alle wissen, dass eine zu hohe Abgabenquote schädlich für jede Volkswirtschaft ist. Wir werden auch daran zu arbeiten haben, dass solche Krisen in Hinkunft nicht mehr entstehen. Hier, so meine ich, ist es besonders erforderlich, auch auf der internationalen Ebene entsprechende Finanz­regeln einzuführen.

Ich bin da durchaus beim Herrn Dr. Königshofer. Wir müssen die Finanzmarktaufsicht in jeder Weise sensibilisieren, dass uns solche Blasenbildungen wie in der Vergangen­heit zukünftig erspart bleiben. Das ist aus meiner Sicht eine der wesentlichen Erkennt­nisse aus dieser doch sehr schweren Krise, die wir zu bewältigen hatten.

Insgesamt können wir in Österreich trotzdem wieder einigermaßen zuversichtlich in die Zukunft schauen. Wir haben ja erfreulicherweise besondere Wachstumseffekte, eine sehr gute Beschäftigungsquote und eine niedrige Arbeitslosenrate. Wir haben eine sehr leistungsfähige Wirtschaft.

Und ich bin sehr froh darüber, dass uns heute über die APA ein Bericht erreicht, dass die Ratingagentur Standard & Poor’s Österreich erneut das Triple-A-Rating bestätigt und in ihren Ausführungen meint, die österreichische Wirtschaft sei „belastbar“ und der Budgetkonsolidierungsplan „klar definiert“. Somit glaube ich, ist schon auch internatio­nal festzustellen, dass Österreich seine Hausaufgaben ganz gut gemacht hat.


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Ich wünsche mir abschließend – vielleicht nicht ein Wunsch ans Christkind, sondern an Sie, meine Damen und Herren Abgeordnete dieses Hauses –, dass wir auch immer wieder – und in den letzten drei Tagen habe ich sehr viele Forderungen gehört, die an den Staat und an die Ausgaben des Staates herangetragen werden – Folgendes be­denken: Wir sollten bei jeder Forderung daran denken, dass das Geld dafür vorher ir­gendwo im Staatshaushalt einzunehmen ist. Da sollten wir auch maßvoller damit um­gehen und vielleicht überlegter unsere Forderungen stellen. – Besten Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

17.32


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Spindelberger. – Bitte.

 


17.32.47

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Kollege Stummvoll hat ja heute erwähnt, dass die Seifenblase zerplatzt ist und es kein Sparpaket gibt, das keiner spürt und da­bei auch offensive Maßnahmen im Zuge der Budgetkonsolidierung ergriffen wurden.

Kollege Stummvoll hat aber auch erwähnt, dass es keine Einschnitte bei den Pensio­nen geben wird. Das war eigentlich der Grund dafür, warum ich mir jetzt vorgenommen habe, mein persönliches Empfinden zur ganzen Situation der ASVG-Pensionen zu er­läutern. Ich möchte schon anfügen, dass es Gott sei Dank gelungen ist – entgegen den Intentionen einiger ÖVP-Abgeordneter –, zumindest bis 2013 zu verhindern, dass es zu Eingriffen bei der Langzeitversichertenregelung kommt und dass diese Langzeitversi­chertenregelung nunmehr reformiert, statt abgeschafft wird.

Aber wenn ich mir vor Augen führe, welche Einbußen die ASVG-Pensionistinnen
und ‑Pensionisten allein aufgrund der sogenannten Pensionskürzungsreformen und Pensionsharmonisierungen in den Jahren 2003 und 2004 hinnehmen mussten, so ist es für mich wirklich unverständlich, dass es im 21. Jahrhundert noch immer unzählige ver­schiedene Pensionssysteme in Österreich gibt.

Meiner Ansicht nach ist im Zuge der ganzen Pensionsdebatte auch ein weiterer Punkt erwähnenswert, denn uns wurde in der Vergangenheit immer wieder eingetrichtert: Man muss eine zweite Säule aufbauen, gebt euer Geld in die sogenannten Pensions­kassen. Unabhängig davon, dass sich viele Menschen in Österreich solche privaten Pensionsvorsorgen gar nicht leisten können, erfolgte durch die Abschaffung der Min­destverzinsung dieser Pensionskassen ein durch nichts zu rechtfertigender abermali­ger Einschnitt.

Wenn ich in diesem Zusammenhang aufgrund der damaligen politischen Fehlentschei­dung die Performance der Pensionskassen anschaue, dann ist nicht einmal mehr das Geld drinnen, das ich einbezahlt habe. Da frage ich mich wirklich, wer diese Millionen in den Pensionskassen abgezockt hat und wohin diese Unsummen eigentlich geflos­sen sind. Ich glaube, da haben wir alle miteinander größten Handlungsbedarf, den Pen­sionskassen in dieser Sache den Kampf anzusagen. (Abg. Öllinger: Aber auch die Ab­fertigung neu!)

Da Kollege Steindl vorhin gesagt hat, er hat keinen Wunsch an das Christkind, möchte ich festhalten: Ich habe schon einen, denn es wird ja hier in den letzten Tagen immer von Reformen gesprochen. Ich würde sagen: Setzen wir uns wirklich einmal alle mit­einander zusammen und versuchen wir, mit einer Stichtagregelung für alle Österrei­cherinnen und Österreicher ein einheitliches Pensionsrecht zu finden.

Kollege Wöginger hat dies gestern schon gesagt; ein Pensionsrecht mit einheitlichen Pensionsbeiträgen, mit einheitlichem Leistungsrecht. Denn es ist mehr als uneinsichtig, dass einige – auch wenn es wenige sind – nach 40 Beitragsjahren – das vielleicht sogar noch mit 58 Jahren und mit 80 Prozent oder mehr des letzten Einkommens – in Pen­


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sion gehen und andere bis 62 bei immer geringer werdenden Pensionsansprüchen „ha­ckeln“ gehen müssen. Es wäre ja gelacht, dass wir das nicht zusammenbringen, wenn wir das doch alle miteinander wollen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.35


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte.

 


17.35.58

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Herren Staatssekretäre! Werte Kolleginnen und Kollegen! Schulden machen ist unsozial, deshalb ist es auch notwendig, dass wir diesen Staats­haushalt sanieren, was wir heute beschließen werden.

Mir ist in den letzten Tagen, gerade vonseiten der Opposition, aufgefallen, dass man meint, dass Sparen etwas Unanständiges wäre oder dass das Schuldenmachen immer so weitergehen könne und dass man überhaupt nicht sparen müsse.

Jetzt sind zum Beispiel wieder zwei Abgeordnete des BZÖ hier: Gerade heute gab es wieder Ihren Antrag betreffend Steuerreform durch eine Flat-Tax-Regelung. Ich möchte gerne wissen, ob Sie sich überhaupt darüber Gedanken machen, was das, was Sie da beantragen, kosten würde.

Auf der anderen Seite möchte ich einmal wissen, wie Sie sich das vorstellen, wenn die Kinderbetreuungskosten beispielsweise nur mehr für den Elternteil, der die Familien­beihilfe bezieht, absetzbar sind. Das würde bedeuten, dass wahrscheinlich sehr oft Un­gerechtigkeit herrscht, weil viele Väter die Familienbeihilfe beziehen und die Mütter könnten dann die Kinderbetreuungskosten nicht absetzen. Also ich weiß nicht, ob Sie das wirklich möchten. Wir wollen das nicht! Wir wollen keine Ungerechtigkeiten auf diesem Gebiet.

Außerdem stehen Dinge drinnen, die einfach gar nicht stimmen: beispielsweise, dass Steuerprämien für Neueinstellungen in einem Ein-Mann-Unternehmen kommen sollen. Ich weiß nicht, ob Ihnen das entgangen ist, aber ein Ein-Mann-Unternehmen bekommt ein Jahr lang, wenn es den ersten Arbeitnehmer einstellt, die Lohnnebenkostenbefrei­ung. Und das geht so weiter.

Ich glaube, dass wir in den letzten Jahren wirklich gezeigt haben, dass wir auf dem Steuersektor sehr viel weitergebracht haben. Natürlich muss das immer weiterent­wickelt werden. Aber ich möchte schon ganz gerne einerseits die Forderungen des BZÖ genau kennen, aber andererseits auch die lange Rede des Kollegen Kogler an­sprechen. Er hätte uns beispielsweise im Budgetausschuss sagen können, was uns all das, was er an Wünschen, an Forderungen hat, an Anträgen stellt, kostet, denn wir kön­nen den Staatshaushalt nicht noch einmal aushöhlen, wo wir eigentlich nicht wissen, wer dann die Steuern zahlen soll, dass man wieder etwas herausnehmen kann. Also bitte: Das Geld wächst nicht auf den Bäumen.

Kollege Auer hat sich heute schon bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hau­ses bedankt. Ich glaube, dem Kollegen Kogler – und vielleicht richten Sie es ihm aus – wäre es auch gut angestanden, er hätte sich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Parlamentsdirektion dafür bedankt, dass sie unzählige Nachtstunden wegen seiner fast 13-stündigen Rede hier verbringen mussten. (Beifall bei der ÖVP.)

Auch Sie, Herr Kollege Öllinger, haben das, was Werner Kogler in seiner Rede alles ge­sagt hat, auf Facebook großartig aufgezeigt und beworben. Und jene, die auf Ihre Blogs geantwortet haben, haben auch gemeint: Die Abgeordneten, die sollen da sitzen. Aber niemand – auch Sie nicht – hat sich jemals Gedanken darüber gemacht, was mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist, die stundenlang, auch in der Nacht, hier sitzen


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mussten und für das, was der Herr Kogler verzapft hat, länger arbeiten mussten. (Bei­fall bei der ÖVP.)

17.39


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kirchgatterer. – Bitte.

 


17.39.27

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bun­desregierung! Zwei Punkte. Erstens möchte ich festhalten, dass die Krisenbewältigung in Österreich besser gelungen ist als in vielen anderen Ländern, besonders erkennbar an den niedrigsten Arbeitslosenzahlen in der EU.

Ganz wesentlich beigetragen zu diesem großen Erfolg hat auch die sehr gut funktio­nierende Sozialpartnerschaft in unserem Land. Das möchte ich ausdrücklich festhalten.

Zum Zweiten: Die finanzielle Situation der Städte und Gemeinden ist schon erwähnt worden. Natürlich gilt es, die Sparpotenziale vor Ort zu nützen und die Zusammenar­beit mit den Nachbargemeinden zu pflegen, aber es muss auch eine klare Aufgaben­zuteilung zwischen Ländern, Städten und Gemeinden geben und es müssen finanzielle Zugriffe der Länder auf die Gemeinden verhindert werden.

Unbestritten über alle politischen Lager dürfte sein, dass die Menschen von den Städ­ten und Gemeinden erwarten, dass diese eine hohe Qualität der sozialen Dienstleis­tungen, vom Kindergarten bis hin zu leistbarem Wohnen, sicherstellen, aber auch, dass die Kommunen wichtige Auftraggeber für die Klein- und Mittelbetriebe in der Region sind. Es kann nicht sein, dass bei notwendigen Vorhaben die Gemeinden, die Städte zu Bittstellern bei den Ländern werden. Gemeindeautonomie, kommunale Selbstverwal­tung erfordert eine neue Gewichtung, eine Aufwertung.

Meine Damen und Herren! Starke Gemeinden, starke Städte stärken den Gesamtstaat. Ich möchte mich der Wertschätzung der Verantwortlichen vor Ort, in den Gemeinden, durch Günther Kräuter anschließen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.41


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hornek. – Bitte.

 


17.41.39

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Geschätzte Abgeordnete! Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die größte Wirtschafts- und Finanzkrise der letzten Jahrzehnte hat viele öffentliche Haushalte vor schwerste Probleme gestellt. Die Stabilisierung unserer Gemeinschaftswährung, die Absicherung des Bankensektors so­wie die Rettung einer Landesbank waren beachtliche Herausforderungen der letzten Zeit, denen sich unser Vizekanzler bravourös gestellt hat.

Vor einigen Jahren, meine sehr geehrten Damen und Herren, hätte sich niemand vor­stellen können, dass Staaten, Länder oder Gemeinden an den Rand der Zahlungsun­fähigkeit geraten können. Trotz eines Triple-A-Ratings der Republik Österreich müssen zeitgerecht Maßnahmen gesetzt werden, um negative Szenarien zu verhindern.

Wir müssen uns bewusst sein, dass die Republik Österreich mit heutigem Tage, zehn vor zwölf, 22. Dezember, 198 059 000 000 € Schulden hatte. Der Zinsaufwand in die­sem Zusammenhang beträgt für das Jahr 2010 7,7 Milliarden €.

Wenn man zusätzlich die Aufwendungen und Außenstände der ÖBB, ASFINAG und BIG in der Größenordnung von 30 Milliarden dazurechnet, sind das noch einmal 2,3 Mil­liarden. (Abg. Bucher: Das reicht nicht! Mehr!)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mir die Mühe gemacht, einen Ver­gleich anzustellen. Der Zinsaufwand in dem Zusammenhang ist höher als das gesamte Budget des Landes Niederösterreich, oder wenn ich den Zinsaufwand für das Budget der Republik und die ausgelagerten Einrichtungen vergleiche, kann man das Budget des Innenministeriums, des Justizministeriums, des Außenministeriums, des Landes­verteidigungsministeriums, des Wissenschafts- und Forschungsministeriums zusam­menzählen, und erst dann wird jener Betrag erreicht, der die derzeitige Schuldenlast ausmacht.

Sparen, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist weder populär noch angenehm, aber unabdingbar notwendig. Wenn wir soziale Leistungen absichern wollen, müssen wir manche Dinge verändern. Das Budget mit 40 Prozent Neueinnahmen und 60 Pro­zent Einsparungen trägt dem Rechnung. Wer Gutes bewahren will, muss manches än­dern – das hat dieses Budget als Ansatz. (Beifall bei der ÖVP.)

17.44


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kuzdas. – Bitte.

 


17.44.24

Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bun­desregierung! Hohes Haus! In den letzten drei Tagen wurde von der Opposition sehr viel kritisiert, manchmal emotional, manchmal weniger, manchmal sachlich, manchmal weniger, und so manche Milchmädchenrechnung angestellt, wie vom Kollegen Grad­auer zu Beginn dieser Tagesordnung. Das glauben Sie ja nicht alles selbst, was Sie uns da erzählt haben.

Die Regierungsfraktionen haben die Notwendigkeit der Konsolidierungsmaßnahmen dar­gelegt und befinden sich da auch in guter Gesellschaft. Altkanzler Vranitzky hat im „Ku­rier“ vom 18. November gemeint: Weil es die Regierung verabsäumt hat zu sagen, dass sie das Land vor Schaden bewahrt hat, wird sie abgewatscht. – Zitatende. Und genau so ist es!

An dieser Stelle muss auch festgehalten werden – auch das hat der Altkanzler gestern im „Report“ formuliert –, man kann über die eine oder andere Maßnahme diskutieren. In Summe stimmt die Richtung, das Budget ist ohne Alternative. Es muss noch weitere Reformen geben, und dazu gilt es eben insbesondere die kommenden zwei Jahre, in de­nen keine planmäßige Wahl stattfindet, zu nutzen.

Zu diesen Reformen gehört die Bundesstaatsreform auf der einen Seite, aber auch ei­ne Veränderung der Steuerstruktur.

An dieser Stelle möchte ich das Thema Verteilung der Steuereinnahmen in Österreich mit einem Blick auf das Ausland ansprechen. Die Abgabenquote, die nach den Anga­ben der Statistik Austria im Jahr 2001 ein Allzeithoch bei 45,3 Prozent hatte, wird vo­raussichtlich heuer 42,4 Prozent betragen. Die OECD hat festgestellt, dass die steuer­liche Belastung der Arbeitseinkommen in Österreich besonders hoch ist. Wenn man die Kommunalsteuer und die Beiträge zum FLAF dazurechnet, hat Österreich nach Frank­reich die größte Abgabenquote auf Arbeitseinkommen.

Höchst zurückhaltend, konstatiert die OECD weiter, ist Österreich hingegen bei der Ver­mögensbesteuerung. Die Einnahmen aus Substanzsteuern wie Grund-, Vermögen-, Schenkungs- und Erbschaftsteuer sind nur in Mexiko, in Tschechien und in der Slowa­kei geringer. Das sind alles Länder mit einem deutlich geringeren Vermögensbestand.

Wenn wir die Herausforderungen der Zukunft und die nachhaltige Finanzierung von Gesundheit und Pflege sicherstellen wollen, wären die Erträge aus der Bundesstaats­reform nicht ausreichend. Oder glaubt irgendjemand hier, dass das ausreichen wird?


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Wenn wir die Finanzierung unserer Zukunft in Infrastruktur, Forschung, Wissenschaft; Gesundheit und Pflege, in Universitäten und Bildung sicherstellen wollen, dann brau­chen wir frisches Geld. Die Forderung nach einer strukturellen Steuerreform, wie sie auch von Bundeskanzler Werner Faymann in der „Pressestunde“ zuletzt erhoben wur­de, ist mehr als gerechtfertigt, und die erforderlichen Vorarbeiten müssen unbedingt an­gegangen werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.47


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Großruck. – Bitte. (Abg. Öllinger: ... ein Gstanzl singen!)

 


17.47.45

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minis­ter! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Stünde im heutigen „Kurier“ eine andere Schlagzeile als „Viel Lob, wenig Tadel für Österreich“, wäre es umgekehrt, nämlich „Viel Tadel, etwas Lob für Österreich“, würden, davon bin ich überzeugt, die Oppositionsred­ner massenweise herausströmen und diese Schlagzeile monieren.

Ich tue es jetzt, weil die Schlagzeile positiv ist. Man kann von den Ratingagenturen hal­ten, was man will, aber ich glaube, es ist allemal besser, wenn Österreich auch von die­sen Institutionen bestens bewertet wird und nicht schlecht.

Wir sind viel besser als andere Länder, und wenn Sie heute den Teletext des ORF le­sen, dann sehen Sie, dass auch die Griechen derzeit über das Budget abstimmen. Und was dort los ist, das wissen Sie. Sie wissen, dass es dort Gehaltskürzungen geben muss und Massenentlassungen an der Tagesordnung sind.

Oder schauen Sie nach Portugal! Dort sind die Verhältnisse ähnlich.

Ich habe mit einigen Kollegen von der sozialistischen Partei aus Griechenland und Por­tugal gesprochen. Sie sagen: Wir wünschen euch das nicht, was bei uns los ist! Und ein Grund, hat mir ein portugiesischer Kollege gesagt, ist der, dass die Struktur Portu­gals verschlafen worden ist. Es ist keine Industrie aufgebaut worden, sondern es war immer Dienstleistung und teilweise Billigproduktion.

Ich glaube, man muss auch eine Lanze brechen für unsere Industrie, die wirklich auch die österreichische Wirtschaftskraft am Leben hält. Ich halte nichts davon, wenn hier massenweise Argumente gegen die Industrie vorgebracht werden. Auch die Industrien, und gerade die Industrien, sind verantwortlich für den Export. Sie beschäftigen aber auch sehr viele Zulieferer, Klein- und Mittelbetriebe, die ihrerseits wieder Arbeitsplätze sichern. Ich denke, wir sollten die Kirche im Dorf lassen. Vor allem die Gemeinden sind froh, wenn Industriebetriebe dort angesiedelt sind, weil sie damit auch einen Teil ihrer Steuern lukrieren können, und zwar in Form von Kommunalabgaben. Es ist gut, dass wir eine florierende Wirtschaft haben.

Ich halte auch nichts davon, wenn es jetzt Schuldzuweisungen gibt: Die bösen Ge­meinden!, und: Was die Bürgermeister alles machen! Meine Damen und Herren, ich war lange Bürgermeister und weiß, wie schwierig, aber auch verantwortungsvoll diese Aufgabe ist. Man wird jeden Tag vom Bürger an dem gemessen, was passiert. Ich glau­be, dass keiner oder nur die wenigsten über die Schnur hauen, sondern dass das gan­ze Gefüge etwas aus dem Ruder gelaufen ist, dass ein neuer Finanzausgleich ge­macht werden muss und natürlich auch Reformen notwendig sind – die werden ge­macht –, Kooperationen. Ich halte nichts davon, wenn über zwangsweise Zusammen­legungen von Gemeinden gesprochen wird, sondern das sollen sie, wenn sie wollen, freiwillig machen. Aber Kooperationen und Reformen sind sehr wohl angebracht, mei­ne Damen und Herren.

Ich komme zum Schluss mit einem Vierzeiler. Ich bin überzeugt, die Verfassungsklage wegen der verspäteten Vorlage des Budgets wird abgewiesen werden. Das ist ja schon


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von vielen Verfassungsrechtlern festgestellt worden, bis auf einen oder zwei, die man immer im Fernsehen sieht, die sagen, dass die späte Vorlage verfassungsrechtlich be­denklich ist.

Ich würde Folgendes sagen:

Grün und Orange, so hört man sagen,

wollen ’s Budget bei der Verfassung klagen.

Viel mehr jedoch in diesen Tagen

sollen sie über ihre eigene klagen.

Danke. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

17.51


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Krist. – Bitte.

 


17.51.30

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Meine Herren Mit­glieder der Bundesregierung! Einige Worte zur Flugabgabe und zur Normverbrauchs­abgabe. Für uns ist eine eventuelle Kfz-Steuererhöhung, die alle getroffen hätte, nicht in Frage gekommen, sondern wir halten die NoVA-Erhöhung durch einen Zuschlag für Pkw, die über 180 Gramm CO2 in die Umwelt schleudern, für ökologischer treffsicherer und gerechter. Getroffen wird in Wirklichkeit ja nur ein sehr kleines Segment von Pkw-KäuferInnen, vor allem jene, die große, teure und PS-starke Fahrzeuge bevorzugen.

Es ist kein Eingriff in bestehende Zulassungen, sondern es gilt für Neuwagen. Das ist wichtig. Nicht betroffen sind vor allem Familien, die größere Autos, aber kleineren Hub­raum brauchen. Rund 80 Prozent der heurigen Zulassungen zum Beispiel liegen unter der Grenze von 160 Gramm und nur 1,8 Prozent über 220 Gramm.

Händler und Importeure haben naturgemäß keine Freude. Aber wer sich Autos von 80 000 € aufwärts leisten kann, für den fällt diese Erhöhung nicht wirklich ins Gewicht. Dennoch wird diese Abgabe beginnend mit 2012, wenn sie voll greift, rund 55 Millio­nen € für das Budget bringen.

Bei der Flugabgabe ist es ähnlich. Sie soll steuerlicher Bevorzugung des Flugverkehrs entgegenwirken und soll einen Anreiz zu umweltgerechtem Verhalten darstellen. Die Abgabe bewegt sich zwischen 8 € für Kurzstrecken und 35 € für Langstrecken. Be­denkt man die Kosten einer gesamten Reise, so ist diese Abgabe marginal – für Pri­vate genauso wie für Geschäftsreisende. Aber auch hier wird diese Abgabe, wenn sie voll greift, ab 2012, rund 90 Millionen € pro Jahr bringen.

Beide Maßnahmen, meine Damen und Herren, haben unserer Meinung nach positive verteilungspolitische Effekte und treffen Bevölkerungs- und Konsumentengruppen, de­nen diese Abgaben durchaus zumutbar sind. (Beifall bei der SPÖ.)

17.53


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Köfer. – Bitte.

 


17.53.31

Abgeordneter Gerhard Köfer (SPÖ): Herr Präsident! Geschätztes Hohes Haus! Mei­ne Herren von der Bundesregierung! Budgetgespräche, Budgetverhandlungen sind im­mer sind immer eine spannende Zeit, und es ist wohl eine Ironie des Schicksals, dass wir gerade heute in den Medien lesen durften, dass die Abhörprotokolle von Telefon­gesprächen von Karl-Heinz Grasser, Meischberger und Co. das Licht der Öffentlichkeit erblickt haben. Ich hoffe, dass wir uns alle hier auch dessen bewusst sind, dass auch wir hier, nicht nur die ehemaligen hohen Repräsentanten dieses Hauses, ein katastro­phales Bild abgeben.


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Da wundert es auch niemanden, wenn es aus der Bevölkerung bereits die ersten wü­tenden Proteste gegeben hat. Ich bin wahrscheinlich nicht der Einzige hier, der heute dutzende Mails und SMS bekommen hat, mit dem Grundtenor: Was ist denn da los mit euch in Wien? Und es wird von Polit-Show und von gegenseitigen Beflegelungen ge­sprochen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Als Bürgermeister habe ich gelernt, zu­sammenzuführen, das Trennende hintanzuhalten und das Verbindende in den Vorder­grund zu stellen. Es ist die Aufgabe eines Bürgermeisters, zu diskutieren und dann zu entscheiden, aber wir haben auch gelernt, dass wir als Freunde auseinander gehen. Es ist aber auch die Aufgabe der Bundespolitik, Gräben zu schließen, anstatt neue zu zie­hen oder diese zu vergrößern.

Zurück zum Budget. – Wir haben heute auch die Gelegenheit, ein sehr soziales, wirt­schaftlich ausgewogenes Budget zu verabschieden und damit diese gesellschaftliche Tendenz, die es nun einmal gibt, nämlich ein weiteres Auseinanderdriften von Arm und Reich, zu verhindern.

Meine Damen und Herren, ich habe drei Wünsche: Ich wünsche der österreichischen Bevölkerung, dass sich die Wirtschaft sehr rasch erholt. Ich wünsche mir persönlich, dass Karl-Heinz Grasser angeklagt wird. Und ich wünsche Ihnen persönlich vor allem Ge­sundheit und ein besinnliches Weihnachtsfest. (Beifall bei der SPÖ.)

17.55


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. – Bitte.

 


17.55.32

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Regierungsmitglieder! Meine Damen und Herren! Österreich hat die Krise zweifellos besser bewältigt als andere Län­der. Wir können das an der Situation der Wirtschaft, an der Situation der Beschäftigten messen, und wir haben viele andere Vergleichsmöglichkeiten. Das Budget 2011 wird eine gute Grundlage sein, um uns dieser Krisenzeit, in der wir uns zweifellos befinden, auch wieder gut widersetzen zu können.

Ja, es ist ein Sparpaket, das nichts zu verteilen hat und das auch Belastungen bringt. Aber was die Belastungen angeht, ist zu sagen, dass diese doch wesentlich geringer sind im Vergleich zu anderen Ländern, und ich glaube, dass man der Regierung auch attestieren kann, dass sie bemüht war, die Belastungen ausgewogen zu verteilen.

Ja, es sind Wünsche offen, und diese werden für uns zweifellos weiter auf der Tages­ordnung bleiben. Allerdings werden wir mit der Organisation von Demonstrationen die­se Probleme nicht lösen können.

Ja, wir wollen weiter dafür kämpfen, dass es zu einer gerechteren Verteilung kommt, und ich bin auch davon überzeugt, dass das vorliegende Budget ein guter Beginn für eine gerechte Verteilung ist.

Wir haben erlebt, dass vor allem von der freiheitlichen Fraktion und vom BZÖ sehr um­fassend Kritik geübt wurde. Ich darf den beiden Fraktionen schon sagen, dass sie ja auch einmal in der Regierung waren und dass sie es waren, die zum Beispiel den Pen­sionisten real 10 Prozent weggenommen haben, dass sie es waren, die die Kleinen or­dentlichen geschröpft haben – zum Vorteil der Reichen! –, und, was besonders drama­tisch ist, dass sie Vermögen des Staates versilbert haben. Sie haben das Familiensil­ber, das von den fleißigen Frauen und Männern in Österreich erwirtschaftet wurde, un­wiederbringlich verschleudert. Daher, glaube ich, steht ihnen am allerwenigstens Kritik zu.

Letzte Bemerkung: Wir müssen immer wieder feststellen, dass vor allem von der Op­position mit selbstkonstruierten Argumenten, mit Halbwahrheiten operiert wird, dass die­


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se dann dramatisiert werden. Ich sage Ihnen, dadurch passiert Folgendes: Sie beein­flussen damit die Bevölkerung, Sie beeinflussen damit die Stimmung negativ. Und es darf niemand glauben, dass nicht auch in Österreich Autos oder Häuser brennen kön­nen, und wenn es dazu kommt, dann werden Sie das auch zu verantworten haben.

Wir jedenfalls sind der Meinung, dass das vorliegende Budget eine verträgliche Antwort auf die vor uns liegende Zeit ist, und wir werden daher auch gerne zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.58


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Klubobmann Bucher ist als Nächster zu Wort ge­meldet. – Bitte.

 


17.58.34

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach drei Tagen intensiver Beratungen hier im Hohen Haus und nach einigen Tagen Ausschussberatungen bleibt nur noch die Feststellung zu treffen, dass Rot und Schwarz, dass diese Bundesregierung diesen eingeschlagenen Irrweg weiter fortset­zen will und fortsetzen wird – zum Schaden Österreichs, zum Schaden der österreichi­schen Bevölkerung, aber vor allem zum Schaden vieler Familien, vieler Pflegebedürf­tiger in unserem Land und der sozial Schwachen in Österreich, meine sehr geehrten Da­men und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Sie denken nicht in Alternativen. Sie denken nicht an die Zukunft unseres Landes, son­dern, Herr Finanzminister, Sie tricksen und täuschen, wo Sie nur können. (Beifall beim BZÖ.) Und wenn man sich das ansieht  (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Geh!) – Natür­lich! Das erinnert an ein Hütchenspiel. (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Ich bin ja kein Kärnt­ner!) Sie kennen die Hütchenspiele? Da müssen Sie kein Kärntner sein, das können Niederösterreicher noch viel besser. (Neuerlicher Beifall beim BZÖ.) Ihr Onkel macht uns das ja förmlich vor, wie man Schulden versteckt. Aber Sie sind auf dem besten Weg, Ihren Onkel zu übertreffen, denn unter jedem Hütchen verstecken sich wieder Milliarden.

Sie wissen, dass wir einen Schuldenberg haben, der nicht bei 200 Milliarden € sondern bei 260 Milliarden € liegt. Sie wissen, dass sich Eurostat mittlerweile damit auseinander­setzt und beschäftigt, um Ihnen beim Rechnen sozusagen behilflich zu sein, weil Sie of­fenbar keine PISA-tauglichen Leistungen erbringen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, 260 Milliarden € beträgt dieser Schulden­stand inklusive der ÖBB-Schulden, der ASFINAG-Schulden, der BIG-Schulden und der Schulden, die die Gemeinden und die Länder jetzt noch dazu machen. Sie wissen, dass Sie mit diesem Finanzausgleich auch helfen, die Schulden in den Ländern und in den Gemeinden zu verstecken, damit Sie auf Bundesebene einigermaßen gut dastehen. Da wird Ihnen aber Eurostat einen Strich durch die Rechnung machen. – Das ist der Trick Nummer eins.

Der Trick Nummer zwei, den wir im Zuge der Budgetberatungen aufdecken konnten, ist ein noch viel schlimmerer, meine sehr geehrten Damen und Herren, nämlich dass Sie die Kredite nicht in jenem Ausmaß zurückbezahlen wie Ihre Vorgänger, sondern dass Sie bei der Schuldentilgung, bei den Kreditrückzahlungen Kürzungen in der Größenord­nung von 2,5 Milliarden € vornehmen und dadurch auch ein geringeres Budgetdefizit aus­weisen. (Beifall beim BZÖ.)

Das ist ein Trick, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das hat in dieser Schamlo­sigkeit noch kein Finanzminister in der Vergangenheit gewagt.

Das erinnert schon sehr an Griechenland, wenn man solche Tricksereien an den Tag legt. (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Geh bitte!) Das ist Griechenland, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Erinnern wir uns: Griechenland hat über viele Jahre der Eu­


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ropäischen Union völlig falsche Zahlen geliefert. Jetzt beginnt Finanzminister Pröll da­mit, die Österreicherinnen und Österreicher hinters Licht zu führen, aber auch die Euro­päische Union zu tricksen und zu täuschen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

In Wirklichkeit ist das eine reine Budgetkosmetik, damit Sie mit diesem Budget nicht so belämmert dastehen, wie es sich in Wahrheit aber darstellen wird, wenn man vom Rechnungshof dann in ein oder zwei Jahren die Überprüfung bekommt. Dann werden viele die Augen öffnen. Dann werden Sie feststellen, dass wir uns in einer budgetären Todesspirale befinden, die sich stetig nach unten dreht. Sie verschieben damit sündteu-
re Belastungen weiter in die Zukunft, die die nächsten Generationen zu bezahlen haben. (Abg. Dr. Moser: Koralm!)

Hören Sie endlich einmal auf, zu reden und zu argumentieren, dass Sie jene Partei sind, die auf die Schulden und auf die nächsten Generationen schaut! Es hat noch nie in der Zweiten Republik einen Finanzminister gegeben, der einen so hohen Schuldenberg zu verantworten hat wie Sie, Herr Finanzminister, Herr Bankenminister Pröll! (Beifall beim BZÖ.)

Sie haben mit diesem Budget für das Jahr 2011 die Chancen völlig verpasst. Sie ha­ben die Chancen nicht genützt, die Ihnen geboten gewesen wären. Sie hätten die Chan­ce gehabt, gemeinsam mit den Ländern, mit den öffentlichen Institutionen in einem Schulterschluss die Reformen im Bereich der Bildung, im Bereich der Verwaltung, im Bereich der Gesundheitspolitik anzugehen, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Jetzt wäre es an der Zeit gewesen, für ein massives Verständnis zu sorgen, dass wir einen Reformkurs einschlagen müssen. Wenn wir es mit der Zukunft unseres Landes ernst meinen, wenn wir es mit der Jugend, mit den nächsten Generationen ernst mei­nen, dann bleibt es uns nicht erspart, aus Österreich mit diesem schwerfälligen Verwal­tungsapparat einen modernen Dienstleistungsstaat mit einem modernen Zuschnitt zu machen, der für die nächsten Generationen auch finanzierbar ist. (Beifall beim BZÖ.)

Nein, Sie gehen genau den entgegengesetzten Weg der Steuererhöhungen und Kürzun­gen bei den Beihilfen und Förderungen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie mästen die Banken, Sie mästen die ÖBB und Sie mästen die Europäische Union be­ziehungsweise die Reformländer der Europäischen Union und jene, die in marode Fi­nanznöte geraten sind. – Das alles geht zulasten der Familien, das alles geht zulasten der Pflegebedürftigen und der sozial Schwächeren in unserem Land! (Beifall beim BZÖ.)

Das ist die Realität. Das ist, was am Ende dieser Budgetdebatte übrig bleibt.

Sie sollten – und das sollte vielleicht einmal eine denkwürdige Übung für Sie sein – vor den Spiegel treten und sich fragen, ob Sie in Anbetracht dieses Budgets, das Sie hier vorlegen, überhaupt noch ein Gewissen besitzen. Denn es kann ja nicht Ihr Ernst sein, dass Sie jetzt all jene zur Kasse bitten, die für diese Krise, in der sich die gesamte Europäische Union befindet, überhaupt nichts können. (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Schlechte Rede!) – Nein, das ist keine schlechte Rede, Herr Finanzminister, das ist – ganz simpel gesagt – die Realität! (Beifall beim BZÖ.)

Die Menschen empfinden das auch so. Sie haben kein Verständnis dafür, dass sie zur Kasse gebeten werden, nur weil die Regierenden in unserem Land noch immer nicht begriffen haben, welche Funktion und Aufgabe sie tatsächlich zu erfüllen haben. Das ist die Realität. Sie verstehen nicht, warum die Politik einen so riesigen, aufgeblähten, bürokratischen Verwaltungsstaat zulässt, der nicht mehr finanzierbar ist, den Sie nicht mehr „daheben“, den Sie nicht mehr bewegen können, weil Sie nur ein Interesse ha­ben, nämlich dass Ihre schwarzen Beamten in unserem Staat über die nächsten Gene­rationen weiter gefüttert werden. (Beifall beim BZÖ.) Das ist die eigentliche Realität, vor der wir stehen und vor der wir uns fürchten, meine sehr geehrten Damen und Her­ren.


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Wir brauchen in Zukunft, wenn wir das Land wettbewerbsfähig erhalten wollen, Initiati­ven zur Förderung der Familien, zur Förderung der Bildung und Geld für Forschung, Entwicklung und Innovation. Nur an diesen drei Säulen hängt die Zukunft unseres Lan­des. Das sollte Ihnen bewusst sein. Und gerade dort nehmen Sie Kürzungen vor – zum Nachteil des Wirtschaftsstandortes und der Wettbewerbsfähigkeit Österreichs, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Schauen wir uns die Situation über den Tellerrand hinaus an! Schauen Sie doch ein­mal über Wien und Niederösterreich hinaus! Schauen Sie über die Europäische Union hinaus! Ziehen Sie die globale Entwicklung heran! Wenn wir in Europa so weiterma­chen, dann führt das zu einem Wohlstandskampf – nicht zu einem Wohlstandskrampf, sondern zu einem Wohlstandskampf.

Die Wohlstandsverteilung innerhalb der Europäischen Union wird uns, wenn Sie so wei­termachen, viele, viele Milliarden Euro kosten. Und diese politische Auseinandersetzung wird dann nicht mehr im Parlament, sondern auf der Straße stattfinden, wenn Sie nicht hier im Hohen Haus endlich zur Vernunft kommen und die richtige Entscheidung tref­fen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Österreich entwickelt sich immer mehr in Richtung Hochsteuerland. Sie wissen ganz ge­nau, auch wenn Sie sich das ständig immer vorreden: Mit 44 Prozent Steuer- und Abga­benquote sind wir Europameister, bald aber auch in der Schuldenentwicklung und dem Schuldenstand.

Ja, wie wollen Sie denn in Zukunft die Schulden abtragen, wenn wir mit der Steuerbe­lastung schon am Plafond sind? Was für Maßnahmen haben Sie, um das Budget noch einigermaßen in den Griff zu bekommen? Es gibt keine andere Möglichkeit mehr, als endlich die Reformen anzugehen, aus Österreich einen modernen Dienstleistungsstaat zu machen, die Bürokratie abzubauen und vor allem die Bevölkerung zu entlasten, da­mit sich Leistung wieder lohnt und wir auf unser Land wieder stolz sein können. (Anhal­tender Beifall beim BZÖ.)

18.08

18.08.05

 


Präsident Fritz Neugebauer: Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Die Debatte ist geschlossen.

Da mir von den Fraktionen signalisiert wird, dass das Croquis bereits durchgearbeitet werden konnte, kommen wir zu den Abstimmungen über das Bundesfinanzgesetz 2011 samt Anlagen.

Hiezu liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde zunächst über die Anlagen I bis IV und sodann über den Text des Bundesfi­nanzgesetzes in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen lassen und dabei entsprechend der Systematik den vorliegenden Abänderungsantrag zur Abstimmung bringen.

Die zum Entwurf des Bundesfinanzgesetzes 2011 eingebrachten Entschließungsanträ­ge werde ich im Anschluss an die dritte Lesung in der Reihenfolge der Einbringung zur Abstimmung bringen.

Wir kommen zur Abstimmung über die Anlage I – Bundesvoranschlag 2011 in der Fas­sung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren des Hohen Hauses, die dem ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die Anlage II – Personalämter – Bruttodarstellung in der Fassung des Ausschussberichtes.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 521

Bei Zustimmung ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Somit kommen wir zur Abstimmung über die Anlage III – Finanzierung, Währungstausch­verträge – Bruttodarstellung in der Fassung des Ausschussberichtes.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Zur Abstimmung kommt nun die Anlage IV – Personalplan in der Fassung des Aus­schussberichtes.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür eintreten, um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Text des Bundesfinanzgesetzes 2011.

Hiezu haben die Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungs­antrag eingebracht, der eine Titeländerung zum Inhalt hat.

Ich lasse zunächst über diesen Abänderungsantrag abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Text des Bundesfinanzgesetzes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Damit ist die zweite Lesung über das Bundesfinanzgesetz 2011 samt Anlagen beendet.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. (Die Abgeordneten der Grünen hal­ten grüne Plakate mit der Aufschrift „Nein“ in die Höhe.) – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Damit ist das Budget für das Jahr 2011 verabschiedet. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Klatscht nur zu den Belastungen! Da wird noch applaudiert zu den Familienbelastungen!)

Wir gelangen nun zu einer Reihe von Abstimmungen über die zum Bundesfinanzge­setz 2011 eingebrachten Entschließungsanträge.

Die Abstimmung erfolgt in der Reihenfolge der Einbringung unter Berücksichtigung der vorliegenden Verlangen auf namentliche Abstimmung.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Stefan, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Aussetzung der Sessionen am Verfassungsgerichtshof.

Jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür eintreten, ersuche ich um ein entspre­chendes Zeichen. – Der Antrag ist abgelehnt.

Zur Abstimmung steht der Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert, Kollegin­nen und Kollegen betreffend jeweils eigenes Dienst- und Besoldungsrecht für Polizei und Bundesheer.

Bei Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist ab­gelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prüfkompetenzerweiterung des Rechnungshofes.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 522

Ich bringe den Entschließungsantrag der Abgeordneten Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Förderung für Frauenhäuser zur Abstimmung.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Der Antrag ist ab­gelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mayerhofer, Kollegin­nen und Kollegen betreffend bessere Entlohnung für Exekutivbedienstete in der poli­zeilichen Grundausbildung.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Der Antrag ist abge­lehnt.

Ich bringe den Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entlastung und Besserstellung der Exekutive zur Abstimmung.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minder­heit. Der Antrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Dr. Hübner, Kolleginnen und Kollegen haben einen Entschließungs­antrag betreffend Streichung von Diplomatenprivilegien innerhalb der Europäischen Uni­on eingebracht.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Zur Abstimmung steht der Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Hübner, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Sparmaßnahmen im Bundesministerium für europäi­sche und internationale Angelegenheiten.

Bei Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag ist abgelehnt.

Ich bringe den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Schwentner, Kollegin­nen und Kollegen betreffend budgetäre Vorsorge für eine öffentliche Debatte über die österreichische Entwicklungszusammenarbeit zur Abstimmung.

Bei Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag ist abgelehnt.

Weiters haben die Abgeordneten Mag. Schwentner, Kolleginnen und Kollegen einen Entschließungsantrag betreffend Entwicklungszusammenarbeit: Budgetpfad und ge­staltbare bilaterale Ausgaben als gesetzlich verpflichtende Ausgaben, eingebracht.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Dr. Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Entschlie­ßungsantrag betreffend Bezahlung der Rundfunkgebühren für Strafgefangene durch die Steuerzahler eingebracht.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein Zeichen. – Der Antrag ist abgelehnt.

Zur Abstimmung kommt der Entschließungsantrag der Abgeordneten Lausch, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend notwendige Erhöhung der Planstellen der Verwendungs­gruppe E 2a und E 2b für Exekutivbedienstete im Justizwachedienst.

Wenn Sie dafür sind, bitte ich um Ihr Zeichen. – Der Antrag ist abgelehnt.

Zur Abstimmung steht weiters der Entschließungsantrag der Abgeordneten Podgor­schek, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine weiteren Budgetkürzungen im Bereich der Miliz.

Wenn Sie das unterstützen, bitte ich um Ihr Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der An­trag ist abgelehnt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 523

Ich lasse über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zukunft des österreichischen Bundesheeres abstimmen.

Wer diesen Antrag unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Kickl, Kolleginnen und Kollegen haben einen Entschließungsan­trag betreffend Verlängerung der Übergangsfristen zur Öffnung des österreichischen Ar­beitsmarktes für neue EU-Mitgliedstaaten eingebracht.

Wer diesen Antrag unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorverlegung der Investitionen in Barrierefreiheit.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein Zeichen. – Der Antrag ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Beibehaltung der derzeit geltenden Zugangskriterien für die Pflegegeldstufen 1 und 2.

Bei Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist ab­gelehnt.

Die Abgeordneten Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen haben einen Entschließungs­antrag betreffend umfassende Verbesserungen im Behindertenbereich eingebracht.

Bei Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag ist abgelehnt.

Weiters stimmen wir über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ursula Haub­ner, Kollegin und Kollegen betreffend umfassende Verbesserungen im Pflegebereich ab.

Wer dafür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Jarmer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Ausgleichstaxe auf ein branchenübliches Mindestgehalt.

Bei Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen haben einen Entschließungs­antrag betreffend Förderung in Höhe der Mehrwertsteuer bei der Anschaffung von Kraft­fahrzeugen durch Behinderte eingebracht.

Bei Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag ist abgelehnt.

Weiters stimmen wir über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung ab.

Bei Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist ab­gelehnt.

Die Abgeordneten Dr. Spadiut, Kolleginnen und Kollegen haben einen Entschließungs­antrag betreffend sofortige Aufkündigung der Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens zum Zweck einer um­fassenden Spitalsreform eingebracht.

Wenn Sie diesen Antrag unterstützen, bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag ist abge­lehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend steuerliche Absetzbarkeit von Spenden für Tier- und Umwelt­schutz.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 524

Wenn Sie dafür sind, bitte ich Sie um ein Zeichen. – Der Antrag ist abgelehnt.

Es liegt ein Entschließungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Allianz für Bildung – „Weg mit ideologischen Scheuklappen, her mit echten Reformen!“ vor.

Wenn Sie das unterstützen, bitte ich Sie um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Mag. Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen haben einen Ent­schließungsantrag betreffend Erhöhung der Basisabgeltungen für Bundesmuseen und -theater eingebracht.

Bei Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Aufhebung des 10-Prozent-Limits bei Modellversu­chen der „Neuen Mittelschule“ sowie Überführung der Schulversuche ins Regelschul­wesen.

Wenn Sie dafür sind, bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Zur Abstimmung steht der Entschließungsantrag der Abgeordneten Petzner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Sanierungskonzept für das anatomisch-pathologische Institut.

Bei Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist ab­gelehnt.

Die Abgeordneten Mag. Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen haben einen Entschlie­ßungsantrag betreffend Einführung einer Subventions-Transparenzdatenbank für die Bereiche Kunst & Kultur eingebracht.

Bei Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist ab­gelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Walser, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Erhöhung der Lesekompetenz von öster­reichischen Schülerinnen und Schülern.

Wenn Sie dafür sind, bitte ich Sie um ein Zeichen. – Der Antrag ist abgelehnt.

Ein Entschließungsantrag der Abgeordneten Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betrifft die Evaluierung des Projekts „Haus der Geschichte“.

Bei Zustimmung bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung der Finanzierung des Freilichtmuseums Stübing.

Wenn Sie dies unterstützen, bitte ich Sie um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Weiters stimmen wir über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Rosen­kranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform der Sekundarschule ab.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Deimek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung einer Medizin-Univer­sität in Linz.

Darüber ist namentliche Abstimmung verlangt worden. Dieses Verlangen ist ausrei­chend unterstützt, daher gehen wir so vor.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 525

Ich darf für alle namentlichen Abstimmungen das Procedere einmal verlesen: Die Stimm­zettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Pulten, tragen den Namen des Abge­ordneten sowie die Bezeichnung „Ja“ – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungs­weise „Nein“ – das sind die rosafarbenen. Es dürfen nur diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Die Abgeordneten werden namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestell­te Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Deimek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung einer Medizin-Univer­sität in Linz stimmen, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzet­tel in die Urne zu werfen.

Ich bitte nunmehr die Schriftführer, mit dem Namensaufruf zu beginnen.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführer Zanger und Jakob Auer werfen die Abge­ordneten die Stimmzettel in die Urne.)

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.

Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

Ich bitte, sich nicht allzu weit zu entfernen, denn nach der Auszählung geht die Abstim­mung weiter.

*****

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 18.25 Uhr unterbrochen und um 18.28 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 177, davon „Ja“-Stimmen 70, „Nein“-Stimmen 107.

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Deimek, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Schaffung einer Medizin-Universität in Linz ist somit abgelehnt.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Dies gilt auch für alle folgenden namentlichen Abstimmungen.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Belakowitsch-Jenewein, Brosz Dieter, Brunner Christiane, Bucher Josef;

Deimek, Dolinschek, Doppler;

Fichtenbauer;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 526

Gartelgruber, Glawischnig-Piesczek, Gradauer, Graf, Grosz Gerald, Grünewald;

Hackl Heinz-Peter, Hagen, Haider, Haubner Ursula, Herbert Werner, Höbart Christian, Huber Gerhard, Hübner Johannes;

Jannach, Jury;

Karlsböck, Kickl, Kitzmüller, Kogler, Königshofer, Korun, Kunasek;

Lausch, Lichtenecker, Linder, List, Lugar Robert;

Markowitz, Mayerhofer, Mühlberghuber, Musiol;

Neubauer Werner;

Öllinger;

Petzner, Pilz, Pirklhuber, Podgorschek;

Riemer, Rosenkranz;

Schatz, Scheibner, Schenk, Schwentner, Spadiut, Stadler Ewald, Stefan, Strache, Strutz;

Tadler Erich, Themessl;

Unterreiner;

Vilimsky, Vock;

Walser, Westenthaler, Widmann Rainer, Windbüchler-Souschill, Windholz, Winter;

Zanger, Zinggl.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Amon, Aubauer, Auer Jakob, Auer Josef;

Bartenstein, Bayr, Becher, Binder-Maier;

Cap, Cortolezis-Schlager, Csörgits;

Donabauer Karl, Donnerbauer Heribert, Durchschlag;

Eßl;

Fazekas, Franz, Fuhrmann, Fürntrath-Moretti;

Gahr, Gartlehner, Gaßner, Gessl-Ranftl, Glaser, Grillitsch, Großruck;

Haberzettl, Hagenhofer, Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Haubner Peter, Hechtl, Heinzl, Hell, Höfinger, Höllerer, Hörl, Hornek, Huainigg;

Ikrath;

Jarolim;

Kaipel, Kapeller, Keck, Kirchgatterer, Klikovits, Köfer, Königsberger-Ludwig, Kopf, Kößl, Krainer, Kräuter, Krist, Kuntzl, Kuzdas;

Lapp, Lettenbichler, Lipitsch, Lohfeyer, Lueger Angela;

Maier Ferdinand, Maier Johann, Matznetter, Mayer Elmar, Mayer Peter, Molterer, Mu­chitsch, Muttonen;

Neugebauer Fritz;

Oberhauser, Obernosterer;

Pack, Pendl, Plassnik, Plessl, Prähauser, Prammer, Praßl, Preiner, Prinz;

Rädler Johann, Rasinger, Riepl, Rudas;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 527

Sacher, Schickhofer, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger Bernd, Schön­pass Rosemarie, Schopf, Schultes, Schüssel, Silhavy, Singer, Spindelberger, Stauber Peter, Steibl Ridi Maria, Steindl Konrad, Steßl-Mühlbacher, Stummvoll;

Tamandl;

Weninger, Wittmann Peter, Wöginger, Wurm.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich bitte, die Plätze einzunehmen. Wir haben noch eini­ge Entschließungsanträge zu behandeln.

Die Abgeordneten Mag. Widmann, Kolleginnen und Kollegen haben einen Entschlie­ßungsantrag betreffend Erhöhung der F&E-Mittel zur Sicherstellung der 3-prozentigen F&E-Quote eingebracht.

Wer das unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag ist abgelehnt.

Weiters haben die Abgeordneten Mag. Widmann, Kolleginnen und Kollegen einen Ent­schließungsantrag betreffend „UNI-Bonus“ und „UNI-Card“ – Akutprogramm für die Universitäten eingebracht.

Wenn Sie das unterstützen, bitte ich um ein Zeichen. – Das ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Uni-Milliarde bis 2015.

Wenn Sie das unterstützen, bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der An­trag ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Herkunftslandprinzip“.

Hiezu ist von 20 Abgeordneten namentliche Abstimmung verlangt worden. Ich gehe da­her so vor.

Die Vorgangsweise ist bekannt, ich brauche das daher nicht mehr zu verlesen.

Ich bitte die Schriftführer, mit dem Namensaufruf zu beginnen.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführer Zanger und Jakob Auer werfen die Ab­geordneten die Stimmzettel in die Urne.)

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich unterbreche die Sitzung zur Stimmenzählung.

*****

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 18.33 Uhr unterbrochen und um 18.36 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 528

Präsident Fritz Neugebauer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 180, davon „Ja“-Stimmen 56, „Nein“-Stimmen 124.

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Graf, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Herkunftslandprinzip“ ist somit abgelehnt.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Belakowitsch-Jenewein, Brosz Dieter, Brunner Christiane;

Deimek, Doppler;

Fichtenbauer;

Gartelgruber, Glawischnig-Piesczek, Gradauer, Graf, Grünewald;

Hackl Heinz-Peter, Haider, Herbert Werner, Höbart Christian, Hübner Johannes;

Jannach, Jury;

Karlsböck, Kickl, Kitzmüller, Kogler, Königshofer, Korun, Kunasek;

Lausch, Lichtenecker, Linder;

Mayerhofer, Moser, Mühlberghuber, Musiol;

Neubauer Werner;

Öllinger;

Pilz, Pirklhuber, Podgorschek;

Riemer, Rosenkranz;

Schatz, Schwentner, Stefan, Steinhauser, Strache, Strutz;

Tadler Erich, Themessl;

Unterreiner;

Van der Bellen, Vilimsky, Vock;

Walser, Windbüchler-Souschill, Winter;

Zanger, Zinggl.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Amon, Aubauer, Auer Jakob, Auer Josef;

Bartenstein, Bayr, Becher, Binder-Maier, Bucher;

Cap, Cortolezis-Schlager, Csörgits;

Dolinschek, Donabauer Karl, Donnerbauer Heribert, Durchschlag;

Eßl;

Fazekas, Franz, Fuhrmann, Fürntrath-Moretti;

Gahr, Gartlehner, Gaßner, Gessl-Ranftl, Glaser, Grillitsch, Großruck, Grosz;

Haberzettl, Hagen, Hagenhofer, Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Haubner Peter, Haubner Ursula, Hechtl, Heinzl, Hell, Höfinger, Höllerer, Hörl, Hornek, Huainigg, Huber;

Ikrath;

Jarolim;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 529

Kaipel, Kapeller, Keck, Kirchgatterer, Klikovits, Köfer, Königsberger-Ludwig, Kopf, Kößl, Krainer, Kräuter, Krist, Kuntzl, Kuzdas;

Lapp, Lettenbichler, Lipitsch, List, Lohfeyer, Lueger Angela, Lugar Robert;

Maier Ferdinand, Maier Johann, Markowitz, Matznetter, Mayer Elmar, Mayer Peter, Molterer, Muchitsch, Muttonen;

Neugebauer Fritz;

Oberhauser, Obernosterer;

Pack, Pendl, Petzner, Plassnik, Plessl, Prähauser, Prammer, Praßl, Preiner, Prinz;

Rädler Johann, Rasinger, Riepl, Rudas;

Sacher, Scheibner, Schenk, Schickhofer, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schöneg­ger Bernd, Schönpass Rosemarie, Schopf, Schultes, Schüssel, Silhavy, Singer, Spa­diut, Spindelberger, Stadler, Stauber Peter, Steibl Ridi Maria, Steindl Konrad, Steßl-Mühlbacher, Stummvoll;

Tamandl;

Weninger, Westenthaler, Widmann Rainer, Windholz, Wittmann Peter, Wöginger, Wurm.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungs­antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Deimek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bau des Linzer Westringes im Zuge einer Infrastrukturgesamtstrategie für Österreich.

Hiezu ist von 20 Abgeordneten namentliche Abstimmung verlangt worden.

Ich gehe daher so vor.

Ich bitte die Schriftführer, mit dem Namensaufruf zu beginnen.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführer Zanger und Jakob Auer werfen die Ab­geordneten die Stimmzettel in die Urne.)

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Die Abstimmung ist beendet.

Ich unterbreche die Sitzung kurz.

*****

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 18.40 Uhr unterbrochen und um 18.45 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt.

Abgegebene Stimmen: 177; davon „Ja“-Stimmen: 54, „Nein“-Stimmen: 123.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 530

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Deimek, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Bau des Linzer Westringes im Zuge einer Infrastrukturgesamtstrategie für Österreich ist somit abgelehnt.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Belakowitsch-Jenewein, Bucher Josef;

Deimek, Dolinschek, Doppler;

Fichtenbauer;

Gartelgruber, Gradauer, Graf, Grosz Gerald;

Hackl Heinz-Peter, Hagen, Haider, Haubner Ursula, Herbert Werner, Höbart Christian, Huber Gerhard, Hübner Johannes;

Jannach, Jury;

Karlsböck, Kickl, Kitzmüller, Königshofer, Kunasek;

Lausch, Linder, List, Lugar Robert;

Markowitz, Mayerhofer, Mühlberghuber;

Neubauer Werner;

Petzner, Podgorschek;

Riemer, Rosenkranz;

Scheibner, Schenk, Spadiut, Stadler Ewald, Stefan, Strache, Strutz;

Tadler Erich, Themessl;

Unterreiner;

Vilimsky, Vock;

Westenthaler, Widmann Rainer, Windholz, Winter;

Zanger.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Amon, Aubauer, Auer Jakob, Auer Josef;

Bartenstein, Bayr, Becher, Binder-Maier, Brosz, Brunner;

Cap, Cortolezis-Schlager, Csörgits;

Donabauer Karl, Donnerbauer Heribert, Durchschlag;

Eßl;

Fazekas, Franz, Fuhrmann, Fürntrath-Moretti;

Gahr, Gaßner, Gessl-Ranftl, Glaser, Glawischnig-Piesczek, Grillitsch, Großruck, Grü­newald;

Haberzettl, Hagenhofer, Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Haubner Peter, Hechtl, Heinzl, Hell, Höfinger, Höllerer, Hörl, Hornek, Huainigg;

Ikrath;

Jarolim;

Kaipel, Kapeller, Keck, Kirchgatterer, Klikovits, Köfer, Kogler, Königsberger-Ludwig, Kopf, Korun, Kößl, Krainer, Kräuter, Krist, Kuntzl, Kuzdas;

Lapp, Lettenbichler, Lichtenecker, Lipitsch, Lohfeyer, Lueger Angela;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 531

Maier Johann, Matznetter, Mayer Elmar, Mayer Peter, Molterer, Moser, Muchitsch, Mu­siol, Muttonen;

Neugebauer Fritz;

Oberhauser, Obernosterer, Öllinger;

Pack, Pendl, Pilz, Pirklhuber, Plassnik, Plessl, Prähauser, Prammer, Praßl, Preiner, Prinz;

Rädler Johann, Rasinger, Riepl, Rudas;

Sacher, Schatz, Schickhofer, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger Bernd, Schönpass Rosemarie, Schopf, Schultes, Schüssel, Schwentner, Silhavy, Singer, Spindelberger, Stauber Peter, Steibl Ridi Maria, Steindl Konrad, Steinhauser, Steßl-Mühlbacher, Stummvoll;

Tamandl;

Van der Bellen;

Walser, Weninger, Windbüchler-Souschill, Wittmann Peter, Wöginger;

Zinggl.

*****

Präsident Fritz Neugebauer: Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Deimek, Kolleginnen und Kollegen haben weiters einen Entschließungsantrag betreffend Einführung eines Ös­terreich-Tickets eingebracht.

Wer dies unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen.  Das ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Lichtenecker, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Staffelung der Forschungsprämie nach Betriebsgröße.

Wenn Sie das unterstützen, bitte ich um ein Zeichen.  Der Antrag ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Deimek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufrechterhaltung der Direktzugsverbindung zwi­schen den Landeshauptstädten.

Wenn Sie dies unterstützen, bitte ich um ein Zeichen. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine Verschlechterungen bei der Nahverkehrs­förderung für Länder und Gemeinden.

Wenn Sie dies unterstützen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Der Antrag ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Moser, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Vertragsschablone für Vorstandsverträge.

Wenn Sie das unterstützen, bitte ich Sie um ein Zeichen.  Der Antrag ist abgelehnt.

Damit kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordne­ten Peter Haubner, Dr. Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mobilitätsför­derung im Zusammenhang mit länger andauernder Auslandstätigkeit“.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein Zei­chen. – Der Antrag ist mit Mehrheit angenommen. (E 139.)

Die Abgeordneten Mag. Musiol, Kolleginnen und Kollegen haben einen Entschließungs­antrag betreffend Fortsetzung des Bundeszuschusses zum Ausbau der Kinderbetreu­ung eingebracht.

Wenn Sie dies unterstützen, bitte ich um ein Zeichen.  Das ist abgelehnt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 532

Die Abgeordneten Mag. Musiol, Kolleginnen und Kollegen haben einen Entschließungs­antrag betreffend Beibehaltung der bisherigen Höhe des Mehrkindzuschlags eingebracht.

Wenn Sie dafür sind, bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen haben einen Entschließungs­antrag betreffend Beibehaltung der 13. Familienbeihilfe eingebracht.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. Der Antrag findet kei­ne Mehrheit. Er ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kitzmüller, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Anpassung der Familienbeihilfe für Bürger aus dem EU/EWR-Raum.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen.  Das ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen haben einen Ent­schließungsantrag betreffend Rücknahme der Kürzung der Familienbeihilfe für Stu­dierende eingebracht.

Wenn Sie dem zustimmen, bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag findet keine Mehr­heit. Er ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Energieforschungs­ausgaben auf 120 Millionen €.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. Der Antrag findet keine Mehrheit. Er ist abgelehnt.

Zur Abstimmung steht der Entschließungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend SOS Familie Leistung und Gerechtigkeit.

Wer dies unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen.  Der Antrag ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Deimek, Kol­leginnen und Kollegen betreffend Bündelung der Forschungsaktivitäten.

Wer dafür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen.  Das ist abgelehnt.

Zur Abstimmung steht der Entschließungsantrag der Abgeordneten Schenk, Kollegin und Kollegen betreffend jährliche Valorisierung der Familienleistungen.

Wer dies unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen. Der Antrag ist abgelehnt.

Zur Abstimmung kommt der Entschließungsantrag der Abgeordneten Ursula Haub­ner, Kollegin und Kollegen betreffend Weiterführung der Vereinbarung gemäß Arti­kel 15a B-VG über den Ausbau des institutionellen Kinderbetreuungsangebots und über die Einführung der verpflichtenden frühen sprachlichen Förderung in institutionellen Kin­derbetreuungseinrichtungen im Jahr 2011.

Bei Zustimmung ersuche ich um Ihr Zeichen.  Der Antrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Markowitz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Entschließungs­antrag betreffend dringend notwendige Erhöhung des Budgets der Österreich Wer­bung eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag ist abgelehnt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 533

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Jannach, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Einführung einer Förderobergrenze für land- und forstwirt­schaftliche Betriebe auf 50 000 € pro Betrieb und Jahr aus dem Agrarbudget der EU und Österreichs.

Bei Zustimmung ersuche ich um Ihr Zeichen.  Der Antrag ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Jannach, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Erhöhung der Beitragssätze in der Sozialversicherung der Bauern.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. Der Antrag findet keine Mehrheit. Er ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Huber, Kolleginnen und Kollegen haben einen Entschließungsan­trag betreffend Kompensierung der Bundesmittelkürzungen im Bereich „Ländliche Ent­wicklung“ eingebracht.

Wer dies unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Jannach, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Berücksichtigung einer finanziellen Entschädigung für un­sere Landwirte für den Verlust bereits bezahlter Milchkontingente im BFG 2011.

Wer dies unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag ist abgelehnt.

Zur Abstimmung steht weiters der Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Pirkl­huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auszahlung der Fördergelder an alle land­wirtschaftlichen Betriebe bis Ende 2010.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Mag. Widmann, Kolleginnen und Kollegen haben einen Entschlie­ßungsantrag betreffend zinsfreies Kreditmodell für thermische Sanierung eingebracht.

Wer dafür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Lugar, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Normverbrauchsabgabe auf Elektrogeräte.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. Der Antrag ist abgelehnt.

Zur Abstimmung steht der Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Winter, Kol­leginnen und Kollegen betreffend die Halbierung der Mehrwertsteuer auf Energie aus erneuerbaren heimischen Ressourcen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. Der Antrag ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Gradauer, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Entlastung der kleinen und mittleren Betriebe und die Er­höhung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes.

Wer dies unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine kurzfristige deutliche Steuerentlastung und eine mittelfris­tig umfassende Steuerreform im Sinne des BZÖ-Flat-Tax-Steuermodells.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag findet keine Mehrheit. Er ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Vorschläge des Rechnungshofes zur Verwal­tungsreform und zum Bürokratieabbau.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend zweckmäßige Parameter als Grundlage für den Finanzausgleich.

Wenn Sie dafür sind, bitte ich um Ihr Zeichen. – Der Antrag findet keine Mehrheit. Er ist abgelehnt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 534

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Podgorschek, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Schaffung einer kerneuropäischen Hartwährungszone.

Wenn Sie dafür sind, bitte ich um Ihr Zeichen. – Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Pod­gorschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verlängerung des § 113h Gehaltsgesetz.

Wenn Sie dafür sind, bitte ich Sie um Ihr Zeichen. – Der Antrag ist abgelehnt.

18.53.26Verlesung eines Teils des Amtlichen Protokolls

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ferner liegt mir das schriftliche Verlangen von 20 Abge­ordneten vor, die vorgesehene Fassung des Amtlichen Protokolls der 91. Sitzung des Nationalrates hinsichtlich des Tagesordnungspunktes Bundesfinanzgesetz 2011 samt Anlagen zu verlesen, damit dieses mit Schluss der Sitzung als genehmigt gilt. Dadurch soll die umgehende Beschlussausfertigung ermöglicht werden.

Es wird daher so vorgegangen. Die Frau Präsidentin verliest das Amtliche Protokoll. (Allgemeiner Beifall.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer (den Vorsitz übernehmend):

„TO-Punkt 1: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (980 der Bei­lagen): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2011, Bundesfinanzgesetz 2011, BFG 2011 samt Anlagen (1044 der Beilagen).

Generaldebatte Rubrik 0 und 1: Recht und Sicherheit, Untergliederung 01: Präsident­schaftskanzlei, Untergliederung 02: Bundesgesetzgebung, Untergliederung 03: Verfas­sungsgerichtshof, Untergliederung 04: Verwaltungsgerichtshof, Untergliederung 05: Volks­anwaltschaft, Untergliederung 06: Rechnungshof: Untergliederung 10: Bundeskanzleramt

Die Abgeordneten Mag. Stefan, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungs­antrag Beilage 1/1 EA ein.

Die Abgeordneten Herbert, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungsan­trag Beilage 1/2 EA ein.

Die Abgeordneten Zanger, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungsan­trag Beilage 1/3 EA ein.

Die Abgeordneten Gartlgruber, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungs­antrag Beilage 1/4 EA ein.

Untergliederung 11: Inneres

Die Abgeordneten Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungs­antrag Beilage 1/5 EA ein.

Die Abgeordneten Herbert, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungsan­trag Beilage 1/6 EA ein.

Untergliederung 12: Äußeres

Die Abgeordneten Dr. Hübner, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungs­antrag Beilage 1/7 EA ein.

Die Abgeordneten Dr. Hübner, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungs­antrag Beilage 1/8 EA ein.

Die Abgeordneten Mag. Schwentner, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschlie­ßungsantrag Beilage 1/9 EA ein.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 535

Die Abgeordneten Mag. Schwentner, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschlie­ßungsantrag Beilage 1/10 EA ein.

Untergliederung 13: Justiz

Die Abgeordneten Dr. Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschlie­ßungsantrag Beilage 1/11 EA ein.

Die Abgeordneten Lausch, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungsan­trag Beilage 1/12 EA ein.

Untergliederung 14: Militärische Angelegenheiten und Sport

Die Abgeordneten Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungs­antrag Beilage 1/13 EA ein.

Die Abgeordneten Kunasek, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungsan­trag Beilage 1/14 EA ein.

Sitzungsunterbrechung um 04.17 Uhr.

Fortsetzung der unterbrochenen Sitzung am 21. Dezember 2010, 9 Uhr.

Rubrik 2: Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie

Untergliederung 20: Arbeit, Untergliederung 21: Soziales und Konsumentenschutz, Un­tergliederung 22: Sozialversicherung

Die Abgeordneten Kickl, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungsantrag Beilage 1/15 EA ein.

Die Abgeordneten Kickl, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungsantrag Beilage 1/16 EA ein.

Die Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungsan­trag Beilage 1/17 EA ein.

Die Abgeordneten Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungs­antrag Beilage 1/18 EA ein.

Die Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschlie­ßungsantrag Beilage 1/19 EA ein.

Die Abgeordneten Mag. Jarmer, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungs­antrag Beilage 1/20 EA ein.

Die Abgeordneten Gartlgruber, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungs­antrag Beilage 1/21 EA ein.

Die Abgeordneten Neubauer, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungs­antrag Beilage 1/22 EA ein.

Untergliederung 24: Gesundheit

Die Abgeordneten Dr. Spadiut, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungs­antrag Beilage 1/23 EA ein.

Die Abgeordneten Vock, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungsantrag Beilage 1/24 EA ein.

Rubrik 3: Bildung, Forschung, Kunst und Kultur

Untergliederung 30: Unterricht, Kunst und Kultur

Die Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschlie­ßungsantrag Beilage 1/25 EA ein.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 536

Die Abgeordneten Mag. Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschlie­ßungsantrag Beilage 1/26 EA ein.

Die Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschlie­ßungsantrag Beilage 1/27 EA ein.

Die Abgeordneten Petzner, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungsan­trag Beilage 1/28 EA ein.

Die Abgeordneten Mag. Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschlie­ßungsantrag Beilage 1/29 EA ein.

Die Abgeordneten Dr. Walser, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungs­antrag Beilage 1/30 EA ein.

Die Abgeordneten Markowitz, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungs­antrag Beilage 1/31 EA ein.

Die Abgeordneten Grosz, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungsantrag Beilage 1/32 EA ein.

Die Abgeordneten Dr. Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschlie­ßungsantrag Beilage 1/33 EA ein.

Untergliederung 31: Wissenschaft und Forschung

Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Deimek, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschlie­ßungsantrag Beilage 1/34 EA ein. Hiezu liegt ein Verlangen von 20 Abgeordneten auf namentliche Abstimmung Beilage I/1 vor.

Die Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen bringen den Ent­schließungsantrag Beilage 1/35 EA ein.

Die Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen bringen den Ent­schließungsantrag Beilage 1/36 EA ein.

Die Abgeordneten Mag. Dr. Graf, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschlie­ßungsantrag Beilage 1/37 EA ein.

Die Abgeordneten Mag. Dr. Graf, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschlie­ßungsantrag Beilage 1/38 EA ein. Hiezu liegt ein Verlangen von 20 Abgeordneten auf namentliche Abstimmung Beilage I/2 vor.

Rubrik 4: Wirtschaft, Infrastruktur und Umwelt

Untergliederung 34: Verkehr, Innovation und Technologie (Forschung)

Untergliederung 41: Verkehr, Innovation und Technologie

Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Deimek, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschlie­ßungsantrag Beilage 1/39 EA ein.

Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Deimek, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschlie­ßungsantrag Beilage 1/40 EA ein.

Die Abgeordneten Dr. Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschlie­ßungsantrag Beilage 1/41 EA ein.

Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Deimek, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschlie­ßungsantrag Beilage 1/42 EA ein.

Die Abgeordneten Grosz, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungsantrag Beilage 1/43 EA ein.

Die Abgeordneten Dr. Moser, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungs­antrag Beilage 1/44 EA ein.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 537

Sitzungsunterbrechung um 20.58 Uhr

Fortsetzung der unterbrochenen Sitzung am 22. Dezember 2010, 9 Uhr.

Rubrik 4 (Wirtschaft, Infrastruktur und Umwelt) (Fortsetzung)

UG 25: Familie und Jugend

UG 33: Wirtschaft (Forschung)

UG 40: Wirtschaft

Die Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Matznetter, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungsantrag Beilage 1/45 EA ein.

Die Abgeordneten Mag. Musiol, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungs­antrag Beilage 1/46 EA ein.

Die Abgeordneten Mag. Musiol, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungs­antrag Beilage 1/47 EA ein.

Die Abgeordneten Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungs­antrag Beilage 1/48 EA ein.

Die Abgeordneten Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungs­antrag Beilage 1/49 EA ein.

Die Abgeordneten Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen bringen den Ent­schließungsantrag Beilage 1/50 EA ein.

Die Abgeordneten Dr. Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschlie­ßungsantrag Beilage 1/51 EA ein.

Die Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschlie­ßungsantrag Beilage 1/52 EA ein.

Die Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen bringen den Abänderungsantrag Beilage 1/53 ein.

Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Deimek, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschlie­ßungsantrag Beilage 1/54 EA ein.

Die Abgeordneten Schenk, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungsan­trag Beilage 1/55 EA ein.

Die Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschlie­ßungsantrag Beilage 1/56 EA ein.

Die Abgeordneten Markowitz, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungs­antrag Beilage 1/57 EA ein.

UG 42: Land-, Forst- und Wasserwirtschaft

UG 43: Umwelt

Die Abgeordneten Jannach, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungsan­trag Beilage 1/58 EA ein.

Die Abgeordneten Jannach, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungsan­trag Beilage 1/59 EA ein.

Es liegt ein Verlangen von 20 Abgeordneten auf namentliche Abstimmung, Beilage 1/3, zum Entschließungsantrag Beilage 1/49 EA vor.

Die Abgeordneten Huber, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungsantrag Beilage 1/60 EA ein.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 538

Die Abgeordneten Jannach, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungsan­trag Beilage 1/61 EA ein.

Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen bringen den Ent­schließungsantrag Beilage 1/62 EA ein.

Die Abgeordneten Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen bringen den Ent­schließungsantrag Beilage 1/63 EA ein.

Die Abgeordneten Ing. Lugar, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungs­antrag Beilage 1/64 EA ein.

Die Abgeordneten Dr. Winter, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungs­antrag Beilage 1/65 EA ein.

Rubrik 5 (Kassa und Zinsen)

UG 15: Finanzverwaltung

UG 16: Öffentliche Abgaben

UG 23: Pensionen

UG 44: Finanzausgleich

UG 45: Bundesvermögen

UG 46: Finanzmarktstabilität

UG 51: Kassenverwaltung

UG 58: Finanzierungen, Währungstauschverträge sowie

Text des Bundesfinanzgesetzes und restliche Teile der Anlage I einschließlich Anla­gen II bis IV

Die Abgeordneten Gradauer, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungsan­trag Beilage 1/66 EA ein.

Die Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungsan­trag Beilage 1/67 EA ein, der in den Kernpunkten erläutert wird. Die Präsidentin verfügt gemäß § 55 Abs. 3 in Verbindung mit § 53 Abs. 4 GOG die Vervielfältigung und Vertei­lung.

Die Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungsan­trag Beilage 1/68 EA ein, der in den Kernpunkten erläutert wird. Die Präsidentin verfügt gemäß § 55 Abs. 3 in Verbindung mit § 53 Abs. 4 GOG die Vervielfältigung und Vertei­lung.

Die Abgeordneten Zanger, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungsan­trag Beilage 1/69 EA ein.

Die Abgeordneten Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschließungs­antrag Beilage 1/70 EA ein.

Die Abgeordneten Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen bringen den Entschlie­ßungsantrag Beilage 1/71 EA ein.

Abstimmungen.

Der Abänderungsantrag Beilage 1/53 wird abgelehnt.

Der Entwurf des Bundesfinanzgesetzes für das Jahr 2011 sowie dessen Anlagen I Bundesvoranschlag 2011 einschließlich Gesamtübersicht, Anlagen Ia bis Ic und Anla­gen II bis IV werden gemäß dem Ausschussantrag in 1044 d.B. in zweiter und dritter Lesung mehrstimmig angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 539

Der Entschließungsantrag Beilage 1/1 EA wird abgelehnt.“ (Unruhe im Saal.) – Jetzt geht es wieder von vorne los, ich muss noch um etwas Geduld bitten. (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.)

„Der Entschließungsantrag Beilage 1/2 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/3 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/4 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/5 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/6 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/7 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/8 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/9 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/10 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/11 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/12 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/13 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/14 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/15 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/16 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/17 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/18 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/19 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/20 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/21 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/22 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/23 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/24 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/25 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/26 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/27 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/28 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/29 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/30 EA wird abgelehnt.“ (Unruhe im Saal.) – Es hilft nichts. (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.)

„Der Entschließungsantrag Beilage 1/31 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/32 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/33 EA wird abgelehnt.“ (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.)

„Der Entschließungsantrag Beilage 1/34 EA wird in namentlicher Abstimmung – abge­gebene Stimmen: 177, davon „Ja“-Stimmen: 70, „Nein“-Stimmen: 107 – abgelehnt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 540

Der Entschließungsantrag Beilage 1/35 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/36 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/37 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/38 EA wird in namentlicher Abstimmung – abge­gebene Stimmen: 180, davon „Ja“-Stimmen: 56, „Nein“-Stimmen: 124 – abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/39 EA wird in namentlicher Abstimmung – abge­gebene Stimmen: 177, davon „Ja“-Stimmen: 54, „Nein“-Stimmen: 123 – abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/40 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/41 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/42 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/43 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/44 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/45 EA wird angenommen.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/46 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/47 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/48 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/49 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/50 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/51 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/52 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/54 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/55 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/56 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/57 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/58 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/59 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/60 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/61 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/62 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/63 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/64 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/65 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/66 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/67 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/68 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/69 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/70 EA wird abgelehnt.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/71 EA wird abgelehnt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 541

Es liegt ein Verlangen gemäß § 51 Abs. 6 GOG von 20 Abgeordneten auf Verlesung des Amtlichen Protokolls hinsichtlich dieses Tagesordnungspunktes vor (Beilage D).“

*****

Die Verlesung ist somit zu Ende.

Erheben sich Einwendungen gegen die Fassung oder den Inhalt dieser Teile des Amtli­chen Protokolls? – Das ist nicht der Fall.

Die entsprechenden Teile des Amtlichen Protokolls gelten daher gemäß § 51 Abs. 6 der Geschäftsordnung mit Schluss dieser Sitzung als genehmigt.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

19.09.30Einlauf

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 1370/A(E) bis 1390/A(E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 7152/J bis 7325/J eingelangt, und es ist die Anfrage 53/JPR des Abgeordneten Brosz an die Präsidentin des Nationalrates eingebracht worden.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 19.09 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Die Sitzung ist geschlossen.

19.10.05Schluss der Sitzung: 19.10 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien