Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll130. Sitzung / Seite 28

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denz zur Verschärfung aufweist. Tun wir daher nicht so, als wäre die Gesellschaft Se­xualstraftätern schutzlos ausgeliefert.

Hohes Haus! Zum aktuellen, von Klubobmann Strache angesprochenen Anlassfall darf ich Folgendes erwähnen: Der elektronisch überwachte Hausarrest als alternative Form des Strafvollzugs hat sich bewährt. Betreiben wir hier keine Kindesweglegung. Ich den­ke, dass hier in diesem Haus wieder jene Einigkeit herrschen sollte, die zum Zeitpunkt der Beschlussfassung vor knapp einem Jahr geherrscht hat. Die Regelung zum elek­tronisch überwachten Hausarrest wurde hier im Parlament nämlich einstimmig, auch mit den Stimmen der FPÖ, beschlossen! (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Stichtag 1. November 2011 hatten bereits 455 Personen die Haft im elektronisch überwachten Hausarrest absolviert. (Abg. Strache: Aber mit der Ausschussfeststel­lung, dass das kein Freibrief für Sexualstraftäter sein kann!) Zum Stichtag waren 148 Personen im Hausarrest angehalten. In bloß 22 Fällen – das sind 5 Prozent – wur­de der Hausarrest nicht bis zur Entlassung fortgesetzt. Insgesamt wurden bereits rund 40 000 Hafttage im elektronisch überwachten Hausarrest verbracht, wofür ein Kosten­ersatz von insgesamt rund 350 000 € vorgeschrieben wurde.

Bisher gab es weder sicherheitsrelevante Vorfälle, wie etwa Fluchten, noch relevante technische Probleme. Diesen Umstand führe ich natürlich auch darauf zurück, dass un­sere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Vollzug sehr gut vorbereitet wurden.

Zu der von Klubobmann Strache angesprochenen Ausschussfeststellung darf ich Fol­gendes bemerken: Diese Ausschussfeststellung ist auch zum Inhalt des Erlasses der Vollzugsdirektion zur Einführung des elektronisch überwachten Hausarrestes gewor­den. Ich zitiere aus Punkt 1.2.7. dieses Erlasses zur positiven Risikoabwägung:

Vor Entscheidung über diese Vollzugsform sind die Wohnverhältnisse, das soziale Um­feld und allfällige Risikofaktoren vor dem Hintergrund von Aspekten wie Gefährlichkeit des Betroffenen, Art und Beweggrund der Anlasstat oder früherer Verurteilungen, dem nunmehrigen Lebenswandel und den Chancen auf ein redliches Fortkommen nach der Haft zu prüfen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.)

Bei Personen, die wegen einer strafbaren Handlung gegen die sexuelle Integrität oder Selbstbestimmung oder gegen Leib und Leben oder die Freiheit, wenn diese Tat be­gangen wurde, um sich geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, verurteilt wur­den, ist zur Prüfung allfälliger Risikofaktoren und der Gefahr des Missbrauchs dieser Vollzugsform vorweg eine Äußerung der Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Ge­walt- und Sexualstraftäter einzuholen. Nur dann, wenn nach dem Ergebnis dieser Prü­fung anzunehmen ist, dass ein Missbrauch der Vollzugsform nicht zu befürchten ist, kann der Antrag bewilligt werden.

Bei dieser Prüfung ist dem Wohl aller im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen, und zwar insbesondere jener, die nicht einsichts- und urteilsfähig sind – wie eben zum Beispiel Kinder –, ungeachtet vorliegender Zustimmungserklärungen von Amts wegen Rechnung zu tragen. Wäre das Wohl auch nur einer Mitbewohnerin/eines Mitbewoh­ners dadurch gefährdet, ist eine Bewilligung zu versagen. – Zitatende.

Selbstverständlich hat die Vollzugsdirektion auch im konkreten Fall diese Vorgaben be­achtet und auf der Basis der geltenden Gesetze entschieden. Wie Sie wissen oder ei­gentlich wissen sollten, ist mir als Justizministerin eine Abänderung oder Aufhebung dieses Bescheides gemäß den Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfah­rensgesetzes nicht möglich, auch nicht per Ministerentscheid, Herr Klubobmann Stra­che.

Der Anlassfall hat natürlich auch bei uns ein Nachdenken ausgelöst. Ich möchte hier jedoch nicht reflexartig mit Schnellschüssen, sondern aufgrund gesicherten Experten-


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