Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 118

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mit dieser Person kommuniziert haben, automatisch unter Generalverdacht, auch wenn Sie gar nicht wissen, worum es geht.

Das Nächste ist, dass mittels telefonbezogener Daten von Mobiltelefonen die Standort­informationen aufgezeichnet werden, das heißt, es ist jederzeit nachvollziehbar, wo Sie unterwegs waren, wo Sie sich aufgehalten haben. Aber wenn man jetzt weiter schaut, widerspricht das dem Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Wenn wir dann weiters sehen, dass die nationalen Verfassungsgerichte diverser Staa­ten, die diese EU-Richtlinie 2006/24/EG bereits eingeführt haben, diese Vorratsdaten­speicherung für verfassungswidrig erklärt haben, dann muss man, glaube ich, hier nicht viel mehr dazu sagen, um zu wissen, wo man sich bewegt und was hier abgeht.

Es ist hier schon von Oppositionspolitikern mehr oder weniger ausführlich dargelegt worden, warum diese Vorratsdatenspeicherung in dieser Form abzulehnen ist. Ich fra­ge: Wollen wir den gläsernen Menschen ohne Wenn und Aber? – Ich denke nicht, und deshalb, glaube ich, ist dieser Bürgerinitiative recht zu geben, und wir unterstützen die­se mit vollem Herzen. – Danke. (Beifall des Abg. Markowitz.)

14.30


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesmi­nisterin Dr. Karl zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.30.38

Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wir leben in Europa, in einem Raum der Sicherheit, der Freiheit und des Rechts. Das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit und die stete Wahrung der Grundrechte sind elementare Werte unserer Gesellschaft und prä­gen dementsprechend auch den Wertekanon der Europäischen Union und ihrer Mit­gliedstaaten.

Als Justizministerin kommt mir die Aufgabe zu, das Vertrauen in unseren Rechtsstaat zu sichern und zu bewahren. Natürlich ist dieses Vertrauen gefährdet, wenn unsere Bürgerinnen und Bürger annehmen müssen, dass ihr Kommunikationsgeheimnis nicht mehr geschützt ist.

Eine offene und transparente Gesellschaft ist auf die vertrauensvolle Kommunikation ihrer Bürgerinnen und Bürger angewiesen. Nur auf diese Weise kann Privatheit, aber auch Diskussionsbereitschaft und Teilnahme am öffentlichen Diskurs gewährleistet werden. Skepsis und Sorge der Bevölkerung, wie selbstverständlich auch die heute zur Debatte stehende Bürgerinitiative, nehme ich vor diesem Hintergrund natürlich sehr ernst. Mit großem Interesse verfolge ich daher die weitere Entwicklung betreffend die drei gegen die Umsetzung der Richtlinie beim Verfassungsgerichtshof eingebrach-
ten Gesetzesbeschwerden – und dies nicht nur, weil bei einem Verfahren immerhin 11 130 Antragsteller auftreten.

Seit dem Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 28. November 2012, mit dem er den Europäischen Gerichtshof mit Fragen zur Vereinbarkeit der Richtlinie mit dem Unionsrecht, insbesondere mit der Grundrechtecharta befasst hat, stehen wir vor einer neuen Situation. Ich begrüße diese Vorlage an den Europäischen Gerichtshof, weil nur dadurch sichergestellt ist, dass die Frage der Grundrechtskonformität der in Rede ste­henden Richtlinie endgültig geklärt wird – was natürlich auch in Reformvorhaben der Europäischen Kommission münden wird.

Nicht unerwähnt möchte ich jedoch lassen, dass sich aus dem Vorlagebeschluss des Verfassungsgerichtshofes keine Kritik an den Umsetzungsschritten in der Strafprozess­ordnung herauslesen lässt, weil im Zentrum der Überlegungen die Richtlinie selbst be-


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