Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 121

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14.41.17

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Danke für die Nachsicht, Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wenn man jetzt die Fra­ge stellt, was eigentlich zu kritisieren ist – ob das Gesetz zu kritisieren ist oder ob der umgesetzte Normenbestand in der EU zu kritisieren ist –, dann muss man sich nur einmal die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zur Vorlage an den EuGH an­schauen.

Der Verfassungsgerichtshof spricht ganz eindeutig davon, dass er Bedenken hat, dass die EU-Richtlinie über die sogenannte Vorratsdatenspeicherung der EU-Grundrechte­charta widersprechen könnte. Das heißt, der Verfassungsgerichtshof sagt nicht etwa, die Umsetzung sei falsch, denn dann könnte er selbst aufheben und sagen, im Lichte der Richtlinie sei die Umsetzung überschießend, sondern er sagt, die Richtlinie gehöre angeschaut – das heißt, das, was wir umgesetzt haben, gehört angeschaut –, und er geht davon aus, dass sie im Lichte der Grundrechtecharta überschießend ist.

Das ist natürlich ein riesiger Unterschied, und man kann es drehen und wenden, wie man will, das Grundübel ist nun einmal das Zustandekommen der Richtlinie durch die seinerzeitige Zustimmung des BZÖ. Da kann man reden, was man will, man hätte das nicht tun dürfen. Ich verstehe das schon: Es war damals offensichtlich peppig, da mit­zuspielen. Man hat also nicht lange nachgedacht und irgendetwas getan, ohne das Hirn wahnsinnig zu strapazieren – und daran leiden wir jetzt alle. Insofern ist das unser aller Problem, weil man sich damals natürlich hätte fragen können, ob man das nicht auch anders machen kann.

Ich glaube also, dass das, was Kollege Maier vorhin richtigerweise gesagt hat – dass der deutsche Datenschutzbeauftragte den Vorschlag macht, diese Daten nur in Fällen, wo das Gericht es anordnet, blitzartig zu speichern und dann anzuschauen –, natürlich auch der Intention entspricht, denn die Vorratsdatenspeicherung hat eben – und das haben Kollegen vor mir auch schon gesagt – den Sinn, nur bei schwerst kriminellen Aktivitäten als Mittel zur Forschung herangezogen zu werden.

Wenn man sich anschaut, dass es Kreise gibt, die für einen Hendldieb mehr oder weni­ger auch die Vorratsdatenspeicherung heranziehen möchten, dann sieht man allein da­ran schon, welche enormen Probleme mit dieser Möglichkeit für schwer kriminelle Fälle entstehen können. Daher ist das, was da vorgeschlagen wurde – und es ist ein Grüner, der diesen Vorschlag in Deutschland unterbreitet hat; das muss man dazusagen –, nämlich Quick Freeze durchzuführen, auf richterliche Anordnung in die Daten hinein­zugehen, aus meiner Sicht ein durchaus probates Mittel, wie weiter vorzugehen ist.

Ich darf bei dieser Gelegenheit noch eines sagen, weil es auch andere Bereiche gibt, in denen dann die unterschiedlichen Kreise auf einmal auf die Idee kommen, sie würden für ihre Zwecke auch gerne eine derartige Vorratsdatenspeicherung haben: Das ist im Zusammenhang mit dem Urheberrecht der Umstand, das zur Verfolgung urheberrecht­licher Eingriffe heranzuziehen. Das ist sicherlich die absolut geringste Intensität von Eingriffen im Vergleich zu Mord, schwerer Körperverletzung und Vermögensdelikten, und dort muss man das sicher zurückweisen. Das sind einzelne Bereiche, die das dort heranziehen, und ich glaube, unsere Aufgabe ist es, sicherzustellen, dass das nicht kommt.

Ich darf den Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung noch einmal ganz kurz zi­tieren, welche Bedenken er darlegt, nämlich „dass durch die vorgegebene Verpflich­tung“ – nämlich der EU-Richtlinie – „zur Speicherung der Daten Rückschlüsse auf Ver­halten, Gewohnheiten und Aufenthaltsorte der Nutzer von Kommunikationsdiensten und damit die Erstellung von sogenannten ‚Bewegungsprofilen‘ ermöglicht würden.“

Das heißt, der Verfassungsgerichtshof sagt nichts anderes als: Eigentlich ist dadurch der gläserne Mensch gegeben. Es kann im Zusammenhang mit einem Missbrauch –


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