An das
Bundesministerium

GZ ● BKA-603.973/0001-V/8/2008

Abteilungsmail v@bka.gv.at

bearbeiter MMag Josef BAUER

Dr. Martina HIRSCH

Pers. E-mail josef.bauer@bka.gv.at

Telefon 01/53115/2219

Ihr Zeichen   BMF-090103/0006-III/5/2008

für Finanzen

Abteilung III/5

 

Mit E-Mail: e-recht@bmf.gv.at

 

 

Antwort bitte unter Anführung der GZ an die Abteilungsmail

 

 

Betrifft:  Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 und das Bankwesengesetz geändert werden;

Begutachtung; Stellungnahme

 

 

 

Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst nimmt zum Gesetzesentwurf samt Beilagen wie folgt Stellung:

I. Allgemeines:

Zu legistischen Fragen darf allgemein auf die Internet-Adresse http://www.bundeskanzleramt.at/legistik hingewiesen werden, unter der insbesondere die Legistischen Richtlinien 1990 und verschiedene, legistische Fragen betreffende Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst zugänglich sind. Die Gemeinschaftsrechtskonformität des im Entwurf vorliegenden Bundesgesetzes ist vornehmlich vom do. Bundesministerium zu beurteilen.

II. Zum Gesetzesentwurf:

Zu Z 1 (§ 75 Abs. 6 und 7):

Nach den vorgeschlagenen Bestimmungen soll über „Eigenprodukte“ und über das Verbot der Entgegennahme von Kundengeldern „gemäß § 16 Abs. 2“ informiert werden. Die Beschränkung des Verweises auf den Abs. 2 des § 16 erscheint unklar, da Abs. 2 nur Anordnungen zu Informationen im Internet zu treffen scheint.

 

Zu Z 1 (§ 75 Abs. 9):

Es wird angeregt zu prüfen, die Aufgaben der Entschädigungseinrichtung als Früherkennungssystem näher zu präzisieren.

 

Aus datenschutzrechtlicher Sicht wird auf Folgendes hingewiesen: Aus der gewählten Formulierung lässt sich nicht eindeutig erschließen, wem im Zuge des neu zu errichtenden Früherkennungssystems die Auftraggebereigenschaft im Sinne des § 4 Z 4 DSG 2000 und somit die Entscheidung darüber zukommt, Daten für einen bestimmten Zweck zu verarbeiten (arg: „zusammenzuarbeiten“, „zur Verfügung zu stellen“, „Abgleich der gemeldeten Daten“). Sollten mehrere Akteure – und nicht nur die Entschädigungseinrichtung – die Möglichkeit haben, Daten in die Datenbank einzuspeisen und somit eine „gemeinsame Verarbeitung und Benützung von Daten in einer Datenanwendung durch mehrere Auftraggeber“ vorliegen, so wäre nach Ansicht des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom Vorliegen eines Informationsverbundsystems gemäß § 4 Z 13 DSG 2000 auszugehen, das eine meldepflichtige Datenanwendung gemäß § 50 Abs. 1 iVm § 18 Abs. 2 DSG 2000 darstellt. Es wäre demnach gesetzlich klarzustellen, wer als Auftraggeber bzw. als Betreiber des Informationsverbundsystems fungiert.

 

Es wird ferner angeregt, näher festzulegen, welche Datenarten für Zwecke des Frühwarnsystems verarbeitet werden (vgl. das Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 14. Mai 2008, GZ BKA-810.016/0001-V/3/2007). Auch die Wendung „insbesondere hinsichtlich des Abgleichs der gemeldeten Daten“ sollte präzisiert werden.

 

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Ermächtigung der FMA zur Datenverarbeitung für Zwecke der Anlegerentschädigung bzw. des Frühwarnsystems gemäß § 75 Abs. 9 WAG 2007 bislang keine Deckung in § 91 Abs. 4 WAG 2007 findet und dort ebenfalls angeführt werden sollte.

 

Zu Z 2 (§ 76 Abs. 1a):

Im Interesse der besseren Verständlichkeit wird vorgeschlagen, den Text des Abs. 1a auf zwei Sätze aufzuteilen.

 

Zu Z 2 (§ 76 Abs. 1d und 2):

Der Entwurf sieht in diesen Absätzen insolvenzrechtliche Sonderbestimmungen vor. Es wird daher vorgeschlagen zu prüfen, ob nicht auch der Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Justiz betroffen und daher die Vollzugsklausel des § 107 WAG 2007 entsprechend anzupassen ist.

 

Zu Z 4 (§ 103 Z 8a):

Es wird angeregt zu prüfen, ob eine Beitragsverpflichtung erstmals für Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2008 enden, belastende Rückwirkungseffekte mit sich bringen kann, die einen Eingriff in ein berechtigtes Vertrauen bewirken könnten (vgl. näher Öhlinger, Verfassungsrecht, 7. Auflage, Rz. 786). Solche Effekte könnten möglicherweise auftreten, wenn eine Wertpapierfirma ein vom Kalenderjahr abweichendes Geschäftsjahr hat.

III. Zu Vorblatt und Erläuterungen:

Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst regt eine Anpassung des Vorblatts an das Muster des Rundschreibens vom 30. September 2008, BKA-600.824/0004-V/2/2008, an. Insbesondere wären die Auswirkungen des Vorhabens näher aufzugliedern und ein Hinweis auf (allfällige) Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens im Sinne des Rundschreibens des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 13. November 1998, GZ 600.824/8-V/2/98 anzubringen.

Im Allgemeinen Teil der Erläuterungen sollte auch noch der Wortlaut der in Anspruch genommenen Kompetenztatbestände genannt werden (Legistische Richtlinien 1979, Pkt. 94). Nicht ganz klar erscheint, warum auch Art. 10 Abs. 1 Z 4 B‑VG „Bundesfinanzen“ erwähnt wird. Sollte damit die geplante Verpflichtung der Beaufsichtigten zur Leistung von Beiträgen an die Entschädigungseinrichtung gemeint sein, wäre die Qualifikation als „Abgabe“ wohl fraglich, da der Ertrag nicht an eine Gebietskörperschaft fließen soll. Es dürfte sich dabei eher um materienspezifische Geldleistungen handeln, die auch auf die Z 5 leg. cit. gestützt werden könnten. Eine ähnliche Frage stellt sich auch zur angeführten Z 11 leg. cit. (offenbar gemeint: „Vertragsversicherung“), auch hier dürfte der Bezug zur Materie der Z 5 überwiegen.

Zur Formulierung der Erläuterungen wird auch auf Pkt. 92 der Legistischen Richtlinien 1979 verwiesen, wonach bei der Formulierung der Erläuterungen darauf zu achten wäre, dass es sich um einen Entwurf und nicht um eine bereits erlassene Rechtsvorschrift handelt. Es wird daher vorgeschlagen, Wendungen wie: „Verfügt wird eine ausdrückliche Informationspflicht …“ in die Richtung zu formulieren: „Eine ausdrückliche Informationspflicht … soll vorgesehen werden“.


Diese Stellungnahme wird im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom 6. Juli 1961 u.e. auch dem Präsidium des Nationalrats zur Kenntnis gebracht.

 

29. Dezember 2008

Für den Bundeskanzler:

i.V. ACHLEITNER

 

 

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