Präsidium des Nationalrates

begutachtungsverfahren@parlinkom.gv.at

 

 

 

 

 

GZ: BMSK-90170/0116-III/2008

Wien, am 16.01.2009

 

 

 

Betreff:  Bundesgesetz, mit dem das WAG und das BWG geändert werden; BMF-090103/0006-III/5/2008;

               Stellungnahme im Begutachtungsverfahren

 

 

 

Das Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz übermittelt in der Beilage seine Stellungnahme zu dem im Betreff angeführten Begutachtungsentwurf.

 

Für den Bundesminister:

Dr. Maria Reiffenstein

 

Beilage

 

Elektronisch gefertigt.


 

 

 

 

 

 

 Bundesministerium für Finanzen

Hintere Zollamtsstraße 2b

1030 Wien

 

 

 

 

 

GZ: BMSK-90170/0116-III/2008

Wien, 16.01.2009

 

 

 

Betreff:  Bundesgesetz, mit dem das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 und das Bankwesengesetz geändert werden, Stellungnahme des BMSK

 

 

 

Soweit es um die Stärkung der Leistungsfähigkeit der Anlegerentschädigung durch die Schaffung eines „Vier-Säulenmodells“ geht, ist der vom BMF zur Begutachtung vorgelegte Gesetzesentwurf auch aus der Sicht des Konsumentenschutzes durchwegs sachgerecht.

 

Mindestens ebenso wichtig wie die Schaffung eines leistungsfähigen Entschädigungssystems ist es aber, durch geeignete Maßnahmen vorzusorgen, dass Entschädigungsfälle entweder überhaupt nicht eintreten oder dass sie zumindest, da einzelne Betrugsfälle nie zur Gänze verhindert werden können, die finanzielle Leistungsfähigkeit des Entschädigungssystems nicht übersteigen.

Die im § 75 Abs. 6 bis 9 WAG-E vom BMF vorgeschlagenen vorbeugenden Maßnahmen werden seitens des BMSK begrüßt. Sie berühren aber nicht den Hauptgrund, warum beispielsweise der Schaden im so genannten AMIS-Skandal ein Ausmaß annehmen konnte, das die Leistungsfähigkeit der Anlegerentschädigung sprengt, nämlich das Ausbildungsdefizit der FinanzdienstleistungsassistentInnen.

 

Dementsprechend sollen Maßnahmen gesetzt werden, welche die derzeit bestehende Möglichkeit beschränken, Wertpapierdienstleistungen über eine Vielzahl gewerblich tätiger Subvermittler zu erbringen, die

 

-          keine nachgewiesene Fachkunde besitzen,

 

-          nicht von der FMA beaufsichtigt werden,

 

-          nach dem Gesetz eigentlich nur im Namen und auf Rechnung eines von der FMA konzessionierten Rechtsträgers (Wertpapierfirma, Wertpapierdienstleistungsunternehmen, Kreditinstitut) tätig werden dürften, in der Praxis (was vorweg nicht zu verhindern ist) aber sehr häufig im eigenen Namen als „Finanzberater“ tätig werden,

 

-          oft im Bekannten- und Verwandtenkreis unter Ausnutzung eines persönlichen Vertrauensverhältnisses tätig werden, und

 

-          mit oftmals falschen Argumenten, deren Wahrheitsgehalt mangels Ausbildung von ihnen nicht überprüft werden kann, dubiose, stark betrugsanfällige Finanzprodukte an in Wertpapiergeschäften unerfahrene Verbraucher verkaufen.

 

Letztendlich konnten auch die AMIS-Produkte erst durch die Tätigkeit derartiger Subvermittler an so viele unerfahrene Privatanleger verkauft werden, obwohl diese Produkte für Fachleute erkennbar betrugsanfällig waren. In einzelnen (sehr wenigen) Fällen wurden die AMIS-Produkte zwar auch direkt durch eine Bank oder eine konzessionierte Wertpapierfirma verkauft. Der dadurch entstandene Schaden wäre aber für die Entschädigungseinrichtung finanziell verkraftbar gewesen.

 

Es ist daher aus Sicht des BMSK zum Schutz der Anlegerentschädigung vor nicht mehr finanzierbaren Schadensfällen und zur Wiederherstellung des (derzeit erschütterten) Vertrauens in den österreichischen Finanzsektor notwendig, dass in Zukunft alle nicht von der FMA konzessionierten und beaufsichtigten gewerblich tätigen Wertpapiervermittler und –berater

 

-          eine nachgewiesene ausreichende Fachkunde und Zuverlässigkeit besitzen,

 

-          nur für eine einzige Wertpapierfirma (oder Bank) tätig werden sollen, und

 

-          dass diese Wertpapierfirma (oder Bank) für ein schuldhaftes Verhalten des Subvermittlers bei der Erbringung der Wertpapierdienstleistungen unabhängig davon haften sollen, ob sich der Vermittler gegenüber dem Anleger richtig deklariert oder nicht (dh ob er im Namen der Wertpapierfirma oder im eigenen Namen auftritt).
Gemäß § 28 Absatz 2 letzter Halbsatz WAG haftet der konzessionierte Rechtsträger (Wertpapierfirma, Bank) für das Verschulden des gebundenen Vermittlers bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen nur dann, wenn der Vermittler im Namen des Rechtsträgers auftritt.
In der Praxis deklarieren sich viele gebundene Vermittler jedoch nicht korrekt, sondern sie treten im eigenen Namen als „Finanzberater“ auf oder es ist im Einzelfall unklar, für wen sie tätig werden. In diesen Fällen kann der geschädigte Anleger derzeit entweder von vornherein nicht die konzessionierte Wertpapierfirma haftbar machen oder er geht im Fall einer Klage gegen die Wertpapierfirma das Risiko ein, dass diese erfolgreich einwendet, sie sei nicht passiv legitimiert. Der geschädigte Anleger muss diesfalls also den Vermittler klagen, der aber weder über eine verpflichtende Berufshaftpflichtversicherung noch über eine ausreichende Eigenkapitalausstattung verfügt und bei dem daher nicht gewährleistet ist, dass die Schadenersatzansprüche auch einbringlich sind.

Das BMSK tritt also für eine Erfüllungsgehilfenhaftung des Rechtsträgers für den Vermittler ein.Eine mögliche Formulierung des § 28 Abs 2 WAG könnte etwa folgendermaßen lauten:

 

     „Ein Rechtsträger, der einen vertraglich gebundenen Vermittler heranzieht, haftet gemäß § 1313a ABGB für jede Handlung oder Unterlassung des vertraglich gebundenen Vermittlers.“

 

Für die Erfüllungsgehilfenhaftung des Rechtsträgers muss es genügen, dass er den gebundenen Vermittler für die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen heranzieht und ihn in das bei der FMA geführte öffentliche Register einträgt. Die durch die Beauftragung des gebundenen Vermittlers vorgenommene Ausweitung seiner Geschäftstätigkeit und der durch die Eintragung im öffentlichen Register erzeugte Rechtsschein stellen ausreichende Gründe dafür dar, dem Rechtsträger ein allfälliges Verschulden des Vermittlers zuzurechnen. Ob sich der gebundene Vermittler im Einzelfall gegenüber dem Anleger auch korrekt deklariert oder nicht, darf dabei keine Rolle spielen.

 

Abschließend wird auch darauf verwiesen, dass der Nationalrat am 10.12.2009 auf Basis eines 5 Parteienantrages eine Entschließung beschlossen hat, die eine Reformierung der Anlageberatungsberufe fordert.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Für den Bundesminister:

Dr. Maria Reiffenstein

 

Elektronisch gefertigt.