Stellungnahme

der Volkshilfe Österreich

zur Novellierung des Asylgesetzes 2005, des Fremdenpolizeigesetzes 2005 und des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes sowie Erlassung eines Bundesgesetzes über einen Beirat des Landeshauptmannes zur Beratung in Fällen besonderen Interesses

 

 

 

Zum Allgemeinen Teil (Vorblatt):

 

 

 

Allgemeine Bemerkungen zur Novellierung des Asylgesetzes 2005, des Fremdenpolizeigesetzes 2005 und des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes sowie Erlassung eines Bundesgesetzes über einen Beirat des Landeshauptmannes zur Beratung in Fällen besonderen Interesses

 

 

Der Novellierungsvorschlag zur Änderung des Asylgesetzes, Fremdenpolizeigesetzes sowie des Aufenthalts- und Niederlassungsgesetzes, um die vom Verfassungsgerichtshof aufgrund dessen Erkenntnisses vom 27.6.2008 (G 246, 247/07 u.a.) eingeforderte Antragsberechtigung für ein Aufenthaltsrecht aus humanitären Gründen umzusetzen, trägt diesen Vorgaben nur teilweise Rechnung:

 

Begrüßt wird die Verpflichtung der Behörde, im Falle der Nichtzulässigkeit der Ausweisung die relevanten Teile der Ermittlungsakten an die Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörde zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu übermitteln und die Entscheidung auch zu begründen, sodass diese nachvollziehbar wird, und dass nunmehr bei Unzulässigkeit der Ausweisung die Erteilung eines Aufenthaltstitels zu erfolgen hat. Somit hat nun ein Fremder, dessen Ausweisung unzulässig ist, ein Anspruch auf die Erteilung eines Aufenthaltstitels und muss nicht wie bisher in der problematischen Situation verbleiben, dass er zwar nicht ausgewiesen werden kann, jedoch mangels Erteilung eines Aufenthaltstitels als quasi „Rechtsloser“ im Staate Österreich leben muss. Begrüßt wird auch die Möglichkeit eines Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung bei Fällen häuslicher Gewalt. Ebenso ist die Möglichkeit, die Zulässigkeit der Ausweisung bei geänderten Umständen noch einmal prüfen lassen zu können, als positiv zu betrachten.

 

Kritik wird jedoch daran geübt, dass auch bisher bereits die Pflicht der fremdenpolizeilichen bzw. Asylbehörden bestand, bei der Ausweisung eine Einzelfallprüfung im Sinne des Art. 8 MRK vorzunehmen, und in dieser Hinsicht keine neue Regelung erlassen wurde, sondern nun lediglich die vom Verfassungsgerichtshof aufgrund der Judikatur des EGMR entwickelten Kriterien zur Interessensabwägung iSd Art. 8 MRK wortgleich ohne jegliche Gewichtung im AsylG, NAG und FPG wiedergegeben werden, was die Novellierung daher für Asylwerber in der Praxis unanwendbar machen könnte.

 

Weiters ist die Differenzierung der Entscheidung über die Ausweisung durch Asylbehörden einerseits und durch fremdenpolizeiliche Behörden andererseits gleichheitswidrig, da eine negative Entscheidung der Asylbehörden nur mehr vom Verfassungsgerichtshof, nicht jedoch vom Verwaltungsgerichtshof geprüft werden kann. Wird die Ausweisung von fremdenpolizeilichen Behörden geprüft, ist eine Prüfung sowohl durch den Verfassungs- als auch durch den Verwaltungsgerichtshof möglich. Diese Differenzierung, je nach anwendbarer Rechtslage (und somit lediglich nach zeitlichen Aspekten, nämlich dem Zeitpunkt, zu dem der Asylantrag gestellt wurde), stellt eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung und damit einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz dar.

 

 

Eine Bleiberechtsregelung, die eine Entlastung der Asylbehörden von langjährig anhängigen Verfahren mit sich bringen würde, wird mit dem vorliegenden Entwurf nicht beabsichtigt. Im Gegenzug dazu werden noch mehr Personalkapazitäten sowohl bei den Asyl- als auch bei den fremdenpolizeilichen Behörden vonnöten sein.

 

Besonders problematisch sind das gänzliche Fehlen einer aufschiebenden Wirkung bei Antragsstellung und die verpflichtende Mitteilung an die Fremdenpolizei.

 

Sehr problematisch werden die Bestimmungen über den Beirat des Landeshauptmannes gesehen, da es sich lediglich um eine „kann – Bestimmung“ handelt. Weiters wird scharf kritisiert, dass mit dem Vorliegen von Patenschaften die Verantwortung betreffend einen humanitären Aufenthalt vom Staat auf Private abgeschoben wird, und die Regelungen über die Voraussetzungen (Haftungspflicht) praktisch nur sehr schwer erfüllbar und somit nicht umsetzbar sind. Die Verlagerung der Verantwortung auf Privatpersonen widerspricht zudem massiv dem Erfordernis eines Rechtsstaates.

 

Problematisch ist auch, dass von einer Antragsstellung alle Personen mit einem Aufenthaltsverbot, ganz gleich aus welchem Grund, ausgeschlossen sind. Problematisch ist dies insbesondere deshalb, weil es sich bei dem Grund für die Erteilung eines Aufenthaltsverbotes z.B. auch um eine längst getilgte Bagatell-Straftat handeln kann. In dieser Hinsicht muss daher unbedingt eine Differenzierung bei Vorliegen eines Aufenthaltsverbotes hinsichtlich der Zulässigkeit einer Antragstellung vorgenommen werden.

 

Zusammengefasst ist daher zu sagen, dass der vorliegende Entwurf als ambivalent zu betrachten ist, jedoch führen einzelne Bestimmungen des Entwurfes aufgrund ihrer Unbestimmtheit zu massiver Rechtsunsicherheit  und nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlungen (siehe dazu näher unten zu den einzelnen Bestimmungen). Es erscheint bei näherer Betrachtung des Entwurfes auch so, dass die überwiegende Mehrheit derer, die ein Bleiberecht brauchen oder sogar viele, die einen Anspruch nach Art. 8 MRK darauf hätten, von der Zuerkennung eines humanitären Aufenthaltstitels ausgeschlossen sind.

 

 

Zu den einzelnen Bestimmungen des Entwurfes wird, wie folgt, Stellung genommen:

Zu Artikel 1 (Änderung des Asylgesetzes 2005):

 

 

Zu Z 1 (§ 10 Abs. 2 Z 2):

 

Als problematisch wird erachtet, dass im Wortlaut des Gesetzes keine Bestimmung über die Gewichtung dieser Kriterien vorhanden ist, was bei der Zielgruppe z. B. der AsylwerberInnen und subsidiär Schutzberechtigten zur praktischen Unanwendbarkeit des Gesetzes führen kann, insbesondere was die „Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes“ betrifft, die „Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war“, ob „offenkundig aussichtslose oder unzulässige Anträge“ gestellt wurden, und „ob das  Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren“, ebenso „Verstöße gegen das Asyl- und Fremdenrecht“ und „Erfordernisse der öffentlichen Ordnung“.

 

Es wird diesbezüglich insbesondere auf die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes (z.B. vom 5.3.2008, B16/08; B61/08; B1918/07; vom 10.6.2008, B1327/07-8; B1032/07) hingewiesen, aus denen ersichtlich ist, dass es sich nicht nur um die Aufzählung verschiedenster Kriterien handelt, sondern diese auch unterschiedlich gewichtet werden. Insbesondere sollte ein von den Behörden zu verantwortendes übermäßig langes Asylverfahren nicht dem Asylwerber zum Nachteil gereichen.

 

Es fehlt eine genaue Definition dessen, was all diese Kriterien bedeuten, und müssen diese insbesondere für AsylwerberInnen modifiziert werden, da es für diese sonst unmöglich ist, diese Kriterien zu erfüllen:

Wann ist der bisherige Aufenthalt eines Fremden rechtswidrig? Was versteht man unter offenkundig aussichtslosen oder unzulässigen Anträgen? Dies würde bedeuten, dass ein Fremder nur dann einen Antrag stellen kann, wenn er sich sicher ist, dass dieser nicht negativ beschieden wird. Solche Prognosen können aber nur versierte JuristInnen treffen, mit Sicherheit nicht ein Asylwerber, der nicht immer wissen kann, ob sein Antrag aussichtslos ist oder nicht. Wo liegt die Grenze für offenkundig aussichtslose oder unzulässige Anträge? Insbesondere in einem Rechtsstaat muss es für Personen möglich sein, von den ihnen zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln und Rechtsbehelfen ohne negative Konsequenzen Gebrauch machen zu können.

 

Sehr problematisch ist insbesondere lit. h, da sich ein Asylwerber quasi immer über seinen unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst ist, und ihm nicht vorgeworfen werden kann, dass er sich im Laufe seines langjährigen Asylverfahrens integriert hat oder in Österreich eine Familie gründet, insbesondere da die Verantwortung für die langen Verfahrensdauern in den meisten Fällen nicht am Verhalten des Asylwerbers liegt, sondern an mangelnder Ausstattung der Asylbehörden und auch an Verfahrensmängeln der Erstbehörde begründet ist (was aus der Anzahl der vom Asylgerichtshof an die erste Instanz zurückverwiesenen Entscheidungen ersichtlich ist). Zudem besteht gem. AVG eine Pflicht der Behörden zur Entscheidung innerhalb von 6 Monaten und darf das Ergreifen von regulären Rechtsmitteln inklusive der Beschwerden an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes nicht als verfahrensverzögerndes Verhalten gewertet werden.

Zudem ist die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes bzw. das Vertrauen auf einen weiteren Verbleib im Gaststaat auch nach EGMR-Rechtsprechung nur im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zu prüfen.

 

AsylwerberInnen kann daher mangels Kenntnis des österreichischern Asylrechts nicht zugemutet werden, den Ausgang ihres Asylverfahrens bereits zum Zeitpunkt der Antragsstellung zu kennen. Ein vorübergehender aber dennoch rechtmäßiger Aufenthalt von AsylwerberInnen während des Asylverfahrens ist jedenfalls auch nach einer negativen Asylentscheidung im Rahmen einer Interessensabwägung nach Art. 8 MRK zu berücksichtigen und nicht zum Nachteil der betroffenen Person zu werten.

 

Bereits falsche Angaben im Asylverfahren führen laut § 119 FPG zu einem Verstoß gegen das Fremdenrecht, bereits die unrechtmäßige Einreise – praktisch alle AsylwerberInnen reisen illegal in das Bundesland ein, weil sie keine andere Möglichkeit haben (gesetzlich ist keine Auslandantragsstellung möglich) – führt gem. § 120 FPG zu einem Verstoß gegen das Fremdenrecht bzw. können diese Tatbestände auch unter „Erfordernisse der öffentlichen Ordnung“ subsumiert werden, und die Bestimmungen für AsylwerberInnen de facto unanwendbar machen bzw. wird dies gänzlich dem Ermessen der Behörde überlassen.

 

Es ist bei all diesen Tatbeständen daher dringend eine Modifizierung geboten:

Welche Art, welches Ausmaß, welche Schwere des Vergehens bei Verstößen gegen Asyl- und Fremdenrecht und gegen die öffentliche Ordnung wird herangezogen? Dies insbesondere auch deshalb, um sicherzustellen, dass nicht „einfache“ Verwaltungsstrafen, wie z.B. ein Strafzettel wegen Falschparkens, zum Verlust des Rechtes aus Art. 8 MRK führen kann.

 

Auch hinsichtlich der strafgerichtlichen Unbescholtenheit sollte eine Modifizierung erfolgen, es würde sich in dieser Hinsicht der § 60 Abs. 2 Z 1 als Maßstab für die strafrechtliche Unbescholtenheit anbieten, da parallel zur Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes auf Art und Schwere der Straftat abgestellt werden muss und zudem das Verhalten der betroffenen Person seit Begehung der Straftat mitberücksichtigt werden muss. Auch das Alter, in dem die Straftat begangen wurde, ist beachtlich.

 

Problematisch für AsylwerberInnen ist auch das Kriterium der Selbsterhaltungsfähigkeit und Beschäftigung, da es für AsylwerberInnen laut geltender Rechtslage äußerst schwierig ist, überhaupt eine Beschäftigungsbewilligung zu erhalten – dies sollte jedenfalls bei der Interessensabwägung berücksichtigt bzw. im Gesetz modifiziert werden.

 

EGMR und VfGH begründen ihre Entscheidungen hinsichtlich der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung jeweils aus der Zusammenschau einzelner Kriterien heraus, die unterschiedlich gewichtet werden können, jedenfalls aber Beachtung zu finden haben. Das bedeutet, es hat jeweils eine flexible Prüfung stattzufinden, und es sind nicht automatisch alle oder ein Großteil der Beurteilungskriterien von den betroffenen Personen  zu erfüllen – dies geht aus dem vorliegenden Gesetzesentwurf zu wenig hervor und sollte jedenfalls noch in den Gesetzestext miteinfließen.

 

 

Zu Z 2 (§ 10 Abs. 5):

 

Positiv ist jedenfalls, dass ein eigener Spruch über die Unzulässigkeit der Ausweisung vorgesehen ist. Jedoch sind die Begriffe „vorübergehende“ und „dauernde“ Unzulässigkeit sehr unbestimmt und verursachen daher massive Rechtsunsicherheit. Diese Begriffe entsprechen daher nicht dem Legalitätsprinzip und müssen jedenfalls näher bestimmt werden, da sich daran, ob eine vorübergehende oder dauernde Unzulässigkeit vorliegt, massiv unterschiedliche Rechtsfolgen knüpfen. Vor allem lassen diese Begriffe viele Fragen offen: Ab wann ist jemand dauernd nicht abschiebbar? Was sind die Konsequenzen, wenn sich der Sachverhalt ändert, z.B. bei Scheidung, Besserung des Gesundheitszustandes, etc. – gibt es dann eine Änderung von dauernde auf vorübergehende Unzulässigkeit oder umgekehrt und wie wird dies verfahrensrechtlich gehandhabt? Problematisch ist auch, dass, streng genommen, eine dauernde Unzulässigkeit immer in eine vorübergehende Unzulässigkeit übergehen kann, und dies dazu führen würde, dass massive Unsicherheit über das Aufenthaltsrecht besteht. Begrüßenswert wäre es daher, keine Unterscheidung zwischen dauernder und vorübergehender Unzulässigkeit der Ausweisung zu treffen, sondern im Zeitpunkt der Entscheidung festzustellen, ob nunmehr die Ausweisung zulässig ist oder nicht und daran dieselben Rechtsfolgen zu knüpfen. Falls das System vorübergehende und dauerhafte Unzulässigkeit der Ausweisung beibehalten wird, ist jedenfalls eine genaue Definition diesbezüglich Voraussetzung, um Willkür nicht Tür und Tor zu öffnen und dem Legalitätsprinzip zu entsprechen.

 

Da die Entscheidung der Behörde immer nur die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung - keinesfalls aber alle Eventualitäten für die Zukunft -  berücksichtigen kann, ist im übrigen fraglich, ob überhaupt darüber abgesprochen werden kann, dass eine Ausweisung auf Dauer oder vorübergehend unzulässig ist.

 

Weiters erfolgt durch diese Bestimmung eine Ungleichbehandlung refoulmentgeschützter Personen, da eine Niederlassungsbewilligung nur erteilt wird, wenn die Ausweisung auf Dauer unzulässig ist.

 

Aus dem Gesetz ist nicht eindeutig erkennbar, ob und welchen Aufenthaltstitel nun Personen bekommen, deren Ausweisung nur vorübergehend unzulässig ist. Diesbezüglich ist dringend eine Klarstellung des Gesetzesentwurfes notwendig. Erhalten diese nur einen Abschiebeaufschub nach § 46 Abs. 3 und sind weiterhin nur geduldet? Dies würde eine massive rechtliche Ungleichbehandlung dieser Personengruppe bedeuten und zudem der Rechtsprechung des EGMR widersprechen, nachdem Personen, die nicht ausweisbar sind, jedenfalls ein Aufenthaltstitel erteilt werden muss.

Oder ist auf diese § 44b anzuwenden, und erhalten diese eine Niederlassungsbewilligung beschränkt gem. § 44 ?

 

Vorhersehbar ist jedoch, dass dies wiederum zu einer zusätzlichen Überlastung der Asylbehörden und somit zu noch längeren Verfahren führen wird.

 

 

Zu Z 3 (§ 22 Abs. 9):

 

Ein Schwachpunkt bleibt weiterhin, dass der Entwurf das Konzept beibehält, dass eine asylrechtliche Aufenthaltsberechtigung die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach dem NAG ausschließt. Für gut integrierte LangzeitasylwerberInnen ist daher ein Umstieg auf das NAG nicht möglich, obwohl diese mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr ausgewiesen werden können. Damit wird die weitere Integration blockiert, etwa bei der Freizügigkeit, die rechtmäßig aufhältigen Drittstaatsangehörigen in der EU zukommt, beim Recht auf Familienzusammenführung oder dem Erwerb der Staatsbürgerschaft.

 

 

 

Zu Artikel 2 (Änderung des Fremdenpolizeigesetzes 2005):

 

Zu Z 3 (§ 66 Abs. 2 und 3):

 

Siehe dazu auch die Ausführungen zu Z 1 (§ 10 Abs. 2 Z 2) der Änderung des Asylgesetzes 2005.

 

 

Zu Artikel 3 (Änderung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes 2005):

 

Zu Z 3 (§ 3 Abs. 1):

 

Für problematisch wird erachtet, dass es in verschiedenen Bundesländern zu einer geteilten niederlassungsrechtlichen Zuständigkeit zwischen dem Landeshauptmann einerseits und den Bezirksverwaltungsbehörden (BH, Magistrate) andererseits kommen wird, da für Aufenthaltstitel nach § 44 Abs. 3 und 4 NAG eine Delegierung an die Bezirksverwaltungsbehörden nicht möglich ist. Bezweifelt wird die verwaltungsmäßige Sinnhaftigkeit dieser geteilten Zuständigkeitsregelung. Es wäre genauso denkbar, auch diese Zuständigkeit bei den Bezirksverwaltungsbehörden zu überlassen, zumal ohnehin eine Bindung an eine für den Betroffenen positive Ausweisungsentscheidung der Asyl- oder Fremdenbehörde besteht bzw. im Fall des § 44 Abs. 4 NAG eine Empfehlung des beim LH angesiedelten Beirates einzuholen ist.

 

 

 

Zu Z 4 (§ 3 Abs. 2):

 

Sehr bedenklich erscheint, dass sich das Innenministerium im Falle der ansonsten in Rechtskraft erwachsenden positiven Bescheide hier gesichert hat, diese nachträglich für nichtig erklären zu können. Sinnvoller wäre hier die Errichtung einer unabhängigen Bundesverwaltungsbehörde.

 

 

 

Zu Z 6 (§ 11 Abs. 1 Z 1):

 

Problematisch erscheint auch – wie bereits am Beginn der Stellungnahme erläutert - das Rückkehrverbot als absoluter Versagungsgrund, insbesondere ohne jegliche Gewichtung. So öffnet insbesondere § 60 Abs. 2 Z 2 Tor und Tür für die Versagung aufgrund Übertretungen verschiedenster Verwaltungsvorschriften, die sehr vage gehalten sind. So könnte ein Rückkehrverbot bereits bei zweimaliger geringfügiger Geschwindigkeitsüberüberübertretung verhängt werden und muss unseres Erachtens auch beim Rückkehrverbot eine individuelle Beurteilung der Schwere der Übertretung erfolgen. Zwar kann bei falschen Angaben vor Behörden und bei Mittellosigkeit kein Rückkehrverbot erlassen werden, jedoch könnte laut Gesetz bereits vor Stellung des Asylantrages ein Aufenthaltsverbot diesbezüglich erlassen werden. Diese Bestimmung könnte daher in der Praxis schlimmstenfalls immer einen absoluten Versagungsgrund für AsylwerberInnen darstellen, und sollte deshalb jedenfalls eine Gewichtung/ Modifizierung erfolgen.

 

 

 

 

 

 

 

Zu Z 7 (§ 11 Abs. 1 Z 3):

 

Begrüßenswert ist die Regelung, dass ein Aufenthaltstitel nicht mehr versagt wird, wenn eine rechtskräftige Ausweisung vorliegt, da dies in der Praxis im Asylverfahren immer zu einer Einreisesperre für ein Jahr führen würde.

 

Zu Z 8 (§ 11 Abs. 3):

 

Positiv ist, dass auch bei Bestrafung wegen unrechtmäßiger Einreise ein Aufenthaltstitel erteilt werden kann, da AsylwerberInnen de facto immer unrechtmäßig einreisen, da es gesetzlich keine Möglichkeit gibt, im Ausland einen Asylantrag zu stellen. Zu Z 1 bis 8 siehe wiederum Ausführungen zu Z 1 (§ 10 Abs. 2 Z 2) der Änderung des Asylgesetzes 2005.

 

Sehr bedenklich erscheint allerdings, dass nach wie vor ein Aufenthaltsverbot als absolutes Erteilungshindernis gilt – dies entspricht auch nicht der Judikatur des EGMR, da laut EGMR ein Aufenthaltsverbot kein absolutes Erteilungshindernis darstellt, sondern nur im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zu werten ist. Noch bedenklicher erscheint ein Aufenthaltsverbot eines anderen EWR-Staates als absolutes Aufenthaltsverbot, da für die österreichischen Behörden schwer oder kaum nachvollziehbar ist, warum dieses verhängt wurde. Dieser Tatbestand ist daher jedenfalls entweder zu streichen oder zu modifizieren.

 

Zu Z 9 (§ 19 Abs. 8 bis 10):

 

Begrüßt wird die Möglichkeit, einen Antrag auf Heilung von Verfahrensmängeln zu stellen, und insbesondere auch Abs. 8 Z 3, da es tatsächlich vielen Fremden nicht möglich oder zumutbar ist, Urkunden oder Nachweise zu beschaffen.

Allerdings wird das Verfahren dadurch noch komplizierter und werden unvertretene Fremde möglicherweise überfordert sein.

 

Zu Z 11 (§ 21 Abs. 2 und 3):

 

Die Ausnahme von der Erstantragsstellung im Ausland trägt nun dem Umstand Rechnung, dass die Antragsstellung im Ausland aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen unmöglich sein kann.

Positiv hervorzuheben ist, dass hierbei unter Beachtung des Kindeswohls bei unbegleiteten Minderjährigen sowie zum Schutz des Privat- und Familienlebens ein Antrag im Inland eingebracht werden kann, da ein solcher nur bis zur erstinstanzlichen Entscheidung möglich sein soll, wäre jedenfalls auch amtswegig zu ermitteln, ob die Voraussetzungen dafür vorliegen, anstatt den Antragsstellern die Beweislast einseitig aufzubürden. Dies erscheint insbesondere bei unbegleiteten Minderjährigen nicht vertretbar, für die in aufenthaltsrechtlichen Verfahren keine gesetzliche Vertretung vorgesehen ist. Zudem schafft das Inlandsantragsrecht kein über den erlaubten sichtvermerksfreien Aufenthalt hinausgehendes Bleiberecht, was zu kritisieren ist, da insbesondere auch Personen nach Z 1 und 2 nicht zugemutet werden kann, die Entscheidung im Ausland abzuwarten (insbesondere auch unbegleiteten Minderjährigen).

Leider wird bei einer Ehe mit einem österreichischen Ehepartner noch immer keine Inlandsantragsstellung generell zugelassen. Dies könnte zwar unter Z 2 subsumiert werden, jedoch handelt es sich lediglich um eine „kann“-Bestimmung und ist fraglich, ob die Behörde dies dahin gehend beurteilt, dass die Auslandsantragsstellung aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen unmöglich erscheint. Zudem ergibt sich wiederum bei AsylwerberInnen die Schwierigkeit, dass diese bei Heirat nicht auf eine Aufenthaltsbewilligung nach dem NAG umsteigen können und wirft dies erhebliche Härtefälle auf.

 

Zu Z 12 (§ 24 Abs. 1 und 2):

 

Diese Regelung bewirkt eine massive Verschärfung der Rechtslage für Verlängerungsanträge bei nicht rechtzeitiger Antragsstellung. Dies wird in der Praxis zu gravierenden Härtefällen führen, da dann, wenn der Antrag nicht rechtzeitig gestellt wurde und kein „Wiedereinsetzungsgrund“ vorliegt, dieser Antrag als Erstantrag zu werten ist, mit der Konsequenz, dass die Entscheidung im Ausland abzuwarten ist. Dies wird auch einen erheblichen Verwaltungsaufwand herbeiführen.

 

Zu Z 13 (§ 43 Abs. 2) und 14 (§ 44 Abs. 3 und 4):

 

Es stellt sich die Frage, ob bei Erfüllung der Integrationsvereinbarung gem. § 43 Abs. 2 Z 2 von einer bereits erteilten Niederlassungsbewilligung beschränkt auf eine Niederlassungsbewilligung unbeschränkt gewechselt werden kann – eine diesbezügliche gesetzliche Verankerung wäre notwendig.

 

Problematisch erscheint auch der Stichtag 1.1.2003 und auch, dass scheinbar Fremde, bei denen eine positive Empfehlung des Beirates des Landeshauptmannes vorliegt, nur eine Niederlassungsbewilligung beschränkt erhalten können, was eine sachliche Ungleichbehandlung dieser Fälle bewirkt. Wobei sich dann wiederum die Frage stellt, ob diese, bei Erfüllung der Integrationsvereinbarung, auf eine Niederlassungsbewilligung unbeschränkt wechseln können.

Problematisch ist auch das Erfordernis, dass der Fremde seit dem 1.1.2003 durchgängig im Bundesgebiet aufhältig ist – es sollte diesbezüglich eine Klarstellung erfolgen, dass auch ein Aufenthalt während des Asylverfahrens einen durchgängigen Aufenthalt bewirken. Problematisch ist auch, wenn nach Erkenntnis des Asylgerichtshofes ein Rechtsmittel an den Verfassungsgerichtshof ergriffen wird, da ab Erkenntnis des Asylgerichtshofes kein Aufenthaltsrecht mehr vorliegt. Wenn die Behörde den Stichtag damit begründet, dass dadurch ein jedenfalls mehr als fünfjähriger Aufenthalt des Fremden gegeben sein muss, so müsste der Stichtag der 1.1.2004 sein, da dann im März 2009 ein mehr als fünfjähriger Aufenthalt vorliegt. Zudem erfolgten die Ausweisungsentscheidungen durch die Asylbehörden erst ab 1.5.2004, weshalb der Stichtag 1.1.2004 genauso zielführend wäre, noch zielführender und einheitlicher allerdings ein Stichtag ab 1.5.2004. Weiters wird nach fünfjährigem Aufenthalt Drittstaatsangehörigen eine Reihe von Rechten eingeräumt (etwa in der EU Richtlinie für langfristig Aufenthaltsberechtigte), weshalb das Erfordernis einer 6jährigen Aufenthaltsdauer jedenfalls nicht gesetzeskonform ist.

Zudem ist zu sagen, dass sowohl der EGMR als auch der VfGH in ihrer Rechtssprechung zu Art. 8 MRK klargestellt haben, dass es nicht auf eine bestimmte Dauer des Aufenthalts ankommt (siehe dazu die angeführten Erkenntnisse zu Z 1 Entwurf der Änderung des AsylG2005), sondern letztlich darauf, dass eine Gesamtschau vieler Gesichtspunkte im jeweiligen Einzelfall statt zu finden hat. Sofern jedoch das Gesetz so zu verstehen ist, dass auch für diese Fälle ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist, wenn eine positive Ausweisungsentscheidung vorliegt, ohne die Empfehlung des Beirates, ist diese Problematik entschärft, allerdings wird kritisiert, dass dann in diesen Fällen wieder kein Antragsrecht besteht.

 

 

Zu Z 15 (§§ 44a und 44b):

 

Kritisiert wird wie oben wiederum die Differenzierung zwischen vorübergehender und dauernder Unzulässigkeit der Ausweisung und der Unklarheit der Rechtsfolgen der Differenzierung, insbesondere, wenn die Ausweisung nur vorübergehend unzulässig ist, da bei dauerhafter Unzulässigkeit klar geregelt ist, dass eine Niederlassungsbewilligung beschränkt oder unbeschränkt erteilt werden muss, und zwar von Amts wegen, während unklar ist, welcher und ob bei vorübergehender Unzulässigkeit der Ausweisung ein Aufenthaltstitel erteilt wird.

Die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels bei bloß vorübergehender Unzulässigkeit der Ausweisung ist jedenfalls gemeinschaftsrechtswidrig, da der Staat, wenn er die Zulässigkeit der Ausweisung verneint, dem Betreffenden einen Aufenthaltstitel erteilen muss und ihn jedenfalls nicht in einer de-facto-Nichtabschiebbarkeit ohne Aufenthaltstitel belassen darf, da dieser dann keinerlei Rechte hätte und dann eine maßgebliche Diskriminierung im Vergleich zu denjenigen Fremden besteht, deren Ausweisung als für dauerhaft unzulässig erklärt wurde. Auch die erläuternden Bemerkungen deuten eher darauf hin, dass es bei vorübergehender Unzulässigkeit der Ausweisung zu gar keinem Aufenthaltstitel kommen soll. Es ist daher eine Klarstellung erforderlich, welcher Aufenthaltstitel bei vorübergehender Unzulässigkeit der Ausweisung zusteht, und mangels solchen, ein derartiger ins Gesetz zu übernehmen!

Weiters stellt sich die Problematik, dass eine Niederlassungsbewilligung jedes Jahr verlängert werden muss, und stellt sich diesbezüglich die Frage, welche Voraussetzungen dann bei einer Verlängerung genau geprüft werden. Denn eine neuerliche Überprüfung jedenfalls einer dauerhaften Unzulässigkeit der Ausweisung durch die Aufenthaltsbehörden wäre rechtswidrig, da dafür Fremdenpolizei bzw. Asylbehörden zuständig sind, und zudem res judicata vorliegen würde.  Es sollte im Gesetz auch eine Klarstellung darüber erfolgen, dass lediglich die Feststellung der Unzulässigkeit der Ausweisung Voraussetzung für eine Niederlassungsbewilligung beschränkt oder unbeschränkt ist, nicht jedoch die sonstigen allgemeinen Voraussetzungen erfüllt sein müssen (notwendiger Unterhalt, Wohnung,….), da ansonsten diese Bestimmung für AsylwerberInnen mangels Arbeitsmarktzugang praktisch unerfüllbar ist und nicht angewendet werden kann.

Zu begrüßen ist, dass eine neuerliche Überprüfung der Zulässigkeit der Ausweisung bei geänderter Sachverhaltslage besteht.

 

Kritisch betrachtet wird der Abs. 2, da ein sofortiger Informationsfluss von der Aufenthaltsbehörde zur Fremdenpolizei erfolgt, was in der Praxis dazu führen kann, dass die betreffende Person aufgrund von sofortigen fremdenpolizeilichen Maßnahmen gar keinen Antrag auf eine Niederlassungsbewilligung mehr stellen kann, da diese Personengruppe dann z.B. in Schubhaft kommen könnte, und dann keine  Möglichkeit mehr hätte, diesen Antrag weiter zu verfolgen.

Zudem werden sich wohl nur sehr wenige Personen überhaupt getrauen, einen diesbezüglichen Antrag zu stellen, weil sie genau dann eine fremdenpolizeiliche Maßnahme in Richtung aufenthaltsbeendender Maßnahmen provozieren würden.

 

 

Erschreckend in dieser Hinsicht ist das gänzliche Fehlen einer aufschiebenden Wirkung des Antrages bei sofortiger Mitteilung an die Fremdenpolizei. Generell wird es als kritisch betrachtet, dass keine aufschiebende Wirkung bzw. kein (vorübergehendes) Aufenthaltsrecht bis zur Entscheidung über den Antrag besteht, da Fremde dadurch in die Situation kommen, bis zur Entscheidung über den Antrag in einem rechtsfreien Raum zu sein, in dem sie zwar nicht abgeschoben werden können, jedoch auch keinerlei Rechte besitzen. Zumindest sollte es dann diesen Personen möglich sein, irgendeine Art von Ausweis zu erhalten, mit dem sie sich im Falle von fremdenpolizeilichen Kontrollen ausweisen können.

 

Ein massiver Nachteil ist nach wie vor die Beibehaltung des Konzeptes, dass Fremde, die über ein asylrechtliches Aufenthaltsrecht verfügen, nicht in den Bereich des NAG fallen. Dies bewirkt erhebliche Härtefälle, insbesondere z.B. bei Heirat eines Asylwerbers mit einem Österreicher oder EWR-Bürger.

 

Zu Z 17 (§ 69a):

Positiv hervorzuheben ist, dass eine solche Aufenthaltsberechtigung auf Antrag oder von Amts wegen auszustellen ist und nunmehr auch Opfer familiärer Gewalt ein Aufenthaltsrecht erhalten. Unklar ist jedoch, für wie lange eine derartige Aufenthaltsbewilligung erteilt wird und was die Voraussetzungen für eine Verlängerung sind, und ob eine Familienzusammenführung möglich ist.

Dies insbesondere in Hinblick darauf, dass bereits erteilte Aufenthaltsbewilligungen gem. § 72 NAG im neuen Gesetz als Aufenthaltsbewilligungen gem. § 69a weitergelten.

Negativ zu bewerten ist – wie bereits schon weiter oben ausgeführt – allerdings das Vorliegen eines Aufenthalts- oder Rückkehrverbotes als absolutes Erteilungshindernis, insbesondere, da aufgrund des bisherigen nicht rechtmäßigen Aufenthalts mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit deswegen schon ein Aufenthaltsverbot verhängt wurde, was dann die Bestimmung in der Praxis wieder unanwendbar gerade für diejenigen machen würde, die es betrifft.

 

 

Zu Z 20 (§ 75):

 

Das Innenministerium kann als übergeordnete Behörde Entscheidungen des Landeshauptmannes für nichtig erklären und Bescheide des Landeshauptmannes dadurch aus dem Rechtsbestand entfernen. Das Innenministerium soll daher bereits vor Erlassung des Bescheides informiert werden. Es erscheint sinnvoller, hier eine unabhängige Behörde als 2. Instanz einzuführen!

 

 

Zu Z 21 (§ 76 Abs. 1):

 

Opfern eines bewaffneten Konflikts wird durch den Entwurf zwar eine gewisse Aufenthaltssicherheit gegenüber der derzeitigen Ermessensentscheidung gegeben, indem vorerst ein geduldeter und zu bescheinigender Aufenthalt zu gewähren ist. Die Umwandlung dieser Duldung in ein Aufenthaltsrecht ist jedoch erst aufgrund einer Verordnung der Bundesregierung möglich. Der Richtlinie der EU über vorübergehenden Schutz im Falle einer Massenflucht wird mit dieser Vorgangsweise nicht entsprochen, da ein Aufenthaltsrecht zu gewähren ist und beispielsweise auch nicht erkennbar ist, wie das Recht auf Familienzusammenführung wahrgenommen werden soll.

 

 

 

Zu Artikel 4 (Erlassung eines Bundesgesetzes über einen Beirat des Landeshauptmannes zur Beratung in Fällen besonderen Interesses):

 

Zu § 1:

 

Die Bestimmung, dass vom Landeshauptmann durch Verordnung ein Beirat eingerichtet werden kann, ist inakzeptabel und ist in eine „hat“-Bestimmung umzuändern. Andernfalls gäbe es in einem Bundesland, in dem der LH keinen Beirat einrichtet, keinerlei Möglichkeit, einen Aufenthaltstitel „in Fällen besonderen Interesses“ durchzusetzen. Es kann auch nicht angehen, dass eine bundesgesetzlich geregelte Materie in den einzelnen österreichischen Bundesländern unterschiedlich gehandhabt wird. § 1 Abs. 1 des Art. 4 des Gesetzes ist daher dahin gehend umzuändern, dass der LH mit Verordnung einen Beirat einzurichten hat.

Nicht nachvollziehbar und daher sachlich nicht gerechtfertigt ist jedenfalls auch, dass vom Beirat nur eine Niederlassungsbewilligung – beschränkt und nicht eine Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt erteilt werden kann, da dadurch eine massive Einschränkung des Arbeitsmarktzuganges erfolgt, was sinnwidrig ist, wenn sich jemand bereits sehr gut integriert hat und ihm ein Aufenthaltstitel in einem „Fall besonderen Interesses“ erteilt wird. Kritisiert wird auch, dass der Beirat nur von sich aus tätig werden kann, und kein Antragsrecht besteht.

 

Dem Beirat kommt zudem keine Entscheidungsbefugnis zu, er kann nur eine Empfehlung abgeben. Die Zusammensetzung des Beirates und die Entscheidung durch einfache Mehrheit gibt den Behördenvertretern in jedem Fall ein Vetorecht. Nach der Zusammensetzung des Beirates kann selbst in dem Fall, wo beide humanitäre Organisationen sich für das Aufenthaltsrecht aussprechen und eine private Patenschaft vorliegt, ist eine positive Entscheidung nicht möglich. Fraglich ist, ob VertreterInnen humanitärer und kirchlicher Einrichtungen in ihrer Funktion als Beiratsmitglied eine Amtsverschwiegenheit auferlegt werden kann und inwieweit die Beratungen im Beirat in die Begründung der Entscheidung einfließen.

 

Im § 3 Abs. 2 NAG erhält das BMI die Möglichkeit, die Erteilung eines Aufenthaltstitels durch den Landeshauptmann für nichtig zu erklären – z.B. bei schwerer Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses. Dieser Begriff schafft massive Rechtsunsicherheit, da sehr unklar, und könnte damit praktisch immer angewendet werden. Es muss daher ein entsprechender Bescheid des Landeshauptmannes endgültig sein.

 

 

Zu § 2:

 

Massiv kritisiert wird die festgelegte Voraussetzung einer Patenschaft von 5 Jahren. Zunächst kann es in einem Rechtsstaat nicht sein, dass hinsichtlich eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen die Verantwortung vom Staat auf Einzelpersonen (Private) übertragen wird. Die notariell festgestellte Leistungsfähigkeit für derart weitreichende Verpflichtungen, wie sie hier (zudem für die Dauer von mindestens fünf Jahren) eingegangen werden sollen, werden Normalverdiener kaum erfüllen können. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass dieses Instrument von „Paten“ dazu missbraucht werden könnte, Hilfesuchende in eine Art „Leibeigenschaft“ zu drängen, aus der sie sich nur noch durch Verlassen des Landes befreien können. Eine so weitreichende Verpflichtung scheint sittenwidrig, da der Zweck einer solchen Erklärung in der Unterstützung der Erlangung des Aufenthaltsrechtes liegt, nicht jedoch in der Übernahme von Kosten für die Außerlandesschaffung im Falle einer negativen Entscheidung. Einem privaten Unterstützer wird so das Risiko zugemutet, für etwas zu bezahlen, das er eigentlich verhindern wollte. Bei den in den vergangenen Monaten bekannt gewordenen Fällen von langjährig aufhältigen integrierten AsylwerberInnen handelt es sich häufig um Familien. Die systematische Verschlechterung der Position der AsylwerberInnen am Arbeitsmarkt seit 2004, die nur noch befristete saisonale Beschäftigung erlaubt und erfolgte Integration in den Arbeitsmarkt zunichte macht (keine Arbeitserlaubnis oder Befreiungsschein mehr), hat zur Folge, dass Haftungserklärungen vielfach erforderlich sein werden, weil die Erwerbstätigkeit der Betroffenen beendet oder eingeschränkt wird und die Einkommen aus Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe für den Unterhalt einer Familie nicht ausreichen.

Es ist daher zu befürchten, dass langjährig aufhältigen Personen mangels einer entsprechenden Haftungserklärung der Weg zum Bleiberecht versperrt bleibt. Ohne taugliche Haftungserklärung kann der Beirat keine Empfehlung aussprechen. Bedenklich erscheint auch die lange Dauer der Haftungserklärung von mindestens 5 Jahren, der kein freier Zugang zum Arbeitsmarkt gegenübersteht. Anstatt einer Niederlassungsbewilligung beschränkt, die eine Beschäftigungsbewilligung für die unselbständige Erwerbstätigkeit erfordert, sollte jedenfalls eine unbeschränkte Niederlassungsbewilligung erteilt werden.

 

Das Erfordernis einer Patenschaft in dieser Form kann im Gesetz jedenfalls nicht beibehalten werden. Es muss jedenfalls dann entfallen, wenn der Lebensunterhalt einer Familie durch eigenen legalen Erwerb sichergestellt ist (was jedoch für AsylwerberInnen – wie oben bereits ausgeführt – in der Praxis nahezu unmöglich ist). Andernfalls muss es reichen – vor allem, um das Gesetz insbesondere auch für AsylwerberInnen praktisch anwendbar zu machen – wenn eine Einstellungszusage für den Fall der Erteilung eines Aufenthaltstitels vorgelegt werden kann. Dazu wäre jedenfalls der Erhalt einer Niederlassungsbewilligung unbeschränkt erforderlich. Weiters muss es möglich sein, bei Erwerbstätigkeit des Fremden bzw. bei einer Einstellungszusage die Haftungserklärung zu kündigen bzw. dass diese als erloschen erklärt wird, da der Fremde nunmehr selbst den erforderlichen Unterhalt aufbringen kann.

 

Während für die Erteilung von Visa das Verlangen von Haftungserklärungen nachvollziehbar ist, sollte es beim Modell der Patenschaften auf etwas ganz anderes, nämlich den Nachweis der Integration, ankommen. Das System der Haftungserklärungen wird ansonsten zu Scheinpatenschaften führen, während gut integrierte Menschen kaum davon profitieren werden. Scheinpatenschaften gegen eine hohe Bezahlung an skrupellose Menschen würden die Regel darstellen, und es würden sich dieselben Probleme wie bei den Scheinehen gegen Bezahlung zeigen. Ebenso geraten Freund und Bekannte – also gerade potenzielle Paten – durch die Bestimmung unter massiven Druck.

Eine derartige Entwicklung kann nicht Ziel des Gesetzgebers sein.

 

Abschließend möchten wir festhalten, dass sich die Volkshilfe Österreich vollinhaltlich den Forderungen der Initiative Bleiberecht anschließt:

 

Für eine menschenrechtskonforme Bleiberechtsregelung!

Wir fordern eine menschenrechtskonforme Bleiberechtsregelung mit  Antragsrecht und Instanzenzug

 

Hier verwurzelt, hier geblieben!

Wer fünf Jahre hier ist, kann bleiben

 

Fairness als Prinzip und Menschenrechte achten!

Kurswechsel in der Fremdenpolitik: Wir wollen eine menschliche und vernünftige Politik, die sachgerechte und rechtskonforme Lösungen anstrebt.

 

Volkshilfe Österreich

09.01.2009