Textfeld: Bundesministerium für Inneres
Herrengasse 7
1014 Wien

Eisenstadt, am 12.01.2009

E-Mail: post.vd@bgld.gv.at

Tel.: 02682/600 DW 2155

Dr. Ernst Böcskör

 

 

 

 

 

Zahl:  LAD-VD-B136-10136-3-2009

Betr: Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005 und das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über einen Beirat des Landeshauptmannes zur Beratung in Fällen besonderen Interesses erlassen wird; Stellungnahme

 

Bezug:           BMI-LR1310/0015-III/1/c/2008

 

 

Zu dem mit obbez. Schreiben übermittelten Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005 und das Nieder­lassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über einen Beirat des Landeshauptmannes zur Beratung in Fällen besonderen Interesses erlassen wird, erlaubt sich das Amt der Burgenländischen Landesregierung folgende Stellungnahme abzugeben:

 

I. Allgemeines

 

Das Land Burgenland ist befremdet über die Vorgangsweise der Durchführung eines Begutachtungsverfahrens bei einem Gesetzespaket mit derart erheblichen Auswirkungen auf die Landesverwaltungen. Durch die Versendung des Entwurfes Mitte Dezember 2008 - im Wissen, dass annähernd drei Wochen für die Weihnachts- und Neujahrsfeiertage und damit üblicher Weise zusammenhängende Urlaubszeiten in Beschlag genommen werden - wird praktisch eine Verkürzung der Begutachtungs­frist von vorneherein bezweckt, die offenbar verhindern soll, dass seitens der in die Begutachtung eingebundenen Stellen eine eingehende Befassung mit dem Entwurf möglich ist.

 

Das vorliegende Gesetzespaket beinhaltet im Kern die Konzentration der Vollziehung des humanitären Aufenthaltsrechtes beim Landeshauptmann, wodurch ein nicht abzuschätzender Mehraufwand durch die verschiedenen, zu führenden Verfahren entstehen kann. Weiters soll ein Beirat des Landeshauptmannes zur  Beratung in derartigen Fällen eingerichtet werden.

 

Allein durch diese Verfahrensführungen, die mit einem erhöhten Personalaufwand verbunden sind, und durch den Aufwand der Einrichtung und Geschäftsführung des Beirates entstehen für die Länder erhebliche Mehrbelastungen. Zusätzlich sind Mehrkosten durch die Schaffung der technischen Voraussetzungen beim Landeshauptmann für die neuen Verfahrensführungen zu erwarten (EDV-Infrastruktur, Vignettendrucker, Zugriffsberechtigungen auf das Fremden­informations­system, Erkennungsdienstliche Informationssystem, ZMR und Hauptverband der Sozialversicherungsträger).

 

Der gegenständliche Entwurf verschweigt jedoch in der Beurteilung der finanziellen Auswirkungen diese auf der Hand liegenden Kostenauswirkungen, was darauf hindeutet, dass hier ein Regelungswerk ohne seriöse Vorbereitung geschaffen und rasch „durchgezogen“ werden sollte. Nebenbei sei erwähnt, dass die mangelnde Darstellung der finanziellen Auswirkungen der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt, BGBl. I Nr. 35/1999, widerspricht.

 

Im Übrigen bleibt festzuhalten, dass die Gewährung eines humanitären Aufenthaltsrechts für sogen. Altfälle nicht an die Übernahme einer „Patenschaft“ geknüpft sein soll, sondern sollen für die Beurteilung Kriterien wie zB Grad der Integration ausschlaggebend sein.

 

 

II. Zu einzelnen Bestimmungen

 

Zu Art. 3 (§§ 3 Abs. 2 und 75 NAG):

Zur ersten Bestimmung ist anzumerken, dass diese einen Eingriff in die Rechtskraft eines Bescheides darstellt und weiters eine in Bezug auf Art. 11 Abs. 2 B-VG relevante Abweichung zum AVG darstellt. Eine Notwendigkeit für eine derartige Abweichung ist nicht ersichtlich, wird nicht begründet und kann daher angenommen werden, dass diese Norm mit Verfassungswidrigkeit behaftet ist. In Zusammen­schau mit der zweitgenannten Bestimmung bedeutet diese, über die herkömmliche Aktenführung hinausgehende, zu begründende Berichtspflicht einen erheblichen Mehraufwand und ein Misstrauen gegenüber der Aktenführung des Landes­hauptmannes.

 

Zu Art. 4 (§ 1 Abs. 1):

Nach dieser Bestimmung „kann“ der Landeshauptmann mit Verordnung einen Beirat zur Beratung in Fällen besonderen Interesses einrichten, es bleibt ihm also überlassen, eine wesentliche Voraussetzung für eine humanitäre Aufenthalts­bewilligung nach § 44 Abs. 4 zu schaffen oder nicht. Diese Wahlmöglichkeit des Landeshauptmannes muss schon aus Gründen der österreichweit einheitlichen Vollziehung des Niederlassungs- und Aufenthaltsrechtes abgelehnt werden. Länderweise unterschiedliche Vorgangsweisen bei beschränkten Niederlassungs­bewilligungen würden von der Bevölkerung nicht akzeptiert werden und würden auch zu Umgehungsversuchen führen.

 

 

Das Land Burgenland spricht sich daher für ein Überdenken des vorliegenden Gesetzesentwurfes aus.

 

 

Beigefügt wird, dass eine Ausfertigung dieser Stellungnahme an die e-mail Adresse begutachtungsverfahren@parlament.gv.at ergeht.

 

 

Mit freundlichen Grüßen!

 

 

 

Für die Landesregierung:

Dr. Tauber


Zl.u.Betr.w.v.                                                                         Eisenstadt, am 12.01.2009

 

 

1.    Präsidium des Nationalrates, Dr. Karl Renner-Ring 3, 1017 Wien

2.    Präsidium des Bundesrates, Dr. Karl Renner-Ring 3, 1017 Wien

3.    Allen Ämtern der Landesregierungen (z.H. der Herren Landesamtsdirektoren)

4.    Der Verbindungsstelle der Bundesländer beim Amt der NÖ. Landesregierung, Schenkenstraße 4, 1014 Wien

 

zur gefälligen Kenntnis.

 

 

Für die Landesregierung:

Dr. Tauber