Stellungnahme des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zum Entwurf für ein Bundesgesetz über Maßnahmen gegen unerbetene Werbeanrufe, mit dem das Telekommunikationsgesetz 2003 geändert wird

 

A.   Allgemeine Anmerkungen

 

Der vorliegende Entwurf wird seitens des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz ausdrücklich begrüßt.

 

Eine im Frühjahr durchgeführte Umfrage des BMASK zu „cold calling“ hat gezeigt, dass unerbetene Telefonanrufe einen hohen Belästigungsgrad und ein Potential zur finanziellen Schädigung aufweisen. Sie hat ferner deutlich gemacht, dass nicht nur ältere Personen Zielgruppe dieser unerbetenen Werbeanrufe sind (s. S 17 der Umfrage). Vielmehr kann jede/r Opfer derartiger Anrufe sein. Die Ausführungen im Vorblatt (dritter Absatz beginnend mit „Vornehmlich ältere Personen…“) wären daher entsprechend den Erläuterungen zu ändern.

 

Zum „Allgemeinen Teil“ der Erläuterungen ist anzumerken, dass nach Ansicht des BMASK der Satz „Unerwünschte Werbeanrufe sind keinesfalls Anrufe von Unternehmen, mit denen der Verbraucher ein aufrechtes, rechtsgültig zustande gekommenes Vertragsverhältnis hat und denen er gestattet hat, ihn mittels Telefonmarketing zu kontaktieren“ in dieser Form nicht mit dem Gesetzestext übereinstimmt. Auch wird hier von ‚unerwünschten‘ Werbeanrufen gesprochen, § 107 TKG spricht aber von ‚unerbetenen‘ Werbeanrufen.

 

Vorgeschlagen wird daher, diesen Satz zu streichen.

 

B.   zu den einzelnen Bestimmungen

 

a)  Zu § 107 Abs 1 TKG

Das Erfordernis der ausdrücklichen schriftlichen Einwilligung des Betroffenen wird seitens des BMASK begrüßt. In den Erläuterungen zu § 107 Abs 1 und Abs 2 TKG wird ausgeführt, dass sich diese Formulierung an § 9 Z 6 DSG 2000 orientiert, wonach eine ausdrücklich erteilte Zustimmung zur Verwendung sensibler Daten verlangt wird.

 

Aus Sicht des BMASK könnte hier ergänzend noch auf § 4 Z 14 DSG 2000 Bezug genommen werden, sodass in den Erläuterungen zu § 107 Abs 1 und 2 TKG ergänzt werden sollte: „Die gewählte Formulierung orientiert sich an § 9 Z 6 DSG im Zusammenhang mit § 4 Z 14 DSG. Nach dieser Bestimmung wird die Zustimmung als „gültige, insbesondere ohne Zwang abgegebene Willenserklärung des Betroffenen, dass er in Kenntnis der Sachlage für den konkreten Fall in die Verwendung seiner Daten einwilligt“ definiert.

 

Dem Erfordernis der Kenntnis der Sachlage für den konkreten Fall wird in § 107 Abs 1 TKG durch die genaue Bezeichnung des/der Begünstigten Rechnung getragen. Im Sinne des § 4 Z 14 DSG sollte in den Erläuterungen hinzugefügt werden, dass der/die Betroffene im Zeitpunkt der Einwilligung eine konkrete Vorstellung von den zukünftigen Werbeanrufen haben sollte. Im Sinne des § 4 Z 14 DSG 2000 muss in der Zustimmungserklärung beispielsweise genau umschrieben werden, welche Produkte bzw. Leistungen beworben werden bzw. sollte der Betroffene wählen können, bezüglich welcher Leistungen oder Produkte er Werbeanrufen zustimmt (damit wäre dann dem Erfordernis iSd § 4 Z 14 DSG „in Kenntnis der Sachlage für den konkreten Fall“ entsprochen).

 

Angesichts des Schriftlichkeitserfordernisses für die Zustimmungserklärung sollte in den Erläuterungen weiters klargestellt werden, dass die Rechtslage für den Widerruf gleich bleibt wie bisher: ‚Der Widerruf ist wie nach geltender Rechtslage formfrei und kostenfrei‘.

 

b)  Zu § 107 Abs 1a TKG

Das Verbot der Unterdrückung und Verfälschung der Rufnummernanzeige wird seitens des BMASK ausdrücklich begrüßt.

 

c)  Zu § 107 Abs 1b TKG

Bei der Formulierung „ab Anruf“ handelt es sich offenbar um ein Redaktionsversehen. Angesichts der Erläuterungen, dass der Anrufer zu Werbezwecken eine Kopie der Zustimmungserklärung unverzüglich (jedenfalls innerhalb von zwei Wochen) auf Verlangen des Angerufenen zu übermitteln hat, wäre statt „ab Anruf“ der Passus „ab Verlangen“ einzufügen.

 

Die Verpflichtung zur Übermittlung der Zustimmungserklärung stellt eine wesentliche und absolut notwendige Verbesserung gegenüber dem status quo dar. Die Übermittlungsverpflichtung muss im engen Zusammenhang mit den künftigen zivilrechtlichen Bestimmungen über die Rechtsverfolgung von über cold calling geschlossenen Verträgen gesehen werden, schon deshalb ist eine rasche Übermittlung geboten ist.

 

Nach der Rechtsprechung des OGH ist überdies „unverzüglich“ im Sinne von „sofort“ bzw. „unmittelbar“ (hier nach Verlangen des Angerufenen) zu verstehen. In diesem Sinne erscheint eine 2-Wochenfrist, wie in den Erläuterungen ausgeführt - als zu lang bemessen. Aus Gründen der Rechtssicherheit und Vollziehbarkeit erscheint es uns allerdings erforderlich, eine konkrete Frist im Text selbst festzulegen.

 

Daher wird folgende Textänderung vorgeschlagen:

Anrufer zu Werbezwecken und deren Auftraggeber haben dem Angerufenen auf dessen Verlangen hin binnen einer Woche (Einlangen beim Verbraucher) eine Kopie seiner Zustimmungserklärung ……. zu übermitteln, ansonsten gilt … nicht erklärt.

 

d)  Zu § 107 Abs 4 TKG

Das automatische Erlöschen der Zustimmungserklärung nach drei Jahren wird seitens des BMASK ausdrücklich begrüßt.

 

KonsumentInnen erteilen ihre Zustimmung regelmäßig im Rahmen von Vertragsbedingungen etwa bei Gewinnspielen oder auf Bestellkarten. Nicht nur, dass den meisten der Umstand der Einwilligung nicht bekannt ist, ist der Gültigkeitszeitraum einer solchen Erklärung dzt auch nicht beschränkt. Dh ein Unternehmen kann den Vorwurf des Cold Calling mit einer Zustimmungserklärung von vor 20 oder 30 Jahren entkräften. In Anbetracht der geplanten zivilrechtlichen und bereits bestehenden verwaltungsrechtlichen Rechtsfolgen erscheint nach Ansicht des BMASK eine Klarstellung sowohl für KonsumentInnen als auch für Unternehmen notwendig. KonsumentInnen können nach mehreren Jahren nicht mehr nachvollziehen, ob sie jemals eine Zustimmung erteilt haben und auch Unternehmen wird die seinerzeit erteilte Zustimmungserklärung der KonsumentInnen möglicherweise nicht mehr verfügbar sein. Nach Ansicht des BMASK ist es daher notwendig, im Sinne der Rechtsklarheit eine automatische Löschung der Zustimmungserklärung nach drei Jahren ab Erteilung vorzusehen.

 

e)  Zu § 107 Abs 7 und § 109 Abs 3 Z 19a und Z 19b TKG

Das BMASK unterstützt massiv die Verbesserungen in der Vollziehung. Die Vergangenheit hat nämlich gezeigt, dass die bislang bestehende Verwaltungsstrafbestimmung bei unerbetenen Werbeanrufen schwer zu vollziehen ist bzw. unerbetene Telefonanrufe nicht hintanzuhalten vermag.

 

f)   Zu § 133 Abs 12 TKG

Das Erlöschen von vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes erteilten Zustimmungserklärungen erst nach Ablauf von drei Jahren ab Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes erscheint nach Ansicht des BMASK sehr lang. Aus Sicht des BMASK wäre hier eine kürzere Frist wünschenswert.

 

C.   Zum Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz (VBKG):

 

Mit Inkraftreten von Art 3 der Richtlinie 2009/136/EG, welcher den Anhang der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 (Verordnung über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz) um die Nummer 17 erweitert, ist eine Novellierung des VBKG erforderlich. In den Anwendungsbereich der Behördenkooperation fällt nun auch der Art 13 der Richtlinie 2002/58/EG über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation, welcher ebenfalls durch die RL 2009/136/EG geändert wurde. Die Mitgliedstaaten haben hierfür die zuständige(n) Behörde(n) der Europäischen Kommission zu notifizieren und diesen ebenso die in Art 4 Abs 6 der VO (EG) Nr. 2006/2004 aufgelisteten Mindestbefugnisse einzuräumen.

 

Aus der RL 2009/136/EG geht unseres Erachtens rechtlich nicht ganz klar hervor, bis zu welchem Zeitpunkt die Mitgliedstaaten die zuständige(n) Behörde(n) zu notifizieren haben. Die Richtlinie 2009/136/EG sieht in Art. 4 eine Umsetzungsfrist bis 25. Mai 2011 vor. Da auch die Änderung der VO (EG) Nr. 2006/2004 einer nationalen Durchführung bedarf, wird davon ausgegangen, dass bis spätestens 25. Mai 2011 die Notifikation vorgenommen und die allfälligen weiteren Gesetzesänderungen im Hinblick auf die geforderten Mindestbefugnisse für die zuständige(n) Behörde(n) im Telekommunikationsgesetz 2003 - TKG 2003 vorgesehen werden müssen.

 

Das BMASK schlägt in Durchführung der geänderten VO (EG) Nr. 2006/2004 folgende Anpassungen im VBKG vor:

§ 3 (1)

Z 6.     das Fernmeldebüro für Wien, Niederösterreich und Burgenland in Wien,

            das Fernmeldebüro für Steiermark und Kärnten in Graz,

            das Fernmeldebüro für Oberösterreich und Salzburg und

das Fernmeldebüro fürTirol und Vorarlberg in Innsbruck

jeweils mit örtlich abgegrenztem Wirkungsbereich für die Vorschrift zur Umsetzung der im Anhang unter Z 6 angeführten Richtlinie.

 

§ 4 (2) Die Bestimmungen dieses und des 4. Abschnitts gelten nicht für die in § 3 Abs. 1 Z 4 und Z 6 genannten Behörden.

 

Anhang

Richtlinien und Verordnungen nach § 3:

6.

Art 13 der Richtlinie 2002/58 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation), ABl. Nr. L 201 vom 31.7.2002, S. 37.

 

Änderungen im Telekommunikationsgesetz 2003 - TKG 2003:

Die vier Fernmeldebüros sind gemäß der vorgeschlagenen Änderung des § 4 Abs 2 VBKG von den Bestimmungen des 2. Abschnitts (Tätigkeit der zuständigen Behörde, insbesondere Art der Befugnisausübung) und des 4. Abschnitts (Übertragung von Befugnissen) des VBKG ausgenommen. Damit sichergestellt ist, dass diese vier neuen zuständigen Behörden auch die in Art 4 Abs 6 der VO (EG) Nr. 2006/2004 vorgesehenen Mindestbefugnisse (Einsichtsrechte, Auskunftsrechte, Ermittlungen vor Ort, schriftliche Aufforderungen zum Abstellen eines Verstoßes, Unterlassungsentscheidung, Exekutionsrecht und gegebenenfalls Veröffentlichungsrechte) ausüben können, regt das BMASK an, dass gebenenfalls auch die Befugnisse für die Fernmeldebehörden im TKG 2003 entsprechend ausgeweitet werden.