Pensionskassenreform
Sehr geehrter Herr Sektionschef Mag.Lejsek,
wir bedanken uns für die Möglichkeit zur Stellungnahme zum Ministerialentwurf zur „Pensionskassenreform“, welche wir Ihnen hiermit gerne übermitteln.
Wir bitten um Berücksichtigung unserer Anliegen und verbleiben
mit freundlichen Grüßen
Dr.Ulrike Braumüller
Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs
Sektion Lebensversicherung
Beilage:
w.o.angeführt
Stellungnahme zum offiziellen Begutachtungsentwurf des BMF zur Pensionskassenreform
(Stand 21.11.2011) an das BMF
Grundsätzliches:
Die betriebliche Kollektivversicherung wurde 2005 ausschließlich zu dem Zweck eingeführt, für die betriebliche Altersvorsorge auch ein Modell mit Garantien, sowohl in der Anwartschafts- als auch in der Verrentungsphase, zur Verfügung zu stellen.
Basis für die gesetzliche Einführung war die EU-RL 2003/71/EG, deren Grundsatz es ist EWR-Anbietern den Zugang zu den Märkten zu erleichtern und den Wettbewerb zwischen Anbietern verschiedener Sparten mit gleichartigen Produkten zu forcieren;
Betriebe, die seither eine betriebliche Altersvorsorge neu einführen, können wählen,
- ob sie ein Volatilitätsrisiko durch den Abschluss eines Pensionskassenvertrages und somit die Möglichkeit eines höheren Ertrages aufgrund der unmittelbaren Beteiligung an einer günstigen Kapitalmarktentwicklung,
- oder ob sie alternativ auch schon im Ansparprozess garantierte und unsinkbare Pensionen im Rahmen der betrieblichen Kollektivversicherung in ihr betriebliches Vorsorgemodell aufnehmen wollen.
Gerade deshalb ist es nicht begründbar, die Zulässigkeit des Übertritts in die betriebliche Kollektivversicherung aus seit längerem bestehenden Vorsorgesystemen derart zu beschränken, dass sie ohne vollständige Kündigung des bestehenden Pensionskassenvertrages erst ab Vollendung des 55. Lebensjahres ermöglicht wird. Wir sehen darin eine sachlich nicht gerechtfertigte, altersabhängige Diskriminierung.
Wir schlagen daher vor, eine echte Durchlässigkeit im Wege einer Wechselmöglichkeit auf kollektiver Basis und unabhängig von Altersgrenzen einzuführen.
Zu den Änderungsvorschlägen im Detail:
Der bloß einmalige Wechsel zwischen den Systemen (nach Vollendung des 55.Lebensjahres) widerspricht dem Wettbewerbsgedanken der RL 2003/71/EG und den Intentionen der BPG-/PKG-Novelle 2005, die diese Richtlinie umgesetzt hat. Darüber hinaus ist aus verfassungsrechtlicher Perspektive nicht nachvollziehbar, wem eine derartige Einschränkung der Privatautonomie dienen soll.
Zu § 17 Abs. 1 PKG: Bereits auf Basis der aktuellen Gesetzeslage besteht Unklarheit darüber, inwieweit Betriebe, die bereits eine Pensionskasse /Betriebliche Kollektivversicherung haben, im Wege der Betriebsvereinbarung ihren Mitarbeitern die Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen Systeme der BAV ermöglichen dürfen. Es bestehen dazu eine Reihe von Rechtsmeinungen von namhaften Universitätsprofessoren, die einander widersprechen, die bestehenden Unklarheiten sind auch bereits in der Literatur entsprechend dokumentiert. Daher sollte hierzu unbedingt eine Klarstellung erfolgen, dass auch eine einvernehmliche Beendigung des Pensionskassenvertrages (Teilbeendigung) möglich ist, sofern die entsprechende kollektive Rechtsgrundlage besteht.
Anm: Dementsprechend wäre auch § 18h Abs 1 VAG anzupassen.
§ 17 Abs.1 PKG sollte daher lauten:
„(1) Eine Kündigung des Pensionskassenvertrages durch den Arbeitgeber oder durch die Pensionskasse oder eine einvernehmliche Beendigung des Pensionskassenvertrages ist nur zulässig und rechtswirksam, wenn eine Übertragung der gemäß Abs. 4 zu übertragenden Vermögensteile auf eine andere Pensionskasse, eine Einrichtung (§ 5 Z 4), eine betriebliche Kollektivversicherung (§ 18f VAG) eines zum Betrieb der Lebensversicherung im Inland berechtigten Versicherungsunternehmen oder eine Einrichtung der zusätzlichen Pensionsversicherung nach § 479 ASVG, sichergestellt ist.
Die Kündigung oder
einvernehmliche Beendigung des Pensionskassenvertrages kann rechtswirksam
nur für alle von diesem Pensionskassenvertrag erfassten Anwartschafts- und
Leistungsberechtigten gemeinsam erfolgen, sofern nicht in Kollektivvertrag,
Betriebsvereinbarung oder Vereinbarung laut Vertragsmuster festgelegt ist, dass
bei Kündigung des Pensionskassenvertrages alle Leistungsberechtigten oder
alle beitragsfrei gestellten Anwartschaftsberechtigten und Leistungsberechtigten
bei der Pensionskasse verbleiben.“
· Gemäß § 5 (2) lit.2 letzter Satz BPG: kann der Anwartschaftsberechtigte die Übertragung des Unverfallbarkeitsbetrages auch auf eine frühere Pensionskasse verlangen, wenn der neue Arbeitgeber keine Pensionskasse hat. Es ist daher eine analoge Regelung in § 6 (2) für die betriebliche Kollektivversicherung aufzunehmen. Weiters sollte auch hier eine Durchlässigkeit der AV-Systeme vorgesehen werden, sodass der Anwartschaftsberechtigte die Übertragung von einer Pensionskasse auf eine frühere BKV, bzw. von der BKV auf eine frühere PK verlangen kann, wenn der neue Arbeitgeber überhaupt keine betriebliche Altersvorsorge eingerichtet hat.
Das Abstellen auf das 55. Lebensjahr und damit auf starre Altersgrenzen für einen Systemwechsel erscheint vor dem Hintergrund der RL 2000/78/EG als sachlich schwer zu rechtfertigende Altersdiskriminierung zu qualifizieren und damit als europarechtswidrig.
Das Unionsrecht im Sinne der RL 2003/71/EG ist vom Gedanken eines effektiven Wettbewerbs zwischen verschiedenen Spartenanbietern geprägt, die gleichartige Dienstleistungen nach gleichartigen Regelungen am Markt anbieten dürfen. Dieser Regelungsgrundsatz der Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen Systemen und den unterschiedlichen Anbietern am Markt wird durch die unterschiedliche Lösung des Wechsels in die Sicherheits-VRG/Sicherheits-Sub-VG unterlaufen (zB. Beim Wechsel in die Sicherheits-VRG ist lediglich eine Änderung des Pensionskassenvertrages erforderlich, bei der Änderung in die BKV muss auch der Betriebsrat hinzugezogen werden, der zu übertragende Unverfallbarkeitsbetrag laut § 5 muss bei Übertritt in die BKV lediglich 95% der Deckungsrückstellung und 95% der Schwankungsrückstellung betragen, bei Übertritt in die Sicherheits-VRG 100% der Deckungsrückstellung und 100% der Schwankungsrückstellung etc.).
Ein Anspruch des einzelnen Arbeitnehmers auf effektive Durchlässigkeit der Systeme der BAV bzw ein nachhaltiges Gestaltungsrecht wird im BPG nicht festgeschrieben. Ein taugliches öffentliches Interesse für diese restriktive Beschränkung der zweiten Pensionssäule ist nicht ersichtlich. Eher mutet der Entwurf als Versuch an, bestehende Strukturen zu bewahren. Eine Bevorzugung des Pensionskassensystems als System der zweiten Säule gegenüber einem Versicherungssystem ist nicht im Interesse der Betriebe bzw. der Anwartschafts- und Leistungsberechtigten und stellt daher einen weiteren schwerwiegenden Eingriff in die Privatautonomie der Arbeitnehmer dar und steht im Widerspruch zu der in den Materialien behaupteten nachhaltigen Verbesserung des Systems der BAV und der Rechte der Arbeitnehmer. Weiters erscheint die Beschränkung der Wahlmöglichkeit des Arbeitnehmers auch dann, wenn ein Optionsrecht zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretung vorgesehen wurde – auf einen einmaligen und unwiderruflichen Systemwechsel unsachlich.
Zur Verbesserung der Durchlässigkeit sollte die Bestimmung wie folgt umgestaltet werden:
Sofern es im Kollektivvertrag, in der Betriebsvereinbarung oder im Vertragsmuster vorgesehen ist, soll der Arbeitnehmer eine entsprechende Auswahl treffen können. Die Kriterien der Wahlmöglichkeiten sollen von der Betriebsvereinbarung, Kollektivvertrag bzw. Vereinbarung gemäß Vertragsmuster festgelegt werden. Um unüberlegten Entscheidungen vorzubeugen, werden die Rahmenbedingungen des nachstehenden Formulierungsvorschlages vorgeschlagen:
Zu § 5a BPG, Wechsel in die Betriebliche Kollektivversicherung im aufrechten Arbeitsverhältnis:
Gesetzestext lt Novellenvorschlag [Änderungen hervorgehoben]
§ 5a. (1) Der/Die Arbeitnehmer/in kann, sofern dies im
Kollektivvertrag, in der Betriebsvereinbarung oder im Vertragsmuster vorgesehen
ist und der/die Arbeitgeber/in bereits eine betriebliche Kollektivversicherung
gemäß § 6a abgeschlossen hat, nach nachweislicher Information
gemäß § 19b PKG und § 18k VAG ab dem Jahr, in dem er/sie das 55.
Lebensjahr vollendet, gegenüber der Pensionskasse und dem/der Arbeitgeber/in
schriftlich erklären, dass vom/von der Arbeitgeber/in zum 1. Jänner
des folgenden Kalenderjahres an Stelle der Beitragsleistung an die
Pensionskasse künftig die Zahlung von Prämien in derselben Höhe in
die betriebliche Kollektivversicherung zu erfolgen hat. Die Pensionskasse hat
zum 1. Jänner des auf die Erklärung des/der Arbeitnehmers/in
folgenden Kalenderjahres den zu diesem Zeitpunkt gebührenden fiktiven
Unverfallbarkeitsbetrag in die betriebliche Kollektivversicherung zu
übertragen. Der fiktive Unverfallbarkeitsbetrag beträgt 100vH der
geschäftsplanmäßig zu bildenden Deckungsrückstellung
zuzüglich 100vH der (anteiligen) Schwankungsrückstellung
abzüglich der Kosten für die Berechnung bzw. Überweisung des
Unverfallbarkeitsbetrages bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses.“berechnet
sich nach denselben Rechenregeln, die der Berechnung des
Unverfallbarkeitsbetrages bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zugrunde
zu legen sind.
(2) Die Erklärung des/der Arbeitnehmers/in nach Abs. 1 erster Satz muss bis 31. Oktober eines Kalenderjahres beim/bei der Arbeitgeber/in und der Pensionskasse eingehen, damit die Prämienzahlung in die betriebliche Kollektivversicherung und die Übertragung des Unverfallbarkeitsbetrages zum 1. Jänner des folgenden Kalenderjahres wirksam wird.
(3) Sofern der Unverfallbarkeitsbetrag zum Stichtag des geplanten Wechsels die Geringfügigkeitsgrenze gemäß § PKG bereits übersteigt, kann der AWB alternativ zu Abs (1) 2. + 3. Satz verlangen, dass seine bisher erworbenen Anwartschaften in der Pensionskasse verbleiben.
(4) Hat der/die Arbeitnehmer/in eigene Beiträge geleistet, kann er/sie im Fall einer Verfügung nach Abs. 1 ab dem 1. Jänner des folgenden Kalenderjahres Prämien in derselben Höhe in die betriebliche Kollektivversicherung leisten.
Neu: (5) Der/Die Arbeitnehmer/in kann den erstmaligen Wechsel in die betriebliche Kollektivversicherung nach Abs. 1 als auch den erstmaligen Wechsel in die Pensionskasse nach § 6e Abs. 1 jederzeit aussprechen. Jeder weitere Wechsel ist erst nach Ablauf von fünf Jahren seit dem letzten Wechsel zulässig.]
(6) Mit Eintritt des Leistungsfalles ist der Wechsel in die betriebliche Kollektivversicherung jedenfalls unwiderruflich
Anm: [In gleicher Weise wäre § 6e BPG anzupassen.]
· Erweiterung des Geschäftsfeldes auf Beamte und Vertragsbedienstete,
Analog zu den Begriffsbestimmungen gemäß § 5 Zif 1lit a-e PKG soll in § 18 f Abs.3 (neu) VAG eine von der Versicherungswirtschaft bereits mehrmals monierte Formulierung aufgenommen werden, wodurch der Abschluss der betrieblichen Kollektivversicherung auch für Vertragsbedienstete und Beamte ermöglicht wird. Da diese Formulierung bei Einführung der BKV vergessen wurde, umzusetzen;