Erläuterungen

I. Allgemeiner Teil

Allgemeines:

Der Nationalrat hat die Bundesministerin für Justiz mit Entschließung betreffend Schlussfolgerungen aus den Beratungen des zur Vorbehandlung des Berichts der Bundesministerin für Justiz betreffend die Rechtspraxis des Ermittlungsverfahrens nach der Strafprozessreform auf Grund der Entschließung des Nationalrates vom 5. November 2009, 53/E XXIV. GP (III-272 d.B.) und des Antrags 150/A(E) der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiedereinführung des Untersuchungsrichters eingesetzten Unterausschusses des Justizausschusses vom 5. Juli 2013, 333/E XXIV. GP, im Lichte der Ergebnisse der Anhörung von Experten zur Evaluation der Strafprozessreform aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich entsprechende gesetzliche Vorhaben zu unterbreiten, die notwendig sind, um das Reformwerk abzurunden und erkannte Mängel zu beseitigen. Das betrifft u.a. insbesondere folgende Bereiche:

-       Eindeutige Abgrenzung des Begriffs des Beschuldigten von Personen, die ohne hinreichendes Substrat angezeigt werden, und damit Definition des zur Führung eines Ermittlungsverfahrens hinreichenden Anfangsverdachts;

-       Gewährleistung eines effizienten Rechtsschutzes durch Ausbau der Instrumente des Einspruchs wegen Rechtsverletzung und des Antrags auf Einstellung sowie effektiver höchstgerichtlicher Grundrechtskontrolle;

-       Verstärkung gerichtlicher Kontrolle gegenüber unangemessener Verfahrensdauer;

-       Klarstellung der Objektivität und Unabhängigkeit von Sachverständigen sowie verstärkte Beteiligungsmöglichkeiten der Verteidigung im Bereich der Bestellung von Sachverständigen und der Kontrolle des Ergebnisses ihrer Tätigkeit;

-       Neuregelung des Ersatzes der Verteidigungskosten unter Berücksichtigung der vermehrten Notwendigkeit einer Beiziehung von Verteidigern im Ermittlungsverfahren.

Der Entwurf dient der Umsetzung dieser Entschließung. Die weiteren Punkte der Entschließung werden im Zuge der Umsetzung der Richtlinie 2013/48/EU über das Recht auf Zugang zu einem Rechtsbeistand in Strafverfahren und in Verfahren zur Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls sowie über das Recht auf Benachrichtigung eines Dritten bei Freiheitsentzug und das Recht auf Kommunikation mit Dritten und mit Konsularbehörden während des Freiheitsentzugs (im Folgenden RL Rechtsbeistand), ABl. Nr. L 294 vom 06.11.2013 S. 1, und der Richtlinie 2012/29/EU über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI (im Folgenden RL Opfer), ABl. Nr. L 315 vom 14.11.2012 S. 57 umgesetzt werden, wobei die Umsetzung bis zum 27. November 2016 (RL Rechtsbeistand) bzw. bis zum 16. November 2015 (RL Opfer) zu erfolgen hat.

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

1.)    Präzisierung des Zeitpunkts des Beginns des Strafverfahrens, Einführung des Begriffs „Anfangsverdacht“ unter gleichzeitiger Einführung einer neuen Rolle des Verdächtigen.

2.)    Einführung einer amtswegigen Überprüfung der Höchstdauer des Ermittlungsverfahrens durch den Einzelrichter des Landesgerichts im Ermittlungsverfahren.

3.)    Wiedereinführung des zweiten Berufsrichters für komplexe und schwierige Schöffenverfahren.

4.)    Erweiterte Einbindung des Beschuldigten in die Sachverständigenbestellung im Ermittlungsverfahren samt Ausbau des Rechtsschutzes bei möglicher Befangenheit oder Zweifeln an der fachlichen Qualifikation des Sachverständigen.

5.)    Deutliche Anhebung der für den Ersatz der Verteidigungskosten des freigesprochenen Angeklagten vorgesehenen Höchstbeträge.

6.)    Einführung eines neuen Mandatsverfahrens.

7.)    Schaffung einer klaren Rechtsgrundlage für staatsanwaltschaftliche Öffentlichkeitsarbeit während des Strafverfahrens.

8.)    Verfahrensrechtliche Anreize für die Beendigung des Strafverfahrens durch Diversion.

9.)    Ausbau des Datenschutzes bei der Übermittlung von im Ermittlungsverfahren gewonnen Daten an Gerichte und andere Behörden.

Auswirkungen auf die Beschäftigungslage und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Strafrechtswesen) sowie aus Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Angelegenheiten der Justizpflege, Angelegenheiten der Notare und der Rechtsanwälte sowie Zivilrechtswesen).

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Das Recht der Europäischen Union wird nicht berührt.

II. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung der Strafprozessordnung 1975):

Zu Z 1, 2, 3, 11, 15 und 17 (§§ 1 Abs. 2 und 3, 2 Abs. 1, 48 Abs. 1 und 2, 91 Abs. 2 und 100 Abs. 3a):

Die Erfahrungen seit dem Inkrafttreten des Strafprozessreformgesetzes BGBl. I Nr. 19/2004 am 1. Jänner 2008 haben gezeigt, dass der materielle Beschuldigtenbegriff, der dem Beschuldigten deswegen zum Vorteil gereichen sollte, weil er unmittelbar in die Lage versetzt wird, von seinen Rechten auch Gebrauch zu machen, rasch zur öffentlichen Brandmarkung führen kann, obwohl noch kein konkreter Tatverdacht iSv § 48 Abs. 1 Z 1 StPO idgF vorliegt. In diesem Zusammenhang gilt es auch zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des OGH (siehe RIS-Justiz RS0127791) die Staatsanwaltschaft kein Ermittlungsverfahren zu führen hat, so kein „Anfangsverdacht“ vorliegt; die diesbezüglich erforderliche „Zurücklegung“ der Anzeige war im alten Recht in § 90 StPO aF vorgesehen, während diese Form der Erledigung im geltenden Recht keine förmliche Rechtsgrundlage hat.

Eben diese Erfahrungen haben sich auch aus den Anhörungen von Experten im Unterausschuss des Justizausschusses ergeben (siehe JAB 2456 d.B. XXIV. GP), worauf sich die Aufforderung der im Allgemeinen Teil erwähnten Entschließung des Nationalrates vom 5. Juli 2013 (333/E XXIV. GP) gründet. Nach ihr soll zur eindeutigen Abgrenzung des Begriffs des Beschuldigten von Personen, die ohne hinreichendes Substrat angezeigt werden, der Begriff des Anfangsverdachts in § 1 Abs. 3 definiert werden, um sicherzustellen, dass ein Ermittlungsverfahren erst dann beginnt, wenn auf Grund bestimmter, jedenfalls verifizierbarer oder widerlegbarer Anhaltspunkte angenommen werden kann, dass eine Straftat begangen wurde und Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft zu deren Aufklärung ermitteln oder Zwang ausüben.

Durch die Definition des Anfangsverdachts wird auch eine ausdrückliche Grundlage für das Zurücklegen einer Anzeige im Sinne des Absehens von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens geschaffen, die im Staatsanwaltschaftsgesetz (StAG) verankert werden soll, um auch deutlich zu machen, dass gegen diese Art der Erledigung (Verweigerung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens) kein Antrag auf Fortführung zulässig ist (§ 35c StAG). Mangelt es der Anzeige schon anfänglich an bestimmbaren Anhaltspunkten, die annehmen lassen, dass eine Straftat begangen wurde, hat die Staatsanwaltschaft von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen (siehe dazu unten zu Art. 4 Z 8). Wird eine solche Anzeige bei der Kriminalpolizei erstattet und hat diese Zweifel, ob ein Anfangsverdacht vorliegt, zu dessen Aufklärung sie berechtigt und verpflichtet wäre, Ermittlungen zu führen, so hat sie der Staatsanwaltschaft jedenfalls zu berichten (§ 100 Abs. 3a StPO).

Gegenüber dem ME soll klargestellt werden, dass sich diese Unterscheidung zwischen Anfangsverdacht und konkreter Beschuldigung auch darin niederschlägt, dass das Ermittlungsverfahren solange gegen unbekannte Täter oder die verdächtige Person zu führen ist, als nicht eine Person auf Grund bestimmter Tatsachen konkret verdächtig ist, eine strafbare Handlung begangen zu haben (§ 48 Abs. 1 Z 2); danach wird es als Ermittlungsverfahren gegen diese Person als Beschuldigten geführt.

In § 48 Abs. 1 Z 1 StPO soll die neue Rolle eines „Verdächtigen“ eingeführt werden. Als Verdächtiger soll jede Person erfasst werden, gegen die zur Aufklärung eines Anfangsverdachts ermittelt wird. In Abgrenzung dazu soll der Begriff des „Beschuldigten“ nur noch für jene Verdächtigen Anwendung finden, gegen die wegen einer konkreten Verdachtslage formell als Beschuldigte ermittelt wird, also gegen die zur Aufklärung dieses konkreten Verdachts nach dem 8. oder 9. Hauptstück dieses Bundesgesetzes Beweise aufgenommen oder Ermittlungsmaßnahmen angeordnet oder durchgeführt werden; gleich ob dies durch die Kriminalpolizei, die Staatsanwaltschaft oder das Gericht erfolgt.

Durch die Definition des Anfangsverdachts als Voraussetzung für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens soll die Phase der Ermittlungen bis zur Konkretisierung des Verdachts noch keine „Beschuldigung“ bedeuten, was auch dadurch unterstrichen wird, dass die Person, gegen die zur Konkretisierung eines Anfangsverdachts ermittelt wird, nunmehr als „Verdächtiger“ bezeichnet werden soll. Dadurch soll künftig auch gegenüber der Öffentlichkeit ganz deutlich klargestellt werden, dass erst eine “vage“ Verdachtslage besteht, die weiterer Konkretisierung bedarf. Durch die Aufnahme des Verdächtigenbegriffs in die Bestimmung des § 48 Abs. 2 StPO soll ferner gewährleistet werden, dass auch einem Verdächtigen dieselben prozessualen Rechte wie einem Beschuldigten zukommen. Da es für die Wahrnehmung der prozessualen Rechte nun nicht mehr auf das Vorhandensein eines konkreten Verdachts ankommt, ist die Rechtsposition des Betroffenen in jenem Stadium der Ermittlungen, in welchem auf Grund eines Anfangsverdachts im Sinne des nunmehrigen § 1 Abs. 3 StPO Ermittlungen zur Feststellung, ob dieser als Täter überhaupt konkret in Betracht kommt (beispielsweise Hausbefragungen, Fahrzeug- oder Alibiüberprüfungen oder eine Befragung zur Identität), geführt werden, wesentlich gestärkt (vgl. Pilnacek/Koenig, WK-StPO § 108 Rz 19).

Diese Abgrenzung soll es aber auch ermöglichen, im Fall eines Anfangsverdachts gegen Mitglieder allgemeiner Vertretungskörper, die Verdachtslage durch Erkundigungen und andere nun im § 91 Abs. 2 erwähnten Erhebungen zu konkretisieren, bevor ein allfälliges Ersuchen um Auslieferung zu prüfen ist.

In diesem Zusammenhang ist schließlich zu berücksichtigen, dass oft schon durch jedermann zugängliche Informationsquellen, worunter solche zu verstehen sind, die nicht ausschließlich den Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung stehen (Internet, Grundbuch, Firmenbuch, Telefonbuch, etc.), oder durch die Nutzung bloß behördeninterner Informationsquellen (Datenanwendungen, hinsichtlich derer der konkret ermittelnden Behörde Auftraggebereigenschaft iSd § 4 Z 4 DSG 2000 zukommt, z.B. VJ, PAD, etc.) dargetan werden kann, dass Behauptungen in Anzeigen nicht zutreffen und somit ein Grund für die Verweigerung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens besteht (dazu Art. 4 Z 8). Nach geltendem Recht kann eine solche Recherche bereits als „ermitteln“ ausgelegt werden, was die Zurücklegung der Anzeige verhindert und eine förmliche Einstellung herausfordert. Daher soll in § 91 Abs. 2 StPO klargestellt werden, dass die bloße Nutzung solcher Informationsquellen und die Vornahme von Erkundigungen (das ohnedies Frewilligkeit voraussetzt) kein Ermitteln iSd StPO darstellt. Die ausschließliche Nutzung solcher Informationsquellen oder die Vornahme von Erkundigungen vermögen daher den Beginn eines Strafverfahrens nach § 1 Abs. 2 StPO nicht zu begründen.

Zu Z 4, 8, 29, 30, 31 und 32 (§§ 26 Abs. 2, 37 Abs. 2, 204 Abs. 1 und 3, 205 Abs. 2 und 5):

In den letzten Jahren konnte ein Rückgang des Tatausgleichs (TA) verzeichnet werden, der sich fortzusetzen scheint. Der TA entfaltet jedoch aufgrund der Auseinandersetzung des Täters mit dem Opfer eine kaum vergleichbare spezialpräventive Wirkung. Darüber hinaus ist der TA jene diversionelle Maßnahme, die die Interessen des Opfers am besten berücksichtigt. Maßnahmen zur Belebung des TA scheinen daher dringend geboten.

Bei Erhebung der Ursachen für den Rückgang wird von Praktikern immer wieder ins Treffen geführt, dass prozessual keine Möglichkeit eines vorläufigen Rücktritts besteht, was aufgrund des Erledigungsdrucks als negativ empfunden wird. Zu bemerken ist, dass prozessual ein vorläufiger Rücktritt u.a. bei den diversionellen Maßnahmen einer Probezeit (§ 203 StPO) und gemeinnützigen Leistungen (§ 201 StPO) sowie im Bereich des SMG (§§ 35, 37) besteht. Fraglich ist jedoch, ob die „Ungleichbehandlung“ gerechtfertigt ist. Schließlich kann argumentiert werden, dass auch bei den gemeinnützigen Leistungen von Vornherein nicht klar ist, ob der Täter die Leistungen vollständig erbringt.

Darüber hinaus sind auch statistische Daten ins Treffen zu führen: Im Jahr 2012 ergibt sich ein Anteil von 75 % erfolgreich abgeschlossener TAs; im Jahr 2011 ein Anteil von rund 74 %. Die „Erfolgsquote“ bei den gemeinnützigen Leistungen lag 2012 bei ca. 78 % und 2011 bei rund 80 %. Das Verhältnis aller erfolgreich abgeschlossenen diversionellen Maßnahmen insgesamt (nach SMG und StPO) belief sich im Jahr 2012 auf ca. 81 %, im Jahr 2011 auf rund 79 %.

Angesichts der hohen Erfolgsquote des TA scheint die prozessuale Ungleichbehandlung sachlich nicht gerechtfertigt. Es wird deswegen vorgeschlagen, auch beim TA einen vorläufigen Rücktritt von der Verfolgung mit der Zuweisung des Falls an einen Konfliktregler einzuführen. Gleichzeitig ist es natürlich notwendig, die Möglichkeiten der Fortsetzungen des Strafverfahrens in § 205 StPO zu ergänzen.

Die Rechtsprechung (15 Ns 82/19t, 15 Ns 52/11g) hat im Bereich der gerichtlichen Zuständigkeiten (§ 37 StPO) zur Konnexität von vorläufig diversionell erledigten Verfahren eine vom Gesetzgeber nicht vorhergesehene Wendung genommen. Aufgrund dessen entsteht für die Praxis die unangenehme Folge, dass Verfahren, in denen von der Verfolgung vorläufig zurückgetreten wird (Probezeit, gemeinnützige Leistungen und Tatausgleich), konnex mit sämtlichen danach eingebrachten Strafanträgen sind. Die neu eingebrachten Verfahren müssen daher von genau jenem Gericht verhandelt werden, das auch über die (vorläufige) diversionelle Erledigung entschieden hat, ohne dass jedoch eine Fortsetzung des (vorläufig) diversionell erledigten Verfahrens in Betracht kommt, weil z. B. im Fall der Zahlung eines Geldbetrags und der gemeinnützigen Leistungen eine Fortsetzung nur dann in Betracht kommt, wenn der Angeklagte den Geldbetrag samt Schadensgutmachung oder die gemeinnützigen Leistungen samt Tatfolgenausgleich nicht oder nicht vollständig erbringt. Eine Fortsetzung aufgrund neuerlicher Delinquenz ist vom Gesetzgeber nicht vorgesehen (§ 205 Abs. 2 Z 1 StPO). Weiters führt dies zu einer Ungleichbehandlung, zumal dies nicht für (nachfolgende) Anklagen in Schöffen- und Geschworenenverfahren gelten kann (§ 37 Abs. 2 StPO), weil es sich um ein Gericht höherer Ordnung handelt.

Aufgrund dieser Entwicklungen werden auch die von der Rechtsprechung im Bereich der gerichtlichen Zuständigkeiten entwickelten Grundsätze auf den staatsanwaltschaftlichen Bereich (§ 26 StPO) übertragen. Der Entwurf sieht deswegen eine Ergänzung der Bestimmungen über die Zuständigkeiten im Ermittlungsverfahren (§ 26 StPO) und Hauptverfahren (§ 37 StPO) jeweils in Abs. 3 vor.

Während in § 90h Abs. 2 Z 2 StPO aF ferner die Nichtzahlung der Pauschalkosten als Grund für die Fortsetzung des Strafverfahrens ausdrücklich vorgesehen war, fehlt infolge eines offenkundigen Redaktionsversehens bei der Anpassungsgesetzgebung zum Strafprozessreformgesetz, BGBl. I Nr. 19/2004, eine solche Regelung in der nunmehrigen Nachfolgebestimmung des § 205 Abs. 2 Z 2 StPO. Gäbe es keine Fortsetzungsmöglichkeit, bliebe das Verfahren offen, denn einer endgültigen Verfahrensbeendigung stünde die fehlende Zahlung des Kostenbeitrags nach § 388 Abs. 2 StPO entgegen. Zugleich würde aber mit Ende der Leistungsfrist die einstweilen gehemmte Verjährungsfrist fortlaufen. Der zahlungsunwillige Beschuldigte bräuchte nur abzuwarten, bis die Verjährung eintritt, um sich dieser Zahlungspflicht zu entziehen. Um die Zahlungspflicht nicht zu konterkarieren, soll das offenkundige Redaktionsversehen dahingehend beseitigt werden, dass die im § 205 Abs. 2 Z 2 StPO genannte Pflichtenübernahme (nunmehr wieder) auch den Kostenbeitrag nach § 388 Abs. 1 und 2 StPO umfasst (vgl. Schroll, WK-StPO § 201 Rz 18).

Zu Z 5, 17, 18 und 46 (§§ 31 Abs. 1, 108 Abs. 2, 108a, 516 Abs. 10):

In den letzten Jahren ist eine zunehmende und im Einzelfall mitunter durchaus zutreffende, das öffentliche Vertrauen in die Justiz schädigende Kritik der Betroffenen an der Dauer staatsanwaltschaftlicher Ermittlungsverfahren gerade in jenen Fällen, die verstärkt im Blickpunkt der Öffentlichkeit und des medialen Interesses stehen, zu beobachten. Auch der Rechnungshof hat die steigende Dauer der Ermittlungsverfahren bemängelt und in seinem Prüfbericht zum staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren (Bund 2014/5) die Empfehlung an das Bundesministerium für Justiz gerichtet, gezielte Maßnahmen zur Verringerung der Verfahrensdauer zu setzen. Auch in der schon im Allgemeinen Teil der Erläuterungen erwähnten Entschließung des Nationalrates vom 5. Juli 2013 (333/E XXIV. GP) wird die Forderung nach einer Verstärkung der gerichtlichen Kontrolle gegenüber unangemessener Verfahrensdauer erhoben. Tatsächlich steht eine unangemessene Dauer des Ermittlungsverfahrens auch in einem unauflösbaren Spannungsverhältnis zu Art. 6 Abs. 1 EMRK.

In der Tat trägt der Beschuldigte, der sich jahrelangen Ermittlungen ausgesetzt sieht, eine besondere Belastung. Er kann zwar einen Antrag auf Einstellung des Ermittlungsverfahrens stellen, doch begibt er sich dadurch auch in Gefahr eines „Konflikts“ mit der Staatsanwaltschaft und der Bestätigung des Tatverdachts durch das Gericht.

In Anlehnung an die Regelung der Höchstdauer der Untersuchungshaft soll daher auch für das Ermittlungsverfahren ab der ersten gegen einen Beschuldigten gerichteten, die Verjährung der Strafbarkeit unterbrechenden (§ 58 Abs. 3 Z 2 StGB) Ermittlung eine Höchstfrist eingeführt werden, vor deren Ablauf die Staatsanwaltschaft das Gericht mit den Gründen für die Dauer des Ermittlungsverfahrens zu befassen hat. Dadurch soll eine umfassende Kontrolle der Effizienz der staatsanwaltschaftlichen Leitung des Ermittlungsverfahrens und eine frühzeitige Objektivierung der Dauer des Ermittlungsverfahrens gewährleistet werden.

Um der teils berechtigten Kritik zu begegnen, zur Umsetzung der zitierten Empfehlungen sowie nicht zuletzt zur wirksamen Effektuierung des Beschleunigungsgebots wird daher vorgeschlagen, in Verfahren gegen bekannte Täter die Höchstdauer des Ermittlungsverfahrens mit grundsätzlich drei Jahren ab der ersten gegen den Beschuldigten gerichteten, die Verjährung der Strafbarkeit unterbrechenden (§ 58 Abs. 3 Z 2 StGB) Ermittlung zu befristen.

Über diese Frist hinaus darf das Ermittlungsverfahren nur fortgeführt werden, wenn die bisherige Dauer des Ermittlungsverfahrens wegen des besonderen Umfangs der Ermittlungen, der Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen oder wegen der Vielzahl der Beteiligten des Verfahrens im Hinblick auf die Intensität des Tatverdachts und eines (auf Verzögerung ausgerichteten) Verhaltens des Beschuldigten keine Verletzung des Beschleunigungsgebots darstellt. Von der Festsetzung einer absoluten Höchstfrist soll hingegen abgesehen werden, weil eine solche mit dem Prinzip der amtswegigen Wahrheitsforschung und mit dem staatlichen Auftrag der Strafverfolgung nicht vereinbar wäre. Die Bestimmung soll dazu dienen, die Staatsanwaltschaft zu zügiger und zielgerichteter Ermittlungstätigkeit sowie zur strengen Beachtung des Beschleunigungsgebots auch im Verkehr mit Kriminalpolizei, Sachverständigen und Dolmetschern anzuhalten.

Ausschlaggebend für das Kriterium des Umfangs der Ermittlungen sind die bisherige und die voraussichtlich weitere Dauer des Ermittlungsverfahrens, der Umfang der bisherigen und der zu erwartenden Ermittlungsergebnisse sowie der bisherige und der zu prognostizierende Aufwand bei den (weiteren) Ermittlungsmaßnahmen.

Bei der Komplexität sind Faktoren wie die Art der wirtschaftlichen Verflechtungen (Schachtelfirmen; mehrfache Auslandsbeteiligungen), die Besonderheiten von schwer nachvollziehbaren Geldflüssen (unklare Geldverschiebungen, insbesondere in andere Länder) oder aber sonstige, die Ermittlungsarbeit erheblich aufwändig gestaltende Sachverhaltskonstellationen zu berücksichtigen.

Ferner kann sowohl eine Vielzahl von Verdächtigen bzw. Beschuldigten als auch eine große Zahl von Geschädigten oder sonstiger involvierter Wirtschaftskreise (Personen, die weder Opfer noch Verdächtige bzw. Beschuldigte sind, aber eine Rolle im inkriminierten Geschehen spielen) bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Überschreitung der Höchstdauer des Ermittlungsverfahrens eine Rolle spielen (vgl. Schroll, WK-StPO § 20b Rz 5 ff).

Gegenüber dem ME soll nunmehr auch das Verhalten des Beschuldigten in die Prüfung der Angemessenheit der bisherigen Verfahnsdauer einfließen. Damit wird auch die Rechtsprechung des EGMR berücksichtigt, wonach die „angemessene Frist“ nach Artikel 6 Abs. 1 in Strafsachen dann zu laufen beginnt, wenn eine Person förmlich beschuldigt wird oder durch Maßnahmen der Strafverfolgungsbehörden infolge eines gegen sie bestehenden Verdachts ernsthaft betroffen ist (siehe Pedersen und Baadsgaard ./. Dänemark [GK], Individualbeschwerde Nr. 49017/99, Rdnr. 44, ECHR 2004-XI). Dabei ist neben der Komplexität des Falles eben auch zu prüfen, inwieweit der Beschuldigte zur Verzögerung beigetragen hat (etwa die systematische Richterablehnung oder die „viele(n) Anträge und Rechtsmittel, häufig begleitet von Bitten um Verlängerung der für die Schriftsätze vorgesehenen Fristen“; siehe EGMR, Eckle gegen Bundesrepublik Deutschland, EuGRZ 1983, 371, 380 N 82), mag auch Art. 6 Abs. 1 EMRK „in Wahrheit keine aktive Kooperation der Betroffenen mit den Justizbehörden (fordern)“. Auch wenn Beschuldigten kein Vorwurf wegen der vollen Ausnutzung ihrer gegebenen prozessualen Möglichkeiten gemacht werden kann, soll gleichwohl im Sinne der Judikatur des EGMR jenes Verhalten des Beschwerdeführers als ein „objektives Faktum …" bei der Entscheidung über die Frage, ob die Dauer des Verfahrens die angemessene Frist nach § 9 StPO überschritten hat, ins Kalkül gezogen werden, weil es auch der Staatsanwaltschaft nicht angelastet und dieser daher nicht zugerechnet werden kann (vgl. Thienel, Die angemessene Verfahrensdauer (Art 6 Abs 1 MRK) in der Rechtsprechung der Straßburger Organe - Unter Bedachtnahme auf die österreichische Rechtslage; ÖJZ 1993, 473 ff.).

Ist es nicht möglich, das Ermittlungsverfahren vor Ablauf der Höchstfrist zu beenden, so soll dieses im Hinblick auf eine mögliche Verlängerung aufgrund der in Abs. 1 genannten Gründe nicht ex lege enden. Vielmehr soll die Staatsanwaltschaft dem Gericht den Ermittlungsakt von Amts wegen samt einer Stellungnahme über die Gründe für die Dauer des Ermittlungsverfahrens zu übermitteln haben. Das Gericht soll die Stellungnahme dem Beschuldigten zur Äußerung binnen einer festzusetzenden, sieben Tage nicht übersteigenden Frist zuzustellen haben. Sodann soll es bei Vorliegen eines Grundes nach § 108 Abs. 1 Z 1 oder 2 StPO das Ermittlungsverfahren einzustellen oder andernfalls auszusprechen haben, ob der Staatsanwaltschaft eine Verletzung des Beschleunigungsgebots anzulasten wäre. Ist dies nicht der Fall und kommt eine Einstellung des Verfahrens nicht in Betracht, soll sich die Höchstdauer des Ermittlungsverfahrens automatisch um weitere zwei Jahre verlängern. § 105 Abs. 2 StPO gilt sinngemäß, weshalb das Gericht sich die notwendigen Sachverhaltsgrundlagen auch durch eigene Ermittlungen beschaffen können soll.

Der Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen einen Beschluss auf Einstellung soll aufschiebende Wirkung zukommen.

Kann das Ermittlungsverfahren auch nicht vor Ablauf der verlängerten Höchstfrist beendet werden, so soll die Staatsanwaltschaft entweder das Verfahren einzustellen oder das Gericht erneut (allenfalls auch mehrfach) auf die geschilderte Weise zu befassen haben, das wiederum mit Beschluss im Sinne des Abs. 2 zu entscheiden hat.

Die Überwachung der Fristen soll der Staatsanwaltschaft obliegen.

In die Fristen nach Abs. 1 und 2 sollen Zeiten eines gerichtlichen Verfahrens nach §§ 108 und 112 StPO sowie Zeiten der Erledigung von Rechtshilfeersuchen durch ausländische Justizbehörden nicht eingerechnet werden.

Eine Ausdehnung auf andere potentiell verfahrensverzögernde Schritte (wie z.B. Vorhabensberichte) erscheint nach dem gegenüber dem ME geänderten Wortlaut nicht indiziert, weil es ja darauf ankommen soll, dass die Verfahrensverzögerung der Staatsanwaltschaft anzulasten wäre, was im Fall einer verzögerten Erledigung eines Vorhabensberichts eben nicht der Fall ist.

Durch den Verweis auf § 58 Abs. 3 Z 2 StGB in Bezug auf eben jenen Beschuldigten, gegen den eine verjährungsunterbrechende Maßnahme gesetzt wurde, und die Klarstellung in Bezug auf Fortführung, Wiedereröffnung oder Wiederaufnahme des Verfahrens soll die Fristberechnung gegenüber dem ME klargestellt werden.

Wie schon die Bestimmung des § 108 StPO soll auch die vorgeschlagene amtwegige Überprüfung der Höchstdauer des Ermittlungsverfahrens im Sinne der Grundsätze der Gesetz- und Verhältnismäßigkeit (§ 5) sowie des Beschleunigungsgebots (§ 9) den Schutz des Beschuldigten vor unberechtigter Verfolgung bezwecken (vgl. Pilnacek/Koenig, WK-StPO § 108 Rz 33). In Verfahren gegen unbekannte Täter scheint dahingehend keine Überprüfung der Verfahrenshöchstdauer von Nöten. Eine Schlechterstellung unbekannter Täter in ihrer Rechtsposition gegenüber bekannten Tätern folgt daraus nicht, weil diese durch die Dauer des Verfahrens nicht beschwert sind und ihnen im Falle ihrer Ausforschung ohnedies ein Antrag nach § 108 StPO offensteht.

Die Überprüfung der Höchstdauer des Ermittlungsverfahrens soll auf jene Strafverfahren Anwendung finden, die nach dem Inkrafttreten der Bestimmung des § 108a StPO beginnen (§ 1 Abs. 2 StPO).

Durch die Änderung des § 31 Abs. 1 StPO soll die Zuständigkeit des Gerichts im Ermittlungsverfahren klargestellt werden.

Als weitere Maßnahme der bereits oben zu den Z 4 und 18 (§§ 31 Abs. 1 Z 5 und 108a StPO) ausgeführten Empfehlung des Rechnungshofs zur Verringerung der Verfahrensdauer im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren soll die Staatsanwaltschaft nunmehr in Angleichung an die Bestimmung des § 106 Abs. 5 StPO die Pflicht treffen, einen Antrag auf Einstellung, dem nicht entsprochen wird, binnen einer Frist von längstens vier Wochen samt einer allfälligen Stellungnahme an das Gericht weiterzuleiten, um ein Zuwarten zu verhindern und eine rasche gerichtliche Kontrolle zu ermöglichen (§ 108 Abs. 2). Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft und der Kriminalpolizei hat das Gericht dem Antragsteller zur Äußerung binnen einer festzusetzenden, sieben Tage nicht übersteigenden Frist zuzustellen.

Zu Z 6, 7, 9 und 46 (§ 32 Abs. 1 und Abs. 1a, 41 Abs. 1, 516 Abs. 10):

Mit dem Budgetbegleitgesetz 2009, BGBl. I Nr. 52/2009, wurde vor dem Hintergrund des Bemühens um bessere Verteilung und Auslastung der richterlichen Arbeitskapazität auf den berufsrichterlichen Beisitzer im Schöffenverfahren verzichtet. Diese Maßnahme wurde in der Praxis teils befürwortend, teils ablehnend aufgenommen. Während auf der einen Seite die Entlastung im Bereich finanzieller und personeller Ressourcen als positive Folge der Regelung betont wird, wird andererseits – so etwa auch im Schlussbericht der AG Strafprozess vom August 2013 – als Argument der Forderung nach einer Rückkehr des zweiten Berufsrichters ins Treffen geführt, dass bei Großverfahren oder sonst rechtlich oder tatsächlich komplexen Verfahren der Vorsitzende vor allem in der Beratungssituation Unterstützung fände und der zweite Berufsrichter kontrollierend und fehlervermeidend eingreifen könne.

Diese beiden Ansätze berücksichtigend soll der zweite Berufsrichter im Schöffenverfahren wieder eingeführt werden, wobei dies auch im Hinblick auf die vorhandenen finanziellen und personellen Ressourcen aber nur jene Fälle umfassen soll, die durch ihre hohe Komplexität gekennzeichnet sind.

Dies soll schwere Delikte gegen Leib und Leben bzw. die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung, Vermögendelikte, bei denen die Höhe der Strafdrohung vom ziffernmäßig bestimmten Wert der Sache, gegen die sich die Handlung richtet, oder von der ziffernmäßig bestimmten Höhe des Schadens abhängt, den die Handlung verursacht oder auf den sich der Vorsatz erstreckt, sofern diese Werte oder Schadensbeträge 1 000 000 Euro übersteigen, das Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt gemäß § 302 Abs. 2 zweiter Satz StGB, Amtsdelikte nach §§ 304 bis 309 StGB, soweit dem Angeklagten die Herbeiführung eines 100 000 Euro übersteigenden Schadens oder die Begehung der Tat in Bezug auf einen 100 000 Euro übersteigenden Vorteil zur Last gelegt wird, Finanzvergehen, soweit der angelastete strafbestimmende Wertbetrag 1 000 000 Euro übersteigt und das Verbrechen der Terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) sowie sonstige unter die Ziffern 1 bis 6 subsumierbare strafbare Handlungen, die im Rahmen einer kriminellen Vereinigung oder einer kriminellen Organisation (§§ 278 und 278a StGB) begangen werden, umfassen.

Von einem Ermessen des Vorsitzenden oder einem Antragsrecht der Parteien, das allenfalls wiederum ein aufwändiges Zwischenverfahren nach sich ziehen könnte, soll aus Gründen der Rechtssicherheit bewusst abgesehen werden. Die Bestimmungen des § 32 Abs. 1 und Abs. 1a StPO sind in jenen Strafverfahren nicht anzuwenden, in denen vor ihrem Inkrafttreten Strafantrag oder Anklage eingebracht wurde.

Zu Z 9, 10, 26, 27, 36, 37, 38, 40 und 42 (§§ 41 Abs. 1 bis 3, 42 Abs. 2 und 3, 175 Abs. 5, 178 Abs. 3, 266 Abs. 1, 362 Abs. 2, 393 Abs. 1a, 395 Abs. 5, 451 Abs. 1 und 3):

Dem von Kirchbacher/Rami, WK-StPO Vor §§ 170-189 Rz 4 geäußerten Einwand folgend sollen nicht nur in den §§ 175 Abs. 5 und 451 Abs. 1, sondern auch in den §§ 41 Abs. 1 bis 3, 42 Abs. 2 und 3, 178 Abs. 3, 266 Abs. 1, 362 Abs. 2, 393 Abs. 1a, 395 Abs. 5 und 451 Abs. 3 zur Klarstellung die Ausdrücke „Beschuldigte“, „Beschuldigter“ und „Beschuldigten“ durch die Ausdrücke „Angeklagte“, „Angeklagter“ und „Angeklagten“ ersetzt und nunmehr in ihrer Bedeutung gemäß der (neugefassten) Legaldefinition des § 48 Abs. 1 Z 3 StPO verwendet werden.

Zu Z 13 und 14 (§ 75 Abs. 5 und 76 Abs. 4):

Mit Erkenntnis vom 1.10.2013, G 2/2013, hat der VfGH die Bestimmung des § 140 Abs. 3 StPO wegen des Verstoßes gegen das Grundrecht auf Datenschutz mit Ablauf des 31.10.2014 als verfassungswidrig aufgehoben.

§ 140 Abs. 3 StPO sieht vor, dass Ergebnisse (der Beschlagnahme von Briefen, der Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung, über Vorratsdaten oder den Inhalt übertragener Nachrichten sowie der Bild- und Tonaufnahme einer Überwachung [§ 134 Z 5 StPO]) in anderen gerichtlichen und verwaltungsbehördlichen Verfahren nur dann als Beweismittel verwendet werden dürfen, wenn ihre Verwendung auch im Strafverfahren zulässig war oder wäre. Zusammengefasst führte der VfGH aus, dass die Verwendung von Ergebnissen einer Datenermittlung aus einem Strafverfahren als Beweismittel in sonstigen gerichtlichen und verwaltungsbehördlichen Verfahren unter der einzigen Prämisse, dass die Datenverwendung im Bezug habenden Strafverfahren zulässig war oder wäre, den Kriterien der Erforderlichkeit, Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit eines Eingriffs in das Grundrecht auf Datenschutz widerspricht.

Nun ist es dem Gesetzgeber durch das Grundrecht auf Datenschutz nicht von vornherein untersagt, die Zulässigkeit einer Datenverwendung als Beweismittel in anderen Verfahren als in jenem, in dem diese Daten rechtmäßig ermittelt wurden, vorzusehen und an bestimmte Bedingungen zu knüpfen, soweit ein solcher Eingriff entsprechend § 1 DSG 2000 iVm Art. 8 Abs. 2 EMRK auf einer zur Datenerhebung ermächtigenden Norm beruht, einem der enumerativ aufgezählten Eingriffsziele dient und auf das Erforderliche beschränkt, geeignet und verhältnismäßig ist (vgl. VfSlg. 18.975/2009 mwN). Den Überlegungen einer gesetzlichen Neuregelung liegt nunmehr zugrunde, die Zulässigkeit der Datenverwendung einer Normierung durch den jeweiligen Materiengesetzgeber zu überlassen, um den Regelungsgehalt der StPO nicht zu überfordern. Letztlich ist es wohl auch nur dem konkreten Materiengesetzgeber möglich, hinreichend zu beurteilen, ob der Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz auf das Erforderliche beschränkt, geeignet und verhältnismäßig ist.

In Anlehnung an die vergleichbaren Bestimmungen der §§ 57 Abs. 3, 58b Abs. 2, 58c Abs. 1 und 2, 58d Abs. 2 und 71 SPG soll sich in der StPO daher nur eine Regelung zur Zulässigkeit der Datenübermittlung an Behörden und Gerichte finden, die der besonderen Sensibilität durch grundrechtsinvasive Eingriffe ermittelter Daten insofern Rechnung trägt, als deren Übermittlung an Behörden und Gerichte nur für exakt festgelegte Zwecke möglich sein soll.

So sollen jene sensiblen Daten, die durch eine körperliche Untersuchung, eine molekulargenetische Untersuchung (§§ 123, 124 StPO) oder eine Ermittlungsmaßnahme nach dem 4. bis 6. Abschnitt des 8. Hauptstücks der StPO ermittelt worden sind und deren Verwendung in einem Strafverfahren als Beweis zulässig ist, an Staatsanwaltschaften und Gerichte nur übermittelt werden dürfen, wenn es die Strafrechtspflege erfordert. An Sicherheitsbehörden soll die Übermittlung mit Ausnahme des § 124 Abs. 5 StPO nur zulässig sein, wenn sie für Zwecke der Sicherheitspolizei, soweit dies für die Abwehr mit beträchtlicher Strafe bedrohter Handlungen (§ 17 SPG) sowie die Abwehr erheblicher Gefahren für Leben, Leib oder Freiheit einer Person oder für erhebliche Sach- und Vermögenswerte erforderlich ist, erfolgt. Übermittlungen an (andere) Behörden und Gerichte sollen ausschließlich für Zwecke der Durchführung von Verfahren wegen durch die Straftat verwirklichter Disziplinarvergehen oder aus dieser Tat abgeleiteter zivilrechtlicher Ansprüche zulässig sein.

Andere nach diesem Gesetz ermittelte personenbezogene Daten dürfen Staatsanwaltschaften und Gerichten für Zwecke der Straf- und Zivilrechtspflege, Sicherheitsbehörden und Kriminalpolizei für Zwecke der Sicherheitsverwaltung und der Strafrechtspflege, Finanzstrafbehörden für deren Dienste im Rahmen der Strafrechtspflege, sowie all den erwähnten Gerichten und Behörden zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit des Handelns der genannten Organe übermittelt werden.

Die Übermittlung von nach der StPO ermittelten personenbezogenen Daten ist im Übrigen nur zulässig, wenn hiefür eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung besteht.

Zu Z 19 und 22 (§ 110 Abs. 1 und § 115 Abs. 1):

Eine Sicherstellung oder Beschlagnahme zur Sicherung privatrechtlicher Ansprüche ist auf Grund des Verweises auf § 367 StPO in § 110 Abs. 1 Z 2 StPO und § 115 Abs. 1 Z 2 StPO nur in Bezug auf dem Opfer gehörende körperliche Sachen zulässig und scheidet daher unter anderem bei Bankguthaben aus, auf die aus betrügerischen Handlungen stammende Geldbeträge überwiesen wurden (OLG Wien, 17 Bs 283/10g).

Dies führt insbesondere bei Rechtshilfeersuchen aus Deutschland, wo die Sicherstellung für privatrechtliche Ansprüche zulässig ist, zu Ablehnungen. Mit der vorgeschlagenen Änderung soll nun eine Erweiterung erfolgen, sodass eine Sicherstellung oder Beschlagnahme zur Sicherung privatrechtlicher Ansprüche nicht nur in Bezug auf dem Opfer gehörende körperliche Sachen zulässig ist.

Zu Z 20 (§ 110 Abs. 3 Z 3):

Mit dieser Änderung soll ein Redaktionsversehen bereinigt werden. Erklärtes Ziel der Neuregelung mit 1.1.2008 war es, dass die Kriminalpolizei in all jenen Fällen, in denen sie eigenständig durchsucht, auch generell eigenständig sicherstellen dürfen soll (EBRV 231 BlgNR 23. GP zu § 110 Abs. 3). Dieses Ziel wurde weder mit der derzeit bestehenden Regelung, noch mit der im ME vorgeschlagenen Änderung erreicht.

Die Sicherstellung von Gegenständen nach § 110 Abs. 3 Z 3 StPO kommt nur bei Personen zum Tragen, die auf frischer Tat festgenommen wurden (§ 170 Abs. 1 Z 1 StPO). In diesem Fall darf die Kriminalpolizei jene Gegenstände, mit denen die festgenommene Person betreten wurde oder die im Zuge ihrer Durchsuchung nach § 120 Abs. 1 StPO (unbekleideter Körper) aufgefunden wurden, sicherstellen.

Durch die nunmehr vorgeschlagene Formulierung soll die Ermächtigung zur Sicherstellung auf alle Fälle ausgedehnt werden, in denen die Kriminalpolizei eigenständig durchsuchen darf.

Durch die nunmehr vorgeschlagene Formulierung soll die Ermächtigung zur Sicherstellung auf alle Fälle ausgedehnt werden, in denen die Kriminalpolizei eigenständig durchsuchen darf.

Zu Z 21 (§ 110 Abs. 3 Z 4):

Mit 1.1.2014 ist die Verordnung (EU) Nr. 608/2013 zur Durchsetzung der Rechte geistigen Eigentums durch die Zollbehörden und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 des Rates, ABl. Nr. L 181 vom 29.06.2013 S. 15 in Kraft getreten. Mit dieser Verordnung wird die seit 1.7.2004 in Geltung stehende Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 über das Vorgehen der Zollbehörden gegen Waren, die im Verdacht stehen, bestimmte Rechte geistigen Eigentums zu verletzen und die Maßnahmen gegenüber Waren, die erkanntermaßen derartige Rechte verletzen („Produktpiraterie-Verordnung“), ABl. Nr. L 196 vom 02.08.2003 S. 7, in der Fassung der Berichtigung ABl. Nr. L 381 vom 28.12.2004 S. 87, aufgehoben mit Wirkung vom 01. Jänner 2014 durch die Verordnung (EU) Nr. 608/2013, ABl. Nr. L 181 vom 29.06.2013 S. 15 aufgehoben.

Im nationalen Recht enthält § 110 Abs. 3 Z 4 StPO einen Verweis auf die aufgehobene Verordnung. Mit der vorgeschlagenen Änderung soll dieser Verweis richtig gestellt werden.

Zu Z 23, 24, 25, 33 und 35 (§ 126 Abs. 3, 4 und 5, 222 Abs. 3 und 249 Abs. 3):

Vorbemerkung:

In den letzten Jahren hat sich an der Regelung der Bestellung von Sachverständigen im Ermittlungsverfahren und ihren Auswirkungen auf das Hauptverfahren wachsende Kritik entzündet, die schließlich in der Aufforderung in der bereits im Allgemeinen Teil der Erläuterungen erwähnten Entschließung (333/E XXIV. GP) gipfelte, im Bereich der Bestellung von Sachverständigen für eine Klarstellung der Objektivität und Unabhängigkeit der Sachverständigen sowie eine verstärkte Beteiligungsmöglichkeit der Verteidigung und eine Kontrolle der Ergebnisse der Tätigkeit Sorge zu tragen.

Der Bericht des Justizausschusses über den Bericht der Bundesministerin für Justiz betreffend die Rechtspraxis des Ermittlungsverfahrens nach der Strafprozessreform aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 5. November 2009, 53/E XXIV. GP (III-272 der Beilagen), 2456 d.B. XXIV. GP, hält unter anderem fest, dass die Beratungen im Unterausschuss und die Stellungnahmen der angehörten Experten gezeigt haben, dass das Ziel der Reform, nämlich der an den Gesetzgeber immer wieder herangetragene Wunsch der Verrechtlichung der Ermittlungsrealität durch die Schaffung einer klaren Aufgaben- und Rollenverteilung zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei grundsätzlich nicht in Frage zu stellen ist und auch erreicht wurde. Einer Rückkehr zum System des die Ermittlungen leitenden und gleichzeitig über Grundrechtseingriffe entscheidenden Untersuchungsrichters hat keiner der angehörten Experten befürwortet. Die Zusammenarbeit zwischen der Kriminalpolizei und der Staatsanwaltschaft hat sich – nach einer naturgemäß notwendigen Umstellungsphase – bewährt. Die in den Bundesländern eingerichteten „Gesprächsplattformen StPO“, deren Ergebnisse regelmäßig bundesweit in einem zwischen Bundesministerium für Inneres und Bundesministerium für Justiz eingerichteten Qualitätszirkel „StPO“ erörtert werden, tragen zu einer Qualitätssicherung und einer laufenden Optimierung der Abläufe bei.

Trotz dieser grundsätzlich positiven Bewertung des Ist-Zustandes ist nicht zu leugnen, dass es bei jeder Reform vergleichbaren Ausmaßes stets Bedarf an Verbesserungen und Nachschärfungen gibt. Ebenso wenig lässt sich in Abrede stellen, dass – wie bei allen Behörden und Gerichten – auch bei der Staatsanwaltschaft und der Kriminalpolizei Fehler passiert sind und passieren. Sohin besteht in einzelnen Bereichen auch weiterhin ein Verbesserungs- und Optimierungsbedarf, der erst durch den Echtbetrieb des Systems und die angesprochenen Evaluationsmechanismen deutlich sichtbar wurde.

Eine Überprüfung und sodann eine Anpassung durch den Gesetzgeber hält der Bericht unter anderem im hier erörterten Bereich für erforderlich:

Zu dem bereits breit diskutierten Themenkreis der Bestellung und der Unabhängigkeit von Sachverständigen im Ermittlungs- bzw. im Hauptverfahren sollen in einer objektiven Betrachtung die geäußerten Kritikpunkte und zu deren Lösung diskutierten Modelle einer Bewertung unterzogen werden, die zu einer Objektivität des Bestellungsvorganges und zur laufenden Qualitätsverbesserung führen. Dabei wird den Aspekten der Verfahrensdauer und der Qualität der Gutachten, der Transparenz ihrer Erstellung sowie angemessener und die Verteidigungsrechte sichernde Kontrollmöglichkeiten Rechnung zu tragen sein, weshalb eine tragfähige und zukunftsweisende Lösung nur im Austausch mit Wissenschaft und Praxis und unter Einbeziehung der Rechtsanwaltschaft und der Berufsverbände der SVs gefunden werden kann.“

Diese Kritik spiegelt sich auch in den Forderungen des 10. Österreichischen StrafverteidigerInnentages sowie in den Ausführungen im Tätigkeitsbericht 2011 des OGH, die im Tätigkeitsbericht 2012 wiederholt wurden, wieder. Im letztgenannten Bericht wurde dazu unter Punkt 2. „Anregungen an den Gesetzgeber“ Folgendes ausgeführt:

2.1. Es wird angeregt, die Bestellung von Sachverständigen und die Auftragserteilung an diese im Ermittlungsverfahren dem Gericht zu übertragen. Das durch Wechsel der Staatsanwaltschaft nach Anklageerhebung in die Rolle einer Verfahrensbeteiligten offensichtliche Spannungsverhältnis zu Art 6 Abs. 3 lit. d EMRK würde dadurch vermieden. Einwände (§ 126 Abs. 3 dritter Satz StPO) nur aufgrund ständiger Zusammenarbeit bestimmter Sachverständiger mit der Staatsanwaltschaft sind nämlich nicht erfolgversprechend, weil darin auch Routine und Bewährung zum Ausdruck kommen. Von der Staatsanwaltschaft bestellte Sachverständige sollen aber, wie sich aus dem Hinweis des § 126 Abs. 2c StPO auf die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit ergibt, nach den Vorstellungen des Gesetzgebers nicht bloß wegen der in der Bestellung durch eine nachmalige Verfahrensbeteiligte zum Ausdruck kommenden Schieflage durch andere ersetzt werden. Vorsitzende werden daher – insbesondere bei größeren Verfahren – kaum einen anderen Sachverständigen zur Hauptverhandlung beiziehen. Soweit Vorsitzende nicht austauschen, wird der Ruf nach Privatsachverständigen stärker werden. Privatsachverständige hemmen den Prozess aber sehr, sodass sogar in adversatorischen Systemen wie in England eine Tendenz zu deren Abschaffung erkennbar wird.“

Während die Vorschläge der Vollversammlung des OGH vom Bestreben geprägt sind, den Anschein der Befangenheit des Sachverständigen „als Zeuge oder gar Hilfsperson der Anklage“ durch die Bestellung durch das Gericht und damit auch eine Notwendigkeit, Waffengleichheit durch Zulassung von Privatsachverständigen herzustellen, zu vermeiden, tritt die Rechtsanwaltschaft vehement für die Zulassung von Privatsachverständigen ein. Der diesbezügliche 3. Beschluss des 10. StrafverteidigerInnentages vom 24. März 2012 lautet wie folgt:

                „3. Gutachten der Verteidigung

Die Beauftragung von Sachverständigen im Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft ist immanenter Bestandteil der neuen Rolle des Staatsanwalts und Ausdruck des mit dem Strafprozessreformgesetz eingeschlagenen Weges einer adversatorischen Ausgestaltung des strafrechtlichen (Vor-)Verfahrens. Von der Verteidigung beauftragte Gutachten sind als Beweismittel schon im Ermittlungsverfahren zuzulassen, da sie zur Effektuierung der Waffengleichheit im Sinne des Art. 6 (1) und (3) lit. d EMRK unerlässlich sind.“

In den Beschlüssen des 11. StrafverteidigerInnentages am 13. März 2013 in Graz findet sich diese Thematik schon an erster Stelle und lautete wie folgt:

                „1. Gutachten der Verteidigung – Reform des Hauptverfahrens

Durch das Strafprozessreformgesetz ist es gelungen, die Rechte der beschuldigten Person festzuschreiben und an europäisches Niveau anzupassen. Diese Entwicklung ist durch eine Reform des Hauptverfahrens fortzuführen. Die Waffengleichheit in der Hauptverhandlung ist nur dann hergestellt, wenn die Staatsanwaltschaft und die angeklagte Person dieselben Möglichkeiten haben, ihren Rechtsstandpunkt durchzusetzen. Die bestehende Praxis der Bestellung der Sachverständigen im Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft und die Übernahme dieser Gutachten in die Hauptverhandlung widerspricht Art. 6 EMRK und bedarf einer dringenden Reform. Diese kann nicht darin bestehen, nur die Bestellung der Gutachter an das Gericht des Ermittlungsverfahrens auszulagern. Der angeklagten Person ist es vielmehr zu ermöglichen, dem staatsanwaltschaftlichen Gutachten ein eigenes Gutachten der Verteidigung entgegenzustellen. § 249 Abs. 3 StPO wird diesem Erfordernis nicht gerecht.“

Die Diskussion in Bezug auf die Bestellung der Sachverständigen lag schon den Beratungen zum Entwurf des Strafprozessreformgesetzes zu Grunde. So führen die Erläuterungen zur RV eines Strafprozessreformgesetzes, RV 25 d.B. XXII. GP, 176 f (mwN), aus:

Zu den §§ 126 und 127 („Sachverständiger und Dolmetscher“)

Die Bestimmungen über die Beiziehung von Sachverständigen und Dolmetschern stehen im engen Zusammenhang mit der neuen Rolle der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren und mit deren Leitungsbefugnis. In konsequenter Ausführung ihrer Kompetenzen im Ermittlungsverfahren soll die Staatsanwaltschaft – in Anlehnung an die Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland – im Ermittlungsverfahren ermächtigt werden, zur Unterstützung der in ihrer (Mit-)Verantwortung zu führenden Ermittlungen auch Sachverständige und Dolmetscher beizuziehen.

Bedenken im Hinblick auf eine mögliche Voreingenommenheit eines durch eine Strafverfolgungsbehörde bestellten Sachverständigen erscheinen unbegründet. Der Sachverständige soll seine Unabhängigkeit und Unbefangenheit grundsätzlich durch seine Persönlichkeit und seine fachliche Kompetenz und nicht bloß auf Grund eines äußeren Bestellungsvorganges dokumentieren. Hinzu kommt, dass eine gerichtliche Zuständigkeit für Bestellung und Auswahl eines Sachverständigen im Vorverfahren mangels verfahrensleitender Kompetenz des Gerichts wenig zweckmäßig und tendenziell verfahrensverzögernd erschiene. Schließlich sollen die Beteiligten des Verfahrens nach § 126 Abs. 3 an der Auswahl der Person des Sachverständigen teilhaben, wobei Abs. 2 dieser Bestimmung daran festhält, dass vor allem Personen zu bestellen sind, die in eine Sachverständigenliste eingetragen sind und schon aus diesem Grund über die erforderliche Professionalität, Fachkenntnis und Objektivität verfügen. Würde den Einwänden des Beschuldigten oder des Privatbeteiligten (Abs. 3) gegen die Person des Sachverständigen keine Folge gegeben, so stünde den Betroffenen der Rechtsbehelf des Einspruchs wegen Rechtsverletzung zu (§ 106 Abs. 1 Z 1). (…)

§ 126 Abs. 4 dient der Sicherung objektiver Befundaufnahme und Gutachtenserstellung und verweist dem gemäß auf die Befangenheitsgründe des § 47 Abs. 1. Das Gericht soll sich in der Hauptverhandlung auf das im Ermittlungsverfahren abgegebene Gutachten stützen und den gleichen Sachverständigen heranziehen können; es bleibt jedoch seiner Beurteilung überlassen, ob es auf diese Weise verfährt oder einen anderen (weiteren) Sachverständigen bestellt. Der Umstand allein, dass der Sachverständige oder Dolmetscher bereits im Ermittlungsverfahren tätig waren, soll seine Unbefangenheit und Sachkunde nicht in Zweifel ziehen lassen; bloß auf diesen Umstand gestützte Ablehnungsanträge wären daher als unzulässig zurückzuweisen.“

Ursprünglich war also in der Bestimmung des § 126 Abs. 3 StPO vorgesehen, dass die Beteiligten des Verfahrens und im Ermittlungsverfahren auch die Kriminalpolizei zunächst über die Person des Sachverständigen, die bestellt werden soll, verständigt werden, wobei sodann binnen einer angemessenen Frist begründete Einwände gegen die ausgewählte Person erhoben werden konnten. Erst danach war die Person des Sachverständigen tatsächlich zu bestellen. Bei Gefahr in Verzug konnte diese Verständigung auch erst nach der Bestellung vorgenommen werden. Mit dem Budgetbegleitgesetz 2009 (Inkrafttreten mit 1. Juni 2009) wurde dieses als zu aufwendig erachtete Bestellungsverfahren mangels Nutzung in der Praxis dahingehend vereinfacht, dass die Verständigung über die Person des ausgewählten Sachverständigen (§ 126 Abs. 3 StPO) dem Beschuldigten künftig zugleich mit der Belehrung zugestellt wird, dass er berechtigt ist, binnen einer angemessen festzusetzenden, eine Woche nicht übersteigenden, Frist Einwände gegen die Bestellung vorzubringen (RV 113 d.B. XXIV. GP, 35f). Die schon mit dem StPRG 2004 eingeführte Bestimmung des § 126 Abs. 4 letzter Satz StPO sollte offensichtliche Einwände von vornherein entkräften, im Zusammenhang mit der jüngsten Diskussion wird sie immer wieder heftig kritisiert. Ein kritischer Blick in die Vergangenheit der Zeit des UR-Richters zeigt aber deutlich, dass auch damals Diskussionen über die Person des Sachverständigen in der Hauptverhandlung nicht gänzlich ausgeschlossen werden konnten.

Entgegen den Annahmen der RV eines Strafprozessreformgesetzes hat sich die Diskussion über Anscheinsproblematik, die mit dem derzeitigen System der Bestellung des Sachverständigen im Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft verbunden ist, nicht entschärft; im Gegenteil: Vor allem in der Praxis komplexer Großverfahren im Bereich des Wirtschafts- und Korruptionsstrafrechts zeigt sich eine stärker werdende Tendenz, den im Ermittlungsverfahren bestellten Sachverständigen im Fall seiner Bestellung zum Sachverständigen auch für das Hauptverfahren abzulehnen.

Das Bundesministerium für Justiz hat angesichts dieser breiten Kritik einen Diskussionsprozess eingeleitet:

Zunächst hat sich die von der vormaligen Frau Bundeministerin Dr. Beatrix Karl im Rahmen der Entwicklung von optimalen und konkreten Reformzielen eingesetzte Arbeitsgruppe Strafprozess in ihrem Schlussbericht vom August 2013 mit der Thematik Sachverständige umfassend beschäftigt. Während die Zulassung von Privatgutachtern im Strafverfahren strikt abgelehnt wird, formuliert die Arbeitsgruppe das Ziel, eine mehrfache Bestellung von Sachverständigen bzw. einen Wechsel im Hauptverfahren möglichst zu vermeiden. Aus diesem Grund sollte an der Anscheinsproblematik im Hinblick auf die vermeintliche Doppelrolle des Sachverständigen weiter gearbeitet werden, um einen möglichst objektiven und unabhängigen Bestellungsvorgang zu erreichen. Entgegen der Ansicht der Rechtsanwälte, die die von Teilen der Richterschaft geäußerten Zweifel im Hinblick auf die Verkomplizierung des Beweisverfahrens als nicht stichhaltiges Argument gegen Privatsachverständige ins Treffen führen, sieht die Arbeitsgruppe die Problematik vor allem darin gelegen, dass neben der unbestreitbaren Verkomplizierung der Hauptverhandlung die Gefahr groß ist, aufgrund einander widersprechender Gutachter zusätzliche Gutachten in Auftrag geben zu müssen. Dies alles würde allerdings zu einer deutlichen Verlängerung der Verfahren führen, was wohl von keiner Seite angestrebt wird.

Im Sinne eines fairen Verfahrens nach Art. 6 EMRK sollte dem Beschuldigten jedoch ein höherer Einfluss auf den Bestellungsvorgang eingeräumt werden, wobei ein diesbezügliches Prozedere eben nicht zwingend in jedem Verfahren zur Anwendung gelangen müsste. Im Übrigen muss der Staatsanwaltschaft ein weitergehender Einfluss auf die Grundlagen ihrer Entscheidung über die Beendigung des Ermittlungsverfahrens vorbehalten bleiben, eine strenge Bindung an die Voraussetzungen eines Beweisantrags ist jedenfalls zu vermeiden. Um das Ziel, mit nur einem Sachverständigen durch das gesamten Verfahren zu kommen, erreichen zu können, muss die Bestellung des Sachverständigen von Anfang an auf stabile Beine gestellt werden.

Am 28. Jänner 2014 fand schließlich ein vom Bundesministerium für Justiz veranstaltetes Symposium mit dem Titel „Der Sachverständigenbeweis im Strafverfahren – Status quo, Reformwünsche/-ideen und ein Blick über den Tellerrand“ statt, zu dem alle von dieser und anderen aktuellen Problemsituationen rund um die Bestellung von Sachverständigen (im Straf- und Zivilverfahren) betroffenen Personenkreise eingeladen waren, um eine offene Diskussion über allfällige Reformmöglichkeiten einzuleiten.

Letztlich zeigte auch diese Diskussion, dass sich am dargestellten Meinungsspektrum wenig änderte, ein einhellig getragener Reformansatz konnte nicht gefunden werden, wenngleich die Auseinandersetzung an Schärfe verloren hat, was auch darauf zurückzuführen ist, dass sich die Rechtsprechung des OGH zu diesem Thema verfestigte.

So wird die Einrede der Verfassungswidrigkeit der Regelung insbesondere des § 126 Abs. 4 StPO im Urteil des OGH vom 23. Jänner 2014, 12 Os 90/13x (RIS-Justiz RS 0129286) mit überzeugenden Argumenten verworfen:

Ausgangspunkt der daran anschließenden Überlegungen ist die Frage, ob § 126 Abs. 4 letzter Satz StPO deswegen verfassungswidrig ist, weil der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren eine beherrschende Position bei der Bestimmung eines Auftrags für eine Befundung und Gutachtenserstellung zukommt und aufbauend auf dieser Stellung eines Ermittlungsorgan iSd § 98 Abs. 1 StPO im Vorverfahrensstadium einem von ihm bestellten Sachverständigen zulässigerweise auch mit der Durchführung von Erkundungsbeweisen beauftragen kann.

Ein Beschuldigter, welcher gegebenenfalls über § 106 StPO einen von ihm gestellten Beweisantrag durchsetzen will, ist hingegen an die Beweisantragskriterien des § 55 StPO gebunden, die gerade keine Erkundungsbeweisführung zulassen. Dies schafft allenfalls ein Ungleichgewicht, welches dem Gebot der Führung eines fairen Verfahrens nach Art 6 EMRK widersprechen könnte.

Wäre die Bestimmung des § 126 Abs. 4 letzter Satz StPO als nicht verfassungskonform anzusehen, dann käme im Fall ihrer Aufhebung durch den VfGH im Hauptverfahren dem ‑ auf keine weiteren Erwägungen gestützten ‑ Einwand einer Befangenheit einzig mit der Behauptung Berechtigung zu, dass der Sachverständige im Ermittlungsverfahren (und damit über Auftrag der Staatsanwaltschaft) tätig gewesen ist. Ein solches Ergebnis brächte es mit sich, dass jedes von der Staatsanwaltschaft in Auftrag gegebene Gutachten aus dem Ermittlungsverfahren (also der weitaus überwiegende Teil dieser Beweismittel) im Hauptverfahren bei entsprechender Relevanz über einen inhaltlich nicht weiter determinierten Widerspruch des Angeklagten durch einen neuen, vom Gericht bestellten Sachverständigen zu wiederholen wäre.

Vorweg ist dazu festzuhalten, dass die Bestellung eines Sachverständigen durch die Staatsanwaltschaft nur unter bestimmten, im Gesetz festgelegten Prämissen unter Einräumung von Kontrollrechten durch den Beschuldigten möglich ist:

Der Sachverständige ist nach der geltenden Rechtslage zur Objektivität gegenüber den Verfahrensparteien verpflichtet und hat sowohl Befundaufnahme als auch Gutachtenserstattung nur nach den Regeln seiner Wissenschaft vorzunehmen (§§ 125 Z 1, 126 Abs. 1 und Abs. 2 StPO).

Der Sachverständige ist organisatorisch von der Staatsanwaltschaft getrennt.

Der Sachverständige erhält seine Gebühren ungeachtet vom Verfahrensausgang (§ 25 GebAG).

Grundsätzlich sind nicht beliebige, sondern in eine Sachverständigen-Liste eingetragene Personen (§ 2 Abs. 1 SDG) zu bestellen, die schon deswegen über die erforderliche Fachkenntnis und Objektivität verfügen (RV Strafprozessreformgesetz 25 BlgNR 22. GP 176).

Gegen die Bestellung können vom Beschuldigten Einwände erhoben werden; die Entscheidung über die Ablehnung des Sachverständigen unterliegt auch im Ermittlungsverfahren der gerichtlichen Kontrolle (§§ 106 ff StPO).

Die Entlohnung des Sachverständigen erfolgt immer von der öffentlichen Hand. Erhebt der Beschuldigte im Ermittlungsverfahren Einspruch gegen die von der Staatsanwaltschaft festgesetzten Gebühren, bestimmt diese ein Richter nach dem GebAG.

Die Befund- und Gutachtenswahrheit wird durch Befangenheitsbestimmungen (§ 126 Abs. 4 erster Satz StPO), vor allem aber auch durch die Strafnorm der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs. 1 und 4 StGB abgesichert.

Der Beschuldigte hat auch im Ermittlungsverfahren das Recht, den Sachverständigen mit seinem Standpunkt zu befassen und sich dabei von Privatsachverständigen unterstützen zu lassen (Riffel, RZ 2013, 242).

Wird eine Anklage erhoben, kann der Beschuldigte das Anklagesubstrat, damit auch das dazu beitragende Gutachten des von der Staatsanwaltschaft bestellten Experten, gegebenenfalls unterstützt von einem Privatsachverständigen mittels Anklageeinspruchs gerichtlich prüfen lassen (Riffel, RZ 2013, 242).

Der bestellte Sachverständige muss, um den Kriterien des Art 6 EMRK zu genügen, unabhängig sein, dh im Sinne einer neutralen Beweisperson agieren können (vgl. Grabenwarter in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art 6 EMRK Rz 99). Dies wird bloß durch seine Bestellung durch die Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren nach den dargelegten Kriterien nicht in Frage gestellt (Hinterhofer, WK-StPO § 126 Rz 56; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 370; Riffl, RZ 2013, 23; kritisch und tlw ablehnend dazu aber Todor-Kostic, AnwBl 2011, 133 f; Moringer in Miklau-FS, 353 ff und nunmehr Ratz, AnwBl 2013, 277).

Aus der Rechtsprechung des EGMR ist jedenfalls nicht abzuleiten, dass eine im Ermittlungsstadium erfolgte Bestellung des Sachverständigen durch die Staatsanwaltschaft ‑ wie sie in anderen Mitgliedsländern der Konvention, etwa in der Bundesrepublik Deutschland seit langem möglich ist ‑ und dessen nachfolgende abermalige, diesmal aber vom Gericht vorgenommene Bestellung im Hauptverfahren (in der Bundesrepublik Deutschland nach der dort hM zulässig; vgl. Krause in Löwe/Rosenberg, StPO26 § 73 Rz 2 und § 74 Rz 9; Rogall in SK-StPO § 74 Rz 26 mwN; Meyer-Goßner, StPO56 § 74 Rz 5; Brauer in HK‑StPO5 § 74 Rz 3; BGH NStZ 2008, 50) per se konventionswidrig wäre.

Der Straßburger Judikatur (und zwar auch der Entscheidung vom 4. 4. 2013, C. B. gegen Österreich, Nr. 30465/06) ist nicht zu entnehmen, dass die in Art. 6 Abs. 3 lit. d EMRK vorgegebene Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen wie die der Belastungszeugen so auszulegen wäre, dass im Fall einer (von der Staatsanwaltschaft vorgenommenen) Sachverständigenbestellung die zusätzliche Beweiserhebung durch einen von der Verteidigung nominierten Privatsachverständigen verpflichtend wäre.

Vielmehr muss ‑ wie der Fall Bönisch gegen Österreich (EGMR, Urteil vom 6. 5. 1985, Nr. 8658/79 EuGRZ 1986, 127) dokumentiert ‑ die Sachverständigenbestellung dann zu hinterfragen sein, wenn „Zweifel an der Neutralität des Sachverständigen aufkommen“.

Insoweit ist der Entscheidung des EGMR im Fall Brandstetter gegen Österreich (EGMR, Urteil vom 28. 8. 1991, Nr. 11170/84, 12876/87, 13468/87 ÖJZ 1992, 97) diesbezüglich die Klarstellung zu entnehmen, dass Befürchtungen vorliegen müssen, dass der Sachverständige bei der Befundung und der Gutachtenserstellung „nicht in der Lage sein werde, mit der gebotenen Neutralität vorzugehen“. In dem genannten Fall wurde selbst die enge berufliche Verflechtung des vom Gericht bestellten Sachverständigen mit der anzeigenden Stelle als für sich allein nicht ausreichend gewertet, um eine solche Befürchtung zu hegen.

Problematisch in diesem Zusammenhang erscheinen daher jene Fälle, in denen das eingangs erwähnte Ungleichgewicht bei der Beweisaufnahme durch eine inhaltliche Ermittlungstätigkeit des von der Staatsanwaltschaft bestellten Sachverständigen schlagend wird, also Verdachtsmomente erst gewonnen werden sollten und die Anklage erst auf den Ergebnissen derartiger Gutachten aufbaut, weil das solcherart zum Ausdruck kommende Naheverhältnis zu den Ermittlungsorganen der gebotenen Neutralität des Sachverständigen widerstreitet (Grabenwarter in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art 6 EMRK Rz 101).

Wenn ein Sachverständiger bei einem sehr allgemeinen Anfangsverdacht von der Staatsanwaltschaft mit nicht weiter determinierten Erhebungen zu einer Straftat, insbesondere ohne Nennung eines konkreten Beweisthemas beauftragt wird und das vorhandene, nicht ohne weiteres aussagekräftige Beweismaterial aufarbeitet und auf ein strafrechtliches Verdachtssubstrat hin untersucht, dann mutiert er von einem unabhängig agierenden Experten, der bei bestehender konkreter Verdachtslage zu einem Problemfeld mit Fachwissen Stellung nehmen soll, zu einem verlängerten Arm der Ermittlungsbehörden und damit funktional zu einem Organ der Ermittlungsbehörde (zur vergleichbaren Ausgangslage in der Bundesrepublik Deutschland siehe Krause in Löwe/Rosenberg, StPO26 § 74 Rz 6 f; Rogall in SK‑StPO § 74 Rz 19 f; BGHSt 18, 214). Je unbestimmter daher der Anfangsverdacht, je unkonkreter der Auftrag der Staatsanwaltschaft an den beigezogenen Experten, also je weniger der Beweiserhebungsauftrag den Kriterien des § 55 StPO entspricht, desto eher muss die darauf aufbauende Befundaufnahme als inhaltlich als Ermittlungstätigkeit des beauftragten Gutachters gewertet werden.

Insoweit wäre der solcherart eingesetzte Sachverständige mit einem „Anzeigegutachter“ (iSd Entscheidungen des VfGH VfSlg 10701/1985 und des EGMR im Fall Bönisch gegen Österreich) vergleichbar. Dass auch die Staatsanwaltschaft und die Kriminalpolizei zur Objektivität verpflichtet sind (§ 3 StPO), vermag daran nichts zu ändern, weil die vorangegangene funktionale Ermittlungstätigkeit für eine Verfahrensbeteiligte im nachfolgenden Hauptverfahren (§ 210 Abs. 2 StPO) mit der Aufgabe, in der Hauptverhandlung als neutrale Beweisperson zu agieren, nicht in Einklang zu bringen ist (vgl. Rogall in SK-StPO § 74 Rz 18).

Dies wird im § 126 Abs. 4 erster Satz StPO durch die dort angeordnete sinngemäße Heranziehung des § 47 Abs. 1 Z 2 StPO verdeutlicht. Wer in derselben Strafsache als Kriminalbeamter tätig war, darf nicht später als Staatsanwalt agieren und umgekehrt. Wer daher inhaltlich als Ermittlungsorgan gewirkt hat, darf nicht später als Sachverständiger einschreiten; vielmehr bewirkt eine solche funktional als Ermittlungsorgan erfolgte Vorbefassung als Befangenheitsgrund. Auf dieser Basis besteht für das erkennende Gericht eine Pflicht, das im Ermittlungsverfahren durch einen von der Staatsanwaltschaft bestellten, nicht an die Grundsätze des § 55 StPO gebundenen, einen strafrechtlich relevanten Sachverhalt erst ermittelnden Experten hervorgerufene prozessuale Ungleichgewicht durch die Bestellung eines neuen Sachverständigen für das Hauptverfahren auszutarieren und damit ein faires Verfahren zu sichern. Solcherart bestehen keine verfassungsmäßigen Bedenken gegen § 126 Abs. 4 letzter Satz StPO.

Dieses Neutralitätsgebot wird aber nicht schon durch jede Recherche des Sachverständigen in Frage gestellt, zumal jeder Gutachtensauftrag auf eine erst durch entsprechendes Fachwissen mögliche Klärung von Beweisfragen abzielt (Rogall in SK-StPO § 74 Rz 25). Die fundierte Gutachtenserstellung erfordert im Regelfall sogar eine eigenständige Erhebung im Rahmen der Befundaufnahme (etwa durch Beischaffung von Krankengeschichten oder eigene psychiatrische Untersuchung des Betroffenen), um eine fachkundige Aussage zu einem bereits bestehenden Verdacht betreffend eine entscheidende Tatsache (z.B. Schwere der Verletzung, Zurechnungsfähigkeit; Gefährlichkeit) oder zu einen erheblichen Umstand (z.B. Aussagetüchtigkeit eines Zeugen) treffen zu können (vgl. Rogall in SK-StPO § 74 Rz 25).

Da der Beschwerdeführer in seinem Antrag außer dem Umstand, dass der zur Hauptverhandlung beigezogene Sachverständige in dieser Funktion bereits im Ermittlungsverfahren tätig gewesen ist, keine Befangenheit und damit keinen weiteren Grund für die Beiziehung eines anderen Experten aufzeigte, musste sein Begehren erfolglos bleiben.

Dieser Linie folgt auch der 11. Senat (EvBl‑LS 2014/32), wenn er ausführt:

Ein Sachverständiger ist (unter anderem) dann befangen, wenn Gründe vorliegen, die ‑ bei streng objektiver, äquidistanter Betrachtung (daher gerade nicht die eines Verfahrensbeteiligten) ‑ geeignet sind, seine volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen (§ 126 Abs. 4 iVm § 47 Abs. 3 StPO; Hinterhofer, WK‑StPO § 126 Rz 49, 52; Lässig, WK‑StPO § 47 Rz 1, § 43 Rz 10). Genauso wenig wie ein Richter befangen (und somit ausgeschlossen) ist, wenn sich seine Rechtsansicht nicht mit der der Verfahrensbeteiligten deckt, er einen Entscheidungsentwurf vorbereitet hat oder einen Angeklagten bereits früher in einer anderen Sache oder sogar einen Beteiligten in derselben Sache verurteilt hat (Lässig, WK‑StPO § 43 Rz 12 mit Judikaturnachweisen), begründet es objektive Bedenken gegen einen Sachverständigen, wenn er ob seiner Sachkunde immer wieder von Staatsanwaltschaften und Gerichten als solcher eingesetzt wird (mag dadurch zufolge der Entlohnung nach dem Gebührenanspruchsgesetz auch eine „ständige Geschäftsbeziehung“ entstanden sein; Entlohnender und Entlohnter sind hier eben ‑ anders als in zivilrechtlichen Mandatsverhältnissen, wo die subjektiven Auftraggeberinteressen oberste Maxime sind ‑ zur Objektivität verpflichtet und bedeutet „wirtschaftliche Nahebeziehung“ nicht auch gleich „Abhängigkeit“) oder wenn er bereits Teilaspekte eines großen Sachverhaltskomplexes bearbeitet hat. Gerade für den letztgenannten Fall entfaltet § 126 Abs. 2c StPO eine über „programmatischen Charakter“ (Hinterhofer, WK‑StPO § 126 Rz 30) hinausgehende Wirkung: Abgesehen von gemeinsam (allenfalls arbeitsteilig) miteinander in Gruppen Tätigen (Hinterhofer, WK‑StPO § 126 Rz 20) würden mehrere neben‑ oder hintereinander bestellte Sachverständige naturgemäß einen weit höheren (und somit auch höher zu entlohnenden) Aufwand treiben müssen als eine Person mit entsprechendem Überblick. Dass die Verantwortung des einen Experten für die Erledigung einer großen Sache besonderer Kontrolle bedarf, versteht sich von selbst, ist allerdings mit den Mitteln des geltenden Prozessrechts ohne weiteres zu erreichen. Dass der Gutachter in gegenständlicher Strafsache auch der sie auslösende Anzeiger war (so aber in der von der Verteidigung ins Treffen geführten Entscheidung des EGMR vom 6. Mai 1985 im Fall Bönisch, Beschwerde Nr. 8658/79), wird von niemandem behauptet.

Ein Strafprozess nach kontinental‑europäischem Rechtsverständnis ist nicht ein ‑ vom Bemühen um die eindrucksvollere Präsentation des eigenen Standpunktes getragener ‑ Streit gleichberechtigter Parteien (nach anglo‑amerikanischer Rechtstradition), sondern die nur von der menschlichen Erkenntnisfähigkeit begrenzte richterliche Suche nach der materiellen Wahrheit. Die Forderung nach Vermischung zweier vom Ansatz verschiedener Systeme wird der nicht erheben, dem eine Balance haltende Regelung der Strafverfolgung am Herzen liegt).“

In Anbetracht dieser Klarstellungen durch die Rechtsprechung des OGH sieht sich der Entwurf nicht zu einer revolutionären Änderung veranlasst. Tatsächlich wäre mit der mit dem neuen System der StPO, in dem der Staatsanwaltschaft die Leitungsbefugnis zukommt und nur ausnahmsweise Beweise durch das Gericht aufgenommen werden bzw. grundrechtsintensive Ermittlungen genehmigt werden müssen, nicht in Einklang zu bringende Verlagerung des Bestellungsvorgangs an den Einzelrichter des Landesgerichts im Ermittlungsverfahren das Problem nur scheinbar gelöst, weil eine Bestellung des Sachverständigen im Ermittlungsverfahren durch das Gericht keinen stärkeren Einfluss der Verteidigung auf den Bestellungsvorgang ermöglicht und auch kaum zu einer Verbesserung der Qualität der Gutachten beiträgt. Durch die Leitung des Ermittlungsverfahrens kann auch nur die Staatsanwaltschaft beurteilen, welche Fragestellungen für Befund und Gutachten eines Sachverständigen benötigt werden. Würde diese Beurteilung ohne Vorschlag für den konkreten Gutachtensauftrag und die auszuwählende Person an das Gericht im Ermittlungsverfahren herangetragen, so müsste sich der/die RichterIn in das Ermittlungsverfahren einarbeiten und selbständig die Fragestellungen herausarbeiten, obwohl dem Gericht grundsätzlich keine Ermittlungsfunktionen zukommen sollen. Dazu kommt, dass diese Änderungen auch Auswirkungen auf den weiteren Gang des Ermittlungsverfahrens zeitigen würden, zumal konsequenter Weise auch über die Frage der Notwendigkeit der Einholung von Ergänzungsgutachten das Gericht zu befinden hätte. Auf der Seite der Verteidigung stellt sich sodann eben unter dem Aspekt der Waffengleichheit die Frage, wie mit deren Ergänzungsanträgen umgegangen wird (nach Art der Regelung des § 55 StPO für Beweisanträge); daraus könnte wiederum eine Ungleichbehandlung zur Stellung der Staatsanwaltschaft resultieren. Insgesamt wären komplexere Vorgänge und eine mögliche Verzögerung des Verfahrens die nicht gewünschten Folgen.

Das bestehende System soll vielmehr dadurch verbessert werden, dass dem Beschuldigten das Recht zustehen soll, nicht nur Einwände gegen die Person des gewählten Sachverständigen vorzubringen, sondern auch die Bestellung eines anderen Sachverständigen zu beantragen; die Staatsanwaltschaft soll zu begründen haben, warum sie dem Antrag nicht folgt. Dagegen soll gerichtliche Kontrolle geltend gemacht werden können („Verzichtslösung“; wird von dieser Möglichkeit kein Gebrauch gemacht, so hat der Beschuldigte nicht alle ihm zustehenden Rechtsmittel ausgeschöpft).

In der Verteidigungsschrift soll ausdrücklich auf Befunde von Privatgutachten Bezug genommen und diese damit zum Akteninhalt gemacht werden; außerdem soll der von der Verteidigung beauftragten Person mit besonderem Fachwissen auch das Fragerecht zukommen, wodurch ein weiteres Objektivierungselement hinzutreten und die Verteidigungsrechte gestärkt werden sollen.

Zu § 126 Abs. 5:

Nach geltender Rechtslage ist jeder Sachverständige – so auch der im Ermittlungsverfahren bestellte – zur Objektivität gegenüber den Verfahrensparteien verpflichtet. Sowohl Befundaufnahme als auch Gutachtenserstattung hat er ausschließlich nach den Regeln seiner Wissenschaft vorzunehmen (§§ 125 Z 1, 126 Abs. 1 und Abs.  2 StPO).

Nach §§ 126 Abs. 4 iVm 47 Abs. 1 StPO hat sich der Sachverständige insbesondere der Ausübung seines Amtes zu enthalten und seine Vertretung zu veranlassen, soweit seine Tätigkeit Verfahren betrifft, in denen er selbst oder einer seiner Angehörigen (§ 72 StGB) als Verdächtiger bzw. Beschuldigter, als Privatankläger, als Privatbeteiligter oder als deren Vertreter am Verfahren beteiligt ist oder war oder durch die Straftat geschädigt worden sein könnte oder wenn andere Gründe vorliegen, die geeignet sind, seine volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen.

Gemäß § 126 Abs. 4 letzter Satz StPO kann die Befangenheit eines Sachverständigen im Hauptverfahren – wie bereits ausführlich dargelegt – nicht bloß mit der Begründung geltend gemacht werden, dass er bereits im Ermittlungsverfahren tätig gewesen ist. Dazu hat der OGH in seinem Erkenntnis vom 23. Jänner 2014, 12 Os 90/13x, ausgeführt, dass gegen diese Bestimmung keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen, weil die Bestellung eines Sachverständigen durch die Staatsanwaltschaft nur unter bestimmten, im Gesetz festgelegten Prämissen unter Einräumung von Kontrollrechten durch den Beschuldigten möglich sei. Insbesondere seien nicht beliebige, sondern lediglich in die Sachverständigenliste eingetragene Personen (§ 2 Abs. 1 SDG) zu bestellen, die allein schon deswegen über die erforderliche Fachkenntnis und Objektivität verfügen würden (RV Strafprozessreformgesetz 25 BlgNR 22. GP 176). Gegen die Bestellung könnten – nach derzeit geltender Rechtslage – vom Beschuldigten ohnedies Einwände erhoben werden (§ 126 Abs. 3 StPO), die entweder die Befangenheit des Sachverständigen oder dessen fehlende fachliche Qualifikation zum Inhalt haben können. Kommt die Staatsanwaltschaft den gegen den Sachverständigen vorgebrachten Einwänden des Beschuldigten nicht nach, hat dieser im Ermittlungsverfahren schon bisher die Möglichkeit eines Einspruchs nach § 106 Abs. 1 Z 1 StPO (Hinterhofer, WK-StPO § 126 Rz 69).

In Ersetzung und gleichzeitiger Erweiterung dieser Rechtsschutzmöglichkeiten soll dem Beschuldigten nach der vorgeschlagenen Bestimmung des Abs. 5 das subjektive Recht zukommen, binnen 14 Tagen ab Zustellung der Ausfertigung der Bestellung oder ab Kenntnis eines Befangenheitsgrundes oder begründeter Zweifel an der Sachkunde des Sachverständigen einen Antrag auf dessen Enthebung zu stellen und gegebenenfalls auch eine bestimmte andere Person zur Bestellung vorzuschlagen.

Teilt die Staatsanwaltschaft die geäußerten Bedenken, soll sie den Sachverständigen zu entheben und die vorgeschlagene, gegebenenfalls eine andere Person zum neuen Sachverständigen zu bestellen haben. Davon ist der Beschuldigte zu verständigen, der in dem Fall, dass die Staatsanwaltschaft die von ihm vorgeschlagene Person nicht zum Sachverständigen bestellt, das Recht haben soll, unabhängig von den Voraussetzungen des § 106 Abs. 1 letzter Satz StPO Einspruch wegen Rechtsverletzung an das Gericht zu erheben.

Wurde der Sachverständige durch das Gericht bestellt, so soll dieses über den Antrag mit Beschluss entscheiden, wogegen der Beschuldigte unter den Voraussetzungen der §§ 87 f StPO Beschwerde erheben kann.

Über seine Rechte ist der Beschuldigte in einer der Ausfertigung der Bestellung angeschlossenen Information zu belehren.

Zu § 222 Abs. 3:

Darüber hinaus soll nunmehr ausdrücklich im Gesetz zum Ausdruck gebracht werden, dass dem Beschuldigten die Möglichkeit zukommt, einer Gegenäußerung zu einer sich auf Befund und Gutachten eines Sachverständigen stützenden Anklageschrift eine Stellungnahme samt sachkundiger Schlussfolgerungen einer Person mit besonderem Fachwissen zur Begründung eines Beweisantrags anzuschließen, wodurch diese auch zum Inhalt des Aktes werden soll.

Zu § 249 Abs. 3

In der Hauptverhandlung soll nunmehr auch einer, vom Verteidiger beigezogenen, Person mit besonderem Fachwissen die Berechtigung zukommen, selbst Fragen zu Befund und Gutachten an den Sachverständigen richten zu dürfen.

Zu Z 28 (§ 194 Abs. 2):

§ 194 StPO sieht derzeit vor, dass die Staatsanwaltschaft u.a. den Beschuldigten sowie die zur Einbringung eines Antrags auf Fortführung berechtigten Personen (§ 195 Abs. 1 StPO) von der Einstellung (und Fortführung) des Verfahrens zu verständigen hat, wobei – anders als bei der Verständigung des Rechtsschutzbeauftragen – die Tatsachen und Erwägungen, die der Einstellung zugrunde liegen, nicht einmal in gedrängter Darstellung anzuführen sind, sondern lediglich auszuführen ist, aus welchem Grund (§§ 190 bis 192 StPO, gegebenenfalls unter Vorbehalt späterer Verfolgung nach § 192 Abs. 2 StPO) eingestellt wurde. Lediglich im grundsätzlich nicht der Einsicht unterliegenden Tagebuch sind die Gründe für die Einstellung einzutragen (§§ 34 Abs. 2, 35 StAG). Während das Opfer jedoch das Recht hat, eine solche Begründung zu verlangen (§ 194 Abs. 2 StPO), kommt eine solche Berechtigung dem Beschuldigten nicht zu. Dieser hat daher keine Möglichkeit, jene Tatsachen und Erwägungen, die der Einstellung seines Verfahrens zugrunde gelegt wurden, zu erfahren.

Zwar sind die Verständigung des Rechtsschutzbeauftragen und das Recht des Opfers, eine Begründung der der Einstellung zu Grunde liegenden Tatsachen und Erwägungen zu verlangen, im Zusammenhang mit der Effektuierung des Rechts auf Stellung eines Fortführungsantrags zu sehen, jedoch ist zu konstatieren, dass – davon unabhängig – auch dem (nunmehr) Verdächtigem bzw. Beschuldigtem auf Grund dessen unmittelbarer Betroffenheit im Verfahren ein solches Recht auf Kenntniserlangung der für die Einstellung maßgeblichen Gründe zuzukommen hat.

Vor diesem Hintergrund soll nunmehr auch dem Verdächtigem bzw. Beschuldigten ein § 194 Abs. 2 StPO nachempfundenes Recht eingeräumt werden, eine Begründung zu verlangen, in der jene Tatsachen und Erwägungen, die der Einstellung zugrunde gelegt wurden, in gedrängter Darstellung anzuführen sind. Darüber sind sie in der Verständigung über die Einstellung des Verfahrens zu informieren. Von einer Befristung soll abgesehen werden, weil die 14-Tages-Frist für Opfer ausschließlich dem Umstand geschuldet ist, dass der Verdächtige bzw. Beschuldigte möglichst bald Gewissheit haben sollen, ob ein Antrag auf Fortführung eingebracht wurde und das gegen sie geführte Ermittlungsverfahren auf Grund dessen fortgeführt werden könnte.

Zu Z 34 (§ 232 Abs. 2):

Mit dieser Bestimmung wird ein Redaktionsversehen bereinigt.

Zu Z 39 (§ 393a):

Die letzte Anpassung der in § 393a StPO vorgesehenen Höchstbeträge für den Ersatz von Verteidigungskosten erfolgte durch das Budgetbegleitgesetz 2005, BGBl I Nr. 136/2004, wobei unter Zugrundelegung einer Indexsteigerung von etwa 20,4 % seit dem Jahr 1993 die Sätze im Verfahren vor den Geschworenengerichten von 4.361 Euro auf 5.000 Euro, im Verfahren vor dem Schöffengericht von 2.181 Euro auf 2.500 Euro, im Verfahren vor dem Einzelrichter des Landesgerichts von 1.091 Euro auf 1.250 Euro und im Verfahren vor den Bezirksgerichten von 364 Euro auf 450 Euro angehoben wurden.

Im Hinblick auf die Erhöhung des vom Verurteilten zu entrichtenden Pauschalkostenbeitrags in § 381 Abs. 3 StPO durch das Budgetbegleitgesetz 2009, BGBl. I Nr. 52/2009, soll nunmehr eine deutliche Anpassung des bei Freispruch zu leistenden Pauschalbeitrags zu den Kosten der Verteidigung im selben Ausmaß erfolgen. Da es sich um einen Pauschalbeitrag handelt, deckt dieser trotz der nun vorgeschlagenen massiven Erhöhung auch weiterhin nicht die gesamten Verteidigerkosten, sondern lediglich einen Teilbetrag davon, welcher unter Bedachtnahme auf den Umfang und die Schwierigkeit der Verteidigung und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen ist. Eine Verpflichtung, dem Freigesprochenen sämtliche (oder auch nur bestimmte) Aufwendungen für seine Verteidigung zu ersetzen, ist weder den geltenden Verfassungsbestimmungen noch der Judikatur des EGMR zu entnehmen.

Die Höchstbeträge sind nicht dahingehend zu verstehen, dass der Beitrag im Fall nachweislich höherer Kosten stets oder auch nur im Regelfall mit dem Höchstbetrag zu bemessen wäre; vielmehr ist die Höhe entsprechend dem Verhältnis des konkreten Verteidigungsaufwandes zum realistischer Weise in Betracht kommenden Höchstaufwand in der jeweiligen Verfahrensart festzusetzen, wobei lediglich extrem aufwändige Verfahren außer Betracht zu bleiben haben. Bei ganz einfachen Verteidigungsfällen hat sich die Bemessung im untersten Bereich des vorgegebenen Rahmens zu bewegen. Hat ein Verteidiger mehrere Angeklagte vertreten, so gebührt jedem Freigesprochenen ein Verteidigungskostenbeitrag (AnwBl 1995/5048). Durch die Wahl eines gemeinsamen Verteidigers kann sich der Verteidigungsaufwand pro Person verringern. Auch der Umstand, dass der Verteidiger gleichzeitig als Privatbeteiligtenvertreter eingeschritten ist, ist bei der Festsetzung des Beitrags zu berücksichtigen. Hat ein Angeklagter gleichzeitig oder nacheinander mehrere Verteidiger, erhält er dennoch nur einen Beitrag. Wurden das Verfahren wegen einzelner Fakten getrennt geführt und erfolgt in beiden Verfahren ein Freispruch, gebührt auch für beide Verfahren ein Pauschalbeitrag. Der auf die Zeit der gemeinsamen Führung entfallende (Beitrags-)Teil ist jedoch nur einmal zuzusprechen (Lendl, WK-StPO § 393a Rz 10 ff).

Mit der vorgeschlagenen Erhöhung der oberen Grenzwerte sollen bei Verfahren von außergewöhnlichem Umfang deutlich einzelfallgerechtere Entscheidungen gefällt werden könnten, die eben in besonderen Verfahren auch mit entsprechend hohen Kostenbeiträgen einhergehen würden. Die Rechtsprechung müsste im Rahmen ihres Ermessens einfach den größeren Spielraum entsprechend nützen, sodass der Ersatzbetrag bei der Mehrzahl der Fälle durchaus im unteren Drittel des Grenzwertes verbleiben könnte und nur bei besonderen Verfahren entsprechende Reserven für einen annähernd adäquaten Zuspruch vorhanden wären.

Zu Z 41 (§ 438):

Hinsichtlich der Maßnahmen nach §§ 21 Abs. 2 und 22 StGB sieht § 438 StPO die Möglichkeit vor, die Untersuchungshaft durch vorläufige Unterbringung des Beschuldigten in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher bzw. in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher zu vollziehen, so der Beschuldigte nicht ohne Schwierigkeiten in einer Justizanstalt angehalten werden kann. Der Begriff „Justizanstalt“ wurde durch BGBl. I Nr. 93/2007 eingefügt und ersetzte den ursprünglichen Begriff des „gerichtlichen Gefangenenhauses“. „Justizanstalt“ ist jedoch als Überbegriff zu verstehen, der nicht nur Anstalten für geistig abnorme Rechtsbrecher und Anstalten für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher, sondern als gedankliche Alternative auch geeignete öffentliche Krankenanstalten iSd § 71 StVG umfasst. Durch die vorgeschlagene Änderung soll nunmehr nach dem Vorbild des § 9 Abs. 1 StVG eindeutig klargestellt werden, dass der Vollzug der Untersuchungshaft in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher bzw. in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher nur dann in Betracht kommt, wenn der Beschuldigte in der Justizanstalt eines Landesgerichts nicht adäquat angehalten werden kann.

Zu Z 43 (§ 489 Abs. 1):

Der Vorschlag dient der Beseitigung redaktioneller Versehen.

§ 489 Abs. 1 zweiter Satz erster Halbsatz StPO lautete idF vor BGBl. I Nr. 93/2007 „Für das Verfahren gelten dem Sinne nach die Vorschriften der §§ 464 bis 477 und 479 StPO mit Ausnahme des zweiten Satzes im § 468 Abs. 2 StPO.“ Dies hatte zur Folge, dass im Verfahren vor dem Einzelrichter des Landesgerichts die Befreiung von der Rügeobliegenheit für den Ankläger nicht zur Geltung kam. Mit BGBl. I Nr. 93/2007 entfiel der Halbsatz „mit Ausnahme des zweiten Satzes im § 468 Abs. 2 StPO“, was den Schluss auf den Entfall der Rügeobliegenheit auch im Verfahren vor dem Einzelrichter des Landesgerichts zulässt. Mit Blick auf die in den EB zu BGBl. I Nr. 93/2007 (231 der Beilagen XXIII.GP) zum Ausdruck kommende rein terminologische Anpassung des § 489 StPO handelt es sich hier um ein (bislang durch Lückenfüllung zu schließendes) Redaktionsversehen. Immerhin wird so dem Angeklagten sofort Klarheit über das weitere Vorgehen des Anklägers verschafft und ist eine Minderung des Rechtsschutzes des Angeklagten entgegen der ausdrücklichen Absicht des historischen Gesetzgebers abzulehnen (vgl. E. Steininger, Nichtigkeitsgründe5 § 489 Rz 10). Die vorgeschlagene Neufassung soll einerseits durch den Entfall des Verweises auf § 468 StPO klarstellen, dass den Ankläger im Verfahren vor dem Einzelrichter des Landesgerichts (nach wie vor) eine Rügeobliegenheit trifft. Andererseits soll durch den Verweis auf §§ 281 und 282 Abs. 2 StPO zum Ausdruck gebracht werden, dass die Nichtigkeitsgründe nach § 281 Abs. 1 Z 1a bzw. 2, 3 und 4 StPO nur unter den dort genannten Bedingungen releviert werden können.

Auch § 476 StPO wurde lediglich aufgrund eines Redaktionsversehens nicht in die durch BGBl. I Nr. 93/2007 erfolgte terminologische Neufassung des § 489 Abs. 1 StPO übernommen (vgl. Fabrizy, StPO11 § 489 Rz 2; Ratz, WK-StPO § 473 Rz 13). Durch die Wiederaufnahme des Verweises auf § 476 StPO wird nunmehr ausdrücklich klargestellt, dass eine Beweiswiederholung durch das Oberlandesgericht (nach wie vor) möglich ist.

Zu Artikel 1 Z 44 (§ 491 StPO) und Artikel 6 Z 1 (§ 6 Abs. 2 TilgG):

Auf der Ebene der Bezirksgerichte und der Einzelrichter des Landesgerichts soll für jene Strafverfahren wegen Vergehen, in welchen eine diversionelle Erledigung wegen der Schwere der Schuld oder mangels Erfüllung der sonstigen in § 198 StPO, § 37 SMG oder sonst geforderten Voraussetzungen nicht möglich ist, die Sach- und Rechtslage aber eine beschleunigte Verfahrensabwicklung gestatten würde, ein gänzlich neues und in puncto Rechtsschutz gegenüber dem in Österreich bis 31. Dezember 1999 in den §§ 460 ff StPO aF geregelten deutlich verbessertes Mandatsverfahren eingeführt werden.

Reicht das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in Verbindung mit der Verantwortung des Beschuldigten zur Beurteilung aller für die Entscheidung maßgebenden Umstände durch das Gericht aus und findet das Gericht nur eine Geldstrafe oder eine nach § 43 Abs. 1 bedingt nachzusehende, ein Jahr nicht übersteigende Freiheitsstrafe zu verhängen, soll es künftig möglich sein, diese Strafe ressourcenschonend und rasch ohne vorausgehende Hauptverhandlung mittels Strafverfügung zu verhängen.

In strenger Berücksichtigung des Beschleunigungsgebots (§ 9 StPO) sowie ohne Beeinträchtigung der Geltung strafprozessualer Grundsätze und des Gebots eines fairen Verfahrens nach Art. 6 EMRK (insbesondere durch die vorgesehene Regelung des Verzichts des Beschuldigten auf Durchführung einer Hauptverhandlung, der natürlich ausdrücklich erfolgen soll und für seine Wirksamkeit eine vorangehende Information über die damit verbundenen Folgen voraussetzt) sollen ein entsprechender Antrag der Staatsanwaltschaft, die dem Beschuldigten eingeräumte Gelegenheit, im Rahmen einer förmlichen Vernehmung rechtliches Gehör zum konkreten Anklagevorwurf zu finden (§§ 164 oder 165 StPO), und die Möglichkeit, sämtliche subjektiven und objektiven Tatbestandsmerkmale nach der Aktenlage – gleichwohl in freier Beweiswürdigung – beurteilen zu können, Voraussetzungen für den Erlass einer Strafverfügung sein. Eine Hauptverhandlung soll also nur dann unterbleiben können, wenn die Strafverfügung auch materiellrechtlich durch den Inhalt des Ermittlungsaktes gedeckt ist, wobei es dem im Hauptverfahren zuständigen Gericht jedoch freisteht, auch entgegen dem Antrag der Staatsanwaltschaft eine Hauptverhandlung durchzuführen, sofern es eine solche für notwendig erachtet, um in freier und unmittelbarer Beweiswürdigung den Sachverhalt zu beurteilen. In seinem Ermessen, ob es eine Strafverfügung erlässt, ist das Gericht jedoch insoweit gebunden, als es bei Fehlen einer der Voraussetzungen zwingend eine Hauptverhandlung anzuberaumen hat.

Eine weitere Voraussetzung besteht darin, dass die Interessen der Opfer iSv § 206 StPO auch im Fall dieser vereinfachten Erledigungsform zu wahren sind; eine Klärung dieser Voraussetzung soll durch Vernehmung des Beschuldigten und des Opfers in der Art eines „Zwischenverfahrens“ möglich sein (Abs. 3).

Zur Absicherung der Wahrung der Rechte und Interessen des Opfers soll diesem auch die Einspruchsmöglichkeit eröffnet werden.

Der Widerruf einer bedingten Nachsicht ist jedenfalls dem nach § 495 StPO zuständigen Gericht vorzubehalten.

Inhaltlich soll sich die Strafverfügung weitestgehend an der gekürzten Urteilsausfertigung nach § 270 Abs. 4 StPO orientieren. Daher müssen die Bezeichnung des Gerichts und der Name des Richters sowie der Vor- und der Familienname (Nachname) sowie alle früher geführten Namen, Tag und Ort der Geburt, die Staatsangehörigkeit und der Beruf des Angeklagten angeführt sein.

Der Tenor soll den Ausspruch des Gerichts über die Schuld des Angeklagten mit allen in § 260 StPO angeführten Punkten enthalten. Daran anschließend sollen die vom Gericht als erwiesen angenommenen Tatsachen in gedrängter Darstellung sowie die für die Strafbemessung und gegebenenfalls die für die Bemessung des Tagsatzes (§ 19 Abs. 2 StGB) maßgebenden Umstände in Schlagworten beschrieben werden.

Der Angeklagte soll über sein Recht, Einspruch gegen die Strafverfügung zu erheben mit dem deutlichen Hinweis zu belehren sein, dass die Strafverfügung mit allen Wirkungen einer Verurteilung in Rechtskraft übergeht und vollstreckt wird, so ein solcher nicht oder nicht rechtzeitig erhoben wird. Die Strafverfügung ist mit dem Erfordernis des Nachweises des persönlichen Empfangs zuzustellen (RSa-Brief), wobei in Fällen notwendiger Verteidigung oder bei bereits erfolgter Vollmachtsbekanntgabe auch eine Zustellung an den Verteidiger zu erfolgen hat, die ihrerseits erst den Fristablauf auslöst. Auf das Recht auf Übersetzungshilfe (§ 56 StPO) ist besonderes Augenmerk zu legen.

Dem Gericht soll es schließlich freistehen, sich vom Angeklagten und dem Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 persönlich durch eine Vernehmung in einem Art „Zwischenverfahren“ zu überzeugen (Abs. 3).

Gemäß dem vorgeschlagenen Abs. 4 sollen die Staatsanwaltschaft, der Angeklagte und das Opfer binnen vier Wochen bei dem die Strafverfügung erlassenden Gericht (§ 43 Abs. 1 Z 3 StPO) Einspruch gegen die Strafverfügung erheben können, wobei dahingehend keine Begründung erforderlich ist. In diesem Fall ist das ordentliche Hauptverfahren einzuleiten. Anderenfalls ist die Strafverfügung nach den Bestimmungen des 19. Hauptstückes der StPO zu vollstrecken und entfaltet somit die Wirkungen eines rechtskräftigen Urteils.

Insoweit ist auch den im Begutachtungsverfahren unter Verweis auf die in den EBRV 1581 BlgNR XX. GP 23 aufgeworfenen rechtsstaatliche Bedenken zu begegnen, weil für die dort angeführten Probleme Lösungen angeboten werden, die sie entkräften (Zustellung; richterliche Anhörung, Verteidigung für den Fall einer bedingten Freiheitsstrafe, Berücksichtigung von Opferinteressen, beschränkte Auskunft). Schließlich hat sich die Diversion als Erledigungsform gefestigt und versucht der Entwurf bewusst, ihre Anwendung weiter zu fördern, sodass Befürchtungen, wonach das Mandatsverfahren einen Rückgang der Diversion nachsich ziehen würde, nicht berechtigt erscheinen.

Mangels Begründungserfordernis des Einspruchs soll auch die Staatsanwaltschaft gegebenenfalls zugunsten des Angeklagten einzuschreiten haben.

Obgleich ein Geständnis keine zwingende Voraussetzung für die Erlassung einer Strafverfügung sein soll, stellt eine geständige Verantwortung doch ein wesentliches Beurteilungskriterium für die Frage der Anwendung dar. Nicht zuletzt ist eine Strafverfügung mit erheblichen Vorteilen auch für den Angeklagten verbunden, weil er sich die öffentliche Brandmarkung einer Hauptverhandlung erspart und die Verurteilung jedenfalls der beschränkten Auskunft aus dem Strafregister unterliegen soll (§ 6 Abs. 2 TilgG). Die Anwendung des Mandatsverfahrens soll Beschleunigung, rasche Klarheit für alle Verfahrensbeteiligten und nicht zuletzt die Vermeidung des öffentlichen Auftritts für den Angeklagten im Rahmen der Hauptverhandlung bewirken. Es liegt letztlich ja stets in der Ingerenz des Angeklagten, die Strafverfügung zu akzeptieren oder sich im Wege des Einspruchs im Rahmen einer Hauptverhandlung zu verantworten. Ein subjektives Recht auf Anwendung des Mandatsverfahrens kommt dem Angeklagten jedoch nicht zu.

Auch für das Opfer kann das Mandatsverfahren Vorteile bieten, weil es sich eine neuerliche Aussage und die Konfrontation mit dem Angeklagten erspart. Die Berücksichtigung von Opferinteresssen bedeutet aber, dass jedenfalls dann eine Hauptverhandlung durchzuführen ist, wenn es zielführend erscheint, dem Angeklagten auch mit aller Förmlichkeit, hier insbesondere im Fall von Gewalt in der Familie, seine Tat vor Augen zu führen. Hier ist nochmals darauf zu verweisen, dass die Rechte und Interessen des Opfers keinen Schaden nehmen dürfen; dieser Anspruch kann effektiv im Wege des Einspruchs auch durchgesetzt werden.

In praxi soll die Staatsanwaltschaft in geeigneten Fällen (Begründung im Tagebuch) künftig mit Einbringung des Strafantrags unter einem auf dem Anordnungs- und Bewilligungsbogen bzw. mittels Übersendungsnote die Erlassung einer Strafverfügung beantragen.

Auch in den Fällen, in denen künftig der Strafantrag mit einem Antrag auf Erlassung einer Strafverfügung verbunden wird, soll das Gericht eine Prüfung nach §§ 485 bzw. 451 Abs. 2 StPO durchzuführen und den Strafantrag gegebenenfalls zurückzuweisen bzw. das Verfahren mit Beschluss einzustellen haben.

Zu Z 45 (§ 514 Abs. 25):

Aufgrund der mit Erkenntnis des VfGH vom 1. Oktober 2013, G 2/2013, ausgesprochenen Aufhebung des § 140 Abs. 3 StPO mit Ablauf des 31. Oktober 2014 wegen Verfassungswidrigkeit wird ein Außerkrafttreten der Bestimmung des § 75 Abs. 5 mit 31. Oktober 2014 sowie ein Inkrafttreten der Bestimmung des § 76 Abs. 4 StPO mit 1. November 2014 vorgeschlagen. Für die übrigen Bestimmungen wird ein Inkrafttreten mit 1. Jänner 2015 vorgeschlagen.

Zu Artikel 2 (Änderung des Jugendgerichtsgesetzes 1988):

Zu Z 1 (§ 32 Abs. 4):

Die Bestimmungen des Mandatsverfahrens nach Art. 1 Z 44 sollen auf jugendliche Angeklagte nicht anwendbar sein, weil in diesem Verfahren grundsätzlich der Erziehungsgedanke überwiegt und auch ein Schuldspruch ohne oder unter Vorbehalt der Strafe (§§ 12, 13 JGG) nicht durch Anwendung des Mandatsverfahrns unterlaufen werden sollte. Dieser Ausschluss gilt gemäß § 46a Abs. 2 JGG auch auf für junge Erwachsene.

Zu Z 2 (Art. VIII Abs. 4g):

Im Einklang mit Art. 1 Z 45 wird ein Inkrafttreten mit 1. Jänner 2015 vorgeschlagen.

Zu Artikel 3 (Änderung des Suchtmittelgesetzes):

Zu Z 1 und 2 (§ 34):

Die Sicherstellung größerer Mengen von Suchtmittel (z. B. von Hanfplantagen) und die daran anknüpfende Verwahrung sind mit enormem Aufwand verbunden. Neue Untersuchungsmethoden sehen die Gewinnung einer repräsentativen Querschnittsprobe für die qualitative und quantitative Suchtmitteluntersuchung durch einmalige Probenziehung vor Ort vor, die insbesondere den Aufwand für Sicherstellung und Verwahrung größerer Mengen von Cannabispflanzen entbehrlich macht.

Mit der vorgeschlagenen Änderung soll nun eine Möglichkeit zur vorzeitigen Einziehung von sichergestellten Suchtmitteln geschaffen werden, die es erlaubt, Cannabispflanzen, die nicht als repräsentative Probe gezogen wurden, möglichst rasch und direkt der Vernichtung zuzuführen, sodass es keiner Lagerung der – über die repräsentative Probe hinausgehenden – Cannabispflanzen bedarf.

Da die Pflanzen selbst, bevor aus ihnen Suchtgift gewonnen wurde, also etwa das Mohnstroh, die Cannabispflanze vor Abtrennung des Cannabis (der Blüten- oder Fruchtstände der Cannabispflanze, denen das Harz noch nicht entzogen wurde) oder der Kokastrauch, vor Abtrennung der Blätter keine Suchtgifte sind, soll klargestellt werden, dass auch diese Pflanzen sowie die in § 27 Abs. 1 Z 3 genannten Pilze eingezogen werden können.

Diese vorzeitige Einziehung soll ähnlich den Fällen des § 445a Abs. 2 StPO von der Staatsanwaltschaft angeordnet werden. Verlangt der Beschuldigte oder ein Haftungsbeteiligter die Entscheidung des Gerichts, so soll der Einzelrichter des Landesgerichtes im Ermittlungsverfahren über die Einziehung entscheiden; dies gegebenenfalls im Rahmen des Rufbereitschafts- und Journaldienstes.

Zu Z 3 (§ 47 Abs. 13):

Es wird ein Inkrafttreten mit 1. Jänner 2015 vorgeschlagen.

Zu Artikel 4 (Änderung des Staatsanwaltschaftsgesetzes):

Zu Z 1 (§ 5 Abs. 5):

Wie dem Prüfbericht des Rechnungshofs zum staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren (Bund 2014/5) ersichtlich, ist in den letzten Jahren ein kontinuierlicher Anstieg der Gesamtausgaben für Sachverständige im Bereich der Staatsanwaltschaften zu beobachten. Diese stiegen im überprüften Zeitraum bundesweit um rd. 280 % von rd. 5,15 Mio. Euro (2008) auf rd. 19,57 Mio. Euro (2012) [aaO S. 254].

Der Anstieg dieser Kosten erklärt sich aus Sicht des Bundesministeriums für Justiz zu einem wesentlichen Teil aus der Kompetenzverschiebung im Hinblick auf die Bestellung der Sachverständigen durch die Staatsanwaltschaften ab 2008. Zum anderen hat die mit diesem Jahr schlagend gewordene Wirtschaftskrise zu einem Anstieg komplexer Großverfahren im Wirtschaftsstrafrecht geführt. So ergibt sich eine Ausgabenkonzentration in den Jahren ab 2010 insbesondere bei Sachverständigen aus dem Bereich der Fachgruppe Steuer– und Rechnungswesen. Schließlich ist auch — insbesondere im Bereich der medizinischen Sachverständigen — die am 1. Juli 2007 in Kraft getretene Zuschlagsverordnung zu BGBl. II Nr. 134/2007, mit der ein Zuschlag zu den im GebAG angeführten festen Beträgen im Ausmaß von 17 % festgesetzt wurde, mit ein Grund für die Mehrausgaben durch die öffentliche Hand gerade im Strafrechtsbereich.

Ungeachtet dessen soll zur Gewährleistung der Einhaltung der in § 126 Abs. 2c StPO zum Ausdruck kommenden Kriterien der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit das staatsanwaltschaftliche Vier-Augen-Prinzip auch in jenen Fällen gelten, in denen die Kostenschätzung des im Ermittlungsverfahren in Aussicht genommenen oder bereits bestellten Sachverständigen einen Betrag von 10 000 Euro übersteigt. Gleiches gilt für alle weiteren Erhöhungen des geschätzten Betrags auch in jenen Fällen, in denen unter Einhaltung der Revisionsbestimmungen die Betragsgrenze von 10 000 Euro bereits überschritten wurde.

Im Einklang damit soll durch die vorgeschlagene Änderung in § 25 Abs. 1a GebAG (Art. 5 Z 1) die in der Praxis vielfach hypertroph gehandhabte Entbindung des Sachverständigen von seiner Warnpflicht nicht mehr möglich sein. In Kombination mit dem vorgeschlagenen Vier-Augen-Prinzip wird damit ein effektives Mittel zur Kostenkontrolle im Ermittlungsverfahren entsprechend der Vorgaben des § 126 Abs. 2c StPO geschaffen.

Zu Z 2, 3 und 7 (§§ 6 Abs. 2, 8a Abs. 4 und 35b):

Wie bereits der OGH in seinem Erkenntnis vom 17. April 2013, Ds 2/13, ausgeführt hat, ist das Ermittlungsverfahren gemäß § 12 Abs. 1 zweiter Satz StPO zwar „nicht öffentlich“, in seinem Ablauf jedoch keineswegs „geheim“. Es liegt im Interesse der Justiz, dem Informationsanspruch der Bürgerinnen und Bürger sowie der Medien im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen gerecht zu werden. Durch aktive Öffentlichkeitsarbeit soll das Verständnis der Öffentlichkeit für die Rechtspflege und das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz und in ihre Einrichtungen gestärkt werden. Sachliche Information über das Verfahren stellt sicher, dass die Medien ihrer von Art. 10 EMRK geschützten Rolle als „public watchdog“ gerecht werden können.

Mit der vorgeschlagenen Bestimmung wird daher erstmals eine klare Rechtsgrundlage für die Medienarbeit der Staatsanwaltschaften im Ermittlungs-, Haupt- und Rechtsmittelverfahren geschaffen. Dabei wird klargestellt, dass es Aufgabe der Staatsanwaltschaften ist, die Medien (§ 1 MedienG) unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an sachlicher Information über für die Öffentlichkeit bedeutsame Ermittlungsverfahren im Wege der bei ihnen eingerichteten Medienstellen – die in der Geschäftsverteilung auszuweisen sind – zu informieren. Gleiches gilt für das Verhalten oder die Anträge der Staatsanwaltschaften im (anschließenden) Haupt- bzw. Rechtsmittelverfahren.

Eine Information der Medien soll jedoch nur zulässig sein,

           1. wenn durch ihren Zeitpunkt und Inhalt die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Personen, der Grundsatz der Unschuldsvermutung sowie der Anspruch auf ein faires Verfahren (Art. 6 EMRK) nicht verletzt werden und

           2. dieser Information weder schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen (§§ 1 Abs. 1, 8 und 9 DSG 2000), insbesondere die Interessen und Rechte der Opfer von Straftaten und ihr Anspruch auf staatlichen Schutz vor weiterer Beeinträchtigung sowie der Schutz vor Bekanntgabe der Identität nach Maßgabe der Bestimmungen der §§ 7 bis 7b MedienG und des Verbots der Veröffentlichung nach § 54 StPO entgegenstehen oder ihr Inhalt als verbotene Veröffentlichung im Sinne des § 301 StGB zu würdigen wäre und

           3. der Zweck des Ermittlungsverfahrens nicht gefährdet wird.

Dass Art. 10 EMRK keine gänzlich uneingeschränkte Freiheit der Meinungsäußerung bzw. journalistischer Berichterstattung bietet, dies selbst unter dem Aspekt der Information über Angelegenheiten von ernsthaftem öffentlichen Interesse, ist unstrittig und kommt in den vielfachen Sanktionen der §§ 6 ff Mediengesetz zum Ausdruck (Achammer, WK-StPO § 54 Rz 21 mwN)

Gleichzeitig wird durch den Vorschlag klargestellt, dass formlose Auskünfte und Informationen an das Bundesministerium für Justiz über den Gegenstand und Stand eines Verfahrens, etwa zur Beantwortung von medialen Anfragen, nicht unter § 8a Abs. 3 StAG zu subsumieren sind.

Die näheren Bestimmungen über die Zusammenarbeit mit den Medien sind dem vom Bundesministerium für Justiz herausgegebenen Medienerlass in der jeweils geltenden Fassung (dzt. Erlass des Bundesministeriums für Justiz zu JMZ 4410/9-Pr 1/2003 vom 12. November 2003 über die Zusammenarbeit mit den Medien [Medienerlass]) zu entnehmen.

Zu Z 4 (§ 34c Abs. 3):

Für in Bild- oder Schriftform übertragene Ergebnisse einer Ermittlungsmaßnahme in den Fällen des §§ 135 Abs. 2 bis 3 sowie 136 Abs. 1 Z 2 und 3 StPO sieht § 145 Abs. 3 StPO vor, dass diese, solange sie nicht zum Akt genommen werden dürfen, samt den zugehörigen Anordnungen, gerichtlichen Bewilligungen und sonstigen Aktenstücken unter Verschluss aufzubewahren sind. Die näheren Vorschriften dazu trifft die Verordnung des Bundesministers für Justiz vom 4. August 1998, mit der besondere Vorschriften über die Aufbewahrung von Ergebnissen einer optischen oder akustischen Überwachung von Personen unter Verwendung technischer Mittel nach § 149d Abs. 1 Z 3 StPO erlassen werden (Verschlusssachenordnung für die Durchführung einer optischen oder akustischen Überwachung), BGBl. II Nr. 256/1998.

Aufgrund der am 1. Jänner 2008 in Kraft getretenen Strafprozessreform ist es erforderlich, die bestehende Verschlusssachenordnung an die geänderte Rechtslage anzupassen. Die im Bundesministerium für Justiz gegenwärtig in Erarbeitung befindliche neue Verordnung soll die bestehende Verschlusssachenordnung ersetzen und insofern eine Anpassung im Hinblick auf § 145 Abs. 3 StPO beinhalten, als – im Unterschied zu der in Geltung befindlichen Verschlusssachenordnung – nicht nur die in Bild- und Schriftform übertragenen Ergebnisse einer Ermittlungsmaßnahme nach § 136 Abs. 1 Z 2 und 3 StPO, sondern auch jener nach § 135 Abs. 2 bis 3 StPO unter Verschluss aufzubewahren sind, solange sie nicht zum Akt genommen werden. Ferner soll die Verordnung die Möglichkeit bieten, den gesamten Ermittlungsakt als Verschlussakt zu führen, wenn an dem Strafverfahren wegen der Bedeutung der aufzuklärenden Straftat oder der Funktion des Tatverdächtigen im öffentlichen Leben ein besonderes öffentliches Interesse besteht und die Weitergabe von Informationen aus dem Ermittlungsverfahren mit einer besonderen Gefahr für die von den Ermittlungen betroffenen Personen oder Dritten, die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder die weiteren Erhebungen verbunden wäre.

Mit der vorgeschlagenen Bestimmung soll die Verordnungsermächtigung für den letztgenannten Fall der Führung des gesamten Ermittlungsakts als Verschlusssache geschaffen werden.

Zu Z 5 und 6 (§ 35a):

Erfahrungen aus der Praxis haben gezeigt, dass die in der Ediktsdatei veröffentlichten Einstellungsbegründungen Fälle betreffen, die nur über kurze Zeit Gegenstand öffentlicher Diskussionen sind und während dieser Zeit entsprechend dargestellt und gerechtfertigt werden müssen. Nach dem Erlöschen des öffentlichen Interesses soll im Hinblick auf die Wahrung ihrer Anonymität jedoch auch dem Recht Beschuldigter oder sonstiger durch die Veröffentlichung Betroffener auf „Vergessenwerden“ Rechnung getragen werden.

In Abwägung mit der beizubehaltenden Zielsetzung der Schaffung einer „Entscheidungsdatenbank“ zur Lösung inhaltlicher sowie im Regelfall auch zeitlich gleichgelagerter Fälle durch Veröffentlichung von Entscheidungen, die eine Klärung über den Einzelfall hinausgehender rechtlicher Fragen beinhalten, wird daher vorgeschlagen, Entscheidungen drei Jahre nach ihrer Veröffentlichung aus der Ediktsdatei zu löschen.

Zu Z 8 (§ 35c):

Wie bereits in der Entscheidung des Präsidenten des OGH vom 11. Juni 2012, 1 Präs 2690-2113/12i (RIS-Justiz RS0127790) zum Ausdruck kommend, ist das bloße Zur-Kenntnis-Gelangen des Verdachts einer Straftat durch eine Anzeige (§§ 78 Abs. 1, 80 Abs. 1 StPO) vom Ermitteln zu unterscheiden: Ersteres verpflichtet zu Letzterem. Ermitteln bedeutet also: Tätigwerden aufgrund eines zur Kenntnis gelangten Sachverhalts. Um Menschen davor zu schützen, ohne Anlass zum Objekt eines Strafverfahrens zu werden, ist die Staatsanwaltschaft verpflichtet, einen zur Kenntnis genommenen Sachverhalt zuerst rechtlich dahin zu beurteilen, ob er in Richtung eines Geschehens deutet, das – als erwiesen angenommen – (zumindest) einem Tatbestand des materiellen Strafrechts subsumierbar, mithin als (Anfangs-)Verdacht einer Straftat zu bewerten ist.

Verfahrenseinstellungen nach §§ 190 ff StPO sind stets bloß in Betreff eines einmal in Gang gekommenen Ermittlungsverfahrens möglich. Bloß zurückgelegte Anzeigen oder sonst nicht zum Anlass für Ermittlungen genommene Sachverhalte sind kein Fall der §§ 190 ff StPO und daher auch kein Gegenstand der Fortführung. Daran vermögen auch irrig erteilte Belehrungen über die Zulässigkeit eines Antrags auf Fortführung eines – nicht geführten – Ermittlungsverfahrens nichts zu ändern; ebenso wenig die rechtsfehlerhafte Beurteilung des eigenen Vorgehens als Einstellung nach „§ 190 Z 1 StPO“ durch die Staatsanwaltschaft (OGH vom 27. Juni 2013, 17 Os 13/13k).

Wie Pilnacek/Koenig im WK-StPO § 108 Rz 14 ausführen, muss in derartigen Fällen jedoch jedenfalls eine Verständigung des Anzeigers von der Erledigung erfolgen. In diesem Sinn ordnet der Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom 8. April 2013 über die Entscheidung des Präsidenten des OGH vom 11. Juni 2012, 1 Präs. 2690-2113/12i (BMJ-S585.000/0015-IV 3/2013) unter anderem auch an, dass bei einer Vorgehensweise nach der Entscheidung 1 Präs. 2690-2113/12i der Anzeiger davon zu verständigen ist, dass die Anzeige im Sinne der Entscheidung 1 Präs. 2690-2113/12i des Präsidenten des OGH vom 11. Juni 2012 zurückgelegt wurde. Die Verständigung des Anzeigers sollte jedoch gesetzlich statuiert werden, um zumindest dadurch zu ermöglichen, dass jedenfalls Substitute zum Antrag auf Fortführung, wie etwa eine Dienstaufsichtsbeschwerde oder ein Einschalten der Volksanwaltschaft, zur Verfügung stehen. Zur Wahrung der Interessen von Fach- und Dienstaufsicht im Inneren haben ferner jedenfalls die einschlägigen internen Revisions- und Berichtspflichten sinngemäß zur Anwendung zu gelangen.

Mit der nun vorgeschlagenen Bestimmung soll im Einklang mit der neuen Definition des Anfangsverdachts in § 1 Abs. 3 StPO (Art. 1 Z 3) erstmals eine gesetzliche Grundlage für das Absehen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens geschaffen werden. Ergibt die Prüfung der Anzeige nämlich, dass kein Anfangsverdacht besteht – somit auf Grund hinreichender tatsächlicher Anhaltspunkte nicht angenommen werden kann, dass eine mit gerichtlicher Strafe bedrohte Handlung begangen wurde – oder ist die Verfolgung des Angezeigten schon aus rechtlichen Gründen (z. B. Verjährung) unzulässig, hat die Staatsanwaltschaft von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen. Hiervon ist der (bekannte) Anzeiger zu verständigen und gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass diesem iSd obigen Ausführungen die Möglichkeit der Stellung eines Antrags auf Fortführung nach § 195 StPO nicht zukommt.

Wie bereits im zitierten Erlass des Bundesministeriums für Justiz zum Ausdruck kommend, sind die Bestimmungen über die interne Revision und das staatsanwaltschaftliche Berichtswesen sinngemäß zur Anwendung zu bringen. Begründungen für ein Vorgehen nach § 35c StAG sind im Tagebuch festzuhalten.

Zu Z 9 (§ 42 Abs. 18):

Es wird ein Inkrafttreten mit 1. Jänner 2015 bzw. für die umfassende Rechtsgrundlage der neuen Verschlusssachenordnung mit dem der Kundmachung folgenden Tag vorgeschlagen.

Zu Art. 5 (Änderung des Geschworenen- und Schöffengesetzes 1990):

Zu Z 1 bis 6 (§§ 4, 9 Abs. 3 und 4, 10, 12 und 18 ):

Der derzeit in §§ 9, 10 und 12 vorgesehene Instanzenzug des GSchG 1990 gegen Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörden nach § 9 Abs. 1 GSchG 1990 beruht noch auf der Rechtslage vor Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, durch welche jedoch diesem derogiert wurde. Aufgrund dessen kann gegen den Bescheid nach dem GSchG 1990 nicht mehr das Rechtsmittel der Berufung im administrativen Instanzenzug erhoben werden; vielmehr ist eine Beschwerde einzubringen, über die von den Verwaltungsgerichten des betroffenen Bundeslandes zu entscheiden ist.

Die vorgeschlagenen Änderungen sollen lediglich die Bestimmungen des GSchG 1990 an die nunmehr geltende Rechtslage anpassen.

Für die darüber hinausgehenden vorgeschlagenen Änderungen in § 10 ist festzuhalten, dass auf Basis der in BGBl. II Nr. 204/2012 kundgemachten Bezirksgerichte-Verordnung Niederösterreich 2012 in Niederösterreich bereits acht Bezirksgerichte mit benachbarten Gerichten zusammengelegt und die Sprengel der niederösterreichischen Bezirksgerichte in Niederösterreich dementsprechend neu geregelt wurden. Diese Änderungen sind teils am 1. Jänner 2013, teils am 1. Jänner 2014 in Kraft getreten. Zwar soll die in dieser Verordnung vorgesehene ländergrenzenüberschreitende Zusammenlegung der Bezirksgerichte Purkersdorf und Hietzing am Standort Wien-Hietzing ob des zwischenzeitigen Erkenntnisses des VfGH vom 11. März 2014, V 4/2014, V 6/2014 u.a., erst am 1. Juli 2016 wirksam werden. Unvorgreiflich dessen soll durch die vorgeschlagene Regelung jedoch sichergestellt werden, dass mit Wirksamwerden der Zusammenlegung die Bezirksverwaltungsbehörde die Verzeichnisse (§§ 5 ff) dem Präsidenten des für die jeweilige Gemeinde örtlich zuständigen in Strafsachen tätigen Gerichtshofs erster Instanz übersendet.

Anlassfallbezogen bedeutet dies, dass mit dem Wirksamwerden der Zusammenlegung der Bezirksgerichte Purkersdorf und Hietzing am Standort Wien-Hietzing die Verzeichnisse der Gemeinden Gablitz, Mauerbach, Pressbaum, Purkersdorf, Tullnerbach und Wolfsgraben dem Präsidenten des Landesgerichts für Strafsachen Wien zu übersenden sind. Die Verzeichnisse der übrigen im Sprengel der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung befindlichen Gemeinden sind wie bisher dem Präsidenten des Landesgerichts St. Pölten zu übermitteln.

Zu Z 7 (§ 20 Abs. 1c):

Die Geschworenen- und Schöffenlisten sind alle zwei Jahre neu zu erstellen (§ 12 Abs. 2 GSchG). In Entsprechung dieser Verpflichtung erfolgt die jeweilige Erstellung der für die beiden Folgejahre geltenden Geschworenen- und Schöffenlisten in Jahren mit gerader Jahreszahl.

Die Erstellung der Geschworenen- und Schöffenlisten für die Jahre 2015 und 2016 sowie die Erlassung der Bescheide gemäß § 9 Abs. 1 GSchG müsste daher bereits im Jahr 2014 erfolgen. Es ist daher erforderlich, die Wirksamkeit der vorgeschlagenen Änderungen zum ehest möglichen Termin des Jahres 2014 anzusetzen.

Es wird daher vorgeschlagen, als Zeitpunkt des Inkrafttretens den der Kundmachung der Änderungen des Geschworenen- und Schöffengesetzes 1990 folgenden Tag anzuführen.

Zu Art. 7 (Änderung des Gebührenanspruchsgesetzes):

Zu Z 1 (§ 25 Abs. 1a):

Im Einklang mit dem Vorschlag zu § 5 Abs. 5 Staatsanwaltschaftsgesetz (Art. 4 Z 1) soll durch die vorgeschlagene Änderung die in der Praxis mitunter hypertroph gehandhabte Entbindung des Sachverständigen von seiner Warnpflicht künftig nicht mehr möglich sein. Für das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren wird im Einklang mit dem vorgeschlagenen Vier-Augen-Prinzip damit ein effektives Mittel zur Kostenkontrolle entsprechend den Vorgaben des § 126 Abs. 2c StPO geschaffen. Gleichermaßen wird im Hauptverfahren sichergestellt, dass dem Sachverständigen nur ein Agieren innerhalb des richterlich überwachten Bereichs der von ihm erstatteten Kostenschätzung möglich ist.

Zu Z 2 (§ 25 Abs. 3):

§ 25 Abs. 3 zweiter Satz GebAG sieht schon bisher vor, dass die Sachverständigengebühr für Mühewaltung für den Fall, dass der Sachverständige aus seinem Verschulden seine Tätigkeit nicht innerhalb der vom Gericht festgelegten Frist erbracht oder sein Gutachten so mangelhaft abgefasst hat, dass es nur deshalb einer Erörterung bedarf, um insgesamt bis zu einem Viertel zu mindern ist. Zwar ist die Minderung dabei von Amts wegen vorzunehmen; ihr konkretes Ausmaß steht aber im richterlichen Ermessen, wobei auf das den Sachverständigen treffende Verschulden, die Dringlichkeit des Verfahrens, das Ausmaß der Verzögerung und den Umfang der erforderlichen Erörterungen Bedacht zu nehmen ist. Diese Ermessensbestimmung dürfte mit ein Grund dafür sein, dass die mit dieser Regelung (auch) intendierte Verfahrensbeschleunigung bislang insgesamt nicht im gewünschten Ausmaß erreicht werden konnte. Der Vorschlag sieht daher vor, die Ermessensklausel als Ganzes entfallen zu lassen. Voraussetzung für die Minderung ist somit in Hinkunft (nur) ein Verschulden des Sachverständigen an der Fristüberschreitung bzw. die mangelhafte, eine Erörterung notwendig machende Abfassung des Gutachtens. Liegt eine dieser Voraussetzungen vor, so soll das Gericht die Gebühr für Mühewaltung stets um ein Viertel zu mindern haben.

Zu Art. 8 (Inkrafttreten und Übergangsbestimmung):

Dem GebAG mangelt es an einer eigenen Regelung über das Inkrafttreten der seit der Stammfassung vorgenommenen Änderungen. Die Regelung über das Inkrafttreten der Bestimmungen des Art. 6 soll daher dieser Gesetzestradition folgend in einem eigenen Artikel vorgenommen werden, wobei ein Inkrafttreten mit 1. Jänner 2015 vorgeschlagen wird.

Im Sinne der Rechtsklarheit sollen die Sachverständige belastenden Bestimmungen des Art. 6 auf Aufträge anzuwenden sein, die nach dem Inkrafttreten erteilt werden.