411 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für innere Angelegenheiten

über die Regierungsvorlage (349 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Pyrotechnikgesetz 2010 geändert wird (PyroTG-Novelle 2014)

Auf europäischer Ebene legt die Richtlinie 2013/29/EU zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung pyrotechnischer Gegenstände auf dem Markt (Neufassung), ABl. Nr. L 178 vom 28.06.2013 S. 27, gemeinsame Grundsätze als Voraussetzung für das Bereitstellen pyrotechnischer Gegenstände innerhalb der Europäischen Union fest.

Die Durchführungsrichtlinie 2014/58/EU über die Errichtung eines Systems zur Rückverfolgbarkeit von pyrotechnischen Gegenständen gemäß der Richtlinie 2007/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. Nr. L 115 vom 17.04.2014 S. 28, legt die Kennzeichnung pyrotechnischer Gegenstände mit einer Registrierungsnummer auf der Grundlage eines einheitlichen Nummerierungssystems fest.

Mit diesen Richtlinien werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, legistische Maßnahmen zu treffen, um den freien Verkehr pyrotechnischer Gegenstände im Binnenmarkt sicherzustellen und gleichzeitig ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und Sicherheit sowie den Schutz der Verbraucher und der professionellen Endnutzer zu gewährleisten.

Das Pyrotechnikgesetz 2010 ist diesen unionsrechtlichen Vorgaben anzupassen. In den vorliegenden Entwurf wurden auch Adaptierungen, die sich aus Notwendigkeiten des Vollzugs des Pyrotechnikgesetzes 2010 ergeben, aufgenommen.

Der Novellierungsentwurf enthält im Wesentlichen folgende Punkte:

1. Mit den Änderungen betreffend die Sicherheitsanforderungen im Anhang I der Richtlinie 2013/29/EU, die Kennzeichnung sowie die Konformitätsbewertung pyrotechnischer Gegenstände soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Richtlinie 2013/29/EU in diesen Punkten modifizierte Vorschriften im Vergleich zu der zuletzt umgesetzten Richtlinie 2007/23/EG über das Inverkehrbringen pyrotechnischer Gegenstände, ABL. Nr. L 154 vom 14.06.2007 S 1, in der Fassung der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012, ABl. Nr. 316 vom 14.11.2012 S. 12, aufgehoben durch die Richtlinie 2013/29/EU, ABl. Nr. L 178 vom 28.06.2013 S. 27 enthält. Die Neuerungen betreffend die Kennzeichnungsvorschriften, nehmen richtlinienkonform auch auf die allgemeinen Grundsätze der CE-Kennzeichnung Bezug, die sich aus der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 339/93 des Rates, ABl. Nr. L 218 vom 13.08.2008 S. 30 ergeben. Weiters sollen mit der verpflichtenden Anbringung einer Registrierungsnummer an pyrotechnischen Gegenständen die Kennzeichnungsvorschriften dahingehend geändert werden, dass die Rückverfolgbarkeit pyrotechnischer Gegenstände in Zukunft durch ein einheitliches Nummerierungssystem erleichtert wird. Mit diesen Anpassungen an die unionsrechtlichen Vorschriften soll insbesondere der Schutz der öffentlichen Interessen wie menschliche Gesundheit, Sicherheit und Verbraucherschutz verstärkt werden.

2. Damit die Übereinstimmung von pyrotechnischen Gegenständen mit den Sicherheitsanforderungen in Anhang I der Richtlinie 2013/29/EU sowie mit den im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten harmonisierten Europäischen Normen gesichert werden kann, sollen nunmehr auch die Wirtschaftsakteure (Hersteller/Importeur/Händler) eine entsprechende Verantwortung für die Übereinstimmung pyrotechnischer Gegenstände übernehmen. In Umsetzung der Richtlinie 2013/29/EU fallen ihnen unterschiedliche Kontroll- und Mitwirkungsaufgaben zu. Neben dem Erstellen von technischen Unterlagen, dem Ausstellen einer EU-Konformitätserklärung nach Anhang III der Richtlinie 2013/29/EU, dem Führen von Aufzeichnungen über Registrierungsnummern sowie dem Ziehen von Stichproben, haben sie bei Nichtkonformität eines pyrotechnischen Gegenstandes entsprechende Maßnahmen zu treffen und die Behörde zu informieren.

3. In Zusammenhang damit steht auch die Neugestaltung der Marktüberwachungsregeln. Auf Verlangen der Behörde haben die Wirtschaftsakteure alle Informationen und Unterlagen, die für den Nachweis der Konformität pyrotechnischer Gegenstände erforderlich sind, zur Verfügung zu stellen und haben bei allen Maßnahmen zur Abwendung von Gefahren, die von ihren in Verkehr gebrachten oder bereitgestellten pyrotechnischen Gegenständen ausgehen, besonders mitzuwirken. Angepasst an die Richtlinie 2013/29/EU, stehen der Behörde nunmehr „Aufsichtsmaßnahmen“ als Aufträge zur Verbesserung, zur Rücknahme oder zum Rückruf zur Verfügung,

4. Im Entwurf ist weiters die Festlegung eines Notifizierungsverfahrens für Konformitätsbewertungsstellen (benannte Stellen) sowie die Festlegung von Anforderungen an diese Stellen vorgesehen. Damit wird ebenfalls den umzusetzenden unionsrechtlichen Vorschriften Rechnung getragen und ein wesentlicher Schritt zur Gewährleistung eines geeigneten Konformitätsbewertungsverfahrens für pyrotechnische Gegenstände gesetzt.

5. Im Übrigen dienen die Neuerungen der Klarstellung und Konkretisierung von in der Praxis relevanten Sachverhalten.

 

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 3. Dezember 2014 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker die Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Dr. Peter Pilz, Werner Amon, MBA, Mag. Norbert Darabos und Christoph Hagen sowie die Bundesministerin für Inneres Mag. Johanna Mikl-Leitner.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf einstimmig beschlossen.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Otto Pendl, Werner Amon, MBA, Christoph Hagen und Mag. Nikolaus Alm einen selbständigen Entschließungsantrag gem. § 27 Abs. 3 GOG-NR betreffend Reglementierung pyrotechnischer "Signalstifte" eingebracht, der einstimmig beschlossen wurde.

 

Dieser selbständige Entschließungsantrag war wie folgt begründet:

„Signalstifte sind Abschussvorrichtungen für Signalraketen. Mit einer Haltefeder sind sie so gebaut, dass sie auf den ersten Blick kaum von Füllfedern oder Kugelschreibern zu unterscheiden sind. Die zu ihnen passenden Leuchtraketen sind noch etwas kleiner.

Mit Signalstiften soll es Menschen, die in Not geraten sind, ermöglicht werden, über größere Distanzen auf sich aufmerksam zu machen. Bergsteiger und Segler führen derartige Stifte mit, um ihre Sicherheit zu erhöhen.

In letzter Zeit machen vor allem sogenannte Fußballfans mit Signalstiften auf sich aufmerksam. Beim letzten Wiener Derby am 9.11.2014 zwischen Rapid und Austria haben Täter aus dem Austria-Block mit Signalstiften Leuchtraketen abgeschossen. Da die Reichweite der Raketen nicht für den Rapid-Sektor reichte, zielten die Raketenschützen auf den Sektor, in dem sich Familien beider Klubs mit ihren Kindern aufhielten.

Dieses Beispiel zeigt den Handlungsbedarf in diesem Bereich auf. Dabei gibt es zwei Ansatzpunkte, um derartiges Verhalten in Zukunft zu verhindern: die Schützen und die Waffen.

Klubs und Bundesliga versuchen gegen die Schützen vorzugehen. Gegen die Raketen selbst fehlen derzeit noch gesetzliche Handhaben.

Dabei geht es um zwei Probleme: Signalstifte und ihre Munition fallen nach wie vor nicht unter das Waffengesetz. Und darüber hinaus sind sie so klein, dass sie problemlos an allen Kontrollen vorbei in die Stadien geschmuggelt werden können.

Mit dem vorliegenden Entschließungsantrag wird versucht, das zu ändern.

Zur derzeitigen Rechtslage:

Die Munition derartiger „Signalstifte“ unterliegt nach derzeitiger Rechtslage der Kategorie P1 gem. § 13 PyrotechnikG bzw. der Richtlinie RL 2007/23/EG, die zuletzt mit RL 2013/29/EU geändert wurde. Derartige Signalmittel dürfen daher in Österreich ab einer Altersgrenze von 18 Jahren frei erworben, besessen und verwendet werden.

Die Einstufung als Kategorie P1, wofür die gesetzliche Voraussetzung ist, dass von einem solchen Gegenstand eine „geringe Gefahr“ ausgeht, basiert dabei auf der bestimmungsgemäßen Verwendung. Bei nicht bestimmungsgemäßem Gebrauch – wie eben dem Abschießen derartiger Signale in eine Menschenmenge oder auch auf SportlerInnen – besteht jedoch zumindest die Gefahr schwerer Verbrennungen durch die gezündeten pyrotechnischen Gegenstände.

Das Mitführen und insbesondere Benutzen von pyrotechnischen Gegenständen und Sätzen bei Sportveranstaltungen ist nach § 39 PyrotechnikG verboten. In der Praxis besteht jedoch die Problematik, dass sowohl die Signalmunition als auch gängige „Signalstifte“ zum Abschuss eine derart kleine Bauform aufweisen, dass sie in Körperöffnungen verborgen und so bei Zutrittskontrollen zu Sportstätten nicht entdeckt werden können.

Darüber hinaus sind die „Signalstifte“ als Abschussvorrichtung selbst rein mechanisch ausgestaltet und zünden die Signalmunition über eine federgetriebene Spannvorrichtung. Sie unterliegen daher definitionsgemäß derzeit weder dem PyrotechnikG noch der Pyrotechnik-Richtlinie der EU. Das Verbot des § 39 PyrotechnikG ist daher auf die Stifte selbst gar nicht anwendbar.

In Österreich unterliegen derartige Stifte auch nicht dem WaffenG, da sie ihrem Wesen nach weder für den Einsatz gegen Menschen noch für die Jagd oder den Schießsport bestimmt sind (§1 WaffenG).

Das ist etwa in Deutschland anders, wo insbesondere auch Gegenstände zum Abschießen von Signalmunition dem Waffenbegriff des deutschen Waffengesetzes unterliegen. Der Erwerb von Signalwaffen ist dort ab 18 Jahren möglich, sofern diese eine zugelassene Bauform darstellen und ein PTB-Zulassungskennzeichen tragen. Für das Führen von Signalwaffen ist jedoch – mit bestimmten Ausnahmen – der sogenannte „kleine Waffenschein“ erforderlich. „Leuchtstifte“, wie sie in Österreich frei erhältlich sind, sind in Deutschland keine zugelassene Bauform und erhalten daher kein PTB-Zulassungszeichen, da sie in der gängigen Bauform ähnlich aussehen wie Stifte (zb Kugelschreiber oder Füllfedern).

Ein ähnliches Verbot von Waffen, die in der Form Alltagsgegenständen ähneln, kennt auch der österreichische § 17 Abs 1 Z 1 WaffenG. Dieses kann jedoch derzeit auf die „Signalstifte“ nicht angewendet werden, da sie eben – wie ausgeführt – nicht dem Anwendungsbereich des Waffengesetzes unterliegen.“

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für innere Angelegenheiten somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1.      dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (349 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen;

2.      die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2014 12 03

                       Mag. Michaela Steinacker                                                             Otto Pendl

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann