1577/J XXV. GP

Eingelangt am 23.05.2014
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Anfrage

 

der Abgeordneten Niko Alm, Kolleginnen und Kollegen

 

an den Bundesminister für Finanzen

 

betreffend rechtliche Klarstellungen zu Bitcoin und weiteren virtuellen Währungen

 

Mit Bitcoin entstand 2009 ein völlig neuartiges Tauschmittel und Werttransfersystem, das weltweit immer mehr Verbreitung findet. Rund um Bitcoin bilden sich nun äußerst innovative Start-ups mit großem Wachstumspotenzial. Zugleich ergeben sich auf Grund der besonderen Eigenschaften von Bitcoin und weiteren virtuellen Währungen rechtliche Fragestellungen, deren rasche Klärung dem Standort Österreich zusätzliche Attraktivität verleihen könnte.

 

 

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehende

 

Anfrage:

 

1.    Vertritt das BMF die gleiche Ansicht wie die österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA) (https://www.fma.gv.at/de/sonderthemen/bitcoin.html?F=0; Stand 19.05.2014), dass virtuelle Währungen (z. B. Bitcoins, Litecoins, Primecoins, Protoshares, etc.) weder der Regulierung noch der Aufsicht der FMA unterliegen?

 

2.    Die FMA hat trotz zugestandenem fehlendem Regulierungs-/Aufsichtsrechtes in diesen Fällen (vgl. Frage 1.) – und somit scheinbar widersprüchlich – apodiktisch angemerkt, dass Geschäftsmodelle, die Bitcoins/virtuelle Währungen zum Gegenstand haben, eine Konzessionspflicht nach einer der FMA zum Vollzug zugewiesenen Rechtsvorschrift auslösen können. Ist das BMF trotz des zugestandenen fehlenden Regulierungs-/Aufsichtsrechtes derselben Ansicht?

a) Wenn ja: Welche Geschäftsmodelle bzw Tätigkeiten würden/könnten unter welchen konkreten Voraussetzungen darunter fallen?

b) Wenn nein: Weshalb?

 

3.    Wie ist Ihrer Ansicht nach die entgeltliche Übereignung (der Handel mit Bitcoins) sowie die Vermittlung von Bitcoins in umsatzsteuerlicher Hinsicht zu beurteilen? Greift hier allenfalls die Befreiung gemäß § 6 Abs 1 Z 8 lit c UstG  - ähnlich der rechtlichen Einordnung in Deutschland und UK?

 

4.    Im Privatvermögen gehaltene Bitcoins stellen "Wirtschaftsgüter des Privatvermögens" im Sinne des EStG §31 Abs 1. dar. Demnach unterliegen nur innerhalb der Spekulationsfrist von 1 Jahr realisierte Veräußerungsgewinne als sonstige Einkünfte der Einkommensteuer. Teilen Sie diese Ansicht?

 

5.    Welches Bewertungsverfahren (First-in-First-out, Last-in-First-out, Durchschnittsbewertung oder eine andere Methode) ist zur Ermittlung des steuerpflichtigen Spekulationsertrags ist in diesem Fall anzuwenden?

 

6.    Für den Fall der Schöpfung von virtuellen Währungen (sog. “Mining”), können als Anschaffungszeitpunkt der Herstellungszeitpunkt bzw. als Anschaffungskosten die Herstellungskosten angenommen werden?

 

7.    Kann „Mining“ einer Konzessionspflicht nach einer der FMA zum Vollzug zugewiesenen Rechtsvorschrift (insbesondere nach dem BWG, ZaDiG, WAG, E-Geld-Gesetz, usw.) und/oder einer sonstigen Konzessionspflicht bzw. gesetzlichen Genehmigung unterliegen? Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?

 

8.    Kann der Betrieb eines Mining-Pools einer Konzessionspflicht nach einer der FMA zum Vollzug zugewiesenen Rechtsvorschrift (insbesondere nach dem BWG, ZaDiG, WAG, E-Geld-Gesetz, usw.) und/oder einer sonstigen Konzessionspflicht bzw. gesetzlichen Genehmigung unterliegen? Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?

 

9.    Kann der Handel (insbesondere Vermittlung, Eigenhandel, Kommission, multilateraler Handel) mit virtuellen Währungen einer Konzessionspflicht nach einer der FMA zum Vollzug zugewiesenen Rechtsvorschrift (insbesondere nach dem BWG, WAG, ZaDiG, E-Geld-Gesetz, usw.) und/oder einer sonstigen Konzessionspflicht bzw. gesetzlichen Genehmigung unterliegen? Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?

 

10. Kann der Betrieb einer Börse (exchange) für virtuelle Währungen, bei der

a) ausschließlich zwischen virtuellen Währungen (z. B. Bitcoin in Litecoin, Litecoin in Bitcoin);

b) ausschließlich zwischen virtuellen Währungen und gesetzlichen Zahlungsmitteln (z. B. Bitcoin in Euro, Euro in Bitcoin);

c)  sowohl zwischen virtuellen Währungen als auch zwischen virtuellen Währungen und gesetzlichen Zahlungsmitteln (z. B. Bitcoin in Litecoin, Litecoin in Bitcoin, Bitcoin in Euro, Euro in Bitcoin);

getauscht wird, einer Konzessionspflicht nach einer der FMA zum Vollzug zugewiesenen Rechtsvorschrift (insbesondere nach dem BWG, WAG, ZaDiG, E-Geld-Gesetz, usw.) und/oder einer sonstigen Konzessionspflicht bzw. gesetzlichen Genehmigung unterliegen? Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?

 

11. Kann das Aufstellen und der Betrieb von Automaten, mit denen man gesetzliche Zahlungsmittel in virtuelle Währungen und virtuelle Währungen in gesetzliche Zahlungsmittel umtauschen kann, einer Konzessionspflicht nach einer der FMA zum Vollzug zugewiesenen Rechtsvorschrift (insbesondere nach dem BWG, WAG, ZaDiG, E-Geld-Gesetz, usw.) und/oder einer sonstigen Konzessionspflicht bzw. gesetzlichen Genehmigung unterliegen? Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?

 

12. Kann das Aufstellen und der Betrieb von Automaten, mit denen man mit gesetzlichen Zahlungsmitteln virtuelle Währungen beziehen kann (ähnlich zu einem Automaten, bei dem man durch Münzeinwurf Bonbons erwirbt) einer Konzessionspflicht nach einer der FMA zum Vollzug zugewiesenen Rechtsvorschrift (insbesondere nach dem BWG, WAG, ZaDiG, E-Geld-Gesetz, usw.) und/oder einer sonstigen Konzessionspflicht bzw. gesetzlichen Genehmigung unterliegen? Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?

 

13. Macht es rechtlich einen Unterschied, ob man mit diesen Automaten ausschließlich gesetzliche Zahlungsmittel in virtuelle Währungen umtauschen kann oder ob man mit diesen sowohl gesetzliche Zahlungsmittel in virtuelle Währungen als auch virtuelle Währungen in gesetzliche Zahlungsmittel umtauschen kann?

 

14. Können die in den Fragen 7 bis 13 genannten Tätigkeiten u. U. unter die Anwendbarkeit der Vorschriften der Gewerbeordnung fallen? Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen? Und welche Gewerbe kommen dann für die in den Fragen 7 bis 13 genannten Tätigkeiten in Betracht?

 

15. Welche Anknüpfungspunkte sind bei grenzüberschreitenden Sachverhalten relevant, um die Anwendung einer der FMA zum Vollzug zugewiesenen Rechtsvorschrift (insbesondere des BWG, WAG, ZaDiG, E-Geld-Gesetz, usw.) zu begründen?

 

16. Liegt ein Anknüpfungspunkt vor, der die Anwendbarkeit einer der FMA zum Vollzug zugewiesenen Rechtsvorschrift (insbesondere des BWG, WAG, ZaDiG, E-Geld-Gesetz, usw.) begründet, wenn eine Gesellschaft eine der in den Fragen 7 bis 13 genannten Tätigkeiten ausübt und sowohl Sitz der Gesellschaft als auch deren Server, über den die in den Fragen 7 bis 13 genannten Tätigkeiten erbracht werden, im Ausland (Gemeinschaftsgebiet oder Drittland) sind, und die Gesellschafter der Gesellschaft ihren Wohnsitz in Österreich haben?

Wenn ja, worin liegt hier der/die Anknüpfungspunkt/e?

 

17. Ändert sich an der rechtlichen Qualifikation etwas, wenn zusätzlich Mitarbeiter der Gesellschaft im Ausland (Gemeinschaftsgebiet oder Drittland) und/oder im Inland tätig sind?

 

18. In § 3a UStG sind Regelungen zum Leistungsort von auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen enthalten. Dabei wird einerseits differenziert, ob die sonstige Leistung an einen Unternehmer oder Nichtunternehmer erbracht wird, andererseits ob der Empfänger der sonstigen Leistung im Gemeinschaftsgebiet oder Drittlandsgebiet ansässig ist. Bei den in den Fragen 7 bis 13 genannten Tätigkeiten ist es de facto nicht möglich, die Ansässigkeit bzw. Unternehmereigenschaft des Empfängers festzustellen bzw. zu überprüfen, da die Kunden nur unter Username und Passwort bekannt sind. Wie kann bei einer derartigen Konstellation eine korrekte Umsatzbesteuerung durchgeführt werden?

 

19. Stellt die Schöpfung von virtuellen Währungen, das sogenannte „Mining“ (siehe Frage 7), überhaupt eine umsatzsteuerpflichtige Leistung dar? Unter welchen Voraussetzungen unterliegen die in den Fragen 8 bis 13 genannten Tätigkeiten der Umsatzsteuer? Und wann unterliegen die in den Fragen 8 bis 13 genannten Tätigkeiten der Umsatzsteuer – mit Zufluss der dafür verrechneten virtuellen Währungen auf dem eigenen Wallet (= elektronische Geldbörse) oder erst mit Umtausch dieser virtuellen Währungen in gesetzliche Zahlungsmittel?

 

20. Wo ist die Steuerpflicht bei folgenden Konstellationen anzunehmen:

a) Österreichische GmbH, Server steht im Gemeinschaftsgebiet.

b) Österreichische GmbH, Server steht in einem Drittland.

c) GmbH Sitz im Gemeinschaftsgebiet, Server steht in Österreich.

d) GmbH Sitz im Gemeinschaftsgebiet, Server steht in einem Drittland.

e) GmbH Sitz im Drittland, Server steht in Österreich.

f) GmbH Sitz im Drittland, Server steht im Gemeinschaftsgebiet.

 

21. Was ändert sich am Ergebnis der Fälle 20 a) - f), wenn der Sitz der Gesellschaft bzw. Serverstandort zwar im Gemeinschaftsgebiet oder Drittland liegt, die für den Geschäftsbetrieb erforderlichen Eingaben aber vom Computer am Wohnsitz des Geschäftsführers in Österreich aus vorgenommen werden?

 

22. Wann erfolgt, differenziert nach Einnahmen/Ausgaben-Rechner und Bilanzierer, der ertragsteuerliche Zufluss bei den in den Fragen 7 bis 13 genannten Tätigkeiten? Bei Gutschrift der virtuellen Währung auf dem Wallet oder bei Umtausch der auf dem Wallet gespeicherten virtuellen Währungsbeträge in ein gesetzliches Zahlungsmittel?