3647/J XXV. GP

Eingelangt am 13.02.2015
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Jarolim, Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Justiz

betreffend

die Handhabe von Taten durch die Staatsanwaltschaft Linz, die einen Verstoß gegen das Verbotsgesetz und § 283 StGB "Verhetzung" nahelegen

Im vergangenen Jahr veröffentlichte ein in Oberösterreich ansässiger Unternehmer auf Facebook eine Abbildung Adolf Hitlers mit Hakenkreuzbinde und verlautbarte außerdem die Aussage: "Ich könnte alle Juden töten. Aber ich habe einige am Leben gelassen, um euch zu zeigen, wieso ich sie getötet habe." Daraufhin erstattete ein Facebook Nutzer im September 2014 Strafanzeige.

Als der Sachverhalt von der Staatsanwaltschaft Linz aufgegriffen wurde rechtfertigte der Beschuldigte sein Verhalten damit, dass er bloß seinen Unmut gegenüber der Politik des Staates Israel im Gaza-Streifen kundtun wollte und keine Absicht gehabt habe, den Nationalsozialismus zu verherrlichen.

Laut einem Sprecher der Staatsanwaltschaft Linz sah die Behörde in der Folge die "subjektive Tatseite" der Wiederbetätigung nicht erfüllt und stellte das Verfahren ein. Zwischenzeitlich hat die Oberstaatsanwaltschaft den Fall wieder aufgegriffen und prüft nun, ob der in Frage stehende Sachverhalt den Tatbestand der nationalsozialistischen Wiederbetätigung erfüllt.

Mit der Begründung der Beschuldigte habe niemanden beschimpft und nicht zu Gewalt aufgerufen sieht auch die Oberstaatsanwaltschaft den Tatbestand der Verhetzung nicht erfüllt. Maßgeblich für die Erfüllung des Tatbestandes der Verhetzung ist, "dass die der betreffenden Gruppe angehörenden Menschen im unverzichtbaren Kernbereich ihrer Persönlichkeit getroffen werden. Das trifft zum Beispiel zu, wenn sie als Untermenschen bezeichnet werden oder geäußert wird, man solle sie "vergasen", "vertilgen", "sie gehören alle weggeräumt".", heißt es im Wiener Kommentar zum StgB (Plöchl, in: Wiener Kommentar2 Rz 18).

Da ein Anfangsbedacht im Sinne von § 1 Abs 3 StPO bestand, hatte die Staatsanwaltschaft Linz gem § 35 c StaatsanwaltschaftsG ein Ermittlungsverfahren durchzuführen. Es ist unverständlich, dass dieses Ermittlungsverfahren eingestellt wurde.

 

 

Die Unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Justiz folgende

Anfrage

1.   Mit der oben zitierten Aussage des Beschuldigten wird ein zentrales Element des verbrecherischen NS-Regimes, nämlich die millionenhafte Ermordung der jüdischen Bevölkerung gutgeheißen. Das stellt mutmaßlich eine Betätigung im nationalsozialistischen Sinn dar, in Frage kommen insbesondere § 3g oder § 3h VerbotsG. Warum hat die Staatsanwaltschaft Linz das Ermittlungsverfahren dennoch eingestellt?

2.   Die inkriminierte Aussage: "Ich könnte alle Juden töten. Aber ich habe einige am Leben gelassen, um euch zu zeigen, wieso ich sie getötet habe ", beinhaltet keinerlei Referenz zum Staat Israel oder zur Politik Israels im Gaza-Streifen. Wie beurteilen Sie demnach die Aussage des Sprechers der Staatsanwaltschaft Linz, die in den Oberösterreichischen Nachrichten zitiert wurde, es habe sich dabei um Unmutsäußerungen zu Israel gehandelt?

3.   Wenn die Staatsanwaltschaft Linz zum nicht nachvollziehbaren Schluss gekommen ist es handle sich nicht um eine Wiederbetätigung im Sinne des Verbotsgesetzes, warum wurde dann in eventu nicht § 283 StGB "Verhetzung" geprüft bzw. mit welcher Begründung wurde die Erfüllung dieses Tatbestandes durch die Tathandlung verneint?

4.   Warum hat die Staatsanwaltschaft Linz diesen Fall nicht gemäß § 8 StaatsanwaltschaftsG an die Oberstaatsanwaltschaft weitergeleitet, stehen doch Verstöße gegen das VerbotsG in Frage, deren Regelungen ein besonderes öffentliches Interesse abdecken?

5.   Durch welche Umstände ist die Oberstaatsanwaltschaft Linz auf diesen Fall aufmerksam geworden?

6.   In welcher Weise ist die Oberstaatsanwaltschaft Linz in diesem Fall tätig geworden?

7.   Der Bundesminister für Justiz ist die Weisungsspitze der staatsanwaltschaftlichen Behörden. Werden Sie, Herr Bundesminister, in diesem Fall von Ihrem Weisungsrecht Gebrauch machen? Wenn ja, in welcher Weise?