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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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55. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXV. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 11. Dezember 2014

 

 


Stenographisches Protokoll

55. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXV. Gesetzgebungsperiode Donnerstag, 11. Dezember 2014

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 11. Dezember 2014: 9.05 – 23.14 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Zusammenarbeit in Fi­nanzstrafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-FinStrZG) erlas­sen und das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Gebührengesetz 1957, das Glücksspielgesetz, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, die Bundesab­gabenordnung, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, das Bundesfinanz­gerichtsgesetz, das Finanzstrafgesetz, die Abgabenexekutionsordnung, das Tabak­steuergesetz 1995, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Tabakmonopolgesetz 1996 und das Zollrechts-Durchführungsgesetz geändert werden (2. Abgabenänderungsge­setz 2014 – 2. AbgÄG 2014)

2. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Tabakgesetz geändert wird

3. Punkt: Bundesgesetz über österreichische Beiträge an internationale Finanzinstitu­tionen (IFI-Beitragsgesetz 2014)

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz betreffend die Ermittlung der Um­laufgewichteten Durchschnittsrendite für Bundesanleihen (UDRBG) erlassen und das Nationalbankgesetz 1984, das Sanktionengesetz 2010 und das Devisengesetz 2004 ge­ändert werden

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über den Betrieb und die Beauf­sichtigung der Vertragsversicherung (Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 – VAG 2016) erlassen wird sowie das Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz, das Bankwe­sengesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Be­triebspensionsgesetz, das Bewertungsgesetz 1955, das Börsegesetz 1989, das E-Com­merce-Gesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Fern-Finanzdienstleistungs-Ge­setz, das Finanzkonglomerategesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Finanzmarktstabilitätsgesetz, das Finanzsicherheiten-Gesetz, das Firmenbuchgesetz, das Gerichtsorganisationsgesetz, die Gewerbeordnung 1994, das Gleichbehandlungs­gesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, die Insolvenzordnung, das Investment­fondsgesetz 2011, das Kapitalversicherungs-Förderungsgesetz, das Körperschaftsteu­ergesetz 1988, das Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz 1994, das Landarbeits­gesetz 1984, das Pensionskassengesetz, das Rechtspflegergesetz, die Strafprozess­ordnung 1975, das Umgründungssteuergesetz, das Verkehrsopfer-Entschädigungsge-


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setz, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Versicherungsvertragsgesetz und das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 geändert werden

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Sanierung und Abwick­lung von Banken erlassen wird, mit dem das Bankwesengesetz, das Finanzmarktauf­sichtsbehördengesetz, die Insolvenzordnung, das Übernahmegesetz, das Wertpapier­aufsichtsgesetz 2007, das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz, das Rating­agenturenvollzugsgesetz und das Stabilitätsabgabegesetz geändert werden sowie das Bankeninterventions- und ‑restrukturierungsgesetz aufgehoben wird

7. Punkt: Bericht über den Antrag 586/A(E) der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Nein zur Kriminalisierung von Sparvereinen

8. Punkt: Bericht über den Bericht des Bundesministers für Finanzen betreffend Über­sicht über die österreichische Haushaltsplanung 2015

9. Punkt: Bericht über den Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2013, über den

Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2013 (Voranschlagsvergleichsrechnung Stand 31. März 2014)

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2008, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz, das Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichs­gesetz 1993 geändert wird, BGBl. Nr. 959/1993, das Finanzausgleichsgesetz 2001, das Transparenzdatenbankgesetz 2012 und das Gebührengesetz 1957 geändert werden

11. Punkt: Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern, mit der die Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die gemeinsame Förderung der 24-Stunden-Betreuung und die Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Abgeltung stationärer medizinischer Versorgungsleistungen von öffentlichen Krankenanstalten für Insassen von Justizanstalten geändert werden

12. Punkt: Beschluss des Rates vom 26. Mai 2014 über das Eigenmittelsystem der Europäischen Union

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956 und das Vertragsbediens­tetengesetz 1948 geändert werden

14. Punkt: Bericht über den Antrag 804/A der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Maximilian Unterrainer, Mag. Roman Haider, Leopold Steinbichler, Josef Schell­horn, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medienko­operations- und -förderungs-Transparenz-Gesetz geändert wird

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz und das Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981 geändert werden

16. Punkt: Bericht über den Antrag 25/A der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur sozialen Absicherung von Künstlerinnen und Künstlern geschaffen und das geltende Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz (K-SVFG) aufgehoben wird

17. Punkt: Bericht über den Antrag 530/A(E) der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Rei­singer, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend Selbstverpflichtung der Kulturbetrie­be für faire Arbeitsverhältnisse

18. Punkt: Abkommen über die Gemeinschaftsproduktion von Filmen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Staates Israel

19. Punkt: Dritte Lesung: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den An­trag 719/A der Abgeordneten Mag. Andreas Schieder, Dr. Reinhold Lopatka, Heinz-Christian Strache, Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen


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und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Ge­schäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird, so­wie über den

Antrag 306/A der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird, und über den

Antrag 12/A der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsge­setz 1975) geändert werden

20. Punkt: Bericht über den Antrag 833/A der Abgeordneten Josef Muchitsch, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­despflegegeldgesetz geändert wird

21. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozessord­nung 1975, das Jugendgerichtsgesetz, das Bewährungshilfegesetz, das Exekutivdienst- und Anerkennungszeichengesetz und das Rechtspraktikantengesetz geändert werden (Strafvollzugsreorganisationsgesetz 2014)

22. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessord­nung 1975 geändert werden

23. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die justizielle Zusammen­arbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG), das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz (ARHG) und das Strafregistergesetz 1968 geän­dert werden (EU-JZG-ÄndG 2014)

24. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz und das Gerichtliche Einbringungsgesetz geändert werden (Gerichtsgebühren-Novelle 2014 – GGN 2014)

25. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Unternehmensgesetzbuch, das Aktiengesetz, das GmbH-Gesetz, das Genossenschaftsgesetz, das Genossenschaftsrevisionsge­setz 1997, das SE-Gesetz, das Vereinsgesetz und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden (Rechnungslegungs-Änderungsgesetz 2014 – RÄG 2014)

26. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz geändert wird (Urheber­rechtsgesetz-Novelle 2014 – UrhG-Nov 2014)

27. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 15. Feber 1972 über den Übergang der Zivil- und Strafsachen und die Änderung der Zuständigkeit bei der Auf­lassung von Bezirksgerichten geändert und das Bundesgesetz über die Organisation der Bezirksgerichte in Graz aufgehoben wird

28. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz, das Wohnungsgemeinnüt­zigkeitsgesetz und das Wohnungseigentumsgesetz 2002 geändert werden und eine Regelung über die Erhaltung von Wärmebereitungsgeräten im Teilanwendungsbereich des § 1 Abs. 4 MRG getroffen wird (Wohnrechtsnovelle 2015 – WRN 2015)

29. Punkt: Bericht über den Antrag 798/A(E) der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gebührenzahlung auf Grund nachträglicher Zu­rechnung der Kellerabteile zur Wohnnutzfläche

30. Punkt: Bericht betreffend den Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2013/10

31. Punkt: Bericht betreffend den Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2014/6

32. Punkt: Bericht betreffend den Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2011/12


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33. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (762/A)

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Inhalt

Nationalrat

Schlussworte der Präsidentin Doris Bures ............................................................. 278

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 18

Ordnungsruf ................................................................................................................. 183

Geschäftsbehandlung

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des schriftlichen Aus­schussberichtes 447 d.B. gemäß § 44 (2) der Geschäftsordnung ...................................................................................... 38

Antrag der Abgeordneten Mag. Andreas Schieder und Dr. Reinhold Lopatka, dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über die Regierungsvorlage be­treffend ein Fortpflanzungsmedizinrechts-Änderungsgesetz 2015 – FMedRÄG 2015 (445 d.B.) gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 19. Jänner 2015 zu setzen – Annahme ................................................................  39, 277

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 39

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung .................................. 212

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 213

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls die­ser Sitzung durch Präsidentin Doris Bures ............................................................................................ 277

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ............................... 278

Fragestunde (7.)

Finanzen ........................................................................................................................ 18

Kai Jan Krainer (82/M); August Wöginger, Dr. Kathrin Nachbaur

Mag. Andreas Zakostelsky (74/M); Dipl.-Ing. Gerhard Deimek

MMag. DDr. Hubert Fuchs (78/M)

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (80/M)

Ing. Robert Lugar (77/M); Mag. Gernot Darmann

Dr. Rainer Hable (73/M)

Mag. Karin Greiner (83/M)


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Gabriele Tamandl (75/M); Mag. Werner Kogler

Elmar Podgorschek (79/M); Michael Pock, Hermann Lipitsch, Peter Haubner

Mag. Bruno Rossmann (81/M); Ing. Markus Vogl

Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger (84/M)

Jakob Auer (76/M)

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 18

Ausschüsse

Zuweisungen .........................................................................................................  38, 277

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­desminister für Finanzen betreffend Hypo Alpe Adria: „Retten, was zu retten ist. Untersuchen, was zu untersuchen ist.“ (3281/J)              ............................................................................................................................. 132

Begründung: Mag. Werner Kogler ............................................................................. 138

Bundesminister Dr. Johann Georg Schelling ........................................................ 144

Debatte:

Mag. Bruno Rossmann ............................................................................................. 150

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 153

Mag. Johannes Rauch ............................................................................................... 155

Heinz-Christian Strache ............................................................................................ 157

Kai Jan Krainer (tatsächliche Berichtigung) ............................................................... 161

Dr. Kathrin Nachbaur ................................................................................................. 161

Dr. Rainer Hable ......................................................................................................... 164

Dr. Christoph Matznetter (tatsächliche Berichtigung) .............................................. 166

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 167

Dr. Rainer Hable (Erwiderung auf eine tatsächliche Berichtigung) ............................ 168

Mag. Karin Greiner ..................................................................................................... 169

Brigitte Jank ................................................................................................................ 170

Elmar Podgorschek ................................................................................................... 172

Dr. Georg Vetter ......................................................................................................... 173

Mag. Dr. Matthias Strolz ............................................................................................ 175

Matthias Köchl ............................................................................................................ 176

Daniela Holzinger, BA ................................................................................................ 177

Gabriele Tamandl ....................................................................................................... 179

Erwin Angerer ............................................................................................................ 181

Ing. Robert Lugar ....................................................................................................... 182

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES ............................................................................ 185

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 186

Dipl.-Ing. Georg Strasser ........................................................................................... 188

Bundesminister Dr. Johann Georg Schelling ........................................................ 189

Mag. Gernot Darmann ............................................................................................... 190

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 191

Philip Kucher (tatsächliche Berichtigung) .................................................................. 193

Christoph Hagen ........................................................................................................ 193

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 193


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 6

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (360 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Zusammenarbeit in Finanz­strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-FinStrZG) erlas­sen und das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Gebührengesetz 1957, das Glücksspielge­setz, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, die Bundesabgabenordnung, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, das Bundesfinanzgerichtsgesetz, das Finanzstrafgesetz, die Abgabenexekutions­ordnung, das Tabaksteuergesetz 1995, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Ta­bakmonopolgesetz 1996 und das Zollrechts-Durchführungsgesetz geändert wer­den (2. Abgabenänderungsgesetz 2014 – 2. AbgÄG 2014) (432 d.B.) ................................. 39

2. Punkt: Bericht und Antrag des Finanzausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Tabakgesetz geändert wird (433 d.B.) ........................................................................... 40

Redner/Rednerinnen:

MMag. DDr. Hubert Fuchs .......................................................................................... 40

Ing. Mag. Werner Groiß ............................................................................................... 42

Mag. Bruno Rossmann ............................................................................................... 44

Ing. Mag. Hubert Kuzdas ............................................................................................. 48

Ing. Robert Lugar ..................................................................................................  49, 57

Dr. Angelika Winzig ...................................................................................................... 50

Mag. Nikolaus Alm ....................................................................................................... 51

Franz Kirchgatterer ...................................................................................................... 52

Peter Wurm ................................................................................................................... 53

Johann Hechtl ............................................................................................................... 55

Matthias Köchl .............................................................................................................. 55

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteu­er zur Entlastung des Faktors Arbeit – Ablehnung         46, 59

Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend E-Zigarettenvertrieb und E-Zigarettenangebot inklusive E-Dampf­geräte – Ablehnung  54, 59

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 432 und 433 d.B. ........................................... 58

3. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (345 d.B.): Bundesgesetz über österreichische Beiträge an internationale Finanzinstitutionen (IFI-Beitragsgesetz 2014) (434 d.B.)        ............................................................................................................................... 59

Redner/Rednerinnen:

MMMag. Dr. Axel Kassegger ...................................................................................... 59

Dr. Franz-Joseph Huainigg ......................................................................................... 61

Petra Bayr, MA ............................................................................................................. 62

Tanja Windbüchler-Souschill ...................................................................................... 63

Annahme des Gesetzentwurfes in 434 d.B. .................................................................. 64

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (350 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz betreffend die Ermittlung der Umlauf­ge­wichteten Durchschnittsrendite für Bundesanleihen (UDRBG) erlassen und das Na-


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tionalbankgesetz 1984, das Sanktionengesetz 2010 und das Devisengesetz 2004 geändert werden (435 d.B.) ......................................................... 64

5. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (354 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über den Betrieb und die Beaufsichti­gung der Vertragsversicherung (Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 – VAG 2016) erlassen wird sowie das Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz, das Bank­wesengesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Betriebspensionsgesetz, das Bewertungsgesetz 1955, das Börsegesetz 1989, das E-Commerce-Gesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Fern-Finanz­dienstleistungs-Gesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Finanzmarktaufsichts­behördengesetz, das Finanzmarktstabilitätsgesetz, das Finanzsicherheiten-Ge­setz, das Firmenbuchgesetz, das Gerichtsorganisationsgesetz, die Gewerbeord­nung 1994, das Gleichbehandlungsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsge­setz, die Insolvenzordnung, das Investmentfondsgesetz 2011, das Kapitalversi­cherungs-Förderungsgesetz, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Kraftfahr­zeug-Haftpflichtversicherungsgesetz 1994, das Landarbeitsgesetz 1984, das Pen­sionskassengesetz, das Rechtspflegergesetz, die Strafprozessordnung 1975, das Umgründungssteuergesetz, das Verkehrsopfer-Entschädigungsgesetz, das Ver­sicherungssteuergesetz 1953, das Versicherungsvertragsgesetz und das Wert­papieraufsichtsgesetz 2007 geändert werden (436 d.B.) ...................................... 65

Redner/Rednerinnen:

MMag. DDr. Hubert Fuchs .......................................................................................... 65

Mag. Andreas Zakostelsky ...................................................................................  67, 70

Hermann Lipitsch ......................................................................................................... 68

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 435 und 436 d.B. ........................................... 85

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (361 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Sanierung und Abwicklung von Banken erlassen wird, mit dem das Bankwesengesetz, das Finanzmarktauf­sichtsbehördengesetz, die Insolvenzordnung, das Übernahmegesetz, das Wert­papieraufsichtsgesetz 2007, das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz, das Ratingagenturenvollzugsgesetz und das Stabilitätsabgabegesetz geändert werden sowie das Bankeninterventions- und ‑restrukturierungsgesetz aufgeho­ben wird (437 d.B.) ......... 73

7. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 586/A(E) der Abge­ordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nein zur Kriminali­sierung von Sparvereinen (438 d.B.)                       73

Redner/Rednerinnen:

MMMag. Dr. Axel Kassegger ...................................................................................... 73

Jakob Auer .................................................................................................................... 74

Dr. Rainer Hable ........................................................................................................... 76

Mag. Maximilian Unterrainer ...................................................................................... 77

Bundesminister Dr. Johann Georg Schelling .......................................................... 78

Erwin Angerer .............................................................................................................. 79

Gabriel Obernosterer ................................................................................................... 80

MMag. DDr. Hubert Fuchs .......................................................................................... 81

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 81

Leopold Steinbichler .................................................................................................... 84

Annahme des Gesetzentwurfes in 437 d.B. .................................................................. 85

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 438 d.B. ....................................................... 85


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8. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Bericht des Bundesministers für Finanzen betreffend Übersicht über die österreichische Haushaltsplanung 2015 (III-118/382 d.B.) .............. 87

Redner/Rednerinnen:

Elmar Podgorschek ..................................................................................................... 87

Gabriele Tamandl ......................................................................................................... 88

Mag. Bruno Rossmann ............................................................................................... 89

Ing. Markus Vogl ........................................................................................................... 91

Dr. Kathrin Nachbaur ................................................................................................... 93

Mag. Andreas Zakostelsky .......................................................................................... 94

Dr. Rainer Hable ........................................................................................................... 94

Bundesminister Dr. Johann Georg Schelling .......................................................... 96

Johann Hell ................................................................................................................... 97

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................... 98

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer „Goldenen Regel für Investitionen“ – Ab­lehnung ..........................  90, 99

Kenntnisnahme des Berichtes III-118 d.B. ............................................................... ..... 99

9. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2013 (III-96 d.B.), über den

Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2013 (Voranschlagsvergleichsrechnung Stand 31. März 2014) (III-66 d.B.) (381 d.B.)........................................................................................................... 99

Redner/Rednerinnen:

Elmar Podgorschek ..................................................................................................... 99

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 100

Mag. Bruno Rossmann ............................................................................................. 102

Gabriele Tamandl ....................................................................................................... 103

Dr. Rainer Hable ......................................................................................................... 104

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 105

Erwin Angerer ............................................................................................................ 106

Franz Leonhard Eßl .................................................................................................... 107

Rechnungshofpräsident Dr. Josef Moser ............................................................... 108

Annahme des Gesetzentwurfes in 381 d.B. ................................................................ 111

Gemeinsame Beratung über

10. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (362 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2008, das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz, das Bundesgesetz, mit dem das Finanzaus­gleichsgesetz 1993 geändert wird, BGBl. Nr. 959/1993, das Finanzausgleichsge­setz 2001, das Transparenzdatenbankgesetz 2012 und das Gebührengesetz 1957 geändert werden (384 d.B.) ...................................................................................................................... 111

11. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (363 d.B.): Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern, mit der die Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die gemeinsame Förderung der 24-Stunden-Betreuung und die Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Ab­geltung stationärer medizinischer Versorgungsleistungen von öffentlichen Kran­kenanstalten für Insassen von Justizanstalten geändert werden (385 d.B.) ................................................................ 111

Redner/Rednerinnen:

Elmar Podgorschek ................................................................................................... 111

Nikolaus Prinz ............................................................................................................. 112


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 9

Mag. Bruno Rossmann ............................................................................................. 113

Mag. Karin Greiner ..................................................................................................... 114

Dr. Kathrin Nachbaur ................................................................................................. 115

Franz Leonhard Eßl .................................................................................................... 115

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 116

Ing. Manfred Hofinger ................................................................................................ 118

Wolfgang Zanger ........................................................................................................ 119

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rahmenbedingungen für die Finanzausgleichsverhand­lungen – Ablehnung .....  117, 121

Annahme des Gesetzentwurfes in 384 d.B. ................................................................ 121

Genehmigung der Vereinbarung in 385 d.B. ................................................................ 121

12. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (271 d.B.): Beschluss des Rates vom 26. Mai 2014 über das Eigenmittelsystem der Europäi­schen Union (383 d.B.)                         121

Redner/Rednerinnen:

Mag. Roman Haider ................................................................................................... 121

Mag. Andreas Hanger ................................................................................................ 123

Mag. Bruno Rossmann ............................................................................................. 124

Ing. Mag. Hubert Kuzdas ........................................................................................... 125

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................... 126

Genehmigung des Beschlusses des Rates in 383 d.B. .............................................. 127

13. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (372 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956 und das Vertragsbe­dienstetengesetz 1948 geändert werden (430 d.B.) ............................................................................................................................. 127

Redner/Rednerinnen:

Mag. Wolfgang Gerstl ................................................................................................ 127

Christian Lausch ........................................................................................................ 128

Otto Pendl ................................................................................................................... 129

Annahme des Gesetzentwurfes in 430 d.B. ................................................................ 130

14. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 804/A der Ab­geordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Maximilian Unterrainer, Mag. Roman Hai­der, Leopold Steinbichler, Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medienkooperations- und -förderungs-Transparenz-
Gesetz geändert wird (431 d.B.) .................................................................................. 130

Redner/Rednerinnen:

Mag. Maximilian Unterrainer .................................................................................... 130

Gabriel Obernosterer ................................................................................................. 131

Mag. Roman Haider ................................................................................................... 195

Georg Willi .................................................................................................................. 196

Leopold Steinbichler .................................................................................................. 197

Annahme des Gesetzentwurfes in 431 d.B. ................................................................ 197

Gemeinsame Beratung über

15. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (322 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz und das Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981 geändert werden (376 d.B.) ......................................................................................................... 198


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 10

16. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 25/A der Abgeord­neten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur sozialen Absicherung von Künstlerin­nen und Künstlern geschaffen und das geltende Künstler-Sozialversicherungs­fondsgesetz (K-SVFG) aufgehoben wird (377 d.B.) .............................................................................. 198

17. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 530/A(E) der Abge­ordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend Selbstverpflichtung der Kulturbetriebe für faire Arbeitsverhältnisse (378 d.B.) ...................................................................................... 198

Redner/Rednerinnen:

Wendelin Mölzer ......................................................................................................... 198

Elisabeth Hakel ........................................................................................................... 200

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ......................................................................................... 201

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................................................ 202

Josef A. Riemer .......................................................................................................... 203

Dr. Marcus Franz ........................................................................................................ 204

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES ............................................................................ 205

Bundesminister Dr. Josef Ostermayer ................................................................... 206

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 207

Mag. Dr. Beatrix Karl ................................................................................................. 208

Entschließungsantrag der Abgeordneten Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend steuerliche Absetzbarkeit von Kunst- und Kultursponsoring – Ablehnung ............................  199, 209

Annahme des Gesetzentwurfes in 376 d.B. ................................................................ 209

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 377 und 378 d.B. .............................. 209

18. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (299 d.B.): Abkommen über die Gemeinschaftsproduktion von Filmen zwischen der Regie­rung der Republik Österreich und der Regierung des Staates Israel (379 d.B.) ........................................................................................ 209

Redner/Rednerinnen:

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 210

Norbert Sieber ............................................................................................................ 210

Genehmigung des Staatsvertrages in 379 d.B. ........................................................... 211

19. Punkt: Dritte Lesung: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 719/A der Abgeordneten Mag. Andreas Schieder, Dr. Reinhold Lopatka, Heinz-Christian Strache, Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesge­setz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird, sowie über den

Antrag 306/A der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsord­nung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird, und über den

Antrag 12/A der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäfts­ordnungsgesetz 1975) geändert werden (440 d.B.) ..... 211

Annahme des Gesetzentwurfes in 440 d.B. ................................................................ 21


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 11

2

20. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 833/A der Abgeordneten Josef Muchitsch, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird (447 d.B.) ...................................................... 212

Annahme des Gesetzentwurfes in 447 d.B. (namentliche Abstimmung) .................... 212

Gemeinsame Beratung über

21. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (347 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozessordnung 1975, das Jugendgerichtsgesetz, das Bewährungshilfegesetz, das Exekutivdienst- und Anerkennungszeichengesetz und das Rechtspraktikantengesetz geändert werden (Strafvollzugsreorganisationsgesetz 2014) (396 d.B.)         ............................................................................................................................. 214

22. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (348 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 ge­ändert werden (397 d.B.)                    215

23. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (353 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG), das Aus­lieferungs- und Rechtshilfegesetz (ARHG) und das Strafregistergesetz 1968 ge­ändert werden (EU-JZG-ÄndG 2014) (398 d.B.) ............. 215

Redner/Rednerinnen:

Mag. Michaela Steinacker ......................................................................................... 215

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................ 216

Christian Lausch ........................................................................................................ 216

Mag. Albert Steinhauser ............................................................................................ 217

Dr. Georg Vetter ......................................................................................................... 218

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES ............................................................................ 218

Bundesminister Dr. Wolfgang Brandstetter ........................................................... 219

Mag. Friedrich Ofenauer ........................................................................................... 221

Otto Pendl ................................................................................................................... 221

Mag. Gernot Darmann ............................................................................................... 222

Dr. Nikolaus Scherak ................................................................................................. 226

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ................................................................................ 227

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 228

Mag. Elisabeth Grossmann ...................................................................................... 229

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Vorbeugung von sexuellen Übergriffen auf minderjährige, wehrlose sowie psychisch beeinträchtigte Personen in privaten und öffentlichen Betreuungseinrichtungen und -organisationen durch Personen, die in der Erziehung, Ausbildung oder Beaufsichtigung sowie sonstigen intensi­ven Kontakten mit Minderjährigen oder wehrlosen beziehungsweise psychisch be­einträchtigten Personen tätig sind (Verschärfung des Tätigkeitsverbotes) – Ableh­nung ..........................................  224, 230

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 396, 397 und 398 d.B. ...................................... 229

24. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (366 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz und das Gerichtliche Ein­bringungsgesetz geändert werden (Gerichtsgebühren-Novelle 2014 – GGN 2014) (399 d.B.) .......................................................................... 230

Redner/Rednerinnen:

Eva-Maria Himmelbauer, BSc .................................................................................. 230

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 231


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 12

Mag. Philipp Schrangl ............................................................................................... 232

Mag. Albert Steinhauser ............................................................................................ 233

Dr. Georg Vetter ......................................................................................................... 234

Bundesminister Dr. Wolfgang Brandstetter ........................................................... 234

Dipl.-Ing. Georg Strasser ........................................................................................... 236

Dr. Peter Wittmann .................................................................................................... 236

Annahme des Gesetzentwurfes in 399 d.B. ................................................................ 237

25. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (367 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Unternehmensgesetzbuch, das Aktiengesetz, das GmbH-Gesetz, das Genossenschaftsgesetz, das Genossenschaftsrevisionsgesetz 1997, das SE-Gesetz, das Vereinsgesetz und das Einkommensteuergesetz 1988 geän­dert werden (Rechnungslegungs-Änderungsgesetz 2014 – RÄG 2014) (400 d.B.)                                                                                                                                                     237

Redner/Rednerinnen:

Dr. Georg Vetter ......................................................................................................... 237

Ing. Mag. Werner Groiß ............................................................................................. 238

Mag. Beate Meinl-ReisingerMES ............................................................................ 240

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................ 240

MMag. DDr. Hubert Fuchs ........................................................................................ 241

Bundesminister Dr. Wolfgang Brandstetter ........................................................... 242

Matthias Köchl ............................................................................................................ 242

Annahme des Gesetzentwurfes in 400 d.B. ................................................................ 243

26. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (368 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz geändert wird (Urheberrechts­gesetz-Novelle 2014 – UrhG-Nov 2014) (401 d.B.)      ............................................................................................................................. 243

Redner/Rednerinnen:

Mag. Michaela Steinacker ......................................................................................... 244

Dr. Harald Troch ......................................................................................................... 244

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ......................................................................................... 245

Mag. Nikolaus Alm ..................................................................................................... 246

Bundesminister Dr. Wolfgang Brandstetter ........................................................... 248

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Durchführung einer Studie zur Evaluierung des Anspruchs auf Vergütung aus Privatkopien – Ablehnung            247, 249

Annahme des Gesetzentwurfes in 401 d.B. ................................................................ 249

27. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (370 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 15. Feber 1972 über den Über­gang der Zivil- und Strafsachen und die Änderung der Zuständigkeit bei der Auf­lassung von Bezirksgerichten geändert und das Bundesgesetz über die Organi­sation der Bezirksgerichte in Graz aufgehoben wird (402 d.B.) ............................................. 249

Redner/Rednerinnen:

Mag. Bernd Schönegger ........................................................................................... 249

Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger ............................................................................... 250

Annahme des Gesetzentwurfes in 402 d.B. ................................................................ 250

Gemeinsame Beratung über

28. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über die Regierungsvorlage (352 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz, das Wohnungsgemeinnützigkeits­gesetz und das Wohnungseigentumsgesetz 2002 geändert werden und eine Re-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 13

gelung über die Erhaltung von Wärmebereitungsgeräten im Teilanwendungsbe­reich des § 1 Abs. 4 MRG getroffen wird (Wohnrechtsnovelle 2015 – WRN 2015) (386 d.B.)                    250

29. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 798/A(E) der Abge­ordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gebühren­zahlung auf Grund nachträglicher Zurechnung der Kellerabteile zur Wohnnutzflä­che (387 d.B.) ............................................................... 250

Redner/Rednerinnen:

Mag. Philipp Schrangl ............................................................................................... 251

Johann Singer ............................................................................................................ 251

Dr. Georg Vetter ......................................................................................................... 252

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 253

Rupert Doppler ........................................................................................................... 254

Mag. Albert Steinhauser ............................................................................................ 255

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................. 256

Norbert Sieber ............................................................................................................ 257

Dr. Harald Troch ......................................................................................................... 258

Mag. Michaela Steinacker ......................................................................................... 258

Katharina Kucharowits .............................................................................................. 259

Franz Kirchgatterer .................................................................................................... 260

Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger ............................................................................... 260

Annahme des Gesetzentwurfes in 386 d.B. ................................................................ 261

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 387 d.B. ..................................................... 261

Gemeinsame Beratung über

30. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2013/10 (III-23/407 d.B.) ...................................................................................... 261

31. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2014/6 (III-63/408 d.B.) ........................................................................................ 261

Redner/Rednerinnen:

Wolfgang Zanger ........................................................................................................ 262

Elmar Mayer ................................................................................................................ 264

Mag. Josef Lettenbichler ........................................................................................... 264

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 265

Martina Schenk ........................................................................................................... 266

Mag. Karin Greiner ..................................................................................................... 268

Philip Kucher .............................................................................................................. 269

Entschließungsantrag der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofes aus dem Bericht Bund 2014/6 bezüglich des Pensionsrechtes der Bediensteten der Oesterreichischen Nationalbank – Ablehnung  263, 270

Kenntnisnahme der beiden Berichte III-23 und III-63 d.B. ............................................ 269

32. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2011/12 (III-7/409 d.B.) ........................................................................................ 270

Redner/Rednerinnen:

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 270

Andreas Ottenschläger ............................................................................................. 270

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................... 271

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 272


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 14

Andrea Gessl-Ranftl .................................................................................................. 273

Rupert Doppler ........................................................................................................... 274

Kenntnisnahme des Berichtes III-7 d.B. ....................................................................... 274

33. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrge­setz 1967 geändert wird (762/A)               274

Redner/Rednerinnen:

Carmen Schimanek ................................................................................................... 274

Anton Heinzl ............................................................................................................... 275

Andreas Ottenschläger ............................................................................................. 275

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 276

Leopold Steinbichler .................................................................................................. 277

Zuweisung des Antrages 762/A an den Verkehrsausschuss ...................................... 277

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Johann Höfinger, Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Umweltförderungsgesetz (UFG), BGBl. Nr. 185/1993, zuletzt geän­dert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 40/2014, geändert wird (834/A)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung der Doppelresi­denz für Trennungskinder (835/A)(E)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reform der Pensionssiche­rungskommission (836/A)(E)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Inanspruchnahme der Schwer­arbeiterregelung durch Justizwachebeamte (837/A)(E)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend mehr Vorbereitungsstunden für die neue Reifeprüfung (838/A)(E)

Rouven Ertlschweiger, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einheitliche Zu­gangsregelungen für alle Studierenden“ (839/A)(E)

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­verfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930, geän­dert wird (840/A)

Franz Kirchgatterer, Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend die Menschenrechtslage im österreichischen Strafvollzug und Maßnah­menvollzug (841/A)(E)

Michael Pock, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (842/A)

Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend anlasslose Überprüfungs­möglichkeit Datenschutzbehörde (843/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entwicklung von „Umbau statt Ausbau“-Modellen zur Sicherstellung bedarfsgerechter Pflege und deren nachhal­tiger Finanzierung (844/A)(E)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 15

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zielsteuerungsgruppe für bedarfsgerechte Pflege (845/A)(E)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auflösung der Justizbetreu­ungsagentur (846/A)(E)

MMag. DDr. Hubert Fuchs, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Privatstiftungsgesetz, BGBl. Nr. 694/1993, zuletzt geändert durch das Bun­desgesetz BGBl. I Nr. 111/2010, geändert wird (847/A)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhalt des Verladebahnhofes Kühnsdorf (848/A)(E)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Umsetzung der Empfeh­lungen des Rechnungshofes aus dem Bericht Bund 2014/6 bzgl. des Pensionsrechtes der Bediensteten der Österreichischen Nationalbank (849/A)(E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Information über Gefahren bei der Handy-Benutzung (850/A)(E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend handyfreie Zonen – „Ruhe­zonen“ – in Zügen (851/A)(E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundesgesetz zum Schutz von Mensch und Umwelt vor Schäden durch nichtionisierende/elektromagnetische Strah­lung (852/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Hypo Alpe Adria: „Retten, was zu retten ist. Untersuchen, was zu untersu­chen ist.“ (3281/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend gescheiterte Zugbegegnung am Arlberg (3282/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Naturalsubventionen an die Vienna Inter­national School (3283/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Förderungen an die Vienna International School seitens des BMBF (3284/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Inte­gration und Äußeres betreffend Förderungen an die Vienna International School (3285/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Vermögensdaten (Folgeanfrage zu 2305/J) (3286/J)

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend „Ausstellung von Waffenpässen“ (3287/J)

Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Ausgleich für die Folgen des russischen Importstopps“ (3288/J)

Harry Buchmayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend Erstversorgungssituation durch Herzkatheder in Österreich (3289/J)


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Dr. Rainer Hable, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend der Ausgabenkürzungen im Bundeshaushalt 2015 (3290/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Umsetzung des Regierungsprogramms im Bereich Integration (3291/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Umsetzung des Regierungsprogramms im Bereich Integration (3292/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Umsetzung des Regierungsprogramms im Bereich Integration (3293/J)

Michael Pock, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Umsetzung des Regierungsprogramms im Bereich Frauen (3294/J)

Michael Pock, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Umsetzung des Regierungspro­gramms im Bereich Umwelt schützen und nachhaltiges Wachstum fördern (3295/J)

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Umsetzung des Regierungsprogramms im Bereich Familien- und Jugendpolitik (3296/J)

Michael Pock, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Umsetzung des Regierungspro­gramms in den Bereichen Energie und Umwelt (3297/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Umsetzung des Regierungsprogramms im Bereich Forschung und Innovation (3298/J)

Mag. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien betreffend Umsetzung des Regierungsprogramms im Bereich Politische Partizipation und Grundrechte (3299/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien betreffend Umsetzung des Regierungsprogramms im Bereich Moderner Staat (3300/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Umsetzung des Regierungsprogramms im Bereich Integration (3301/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien betreffend Umsetzung des Regierungsprogramms im Bereich Integration (3302/J)

Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bil­dung und Frauen betreffend Umsetzungsstand der im Regierungsprogramm festgeleg­ten Maßnahmen im Bereich Bildung (3303/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz be­treffend Umsetzung des Regierungsprogramms im Bereich Politische Partizipation und Grundrechte (3304/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Umsetzung des Regierungsprogramms im Be­reich Moderner Staat (3305/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 17

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Umsetzung des Regierungsprogramms im Bereich Politische Partizipation und Grundrechte (3306/J)

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien betreffend Umsetzung des Regierungs­programms im Bereich Kunst und Kultur (3307/J)

Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien betreffend Umsetzung des Regierungsprogramms im Bereich Föderalismusreform (3308/J)

Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien betreffend Umsetzung des Regierungsprogramms im Bereich Medien (3309/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Umsetzung des Regierungsprogramms im Bereich Wissenschaft (3310/J)

Michael Pock, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend Umsetzung des Regierungsprogramms im Bereich In­novation und Telekommunikation (3311/J)

Ing. Mag. Werner Groiß, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­desverteidigung und Sport betreffend die Anfragebeantwortung 2582/AB zur geplanten Schließung der Radetzky-Kaserne in Horn (3312/J)


 


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 18

09.05.12Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Doris Bures, Zweiter Präsident Karlheinz Kopf, Dritter Präsi­dent Ing. Norbert Hofer.

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Ich wünsche Ihnen einen schönen guten Morgen und er­öffne die 55. Sitzung des Nationalrates.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Katzian, Keck, Weninger, Gahr, Dr. Be­lakowitsch-Jenewein, Ing. Hackl, Walter Rauch, Barbara Rosenkranz, Dr. Winter, Mag. As­lan, Mag. Brunner und Ing. Dietrich.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Doris Bures: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Vertre­tung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter wird durch die Bundesministerin für Familien und Jugend Dr. Sophie Karmasin vertreten. Weiters wird die Bundesministerin für Inneres Mag. Jo­hanna Mikl-Leitner krankheitsbedingt durch den Bundesminister für Justiz Dr. Wolf­gang Brandstetter vertreten.

*****

Ich gebe bekannt, dass diese Sitzung von ORF 2 bis 13 Uhr live übertragen wird. ORF III wird diese Sitzung in voller Länge übertragen, wobei jener Teil der Sitzung, der deutlich über 19.50 Uhr hinausgeht, zeitversetzt ab 23.30 Uhr gesendet wird.

09.06.39Fragestunde

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zur Fragestunde.

Die Fragestellungen durch die Damen und Herren Abgeordneten werden von den bei­den Rednerpulten im Halbrund aus vorgenommen, die Beantwortung durch den Herrn Bundesminister für Finanzen vom Rednerpult der Abgeordneten aus.

Für die Anfrage- und Zusatzfragesteller ist jeweils 1 Minute Redezeit vorgesehen. Die Beantwortung der Anfragen soll jeweils maximal 2 Minuten, jene der Zusatzfragen je­weils maximal 1 Minute dauern. Wenige Sekunden vor Ende der jeweiligen Redezeit werde ich auf deren Ablauf auch aufmerksam machen.

Bundesministerium für Finanzen

 


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen nun zur 1. Anfrage, jener des Herrn Abgeord­neten Krainer. – Bitte.

 


Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Guten Morgen, Herr Bundesminister! Es gibt ja unterschiedliche Arten, sein Geld zu verdienen. Der Großteil der Österreicherinnen und Österreicher geht arbeiten, manche verfügen über Vermögen oder Kapitaleinkommen. Verdient jemand 50 000 € aufgrund von Kapitaleinkommen, zahlt er 25 Prozent an Steu­ern und Abgaben, verdient jemand 50 000 € durch Arbeit, zahlt er in etwa 50 Prozent,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 19

also zirka das Doppelte, an Steuern und Abgaben. Die SPÖ findet das ungerecht und möchte, dass Vermögen und Kapital höher besteuert werden und Arbeit geringer.

Was werden Sie unternehmen, damit Einkommen aus Arbeit genauso niedrig oder ge­nauso hoch besteuert wird wie Einkommen aus Kapital und Vermögen?

*****

Die schriftlich eingereichte Anfrage, 82/M, hat folgenden Wortlaut:

„Welche Schritte werden Sie setzen, dass Einkommen aus Kapital und Vermögen ge­nauso besteuert werden wie Arbeitseinkommen?“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Abgeordneter, ich habe zuerst bei Ihrer Frage überlegt, ob sie darauf ab­zielt, dass Sie beabsichtigen, die Arbeitseinkommen so zu besteuern wie jetzt das Ka­pital. (Beifall bei ÖVP und Team Stronach sowie bei Abgeordneten der FPÖ.) Die Er­läuterungen, die Sie nun gegeben haben, zeigen natürlich das Gegenteil, und das ha­be ich in Wirklichkeit auch nicht anders erwartet.

Wir haben ein gewachsenes Steuersystem. Leider wurden bei den Steuervorgängen immer nur punktuelle Maßnahmen gesetzt und nie ein Gesamtkonzept entwickelt. Ich darf darauf hinweisen, dass beide Koalitionsparteien nun mit der vorgesehenen Steuer­reform den Eingangssteuersatz auf 25 Prozent senken wollen und damit zumindest diesen Wert einmal festlegen.

Aus meiner Sicht macht es keinen Sinn, Einkommen aus Kapital und Vermögen voll­kommen identisch zu betrachten und zu besteuern. Österreich hat in den letzten Jah­ren bei den Vermögensteuern sehr stark auf Vermögenszuwachssteuern gesetzt und hat nicht zuletzt auch im Bereich der Immobilien, mit der ImmoESt, noch einen Zusatz gefahren. Daher sehe ich Moment für weitere steuerliche Maßnahmen bei der Vermö­gensbesteuerung keine Notwendigkeiten.

Die Endbesteuerung, wie wir sie jetzt bei den Kapitalertragsteuern haben, ist seit 1993 eine Erfolgsgeschichte. Sie ist unbürokratisch, und der Steuerpflichtige hat hier vollau­tomatisch eine Endbesteuerung, eine Hinterziehung ist so gut wie nicht möglich. Das Modell wurde übernommen, und daher glaube ich, dass wir mit Vermögenszuwachs- statt Substanzbesteuerungen den richtigen Weg beschritten haben. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Krainer.

 


Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ein Grundprinzip von allen Steuersystemen ist die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Glauben Sie, dass jemand, der 10 Millionen € Ver­mögen besitzt und 50 000 € Einkommen daraus erhält, genau dieselbe wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hat, wie jemand, der null Vermögen hat und genauso 50 000 € Ar­beitseinkommen hat? (Abg. Neubauer: Der spricht vom Herrn Faymann!)

Oder glauben Sie, dass jemand, der ein hohes Vermögen hat, auch eine höhere wirt­schaftliche Leistungsfähigkeit hat, und dass es deswegen nur recht und billig und auch gerecht ist, dafür einen höheren steuerlichen Beitrag zu leisten, wie das ja in vielen Ländern der Fall ist, zum Beispiel in unserem Nachbarland, der Schweiz? (Abg. Neu­bauer: Steuern! Steuern! Steuern!)

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 20

Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Herr Abgeordneter, soll­ten Sie das Schweizer Modell machen, bin ich bei Ihnen. Sollte der Steuersatz 30 Pro­zent erreichen, können wir über alles reden. Worüber ich nicht reden möchte, ist, dass wir in einem Hochsteuerland, das ein Ausgabenproblem hat, neue Steuern einführen, die zu einer zusätzlichen Belastung des Standortes führen würden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von FPÖ, Team Stronach und NEOS.)

Zum Zweiten: Ich glaube, dass die Einkommensteuern (Zwischenrufe bei der FPÖ) – Sie kommen vielleicht eh noch dran, oder auch nicht, macht ja nichts! – in einem sehr gestaffelten Tarif verlaufen und dass diejenigen, die am Schluss Vermögen haben, über die hohen Einkommensteuertarife bereits einmal mit hohen Steuersätzen belastet wurden, während die, die weniger verdienen, mit niedrigen Steuersätzen belastet wer­den. (Abg. Krainer: Das ist zwar keine Antwort auf meine Frage, denn es ging um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit !)

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Wöginger. (Abg. Räd­ler: Da brauchst nicht mehr raus!)

 


Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Finanzminister Schel­ling, Sie haben ja gestern gemeinsam mit Herrn Vizekanzler Mitterlehner ein umfas­sendes Steuerreformkonzept mit einem Gesamtvolumen von 7 Milliarden € vorgestellt, wobei die Entlastung in der ersten Phase 5 Milliarden € und dann in einer zweiten Pha­se 2 Milliarden € betragen soll. Die Gegenfinanzierung soll ohne neue Steuern, ohne neue Belastungen geschehen. Mir gefällt dieses Konzept insgesamt sehr gut.

Welcher Personenkreis, Herr Finanzminister, wird bei diesem Steuerreformkonzept be­sonders entlastet?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Herr Abgeordneter, das Konzept sieht zuallererst einmal vor, dass man im Bereich der Lohnsteuer einen Ein­gangssteuersatz von 25 Prozent erreicht. Das würde bedeuten, dass durch diesen Steuertarif, den wir jetzt vorgesehen haben, bis zur Einkommensklasse von 30 000 € pro Jahr eine Entlastung von zirka 2,2 Milliarden € vorgesehen ist. Das heißt, zuerst werden einmal die unteren Einkommen entlastet.

Zum Zweiten müssen wir selbstverständlich auch danach trachten, dass in den mittle­ren Einkommensbereichen ein ausgewogener Verlauf dieser Steuer erfolgt, und das ist mit unserem Modell auch gelungen.

Im Gegensatz zu anderen Modellen planen wir auch eine Entlastung bei den Familien. (Abg. Brosz: Wer ist wir? Die ÖVP!?) – Selbstverständlich. Darf ich Sie darauf hinwei­sen: Abgeordneter Wöginger hat auf das ÖVP-Konzept reflektiert. Und ich antworte jetzt auf das ÖVP-Konzept. Er hat gefragt, ob dieses Konzept so ist. Sie dürfen es mir überlassen, wie ich die Frage beantworte. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Vav­rik. – Zwischenruf des Abg. Brosz.) – Sie können die Fragen stellen, ich gebe die Ant­worten, das ist das Spiel hier. (Abg. Brosz:  Geschäftsordnung! – Zwischenrufe der Abgeordneten Steinhauser und Pirklhuber.)

Daher, werde ich gefragt, was dieses Konzept vorsieht, betone ich jetzt ausdrücklich: Das von der ÖVP vorgestellte Konzept sieht die Entlastung der untersten Einkommen in hohem Umfang vor, es sieht die Entlastung der mittleren Einkommen vor und es sieht eine Entlastung der Familien und der Unternehmen, der Pensionisten und der Bauern vor. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Neubauer. – Abg. Kogler:  dass die ÖVP eine super Partei ist!)

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Klubvorsitzende Dr. Nachbaur.

 



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Abgeordnete Dr. Kathrin Nachbaur (STRONACH): Guten Morgen, Herr Finanzminis­ter! In jenen Ländern, die eine Erbschafts- und Vermögensteuer haben, ist erwiesener­maßen die Vermögensverteilung viel ungleicher als in Österreich, man braucht sich nur die Schweiz, Großbritannien oder auch die USA anzuschauen. Zudem sind wir der Meinung, dass jede Steuererhöhung und jede zusätzliche Einnahme – durch entweder neue oder erhöhte Steuern – nur dazu beitragen würde, dass sich diese Regierung in puncto Reformen keinen Millimeter weiter bewegen muss.

Sie haben ja erfreulicherweise schon mehrmals zutreffend festgestellt, dass Österreich ein Ausgabenproblem hat. Meine Frage lautet daher:

Können Sie garantieren, dass unter Ihnen als Finanzminister keine neue Steuer und keine Steuererhöhung eingeführt wird?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Frau Abgeordnete, wenn Sie sich die vorgestellten Konzepte der einzelnen Parteien anschauen, werden Sie fest­stellen, dass in dem von mir vorgestellten ÖVP-Konzept die Frage von Erbschafts-, Schenkungs- und Vermögensteuer nicht vorkommt. (Beifall bei ÖVP und Team Stro­nach sowie der Abgeordneten Loacker und Vavrik.)

Ich vertrete den Standpunkt – und dieser wurde ja schon bei meiner Antrittsrede hier im Parlament von allen Fraktionen bestätigt –, dass hier ein Ausgabenproblem besteht, und man sollte versuchen, dieses Ausgabenproblem in den Griff zu bekommen. Es hat noch nie funktioniert, dass nach einer Steuererhöhung die Ausgaben heruntergefahren wurden, sondern es hat immer so funktioniert: Die Steuern wurden erhöht, und die Aus­gaben wurden überproportional erhöht.

Daher glaube ich, dass es der richtige Weg ist, zuerst zu fragen: Wie gehen wir diesen Weg mit den Ausgabensenkungen an? Die Diskussion darüber ist im Gange. Es liegen mehrere Konzepte vor, die jetzt zu verhandeln sind. (Beifall bei ÖVP und Team Stro­nach.)

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zur 2. Anfrage, das ist die des Herrn Abgeord­neten Mag. Zakostelsky. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Andreas Zakostelsky (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Hohes Haus! Meine Frage lautet:

74/M

„Wie gedenkt Österreich vorzugehen, um unfairen Steuerpraktiken in der Europäischen Union entgegenzutreten und einen transparenten und fairen Steuerwettbewerb sicher­zustellen?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Herr Abgeordneter, es wurden auf der Ebene des ECOFIN umfangreiche Maßnahmen diskutiert. Ich darf auch darauf hinweisen, dass Österreich neben Frankreich das erste Land war, das den OECD-Standard akzeptiert und unterschrieben hat, der eine wesentliche Vorausset­zung für die weitere Vorgangsweise ist.

Wir beteiligen uns aktiv und sehr intensiv als Mitarbeiter unserer Organisation im Be­reich Code of Conduct auf europäischer Ebene. Dabei geht es um verschiedenste Vor­gaben, wie wir diese meist legalen, aber doch steuerverschiebenden Möglichkeiten be­einträchtigen und damit auch auf europäischer Ebene regeln können.


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Die nationale Gesetzgebung wurde angepasst, und es wird auf europäischer Ebene auch noch weitere Initiativen geben. Wir fordern eine einheitliche Einführung eines Trust Registers, damit auch diese nachvollzogen werden können. Es wurde ein Brief an Herrn Kommissar Moscovici geschickt, in dem gefordert wird, dass die Code-of-Conduct-Gruppe beschleunigt und rechtsverbindlich arbeitet. Es gibt die Amtshilfericht­linie, und gemeinsam wurde der automatische Informationsaustausch ab dem Jahr 2017 beschlossen.

Auf globaler Ebene geht es auch noch darum, dass das von der OECD vorgestellte Konzept BEPS umgesetzt wird, und zwar unabhängig von und nicht junktimiert mit an­deren Regeln, denn daran hängt derzeit die Umsetzung. Wir setzen uns daher beson­ders dafür ein, dass es da zu einem globalen Umdenken kommt.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Zakostelsky.

 


Abgeordneter Mag. Andreas Zakostelsky (ÖVP): Herr Bundesminister, für uns in Österreich und letztendlich vor allem für unser Budget besonders wichtig ist die Frage, welche Maßnahmen Sie setzen werden, um die Rahmenbedingungen sicherzustellen, dass große Unternehmungen, die gerade in Österreich Gewinne erzielen, diese nicht ins Ausland transferieren, um dort die niedrigeren Steuersätze zu nutzen.

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Da wurden bereits viele Maßnahmen gesetzt. Das eine ist das Abgabenänderungsgesetz 2014 mit dem Ab­zugsverbot für Zinsen und Lizenzgebühren, das haben wir mit dem 2. Abgabenände­rungsgesetz 2014, das zur Beschlussfassung vorliegt, noch einmal nachjustiert. Wir sind die Ersten, die das machen; in den anderen Ländern, die davon profitieren, wird das erst theoretisch diskutiert.

Wir haben vor, weitere Maßnahmen im Bereich der Betrugsbekämpfung zu setzen. Bei den Betriebsprüfungen der international vernetzten Unternehmen und Konzerne wurde die Verrechnungspreisgestaltung intensiv hinterfragt, damit wurden auch potenziell miss­bräuchliche Konstruktionen aufgezeigt.

Der nächste Schritt wird die Aufstockung der Personalressourcen sein, und dass in der Aus- und Fortbildung zusätzliche Maßnahmen angeboten werden. Es sollen alle Maß­nahmen gesetzt werden, um mit Gruppenanfragen oder auch mit anderen Themen je­ne Probleme auf nationaler Ebene zu lösen, die an und für sich auf europäischer Ebe­ne passieren.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Deimek.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Ei­ne Symbolfigur der europäischen Steuerpolitik und vor allem der europäischen Steu­erpraktiken ist ja der Präsident des Europäischen Parlaments Martin Schulz, der der­zeit auf Parteitagen als Symbolfigur und als Robin Hood der Steuergerechtigkeit um­hergereicht wird, selbst aber eher Steuerprivilegien wie ein Sheriff von Nottingham ge­nießt.

Werden Sie sich auch in diesem Fall für Steuergerechtigkeit und Steuerfairness in ganz Europa – das heißt, auch in den Organen der EU – einsetzen?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Das Thema Steuerge­rechtigkeit hat viele Facetten. Es wird meistens nur irgendeine herausgepickt, die gera­de aktuell ist. Aber wir haben eine durchaus breite Palette, daher ist die Frage mit Ja zu beantworten: Ich werde mich auch dafür einsetzen. (Beifall bei der ÖVP.)

 



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Präsidentin Doris Bures: Wir kommen damit zur 3. Anfrage, der des Herrn Abgeord­neten Dr. Fuchs. – Bitte.

 


Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Das heuer in Kraft getretene Steuerab­kommen mit dem Fürstentum Liechtenstein sollte nach Schätzungen des Finanzminis­teriums 500 Millionen € in das Budget spülen. Diese Schätzung erwies sich als über­höht. Es wird nur mehr mit einer Einnahme in Höhe von 300 Millionen € gerechnet.

Gründe für die Mindereinnahmen sind die kalte Repatriierung, die schleppende Über­mittlung der Stiftungsdokumente durch die liechtensteinische Steuerbehörde und der Wortlaut des Steuerabkommens selbst. Ein in den Medien zitierter Finanzbeamter spricht von einem „Kniefall, mit dem man Liechtenstein wieder salonfähig gemacht hat. Und das wegen lächerlicher 300 Millionen Euro“.

In diesem Zusammenhang meine Frage:

78/M

„Warum wurden Ermessensstrukturen – also Ermessensstiftungen oder Discretionary Trusts – nicht in den Anwendungsbereich des Abkommens zwischen der Republik Ös­terreich und dem Fürstentum Liechtenstein über die Zusammenarbeit im Bereich der Steuern aufgenommen?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Zuerst kurz zur Aufklä­rung: Das liechtensteinische Stiftungsrecht und das österreichische Stiftungsrecht sind nicht ident. Im liechtensteinischen Stiftungsrecht sind umfangreiche Einflussnahmen des Stifters vorzusehen und mittels Mandatsvertrag abzusichern. Zwei Punkte sind hin­sichtlich dieser Situation zu erwähnen.

Erstens: Die Ermessensstiftungen sind vom Steuerabkommen erfasst. Es ist daher nicht richtig, dass solche Discretionary Trusts nicht vom Steuerabkommen mit dem Fürstentum Liechtenstein erfasst sind. Vielmehr wurde für diese Strukturen, sowohl für die Legalisierung der Vergangenheit als auch für die zukünftigen Besteuerungen, eine sachgerechte Lösung im Rahmen des Steuerabkommens gefunden.

Zweitens: Ich hatte ein Gespräch mit dem Regierungschef von Liechtenstein. Wir sind übereingekommen, dass jetzt auf der technischen Ebene untersucht wird, ob alles, was vereinbart wurde, auch geliefert wird – vor allem, was den Datenaustausch anbelangt. Da es in Zukunft auch das Instrument von Gruppenanfragen gibt, werden wir auch die­ses Instrument zusätzlich einsetzen.

Vonseiten Liechtensteins wurde zugesagt, dass man kooperationsbereit ist und dass es zu einer Art Evaluierung des Istzustandes betreffend dieses Steuerabkommen kommt. Richtig ist, dass die Schätzungen, die höher waren, im heurigen Jahr nicht eintreten wer­den.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.

 


Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): In der Literatur und auch in der Pra­xis geht man davon aus, dass solche Ermessensstrukturen nicht Bestandteil des Ab­kommens sind. In einer ursprünglichen Fassung des Steuerabkommens war eine Auf­fangklausel vorgesehen, die nun nicht mehr enthalten ist. Ich würde mich freuen, wenn es hier eine Klarstellung aus dem Finanzministerium geben könnte, dass Ermessens­strukturen eindeutig auch unter das Steuerabkommen mit dem Fürstentum Liechten­stein fallen. Können Sie so eine Stellungnahme abgeben?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 



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Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Ich habe schon erwähnt, dass diese Gespräche mit Liechtenstein bereits stattfinden. Wir werden uns dafür ein­setzen, wir evaluieren das jetzt gerade. Man muss allerdings davon ausgehen, dass diese Ermessensstiftungen eher die Ausnahme darstellen, weil diese durch das andere Stiftungsrecht in der Schweiz offenzulegen sind.

Derzeit prüfen wir bei der Beurteilung nach den im österreichischen Steuerrecht gelten­den Kriterien in jedem Einzelfall genau, ob ein Discretionary Trust oder eine Ermes­sensstiftung oder eine nicht anzuerkennende transparente Stiftung vorliegt. Die jeweili­gen Entscheidungen hängen dann von der steuerlichen Prüfung ab. Wir wollen das standardisieren und mit Liechtenstein nachjustieren.

 


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen damit zur 4. Anfrage, der der Frau Abgeordne­ten Dr. Glawischnig-Piesczek. – Bitte.

 


Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Sie sind mit Sicherheit fähig, mit vielen Akteuren zu verhan­deln: mit Sozialversicherungsträgern, mit Bundesländern. Mit einem Akteur können Sie mit Sicherheit nicht verhandeln, das ist die Atmosphäre, das ist das Klima.

Klimawandel findet im Moment statt. Österreich ist im Jahr 2009 eine Verpflichtung ein­gegangen, und es ist eine sehr wichtige Verpflichtung, den Entwicklungsländern, also den Ärmsten der Armen, bei ihren Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel und zur Klimaschutzpolitik in diesen Ländern einen gewissen Beitrag zur Verfügung zu stellen. (Abg. Rädler: Frage!) Insgesamt wurde diese Verpflichtung als eines der dyna­mischsten und wichtigsten Elemente vor der Klimakonferenz, die jetzt in Lima stattfin­det, erachtet. Österreich hat bis gestern keinen Beitrag genannt. (Abg. Rädler: Was ist die Frage? – Zwischenruf des Abg. Brosz.)

Meine Frage lautet:

80/M

„Wann und mit welcher Beitragshöhe wird Österreich – als eine der letzten Industrie­nationen – das 2009 in Kopenhagen gegebene Versprechen eines Finanzierungsbei­trages zum Green Climate Fund einlösen und damit eine Bedingung zum Gelingen der Klimakonferenz von Lima und zum Abschluss eines Klimavertrages 2015 erfüllen?“

(Abg. Rädler: Ein Satz! – Abg. Glawischnig-Piesczek: Das ist eine Frage, Entschuldi­gung! Es gibt auch komplexere Sätze! – Abg. Brosz: Die versteht der Rädler nicht!)

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Frau Abgeordnete, ich habe die Frage verstanden (Heiterkeit bei den Grünen), vielleicht auch deshalb, weil ich sie davor schon kannte, da tut man sich natürlich leichter, sich mit dem Thema aus­einanderzusetzen.

Es geht grundsätzlich um die Einhaltung des Copenhagen Accord und der Finanzie­rungszusage für den Green Climate Fund. Wenn mein Wissensstand richtig ist, dann hat Herr Bundesminister Rupprechter gestern 25 Millionen Dollar zugesagt. Das ent­spricht auch dem, was mit dem Finanzministerium vereinbart wurde. Wir haben diese Zahlen nicht bekannt gegeben, weil wir erstens nicht wussten oder nicht wissen, ob aus den Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt weitere Zusagen erfolgen werden. Ich habe gestern den Medien entnommen, dass hier offensichtlich Verhandlungen mit den Ländern und privaten Institutionen zur Verdoppelung dieses Betrags stattfinden. Ich kann nur meinen Informationsstand weitergeben.

Zweiter Punkt: Wir werden heute auch noch  (Abg. Pirklhuber: Ist das Bundes- oder Landeskompetenz?  nationale Verträge!) – Ich habe jetzt gerade erzählt, was der


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Bund macht (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Pirklhuber – Zwischenruf bei der ÖVP), und habe nur berichtet, was mein Wissensstand dazu ist, was ich gestern ver­nommen habe. Ich bitte, die Frage allenfalls noch an Herrn Bundesminister Rupprech­ter zu richten, wir haben eine Ministerverantwortlichkeit, und dort ist sie besser aufge­hoben.

Wir beschließen aber heute noch ein anderes Gesetz, durch das wir mit IDA und mit anderen Gesetzen, auch mit dem GEF-Fonds, tatsächlich große Mittel zur Verfügung stellen, die zu einem beträchtlichen Teil auch klimarelevant sind. Ich bitte, das auch in Anrechnung zu bringen, es gibt Bemühungen!

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage, Frau Abgeordnete? – Bitte.

 


Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Ich darf meine Zusatzfrage stel­len. Ich weiß nicht, ob Sie die Beträge kennen, die andere Länder zur Verfügung stel­len – denn vielen ist klar, was für eine riesige Herausforderung das jetzt ist, unsere Le­bensgrundlagen bis Ende des Jahrhunderts einfach zu erhalten.

Deutschland investiert 1 Milliarde Dollar, auch kleine Länder wie Finnland, Schweiz in­vestieren über 100 Millionen Dollar, die Niederlande 134 Millionen Dollar. Sehen Sie es da nicht auch als Ihre Aufgabe als Finanzminister, für diese wichtige Zukunftsfrage Budgetmittel zu reservieren? (Beifall bei den Grünen. – Abg. Neubauer: Fürs Protokoll: Die Grünen klatschen !)

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Abgesehen von der Hö­he sind jetzt 25 Millionen Dollar oder 20 Millionen € im Budgetrahmen fixiert worden. Das ist das Resultat der Gespräche, die wir mit Herrn Bundesminister Rupprechter hat­ten. Ob es zu einer weiteren Aufstockung kommt oder nicht, ist mir derzeit nicht be­kannt.

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zur 5. Anfrage, der des Abgeordneten Ing. Lu­gar. – Bitte.

 


Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Meine Frage:

77/M

„Ein Vergleich mit der BayernLB hätte nicht annähernd so viele Vorteile für die Steuer­zahler wie eine Rückabwicklung des Vertrages. Wie Sie bereits im Finanzausschuss erwähnten, wird in Ihrem Ministerium bereits eine Rückabwicklungsklage vorbereitet. Aus Expertensicht wäre die sofortige Klagseinbringung der schonendste und sinnvolls­te Weg für die Steuerzahler. – Welche Gründe stehen aus Ihrer Sicht dagegen, die Rückabwicklungsklage sofort einzubringen?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Herr Abgeordneter, zum Ersten kommt es einmal bei der Fragestellung Vergleich oder Klage auf Folgendes an: Was ist der Vergleich? – Solange ich einen Vergleich nicht kenne, kann ich nicht be­werten, ob der Vergleich oder die Klage besser ist. Daher habe ich angekündigt, dass wir die Klage jedenfalls vorbereiten.

Zum zweiten Punkt: Sie werden aufmerksam den Bericht der Griss-Kommission gele­sen haben, und wir sollten uns daran ein Beispiel nehmen. Dort wird nämlich davon gesprochen, dass es bestimmte Alternativen gegeben hätte. Sie wurden nicht darge­stellt, daher ist es unsere Aufgabe, diese Alternativen sorgsam zu prüfen und auch ab­zuschätzen, mit welchem Prozessrisiko man an diese Dinge herangeht.


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Daher braucht es sorgfältige Vorbereitung, diese ist in Arbeit. Wir haben zusätzliche externe Rechtsexperten beauftragt. Daher ist das Ergebnis der Frage, wie wir diese Klage einbringen, wichtiger als die Frage, wann wir diese einbringen. (Abg. Walter Ro­senkranz: Richtig!) Fest steht, dass ich sie vor dem 31. Dezember einbringen muss. Ich muss sie weder heute noch morgen einbringen, aber vor dem 31. Dezember. Da­her wollen wir die Zeit noch nutzen, mit internationalen und nationalen Experten darü­ber zu diskutieren, wie wir die Klage formulieren, damit wir sie dann wirklich gut fun­diert einbringen können.

Der Punkt, der in diesem Zusammenhang wichtig ist, ist folgender: Worauf kann man klagen? Kann man auf einen Sanierungsbeitrag klagen, oder kann man auf echte Rück­abwicklung klagen? Was sind die Risken, wenn es zu einer Rückabwicklung käme?

Die Klage, die wir jetzt vorbereiten und diskutieren, verfolgt nicht nur das Ziel einer An­passung des Sanierungsbeitrags im Sinne der Bayerischen Landesbank, sondern im Sinne einer geldwerten Rückabwicklung. Es ist sehr entscheidend, eine geldwerte Rückabwicklung ausgehend vom wahren Kapitalbedarf der Hypo von 2009 vorzunehmen.

Warum das wichtig ist, ist ganz einfach erklärt: Sollte es zu einer reinen Rückabwick­lung kommen, liegt es in der Hand derer, die das hinübergeschoben bekommen haben, was sie tun – und das wäre möglicherweise zum Schaden für uns, daher wollen wir ei­ne Rückabwicklung mit geldwerten Faktoren einbringen.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Wenn ich zusammenfassen darf: Sie wollen diese Klage auf jeden Fall einbringen und hoffen dann wahrscheinlich auch auf eine bessere Verhandlungsposition für einen Vergleich, denn das bleibt Ihnen ja unbe­nommen; wenn Sie diese Klage einbringen, können Sie ja immer noch einen Vergleich anstreben. Das heißt, Sie bestätigen also, dass Sie auf jeden Fall diese Rückabwick­lungsklage noch bis Ende des Jahres einbringen werden?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Sofern es bis zum Ab­lauf dieser Frist zu keinem akzeptierbaren Vergleich kommt, habe ich die Absicht, die­se Klage einzubringen. Sie haben völlig recht: Wenn es in der Phase, in der dieses Klagsverfahren läuft, zu einer Einigung kommt, kann man die Klage selbstverständlich zurückziehen. Ich habe daher auch vor, die Bundesregierung nächste Woche mit die­sem Thema zu befassen. Wenn es zu keiner Einigung kommt, bleibt mir gar nichts an­deres übrig, als diese Klage einzubringen, und das habe ich am Schluss auch vor. Wir sind aber noch in Verhandlungen.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Darmann.

 


Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Frau Präsidentin! Guten Morgen, Herr Bundesminister! Die Klubobleute von SPÖ und ÖVP, Schieder und Lopatka, haben trotz harscher Kritik durch den Bericht der Griss-Kommission und auch trotz der von Medien veröffentlichten Berichte aus dem Verwaltungsrat der BayernLB gestern im Zuge der Aktuellen Stunde erneut ihre zweifelhafte Haltung vertreten, dass es im Jahr 2009 keine Alternativen zur Notverstaatlichung gegeben hätte. Damit widerspre­chen sie glasklar Ihren Überlegungen hinsichtlich einer Klage zur Rückabwicklung die­ser Verstaatlichung und schwächen damit meiner Meinung nach die Position der Repu­blik Österreich.

Welche Strategie vertritt nun tatsächlich die österreichische Bundesregierung?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Die Strategie ist klar dar­gelegt worden. Man kann natürlich im Nachhinein darüber diskutieren, ob es Alterna-


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tiven gegeben hätte. Die Alternativen wurden nach meinem Wissensstand damals auch diskutiert. Im Griss-Bericht sind keine Alternativen vorgeschlagen worden, die auch bewertet wurden. Ich habe aus der letzten Diskussion mit der Vorsitzenden der Griss-Kommission mitgenommen, dass sie zuletzt in der Sendung „Im Zentrum“ ausge­schlossen hat, dass der Konkurs die bessere Lösung gewesen wäre. Das hat sie dezi­diert ausgeschlossen.

Auch wenn ich meine, dass es immer Alternativen gibt, die angeschaut werden müs­sen, kann man das natürlich zu dem Zeitpunkt, zu dem etwas zu entscheiden ist, be­werten, und nicht zu einem Zeitpunkt, der fünf Jahre danach ist, denn mit diesem Wis­sensstand kann man natürlich andere Entscheidungen treffen.

Wenn sich jemand entschließt, zu heiraten, dann ist er zu dem Zeitpunkt, zu dem er heiratet, felsenfest davon überzeugt, dass es die richtige Entscheidung ist. Sollte es zu einer Scheidung kommen, fragt er sich wahrscheinlich: Habe ich damals die richtige Entscheidung getroffen? Wir sollten auch diesen Zeitablauf, die verschiedenen Phasen sehen, und wir werden auch noch andere Themen in diesem Zusammenhang untersu­chen. Meine Position habe ich klargelegt: Wenn es zu keinem Vergleich bis Ende des Jahres kommt, werde ich diese Rückabwicklungsklage einbringen.

Ich möchte aber noch einmal darauf verweisen, dass wir schon noch ein kleines Pro­blem, das sich als sehr großes entpuppen könnte, herausstellen werden – wir werden in diesem Zusammenhang auch die Frage der Verantwortung des Landes Kärnten stel­len. Es gab ab 2004 ein Haftungsverbot und bis 2007 eine Übergangsfrist, und in die­ser Zeit sind offensichtlich zusätzliche Haftungen in Höhe von 9 Milliarden € eingegan­gen worden.

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zur 6. Anfrage, der des Herrn Abgeordneten Dr. Hable. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Mei­ne Frage bezieht sich auf die Hypo Alpe-Adria und zwar genauer gesagt auf die etwas chaotischen Vorgänge rund um den Verkauf des Südosteuropa-Netzwerks.

Daher meine Frage:

73/M

„Welche weitere Vorgangsweise ist nach dem Scheitern des SEE-Netzwerkverkaufs geplant und erfolgt ein neuer Ausschreibungsprozess mit neuen Fristen, neuen Bie­tern, durch wen und bis wann?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Herr Abgeordneter, Sie sind offensichtlich nicht wirklich informiert, denn der Verkauf des SEE-Netzwerks ist nicht gescheitert. Das Einzige, was passiert ist, ist, dass das Exklusivrecht, das man ei­nem Anbieter gegeben hat, am 28. November ausgelaufen ist. Dadurch ist es möglich, dass die anderen Bieter, die seinerzeit beim Start des Verfahrens Angebote gelegt ha­ben, wieder in den Bieterprozess zurückkommen. Diese wurden jetzt alle angeschrie­ben und können wieder mitmachen.

Wer nicht mitmachen kann, sind jene, die damals nicht am Bieterprozess beteiligt wa­ren. Das würde vergaberechtlich nicht funktionieren. Daher besteht jetzt keine Exklu­sivität mehr für den Anbieter Advent. Wir werden daher tatsächlich mit den anderen Bietern Gespräche führen. Sie sind eingeladen worden, verbindliche neue Angebote zu legen. Federführend im Verkauf ist jetzt die FIMBAG, dorthin wurde das übertragen, und die FIMBAG hat nun zu berücksichtigen, dass dieses Verfahren entsprechend vo­rangetrieben wird. Sie wissen, dass wir bis Mitte nächsten Jahres dazu Zeit haben.


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Was Ihre Frage zu einem neuen Verfahren betrifft: Dies wäre erst möglich, wenn das laufende Verfahren offiziell beendet ist, dann könnte eine komplette Neuausschreibung erfolgen. Solange dieses Verfahren läuft, wäre das unzulässig.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Finanzminister, dazu haben wir die Fragestunde, damit Sie uns informieren. Die Frist ist natürlich abgelaufen, weil der vorige Verhandlungsprozess gescheitert ist (Abg. Rädler: Unsinn!), aber gut, darüber werden wir uns nicht einig.

Meine Zusatzfrage wäre: Planen Sie, verhandeln Sie jetzt eine Fristverlängerung mit der Europäischen Kommission zum Verkauf des Südosteuropa-Netzwerks? Bis wann und zu welchen Konditionen soll die Hypo-Italien verkauft beziehungsweise abgewi­ckelt werden?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Erstens wird es keinen Fristverlängerungsantrag von uns geben, der über den Juni nächsten Jahres hinaus­geht. Zum Zweiten: Ich mache nochmals darauf aufmerksam: Der Prozess ist nicht gescheitert, sondern der Bieter, der seine Exklusivrechte wahrgenommen hat, hat mit seinen Konditionen nicht das erfüllt, was wir uns erwartet haben. Daher wurde die Ex­klusivität aufgehoben, und jetzt wird weiterverhandelt.

Zum Verkauf Hypo-Italien: Das ist ein eigenes Projekt und nicht Teil von SEE. Diesbe­züglich gibt es jetzt auch ein Verfahren, in dem man versucht, Käufer für diese Bank zu finden – wenn das nicht der Fall ist, muss laut Beihilfevertrag abgewickelt werden.

Zum Thema SEE ist noch wichtig, Folgendes zu sagen: Es gibt jetzt eine Veränderung in der Frage, wer verhandelt – denn das Recht ist auch deshalb am 28. November erlo­schen, weil bis zu diesem Zeitpunkt die Bank durch Bestimmung und Beschluss des Aufsichtsrates hätte signen können, und jetzt ist es die FIMBAG, die signen kann. Das ist der Unterschied im Verfahren, das Verfahren läuft aber ganz normal weiter.

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zur 7. Anfrage, der der Frau Abgeordne­ten Mag. Greiner. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Frau Präsidentin! Schönen guten Morgen, Herr Bundesminister! Die sozialdemokratische Fraktion tritt für eine Finanztransak­tionssteuer auf europäischer Ebene ein. Die SP-Fraktion in Österreich und in Deutsch­land hat gemeinsam ein Schreiben an Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu die­sem Thema gerichtet – an jene Staaten, mit denen seit Jänner 2013 über eine derar­tige Steuer verhandelt wird. Die Sozialdemokraten fordern bereits seit 2009 eine Fi­nanztransaktionssteuer, weil wir mehr Gerechtigkeit wollen. Diese Steuer bedeutet mehr Gerechtigkeit, weil damit auch der Kapitalmarkt einen Beitrag leistet, die Schul­den abzubauen, und sie ist ein Mittel dazu, dass diejenigen mitzahlen, die die Schul­den verursacht haben.

Meine Frage:

83/M

„Wie ist der Stand der Verhandlungen zur Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Frau Abgeordnete, Sie wis­sen, dass wir vonseiten Österreichs uns sehr engagieren und viele Vorschläge einbrin-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 29

gen. Ich möchte aber darauf aufmerksam machen, dass es ein sozialdemokratischer Minister ist, der im Moment alles blockiert. Bitte wenden Sie sich auch dorthin, vielleicht erzielen Sie einen Durchbruch!

Der Antrag der elf Mitgliedstaaten auf diese verstärkte Zusammenarbeit läuft seit vie­len, vielen Monaten immer wieder in dieselbe Richtung, die allerdings nicht sehr er­freulich ist, denn die Richtung lautet: Wir nehmen die Derivate aus der Besteuerung heraus. Das ist die vorgeschlagene Richtung, die hauptsächlich Frankreich und Italien vorschlagen.

Wir haben daher einen Kompromissvorschlag eingebracht, der lautet: alles hinein, alle Produkte hinein und den Satz etwas absenken. Dieser Vorschlag wurde ursprünglich politisch akkordiert und auf der technischen Ebene wieder verworfen, denn jedes Land hatte mindestens eine Ausnahme, und wenn man elf Dinge wieder herausnimmt, kommt wieder nichts zustande.

Wir haben daher jetzt einen neuen Vorschlag eingebracht, gemeinsam mit Deutsch­land. Schäuble hat ja dazu auch eine Stellungnahme abgegeben. Und zwar lautet der Vorschlag jetzt, dass man unser Konzept all-in weiterverfolgt, aber es in zwei Etappen einführt. Das ist der derzeitige Vorschlag.

Die weitere Vorgangsweise ist, dass dieser Vorschlag jetzt auf der technischen Ebene geprüft wird, dass es im Laufe des Dezember noch eine Telefonkonferenz zwischen den elf Ländern geben soll und dass es im ersten Quartal des kommenden Jahres zu einer Einigung kommen soll. Das ist der aktuelle Stand vom Montag dieser Woche.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Herr Bundesminister, Sie sind ja ein sehr gutes Beispiel, dass dieses Thema kein fraktionsbezogenes Thema ist, sondern wirk­lich ein übergeordnetes Thema.

Wie werden Ihre nächsten Schritte – von Ihnen persönlich aus gesehen – sein, um an­dere Staaten in Europa möglichst rasch ins Boot zu holen?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Ich bin im ständigen Kon­takt mit den Finanzministern der elf Länder. Es ist auch so, dass die Finanztransak­tionssteuer wahrscheinlich bereits ergebnislos abzuhaken gewesen wäre, wenn Öster­reich nicht zweimal bei den letzten ECOFIN-Sitzungen einen Kompromissvorschlag eingebracht hätte. Ich habe mit dem französischen Finanzminister vereinbart, dass wir nun auf Basis der letzten Besprechung einen Arbeitsprozess aufsetzen, ein Protokoll machen. Es gibt auch noch einen anderen Punkt, wo es Differenzen gibt, nämlich in der Frage Residenzprinzip ja oder nein. Und ich habe mit dem italienischen Finanzmi­nister vereinbart, dass wir uns nach Vorlage dieses Arbeitspapiers noch einmal ge­meinsam zusammensetzen und einen Kompromiss suchen werden.

Es liegt auch die Unterstützung von Deutschland vor, was in dem Zusammenhang auch wichtig ist. Die anderen Länder der sogenannten G-11 verfolgen eher unseren An­satz mit kleinen Differenzierungen.

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zur 8. Anfrage, das ist die der Frau Abge­ordneten Tamandl. – Bitte.

 


Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Bundesminister! Frau Dr. Griss hat vo­rige Woche einen 344-seitigen, sehr umfassenden Untersuchungsbericht abgegeben. Die Opposition hat ursprünglich die Einsetzung dieser Kommission sehr kritisiert, es gab sehr kritische Stimmen. Jetzt liegt der Bericht vor, und es wird sehr positiv darüber


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 30

gesprochen. Der Tenor ist, dass diese Kommission ihren Bericht sehr sachlich und sehr fundiert erstellt habe.

An Sie nun die Frage, Herr Bundesminister:

75/M

„Welche Schlüsse ziehen Sie aus dem von Frau Dr. Griss verfassten Bericht betreffend die Hypo Alpe Adria und wie sehen nun aus Ihrer Sicht die weiteren Schritte aus?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Frau Abgeordnete, ich begrüße ausdrücklich den vorgelegten Kommissionsbericht, weil er sehr sachlich ver­sucht, Abläufe aufzuzeigen, und ich glaube, das Wichtigste ist jetzt, daraus zu lernen, was man in der Zukunft besser machen kann.

Der Bericht hat natürlich auch einige Fragen aufgeworfen, die noch zu beantworten sein werden, wie zum Beispiel: Was wären die Alternativen gewesen?, wenn man schon schreibt, es sei nicht alternativlos gewesen. Wie kann man die Alternativen auch im Nachhinein noch bewerten?

Das Zweite ist natürlich, dass wir auch noch die Fragen beantworten müssen, die aus meiner Sicht mit dem Bericht noch nicht ausreichend beantwortet sind: Was war die Rolle der Wirtschaftsprüfer in dem Zusammenhang, die testiert haben? Also diese Fra­gen, glaube ich, muss man noch nachjustieren.

Was man daraus lernen muss, ist, sich bei solchen Entscheidungsprozessen extrem gut vorzubereiten, die Alternativen zu bewerten und vor allem rasche Entscheidungen zu treffen. Das haben wir im Bereich des sozusagen übernommenen Erbes jetzt ge­macht: Die Abbaubank ist installiert. Es gibt ein sogenanntes Double Screening der Assets. Das heißt, wir verlassen uns hier nicht auf einen Wirtschaftsprüfer, sondern wir nehmen einen zweiten dazu, dass wir möglichst hohe Sicherheit für die Bewertung ha­ben. Und es wird im ersten Quartal des kommenden Jahres ein Abbauplan durch das Management vorzulegen sein.

Zum Thema SEE-Holding habe ich bereits bei der vorhergehenden Anfrage ausge­führt, dass auch hier entsprechend rasches Handeln gefordert sein wird.

Bei der Frage der Anfechtung der Notverstaatlichung haben wir aus diesem Griss-Be­richt auch gelernt, dass man, wenn es solche Mittel gibt, diese Mittel auch ausschöpfen muss.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Herr Bundesminister, jetzt ist es natürlich so, dass wir heute über ganz andere Unterlagen verfügen und ganz andere Informationen haben, als dies zum Zeitpunkt der Notverstaatlichung der Fall war. Sie haben bei­spielsweise die Rolle der Wirtschaftsprüfer schon angesprochen. Ich frage Sie nun: Sehen Sie auch Handlungsbedarf aufseiten der Bankenaufsicht? Wenn ja, welche Maß­nahmen wären das Ihrer Meinung nach?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Das Thema Bankenauf­sicht werden wir ganz grundsätzlich angehen müssen, denn wenn die Finanzmarkt­aufsicht etwa 60 Prozent ihres Geschäftsvolumens verliert, nämlich an die EZB, dann werden wir darüber diskutieren müssen, wie wir die gesamte Finanzmarktaufsicht neu aufstellen.

Aus meiner Erfahrung kann ich aber sagen, dass die Finanzmarktaufsicht in vielen Be­reichen auch aus diesen Prozessen gelernt hat. Die Verfahren, die jetzt gegenüber den


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 31

Banken angewandt werden, sind weitaus strenger, die Meldepflichten sind dramatisch ausgeweitet worden, und, was auch ein Prozess ist, die Sanktionen – ob das nun er­höhte Kapitalquoten oder andere Dinge sind – werden von der Finanzmarktaufsicht weit rascher als früher gesetzt. Dennoch bin ich der Meinung, wir brauchen auch hier eine neue Struktur, und wir sollten nun sicherstellen, dass die Zusammenarbeit zwi­schen der neuen Aufsichtsbehörde, der EZB, und den österreichischen Einheiten Na­tionalbank und FMA so funktioniert, dass es eine vernünftige Bankenaufsicht gibt. Da­her bin ich durchaus der Meinung, es hat viele Fortschritte in diesem Bereich gegeben, aber wir sind sicher noch nicht am Endpunkt angelangt.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Kogler.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Bundesminister, über die Interpre­tationen des Berichts der Kommission der Bundesregierung werden wir ja noch am Nachmittag sprechen können. Es wurde auch nach zukünftigen Schritten gefragt. Ich beziehe mich nur auf die Hypo-Nachfolge-Abbaubank HETA. Was Sie nicht erwähnt haben, vielleicht auch aus taktischen Gründen: Sehen Sie eine nicht nur theoretische, sondern auch praktische Fähigkeit zur Insolvenz dieser Abbaubank? Wenn ja, zu wel­chem Zeitpunkt könnte dieser Schritt schon eingeleitet werden? – Sie haben es ja in der Hand!

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Erstens glaube ich, dass es nicht richtig ist, jetzt über Dinge zu spekulieren, über die kein ausreichender Infor­mationsstand vorhanden ist. Deshalb habe ich ja erwähnt, dass in diesem Double-As­set-Screening jetzt versucht wird, den tatsächlichen Zustand dieser neuen Institution HETA festzustellen.

Ich glaube, wenn dieser festgestellt ist, dann ist es die Aufgabe, zu überlegen, was der richtige Weg ist, wie wir weiter vorgehen sollen. Daher ist grundsätzlich überhaupt nichts auszuschließen, das sage ich auch dazu, denn ich bin nicht jemand, der sich die Alternativen nicht genauer anschaut. Aber ich kann zum derzeitigen Zeitpunkt das nicht bestätigen, sondern es ist im Moment jede Maßnahme, die zu setzen ist, noch spekula­tiv im Sinne: Was ist der richtige Weg?

 


Präsidentin Doris Bures: Damit kommen wir zur 9. Anfrage, das ist die des Herrn Ab­geordneten Podgorschek. – Bitte.

 


Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ich glaube, bei allen hier anwesenden Parteien ist unbestritten, dass der Faktor Arbeit zu hoch belastet wird und dass wir mit den Steuersätzen, vor allem im unteren Bereich, heruntermüssen beziehungsweise die Progressionsstufen erhöhen müssen. Denn: Nie­dere Einkommen hemmen das Wirtschaftswachstum, weil die Menschen keine Kauf­kraft haben.

Ich habe in den letzten Tagen die Diskussion zwischen den beiden Regierungspartnern bezüglich der Finanzierung einer möglichen Steuerreform verfolgt. Im ÖVP-Papier, wie ich heute gelesen habe, ist unter anderem auch eine Milliarde für die Bekämpfung des Steuerbetrugs enthalten, was nur ein sehr grob geschätzter Wert sein kann.

Daher meine Frage:

79/M

„Wie wollen Sie die geplante Steuerreform gegenfinanzieren, wenn Sie Substanzbe­steuerung ablehnen?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 32

Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Herr Abgeordneter, zu Ihrer ersten Anmerkung betreffend Steuerbetrug: Ich glaube, das ist ein gemeinsames Anliegen, dass wir das massiv angehen. Ich glaube, das steht außer Streit. Ich stelle fest, dass auch in den anderen Papieren, die vorgelegt wurden, in etwa dieselbe Grö­ßenordnung angeführt wurde. Es sind entsprechende Maßnahmen auch in Vorbereitung.

Der zweite Punkt ist, dass es natürlich auch eine Gegenfinanzierung geben muss, die die Steuerreform-Gruppe jetzt erarbeitet. Hier geht es um das Streichen von Ausnah­men und Privilegien, die sich im Steuerrecht historisch gewachsen entwickelt haben; eine dahin gehende Durchforstung wird auch von allen internationalen und nationalen Wirtschaftsforschern dringend empfohlen.

Zum Dritten: Ich versuche, diese Steuerreform in zwei Richtungen zu sehen, nämlich zum einen entlasten und zum anderen Wirtschaft und Beschäftigung ankurbeln. Des­halb sehen die Konzepte unterschiedlich vor, ob es auch zu wirtschaftsbelebenden Maß­nahmen, Investitionsförderungsmaßnahmen kommen soll oder nicht.

Wir haben in den verschiedenen Konzepten jeweils auch einen bestimmten Selbstfi­nanzierungsgrad drinnen; in dem von Ihnen angesprochenen Konzept der ÖVP sind es 17 Prozent. Dazu kommt dann noch der Anteil der Länder netto über diesen Bereich. Und wir haben eines aufgesetzt, nämlich am Anfang einen kleinen Betrag, aber nach­haltig einen großen Betrag im Bereich der Verwaltungsreform.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Herr Minister, Sie haben ja bei einer An­fragebeantwortung vorhin schon festgestellt, dass Sie Substanzbesteuerung ablehnen, sprich: Erbschaftssteuer, Schenkungssteuer.

Beinhaltet das auch die Grundsteuer beziehungsweise die Erhöhung der Einheits­werte?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Was die Einheitswerte an­langt, läuft ja zurzeit ein Hauptfeststellungsverfahren. In den Konzepten, die mir be­kannt sind, ist das Thema Grundsteuer nicht enthalten.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Pock.

 


Abgeordneter Michael Pock (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzter Minister! Wel­chen Einfluss wird die geplante Steuerreform auf die Abgabenquote sowie die Einhal­tung der Fiskalpaktkriterien 2015 und 2016 haben?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Die Frage, die aus dem Fiskalpakt heraus kommt, muss man so beantworten, dass nach meinen Überlegungen für 2015 die Steuerreform ja nicht einzutakten ist, weil sie erst mit 1. Jänner 2016 star­ten wird. Der Prozess läuft ja schon; wir brauchen die neue mittelfristige Finanzplanung für den Finanzrahmen. In diesem ist das einzustellen.

Tatsächlich ist es so: Wenn die Gegenfinanzierung nicht so käme, wie sie von den ver­schiedenen Konzepten vorgestellt ist, könnte sich durchaus ein Problem daraus erge­ben. Andererseits glauben wir, dass die Steuerreformen, die jetzt im Moment haupt­sächlich auf Senkung der Eingangssteuersätze in diesen Konzepten abzielen, tatsäch­lich eine deutliche Belebung des Konsums bringen werden. Die Wirtschaftsforscher rechnen mit einem möglichen Plus von 1 Prozent, das wäre eine Verdoppelung des der­zeitigen Wachstums, und dann wäre das Problem nicht mehr gegeben.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Lipitsch.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 33

Abgeordneter Hermann Lipitsch (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Aus allen Studien weltweit geht hervor, dass die Besteuerung von Arbeit in Österreich unter den Top 3 ist, aber die Besteuerung von Vermögen im hinteren Drittel angesiedelt ist. Jedes Jahr wird in den Medien bekannt gegeben, wie viele neue Millionäre wir in Ös­terreich haben, aber die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer tun sich immer schwe­rer, mit ihrem Einkommen auch das Auskommen zu finden. Hier gibt es unterschiedli­che Meinungen. Die SPÖ möchte, um hier mehr Gerechtigkeit zu schaffen, diese Mil­lionäre in die Steuerreform miteinbinden. Sie vertreten eine andere Meinung.

Jetzt wäre meine Frage: In den letzten Jahren ist diese Schere weiter aufgegangen. Herr Bundesminister, welche Schritte werden Sie setzen, um dieser Auseinanderent­wicklung entgegenzuwirken beziehungsweise auch dafür zu sorgen, dass den Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmern mehr Geld zur Verfügung steht? (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Herr Abgeordneter, die jetzt vorliegenden Konzepte zielen ja in Wirklichkeit auf Substanzbesteuerung ab. Wenn man sich den einen oder anderen Vorschlag anschaut, sieht man, sie zielen auch da­rauf ab, darüber nachzudenken, ob es nicht auch einen rückwirkenden Einsatz von ir­gendetwas geben kann. Also ich glaube, dass das verfassungsmäßig sicher nicht mög­lich sein wird. (Beifall des Abg. Vetter.)

Daher vertrete ich die Auffassung, diese Diskussion im Rahmen der Steuerreformkom­mission zu führen. Die erste Zusammenkunft ist am 17. Dezember, und bis 17. März sollte ein Ergebnis vorliegen. Ich würde meinen, dass es gut ist, wenn man alle diese Themen im Rahmen dieser politischen Steuerungsgruppe diskutiert. (Beifall bei Abge­ordneten der ÖVP.)

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Haubner.

 


Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Frau Präsident! Guten Morgen, Herr Minister! In Frankreich gibt es Vermögensteuern, und da ist halt das Problem, dass 700 bis 800 Ver­mögensteuerpflichtige pro Jahr das Land verlassen und dass Betriebs- und Privatver­mögen ins Ausland verlagert wird. Jetzt gibt es auch Vorschläge, in Österreich die Ver­mögensteuer einzuführen.

Welche Argumente sprechen aus Ihrer Sicht gegen eine klassische Vermögensteuer in Österreich?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Herr Abgeordneter, die Vermögensteuer ist am 1. Jänner 1994 mit gutem Grund abgeschafft worden: 80 Pro­zent der Vermögensteuer wurden von Betrieben getragen. Wenn man sich jetzt zum Beispiel die geplante Erbschaftssteuer anschaut, die Vermögensteuer für Stiftungen, trifft das wieder die Betriebe, weil hinter den meisten Stiftungen Betriebe und Arbeits­plätze stehen.

Zweitens hat es dieses Problem mit dem Vermögensteuerformular gegeben, was auch ein enormer administrativer Aufwand war und in Wirklichkeit nicht nachvollziehbar ist.

Wie Sie schon erwähnt haben, ist Kapital durchaus flexibel, und wie man in Frankreich gesehen hat, ist es dann aus dem Land auch weg. Die gesamtwirtschaftliche Not­wendigkeit von Ausnahmen und Freibeträgen und die Administrationskosten sprechen ebenfalls nicht dafür. Und ich möchte dazu noch einmal sagen, dass wir über die Ver­mögenszuwachssteuern agiert haben und dass es aus meiner Sicht erforderlich ist, nicht durch neue Steuern zu verhindern, dass die notwendigen Reformen endlich be­gonnen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 34

Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nunmehr zur 10. Anfrage, das ist die des Herrn Abgeordneten Mag. Rossmann. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Eine Studie der Europäischen Zentralbank zeigt, dass die Vermögenskonzentration nur in den USA höher ist als in Österreich. In Österreich besitzt das reichste Prozent rund 37 Prozent des gesamten Nettovermögens, das sind rund 1,5 Prozent der gesam­ten Wirtschaftsleistung Österreichs. Die reichsten 10 Prozent besitzen etwa zwei Drittel des gesamten Vermögens, und die untersten 50 Prozent nur 2,2 Prozent.

Schaut man sich die Besteuerung von Arbeit im Vergleich zu Vermögen an, so stellt man international fest: Arbeit und Erwerbseinkommen sind sehr hoch besteuert, Ver­mögen extrem niedrig besteuert. Wer wie Sie und Ihre Partei von Leistungsgerech­tigkeit spricht, muss dafür Sorge tragen, dass auch die Vermögenden einen fairen Bei­trag zur Finanzierung der Leistungen im Lande leisten, das heißt, wir brauchen eine Steuerstrukturreform.

Meine Frage daher an Sie, Herr Finanzminister:

81/M

„Warum wollen Sie trotz der Empfehlungen des WIFO, der Europäischen Kommission, der OECD und des IWF keine vermögensbezogenen Abgaben zur Gegenfinanzierung der angekündigten Entlastung der Arbeits- und Erwerbseinkommen heranziehen?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Herr Abgeordneter, dan­ke für das Koreferat! Ich stimme Ihnen zu, es macht keinen Sinn, einzelne Positionen aus dem Steuersystem herauszunehmen, bevor man eine Steuerstrukturreform an­geht. Ich halte es nicht für empfehlenswert, dass unterschiedliche Vergleichsbasen da sind, die uns immer wieder treffen. Übrigens liegt auch unser Eingangssteuersatz nicht bei 36,5 Prozent, sondern bei etwas über 32 Prozent, weil die anderen Länder die Be­günstigung des 13. und 14. Monatsgehalts nicht haben, das ist einfach so.

Daher meine ich: eine Gesamtreform, dann können wir über viele Dinge reden, aber nicht immer nur über das, was Sie auch verlangen, nämlich eine Add-on-Finanzierung. Ich glaube, dass neue Steuern für den Wirtschaftsstandort und für das Wirtschafts­wachstum ganz grundsätzlich schädlich sind. Ich glaube, eine Steuererhöhung bei gleichzeitiger Steuersenkung ist keine ehrliche Steuerentlastung, und ich bin auch davon überzeugt, dass es eine Gegenfinanzierung gibt, die ohne neue Steuern aus­kommt.

Wir sind jetzt in einem Kurzfristprozess drinnen, und ich bin gerne bereit, eine Grund­satzdiskussion über ein Steuersystem zu führen, das aus völlig anderen Komponenten besteht. Ich bin aber nicht dafür, dass jeweils ein Rosinenpicken passiert und jeder sagt: Das hätte ich gern, das hätte ich gern, das hätte ich gern!, und das Steuersystem dann so ausschaut, wie es jetzt ausschaut.

Wir haben die Alternative Vermögenszuwachssteuer gewählt, und ich möchte auch noch einmal darauf hinweisen: Österreich ist jetzt schon ein Hochsteuerland, und ich habe noch keine Vorschläge gesehen, die das ändern.

Zur OECD möchte ich sagen: Sie können mit derselben Begründung den OECD-Be­richt vorlegen, der uns vorwirft, dass wir zu viele Ausnahmen bei der Mehrwertsteuer haben und das keinen Lenkungseffekt hätte. Auch darüber will man nicht diskutieren, weil wir immer nur über das diskutieren, was gerade im Einzelfall opportun ist.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 35

Daher: Ja, ich bekenne mich zu einer Grundsatzdiskussion über das Steuersystem, aber nicht zu Einzelmaßnahmen, die immer nur in Form von zusätzlichen Steuern ge­troffen werden, damit die ausgabenseitigen Reformen weiterhin verzögert werden. (Bei­fall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Bundesminister, Sie haben ges­tern im „ZIB 2“-Interview einen gängigen Mythos zur Erbschaftssteuer strapaziert, näm­lich dahin gehend, dass die Einhebungskosten höher seien als das Aufkommen. – Das ist und war Grasserʼscher Unfug.

In den Gebührenabteilungen der Finanzämter arbeiten rund 600 Bedienstete, diese wa­ren aber nicht nur für die Einhebung der Erbschaftssteuer, sondern auch für die übri­gen Verkehrsteuern zuständig. Berechnet man deren Personalaufwand, liegt er unge­fähr bei 18 Millionen €, und im Jahr vor Ablauf der Erbschafts- und Schenkungssteuer betrug das Aufkommen mehr als das Achtfache.

Auf Basis welcher empirischer Daten konnten Sie gestern in der „ZIB 2“ diese Aussage treffen?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Sie rechnen jetzt nur ei­nen kleinen Aspekt in dem ganzen Zusammenhang ein, nämlich die Feststellung der Erbschaftssteuer. Dahinter steckt aber noch ein ganzer Wust von anderen administra­tiven Aufgaben, von Prüfungsaufgaben, die wahrzunehmen sind. Das war damals die eindeutige Aussage, die auch bei der Abschaffung der Erbschaftssteuer getroffen wur­de, nämlich dass der Aufwand im Verhältnis zu den Einnahmen nicht gerechtfertigt ist, und diese habe ich zitiert. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Doris Bures: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Vogl.

 


Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Minister! Die OECD hat in ihrer Studie vor zwei Tagen festgestellt, dass diese wachsende Ungleichheit das Wirt­schaftswachstum bremst und gefährdet. Explizit wurde in dieser Studie auch Öster­reich erwähnt, und das ist auch der Grund dafür, dass gerade wir, die SPÖ, ganz mas­siv fordern, die unteren Einkommen zu entlasten. Wir fordern auch diese Negativsteuern.

Konkret schlägt die OECD vor, die Höchststeuersätze anzuheben, Steuerhinterziehung stärker zu bekämpfen, Abschreibmöglichkeiten zu streichen und die Rolle jeder Form von Besitz- und Vermögensteuern neu zu bewerten. – Wie stehen Sie zu diesen Aus­sagen?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Herr Abgeordneter, es steht ja in den Papieren geschrieben, zum einen stärkere Bekämpfungsmaßnahmen zu setzen, zum anderen Ausnahmen zu streichen. Das ist in den Papieren beinhaltet – die Steuerreformkommission arbeitet daran. Und zum Dritten wird die Entlastung des Faktors Arbeit durch die jetzt vorgesehene Steuerreform sichergestellt werden, und zwar durch die Senkung des Eingangssteuersatzes und – je nachdem, wie dann das Ergebnis sein wird – durch unterschiedliche Steuerstufen.

Daher darf man durchaus unterschiedlicher Auffassung sein, ob man von fünf vorge­schlagenen Maßnahmen vier realisiert oder eben mehr. Sie sind anderer Meinung. Ich vertrete die Auffassung, das ist eine reine Substanzsteuer. Ich glaube, dass wir ein rie­sengroßes Rechtsproblem bekommen können. Die deutsche Rechtsprechung etwa sagt ganz eindeutig, dass Vermögensteuern nicht auf die Substanz gehen dürfen, son­dern ausschließlich so gestaltet sein dürfen, dass sie aus den Erträgen finanzierbar


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sind. Das muss man sich überlegen, bevor man eine Forderung stellt, die noch nicht tatsächlich analysiert und durchdacht ist. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zur 11. Anfrage, das ist die des Herrn Abge­ordneten Dr. Feichtinger. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Schönen guten Morgen! Die Gemeinden haben bekanntlich im Rahmen ihrer Tätigkeiten umfangreiche Aufgaben zu erfüllen. Unter anderem sind sie zuständig für die Kinderbetreuung, die sogenannte Daseinsvorsorge, die Unterstützung älterer Mitbürgerinnen und Mitbürger, die Aufrechterhaltung und Stärkung des sozialen Zu­sammenhalts durch Unterstützung von sozialen Vereinen, von Sportvereinen, von Mu­sikvereinen, und vieles andere mehr.

Der Bund leitet im Rahmen des Finanzausgleichs Gelder an die Länder weiter, die die­se für die Erfüllung dieser Aufgaben an die Gemeinden auszahlen sollen. Die Gemein­den erhalten aber nicht alle Gelder, die der Bund an die Länder weitergibt. – Das ist aus unserer Sicht eine Schieflage und ein ungerechter Zustand.

Daher meine Frage an Sie:

84/M

„Ist es Ihr Ziel in den anstehenden Finanzausgleichverhandlungen die Position der Ge­meinden gegenüber jener der Länder zu stärken?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Herr Abgeordneter, die Diskussion, die ich bisher zum Finanzausgleich verfolgt habe, hat immer gelautet: Wa­rum stärken wir nicht die Position des Bundes? – Das war, glaube ich, die Kernfrage, die dahintersteht.

Ich halte es überhaupt nicht für sinnvoll, die einzelnen Finanzausgleichspartner – und die Kommunen sitzen ja als Partner bei den Finanzausgleichsverhandlungen dabei – zu stärken oder zu schwächen. Ich glaube, wir sollten das von der Sache her angehen. Wir sollten eine klare Aufgabenkritik vornehmen, wir sollten einen aufgabenorientierten Finanzausgleich zustande bringen, wir sollten Zuständigkeit und Verantwortlichkeit zu­sammenbringen, und wir sollten vor allem hinsichtlich der Geldflüsse vom Bund an die Länder, von den Ländern an die Kommunen deutlich mehr Transparenz herstellen. Das muss das Ziel des Finanzausgleichs sein.

Ich glaube schon, dass diese Entflechtung, wie sie in Ihrer Frage implizit vorhanden ist, tatsächlich auch dargestellt werden muss. Der Ausgleich muss transparent werden, die Ausgaben müssen vergleichbar werden, und es müssen Benchmarks dargestellt wer­den, damit wir das erreichen.

Ich akzeptiere natürlich, dass Sie der Auffassung sind, die Kommunen müssen ge­stärkt werden – ich glaube, dass Bund, Länder und Gemeinden gut beraten sind, wenn sie auf Augenhöhe in die Finanzausgleichsverhandlungen gehen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger (SPÖ): Herr Bundesminister, Sie ha­ben schon von der Aufgabenorientierung im Finanzausgleich gesprochen. In Diskus­sion ist auch eine verstärkte Steuerautonomie der Länder, daher meine Frage:

Wie wollen Sie sicherstellen, dass es durch eine verstärkte Steuerautonomie der Län­der, sollte sie umgesetzt werden, nicht zu einem Steuerwettbewerb, einem Steuerdum­ping zwischen den Ländern kommen kann und kommen wird?

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 



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Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Herr Abgeordneter, ich habe hier im Hohen Haus schon einmal erklärt, dass ich dieser Frage sehr neutral ge­genüberstehe. Es gibt Länder, die das wollen, andere wollen das nicht. Sie sollten sich darauf verständigen, ob ja oder nein.

Das Zweite ist: Wir haben wenig Steuerstrukturen, die für solche Länder geeignet sind. Wir dürfen ja zum Beispiel nach EU-Recht die Mehrwertsteuer nicht differenzieren. Im Einkommensteuerbereich oder in anderen Bereichen einen Wettbewerb zu initiieren, sollte nicht geschehen. Die Schweizer Finanzministerin hat mir auch mitgeteilt, dass bei solchen Fragen eine der zentralen Antworten, die gegeben werden muss, ist: Wie kann man ruinösen Steuerwettbewerb verhindern und dass am Schluss wieder der Bund oder jemand anderer zum Zug kommt?

Wir werden dieses Thema daher ergebnisoffen in Verhandlung nehmen. Wir werden eine eigene Arbeitsgruppe nur zu diesem Thema einsetzen und werden dann zu dem Schluss kommen, ob das Sinn macht oder nicht.

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zur 12. Anfrage, das ist die des Herrn Abgeordneten Auer. – Bitte.

 


Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! In diesen Zei­ten der schwächelnden Konjunktur ist es ganz besonders wichtig, neue Jobs und neue Investitionen zu schaffen.

Daher meine Frage:

76/M

„Wie sehen Sie den ‚Juncker-Investitionsplan‘, insbesondere den ‚Europäischen Fonds für strategische Investitionen‘ und was wird seitens des Bundesministeriums für Fi­nanzen unternommen, um österreichische Interessen bestmöglich einzubringen?“

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Herr Abgeordneter, wir begrüßen grundsätzlich den Juncker-Plan. Ich darf darauf hinweisen, dass bei meinem ersten ECOFIN-Rat in Mailand Deutschland und Österreich diesen Vorschlag einer Taskforce für verstärkte Investitionen zur Ankurbelung des Wachstums umgesetzt ha­ben und gemeinsam mit der Europäische Investitionsbank auch in diesen Prozess der Taskforce eingeschritten sind.

Der Juncker-Plan als solches sieht natürlich vor, dass der Hebel dann funktioniert, wenn möglichst viele private Investitionen initiiert werden. Ich habe daher auch bei der letz­ten Sitzung des ECOFIN vorgeschlagen, dass wir nicht von Public Private Partnership, sondern von Private Public Partnership reden sollten. Die Investitionen, die der Juncker-Plan nun vorsieht, sollen einen Hebel von 300 Milliarden € mobilisieren. Eine ganz wichtige Voraussetzung, die wir vorige Woche im ECOFIN besprochen haben, ist: star­ten, beginnen, wenn auch im Kleinen, aber doch beginnen. Wir brauchen die Signale, dass investitionsfördernde Maßnahmen gesetzt werden.

Die Taskforce als solche ist eingesetzt. Wir haben eine vergleichbare Taskforce in Ös­terreich. Ich bin daher davon überzeugt, dass wir mit den 28-Milliarden-Projekten, die wir eingebracht haben, gut beraten waren. Die Grenze ist noch nicht erreicht, wir kön­nen auch noch weitere Projekte einbringen.

Wir setzen uns im ECOFIN mit ganzer Kraft dafür ein, dass dieser Juncker-Plan so schnell als möglich umgesetzt wird.

 


Präsidentin Doris Bures: Zusatzfrage? – Bitte, Herr


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 38

Abgeordneter.

 


Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Bundesminister, es wäre interessant, zu hö­ren, wie die nächsten Schritte in diesem Bereich aussehen.

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Der nächste Schritt ist, dass beim Europäischen Rat am 18. und 19. Dezember seitens der Regierungschefs eine Grundsatzentscheidung fallen soll, nämlich die politische Grundsatzentscheidung, den Juncker-Plan technisch in Umsetzung zu bringen. Wer die Strukturen der Europäi­schen Union kennt, weiß, dass viele technische Umsetzungsschritte zu setzen sein werden. Die europäische Projekt-Pipeline – nach Rücksprache mit der EIB von dieser Woche – soll mit Jahresmitte 2015 fertiggestellt sein, und der neue Fonds, der bei der EIB angesiedelt sein soll, soll bereits Mitte 2015 operativ tätig werden.

Ich werde selbst ab Mitte 2015 den Sitz im Gouverneursrat der EIB übernehmen und daher auch persönlich dafür Sorge tragen, dass das Projekt weiter gefördert und zum Erfolg geführt wird.

Deutschland und Österreich sprechen sich zusätzlich dafür aus, sofortige Maßnahmen einzuleiten, um ein Signal zu setzen, dass es nach vorne geht, anstatt immer nur die Begründung vorzubringen, die technischen Voraussetzungen seien noch nicht gege­ben, deshalb müssen wir noch warten. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Doris Bures: Alle Anfragen sind zum Aufruf gelangt. – Danke, Herr Bun­desminister.

Ich beende somit die Fragestunde.

10.08.53Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Doris Bures: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sit­zungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Gesundheitsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz, das MTD-Gesetz und das Medizinische Assistenzberufe-Gesetz geändert werden (444 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Fortpflanzungsmedizingesetz, das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Gentechnikgesetz und das IVF-Fonds-Gesetz geändert werden (Fort­pflanzungsmedizinrechts-Änderungsgesetz 2015 – FMedRÄG 2015) (445 d.B.)

Verfassungsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die äußeren Rechtsverhältnisse islami­scher Religionsgesellschaften erlassen wird (446 d.B.)

*****

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

 


Präsidentin Doris Bures: Um Punkt 20 der Tagesordnung in Verhandlung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung erforderlich, von der 24-stün-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 39

digen Frist für das Aufliegen des Ausschussberichtes abzusehen. Dabei handelt es sich um den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird (447 d.B.).

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Abstandnahme von der Aufliegefrist für die­sen Ausschussbericht ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

10.09.20Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsidentin Doris Bures: Die Abgeordneten Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen ha­ben das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung eingebrachte schriftli­che Anfrage 3281/J der Abgeordneten Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Hypo Alpe Adria: „Retten, was zu retten ist. Untersuchen, was zu untersuchen ist.“, dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr behandelt werden.

10.10.25Fristsetzungsantrag

 


Präsidentin Doris Bures: Weiters teile ich vor Eingang in die Tagesordnung mit, dass die Abgeordneten Mag. Schieder und Dr. Lopatka beantragt haben, dem Gesundheits­ausschuss zur Berichterstattung über die Regierungsvorlage betreffend ein Fortpflan­zungsmedizinrechts-Änderungsgesetz 2015 (445 d.B.) eine Frist bis 19. Jänner 2015 zu setzen.

Der gegenständliche Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht werden.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Doris Bures: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 und 2, 4 und 5, 6 und 7, 10 und 11, 15 bis 17, 21 bis 23, 28 und 29 sowie 30 und 31 der Ta­gesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

*****

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Doris Bures: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Kon­sens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 8 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 108, FPÖ 100, Grüne 84 sowie Stronach und Neos je 44 Minuten.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die eben dargestellten Redezeiten, und ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein diesbezüg­liches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

10.12.001. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (360 d.B.): Bundesge­setz, mit dem das Bundesgesetz über die Zusammenarbeit in Finanzstrafsachen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 40

mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-FinStrZG) erlassen und das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgrün­dungssteuergesetz, das Gebührengesetz 1957, das Glücksspielgesetz, das Versi­cherungssteuergesetz 1953, das Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, die Bundesab­gabenordnung, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, das Bundes­finanzgerichtsgesetz, das Finanzstrafgesetz, die Abgabenexekutionsordnung, das Tabaksteuergesetz 1995, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Tabakmonopolge­setz 1996 und das Zollrechts-Durchführungsgesetz geändert werden (2. Abgaben­änderungsgesetz 2014 – 2. AbgÄG 2014) (432 d.B.)

2. Punkt

Bericht und Antrag des Finanzausschusses über den Entwurf eines Bundesge­setzes, mit dem das Tabakgesetz geändert wird (433 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 und 2 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Fuchs. – Bitte.

 


10.12.42

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Jede Maßnahme im Zusammenhang mit der Bekämpfung beziehungsweise der Verfolgung der Abgabenkriminalität ist ein Schritt in die richtige Richtung. Daher begrüßen wir auch ausdrücklich die Umsetzung der EU-Vorgaben in Form des Bundesgesetzes über die Zusammenarbeit in Finanzstrafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union.

Die Bekämpfung der Abgabenkriminalität muss aber nicht nur zwischenstaatlich, son­dern auch innerstaatlich mit aller Härte und Konsequenz durchgeführt werden. Zur ef­fektiven Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuervermeidung ist der Austausch von Informationen zwischen den Sozialversicherungsträgern und der Finanzverwaltung von großer Bedeutung. Daher wurde im Frühjahr dieses Jahres mit dem Abgabenände­rungsgesetz 2014 – mit dem 1., nicht mit dem heutigen – § 89 Abs. 6 Einkommensteu­ergesetz auch dahin gehend geändert, dass die Sozialversicherungsträger verpflichtet sind, den Abgabenbehörden ab 1. Jänner 2015 Name, Wohnanschrift, Versicherungs­nummer der an- und abgemeldeten Dienstnehmer sowie die monatlichen Beitrags­grundlagen und die monatliche Lohnsumme pro Arbeitgeber zu übermitteln.

Und was passiert jetzt? – Entsprechend dem vorliegenden Entwurf zum 2. Abgabenän­derungsgesetz 2014 soll diese sehr sinnvolle und effektive Betrugsbekämpfungsmaß­nahme frühestens mit 1. Jänner 2016 in Kraft treten, weil – so heißt es in den Erläu­terungen zum Gesetz – die technischen und organisatorischen Voraussetzungen noch nicht gegeben sind. Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Aus techni­schen und organisatorischen Gründen ist die Verschiebung dieser Betrugsbekämpfungs­maßnahme um mindestens ein Jahr erforderlich!

Viele Millionen Euro hat man sich Anfang dieses Jahres von der Einführung dieser Mel­deverpflichtung erhofft. Auch als Gegenfinanzierungsmaßnahme wird die Betrugsbe­kämpfung immer wieder genannt. Jetzt aber verschiebt man die Umsetzung dieser Maßnahme aus technischen und organisatorischen Gründen. Ein ganzes Jahr hätte man Zeit gehabt, und nichts ist passiert! Der Republik Österreich entsteht durch die­ses Untätig-Werden in der Betrugsbekämpfung ein Millionenschaden. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 41

Jetzt raten Sie einmal, was die Arbeiterkammer Österreich, der Österreichische Ge­werkschaftsbund, der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband Österreich, der Haupt­verband der österreichischen Sozialversicherungsträger und die WKO in ihren Stel­lungnahmen im Begutachtungsverfahren zu dieser Verschleppung in der Betrugsbe­kämpfung sagen. – Nichts! Absolut nichts! Stillschweigend nehmen diese rot-schwar­zen Organisationen dieses Untätig-Werden in der Betrugsbekämpfung zur Kenntnis.

Die Forderung nach einer Betrugsbekämpfung darf nicht nur ein Lippenbekenntnis sein.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

des Abgeordneten DDr. Hubert Fuchs, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Fi­nanzausschusses über die Regierungsvorlage (360 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Das 2. Abgabenänderungsgesetz 2014, 360 d.B., in der Fassung des Ausschussbe­richtes, wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 2 Ziffer 19 entfällt lit. a.

2. In Artikel 2 Ziffer 19 erhält die bisherige lit. b die Bezeichnung „a“.

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

10.16


Präsidentin Doris Bures: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ordnungs­gemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

des Abgeordneten DDr. Hubert Fuchs und weiterer Abgeordneter

zum Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (360 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Zusammenarbeit in Finanz­strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-FinStrZG) erlassen und das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Um­gründungssteuergesetz, das Gebührengesetz 1957, das Glücksspielgesetz, das Versi­cherungssteuergesetz 1953, das Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, die Bundesabga­benordnung, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, das Bundesfinanzge­richtsgesetz, das Finanzstrafgesetz, die Abgabenexekutionsordnung, das Tabaksteuer­gesetz 1995, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Tabakmonopolgesetz 1996 und das Zollrechts-Durchführungsgesetz geändert werden (2. Abgabenänderungsgesetz 2014 – 2. AbgÄG 2014) (432 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Das 2. Abgabenänderungsgesetz 2014, 360 d.B., in der Fassung des Ausschussbe­richtes, wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 2 Ziffer 19 entfällt lit. a.

2. In Artikel 2 Ziffer 19 erhält die bisherige lit. b die Bezeichnung „a“.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 42

Begründung

Mit der in der gegenständlichen Regierungsvorlage beabsichtigten Änderung des § 124b Z 257 EStG soll das Inkrafttreten des § 89 Abs. 6 EStG, nicht wie laut geltender Rechtslage mit 1. Jänner 2015, sondern erst mit 1. Jänner 2016 erfolgen.

Zur effektiven und effizienten Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuervermeidung soll der Austausch von Informationen zwischen der Finanzverwaltung und der Sozial­versicherung ausgeweitet werden. Es sollen Name, Anschrift und SV-Nummer aller an- und abgemeldeten Dienstnehmer an die Finanzverwaltung übermittelt werden und ebenso die monatlichen Beitragsgrundlagen aller Dienstnehmer. Die entsprechende Bestimmung (§ 89 Abs. 6 EStG) soll mit 1. Jänner 2015 in Kraft treten.

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Groiß. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


10.17.02

Abgeordneter Ing. Mag. Werner Groiß (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Wir sprechen heute über das 2. Abgabenänderungsgesetz, und ich beginne meine Ausführungen mit dem Wirkungsziel, das für dieses Gesetz vorgesehen ist. Das Wirkungsziel ist die Verbes­serung der Wettbewerbsfähigkeit durch einfache, schlanke und leistungsgerechte Ge­staltung des Steuersystems. Das ist ein sehr hehres Ziel, das wir natürlich unterstützen und das als sehr positiv angesehen werden kann. Es bringt Vorteile für Bürger, für Un­ternehmer und Verwaltung.

Ein paar Beispiele dazu möchte ich erwähnen:

Die Arbeitsgemeinschaften werden zu einem Feststellungsverfahren angehalten. Das heißt, die Finanzverwaltung kann diese leicht überprüfen, aber auch jedes einzelne ARGE-Mitglied kann diese einfach überprüfen.

Wir beschließen, dass die Abzugssteuer im Rahmen der GPLA-Prüfung überprüft wer­den kann, um auch da einfachere Verfahren, weniger Verfahren zu ermöglichen und mehr Rechtssicherheit durchzubringen.

Wir beschließen eine Antragsbündelung auf Rückerstattung der Kapitalertragsteuer. – Ebenso: vereinfachte Verfahren und damit Bürokratieabbau.

Wir reparieren das Abflussprinzip bei der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, bei der wir überbordende Maßnahmen gesetzt haben, damit es speziell für unsere Klein- und Mit­telbetriebe, die Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen erstellen, einfacher wird, den Jah­resabschluss richtig zu erstellen.

Wir verbessern die Regelung der Hauptwohnsitzbefreiung bei Veräußerung von Grund­stücken.

Ja, dieses Gesetz bringt das Wirkungsziel, Wettbewerbsfähigkeit durch eine einfachere und schlankere und leistungsgerechtere Gestaltung des Steuersystems zu erreichen, zum Tragen. Wenn ich an die Steuerreformdiskussion der letzten Tage denke, speziell vonseiten der SPÖ, möchte ich genau auf dieses Wirkungsziel hinweisen, das wir er­reichen wollen, das nicht vergessen werden soll.

Ich habe mir das speziell für Stiftungen ausgerechnet, die ja nicht unbedingt Liebkind bei vielen Abgeordneten sind. Eine Stiftung mit 10 Millionen € muss nach den Wün­schen des Koalitionspartners in Zukunft nicht nur die KESt, sondern auch alle 30 Jahre


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Vermögensteuern, auch Erbschaftssteuern zahlen. Wenn man den Willen der Stiftung, den Sinn der Stiftung – Vermögenserhaltung – in den Vordergrund stellt, den Grund dafür, dass es eine Stiftung überhaupt gibt, dann muss man sagen: Okay, das muss auch verdient werden. Kolleginnen und Kollegen! Was glauben Sie, was so eine Stif­tung verdienen muss, damit diese Vermögensteuer, die Kapitalertragsteuer und auch die Erbschaftssteuer alle 30 Jahre bezahlt werden können? Das sind ungefähr 9 Pro­zent. (Abg. Rossmann: Ich bekomme Mitleid!) – Ja, Sie kriegen Mitleid.

Die Stiftung bildet die Eigentümerstruktur für viele Unternehmen. Diese beschäftigen in Summe rund 400 000 Mitarbeiter. Welche Stiftung kann 9 Prozent durchschnittlich er­wirtschaften, wenn sehr konservativ veranlagt werden muss? Das heißt im Prinzip, man muss Staatsanleihen zeichnen. Unsere Staatsanleihen sind, wie wir wissen, der­zeit mit 0,5 bis maximal 1 Prozent verzinst. Das heißt, das wird sich nicht ausgehen.

Die Folge davon: Jeder Stiftungsvorstand, der sieht, er kann den Stiftungszweck nicht mehr erfüllen, ist gezwungen, die Stiftung aufzulösen. Das heißt, es ist keine Rege­lung, sondern es ist eine Abschaffung dieser Struktur, dieser Vermögensform, dieser Gestaltungsform, in deren Rahmen laufend viele Arbeitsplätze geschaffen und erhalten werden.

Was bedeuten diese 9 Prozent? Warum müssen es 9 Prozent sein? – Weil mit den Steuern, die hier im Raum stehen, 67 Prozent des Ertrags der Staat kassiert.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, das Wirkungsziel von mehr Wettbewerbsfähig­keit sowie einer einfacheren, schlankeren und leistungsgerechteren Gestaltung des Steuersystems würde hier bei Weitem nicht eingehalten werden, sondern es würde einfach eine Vernichtung von 400 000 Arbeitsplätzen erfolgen. Daher würde ich bitten, die Steuerreform unter diesem Gesichtspunkt zu diskutieren.

Noch ein paar Worte zu jenem Teil, der das Tabakgesetz betrifft.

Die Abgeordneten Zakostelsky, Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen stellen hier zum 2. Abgabenänderungsgesetz 2014 in der Fassung des Ausschussberichts folgenden Antrag:

Abänderungsantrag

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die im Titel bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

Artikel 16 (Änderung des Tabakmonopolgesetzes1996) wird wie folgt geändert:

In der Z 2 (§ 1 Abs. 2a bis 2c) lautet Abs. 2a Z 1:

„1. Elektronische Zigaretten, einschließlich E-Shishas und vergleichbare Erzeugnisse mit derselben Funktions- und Wirkungsweise, sofern es sich um Einwegprodukte han­delt.“

*****

Damit soll dem Handel die Möglichkeit erhalten werden, Teile der Produkte weiter zu vertreiben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

10.22


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 44

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Andreas Zakostelsky, Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage (360 d.B.) eines Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Zusammenarbeit in Finanzstrafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäi­schen Union (EU-FinStrZG) erlassen und das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Gebührenge-
setz 1957, das Glücksspielgesetz, das Versicherungs-steuergesetz 1953, das Kraft­fahrzeugsteuergesetz 1992, die Bundesabgabenordnung, das Abgabenverwaltungs­organisationsgesetz 2010, das Bundesfinanzgerichtsgesetz, das Finanzstrafgesetz, die Abgabenexekutionsordnung, das Tabaksteuergesetz 1995, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Tabakmonopolgesetz 1996 und das Zollrechts-Durchführungsgesetz geändert wer­den (2. Abgabenänderungsgesetz 2014 - 2. AbgÄG 2014), in der Fassung des Aus­schussberichtes (432 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die im Titel bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

Artikel 16 (Änderung des Tabakmonopolgesetzes 1996) wird wie folgt geändert:

„In der Z 2 (§ 1 Abs. 2a bis 2c) lautet Abs. 2a Z 1:

„1. Elektronische Zigaretten, einschließlich E-Shishas und vergleichbare Erzeugnisse mit derselben Funktions- und Wirkungsweise, sofern es sich um Einwegprodukte han­delt,“

Begründung

Zu § 1 Abs. 2a Z 1 Tabakmonopolgesetz 1996:

Der Vertrieb von elektronischen Zigaretten, E-Shishas und diesen vergleichbaren Er­zeugnissen als Monopolgegenstand soll nur dann Tabaktrafikanten vorbehalten sein, wenn es sich bei diesen Erzeugnissen um Einwegprodukte handelt, da bei diesen die zu verdampfende Flüssigkeiten (Liquids) bereits im Lieferumfang enthalten sind. Sind elektronische Zigaretten oder vergleichbare Erzeugnisse nachfüllbar oder können sie mit Einwegkartuschen nachgeladen werden, unterliegen sie nicht dem Monopol, jedoch dürfen die zugehörigen Liquids ausschließlich von Tabaktrafikanten verkauft werden (§ 5 Abs. 2)

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Rossmann. 4 Mi­nuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


10.22.27

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Herr Kollege Groiß, mein Mitleid mit den Privatstiftern hält sich in Grenzen. Der Valluga-Report hat in diesem Jahr für Österreich konstatiert, dass es 83 000 Millio­näre gibt, und das Vermögen dieser 83 000 Millionäre ist im vergangenen Jahr um 10 Prozent gestiegen, während die Nettorealeinkommen der Lohnabhängigen fünf Jah­re in Folge pro Kopf gesunken sind. So schaut es aus! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nun zum Abgabenänderungsgesetz. Es enthält auch einige positive Elemente, darun­ter etwa das EU-Finanzstraf-Zusammenarbeitsgesetz. Da gibt es jetzt einen verstärk-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 45

ten Informationsaustausch zur grenzüberschreitenden Kriminalitätsbekämpfung. Das ist mit Sicherheit positiv, es hätte aber auch mehr sein können.

Ein anderes, das ich ausdrücklich schon im Zusammenhang mit dem 1. Abgabenände­rungsgesetz 2014 begrüßt habe, ist, dass Österreich erstmals Maßnahmen gegen die Gewinnverschiebung vorgenommen hat, nämlich gegen die Gewinnverschiebung von Großkonzernen in Niedrigsteuerländer – also für Amazon, Google, Starbucks und alle diese Konzerne, die davon Gebrauch machen. Das heißt, es gab ein Abzugsverbot für Zinsen und Gebühren in beschränkter Größenordnung bei der empfangenden Gesell­schaft, aber immerhin. Diese Regelung wird nun auch auf Rückerstattungsmodelle aus­geweitet. Ich begrüße das auch in diesem Zusammenhang nachdrücklich.

Aber: Gestern oder vorgestern hat es wieder eine zweite Welle von Luxemburg Leaks gegeben, und es kann doch nicht sein, dass da immer mehr Unternehmen, auch öster­reichische Unternehmen geoutet werden, die von diesen Gewinnverschiebungsmodel­len Gebrauch machen. Ein österreichisches Unternehmen, das da geoutet wurde, war in jüngster Zeit im Zusammenhang mit Luxemburg Leaks II die BAWAG. Ja, die BAWAG! Aber es gibt auch andere österreichische Unternehmen, XXXLutz zum Beispiel oder die Firma Signa, und auf die anderen werden wir schön schrittweise noch draufkom­men, Herr Finanzminister. Da werden wir schon noch schauen, wie viel an Steuern da durch solche Steuersparmodelle dem österreichischen Staat verloren geht. Da müssen Sie aber gehörig Dampf machen, wenn das, was Sie gestern in Ihr Steuerreformkon­zept hineingeschrieben haben, auch halten soll, nämlich 1 Milliarde Plus durch Steu­erbekämpfungsmaßnahmen.

Im Übrigen ist es, wenn beispielsweise Unternehmen wie Starbucks Kaffeehäuser in Österreich betreiben und ihre Steuern durch solche Steuersparmodelle de facto auf null minimieren und wir auf der anderen Seite gleichzeitig traditionelle Kaffeehäuser um die Ecke haben, die ganz normal ihre Körperschaftsteuer beziehungsweise Einkom­mensteuer zahlen, eigentlich völlig ungerecht. Das ist unlauterer Wettbewerb! Das kann doch nicht zum Normalzustand dieser Republik werden, dass es sich die Großen richten und die Kleinen nicht. (Beifall bei den Grünen.)

Was mir im Übrigen im Zusammenhang mit diesem Abgabenänderungsgesetz über­haupt fehlt und was auch mit der Steuerreform nicht zu erwarten ist – ich habe es früher schon angedeutet –, ist eine Steuerstrukturreform. Österreich ist ein Hochsteu­erland für Arbeit und ein Niedrigststeuerland für Vermögen. Wer Leistungsgerechtigkeit in diesem Lande will, wird nicht darum herumkommen, in Österreich etwa eine Erb­schafts- und Schenkungssteuer und eine Besteuerung der Stiftungsmilliardäre einzu­führen, um zu einem leistungsgerechten, fairen Steuersystem zu kommen.

Es kann doch nicht sein, dass im Rahmen der Steuerentlastung vermögensbezogene Abgaben nicht einen substanziellen Beitrag zur Entlastung des Faktors Arbeit liefern werden.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bruno Rossmann, Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer zur Entlastung des Fak­tors Arbeit

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefor­dert, dem Nationalrat bis Mitte März 2015 einen Gesetzesvorschlag für eine Reform


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 46

der Erbschafts- und Schenkungssteuer sowie die Einführung einer Erbersatzsteuer für Privatstiftungen nach deutschem Vorbild vorzulegen.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

10.26


Präsidentin Doris Bures: Der eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend un­terstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bruno Rossmann, Werner Kogler, Freundinnen und Freunde betref­fend Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer zur Entlastung des Fak­tors Arbeit

eingebracht im Zuge der Debatte „Bericht des Finanzausschusses über die Regie­rungsvorlage (360 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Zusam­menarbeit in Finanzstrafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-FinStrZG) erlassen und das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuerge­setz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Gebührengesetz 1957, das Glücksspiel­gesetz, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, die Bundesabgabenordnung, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, das Bun­desfinanzgerichtsgesetz, das Finanzstrafgesetz, die Abgabenexekutionsordnung, das Ta­baksteuergesetz 1995, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Tabakmonopolgesetz 1996 und das Zollrechts-Durchführungsgesetz geändert werden (2. Abgabenänderungsge­setz 2014 - 2. AbgÄG 2014) (432 d.B.)“

Begründung

Die letzte Lohnsteuersenkung wurde 2009 durchgeführt. Aus aktuellen OECD-Zahlen geht hervor, dass der Entlastungseffekt längst verpufft ist. „Demnach ist die Abgaben­belastung eines durchschnittlichen österreichischen Arbeitnehmers 2009 von 49 auf 47,9 Prozent gesunken. Mittlerweile (Stand 2013) liegt sie wieder bei 49,1 Prozent.“ (APA0046, 21.4.2014)

Seit Jahren wird der dringende Handlungsbedarf bei der Entlastung des Faktors Arbeit thematisiert. Dieser wird in Österreich überdurchschnittlich stark belastet und wirkt wachstums- sowie beschäftigungshemmend. Im Regierungsprogramm ist dazu Folgen­des festgehalten: „Der Eingangssteuersatz soll – unter gleichzeitiger Abflachung der Progression – in Richtung 25% gesenkt werden, sobald eine ausreichende Gegenfi­nanzierung oder budgetäre Spielräume gegeben sind.“ (Erfolgreich. Österreich. Ar­beitsprogramm der österreichischen Bundesregierung für die Jahre 2013-2018, De­zember 2013)

Die sogenannte kalte Progression verschärft die ohnehin schon hohe Steuerbelastung für alle Erwerbstätigen: Die Einkommensgrenzen des jeweiligen Steuersatzes werden bei der Lohn- und Einkommensteuer nicht an die Einkommensentwicklung angepasst – dadurch kommt es jährlich zu realen Steuererhöhungen, die Menschen mit niedrigem Einkommen besonders stark trifft.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 47

Hinzu kommt, dass die Pro-Kopf Nettoreallöhne seit 2010 sinken. Laut WIFO Sep­tember Prognose werden die Pro-Kopf Nettoreallöhne 2014 um 0,5 Prozent und 2015 um 0,2 Prozent sinken. Mittlere und untere Einkommensgruppen sind von den sinken­den Nettoreallöhnen pro Kopf besonders stark betroffen. Demgegenüber wächst die Zahl der MillionärInnen/MilliardärInnen und deren Vermögen in Österreich: Seit 2014 hat Österreich 33 MilliardärInnen, deren Vermögen sich auf 119 Milliarden Euro sum­miert. Allein auf die 10 reichsten ÖsterreicherInnen entfiel ein Vermögen von 81,9 Mil­liarden. Sie konnten ihr Vermögen innerhalb eines Jahres um fast 10% erhöhen (Val­luga Report 2014). Das Vermögen der Reichen und Superreichen geht erheblich auf Erbschaften zurück, es wurde nicht durch Arbeit erwirtschaftet. Wo Vermögen ist, wächst also Vermögen zu. Wer hingegen arm ist, bleibt es auch.

Die Regierung war bislang nicht in der Lage, eine Senkung des Lohn- und Einkom­mensteuertarifs umzusetzen. Gescheitert ist die Reform vor allem an der Untätigkeit der Regierung sowie am fehlenden Konsens über die Gegenfinanzierung. Außer einem wenig ambitionierten Zeitplan im Hinblick auf die Realisierung (1.1.2016) liegt – abge­sehen von Ankündigungen über mögliche Erhöhungen der Mehrwertsteuer - noch nichts vor. Angesichts der hohen steuerlichen Belastung und der konjunkturellen Ent­wicklung braucht es daher rasches Handeln, wobei der Fokus der steuerlichen Ent­lastung von Arbeits- und Erwerbseinkommen bei den unteren Einkommen liegen muss.

Während Österreich ein Höchststeuerland für Einkommen aus Arbeit ist, ist es ein Niedrigststeuerland für Reiche und Superreiche. Die Steuerstruktur ist extrem unge­recht. Alle verfügbaren Erhebungen und Studien über Vermögen in Österreich zeigen eine extrem ungleiche Verteilung. Die Europäische Zentralbank bestätigt: die Vermö­genskonzentration ist nur in den USA, der Hochburg des Kapitalismus, höher als bei uns:

Die Top 1% der privaten Haushalte, das sind rund 37.000 Haushalte, verfügen über 37% des gesamten Nettovermögens, also knapp 470 Mrd Euro; das ist das 1,4-fache der gesamten Wirtschaftsleistung Österreichs.

Die Top 5% der Haushalte verfügen über 58% und die Top 10% sogar über mehr als zwei Drittel des gesamten Nettovermögens

gleichzeitig verfügen die unteren 50% der Haushalte nur über 2,2% des Gesamtvermö­gens

Das Ziel muss daher ein faires Steuersystem sein, es muss leistungsgerechter ausge­staltet werden. Wer ja zu Leistungsgerechtigkeit sagt, muss auch Leistung fördern. Es geht daher um eine Steuerstrukturreform, die diesen Namen verdient. Das bedeutet eine sofortige Senkung der Steuern auf Arbeits- und Erwerbseinkommen, während gleichzeitig die reichsten 10% nicht aus ihrer Verantwortung entlassen werden dürfen. Es geht nicht um eine Neiddebatte oder „eat the rich“: Es geht um Gerechtigkeit. Steuergerechtigkeit ist notwendiger und wichtiger denn je.

Um die notwendigen budgetären Spielräume für die Steuerentlastung zu schaffen, sind eine reformierte Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer für die reichsten 10% der Haushalte sowie eine Erbersatzsteuer für Privatstiftungen nach deutschem Vorbild („Stiftungsmilliarde“) unumgänglich. Berechnungen der Wirtschafts­universität (Univ. Prof. Dr. Wilfried Altzinger, Mag. Stefan Humer) weisen dabei auf er­hebliche Aufkommenspotenziale hin. Eine Umschichtung der steuerlichen Belastung von Arbeit auf Vermögen wird auch von der EU-Kommission, der OECD und dem IWF seit längerem empfohlen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden


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Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefor­dert, dem Nationalrat bis Mitte März 2015 einen Gesetzesvorschlag für eine Reform der Erbschafts- und Schenkungssteuer sowie die Einführung einer Erbersatzsteuer für Privatstiftungen nach deutschem Vorbild vorzulegen.“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kuzdas. – Bitte.

 


10.27.05

Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Meine Damen und Herren! Mit dem 2. Abgabenänderungsgesetz wird eine Reihe von Gesetzen novelliert, und ein neues wird auf den Weg gebracht. Das neue hat Kol­lege Rossmann schon angesprochen, es betrifft die internationale Zusammenarbeit in Finanzstrafsachen, wo eine internationale Amts- und Rechtshilfe geregelt wird. Im We­sentlichen geht es dabei um Informations- und Datenaustausch, weil es wichtig ist, gewerbsmäßigen Betrug, Abgabenhinterziehung, Schmuggel, Abgabenhehlerei und so weiter einzudämmen.

Aber es geht nicht nur darum, diese betrügerischen Aktivitäten einzudämmen, sondern es geht auch darum, mehr Ehrlichkeit und Gerechtigkeit in diesen Dingen herbeizufüh­ren. Die Beispiele, die Kollege Rossmann aufgezählt hat, sind ja nicht illegal, sondern höchstens moralisch bedenklich, weil es nicht sein kann, dass Starbucks mit 11 Mil­lionen Umsatz in Österreich im Jahr 2013 nur 1 311 € Steuer zahlt. Das wird ja nicht so sein können, und da sind wir uns in diesem Haus einig, dass Steuern zu bezahlen kein Privileg der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder der KMUs sein darf, weil es sich die Großen richten können.

Wir brauchen also eine gemeinsame Vorgangsweise aller Mitgliedstaaten, um eine ein­heitliche Bemessungsgrundlage für Unternehmenssteuern herbeizuführen und einheit­liche Steuersätze zu finden. Wir wissen, dass der Staatengemeinschaft in Europa 1 600 Milliarden € an Steuern durch derartige Maßnahmen entgehen.

Ich möchte aber auch ein paar Anmerkungen zu einigen anderen novellierten Geset­zen machen, zum Beispiel zum Finanzstrafgesetz. Im ursprünglichen Entwurf wäre vor­gesehen, dass Datenübermittlung durch Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft und Ge­richte an die Finanzstrafbehörden vorgenommen wird, zum Beispiel Übermittlung von IP-Adressen, personenbezogenen Daten durch Telekommunikationsdienste, sonstige Dienstanbieter, Post- und Paketdienste, Abnahme von Fingerprints von Beschuldigten sowie Zugriff auf EKIS-Daten. Dazu ist es nicht gekommen, weil es an einem Rechts­schutzbeauftragten gescheitert ist. Wir hätten damit ohne Rechtsschutzbeauftragten in Anlehnung an das Innenministerium die Vorratsdatenspeicherung durch die Hintertür bekommen.

Ich möchte mich aber abschließend noch dem Herrn Finanzminister widmen. Herr Bun­desminister, Sie waren selbst Abgeordneter in diesem Haus, und wir wissen schon, dass Fragestunden nicht ausschließlich dazu dienen, dass Abgeordnete Fragen stel­len, sondern dass das, man könnte sagen, eine Plattform ist, wo sich der Minister posi­tioniert. Die Art und Weise, wie Sie die Fragen beantwortet haben, hätte, denke ich, Ihnen als Abgeordnetem auch nicht gefallen, und ich bin der Meinung, das ist Ihrer als Finanzminister auch unwürdig. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 49

Herr Bundesminister, was mir aber gefallen hat, ist Ihre Feststellung, dass Sie für Zu­wachssteuern sind. Sie werden ja schwerlich behaupten können, dass Erbschafts­steuer eine Substanzbesteuerung ist, denn da müssten Sie ja den Erblasser besteu­ern, und das stelle ich mir ziemlich schwierig vor. Also das, glaube ich, kann so nicht funktionieren.

Eine andere Frage an Sie – da geht es um das Thema „kleines Glücksspiel“ –: Novo­matic hat angekündigt, dass sie trotz gesetzlichem Verbot die Automaten stehen las­sen werden. Das heißt, sie verstoßen absichtlich gegen das Gesetz. Jetzt wissen wir, dass Novomatic sich auch um Casinolizenzen beworben hat. Im Bundesvergabegesetz ist festgehalten, dass Bieter die Zuverlässigkeit verlieren, wenn sie gegen Gesetze ver­stoßen. Die Frage an Sie, Herr Bundesminister: Werden Sie bei der Vergabe von Casi­nolizenzen berücksichtigen, dass die Firma Novomatic offen erklärt, dass sie gegen Gesetze verstoßen wird? – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

10.31


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lu­gar. Ich stelle eine Redezeit von 3 Minuten ein. – Bitte.

 


10.31.13

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Mir geht es heute um die E-Zigarette. Es stehen ja die Einschränkungen im Gesetz, und es gibt auch einen Abänderungsantrag dazu. Auf den komme ich noch später zu spre­chen. Wenn man sich die Sache mit der E-Zigarette ansieht, dann sieht man wieder einmal, welchen Einfluss die Tabakindustrie auch auf die Politik hat. Ich habe ja im Ausschuss darauf hingewiesen, dass die E-Zigarette um einiges gesünder als die normale Zigarette ist und dass die E-Zigarette auch dazu dienen kann, sich vom Tabak zu entwöhnen. Und das, glaube ich, wollen wir ja alle, dass die Menschen von ihrer Sucht loskommen und krebserregende Stoffe nicht weiter einatmen.

Jetzt haben leider der Herr Matznetter von der SPÖ und sogar der Herr Finanzminister unreflektiert irgendwelche Studien zitiert, die angeblich nachweisen, dass die E-Ziga­rette sogar noch schädlicher und krebserregender als die normale Zigarette ist. An­scheinend haben viele Politiker gar nicht notwendig, sich das genauer anzusehen. Es wird einfach das nachgebetet, was einem vorgebetet wird, auch durch starken Einfluss der Tabakindustrie, die ja genau die Befürchtung hat, dass weniger Tabak geraucht wird, wenn die E-Zigaretten in Umlauf kommen. Da geht natürlich viel Geld verloren, denn das beste Geschäft ist natürlich mit einem Süchtigen zu machen.

Ich kenne viele Personen in meinem Umfeld, die ein Beweis dafür sind, und es gibt auch viele Studien, die gezeigt haben, dass mit einer E-Zigarette eine Raucherent­wöhnung optimal funktionieren kann. Wenn man dann als Politiker unreflektiert Studien zitiert, die angeblich beweisen, dass das noch schädlicher sein soll, dann werden viele Menschen wieder zurück zur Zigarette getrieben, mit all den negativen Folgen für die Menschen an sich und natürlich auch für die Gesellschaft.

Aber schauen wir uns diese Studie einmal an. Diese Studie, auf die sich jetzt alle be­ziehen, hat ein Japaner gemacht. Die Studie besagt, dass durch diese E-Zigarette an­geblich zehnmal so viel Formaldehyd, das ja krebserregend ist, eingeatmet werden soll. Das Fraunhofer-Institut hat aber eine Studie herausgegeben, in der das in keinster Weise belegt wird. Ganz im Gegenteil: Sogar dann, wenn die E-Zigarette so wie in der japanischen Studie sachwidrig beziehungsweise sachfremd benützt wird, wenn der Ver­dampfer überhitzt wird, was im normalen Betrieb gar nicht möglich ist, beträgt der For­maldehydwert nur ein Sechstel von dem Wert, der beim Rauchen einer normalen Zi­garette erreicht wird. Bei einer E-Zigarette, die ordentlich funktioniert, und davon gehen wir aus, belaufen sich die krebserregenden Stoffe auf ein Tausendstel von jenen der normalen Zigarette.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 50

Wenn sich ein Zigarettenraucher entwöhnen will und zu einer E-Zigarette greift, dann können wir das nur begrüßen. Es gibt auch keine einzige Studie, die besagt, dass je­mand, wenn er eine E-Zigarette raucht, später plötzlich zum Tabakraucher wird. Auch das gibt es nicht. Das heißt, letztlich wäre die E-Zigarette eine gute Sache, um vielen die Möglichkeit zu geben, endlich dieses Laster, diese wirklich gesundheitsschädliche Sache, nämlich das Rauchen, zu beenden. (Beifall beim Team Stronach.)

Die Tabakindustrie will das nicht, hat Einfluss auf die Politik und auch auf Studien und versucht hier, ein Produkt, das sehr hilfreich wäre, schlechtzumachen. Jetzt kommen Sie daher und wollen dieses Produkt auch noch aus den Betrieben, die sich etabliert haben, die auch eine dementsprechende Beratung liefern können, herausreißen und es den Trafikanten geben. Da Sie damit natürlich auch einigen Widerstand geerntet ha­ben, kommen Sie heute mit einem Abänderungsantrag daher, sozusagen typisch ös­terreichisch: Man nimmt es ihnen zwar weg, aber lässt ihnen einen Teil, und die Liquids, also die nachfüllbaren Flüssigkeiten, müssen dann doch wieder in der Trafik eingekauft werden. Also wer macht so etwas? (Ruf bei der FPÖ: Die Bundesregie­rung!)

Wenn Sie schon tatsächlich wollen, dass die Fachbetriebe – und da gibt es ja sehr, sehr viele – hier auch beratend zur Seite stehen können und diese Produkte vertrei­ben, dann können Sie doch nicht die Nachfüllflüssigkeiten in die Trafik stellen. Das ist ja total widersinnig! Sie können doch nicht Einwegprodukte den Trafikanten sozusagen aufs Auge drücken, die das ja gar nicht wollen. Die Trafikanten wollen ja diese Pro­dukte gar nicht vertreiben, weil sie gar nicht die Flächen haben, weil sie gar nicht die Beratungsleistungen liefern können.

Das Einzige, was Sie hier machen, ist – und das machen Sie ja in vielen Bereichen, auch mit der nicht mehr zeitgemäßen verhinderten Sonntagsöffnung –: Sie treiben die Leute ins Internet. Sie können ja heute auch schon E-Zigaretten im Internet kaufen (Abg. Podgorschek: Viagra!), bei Amazon und vielen anderen Vertriebspartnern. Also wem fällt so etwas ein? Sie zerstören einen aufstrebenden Gewerbezweig, der sich auf diese E-Zigaretten spezialisiert hat und eine Möglichkeit bietet, von der nor­malen Zigarette loszukommen. Was machen Sie? Sie verhindern das, Sie untergraben diese Betriebe und drängen die Leute ins Internet, wo dann das Geld wieder ins Aus­land fließt. Also das ist typisch österreichisch und das muss sich aufhören! (Beifall beim Team Stronach.)

10.36


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Win­zig. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


10.36.28

Abgeordnete Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Finanzminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wie unser Kollege Groiß schon angeführt hat, wurde mit dem 2. Abgabenänderungsgesetz ein gelungenes Pa­ket zur Verwaltungsvereinfachung geschnürt, was einen wesentlichen Beitrag für die Wettbewerbsfähigkeit und für den Wirtschaftsstandort leistet, denn gesetzliche Anpas­sungen dürfen aus Sicht der Wirtschaft keine zusätzlichen Belastungen und keinen weiteren Verwaltungsaufwand zur Folge haben.

Mit der Anpassung im Finanzstrafgesetz bekennen wir uns eindeutig zur Steuerbe­trugsbekämpfung, denn es müssen für alle Unternehmerinnen und Unternehmer glei­che Wettbewerbsbedingungen herrschen. Mit dem zehnprozentigen Verkürzungszu­schlag erfolgt im Fall von Selbstanzeige bei geringer Steuerschuld kein Strafverfahren, und das ist wichtig, denn so kann eine Kriminalisierung von unerfahrenen, rechtlich nicht geschulten Klein- und Mittelbetrieben verhindert werden.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 51

Kollege Rossmann hat schon diesen internationalen Informationsaustausch ange­schnitten. Ja, dafür sind wir. Nur wundert mich das bei Ihnen ein bisschen, denn wenn es um internationale Abkommen wie FATCA geht, sind Sie der Erste, der dagegen auf­springt. (Abg. Rossmann: Das stimmt doch nicht! Sie haben bei allen Abkommen im­mer dagegen gestimmt!)

Ja, mit dem 2. Abgabenänderungsgesetz schließt Finanzminister Dr. Schelling offene Steuerlücken und verbessert somit die Rahmenbedingungen für unsere heimischen Betriebe. Mut zu Reformen statt Verwalten des Alten, das ist offensichtlich unsere De­vise.

Ich darf mit einem Weihnachtswunsch schließen: Kaufen Sie bitte Ihre Weihnachtsge­schenke bei den heimischen Handelsbetrieben, denn nur so können wir Arbeitsplätze und Lehrstellen sowie die Lebensqualität vor Ort sichern. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

10.38


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Alm. – Bitte.

 


10.38.30

Abgeordneter Mag. Nikolaus Alm (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Mi­nister! Hohes Haus! Herr Kollege Groiß hat ja auch die Wettbewerbsfähigkeit er­wähnt – auch Kollegin Winzig, glaube ich, hat davon gesprochen –, die durch dieses Abgabenänderungsgesetz erreicht werden soll. Ich frage mich allerdings, wie die Wett­bewerbsfähigkeit erhöht werden soll, wenn gewisse Unternehmen ihre Geschäftsfelder aufgeben müssen und diese Geschäftsfelder monopolisiert werden.

Hier passiert etwas mit dem Tabakgesetz, was für uns nicht nachvollziehbar ist, näm­lich die Aufnahme von E-Zigaretten und E-Shishas in dieses Tabakmonopol. Das ist ein Eingriff in das Geschäftsfeld von zirka 75 österreichischen Unternehmen, die diese Produkte bisher legal verkaufen durften. Mit Inkrafttreten dieser Novelle wird ihnen die­ses Geschäftsfeld genommen. Argumentiert wird das Ganze mit Jugendschutz und dem Schutz vor gesundheitlichen Gefahren. Den Jugendschutz könnte man ganz ein­fach auf anderem Weg gewährleisten, indem Ausweiskontrollen – wie auch an anderen Stellen – eingeführt werden.

Der Schutz vor gesundheitlichen Gefahren ist angesichts der Abgabe in Trafiken so­wieso etwas, das hinterfragt werden kann. Wesentlich ist aber, dass diese Übernahme in das Tabakmonopol einen Eingriff in die Grundrechte darstellt, nämlich in die Ei­gentums- und Erwerbsfreiheit. Und wenn Grundrechte betroffen sind, geht es um die Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahmen. Über diese Verhältnismäßigkeit braucht man allerdings nicht besonders viele Worte zu verlieren, wenn nämlich der wahre Grund, der in den Erläuterungen zu diesem Gesetz ausgeführt wird, herangezogen wird. Da steht Folgendes:

„Aus Gründen ... der Sicherung der Einkünfte der Tabaktrafikanten sollen neben Ta­bakerzeugnissen auch bestimmte, diesen verwandte Erzeugnisse unter das Monopol fallen.“

Also die Sicherung der Einkünfte der Tabaktrafikanten ist der eigentliche Grund!

Und betreffend den Entzug der Existenzgrundlage von manchen Unternehmerinnen und Unternehmern wurde diesen eine Frist eingeräumt, dass sie sich ein neues Ge­werbe suchen können. Diese Frist ist erstreckt worden; Kollege Matznetter hat das ein wenig zynisch damit kommentiert, dass er gesagt hat, ihnen wird ja rechtzeitig die Möglichkeit gegeben, auf ein anderes Gewerbe umzusteigen. – Das ist jedenfalls nicht die Art von Vertretung, die sich Wirtschaftstreibende wünschen. Egal wie Sie zu diesen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 52

Produkten stehen, hier wird in ein freies Gewerbe eingegriffen, hier wird Rechtssicher­heit geopfert.

Und wenn es in der wirkungsorientierten Folgenabschätzung zum Abgabenänderungs­gesetz heißt, „das Vorhaben hat keine wesentlichen“ finanziellen „Auswirkungen auf ... Unternehmen“, spricht das Bände, wie die Regierungsparteien mit Unternehmerinnen und Unternehmern in Österreich umgehen.

Hören Sie bitte damit auf, Menschen und Unternehmen mit Ihrer Regulierungswut zu bevormunden! (Beifall bei NEOS und Team Stronach.)

10.41


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kirch­gatterer. – Bitte.

 


10.41.35

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Mei­ne Damen und Herren! Zu meinem Vorredner ein Satz, der vielleicht bei der Vorberei­tung ganz wichtig gewesen wäre: Vor nicht allzu langer Zeit hatten wir in Österreich eine sehr gut florierende Tabakerzeugung mit vielen Mitarbeitern, die hohe Qualität ge­liefert hat. Heute sieht es ganz anders aus. Das war die Politik, die Sie verfolgen, und das sollten Sie sich überlegen!

Es ist sehr gut, dass heute im Gesetzesvorschlag die Packungsgrößen für die Zigaret­ten mit 25 und 20 Stück ab 2016 festgelegt werden, das gibt den Kunden und den Händlern Übersicht und klare Vergleichsmöglichkeiten. Die E-Zigaretten und die E-Shi­shas gehören in die Trafik und sonst nirgendwohin, das ist der einzig richtige Platz. (Abg. Lugar: Warum? Warum?) – Beide Punkte sind wichtig, und es ist gut, dass dies noch heuer beschlossen wird, und zwar noch vor Jahresende (Abg. Lugar: Warum? Warum?) – auch darauf komme ich noch (Abg. Lugar: Ich bitte darum!) –, dass also dieses Gesetz noch heuer, vor dem Jahreswechsel, beschlossen wird. Ich danke allen, die sich hier positiv und konstruktiv eingebracht haben.

Ich möchte aber auch einen anderen Bereich beleuchten, und zwar, wie es wirklich bei den Tabaktrafikanten aussieht, wie die Ertragslage ist, die ja schon angeschnitten wor­den ist. – Die Spannen, also der Ertrag, ist in den letzten Jahren um ein Drittel gefallen! Und eine Besonderheit gilt es hier auch anzusprechen: Ein Teil der Industrie fährt eine ganz provokante Linie, macht Stimmung gegen die Trafikanten, ist an Dreistigkeit, Pro­vokation, Unverfrorenheit und Hochmut nicht zu überbieten. Wir weisen das zurück, dass ein Teil der Tabakindustrie eine schon längst fällige und auch notwendige Erhö­hung der Spannen torpediert oder verhindern will.

Wir werden uns dafür einsetzen – und das mit Nachdruck –, dass die negative Span­nenentwicklung bei den Trafikanten ein Ende nimmt, dass die Spannenverbesserung kommt, und wir sind davon überzeugt, dass uns das gelingen wird, weil es für diesen Berufsstand gerecht und wichtig ist.

Wir wollen keine Zustände – damit bin ich bei dem, was der Kollege aus dem Plenum gefragt hat –, wir wollen also keine Zustände wie im Ruhrgebiet oder wie in Berlin, wo mehr als die Hälfte der konsumierten Zigaretten ungeprüft, nicht nach Inhaltsstoffen kontrolliert, als geschmuggelte Ware, als unversteuerte Ware, ohne dass Tabaksteuer bezahlt wird, ohne dass Mehrwertsteuer entrichtet wird, an den Konsumenten geht.

Das österreichische Trafiknetz ist international Vorbild und ist gut für die österreichi­schen Kunden und für die Republik Österreich. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 53

10.44


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte.

 


10.44.55

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Zum Thema E-Zi­garetten: Herr Kollege Lugar, ich habe da ein bisschen eine andere Meinung. Vielleicht sollten wir einmal klarstellen, welche Bedeutung die Trafikanten in Österreich haben. Vor 20 Jahren hat es in Österreich noch rund 14 000 Trafikanten gegeben, mittlerweile gibt es nur noch rund 6 700 Trafikanten. Für mich sind die Trafikanten ein ganz wich­tiger Faktor: Sie sind ein Teil der Nahversorgung in Österreich und – was sehr oft über­sehen wird – vor allem ein Riesengebiet für Behinderte. Wir haben nach wie vor bei den Trafikanten eine Quote von 55 Prozent an Menschen, die eine Behinderung ha­ben, das heißt, das ist auch für Menschen mit Behinderung die beste Möglichkeit, in Österreich selbständig zu sein, und das sollte man unterstützen.

Die Änderung, die jetzt geplant ist, nämlich dass die E-Zigaretten exklusiv über die Tra­fiken verkauft werden, geht an sich in die richtige Richtung, ist für uns aber vielleicht zu weitgehend, deswegen werde ich dann noch einen Entschließungsantrag einbringen.

Vielleicht noch ein Thema, das sehr wichtig wäre, Herr Finanzminister: Man sollte den Trafikanten mit einer verbesserten Spanne helfen und mit einem Zahlungsziel, mit dem sie auch operieren können – das liegt teilweise bei null bis fünf Tagen, innerhalb derer sie der Großindustrie ihre Zigaretten bezahlen müssen. Auch der Schmuggel ist nach wie vor ein Riesenthema und wird unserer Meinung nach viel zu wenig unterbunden – da sollte man etwas machen –, und auch die 200-Stück-Regelung ist etwas, was den Trafikanten sicher schadet.

Also unsere Idee lautet so, und deshalb möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend E-Zigarettenver­trieb und E-Zigarettenangebot inklusive E-Dampfgeräte

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zuleiten, die die nikotinhaltigen E-Zigaretten-Produkte den Trafikanten im Vertrieb ex­klusiv zuordnet, gleichzeitig aber für die nicht-nikotinhaltigen E-Zigaretten-Produkte in­klusive der E-Dampfgeräte einen alternativen Vertriebsweg über E-Zigaretten-Fach­händler aufrecht erhält und so den österreichischen Konsumenten ermöglicht, dass sie weiterhin das volle Angebot auf dem E-Zigaretten-Markt erhalten können.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.) – Danke.

Das heißt, wir setzen uns wirklich für Trafikanten ein, die Trafikanten in Österreich wis­sen das. Ich darf auch kurz unsere Broschüre herzeigen. (Der Redner hält ein Exem­plar der Zeitschrift „pro trafikant“ in die Höhe.)

Unser Vorschlag wäre, dass alles, was im E-Zigarettenbereich quasi durch Mehrweg vertrieben wird, bei den Händlern – dem Fachhandel, der in den letzten Jahren ent­standen ist – bleibt, und alles, was im E-Zigarettenbereich im Einwegbereich ist, bei den Trafikanten bleibt. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

10.47


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 54

Entschließungsantrag

§ 55 GOG-NR

der Abgeordneten Peter Wurm und weiterer Abgeordneter betreffend E-Zigarettenver­trieb und E-Zigarettenangebot inklusive E-Dampfgeräte

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 1) Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (360 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Zu­sammenarbeit in Finanzstrafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-FinStrZG) erlassen und das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteu­ergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Gebührengesetz 1957, das Glücks­spielgesetz, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, die Bundesabgabenordnung, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010, das Bundesfinanzgerichtsgesetz, das Finanzstrafgesetz, die Abgabenexekutionsordnung, das Tabaksteuergesetz 1995, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Tabakmonopolge­setz 1996 und das Zollrechts-Durchführungsgesetz geändert werden (2. Abgabenän­derungsgesetz 2014 – 2. AbgÄG 2014) (432 d.B.)

Aus Gründen der Gesundheitspolitik und des Jugendschutzes sowie zur Sicherung der Einkünfte der Tabaktrafikanten sollen neben Tabakerzeugnissen auch bestimmte, die­sen verwandte Erzeugnisse unter das Monopol fallen. Die Definitionen dieser Produkte entsprechen Art. 2 der Richtlinie 2014/40/EU zur Angleichung der Rechts- und Verwal­tungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG, ABl. Nr. L 127 vom 29.04.2014 S. 1. Dabei handelt es sich um nikotinhaltige Produkte. Die österreichischen Trafikanten haben vor allem ein Interesse an den nikotinhaltigen Einweg-Produkten, die als Schnelldreher in der Trafik auch im Vertrieb leicht abzuwickeln sind.

Alle E-Zigaretten-Produkte, unabhängig vom Inhalt, exklusiv beim Trafikanten zu mo­nopolisieren ist nicht im Interesse der Trafikanten, da diese dann auch eine Nahversor­gungspflicht für Produkte haben, die weder in ihrer Art „nicht-nikotinhaltig“ noch in ih­rem Umfang „ Vielfältige Produktpalette, -teilweise Handy-Größen“ bei den E-Dampfge­räten in die Trafik passen.

Für die Trafikanten ist wichtig, dass jene Produkte, die über den Tabakwarengroßhan­del bzw. Tabakwarenindustrie über die Trafiken distribuiert werden, dem Monopolrecht unterliegen, damit Liefer-, Handelsspannen und Zahlungsbedingungen usw. monopol­rechtlich klar geregelt sind.

Ausgesuchten Fachhändlern im E-Zigarettenbereich für nicht-nikotinhältige Produkte soll unter der Einhaltung ebenso strenger Gesundheits- und Jugendschutzregelungen, der Vertrieb der E-Zigaretten inklusive der E-Dampfgeräte weiterhin erlaubt sein. Dabei sollte geprüft werden, ob man hier nicht ein rechtliches Zugangsverfahren im Sinne von eigenen E-Zigaretten-Trafiken erlaubt. Gleichzeitig soll der Internet-Handel für E-Ziga­retten mit Nikotin verboten werden.

Eine solche Regelung nimmt auf mehrere entscheidende Gesichtspunkte Rücksicht:

1) Die Konsumenten in Österreich erhalten weiterhin ein vollständiges Angebot an E-Zi­garetten-Produkten, unabhängig ob sie nikotinhaltig oder nicht-nikotinhaltig sind.

2) Die Trafikanten können exklusiv nikotinhaltige Produkte vertreiben, und damit ihr Ta­bakwarenangebot entsprechend abrunden bzw. erweitern.

3) Dabei sind sie jedoch davon befreit im Sinne der Nahversorgungspflicht alle E-Ziga­retten-Produkte, d.h. auch alle nicht-nikotinhaltigen führen zu müssen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 55

4) Bisherige E-Zigarettenhändler, die die gleichen Gesundheits- und Jugendschutzver­pflichtungen berücksichtigen, wie die Trafikanten, können im Bereich der nicht-nikotin­haltigen E-Zigarettenprodukte die Konsumenten versorgen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu­zuleiten, die die niktoinhaltigen E-Zigaretten-Produkte den Trafikanten im Vertrieb ex­klusiv zuordnet, gleichzeitig aber für die nicht-nikotinhaltigen E-Zigaretten-Produkte in­klusive der E-Dampfgeräte einen alternativen Vertriebsweg über E-Zigaretten-Fach­händler aufrecht erhält und so den österreichischen Konsumenten ermöglicht, dass sie weiterhin das volle Angebot auf dem E-Zigaretten-Markt erhalten können.“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hechtl. 2 Minuten frei­willige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


10.48.14

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ge­schätztes Hohes Haus! Ja, Tabak und Tabaktrafiken sind ein wichtiges Thema, und mit der heutigen Einbeziehung der E-Zigaretten und E-Shishas in das Tabakmonopol wird natürlich damit einhergehen, dass nunmehr E-Zigaretten und E-Shishas nur mehr in Ta­baktrafiken abgegeben werden dürfen.

Mein Vorredner hat schon gesagt, welche wichtige Bedeutung die Tabaktrafiken für uns haben, und zwar nicht nur als Nahversorger, sondern auch als jene, die den ge­sundheitlichen Aspekt, den Jugendschutz überprüfen und präventiv beachten, wenn es gilt, Jugendliche vom Rauchen abzuhalten.

Ich meine, dass diese Maßnahme ein richtiger Schritt ist, damit wir das Rauchen auch mit den E-Zigaretten und E-Shishas in den Griff bekommen, zumal es ja auch eine ge­sundheitspolitische Maßnahme ist. Und wenn die Packungsgröße mit 20 beziehungs­weise mit 25 Stück festgelegt ist, so, meine ich, ist nicht nur für den Konsumenten der Preis leichter vergleichbar, sondern es ist auch eine wichtige konsumentenschutzpoliti­sche Maßnahme.

Beim Abgabenänderungsgesetz, in dem viele Maßnahmen oder Materien geregelt wer­den, möchte ich vielleicht nur auf die eine eingehen, in der geregelt wird, dass man sich, wenn es um internationalen Steuerbetrug geht, bei der Zusammenarbeit zwischen den EU-Ländern stärker vernetzen muss. Ich meine, Steuerbetrug ist kein Kavaliersde­likt, Steuerbetrug muss mit allen Mitteln bekämpft werden, und da müssen wir rechtzei­tig die richtigen Maßnahmen setzen und entsprechende Rahmenbedingungen schaf­fen. (Beifall bei der SPÖ.)

10.49


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Köchl. – Bitte.

 


10.50.07

Abgeordneter Matthias Köchl (Grüne): Geschätzte Kolleginnen, geschätzte Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und vor den Fernsehapparaten! Die heutige Gesetzesänderung gibt mir die Möglichkeit, per Abänderungsantrag ein Thema


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 56

vorzubringen, das mir wichtig ist, nämlich die Anpassung der Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter. Das ist zuletzt vor über 30 Jahren erfolgt, und dann, mit der Um­stellung von Schilling auf Euro, sind wir diesbezüglich auf eine Höhe von 400 € ge­kommen. Wenn man jetzt aber allein die Inflation einrechnet, müssten das schon längst 696 € sein.

Was heißt das konkret? – Wenn Sie sich als Selbstständiger ein Smartphone kaufen oder wenn Sie das Smartphone einfach steuerlich geltend machen wollen, und das Smartphone kostet beispielsweise 499 €, dann müssen Sie nach aktueller Gesetzes­lage das Telefon auf fünf Jahre verteilt steuerlich abschreiben, und nur in begründeten Ausnahmefällen dürfen Sie das in drei Jahren machen. Also ein Smartphone um 499 € können Sie in Höhe von 133 €, 133 € und 133 € in drei Jahren steuerlich geltend ma­chen, was aber komplett weltfremd ist – ich hoffe, da sind wir uns einig –, weil das in der Realität keine drei Jahre hält.

Deswegen habe ich mich gefragt: Ist diese Regierung noch handlungsfähig oder nicht?, und bringe hier einen Änderungsantrag ein, der genau eine Ziffer im Gesetz ändert, in­dem die Ziffer 4 durch Ziffer 5 ersetzt wird, wodurch sich die Zahl 400 € auf 500 € be­treffend die Grenze von geringwertigen Wirtschaftsgütern ändert.

Jetzt bin ich sehr neugierig, ob Sie in der Lage sind, was die – das ist als Witz ge­meint – umfassendste Reform wäre, hier genau eine Zahl auszutauschen, ob Sie also in der Lage sind, wenigstens dem zuzustimmen, oder ob Sie auch hier wieder Hand­lungsunfähigkeit beweisen.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Köchl, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Zusammenarbeit in Finanzstrafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Uni­on erlassen und weitere Gesetze geändert werden (2. Abgabenänderungsgesetz 2014), wird wie folgt geändert:

In Art. 2 wird folgende Ziffer 4a eingefügt:

„4a. In § 13 wird die Zahl ,400‘ durch die Zahl ,500‘ ersetzt.“

*****

Ich ersuche Sie, diese Handlungsfähigkeit zu beweisen und eine Zahl im Gesetz zu än­dern, ansonsten hat die Regierung eindeutig ein Scheitern einbekannt. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen.)

10.52


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Matthias Köchl, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Finanz­ausschusses über die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 57

Bundesgesetz über die Zusammenarbeit in Finanzstrafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-FinStrZG) erlassen und das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Gebührenge­setz 1957, das Glücksspielgesetz, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Kraftfahr­zeugsteuergesetz 1992, die Bundesabgabenordnung, das Abgabenverwaltungsorgani­sationsgesetz 2010, das Bundesfinanzgerichtsgesetz, das Finanzstrafgesetz, die Ab­gabenexekutionsordnung, das Tabaksteuergesetz 1995, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Tabakmonopolgesetz 1996 und das Zollrechts-Durchführungsgesetz geändert wer­den (2. Abgabenänderungsgesetz 2014 – 2. AbgÄG 2014)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Zusammenarbeit in Finanzstrafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Uni­on erlassen und weitere Gesetze geändert werden (2. Abgabenänderungsgesetz 2014), wird wie folgt geändert:

In Art 2 wird folgende Ziffer 4a eingefügt:

„4a. In § 13 wird die Zahl „400“ durch die Zahl „500“ ersetzt.

Begründung

Mehr als die Hälfte der österreichischen Unternehmen sind Ein-Personen- Unterneh­men – ein wesentlicher Innovations- und Wachstumsfaktor der österreichischen Wirt­schaft.

Gerade EPUs sind in ihrer Leistungserbringung übermäßig von geringwertigen Wirt­schaftsgütern abhängig und profitieren gleich in doppelter Weise von einer unmittelba­ren Anhebung der Wertgrenze:

Da geringwertige Wirtschaftsgüter im sofort in voller Höhe abgesetzt bzw. abgeschrie­ben werden können, erleichtert dies gerade Kleinstunternehmen die Buchhaltung.

Die 3-5 jährigen Abschreibungsdauern von zentralen Gütern der täglichen Leistungser­bringung wie z.B. Smartphones oder Laptops sind aufgrund des raschen technischen Fortschritts und der starken Abnutzung realitätsfern. Eine direkte Absetzbarkeit der vol­len Summe als Betriebsausgabe im entsprechenden Jahr entspricht auch eher dem Stand der Technik.

Die Wertgrenze für geringwertige Wirtschaftsgüter wurde seit über 30 Jahren lediglich einmal – im Rahmen der Euro Umstellung – von rund 363 Euro auf 400 Euro angeho­ben und muss in weiterer Folge schrittweise wieder auf eine realistische, inflationsbe­reinigte Höhe angepasst werden. Eine unmittelbare Anhebung der Wertgrenze auf 500 Euro ist somit nur als erster Schritt und dringend notwendige Sofortmaßnahme zu werten. Weitere Anpassungsschritte sind in den Folgejahren vorzunehmen.

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lugar. – Bitte.

 


10.52.35

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Kirchgatterer von der SPÖ, also wenn Sie mir vorwerfen, dass ich die ATW verkauft hätte, dass ich die ATW sozusagen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 58

ins Ausland verscherbelt hätte und jetzt anscheinend darunter die Qualität bei den Zi­garetten leidet, dann frage ich mich, wer sie verkauft hat. Das waren doch immerhin Sie und nicht wir. Also von da her ... (Abg. Gisela Wurm: Wer? – Weitere Zwischenrufe der Abgeordneten Schieder und Wurm.) – Zumindest war es die Regierung.

Und schauen Sie, es war ja entlarvend! Die SPÖ hat gesagt – unterstützt auch von der FPÖ –, worum es hier geht: Es geht darum, dass die Trafikanten zu wenig verdienen, weil die Regierung ihnen eine zu geringe Spanne einräumt. (Zwischenrufe der Abge­ordneten Schieder und Wurm.) Deshalb geht man einfach – so wie die SPÖ es ja immer macht – zu funktionierenden Betrieben und nimmt ihnen ihr Geschäftsfeld weg, um den Trafikanten etwas Gutes zu tun. Das ist die SPÖ-Politik!

Ich sage immer, wenn die SPÖ von Gerechtigkeit spricht, dann, bitte, meine Damen und Herren, halten Sie Ihre Geldtasche fest, denn dann wird es teuer. (Beifall beim Team Stronach. – Zwischenruf der Abg. Gisela Wurm.) Das ist die SPÖ-Politik. Und genau das Gleiche wird hier bei den Trafikanten gemacht.

Wenn die Trafikanten ein Problem haben – und die haben ein Problem, aber das ha­ben sie wegen der Bundesregierung und auch wegen der SPÖ –, dann tun Sie etwas für die Trafikanten und gehen Sie nicht her und beuten nach Raubrittermethode einen funktionierenden Zweig des Gewerbes aus, um den Trafikanten etwas Gutes zu tun! – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

10.53

10.54.01

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 1: Entwurf betref­fend 2. Abgabenänderungsgesetz 2014 in 432 der Beilagen.

Hiezu liegen folgende Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträge vor:

Zusatzantrag der Abgeordneten Köchl, Kolleginnen und Kollegen, Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Fuchs, Kolleginnen und Kollegen sowie Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Zakostelsky, Krainer, Kolleginnen und Kollegen.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abän­derungsanträgen betroffenen Teile, der Systematik des Gesetzentwurfes folgend, und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes ab­stimmen lassen.

Die Abgeordneten Köchl, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betref­fend Einfügung einer neuen Ziffer 4a in Art. 2 eingebracht.

Wer hiefür ist, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Die Abgeordneten Dr. Fuchs, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsan­trag betreffend Art. 2 Ziffer 19 eingebracht.

Wer für diese Änderung eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein entsprechen­des Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Damit angenommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 59

Die Abgeordneten Mag. Zakostelsky, Krainer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 16 eingebracht.

Wer diesem Abänderungsantrag beitritt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Damit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein bejahen­des Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Damit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer zur Entlastung des Faktors Arbeit.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. (Abg. Hammer – auf die Sitzreihen der Grünen zeigend –: ... nicht einmal die Hälfte! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.) – Das ist die Minder­heit. Abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend E-Zigarettenvertrieb und E-Zi­garettenangebot inklusive E-Dampfgeräte.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 2: Entwurf eines Bun­desgesetzes, mit dem das Tabakgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang (Abg. Wöginger: Die Grünen sind auf dem Adventmarkt! – Unruhe im Saal) – wir sind im Ab­stimmungsvorgang – in 433 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

10.58.243. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (345 d.B.): Bundes­gesetz über österreichische Beiträge an internationale Finanzinstitutionen (IFI-Bei­tragsgesetz 2014) (434 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Kassegger. Ich erteile es ihm.

 


10.58.57

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es geht bei diesem Tagesordnungspunkt


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 60

um Österreichs Beitrag zu internationalen Finanzinstitutionen – ein Punkt, der natürlich auch indirekt oder direkt mit der Steuerreform zu tun hat. Dies insofern, als ja die Steu­erreform auch Vorschläge zu bieten hat, wie die Steuerentlastung zu finanzieren ist. Und da ist natürlich eine Möglichkeit, sich ausgabenseitig einzuschränken. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Ganz kurz zur Steuerreform, die ja in Wahrheit keine Reform ist. Die „Presse“ schreibt heute: „Steuerentlastung mit Belastungen“, beschreibt also das Spiel „Linke Tasche/Rech­te Tasche“: Ich nehme links etwas weg und gebe es rechts dazu.

Ein Wort auch noch zum SPÖ-Vorschlag betreffend Substanzbesteuerung und Millio­närsabgabe: Das ist ja wieder Klassenkampf in neuer Gestalt sozusagen. Das Problem ist nur, dass der Klassenfeind nicht in Österreich, sondern ganz woanders sitzt. Also die bösen ... (Abg. Kuzdas: Irrtum! Irrtum! Haben Sie den Kollegen Rossmann ge­hört?) – Er sitzt ganz woanders.

Die „bösen Millionäre“ – das ist ein desaströses Bild für jeden in Österreich, der Unter­nehmer sein will, wenn er von vornherein schon weiß, dass das, was er sich erarbeitet und erwirtschaftet, in der Substanz besteuert wird. Alle, die ein Unternehmen gründen wollen, sehen sich damit konfrontiert. Es muss doch legitim sein, als Mensch das Ziel zu haben, irgendwann in seinem Leben eine Million verdient zu haben. Das ist ja das Grundmotiv unternehmerischen Tätigseins. Und mit diesem Signal töten Sie das mehr oder weniger ab.

Das ist nur das Ergebnis. Was Sie dabei vergessen, ist, dass, bis es soweit kommt, zum einen eine Vielzahl von Entbehrungen, eine Menge von Risiko und viel Arbeit not­wendig sind und zum anderen diese Million, von der Sie dann reden, die Sie besteuern wollen, schon vielfach in unserem Hochsteuerland besteuert worden ist. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Bayr.)

Worauf ich die Sozialdemokratie noch aufmerksam machen möchte: Der Klassenfeind sitzt auf der europäischen Ebene, aber dort nicken Sie alles ab, was die Finanzmillio­näre und -milliardäre noch reicher macht. (Beifall und Bravoruf bei der FPÖ.)

Auch die ÖVP finanziert de facto mit Steuererhöhung. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Bayr.) Ein kleines Licht am Horizont: Die ÖVP spricht zumindest von 2 Milliar­den €, die sie durch Einsparungen bei Verwaltung, Finanzausgleich und Förderungen lukrieren will. Aber bis jetzt sind das nur Überschriften. Wir sind schon gespannt, was da konkret dann nachkommt.

Wir haben gestern bereits zahlreiche Möglichkeiten vorgeschlagen, wo man ausgaben­seitig sparen könnte. Der Herr Finanzminister hat es auch schon gesagt: Wir haben ein Ausgabenproblem! Das könnte gelöst werden durch das Einsparen von sinnlosen Aus­gaben, die keinen Mehrnutzen bringen. Es geht da nicht darum, etwas zu Tode zu spa­ren, sondern darum, bestimmte Dinge einzusparen. Man muss einfach nur hinterfra­gen, was der Nutzen der Ausgaben ist.

In Bezug auf den Förderungsbereich ist zu sagen: Allein wenn wir auf EU-Niveau im Förderungsbereich und im Subventionsbereich reduzieren würden, wäre das ein Poten­zial von 6 Milliarden €. (Abg. Neubauer hält eine Tafel in die Höhe mit der Aufschrift: „24 034 Euro netto!“ und dem Konterfei des Präsidenten des Europäischen Parlaments Martin Schulz und der Abbildung der Europafahne.)

Und was die Föderalismusreform betrifft, so wissen wir, dass das langfristig zu sehen ist, dass es da langfristige Effekte gibt.

Wir haben auch gestern wieder die Zusammenlegung der 22 Sozialversicherungsträ­ger gefordert. Die OECD sagt, dass da ein Potenzial von 2,5 Milliarden drinnen wäre. Wir wollen das zwar nicht hundertprozentig erreichen, aber selbst wenn wir die Hälfte davon erreichen würden, wäre das bereits ein Potenzial von 1,25 Milliarden €.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 61

Wir haben gestern eine weiteres Mal die Forderung nach einer Reform des Kammer­wesens erhoben. Da wären auch Hunderte Millionen zu holen. Das Problem ist nur, dass in all diesen Bereichen ein Verzicht auf Macht und Privilegien notwendig wäre. Und wir sehen da keinen Willen! Oder vielleicht gibt es doch einen Willen? (Beifall bei der FPÖ.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter, könnten Sie vielleicht gelegentlich ein­mal den Gegenstand der Verhandlung wenigstens erwähnen?! – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Kickl: In der Politik hängt alles zusammen!)

 


Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (fortsetzend): Jetzt komme ich zu den Aus­gaben, die vermeidbar sind, ohne dass unmittelbar auf Macht und Privilegien ver­zichtet werden müsste. (Abg. Wittmann: Das ist ein Plauderant!)

Es muss doch möglich sein beziehungsweise es muss doch legitim sein, zu fragen: Ist es in Zeiten wirtschaftlicher Not, wo es vielen Österreichern schlecht geht, wirklich not­wendig, dass wir – und das haben wir schon gestern angesprochen – zum Beispiel 600 Millionen € netto für ausländische Studierende ausgeben, vor allem deutsche Stu­dierende, damit die gratis bei uns studieren können und dann wieder nach Hause ge­hen, oder sollten wir hier nicht doch hart über Ausgleichszahlungen verhandeln? (Abg. Wittmann: Das ist keine Rede, das ist eine Plauderei!)

Ist es notwendig, dass wir 590 Millionen € – und das wird mit diesem Gesetz beschlos­sen – in folgende internationale Organisationen einfach so einzahlen: Afrikanischer Ent­wicklungsfonds, Internationale Entwicklungsorganisation, Globale Umweltfazilität?

Im Gesetz ist die Rede von der 13. Wiederauffüllung, von der 17. Wiederauffüllung und von der 6. Wiederauffüllung. Das sind drei neue Auffüllungen, wo wir wenig bis null Kontrolle haben. Viel sinnvoller wäre es, in konkrete Projekte zu investieren, an denen wir selbst beteiligt sind. Ich darf daran erinnern beziehungsweise darauf hinweisen, dass die ADA ohnehin mit einem Budget von über 100 Millionen € für diverse Projekte ausgestattet wird, und zwar aus Steuergeldern. Dabei dürfen wir auch nicht vergessen, dass die Österreicher ohnehin sehr, sehr großzügig sind und auf freiwilliger Basis spen­den, wenn auf der Welt Unglücke passieren.

Wir Freiheitliche finden, dass diese 590 Millionen € einfach zu viel sind. Deswegen wer­den wir gegen dieses Gesetz stimmen. Denn: Allein wenn wir diesen Betrag halbieren würden, würden wir weitere 300 Millionen € sinnvoll einsparen. (Beifall bei der FPÖ.)

11.04


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Huai­nigg. – Bitte.

 


11.05.23

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Ho­hes Haus! Ich muss meinem Vorredner Abgeordneten Kassegger widersprechen: Es gibt globale Probleme, die nur international gelöst werden können. Und daran muss sich Österreich auch beteiligen. Zu nennen wären da zum Beispiel der Klimaschutz oder der Umstand, dass viele Menschen auf der Flucht sind. Da kann man nur helfen, wenn man Wachstum fördert und die Armut bekämpft. Da leistet Österreich einen wich­tigen Beitrag durch das IFI-Beitragsgesetz 2014, nämlich 590 Millionen €, die in den nächsten zwölf Jahren ausgegeben werden.

Es werden da vor allem drei Fonds aufgefüllt. Erstens die IDA, wo es darum geht, die Armut zu bekämpfen, die ärmsten Länder zu unterstützen. Dann der ADF, wo es um Länder in Afrika geht, die Kredite bekommen. Und dann der GEF, mit dem Klima­schutzprojekte durchgeführt werden. Da nehmen wir wirklich eine internationale und ei­ne globale Verantwortung wahr.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 62

Neben dieser multilateralen Unterstützung beziehungsweise multilateralen Entwicklungs­zusammenarbeit ist aber auch die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit wichtig. Ich ersuche Sie, Herr Minister, auch darauf ein Augenmerk zu legen, denn da wird Öster­reich auch in kleinen regionalen Projekten tätig. Da wird sichtbar – und das möchte ich betonen –, dass auch im Kleinen viel bewegt werden kann. Das sollte daher auch in den nächsten Budgets berücksichtigt werden.

Ich glaube, dass es auch wichtig ist, dass wir mehr und besser darstellen, was Öster­reich in der multilateralen Entwicklungszusammenarbeit tut. Und da braucht es Be­wusstseinsbildung, um zu sehen, was wir da bewirken. Das muss sichtbar gemacht werden, denn zwei Drittel der gesamten ODA-Quote von Österreich kommen aus der multilateralen Entwicklungszusammenarbeit.

Ich begrüße ausdrücklich dieses Gesetz und freue mich darüber, denn es ist ein Weg zur Menschenwürde.

Menschenwürde gehört, wie ich es auch bei anderen Dingen immer sage, auch in der österreichischen Verfassung dringend verankert. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten des Teams Stronach.)

11.09


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 


11.09.48

Abgeordnete Petra Bayr, MA (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Da­men und Herren! Mein Vorredner hat schon gesagt, worum es bei der IFI-Beitragsge­setz-Novelle geht, nämlich um drei Wiederauffüllungen. Ich möchte betonen, dass wir – abgesehen davon, dass wir dieses Mal zeitlich relativ spät dran sind – im Bereich der multilateralen Entwicklungszusammenarbeit mit unseren Verpflichtungen zur Finanzie­rung der multilateralen EZA wirklich sehr vorbildlich umgehen.

Die österreichischen Beiträge sind eben im IFI-Beitragsgesetz gesetzlich verankert. Das ist ein großer Unterschied zum Bereich der bilateralen Entwicklungszusammenar­beit, der über Ermessensausgaben finanziert wird und wo man immer dann, wenn es Kürzungen geben muss, natürlich sehr schnell und sehr einfach, ohne großes Proze­dere kürzen kann – wie das bei der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit ja leider auch passiert ist.

Der Vorredner von der FPÖ hat diesbezüglich offensichtlich die letzten fünf Jahre ver­schlafen. – Ich würde mir wünschen, dass die ADA noch mit 100 Millionen € dotiert wäre! Das ist sie schon lange nicht mehr, das war einmal. Daher der Appell an Fi­nanzminister Schelling: Ich glaube, dass es wirklich wichtig ist, für das Jahr 2015 – also in einem schon beschlossenen und bestehenden Budget – Rücklagen auflösen zu kön­nen, um wenigstens den Beitrag stabilisieren zu können und nicht im Jahr 2015 um 17 Millionen € weniger zu haben, und dann im Jahr 2016 über ein neues Budget dem­entsprechend Vorsorge zu treffen, dass genügend Geld da ist, um unseren Verpflich­tungen nachzukommen.

Diese Diskussion: multilaterale EZA auf der einen Seite und bilaterale EZA auf der an­deren Seite; und: Nehmen wir doch Geld von da und tun es nach dort!; oder: Warum hier und dort?, die ist irreführend. Denn: Bilaterale und multilaterale Entwicklungszu­sammenarbeit sind keine kommunizierenden Gefäße, sondern zwei komplementäre Instrumente, zwei komplementäre Strukturen, die beide ihre Berechtigung und ihre Stärken haben. Gerade große Infrastrukturprojekte stemmt kein einzelner Staat – und schon gar nicht so ein kleiner Geber wie Österreich – durch Beiträge zu bilateralen Ent­wicklungsmaßnahmen. Infrastrukturprojekte im großen Ausmaß können einfach nur über


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 63

Institutionen wie die IFIs finanziert werden, und es macht daher Sinn, sowohl die bilate­rale als auch die multilaterale Entwicklungszusammenarbeit dementsprechend zu do­tieren.

Wir hatten erfreulicherweise vor ein paar Wochen auch die Gelegenheit – danke noch einmal auch fürs Einfädeln! (in Richtung Bundesminister Schelling) –, mit dem stellver­tretenden Direktor der Weltbank-Gruppe zu diskutieren, Informationen zu bekommen, was da genau läuft, und uns auch zu erkundigen, was mit unseren Beiträgen passiert. Ich freue mich auch darüber, dass jetzt in der Novelle der § 3 wieder vorhanden ist, der die regelmäßige Information über die Arbeit der IFIs an den Nationalrat beinhaltet. Meiner Meinung nach ist es auch im Sinne von Ownership – nicht nur für Entwicklungsländer, sondern auch für Österreich! – wichtig, zu wissen, was wir tun und was mit unserem Geld passiert.

Abschließend ein Appell: Wir sollten in Bezug auf die bilaterale Entwicklungszusam­menarbeit wirklich dem Beispiel der multilateralen folgen: Erstens müssen wir tat­sächlich einmal die Verpflichtungen, die wir haben, erfüllen – auch in der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit. Zweitens brauchen wir einen gesetzlich abgesicherten Budgetpfad, wie wir die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit in den künftigen Jah­ren steigern wollen – und wir müssen sie steigern, auch um unserer moralischen und internationalen Verantwortung nachzukommen! Zum Dritten würde ich mir wünschen, dass sowohl die bilaterale als auch die multilaterale Entwicklungszusammenarbeit von einem breiten Konsens getragen und von möglichst vielen Parteien unterstützt werden.

Im Fall der multilateralen Entwicklungszusammenarbeit danke ich für die breite Unter­stützung. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.13


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Windbüchler-Sou­schill. – Bitte.

 


11.13.42

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr ver­ehrten Damen und Herren! Ohne Entwicklungszusammenarbeit keine stabile, friedliche Welt, aber ohne finanzielle Unterstützung auch keine Entwicklungszusammenarbeit. Das eine schließt das andere nicht aus, sondern ergänzt sich. Dafür muss die Bundes­regierung einstehen, und dafür ist auch der Finanzminister verantwortlich.

Man könnte sich fragen, was eigentlich der Finanzminister mit der Entwicklungspolitik zu tun hat, wo es doch eh einen Entwicklungsminister in der Person des Sebastian Kurz gibt? – Die Antwort ist klarerweise die, dass es neben einer Gesamtstrategie für die Entwicklungszusammenarbeit natürlich auch die finanziellen Beiträge dafür geben muss. Das hängt mit all dem zusammen, was internationale Solidarität anbelangt, was Verantwortung anbelangt, was die Verpflichtung anbelangt, Menschen zu unterstützen, damit sie ihr Leben dort, wo sie zu Hause sind und wo ihre Familien sind, tatsächlich auch leben können.

Es ist zweifelsfrei so, dass die Entwicklungszusammenarbeit in den letzten Jahren sträflichst vernachlässigt wurde. Wir haben keine 100 Millionen € – leider, Herr Kollege Kassegger! –, sondern ab dem 1. Jänner 2015 tatsächlich nur mehr 65 Millionen € für die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung. Die multilaterale Entwick­lungszusammenarbeit wurde auf nunmehr 80 Millionen € gekürzt. Wir sind Schlusslicht in der Europäischen Union – als eines der reichsten Länder der Europäischen Union –, und das sollte uns zu denken geben. Wir sollten uns fragen, wie es denn um die inter­nationale Solidarität steht. Wir sollten uns fragen: Was ist denn tatsächlich mit den Men­schen auf dieser Welt, denen es einfach so schlecht geht? (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 64

Die humanitäre Hilfe beläuft sich auf ganze 5 Millionen € im Jahr – 5 Millionen €! Es jährt sich gerade der Tsunami zum zehnten Mal. Der Tsunami hatte in Thailand katastro­phale Auswirkungen, viele, viele Menschen sind gestorben. Daraufhin gab es die Ein­richtung des Auslandskatastrophenfonds durch den damaligen Kanzler Schüssel, der versprochen hat, wir hätten 100 Millionen € für Menschen in Not auf der Welt. Jetzt gibt es 5 Millionen € – noch immer, seit zehn Jahren nur 5 Millionen €! Das ist tatsächlich eine schändliche, eine sträfliche Vernachlässigung der internationalen Hilfe.

Im Regierungsübereinkommen steht, dass es 20 Millionen € sein sollten. Also stocken Sie endlich die humanitäre Hilfe auf 20 Millionen € auf, und das mit 1. Jänner 2015! – Das ist möglich, Herr Finanzminister, das ist möglich! (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Bayr.)

Im Regierungsübereinkommen steht weiters, dass es einen Stufenplan zur Finanzie­rung der Entwicklungszusammenarbeit geben soll – einen gesetzlich abgesicherten Stufenplan. Bisher ist die Entwicklungszusammenarbeit ausschließlich eine Ermes­sensausgabe, deshalb kann ja auch der Finanzminister einfach die Order geben und sagen: In der Entwicklungszusammenarbeit können wir einkürzen, da können wir ein­fach kürzen und die Hilfe für die Ärmsten der Armen streichen!

Wir wollen ganz klar, dass diese bilaterale Entwicklungszusammenarbeit keine Ermes­sensausgabe mehr ist, sondern tatsächlich gemäß einem gesetzlich abgesicherten Pfad erfolgt – ein Pfad, der nachhaltig ist, der klimaschützend ist, der die Wahrung der Menschenrechte forciert, der den Menschen tatsächlich das Leben wieder lebenswert macht, dort, wo sie leben.

Die multilaterale Entwicklungszusammenarbeit gilt es ebenso aufzustocken. UNICEF bekommt nur mehr 1 Million € vonseiten Österreichs. Gleichzeitig kämpft UNICEF für die Kinder, die aus Syrien fliehen mussten und dem syrischen Bürgerkrieg entkommen sind. Das passt nicht mehr zusammen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Noch nie waren so viele Menschen auf der Flucht wie zurzeit. Es liegt in der Verant­wortung Österreichs, hier zu unterstützen, zu helfen und auch die finanziellen Mittel be­reitzustellen – und das ist auch die Verantwortung des Finanzministers, und das ist auch die Verantwortung des Entwicklungsministers Sebastian Kurz! (Beifall bei den Grünen.)

11.18

11.18.03

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 345 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehr­heit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen. – Das ist ebenfalls mit Mehr­heit in dritter Lesung angenommen.

11.18.394. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (350 d.B.): Bundesge­setz, mit dem ein Bundesgesetz betreffend die Ermittlung der Umlaufgewichteten


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 65

Durchschnittsrendite für Bundesanleihen (UDRBG) erlassen und das Nationalbank­gesetz 1984, das Sanktionengesetz 2010 und das Devisengesetz 2004 geändert wer­den (435 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (354 d.B.): Bundesge­setz, mit dem ein Bundesgesetz über den Betrieb und die Beaufsichtigung der Ver­tragsversicherung (Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 – VAG 2016) erlassen wird sowie das Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz, das Bankwesengesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Betriebspen­sionsgesetz, das Bewertungsgesetz 1955, das Börsegesetz 1989, das E-Commerce-Gesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Fern-Finanzdienstleistungs-Gesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Fi­nanzmarktstabilitätsgesetz, das Finanzsicherheiten-Gesetz, das Firmenbuchgesetz, das Gerichtsorganisationsgesetz, die Gewerbeordnung 1994, das Gleichbehand­lungsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, die Insolvenzordnung, das Investmentfondsgesetz 2011, das Kapitalversicherungs-Förderungsgesetz, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsge­setz 1994, das Landarbeitsgesetz 1984, das Pensionskassengesetz, das Rechts­pflegergesetz, die Strafprozessordnung 1975, das Umgründungssteuergesetz, das Verkehrsopfer-Entschädigungsgesetz, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Versicherungsvertragsgesetz und das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 geändert werden (436 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen nun zu den Punkten 4 und 5 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Fuchs. – Bitte.

 


11.19.46

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Die Dauer des Mandats des externen Rechnungsprüfers des Jahresabschlusses der Oesterreichi­schen Nationalbank war bisher auf ein Jahr befristet. Durch die Novellierung des § 37 Abs. 1 des Nationalbankgesetzes soll nun die Mandatslänge auf bis zu fünf Jahre ver­längert werden.

Begründet wird die Verlängerung unter anderem damit, dass die Rechnungsprüfer da­durch die Möglichkeit erhalten, sich länger einem Prüfungsgegenstand zu widmen.

Wir lehnen eine derartige Verlängerung ab und plädieren für eine maximal dreijährige Mandatslänge, und zwar aus folgenden Gründen: Wenn der Jahresabschluss der Oes­terreichischen Nationalbank über einen Zeitraum von fünf Jahren durch denselben Rechnungsprüfer beziehungsweise dieselbe Prüfungsgesellschaft geprüft wird, dann stellt sich beim Prüfer leicht Betriebsblindheit ein.

Darüber hinaus kann sich durch eine zu lange Mandatsdauer zwischen dem Rech­nungsprüfer und der Geschäftsleitung des geprüften Unternehmens ein besonderes Vertrauensverhältnis aufbauen, das der kritischen Distanz und der Objektivität des Rechnungsprüfers abträglich ist. Zugeständnisse des Rechnungsprüfers an die geprüf­te Gesellschaft im Hinblick auf das Prüfungsurteil sind bei einer kürzeren Mandats­dauer weniger wahrscheinlich, da der Rechnungsprüfer ohnehin nach spätestens drei Jahren ersetzt wird. Die Qualität der Abschlussprüfung würde sich dadurch auch ver­bessern.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 66

In der Wirtschaft ist man in Bezug auf die Prüfer-Rotation viel sensibler, ohne dazu ge­setzlich verpflichtet zu sein. Zum Beispiel schreibt der börsennotierte Wienerberger Konzern die Wirtschaftsprüfung alle drei bis vier Jahre aus.

Ich stelle daher folgenden Antrag:

Abänderungsantrag

des Abgeordneten DDr. Hubert Fuchs und weiterer Abgeordneter

zum Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage 350 der Beilagen:

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

„Der im Titel genannte Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

In Artikel 2 Ziffer 2 wird in § 37 Abs. 1 erster und zweiter Satz jeweils das Wort ‚fünf‘ durch das Wort ‚drei‘ ersetzt.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

11.22


Präsident Karlheinz Kopf: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Fuchs eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

des Abgeordneten DDr. Hubert Fuchs und weiterer Abgeordneter

zum Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (350 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz betreffend die Ermittlung der Umlaufgewich­teten Durchschnittsrendite für Bundesanleihen (UDRBG) erlassen und das National­bankgesetz 1984, das Sanktionengesetz 2010 und das Devisengesetz 2004 geändert werden (435 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der im Titel genannte Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

In Artikel 2 Ziffer 2 wird in § 37 Abs. 1 erster und zweiter Satz jeweils das Wort „fünf“ durch das Wort „drei“ ersetzt.

Begründung

Zu Artikel 2 (Änderung des Nationalbankgesetzes 1984) – Zu § 37 Abs. 1:

Die Dauer des Mandats des externen Rechnungsprüfers des Jahresabschlusses der Oesterreichischen Nationalbank war bisher auf 1 Jahr befristet.

Durch die Novellierung des § 37 Abs 1 Nationalbankgesetz soll die Mandatslänge – entgegen der Regierungsvorlage, welche eine Verlängerung auf bis zu 5 Jahre vor­sah – auf lediglich bis zu 3 Jahre verlängert werden.

Begründet wurde die Verlängerung in der Regierungsvorlage ua damit, dass die Rech­nungsprüfer dadurch die Möglichkeit haben, sich länger einem Prüfungsgegenstand wid­men zu können.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 67

Eine Verlängerung auf 5 Jahre ist aus folgenden Gründen abzulehnen:

Wenn der Jahresabschluss der Oesterreichischen Nationalbank über einen Zeitraum von 5 Jahren durch denselben Rechnungsprüfer bzw dieselbe Prüfungsgesellschaft geprüft werden, stellt sich beim Prüfer leicht Betriebsblindheit ein.

Darüber hinaus kann sich durch eine zu lange Mandatsdauer zwischen dem Rech­nungsprüfer und der Geschäftsleitung der Oesterreichischen Nationalbank ein beson­deres Vertrauen aufbauen, das der kritischen Distanz und Objektivität des Rechnungs­prüfers abträglich ist.

Zugeständnisse des Rechnungsprüfers an die Oesterreichischen Nationalbank im Hin­blick auf das Prüfungsurteil sind bei einer kürzeren Mandatsdauer weniger wahrschein­lich, da der Rechnungsprüfer ohnehin ersetzt wird. Die Qualität der Abschlussprüfung würde sich dadurch verbessern.

In der Wirtschaft ist man in Bezug auf die Prüfer-Rotation viel sensibler, ohne dazu ver­pflichtet zu sein. Beispielsweise schreibt die börsenotierte Wienerberger AG die Wirt­schaftsprüfung alle drei bis vier Jahre aus.

*****

11.22.20

 


Präsident Karlheinz Kopf: Meine Damen und Herren, wir haben nur noch zwei Red­ner zu diesem Tagesordnungspunkt.

Da aber von den Regierungsparteien ein Abänderungsantrag angekündigt ist, den der letzte Redner einbringen wird, verlege ich die Abstimmung zu diesem Tagesord­nungspunkt.

Diese wird nach der Debatte der beiden nächsten Tagesordnungspunkte erfolgen. Des­wegen habe ich auch das Abstimmungseinläuten jetzt wieder gestoppt.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Zakostelsky. – Bitte.

 


11.22.59

Abgeordneter Mag. Andreas Zakostelsky (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine verehrten Damen und Herren! Liebe Zuseherinnen und Zuse­her! Die vorliegenden Gesetzentwürfe sind gekennzeichnet von einem sehr starken parlamentarischen Prozess, etwas, was wir uns hier im Hohes Haus immer wünschen, der am vergangenen Donnerstag in einem sehr konstruktiven Finanzausschuss gipfel­te. Ich bedanke mich an dieser Stelle für die tatsächlich gute Zusammenarbeit sowohl mit dem Regierungspartner als auch mit allen anderen Fraktionen des Hohes Hauses.

Auf Basis der Regierungsvorlagen haben wir es, glaube ich, in guter Zusammenarbeit geschafft, auch mit den externen Experten, wie der Nationalbank und den Interessen­vertretungen, praxisbezogene Maßnahmen zu erarbeiten, die in Summe damit ein gu­tes Gesamtgesetzespaket entworfen haben, nämlich sowohl im Sinne der Konsumen­ten als auch im Sinne der Finanzmarktakteure.

Im Besonderen möchte ich hier auf zwei wesentliche Punkte eingehen, zum Ersten auf die Neugestaltung der Sekundärmarktrendite, zum Zweiten auf das Versicherungsauf­sichtsgesetz – beide durchaus sperrige Themen, nicht die klassischen Themen, die man landläufig behandelt, aber durchaus Themen, die gerade für unsere Österreiche­rinnen und Österreicher in der praktischen Anwendung sehr wichtig sind.

Ich möchte daher beim ersten Punkt, bei der Sekundärmarktrendite, ein wenig ausho­len. Es geht hier um das Gesetz betreffend die Ermittlung der Umlaufgewichteten Durchschnittsrendite für Bundesanleihen. Hier ist festzustellen, dass die Sekundär­marktrendite oder – in Wahrheit gibt es mehrere – die Sekundärmarktrenditen ganz, ganz wesentliche Indikatoren für die Berechnung von Zinssätzen sind, die de facto jede


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 68

Österreicherin und jeder Österreicher in ihren Kreditverträgen vorfinden, aber die ge­nauso auch ein wichtiger Punkt sind, um die Prämien beispielsweise für das Bauspar­geschäft, also die Bausparprämie, zu berechnen.

All diese Indikatoren wurden bisher von der OeKB berechnet. Aufgrund einer Änderung des regulatorischen Umfeldes kann die OeKB, die Oesterreichische Kontrollbank, dies allerdings mit 1. April 2015 das letzte Mal tun. Daher ging es darum, hier Umrech­nungsfaktoren festzustellen und festzulegen. Dies wird im gegenständlichen Gesetz getan, und es ist uns im parlamentarischen Prozess, den ich vorhin angesprochen ha­be, gelungen, jetzt nicht nur einen, sondern vier verschiedene Umrechnungsfaktoren festzulegen. Warum vier? – Weil es in den Kreditverträgen von uns allen tatsächlich auch unterschiedliche SMR, also Sekundärmarktrenditen, die ich vorhin erwähnt habe, gab, daher vier Umrechnungsfaktoren. Damit kommt es zu einem Höchstmaß an Rechtssicherheit für unsere Bürgerinnen und Bürger und zu einer Klarheit für alle Ös­terreicherinnen und Österreicher.

Das zweite Thema ist das Versicherungsaufsichtsgesetz. Im Einklang mit der Richtlinie der EU von 2009, der sogenannten Solvency II, also Solvabilitätsrichtlinie II, erfolgt die Umsetzung eines neuen Aufsichtssystems für die heimischen Versicherungen – auch ein internationaler Prozess, aber hier eben für die heimischen Versicherungen. Hier ist eine grundlegende Neuausrichtung der Eigenmittelerfordernisse ebenso vorgesehen wie weitergehende Maßnahmen im aufsichtsrechtlichen Bereich der FMA.

Im Detail vielleicht vier Punkte, damit man sich ein bisschen etwas vorstellen kann: Es geht hier um die risikooptimierte Eigenmittelausstattung, damit also die Sicherheit des Unternehmens, was für den Konsumenten sehr wichtig ist, weiters um die Einrichtung eines Governance-Systems, also eines internen Beaufsichtigungssystems, das den internationalen Entwicklungen entspricht. Zum Dritten erfolgt die Anpassung der Auf­sichtsinstrumente der Finanzmarktaufsicht und auch ein transparenter Bericht über die Solvenz, also die Zahlungsfähigkeit, in Richtung Öffentlichkeit, und vieles mehr.

Ich möchte an dieser Stelle allerdings auch hinzufügen, dass wir keine überbordende Regulierungswut aufkommen und diese den Versicherungen nicht aufbrummen lassen dürfen, denn letztendlich geht es hier um Aufwand und Kosten. Das heißt, der goldene Mittelweg ist auch da gefragt.

Deswegen erlauben Sie vielleicht einen Satz auch zum nächsten Tagesordnungspunkt, der hier genau dazu passt, zum Bankensanierungs- und Abwicklungsgesetz. Damit setzen wir die zweite Säule der Bankenunion in Österreich um. Sie wissen, auf euro­päischer Ebene kommt dieser Bankenabwicklungs- und Restrukturierungsfonds. In die­sen Fonds haben europaweit in Zukunft alle Banken einzuzahlen, damit der Steuer­zahler nicht belastet wird – eine sehr gute Vorgehensweise, sehr wichtig.

Gleichzeitig ist aber festzustellen, dass wir auch in Österreich keine Überregulierung und keine Doppelbesteuerung brauchen. Sie wissen, wir haben ja bereits eine Art Ban­kenabgabe, die da sinnvollerweise angerechnet werden muss – denn, wie gesagt, wir brauchen keine Überregulierung, keine Doppelbesteuerung, sondern, ganz im Gegen­teil, vernünftige gesetzliche Rahmenbedingungen, die die Wettbewerbsfähigkeit auch der heimischen Banken und Versicherungen und damit aber der gesamten österreichi­schen Wirtschaft stärken. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.28


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Lipitsch zu Wort. – Bitte.

 


11.28.15

Abgeordneter Hermann Lipitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich möch­te gleich vorweg den bereits angekündigten Antrag einbringen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 69

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Zakostelsky, Krainer, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem ein Bundesgesetz betreffend die Ermittlung der Umlaufgewichteten Durchschnittsrendite für Bundesanleihen (UDRBG) erlassen und das Nationalbankgesetz 1984, das Sanktionengesetz 2010 und das Devi­sengesetz 2004 geändert werden (350 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

In Artikel 1 wird nach § 4 folgender § 5 samt Überschrift eingefügt; die bisherigen Para­grafen 5 bis 8 werden als Paragrafen 6 bis 9 bezeichnet:

„Festlegung eines Korrekturfaktors für die SMR Emittenten Gesamt, die SMR Inländi­sche Emittenten und die SMR Inländische Nichtbanken“

*****

Es geht um die Umstellung, es ist eine technische Angelegenheit. Unter Anwendung ei­nes spezifischen Korrekturfaktors wird eben auf diese Umlaufgewichtete Durchschnitts­rendite für Bundesanleihen übergeleitet. – Das ist der Antrag.

 


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter, ich muss Sie bitten, den Text vorzule­sen, den § 5!

 


Abgeordneter Hermann Lipitsch (fortsetzend):

„§ 5. (1) Neben der SMR-Bund werden unter Anwendung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes auch die die Sekundärmarktrendite Emittenten Gesamt, Sekundär­marktrendite Inländische Emittenten und die Sekundärmarktrendite Inländische Nicht­banken unter Anwendung eines spezifischen Korrekturfaktors auf die UDRB überge­leitet.“

 


Präsident Karlheinz Kopf: Auch die Absätze 2 und 3, bitte!

 


Abgeordneter Hermann Lipitsch (fortsetzend): Absatz 2:

„(2) Die Korrekturfaktoren gemäß Abs. 1 sind in einer von der OeNB zu erlassenden Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 entsprechend den Emittentengruppen zu bestimmen.

(3) Bei Verträgen, die ab dem 1.4.2015 abgeschlossen werden, ist als Referenzwert die UDRB selbst anzuwenden oder ein anderer marktüblicher Indikator, nicht aber eine der von der UDRB abgeleitete Sekundärmarktrendite.“

*****

Das wäre diese Änderung.

Ich möchte nur ganz kurz noch zu Punkt 5 sagen – mein Vorredner hat schon darauf hingewiesen –: Die Vorlage des Versicherungsaufsichtsgesetzes ist unter dem Blick­winkel der Kapitalmarktregulierung zu sehen. Die umfassenden inhaltlichen Änderun­gen, die die Umsetzung von Solvabilität II mit sich bringt, erfordern die Schaffung eines neuen Versicherungsgesetzes, das eine praktikable Lösung darstellt. Gleichzeitig wird das Gesetz aus dem Jahr 1978 aufgehoben. Ich glaube, dass dieses Gesetz wichtig ist, um den Kunden von Versicherungsgesellschaften eine gewisse Sicherheit zu ge­ben, was sie herausbekommen, welchen Rückkaufswert sie haben und welche garan­tierten Leistungen. Es ist eine, glaube ich, gute Grundlage für Versicherungsnehmerin­nen und -nehmer. (Beifall bei der SPÖ.)

11.31



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 70

Präsident Karlheinz Kopf: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Lipitsch eingebrach­te Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Andreas Zakostelsky, Jan Krainer und Kollegen

zur Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem ein Bundesgesetz betreffend die Ermittlung der Umlaufgewichteten Durchschnittsrendite für Bundesanleihen (UDRBG) erlassen und das Nationalbankgesetz 1984, das Sanktionengesetz 2010 und das Devi­sengesetz 2004 geändert werden (350 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

In Artikel 1 wird nach § 4 folgender § 5 samt Überschrift eingefügt; die bisherigen Para­grafen 5 bis 8 werden als Paragrafen 6 bis 9 bezeichnet:

„Festlegung eines Korrekturfaktors für die SMR Emittenten Gesamt, die SMR Inländi­sche Emittenten und die SMR Inländische Nichtbanken

§ 5. (1) Neben der SMR-Bund werden unter Anwendung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes auch die die Sekundärmarktrendite Emittenten Gesamt, Sekundär­marktrendite Inländische Emittenten und die Sekundärmarktrendite Inländische Nicht­banken unter Anwendung eines spezifischen Korrekturfaktors auf die UDRB überge­leitet.

(2) Die Korrekturfaktoren gemäß Abs. 1 sind in einer von der OeNB zu erlassenden Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 entsprechend den Emittentengruppen zu bestimmen.

(3) Bei Verträgen, die ab dem 1.4.2015 abgeschlossen werden, ist als Referenzwert die UDRB selbst anzuwenden oder ein anderer marktüblicher Indikator, nicht aber eine der von der UDRB abgeleitete Sekundärmarktrendite.“

Begründung

Hiermit wird auch eine Überleitung für Verträge ermöglicht, die auf die SMR Emittenten Gesamt, die SMR Inländische Emittenten und die SMR Inländische Nichtbanken refe­renzieren. Für jede dieser Emittentengruppen ist ein entsprechender Korrekturfaktor von der OeNB zu errechnen und in die Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 aufzunehmen. Diese Maßnahme der gegenüber der Regierungsvorlage erweiterten Überleitung dient der Rechtssicherheit. Zur Erhöhung der Transparenz und der Vergleichbarkeit sollen Neuverträge nicht mehr auf diese abgeleiteten Referenzwerte Bezug nehmen, sondern nur mehr auf Indikatoren, die den internationalen Finanzmarktusancen entsprechen.

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Zakostelsky. – Bitte.

 


11.31.38

Abgeordneter Mag. Andreas Zakostelsky (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich stelle folgenden Antrag zum Versicherungsaufsichtsgesetz 2016:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Zakostelsky, Krainer, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 71

„Die oben zitierte Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

Artikel 2, Bundesgesetz über den Betrieb und die Beaufsichtigung der Vertragsversi­cherung (Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 – VAG 2016)“ 

 


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter! Da der Abänderungsantrag doch eine ganze Seite umfasst, lasse ich ihn kopieren und verteilen. Sie brauchen ihn also nur in den Grundzügen zu erläutern.

 


Abgeordneter Mag. Andreas Zakostelsky (fortsetzend): Vielen Dank. – Im Wesentli­chen geht es beim Versicherungsaufsichtsgesetz, wie in meiner Rede vorhin erwähnt, um mehr Transparenz in Richtung des Konsumenten und hier um die genaue Darle­gung, wie diese Transparenz auch abgebildet werden soll, was der Prüfung der FMA auch unterzogen ist. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.32


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Der eingebrachte Abänderungsantrag wird, wie gesagt, vervielfältigt und verteilt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Andreas Zakostelsky, Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über den Betrieb und die Beaufsichtigung der Vertragsversicherung (Versicherungsauf­sichtsgesetz 2016 – VAG 2016) erlassen wird sowie das Abschlussprüfungs-Qualitäts­sicherungsgesetz, das Bankwesengesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständi­genvorsorgegesetz, das Betriebspensionsgesetz, das Bewertungsgesetz 1955, das Börsegesetz 1989, das E-Commerce-Gesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das Fern-Finanzdienstleistungs-Gesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Finanzmarkt­aufsichtsbehördengesetz, das Finanzmarktstabilitätsgesetz, das Finanzsicherheiten-Gesetz, das Firmenbuchgesetz, das Gerichtsorganisationsgesetz, die Gewerbeord­nung 1994, das Gleichbehandlungsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, die Insolvenzordnung, das Investmentfondsgesetz 2011, das Kapitalversicherungs-Förde­rungsgesetz, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Kraftfahrzeug-Haftpflichtversi­cherungsgesetz 1994, das Landarbeitsgesetz 1984, das Pensionskassengesetz, das Rechtspflegergesetz, die Strafprozessordnung 1975, das Umgründungssteuergesetz, das Verkehrsopfer-Entschädigungsgesetz, das Versicherungssteuergesetz 1953, das Versicherungsvertragsgesetz und das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 geändert wer­den (354 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die oben zitierte Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

Artikel 2, Bundesgesetz über den Betrieb und die Beaufsichtigung der Vertragsversi­cherung (Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 – VAG 2016) wird wie folgt geändert:

1. In § 66 Abs. 3 Z 4 wird der folgende Schlussteil angefügt:

„Die Bestimmungen der Z 3 gelten als nicht verletzt, solange der Anteil der Privatstif­tung an der Aktiengesellschaft, in die der umgewandelte Verein seinen Versicherungs­betrieb eingebracht hat, nicht unter 26 vH der stimmberechtigten Aktien sinkt. Ist die Privatstiftung an einer Aktiengesellschaft beteiligt, in die mehrere Vereine ihren Versi­cherungsbetrieb eingebracht haben, so gelten die Bestimmungen der Z 3 nur dann als verletzt, wenn ihr Anteil an der Aktiengesellschaft gemeinsam mit dem Anteil der be-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 72

treffenden Vereine bzw., sofern diese in eine Privatstiftung umgewandelt worden sind, der betreffenden Privatstiftungen unter 26 vH sinkt. Ebenso gelten die Bestimmungen der Z 3 als nicht verletzt, wenn eine Umstrukturierung im Sinn des § 65 vorgenommen wird. Diesfalls ist § 65 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 mit der Maßgabe anzuwenden, dass jeweils an die Stelle des Vereins die Privatstiftung, an die Stelle der Interessen der Mitglieder die Interessen der Begünstigten und an die Stelle Mitgliedschaft beim Verein die Begünstigung in der Privatstiftung tritt.“

2. § 68 Abs. 4 lautet:

„(4) § 83 Abs. 2 und 7 zweiter Satz ist sinngemäß anzuwenden.“

3. In § 193 Abs. 2 Z 1 wird die Zahl „3,2 Millionen Euro“ durch die Zahl „3,7 Millionen Euro“ ersetzt.

4. § 253 Abs. 1 Z 7 lautet:

„7. In der kapitalbildenden Lebensversicherung über die voraussichtlichen prozentuel­len Anteile der Versicherungssteuer, der Prämien zur Deckung versicherungstechni­scher Risiken (Risikoprämien), gegliedert nach einzelnen Risiken, der in der Prämie einkalkulierten Kosten und der veranlagten Beträge (Sparprämien) an der voraus­sichtlichen Prämiensumme über die gesamte Laufzeit in Form einer tabellarischen Darstellung, die auch Angaben über die voraussichtlichen Kosten, die am veranlagten Vermögen bemessen werden, enthält. Weiters anzugeben ist die voraussichtliche Min­derung der Gesamtverzinsung durch Kosten, Versicherungssteuer und Risikoprämien, die effektive Gesamtverzinsung der Prämienzahlungen über die gesamte Laufzeit und einen etwaigen effektiven Garantiezinssatz, jeweils unter Heranziehung der Werte der Modellrechnung nach Abs 2,“

5. In § 333 Abs. 1 Z 2 entfällt die Wortfolge “, sofern diese nicht 70 vH der in § 83 Abs. 2 genannten Beträge übersteigen. Im Übrigen gilt § 83 Abs. 7“.

Begründung:

Artikel 2, Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetz 2016:

Zu § 66 Abs. 3 Z 4:

Mit dieser Änderung soll alternativ zu dem Kritierium der Veranlagung auch das Be­teiligungskriterium bzw. das Vorhandenseins eines maßgeblichen Einflusses für den Fortbestand der Privatstiftung ausreichend sein. Damit sollen zukünftig denkbare Sze­narien abgedeckt werden, in denen es ohne diese Ergänzung zu einer Auflösung der Privatstiftung kommen würde.

Zu § 68 Abs. 4:

Für kleine Versicherungsvereine soll die bisher vorgesehene 70 vH Grenze, die im Hinblick auf die in § 83 Abs. 2 genannten Beträge vorgesehen ist, nicht mehr zur An­wendung gelangen. Aufgrund des nach-haltigen Prämienwachstums einzelner VVaG würde diese Grenze alsbald überschritten werden. Durch diese Änderung sollen nun­mehr die vollen Beträge gemäß § 83 Abs. 2 ausgeschöpft werden können, ohne dass eine Überprüfung dieser Beträge durch einen Abschlussprüfer erforderlich wird.

Zu § 193 Abs. 2 Z 1:

Beseitigung eines Redaktionsversehens.

Zu § 253 Abs. 1 Z 7:

Mit dieser Bestimmung soll eine vorvertragliche Information des Versicherungsneh­mers über alle mit einem Vertrag verbundenen Kosten gewährleistet werden, die es er-


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möglichen soll Produkte von unterschiedlichen Anbietern zu vergleichen. Die Ände­rungen tragen dem Umstand Rechnung, dass sich nicht alle Kostenarten auf die Prä­miensumme beziehen. Manche Kostenarten sind vom veranlagten Vermögen abhängig und sollten daher gesondert dargestellt werden. Zusätzlich soll auch eine tabellarische Darstellung zulässig sein, da dadurch bei schwarz-weiß gehaltenen Offerten die Infor­mationen klarer und deutlich lesbarer dargestellt werden können. Um die Vergleichbar­keit noch weiter zu erhöhen, soll auch die Minderung der Gesamtverzinsung durch Versicherungsteuer, Risikoprämien und Kosten und die dadurch voraussichtlich erziel­bare effektive Gesamtverzinsung angegeben werden.

Zu § 333 Abs. 1 Z 2:

Siehe Änderungen zu § 68 Abs. 4.

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Ich habe dazu keine weiteren Wortmeldungen mehr vorlie­gen und schließe die Debatte.

Der Berichterstatter scheint kein Schlusswort zu wollen.

Wie bereits angekündigt, habe ich die Abstimmung zu den Tagesordnungspunkten 4 und 5 auf nach der Debatte zu den Tagesordnungspunkten 6 und 7 verlegt.

11.33.026. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (361 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Sanierung und Abwicklung von Ban­ken erlassen wird, mit dem das Bankwesengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbe­hördengesetz, die Insolvenzordnung, das Übernahmegesetz, das Wertpapierauf­sichtsgesetz 2007, das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz, das Rating­agenturenvollzugsgesetz und das Stabilitätsabgabegesetz geändert werden sowie das Bankeninterventions- und ‑restrukturierungsgesetz aufgehoben wird (437 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 586/A(E) der Abgeordneten Er­win Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nein zur Kriminalisierung von Sparvereinen (438 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir gelangen zu den Punkten 6 und 7 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kassegger. – Bitte, Herr Abgeord­neter.

 


11.34.00

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Das Bundesgesetz über die Sanierung und Abwicklung von Banken sieht ja vor, dass die Finanzmarktaufsicht nunmehr natio­nale Abwicklungsbehörde ist. Es sieht auch vor, dass Sanierungs- und Abwicklungs­pläne Pläne mit Pflicht sein sollen, und es sieht vor, dass die Maßnahmen zur Wie­derherstellung der finanziellen Stabilität einer Bank verpflichtend dargestellt werden müssen. – Das ist alles gut und richtig. Das wird von uns unterstützt. Hätten wir das nur schon 2009 gehabt, kann man da nur sagen!


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Es geht ganz grundsätzlich um die Thematik Bankenaufsicht. Festzustellen ist, dass es drei Institutionen gibt, wo die Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten nicht immer ganz klar ersichtlich geregelt sind, nämlich die Finanzmarktaufsicht, die Oesterreichische Nationalbank und die Europäische Zentralbank.

Der Griss-Bericht attestiert ja der Finanzmarktaufsicht und der Oesterreichischen Na­tionalbank kein allzu gutes Zeugnis im Zusammenhang mit der Causa Hypo. Und hier muss man einmal aufräumen mit der Mär von der Unabhängigkeit dieser Institutionen. Es ist doch bekannt, dass sämtliche Positionen dort von ÖVP und SPÖ besetzt wer­den. Das heißt culpa in eligendo – Auswahlverschulden. Also zumindest eine politische Verantwortlichkeit für das Agieren der Finanzmarktaufsicht und der Nationalbank muss ja hier sehr wohl attestiert werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich darf noch einmal in Erinnerung rufen und das auch in Konnex setzen zu den Steu­erreformen: Der Rahmen des sogenannten Bankenpakets, also der Geldmittel, der vor­gesehenen öffentlichen Mittel für die Stabilisierung von Banken, wurde ja im Sommer von 15 Milliarden auf 22 Milliarden € erhöht. Das heißt, mit dem Geld könnte man vier­mal eine Steuerreform machen.

Die wahren Wahnsinnigkeiten spielen sich meines Erachtens ja momentan auf der eu­ropäischen Ebene ab. Ich verweise auf den Europäischen Stabilitätsmechanismus: 700 Milliarden, wobei wir bereits 2,4 Milliarden einbezahlt haben und für 19,4 Milliarden bereits unterschrieben haben, dass wir das im Bedarfsfall einzuzahlen haben. Das sind unvorstellbare Dimensionen: 19,4 Milliarden als Risiko!

Ich muss auch darauf hinweisen, dass die Europäische Zentralbank immer mehr Dinge tut, zu denen sie eigentlich nicht befugt ist. Ganz kurz: Das 1 000 Milliarden-Paket von Draghi, wo Ramschpapiere und Schulden von Krisenländern gekauft werden mit dem Geld beziehungsweise mit dem Risiko der europäischen Staaten und Steuerzahler – 1 000 Milliarden €! Also da kommen Risiken auf uns zu beziehungsweise die bestehen bereits. Wenn das schlagend wird, dann haben wir eine Hypo mal hundert sozusagen.

Ein kurzes Wort noch zum Juncker-Plan. Das klingt ja alles sehr schön und toll: 315 Mil­liarden mit einem kleinen Hebeltrick. Tatsächlich zur Verfügung gestellt werden 21 Mil­liarden. Die 315 sollen aufgebracht werden durch Investitionen der Privatwirtschaft – durchaus riskante Investitionen der Privatwirtschaft, also mit einem 15er-Hebel. Und jetzt kommt es: Schmackhaft gemacht werden soll das durch Übernahme von Verlust­haftungen – warum kommt mir das so bekannt vor? –, also Ausfallshaftungen. Das heißt, wenn diese riskanten Investitionen aus der Privatwirtschaft, die hier angeregt werden sollen, schiefgehen, tragen wieder die Steuerzahler die Verluste im Ausmaß von maxi­mal 300 Milliarden. Also das sollte man sich auch vor Augen führen, wenn man den Juncker-Plan so über den grünen Klee lobt. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.37


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Auer. – Bitte.

 


11.38.04

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die letzte Finanzkrise hat Österreich unbestrittenerma­ßen gezwungen, mit öffentlichen Mitteln Banken zu stabilisieren, um schwere wirtschaft­liche Schäden abzuwenden.

Diese Finanzkrise hat aber auch deutlich gemacht, dass sich derartige Finanzschocks weit über die Grenzen hinaus bemerkbar machen und durchaus nicht nur die Behör­den, sondern vor allem auch Staaten Probleme haben, diesen Dominoeffekt in den Griff zu bekommen. Künftig sollen daher ausfallgefährdete Banken ohne zusätzliche öf­fentliche Mittel rasch und effizient stabilisiert werden. Daher sollte die FMA früher ein-


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greifen können. Sie erhält Befugnisse für eine verpflichtende Sanierung und Abwick­lungsplanung bei den Banken und Instrumente zur Abwicklung von Banken.

Nun, diese Bankenaufsicht ist aber eine Art unendliche Geschichte. Kreditwesenge­setz 1979: Androsch, damals Finanzminister, erklärte, es gebe Handlungsbedarf bei der Bankenaufsicht. Dann kam die Länderbank-Krise. Der damalige Bundeskanzler Kreis­ky erklärte, eine schärfere Aufsicht sei notwendig. Zwei Beamte wurden zusätzlich ein­gestellt. Das war unter Bundesminister Salcher, Wirkung null. Dann kam die Kreditwe­sengesetz-Novelle 1986, Vorschläge und Diskussionen gab es zuhauf; geändert wurde nichts.

1993 gab es die Krise im Bankhaus Rössler; geändert wurde nichts. 1994 waren es die Karibikgeschäfte der BAWAG; geändert wurde nichts. 1995 kam es zur Krise der Bank für Handel und Industrie Graz unter der seinerzeitigen Verantwortung des Bundesmi­nisters Staribacher; nichts ist geschehen. Dann wurde 1999 unter Bundesminister Ed­linger und Kollegen Molterer versucht, eine Lösung zu finden. Die Bemühungen sind im Juni 1999 gescheitert.

Als am 5. Juli 2001, Herr Kollege Kassegger, diese unabhängige Finanzmarktaufsicht beschlossen wurde, wurde sie gerade von Ihrer Fraktion gepriesen und auch gegen den Willen der SPÖ mitbeschlossen. – So viel zu Ihrem Vorwurf von vorhin, damit wir das auch klarstellen, Herr Kollege Kassegger. (Beifall bei der ÖVP.)

Der damalige, frühere, um genau zu sein, Finanzminister Edlinger – dann Finanzspre­cher seiner Fraktion  meinte, man würde eine renommierte Behörde, sprich National­bank, abmontieren und eine unabhängige mit viel Kosten und wenig Wirkung aufblasen.

Ich habe damals in meinem Redebeitrag gesagt, dass nicht das Gesetz allein entschei­dend sein wird, sondern auch die Weise, wie es gelebt wird. Leider wurde es nicht ordnungsgemäß gelebt.

Meine Erfahrung, meine Damen und Herren, insgesamt aus der sogenannten Banken­aufsicht: Es ist schon ein bisschen zu viel, was den Banken zum Teil an Regulie­rungswut, an Evaluierung, an Aufsicht, an Kosten zugemutet wird. Wer soll in Zukunft Bankenabgabe plus Dotierung des Fonds bezahlen? Glaubt irgendjemand, dass sich das nicht auf die Kosten der Kunden durchschlagen wird? Woher soll das Geld kom­men? Es gibt auch bei den Banken keinen Bankomaten, der im Himmel befüllt wird und unten rinnt es heraus, sondern das Geld muss verdient werden.

Solange wir einen derartigen Untreueparagraphen haben und Bankmanager und der Bankvorstand Gefahr laufen – das sei noch zusätzlich gesagt –, verurteilt zu werden, wenn ein Kredit uneinbringlich ist, obwohl sie vielleicht in einer schwierigen Situation einer Firma geholfen haben, um sie durchzutragen und damit Tausende Beschäftigte zu sichern, die sonst auf der Straße gestanden wären – vielleicht gehen von zehn Fäl­len neun positiv aus, aber einer geht vielleicht schief, und der steht dann vor Gericht? –, solange hier nicht etwas geändert wird – Aufsichtsverantwortung: ja, aber derartige Dinge: nein –, wird es in Zukunft keinen Kredit mehr geben. (Beifall bei der ÖVP. – Zwi­schenruf des Abg. Podgorschek.)

Was mit derartigen Aufsichten auch grundsätzlich passiert, das hat man ja gesehen. Es ist nichts anderes mehr als eine Monopolabsicherung für Aufsichtsbehörden und vor allem für Aufsichtsorganisationen. Die testieren, testieren, testieren, so wie auch bei der Hypo Alpe-Adria, und das Testat war falsch.

Zuerst wurde diese Bank auch von den Medien hochgejubelt, gezeigt, wie großartig sie gewachsen ist (Abg. Podgorschek: Richtig! Richtig!), welch dynamische Personen an der Spitze stehen: die Manager des Jahres, die Banken der Zukunft und so weiter. He­rausgekommen ist etwas anderes. Daher richte ich auch an die Medien den Aufruf, ein


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bisschen vorsichtiger bei derartigen Lobhudeleien zu sein, dann brauchen sie nachher nicht so kritisch zu sein. Das wäre für uns alle positiv: Nicht immer hinaufjubeln und dann darauf herumspringen.

Dass in diesem Zusammenhang in Kärnten riesige Fehler passiert sind ist unbestritten. Dass eine Abwicklung notwendig ist, ist auch unbestritten. Aber alles mit Maß und Ziel. (Beifall bei der ÖVP.  Abg. Podgorschek: Jawohl! Jakob, voll deiner Meinung! Völlig recht!)

11.43


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Hable. – Bitte.

 


11.43.24

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Bundesgesetz zur Abwicklung und Sanierung von Banken, das ist das Thema, zu dem ich mich äu­ßern möchte. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Die Bankenunion ist natürlich ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. Wir haben immer gesagt, dass man in einem gemeinsamen Währungsgebiet, in einem gemeinsa­men Euro- und Wirtschaftsraum auch gemeinsame Regeln braucht, natürlich auch ge­meinsame Regeln für Banken und für die Finanzwirtschaft.

Wir sehen allerdings schon Probleme in der Umsetzung der Richtlinien von der euro­päischen Ebene in nationales Recht. Da fällt auf, dass die Finanzmarktaufsicht jetzt auch Abwicklungsbehörde sein soll. Sie ist natürlich eine Aufsichtsbehörde, hat nun zu­sätzliche Kompetenzen bekommen, die schon eine Art Eingriff in die Geschäftsführung von Banken sind. Und jetzt bekommt sie auch noch die Funktion einer Abwicklungs­behörde, und das alles unter einem Dach. Das erscheint uns doch im Sinne einer Ver­meidung von Interessenkonflikten als merkwürdige, suboptimale Konstruktion, der wir in dieser Form nicht zustimmen können.

Zweitens: Insgesamt möchte ich festhalten, dass wir diese Bankenunion sehr wohl als Schritt in die richtige Richtung sehen, allerdings muss ich auch unsere Sorge zum Aus­druck bringen, dass wir hier in zunehmendem Maße eine Überregulierung feststellen. Wir befürchten, dass das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird. Ich wage zu be­haupten, dass es mittlerweile keinen einzigen Bankenvorstand oder Aufsichtsrat mehr gibt, der das Bankenaufsichtsrecht tatsächlich noch versteht.

Es ist ein Problem an sich, wenn wir Regeln haben, die in Wirklichkeit die betroffenen Leute nicht mehr verstehen. Das Kreditwesengesetz von 1979 hatte schlanke 90 Sei­ten. Da kann man natürlich sagen, dass sich seither einiges geändert hat. Da sind kla­rerweise ein paar Seiten notwendigerweise dazugekommen, um internationale Ent­wicklungen zu berücksichtigen. Aber dieses Aufblasen von schlanken 90 Seiten auf ein Konvolut, das eigentlich auch die Entscheidungsträger der Banken nicht mehr wirklich durchschauen und verstehen, das halten wir nicht für zielführend.

Das bedeutet natürlich auch eine Gefahr, vor allem für die kleinen Banken, für die Re­gionalbanken, die in Österreich sehr stark verankert und ein Modell sind, um zukünftige Finanzkrisen zu vermeiden. Kleine Regionalbanken, die ihre Kunden kennen und die auch wenn sie in Schieflage geraten  nicht das gesamte Finanz- und Wirtschaftssys­tem mitreißen.

Die Überregulierung, die wir hier zunehmend beobachten, kann man folgendermaßen beschreiben: Für einen Fiat Cinquecento braucht man keinesfalls das Cockpit eines Ferraris. Das ist aber genau das, was gerade gemacht wird, und das erscheint uns als der falsche Weg. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

11.47



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 77

Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Unterrainer. – Bitte.

 


11.47.35

Abgeordneter Mag. Maximilian Unterrainer (SPÖ): Mit dem Bankensanierungsge­setz wird die BRRD-Richtlinie, das ist die Bank Recovery and Resolution Directive zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, umgesetzt. Wir sprechen also heute über ein neues Bundesgesetz zur Sanierung und Abwicklung von Banken.

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher auf den Rängen und vor den Bildschirmgeräten! Warum sprechen wir heute überhaupt über solch ein Gesetz? – Den Grund kennen wir doch alle: Es ist die Hypo Alpe-Adria, das größte Desaster der Zweiten Republik in Kärnten.

Bei der gestrigen Recherche bin ich auf die entlarvenden Aussagen des FPÖ-Budget­sprechers Podgorschek gestoßen. Ich zitiere:

 Jörg Haider ist nun einmal tot, man kann ihn nicht mehr bestrafen.“ Und: „Dass in Kärnten schwere Fehler passiert sind, ist eh unbestritten“.

Liebe FPÖ, im Gegensatz zu Ihnen wollen wir Aufklärung darüber, was mit dem hart erarbeiteten Steuergeld der Österreicherinnen und Österreicher geschehen ist. (Abg. Podgorschek: Die Tiroler Bergluft tut Ihnen nicht gut, Herr Kollege!) Wir wollen das größte Finanzdebakel der Zweiten Republik untersuchen und aufklären. So wie Fritz Plasser es richtig formuliert – hören Sie mir zu, dann höre ich Ihnen zu (Abg. Podgor­schek: Das tut halt nur weh!) –: Es gibt eine politisch moralische Verantwortung der Entscheidungsträger. Und auch das kann die FPÖ nicht vom Tisch wischen. (Abg. Pod­gorschek: Ihr habt 21 Mal den Untersuchungsausschuss verhindert!)

Wir nehmen zur Kenntnis, dass die Grünen, die ÖVP, auch wir, die SPÖ, nicht die Kraft hatten, Haider zu stoppen. Aber es geht hier nicht einfach um die Person Jörg Haider, es geht um das politische System Jörg Haider, denn Haider ist ja kein Einzelfall, die FPÖ ist eine Ansammlung von Einzelfällen. (Anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Sie, liebe Kollegen, kritisieren immer wieder uns, die SPÖ, zu zögerlich gewesen zu sein (Abg. Darmann: Parteiausschluss von Landeshauptmann Kaiser!), und dabei war es doch unser Finanzstaatssekretär Andreas Schieder, der sofort eine Einteilung in gu­te und schlechte Assets, eine sogenannte Bad Bank forderte (Abg. Podgorschek: Wer schreibt denn die Reden? Was hat denn der geraucht?), und das geschah bereits vor fünf Jahren, am 17. Dezember 2009. (Abg. Zanger: Tust du Kaffeesudlesen oder sonst etwas? – Abg. Podgorschek: Was hat der Redenschreiber geraucht?) Hätten wir als Regierung die Hypo-Bank nicht gerettet, dann wäre nicht nur das Bundesland Kärnten, sondern auch alle Kärntnerinnen und Kärntner in den Konkurs geschlittert. (Abg. Zan­ger: Du hast in der Steiermark jetzt Einreiseverbot!)

2007, bitte vergessen Sie das nie, waren die Ausfallhaftungen mit 23 Milliarden € bezif­fert, das ist das Zehnfache des Landesbudgets. So bitter die Lösung auch scheint, sie war die einzige Möglichkeit, diese Republik zu schützen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Dies hat auch Irmgard Griss in ihrem Bericht festgestellt. Die Notverstaatlichung war al­ternativlos, lediglich für ihre Ausgestaltung – das hat Frau Griss festgestellt – hätte es, im Nachhinein betrachtet, Alternativen gegeben.

Im März 2014 wurde die Griss-Kommission ja von Ihnen als „Feigenblatt der Regie­rung“ kritisiert. – Heute, im Dezember 2014, sagen Sie selbst (Abg. Podgorschek: Ha­ben Sie nicht aufgepasst? Ich habe mich gestern entschuldigt!), dass Irmgard Griss hervorragende Arbeit geleistet hat.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 78

Ich bin der Meinung des grünen Finanzsprechers Kogler, auch ich möchte die Fakten und die Chronologie nicht auseinanderreißen, sondern eine volle und umfassende Auf­klärung dieser Geschichte. Es geht da nicht um das Geld einer Bank, sondern um das Steuergeld der Österreicherinnen und Österreicher.

Abschließend noch ein Wort: Aufklärung und nicht Vertuschung ist die Devise. (Ruf bei der FPÖ: Das hättet ihr schon lange machen können!) Diesen Leitsatz, liebe Kollegen von der FPÖ, nehmen Sie sich bitte auch zu Herzen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Podgorschek: Ich darf nichts sagen, sonst bekomme ich einen Ord­nungsruf! – Abg. Darmann: Aber über 20 Mal den Untersuchungsausschuss verhin­dern! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

11.50


Präsident Karlheinz Kopf: Nun hat sich Herr Bundesminister Dr. Schelling zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


11.50.48

Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich begrüße es, dass es trotz der einzelnen Kritikpunkte, die hier vorgebracht wurden, gelungen ist, diese Richtlinie umzusetzen. Ich halte das für einen entscheiden­den Durchbruch zur Vervollständigung der Bankenunion, die wir dringend brauchen, mache gleichzeitig aber auch darauf aufmerksam, dass es mit diesem Gesetz gelingt, ein Gesetz abzuschaffen, nämlich das BIRG. Auch dieses war natürlich belastend, denn auch dort waren schon Abbau- und Sanierungspläne vorgesehen, die einen un­glaublichen Aufwand für die jeweiligen Institute ausgelöst haben.

Ich möchte nur noch ganz kurz darauf eingehen, dass dieses Gesetz einen ganz we­sentlichen Grund hat, nämlich dass wir in einem geordneten Verfahren abwickeln kön­nen. Das ist der entscheidende Ansatzpunkt: dass es mit diesem Gesetz in Zukunft möglich ist, geordnet in ein Verfahren einzutreten, den Schutz der öffentlichen Mittel, der Einlagen sicherzustellen und die negativen Auswirkungen auf die Finanzstabilität hintanzuhalten.

Zu dem vorgebrachten Einwand, dass die FMA auch Abwicklungsbehörde ist – das ha­ben wir im Finanzausschuss schon mehrfach andiskutiert –: Der Gesetzentwurf sieht vor, dass es eindeutige organisatorische Vorkehrungen gibt, um allfällige Interessen­konflikte auszuschließen.

Wir haben es aber nicht für zweckmäßig gehalten – ich glaube, diesbezüglich gibt es breite Übereinstimmung –, dass eine zusätzliche, eine neue Behörde installiert wird für einen Fall, der noch nicht eingetreten ist, aber auch für den Fall, wo es nur eine kurze Übergangsperiode zwischen den jeweiligen Positionen gibt, denn die Abwicklung muss auf Antrag der FMA erfolgen und die FMA muss zum Schluss die Abwicklung vornehmen.

Mir erscheint es noch wichtig, dass wir im Zusammenhang mit dem neuen Gesetz das Instrument der Gläubigerbeteiligung geregelt haben und sicherstellen und dass damit auch sichergestellt ist, dass Verbindlichkeiten eines Instituts herabzuschreiben und in Eigenkapital umzuwandeln sind. Ausgenommen von den Anwendungsbereichen sind nur die gesicherten Einlagen.

Ich glaube, das ist ein wesentlicher Schritt, und das ist eine allgemeine Forderung, die im Rahmen der Bankenunion immer wieder an uns herangetragen worden ist. Daher ist die Richtlinie BRRD, die jetzt umgesetzt wird, gut umgesetzt. Mein einziger Wunsch, der dahintersteht, ist: Mögen wir dieses Instrument nie wirklich einsetzen müssen! (Bei­fall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 79

11.53


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter An­gerer. – Bitte.

 


11.53.25

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Ho­hes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Bevor wir uns den großen Dingen wie der Hypo zuwenden – ich glaube, dafür haben wir heute Nachmittag noch ausreichend Zeit und dann im Untersuchungsausschuss; ich kann Ihnen versichern, wir Kärntner freuen uns darauf, das aufzuarbeiten und die wahre Geschichte der Hypo an den Tag zu brin­gen (Beifall bei der FPÖ – Abg. Obernosterer: Darauf freue ich mich auch schon!) –, möchte ich mich einem – unter Anführungszeichen – „kleinen“ Thema mit großer Wir­kung zuwenden: der Kriminalisierung der Sparvereine.

Herr Minister, ich kann Ihnen von vielen Menschen, mit denen ich draußen gesprochen habe, ausrichten: Sie haben ein sehr gutes Image, und viele erwarten sich von Ihnen, dass Sie zumindest die Probleme im Finanzbereich dieses Landes angreifen und lö­sen. Aber ich muss Ihnen auch attestieren, dass Sie leider an diesem Image etwas kratzen.

Ich muss Ihnen deshalb hier auch vorhalten, dass Sie unsere Anfrage – das ist gestern schon besprochen worden – nicht wirklich ernst genommen haben. Wir haben im Som­mer dieses Jahres bezüglich der Kriminalisierung von Sparvereinen eine Anfrage an Sie gerichtet und gefragt:

„1. Gibt es objektivierbare Belege dafür, dass Sparvereine in Terrorismusfinanzierung verwickelt waren?

2. Wenn ja, in welchem Zusammenhang“ ?

„3. Werden Mitglieder von Sparvereinen als potentielle Geldwäscher oder Financiers terroristischer Vereinigungen betrachtet?

4. Wenn ja, weshalb werden Sparer unter diesen Pauschalverdacht gestellt?

5. Wenn nein, wie kann dieser  Pauschalverdacht begründet werden?

6. Welche zu nennenden Maßnahmen wird das Bundesministerium setzen, um den Weiterbestand von Sparvereinen unter Aspekten administrativer Bestimmungen zu ge­währleisten?“

Ihre Antwort darauf war leider nicht sehr zufriedenstellend. Sie haben auf die Fragen 1 bis 5 gesagt: Das „gehört nicht zu den vielfältigen Aufgaben des Bundesministeriums für Finanzen. Die vorliegenden Fragen betreffen daher nicht den durch das Bundesmi­nisteriengesetz definierten Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Finanzen.“

Jetzt sind Sie offensichtlich doch draufgekommen, dass das zu Ihrem Zuständigkeits­bereich gehört, denn zu diesem Bankwesengesetz wollen Sie jetzt einen Abänderungs­antrag beschließen lassen und machen den Versuch, dieses Problem zu lösen.

Auf die Frage 6 haben Sie geantwortet:

„Die gesetzlichen Bestimmungen über die Sorgfaltspflichten zur Bekämpfung der Geld­wäscherei und Terrorismusfinanzierung, welche die 3. EU Anti-Geldwäscherichtlinie in Österreich umsetzen, stehen mit dem Weiterbestand von Sparvereinen nicht in Wider­spruch.“

Offensichtlich gibt es da auch die Einsicht, dass das doch in Widerspruch steht, denn anders kann ich mir diesen Abänderungsantrag, der von ÖVP und SPÖ unterstützt wird, nicht erklären.

Was soll dieser neue Gesetzentwurf, der wieder vorgibt, dass die FMA eine Verord­nung erlassen muss? In dieser Verordnung wird dann festgelegt, dass ein Sparer maxi­mal 1 500 € sparen darf. Und die FMA muss feststellen, dass Mitglieder von Sparver­einen nicht der Terrorismusfinanzierung und der Geldwäsche bezichtigt werden können.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 80

Das ist solch ein Geldwäscheautomat, den habe ich Ihnen mitgebracht (der Redner zeigt eine Kopie eines Zeitungsartikels), mit einem Schlitz, durch den man das Geld hineinschmeißen kann. Jeder, der bei einem Sparverein ist, weiß, wie viel Geld man da hineinbringt. Es ist nicht wirklich möglich, große Mengen Geld in diese Sparvereinkäst­chen hineinzustecken. Man könnte jetzt noch in dieser Verordnung die Schlitzgröße der Kästen definieren, sodass man vielleicht nur noch 10-, 50- oder 100 €-Scheine hi­neinschmeißen kann. – Das bedeutet also wirklich wieder Verbürokratisierung und Mehr­aufwand.

Für mich stellt sich auch die Frage, wie man damit umgeht, wenn jemand mehr Käst­chen hat. Jemand hat zwei Kasterl, drei Kasterl, ein anderer spart für seine Kinder, für seine Enkelkinder und hat mehrere Kästchen. Wie geht man damit um, wenn jemand bei mehreren Sparvereinen ist? Ich selbst bin bei mehreren Sparvereinen, darf ich dann bei jedem 1 500 € hineinschmeißen oder nur bei einem?

Also da sind wieder viele Dinge zu klären, und deshalb war unser Vorschlag – ich er­suche Sie noch einmal, unserem Antrag zuzustimmen –, dass Sie einfach diesen Ge­setzestext für Sparvereine aussetzen. Das wäre das Einfachste, und dann ist dieses Problem gelöst. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Nachbaur.)

Ich muss Sie von ÖVP und SPÖ in diesem Zusammenhang auch auf Ihre eigenen Anträge hinweisen. Sie haben Anträge betreffend Entbürokratisierung, Bürokratieab­bau eingebracht. Das ist jetzt ein kleines Beispiel, wo Sie das wirklich umsetzen kön­nen, Herr Obernosterer – weil Sie mich so nett anlächeln. (Abg. Obernosterer: Ich bin ein freundlicher Mensch!) Heben Sie dieses Gesetz auf!

Der Herr Minister hat gesagt, dass wir wieder lernen müssen, Gesetze zu kippen. In den „Oberösterreichischen Nachrichten“ haben Sie das gesagt, Herr Minister. Tun Sie das, Herr Minister! Sagen Sie Ihren Kollegen, sie sollen dieses Gesetz aufheben. Wir brauchen weniger Bürokratie.

Wir haben in Österreich ein Bürokratiemonster: 110 000 nationale und europäische Vor­schriften. Wer bauen möchte, muss 6 000 Normen einhalten. Ein Tischler muss 35 Vor­schriften erfüllen, bevor er zu arbeiten anfangen darf. 1 350 € kostet den Österreicher die Hoheitsverwaltung; das sind 40 Prozent mehr als im EU-Schnitt. Das WIFO sieht in der Verwaltung bis zu 2,5 Milliarden € Einsparungspotenzial. Die Kennzeichnungs­pflicht für Gastwirte wird uns auch betreffen – auch Sie, Herr Obernosterer, in Ihrem Unternehmen. Ein Wahnsinn, was wir da den Unternehmen aufbürden!

Machen Sie es einfach, heben Sie das Gesetz auf, und beschließen Sie nicht wieder etwas, was nur Verwaltung bringt. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.59


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ober­nosterer. – Bitte.

 


11.59.25

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Lie­be Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehschirmen! Herr Angerer, ich gebe Ihnen zu 100 Prozent recht: Ein Sparverein hat mit Geldwäsche nichts zu tun! Und dieses Gesetz gehört re­pariert! (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der FPÖ sowie der Abg. Nachbaur.)

Deshalb werden wir dieses Gesetz heute hier auch reparieren und den alten Zustand wiederherstellen, weil die Sparvereine mit Geldwäsche wirklich nichts zu tun haben.

Wir haben einen Minister, der sofort aktiv wird, der die Sachen sofort umsetzt. – Man sieht, er kommt aus der Praxis. Danke für dieses schnelle Handeln, und ich hoffe auf einstimmige Zustimmung! (Beifall bei der ÖVP.)

12.00



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 81

Präsident Karlheinz Kopf: Vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt: Herr Abgeordneter Dr. Fuchs. – Bitte.

 


12.00.15

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt in Österreich rund 15 000 Sparvereine. Aufgrund der überschießenden Auslegung der Sorg­faltspflichten im Bankwesengesetz zur Bekämpfung von Geldwäscherei und Terroris­musfinanzierung hätten die Obmänner dieser Sparvereine nicht nur Namenslisten, son­dern auch Ausweiskopien aller Mitglieder an die Bank, die den Verein betreut, übermit­teln müssen – ein Schildbürgerstreich!

Aufgrund des enormen administrativen Mehraufwandes haben Bankfilialen einzelnen Sparvereinen bereits mitgeteilt, dass mit Ende dieses Jahres das Sparvereinskonto nicht mehr weitergeführt wird.

Die Aufsicht ist sehr streng, wenn es um die kleinen Sparer geht. Beim Hypo-Desaster habe ich diese Strenge und Genauigkeit vermisst. Die Behörden verlieren sich in sinn­losen Details und übersehen dabei das Wesentliche. Sinnlose Vorschriften werden mit aller Konsequenz exekutiert, anstatt sich Gedanken zu machen, wie Vorschriften sinn­voll vollzogen werden können.

Durch diese Art des Vollzugs hätte man die österreichischen Sparvereine in Zukunft massiv dezimiert, wenn nicht mein Fraktionskollege Angerer diese Angelegenheit hier im Hohen Haus zum Thema gemacht hätte. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich vermisse da das notwendige Fingerspitzengefühl der Aufsicht. Das sind genau die Dinge, die die Bürger in dieser Republik nicht verstehen, die sie verärgern und die in der Folge zu Politikverdrossenheit führen.

Auf der anderen Seite werden von der Finanzmarktaufsicht in der Geldwäscherei- und Terrorismusfinanzierungsrisiko-Verordnung Staaten aufgelistet, in denen jedenfalls ein erhöhtes Risiko der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung besteht. Man fin­det aber überhaupt nichts dabei, dass mit Kapitalgesellschaften aus diesen „Terroris­musstaaten“ eine Unternehmensgruppe gebildet werden kann und so im Rahmen der Gruppenbesteuerung massiv Steuern gespart werden können. Diese Art des Steu­ersparens der Großkonzerne muss endlich der Vergangenheit angehören. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir fordern daher neuerlich eine Einschränkung der grenzüberschreitenden Gruppen­besteuerung auf Kapitalgesellschaften in Mitgliedstaaten der EU und des Europäischen Wirtschaftsraumes. Einen entsprechenden Antrag haben wir bereits am 24. Februar dieses Jahres eingebracht.

Hier wird, sehr zum Ärger der Bürger, mit zweierlei Maß gemessen. Es ist unsere Auf­gabe, dafür zu sorgen, dass solche Schildbürgerstreiche in Zukunft nicht mehr passie­ren. (Beifall bei der FPÖ.)

12.03


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gemeldet hat sich nun noch Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


12.03.14

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Das ist eine große Sache, die wir an dieser Stelle verhandeln, was das europäische Bankenabwicklungsrecht betrifft – denn es ist ja in Wirklichkeit eine europäische Angelegenheit, die wir da umsetzen. Bei der Gelegenheit möchte ich auf einige Punkte im Zusammenhang damit eingehen, wie europäische Richtlinien entstehen, die dann umgesetzt werden – denn das tun wir ja.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 82

Früher war immer die Ausrede: Bevor wir in ein, zwei Jahren etwas sehr Mickriges hingestellt haben, warten wir darauf, was aus Europa kommt. – Das hätten wir nicht unbedingt müssen! Hätten wir früher auch national etwas Schärferes gehabt – das ist ja schon ein paar Mal erwähnt worden –, hätten wir uns bei der Hypo vielleicht auch leichter getan. Sie werden wieder sagen, im Nachhinein ist man immer gescheiter. Es hat aber einige gegeben, die schon vorher darauf hingewiesen haben. Ich erinnere nur daran – apropos europäische Zusammenhänge! –, dass wir bei den Verhandlungen zur Sicherstellung einer Zweidrittelmehrheit rund um den Europäischen Stabilitätsmecha­nismus hier im Haus ausdrücklich auf strengere Mechanismen gedrängt haben. Sie ha­ben auch eine Vereinbarung unterschrieben – nicht Sie, Herr Minister, ich glaube, Ihre Vorvorgängerin –, und die ist dann relativ lasch umgesetzt worden. Da gilt das Im-Nachhinein-gescheiter-Sein nicht immer gleich. Das wird uns heute Nachmittag noch oft beschäftigen.

Nächster Zusammenhang aber wieder auf europäischer Ebene: Da ist im Großen und Ganzen etwas gelungen, wo man sagen kann, das Glas ist mehr als halb voll. „Too little, too late“, möchte man meinen, wie so oft – keine Ahnung, lassen wir das weg. – Also ich habe schon eine Ahnung, aber keine Ahnung, ob wir das jetzt hier gescheit diskutieren könnten. Nur: Bei diesem Punkt sind wir genau aus diesem Grund dafür. Bei der Versicherungsgeschichte vorher waren wir dagegen. Ich werde Ihnen jetzt die Unterschiede erklären, denn es hat uns auch zu interessieren, wie in der EU Richtlinien zustande kommen, die wir hier in Wirklichkeit umsetzen.

Da hat sich unter dem Strich etwas durchgesetzt, das fast in allen Punkten in die richtige Richtung geht, wenn auch zu wenig weit, etwa Methoden wie die Bail-in-Me­thode, dass zuerst einmal die Eigentümer, dann die Großgläubiger und so weiter zum Handkuss kommen und nicht immer nur der Steuerzahler, oder auch mit den Fonds, dass, wenn noch etwas übrig bleibt, sozusagen ein Risiko, zuerst einmal auf die aus dem Banken- und Finanzsektor aufzubauenden Fonds hingegriffen wird und diese ab­getragen werden.

Das allerletzte Glied in der Kette ist der/die SteuerzahlerIn, weil man immer noch nicht weiß, was nachher ist, und es möglicherweise bei bestimmten Aktionen gut sein kann, dass man trotzdem eingreift. Das muss man ja von Fall zu Fall beurteilen.

Jetzt ist es aber so: Wenn das gilt, wenn das die neue Weisheit in Europa ist, die wir sehr begrüßen, die wir früher vermisst haben, und wir eben zu spät und möglicher­weise zu wenig, aber jedenfalls in die richtige Richtung marschieren, und wenn wir die­ses Prinzip übertragen und für die Hypo Alpe-Adria anwenden, dann ist ganz klar, wo wir hinkommen – sofern das überhaupt übertragbar ist, aber ich glaube ja –: dass man nämlich jetzt auch die Großgläubiger einbinden muss und nicht alles dem Steuerzahler umhängt.

Es gab diese Nacht- und Nebelaktion – ich möchte meinen: Umnachtungsaktion –, als die Republik beziehungsweise der Bund die Bank von den Bayern zurückgekauft hat. – Wir verweigern den Begriff „Not“ aus bekannten Gründen. Ich verweigere aber auch den Begriff „Verstaatlichung“, denn vorher war die Bank auch schon staatlich, beim Freistaat Bayern. Jetzt ist sie österreichisches staatliches Eigentum, insofern ist der Ei­gentümer der Steuerzahler selbst. Da hilft uns das Bail-in nichts, denn da sind wir wie­der bei uns.

Aber die Großgläubiger haben noch genug Anleihen, die zurückzuzahlen sind. Jetzt sage ich nicht, um Gottes Willen, denen soll man es mit Absicht wegnehmen, aber sie sollen die Quote bekommen. Sie sollen das bekommen, was erreicht wird, und zwar dann, wenn möglicherweise ein Konkursrichter, ein Masseverwalter in Interessen- und Auftragslage dieser Großgläubiger handelt und das sozusagen per Justiz im Ergebnis dazu führt, dass diese selber der Balkan-Mafia nachlaufen sollen – und nicht, dass wir


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schauen, dass wir von 18 Milliarden schrägen Assets vielleicht drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht oder neun kriegen, und den Rest zahlen wir. Nein, das, was kommt, zah­len wir aus, aber der Steuerzahler ist draußen!

Da müssen wir hin. Da ist die Weisheit, und warum die, obwohl es schwieriger ist – ich habe die Gründe genannt, und nachmittags werden wir noch mehr darüber diskutie­ren –, das nicht offensiv vorantreiben, das bleibt bis heute das große Rätsel. Vieles ist überhaupt noch nicht angegangen worden. Wenn wir jetzt anlässlich des in weiten Bereichen an sich guten Berichts der Griss-Kommission dauernd zurückblicken, haben wir ja noch das Thema, dass noch mehr noch nicht einmal untersucht ist. Das spielt in die jüngere Vergangenheit hinein, und irgendwann werden sich auch die Fragen nach Motiven und Interessen stellen. Das kann so nicht weitergehen, und immer nur mit den Landeshaftungen zu wacheln ist zu wenig. Das haben Sie jetzt schon ausreichend referiert bekommen. Da können Sie einmal „obakräuln“ von der Kanzel und sich einen anderen Text überlegen, bevor Sie wieder hinaufsteigen.

Jetzt sind wir gut unterwegs in der richtigen Richtung. Ich will noch den Vergleich mit der Versicherungsfrage anstellen. Das war zwar schon das vorige Thema, aber da kann man auch viel über den Umgang mit europäischer Gesetzgebung lernen. Das war eine ambitionierte und richtige Sache, weil natürlich – gerade die Thematik der Finanz­krise hat es ja bewiesen – neben den Banken auch immer mehr andere Institutionen Bankengeschäfte machen.

Versicherungen machen schon alles Mögliche, mehr anderes als versichern, und des­halb ist es auch gescheit, dass man hinschaut, was dort passiert, und vergleichbare Regeln macht. Man muss ja nicht alles so überregulieren wie bei Basel III. Das ist aber an der Stelle offensichtlich gar nicht das Problem, sondern das Problem ist, dass wie­der einmal ein sehr guter Vorschlag der Europäischen Kommission – ja, es ist auch viel Gutes, was von dort kommt! – verwässert wurde. Der Ablauf ist symptomatisch für vie­les, was momentan schiefläuft: Zuerst wurde die Sache schon einmal ein bisschen im Europäischen Parlament verwässert – nicht so stark, aber immerhin schon ein bisschen.

Da gibt es aber noch ausreichend Abgeordnete, die dagegenhalten, zum Beispiel Sven Giegold, ein anerkannter Experte, über den ich hier jetzt auch referieren werde. Er ist ein anerkannter Experte in diesen Finanzfragen, und er wir übrigens morgen in Frank­furt am Main, sozusagen in der Höhle des Löwen, wieder einen großen diesbezügli­chen Kongress ausrichtet. Er ist nur zu empfehlen.

Giegold hat den Vorgang so beschrieben: Eine gute Sache von der Kommission, eine leichte Verwässerung im Parlament – ganz genau wie bei der Finanztransaktionssteuer. Und dann kommt wer daher?! – Nicht die böse EU, sondern die Regierungschefs, die Finanzminister – die Interessen der Nationalstaaten! Aber es sind ja gar nicht einmal nur die Interessen der Nationalstaaten. Die Lobbyisten setzen immer dort an, wo sie den schwarzen Punkt finden, und wenn sie bei der Kommission und beim Parlament nicht ausreichend durchkommen, gehen sie zu den einzelnen Regierungschefs. Das paart sich dann wieder damit, dass die Finanzwirtschaft in Europa unterschiedlich ge­wichtet verteilt ist. Ich sage nur: City of London, da brauchen wir nicht mehr weiterzu­reden. Das kann so nicht bleiben.

In diesem Punkt, den wir anschließend ohnehin noch abstimmen, hat sich das zum Schlechten gewandt. Dort ist das Glas mehr als halb leer, und deshalb sind wir auch gegen diesen Punkt. Nur: Der Vorgang ist ja imponierend! Sven Giegold beschreibt das so: Die besten Stücke wurden ramponiert, die Lobbyisten schneiden sich die Filet­stücke heraus und das Schlechtere oder nicht so Wirksame bleibt übrig. Das kann und soll so nicht akzeptiert werden, auch wenn man sagen könnte, wir setzen eine europäi­sche Richtlinie um. Aber wenn diese weit hinter das zurückfällt, was sie selber vorgibt lösen zu wollen, dann müssen wir, obwohl es vielleicht besser ist als gar nichts, hier


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nicht hinterherhoppeln. Ich sehe schon, wie dann in drei Jahren der Herr Lopatka dastehen und sagen würde: Ihr habt ja damals auch zugestimmt! – In diesem Fall stim­men wir nicht zu, weil hier etwas suggeriert wird, das nicht der Realität entspricht.

Bei der Gelegenheit darf ich noch einmal auf die unheilvolle Rolle der Nationalstaaten, auch Österreichs, verweisen. Wir haben gestern erlebt, dass ein Anliegen des Kanzlers zu TTIP verworfen wurde beziehungsweise gar nicht auf die Agenda der Regierung kam. Das ist ein Regierungsstreit, das macht euch selber aus. Ich habe hier keine Sympathien für den Kanzler, weil der agiert mehr in der „Kronen Zeitung“ als in der Wirklichkeit. Jetzt hat er mit einem Versuch in der Regierung begonnen, aber er ist ge­scheitert. Das Arge an der Sache ist ja – und das hat jede einzelne Abgeordnete/jeden einzelnen Abgeordneten hier zu interessieren –, dass der Kanzler eigentlich nur mani­fest haben wollte, dass der Entschließungsantrag des Nationalrates als Vorgabe für die Regierung umgesetzt wird. Das wäre er übrigens sowieso, es ist ja eine Aufforderung an die Regierung.

Der Kanzler wollte es – aus welchen Gründen auch immer, wenn es populistische Mo­tive sind, ist es mir auch egal – noch einmal verankert haben, aber Ihr Vizekanzler und Wirtschaftsminister hat dagegen opponiert. Jetzt besteht natürlich die Gefahr, dass pas­siert, was ich vorhin beschrieben habe, nämlich dass er in Brüssel anders verhandelt, obwohl wir hier eine große Mehrheit für die De-facto-Ablehnung der Konzernklage­rechte haben. Das gilt es zu verhindern, da wird er sich hier erklären müssen, und da werden wir darauf schauen.

Sehen Sie, das sind die Mechanismen, die in Europa, auch ausgehend von dieser Bundesregierung, immer schieflaufen. Genauso ist es bei der Steuerbetrugsbekämp­fung. Das ist aber eine andere Geschichte, die werden wir auch noch aufrollen. Da hat Österreich immer bei den Miesesten mitgespielt und jetzt wollen Sie so tun, als ob Sie vorne dabei sind. So werden wir Ihnen das zum Schutze und zum Wohle vernünftiger europäischer Interessen, die auch die Interessen der österreichischen StaatsbürgerIn­nen sind, nicht durchgehen lassen. (Beifall bei den Grünen.)

12.13


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte. (Zwischenruf bei der ÖVP. – Heiterkeit des Abg. Podgorschek.)

 


12.13.26

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Zuseher auf der Galerie und, ganz besonders jetzt in der Mittagszeit, an den Fernsehgeräten! Wir vom Team Stronach werden diesem Abwicklungsgesetz die Zustimmung erteilen. So wie wir aus der Chronologie, die von Kollegen Auer wirklich sehr eindrucksvoll dargestellt wurde, gesehen haben, ist das ein erster richtiger Schritt, Fehler der Vergangenheit zu sanie­ren. Natürlich haben die Bedenken von Kollegen Kassegger gegenüber der EZB und dem Juncker-Plan auch Berechtigung, aber wie immer im Leben gibt es zwei Seiten der Bewertung.

Beim Tagesordnungspunkt 7 werden wir nicht zustimmen, weil wir die Beschränkung auf 1 500 € bei den Sparvereinen nicht einsehen. Gerade zur Weihnachtszeit, zur kari­tativen Zeit, weiß man, was von Ehrenamtlichen geleistet wird und wie viel gespendet wird. Es sind in 120 000 Vereinen 3,5 Millionen Menschen ehrenamtlich tätig, die jetzt Punsch-Stände machen, Konzerte und andere Veranstaltungen organisieren und von diesen Erlösen dann für karitative Zwecke spenden.

Ähnlich ist es auch bei diesen Sparvereinen. Schauen wir einmal, wie das bei uns am Land draußen typisch ist: Man geht dort zu seiner wöchentlichen Einzahlung und dis­kutiert im kameradschaftlichen Kreis die aktuellen Probleme, am kommenden Sonntag


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 85

wahrscheinlich die Diskussionen von heute. Ich denke, wo sich die Bürger und Bür­gerinnen treffen, das sind wertvolle Orte, das sind Orte der Begegnung, dort gibt es Gedankenaustausch, und so wollen wir es eigentlich haben. Und warum beschränkt man das mit lächerlichen 1 500 €?! – Diese Beschränkung muss fallen!

Es sind in rund 15 000 Sparvereinen über eine Million Leute als Mitglieder organisiert. Da gibt es dann auch einmal im Jahr diese gemütliche Sparvereinsauszahlung, bei der die Leute wieder zusammensitzen und sich unterhalten. Bei einem eventuellen ge­meinsamen Sparvereinsausflug, der wieder der regionalen Wirtschaft nutzt, werden in ganz Österreich historische Orte, von der Kulturhauptstadt bis zu ländlichen Destina­tionen, besucht. Ich denke, hier soll man nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Deshalb werden wir bei Punkt 7 nicht zustimmen. – Danke. (Beifall beim Team Stro­nach. Abg. Obernosterer: Das ist aber nicht gut!)

12.16

12.16.08

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist ge­schlossen.

Ich erkenne keinen Wunsch des Berichterstatters auf ein Schlusswort.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Sanierung und Abwicklung von Banken erlassen wird, mit dem das Bankwesengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbe­hördengesetz, die Insolvenzordnung und weitere Gesetze geändert werden sowie das Bankeninterventions- und -restrukturierungsgesetz aufgehoben wird, samt Titel und Ein­gang in 437 der Beilagen.

Wer hiefür eintritt, der gebe bitte ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit, somit ange­nommen.

Wir kommen gleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Le­sung ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist wie­derum die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Antrag des Finanzausschusses, seinen Be­richt 438 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, gebe bitte ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit, somit angenommen. (Abg. Obernosterer in Richtung Opposition : Seid ihr alle gegen die Sparvereine?)

12.17.18Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 4 und 5

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir gelangen nun zur verlegten Abstimmung über die Ta­gesordnungspunkte 4 und 5, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Entwurf betreffend ein Bundesge­setz, mit dem ein Bundesgesetz betreffend die Ermittlung der Umlaufgewichteten Durch­schnittsrendite für Bundesanleihen erlassen und das Nationalbankgesetz 1984, das Sanktionengesetz 2010 und das Devisengesetz 2004 geändert werden, in 350 der Bei­lagen.

Hierzu liegen folgende Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträge vor:

Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Zakostelsky, Krai­ner, Kolleginnen und Kollegen sowie Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Fuchs, Kolleginnen und Kollegen.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Ab­änderungsanträgen betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend –


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 86

und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwur­fes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Zakostelsky, Krainer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zu­satz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht, der die Einfügung eines neu­en § 5 in Artikel 1 sowie die sich daraus ergebenden Änderungen der Nummerierungen der nachfolgenden Paragraphen zum Inhalt hat.

Wer sich dafür ausspricht, der gebe bitte ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit.

Die Abgeordneten Dr. Fuchs, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsan­trag betreffend Artikel 2 eingebracht.

Wer dafür eintritt, der gebe bitte ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abge­lehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fas­sung der Regierungsvorlage.

Wer dafür eintritt, der gebe bitte ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit, somit angenom­men.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvor­lage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen. – Das ist die Mehr­heit, somit angenommen.

Wir kommen gleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzent­wurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über den Betrieb und die Beaufsichtigung der Vertragsversiche­rung erlassen wird sowie das Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz, das Bank­wesengesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz und wei­tere Gesetze geändert werden, in 354 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Zakostelsky, Krainer, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetz­entwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Zakostelsky, Krainer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 2 eingebracht.

Wer sich dafür ausspricht, der gebe bitte ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Ich komme sogleich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Tei­le des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer dafür ist, der gebe bitte ein Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit und somit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen. – Das ist wieder die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 87

12.21.058. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Bericht des Bundesministers für Finanzen betreffend Übersicht über die österreichische Haushaltsplanung 2015 (III-118/382 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir gelangen nun zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Podgorschek. – Bitte.

 


12.21.33

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines ist, glaube ich, unbe­stritten, nämlich dass wir in den nächsten Jahren enorme Herausforderungen haben werden, den Budgetpfad einzuhalten. Die Wirtschaftsdaten, die in jüngster Zeit veröf­fentlicht wurden, sind alles andere als berauschend: Wir haben im dritten Quartal und wahrscheinlich auch im vierten Quartal ein Minuswachstum, das heißt, wir steuern auf eine Rezession zu. Wenn sich nicht Maßgebliches ändert, dann werden wir auch zu Beginn des Jahres 2015 alles andere als ein Wirtschaftswachstum erwarten können.

Andererseits haben wir aber die Herausforderung, beziehungsweise die Regierungs­fraktionen haben sich dieser Herausforderung gestellt, dass eine Steuerreform be­schlossen werden soll. Und diese Steuerreform sollte vor allem den unteren und mitt­leren Einkommensbeziehern zugutekommen, was aber wiederum das Budget belasten kann. Wir haben nämlich auch das Problem in der jüngsten Entwicklung, dass die Ein­nahmen aus der Lohnsteuer die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer überholt haben, was eine fatale Entwicklung bedeutet.

Aber auch die Bankensanierungen, die uns noch bevorstehen – und da steht nicht nur die Hypo Alpe-Adria, über die wir ja gestern diskutiert haben und heute noch ausführ­lich diskutieren werden, im Vordergrund –, sind problematisch: Es gibt nach wie vor ein Problem mit der ÖVAG. Wie ich den Medien entnehmen konnte, gibt es auch ein Pro­blem in Tirol; auch wenn der Bund vielleicht nicht einspringen wird müssen, aber das Land Tirol wird es müssen.

Wir haben – und da gebe ich dem Herrn Bundesminister vollkommen recht – vor allem ein Ausgabenproblem und kein Einnahmenproblem, denn ich sehe weit und breit keine Möglichkeit aufgrund dieser hohen Steuer- und Abgabenbelastung, dass wir die Bevöl­kerung noch zusätzlich belasten. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Nachbaur.)

Es ist ein Gebot der Stunde, dass wir vor allem die Strukturen ändern. Wir müssen uns damit auseinandersetzen, wo wir den Staat schlanker machen können. Es gibt unzäh­lige Vorschläge seitens der Opposition, aber auch der Bundesminister hat ja schon das eine oder andere angedeutet. Ich erwarte mir jetzt endlich einmal eine funktionierende Transparenzdatenbank; wir wissen, dass wir zu viel für Förderungen ausgeben. Für die Zukunft ist das auch eingepreist, aber die Finanztransaktionssteuer wackelt, auch sie wird uns im Budget abgehen, und Einmalmaßnahmen, wie zum Beispiel das Steuerab­kommen mit Liechtenstein, bringen auch nicht die erwarteten Einnahmen; angeblich werden sie um 200 Millionen € geringer ausfallen.

Ein weiteres Faktum ist, dass der Schuldenstand der Republik Österreich immer mehr wächst. Zum 30. Juni 2014 waren es noch rund 268 Milliarden €, mittlerweile sind wir bei 280 Milliarden € angelangt. Das ist auf der Homepage www.staatsschulden.at nach­zulesen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn es uns nicht gelingt, das Budget so in den Griff zu bekommen, dass eine gewisse Nachhaltigkeit zu sehen ist, sprich die


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 88

Strukturen zu ändern, dann werden wir, selbst wenn wir eine Steuerreform machen, spätestens in ein paar Jahren wieder dort stehen, wo wir heute stehen, weil die kalte Progression wieder zuschlagen wird. (Beifall bei der FPÖ.)

12.25


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Ta­mandl. – Bitte.

 


12.25.47

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kolle­gen! Ich kann mich weitestgehend den Ausführungen meines Vorredners anschließen. Wir sehen im Budgetvollzug 2014, dass wir bei einigen Ausgabenpositionen, die sich natürlich aufgrund konjunkturbedingter und schlechter Wirtschaftsdaten weitaus höher gestalten, als wir das noch bei der Budgeterstellung für das Jahr 2014 gesehen haben, schlechter liegen. Das ist beispielsweise bei den Pensionen, aber auch in anderen Be­reichen, beispielsweise beim Arbeitsmarkt, zu sehen. Im Jahr 2015 wird sich das noch weiterentwickeln, wenn wir keine Gegensteuerung vornehmen.

Der Herr Finanzminister – und dafür bin ich ihm auch sehr dankbar – betont es immer wieder: Wir haben kein Einnahmenproblem, wir haben ein Ausgabenproblem. (Abg. Kog­ler: Wir haben auch ein Strukturproblem!) Wenn die Lohnsteuer und andere Steuern steigen – auch bei der Körperschaftsteuer gibt es deutliche Steigerungen gegenüber dem Vorjahr; das werden wir beim nächsten Tagesordnungspunkt, beim Bundesrech­nungsabschluss 2013, noch besprechen –, dann heißt das in Wirklichkeit, wir müssen erstens bei den Ausgaben einen restriktiven Budgetvollzug fahren, und auf der ande­ren Seite – der Herr Finanzminister hat dies ja gestern auch vorgestellt – muss klar sein, wie die Gegenfinanzierung einer Steuerreform ab dem Jahr 2016 aussehen soll.

Auch die Förderungen wurden angesprochen. Aber ich glaube, es wird auch notwendig sein, endlich einmal die Transparenzdatenbank mit Leben zu erfüllen. Die Transpa­renzdatenbank, seit einigen Jahren beschlossen, erfährt leider Gottes immer noch nicht das richtige Engagement seitens der Länder und Gemeinden, was die Einprei­sung der jeweiligen Förderungen und Transferzahlungen betrifft. Das sollte ganz we­sentlich und ein wichtiger Punkt sein.

Was schon bemerkenswert ist, ist die Tatsache, dass wir zwar auf der einen Seite 2014 steigende Erwerbstätigkeit aufweisen, diese wird 2015 ein bisschen stagnieren, aber auf der anderen Seite eine sehr hohe Arbeitslosigkeit haben. Wir werden, was die Maastricht-Arbeitslosigkeit betrifft, im Jahr 2014 über 5 Prozent, aber auch im Jahr 2015 über 5 Prozent steigen. Das heißt, es gibt große Herausforderungen.

Was die Steuerreform betrifft – und da kann ich dem Herrn Finanzminister nur recht geben –, ist zu sagen: Diese ist 2015 nicht im Budget eingepreist, erst 2016 wird man sich das ansehen, 5 Milliarden € wurden bei der Regierungsklausur in Schladming be­schlossen. Auch das ist eine gute Sache, da weiterzugehen, wie das gestern auch der Herr Finanzminister gesagt hat, dass wir bereits bis 2020 planen und noch einmal
2 Milliarden € drauflegen. Es müssen auch Wirtschaftsanreize geschaffen werden, denn im Grunde brauchen wir Arbeitsplätze, das wissen wir alle. Wir brauchen für ältere Ar­beitnehmer Arbeitsplätze, sonst werden wir niemals eine Steigerung des faktischen Pen­sionsantrittsalters erreichen.

In diesem Sinne sehen wir nicht unbedingt rosigen Zeiten entgegen, aber eines ist auch klar: Wir werden mit zusätzlichen Steuereinnahmen und mit einer Gleichhaltung der Steuer- und Abgabenquote, so wie wir sie jetzt haben, wo wir uns immer wieder zwi­schen 43,5 und 45 Prozent Steuer- und Abgabenquote bewegen, nichts zusammen-


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bringen, das heißt, wir müssen kräftig die Steuer- und Abgabenquote senken, damit wir insgesamt zu einer Entlastung kommen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.29


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Rossmann zu Wort. – Bitte.

 


12.29.29

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministe­rin! Eines kann ich schon nicht mehr hören: Wir haben ein Ausgabenproblem, wir ha­ben kein Einnahmenproblem. – Wir haben ein Ausgabenstrukturproblem! Ja, da bin ich dabei. Wir haben ein Einnahmenstrukturproblem! Ja, da bin ich dabei. Aber was pas­siert denn in diese Richtung? – Null!

Wir haben auch ganz andere Probleme in dieser Republik. (Ruf: Die Grünen!) Wir ha­ben das Problem, dass Österreich vor einer Rezession steht. Wir haben das Problem, dass die Reallöhne netto pro Kopf seit 2009 in ununterbrochener Reihenfolge sinken. Wir haben in Österreich das Problem, dass die Arbeitslosenquote seit 2010 kontinuier­lich steigt.

Und vor diesem Hintergrund tut unser Finanzminister in Brüssel was? – Er macht Zu­geständnisse zu weiteren Konsolidierungsmaßnahmen, weil die Europäische Kommis­sion auf die Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts und auf die Einhaltung des Fiskalpaktes pocht. Aber er findet es ja nicht einmal der Mühe wert, heute bei dieser Debatte hier zu sein, obwohl er laut einer Aussendung des Vorsitzenden der Eu­ro-Gruppe vorgestern neuerlich Zugeständnisse gemacht hat, indem er sagte:

Wir werden die notwendigen Maßnahmen ergreifen, damit Österreich 2015 den soge­nannten präventiven Arm des Stabilitäts- und Wachstumspakts einhalten kann – sprich, dass wir den Zielwert für das mittelfristige Budgetziel nicht erst 2016, sondern schon 2015 erreichen.

Aber was sind denn die Maßnahmen, mit denen er das tun will? Warum erzählt er uns das hier in diesem Hause nicht? Warum verschweigt er sich dazu?

Jetzt werfen wir einmal einen Blick auf das, was internationale Organisationen sagen. Die OECD sagt in ihrer jüngsten Konjunkturprognose, wir stehen vor japanischen Ver­hältnissen, das heißt Deflation, sinkende Preise, sinkendes Wachstum, steigende Ar­beitslosigkeit. – Das gibt es in Japan seit etwa 15 Jahren. In das schlittern wir in Euro­pa auch hinein.

Lesen wir den „Economist“, der sagt etwas ganz Ähnliches. Ein bisschen drastischer formuliert es Nobelpreisträger Paul Krugman: „Europa steuert in Zeitlupe auf das De­saster zu, und schuld ist nicht die Peripherie“ – also nicht die südlichen Staaten Euro­pas –, „sondern Deutschland“, weil Deutschland darauf beharrt, dass Europa einen Austeritätskurs ohne Wenn und Aber fährt.

Wie schaut denn die Entwicklung in den USA und in der Euro-Zone aus? – Da muss man sagen: In den USA schaut es so aus, dass mittlerweile die Wirtschaftsleistung wieder über dem Krisenniveau des Jahres 2010 liegt und die Arbeitslosenquote nied­riger als damals ist. In Europa und in der Euro-Zone ist das genau umgekehrt! Und ver­antwortlich dafür ist dieser Sparkurs. Da werden wir uns etwas überlegen müssen. Juncker hat das schon kapiert und hat ein Investitionspaket mit 315 Milliarden € vorge­legt. Aber dieses Investitionspaket wird ja international in allen Medien und von allen Ökonomen der keynesianischen Provenienz nach Strich und Faden zerrissen, aber auch vom konservativen „Economist“.

Von diesem Paket können doch bestenfalls derart Konjunkturimpulse ausgehen, dass es psychologische Effekte auslösen kann, aber nicht mehr. Die Hebelwirkungen sind


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doch völlig übertrieben. Was wir daher in Europa und in Österreich brauchen, das sind konjunkturbelebende Maßnahmen. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Frau Kollegin Tamandl, wenn Sie sagen, wir brauchen sofort eine Steuerreform, dann frage ich Sie, warum Sie gestern ein Konzept vorgestellt haben, wonach die Steuerre­form erst 2016 und nicht 2015 kommen soll. (Abg. Tamandl: Das stimmt nicht!) – Na das haben Sie aber gesagt, Frau Kollegin!

Daher bin ich der Ansicht, dass ein radikales Umdenken in Europa notwendig ist – ein radikales Umdenken in Österreich, in der EU, hin zu nachhaltigen Wachstumsimpul­sen. Sonst werden wir aus der Malaise nicht herauskommen, sonst wird die Arbeitslo­senquote weiter steigen, die soziale Kohäsion wird gefährdet sein, und wir werden uns da etwas einhandeln, was sich gewaschen hat.

Daher brauchen wir erstens ein EU-weites ökologisches Wachstumspaket in kurzer Frist und in der Mittelfrist die Einführung einer „Goldenen Regel für Investitionen“, da­mit nachhaltige Investitionen möglich werden. Und das ist dann möglich, wenn sie nicht auf das Defizit und die Schuldenquote angerechnet werden.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bruno Rossmann, Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Einführung einer „Goldenen Regel für Investitionen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefor­dert, sich auf europäischer Ebene für ein EU-weites ökologisches Konjunkturpaket ein­zusetzen, das seinen Namen verdient. Außerdem soll sich Österreich mit Nachdruck für die Einführung einer „Goldenen Regel für Investitionen“ einsetzen, damit sinnvolle nachhaltige Investitionen aus den für die Fiskalregeln maßgeblichen Defizit- und Schul­denquoten herausgerechnet werden.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

12.35


Präsident Karlheinz Kopf: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Mag. Rossmann ein­gebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhand­lung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bruno Rossmann, Werner Kogler, Freundinnen und Freunde

betreffend Einführung einer „Goldenen Regel für Investitionen“

eingebracht im Zuge der Debatte „Bericht des Budgetausschusses über den Bericht des Bundesministers für Finanzen betreffend Übersicht über die österreichische Haus­haltsplanung 2015 (III-118/382 d.B.)“

Begründung

Die wirtschaftliche Entwicklung ist nicht nur in der Eurozone insgesamt sondern auch in Österreich dramatisch. Die OECD spricht in ihrem jüngsten Bericht davon, dass der


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Euroraum „zu einem großen Risiko für das weltweite Wachstum geworden ist“. Am
28. November gab das Österreichische Wirtschaftsforschungsinstitut bekannt, dass Ös­terreich im dritten und vierten Quartal 2014 schrumpfen und damit in eine technische Rezession schlittern könnte. Ein wesentlicher Grund für die dramatischen Entwicklun­gen – sowohl im Euroraum als auch in Österreich – sind die fehlenden Investitionen, die ihre Ursache in einem überzogenen Konsolidierungskurs haben.

Auch Junckers 315 Mrd. Investitionsprogramm wird den Euroraum nicht vor der dro­henden Stagnation bewahren. Ganze 21 Mrd Euro an großteils umgewidmeten öffentli­chen Geldern werden bereitgestellt. Diese sollen private Investoren anlocken und über die Finanzmärkte auf 315 Mrd. Euro „gehebelt“ werden. Die kritischen Kommentare zum Investitionspaket haben gezeigt, dass das kein großer Wurf ist. Es ist davon aus­zugehen, dass die Hebelwirkung nicht - schon gar nicht kurzfristig - greifen wird, da Europa in einer tiefen Vertrauenskrise steckt. Zudem wird der „Europäische Fonds für strategische Investitionen“ frühestens in einem halben Jahr einsatzbereit sein.

Außer Frage steht: Europa benötigt dringend nachhaltige Wachstumsimpulse. Der Fis­kalpakt sowie der europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt stehen dem entgegen, denn sie führen nicht zu mehr Stabilität und Wachstum in der Eurozone, sondern wir­ken krisenverschärfend und wachstumshemmend. Europa braucht eine Kehrtwende: Das überzogene Sparen – also die krisenverschärfende Austeritätspolitik - muss be­endet werden. Um öffentliche Investitionen (z.B. in Infrastruktur, öffentlicher Verkehr, digitale Netze, Kinderbetreuungseinrichtungen, Wohnbau, Klimaschutz, Bildung, For­schung und Entwicklung) zu ermöglichen, bedarf es einer Lockerung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes. Ein wichtiger Schritt wäre zusätzlich zum Juncker-Programm daher ein EU-weites, ökologisch ausgerichtetes Konjunkturpaket. Ein weiterer Schritt wäre die Implementierung einer „Goldenen Regel für Investitionen“ auf europäischer Ebene. Denn um nachhaltiges Wachstum zu fördern sowie die hohe und seit Jahren steigende Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, müssen sinnvolle nachhaltige Investitionen aus den für die Fiskalregeln maßgeblichen Defizit- und Schuldenquoten herausgerech­net werden.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefor­dert, sich auf europäischer Ebene für ein EU-weites ökologisches Konjunkturpaket ein­zusetzen, das seinen Namen verdient. Außerdem soll sich Österreich mit Nachdruck für die Einführung einer „Goldenen Regel für Investitionen“ einsetzen, damit sinnvolle nachhaltige Investitionen aus den für die Fiskalregeln maßgeblichen Defizit- und Schul­denquoten herausgerechnet werden.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Vogl. – Bitte.

 


12.35.30

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Meine Damen und Herren, wir diskutieren heu­te den Bericht über die österreichische Haushaltsplanung 2015. Was ist eigentlich die­ser Bericht? – Dieser Bericht besteht aus einer Unmenge an Zahlen und einem Textteil von zehn Seiten. Wenn man sich die Zahlen ansieht und fragt, was einem diese Zahlen sagen wollen, dann fällt eines auf: Das, was bei den Zahlen immer nicht stimmt, sind


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die Prognosen. Wenn man jetzt sozusagen zurückblickt in den Berichten, dann sieht man, die Prognosen sind das, was nicht stimmt. Wenn wir uns jedoch unsere Ziele ansehen, die wir mit dem Budget erreichen wollen, dann machen wir fast eine Punkt­landung.

Jetzt ganz ehrlich, Hand aufs Herz, all jene, die aus Unternehmen kommen: Wer kann das von seinem Unternehmen behaupten? – Ich denke, das muss man sich wirklich einmal anschauen: Das, was wir hier an Budgetvollzug erreichen, das ist Weltklasse, darauf sollte man stolz sein.

Wenn ich in den letzten Jahren die Diskussion darüber verfolgt habe, welche Budget­löcher sich auftun, dann frage ich mich: Wie passt das mit der Realität zusammen? Die Realität besagt: Das, was wir planen, erreichen wir trotz aller Widrigkeiten.

Und wenn wir uns die Zahlen noch dahin gehend anschauen, warum wir diese Ziele erreichen, dann ist eines schon angesprochen worden: Auf der einen Seite sind es die Lohnsteueraufkommen, das heißt, die unselbstständig Beschäftigten sind diejenigen, die unseren Haushalt tragen. Und, was auch spannend ist: Ein großer Posten sind die Gewinnbesteuerungen. Also all jene, die schon den Abgesang auf den Industriestand­ort Österreich gehalten haben, frage ich: Wie deckt sich das damit, dass heute anschei­nend in Österreich die Unternehmen sehr wohl in der Lage sind, gut zu verdienen?

Was nachdenklich stimmen sollte, ist allerdings, dass die privaten Investitionen stag­nieren, dass auch der private Konsum massiv leidet und derzeit nur der öffentliche Kon­sum Anreize schafft, mehr Wachstum zu erreichen.

Wenn man heute die Inflation ansieht – sie wird in diesem Bericht als höhere Inflation als im Rest von Europa bewertet –, dann muss man sich auch die Frage stellen: Wer liegt richtig? Liegt Europa mit einer Inflationsrate nahe null, also mit einer Deflation rich­tig, oder ist die etwas höhere Inflationsrate in Österreich eigentlich, volkswirtschaftlich gesehen, der richtige Weg? Also diese Forderung, wir müssen uns Europa anpassen, sollte man hier auch kritisch hinterfragen.

Wir haben es geschafft, mehr Menschen in den Arbeitsprozess zu integrieren. Herr Rossmann hat es ganz gut angesprochen: Wenn wir uns heute unsere Verschuldens­quote anschauen, dann steigt sie. Das hat zwei Gründe: Der eine Grund ist, dass wir heute andere Bilanzierungsrichtlinien haben, dass wir leider Gottes – und da bin ich vollkommen bei Ihnen, ich glaube, das stört uns alle – alleine 2013 7,2 Milliarden € für die Banken hineinrechnen mussten. Was natürlich das Ganze besonders erschwert – da wir alles immer am BIP messen –, ist: Wenn wir kein Wachstum haben, steigt die Staatsschuldenquote automatisch. Darum, denke ich, ist es wichtig, hier Wachstum zu generieren.

Ich möchte noch auf Folgendes eingehen: Die Zinssätze für unsere Staatsanleihen sind auf einem historischen Tiefpunkt, trotz aller Schwierigkeiten. Warum? – Weil es dieser Bundesregierung gelungen ist, Stabilität auszusenden. Es ist wichtig, dass wir in der Krise einfach zeigen: Es geht um Stabilität.

Zum letzten Punkt möchte ich kommen. Es ist endlich gelungen, die Sozialversicherun­gen zu sanieren. Es hat acht Jahre gedauert, nachdem an diesem System herumge­doktert worden ist, dieses System wieder zu gesunden. Sie erreichen heute einen Über­schuss von 0,1 Milliarden €. (Zwischenruf des Abg. Riemer.)

Darum zum Abschluss mein Appell: Lassen Sie bitte die Sozialversicherungen in Ruhe arbeiten, sie haben es sich verdient! – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Podgor­schek: Wer verdient?)

12.39


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Klubobfrau Dr. Nach­baur. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 93

12.39.24

Abgeordnete Dr. Kathrin Nachbaur (STRONACH): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Steuerzahler! Wenig überraschend zeigen leider alle Prognosen für die heimische Wirtschaft nach unten. Die Aussichten werden auch immer düsterer. Vor wenigen Monaten noch hat die Regierung von 1,6 Prozent Wirt­schaftswachstum gesprochen. Dann waren es bald einmal 0,7 Prozent – und jetzt spricht die OeNB für heuer von 0,4 Prozent Wirtschaftswachstum. Das entspricht ei­nem Gesamtjahresrückgang von mehr als 70 Prozent.

Stellen Sie sich einmal vor, wenn das Management einer Firma den Eigentümern sol­che Zahlen vorlegen würde: Die würden am nächsten Tag wegen völliger Unfähigkeit alle fristlos entlassen werden! (Beifall beim Team Stronach. – Zwischenruf des Abg. Krainer.) Politiker hingegen haben nichts zu befürchten: keine Verantwortung, keine Rechenschaft, keine Konsequenzen – und wenig überraschend steigt unter diesem Management der Staatsschuldenberg heuer auf 86 Prozent. Wenig überraschend er­höht sich auch das Defizit des österreichischen Haushalts auf 2,4 Prozent des BIP.

Sinken tut dafür die Investitionsquote der Unternehmer, weil diese offenbar trotz der Niedrigzinspolitik der EZB kein Vertrauen in den Markt haben. Und auch die Summe sinkt, die die Menschen am Ende des Tages im Geldbörsel vorfinden. Das Einzige, was hierzulande neben den Schulden und neben dem Defizit steigt, ist die Arbeitslo­sigkeit, und dies dafür umso deutlicher. Die Kosten, in Österreich zu arbeiten, sind ein­fach zu hoch, die Wettbewerbsfähigkeit ist wirklich gefährdet.

Aber anstatt darüber nachzudenken, wie man in Österreich wieder wettbewerbsfähig werden kann, wie man die Staatsausgaben verringern kann – ohne den Ärmsten etwas wegzunehmen, sondern indem man Ineffizienzen beseitigt, Doppelgleisigkeiten ent­fernt und den Speck in der Verwaltung endlich abbaut –, denken tatsächlich einige Leute in diesem Hohen Haus darüber nach, wie die von ihnen selbst verursachten Bud­getlöcher jetzt durch neue Steuern gestopft werden können! Angesichts der weltre­kordverdächtigen Steuer- und Abgabenlast in diesem Land ist das natürlich der völlig falsche Weg; das Steueroptimum ist längst überschritten. Daher: Keine neuen Steuern! Keine höheren Steuern! (Beifall beim Team Stronach.)

Schauen Sie sich Frankreich an: Dort hat die aggressive sozialistische Besteuerung der Vermögenden dazu geführt, dass diese massenweise ausgewandert sind, und die Arbeitsplätze haben sie auch gleich mitgenommen. (Abg. Rossmann: ... aber ver­passt!) Dasselbe müssen wir hier in Österreich fürchten, wenn sich die SPÖ mit ihren ÖGB-Vorschlägen durchsetzt, um die Budgetlöcher zu stopfen. Der meiner Meinung nach überhaupt krasseste Vorschlag ist der von Frau Finanzstaatssekretärin Steßl: Sie hat vor ein paar Tagen die völlig absurde Idee vorgebracht, sogar Erbschaften rückwir­kend bis 2008 zu besteuern. Das wäre ein weltweites Novum und in Wirklichkeit in un­serem und jedem anderen Rechtsstaat der Welt völlig inakzeptabel! (Abg. Darmann: Da muss sogar der Finanzminister lachen! – Weitere Zwischenrufe.)

Die linke Reichshälfte in diesem Land will so lange umverteilen, bis einfach nichts mehr da ist zum Umverteilen. Damit erweisen Sie den wirklich armen Menschen einen Bä­rendienst! (Zwischenruf der Abg. Lichtenecker.)

Sozialismus hat noch nie funktioniert, liebe Kollegen aus der linken Reichshälfte, der macht alle noch ärmer. Schauen Sie bitte in die Geschichtsbücher! (Abg. Rossmann: Aber der Neoliberalismus, der funktioniert, ja?)

Anstatt ständig auf dem Neidklavier zu spielen (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Ross­mann) und den Klassenkampf zu schüren, wäre es in unser aller Interesse, möglichst viele Investoren in unser Land zu locken, die hier investieren, die hier Arbeitsplätze schaffen und die hier Steuerleistung erbringen. (Beifall beim Team Stronach.) Dann


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gibt es auch mehr Geld im Haushalt für die Armen; das wäre wirklich sozial! – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

12.43


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Zakostelsky. – Bitte.

 


12.43.49

Abgeordneter Mag. Andreas Zakostelsky (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Haushaltsplanung 2015: Es ist kein Ge­heimnis – und wir hören es ja hier nicht zum ersten Mal –, dass die aktuelle wirt­schaftliche Lage eine gewaltige Herausforderung darstellt und dass heuer bereits zum zweiten Mal die Konjunkturprognosen zurückgenommen wurden. Natürlich zeigt sich das auch in einer herausfordernden Haushaltsplanung 2015.

Es darf aber keine Schadenfreude darüber geben, dass es äußerst schwierig sein wird und schwierig ist, ein Budget für 2015 entsprechend den Kriterien aufzustellen. Ich be­trachte es vielmehr als Aufgabe auch des Hohen Hauses, des Nationalrates – natürlich mit begleitender Kontrolle –, den verantwortungsvollen Kurs des Herrn Finanzministers tatkräftig zu unterstützen.

An dieser Stelle vielleicht angemerkt: Wenn er sich dazwischen ein paar Minuten au­ßerhalb des Plenarsaals auf qualifizierte Antworten vorbereitet, erachte ich es als ein bisschen unfair, ihm gleich einen Strick daraus drehen zu wollen. – So viel zur Fairness in diesem Hohen Haus.

Ich bin jedenfalls davon überzeugt, dass zur entsprechenden Gestaltung des Haushal­tes 2015 die Steuerreform, wie sie der Herr Finanzminister vorgestellt hat, ein wichtiger Bestandteil sein wird; natürlich weder auf Pump, und damit auf Kosten der nächsten Generation, noch durch neue Steuern wie eine verkappte Mittelstandssteuer vulgo Mil­lionärssteuer! – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

12.45


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Hab­le. – Bitte.

 


12.45.23

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundes­minister! Geschätzte Bürger und Bürgerinnen auf der Galerie und vor den Bildschir­men! Wir NEOS haben diesen Bericht zur Haushaltsplanung 2015 ganz bewusst ins Plenum geholt. Es ist nicht selbstverständlich, dass er hier heute im Plenum diskutiert wird. Er wäre normalerweise nur im Ausschuss behandelt worden.

Wir haben diesen Bericht ins Plenum geholt durch ein Instrument der Geschäftsord­nung, das uns nur ein Mal im Jahr zur Verfügung steht. Das heißt, wir nehmen das ernst, denn ernst ist auch die Lage der Finanzen. Ernst ist insbesondere auch die dra­matische Entwicklung im Bereich der Pensionen, vor allem im Bereich der Frühpen­sionen. Dazu wird mein Kollege Gerald Loacker noch Stellung nehmen.

Ich möchte zur allgemeinen Budgetlage Stellung nehmen. Die Zahlen verheißen nichts Gutes: Als Defizit für das Jahr 2015 werden 1,9 Prozent vorhergesagt, das bedeutet ei­nen Anstieg von 1,4 auf 1,9 Prozent. Die gesamtstaatliche Verschuldung steigt von 77 auf 86 Prozent des BIP.

In dieser Konsequenz haben Sie, Herr Finanzminister, einen Brief an die Kommission geschickt und Nachbesserungen, Konsolidierungsmaßnahmen in Höhe von zirka 1 Mil­liarde versprochen. Das Problem dabei ist nur, dass diese Maßnahmen, die hier aufge­listet sind, nicht näher konkretisiert sind. Einsparungen der Länder und Gemeinden in


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Höhe von 300 Millionen €: Was soll das konkret heißen? – Oder die Einsparung bei Förderungen: 100 Millionen €. Ja, wir sagen auch immer, bei den Förderungen kann man ansetzen, auch kurzfristig. Aber wo genau? – Da fehlen uns einfach die konkreten Maßnahmen.

Die Kommission hat schon darauf geantwortet und gesagt, dass auch unter Berück­sichtigung dieser weiteren Maßnahmen sowohl hinsichtlich des strukturellen Defizits als auch hinsichtlich des Ausgabenzuwachses – und ich zitiere hier die Kommission – auf eine erhebliche Abweichung vom Anpassungspfad zur Erreichung des mittelfristi­gen Haushaltsziels zu schließen ist. Mit anderen Worten: Die Zahlen können sich nicht ausgehen.

Die Kommission sagt auch, dass wir in einer Gruppe von sieben Euroländern sind, bei denen die Gefahr eines Verstoßes gegen die gemeinsam vereinbarten Fiskalpaktre­geln zu befürchten ist. Da möchte ich nur erwähnen, in welcher Gesellschaft wir uns befinden: Das sind etwa Italien, Portugal und Frankreich. Das sind also jetzt die Län­der, an denen wir Maß nehmen, und das kann es nicht sein! Wir sollten danach stre­ben, bei den besten Ländern dabei zu sein, Vorbild zu sein. Musterschüler sind wir schon lange nicht mehr.

Ein weiterer Punkt, den die Kommission angesprochen hat – und das ist natürlich ein entscheidender Punkt –, sind die Strukturreformen, nämlich Reformen auf der Ausga­benseite. Was sagt die Kommission dazu in ihrer diplomatischen Sprache? – Ich werde das gleich übersetzen, was das wirklich heißt. Sie sagt: In Bezug auf den strukturellen Teil der haushaltspolitischen Empfehlungen sind nur begrenzte Fortschritte erzielt wor­den. – Mit anderen Worten sagt die Kommission: Es geht nichts weiter! Das ist auch unsere Meinung. Dort, wo man wirklich ansetzen sollte, nämlich bei den Strukturrefor­men auf der Ausgabenseite, passiert einfach nichts.

Da möchte ich schon auch darauf Bezug nehmen, was Kollege Rossmann gesagt hat, weil er immer wieder, genauso wie die Kollegen von der SPÖ, diesen sogenannten Austeritätskurs in Europa kritisiert. Da frage ich mich: Was soll der sein?

Schauen wir uns einmal an, wie dieser Austeritätskurs in Österreich ausschaut! Im Jahre der Krise, im Jahre 2008, waren die Staatsausgaben bei 130 Milliarden €. Ak­tuell, im Jahre 2014, liegen sie nicht mehr bei 130 Milliarden, sondern sie werden bei 170 Milliarden € liegen. Das heißt, seit dem Jahr der Finanzkrise haben wir eine Stei­gerung von 40 Milliarden €! Der österreichische Staat gibt 40 Milliarden € mehr aus – und das ist dann der Austeritätskurs?

Wo müssen wir wirklich ansetzen? – Ich gestehe schon zu, dass wir tatsächlich kon­junkturbelebende Maßnahmen setzen müssen. Aber die Lösung ist nicht, noch weiter Steuergeld, noch weiter Geld der Bürger und Bürgerinnen auf das Problem draufzu­hauen, sondern die Lösung ist eine Entlastung – eine Entlastung der Bürger, eine Ent­lastung der Haushalte, eine Entlastung der Unternehmen –, denn es ist ja vollkommen klar, dass die Menschen nicht konsumieren, wenn die Reallöhne stagnieren und sogar sinken, aber die Steuerlast steigt. Natürlich konsumieren sie immer weniger!

Wenn die Unternehmen immer mehr durch Steuern belastet werden und gleichzeitig die Nachfrage sinkt, investieren sie natürlich weniger, das ist doch vollkommen klar! Da hilft es nicht, noch mehr Steuergeld draufzuhauen, sondern da muss man für Entlas­tung sorgen, für Entlastung der Bürger, für Entlastung der Unternehmen.

Das bringt mich zu guter Letzt zu den sogenannten Steuerreformpapieren, die da in den letzten Tagen und Wochen kursiert sind. In Richtung SPÖ sage ich schon auch, eine Steuerreform stelle ich mir anders vor. Wenn auf der einen Seite Geld hineinge­steckt und auf der anderen Seite wieder herausgezogen wird, was soll denn da die Entlastung sein? Was soll das bringen? (Abg. Krainer: 4 Milliarden!) Auf der einen


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Seite wollen Sie Steuern senken, auf der anderen Seite, durch die Hintertür, schrauben Sie sie wieder hinauf, und das ist Ihre Steuerentlastung? – So funktioniert das sicher nicht! (Abg. Krainer: ... netto 4 Milliarden! Nettoentlastung: 4 Milliarden!)

In Richtung ÖVP, zu dem sogenannten Steuerreformpapier, das Sie jetzt auch vorge­stellt haben, Herr Finanzminister: Ich glaube, wir teilen die Erkenntnis, dass man auf der Ausgabenseite einsparen soll, aber ich vermisse hier auch konkrete Maßnahmen. Das ist alles sehr rudimentär, das ist alles sehr unkonkret. Es ist zu befürchten, dass es in Wirklichkeit insgesamt zu einer Steuerreform kommt, die vielleicht eine Änderung bringt, aber auf keinen Fall eine Entlastung. Das bedeutet, auf der einen Seite tut man so, als ob die Steuern heruntergeschraubt werden, und auf der anderen Seite holt man sie sich wieder herein.

Das ist einfach der falsche Weg, und den lehnen wir NEOS ab. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

12.52


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Schelling. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


12.52.55

Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben dieses Kapitel schon ausführlich im Fi­nanzausschuss diskutiert, und ich glaube, alle Mitglieder des Finanzausschusses ha­ben auch die entsprechenden Informationen bekommen, wo sich derzeit der Budget­pfad hinbewegt.

Herr Abgeordneter Hable, jetzt würde ich meinen, aufgrund Ihres Redebeitrags werden wir keinen besonderen Impuls für ein Wirtschaftswachstum bekommen, wenn man sich nur herstellt und sagt, was alles so dramatisch schlecht ist. Der zweite Punkt ist: Sie werden doch nicht allen Ernstes erwarten, dass vor dem Beginn von politischen Ver­handlungen jedes Detail öffentlich gemacht wird. Das machen vielleicht Sie so; ich möchte das gern als Verhandlungsergebnis herausbringen. (Zwischenruf des Abg. Hable.) Daher haben wir uns einen Zeitplan gesetzt. Warten Sie es einfach ab! Das ist die Voraussetzung, um gute Lösungen zu bekommen.

Die Bundesregierung ist ja nicht diejenige, die die Wachstumsprognosen beliebig ein­stellt, sondern die Bundesregierung verlässt sich auf Schätzungen für die Wachstums­prognosen von mehreren Wirtschaftsforschungsinstituten. Ich erwähne das WIFO, ich erwähne das IHS. Ich sage auch dazu, wir bekommen die Prognosen der EU-Kom­mission, der Nationalbank, des Internationalen Währungsfonds. Aus diesem wird das eingestellt.

Frau Kollegin Nachbaur, wenn die Prognose nicht stimmt: vielleicht ist es Ihr Vor­schlag, die Wirtschaftsforscher zu entlassen? – Sie haben ja gemeint, wenn jemand so danebenhaut, gehört er fristlos entlassen. Eigentlich muss man dann die entlassen, die die falschen Prognosen stellen, oder sehe ich das falsch? – Sie wollen aber, dass die Regierung entlassen wird. Das ist der falsche Weg.

Daher meine ich, wir sollten schon noch einen Aspekt berücksichtigen. Das ist das The­ma, dass wir ja nicht alleine dastehen. Wir haben einen weltweiten Konjunktureinbruch, und wir sind als exportorientiertes Land natürlich stark davon betroffen.

Das Thema Verschuldung habe ich schon erwähnt. Ich bin dafür, dass wir offen und ehrlich mit diesem Thema umgehen. Dass die statistischen Effekte jetzt sichtbar wer­den, heißt ja nicht, dass mehr Schulden gemacht wurden, sondern das heißt, dass die Schulden, die schon da waren, jetzt in der Statistik drinnen sind! Warum ich dafür bin, ist: Ich glaube, es wird uns hoffentlich wachrütteln, dass wir zu Reformschritten kommen.


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Ich möchte am Schluss aber mit einer positiven Geschichte enden und möchte Ihnen noch Folgendes mitteilen. Wenn von 18 Euro-Ländern sieben in einem Korb sind und vier an der Grenze zu diesem Korb sind, dann wird innerhalb des Korbes noch dra­matisch unterschieden! Wenn Sie sich die öffentlichen Ausführungen der Eurogruppe zu Österreich angehört haben, dann werden wir nicht mit Frankreich, Italien und Por­tugal verglichen, sondern es wird darauf hingewiesen, dass wir auch zu tun haben, aber dass wir in einer anderen Situation sind.

Daher halte ich nichts davon, wenn man sich populistisch draufschmeißt und sagt, wie furchtbar alles in Österreich ist. Wir hatten die Gespräche mit der Kommission. Ich bin nach Brüssel geflogen, ich habe mit ihr gesprochen. Wir haben unser Budget schluss­endlich durchgebracht.

Was positive Signale zu sein scheinen, ist zum einen die Aktivierung durch die Euro­päische Union, was den Juncker-Pakt anbelangt. Wir haben derzeit eine günstige Si­tuation, was den Euro-Dollar-Kurs anbelangt, das kann unsere Exporte beflügeln. Wir haben außerdem erstmals die Situation, dass die höheren Exporte nicht von den Ein­nahmen her aufgebraucht werden für einen höheren Ölpreis; dieser ist stark gesunken. Daher gehen wir davon aus, dass es erste Signale dafür gibt, dass wir auch wieder in eine bessere Situation kommen.

Das entlastet uns nicht davor, Reformen durchzuführen. Das entlastet uns nicht davor, bei den Ausgaben anzusetzen. Das entlastet uns auch nicht davor, einen strikten Voll­zug beim Budget 2015 wahrzunehmen, den ich mit allen Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsebene bereits durchgeführt und mit einer Ausnahme auch schon abge­schlossen habe. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.56


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hell. – Bitte. (Abg. Jarolim: Sogar der Herr Rechnungshofpräsident nickt ...!)

 


12.56.42

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Präsi­dent des Rechnungshofes! Laut Fiskalrat wird der aktuelle Haushaltsplan der Bundes­regierung für das Jahr 2015 im Lichte der zugrunde gelegten ökonomischen Rahmen­bedingungen als plausibel und vorsichtig eingeschätzt und bewertet. Der Fiskalrat pro­gnostiziert, ausgehend von einem strukturellen Budgetdefizit von 1,3 Prozent des BIP im Jahr 2013, für 2014 eine strukturelle Verbesserung um 0,6 Prozentpunkte und für 2015 eine weitere Verbesserung um 0,2 Prozentpunkte. Er betont aber – und das sollte man hier auch erwähnen –, dass der eingeschlagene Weg eines wachstumsschonen­den Konsolidierungskurses in Kombination mit Offensivmaßnahmen konsequent fort­gesetzt werden muss.

Auch in der vorliegenden Übersicht über die österreichische Haushaltsplanung 2015 wird auf die strukturellen Maßnahmen eingegangen, die bereits gesetzt wurden oder in Umsetzung sind. Dazu gehören die Verwaltungsreform, das bereits beschlossene Son­derpensionenbegrenzungsgesetz, aber auch die im Herbst von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmenpakete. Hier zählen der beschleunigte Ausbau des Breit­bandes, die Verbesserung der Förderungen für Start-ups, KMUs, die Kreativ- und Film­wirtschaft, aber auch ein Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von Lohndumping und Sozialbetrug zu den wichtigsten Vorhaben.

Meine Damen und Herren! Wenn wir uns die Einnahmenseite des Bundeshaushaltes ansehen, dann ist hier klar zu erkennen, wer die wesentlichen Einnahmen für den Staatshaushalt erbringt: Das sind die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land mit mehr als 80 Prozent. Es ist daher besonders darauf zu achten, dass wir die Beschäftigung in Österreich hochhalten, dass wir bei der Budgetkonsolidierung darauf


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achten, dass es zu keinen negativen Auswirkungen auf Wachstum und Beschäftigung kommt, und dass wir uns weitere Spielräume für Beschäftigungs- und Offensivmaß­nahmen sowie für Verbesserungen im Sozialstaat freihalten müssen. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ein wichtiger Impulsgeber für die Ankur­belung unserer Wirtschaft könnte eine Steuerreform sein, die rasch umgesetzt wird. Alle Steuermodelle, die derzeit vorgelegt werden, zeigen in diese Richtung. Sie erhöht die Kaufkraft, stärkt die Wirtschaft und bringt Arbeitsplätze. Wenn wir gemeinsam da­ran arbeiten, hier rasch eine Lösung zu finden, dann hat auch Österreich etwas da­von. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.59


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Loa­cker. – Bitte.

 


12.59.36

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Wenn Kollege Hell wieder das Thema Verwaltungsreform anzieht, dann kommt den Österreichern ohnehin schon die Galle hoch. Eine Bundesre­gierung, die es nicht einmal schafft, widerstandslos ein paar Musikkapellen im Militär zusammenzulegen, muss mir nicht mit einer Verwaltungsreform daherkommen! (Beifall bei den NEOS.)

Wir wollen diesen Bericht hier im Plenum haben. (Abg. Kogler: Der Vorarlberger Lan­deshauptmann ist der Erste, der das Tanzbein schwingen will!) – Ja, unser Landes­hauptmann ist der gleiche Kirchturm-Denker wie viele andere. – Wir wollen diesen Be­richt hier behandelt haben, weil der Budgetvollzug aus dem Ruder läuft und weil wir uns auf die Zahlen, die uns die Bundesregierung vorsetzt, nicht verlassen können. Wir haben zum Beispiel bei den Pensionen, wenn man den monatlichen Vollzug anschaut, mit Ablauf des Oktobers schon beinahe das Vorjahresniveau erreicht. Und wenn sich die Monate November und Dezember in der UG 22 bei der Pensionsversicherung so verhalten wie in den letzten fünf Jahren, dann liegen wir 600 Milliarden € drüber. (Zwi­schenruf des Abg. Krainer.)

Entschuldigung, 600 Millionen € sind es. Aber die 600 Millionen € beziehen sich nicht auf das Vorjahr, sondern es sind 600 Millionen € über dem Budgetansatz, und damit um mehr als 10 Prozent über dem Vorjahr. Das heißt, der Teil entwickelt sich mit einer Dynamik von 10 Prozent in einem Jahr. Und da schauen Sie zu?!

Die EU-Kommission verlangt Reformen im Pensionsbereich, eine Pensionsautomatik. Die Lebenserwartung muss sich im Pensionsalter abbilden. Sie verlangt Maßnahmen beim Frauenpensionsalter. Und da haben Sie gestern dagegen gestimmt. Immer, wenn es um konkrete Maßnahmen geht, stimmen Sie dagegen. Was schicken Sie der EU-Kommission betreffend Pensionen? Das Luxuspensionenbegrenzungsgesetz, wo die zusätzlichen Einnahmen für die Republik 7 Millionen € betragen? Das ist bei einem Zuschuss jenseits der 10 Milliarden € einfach vollkommen lächerlich. Das hat mit Nach­haltigkeit nichts zu tun.

Wenn hier von Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit gesprochen wird, dann kann ich nur den Kopf schütteln. Vorhin hat Kollege Jarolim geglaubt, er hat den Rech­nungshofpräsidenten nicken gesehen. Ihm ist wohl eher aus Verzweiflung der Kopf hi­nuntergefallen.

Ähnliches gilt natürlich in anderen Bereichen, wo die Bundesregierung beratungsresis­tent ist. Ich denke da an den Pflegebereich, wo das Geld mit beiden Händen beim Fenster hinausgeworfen wird und nicht bei den Bedürftigen ankommt, sondern irgend­wo im Föderalismuschaos versickert. Das hat der Rechnungshof auch schon mehrfach


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belegt. Eine Reaktion darauf blieb aus. Schöne Konzepte legen Sie vor. Die verkaufen Sie den Zeitungen und dem ORF, aber passieren tut nichts. Und wer zahlt? – Da kommt dann die große Automatik, da kommt der kalte Automat, wie er von der SPÖ immer bekrittelt wird. Zahlen muss es automatisch die nächste Generation. Die lassen Sie für Ihre Versäumnisse brennen. (Beifall bei den NEOS.)

13.02

13.02.10

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Budgetausschusses, den vorlie­genden Bericht III-118 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer „Gol­denen Regel für Investitionen“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

13.03.339. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2013 (III-96 d.B.), über den

Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2013 (Voranschlagsvergleichsrechnung Stand 31. März 2014) (III-66 d.B.) (381 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort ist Herr Abgeordneter Podgorschek gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.03.59

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Präsi­dent des Rechnungshofes! Herr Bundesminister! Ich habe bereits vor zirka 30 Minuten darauf hingewiesen, vor welchen Herausforderungen wir in den nächsten Jahren ste­hen werden. Der Rechnungsabschluss ist mehr oder weniger die Basis dafür, was in Zukunft sein wird.

Im Rechnungsabschluss sind schon einige Trends erkennbar, zum Beispiel – ich habe es schon erwähnt – die Steuereinnahmen aus dem Faktor Arbeit steigen überpropor­tional im Verhältnis zu den Einnahmen aus den Verbrauchssteuern. Da ist jetzt eine Steuerreformdebatte im Gange. Wir stimmen hier zu, denn auch wir trachten danach, die Belastung des Faktors Arbeit zu reduzieren, wobei aus unserer Sicht nicht verges­sen werden darf: Ein wesentlicher Kostenfaktor neben der Lohnsteuer sind vor allem die Sozialabgaben. (Beifall bei der FPÖ.)

Negative Entwicklungen sind erkennbar. Zum Beispiel sind die Ausgaben für Sozialbei­träge um 3,8 Prozent gestiegen, während das nominelle Wirtschaftswachstum nur um 2 Prozent gestiegen ist. Das heißt, wir befinden uns hier in einer Schere, und das be­deutet für die Zukunft massiven Handlungsbedarf. Außerdem, was ebenfalls eine sehr


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negative Entwicklung ist, lag der Beschäftigungszuwachs 2012 noch bei 1,4 Prozent. Er ist dann im Jahre 2013 auf 0,6 Prozent gesunken. Auch bei der Arbeitslosenquote hatten wir noch 2012 7 Prozent, 2013 7,6 Prozent und, wie wir wissen, mittlerweile lie­gen wir schon bei über 8 Prozent. Es ist auch bezeichnend, dass das Minus im Ergeb­nishaushalt um 8 Prozent größer ist als im Voranschlag. Signifikant ist die Steigerung der Ausgaben vor allem bei der Finanzierung der Pensionen. Auch da wird in Zukunft Handlungsbedarf vorhanden sein. Es nützt nichts, wenn man dabei den Kopf in den Sand steckt und sagt, die Pensionen sind gesichert.

Die Einnahmen durch den Verkauf der Funklizenzen verfälschen das Ergebnis ein biss­chen. Wir wissen noch nicht, ob das dann alles wirklich so eintritt, weil es noch Prozes­se gibt. Wir müssen das Ergebnis abwarten.

Dann ist noch auf alle Fälle die Rücklagenproblematik anzusprechen. Wenn wir dieses Problem nicht lösen, haben wir wieder ein Dilemma, unser sogenanntes Dezember-Fieber. Dann lösen die Ministerien die Rücklagen auf, damit noch schnell das Geld, das ihnen zur Verfügung steht, ausgegeben werden kann. Diese Rücklagen werden in Zukunft als Kredite verbucht, und daher sind sie auch ausgabenwirksam und belasten das Budget zusätzlich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Positiv ist natürlich zu vermerken, dass wir weniger Zinsen aufgrund des niedrigen Zinsniveaus zu zahlen haben. Das bewirkt aber umgekehrt weniger Einnahmen aus der Kapitalertragsteuer.

Letzten Endes kann ich nur feststellen, was ich auch vor 30 Minuten schon festgestellt habe: Eine nachhaltige Sanierung des Budgets wird nur durch eine massive Ausga­ben- und Strukturreform möglich sein. (Beifall bei der FPÖ.)

13.07


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist Herr Abgeordneter Krainer gemeldet. – Bit­te, Herr Abgeordneter.

 


13.07.58

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Leider ist die damalige Finanzministerin nicht da. Wir reden über den Rech­nungsabschluss 2013. Man muss einfach sagen, das Budget hat gehalten, das sie hier vorgelegt hat. Ich habe mir an und für sich jetzt vom Kollegen Podgorschek erwartet, dass, wenn er herauskommt, auch sagt: Okay, es tut uns leid, was wir bei der Budget­beschlussfassung gesagt haben. (Abg. Podgorschek: Mein Gott!) Ich kann das alles zitieren: Dieses Budget ist auf Sand gebaut. Das Budget wird doppelt so hoch sein. Das ist ein Lügenbudget. Das sind Lügenzahlen. (Beifall bei der SPÖ.) Das haben Sie hier alles gesagt. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Jetzt reden wir über den Rechnungsabschluss, und es stellt sich heraus, die Zahlen waren solide, das war nicht auf Sand gebaut, das war kein Lügenbudget, es hat gehal­ten. Das Defizit ist sogar um Milliarden besser als prognostiziert, als budgetiert war. (Ruf bei der FPÖ: Ist ja gar nicht wahr! – Abg. Kickl: Hauptsache wir bekommen die Vermögenssteuer!  Kopf in den Sand, und alles ist gut!) Das muss man, wenn man offen und ehrlich ist, sagen und feststellen, dass das, was Sie bei der Beschlussfas­sung behauptet haben, nicht gestimmt hat. Das Gegenteil war wahr: Diese Zahlen ha­ben gehalten, und das war in Ordnung. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Weswegen kommunizieren wir mit Brüssel?)

Wir haben ein Ausgabenproblem. Ich meine, das ist relativ einfach. Die Ausgaben des Staates werden im Wesentlichen durch zwei Fragen bestimmt. Erstens: Bei welchen Aufgaben wollen wir eben nicht, dass jeder für sich selbst sorgt, sondern der Staat? Wie, in welcher Größenordnung wollen wir solidarisch, gemeinsam Aufgaben – wie im­mer man es auch nennt – lösen, zum Beispiel Bildung, Gesundheit, Pensionen und an-


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dere Fragen auch. – Das ist die eine Frage. (Abg. Kickl: Die EU-Dimension nicht ver­gessen!)

Die andere Frage ist: Machen wir das effizient? Ist unser Bildungssystem effizient? Ist unsere Familienpolitik effizient? Ist unsere Sicherheitspolitik effizient?

Das sind die zwei wesentlichen Fragen: Welche Aufgaben schreiben wir uns selber zu? Bewältigen wir sie effizient? Wir können gerne darüber diskutieren. Nicht, dass ich das befürworte, aber wenn jemand sagt, die Steuer- und Abgabenquote ist zu hoch, dann muss er sagen, welche Aufgaben wegfallen sollen. Die kann man ganz schnell um ganz viel senken. Man kann zum Beispiel sagen: Das Gesundheitswesen privati­sieren wir. Da haben Sie mit einem Schlag 7, 8 Prozent vom BIP weg. (Abg. Podgor­schek: Da habt ihr aber die Leute nicht mehr im Griff!)

Das heißt aber nicht, dass es für den Einzelnen billiger wird, es wird teurer. Aber dann ist es eben nicht mehr in der Staatsquote drinnen. Sie können sich ja Länder mit voll­privatisierten Gesundheitssystemen anschauen. Ist dieses Gesundheitssystem dort billiger für die Gesellschaft? – Nein, es kostet bis zu doppelt so viel. Sind die Leistun­gen besser? – Nein, wir wissen, das Gegenteil ist der Fall. Oben sind die Leistungen dieselben, in der breiten Masse sind sie schlechter, und unten sind sie oft gar nicht mehr vorhanden. Darüber muss man einfach offen und ehrlich diskutieren. (Abg. Kickl: Ist ja eh Wurst!  werden eh über die Jugend querfinanziert!)

Die andere Frage ist die Einnahmenseite. Wir haben ein Problem bei den Einnahmen, und zwar bei der Struktur der Einnahmen. Heute zahlen die Arbeitnehmerinnen und Ar­beitnehmer in diesem Land 85 Prozent der Steuern und Abgaben. Abgaben auf Kapital und Vermögen tragen nicht einmal 15 Prozent bei. Das ist Sache. Aber wenn wir uns anschauen, wie die Einkommen verteilt sind, dann sehen wir, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bekommen gerade einmal zirka 60 Prozent, zahlen aber 85 Prozent der Rechnung. Kapital- und Vermögenseinkommen machen zirka 40 Prozent vom Ku­chen aus. Die zahlen aber gerade einmal 15 Prozent der Rechnung. Das ist das Pro­blem, das wir haben. Die Struktur unserer Einnahmen stimmt nicht! (Abg. Podgor­schek: Das habe ich gerade gesagt!)

Was wir machen müssen und was wir auch gemeinsam in den letzten fünf Jahren ge­macht haben, ist, die Steuern und Abgaben auf Arbeit zu senken, denn die tragen heu­te mehr als ihren Beitrag bei. Man muss schauen, dass Kapital und Vermögen einen gerechteren Beitrag leistet als heute. Dort runter, da rauf. (Abg. Kickl: Sie sollten sich mehr Reiche wünschen, damit Sie mehr ! – Abg. Kitzmüller: SPÖ-Stiftungen auf­lösen!)

Ist es populär, irgendwo hinzugehen und zu sagen, ich will Steuern erhöhen? – Nein. Machen wir es trotzdem? – Ja. Wieso machen wir das? – Weil es richtig ist und weil es wichtig wäre, das zu tun. In allen Rankings sind wir, was Steuern und Abgaben auf Ar­beit betrifft, unter den Top 3 in Europa. Und bei Kapital und Vermögen sind wir unter den drei Letzten. Wir wollen runter und rauf. So einfach ist das.

Sie kritisieren uns, dass wir hier quasi auf der einen Seite die Steuer senken wollen, und auf der anderen die Steuer erhöhen, aber wir machen das nicht durch die Hinter­tür. Nein, wir machen das durch den Haupteingang. Wir sagen das von Anfang an. Ja, wir wollen um 6 Milliarden € die Steuern und Abgaben auf Arbeit kürzen und um 2 Mil­liarden € bei Vermögen und Kapital erhöhen. Es bleibt noch immer ein Nettounter­schied von 4 Milliarden €. Das muss man einfach ganz sachlich sagen.

Noch einmal: Unsere Konzepte sind detailliert und durchgerechnet und in der Zwi­schenzeit BMF-geprüft. Nicht inhaltlich, aber technisch ist das, was wir vorgelegt ha­ben, machbar. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Die Zahlen stimmen und sind belastbar. Über Inhalte kann man noch diskutieren. Sie sind nicht inhaltlich abgenickt, aber technisch


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sind sie abgenickt. Und es ist schon einmal ein wesentlicher Fortschritt, dass wir wis­sen, dass die Zahlen, die die SPÖ vorgelegt hat, halten und stimmen.

Insofern ist uns wirklich wichtig, die Steuern und Abgaben auf Arbeit herabzusetzen, weil sie zu hoch sind, und dafür einen gerechteren Beitrag von Vermögen und Kapital einzufordern. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.13


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist Herr Abgeordneter Mag. Rossmann gemel­det. – Bitte.

 


13.13.54

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Rechnungshofpräsident! Naja, was Kollege Krainer sagt, da ist schon etwas dran. Ich habe schon früher gesagt: Ich kann diese Einnahmen-, Ausgabenproblematik nicht mehr hören.

Was wir uns auf beiden Seiten anschauen müssen, und wo wir großen Handlungsbe­darf haben, das sind die Strukturen. Das gilt für die Einnahmenseite, das gilt für die Ausgabenseite. Ich kann dem Kollegen Krainer schon einiges abgewinnen, wenn er sagt: Wir müssen mit den Steuern auf Arbeit runter und mit den Steuern auf Vermögen rauf. Da bin ich ja bei ihm. Und ich sehe auch Konzepte, die hier vorgelegt worden sind, die durchaus brauchbar sind. Aber das Problem besteht eben darin, Herr Kollege Krainer, dass Sie das irgendwann einmal auch durchsetzen müssen. Sie haben ja ein Glaubwürdigkeitsproblem. (Abg. Krainer: Wir haben eine Erfolgsbilanz!)

Sie sind jetzt mit der ÖVP seit 2006 ununterbrochen in der Regierung. Was haben Sie denn durchgesetzt? Die Problematik der hohen Belastung des Faktors Arbeit gab es 2006 im gleichen Maße, und die Problematik der niedrigen Besteuerung des Vermö­gens gab es auch schon 2006 im gleichen Maße. Und was ist seither passiert? Welche Steuern auf Vermögen sind in Österreich eingeführt worden? – Gar keine sind einge­führt worden! Ganz im Gegenteil: Herr Kollege Krainer! Leider war es Ihre Partei und Herr Bundeskanzler Gusenbauer, der nach dem Urteil des VfGH gemeint hat: Was ausläuft, läuft aus. Und was war das? – Das war die Erbschafts- und Schenkungs­steuer. Das ist leider die traurige Wahrheit. (Zwischenruf des Abg. Kickl. – Abg. Jaro­lim: Alles andere haben Sie verschlafen!)

Ich würde mir ja wünschen, dass wir wirklich in Richtung einer Änderung der Einnah­menstruktur in dem erwähnten Sinne kämen, wobei es mir als Grünem natürlich auch ein Anliegen ist, dass man auch an die ökologische Komponente denkt, und die nicht ganz außer Acht lässt. Die hat in den bisherigen Überlegungen der Steuerreform über­haupt keine Rolle gespielt.

Zur Ausgabenstruktur. Auch hier fehlt mir der Glaube an die Umsetzung. Ich kann das schon gar nicht mehr hören: Föderalismusreform, Durchforstung von Förderungen, Kür­zung von Förderungen, Verwaltungsreformen. – Ja, warum tun Sie denn nichts? Der Rechnungshof hat, ich weiß nicht, wie viele, jedenfalls viele schmale Heftchen mit Hun­derten von Vorschlägen vorgelegt. Ein paar sind wohl umgesetzt worden, Herr Präsi­dent Moser, aber das wissen Sie besser als ich. Aber eine Vielzahl von Maßnahmen wurde nicht umgesetzt. Aber zu glauben, dass man mit einer Verwaltungsreform, mit einer Föderalismusreform und mit Kürzungen der Förderungen eine Steuersenkung kurz­fristig finanzieren kann, das ist ein Irrglaube.

Was ich abschließend schon noch positiv kommentieren möchte, ist, dass der Vollzug besser war als der Voranschlag. Das ist sicherlich ein Erfolg. Der Primärsaldo war po­sitiv. Hätten wir nicht ein kleines Bankenproblem im Land, dann stünden wir ja budge­tär eigentlich noch viel, viel besser da. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Krainer: Der Schlusssatz war alles andere als falsch!)

13.17



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


13.17.19

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sehr geehrter Herr Rechnungshofpräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich einmal als Vorsitzende des Budgetausschusses sehr, sehr herzlich bedanken bei den Bediensteten des Fi­nanzministeriums, aber natürlich auch bei den Bediensteten des Rechnungshofes und speziell auch beim Herrn Rechnungshofpräsidenten. Ich möchte mich für die Vorlage der Unterlagen, die wir immer bekommen haben, bedanken. Heuer ist das ja das erste Mal in der Umsetzung des neuen Haushaltsrechts. Sie sind sehr detailliert, mit einer konsolidierten Ergebnisrechnung, mit einer konsolidierten Finanzrechnung und mit ei­ner Vermögensrechnung, natürlich jeweils mit Voranschlag zum Vergleich. – Herzli­chen Dank, Herr Präsident. Es ist für uns Parlamentarier sehr praktisch, hier nachlesen zu können. Ich möchte mich bei Ihnen, Herr Präsident, dafür bedanken, dass Sie auch im Ausschuss immer sehr ausführlich auf die Fragen der Abgeordneten geantwortet haben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich möchte noch, bevor ich auf die Rede von Herrn Rossmann eingehe, ein paar Sa­chen zum neuen Haushaltsrecht sagen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf Seite 54 der Kurzfassung des Bundesrechnungsabschlusses sehen Sie (Abg. Ross­mann: Auf Seite 54 steht das nicht!), dass wir in den letzten Jahren, seit wir das neue Haushaltsrecht eingeführt haben, durchaus einen Riesenbrocken an Rücklagen ange­spart haben. Wir haben im neuen Haushaltsrecht ein Rücklagensystem. Die Rücklagen betragen mittlerweile über 17 Milliarden € in allen Ressorts und in allen fünf Unterglie­derungen. Wir haben das eingeführt, weil wir das Dezemberfieber beseitigen wollten, nämlich verhindern, dass die Ressorts noch schnell im November und Dezember et­was ausgeben, damit sie im nächsten Jahr nicht weniger Budget erhalten.

Die Rücklagen können nicht aufgelöst werden, ohne dass man seitens des BMF Vor­gaben macht, weil sie natürlich defizitwirksam werden. Ich glaube, wenn wir uns einer Evaluierung des Haushaltsrechts, das wir auch im Regierungsprogramm festgeschrie­ben haben, widmen, sollten wir uns auch intensiv – und das haben wir auch im Bud­getausschuss besprochen – mit der Rücklagenentwicklung und mit den Rücklagenauf­lösungen beschäftigen.

Ich möchte aber noch ganz kurz auf die Worte des Herrn Mag. Rossmann eingehen. Es ist immer schön, nach ihm dranzukommen. Herr Kollege Rossmann! Sie sagen im­mer, wir haben keine vermögensbezogenen Steuern eingeführt und wir haben keine Vermögenssteuern eingeführt. – Das stimmt nicht! (Abg. Rossmann: Ertragsteuern! Bitte! Sie müssen da unterscheiden!)

Sie sagen immer, wir haben keine Vermögenssteuer eingeführt. Dabei haben wir zwei­mal vermögensbezogene Steuern eingeführt, und zwar auf den Vermögenszuwachs, beispielsweise die Wertpapier-KESt oder auch die Immobilienertragssteuer.

Dazu möchte ich Ihnen etwas sagen, das vielleicht für die Bevölkerung sehr, sehr tech­nisch klingt: Das ist in der Einkommenssteuer enthalten, und wir haben keine eigene Rubrik Vermögenssteuern. (Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Daher stimmt das nicht, Herr Kollege Rossmann, auch wenn Sie es noch so oft be­haupten. (Abg. Rossmann: Sie können behaupten!) Die ÖVP hält nichts von Steu­ern auf die Substanz, glaubt auch nicht an 2 Milliarden € Aufkommen aus einer soge­nannten Millionärssteuer. (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend, denn ich habe zu wenig Zeit: Was ich im Konzept der SPÖ bei der Erb­schaftssteuer, aber auch bei der Vermögenssteuer, der sogenannten Millionärsabgabe


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vermisse, ist: Wo bleibt die Hauptwohnsitzausnahme? Wo bleibt eine Besserstellung der Kinder in der direkten Linie oder der Ehepartner oder Partner? Das sehe ich nicht.

Deshalb kann man das nur ablehnen, weil wir hier doch andere Werte vertreten. Wir wollen auch keine Substanzbesteuerung. Daher haben wir uns dann letztendlich doch immer für Zuwachssteuern begeistern können, aber nicht für Substanzbesteuerung. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Rossmann und Wöginger.)

13.21


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hable. – Bitte.

 


13.21.13

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Unsere Wortgefechte heute amüsieren mich geradezu. Ich möchte nur kurz anmerken, wenn Sie mich des Populismus zeihen, möchte ich ergänzen: Das, was ich gesagt habe, was ich zitiert habe, waren Worte und Fakten der Europäischen Kommission. Sie haben al­so indirekt der Europäischen Kommission Populismus vorgeworfen. Es würde mich in­teressieren, ob Sie das bei den Gesprächen mit der Kommission denen auch ausrich­ten. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling.)

Zum Bundesrechnungsabschluss 2013: Da möchte ich mit einem historischen Ausflug beginnen, weil ich glaube, dass das sehr interessant ist. Frankreich, ein Land das heu­te große Schwierigkeiten hat, seine Zahlen in Ordnung zu halten, hatte im 17. Jahr­hundert einen sehr berühmten Finanzminister, den Jean-Baptiste Colbert. Er hat Lud­wig den XIV., auch bekannt als Sonnenkönig, dazu überredet, transparentes, öffentli­ches Rechnungswesen einzuführen, sozusagen die Finanzen des Staates offenzule­gen. Und ab 1661, muss man sich vorstellen, so lange ist das her, hat es in Frankreich tatsächlich zweimal im Jahr eine Rechnungslegung über Ausgaben, Einnahmen und Vermögen gegeben. (Abg. Moser: Da hat es aber vorher den Aufstand gegeben!)

Was Ludwig XIV. dabei nicht bedacht hat, ist, dass mit Rechnungslegung immer auch Rechenschaft verbunden ist. Das heißt, wenn die Zahlen einmal transparent sind, wenn sie in der Öffentlichkeit sind, dann stehen sie natürlich auch in der Diskussion, dann können sie auch kritisiert werden, und dann ist es natürlich auch eine Bilanz des Regierens. Dann hat die Bilanz des Regierens natürlich nicht mehr so schön ausge­schaut. Colbert ist 1683 gestorben, und ab diesem Zeitpunkt wurde auch das damals moderne Rechnungswesen abgeschafft.

In diesem Sinne ist natürlich bei dem neuen Bundesrechnungsabschluss 2013 zweier­lei anzumerken: Er ist Licht und er ist Schatten. Warum Licht? – Weil es ein Meilen­stein ist. Er kommt zwar mit etwas Verspätung, aber es ist ein Meilenstein in die rich­tige Richtung, weil nämlich erstmals öffentliche Zahlen transparent nach einem moder­nen Rechnungswesen dargestellt werden.

Er ist aber Schatten, weil diese ungewohnte Transparenz natürlich zahlreiche Löcher offenbart. Herr Finanzminister, ich zitiere wieder aus dem Bundesrechnungsabschluss, das Ergebnis der Bilanz ist:

Der Bund hat ein Netto-Vermögen von minus 140 Milliarden €. – Zitatende.

Der Bund ist mit 140 Milliarden € überschuldet!

Wissen Sie, was da noch nicht mit berücksichtigt ist? – Die Pensionsversprechen. Die unhaltbaren Pensionsversprechen, über die wir heute auch schon diskutiert haben, sind nicht dabei. Sonst würden die Zahlen noch viel schlechter ausschauen.

Herr Kollege Krainer, weil Sie gesagt haben, die Zahlen schauen besser aus als nach dem Voranschlag. Das stimmt natürlich auch nicht, denn die ungewohnte Transparenz hat auch einen neuen Ergebnishaushalt gebracht, und dort sind die Zahlen andere.


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Dort sind die Zahlen im Vergleich zum Voranschlag schlechter geworden, nämlich von 6 Milliarden € auf 4 Milliarden € verschlechtert. Das schaut nicht gut aus, aber es ist ei­ne notwendige Transparenz für jährliche Diskussionen.

Was man auch herauslesen kann, ist, wie die Steuerpolitik der Bundesregierung aus­sieht. Wir hatten 2013 de facto null Wachstum, stagnierende Wirtschaft, und die Ein­nahmen des Staates sind um 8 Prozent gestiegen. Das heißt, es wird massiv an der Steuerschraube gedreht. Und dann wundert man sich, warum die Konjunktur einbricht und die Arbeitslosigkeit steigt.

Insgesamt zusammengefasst: Es ist dies ein notwendiges Instrument der Haushalts­politik, das notwendige Transparenz schafft, das vor allem dazu führt, dass Rechen­schaft möglich ist, nämlich Rechenschaft, die durch Rechnungslegung ermöglicht wird. Diese beiden Wörter sind nicht nur zufällig sehr ähnlich.

In diesem Sinne ist es natürlich schön, dass wir diese Transparenz haben, dass wir diese Rechenschaft einfordern können, denn sie ist in einer demokratischen Gesell­schaft dringend notwendig. Diese verschlossenen, intransparenten, öffentlichen Haus­halte, wie ich am Anfang zitiert habe, sind eigentlich Kennzeichen von absolutistischen Monarchen. Einer Demokratie steht es an, offen zu sein, und das bedeutet vor allem auch, bei den Zahlen offen zu sein.

In diesem Sinn vielen Dank, Herr Rechnungshofpräsident, für den Bericht. Wir freuen uns schon auf die weiteren. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

13.26


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. – Bitte.

 


13.26.46

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Wir haben beim Budget mit dem Bundesrech­nungsabschluss 2013 die Endabrechnung, die von unserem Wirtschaftsprüfer – das ist in diesem Fall der Rechnungshof – erstellt wird und uns klar macht, wie die Abwicklung des Haushalts retrospektiv betrachtet gelungen ist.

Es beweist eines: Wir haben eine solide Budgetpolitik und eine solide Vollziehung. Ich darf mit dem Dank der Kollegin Tamandl anschließen und ergänzend sagen, dass nicht nur der Budgetsektion des Bundesministeriums für Finanzen in Zusammenarbeit mit dem Rechnungshof, sondern durch die Haushaltsreform nunmehr in stärkerem Aus­maß jeder einzelnen Budgetabteilung der Fachministerien für die wirklich hervorragen­de Arbeit zu danken ist.

Die haben nämlich jetzt Aufgaben, die früher nur im Bundesministerium für Finanzen erfüllt wurden, sehr gut gemacht, weshalb wir heute trotz der verschlechterten Rah­menbedingungen einen Abschluss hier zur Kenntnisnahme vorliegen haben, der von einem soliden Vollzug zeugt und die Budgetwerte einhält.

Ich erinnere: Als 2013 der Bundesvoranschlag gemacht wurde, ist man noch von ei­nem nominellen Wachstum von 2,6 Prozent ausgegangen. Tatsächlich waren es nur 2 Prozent. Der private Konsum hätte nach damaliger Schätzung um 2,8 Prozent wach­sen sollen, es waren aber nur 2 Prozent. Wir haben eine Arbeitslosenquote gehabt, die nach österreichischer Norm gerechnet statt 7,4 Prozent 7,6 Prozent betragen hat.

All diesen negativen Faktoren zum Trotz haben wir einen soliden Vollzug, der die Bud­getwerte einhält. Dieses Mal noch einmal ein Dankeschön, wie gesagt, nicht nur an die Budgetsektion, sondern an alle Budgetbeamten in den einzelnen Fachressorts. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Eßl.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 106

Zurück zur Fragestellung, wie es um die Rücklagen steht. Die Kollegin Tamandl hat schon angefangen, die Frage aufzuwerfen. Ja, die Haushaltsreform, die wir – viele von denen sind ja noch da – gemeinsam über die vielen Jahre geschultert haben, bringt et­was gegen das Dezemberfieber.

Uns muss aber klar sein, dass die Höhe der Rücklagen mit über 17 Milliarden €, End­stand 2013, eine Situation ist, wo die Sparsamkeit in der Ausgabengebarung das Pro­blem irgendwann an den Finanzminister zurückspielt, denn wenn die alle ihre Rück­lagen verwenden, haben wir keinen soliden Vollzug mehr. Wir müssen uns dem Pro­blem widmen, wie wir solche Einsparungen struktureller Natur dauerhaft, ohne dass sie zu Auszahlungen führen, verarbeiten.

Das ist ein Teil, wo noch viel zu arbeiten ist. Da haben wir als die das Budget erstel­lende Körperschaft uns noch viel, in großem Umfang zu beschäftigen: Wie stellen wir sicher, ohne die zu bestrafen, die die Sparsamkeit haben walten lassen? Das ist ja die Schwierigkeit dabei, es ist eine negative Motivation, wenn man die Rücklage jetzt weg­nimmt.

Ein Beispiel, wo in dieser Hinsicht zu viel erfolgt: Entwicklungshilfe. Da hätten wir ge­nug Rücklagen im BMEIA, um bei der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit das Ni­veau wenigstens halten zu können.

Daher mein dringender Appell an den Koalitionspartner: Wirken sie auf den Außenmi­nister Kurz und auf den Finanzminister Schelling so ein, dass wir diesen geringen Be­trag für die Ärmsten auf der Welt auch wirklich aufbringen. Unsere österreichische EZA macht eine tolle Arbeit, und es ist schade, sie budgetär abzuwürgen, wenn die entspre­chenden Reserven da sind.

In diesem Sinne bin ich davon überzeugt, dass auch der Vollzug 2014 ein ähnlich soli­der sein wird und wir ohne Probleme dem Bundesrechnungsabschluss 2014 entgegen­sehen können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.30


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Angerer. – Bitte.

 


13.30.35

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Herr Rechnungshofpräsident! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Geschätzte Damen und Herren! Der Budgetvollzug 2013, den uns der Rechnungshof in seinem Be­richt vorlegt, schaut nicht deshalb besser aus in seinem Vollzug, weil Sie so solide ge­wirtschaftet haben, meine Damen und Herren, sondern deswegen, weil Sie den Öster­reicherinnen und Österreichern durch die kalte Progression das Geld aus der Tasche ziehen. Das ist die Wahrheit! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie haben um mehr als 2,7 Milliarden € höhere Einnahmen gehabt, als im Voranschlag prognostiziert wurde, und trotzdem 600 Millionen € mehr ausgegeben, als im Voran­schlag vorgesehen war. Was zeigt uns das? – Sie können mit dem Geld, das Ihnen die Österreicherinnen und Österreicher anvertrauen, nicht umgehen.

Wenn ich die Staatsschulden hernehme: 280 Milliarden €; dann rechnen wir noch die sogenannten Rückstellungen dazu: 15 Milliarden €, die ja als Kredite umgewandelt werden; dann rechnen wir noch 111 Milliarden € an Haftungen, die immer so erwähnt werden, die der Bund hat, dazu: Insgesamt sind das 406 Milliarden €. Wir sind bei ei­ner Staatsverschuldung von 125 Prozent, im Gleichklang mit Portugal und Italien. Das ist kurz zusammengefasst der Rechnungshofbericht für das Jahr 2013.

Aber jetzt vielleicht die Zukunft, und die erschreckt mich noch viel mehr, wenn ich mir den Bundesfinanzrahmen 2015 bis 2018 anschaue. Was haben Sie da geplant? – Sie gehen im Bereich Arbeit, Soziales und Gesundheit nicht an die notwendigen Refor-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 107

men – das ist heute schon mehrfach angesprochen worden –, die wichtig wären und die in Angriff genommen werden müssten, und Sie gehen im Bereich Wirtschaft, Bil­dung und Forschung mit den Ausgaben zurück.

Es ist ein Wahnsinn: Was Sie da machen, kann nie funktionieren! Sie gehen davon aus, dass die Wirtschaft anspringt, wenn Sie bei Bildung, Forschung, Entwicklung und den Investitionen sparen. Was zeigt uns das? Sie verweigern einfach Reformen. Sie schützen die Finanzwirtschaft und zerstören die Realwirtschaft. So kann man es zu­sammenfassen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn ich mir anschaue, was seit Jahren besprochen wird: Finanztransaktionssteuer – seit 2008 diskutiert –, Regulierung des Finanzmarktes. Die Spekulanten werden immer noch geschont, während die fleißigen Leute in diesem Land, egal, ob es Unternehmer oder Arbeiter sind, bestraft werden.

Das Gesundheitssystem wird nicht angegangen, das Pensionssystem wird nicht ange­gangen. Wir haben 9 000 Beamte in Österreich. Zum Vergleich: In der Schweiz gibt es nur 2 500 Beamte.

Zum Thema Föderalismus. Der Herr Minister hat es heute angesprochen, ich hoffe, er setzt es auch um, nämlich die Trennung der Finanzströme zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Ich kann als Bürgermeister sagen: Das gehört auf jeden Fall, wie Sie auch richtig gesagt haben, gemeinsam reformiert. Da ist viel Geld drinnen.

Das Bild, das die Regierung abgibt, ist, muss ich ehrlich sagen, erschreckend. Wenn Sie sich heute Ihre Vorstellungen für das Budget und für die Steuerreform gegenseitig über die Zeitungen ausrichten, dann gute Nacht, Österreich! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Eßl zu Wort. – Bitte.

 


13.33.53

Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Zum Bundesrechnungsab­schluss in aller Kürze einige wenige Feststellungen.

Erstens: Die Zahlen haben gehalten. Wir haben im Bundesrechnungsabschluss im Fi­nanzierungshaushalt um 2,124 Milliarden € günstigere Zahlen als im Voranschlag. Die Opposition hat bei dem Voranschlag natürlich alles kritisiert und es nicht für möglich gehalten, dass diese Zahlen halten. Sie halten!

Zweitens: Der Primärsaldo ist positiv. Das darf ich angenehm vermerken.

Drittens: Es gibt auch Problembereiche. Ich nenne den Bundesbeitrag zur Pensions­versicherung mit 9,8 Milliarden €, die Pensionen für Bundesbedienstete mit 8,6 Milliar­den €, das gibt in Summe 18,4 Milliarden €. Das sind schon mehr als ein Viertel der Einzahlungen, die dafür ausgegeben werden müssen.

Wenn ich dann noch die Finanzierungen hinzufüge, sprich Zinsen im Saldo mit 6,4 Mil­liarden €, dann sind wir bei 24,8 Milliarden €. Das ist ein Drittel der Ausgaben. Und wenn ich die Auszahlungen für das Personal noch hinzufüge – Bundespersonal 8,2 Mil­liarden € –, dann bin ich bei 33 Milliarden € und bei knapp 50 Prozent, nämlich bei 46 Prozent der Einzahlungen, und da ist Handlungsbedarf.

Bei dem Einnahmen-/Ausgabenproblem, das diskutiert wurde, darf ich ein positives Bei­spiel für die Effizienz von Ausgaben bringen, nämlich die Ausgaben für die ländliche Entwicklung im bäuerlichen Bereich. Mit einem Bundesanteil von 310 Millionen € ge­lingt es, 1,787 Milliarden € zu den Bäuerinnen und Bauern zu bringen, weil eben die


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EU und die Länder mitfinanzieren. Investitionen der Bauern lösen diese aus. Allein in Richtung Industrie und Gewerbe sind 4,56 Milliarden € geflossen.

Was erhalten die BürgerInnen für diese Zahlungen? – Versorgungssicherheit mit hoch­wertigen Lebensmitteln, einen Lebensraum mit Lebensqualität. Daher ein klares Be­kenntnis zu diesen Zahlungen im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger.

Ein letzter Satz noch zur Einnahmenseite: Ein klares Nein zur Besteuerung von Ei­gentum! Wenn jemand durch harte Arbeit Eigentum erworben hat, hat er bereits Steu­ern bezahlt. Soll er dann wirklich noch einmal Steuern bezahlen, damit er sein Eigen­tum behalten kann? Ein klares Nein von meiner Seite! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Hagen.)

13.36


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich der Herr Präsident des Rechnungshofes Dr. Moser zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Präsident.

 


13.36.34

Präsident des Rechnungshofes Dr. Josef Moser: Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Hohes Haus! Einleitend möchte ich mich bei Ihnen sehr herzlich dafür bedanken, dass die Arbeit der Bediensteten des Rechnungshofes und jene der Be­diensteten des Finanzministeriums dazu geführt haben, dass der Bundesrechnungsab­schluss bei Ihnen auf positive Resonanz gestoßen ist.

Es ist in die Richtung gegangen, dass in diesem Fall 1 900 Seiten Abschlussrechnungen auf Ebene des Bundes und 15 000 Seiten Abschlussrechnungen auf Ebene der Unter­gliederungen zusammengefasst worden sind, nämlich in einem Textteil, der 600 Seiten beinhaltet, in einer Kurzfassung, die 50 Seiten beinhaltet, in einem Lead, das vier Sei­ten beinhaltet, und schlussendlich auch in einem Übersichtsblatt mit zwei Seiten; damit man weiß, wo man steht, damit man, wie es Herr Abgeordneter Matznetter ausgespro­chen hat, weiß, wie die Abschlussrechnung für das Jahr 2013 ausschaut.

Der Rechnungsabschluss ist auch so gegliedert, dass tatsächlich für Sie die Möglich­keit besteht, kurzfristige, mittelfristige und langfristige Informationen zu erhalten und auch zu sehen, wie die wahre wirtschaftliche Lage Österreichs ausschaut.

In diesem Zusammenhang ist zu betrachten, dass nunmehr gerade durch die Haus­haltsreform die Möglichkeit besteht, nicht nur wie in der Vergangenheit die Liquiditäts­sicht zu haben – das heißt, Einzahlungen und Auszahlungen –, sondern Sie nunmehr in diesem Bereich auch die Möglichkeit haben, die Ressourcensicht zu bekommen, sprich Antworten auf folgende Fragen zu bekommen: Wie viele Ressourcen wurden verbraucht? Wie schaut der Ressourcenzuwachs aus? Wie schaut das Vermögen des Staates aus?

In diesem Zusammenhang erhalten Sie auch Warnsignale, wenn es darum geht, dass folgendes Daten dargestellt werden: Forderungsabschreibungen, Wertberichtigungen, Dotierung von Rückstellungen und darüber hinaus, nicht sichtbar, Abschreibung für Ab­nutzung. Dabei erfolgt die Zuordnung des Aufwandes periodengerecht, sodass daraus abgeleitet werden kann, ob in diesem Fall tatsächlich Investitionsbedarf besteht.

Sie erhalten auch die Antwort: Verbrauche heuer, zahle später, ob also diese Bugwelle ausgeglichen wird oder nicht. Auch diese Information gibt Ihnen die Ergebnisrechnung, genauso wie die Vermögensrechnung Ihnen darstellt, ob wir reicher oder ärmer gewor­den sind.

Das heißt also, der Bundesrechnungsabschluss verbunden mit der Haushaltsreform bietet mehr Transparenz über die finanzielle Lage des Bundes. Gleichzeitig zeigt er auch auf, wo Qualitätsverbesserungen erforderlich sind. Er zeigt auch auf, dass es not-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 109

wendig wäre, dass dieses Haushaltsrecht nicht nur vom Bund, sondern auch von Län­dern und Gemeinden dementsprechend adaptiert wird.

Warum das notwendig ist, warum gerade diese Haushaltsreform notwendig ist, um Steuern zu kennen, zeigen die drei Rechnungen: Betrachtet man so wie bisher die Fi­nanzierungsrechnung, so sieht man, dass das Defizit des Bundes 4,203 Milliarden € be­tragen hat. Schaut man sich die Ergebnisrechnung an, stellt man die Aufwände den Erträgen gegenüber, so sieht man dabei, dass das Defizit beziehungsweise das Netto­ergebnis mit 7,237 Milliarden € negativ gewesen ist.

Daraus lässt sich also ableiten, dass der Überhang der Aufwendungen über die Erträ­ge und damit der Ressourcenverbrauch doppelt so hoch war wie der Überhang der Auszahlungen über die Einzahlungen. Das zeigt also auf, dass Maßnahmen gesetzt werden müssen, um tatsächlich die finanzielle Nachhaltigkeit aufrechterhalten zu können.

Das zeigt auch die Vermögensrechnung, aus der nämlich hervorgegangen ist, dass zwi­schen dem 1. Jänner 2013 und dem 31. Dezember 2013 das Vermögen um über 6,4 Mil­liarden € abgenommen hat, indem das negative Vermögen in diesem Bereich von 134,2 Milliarden € auf 140,6 Milliarden € angestiegen ist.

Das heißt, wir haben Handlungsbedarf. Die Ineffizienzen, die in der Verwaltung bezie­hungsweise im Vollzug gegeben sind, müssen abgestellt werden.

Betrachtet man das Jahr 2013, so sieht man, es gibt nicht nur negative – das hat auch der Abgeordnete Matznetter gesagt –, sondern auch positive Aspekte. Positiv in die­sem Zusammenhang ist, dass das Wachstum in Österreich immer noch besser war als im Euroraum, dass der Anstieg der unselbständig Beschäftigten höher, das Leistungs­bilanzsaldo besser, die Ausfuhr von Waren höher als im Jahr 2012 waren. Das Defizit ist zurückgegangen, wenn man den Ergebnishaushalt hernimmt.

Gleichzeitig muss man aber auch die zweite Seite der Medaille betrachten, aus der er­sichtlich wird, dass die Arbeitslosigkeit dementsprechend stark zugenommen hat, näm­lich nach AMS-Berechnung von 7 Prozent auf 7,6 Prozent und es damit 2013 gleichzei­tig um 26 523 Arbeitslose mehr gegeben hat als im Jahr 2012. Es ist auch die Schul­denquote angestiegen, es sind allein die bereinigten Finanzschulden des Bundes von 189 Milliarden € auf 193 Milliarden € angestiegen und schlussendlich nach neuer ESVG-Berechnung auch die Gesamtverschuldung um 2,7 Milliarden € auf 262 Milliarden €.

Auch das zeigt auf, dass Handlungsbedarf gegeben ist. Österreich ist nicht isoliert, Ös­terreich befindet sich in diesem Fall im Europäischen Semester, im Fiskalpakt und an­deren Regelungen. Dazu muss auch angemerkt werden, dass bereits im Juli 2013 da­rauf hingewiesen wurde, dass Österreich an und für sich im Jahr 2015 einen strukturell ausgeglichenen Haushalt haben sollte. Der Strategiebericht zum Bundesfinanzrahmen­gesetz zeigt, dass das nicht erfüllt worden ist. Das hat dazu geführt, dass am 5. Mai 2014 darauf hingewiesen wurde, dass Österreich Gefahr läuft, signifikant vom Stabilitäts- und Wachstumspakt abzuweichen. Das hat dazu geführt, dass am 12. Mai 2014 das Finanzministerium weitere Maßnahmen im Ausmaß von 980 Millionen € nachgemeldet hat, mit dem Ergebnis, dass die Europäische Kommission dazu eine Stellungnahme abgegeben hat, nämlich, dass nach wie vor das Risiko einer signifikanten Abweichung vom Stabilitäts- und Wachstumspakt besteht und gleichzeitig – was über viele Jahre immer wieder erwähnt worden ist – dass in Österreich eine Kompetenzbereinigung zwi­schen den Gebietskörperschaften notwendig wäre.

Das hat wiederum dazu geführt, dass die Übersicht der Haushaltsplanung 2015, die gerade diskutiert wurde, aufzeigt, dass im Jahr 2015 eben dieser strukturell ausgegli­chene Haushalt nicht erreicht wird und eine Abweichung von rund 1,5 Milliarden € vorliegt. Das hat auch dazu geführt, dass der Herr Finanzminister am 27. Oktober 2014 wiederum 1 Milliarde und 35 Millionen € an Nachbesserungen nachmelden muss-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 110

te. Was wiederum den Effekt hatte, dass am 28. November 2014 von der Europäi­schen Kommission dazu festgehalten wurde, dass im Jahr 2015 nach wie vor die Ge­fahr einer signifikanten Abweichung von den Vorgaben, sprich von einem strukturell ausgeglichenen Haushalt besteht.

Das zeigt also, wir sind nicht isoliert, und das Jahr 2013 zeigt – und das findet auch die Europäische Kommission –, dass wir Maßnahmen brauchen. Dies bedeutet in dem Be­reich, dass Strukturmaßnahmen notwendig sind. Es betrifft aber auch die mittelfristige Planung. Im Jahr 2013 wurden 75,6 Milliarden € vorausgabt, im Jahr 2018 werden wir 80,5 Milliarden € vorausgaben, das heißt, wir werden 4,9 Milliarden € mehr an Mittel ver­wenden, 84 Prozent davon benötigen wir für gestiegene Pensionen. Im Zeitraum 2009 bis 2013 waren es 34 Prozent. Auch dabei zeigt sich also, wir brauchen Maßnahmen, wenn wir gerade Wachstum fördern, wenn wir gerade dementsprechend für Bildung und Forschung genügend Mittel zur Verfügung haben wollen.

Die Notwendigkeit von Maßnahmen zeigt sich auch daran, dass vom Jahr 2014 bis zum Jahr 2018 insgesamt rund 7,6 Milliarden € an Offensivmaßnahmen vorgesehen sind. Auch diese sind zu finanzieren. Daher nochmals: Es gilt, sich die mittelfristige Fi­nanzplanung bis zum Jahr 2018 anzusehen, dann lässt sich auch feststellen, dass beispielsweise bei der Rubrik Recht und Sicherheit, in der die Landesverteidigung, das Innenressort und so weiter beheimatet sind, vom Jahr 2009 bis 2013 durchschnittlich pro Jahr die Ausgaben um 2,3 Prozent gestiegen sind. In Zukunft sollen sie nur mehr um 0,3 Prozent steigen.

Betrachten Sie die Untergliederung Arbeit, dann sehen Sie, dass im Zeitraum zwischen 2009 bis 2013 die Ausgaben für Arbeit pro Jahr durchschnittlich um 3,2 Prozent betra­gen haben, in den Jahren 2013 bis 2018 sollen sie durchschnittlich ein Drittel weniger, nämlich nur mehr 2,3 Prozent betragen. Die Arbeitslosigkeit wird zunehmen. Laut Wifo haben wir für das Jahr 2015 eine Arbeitslosigkeit von durchschnittlich 8,1 Prozent prog­nostiziert erhalten, nunmehr beträgt die Arbeitslosigkeit 8,8 Prozent. Da wird sich die Frage stellen, wie man mit einem Drittel weniger Ausgaben für den Bereich Arbeit auch tatsächlich das Auslangen wird finden können.

Das heißt, es ist positiv, dass ein strukturell ausgeglichener Haushalt angestrebt wird, es ist positiv, dass auch zur Wirtschaftsbelebung, zur Stärkung der Kaufkraft eine Steu­erreform beabsichtigt ist, aber gleichzeitig ist eben darzustellen, dass man ohne ein schlüssiges finanzielles Gesamtkonzept mit strukturellen Reformen das Ziel, das wir brauchen, um international wettbewerbsfähig zu sein, nicht werden erreichen können.

Aus diesem Grund ist es – egal, welche Maßnahme gesetzt wird, egal, welche Position sich durchsetzt – notwendig, nunmehr genau dieses finanzielle Gesamtkonzept auf die Beine zu stellen, bei dem sowohl die Einzahlungsseite als auch die Auszahlungsseite miteinander betrachtet werden und unter dem Strich ein Saldo steht, dass in die Rich­tung geht, dass die interperiodische Generationengerechtigkeit aufrechterhalten bleibt. Derzeit ist es so, dass unsere Generation, so wie es auch im Jahr 2013 der Fall war, zulasten der Zukunft lebt und der Ressourcenverbrauch wesentlich höher ist, als es uns tatsächlich zusteht.

Abschließend nochmals herzlichen Dank für die Zusammenarbeit. Ich darf noch einmal darauf hinweisen: Die Zahlen und Fakten zeigen, dass wir Reformen brauchen. Die Berichte des Rechnungshofes zeigen auch auf, in welche Richtung es gehen könnte. – Ich danke Ihnen. (Allgemeiner Beifall.)

13.46

13.46.10

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 111

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 381 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

13.47.0810. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (362 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2008, das Gesundheits- und Sozial­bereich-Beihilfengesetz, das Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsge­setz 1993 geändert wird, BGBl. Nr. 959/1993, das Finanzausgleichsgesetz 2001, das Transparenzdatenbankgesetz 2012 und das Gebührengesetz 1957 geändert werden (384 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (363 d.B.): Verein­barung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern, mit der die Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die gemeinsame Förderung der 24-Stun­den-Betreuung und die Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Abgeltung stationärer medizinischer Versorgungsleistungen von öffentlichen Krankenanstal­ten für Insassen von Justizanstalten geändert werden (385 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 10 und 11 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Podgorschek. – Bitte.

 


13.48.06

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! (Abg. Jarolim: Bitte um eine Spur sachlicher als vorhin!) Zu den Ausfüh­rungen des Herrn Präsidenten des Rechnungshofes kann ich nur festhalten, dass die­se sehr sachlich waren und meine Argumente vollinhaltlich bestätigt wurden.

Der Finanzausgleich, Herr Bundesminister, ist der Hauptansatzpunkt für die langfristige Sanierung des Budgets, und es muss uns gelingen, die Kompetenzen zwischen Bund und Ländern zu entflechten. Diese Überschreitungen sind endlich einmal vom Tisch zu bringen.

Es gibt verschiedene Bereiche, bei denen latent Handlungsbedarf besteht. Dieser Hand­lungsbedarf betrifft vor allem den Bildungsbereich, den Gesundheitsbereich und – das, was auch Sie immer wieder ansprechen – den Bereich der Förderungen. Herr Bundes­minister, es müssen endlich einmal alle Gebietskörperschaften offen auf den Tisch le­gen, was und wie gefördert wird. Solange wir das nicht haben und solange die Trans­parenzdatenbank nicht funktioniert, werden wir auch das Budget nicht in den Griff be­kommen.

Da gibt es die verschiedensten Möglichkeiten, die Länder miteinzubinden. Der Finanz­ausgleich ist aus meiner Sicht auf Dauer nicht der richtige Hebel. Sie haben selbst an-


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gesprochen, dass es die Möglichkeit gibt, den Ländern eine gewisse Steuerhoheit zu übertragen. Die Schweizer machen das. Wir können dieses Schweizer Modell unter Umständen kopieren, dazu bedarf es aber eines massiven Paradigmenwechsels.

Das heißt, man müsste dann parallel auch die direkte Demokratie einführen, denn nur dann werden die Politiker vor Ort auch dementsprechend durch das Volk kontrolliert. Andernfalls würden wir Gefahr laufen, dass eine Kostenexplosion beziehungsweise ei­ne Steuerexplosion vonstattengeht.

Es gibt Möglichkeiten. Ich habe im Ausschuss ja ein Beispiel erwähnt, und auch wenn vielleicht sogar von Ihrer Fraktion die Widerstände dann wieder ganz enorm sein wer­den, versuche ich trotzdem, es noch einmal zu erklären:

Es gibt gewisse Kennzahlen, Benchmarks, die man sich aneignen kann. Wenn ich mein Heimatbundesland Oberösterreich hernehme – und dieses Bundesland ist aus meiner Sicht durchaus ordentlich geführt –, so gibt dieses für das Land und die Gemeinden in Summe 69,75 Milliarden € aus. Dividiere ich diese Zahl durch die Anzahl der Einwoh­ner, komme ich auf einen Betrag von 6 280 € pro Person. Multipliziere ich diese Zahl mit der Gesamtzahl der österreichischen Bevölkerung, dann komme ich auf eine Sum­me, die wesentlich höher ist, aber eine Differenz von 6 Milliarden € zum tatsächlichen Betrag hat.

Wenn man also die Länder dazu zwingt, sich nur beispielshaft an Oberösterreich zu orientieren, dann gäbe es schon einen Hebel, um zum Beispiel die Steuerreform zu fi­nanzieren. Es ist mir klar, es gibt unterschiedliche Aufgaben in den Ländern, aber trotz­dem kann man die Kennzahlen vergleichen. Ich weiß nicht, auf welch hohe Differenz man käme, würde man so weit gehen und zum Beispiel von jedem Bundesland die besten Zahlen heranziehen. Ich bin nicht so vermessen, dass ich das verlange, aber das wäre eine Möglichkeit. Das bedeutet nicht, dass wir die Länder und die Gemeinden abschaffen wollen, sondern das heißt nur, dass man sich immer an den Besten orien­tieren soll. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Jarolim: Das gilt auch für Parteien!)

13.52


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.

 


13.52.09

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Meine Damen und Herren! Unter den nun zur Debatte stehenden Tagesord­nungspunkten diskutieren wir auch die Verlängerung des Finanzausgleiches bis Ende des Jahres 2016. Persönlich glaube ich, dass es eine sehr positive Entscheidung ist, den Finanzausgleich bis Ende 2016 zu verlängern, weil es den entsprechenden zeitli­chen Spielraum schafft, damit die Finanzausgleichspartner – Bundesministerium für Fi­nanzen, die Finanzreferenten der Bundesländer, Städtebund und Gemeindebund – wirk­lich auf Augenhöhe einen guten möglichen Kompromiss verhandeln.

Auf der anderen Seite ist es wichtig, dass man durchaus weiß, welche Auswirkungen Ergebnisse der Steuerreform auch auf die Länder und Gemeinden haben, da ja letzt­lich 22 Prozent der Einnahmen in Richtung Länder und 11 Prozent der Steuern in Rich­tung Gemeinden gehen. Es ist also auch wichtig, dass man diesen Zusammenhang sieht.

Die Kommunen leisten ihren Beitrag. Man sieht aus dem letzten Gemeindefinanzbe­richt, der ja vor Kurzem veröffentlicht worden ist, dass die Kommunen einerseits wirk­lich die Konsolidierung fortsetzen, dass aber auch der Bereich der Investitionen im Jahr 2013 um 11,1 Prozent auf 1,82 Milliarden € gewachsen ist. Daran erkennt man, dass die konstruktive und disziplinierte Arbeit der Bürgermeisterinnen und Bürgermeis­ter, gemeinsam mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber auch den Funktionä­ren wirklich sehr zielführend und positiv für Österreich ist. (Beifall bei der ÖVP.)


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Ich denke, dass es auch wichtig ist, über die Aufgabenorientierung im Finanzaus­gleichsgesetz zu diskutieren, zum Beispiel über eine klare Definition der Zuständigkei­ten und Aufgaben. Aufgabenorientierung heißt aber auch, über Kriterien nachzuden­ken, zum Beispiel Einwohnerentwicklung, Bevölkerungszahl, man könnte die örtliche und geographische Lage diskutieren, bis hin zur Demografie, zum Beispiel wie alt oder jung die Durchschnittsbevölkerung ist.

Langfristig sollte jeder Bürger gleich viel wert sein. Wer gerne mit überörtlichen Aufga­ben argumentiert, sollte bedenken, dass es auch überörtliche Standortvorteile gibt. Die Zahlen belegen das klar. Es ist nicht einzusehen, dass ein Mensch in Wien fast viermal so viel wert ist als ein Mensch im ländlichen Bereich. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, es gibt viele Themenfelder im Finanzausgleichsgesetz, deren Diskussion auch die entsprechende Zeit braucht. Daher ist die Verlängerung des Finanzausgleichs sinnvoll, und ich hoffe auf konstruktive Verhandlungen für einen Finanzausgleich im Jahr 2017. (Beifall bei der ÖVP.)

13.54


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Rossmann. – Bitte.

 


13.54.52

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Bereits vor sieben Jahren, am 10. Oktober 2007, wurde im Paktum zum Finanzaus­gleich, der jetzt gilt, festgehalten, dass es bis Ende 2010 zu einer grundsätzlichen Re­form des Finanzausgleiches kommen soll. Mittlerweile schreiben wir Ende 2014. Was ist geschehen? – Nichts.

Die Begründung für die Verlängerung des Finanzausgleiches bis 2016 ist ziemlich ähn­lich wie jene im Paktum vom 10. Oktober 2007. In der Regierungsvorlage heißt es, „der nötige zeitliche Rahmen für die Beratungen über eine grundsätzliche Reform“ des Fi­nanzausgleichs soll geschaffen werden.

Schön und gut, das soll mir recht sein, aber dann erwarte ich mir nach neun Jahren Stillstand in Fragen Finanzausgleich und Föderalismusreform auch, dass es da wirklich zu substanziellen Reformen kommt, und nicht zu einer Reform, bei der davon ausge­gangen wird, dass im Hinblick auf die Verteilung der Mittel jeder Mensch gleich viel wert ist. Das würde nämlich bedeuten, dass man sozusagen ignorieren würde, dass die Voraussetzungen in den Regionen und in den Städten nicht grundlegend gleich sind. (Abg. Rädler: Das entspricht der Demokratie!) – Worum es im Finanzausgleich und auch in der gesamten Literatur zum Finanzausgleich geht, ist die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse. Sie werden mir doch nicht erzählen wollen, dass man jetzt in jedem kleinen Ort in Österreich eine Staatsoper errichten wird. Das kann es doch nicht sein! (Zwischenrufe der Abgeordneten Steinbichler und Rädler.)

Neun Jahre ohne Strukturreformen bei großem Reformbedarf im Finanzausgleich: Da haben wir eigentlich nichts erreicht. Es ist viel die Rede von Verwaltungsreform – das steht ja meistens für Föderalismusreform –, aber es tut sich halt nichts. Es zeigt sich ganz offensichtlich, dass die Beteiligten nicht in der Lage sind, strategisch zu denken. Es zeigt sich aber auch, dass wir im föderalen System in Wirklichkeit einen Kompro­miss aus 1920 verwalten, den wir von Zeit zu Zeit mit Artikel-15 a-Vereinbarungen retten.

Internationale Erfahrungen zeigen, dass Reformen von föderalen Strukturen immer dann erfolgreich sind, wenn es Gesprächsbereitschaft gibt. Und diese Gesprächsbe­reitschaft zwischen Bund, Ländern und Gemeinden ist in unzureichendem Ausmaß ge­geben. Es herrscht zwischen den Finanzausgleichspartnern Misstrauen. Zweite Vo­raussetzung: Es muss darum gehen, den Föderalismus mit dem Finanzausgleich zu verknüpfen. Es muss aber drittens darum gehen, nicht nur die Verteilung der Einnah-


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men zu betrachten, sondern es müssen die Einnahmen konkret mit Aufgaben verknüpft werden. Und wenn Aufgaben konkret mit Einnahmen verknüpft werden, so bedeutet das, dass auch Ziele formuliert werden müssen.

Was ich mir vorrangig vom kommenden Finanzausgleich und der Föderalismusreform erwarte, sind jetzt weniger die großen Würfe. An die glaube ich nicht mehr, aber woran ich glaube, ist, dass es zu Änderungen im Prozess kommen kann. Darauf baue ich.

Ich erwarte mir in drei großen Bereichen Änderungen: Erstens einmal sind Änderungen im Hinblick auf die Aufgabenorientierung nötig, aber nicht in Bausch und Bogen, son­dern in konkreter Abhängigkeit vom Bedarf – von Überversorgung, von Unterversor­gung und dergleichen mehr. Zweitens müssen wir in diesem Lande endlich einmal über die Stärkung der Steuerautonomie – im Sinne von Good Governance – diskutieren, da haben wir großen Nachholbedarf. Das Dritte, worüber wir sehr viel nachdenken wer­den – und damit sind wir beim Kern der Sache –, ist, dass es um die Reduktion der Komplexität bei den Transfers gehen muss, das heißt, die Transferverflechtungen müs­sen abgebaut werden.

Ein besonderer Wunsch in diesem Zusammenhang ist jener – und damit sind wir viel­leicht wieder beim ländlichen Raum –: Es kann nicht sein, dass die Länder über soge­nannte Kofinanzierung sehr tief in die Taschen der Gemeinden greifen. Darüber, meine Damen und Herren von der ÖVP, aber auch von der SPÖ, die sich da jetzt so auf­geregt haben, sollten Sie einmal intensiv nachdenken und in sich gehen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Rädler: Sie haben ja keine Vertreter in den Ge­meinden, daher können Sie so leicht daherreden, Herr Professor!)

13.59


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Greiner. – Bitte.

 


13.59.29

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Das Finanzausgleichsgesetz 2008 tritt Ende dieses Jahres außer Kraft. Die Finanzausgleichspartner haben sich darauf verständigt, die jet­zige Finanzausgleichsperiode bis 2016 zu prolongieren. Damit hat man sich jetzt wirk­lich auch etwas Zeit genommen, um über grundsätzliche Reformen nachzudenken.

Wie sieht der Ablaufplan zur Neugestaltung des Finanzausgleichs aus? – Im März 2015 findet ein Kick-off-Treffen statt. Es werden Arbeitsgruppen installiert werden, die bis Ende 2015 Ergebnisse vorlegen sollten, danach wird man Meilensteine setzen können, und 2016 sollten politische Verhandlungen folgen. Laut dem Herrn Finanzminister lau­fen die Gespräche der Gebietskörperschaften derzeit durchaus konstruktiv.

Welche Regelungen umfasst der Finanzausgleich? Unter anderem umfasst er die Ar­tikel-15a-Vereinbarungen über Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens und über Maßnahmen im Gebäudebereich, etwa zur Senkung von CO2-Emmissionen. Zudem geht es um eine gemeinsame Förderung der 24-Stunden-Betreuung und um den Ausbau von Kinderbetreuungsangeboten, inklusive sprachlicher Frühförderung.

Was ist die Voraussetzung für einen neuen Finanzausgleich? Eine grundlegende Vo­raussetzung ist die Harmonisierung der Rechnungswesen des Bundes, der Länder und der Gemeinden. Da kann ich das vorher Gesagte durchaus unterstreichen.

Warum ist das so wichtig? Dadurch erhält man eine bessere Transparenz, eine bes­sere Darstellbarkeit, und die Zahlen sind dann tatsächlich miteinander vergleichbar. Das ist beispielsweise für die Planungsarbeit in den Kommunen wichtig; ich nenne den Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen, denn die kommunalen Kosten steigen bei mehr Kinderbetreuungsangeboten aufgrund vermehrter Nachfrage.


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Es braucht auch genaue Bedarfszahlen. Ich bleibe bei der Kinderbetreuung: Wie viele Kinder habe ich? Wie alt sind sie? – Mit einer genaueren Zielorientierung würde eine weitere Forderung des neuen Finanzausgleichs erfüllt werden.

Was bedeutet jetzt der neue Finanzausgleich wirklich für die Gemeinden? Fokussie­ren sollte man auf – da schließe ich mich meinen Vorrednern an – eine verstärkte Un­abhängigkeit der Gemeinden. Ich muss jetzt Herrn Finanzminister Schelling ein biss­chen widersprechen, der heute in der Fragestunde gesagt hat, dass der Bund gestärkt werden müsse. Das ist auch erfreulich, aber es geht beim Finanzausgleich sehr wohl um die Stärkung der Gemeinden, es geht um die Abgabenautonomie.

Zu berücksichtigen ist auch eine Aufgabenorientierung und eine Aufgabenkonzentrie­rung, das heißt, es stellen sich Fragen wie: Welche Aufgaben hat eine Gemeinde? Wer erfüllt diese? Wer finanziert sie?  Die Transfers sollten direkt vom Bund an die Ge­meinden erfolgen können, das heißt, dass man hier die Bedarfsförderungen reformie­ren müsste.

Sehr geehrte Damen und Herren, eine grundlegende Reform scheint für alle erstre­benswert zu sein. Jetzt geht es an die Umsetzung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.02


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Klubobfrau Dr. Nachbaur. – Bitte.

 


14.02.51

Abgeordnete Dr. Kathrin Nachbaur (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister Schelling! Werte Kollegen im Hohen Haus! Sehr geehrte Steuerzahler! Der Finanzausgleich wurde, wie wir wissen, einfach verlängert. Das heißt, die heiße Kartoffel ist wieder einmal nicht angefasst worden und der finanzielle Aufteilungsschlüssel zwischen Bund, Ländern und Gemeinden bleibt derweil einmal unverändert. Hoffentlich wird die Regierung dann 2016 umso mutiger und beendet die­se eigenartige und vor allem ineffiziente Mischung aus Einnahmenzentralismus und Ausgabenföderalismus, der den Ländern einen Haufen Geld beschert, obwohl sie nicht dafür verantwortlich sind, es einzunehmen.

Ausgeben ist natürlich lustiger als einnehmen. Wenn die Kassen dann leer sind, kön­nen die Länder selbstbewusst in die Taschen greifen, die vom Bund beziehungsweise vom Steuerzahler anscheinend magisch gefüllt werden. Hoffentlich geben dieser Fi­nanzausgleich und die Verhandlungen dazu Anlass für eine vernünftige Föderalismus­reform mit einer ganz klaren Kompetenzverteilung und gewissen Steuerhoheiten für die Länder. Im bestehenden System liegen nämlich Milliarden Euro begraben, die man bes­ser verwenden könnte.

Interessant ist auch die Frage zur Zukunft des ländlichen Raums. Wir wollen nämlich, dass auch die auf dem Land lebenden Menschen eine gute Zukunft haben werden, wir wollen nicht, dass dort die Infrastruktur völlig ausgehungert wird und der ländliche Raum einen schleichenden Tod stirbt, sodass alle in die Städte abwandern müssen. Der Bür­ger auf dem Land muss gleich viel wert sein wie der Bürger in der Stadt. – Danke. (Bei­fall beim Team Stronach.)

14.04


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Eßl zu Wort. – Bitte.

 


14.04.52

Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Meine geschätzten Damen und Herren! Die Verlängerung des Finanzausgleichs ist wichtig, da mit dem Auslaufen des Finanz­ausgleichs auch einige Vereinbarungen auslaufen, die aber bis Ende 2016 festge­schrieben und gesetzlich geregelt sein sollten. Die Verlängerung des Finanzausgleichs


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ist auch aus dem Grund sinnvoll, dass dann die Ergebnisse der Steuerreform in die Verhandlungen gleich miteinbezogen werden können.

Dieser Finanzausgleich wird also mit einigen geringfügigen Änderungen fortgeführt werden. Für die sprachliche Frühförderung in den Kindergartenjahren 2015 und 2016 sowie 2017 und 2018 werden 20 Millionen € zur Verfügung gestellt. Der Bund gewährt den Ländern für den Ausbau der Kinderbetreuungsangebote in den Jahren 2014 und 2015 Zweckzuschüsse in der Höhe von 100 Millionen €, in den Jahren 2016 und 2017 von 52,5 Millionen €.

Ich bin der Meinung, dass es auch gerechtfertigt wäre, die Mittel für die Siedlungswas­serwirtschaft in der bisherigen Höhe einzustellen, und dass man dahin gehend auch Initiativen ergreifen sollte – im Sinne der Gemeinden und im Sinne der Bürgerinnen und Bürger des Landes. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Plessl.)

14.06


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Loacker zu Wort. – Bitte.

 


14.06.19

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Die Abgesandten der Landeshauptleute bejubeln die Verlänge­rung des Finanzausgleichs (Abg. Königsberger-Ludwig: Das war jetzt nicht nett!), die­se war natürlich technisch erforderlich, nicht? – Aber immerhin starten die Verhandlun­gen für den neuen demnächst. (Abg. Wöginger: Wer ist denn das!? – Abg. Strolz: ... Fuß­fessel ! – Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Politisch ist er in dieser Form aber problematisch. Lassen Sie mich das begründen: Wir – Kollege Hable und ich – haben Ihnen in einer kurzen Debatte auseinandergesetzt (Zwischenruf des Abg. Rädler), was wir uns unter einer echten Reform des Finanzaus­gleichs vorstellen, gestützt von zahlreichen Studien. (Zwischenruf des Abg. Strolz.)

Zentrale Punkte müssen sein: die Bereinigung der Kompetenz- und Aufgabenvertei­lung, die Zusammenführung von Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmenverantwortung, das Entflechten von Transfers und eine verstärkte Abgabenautonomie, wozu Sie sich erfreulicherweise auch bekannt haben.

Aber Erwin Pröll lässt ja jetzt schon ausrichten, dass, auch wenn eine Steuerreform kommt, die Aufgabenverteilung und die Aufteilung der Gelder gleich bleiben muss. Das ist eine Frage von Treu und Glauben. Sie können sich schon einmal darauf einstellen, wie gemütlich es werden wird, mit den Landesfürsten zu verhandeln, aber das wissen Sie wahrscheinlich eh gut genug.

Sie betonen hier im Plenum und auch den Medien gegenüber immer eine sehr frische Linie. Wir begrüßen das, was wir aber vermissen, sind begleitende Zielsetzungen da­zu, die Formulierung von klaren Zwischenzielen, von Verhandlungsetappen, die dazu führen können, dass diese Erneuerung des Finanzausgleichs auch Reformen mit sich bringt, eben weil Sie parallel dazu auch eine Steuerreform hervorbringen müssen. Sie können diese beiden Themen – Finanzausgleich einerseits und Steuerreform anderer­seits – nicht losgelöst voneinander betrachten. Auch dazu bekommen Sie von Erwin Pröll ausgerichtet, dass die Steuerreform mit Sicherheit vor Ende des geltenden Finanz­ausgleiches kommen muss, und das ist Ihnen in diesem Zusammenhang sicher be­wusst.

Kollege Hable hat heute bei Tagesordnungspunkt 8 thematisiert, wie es um den öffent­lichen Haushalt steht und welche massiven Probleme auf die Republik zukommen, wenn wir nicht die dringend anstehenden Reformen endlich in Angriff nehmen. Es wäre


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eine gute Voraussetzung, wenn Sie jetzt schon klare Rahmenbedingungen für die an­stehenden Finanzausgleichsverhandlungen schaffen.

Daher leuchtet mir nicht ein, warum Sie uns in Ihrer Anfragebeantwortung haben aus­richten lassen:

„Sowohl die zu behandelnden Themen als auch deren Reihenfolge werden gemeinsam mit den Finanzausgleichspartnern festzulegen sein. Einen Zeitplan für die Behandlung der einzelnen Themen gibt es daher noch nicht.“

Können Sie sich jetzt vorstellen, dass es schwierig ist, darauf zu vertrauen, dass da zeitgerecht gute Ergebnisse erreicht werden? Wenn die Budgetlöcher laufend wach­sen, weil sich die Wirtschaft nicht so entwickelt, wie wir alle uns das wünschen, dann gibt es keinen großen Spielraum für langwierige und zähe Verhandlungen mit Partnern, die sich nicht bewegen wollen. Um die Fronten zwischen den Verhandlungspartnern – diese können Sie wohl schwer wegargumentieren – vorher schon abzustecken, muss unseres Erachtens klar formuliert werden, welche Erwartungen auf allen Seiten, bei Bund, Ländern und Gemeinden, vorliegen, damit auch da klar ist, woran gearbeitet werden muss. (Abg. Schönegger: Ist das ein Leitsatz?)

Ein kleinster gemeinsamer Nenner zielt auf eine neue Verteilung der Aufgaben und auf eine adäquate Ausstattung der Gebietskörperschaften ab, um diese Aufgaben auch bewältigen zu können. Was wir uns von Ihnen erwarten und was die Bürgerinnen und Bürger zu Recht von Ihnen erwarten, ist ein verantwortungsvoller und besonders kons­truktiver Umgang mit den ausformulierten Reformvorschlägen.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rahmenbedin­gungen für die Finanzausgleichsverhandlungen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen sind gefor­dert, umgehend einen Entwurf für einen konkreten Zeitplan zu den Finanzausgleichs­verhandlungen vorzulegen, der sowohl klare Etappenziele ausformuliert, als auch Rah­menbedingungen definiert, um sicherzugehen, dass Ende 2015 ein Konsens der Fi­nanzausgleichspartner über die Kernpunkte der Reformen des Finanzausgleichs vor­liegt.“

*****

(Beifall bei den NEOS.)

14.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der eingebrachte Antrag ist ordnungsgemäß einge­bracht, ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kollegin und Kollegen

betreffend Rahmenbedingungen für die Finanzausgleichsverhandlungen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 118

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über ein Bun­desgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2008, das Gesundheits- und Sozial­bereich-Beihilfengesetz, das Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 1993 geändert wird, BGBl. Nr. 959/1993, das Finanzausgleichsgesetz 2001, das Transpa­renzdatenbankgesetz 2012 und das Gebührengesetz 1957 geändert werden

Mit der Verlängerung des bestehenden Finanzausgleichsgesetzes wird zwar ein tech­nisch notwendiger Schritt eingeleitet, jedoch die politische Debatte über eine Reform des Finanzausgleichs vertagt. Seitens des Finanzministers wurde mehrmals betont, dass im Frühjahr 2015 die Verhandlungen über eben diese starten sollen, jedoch ist bisher unklar, welche konkreten Rahmenbedingungen diesen zu Grunde liegen sollen. In einer Anfragebeantwortung betonte der Finanzminister, dass:

"Sowohl die zu behandelnden Themen als auch deren Reihenfolge werden gemein-sam mit den Finanzausgleichspartnern festzulegen sein. Einen Zeitplan für die Be-handlung der einzelnen Themen gibt es daher noch nicht" (2301/AB)

Wenn also die Verhandlungen im Frühjahr 2015 aufgenommen werden, und bis dahin zumindest seitens des Bundes klar festgelegt ist, welche Etappenziele bis Ende 2015 zu verfolgen sind, ist es kaum vorstellbar, dass bis Ende kommenden Jahres ein Kon­sens seitens der Finanzausgleichspartner über die grundlegenden Reformen des Fi­nanzausgleiches vorliegt. Zentrale Defizite sind unter anderem die große Diskrepanz zwischen Finanzierungs- und Aufgabenverantwortung, unübersichtliche Mischfinanzie­rung und die hohe Transferabhängigkeit der Länder. Außerdem muss eine verstärkte Abgabenautonomie und ein verminderter Steuerverbund thematisiert werden, sowie ei­ne stärkere Zielorientierung.

Auf Grund der komplexen und vielschichtigen Struktur einer Finanzausgleichsreform sowie den divergierenden Interessen der unterschiedlichen Verhandlungspartner ist es unerlässlich, einen Zeitplan bzw. Themenschwerpunkte schon vorab des Starts der Verhandlungen zu formulieren. Im Sinne einer transparenten Kommunikation sowie Positionierung der Bundesregierung soll ein konkretes Konzept vorgelegt werden, das die Rahmenbedingungen für die Finanzausgleichsverhandlungen festlegt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen sind gefor­dert, umgehend einen Entwurf für einen konkreten Zeitplan zu den Finanzausgleichs­verhandlungen vorzulegen, der sowohl klare Etappenziele ausformuliert, als auch Rah­menbedingungen definiert, um sicherzugehen, dass Ende 2015 ein Konsens der Fi­nanzausgleichspartner über die Kernpunkte der Reformen des Finanzausgleichs vor­liegt."

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Hofinger. – Bitte.

 


14.11.07

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte heute bezüglich Verlängerung des Finanzausgleichs beziehungsweise Neustrukturierung eine Lanze für


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 119

die kleinen Gemeinden brechen. Die kleinen Gemeinden befinden sich zwar auf einem relativ guten Konsolidierungskurs – einerseits natürlich durch die Bemühungen der Bür­germeister, aber sehr geholfen hat uns, den Gemeinden, auch der Pflegefonds –, es ist aber nicht zu übersehen, dass es der demografische Wandel und die Abwanderung für die Gemeinden immer schwieriger machen, ihre Strukturen zu erhalten; darum wird der Spielraum immer kleiner.

Zurzeit ist es so, dass in Oberösterreich pro Kopf ungefähr 832 € aus dem Finanzaus­gleich kommen, in Linz sind es 1 138 € und in Wien sogar 3 012 € pro Einwohner. Das ist unserer Meinung nach ungerecht, und wir fordern daher eine Abflachung des Be­völkerungsschlüssels. Mir ist natürlich schon bewusst, dass eine so große Stadt wie Wien mehrere Aufgaben hat, aber ich glaube trotzdem, dass da einiges zu tun ist – noch dazu wenn man Wien anschaut, wo die Beamten im Durchschnitt mit 56 Jahren in Pension gehen. (Abg. Walser: So ein Unsinn!)

Es ist irgendwie nicht verständlich, dass gerade die Bevölkerung in Wien dreimal so viel bekommt wie die kleinen Gemeinden in den Bundesländern. Darum ist es umso wichtiger, dass der neue Finanzausgleich mit Augenmaß vorgenommen wird, dass wir da Transparenz schaffen und natürlich ein Benchmark-System, wie wir es in Oberös­terreich schon haben, wo wir die Gemeinden untereinander vergleichen, was sehr gut funktioniert.

Wichtige Ausgaben bei den Gemeinden sind der Krankenanstaltenbeitrag und die So­zialausgaben; rechnet man dann noch die Personalkosten dazu, dann sind ungefähr 75 Prozent des Budgets einer Gemeinde gebunden. Da sieht man ganz deutlich, dass der Spielraum sehr klein ist, daher: Wir brauchen für die kleinen Gemeinden einfach ei­ne bessere finanzielle Ausstattung.

Wir brauchen also in Zukunft einen fairen, einen zielgerichteten, einen aufgabenorien­tierten Finanzausgleich, der vor allem den grauen Finanzausgleich unterbindet und auch berücksichtigt, dass die Gemeinden unterschiedliche Anforderungen haben. Es müs­sen die Ziele genau definiert und die Bevölkerungsentwicklung sowie die Flächengröße der Gemeinden eingerechnet werden (Zwischenruf des Abg. Steinbichler), sodass die Kommunen in Zukunft gestärkt werden, der ländliche Raum attraktiv bleibt und es nicht zur Abwanderung kommt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.14


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Zanger. – Bitte.

 


14.14.17

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Es wur­de ohnehin schon sehr vieles dazu gesagt, was der Finanzausgleich bedeutet und bringen soll. Wesentlich ist es aber auch, sich die Strukturen anzuschauen, in denen das Geld, das wir da reinstecken, wirken soll. In der Steiermark haben wir Gemeinden, wir haben Kleinregionen, wir haben Großregionen, und innerhalb dieser Strukturen gibt es noch verschiedene Selbstverwaltungsgesellschaften, die da heißen: LEADER-Pro­gramm, Regionalmanagement und sonstige Dinge.

Das alles verschlingt Unmengen von Geld. Ich würde nichts sagen, wenn da gescheite Ergebnisse herauskämen, aber die Wahrheit ist: Dieses Geld, das vom Steuerzahler oder von wem auch immer dafür aufgebracht wird, wird in irgendwelche Beratungsleis­tungen gesteckt, die schweineteuer sind und bei denen nie ein gescheites Projekt raus­kommt. (Abg. Rädler: Weil du es nicht verstehst!) – Du kannst gerne einmal kommen, du kannst dir die Rechnungsabschlüsse anschauen, Herr Kollege Rädler! Ich rede nicht über etwas, das ich nicht verstehe, aber du plärrst da raus, offensichtlich mit ei­nem ganz beschränkten Blick, und hast keine Ahnung! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Loacker.)


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Das ist die Wahrheit. Die Gemeinden stecken Geld in diese LEADER-Programme, in das Regionalmanagement, haben aber überhaupt nichts davon (Zwischenruf des Abg. Rädler); zumindest in dem Gebiet, wo ich herkomme, ist noch kein einziges überregio­nales Projekt entstanden. Ich kann dir den Beweis liefern, kein Problem. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.) – Das würde ich als Erstes abschaffen, denn da sit­zen nur Rote und Schwarze drinnen, tun sich selbst verwalten und das Geld ins eigene Sackl stecken. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist die Wahrheit. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Loacker. – Abg. Wöginger: Das ist ein Wahnsinn! Aufpassen!)

Ein wichtiges Instrument ist in diesem Zusammenhang – und ich glaube, das wird in Zukunft noch verstärkt werden – das Monitoring des Rechnungshofes. Es war ein ganz entscheidender Schritt, dass der Rechnungshof Gemeinden prüfen darf und wir die Grenzen für die Gemeindeprüfungen gesenkt haben – einfach deswegen, weil wir da­mit Vergleichbarkeit erreichen. In Zukunft wird es auch wichtig sein, die noch kleineren Einheiten genauso prüfen zu können – nicht, weil man ihnen auf die Finger klopfen will, sondern einfach um zu erforschen, was eine Gemeinde gut macht und was eine an­dere Gemeinde nicht so gut macht (Ruf bei der ÖVP: Das kann ich dir jetzt schon sagen!); dann kann man sich gegenseitig helfen und sich weiterentwickeln.

Um in diesem Zusammenhang einmal die steirische Gemeindestrukturreform anzu­sprechen: Also so dilettantisch, wie ihr das angegangen seid (Zwischenruf des Abg. Schönegger), so etwas habe ich überhaupt noch nie erlebt! Aber es hilft nichts, es wurden zwei Gemeinden zusammengelegt und die Grenzen, die Straßen, die dazu­gehören, nicht beachtet. Wir haben Zipfel in der Steiermark, da fährt man jetzt auf­grund der neuen Gemeindestruktur zu seiner „neuen“ Gemeinde fünf Kilometer weiter, also mit der Kirche ums Kreuz. Das ist das, was ihr euch dabei überlegt habt! Ihr habt das einfach auf der Landkarte zusammengelegt und fertig, ihr habt nicht an die Men­schen gedacht, nicht mit ihnen geredet und euch auch sonst nichts überlegt. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Zu den verstärkten Familienleistungen: Herr Bundesminister, Sie stecken also wieder sehr, sehr viel Geld in Betreuungseinrichtungen. Überlegen wir, ob es nicht gescheiter wäre, ein bisschen mehr Geld in die Familien, in die Mütter zu stecken, die an und für sich die beste und wahrscheinlich auch billigste Betreuungseinrichtung für unsere Kin­der sind. Ich glaube, das wäre auch gesellschaftspolitisch ein richtiger Schritt. (Beifall bei der FPÖ.)

Insgesamt muss man aber auch sagen, dass wir ein paar Debakel-Gemeinden haben: Fohnsdorf, Zeltweg, Trieben und so weiter. Mir ist zum heutigen Zeitpunkt nichts da­rüber bekannt, dass sich dort etwas zum Besseren verändert hat. Seit fünf Jahren ist das anhängig, es gibt Verfahren, es gibt Ermittlungsverfahren der Justiz. Seit fünf Jah­ren ist das anhängig! (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Das ist mir wurscht. Ihr stellt den Justizminister, oder? Und er schreibt mir die ganze Zeit: Wir müssen weiter ermitteln, wir müssen weiter ermitteln. – Ich finde das nicht in Ordnung. Macht einmal einen Ab­schluss, sagt ihm, dass das so sein soll und muss (Heiterkeit bei der ÖVP – Zwi­schenrufe der Abgeordneten Rädler und Auer), denn das ist auch für die Leute, die sich da – vielleicht – vor Gericht verantworten müssen, nicht in Ordnung! Sie wissen seit fünf Jahren nicht, ob sie drankommen oder nicht. – Ja, lach nur da hinten, das passt schon so!

Eines noch, Herr Bundesminister – wir kennen uns ja noch aus unserer Zeit in den hin­teren Reihen des Parlaments (Ruf bei der ÖVP: Schlusssatz! – Abg. Matznetter:  nicht verstanden! – Abg. Lausch:  schon befürchtet!) –: Ich denke, Sie sind ein Mann der Tat, und hoffe, dass Sie die Finanzausgleichsverhandlungen zu einem ver­nünftigen Ende führen können; ich weiß, es ist nicht einfach mit den Ländern. Wenn ich das in der momentanen Situation jemandem zutraue, dann Ihnen – ich will Ihnen da


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nicht Honig ums Maul schmieren, aber das ist so –, und ich hoffe, Sie enttäuschen mich nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

14.19

14.19.10

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz, das Gesundheits- und Sozialbe­reich-Beihilfengesetz, das Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz geän­dert wird, und weitere Gesetze geändert werden, samt Titel und Eingang in 362 der Bei­lagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Mag. Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rahmenbedingungen für die Finanzausgleichsverhandlungen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 11: Antrag des Budget­ausschusses, dem Abschluss der gegenständlichen Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG in 363 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

14.20.5612. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (271 d.B.): Beschluss des Rates vom 26. Mai 2014 über das Eigenmittelsystem der Europäischen Union (383 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Haider. – Bitte.

 


14.21.21

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ho­hes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Galerie – ich sehe sehr viele Schüler! Meine sehr geehrten Damen und Herren Steuerzahler und Steuerzahle­rinnen vor den Fernsehgeräten! Ich bin direkt gespannt, wie die nachfolgenden Red­nerinnen und Redner von SPÖ und ÖVP es Ihnen, liebe Steuerzahler und somit EU-Finanzierer, schmackhaft machen wollen, dass wir in Zukunft jedes Jahr um 700 Mil­lionen € mehr Mitgliedsbeitrag nach Brüssel überweisen dürfen als in den letzten Jah­ren. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 122

Heute wird beschlossen, dass wir jedes Jahr statt wie bisher 2,4 Milliarden € in Zukunft 3,1 Milliarden € direkt nach Brüssel überweisen. Das sind in diesem Sieben-Jahres-Zeitraum, der hier beschlossen wird, mehr als 5 Milliarden € an Mehrkosten. Das heißt, wir werden in diesen sieben Jahren nicht 17, sondern 22 Milliarden € direkt nach Brüs­sel überweisen. Ich bin schon gespannt, wie Sie das dem Bürger erklären wollen, mei­ne Damen und Herren!

Schauen wir uns die vier Eigenmittelquellen der EU einfach einmal an. Die erste und wichtigste mit 75 Prozent des Gesamtaufkommens ist der prozentuelle Anteil an den Bruttonationaleinkommen der Mitgliedstaaten. Da gibt es, man glaubt es fast nicht, ei­ne kleine positive Nachricht zu vermelden: Wir werden nächstes Jahr 30 Millionen € – nur Millionen! –, übernächstes Jahr 20 und im Jahr darauf noch einmal 10 Millionen € zurückbekommen, das heißt insgesamt 60 Millionen €. Das relativiert sich allerdings sofort wieder, wenn man sich anschaut, dass zum Beispiel die Niederlande, die nur doppelt so groß sind wie Österreich, 695 Millionen €, also mehr als das Zehnfache, zu­rückbekommen, Schweden erhält 185 Millionen €, also immer noch das Dreifache, und Dänemark 130 Millionen €, also mehr als das Doppelte. Da frage ich mich: Wie schlecht hat Österreich in diesem Bereich verhandelt?

Das alles ist, das sage ich ganz ehrlich, ohnehin wieder Makulatur, wenn man sich die nächsten Punkte anschaut. Allein beim zweiten Punkt, bei den traditionellen Eigenmit­teln der EU, bei den Zöllen, der Zuckerabgabe und dergleichen, haben wir als Einhe­bungsvergütung vom Gesamtaufkommen, das der EU zusteht, bisher 25 Prozent re­tour bekommen; das reduziert sich jetzt auf 20 Prozent. Das heißt, wir bekommen nicht mehr ein Viertel retour, sondern nur noch ein Fünftel. Auch das ist ein Ergebnis des offensichtlich wunderbaren Verhandlungsgeschicks unserer Verhandler auf EU-Ebene.

Das ist aber alles noch gar nichts, wenn man sich die dritte Eigenmittelquelle der EU anschaut: die Mehrwertsteuereigenmittel, das ist ein Prozentsatz von 0,3 Prozent am Aufkommen der Mehrwertsteuer in den Mitgliedstaaten. Da hatten wir bisher einen kleinen Rabatt, wir haben „nur“ 0,225 Prozent bezahlt. Dieser Rabatt ist jetzt wieder weg, und das hebt auch alles, was bisher positiv war – diese 60 Millionen €, die wir zu­rückkriegen –, gleich wieder auf. Diesen kleinen Rabatt wird es in Zukunft nicht mehr geben, wir werden hier die vollen 0,3 Prozent zahlen müssen. Und das macht diese 5 Milliarden € in den sieben Jahren aus, das macht die 700 Millionen Mehrkosten jedes Jahr aus. – Danke, liebe Bundesregierung, für dieses tolle Verhandlungsergebnis! (Bei­fall bei der FPÖ.)

Interessant ist noch in diesem Zusammenhang, dass wir zwar die 0,3 Prozent zahlen müssen, Deutschland – Deutschland! – aber nur 0,15 Prozent, genauso wie die Nie­derlande und Schweden. Da frage ich mich wieder: Wer hat da bei uns verhandelt, dass genau diese Länder – Niederlande, Schweden, Deutschland – die Hälfte des Sat­zes zahlen, den wir zahlen müssen? (Abg. Zanger: Die Schwarzen!) – Auch wieder Gra­tulation an unsere Verhandler!

Was bin ich schuldig geblieben? – Einen Bereich bin ich noch schuldig geblieben, näm­lich den vierten Bereich: wie sich die EU finanziert. Das sind die sogenannten sonsti­gen Eigenmittel, das sind die Steuern und Abgaben auf die Dienstbezüge des EU-Per­sonals. Gestern hatten wir den Fall Martin Schulz, des Obersozialisten in der EU, der von einem Bruttogehalt von, ich weiß nicht, über 26 000 € im Monat 24 000 € netto erhält; daran wird nichts geändert. Die EU-Bonzen dürfen sich weiterhin ungeniert ihre Taschen auf unsere Kosten, auf Steuerzahlerkosten vollstopfen. Da wird gar nichts ge­ändert. Ganz im Gegenteil, diese Position bleibt gleich. Da wird nicht daran gedacht, dass man vielleicht bei denen ein bisschen die Steuern erhöht. Da brauchen Sie sich nicht zu wundern, meine sehr geehrten Damen und Herren von SPÖ und ÖVP, wenn


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 123

mit unserer Zustimmung zu einem solchen Beschluss auf gar keinen Fall zu rechnen ist. (Beifall bei der FPÖ.)

14.26


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Hanger. – Bitte.

 


14.26.16

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Liebe Zu­seherinnen und Zuseher! Dass die Freiheitlichen das Verhandlungsergebnis negativ bewerten, bevor ein Verhandlungsergebnis auf dem Tisch liegt, war mir schon klar, denn das ist immer die klassische Oppositionspolitik, die wir hinlänglich kennen. (Abg. Zanger: Ist schwarz auf weiß da! – Zwischenruf des Abg. Haider.)

Die Beschlussvorlage zum Eigenmittelsystem der Europäischen Union ist auch eine gute Gelegenheit, Folgendes zu bewerten: Hat uns die Europäische Union etwas ge­bracht, oder hat sie uns nichts gebracht? (Rufe bei der FPÖ: Nichts hat es uns ge­bracht! „Viel“ hat es uns gebracht!)

Es gibt durchaus einige Aspekte, die nicht immer positiv zu bewerten sind, manchmal vielleicht zu viel Bürokratie. Ich habe gerade LEADER gehört, das ärgert mich auch manchmal, dass da so viel Bürokratie notwendig ist. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Ob sich Herr Kollege Zanger jetzt bei LEADER auskennt oder nicht (Abg. Lausch: Sie werden uns das jetzt sicher sagen!), weiß ich nicht. Seiner Wortmeldung muss ich entnehmen, dass er sich nicht auskennt. Er ist auch nicht mehr da. (Abg. Lausch: Sie reden viel, aber sagen nichts!)

Es gibt auch andere Themen. Der freie Personenverkehr hat Vor- und Nachteile, er ist ein hohes Gut. (Abg. Lausch: Was sind die Vorteile?) Es geht auch um Kompetenzen, die auf europäische Ebene verlagert wurden, das kann man manchmal durchaus auch kritisch sehen. Aber wenn man die großen Linien in der Europäischen Union beurteilt, dann ist die Europäische Union eine Erfolgsgeschichte.

Zum einen: Die Europäische Union ist das Wichtigste, sie ist ein Friedensprojekt! (Abg. Lausch: Natürlich!) Ich selbst war vor wenigen Wochen in der Ukraine, und da wird einem erst richtig bewusst, welchen hohen Stellenwert dieses Thema hat, wenn man auf dem Majdan-Platz steht und mitbekommt: Da demonstrieren Menschen für mehr Demokratie. (Abg. Lausch: Sanktionsverhänger!) Eineinhalb Flugstunden von hier ent­fernt gibt es geopolitisch ganz andere Situationen, und die EU ist ein Friedensprojekt. Es hat seit dem Zweiten Weltkrieg noch keinen so langen Zeitraum gegeben, in dem die europäischen Völker in Frieden miteinander leben, und das ist ein Wert, den man nicht hoch genug schätzen kann. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Zum Zweiten, liebe Kollegen von der FPÖ: Die EU ist auch eine wirtschaftliche Erfolgs­geschichte. Vergleicht man das zusätzliche Wirtschaftswachstum, das alle seriösen Wirt­schaftsexperten bestätigen, mit dem, was wir als Nettozahler einzahlen, dann rechnet sich die Europäische Union auch (anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ) – auch wenn Sie das nicht hören wollen! Das hat insgesamt dazu geführt, dass wir nahezu 400 000 zu­sätzliche Arbeitsplätze geschaffen haben. (Beifall des Abg. Loacker.)

Glauben Sie seriösen Wirtschaftsexperten und nicht Ihren Fachleuten, die Ihnen ande­re Dinge einreden wollen! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die EU ist auch wirtschaftlich eine Erfolgsgeschichte, auch wenn Sie das nicht hören wollen! Jeder seriöse Wirtschaftsexperte wird das bestätigen.

Noch ein paar Sätze zum Haushaltsrecht der EU: Faktum ist, dass die EU selbst keine Steuern einheben kann, etwa 1 Prozent der Wirtschaftsleistung der Länder, die bei der


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Europäischen Union sind, wird für den EU-Haushalt verwendet. Verglichen mit den na­tionalen Parlamenten ist das eigentlich relativ wenig, in absoluten Zahlen natürlich sehr, sehr viel.

Resümierend ist festzuhalten, dass wir natürlich Nettozahler in der Europäischen Union sind, da geht es auch um europäische Solidarität, das sage ich ganz offen dazu. Aber jeder seriöse Wirtschaftsexperte wird sagen: Diese Nettobeiträge rechnen sich durch mehr Wohlstand und vor allem durch viel mehr Frieden. Und Frieden in Europa ist un­bezahlbar. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Anhal­tende Zwischenrufe bei der FPÖ.)

14.29


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Rossmann. – Bitte.

 


14.29.22

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wenn sich die FPÖ einmal ihre Position und Haltung zur Europäischen Union ein biss­chen besser überlegen würde, dann wäre das vielleicht ganz brauchbar. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Natürlich war der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union etwas, wovon Österreich profitiert hat – natürlich! Dazu gibt es Berechnungen, das steht doch außer Zweifel! (Abg. Hübner: Ja!)

Natürlich ist der mehrjährige Finanzrahmen nichts anderes als ein Finanzausgleich auf europäischer Ebene, und niemand würde auf die Idee kommen, sich beim österreichi­schen Finanzausgleich maßlos darüber aufzuregen, dass es Umverteilungseffekte von reicheren Bundesländern hin zu ärmeren Bundesländern gibt. (Abg. Zanger:  aber unseren Bundesländern!) Das liegt in der Natur der Sache, darum heißt das auch Fi­nanzausgleich und hat etwas mit Solidarität zu tun. (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Lauschen Sie ein bisschen, tun Sie nicht dauernd schreien, dazwischenrufen oder „dazwischenquargeln“, hören Sie mir aus Gründen der Fairness wenigstens zu, bitte!

Natürlich hat das etwas mit Solidarität zu tun, und wenn ich mich recht entsinne – weil sich Herr Kollege Haider so über die Nettozahlerposition aufgeregt hat –, waren die höchsten Beiträge, die Österreich gezahlt hat, jene zwischen 1995 und 1999, aber der Herr Finanzminister oder Frau Edith Peters, die Expertin, die ja auch da hinten sitzt, möge mich korrigieren, wenn ich nicht recht habe. Was wir aber an diesem Eigenmittel­beschluss und damit am mehrjährigen Finanzrahmen so sehr kritisieren, ist, dass er eigentlich unzureichend ist. (Abg. Hübner: Genau! Österreich sollte 6 Milliarden mehr zahlen!)

Der mehrjährige Finanzrahmen macht gerade einmal 1 Prozent des Bruttonationalein­kommens aller Staaten der Europäischen Union aus. Das ist ein Tropfen auf den hei­ßen Stein, und gerade der mehrjährige Finanzrahmen 2014 bis 2020 macht weniger aus, als die Kommission und das Europäische Parlament ursprünglich vorgeschlagen haben. Diese haben gesagt: Wir brauchen mehr Mittel angesichts der Tatsache, dass es eine „Europa 2020“-Strategie gibt, in der hehre Ziele enthalten sind, zum Beispiel die Reduktion der Armut.

Aber wenn weniger Mittel zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit eingesetzt werden, wenn auf europäischer Ebene gleichzeitig ein Austeritätskurs ohne Wenn und Aber gefahren wird, dann ist es wohl naheliegend, dass man mit diesem Sparkurs die Ziele, die man sich in der „Europa 2020“-Strategie gesetzt hat, nicht erreichen wird, auch nicht mit den gegebenen Ausgabenstrukturen. (Abg. Hübner: Deswegen muss Österreich mehr zah-


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len!) Ja, wir haben das schon oft diskutiert, Sie waren ja dabei, als wir das sehr ausgie­big im Ausschuss diskutiert haben, als die Sache beschlossen worden ist.

Aber die gegebenen Ausgabenstrukturen, die immer noch zu viele Mittel in den agrari­schen Bereich, in die erste Säule der gemeinsamen Agrarpolitik, hineinschieben und zu wenig in die Zukunftsbereiche und in die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, sind aus meiner Sicht unzureichend. Da hätte man ansetzen müssen, da hätte man etwas tun müssen!

Was wir auch hätten tun müssen und in welche Richtung wir sehr stark argumentiert haben, wäre die Tatsache gewesen, dass man endlich zu einem System übergeht, in dem der EU-Haushalt zur Gänze aus Eigenmitteln finanziert wird. In diesem Zusam­menhang sind von den Grünen verschiedene Vorschläge gemacht worden, etwa über Körperschaftsteuern, was im Übrigen erleichtern würde, eine gemeinsame Besteue­rungsbasis zu finden, über Ökosteuern, über Finanztransaktionssteuern und dergleichen mehr.

Dann würde man sich nämlich diesen Kuhhandel bei den Verhandlungen zum mehr­jährigen Finanzrahmen, der sich in siebenjährigen Perioden abspielt, ersparen. Aber leider war der politische Wille zu einer Eigenmittelfinanzierung zu 100 Prozent nicht ge­geben, und das ist mit Sicherheit eines der großen Probleme neben der Unterdotierung dieses mehrjährigen Finanzrahmens auf europäischer Ebene. Aber ich bin mir sicher, dass wir über die mittlere Frist ohne einen höheren Finanzausgleich und damit einen höheren mehrjährigen Finanzrahmen nicht werden auskommen können. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Hübner: Wie viel sollen wir dazuzahlen?)

14.34


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Mag. Kuz­das. – Bitte. (Abg. Rossmann – sich zu seinem Sitzplatz begebend –: Haben wir einen Finanzausgleich in Österreich oder nicht? Wer mokiert sich über diesen Finanzaus­gleich ? – Anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich bitte um Ruhe, Herr Abgeordneter Kuzdas hat das Wort!

 


14.34.41

Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Herr Bundesminister! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Ich habe höchstes Verständnis dafür, dass die Freiheitli­chen diesem Beschluss nichts abgewinnen können, sie waren ja auch vor 20 Jahren gegen den EU-Beitritt. Aber Kollege Haider: Man sollte ein bisschen bei der Sache blei­ben. Österreich ist das zweitreichste Land der Europäischen Union und auf Platz sechs bei den Nettozahlungen – so weit zum groben Überblick.

Es ist auch (Zwischenruf des Abg. Haider) – hör zu, dann erfährst du vielleicht etwas! (Abg. Lausch: Die Hoffnung stirbt zuletzt!) – auf EU-Ebene Sparen angesagt, der Kol­lege Rossmann hat es schon angeschnitten: Erstmals gibt es ein deutliches Spar­budget. Ob das gut ist oder nicht, darüber kann man streiten, 1 075 Milliarden € wur­den gefordert, bekommen wird die EU 996 Milliarden, also eine reale Kürzung um 79 Milliarden beziehungsweise ein Minus von 34 Milliarden € gegenüber dem jetzigen Budget. Das EU-Budget wird auf 1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts eingefroren. Und es wird auch bei der Verwaltung gespart – ob genug oder nicht, darüber kann man auch streiten –, Beamtengehälter werden auf zwei Jahre eingefroren, es kommt zu 5 Prozent Personalabbau und einer neuen Solidaritätssteuer auf Beamtengehälter in der Höhe von 6 Prozent.

Österreich hat auch bei den Rabatten kein schlechtes Ergebnis erzielt. Wir haben nach wie vor einen Rabatt vom Briten-Rabatt. Wir haben einen Fonds für Wachstum und Be­schäftigung, insbesondere für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, der auf un­ser Drängen eingerichtet wurde. Auch da wäre mehr möglich, würde man das Budget


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ausweiten. Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur sind von den Kürzungen ausge­nommen, und die Mittel für den ländlichen Raum, für die ländliche Entwicklung wurden um 11 Milliarden € erhöht.

Jetzt zum Verhandlungserfolg (Abg. Haider: -misserfolg!) oder, wie Abgeordneter Hai­der sagt, -misserfolg: 6 Milliarden € zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit habe ich schon erwähnt, der Rabatt wurde verteidigt, 700 Millionen € sind zusätzlich für die ländlichen Regionen in Österreich gesichert. Der Nettobeitrag, Kollege Haider – wenn du Betriebswirtschaft studiert hast oder etwas anderes, dann wirst du das wissen (Abg. Haider: 6 Milliarden durch  Milliarden Arbeitslose, rechne das einmal nach!) –, wird am Bruttoinlandsprodukt bemessen, und der war zu Zeiten, als die FPÖ in der Re­gierung war, 0,4 Prozent des BIP (Abg. Haider: Und der Briten-Rabatt !), zuletzt 0,36 Prozent des BIP und liegt jetzt bei 0,31 Prozent des BIP. Also so schlecht kann das Verhandlungsergebnis nicht sein! Eine frohe Botschaft auch für die Burgenländer: Es gibt eine Sicherung von 56 Millionen € an Förderungen für das Burgenland. Insge­samt ist das also ein ausgewogenes Verhandlungsergebnis, das sich herzeigen lässt. (Zwischenruf des Abg. Haider.)

Was in dem Beschluss allerdings nicht enthalten ist, sind die Ausgaben, die Offensiv­maßnahmen, und da braucht es etwas, da braucht es einen Stimmungswandel in der EU, und dazu sagt Stephan Schulmeister, dass das Paket von Juncker mit 321 Milliar­den € zu spät kommt und zu klein ist. Das wird wahrscheinlich der Fall sein. (Zwi­schenruf bei der FPÖ.) Wir brauchen ein Umdenken, weil wir uns nicht aus der Krise heraussparen können, das sagen alle Volkswirtschaftler mit Rang und Namen. Noch nie hat sich eine Volkswirtschaft mit Sparen saniert. Was wir brauchen, sind Offensiv­maßnahmen, damit die Beschäftigung und das Wachstum wieder in Gang kommen. Das muss auch Frau Merkel zur Kenntnis nehmen, die mit ihrem Sparkurs in Deutsch­land die EU genau dorthin führt, wo Japan schon seit 20 Jahren steckt, nämlich in die Rezession. Das wollen wir nicht, das brauchen wir nicht. Daher ist der Kurswechsel unbedingt erforderlich. (Beifall bei der SPÖ.)

14.38


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. – Bitte.

 


14.38.35

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Herren Minister! Mei­ne Damen und Herren! Halten wir zusammenfassend fest: Wenn man die Verhandlun­gen betrachtet, haben wir beim neuen EU-Finanzrahmen sowohl für die EU als auch für Österreich ein gutes Ergebnis verhandelt.

Erinnern wir uns zurück: Die Verhandlungslage 2012 sah für Österreich nicht beson­ders gut aus. Die Kommission wollte unseren Beitragsrabatt komplett streichen, für den ländlichen Raum wollte sie uns aus Brüssel auch kein zusätzliches Geld mehr geben, das Burgenland wäre komplett aus der Förderung herausgefallen, das wären 2 Milliar­den € gewesen, die uns das gekostet hätte.

Die Zeitschrift „The European Voice“ schrieb damals, dass Österreich mit der verletz­barsten Position aller Mitgliedstaaten in den Haushaltsgipfel hineingegangen ist. Und wie ist Österreich herausgekommen? – Wir erhalten weiterhin den Rabatt, der länd­liche Raum bekommt weiterhin Geld aus Brüssel, und auch das Burgenland wird wei­terhin gefördert.

Daher kann ich die Kritik der Oppositionsparteien da in keiner Weise nachvollziehen. Das ist ein sehr gutes Verhandlungsergebnis, das der Bundeskanzler hier erreicht hat.

Aber auch für die EU insgesamt haben wir ein gutes Ergebnis erreicht. Der Haushalt nimmt Rücksicht auf die angespannte Finanzsituation der Mitgliedstaaten, und Einspa-


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rungen wurden durchgeführt, vor allem in der Verwaltung. Gleichzeitig haben wir er­reicht, dass mehr Gelder für nachhaltige und zukunftsträchtige Investitionen bereitste­hen, sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene. Und Investitionen sind jetzt wohl das Wichtigste, damit die Wirtschaft in Europa wieder Fahrt aufnehmen kann.

Daher kann man zusammenfassen: Es war ein durchaus gutes Verhandlungsergeb­nis. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.40

14.40.10

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Budgetausschusses, den ge­genständlichen Beschluss des Rates in 271 der Beilagen gemäß Artikel 23i Abs. 3 2. Satz B-VG zu genehmigen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

14.41.2013. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (372 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956 und das Vertragsbediensteten­gesetz 1948 geändert werden (430 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 13. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Gerstl. – Bitte.

 


14.41.58

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Kanzleramtsminis­ter! Wir beschließen heute einstimmig den Verjährungsverzicht des Arbeitgebers ge­genüber den Arbeitnehmern für ihre besoldungsrechtlichen und pensionsrechtlichen Ansprüche, die sich aus einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes über die Aner­kennung von Vordienstzeiten vor dem 18. Lebensjahr ergeben. Das ist gut für die Ar­beitnehmerinnen und Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst. Und es ist gut für den Dienstgeber, weil nun genügend Zeit ist, sich eine gute neue unionsrechtliche Rege­lung zu überlegen, die nicht mehr aufgehoben wird.

Ich glaube, das ist einer der ersten Punkte, dass wir sicherstellen müssen, dass in Zu­kunft nicht einfach eine Regelung gemacht wird, in der Hoffnung, dass sie drei Jahre hält, und wenn sie dann aufgehoben wird, macht man eine neue Regelung. Also ich glaube, jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, dafür zu sorgen, dass es nicht noch einmal passiert, dass diese Regelung aufgehoben wird.

Ich meine, dass es wichtig ist, für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im öffentli­chen Dienst sicherzustellen, dass alle Ansprüche, die sie vor dem 18. Lebensjahr er­worben haben, genauso angerechnet werden wie die nach dem 18. Lebensjahr. Auf der anderen Seite ist es wichtig, dass man bei dieser Reform vielleicht gleich versucht, Herr Kanzleramtsminister, eine Dienstrechtsreform anzugehen, für die sich die Bun­desregierung schon seit Längerem ausgesprochen hat. Eine umfassende Dienstrechts­reform mit dem Ziel, dass wir einen professionellen öffentlichen Dienst sicherstellen, der nicht nur im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst ist, sondern vor allem auch im Interesse aller Österreicherinnen und Österrei-


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cher, weil die profitieren von einem guten und starken öffentlichen Dienst am meisten und am besten, meine Damen und Herren.

Ich möchte es kurz machen und nur noch sagen, wie wichtig diese Zusammenarbeit ist, hat die Personalvertretungswahl, die erst vor Kurzem stattgefunden hat, gezeigt. Ich glaube, das ist heute der richtige Zeitpunkt, dem Fritz Neugebauer und seinem Team hier ganz besonders zu danken für seine Arbeit für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst in Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)

Danke an alle Personalvertreterinnen und Personalvertreter, die bei allen Arbeitnehme­rinnen und Arbeitnehmern die Hoffnung erweckt haben, dass die Verbesserungen im öffentlichen Dienst so fortgeführt werden, wie sie schon in der Vergangenheit immer durchgeführt worden sind. Man sieht, dass die konsequente Zusammenarbeit zwischen der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst und dem Bundeskanzleramt immer gute Früchte trägt. In dem Sinne alles Gute! (Beifall bei der ÖVP.)

14.44


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lausch. – Bitte.

 


14.45.02

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Kollege Gerstl, es ist natürlich schön, wenn man sich jetzt hier bei der Gewerk­schaft Öffentlicher Dienst bedankt. Sie sollten sich auch bei uns bedanken, weil wir haben 2010 schon darauf hingewiesen, dass dieses Gesetz – damals verabschiedet von ÖVP und SPÖ – ein Murks ist und nicht halten wird, aufgehoben werden wird. Und was wir jetzt hier machen, ist, diesen Murks von 2010, den Sie gemeinsam mit der SPÖ hier verursacht haben, zu reparieren. (Beifall bei der FPÖ.)

Man kann das jetzt hochgradig loben, indem man sagt, jetzt hat die Bundesregierung genug Zeit, sich eine Regelung zu überlegen, die der EuGH nicht aufheben muss. Dan­kenswerterweise hat der EuGH nun das bestätigt, was wir schon 2010 gesagt haben, dass dieses Gesetz so nicht halten wird. Man hat es damals gepriesen als die ver­meintliche Beendigung der Altersdiskriminierung. Jetzt stellt sich heraus, dass das ab­surd war, dass das Gesetz genau in die Gegenrichtung wirkt und genau aus diesen Gründen vom EuGH aufgehoben wird. Das ist zu begrüßen.

Wir werden jetzt sicher nicht in die große Jubelstimmung des Kollegen Gerstl verfallen. Faktum ist, dass das, was diese Bundesregierung 2010 – die ist ja seither gleich ge­blieben; es haben sich nur Personen geändert, aber das Farbenspiel ist ja gleich ge­blieben, man liegt ja nicht das erste Mal im Koalitionsbett –, dass das, was diese Bun­desregierung 2010 vergurkt hat, jetzt repariert werden muss. Also es heißt jetzt: Bundesregierung, zurück an den Start!, und einen Gesetzentwurf zu machen, der vor dem EuGH standhält.

Man hätte natürlich 2010 schon unsere Bedenken aufnehmen sollen. Da wurde gelacht darüber, das wurde verworfen. Wenn man mehr auf die Oppositionsparteien hören wür­de, dann würde man sich so etwas ersparen. Ich denke, das ist nicht fein, die Beamten und Beamtinnen wiegen sich weiterhin im Ungewissen, man weiß nicht, ob die eigent­lich gleiche Bundesregierung jetzt das zustande bringt, was man 2010 nicht zustande gebracht hat. Dieser Überraschungseffekt steht noch aus.

Wir werden diesem Gesetzentwurf natürlich zustimmen, um eine Klagsflut von Beam­tinnen und Beamten für die Republik Österreich abzuwenden. Das ist klar, darum sind wir dabei. Aber peinlich ist es und bleibt es, Kollege Gerstl.

Die Personalvertretungswahlen waren auch für die freiheitlichen Personalvertreter sehr erfolgreich. Wir rücken immer näher. Wir sind jetzt keine Vertreter der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, aber viele Beamte erkennen, dass sie von der Gewerkschaft Öf-


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fentlicher Dienst nicht gut vertreten werden, weil hier Gesetze gemacht werden, die dann vier Jahre später wieder aufgehoben werden. An unserem Erfolg sieht man, dass die einzig wahre Personalvertretung, nicht nur bei der Exekutive, sondern im Generel­len, die freiheitliche Personalvertretung ist und in Zukunft auch sein wird. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Wöginger: Das haben wir eh gesehen! 53 Prozent! Auf Wiederschauen!)

14.48


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


14.48.26

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich glaube, dass man ein reines Sachthema ganz unaufgeregt diskutieren kann. Ich glaube, manche haben vergessen, und das geht zurück bis in die alte Dienstpragmatik aus dem Jahre 1914 – ich bin ein moderner Mensch, sage ich gleich dazu –, dass wir historisch gesehen anrechenbare Zeiten im­mer ab der Vollendung des 18. Lebensjahres berücksichtigt haben und nicht davor. Mit der Zeit wurde hier modernisiert, und man hat auch eine Regelung gefunden.

Ich sage jetzt dazu, ich sehe überhaupt keinen Anlass, die Bundesregierung dafür zu kritisieren, und wir selber brauchen uns da auch nicht gegenseitig kritisieren. Alle nam­haften Dienstrechts-Experten waren damals der Meinung, dass diese Vorgangsweise aus juristischer Sicht eine ist, die vertretbar ist. (Abg. Lausch: Setzen wir die ins Par­lament statt euch!)

Ich könnte euch mehrere Entscheidungen aus Europa sagen, wo sich viele geirrt ha­ben. Aber hintennach sind immer alle gescheiter. Die Beurteilung dieser Fragen ist eben schwierig. (Abg. Lausch: Vielleicht habt ihr die falschen Experten!)

Lieber Kollege Lausch, die PV-Wahl ist vorbei, das können wir uns ersparen! Und ich sage dir auch ganz offen – wenn du es hören willst, sage ich es dir; ich habe es euch erst im Ausschuss gesagt und von diesem Rednerpult aus auch schon oft –: Ihr gehört zu denen, die das Budget immer kritisieren, egal, wie es ausschaut, für jeden einzelnen Politikbereich wollt ihr mehr Geld. Ihr seid die, die ununterbrochen nur kritisieren! Ihr sagt immer, die 37 Dienstrechte gehören zusammengeführt, wollt aber für jeden einzel­nen Bereich ein eigenes Dienstrecht.

Einigt euch einmal selber, was ihr eigentlich wollt! (Abg. Wöginger: Was ihr wollt, das wissen wir nämlich nicht!) Und dann können wir diese Frage wirklich ganz einfach sachlich (Ruf bei der ÖVP: Rosinenpickerei!) – Eine Rosinenpickerei, aber das ken­nen wir eh. – Dann können wir diese Frage ganz einfach sachlich diskutieren. (Abg. Lausch: Und ihr macht ein Gesetz, das nach vier Jahren wieder aufgehoben wird!) Und wenn du da schon so schreist, wie viel ihr da gewonnen habt: Du warst nicht viel bei den Gewinnern dabei. Aber lassen wir das! (Ironische Heiterkeit des Abg. Lausch.)

Stellen wir eines klar: Die Bundesregierung und das Hohe Haus haben jetzt zwei Mög­lichkeiten gehabt: Wir lassen es rennen, oder wir machen einen Verjährungsverzicht. Und ich sage ganz offen: Das ist eine ordentliche, eine menschliche, eine saubere Lö­sung. Eigentlich müssten alle sagen: Danke der Bundesregierung! Ich bin froh, dass wir diese Vorgangsweise wenigstens im Verfassungsausschuss einstimmig beschlos­sen haben. Daher sehe ich überhaupt keinen Grund, da irgendetwas Negatives zu sagen, weil alle zuversichtlich waren, dass wir das in den nächsten Wochen – ich hof­fe, übers neue Jahr – zu einer Lösung bringen, die dem notwendigen Rechtsstatus, wie er sich heute in Europa entwickelt hat, auch in diesem Bereich Rechnung trägt. Aus, Punkt, ganz unaufgeregt!

Daher glaube ich, man sollte diese Stimmung, die wir im Verfassungsausschuss ge­habt haben, auch heute hier an den Tag legen und sagen: Jawohl, wir haben uns im Ver-


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fassungsausschuss einstimmig darauf geeinigt, das machen wir. Wir brauchen es jetzt nur beschließen. Und ich bin überzeugt, dass die Dienstrechtssektion im BKA, aber auch die Bundesregierung und schlussendlich wir dann bei der Umsetzung gemeinsam eine saubere Lösung haben werden, im Interesse der öffentlich Bediensteten, bei denen ich mich persönlich und im Namen meiner Fraktion für die hervorragende Dienstleistung sehr herzlich bedanken möchte. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie Bravoruf bei der ÖVP.)

14.52

14.52.10

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 372 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstim­mig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

14.52.4514. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 804/A der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Maximilian Unterrainer, Mag. Roman Haider, Leopold Steinbichler, Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Medienkooperations- und -förderungs-Transparenz-Gesetz ge­ändert wird (431 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Unterrainer. Ich erteile es ihm.

 


14.53.23

Abgeordneter Mag. Maximilian Unterrainer (SPÖ): Heute beschließen wir ein Ge­setz zur Erleichterung der österreichischen Tourismuswerbung. Durch das Medien­transparenzgesetz hat es, gerade was die Österreich Werbung betrifft, einen erhebli­chen Nachteil gegenüber den Mitbewerbern gegeben.

Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kollegen und Kolleginnen! Werte Zuseher und Zuhörer auf der Besuchergalerie und vor den Bildschirmgeräten! Das 2012 beschlos­sene Transparenzpaket beinhaltet auch das Medientransparenzgesetz. Seit Juli 2012 müssen Werbeaufträge, Medienkooperationen und Medienförderungen von Bund, Län­dern und Gemeinden sowie von Staatsfirmen offengelegt werden, wenn sie 5 000 € pro Quartal übersteigen. Durch diese Auflage sind der Österreich Werbung über 70 000 € an Mehrkosten pro Jahr entstanden. Vertreter aller Parteien haben erkannt, dass die Ös­terreich Werbung unterstützt werden muss und der beträchtliche Mehraufwand zu re­duzieren ist.

Dazu kommt, dass das Medientransparenzgesetz den heimischen Tourismus gegen­über den Konkurrenten erheblich benachteiligt, denn Letztere können im Ausland die Aktivitäten der Österreich Werbung im Detail nachverfolgen, ohne selbst vergleichba­ren Bestimmungen zu unterliegen.


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Bereits jetzt sind Aufträge von der Meldepflicht ausgenommen, wenn sie eine gericht­lich angeordnete Veröffentlichungspflicht erfüllen. Ab 2015 gilt dies auch nicht mehr, wenn sie sich an ausländisches Publikum richten, also für die Tourismuswerbung. Mich freut daher ganz besonders, dass diese Regelung bereits ab dem 1. Jänner 2015 gilt.

Als Tourismussprecher ist es mir ein Anliegen, aus aktuellem Anlass heute auch auf die Gefahren hinzuweisen, die eine angedachte Erhöhung der verminderten Mehrwert­steuersätze für die Hotellerie bedeuten würden. Eine 10-prozentige Erhöhung der Prei­se hat enorme Auswirkungen auf eine Branche, die in einem harten internationalen Wettkampf steht.

Eines ist ganz besonders wichtig ... (Zwischenruf des Abg. Peter Wurm.) – Peter, du kannst dann auch reden, wenn du willst. Jetzt rede ich, und dann redest du. Machen wir das der Reihenfolge nach!

Eines ist ganz sicher: Die österreichische Hotellerie würde unter einer Steuererhöhung massiv leiden. Deshalb appelliere ich an den Finanzminister und an die ÖVP, den Stel­lenwert des österreichischen Tourismus anzuerkennen und zu berücksichtigen. Auch das VP-Steuermodell möchte sich durch Konjunkturmaßnahmen gegenfinanzieren. Und das ist schwer möglich, wenn wir die Konjunktur steuerlich abwürgen. Es ist sinnlos, die Menschen glauben zu lassen, dass sie steuerlich begünstigt werden, wenn wir auf der anderen Seite Massensteuern erhöhen.

Auch für einen Kulturbetrieb, der ja eng mit dem Tourismus verbunden ist, hat eine Steuererhöhung gravierende Nachteile. Österreich ist, wie wir wissen, unbestritten ein Kulturland, und Kultur ist auch ein Wirtschaftsfaktor, gerade für den Tourismus, von der Albertina bis zum Zeughaus in Tirol.

Immerhin sprechen wir hier von einer Branche, die knapp 6 Prozent unseres Bruttoin­landsprodukts ausmacht. Hier ist, würde ich sagen, kein Platz für Experimente. Mag sein, dass die Mehrwertsteuererhöhung noch nicht zu Ende gedacht ist. Aber gerade von einem Finanzminister, der in seiner Antrittsrede Österreich als Land mit einem Ausgabenproblem bezeichnet hat, der die hohen Steuern kritisierte, erwarte ich als Tourismussprecher und Vertreter der Wirtschaft eine sensiblere Handhabung genau die­ser Materie.

Politik muss sich immer an den Menschen orientieren. Diesem Credo, würde ich sa­gen, sind wir allemal verpflichtet. Eine Mehrwertsteuererhöhung kann nur der allerletzte und nicht der erste Schritt sein. Fragen wir die Unternehmer und Unternehmerinnen in Österreich! Fragen wir die Hoteliers, was sie von einer Erhöhung der Mehrwertsteuer halten, und hören wir auf deren Ängste und Bedenken! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Obernosterer – Beifall spendend –: Da muss ich direkt auch klatschen!)

14.56


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Obernosterer, wollen Sie noch be­ginnen? (Abg. Obernosterer: Ja, freilich!) Die drei Uhren im Saal zeigen drei unter­schiedliche Zeiten an. Ich werde diese verwenden, dann haben Sie etwas mehr Zeit.

Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.57.00

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Mei­ne sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Medientransparenzgesetz steht jetzt auf der Tagesordnung. Mein Vorredner hat ja in­haltlich eigentlich alles gesagt.

Wie gesagt, seit dieses Medientransparenzgesetz in Kraft ist, hat es die Österreich Wer­bung zirka 70 000 € an Bürokratieaufwand gekostet. Mit dieser Verbesserung, dass man


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sämtliche Werbung, die im Ausland getätigt wird und die ausländische Kunden betrifft, nicht mehr zu melden braucht, gibt es eine Ersparnis von zirka zwei Dritteln dieser Sum­me. Das heißt, Kontrolle ist wichtig, aber sie darf nicht überbürokratisch sein. Das ist hier zu korrigieren, wobei man sich das generell im Medientransparenzgesetz noch ein­mal anschauen muss, weil es andere Bereiche auch noch betrifft. Kollege Haider wird darauf noch eingehen.

Den Ausführungen meines Vorredners zum Thema Erhöhung der Mehrwertsteuer für den Tourismusbereich ist, glaube ich, nichts hinzuzufügen. Das ist unser aller Meinung und war auch nie ein Thema bei uns in der ÖVP. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Mich freut es, heute hier von SPÖ-Seite zu hören, dass das dort auch kein Thema ist, sage ich ganz klar dazu. Auch in den schwierigsten Zeiten Österreichs, wo überall Wirt­schaftskrise herrscht, ist der Tourismus ein Faktor, der nach wie vor stabil ist. Öster­reich ist ein Tourismusland, bringt uns Wertschöpfung, und gerade die Landregionen in Österreich hätten ohne den Tourismus keine Chance. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Gisela Wurm.)

14.58


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über den Punkt 14 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung einer Dringlichen Anfrage gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

Sie sehen, diese Uhr zeigt bereits 15 Uhr an. (Abg. Glawischnig-Piesczek: Vielleicht kann man einmal die Uhren gleichstellen!)

14.58.48Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­desminister für Finanzen betreffend Hypo Alpe Adria: „Retten, was zu retten ist. Untersuchen, was zu untersuchen ist.“ (3281/J)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schriftli­chen Anfrage 3281/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Begründung

Eine Reihe von aktuellen Pannen, Vorkommnissen und Vorhaben, Berichten, Aussa­gen involvierter Entscheidungsträger sowie Entwicklungen um laufende und mögliche weitere Gerichtsverfahren machen das im Betreff erwähnte Thema erneut dringlich.

Sowohl die aktuellen Entwicklungen als auch die Erkenntnisse über die jüngere und länger zurückliegende Vergangenheit bestätigen die schlimmsten Befürchtungen und zeichnen ein immer desaströseres Bild.

Die Beschwichtigungen vieler Verantwortungsträger haben sich erwartungsgemäß als völlig falsch und irreführend herausgestellt. Das prognostizierte Schadensausmaß be­wegt sich immer schneller in unfassbare Höhen. Die – für den Fall anhaltender Fehl­entwicklungen – von der Grünen Fraktion vorausgeschätzte Höhe von weit über 10 Mil­liarden Euro wird leider erreicht werden. 15 Milliarden drohen, einige ExpertInnen ge­hen von bis zu 20 Milliarden aus. Das sind ca. 2.000 Euro pro Kopf oder 8.000 Euro für jede 4-köpfige österreichische Familie. Mit diesen Milliarden könnte eine Stadt mit aller


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Infrastruktur für ca. 100.000 EinwohnerInnen errichtet werden. Zur Erinnerung: ca. 6 Mil­liarden Euro Steuergeld gelten jetzt schon als unwiederbringlich verloren.

Zur Vereinfachung und aus Platzgründen verweisen die AnfragestellerInnen auf die Be­gründung der dringlichen Anfrage der Abgeordneten Werner Kogler und FreundInnen vom 17.2.2014 an den Bundesminister für Finanzen mit dem Betreff „Schutz der Steu­erzahlerInnen vor dem Totalversagen der Bundesregierung“. (http://www.parlament.gv.at/
PAKT/VHG/XXV/J/J_00639/index.shtml) Ebenso auf die dringliche Anfrage des Abge­ordneten Werner Kogler und FreundInnen an die Bundesministerin für Finanzen vom 4.7.2013 mit dem Betreff „Totalschaden in der Hypo-Alpe Adria und Totalversagen der Bundesregierung“. (http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/J/J_15418/index.shtml) Ebenso auf den Antrag zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses der Ab­geordneten Elmar Podgorschek, Werner Kogler, Robert Lugar, Rainer Hable und weiterer Abgeordneter betreffend die Untersuchung der politischen Verantwortung für
die Vorgänge rund um die Hypo Group Alpe-Adria (Hypo Untersuchungsausschuss). (http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/NRSITZ/NRSITZ_00014/fname_345314.pdf)

Kommission bestätigt Fehlleistungen!

Am 2. Dezember hat die Untersuchungskommission, die von der Bundesregierung un­ter der Leitung von Dr. Irmgard Griss am 25.3.2014 mit einem „Prüfauftrag“ eingesetzt wurde, ihren Bericht vorgelegt.

Die Kommission bestätigt im Wesentlichen viele Versäumnisse, Fehlleistungen und Fehlentscheidungen. Dies auf Basis der Auswertung von schriftlichen Unterlagen, Do­kumenten und Urkunden sowie – weniger relevant – auf Basis von Einzelgesprächen und Kommissionsgesprächen mit involvierten Personen oder ExpertInnen. Ein System- und Strukturversagen wurde diagnostiziert. Viele KommentatorInnen sehen ein „Multi­organversagen“.

Motive und Profiteure?

Wesentliches wurde aber auch nicht untersucht, in Betracht gezogen oder in den Be­richt eingearbeitet wie etwa die Frage nach den Motiven, Interessenslagen von Ent­scheidungsträgerInnen oder die Frage nach allfälligen Begünstigten oder Profiteuren von Entscheidungen, Fehlentscheidungen und Unterlassungen. Diese Umstände machen ei­nen parlamentarischen Untersuchungsausschuss erst recht notwendig und wichtig.

I. Untersuchen, was zu untersuchen ist

Kärntner System Haider: Aufsichtsversagen im blauen Pyramidenspiel

Das unkontrollierte Wachstum der Bank wurde durch schwerwiegende Fehler der Ab­schlussprüfer, der Bankenprüfer, des Aufsichtsrats, der Landesholding, des Landes un­ter den Augen der Finanzmarktaufsicht und der Nationalbank begünstigt und beschleu­nigt. Zuvorderst in der Versagenskette stehen natürlich auch die von der Landespolitik eingesetzten Bankmanager.

Todkranke Bank gesund geschrieben

Die Nationalbank hat im Dezember 2008 mit ihrem „Schnellgutachten“ zur Hypo ein weiteres Mal ihre Aufgabe nicht nur nicht erfüllt, sondern verheerende Folgewirkungen ausgelöst. Hätte man die Bank zutreffenderweise schon als „distressed“ eingestuft, wäre ein Restrukturierungsplan notwendig geworden. Zu diesem Zeitpunkt wäre das zur Schadensminimierung und zu einem korrekten Umgang mit der für Beihilfen zu­ständigen Europäischen Kommission notwendig gewesen.

„Verstaatlichung“ ohne Not

Der Rückkauf der Hypo Alpe Adria durch die Republik Österreich war natürlich keines­wegs alternativenlos. Er war miserabel vorbereitet und mit halbwegs klarem Kopf wäre


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zu erkennen gewesen, dass die Vertreter der BayernLB und des Freistaats Bayern mit der Insolvenzdrohung bloß pokerten. Die BayernLB hatte zu diesem Zeitpunkt mindes­tens 3,5 Mrd. Euro an Liquiditätslinien in der Tochterbank und hätte mit ihrer Taktik letztendlich 6-8 Mrd. Euro eigenen Verlust riskiert.

Insolvenzverschleppung nach dem Rückkauf

Das Vorgehen des Bundes als nunmehriger Alleineigentümer der HBInt. hat das Risiko und die Kosten für die Bevölkerung weiter steigen lassen. Und zwar ebenfalls in Mil­liardenhöhe. Wie öfters erwähnt, droht das Schminken der Leiche teurer zu werden als das Begräbnis selbst. Zu diesem Unvermögen gesellt sich ein völlig inadäquates und inakzeptables Verhalten der österreichischen FinanzministerInnen gegenüber der Eu­ropäischen Kommission. Anders als von allen anderen EU-Mitgliedsstaaten wurde eine aufrichtige Gesprächsbasis gegenüber dem Wettbewerbskommissar geradezu verwei­gert. Und wenn es einmal einen Auftritt auf EU-Ebene gab wurde noch mehr Porzellan zerschlagen.

Der Vorsitzende des Aufsichtsrats der FIMBAG bestätigte am 7. Dezember 2014 in der ORF-Sendung „im Zentrum“, dass eine damals aktuell angedachte Insolvenzlösung wieder verworfen wurde: „Der Finanzminister ist dann umgefallen, weil der Justizminis­ter ihm etwas anderes und dem Kanzler etwas anderes gesagt hat. Das war beim Abendessen am 13. März, Donnerstag, beim Bundespräsidenten.“

II. Verantwortungsträger hätten es wissen müssen

Das aufgeregte Getue nach der Berichtspräsentation der Kommission ist nur mit dem Umstand erklärbar, dass sich Viele über die Jahre daran gewöhnt haben, dass vieles verdrängt oder absichtlich vertuscht wird.

Schon seit 2006 Hinweise auf millionenschwere Fehlentwicklungen

Auf wesentliche Risken und kriminelle Umtriebe wurde schon frühzeitig aufmerksam gemacht, auch wenn die „rauchende Pistole“ nicht immer gleich mitgeliefert werden konnte. So wurde von Abgeordneten des Kärntner Landtags und des Nationalrats be­reits im Frühjahr 2006 auf faule Kredite, fehlendes Risikomanagement und Kontrollver­sagen bei einigen „Großprojekten“ der Kärntner Hypo Alpe Adria hingewiesen (vgl. APA 0281/13.04 vom 13. April 2006). Hier ist klar die Rede von der Rolle der Finanz­marktaufsicht, der Staatskommissäre, von nicht vorgenommenen Wertberichtigungen und Abschreibungen bei notleidenden Krediten. So etwa ganz konkret bei den Projek­ten „Residence Skipper Appartements“ oder „Adriatic Luxury Hotels“. Aber nicht die Aufsicht ist erkennbar aktiv geworden, sondern den Aufdeckern wurde gedroht. Etwa mit einer Klage seitens der - vom Finanzminister entsandten – verantwortlichen Staats­kommissärin in der Hypo Alpe Adria.

Abwürgen des Bankenuntersuchungsausschusses 2007

Als die Untersuchungen über das Aufsichtswesen im Zusammenhang mit den Vorgän­gen in der Hypo Alpe Adria und dem Raiffeisensektor begonnen hatten, wurden die Untersuchungen durch einen Beschluss durch die SPÖ- und ÖVP-Abgeordneten will­kürlich beendet. Mit den fadenscheinigsten Begründungen und mit dem Hinweis von SPÖ-Abgeordneten, den Druck des Bankensektors samt bevorstehender Medienkam­pagne nicht länger Stand halten zu können! Unter anderem ging es um die nicht vor­handene Geldwäschebekämpfung in der Hypo Group Alpe Adria, das fehlende Risiko­management und völlig unzureichende Kontrollsysteme.

Dazu passt, dass höchstrangige Vertreter des Raiffeisensektors den antragstellenden Abgeordneten zur Einsetzung dieses Bankenausschusses öffentlich mit Klage gedroht haben. (s. OTS0187 vom 31. Oktober 2006)


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III. Retten, was zu retten ist

Ca. 6 Mrd. Euro an Steuergeld sind schon unrettbar verloren. Jetzt geht es um die Zu­kunft. Es können noch viele Milliarden vor dem drohenden Untergang gerettet werden.

Verfassungsklage: Weg frei für maximalen Schutz der SteuerzahlerInnen

Der Präsident des Verfassungsgerichtshofes, Gerhart Holzinger, stellte im Puls4-Inter­view am 1. Dezember 2014 fest, dass die Anfechtung des Hypo-Sondergesetzes einer der wichtigsten Fälle seiner Karriere als Verfassungsrichter sei und dass bei einer et­waigen Aufhebung von einzelnen Bestimmungen des Gesetzes durch den VfGH wohl das gesamte Sammelgesetz in Frage gestellt wäre.

Die Aufhebung der Hypo-Sondergesetze durch den VfGH ist eine Möglichkeit, den Weg für eine geordnete Insolvenz frei zu machen. Damit erhöht sich die Chance für ei­ne Minimierung der Kosten für die Bevölkerung.

Vorkommnisse rund um die Bad Bank HETA

Am 30. Oktober 2014 wurden das SEE-Netzwerk der Hypo Alpe Adria treuhändisch an die FIMBAG übergeben. Der verbleibende Rest der Hypo Alpe Adria wurde zur HETA Asset Resolution, der bad bank. 18 Mrd. an notleidenden assets sind in der HETA geparkt. Als Vorstände der HETA agieren Rainer Jakubowski und Johannes Proksch. Als Chef-Abwickler wurde ÖVAG-Vizegeneral Michael Mendel geholt. Er bleibt vorerst im ÖVAG-Vorstand und agiert als Vorsitzender des Aufsichtsrates der HETA.

Es ist zu prüfen, inwieweit die HETA sehr rasch in die geordnete Insolvenz gehen kann um eine weitere Möglichkeit zur Schadensminimierung für die Bevölkerung zu nutzen. Der AR-Vorsitzende der FIMBAG, Hannes Androsch, sagte am Freitag, 5. Dezember zur APA, dass zu prüfen wäre, „ob der jetzt gewählte Weg einer auf viele Jahre auf­gebauten Abwicklung der richtige Weg sei oder ein Konkurs oder ein Kompromiss aus beiden. Für ein Insolvenzszenario () müsste in den Augen von Androsch auch nicht gewartet werden, bis die heiklen Kärntner Milliardenhaftungen abgereift sind“.

Gescheiterter Verkauf der Südosteuropa-Töchter

Bis 30. Juni 2015 muss nach den Vorgaben der EU-Kommission das Südost-Europa Netzwerk (sechs Banken in fünf Ländern Süd-Ost-Europas) der Hypo Alpe Adria verkauft werden. Der Verkauf war an den US-Fonds Advent und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) geplant. Das Angebot war dem Vernehmen nach ein geringer dreistelliger Millionenbetrag. Allerdings hätte die Republik Refinan­zierungslinien in Höhe von 2,2 Mrd. Euro bis 2020 in den Osteuropa-Töchtern lassen sollen. Das Südosteuropanetzwerk wurde zum Kauf herausgeputzt und den Steuerzah­lerInnen wurde das Risiko umgehängt.

Und dennoch kam der Verkauf nicht zustande. Die fehlende Zustimmung der BayernLB und die damit ab Freitag, 28. November 2014 verlorengegangene zugesicherte Exklu­sivität in den Verhandlungen mit Advent/EBRD war einer der Hauptgründe dafür, dass Advent/EBRD die Frist verstreichen ließ. Besonders die EBRD wurde dabei vor dem Kopf gestoßen. Sie hatte knapp zuvor offiziell den Einstieg mit bis zu 50 Mio. be­schlossen und erhielt bei einem Treffen mit dem Finanzminister wenige Tage vor dem Scheitern keine Hinweise auf Probleme. Die HETA hatte das SEE-Netzwerk vor Wo­chen treuhändig der FIMBAG übergeben, weil sie als Bad Bank keine aktive Banken­beteiligung halten kann. Die FIMBAG hatte der HETA wiederum eine Verfügungser­mächtigung bis 28. November erteilt. Mit dem Scheitern der Verkaufsverhandlungen wurde nun wieder die FIMABG mit dem weiteren Verkaufsprozess betraut. Durch das ganze Schlamassel erhöht sich das Risiko, dass auch das SEE-Netzwerk der Hypo Alpe Adria abgewickelt werden muss und somit neuer Schaden für die SteuerzahlerIn­nen entsteht.


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Bayern: Verhandlungen und Gerichtsverfahren

Derzeit werden General-Vergleichsverhandlungen mit den Bayern geführt. Im Kern geht es um 2,4 Mrd. Euro. die die BayernLB von ihrer Ex-Tochter zurückfordert. Nach Ansicht der Bayern handelt es sich um rückzahlbare Darlehen, während sich die ös­terreichische Seite auf das "Eigenkapitalersatzgesetz" (EKEG) beruft, wonach darin eine Eigenkapitalhilfe in einer Krisensituation der Hypo zu sehen ist. Die HETA hat daher Widerklage in Höhe von 3,43 Mrd. Euro erhoben, weil sie bereits zurückgezahlte Beträge wieder haben will. Zuletzt hat die BayernLB dem Vernehmen nach die Frage des Generalvergleichs mit der Frage der Zustimmung zum Verkauf des SEE-Netz­werks verknüpft. Umgekehrt droht das Finanzministerium mit Schadenersatzklagen und mit einer Irrtumsanfechtung bis längstens Ende der Frist am 31.12.2014.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

Dringliche Anfrage

1. Können Sie auf Basis der Ihnen vorliegenden Aktenlage im Finanzministerium bele­gen, dass kein politischer Druck von irgendeiner Stelle des Finanzministeriums oder der FMA dazu führte, dass die OeNB-Stellungnahme vom Dezember 2008 zur Erfin­dung der Kategorie „non-distressed“ kam?

2. Was waren Ihrer Meinung nach die Konsequenzen der Kategorisierung „non-dis­tressed“ für den weiteren Verlauf der Gespräche mit der Europäischen Kommission und das Beihilfeverfahren?

3. Wäre bei der später vorgenommenen Kategorisierung der Hypo Alpe Adria als „dis­tressed“ nicht zumindest ein Umstrukturierungsplan notwendig geworden?

4. Wie hat das Finanzministerium auf die völlige Relativierung dieser Kategorisierung auf „distressed“– wie sie am 15. Mai 2009 Mag. Lejsek übermittelt wurde – reagiert?

5. Haben Sie Hinweise, dass die Vorbereitungen im Finanzministerium für die Verhand­lungen und die Rückverstaatlichung der Hypo Alpe Adria ausreichend waren?

6. Haben Sie Hinweise auf eine Strategie bzw. ein schriftliches Strategiekonzept für die­se Rückverstaatlichungs-Verhandlungen mit der BayernLB und dem Freistaat Bayern?

7. Wird diese Rück-Verstaatlichung der Hypo Alpe Adria vom Dezember 2009 in Ihrem Haus als alternativenlos eingestuft?

a. Wenn ja, worauf gründet sich dann die rechtliche Basis für das kolportierte Anstren­gen einer Irrtumsanfechtung?

8. Können Sie auf Basis der in Ihrem Ressort vorliegenden Aktenlage belegen, dass im Vorfeld der Rück-Verstaatlichungsverhandlungen im Finanzministerium bereits bekannt war, dass die BayernLB Ergänzungskapital von 300 Mio. Euro und Liquiditätslinien in Höhe von 3,7 Mrd. Euro in der Hypo Alpe Adria hatte?

a. Wenn ja, warum kam man im Finanzministerium dadurch nicht zum Schluss, dass die BayernLB eine Insolvenz nicht als realistisches Szenario verfolgen würden?

9. Teilen Sie die Einschätzung, dass die BayernLB bei einer Insolvenz ein Risiko von 6-8 Mrd. Euro in Kauf nehmen hätte müssen?

10. Wann erfolgte die erste Kontaktaufnahme zwischen dem Finanzministerium und dem bayrischen Finanzministerium bzw. der BayernLB im Vorfeld der Verstaatlichungs­verhandlungen und was wurde dabei ausgetauscht?

11. Warum wurde nicht sofort nach der Verstaatlichung das Gespräch mit der EU-Kom­mission für einen Beihilfebescheid gesucht?


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12. Warum wurde nicht sofort nach der Verstaatlichung eine Entscheidung in Richtung Abwicklungsanstalt oder geordneter Insolvenz geprüft und verfolgt?

13. Können Sie ausschließen, dass es durch die Verschleppung einer Entscheidung über die weitere Vorgehensweise mit der Hypo Alpe Adria zu weiteren Zusatzkosten für die SteuerzahlerInnen gekommen ist?

14. Stimmt es, dass die im Finanzministerium bereits vorbereiteten Schritte für eine ge­ordnete Insolvenz nach einem Abendessen des Finanzministers mit dem Bundeskanz­ler am 13. März 2014 abgesagt werden mussten?

15. Was ist nach Einschätzungen und Berechnungen des Finanzministeriums der bis­herige Erfolg der CSI Hypo?

16. Was sind nach Einschätzungen und Berechnungen des Finanzministeriums die der CSI Hypo und ihren Aktivitäten zuzurechnenden Kosten?

17. Stehen Sie zu Ihrer in der ZIB2 vom 2.9.2014 zu den Hypo-Sondergesetzen getä­tigten Aussage: „Vielleicht hätte man das auch anders machen können.“?

a. Wenn ja, in welcher Form hätte man das „anders machen können“?

18. Erstellen Sie im Finanzministerium bereits eine Strategie für den Fall, dass der VfGH die Hypo-Sondergesetze aufhebt?

a. Wenn nein, warum nicht?

b. Wenn ja, halten Sie das Instrument einer geordneten Insolvenz für eine sinnvolle Maßnahme, um die Kosten für die SteuerzahlerInnen zu minimieren und verfolgen Sie eine Strategie, die dieses Instrument einbezieht?

19. Wäre Ihrer Meinung nach die HETA ein insolvenzfähiges Konstrukt?

a. Wenn nein, warum nicht?

b. Wenn ja, erscheint eine geordnete Insolvenz ihrer Meinung nach VOR oder NACH Ende 2017 sinnvoll?

20. Begründet sich das Zustimmungsrecht der BayernLB zum Verkauf des SEE-Netz­werks der Hypo Alpe Adria auf das Masterloan-Agreement oder auf den Verstaatli­chungsvertrag?

21. Auf welcher Grundlage (Masterloan-Agreement, Verstaatlichungsvertrag, etc.) be­gründen Sie Ihre Forderung nach einer Schadenersatzklage gegenüber der BayernLB im Rahmen der Nicht-Zustimmung der BayernLB zum Verkauf des SEE-Netzwerks an Advent/EBRD?

22. Welche Argumente führte die BayernLB in Ihrem Brief vom 26. November 2014 für Ihre Nicht-Zustimmung zum Verkauf des SEE-Netzwerkes an?

a. In welcher Form wurde dabei auch die treuhändische Übertragung des SEE-Netz­werkes an die FIMBAG beanstandet?

23. Welche konkreten Schritte haben Sie gesetzt, um die BayernLB zu einer Zustim­mung zum Verkauf des SEE-Netzwerks an Advent/EBRD zu bewegen?

24. In welcher Form und in welcher Höhe hätte der Bund beim geplanten Verkauf des SEE-Netzwerks der Hypo Alpe Adria Garantien übernommen?

25. In welcher Form, in welcher Höhe und bis wann hätte die Hypo Alpe Adria bzw. die HETA Refinanzierungslinien im SEE-Netzwerk belassen?

26. Wie hoch ist das Ausmaß, in dem faule Kredite vor dem Verkaufsprozess des SEE-Netzwerks aus dem Netzwerk in die HETA ausgelagert wurden und werden?


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 138

27. Hat die BayernLB versucht, ihr Zustimmungsrecht auch im Rahmen der treuhändi­schen Übertragung des SEE-Netzwerkes an die FIMBAG in Anspruch zu nehmen?

28. Wie zuversichtlich sind Sie angesichts der Stellungnahmen der zuständigen FIMBAG-Vertreter bezüglich der weiteren Verkaufsverhandlungen?

29. Gab bzw. gibt es eine schriftliche Gesamtstrategie im Finanzministerium bezüglich des Verkaufs des SEE-Netzwerks?

30. Was werden Sie tun, um das organisatorische Chaos rund um den Verkauf des SEE- Netzwerks zu bereinigen?

31. Welcher Schaden ergibt sich aus dem Scheitern des Verkaufs an Advent/EBRD für die Stabilität des Finanzplatzes Österreich?

32. Wäre aus Ihrer Sicht die Beteiligung der EBRD ein Garant dafür gewesen, dass es zu einer seriösen Weiterführung der Banken in Südosteuropa kommt?

33. Hätte sich durch die Beteiligung der EBRD eine Stabilisierung der Volkswirt­schaften in Südosteuropa erreichen lassen?

34. Welche Umstände sind für das überraschende Platzen des Deals verantwortlich?

35. Was werden Sie in der Folge unternehmen, um zu verhindern, dass am Ende des Tages die Belastungen für die SteuerzahlerInnen durch einen immer geringer werden­den Kaufpreis immer höher werden?

36. Wer führte bzw. führt die General-Vergleichsverhandlungen mit der BayernLB sei­tens des österreichischen Finanzministeriums?

37. Wie oft haben Sie sich seit Ihrem Amtsantritt mit Vertretern der BayernLB bzw. Ver­tretern des bayrischen Finanzministeriums getroffen und was waren jeweils die The­men dieser Gespräche?

38. Auf welche Argumente und juristisch zweckdienlichen Sachverhalte stützt sich die vom Finanzministerium bereits vorbereitete Irrtumsanfechtung hauptsächlich?

39. Stellt die vom Finanzministerium vorbereitete Irrtumsanfechtung stärker auf einen höheren Beitrag der BayernLB im Rahmen der Verstaatlichung oder auf eine generelle Rückabwicklung der Verstaatlichung ab?

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung gemäß § 93 Abs.1 GOG verlangt.

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Mag. Kogler als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsord­nung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


15.00.27

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Frau Präsidentin! Herr Fi­nanzminister! Meine Damen und Herren! Möglicherweise könnte man auf folgende Idee kommen: Schon wieder Hypo! (Abg. Rädler: Ja, bei dir schon!) – Ja, eh. Aber bei diesen  (Abg. Auer: Wenn du etwas Neues bringst, ist es ja interessant!) – Ja, wir werden viel Neues bringen. Wir werden aus der Vergangenheit Neues bringen und für die Zukunft Neues bringen. – Danke für den Zwischenruf, sehr konstruktiv! (Präsidentin Bures übernimmt wieder den Vorsitz.)

Bei einem derartigen Finanzverbrechen darf ich es mir auch erlauben, ein „nie wieder“ anzubringen. Ein solches Finanzverbrechen sollte es in Zukunft in der Republik Öster-


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reich nicht mehr geben. Deshalb ist es leider notwendig und sinnvoll, sich weiter damit auseinanderzusetzen. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Scherak.)

Es ist jetzt akustisch ein bisschen untergegangen – wofür der Präsident nichts kann –, aber ich möchte nur noch in Erinnerung rufen, dass diese Dringliche nicht nur den Titel „Untersuchen, was zu untersuchen ist“ hat, sondern durchaus auch – das werden wir vor allem in der Debatte strapazieren – „Retten, was zu retten ist“. Ich habe beim Bun­desminister für Finanzen den Eindruck – wie in einigen Ansätzen schon bei Spindel­egger –, dass er gewillt ist, als einer der Ersten in der Bundesregierung einen aufrech­ten Gang zu pflegen. Das sollte uns Hoffnung geben.

Ich bin auch dafür, dass wir bei dieser ganzen Thematik – egal ob als Regierungsfrak­tionen oder Oppositionsfraktionen – der Bevölkerung immer noch so etwas wie Hoff­nung geben sollten, dass das Geld noch nicht ganz verloren ist, sonst hält man es im Kopf sowieso nicht aus und beim einen oder anderen schlägt es sich möglicherweise sonst irgendwo negativ nieder.

Bei den Dimensionen wird es wieder spektakulär. Warum sage ich „Finanzverbre­chen“? – Ich sage Finanzverbrechen, weil die Dimension so groß ist. 6 Milliarden € sind schon untergegangen, wie die Kenner und die eingeweihten Damen und Herren wissen. Was allerdings zukünftig noch droht, das kann man nicht genau sagen. Jeder, der auf die Zahl genau sagt, wie es sein wird, ist ein Scharlatan. Das hatten wir schon. Aber leider bestätigen sich die schlimmsten Befürchtungen nicht nur, sondern die Kos­ten wachsen auch noch darüber hinaus. Ich selbst musste – ich gebe es genauso zu wie neulich Hannes Androsch – für den Fall, dass wir so weiternudeln wie bisher, die Negativprognosen nach oben schrauben. Das muss aber nicht so sein. Es gibt ja kein Naturgesetz zum Nudeln für die Bundesregierung. (Rufe bei der ÖVP: Hahaha!) – Das hat im Übrigen nichts mit den NEOS zu tun, die haben hier außerordentlich produktive Beiträge gebracht. (Rufe bei den NEOS: Warum? – Gegenruf bei der ÖVP: Pastafari!) Ich bitte, das nicht misszuverstehen, Herr Kollege!

Jedenfalls geht es in der Zukunft noch um – das ist eben sehr schwer zu sagen – plus/
minus 9, 8, aber eher 10 Milliarden €. Das ist mehr als das, was bis jetzt untergegan­gen ist. (Abg. Podgorschek: Würde man nichts tun!)

Wenn wir uns den Gesamtschaden vor Augen führen, dann ist zu sagen, wir halten – je nachdem – bei 14, 15, 16, 17 Milliarden €. Manche ExpertInnen sprechen von 20 Mil­liarden €, denen mag ich mich nicht anschließen, weil ich glaube, dass noch viel mehr zugunsten der SteuerzahlerInnen drin ist. Darauf werden wir auch noch eingehen. Aber die Dimensionen sind natürlich gigantisch. Das sind mehr als 2 000 € für jede Öster­reicherin und jeden Österreicher. Das sind 8 000 bis 10 000 € pro Familie in Öster­reich, die irgendwo fehlen. – Das ehe zu viel Adventstimmung aufkommt.

Im Übrigen wird uns Folgendes irgendwann beschäftigen müssen, weil es diverse Kom­missionen auch noch nicht geleistet haben: Wo ist denn das Geld überhaupt hinge­gangen? – Das ist ja keine Selbstverbrennung von Geld, es muss irgendwo sein. Da­rauf werden wir aber noch eingehen. Aber die Dimensionen sind derart unfassbar, dass man zu diesen Vergleichen greifen muss.

Im Übrigen hat es dazu etwas sehr Brauchbares gegeben, nämlich die Aktion „Hypo­topia“ der Studentinnen und Studenten der Technischen Universität Wien. Sie haben für einen Schaden von 18 Milliarden € – die haben zwar ökonomisch nicht ganz korrekt einfach die Bad-Bank-Summe genommen, was sich am Schluss aber im schlimmsten Fall sogar ausgeht – nachgewiesen, dass sich damit eine neuwertige Stadt mit voller Infrastruktur für sage und schreibe 100 000 Einwohner bauen ließe – die sechstgrößte Stadt Österreichs.


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Meine Damen und Herren, wenn wir jetzt nicht umdenken und umlenken und umkeh­ren, dann versenken wir die sechstgrößte Stadt Österreichs, neuwertig, inklusive Stra­ßen, Krankenhaus, Kindergärten und so weiter. – Nur damit die Dimension einmal klar wird. Wir werden uns also noch öfter damit beschäftigen müssen. Ich glaube, das ist eine ausreichende Begründung für die Dringlichkeit dieser Angelegenheit.

Es ist natürlich zu erwarten, dass jetzt vielleicht alle die ganze Sache etwas übersichtli­cher, ruhiger und mit mehr Sachverstand betrachten als bisher, aber man muss – sonst wäre das gar nicht so sehr mein Thema – auch noch rechtzeitig darauf hinweisen, was diese Kommission unter der Vorsitzenden Frau Dr. Irmgard Griss geleistet hat, und was sie nicht leisten wollte oder – vor allem – nicht leisten konnte, weil sie dazu gar keinen Auftrag gehabt hat. Das ist nicht ganz unerheblich, und damit werden wir uns auch noch kurz beschäftigen.

In dem Kontext müssen wir uns in Erinnerung rufen, was – bei allem Schaden, der ein­getreten ist – in diesem Land eigentlich noch passiert ist. In vielen Ländern – auch in europäischen Ländern und sogar in den USA – hat es nach Ausbruch der Finanzkrise eine Bewegung gegeben, die Gott sei Dank auch anhält und zeigt, dass es mit dem Fi­nanzsystem – ich sage jetzt nicht „Kapitalismus“ und so weiter, weil das eine überge­ordnete Debatte, die uns vielleicht auch nicht schaden würde, ist – so nicht weiterge­hen kann.

Überall hat es Bewegungen gegeben: „We are the 99 %!“ „Wir zahlen nicht für eure Krise!“ – Richtig! – Wir zahlen nicht für eure Pleitebanken. Das ist eine ganz wesentli­che Bewegung, die wie so oft in Österreich wegen dieses Hyposkandals verspätet auf­getreten ist. Dafür war aber – zugegeben – nicht nur das Platzen der Blase ausschlag­gebend, sondern noch viel mehr viele kriminelle Vorgänge, die ja nicht nur 10 oder 20 Pro­zent der Bilanzsumme untergehen ließen, sondern vermutlich die Hälfte. Wenn da je­mand nicht erkennt, dass da kriminelle Energie großen Ausmaßes im Spiel ist, dann ist ihm nicht zu helfen, dann halten wir uns auch nicht weiter damit auf. – Aber das ist die Sache.

Insofern ist das hier in Österreich ab dem Winter, als alles aufgeflogen ist, verschärft aufgetreten. Obwohl – und darauf will ich dann anschließend eingehen – jahrelang jede Energie nicht ins Klären und ins fortschrittliche Lösen der Probleme, sondern in das Zudecken gegangen ist, ist das trotzdem bei der Bevölkerung angekommen; ebenso die Frage, wer denn jetzt – bei so vielen Milliarden – überhaupt unser Geld will. Die ha­ben nicht einmal gesagt: Wir zahlen nicht für eure Pleitebanken!, was in Europa üblich gewesen wäre. Nein, sie haben gesagt: Wir zahlen auch nicht für eure Plünderbanken! Wir zahlen nicht für eure Mafiabanken! – Auch wenn Sie das nicht hören wollen, es ist so!

Das ist eigentlich eine Verdoppelung und Vervielfachung des Problems, dem wir uns stellen müssen. Wir können ja auch nicht andauernd weiter so tun, als wäre dem nicht so.

Zu Folgendem hat Frau Dr. Griss – ich nehme sie an dieser Stelle ausdrücklich in Schutz – noch gar keinen Beitrag geleistet, weil sie den Auftrag gar nicht hatte: Wo und auf welche Weise ist denn überhaupt das Geld verschwunden? Was tut denn unsere Staatsanwaltschaft, um dem Geld und vielleicht auch den Tätern, die ja massenhaft unterwegs sind und sich einen Ast ablachen über die komische Aufstellung, die wir bis zur Angelobung des neuen Finanzministers gehabt haben, einmal nachzustellen? In den neuen Finanzminister setzen wir – ich sagte es bereits – sehr viel Hoffnung. Ver­stehen Sie die Argumente und Fragen – das ist ja eine Dringliche Anfrage –, die wir hier vorbringen, zumindest teilweise auch als Angebot!

Ein Prinzip hat sich durchgesetzt: Die Leute sind aufgestanden, und es gab 240 000, 250 000, 260 000 Unterschriften – manchmal 10 000 bis 20 000 am Tag –, die sich da-


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rauf gestützt haben. Die wollten nämlich die Untersuchungen und den Untersuchungs­ausschuss. Damit waren aber nicht nur die Lust und der Wunsch nach Aufklärung verbunden, sondern der Wunsch danach, dass irgendetwas getan wird, weil man das ja nicht mehr aushält. Damit waren sie sehr erfolgreich.

Dieser Erfolg hat den Ausschlag gegeben – ich appelliere immer ein bisschen an die Ehrlichkeit, wenn ich nur daran denke oder mir vorstelle, wer nach mir noch reden wird –, und nicht die Tatsache, dass alle hier so einsichtig gewesen wären. Jahrelang haben Sie alles verhindert, und dann ist es trotzdem gelungen. Es ist auch Hoffnung gebend, dass eine Allianz von Medien – das war im Bankenbereich nicht immer so – kritisch berichtet und nachschaut und die Bevölkerung via Petition – ein gutes Instru­ment, das wir gemeinsam eingesetzt haben – den Druck erzeugt hat.

Deshalb haben wir heute das Minderheitsrecht für den U-Ausschuss auf der Tagesord­nung und auch deshalb hat es die Griss-Kommission gegeben. Ja, es ist richtig, es hat kritische Stimmen bei unserer Kommentierung zur Einsetzung dieser Kommission ge­geben. Ich muss das natürlich erwähnen, aber es ist auch erwartbar und darf von uns auch verlangt werden. Ja, natürlich waren wir skeptisch. Diese Skepsis – nicht der Frau Dr. Griss gegenüber, was wir am Anfang zum Ausdruck gebracht haben, sondern gegenüber dem ganzen Vorgang – hat sich bestätigt. An diesem Rednerpult sind mo­natelang noch Abgeordnete von der ÖVP, manchmal auch von der SPÖ, gestanden und haben die Verweigerung der Einsetzung des Untersuchungsausschusses damit be­gründet, dass es ja diese Kommission gibt. Das war unsere Sorge, die hat sich be­stätigt, das haben Sie eingelöst. Deshalb, bitte, fahren Sie den Level runter, wenn jetzt dann die üblichen Zitate kommen! Nicht zu hoch auf die Scheinheiligkeitskanzel hinauf­klettern, sonst fällt man wieder tief hinunter! (Rufe bei der ÖVP: Da seid ihr noch viel scheinheiliger!) – Das ist mein Appell.

Darüber hinaus ist die Kritik richtig – und ich halte sie bis heute aufrecht –, die ich an der Zusammensetzung dieser Kommission geübt habe. Wir haben nämlich recher­chiert, was da los ist. Und tatsächlich war ein Mitglied der Kommission früher Vorsit­zender im Aufsichtsrat sozusagen einer Enkeltochter der Deutschen Bank in Luxem­burg – ausgerechnet Luxemburg, wo die größten Anleihenhandel passieren, ausge­rechnet dort, wo Hypoanleihen großen Stils gehandelt wurden –, die vermutlich um Hun­derte Millionen € – das kann man mit unseren Methoden nicht genau sagen – Hypoan­leihen nicht nur gehandelt, sondern im Portfolio für Kunden angeboten hat.

Das ist alles an sich nichts Ehrenrühriges, aber eine gewisse Befangenheit hätte man schon unterstellen dürfen. Das haben wir auch gemacht. Ich sehe auch nicht die große Auseinandersetzung mit pro oder contra Insolvenzlösung, weil das nämlich sehr viel – das Schicksal dieser Anleihen betreffend – beeinflusst hätte. Das habe ich gemeint.

Nichtsdestotrotz ist die Arbeit dieser Kommission hervorragend und herausragend, weil sie nämlich was geleistet hat, was wir hier – und das darf man ruhig aussprechen, ich will nicht einmal sagen, zugeben – als Abgeordnete, nicht einmal in einem Untersu­chungsausschuss, gar nicht leisten können. Hier wurden mit Experten aus dem Ban­kenbereich und dem juristischen Bereich Dinge – vor allem Dokumente und keine Zeu­genaussagen, wie Frau Dr. Griss selbst sagt – bis auf den Grund verfolgt, Zusammen­hänge hergestellt, eine Faktenlage geschaffen und eine Bewertung durchgeführt; nicht weniger – das ist viel –, aber auch nicht mehr und noch nicht alles.

Wir haben auch nach den Motiven zu fragen. Sie sagt ja selbst, dass die Motive im Hintergrund bleiben. Sie hat sich das selbst auch gefragt, aber als Kommission – ab­sichtlich – nicht beantwortet, weil kein Auftrag da war. Wie dem auch sei.

Es stellt sich nicht nur die Motivfrage, sondern es stellen sich auch die Interessenfrage und die Fragen nach den Begünstigten und den Profiteuren von bestimmten Entschei-


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dungen, möglicherweise auch in diesem Land. Man muss ja nicht nur der Balkanmafia nachjagen.

Apropos – und ich komme zu einem Punkt, der mir, was die Vergangenheit betrifft, sehr wichtig ist –: Ich werde für die üblichen Themen, die da wären – Sie können es ja aus den Überschriften herauslesen –: „Aufsichtsversagen im blauen Pyramidenspiel“ in Kärnten, „Todkranke Bank gesund geschrieben“, „,Verstaatlichung‘“ ohne Not“ und „In­solvenzverschleppung nach dem Rückkauf“, weniger Zeit aufwenden als für das, was ich jetzt sagen will.

Apropos Mafia: Es hat immer Abgeordnete des Kärntner Landtages und dieses Na­tionalrates gegeben, die, als der kleine Rolf Holub und der kleine Werner Kogler, die bei Gott keine Mafiajäger sind und bei Gott keine  (Zwischenrufe der Abgeordneten Fekter, Tamandl, Schittenhelm und Rossmann.) – Ich weiß gar nicht, warum Sie ausgerechnet an dieser Stelle dazwischenrufen. Hören Sie doch zu! (Neuerliche Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) Noch habe ich nicht ausgeführt, worum es hier geht.

Wir haben schon im Jahr 2006 darauf hingewiesen, was hier alles los ist, wo wir ein Einschreiten oder auch nur ein erkennbares Auftreten – und zwar bis heute ist der Be­weis dafür nicht erbracht – der Aufsicht vermissen. Was haben wir damals, im Jahr 2006, herausgearbeitet? – Nicht nur den Swap-Verlust, der war ja bekannt – ich rede jetzt immer von der Hypo Alpe-Adria, die damals noch im Kärntner Eigentum war –, sondern auch andere Dinge.

Natürlich sind wir nicht von alleine draufgekommen, sondern es hat Informanten gege­ben. Nach dem Bank-Burgenland-Skandal haben viele gesehen, was alles in den Lan­desbanken im öffentlichen Eigentum schiefläuft. Diese Informationen waren sehr plau­sibel. Leider haben sich die Informanten so gefürchtet, dass sie sich nicht trauten, et­was herauszugeben, und deshalb haben wir keine Dokumente gehabt.

Dann haben wir zu dem Mittel gegriffen, das öffentlich zu annoncieren. Ich habe hier die APA-Meldung vom 13. April 2006 über faule Kredite, mangelnde Wertberichtigun­gen, mangelnde Abschreibungen – mit der Benennung der Projekte, die uns jetzt Hun­derte Millionen Schaden einbrocken. 2006 haben wir darauf hingewiesen! Ich nenne die Projekte jetzt: „Residence Skipper Appartements“ oder „Adriatic Luxury Hotels“. – Die Insider wissen jetzt, worum’s geht.

Vonseiten der Aufsicht ist nichts passiert, aber die Balkanmafia hat sich gerührt. Die hat gesagt, dass wir das bleiben lassen sollen. Aber ich weiß bis heute nicht, was die Aufsicht getan hat. Wir haben das aber auch öffentlich gemacht. Kollege Matznetter war dabei und hat das unterstützt, speziell beim Swap-Verlust. Das wollte ich nicht un­terschlagen. Wir waren es auch, die dann den Banken-Untersuchungsausschuss ein­gesetzt haben, weil die Mehrheitsverhältnisse es kurzfristig zugelassen haben.

Jetzt, nach dem Erscheinen des Griss-Berichts, muss mir niemand sagen, dass das ein Wahnsinn ist, dass alle irgendwie dabei waren und dass keiner etwas gewusst hat. Das ist doch das Absurde in diesem Land: dass zuerst alle, bis hin zu den Medien, wegschauen, jedenfalls nicht notwendigerweise recherchieren, und viele Jahre später kommt irgendwann einmal etwas daher, das eigentlich das Selbstverständliche be­schreibt, nämlich leider das Versagen. Dann auf einmal: Hui! Jetzt machen alle eine 180-Grad-Kehrtwendung. Ich weiß nicht, ob das so glaubwürdig ist.

Aber das darf – ich muss das hier ausführen – in einem Protokoll des Nationalrates ruhig aufscheinen, denn wenn es jetzt gleich um den Untersuchungsausschuss geht, den die Mehrheit hier abgedreht hat, dann sind wir wieder dort, wo auch hier im Haus – wenn wir uns anhören, wie es im Rechnungshofausschuss dieser Tage zu­geht – Kontrolle verhindert wird. Es geht uns aber nicht nur um die Kontrolle, weil ja die


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Hygienisierung dieser Vorgänge die Voraussetzung dafür ist, dass so etwas in Zukunft nie wieder passiert.

Das läuft immer noch so. Aber wie war es damals? – Damals ist nicht nur nichts pas­siert, sondern wir haben aufgrund dieser und anderer Erkenntnisse den Untersu­chungsausschuss eingesetzt – nebst dem, dass wir sofort mit Klage bedroht worden sind. Das muss man sich einmal vorstellen! Das ist so wie in Chile. Jene Abgeordne­ten, die diesen Untersuchungsausschuss zum Bankenwesen beantragt haben, sind von den obersten Spitzen des Raiffeisensektors mit Klage bedroht worden. Das könn­ten wir an sich sozusagen in die Faschingsliga verabschieden, wäre es nicht so drama­tisch tragisch. Es war so.

Wir sind auch geklagt worden beziehungsweise – ich muss das zurücknehmen – wir bekamen eine Klagsandrohung dafür, dass wir das aufgedeckt haben, was ich vorhin gesagt habe. Die Staatskommissärin, die von den schwarzen Finanzministern in die Hypo entsandt worden ist, hat mich aufgrund dieser APA-Berichte, die ich zitiert habe, angerufen und gesagt, dass ich eine Klage bekomme, falls ich nicht aufhöre. So schaut’s aus in der Republik! Oft werden die Aufdecker verfolgt, die Zustände werden zugedeckt und nachher, wenn endlich einmal, weil es gar nicht anders ging – mit dem Untersuchungsausschuss wird sich sehr viel ändern –, aufgedeckt wurde, dann sind auf einmal alle gescheiter. Dann wird wechselseitig mit allem Bemühen so getan, als ob alle gleich beteiligt gewesen wären.

Ich sage Ihnen: Das geht nicht! Nicht nur, weil es einen schon bald persönlich betroffen macht, wenn man nicht die Ritterrüstung angezogen hätte – das sage ich an diesem Rednerpult –, sondern ich halte das nicht nur für atemberaubend pervers und schein­heilig – einige wissen, wer sich angesprochen zu fühlen hat –, ich halte das für brech­reizerregend. Wenn diejenigen, die aufdecken, mit jenen in einen Topf geworfen wer­den, die in Wahrheit alles zu verantworten haben, dann werden wir Ihnen das weiterhin nicht durchgehen lassen! Dazu ist Frau Griss nicht angetreten. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Scherak.)

Das ist 2008 und 2009 weitergegangen. Es war ja nicht so, dass ich ein paar Tage vor diesem Rückkauf – ich verweigere den Begriff „Notverstaatlichung“ – aus dem Finanz­ministerium nicht kontaktiert worden wäre. Ich habe sofort gesagt, dass man doch weiß, was seit vielen Jahren in den Notenbankberichten drinsteht, und dass man nicht dumm sein und das nicht kaufen soll!

Wir haben gleichzeitig, weil ich schon gesehen habe, was kommt, hier einen Antrag auf die Insolvenzmöglichkeit für Bundesländer eingebracht. Der ist bis heute abgelehnt worden. Er wurde neuerlich wieder eingebracht. – So waren die Aufstellungen und die Zustände. Deshalb muss einfach klar sein, wie es in der Zukunft weitergeht, wenn man sich dazu einmal klar bekennt und einen klaren Kopf hat.

Jetzt kommen wir zur Zukunft, apropos klaren Kopf: Natürlich hätte das alles anders laufen müssen, ob es jetzt die Haftungen sind oder das Gutachten der Notenbank. Wir haben dazu eine Frage: Ist die Notenbank gedrängt oder erpresst worden, dieses ko­mische Gutachten zu schreiben, obwohl sie selber wusste, dass die Bank tot ist? – Wir haben den E-Mail-Verkehr. Das wird alles eine Rolle spielen. Die Mitarbeiter der No­tenbank sagen, dass die nie zurückzahlen können, und fragen, was wäre, falls es ei­nen U-Ausschuss gibt. Wer hat die Notenbank gedrängt? Die kommen ja nicht von al­lein drauf. Und so ist es immer weitergegangen.

Genauso war es bei dieser unnötigen Rückverstaatlichung, meine Damen und Herren. Es wäre mit klarem Kopf sichtbar gewesen, dass die Androhung der Gegenseite nie­mals wahrgemacht worden wäre. Entweder hat man den klaren Kopf ausgeschaltet oder es waren andere Motive im Spiel. Das wird man zu untersuchen haben.


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Es geht darum, in Zukunft anders zu handeln und dafür zu sorgen, dass dieses ver­hunzte Hypo-Gesetz – dazu dient unsere Verfassungsklage, die wir dieser Tage noch einbringen werden – weggeräumt und der Weg für eine neue Lösung freigemacht wird. Dass die Insolvenz kommt, davor braucht man sich nicht zu fürchten, das führt nur dazu, dass diejenigen, die leichtfertig – wer sind denn die?; die Deutsche Bank, fran­zösische und Schweizer Banken, meinetwegen auch Pensionsfonds – sind, die nicht schützenswert und unseriös sind, der Balkan-Mafia um ihre Quote selbst nachlaufen müssen. Weil auch diese Manager haben eine Verantwortung für ihre Kunden. Die ha­ben leichtfertig Milliarden in die Hypo gegeben, obwohl schon längst klar war – siehe Beispiele in der Öffentlichkeit –, dass das auf der anderen Seite in mafiöse Geschäfte wandert. Heute sind die, die die Anleihenzahlungen zurückhaben wollen, auf der ande­ren Seite vom Steuerzahler.

Die Insolvenz bedeutet nur, dass wir den Steuerzahler rausziehen und er sozusagen mit Null rausgeht. Wie gesagt, diese Investoren, die nicht schützenswert sind, die un­seriös sind, müssen der Balkan-Mafia um ihre Quote selbst nachlaufen. Das muss die Regierung einmal akzeptieren und das nicht immer hinunterdodeln, sonst haben wir jetzt schon das gleiche Problem wie damals! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abge­ordneten der FPÖ.)

Deshalb diese Verfassungsklage und deshalb stellt sich auch die Frage – das haben wir debattiert, und der Herr Bundesminister wird Gelegenheit haben, dazu Stellung zu nehmen –, ob man das nicht mit der jetzigen Konstruktion dieser Bad Bank Heta auch hätte organisieren können. (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.) Ich verstehe, wenn Sie aus verhandlungstaktischen Gründen nicht alles minutiös sagen wollen – Sie werden dafür von mir keine Kritik bekommen –, ich möchte nur einmal hören, was sich alles innerhalb Ihres Handlungsspielraums befindet, damit wir ab jetzt das vermeiden, was uns das drohende 15- bis 20-Milliarden-Debakel eingebrockt hat, durch bestimmte Verhaltensweisen aufseiten von Rot und Schwarz, die nicht tolerierbar sind, die mit ge­bücktem Gang zu tun haben. Wir wollen einen aufrechten Gang von Ihnen, dann ha­ben wir auch die Chance, dass wir das gemeinsam noch organisieren und den zukünf­tigen Schaden abwenden – und die Abwendung von zukünftigem Schaden ist doch auch etwas, was Hoffnung geben sollte.

Ich investiere die Hoffnung in Sie, und ich weiß auch, dass Spindelegger auf dem Weg war, 

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich ersuche Sie, zum Schlusssatz zu kom­men. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Abschließend wird auch zu klären sein, was los ist in der Republik, wenn beim Tisch des Bundespräsidenten bei einem Abendessen der Weg des Finanzministers abgeschnitten wird – wo er eigentlich auf diese von mir vorgeschlagene Insolvenzvariante, vielleicht auch in Kompromissen, ge­setzt hat –, weil schon wieder irgendetwas anders war.

Auch das wird zu klären sein. Da ist die Griss-Kommission gar nie hingekommen, wir aber schon. (Beifall bei Grünen und NEOS.)

15.21


Präsidentin Doris Bures: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich Herr Bundesminister Dr. Schelling zu Wort gemeldet. Herr Bundesminister, ich ersuche Sie, die 20 Minuten Soll-Redezeit einzuhalten! – Bitte.

 


15.21.23

Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zuerst einmal in aller


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Deutlichkeit sagen: Ich ärgere mich mindestens genauso wie Sie, denn die Situation, in der wir uns befinden, ist eine, in der wir in Wirklichkeit nur noch die Handlungsmög­lichkeit der Schadensminimierung haben.

Wir gehen das auch entsprechend professionell an, um das zu erreichen. Allerdings sind natürlich viele Vorgänge, die jetzt so dargestellt werden, wie wenn man sie damals schon gewusst hätte, vielleicht auch in einem anderen Licht zu sehen. Ich habe das heute früh schon in einem anderen Zusammenhang erwähnt.

Ich stelle zu Beginn fest, dass ich in keiner Phase – damit es da keine Vorwürfe gibt – in die Sache involviert war und nie mit dem Bundespräsidenten oder jemand anderem gesprochen habe, daher tue ich mich vielleicht auch leichter, manche Dinge zu be­antworten. Viele der Fragen, die Sie stellen, betreffen natürlich Vorgänge, die sich lan­ge vor meiner Zeit ereigneten, und ich bedauere zutiefst, dass mir nur 15 Minuten Vor­bereitungszeit für die Anfragebeantwortung verblieben sind, da die Debatten zu den anderen Themen, die den Finanzminister betreffen, bis kurz vor 15 Uhr gedauert haben.

Was ich versuchen möchte, ist, neben aller Emotionalität, die da dahintersteckt, und neben allen Versuchen, sich gegenseitig Schuld zuzuweisen, wieder zurückzukommen auf die Sachebene, um dann auch zu Lösungen zu kommen, die wir dringend brau­chen. Es ließe sich natürlich trefflich darüber diskutieren – ich habe das heute früh schon kurz erwähnt –, dass der Kärntner Landtag Haftungen in einer Höhe von 24 Mil­liarden € zugestimmt hat. Das, was mich an der ganzen Geschichte so sehr irritiert, ist – ich habe mir einmal die Haftungsstrukturen, wann diese Haftungen denn entstan­den sind, angeschaut –, dass man 2004 gemeinsam festgelegt hat: keine weiteren Lan­deshaftungen mehr!, mit einer Übergangsfrist bis 2007, und dass in dieser Zeit gigan­tische Milliardenbeträge zusätzlich an Haftungen, die uns heute auf den Kopf fallen, ge­zogen worden sind – obwohl wir gesagt haben: keine Landeshaftungen mehr!

Da stellt sich für mich auch die Frage – weil heute schon von den Kommunen die Rede war –: Wer überwacht eigentlich die Länder? Wenn eine Kommune so etwas tut, dann gibt es einen Beauftragten des Landes, der das überprüft, was dort passiert. Ich glau­be, darüber muss man für die Zukunft auch einmal nachdenken: Wie können wir si­cherstellen, dass solche Dinge nicht mehr passieren? – Was die Haftungen anbelangt, ist das ohnehin geklärt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Moser: Ich glaube, Sie sollten sich mit uns verbünden!) – Ich verbünde mich mit jedem, der sich zu einer Lösung bewegt. Aber es ist nicht jede Lösung richtig, die jemand vorschlägt, sondern wir müssen auch über die Alternativen nachdenken – ich zitiere Griss.

Ein Punkt, der schon bedeutungsvoll ist und der eigentlich in der ganzen Diskussion immer untergeht, ist die Frage: Welche volkswirtschaftlichen Auswirkungen hätten an­dere Entscheidungen gehabt? Natürlich war die Griss-Kommission nicht beauftragt, das im Detail zu untersuchen – wahrscheinlich war ihre Zusammensetzung dafür auch gar nicht geeignet (Abg. Kogler: Das stimmt!) –, aber ob es durch die SEE in einem unmittelbaren Konkursfall dramatische Auswirkungen in den Nachbarländern gehabt hätte, das wurde sicherlich nicht beleuchtet, und da gibt es sicher auch noch Aufklä­rungsbedarf, nämlich zu sagen: Wie ist die Entscheidung so zustande gekommen?, und: Diese Auswirkungen hat man zu diesem Zeitpunkt sicher berücksichtigt.

Ich möchte daher die Sache, obwohl sie sozusagen ein Erbe ist, aktiv aufgreifen, und ich habe im Rahmen eines anderen Falles auch eine proaktive Lösung angestrebt, da­mit wir, bevor das große Problem auftritt, noch eine Lösung zustande bringen.

Und weil mich Kollege Rossmann kritisiert hat, dass ich bei der Debatte kurz nicht an­wesend war: Es war mit allen Klubobleuten so ausgemacht, dass ich für 15 Minuten ein wichtiges Telefonat führen kann, bevor eine entscheidende EZB-Sitzung stattfindet. Das werden Sie mir zugestehen, dass auch das wichtig ist – neben den immer wert-


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vollen Anregungen, die ich von Ihnen immer gerne mitnehme. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Ich begrüße daher ausdrücklich nochmals, so wie heute Vormittag, den Bericht der Un­tersuchungskommission unter der Leitung von Frau Präsidentin Dr. Griss. Ich glaube, dass er sehr geeignet ist, die Abläufe in Form eines sachlichen und damit auch bewert­baren Vorgangs darzustellen. Daher spreche ich mich auch dafür aus, dass die Fra­gen, die noch zu stellen sind, aufgearbeitet werden, in welcher Form wir das immer auch machen.

Eine Frage, die ich heute auch in der Früh schon gestellt habe, ist: Was war die Rolle der Wirtschaftsprüfer? Wie können diese Bilanzen uneingeschränkt testieren und ein halbes Jahr, ein Jahr oder zwei Jahre später feststellen, es war leider nicht so?

Die Frage nach Alternativen, die immer wieder gestellt wird, möchte ich auch noch ein­mal klarstellen. Zu jeder Entscheidung im Leben gibt es Alternativen, aber in dieser Si­tuation muss man überprüfen: Habe ich die Alternativen geprüft? Und: Habe ich die rich­tige Entscheidung getroffen?

Und man muss aus heutiger Sicht davon ausgehen, dass damals keine andere Ent­scheidung möglich war. Das kann man jetzt kritisieren – und das kann durchaus auch berechtigte Kritik sein, ich schließe das ja nicht aus –, aber versetzen Sie sich bitte, je­der von Ihnen, einmal in die Situation zurück, mit diesem Druck, der international aus­geübt wurde, dem Druck, dass der Staatskommissär um 5 vor 8 vor der Bank stand und eine Abwicklung überlegt hat! – Das möchte ich Ihnen gerne einmal mitgeben, ein­fach zum Nachdenken, und Sie dann fragen: Wie hätten Sie sich denn verhalten?

Nun, die aufbauenden Maßnahmenpakete sind unter verschiedenen Aspekten darzu­stellen. Ich habe deshalb heute in der Früh schon gesagt – ich wiederhole es noch ein­mal –, dass wir jetzt für die HETA ein Double Asset Screening durchführen, damit auf keinen Fall auf Basis falscher Informationen entsprechende Entscheidungen getroffen werden.

Ich glaube, dass die Aufarbeitung, die jetzt notwendig ist, gemeinsam mit Ihnen und dem Untersuchungsausschuss so anzulegen ist, dass wir wirklich am Ende des Tages Klar­heit über diese Abläufe haben. Ich halte allerdings nichts von Drohgebärden und Ulti­maten, die jeder Grundlage entbehren, bin aber davon überzeugt, dass die jetzt ge­wählte Herangehensweise unter Berücksichtigung der jetzt vorhandenen Informationen und Abwägungen auch der Antwort auf die Frage zum Durchbruch verhelfen wird: Zu welchem Zeitpunkt ist was passiert? Ich glaube, das erhellt sich dann in mehreren Pha­sen, und die Griss-Kommission hat das gut aufgestellt.

Es liegt ein hartes Stück Arbeit vor uns, wo es darum geht, das aufzuarbeiten, und es liegt ein noch viel härteres Stück Arbeit vor uns, wo es gilt, die Schadensminimierung in der Situation betreffend die Hypo voranzutreiben.

Ich komme damit zur Beantwortung Ihrer Fragen.

Zur Frage 1:

Die Oesterreichische Nationalbank und die FMA sind nicht weisungsgebunden und un­abhängig. Die Einstufung der Hypo Alpe-Adria als „non distressed“ wurde von der Oes­terreichischen Nationalbank in alleiniger Entscheidung und Verantwortung getroffen.

Zur Frage 2:

Die Einstufung der Hypo Alpe-Adria als „non distressed“ war Grundlage für die Zeich­nung von Partizipationskapital in Höhe von 900 Millionen € durch die Republik Öster­reich und die Vorlage eines sogenannten Viability Reports an die Europäische Kom­mission.


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Zu den Fragen 3 und 4:

Eine Relativierung der Einstufung „non distressed“ wurde von der Oesterreichischen Nationalbank nicht vorgenommen. Die Oesterreichische Nationalbank gab jedoch im Mai 2009 bekannt, dass die Einrechnung der Kapitalerhöhung durch die BayernLB im November 2008 Voraussetzung für die Einstufung „non distressed“ war und dass an­dernfalls die Einstufung anders zu treffen gewesen wäre. (Abg. Kogler: Na alsdann!)

Zu den Fragen 5 und 6:

In die Verhandlungen zur Rettung der Hypo Alpe-Adria waren mehrere nationale Ex­perten, beide Aufsichtsbehörden, die FIMBAG sowie das Bundeskanzleramt unmittel­bar eingebunden – selbstverständlich neben dem Finanzministerium; das wollte ich nicht erwähnen, weil ich der Fragebeantworter bin. Gemäß den mir vorliegenden Infor­mationen verfolgten die damaligen Verhandlungsführer das Ziel, einerseits den euro­päischen Vorgaben wie Finanzmarktstabilität zu entsprechen und andererseits die zu diesem Zeitpunkt beste Lösung für die Republik zu erreichen.

Zur Frage 7:

In die Entscheidung zur Notverstaatlichung waren mehrere Experten und Institutionen einbezogen. Sämtliche Alternativen wurden im Dezember 2009 auf Grundlage der da­mals zur Verfügung stehenden Informationen sorgfältig geprüft.

Zu den Fragen 8 und 9:

Das Engagement der Bayerischen Landesbank in der Hypo Alpe-Adria sowie die Fi­nanzierungsstruktur der Hypo Alpe-Adria waren stets Verhandlungsgrundlage. Dem mög­lichen Verlust für die BayernLB im Falle einer Insolvenz waren die großteils unkalkulier­baren Auswirkungen für den europäischen und heimischen Finanzmarkt und für das Land Kärnten gegenüberzustellen.

Zur Frage 10:

Nach meiner Information fand am 25. August 2009 in Wien ein Gespräch zwischen Fi­nanzminister Pröll und dem bayerischen Staatsminister der Finanzen Fahrenschon zum Thema Hypo Alpe-Adria statt, an dem auch die Vorstandsvorsitzenden der Bay­ernLB und der HB Int., Kemmer und Pinkl, teilnahmen. Als Ergebnis des Gesprächs wurden die Fortsetzung der Zusammenarbeit im Rahmen des Beihilfeverfahrens sowie laufender Kontakt auf politischer und technischer Ebene vereinbart. Eine Verstaatli­chung der Hypo Alpe-Adria war weder Gesprächsthema noch absehbar.

Zu den Fragen 11 bis 13:

Vor der Notverstaatlichung war es primäres Ziel der Republik Österreich, eine Insol­venz der Hypo Alpe-Adria zu verhindern. Nach der Verstaatlichung waren die Aufarbei­tung der Vergangenheit zur Aufdeckung aller Ursachen und Verantwortlichkeiten für die wirtschaftliche Schieflage der Bank sowie die Erreichung einer positiven Beihilfe­entscheidung von entscheidender Bedeutung. Im Rahmen des Beihilfeverfahrens wur­den der Europäischen Kommission mehrere Restrukturierungspläne vorgelegt.

Zur Frage 14:

Meiner Information nach wurde die Entscheidung der Bundesregierung gegen eine In­solvenz der Hypo Alpe-Adria im Vorfeld der Pressekonferenz meines Amtsvorgängers und des Gouverneurs der Oesterreichischen Nationalbank Nowotny am 14. März 2014 sorgfältig unter Einbeziehung der Ergebnisse der Taskforce und der Stellungnahme der Oesterreichischen Nationalbank getroffen.

Zu den Fragen 15 und 16:

Die Aufarbeitung der Vergangenheit wurde im Ministerrat im Juni 2010 beschlossen. Das Management der Bank hat diesen Beschluss ausdrücklich begrüßt und daraufhin


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das Projekt CSI aufgesetzt, dieses gemäß den bankinternen Richtlinien ausgeschrie­ben und Rechtsberater beauftragt.

Da das Finanzministerium nicht für die Beauftragung der externen Berater verantwort­lich zeichnete, liegen uns auch keine diesbezüglichen Unterlagen und Kostenaufstel­lungen vor. Ich weise darauf hin, dass die Beraterkosten nach der Notverstaatlichung nicht primär auf die Aufarbeitung der Vergangenheit zurückzuführen sind, sondern die­se aus dem allgemeinen Beratungsaufwand der Bank resultierten. Eine diesbezügliche Aufschlüsselung liegt dem BMF nicht vor.

Zu den Fragen 17 und 18:

Das Bundesgesetz über Sanierungsmaßnahmen für die HYPO ALPE ADRIA BANK INTERNATIONAL AG zur Beteiligung der BayernLB und der Nachranggläubiger an den Sanierungskosten für die Hypo Alpe-Adria ist geltendes Recht.

Ich habe das Gesetz nicht beschlossen und nicht gemacht. Meinem derzeitigen Wis­sensstand nach gehe ich auch nicht von einer wie in Frage 18 angesprochenen Aufhe­bung des Gesetzes durch den Verfassungsgerichtshof aus. Parallel dazu werden im Hause alle möglichen Instrumente und Möglichkeiten geprüft, die bei einer allfälligen Aufhebung zum Tragen kommen.

Zur Frage 20:

Das Zustimmungsrecht der Bayerischen Landesbank zum Verkauf des SEE-Netzwer­kes der Hypo Alpe-Adria gründet sich auf das Master Loan Agreement.

Zur Frage 21:

Eine etwaige Schadenersatzklage gegenüber der Bayerischen Landesbank im Rah­men der Nichtzustimmung der Bayerischen Landesbank zum Verkauf des SEE-Netz­werkes ist von der HETA ASSET RESOLUTION AG zu prüfen und gegebenenfalls auch von ihr einzubringen.

Zu den Fragen 22 und 27:

Es gab seitens der Bayerischen Landesbank keine Nichtzustimmung zum Verkauf der SEE-Netzwerke an Advent und EBRD. Für die Bayerische Landesbank stellt sich diese Frage nicht, da das SEE-Netzwerk gemäß Hypo-Sondergesetz bereits zuvor an die FIMBAG übertragen wurde. Für rechtsgeschäftliche Übertragungen nach dem Hypo-Sondergesetz sind allfällige damit zusammenhängende Zustimmungsrechte aufgehoben.

Zur Frage 23:

Die HETA ASSET RESOLUTION AG und die im Verkaufsprozess beauftragten Berater hatten intensiven Kontakt mit der Bayerischen Landesbank. Diese wurden vom ge­planten Verkauf und den damit im Zusammenhang stehenden Rahmenbedingungen um­fangreich informiert.

Zu den Fragen 24 bis 26:

Die FIMBAG verhandelt derzeit mit mehreren Bieterkonsortien. (Abg. Kogler und der neben ihm sitzende Abg. Rossmann sprechen mit einem Klubmitarbeiter.) – Ich bin mir jetzt nicht sicher, ob für die Anfragesteller die Beantwortung von Relevanz ist. (Abg. Kogler: Doch!) Dann wiederhole ich noch einmal die Antwort auf die Fragen 24 bis 26.

Die FIMBAG verhandelt derzeit mit mehreren Bieterkonsortien. Die Höhe etwaiger Ga­rantien des Bundes, der Refinanzierungslinien und eventuell auszulagernder fauler Kre­dite ist Gegenstand laufender Verhandlungen, deren Ausgang nicht vorgegriffen wer­den kann. Deswegen kann ich darüber zu diesem Zeitpunkt aus rein strategischen Ver­handlungsgründen keine Aussage treffen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 149

Zur Frage 28:

Ich bin zuversichtlich, dass das laufende Bieterverfahren zu einem erfolgreichen Ab­schluss führt. Die drei Bieter, die im Verfahren sind, sind bereits alle kontaktiert worden.

Zur Frage 29:

Nach der Ministerratsentscheidung vom 18. März 2013 wurde ein Prozessplan aufge­stellt, der seitdem konsequent umgesetzt wird. Einer der Meilensteine ist der Verkauf des SEE-Netzwerkes. Alle Meilensteine wurden bisher gemäß dem Zeitplan umge­setzt. Der Verkauf der SEE-Netzwerke gründet sich auf den Beschluss der Europäi­schen Kommission vom 3. September 2013 „Umstrukturierungsbeihilfe Österreichs für die Hypo Group Alpe-Adria“, in dem diese vorsieht, die marktfähigen Einheiten der HGAA bis 30. Juni 2015 zu reprivatisieren. Der bisher von der Hypo Alpe-Adria/HETA geführte Verkaufsprozess wurde kürzlich von der FIMBAG mit dem Ziel übernommen, einen erfolgreichen Abschluss mit dem Bestbieter zu erreichen. Die FIMBAG stützt sich dabei auf sämtliche Informationen und Gutachten, die seitens der Hypo Alpe-Adria und HETA zur Verfügung stehen.

Zur Frage 30:

Ich weise den Vorwurf des organisatorischen Chaos rund um den Verkauf des SEE-Netzwerkes entschieden zurück. Die FIMBAG verhandelt derzeit sogar mit mehreren Bietern, um das für die Republik beste Ergebnis zu erreichen. Voraussetzung für die planmäßige Deregulierung und Schaffung der Abbaueinheit war unter anderem, dass die HB Int. zum 30. Oktober 2014 keine qualifizierte Beteiligung an einem Kreditinstitut mehr halten durfte. Deswegen wurde die Hypo SEE Holding samt Netzwerk an die FIMBAG übertragen.

Zu den Fragen 31 bis 34:

Der Verkauf an Advent, EBRD ist nicht gescheitert. Advent, EBRD sind weiter Bieter im laufenden Verfahren und stehen mit uns in Verhandlungen.

Zur Frage 35:

Die Höhe des Kaufpreises für das SEE-Netzwerk ist Gegenstand laufender Verhand­lungen, deren Ausgang ich auch aus strategischen Verhandlungsgründen mit anderen Bietern nicht vorgreifen kann.

Zur Frage 36:

Die Vorbereitung der Verhandlungen und die Verhandlungen über den Generalver­gleich mit der Bayerischen Landesbank selbst obliegen der dafür zuständigen Fachab­teilung im Bundesministerium für Finanzen gemeinsam mit dem Bundeskanzleramt sowie Vertretern der Finanzprokuratur, der HETA ASSET RESOLUTION und externen Rechtsbeiständen.

Zur Frage 37:

Seit meinem Amtsantritt hatte ich auf meine Initiative hin einmal Kontakt mit Vertretern der Bayerischen Landesbank und des bayerischen Finanzministeriums. Es gab und gibt jedoch laufend zahlreiche Gespräche auf Expertenebene. Von unserer Seite gibt es immer noch das Bestreben, zu einer Lösung zu kommen.

Zu den Fragen 38 und 39:

Die Irrtumsanfechtung ist gerade in Vorbereitung. Ich habe das heute Vormittag schon erläutert. Zielsetzung dieser Irrtumsanfechtung ist die Anpassung des Sanierungsbei­trages der Bayerischen Landesbank für die Hypo Alpe-Adria. Für den Fall, dass ein ordentliches Gericht auf generelle Rückabwicklung der Verstaatlichung entscheidet, wä­re ein sogenannter geldwerter Ausgleich vorzunehmen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

15.37



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 150

Präsidentin Doris Bures: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von 25 Minuten zukommt.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Rossmann. – Bitte.

 


15.38.16

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich habe schon Verständnis dafür, Herr Finanzminister, dass Sie hier etwas übernommen haben, das bei Ihnen Ärger auslöst. Diese ganze Causa Hypo Alpe-Adria löst natürlich nicht nur bei Ihnen Ärger aus, sondern das löst bei allen Steuerzahlerinnen und Steu­erzahlern Ärger aus, haben diese doch bis jetzt schon zunächst einmal mit knapp 6 Milliarden € geradestehen müssen, und wer weiß, wie viel die Abrechnung am Ende des Tages ergeben wird. Das wird jedenfalls in einem Bereich liegen, der zweistellig sein wird, möglicherweise bei 15 Milliarden, möglicherweise sogar höher.

Aber klar ist in diesem Zusammenhang auch, dass es hier schon so etwas wie eine strukturierte Verantwortungslosigkeit im Vorfeld gegeben hat. Diese hat eben schon in Kärnten begonnen. Das Epizentrum war schon Kärnten! Das ist ja keine Frage. Das waren die Haftungen. Aber man muss natürlich auch sehen, dass dieser Haftungsbe­schluss, der erste und entscheidende Haftungsbeschluss, wo diese Landesholding er­funden wurde, ja bereits auf das Jahr 1991 unter Landeshauptmann Jörg Haider zu­rückgeht.

Was dann 2004 war, was sozusagen hier als entscheidend – wie auch im Griss-Re­port – dargestellt wird, das war ja dann eigentlich erstmals der Versuch, aus diesen Haftungen auszusteigen, beruhend übrigens auf Verhandlungen der damaligen schwarz-blauen Regierung mit der Europäischen Kommission. – Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt: Es sollte schon ein Ende der Haftungen angestrebt werden, nur, was man tatsächlich versäumt hat und was damals zu tun sinnvoll gewesen wäre, wäre auch, dass man ein Ende der Haftungen in dem Sinn herbeigeführt hätte, dass man auch eine obere Latte eingezogen hätte. Aber im Übrigen ist das Ganze, und das möchte ich schon an dieser Stelle auch festhalten, ja auch immer wieder vom Kärntner Landtag umgesetzt worden.

Und stellen Sie sich vor, dieser Beschluss wäre damals nicht gefasst worden und wir Grüne hätten diesem Beschluss damals möglicherweise nicht zugestimmt: Na dann hätte es geheißen, die Grünen wären für überhaupt kein Auslaufen dieser Haftungen gewesen – aber das war es ja nicht. – Aber das ist nur ein Punkt.

Der andere Punkt ist dann schon, dass diese Bank unter den Augen der Finanzmarkt­aufsicht unter dem Schutzschirm dieser Haftungen in einer kriminellen Art und Weise auf eine Bilanzsumme aufgebläht wurde, wo die Oesterreichische Nationalbank und die FMA „Feuer am Dach!“ hätten schreien müssen. Das haben sie aber nicht getan, ganz im Gegenteil: Zu einem Zeitpunkt, als diese Bank bereits tot war, hat es dann noch dieses berühmte OeNB-Gutachten – dieses „Schnellgutachten“ – gegeben, auf Basis dessen dann die 900 Millionen € Partizipationskapital gefolgt sind.

Aber natürlich, diese Bank war zu diesem Zeitpunkt mausetot. (Der Redner bemerkt, dass die Lampe am Rednerpult zu blinken beginnt.) – Das kann aber nicht sein, dass das Licht jetzt schon blinkt, das waren noch keine 9 Minuten. Da hat es irgendein Leiden.

 


Präsidentin Doris Bures: Entschuldigung, Herr Abgeordneter, ich stelle die Zeit richtig.

 


Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (fortsetzend): Dann kam diese berühmte Not­verstaatlichung ohne Not. Und etwas, das Sie gesagt haben, Herr Finanzminister, ver-


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stehe ich ehrlich gesagt nicht. Sie sagen auch, es wäre keine andere Lösung möglich gewesen. – Aber es ist doch ganz offensichtlich, und das geht aus dem Griss-Report auch eindeutig hervor, dass die Bayern im Wesentlichen nur geblufft haben! Die waren doch mit 6 bis 8 Milliarden € in dieser Bank involviert, und – ich habe es schon gestern gesagt – in den Österreichern haben sie dann jemanden gefunden, der ihnen diese Bank abgekauft hat. Aber sie hätten doch niemals einer Lösung zugestimmt, bei der sie hohe Nachteile hätten in Kauf nehmen müssen.

Die Österreicher waren – das war ja wohl ganz offensichtlich – im Rahmen dieser strukturierten Verantwortungslosigkeit bei den Verhandlungen einfach schlecht aufge­stellt.

Aber nun der entscheidende Punkt, Herr Finanzminister: Sie sagen, dass keine andere Lösung möglich war und dass eh alles in Ordnung war. Da stellt sich für mich schon die Frage: Was ist denn dann die Basis für die Irrtumsanfechtung? (Abg. Kickl: Ja, eben! – Abg. Kogler: Genau! – Zwischenruf der Abg. Tamandl.) – Also das müssen Sie mir jetzt schon noch einmal erklären! Da haben Sie jetzt Erklärungsbedarf.

Die Frage 19, Herr Finanzminister, nach einem möglichen Konkurs der HETA ASSET RESOLUTION AG, haben Sie nicht beantwortet. Heute früh haben Sie zwar schon ein­mal gesagt, Sie werden das jetzt prüfen und entscheiden, auf der anderen Seite gibt es aber eine Aussage vom Vorsitzenden der FIMBAG, dem Herrn Dr. Androsch (Bundes­minister Schelling: Der ist Aufsichtsratsvorsitzender!), der in einer APA-Aussendung sagte, dass zu prüfen wäre, „ob der jetzt gewählte Weg einer auf viele Jahre aufge­bauten Abwicklung der richtige Weg sei oder ein Konkurs ,oder ein Kompromiss aus beiden‘. ... Für ein Insolvenzszenario ... müsste in den Augen von Androsch auch nicht gewartet werden, bis die heiklen Kärntner Milliardenhaftungen abgereift sind.“

Herr Finanzminister, jetzt stellt sich schon die Frage, wie lang Sie prüfen werden und wann Sie zu einer Lösung der Frage kommen werden, ob eine Insolvenz der HETA ASSET RESOLUTION AG möglich ist oder ob das nicht möglich ist. (Bundesminister Schelling: Ich werde es Ihnen rechtzeitig mitteilen!) – Na ja, das ist schön und gut, wenn Sie uns das rechtzeitig mitteilen wollen, aber die Gefahr besteht aus der Ge­schichte der Hypo Alpe-Adria natürlich wohl darin, dass in der Zwischenzeit der Scha­den für die Steuerzahler noch einmal steigt.

Wir haben das von Jahr zu Jahr erlebt! Das war genau jene strukturierte Verantwor­tungslosigkeit, von der ich immer gesprochen habe: von der Notverstaatlichung über die Verschleppung des Verfahrens durch die Frau Finanzministerin, die das immer hi­nausgezögert hat – das hat uns in der Tat viel Geld gekostet –, natürlich bis hin zu der Entscheidung der Frage: Machen wir jetzt eine Abbaubank oder machen wir eine Insol­venzlösung?

Und in dieser Frage, die übrigens in der Kommission der Frau Griss nicht beantwortet wurde, ist es ganz dramatisch hin und her gegangen. Wenn man sich da anschaut, wie diese Entscheidungen gelaufen sind, dann muss man sagen, das waren chaotische Entscheidungen, das war alles andere denn das, was in solchen Verfahren als State of the Art üblich ist. State of the Art wäre nämlich gewesen, eine risikobasierte Bewertung von Optionen zu machen (Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling), aber das ist nicht passiert. Da hat es das Entscheidungsgutachten der Taskforce gegeben, und das war es dann.

Und von politischer Seite ist im Übrigen immer das Totschlagargument gekommen, ei­ne Insolvenz würde den Bankenplatz Österreich destabilisieren. Das ist doch immer das Standardargument gewesen! Und darüber hinaus würde sie im Übrigen dazu füh­ren, dass die Zinsbelastung in Österreich durch die Destabilisierung der Finanzmärkte durch hohe Risikoaufschläge ins Unendliche steigen würde. – Ich bin ja nicht so ver-


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messen zu sagen, dass nicht auch die Insolvenzlösung Risiko in sich geborgen hätte – keine Frage! –, aber man hätte natürlich sehr sorgfältig diskutieren müssen, wie man die Kosten für den Steuerzahler minimiert.

Man hätte etwa die Fragen zu diskutieren gehabt, welche Gläubiger, welche Art von Gläubigern man mit in den Kreis der Steuerzahler hätte holen können. Um wie viel wä­re die Belastung der Steuerzahler durch eine Insolvenzlösung niedriger gewesen? Wel­che Optionen der Insolvenz hätte es überhaupt gegeben? Was hätte eine Insolvenz für den Bund bedeutet? Was hätte eine Insolvenz für das Land Kärnten bedeutet? – Dafür gibt es ja durchaus unterschiedliche Lösungsansätze und Antworten darauf. Wir hatten im Ausschuss, in dem diese Hypo-Sondergesetze beschlossen worden sind, ein Hea­ring, und da gab es unterschiedliche Lösungsansätze. Aber all das sind doch Dinge, die von der Hypo-Taskforce nicht geprüft worden sind, auch nicht im Griss-Report.

Das alles ist von einer Taskforce im stillen Kämmerlein entschieden worden, wo man in Wirklichkeit nicht weiß, welche Interessen man vertreten hat: eigene Interessen, die In­teressen der Gläubiger? – Jedenfalls, das ist mein Eindruck oder unser Eindruck, nicht die Interessen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.

Aber vielleicht lassen Sie mich noch einige Worte zu diesem SEE-Verkauf, das ist das südosteuropäische Netzwerk, sagen. Na ja, bislang ist der Verkauf einmal gescheitert. Sie (in Richtung Bundesminister Schelling) haben heute Vormittag gesagt, es ist die Exklusivität erloschen. – Tatsache ist, dass sich rund um diesen Verkauf des Netz­werks natürlich schon wieder Ungereimtheiten auftun. (Bundesminister Schelling: Wa­ren Sie dabei?) – Nein, ich war nicht dabei, aber es gibt immer Informationen, die nach außen fließen, Herr Finanzminister, so ist das nun einmal. Auch wenn man glaubt, die Dinge sind geheim, sie sind nicht so geheim.

Und ich habe auch nicht gehört, dass Sie jemals betreffend die Zeitungsartikel von Re­nate Graber oder von Herrn Josef Urschitz oder auch den Kommentar von Kurt Bayer, der ja ehemals im Verwaltungsrat der EBRD gesessen ist, mit einem Wort dementiert hätten, was da vorgegangen ist. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling. – Zwischenruf des Abg. Steinbichler.) Das haben Sie nicht gemacht, daher muss ich da­von ausgehen, dass an dem, was dort geschrieben wurde, auch tatsächlich etwas dran ist.

Und ich verstehe eines ganz ehrlich gesagt nicht, nämlich warum man, wenn man schon mit der EBRD jemanden an Bord kriegen kann, der ein seriöser Partner ist (Prä­sidentin Bures gibt das Glockenzeichen), der ein Interesse daran hat, dass dieses SEE-Netzwerk am Balkan tatsächlich weiter betrieben wird, dass dieses SEE-Netzwerk nicht filetiert wird, warum man also diese Lösung mit diesem Partner nicht tatsächlich ernsthaft angestrebt hat (Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling), denn die EBRD wäre ja jemand gewesen, der durchaus auch Interesse an der Stabilisierung der Volkswirtschaften am Balkan gehabt hätte.

Das wäre doch etwas gewesen ...

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich ersuche Sie um Ihren Schlusssatz!

 


Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (fortsetzend): Das wäre doch etwas gewesen, was man durchaus mit ins Kalkül hätte ziehen können, aber das haben Sie nicht getan. Stattdessen stellen Sie sich nicht einmal die Frage, welchen Schaden Sie damit für den Finanzplatz Österreich angerichtet haben.

Jetzt kehre ich einmal das Argument um, und ich sage: Dieser Schaden ist tatsächlich katastrophal. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Vavrik.)


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15.49


Präsidentin Doris Bures: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Krainer zu Wort gemeldet. Ich stelle Ihnen die Uhr auf 5 Minuten ein und erteile Ihnen das Wort.

 


15.49.38

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das letzte Stichwort des Kollegen Rossmann war Schaden. – Es stimmt, das ist, glaube ich, ein Stichwort, das gut auf die Hypo passt, weil das natürlich ein Rie­senschaden ist.

Es war vor ziemlich genau fünf Jahren, als wir hier debattiert haben – noch vor der Not­verstaatlichung –, und da war schon klar, dass es einen Riesenschaden für den Steu­erzahler geben wird und dass man auch darauf achten muss, dass dieser Schaden möglichst klein gehalten wird.

Es hat hier eine Debatte stattgefunden, und ich erinnere daran, dass die SPÖ hier ge­sagt hat – von diesem Rednerpult aus –: Unabhängig davon, wie groß dieser Schaden wird, die SPÖ steht nicht dafür zur Verfügung, dass wir diesen Schaden durch Mas­sensteuern bezahlen, sondern wir werden schauen, dass dieser Schaden vom Ban­kensektor bezahlt wird.

Es ist auch nicht unwesentlich zu sagen, dass wir das dann auch durchgesetzt haben und dass wir infolgedessen seit 2011 – seit 1. Jänner 2011 – auch die Bankenabgabe haben. Dadurch wird vom Bankensektor, der gerettet wurde – auch durch die Rettung der Hypo, aber nicht nur, sondern durch eine Reihe von Maßnahmen –, jetzt auch ein nennenswerter Beitrag von im Moment zirka 640 Millionen € im Jahr geleistet, um die­sen Schaden mit zu bezahlen. Ich halte es für ganz, ganz wichtig, dass wir quasi im­mer bei der Frage: Wie bezahlen wir überhaupt diesen Schaden?, jedenfalls darauf schauen, dass möglichst 100 Prozent beziehungsweise ein möglichst großer Anteil auch von jenen bezahlt wird, die durch die Rettung profitiert haben.

Wo der Schaden entstanden ist, wer die Brandstifter waren, ist, denke ich, in der Zwi­schenzeit fast allen hier in diesem Raum klar. Es gibt nur noch eine Fraktion, die der Meinung ist, sie war es nicht – also die FPÖ. (Abg. Podgorschek: Mein Gott na! Der Nikolaus ist schon vorbei!) Aber das ist im Prinzip, meine ich, in der Zwischenzeit klar, dass die politische Verantwortung dort ist, dass die Brandstifter bei diesem Schaden die Freiheitlichen in Kärnten waren. Dort ist der Schaden entstanden. (Abg. Kickl: Da waren aber andere auch dabei! – Abg. Neubauer: Kennen Sie den Herrn Kaiser?) Dann kamen die Löscharbeiten, die Rettungsarbeiten – über die können wir gerne dis­kutieren –, die Frage der Notverstaatlichung.

Ich bleibe bei dem Begriff „Notverstaatlichung“, denn es geht um Folgendes: Also der sogenannte Regierungskommissär oder Aufsichtskommissar der Finanzmarktaufsicht war mit allen notwendigen Bescheiden schon in der Bank und hat nur gewartet, bis es 8 Uhr ist, weil er dann quasi die Bank – unter Anführungszeichen – „übernimmt“, die Vorstufe zur Insolvenz. Das war die Situation dort. (Abg. Kogler: Die Bayern hätten das ge­macht!) Es ist in dieser Zeit keine einzige Bank in Europa fallengelassen worden – kei­ne einzige!

Die Bayern, ja, die hatten Geld auf dem Tisch, die hatten ein Risiko von 6 Milliarden € auf dem Tisch liegen! Mit wie viel Geld sind sie aufgestanden und nach Hause ge­fahren? Wie viel von diesen 6 Milliarden haben sie mitgenommen? Einen Euro – einen Euro! Die 6 Milliarden beziehungsweise die 5 999 999 999 € sind ja auf dem Tisch liegen geblieben. Davon sind 3,5 Milliarden für die Bayern sofort endgültig verloren gewesen und um 2,5 Milliarden wird noch gestritten – vor Gericht, da wird ein Richter entscheiden, ob sie das Geld bekommen oder nicht. Weiteres Geld ist auch vor dem Richter, nämlich jenes Geld, das die Bayern in den Monaten und Wochen davor aus der Bank herausgezogen haben.

Das heißt, für die Bayern ist die Notverstaatlichung nicht besser gewesen als ein Kon­kurs, jedenfalls aus heutiger Sicht nicht. (Abg. Rossmann: Das ist eine mutige Be­hauptung!) Sie hatten keinen Reputationsverlust, das stimmt, wobei: Einen Reputa-


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tionsverlust bei mir haben sie jedenfalls – und bei vielen anderen auch, nämlich bei de­nen, die ordentlich auf die Sache schauen. Aber monetär sind sie mit einem Euro nach Hause gefahren, und ein Richter entscheidet, wie viel Geld sie noch bekommen von dem Rest. Es ist genau dasselbe: Es wäre halt zuerst ein Insolvenzrichter gewesen, jetzt ist es ein Zivilrichter; also ein anderer Richter entscheidet.

Aber so ist die Situation, und ich höre keine einzige Alternative zur Notverstaatlichung. Das Einzige, das man hört, ist: Es hätte Alternativen in der Ausgestaltung gegeben. Das heißt, für die Notverstaatlichung gibt es Verständnis, aber man hätte besser ver­handeln können, vielleicht einen höheren Beitrag von Kärnten verlangen können oder einen höheren Beitrag von der GRAWE – darüber werden wir dann wahrscheinlich auch diskutieren.

Dazu muss man aber sagen, dass wir dabei von Stellen hinter dem Komma betreffend die Höhe des Schadens reden. Alles, worüber wir hier reden, ist hinter dem Komma passiert. Der Schaden, der insgesamt entstanden ist, das sind die Zahlen vor dem Mil­liarden-Komma, und jener Schaden und jene Probleme, die es bei der Rettung gege­ben hat, der Schaden ist hinter dem Komma entstanden.

Wenn wir über das Bild der Brandstifter und der Rettungsmaßnahmen, der Löschmaß­nahmen reden, dann darf man eines nicht vergessen: Wenn man in ein Haus hinein­geht und den Brand löscht, und in jedem Zimmer sind Petroleumtanks, in jedem Zim­mer sind Benzintanks, in jedem Zimmer sind Pyrotechniklager, dann ist die Rettung halt auch ein bisschen komplizierter und schwieriger als bei einem normalen Brand! Diese Bank hatte eben in jedem Zimmer noch einen Petroleumtank, der einem bei den Rettungsarbeiten dann natürlich um die Ohren geflogen ist. Es muss schon klar sein, dass das keine normale Bankenrettung war.

Wir haben ja andere Bankenrettungen erlebt, die in der Abwicklung auch nicht billig waren – alles andere als das! –, wie die Kommunalkredit. Die ist aber relativ zügig und auch, wie ich meine, relativ professionell in eine Bad-Bank-Lösung übergeführt worden und wird seitdem abgebaut. (Zwischenruf des Abg. Darmann.)

Ich bin gerne bereit, darüber zu diskutieren, und sehe das auch so – ich könnte es mir jetzt einfach machen und sagen: Wir waren ohnehin schon immer für die Bad Bank!, was nachweislich stimmt –, aber es hat Argumente dafür und dagegen gegeben, es hat lange gedauert, diese Entscheidung zu treffen. Ich hätte sie mir auch früher gewünscht. Ich glaube, man hätte wahrscheinlich die Abwicklung noch professioneller machen kön­nen, und darüber kann man dann gerne auch im Detail diskutieren, aber entscheidend ist die Zukunft, denn es ist ja noch nicht fertig.

Wichtig wird sein, wie wir dieses SEE-Netzwerk verkaufen können. Ich gehe davon aus, dass der neue Finanzminister beziehungsweise die Griss, sollte sie sich das im Nachhinein anschauen, sagen: Ja, das ist professionell abgegangen. Aber uns muss schon eines klar sein: Wenn es uns nicht gelingt, das bis zum 30. Juni zu verkaufen, dann müssen die Pläne auf Abwickeln gestellt werden, und da sagen die Experten, das kostet noch einmal 2 Milliarden €. Das heißt, es ist ein ganz wichtiger Auftrag, das zu tun.

Zum Schluss darf ich mir wünschen, da gleich Kollege Strache herauskommt, dass er vielleicht kurz dazu (der Redner hält eine Tafel mit einem Foto Jörg Haiders und dem Text, den er in der Folge verliest, in die Höhe) Stellung nimmt und auch einmal klar sagt, dass diese Art von Politik nicht eine Politik ist, die zukunftsfähig ist.

Sie sehen hier Jörg Haider, der 2007 Folgendes gesagt hat: „Wir werden den Löwen­anteil der Hypo-Millionen für die kommenden Generationen anlegen. Damit handeln wir im Sinne der jungen Menschen dieses Landes nachhaltig und zeigen Weitblick. Des-


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wegen wird Kärnten reich.“ (Abg. Riemer: ..., das ist eine Schande! – Ruf bei der FPÖ: Ist das Werbung?)

Ganz ehrlich, das muss klar sein: Kärnten wurde nicht reich, Österreich wurde dadurch nicht reich. Es geht nicht um Millionen, die angelegt worden sind, es geht um Milliar­den, die bezahlt werden müssen, auch von der kommenden Generation. Die Verant­wortung dafür trägt in erster Linie die FPÖ. Sagen Sie bitte auch etwas dazu. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Riemer: ... Foto hausieren gehen, das ist eine Schande!)

15.56


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Rauch. Ich stelle Ihnen 5 Minuten Redezeitbeschränkung ein und erteile Ihnen das Wort.

 


15.57.14

Abgeordneter Mag. Johannes Rauch (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Finanzminister! Ich denke, das Entscheidende ist, was der Finanzmi­nister vor wenigen Minuten zu dieser Sache gesagt hat: Man muss sich immer vorstel­len, in welchem Umfeld sich das Ganze ereignet hat, wie der Druck war, wie die Situa­tion damals war. Das bitte ich alle Redner und alle, die das Thema Hypo wahrschein­lich noch monatelang diskutieren – wahrscheinlich dann auch in einem U-Ausschuss –, zu berücksichtigen.

Ich will aber noch einmal – und das möchte ich dem Kollegen Werner Kogler nicht er­sparen (Zwischenruf des Abg. Brosz) – zurückgehen zu jener Zeit, als diese Griss-Kommission eingerichtet wurde, man kann Ihnen diese Zitate nicht ersparen. Ich er­innere mich, wie das damals war: Es wurde Michael Spindelegger kritisiert, es wurde die Regierung kritisiert, es wurden die Regierungsparteien kritisiert, als Michael Spin­delegger diese Untersuchungskommission der Richterin Irmgard Griss einsetzte. Und man kann es Ihnen nicht ersparen, die Zitate von damals und die Zitate von heute zu vergleichen. Ich gebe zu, Sie haben es gestern revidiert, das muss man anerkennen, aber trotzdem, man muss einfach einmal betonen, was Sie damals gesagt haben. (Zwi­schenruf des Abg. Kickl.)

Kollege Podgorschek sagte damals hier im Hohen Haus: „Und Sie missbrauchen eine honorige Richterin. Frau Dr. Griss ist eine durchaus honorige Richterin, und sie wird von Ihnen nur missbraucht!“ – Das haben Sie in der 18. Sitzung des Nationalrates ge­sagt. (Abg. Podgorschek: Haben Sie gestern überhaupt aufgepasst? – Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Gestern, 10. Dezember: „Meine erste Erkenntnis ist, dass ich meine Meinung über Frau Dr. Griss zu 100 Prozent zu revidieren hatte.“ (Abg. Rossmann: Und jetzt zum The­ma!) – Sie, Herr Kollege Rossmann, haben überhaupt nicht zum Thema geredet. Ich re­de schon zum Thema.

Ich weiß, das ist unangenehm für Sie (Abg. Strache: Haben Sie gestern zugehört? Da waren Sie wahrscheinlich wieder irgendwo!), aber das zeigt und beweist auch Ihre po­litische Einschätzungskraft und das beweist auch, dass die Frage zu stellen ist – und da bin ich mir eben nicht so ganz sicher –, ob Sie mit Ihrer jetzigen Linie immer am richtigen Dampfer sind (Zwischenruf des Abg. Brosz), wenn Sie nicht einmal eine Griss-Kommission richtig einschätzen können. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei FPÖ und Grünen.)

Kollege Kogler am 30. April 2014: „Diese Kommission ist von vornherein infiziert, da kann nichts Gesundes herauskommen.“

Gestern: „Ja, ich muss zugeben, ich bin selber überrascht, positiv überrascht, dass die Arbeitsweise und die Bewertungsweise nicht nur schärfer, weil mir jetzt das Ergebnis


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passt, sondern klarer und stringenter ausgefallen sind, als ich das erwartet habe. Es ist intensiv gearbeitet worden“.

So viel zu Ihrer Fähigkeit, politische Dinge richtig einzuschätzen. (Abg. Glawischnig-Piesczek: ... nichts zu tun! Reden Sie über den Inhalt! – Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Oder Kollege Rainer Hable von den NEOS. – Was regen Sie sich denn so auf? Es pas­sieren Ihnen ja laufend Fehleinschätzungen in Ihrer Politik, und da sind Sie offenbar völlig danebengelegen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl: So wie Sie beim Wahl­kampfbudget!)

Kollege Hable meinte: „Diese Pseudoersatzveranstaltung, das ist völlig absurd!“

Der hat dann zwar nichts mehr gesagt, da musste dann der Parteichef ausrücken. Auf Twitter Matthias Strolz am 3. Dezember: „Hat mich beeindruckt.“ (Abg. Kickl: So wie Sie bei Ihrem Wahlkampf, Herr Kollege!) – Ich weiß schon, Sie hören es nicht gern.

Aber auch Kollege Lugar meinte genau das Gleiche – in Orange diesmal, oder ich weiß nicht, was seine Parteifarbe jetzt ist, sie war einmal Orange.

Lugar am 30. Mai 2014: „Untersuchung durch Griss-Kommission sinnlos. () Die Griss-Kommission ist reine Augenauswischerei.“

Gestern, am 10. Dezember, Kollege Lugar: „ dieser Griss-Bericht, den ich auch sehr schätze.“

So viel zu Ihrer politischen Einschätzungskraft! (Abg. Brosz: Was steht im Bericht drin­nen?) Und so viel auch zu Ihren Meinungen, wenn Sie immer alles besser wissen, was man bei der Hypo Alpe-Adria alles hätte machen können! Da kann ich Ihnen allen nur gratulieren: Sie sind politisch komplett danebengelegen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Das ist unfassbar!)

Aber Sie waren in guter Gesellschaft. Man soll es nicht tun, aber man muss auch Me­dien zitieren. Natürlich sind auch einige Medien danebengelegen.

Eine Tageszeitung schrieb: „Ein armseliger Versuch, das System der großen Koalition samt Unterholz über die Distanz zu retten.“ (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Strache.)

Beruhigen Sie sich, auch die Medien liegen ab und zu daneben! Aber so, wie Sie dane­bengelegen sind, das ist wirklich bemerkenswert. (Abg. Neubauer: Sie liegen jetzt da­neben!)

Kollege Krainer hat es zuvor schon gesagt: In der ganzen Diskussion sollte man nicht vergessen, wer hier der Brandstifter war, wer das alles verursacht hat und wer dann in einem Notfall zum Löscheinsatz gekommen ist. Das sollte man nie vergessen!

Und das sagt auch der Griss-Bericht: Man soll schon dort beginnen, wo das Übel sei­nen Ursprung hat, wo dieser Skandal, dieses Milliardendebakel seinen Anfang hat. Und der Bericht zeigt klar und deutlich die Wurzel des Problems: Das sind die exorbi­tanten Haftungen, die das Land Kärnten für die Hypo Alpe-Adria übernommen hat. Die Haftungen unter der Ära Haider, begonnen mit 3 Milliarden (Zwischenrufe bei der FPÖ) – ich weiß schon, Sie hören es nicht gerne –, endeten mit 24 Milliarden im Jahr 2007, wo die BayernLB die Mehrheit übernommen hat. (Abg. Rossmann: Und die ÖVP hat alles super gemacht!)

Das Risiko für Kärnten war nicht kalkulierbar, wurde aber bewusst in Kauf genommen. Warum hat man es in Kauf genommen? – Weil man mit den Einnahmen für das Land Kärnten in Form von Haftungsprovisionen gerechnet hat.

Interessant ist auch Folgendes, und das ist an die Fraktion der Grünen gerichtet: Den Landtagsbeschluss am 22. April 2004 haben Sie mitgetragen. Dieser wurde im Kärnt-


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ner Landtag einstimmig angenommen. Interessant auch: Keine einzige Wortmeldung der grünen Fraktion im Kärntner Landtag! Auch das ist bezeichnend. (Abg. Kogler: Das ist ein Wahnsinn: Es gibt einen noch Scheinheiligeren in Ihrer Partei!)

Die oberste Richterin Griss bestätigte im Rahmen einer Diskussion „Im Zentrum“ letzte Woche, dass der wahre Sündenfall (weitere Zwischenrufe bei den Grünen) – die Auf­rechterhaltung der Haftungen, wo Ihr Kollege Holub mit Überzeugung zwar mitge­stimmt hat, aber kein Wort von sich gegeben hat – die Ausstattung mit dieser unbe­schränkten Landeshaftung war. Das war das Problem an der Sache! Nur dadurch konnte dann die Hypo jahrelang ihre uns jetzt allseits bekannte hochriskante Expan­sionspolitik in Südosteuropa betreiben. (Abg. Brosz: Das waren Landtagsbeschlüsse!)

Neben all diesen Haftungsprovisionen hat es noch klassische FPÖ-Haider-Kärnten-Schmankerl gegeben. Man muss sich das schon einmal auf der Zunge zergehen las­sen: 2 Millionen € für die marode Fluglinie Styrian – ohne jede Sicherheit und per Mail von Herrn Haider bei Kulterer angefordert!

Herr Kulterer hat dazu im Zuge des diesbezüglichen Prozesses gesagt: „Das war in Kärnten damals eben die gängige Praxis.“

Man hat sich auch eine halbe Million Euro für ein Formel-1-Team geleistet. Man hat 2,5 Millionen € der BayernLB für das Klagenfurter Fußballstadion ausgegeben.

Das sind alles wunderbare Schmankerl. Das ist alles Ihre Partei gewesen. Ich weiß schon, Herr Kollege Kickl, Sie lachen jetzt, aber den Bürgerinnen und Bürgern vergeht das Lachen, wenn sie solche Sachen hören. (Abg. Kickl: Das ist ja peinlich für Ihre Partei! Peinlicher geht es nicht mehr!) – Ihre Partei in Kärnten ist peinlich gewesen! Sie waren damals als Redenschreiber von Herrn Haider mit dabei. Sie wissen das alles oh­nehin besser als ich.

Aber ich bin schon gespannt, denn jetzt kommen wir dann zum Untersuchungsaus­schuss, ob Sie dann so mutig sind, dass wir den Prüfauftrag so fassen, dass wir alles prüfen. (Abg. Strache: Das ist im Kärntner Landtag schon untersucht worden!) Ich glaube, Sie werden heute schon schlecht schlafen. Sie würden gerne nur die Notver­staatlichung prüfen, weil das für Sie viel angenehmer wäre. Da könnten Sie Mut be­weisen!

Wir prüfen wirklich das gesamte Desaster, ausgehend von Kärnten, und dann werden wir sehen, ob Sie zu einer Aufklärung in diesem Hypo-Milliardendesaster bereit sind. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Unglaub­lich!)

16.05


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Stra­che. Ich erteile es ihm.

 


16.05.24

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Finanzminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon interessant, wenn man meinen Vorredner, Herrn Rauch, hier etwas näher analysiert. Da frage ich mich schon: Sind Sie zu einer Selbstreflexion in irgendeiner Art und Weise überhaupt fähig, Herr Kollege Rauch? Denn: Was Sie hier zum Besten gegeben haben, war eine Sammlung von Zitaten der Opposition oder mancher Oppositionspolitiker, die zu Recht damals kritisch waren und zu Recht damals nach 21 Untersuchungsausschussanträ­gen, die von Rot und Schwarz abgelehnt worden sind, skeptisch waren und befürchtet haben, dass diese Regierung wieder alles zu vertuschen versuchen wird. (Beifall bei der FPÖ.)


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Diese Skepsis ist damals zum Ausdruck gekommen! Und alle aus der Opposition ha­ben nach Vorlage des Berichts der Frau Dr. Griss „mea culpa!“ gesagt. Alle – oder hören Sie nicht zu? Sie hätten gestern da sein sollen. Sie hätten die letzten Wochen und Tage die Diskussion mitverfolgen sollen, etwa jene „Im Zentrum“ am Sonntag oder sonstwo. Alle von den Oppositionspolitikern haben gesagt: Wir müssen uns bei Frau Dr. Griss entschuldigen, weil wir uns getäuscht haben!

Größten Respekt und Anerkennung für ihren seriösen und objektiven Bericht, weil sie mutig ist! Sie hat auch Dinge aufgedeckt, mit denen das Haider-Bashing der letzten fünf Jahre von Rot und Schwarz ad absurdum geführt wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Heute hat auch der Finanzminister Schelling auf einmal gesagt, nach dem Griss-Be­richt sollten wir endlich von Schuldzuweisungen in der Hypo-Causa Abstand nehmen. Die Griss-Kommission ist nämlich zu der Erkenntnis gelangt, dass zwar in der Haftungs­frage selbstverständlich der Ursprung einer fehlerhaften Entwicklung in Kärnten liegt, beginnend unter einem ÖVP-Landeshauptmann Zernatto im Jahr 1993, weitergehend mit Erhöhungen, die unverantwortlich waren, dass aber klar herauskommt, dass SPÖ und ÖVP überall dabei waren. Da waren alle Parteien mit dabei!

Ja, das ist ein Fehler gewesen! Aber bei allen weiteren Fehlentwicklungen waren nur mehr SPÖ und ÖVP dabei, nur mehr die beiden regierungsverantwortlichen Parteien, und zwar ab dem Zeitpunkt der Verstaatlichung ohne Not, zu der es sehr wohl Alterna­tiven gegeben hätte, wie im Griss-Bericht steht. (Beifall bei der FPÖ.)

Genau dort beginnt das Drama in drei Akten, wo uns nur mehr rote und schwarze Ver­antwortungsträger diesen Wahnsinn eingebrockt haben! – ein Wahnsinn, den die öster­reichischen Steuerzahler mit vielleicht bis zu 20 Milliarden € letztlich zu begleichen haben.

Und ich frage mich: In welcher Interessenslage hat man diese Verstaatlichung vorge­nommen? Warum hat man sich über den Tisch ziehen lassen? Warum hat es keine Rechtsberater gegeben, die den Vertragszustand überprüft hätten? Warum hat es kei­ne Strategie gegeben? Was ist der Grund dafür? Was hat damals Josef Pröll als den damaligen Finanzminister letztlich so Angst gemacht? War im Hintergrund nicht nur Trichet, der im Übrigen geleugnet hat, da interveniert zu haben, was immer wieder fälsch­lich hier behauptet wird? Sind da ganz andere Druckmechanismen, etwa von Gläubi­gern, in Gang gesetzt worden, vielleicht sogar vom Raiffeisen-Konzern, der dann als Dankeschön nach einer Verstaatlichung, wo man die Gläubiger freigespielt hat und die österreichischen Steuerzahler zur Kasse gebeten hat, Josef Pröll ganz weich im Raiff­eisen-Konzern wieder aufgefangen hat? (Beifall bei der FPÖ.)

All diese Mechanismen sind aufzudecken, denn das ist der Kriminalfall! Und die Ver­staatlichung ohne Not ist letztlich der Akt, wo der Brand endgültig entfacht worden ist. Durch diese Verstaatlichung hat man den Brand entfacht. Hätte man nämlich nicht ver­staatlicht – und das kommt im Griss-Bericht deutlich heraus –, dann wäre der Schaden zu minimieren gewesen. Mit 6 bis 8 Milliarden € hätte die Bayerische Landesbank, wie aus allen Unterlagen hervorgeht, sicher keine Insolvenz in Betracht gezogen. Es ist in allen Papieren heute nachlesbar, dass sie dieses Risiko niemals in Kauf hätten neh­men können, weil letztlich die Bayerische Landesbank hätte geradestehen müssen und weil auch das Land Bayern hätte geradestehen müssen und weil der deutsche Wirt­schafts- und Bankenstandort sich das gar nicht hätte leisten können. – Genau das ist der entscheidende Punkt! (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Und jetzt frage ich: Warum? – Das alles steht im Griss-Bericht. (Zwischenruf des Abg. Krainer.) Auch die Partikularinteressen Ihrer Partei haben da eine Rolle gespielt, in­dem man dann nach einer unverantwortlichen Verstaatlichung jahrelang nichts gemacht hat, Herr Krainer.

Durch die jahrelange Untätigkeit ist der Schaden noch einmal maximiert worden, um mehrere Milliarden erhöht! Ja, weil man untätig geblieben ist, weil da ganz andere In-


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teressen eine Rolle gespielt haben – und da sind wir wieder beim Haider-Bashing, nicht wahr, gegen einen, der sich nicht mehr wehren konnte.

Genau das ist die Methode, und das hat ja auch die Griss-Kommission klar herausge­arbeitet, dass letztlich die ÖVP-Finanzminister – ja, die Minister Pröll, Fekter, Spindel­egger – in dem Fall die Verantwortung für diesen Prozess hatten. Mit dabei war dann auch der Staatssekretär Schieder, der heute als Klubobmann versorgt ist; dabei war der Staatssekretär Lopatka, der heute als Klubobmann versorgt ist – ja, Sie alle waren da Beteiligte und tun heute so, als wäre Ihr Name Hase und Sie hätten von nichts ge­wusst! Das ist ja unglaubwürdig, und genau das gilt es herauszuarbeiten. (Beifall bei der FPÖ.)

Herauszuarbeiten gilt es auch Ihre Handlanger aus dem Bankensektor, die letztlich mit­geholfen haben, durch Interessenslagen den Österreichern einen wirtschafts- und fi­nanzpolitischen Super-GAU zu hinterlassen, anstatt die berechtigten Forderungen der Oppositionsparteien auf eine geordnete Insolvenz nach dem angerichteten Verstaatli­chungsschaden zu überprüfen!

Alles an Diskussion hat man hier abgelehnt! Wieder war Alternativlosigkeit das The­ma – es gibt immer Alternativlosigkeit bei Ihnen! Also, ich denke mir, wenn ein Politiker alles als alternativlos sieht, dann hat er doch den falschen Job gewählt! Es gibt immer Alternativen! (Beifall bei FPÖ, Grünen, Team Stronach und NEOS. – Abg. Kogler: Rich­tig, immer!)

Es gibt immer zu disponierende unterschiedliche Szenarien, wo man letztlich die bes­te Möglichkeit zu wählen hat, in Verantwortung für unsere Staatsbürger und Steuerzah­ler. Genau das ist es, was da herauszuarbeiten ist! (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Es geht nicht nur um Milliardenverluste, Arbeitsplatzverluste und natürlich eine Schädi­gung des Standortes – und all das ist letztlich im Bericht der Untersuchungskommis­sion vorhanden –, sondern auch darum, dass hier ein Versagen vorliegt, wo entschlos­senes Handeln nunmehr notwendig ist. Und da sind wir beim jetzigen Finanzminister.

Ich freue mich, dass die jahrelange freiheitliche Forderung, nämlich eine Klage gegen die Bayern wegen Irrtumsanfechtung zu erheben, offenbar endlich seit heute feststeht. Ich sage, Irrtumsanfechtung ist notwendig, denn wir sind natürlich getäuscht worden! Es geht ja aus vielen Belegen und Unterlagen der Bayern hervor, dass wir bewusst getäuscht worden sind! Aber – ich möchte jetzt den Begriff nicht verwenden – da ge­hören schon ein paar Unvermögende dazu, die sich in dieser Art und Weise täuschen lassen! Oder vielleicht sind sie gar nicht so unvermögend und haben bewusst in Kauf genommen, den Schaden auf die Steuerzahler umzuwälzen?! Dann sind wir beim Kri­minalfall Hypo! Ich glaube, dass wahrscheinlich Zweiteres der Fall ist, dass es um ei­nen bewusst hingenommenen Schaden geht, den man auf die Steuerzahler überge­wälzt hat, um Gläubiger letztlich herauszuhalten. Genau das gilt es aufzuklären –, und zwar spät, aber doch!

Wobei sich natürlich die Frage stellt: Warum erst so spät, warum nicht schon früher?! Wird diese Klage gegen die Bayern jetzt endlich in Gang gesetzt?! – Weil sie notwen­dig ist, weil sie natürlich auch insgesamt die Verhandlungsposition verbessert für Ös­terreich – wenn man überhaupt noch die Chance ergreifen will, über den Verhand­lungsweg, über einen Ausgleich mit den Bayern, eine Einigung zu erreichen.

Ich sage Ihnen, das hätte man alles schon im Jahr 2011 wissen müssen. Damals war dieser unglaubliche Vertrag letztlich in der Öffentlichkeit bekannt – ein Vertrag mit sit­tenwidrigen Klauseln, die zum Beispiel den vollen Verzicht auf die Gewährleistung des Verkäufers, also der Bayerischen Landesbank, beinhalteten.

Ich bringe es immer wieder in einem Beispiel: Wenn eine Bank verkauft wird, ist das so, als ob man ein Auto verkauft. Wenn ich einen VW-Golf verkaufe, dann kommen die


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Prüfer und schauen sich das Auto rundherum an. Dann wird festgestellt: Der Motor ist in Ordnung, die Karosserie ist in Ordnung – und dann gibt es einen Kaufpreis und ei­nen Vertrag. Drei Jahre später kommt dann der Käufer und sagt: Also bitte, bei aller Wertschätzung, jetzt habe ich einen Motorschaden nach drei Jahren, nehmt euer Auto bitte wieder zurück und kommt für den Schaden auf! – Na, dann wird jeder Verkäufer zu Recht sagen: Da stimmt ja was nicht, wie komme ich dazu?! Das ist ja gar nicht mehr mein Auto, das ist drei Jahre später passiert! (Abg. Krainer: Sie haben eine Haf­tung übernommen!)

Aber das ist genau der Punkt, und da sind wir wieder beim Thema Haftung. Dazu hat Professor Chini von der Wiener Wirtschaftsuniversität ein Gutachten geschrieben. Dem­nach haben die Bayern selbstverständlich durch den Mehrheitseigentümer der Baye­rischen Landesbank und wegen deren weiterer Expansionspolitik bei weiterer Bilanz­explosion, die die Bayern auch zu verantworten hatten, natürlich auch – als Mehr­heitseigentümer! – eine Verantwortung! Diese Mitverantwortung hätte Bestand ge­habt, hätten wir nicht verstaatlicht!

Die Bayern hätten mit ihren sechs bis acht Milliarden Euro, die sie riskiert hätten, na­türlich geradestehen müssen! Die Bayern hätten sich selbstverständlich überlegt, ob sie – wenn wir Partizipationskapital zuschießen – bereit sind, die Bank wieder in eine gute wirtschaftstragfähige Richtung zu führen. Es hätte Möglichkeiten gegeben, diesen Schaden abzuwenden. Und genau das verdecken Sie und verstecken Sie! Das hat ja die Frau Dr. Griss auch im Bericht bestätigt.

Die Abbaugesellschaft statt einer geordneten Insolvenz war dann noch einmal eine schlechtere Lösung. Interessanterweise sagt ja auch der Finanzexperte Androsch – ja, ein interessanter Finanzexperte für Sie, denn auch wenn sie getilgt ist, hat er einmal eine Vorstrafe kassiert, das wird heute so gerne vergessen, ist getilgt, keine Frage –, jedenfalls, der große Finanzexperte der SPÖ sagt: Insolvenz wäre eigentlich nach wie vor ein kluger und richtiger Weg, und wir müssten ihn rasch andenken, da wir nur noch bis Juni kommenden Jahres Zeit haben, das in der Richtung abzuwickeln. Angeblich kann sich sogar der Finanzminister Schelling damit anfreunden, aber er sagt noch nichts dazu, da sind wir noch gespannt!

Aber all das waren Vorschläge der Opposition, die Sie verteufelt haben, wo Sie sich hingestellt haben und gesagt haben: Na, die Opposition – entsetzlich, die Vorschläge und Überlegungen der Opposition, das würde das Land ins Desaster führen, nicht?! Das sind immer Ihre krusen Verschwörungstheorien, die Sie in Wahrheit haben! Denn in Wahrheit sind wir im Griss-Bericht in allem, was wir in den letzten Monaten gesagt haben, bestätigt worden.

Deshalb ist natürlich Ihre Aufregung heute auch verständlich: Schließlich ist das ganze System des Haider-Bashing, also die Version, dass dieser eine Mann alleine schuld sein soll, in sich zusammengebrochen! Das ist ein Verflechtungssystem, wo heute nach wie vor die Verantwortungsträger in Amt und Würden sind oder irgendwo auf tollen Posten untergebracht worden sind, wenn wir dann von politischer Verantwortung spre­chen. Der Josef Pröll ist untergekommen. Die Finanzministerin sitzt als Abgeordneter hier. Schieder ist als Klubobmann untergekommen und Lopatka auch als Klubobmann. Der Herr Nationalbankdirektor Nowotny ist nach wie vor im Amt. Der Peschorn ist auch im Amt. Alle Verantwortlichen bis hin zum Helmut Ettl, dem Vorstand der FMA, und zum Nationalbankdirektor Kurt Pribil von der ÖVP: Alle sind noch im Amt!

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Klubobmann, ich darf Sie um den Schlusssatz bitten!

 


Abgeordneter Heinz-Christian Strache (fortsetzend): Ja, ich komme schon zum Schlusssatz: Wo ist die politische Verantwortung? – Die hauptverantwortliche Person ist der Kanzler, der eigentlich zurücktreten sollte! (Beifall bei der FPÖ.)

16.16



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Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abge­ordneter Krainer zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, ich mache auf die diesbezügli­chen Bestimmungen der Geschäftsordnung aufmerksam. – Bitte.

 


16.16.43

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Klubobmann Strache hat hier – wieder einmal – unter Berufung auf einen Honorarprofessor der Wirtschaftsuniversität behaup­tet, dass sich durch den Verkauf die Haftungskette gedreht und durch die Verstaatli­chung wieder umgedreht hätte.

Klubobmann Strache behauptet – leider mittlerweile wider besseres Wissen – immer wieder, dass der Freistaat Bayern für die Hypo gehaftet hätte. (Abg. Neubauer: Schö­ne Rede!)

Wahr ist vielmehr: Der Freistaat Bayern hat zu keiner Minute für die Hypo gehaftet, sondern immer – zu jedem Zeitpunkt! – das Land Kärnten mit den Haftungen. (Anhal­tende Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Um Ihr Bild zu komplettieren: Wenn ich ein Auto verkaufe und gleichzeitig die Haftung abgebe, für zehn Jahre alle Schäden zu zahlen, dann darf ich mich nicht wundern, wenn ich am Ende zahlen muss. (Abg. Kickl: Das war keine tatsächliche Berichtigung, das war ja eine Rede!)

16.17


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Klubvorsitzende Dr. Nach­baur. – Bitte.

 


16.17.43

Abgeordnete Dr. Kathrin Nachbaur (STRONACH): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Regierungsmitglieder! Kollegen im Hohen Haus! Sehr geehrte Steuerzahler! Wenn Di­lettantismus, Überforderung, Selbstüberschätzung und Verantwortungslosigkeit zusam­mentreffen, dann entsteht eine sehr gefährliche Mischung, und genau durch diesen fa­talen Mix – gemeinsam mit dem völligen Kontrollversagen aller Mechanismen – kam es zu diesem finanziellen Super-GAU rund um die Hypo Alpe-Adria-Bank. Dabei haben auch viele kriminelle Elemente eine Rolle gespielt, die noch durchleuchtet werden müssen.

Der Griss-Bericht zeigt eine Chronik des Versagens, des Scheiterns und der politi­schen Willkür. Es könnte um bis zu 20 Milliarden € gehen, wie wir wissen. Damit man sich da was vorstellen kann, sehr geehrte Steuerzahler: Das wäre ungefähr das Pfle­gegeld für unsere Senioren für acht Jahre!

Ein solches Desaster hätte anderswo selbstverständlich drastische Konsequenzen und hätte zu sofortigen Rücktritten geführt – aber nicht so in Österreich! Wo bleibt hier ei­gentlich der Aufschrei der Medien, der Aufschrei der sogenannten vierten Gewalt, die die Kontrollfunktion in einer Demokratie auszuüben hat?! Bei uns sitzen alle Verant­wortlichen nach wie vor bequem auf ihren Stühlen. In Wirklichkeit ist diese ganze Sa­che eine demokratiepolitische Bankrotterklärung des rot-schwarzen Systems, das sich in alle relevanten Lebensbereiche der Gesellschaft hineingedrängt und dort festgesaugt hat. (Beifall beim Team Stronach.)

Politik dient hierzulande leider schon lange nicht mehr dem Wohl der Allgemeinheit, son­dern vor allem dem Machterhalt der herrschenden politischen Kaste und ihren Günst­lingen. Der Griss-Bericht ist nämlich weit mehr als nur ein Faktenbericht über die Hypo Alpe-Adria-Bank, er zeichnet in Wirklichkeit ein rot-schwarzes Sittenbild und zeigt, wie es wirklich zugeht in unserem Land!

Er zeigt nicht nur den Dilettantismus und die Unfähigkeit der jeweiligen Akteure auf, sondern er ist auch ein politischer Beleg dafür – und das hören wir heute auch zum wie-


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derholten Male –, dass es vor allem der SPÖ darum ging und geht, daraus politisches Kleingeld gegen die FPÖ zu schlagen.

Nein, ich verteidige den Herrn Haider nicht, der hat wirklich genug Unsinn gebaut. Aber Frau Dr. Griss hat ganz klar herausgearbeitet, die Einzeltätertheorie ist hinfällig. Jetzt alles in den Sarg hineinzuschieben, sehr geehrte Kollegen von der SPÖ, das ist zu bil­lig, das können Sie jetzt nicht mehr machen. (Beifall bei Team Stronach und FPÖ.)

Der Großteil des Milliardenschadens geht nämlich auf die Verstaatlichung durch die di­lettantisch agierende Regierung zurück, die in enger Abstimmung mit dem Bundes­kanzleramt erfolgt ist, und zeigt sich auch nach der Verstaatlichung. Man hat sich von den Bayern wirklich gnadenlos über den Tisch ziehen lassen, ohne Strategie, ohne ausreichenden Informationsstand, ohne Alternativszenarien entwickelt zu haben, ohne Zuziehung von irgendwelchen Insolvenz- oder Gesellschaftsrechtlern und ohne Due Dili­gence.

Man hat eine Lösung jahrelang verschleppt, nur um das Budget ja nicht schlecht aus­sehen zu lassen. Und da muss man sich fragen: Was war die Motivlage? Kann es sein, dass diese rot-schwarzen Rachegelüste an jenem Mann, der die großkoalitionäre Schre­bergartenidylle ein paar Jahre unterbrochen und jedenfalls empfindlich gestört hat, nun die Österreicher Milliarden Euro kosten wird? Oder – und das ist für mich die relevan­teste Frage, die bis dato unbeantwortet blieb – ging es darum, die größten Gläubiger zu schützen?

Wer waren denn die größten Gläubiger zum Zeitpunkt der Notverstaatlichung? Warum wird das nicht beantwortet? Spätestens im Untersuchungsausschuss werden wir hof­fentlich wissen, wer da wirklich mit Steuergeld gerettet wurde.

Es ist den verantwortlichen Akteuren jedenfalls anscheinend nie darum gegangen, das Hypo-Desaster zum Wohl des Staates und der Steuerzahler möglichst kostengünstig zu beenden. Und man fragt sich: Wo sind die Konsequenzen? Bis heute kein Köpfe­rollen, weder für die Politiker noch für ihre Helfershelfer in der Aufsicht oder in der No­tenbank. Es gehören endlich alle vor den Vorhang!

In Wirklichkeit müssen wir aber unser demokratisches System als Ganzes hinterfragen, wenn eine politische Klasse für ihr Tun, selbst wenn es noch so fahrlässig oder sogar vielleicht kriminell ist, nicht zur Verantwortung gezogen wird, während man als ganz normaler Bürger und vor allem als Unternehmer aufgrund unklarer Gesetze ganz leicht mit einem Fuß im Kriminal steht. Da ist das Vertrauensverhältnis zwischen Bevölke­rung und Regierung schwer gestört und Politikverdrossenheit nur eine der harmloseren Folgen. Da müssen wir sehr wachsam sein, denn politische Willkür gibt es in Diktatu­ren. (Beifall bei Team Stronach und FPÖ.)

Was die Zukunft anlangt, wäre es sehr schön, wenn man alles rückabwickeln könnte. Aber ich frage mich, wie das funktionieren soll. Ich glaube, die Irrtumsanfechtung kann man spätesten seit der Sendung „Im Zentrum“ am Sonntag vergessen, wo der Auf­sichtsratschef der FIMBAG, Herr Androsch, den ich auch aufgrund seiner SPÖ-kriti­schen Interviews in letzter Zeit sehr schätze, gemeint hat, was er denn hätte von der FIMBAG aus prüfen sollen, nachdem ohnehin schon OeNB und FMA alles geprüft hat­ten. Jetzt müssen die Bayern doch wirklich von vorgestern sein, wenn sie uns jetzt noch einen Irrtum abnehmen.

Was ich auch ganz interessant finde: Es wurde live im Fernsehen besprochen, dass wir gegenüber den Bayern eine Doppelstrategie fahren werden. Ja glaubt man wirklich, die Bayern können keinen österreichischen Sender empfangen, oder wie? (Ironische Heiterkeit bei der FPÖ.) Es schaut so aus, dass man genauso dilettantisch weiter­macht, wie man bisher gearbeitet hat.


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Ich hoffe, dass es hier vielleicht auch eine außergerichtliche Einigung geben kann, denn der Prozess wird sicher von unklarem Ausgang sein, wieder einen Haufen Geld kosten. Jetzt gilt es aber, die Kosten für die Steuerzahler absolut zu minimieren, sofern das noch möglich ist.

Wir müssen die Balkantöchter natürlich rasch verkaufen. Da die Griss-Kommission auf allen Ebenen unprofessionelles Verhalten bei der Verstaatlichung und den darauf fol­genden Vorgänge vorgeworfen hat, hoffe ich, dass hier nicht weiter dilettiert wird und dass da rasch mit der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung ein Ziel erreicht wird, um die Töchter rasch los zu werden. Jeder Tag der Verzögerung bedeu­tet weitere Kosten für die Steuerzahler.

Ganz wichtig, ja in Wirklichkeit überlebenswichtig für unsere Demokratie ist, dass wir endlich ein Qualitätsnetz in unsere Politik einbauen, das die Machtnetzwerke zurück­drängt. Auch dem Rechtsstaat und der Medienwelt kommt hier eine ganz zentrale Rol­le zu. Der Filz muss in diesem Land endlich aufgelöst werden! (Beifall beim Team Stro­nach.)

Ganz wichtig ist auch, das Thema Korruption und die vielen kriminellen Aspekte rund um die Hypo Group Alpe Adria aufzuarbeiten, denn die Milliarden sind ja nicht einfach verschwunden, sondern vermutlich in mafiöse Strukturen am Balkan und diverse Steu­eroasen geflossen. Solch gewaltige Geldströme kann man mit einer forensischen Buch­haltung noch jahrelang nachverfolgen, und das muss dringend erledigt werden.

Letztlich brauchen wir auch endlich ein Insolvenzrecht für Gebietskörperschaften, um weitere Verträge der Bundesländer und anderer zulasten Dritter zu verhindern. Lan­deshaftungen gibt es nämlich nicht nur in Kärnten, sondern auch in vielen anderen Bun­desländern, teils in atemberaubender Höhe, wo rote oder schwarze Landeshauptleute die Chefs sind.

Und dieses Ammenmärchen von den zusperrenden Kindergärten und Krankenhäu­sern, das ist reine Panikmache, das hält einer Realitätsprüfung nicht stand und zeigt wieder, wie ahnungslos so mancher Berufspolitiker ist: keine Ahnung von der Wirt­schaft, vom Insolvenzrecht, aber groß die polemische Klappe offen! (Beifall bei Team Stronach und FPÖ.)

Die österreichischen Bürger und Steuerzahler ...

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete, ich glaube, dass es auch im Rahmen einer leidenschaftlichen Diskussion nicht notwendig ist, dass es beleidigende Äußerun­gen gibt!

Bitte, Sie haben wieder das Wort.

 


Abgeordnete Dr. Kathrin Nachbaur (fortsetzend): Sie haben völlig recht, sorry! Die ös­terreichischen Bürger und Steuerzahler haben wirklich kompetentere Regierungsmit­glieder verdient, vor allem auch solche mit Rückgrat, die für ihre Taten geradestehen.

Sämtliche Akteure aus dem Land Kärnten, von der Bundesregierung, Abschlussprüfer, OeNB, Bankenaufsicht sind zur Verantwortung zu ziehen, und ich hoffe, dass die flei­ßigen und anständigen österreichischen Bürger bald das bekommen, was sie verdie­nen, nämlich eine fleißige und anständige Regierung, deren Interesse das Beste für das Land ist und nicht ihre eigene Machterhaltung, eine Regierung, die nicht aus­schließlich an sich selbst denkt, sondern die den Mut hat, diesen widerlichen Filz auf­zulösen, Menschen, die sich bereit erklären, eine Zeit lang ihrem Land zu dienen ohne Eigeninteressen, aus Patriotismus und aus Liebe zu diesem Land. – Danke. (Beifall bei Team Stronach und FPÖ.)

16.27


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Hab­le. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 164

16.28.06

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Werte Bürger und Bürgerinnen! Ich möchte mit ein paar Punkten beginnen, die Vorredner von mir jetzt angesprochen haben, die ich nicht so unkommentiert stehen lassen will.

Erster Punkt: Herr Finanzminister, Sie haben erwähnt, dass die Entscheidung im Jahr 2009 im Hinblick auf die sogenannte Notverstaatlichung sehr schwierig war, dass es internationalen Druck gegeben hat, dass der Staatskommissär vor der Tür gestan­den ist, dass alle möglichen Leute angerufen haben, von EZB bis Merkl aus Berlin.

Ja, natürlich, Sie haben völlig recht, das war eine sehr schwierige Situation, die zu be­wältigen war. Aber wissen Sie, für wen all diese Umstände noch gegolten haben, außer der österreichischen Bundesregierung, nämlich viel mehr gegolten haben? – Für Bayern! (Ruf bei der FPÖ: Richtig!)

Für den Freistaat Bayern haben all diese Argumente, die Sie angeführt haben, viel mehr gegolten als für die österreichische Bundesregierung: der internationale Druck, der Staats­kommissär, die Anrufe. Also wenn mich in dieser Situation die Kanzlerin Merkl anruft oder der EZB-Präsident, dann würde ich denen einmal ausrichten: Vielen Dank für Ih­ren Anruf, aber ihr habt die falsche Nummer erwischt! Ihr solltet zuerst einmal in Mün­chen anrufen, denn dort sind die Eigentümer der Hypo Alpe Adria, nämlich Bayern.

Zweite Punkt: die vielzitierte Landeshaftung. Die wird ja immer sozusagen als die Ur­mutter des Problems dargestellt. Die Landeshaftung sind also für Rot und Schwarz das Urproblem, und alles in der Folge wäre nur deswegen passiert, weil es die Landes­haftungen gegeben hat. (Abg. Strache: Warum habt ihr zugestimmt? Der Kaiser, der heute Landeshauptmann ist, war dabei!)

Dann möchte ich Sie daran erinnern, was Sie, SPÖ und ÖVP, hier in diesem Haus beschlossen haben, nämlich das Hypo-Sondergesetz, und daran, was Sie mit diesem Gesetz mitbeschlossen haben. Sie haben dieses Hypo-Sondergesetz mitbeschlossen, das diese Landeshaftungen für null und nichtig erklärt, zumindest einen Teil davon. Und dann frage ich Sie: Was sind jetzt diese Landeshaftungen? Sind sie die Urmutter aller Probleme oder sind das Haftungen, die man per Bundesgesetz einfach von heute auf morgen für null und nichtig erklären kann? Da sollten Sie sich endlich einmal ent­scheiden! (Abg. Strache: Warum habt ihr denn mitgestimmt?)

Nun zum dritten Punkt. – Kollege Krainer, ist er hier? – Leider rausgegangen, aber Sie können es ihm gerne ausrichten. Er hat das gestern schon falsch gesagt und heute wieder, deswegen müssen wir das endlich einmal berichtigen. Er hat nämlich gesagt, die Bayern sind vom Verhandlungstisch aufgestanden und mit genau 1 € nach Hause gefahren. Das hat er behauptet, gestern und heute. Es war gestern falsch und ist heute noch immer falsch. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Man muss es nicht uns glauben, aber man könnte im Griss-Bericht nachlesen. Dort steht es in der Kurzfassung – und ich hoffe, dass Sie zumindest die Kurzfassung ge­lesen haben. Auf Seite 11 wird angeführt, dass die Bayern auf 300 Millionen € Ergän­zungskapital verzichtet haben und auf weitere 525 Millionen € Darlehen. Das sind ins­gesamt 825 Millionen €, worauf die Bayern verzichtet haben.

Und dem steht gegenüber ein potenzieller Verlust – auch im Griss-Bericht nachzule­sen – von 6 bis 8 Milliarden €. (Abg. Matznetter: ...klagen können!)

Es ist also keine Rede davon, dass die Bayern mit dem gesamten Risiko nach Hause gefahren sind. Ganz im Gegenteil: Sie sind in die Verhandlungen mit einem Risiko von 6 bis 8 Milliarden € gegangen, und davon übrig geblieben sind nur 825 Millionen €! Die haben sich 5 bis 7 Milliarden € erspart! (Beifall bei den NEOS. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 165

Das ist die Wahrheit! Wie gesagt, wenn man es uns nicht glaubt, man kann es im Griss-Bericht nachlesen.

Und ich bitte, auch dem Kollegen Krainer auszurichten, wenn er schon auf tatsächliche Berichtigungen steht und das gerne macht, dann möge er sich doch bitte nach seiner Wortmeldung mit einer tatsächlichen Berichtigung melden und sich selbst korrigieren. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Nächster Punkt: der Griss-Bericht. Ich möchte nicht allzu viel zum Griss-Bericht sagen. Die Anerkennung kommt natürlich auch von unserer Seite, von den NEOS. Wir schät­zen es, dass die Dinge in überraschender Offenheit und Deutlichkeit angesprochen wur­den, was sicherlich ein positiver Schritt in Richtung Aufklärung war.

Aber was viel interessanter ist als das, was im Griss-Bericht steht, ist das, was im Griss-Bericht nicht drinsteht. Und im Griss-Bericht steht nichts zur Ursache dieses finanziellen Desasters beziehungsweise kann natürlich nichts darüber drinstehen, weil sie auch nicht Gegenstand der Untersuchungen war, dieses Desasters, das die öster­reichischen Steuerzahler im schlimmsten Fall 15 bis 20 Milliarden € kosten wird.

Und deswegen sage ich es immer wieder und höre nicht auf, es zu wiederholen und zu betonen: Die Ursachen sind nicht mangelhaftes Risikomanagement oder ein verfehltes Geschäftsmodell und auch nicht die Finanzkrise 2008, die immer wieder dafür heran­gezogen wird, nein, die Hypo Alpe-Adria ist deswegen in Schieflage geraten, weil es kriminelle Machenschaften gegeben hat, weil diese Bank systematisch ausgeräumt wor­den ist. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten von Team Stronach und FPÖ. –Ruf: Von wem ausgeräumt?)

Ja, Sie stellen die richtige Frage: Von wem? – Auch wir stellen diese Frage. Und des­wegen haben wir uns auch den Stand der Ermittlungen angeschaut.

Es ist in der Hypo unter anderem festgestellt worden, dass es mindestens 1 000 auf­fällige Kreditfälle gibt. Und ein Kreditfall ist ganz einfach dann auffällig, wenn das Kre­ditvolumen in einem unerklärlichen Missverhältnis zur Sicherheit steht. Das sind auffäl­lige Kreditfälle. Davon gibt es mindestens 1 000. Etwas weniger davon, nämlich 100, sind als Sachverhaltsdarstellungen bei der Staatsanwaltschaft gelandet, wobei man noch ergänzen muss, dass über 90 Prozent der Sachverhaltsdarstellungen in Sachen Hypo Alpe-Adria von der Bank selbst eingebracht worden sind.

Das ist natürlich ein Interessenkonflikt. Warum? – Weil diejenigen Leute, die für die Auf­klärung hier verantwortlich sind, in der Bank sitzen und einen Gehaltszettel der Bank haben. Und wenn – das ist unsere These und Überzeugung – dieser Schaden vor al­lem durch kriminelle Machenschaften entstanden ist, dann haben natürlich wesentliche Leute in der Bank auch kein Interesse daran, dass das aufkommt. Deswegen kann die­se Aufklärung natürlich nicht nur aus der Bank heraus bewerkstelligt werden.

Ein weiterer interessanter Punkt ist, dass über 90 Prozent der von der Staatsanwalt­schaft eröffneten Verfahren den Straftatbestand der Untreue betreffen. –15 bis 20 Mil­liarden Schaden, kriminelle Machenschaften von Anfang bis zum Ende, aber es wird in über 90 Prozent der Fälle wegen Untreue ermittelt, nicht wegen Betrugs oder schweren Betrugs! Das ist natürlich bemerkenswert. Aber es ist auch klar, was die Untreue er­möglicht. Bei Untreue müssen nämlich nicht die Geldbewegungen nachvollzogen wer­den, es gibt keine Ermittlung, wer denn die Begünstigten sind. Das heißt, genau diese Frage, wer denn das Geld bekommen hat, wird offensichtlich nicht aufgeklärt. (Abg. Strolz: Verschleiert!)

Weiters die Rückholquote bei einem Schaden von 15 bis 20 Milliarden €: Laut Medien­berichten sind bisher 150 Millionen € zurückgekommen, das sind mickrige 0,9 Prozent. 0,9 Prozent! (Abg. Strache: Aber in Beratungshonoraren!) – Das ist völlig richtig. Was


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nämlich noch nicht mit einberechnet ist, kann man in den Medien nachlesen. 62 Mil­lionen € haben alleine die externen Berater für Rechtsberatung und Forensik gekostet. (Abg. Strache: Bravo!) Das sind nicht die gesamten Beratungskosten, sondern nur in dieser Angelegenheit.

Es herrscht also ein unfassbares Missverhältnis zwischen der Schadenssumme und dem Vermögen, das für die Steuerzahler zurückgeholt wird. Und daher möchte ich auch ganz klar sagen, was jetzt zu tun ist, weil sich das auch die Bürgerinnen und Bürger er­warten. Sie möchten nicht nur die Fakten aufgeklärt haben, was jetzt unter anderem der Griss-Bericht gemacht hat, sondern sie fragen sich natürlich: Was ist jetzt zu tun? Was ist die Folge? Was ist die Konsequenz daraus? – Und daher muss klar festge­halten werden, dass das, was bisher geschehen ist, viel zu wenig ist und dass eine lü­ckenlose Verfolgung aller Geldbewegungen zu erfolgen hat. Es sind alle Begünstigten zu identifizieren und sämtliche kriminellen Machenschaften aufzudecken. Und das Ziel ist natürlich, die österreichischen Steuerzahler zu entlasten. (Beifall bei NEOS, FPÖ und Grünen.)

Dieser Mühlstein hängt seit 2009 um unseren Hals. Dieses Geld muss man zurückho­len. Das ist auch die Verantwortung der Bundesregierung. Hier stehen Kanzler Fay­mann und der gesamte Rest der Bundesregierung in der Verantwortung, dass für die Steuerzahler möglichst viel Geld zurückgeholt wird. Ich aber stelle nur fest, dass bisher nichts getan wurde.

Kollege Kogler hat es schon angesprochen: Verfassungsklage, ein gemeinsames Pro­jekt von NEOS, Grünen und FPÖ. Ich bedanke mich noch einmal herzlich, dass ihr die Einladung von uns angenommen habt. Nächste Woche wird sie eingebracht, werden wir es präsentieren. Auch das ist ein Weg, den Weg freizumachen für die Insolvenz und letztlich Geld für die Steuerzahler zurückzuholen. – Danke. (Beifall bei NEOS, FPÖ und Grünen.)

16.38


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abge­ordneter Dr. Matznetter zu Wort gemeldet. Ich mache auch Sie auf die Geschäftsord­nungsbestimmung aufmerksam, Herr Abgeordneter. – Bitte.

 


16.39.05

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Frau Bundesminister! Herr Abgeordneter Hable hat eben behauptet, dass im Be­richt der Griss-Kommission zu lesen sei, dass die vom Abgeordneten Krainer genann­ten 3 Milliarden €, die die Hypo lassen musste, falsch seien und dass das nur 500 plus 300 Millionen, sprich 800 Millionen € waren. – Wer lesen kann, hat einen Vorteil.

Ich berichtige tatsächlich durch Zitierung aus diesem zusammenfassenden Bericht, den Sie möglicherweise nicht gelesen haben, Herr Kollege Hable. Betreffend die Bay­ernLB heißt es dort ausdrücklich – Zitat –:

„Nach den bei der Verwaltungsratsklausur der BayernLB am 28. und 29. November ge­tätigten Aussagen beliefen sich die Refinanzierungslinien auf 5 Mrd EUR; nach den Anga­ben der HBInt vom 7. Dezember 2009 auf 3,5 Mrd EUR; die OeNB ging in einer Auf­stellung vom Dezember 2009 von Liquiditätslinien von 3 Mrd EUR aus “. – Genau die, die in der Bank geblieben sind! Und keiner hat die Wahrheit gesagt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.39


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Mo­ser. Ich erteile es ihr.

 



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16.40.25

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Frau Mi­nisterin! Meine Damen und Herren hier im Plenum, zu Hause und auf der Galerie! (Un­ruhe im Sitzungssaal.) Vielleicht klären Sie das dann bilateral (Abg. Brosz: Können wir über die Berichtigung in der Präsidiale reden?) oder in der Präsidiale, das wäre auch eine Möglichkeit. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Es geht um das Retten, was noch zu retten ist. Es geht auch um das Untersuchen, was dringend untersucht werden muss. Und es geht vor allem um das Kontrollieren dessen, was an Steuergeldern vorhanden ist, und dessen, was die einzelnen Gebietskörper­schaften an Haftungen übernehmen.

Herr Minister, Sie fragen zu Recht: Wer kontrolliert die Länder? Ich frage noch darüber hinaus: Wer kontrolliert die Banken ordentlich? Wer schaut der Nationalbank auf die Finger, wenn sie Banken beurteilt? Wir alle wissen, dass dieses „not distressed“ ein Euphemismus für eine marode Bank war. Und vor allem: Wer kontrolliert in diesem Parlament permanent, dass ordentlich mit den Steuergeldern umgegangen wird? Ei­gentlich sind es wir Abgeordnete, und vor allem auch Sie als Regierungsabgeordnete links und rechts von mir, die Sie die Mehrheit haben, die dafür sorgen sollten, dass das geschieht. Was nicht erfolgte, ist die permanente Kontrolle vor Ort in Kärnten, mit all den Konsequenzen, die aus Kontrollberichten hätten gezogen werden müssen.

Es gab einen Rechnungshofbericht in Kärnten, der sehr wohl warnte – miserables Risi­komanagement, Kreditvolumina im jenseitigen Bereich, 43 Milliarden an Krediten hi­nunter in den Balkan, in den italienischen Raum, teilweise auch in Kärnten, davon 50 Pro­zent faule Kredite. Das ist ja das, womit wir jetzt kämpfen. 20 Milliarden € stehen als uneinholbar im Raum.

Das Groteske daran ist ja – schauen wir zurück –: 1992: Hypo Alpe-Adria hieß es da­mals noch nicht, es war die Kärntner Landes-Hypothekenanstalt, zu 100 Prozent Lan­deseigentum. 100 Prozent Landeseigentum im Jahr 1992.

2009 wurde daraus 100-prozentiges Bundeseigentum durch Notverstaatlichung. Und was liegt dazwischen? – 16 Milliarden bis 18 Milliarden ausstehende Schulden, faule Kredite. Das ist das Resultat des 100-prozentigen Eigentums des Landes Kärnten und jetzt 100-prozentigen Eigentums des Bundes. Die Steuerzahler blechen bis zu 18 Mil­liarden, vielleicht sogar 20 Milliarden €, für eine Politik, die zwischen 1992 und 2009 und danach noch bis 2013/2014 von Abgeordneten, die früher MinisterInnen waren, hier auch mitbeobachtet und mitgestaltet wurde.

Der Griss-Bericht ist für mich insofern sehr, sehr maßgeblich, als die Autorin gemein­sam mit ihren KollegInnen den Finger in die tatsächliche Wunde legt, in die Wunde des Systems Österreich. Nur: Hinter diesem System stehen Menschen, hinter diesem Sys­tem stehen Verantwortlichkeiten, hinter diesem System gab es politische Entscheidun­gen von Personen.

Die gravierendste Entscheidung war die Verstaatlichung 2009, das ist ganz klar, und darauf legt auch der Griss-Bericht einen Schwerpunkt. Diese Verstaatlichung hängt jetzt nicht nur als Mühlstein, sondern mehr oder weniger als zusammengebrochene Mauer über den Finanzen der Republik.

Wir haben heute Vormittag darüber diskutiert: Wir hätten wenige Budgetprobleme, wenn uns nicht die Hypo Alpe-Adria jetzt ein Problemfeld in größter Dimension bereiten wür­de. Durch die Versäumnisse ab 2009 ist es mindestens zu einer Verdoppelung, wenn nicht Verdreifachung des ausständigen Volumens gekommen, das jetzt den Steuerzah­lern mehr oder weniger umgehängt wird.

Ich zeige es Ihnen noch einmal (die Rednerin zeigt einen Flyer, auf dem „Hypotopia“ dargestellt ist): Wir haben hier noch Möglichkeiten, etwas Positives zu tun, anstatt 16 Mil-


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liarden zu versenken. Man könnte eine Stadt mit 100 000 Einwohnern errichten, mit al­len Infrastrukturbereichen. Das wäre möglich gewesen, wurde aber versenkt!

Ich komme noch einmal darauf zurück: Es muss rechtzeitig kontrolliert werden, und es muss rechtzeitig die Kontrollreißleine gezogen werden. Der Rechnungshof kontrollierte die Hypo-Bank. Der Rechnungshofbericht lag zwei bis drei Jahre in diesem Parlament und konnte nicht in Verhandlung genommen werden, weil Sie als Abgeordnete der Mehr­heitsparteien die Ladung von Auskunftspersonen verweigerten (Beifall bei Grünen und Team Stronach – Abg. Kogler: Jawohl!), Auskunftspersonen, die damals Entscheidun­gen trafen, die uns als Milliarden-Steuerschuld um den Hals gehängt wurden.

Sie verweigern uns nach wie vor, und damit komme ich jetzt wieder zu einem aktuellen Punkt, die Ladung von Auskunftspersonen zu einem anderen Finanzdebakel, zu einer parallelen Finanzdesasterpolitik, zur Kommunalkredit.

Herr Finanzminister, Sie wissen, dass Sie nicht nur das Problem der Hypo Alpe-Adria haben, sondern auch das Problem der Kommunalkredit. Da gibt es allerdings schon ei­ne Bad Bank. Aber im Rechnungshofbericht, dessen Behandlung im Ausschuss mit Auskunftspersonen uns verweigert wird, können Sie eins zu eins nachlesen, was bei der Hypo-Alpe-Adria-Verstaatlichung bemängelt wurde. Eins zu eins, ich habe es extra noch einmal ausgedruckt: Drohende Insolvenz der Bank, und dann – ich zitiere –:

„Ernsthafte und nachvollziehbare Erwägungen über mögliche Alternativen zum finan­ziellen Engagement des Bundes fehlten ebenso wie zeitnah verfasste und nachvoll­ziehbare Dokumentationen über den Anteilserwerb.“

Verstaatlichung der Kommunalkredit im November 2008; das wollen Sie nach wie vor nicht kontrollieren.

Bei der Hypo haben wir jetzt die Möglichkeit eines Untersuchungsausschusses, und den können wir ab Jänner einrichten. Die Kommunalkredit liegt bei den normalen Kon­trollvorgängen in diesem Parlament im Rechnungshofsauschuss auf der langen Bank. Da wird schon abgearbeitet, aber trotzdem: Wir werden durch Sie – durch Sie links und rechts von mir – gefesselt, durch Ihre Mehrheit, und können nicht rechtzeitig der Kon­trollfunktion, der Kontrollaufgabe nachgehen und Auskunftspersonen befragen, die da­mals verantwortlich waren.

Und damit schließt sich der Kreis des Systemproblems, das wir in Österreich haben, damit bin ich genau dort, wo der Griss-Bericht massiv und berechtigt Kritik übt: an der Verfilzung, an diesen Strukturen – so nennt sie es –, die dazu dienen, dass Kontrolle hintangestellt wird und so auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler Fehlent­scheidungen, harmlos ausgedrückt, in Milliardenhöhe getroffen werden.

Darum: Aufklären, was aufzuklären ist! Retten, was zu retten ist! Und bitte, merken Sie sich: Rechtzeitig kontrollieren, was kontrolliert werden muss! (Beifall bei Grünen, Team Stronach und NEOS.)

16.48


Präsidentin Doris Bures: Zu einer persönlichen Erwiderung auf die von Herrn Ab­geordnetem Dr. Matznetter abgegebene tatsächliche Berichtigung hat sich Herr Abge­ordneter Dr. Hable zu Wort gemeldet.

Eine persönliche Erwiderung hat sich auf die Sachverhaltsdarstellung zu beschränken, und ich ersuche noch einmal, sich an die Geschäftsordnungsbestimmungen zu hal­ten. – Bitte, Sie haben das Wort zur persönlichen Erwiderung.

 


16.48.51

Abgeordneter Dr. Rainer Hable (NEOS): Frau Präsidentin! Ich berichtige die soge­nannte tatsächliche Berichtigung des Kollegen Matznetter. Er hat auf Grundlage des


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Griss-Berichtes behauptet (Zwischenruf des Abg. Auer), dass die Bayerische Landes­bank 

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, bei einer persönlichen Erwiderung geht es sozusagen um den Sachverhalt, wo Sie persönlich von Herrn Abgeordnetem Matz­netter angesprochen wurden. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Rainer Hable (fortsetzend): Danke, Frau Präsidentin, für den Hin­weis. Das ist genau der Punkt. Kollege Matznetter hat gesagt, im Griss-Bericht wäre zu lesen, dass die Bayern mit einem Euro nach Hause gefahren sind, also das gesamte Risiko behalten hätten. (Abg. Dr. Matznetter: Das hat der Krainer gesagt!) – Und Sie haben es wiederholt und ergänzt.

Ich korrigiere: Im Griss-Bericht auf Seite xii ist zu lesen: „Verzicht der BayernLB auf 300 Mio EUR Ergänzungskapital“, Verzicht „auf ein Darlehen von 525 Mio EUR“ – das ergibt 825 Millionen.

Dann hätten Sie nur weiterlesen müssen, denn für die Kreditlinien, die die Bayern darü­ber hinaus noch in der Bank haben und hatten, gilt der nächste Satz. Hier steht – ich zitiere –:

„Der BayernLB ist es gelungen, durch diesen Verzicht die Werthaltigkeit ihrer Forde­rungen gegen die HBInt von mehreren Milliarden EUR zu bewahren. Denn der Bund garantierte die Rückzahlung “.

Ja natürlich  (Abg. Auer: Das ist keine Erwiderung! – Anhaltende Zwischenrufe.)

16.50


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, das ist eindeutig ein Debattenbeitrag, der als Debattenbeitrag in Ordnung wäre, aber da geht es nicht um eine persönliche Einbeziehung und daher auch nicht um eine persönliche Erwiderung!

(Beifall bei den NEOS für den das Rednerpult verlassenden Abg. Hable.)

Wir setzen in der Rednerliste fort.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Greiner. 5 Minuten freiwil­liges Redezeitlimit. – Bitte.

 


16.50.50

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Dame, sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Die Grünen übertiteln ihre An­frage mit: „Retten, was zu retten ist.“ – Warum ist es überhaupt notwendig, etwas zu retten? Warum ist dieser Großbrand überhaupt zu löschen? Wo liegt die Ursache für diesen beispiellosen Kriminalfall?

Die Ursache liegt in den Jahren ab 2000, in einer verantwortungslosen Landespolitik in Kärnten, wo man jahrelang nach dem Prinzip Größenwahn agiert hat. Prestigeprojekte zu schwindelerregenden Kosten wurden umgesetzt, ohne begleitende Kontrolle – Sie wissen, wovon ich rede –: Seebühne, Stadion, Fluglinie. Im Südosten Europas hat man Geschäfte abgewickelt und investiert, als gäbe es kein Morgen – auch ohne Kontrolle.

Zwischen 2004 und 2007 ist das Land Kärnten Haftungen eingegangen, einen Großteil der Haftungen in Milliardenhöhe, bis 24 Milliarden. – Eine Chaospolitik, die den Steuer­zahler sehr teuer zu stehen kommt.

Wie geht man damit um? – Die Bundesregierung hat aus der Gesamtverantwortung heraus eine Entscheidung zu treffen, mit dem Augenmerk darauf, dass die Belastung für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler möglichst gering gehalten wird.

Damals hat man sich nach sorgfältigem Abwägen der Für- und Wider-Argumente ent­schieden, eine Verstaatlichung der Bank vorzunehmen. Unter den möglichen Optionen,


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unter all den möglichen schlechten Optionen, war das die bessere Entscheidung. Zum damaligen Zeitpunkt haben zahlreiche Experten, in- und ausländische Experten, auch aus dem Finanzministerium, zu einer Verstaatlichung geraten. Auch Irmgard Griss be­stätigte in der ORF-Diskussion am 7. Dezember, dass es grundsätzlich keine Alterna­tive zur Notverstaatlichung der Bank gegeben hat.

Warum wäre eine Insolvenz die schlechtere Variante gewesen? – KundInnen hätten die Bank gestürmt. Die Auswirkungen auf den Finanzstandort Österreich wären fatal gewesen. Die Haftungen von mehr als 20 Milliarden wären sofort schlagend geworden. Niemand hätte dafür aufkommen können, das Land Kärnten nicht und der Bund auch nicht. Kärnten wäre de facto zahlungsunfähig gewesen. Das bestätigt im Übrigen auch Mag. Schellmann in seinem „Presse“-Rechtskommentar.

Was hätte eine Insolvenz für die KärntnerInnen bedeutet? – Lassen Sie mich ein Bei­spiel nennen: Kärnten schüttet auch Wohnbauförderungen aus. Eine Insolvenz könnte bedeuten, dass der Neubau und die Sanierung von jährlich rund 4 300 Wohnhäusern eingestellt werden müsste. Und die Leute, die in diesem Bereich arbeiten, nämlich na­hezu 4 000, hätten um ihre Arbeit fürchten müssen.

Anderes Beispiel: Die Förderung für regionale Unternehmen im Ausmaß von 60 Millio­nen jährlich wäre womöglich gestrichen worden. Welche Folgen hätte das für die lokale Wirtschaft und für die damit in Verbindung stehenden Arbeitsplätze gehabt?

Nach der Verstaatlichung 2009, nämlich genau am 17. Dezember, hat der damalige Staatssekretär Andreas Schieder die Installation einer Bad Bank gefordert, denn es gab ja bereits zahlreiche Beispiele für Bad-Bank-Lösungen, die erfolgreich sind; Bei­spiel: Hypo Real Estate.

Welche Maßnahmen hat die Regierung bereits gesetzt, um die Belastungen für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler möglichst niedrig zu halten? – Die Bankenabgabe wurde erhöht, die Finanzmarktaufsicht gestärkt. Die Nationalbank wurde verstaatlicht, und die Bankenunion auf europäischer Ebene wurde vorangetrieben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ist es nicht angesichts der Lage angebracht, dass al­le Fraktionen dieses Hauses objektiv und sachlich an dieses Thema herangehen? (Zwi­schenruf des Abg. Deimek.) Der Untersuchungsausschuss wird Gelegenheit dazu bieten.

Arbeiten wir gemeinsam und konstruktiv an der Lösung dieser so brisanten Hypo-Fra­ge! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.55


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Jank. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


16.55.25

Abgeordnete Brigitte Jank (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Ja, Herr Kollege Strache, das Drama hat tatsächlich früher be­gonnen, als Sie es angeschnitten haben. Und ja – ich schicke das voraus –, auch wir sind interessiert daran, dass alles auf den Tisch kommt, dass alles aufgeklärt wird. (Abg. Strache: Ist etwas Neues!) Auch wir wollen Entscheidungen, die getroffen wur­den, nachvollziehen können und verstehen können.

Aber wir müssen vielleicht manche Dinge vertiefend betrachten, zum Beispiel die Fra­ge, welches wirtschaftliche Umfeld damals geherrscht hat. Wir haben das Umfeld auf der österreichischen Ebene, das Umfeld auf der europäischen Ebene zu berücksich­tigen. Wir haben ab 2007/2008 eine Wirtschaftskrise gehabt. Anfangs hatte man noch geglaubt, dass diese Wirtschaftskrise rasch vorbei sein wird, dass sich die Wirtschaft rasch erholen wird, aber dem war nicht so. Wir haben heute leider nur mehr ein


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Wachstum, das man eigentlich gar nicht mehr als solches bezeichnen kann, von 0,4 Pro­zent.

Für ein Unternehmen wie die Hypo Alpe-Adria, das sich auf einen exzessiven Wachs­tumskurs begeben hatte, war diese Entwicklung im Jahr 2000 – ich glaube, so fair muss man sein – so sicherlich nicht vorhersehbar. Aber man hätte die damaligen wirt­schaftlichen Rahmenbedingungen und Begebenheiten berücksichtigen müssen. Da­mals war eine derartige Expansion im Bankgeschäft im südosteuropäischen Raum be­reits mit einem sehr hohen Risiko, mit einer hohen Sensibilität für die Wachstumsmög­lichkeiten zu beurteilen, denn man war damit ja schon spät dran.

Der osteuropäische Raum war ja schon längst von den österreichischen und europäi­schen Banken erobert, die dort bereits seit Beginn der Neunzigerjahre sehr erfolgreich ihre Geschäfte begonnen haben und dort sehr erfolgreich tätig waren. Also was blieb? – Man hat sich auf Südosteuropa konzentriert, insbesondere auf Kroatien, auf Oberitalien, auf das Balkangebiet. Und man musste versuchen – und das ist in Wirk­lichkeit wahrscheinlich eine der größten Fehleinschätzungen, die hier begangen wur­den –, dort mit aggressiven Geschäftsmodellen ein Geschäft aufzubauen. Diese ag­gressiven Geschäftsmodelle haben natürlich dazu geführt, dass man Geschäfte ange­nommen hat, die andere längst abgelehnt hatten. Und das war in der Fachwelt auch so bekannt. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Rückblickend muss man auch sagen, dass viele Fehler gemacht wurden, auf der Ebe­ne der Bank, auf der Managementebene der Bank, aber auch auf der Ebene der Auf­sicht, der Prüforgane. Und man wird ja wohl der Regierung in ihrer Vertretung der Re­publik zugestehen, dass sie sich auf Entscheidungen der FMA, eines Staatskommis­särs, der OeNB nicht nur verlassen wird dürfen, sondern diese auch zur Grundlage Ih­res Handelns macht. Was denn sonst?

Eine Landeshaftung konnte nie und zu keiner Zeit ein Risikomanagement ersetzen. Der Startrückstand bei den Geschäften in Kroatien mit einer falschen Geschäftsidee konnte von Anfang an nicht aufgeholt werden. Da hätten wir ein Wachstum gebraucht, das wir alle gerne gehabt hätten, das aber weit von jeder Realität entfernt gewesen ist.

Die Preise, die man hier eingegangen ist, die Finanzierungen, die man getätigt hat, konnten nur durch die Hoffnung und aus der Hoffnung heraus gerechtfertigt werden, dass es eine derartige Entwicklung in der nächsten Zeit geben wird, damit man das al­les verdienen kann, was man hier bereit war einzugehen. Das ist ein klassischer Ma­nagementfehler, und die Statistik zeigt uns auch, dass 60 Prozent des Scheiterns von Unternehmen auf Managementfehler zurückzuführen sind. Und wenn zu solchen Fehlern dann auch noch Wünsche und die Großmannssucht eines Landeshauptman­nes dazukommen, dann passiert genau das, was heute auf dem Tisch liegt.

Der Griss-Bericht zeigt aber auch auf, dass es besonders verantwortungslos war, dass Kärnten diese unbeschränkten Haftungen aufrechterhielt, als die Mehrheit der Bank an die HBInt ging und Kärnten damit zusätzlich auch noch jedweden Einfluss auf die Bank verloren hat – aber eigentlich ist er ohnehin nicht wahrgenommen worden, nämlich im Sinne einer positiven Kontrolle.

Hätte Landeshauptmann Haider das Wohl des Landes Kärnten und der Republik Ös­terreich über jenes des Klagenfurter Stadions gestellt, hätten wir das Problem Hypo heute nicht. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir stehen vor einer Aufgabe, die es zu lösen gilt, einer Aufgabe, die aber auch in die Zukunft führen muss. Daher finde ich es sehr be­merkenswert und auch sehr unterstützend, dass gerade im Griss-Bericht dieser Blick in die Zukunft gemacht wird und gesagt wird, man muss daraus lernen, man muss sehen,


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was in der Zukunft richtigerweise zu tun ist. Ich bin sehr froh, dass sich Herr Finanz­minister Schelling diese Sachlichkeit bewahrt hat und an die Dinge mit der nötigen Distanz, aber vor allem mit der richtigen Kompetenz herangeht. Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.00


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Podgorschek. – Bitte.

 


17.01.06

Abgeordneter Elmar Podgorschek (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Bei Ihrer Anfragebeantwortung habe ich eigentlich den Eindruck gehabt, dass Sie wirklich redlich bemüht waren, innerhalb der kurzen Zeitspanne, die Ihnen geboten war, die Fragen zur Zufriedenheit zu beantworten. Aufgrund des Griss-Berichtes, den wir in den letzten Tagen erhalten haben, habe ich doch gedacht, dass die Fraktionen ein biss­chen Einkehr halten, dass man sagt, ja, jetzt wissen wir, wie es gelaufen ist, die Details werden wir in einem Untersuchungsausschuss noch aufarbeiten, aber im Grunde ge­nommen geht es darum, dass man Schaden von der Bevölkerung, Schaden vom Staat abwendet.

Aber leider haben die Klubs heute teilweise wieder ihre Prätorianer ausgeschickt, in ei­ner Verteidigungsstrategie, in der es nur darum geht, einem ehemaligen Landeshaupt­mann die Schuld zuzuweisen, obwohl er schon längst tot ist. Das bringt nichts, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann nur eines sagen: Jörg Haider hat uns Frei­heitlichen selbst am meisten geschadet, er hat 2005 die Partei gespalten. Wir hätten nicht die geringste Veranlassung, ihn zu verteidigen, aber ... (Abg. Matznetter: Warum tun Sie es dann?) – Ich verteidige ihn überhaupt nicht, nicht im Geringsten (Zwischen­ruf der Abg. Tamandl), aber es geht jetzt darum, dass man endlich einmal den Scha­den vom Steuerzahler abwendet. Und es ist zum Schämen, dass wir uns nur damit be­schäftigen, wer wo wie welche Schuld hat! (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Nachbaur.)

Es wird bald einen Untersuchungsausschuss geben, da können wir uns dann noch da­rüber unterhalten. Es geht nämlich um etwas ganz anderes: Es geht darum, wer die Profiteure einer Notverstaatlichung waren – oder vorher der ganzen Spekulationen, die am Balkan durchgeführt worden sind. Die sind vor den Vorhang zu führen! Wieso hat angeblich, auch wenn er es selbst wieder bestreitet, Trichet angerufen und gesagt, wir müssen verstaatlichen? Wieso hat er nicht in Bayern angerufen (Abg. Kogler: Hat er eh!) und gesagt, ihr müsst diese Bank behalten? Welches Spiel wurde dabei gespielt? Hat Trichet im Auftrag der Bayern gehandelt? (Abg. Kogler: Genau!) – Das sind Fra­gen, die wir zu stellen haben! Sind wir Österreicher – und da meine ich uns alle, die ganze Bevölkerung – von dieser Seilschaft – ich nenne es ganz bewusst Seilschaft – über den Tisch gezogen worden? (Abg. Eßl: Ihr könnt den Trichet vorladen in den Un­tersuchungsausschuss! Abg. Gisela Wurm: Okay!) – Können wir machen, selbstver­ständlich. Danke für die Anregung.

Wurde im Hintergrund dieser ganzen Causa noch mit Anleihen spekuliert? Wer hat da wieder nur Gewinne eingefahren und entsprechend abgeschöpft? Ebenfalls zu klären ist – das war eigentlich das Thema dieser heutigen Anfrage –: Ist es überhaupt realis­tisch, dass wir eine Irrtumsanfechtung machen? Wenn ich mir nämlich die Verteidi­gungsstrategie der heutigen Verteidigungsredner anhöre, die da ans Rednerpult ge­kommen sind, dann muss ich sagen: Liebe Bayern, schaut euch eine Aufzeichnung der heutigen Debatte an! Die Österreicher sagen selber, dass sie immer nur richtig ge­handelt haben. Wir haben keine Fehler gemacht, und wir sind natürlich nicht über den Tisch gezogen worden.

Sie müssen Ihre Strategie ändern! Es nützt nichts, wenn Ihre jeweilige Parteibasis sich auf die Oberschenkel klopft und sagt: Ha, heute haben wir es den Freiheitlichen wieder


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gesagt! Die Bevölkerung ist über dieses Denken schon wesentlich drüber. Die will nämlich, dass wir von diesen 18 Milliarden €, die in Gefahr sind, so viel wie möglich wieder zurückholen, dass wir das Budget damit retten und dass wir letzten Endes den Steuerzahler schonen. Da ist einfach das Staatsinteresse vor das Parteiinteresse zu stellen. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Nachbaur.)

Die Frage ist: Wie verwerten wir jetzt die Assets, die noch übrig geblieben sind? Oder, eine zweite Frage: Was haben Berater noch abgecasht und wo können wir uns auch da aufgrund von falschen Beratungen noch etwas zurückholen?

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Ziel muss es sein, dass nach Aufarbei­tung dieser ganzen Affäre sowohl hier im Plenum als auch im Untersuchungsaus­schuss nie wieder derartige Spekulationen auf Kosten des Steuerzahlers und auf Kos­ten der Republik möglich sein können. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Nachbaur.)

17.05


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Vet­ter. – Bitte.

 


17.05.54

Abgeordneter Dr. Georg Vetter (STRONACH): Herr Präsident! Mitglieder der Bun­desregierung! Hohes Haus! Der Fluch der bösen Tat liegt bekanntlich im fortwähren­den Gebären des Bösen. – Und ungefähr so eine Geschichte haben wir derzeit auch. In gewisser Weise nähern wir uns dieser Geschichte des Bösen ja eklektisch: Jeder sucht sich heraus, was er an Bösem von irgendjemandem anderen hier findet.

Insofern bewundere ich den Herrn Finanzminister dafür, dass er sich diese Aufgabe angetan hat, denn es ist ja eine Herkules-Aufgabe, sich nach vielen, vielen Jahren der Geschichte des Bösen dem Ziel zu nähern, vielleicht endlich einmal ein Ende herbei­zuführen. Wenn ich bedenke, dass Sie auch noch völlig ohne Staatssekretär auskom­men müssen und fast den ganzen Tag hier sitzen und uns zuhören müssen, anstatt vielleicht mit dem Aufräumen zu beginnen, muss ich sagen: alle Achtung!

Wenn ich sage, man nähert sich eklektisch, dann frage ich mich ja, wer von uns diesen Bericht der Griss-Kommission wirklich aufmerksam gelesen hat. Die meisten haben wahrscheinlich die Kurzfassung am Anfang überflogen, wenn überhaupt, aber die lan­ge Version hat es auch in sich, meine Damen und Herren, und ist es auch wert, gele­sen zu werden, insbesondere, wenn wir uns die Geschichte der Landeshaftungen an­schauen.

Es fängt ja mit der Überschrift an: „1.3 Landeshaftung“, und der erste Satz beginnt mit den Worten: „Wie in den anderen Bundesländern auch ...“

Bleiben wir einmal bei diesem „wie in den anderen Bundesländern auch“!

Der Herr Finanzminister hat vorhin gesagt, so etwas, was jetzt passiert ist, soll es nie wieder geben. Ja, „wie in den anderen Bundesländern auch“, dort gibt es ja nach wie vor die Hypos und die Haftungen! Ich finde es hochinteressant, wenn ein Landeshaupt­mann jetzt auf die Idee kommt, eine seiner Hypos umzubenennen, als würde die Um­benennung aus den Haftungen herausführen. Das hat man früher gemacht, bevor man eine Firma in Konkurs geschickt hat: Da hat man sie schnell noch umbenannt, damit keiner weiß, dass sie in Konkurs gegangen ist. Ähnlich kommt mir das jetzt vor, wenn ein Landeshauptmann seine Hypo umbenennt. Das ändert natürlich nichts an den Haf­tungen, die es gibt, auch wenn man da ein bisschen heraus möchte. (Beifall beim Team Stronach.)

Aber ich lese den Satz noch weiter: „Wie in den anderen Bundesländern auch, war be­reits bei Gründung der Kärntner LandesHypothekenbank im Gesetz und in den Statu-


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ten festgelegt, dass das Land Kärnten für alle von der Hypothekenanstalt eingegange­nen Verbindlichkeiten haftet.“ Wann ist denn diese Bank gegründet worden, meine Da­men und Herren? – Sie ist mit Landesgesetzblatt 18/1895 gegründet worden – also diese Haftungen gibt es schon mehr als 100 Jahre! Wie der Griss-Bericht völlig richtig feststellt, sind diese Haftungen ja nicht beschlossen worden, sondern sie sind einfach zur Kenntnis genommen worden.

So ist es dann weitergegangen, und was der Herr Finanzminister vorhin gesagt hat, dass es da Anfang des Jahrtausends einen gewissen Ausweitungswahn gegeben hat, stimmt natürlich auch völlig. Bis zum Auslaufen der Haftungen 2007 hat man sehr stark gear­beitet. Im Bericht des Vorstandes stand laut Griss-Bericht, „in ‚den nächsten 8 Monaten bis zum Auslaufen der Landeshaftung (...) den Kapitalmarkt als Refinanzierungsquelle noch intensiv zu nutzen.‘“

Absatz 177 des Griss-Berichtes lautet: „Die HBInt verhielt sich damit nicht anders als andere – vor allem deutsche – Landesbanken, welche die Übergangsfrist für ‚einen letzten Schluck aus der Pulle‘ nutzten.“ – Das ist dort in Kärnten bis 2007 tatsächlich passiert.

Kommen wir zum Jahr 2009, zur sogenannten Verstaatlichung! – Ich finde den Aus­druck „Anteilskauf“ im Griss-Bericht viel treffender. Auch der Herr Finanzminister hat heute wieder vom internationalen Druck geredet. Ich verweise darauf, was ich gestern gesagt habe. Wenn vor mir die Bayern sitzen und sagen, Achtung Insolvenz, wenn ihr uns das nicht abkauft, und dahinter telefonieren alle möglichen Leute und sagen, we­he, ihr lasst die Hypo in Insolvenz gehen, dann frage ich mich, ob da vielleicht irgend­ein Zusammenhang besteht. Aber bisher wird dieses ganze Szenario immer nur als Ausrede dafür verwendet, dass man diesen Anteil um einen Euro kaufen musste. Völlig vergessen wird dabei, dass da vielleicht irgendjemand zusammengespielt und im Hin­tergrund noch angerufen hat.

Ziemlich vergessen wird auch – und das tut der Griss-Bericht nicht –, dass all diese Beschlüsse in den Dezembertagen in Abstimmung mit dem Bundeskanzleramt gefällt worden sind. Das darf man auch nicht vergessen. (Beifall beim Team Stronach.)

Da gab es zwei aus der Politik, die die Hauptverantwortung zu tragen haben. Das war auf der einen Seite der Bundeskanzler, auf der anderen Seite der Vizekanzler: Fay­mann und Pröll. Diese beiden Akteure waren die hauptverantwortlichen Politiker.

Hervorzuheben aus dem Griss-Bericht ist auch, dass in der Zeit zwischen 2009 und 2013 ein ziemlicher Stillstand herrschte, weil man in der Bank auch intern vor allem mit der Vergangenheitsbewältigung zu tun hatte, Stichwort CSI, und sich kaum jemand ge­traut hat, irgendwelche Entscheidungen zu treffen. In der Anfrage der Grünen gibt es eine sehr interessante Frage zu der in der letzten „Im Zentrum“-Sendung aufgeworfe­nen Debatte über dieses Abendessen beim Bundespräsidenten im März 2013. (Abg. Strolz: 2014!)

Wenn es damals wirklich um die Frage des Konkurses gegangen ist, die der Finanzmi­nister angesprochen hat, dann war das ja alles doch nicht alternativlos. Dann gab es ja die Alternative der Insolvenz, die Finanzminister Spindelegger aufs Tapet gebracht hat. Wenn er das bei dem Abendessen zur Sprache gebracht hat, dann würde mich wirklich interessieren, wie man ihm das dann ausreden konnte.

Da meine Redezeit heute schon vorbei ist, spare ich mir den Rest für die nächste Debatte über die Hypo, die es sicher bald geben wird. (Beifall beim Team Stronach.)

17.12


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Herr Klubobmann Dr. Strolz. – Bitte.

 



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17.12.48

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Frau Ministerin! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Die Hypo ist heute ein weiteres Mal das Thema. Die Bankenrettung sollte ein Bombenge­schäft für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler werden, Herr Minister, das hat Ihr Amtsvorvorgänger gesagt. So war damals die wirtschaftspolitische Einschätzung der Maßnahmen. Rund sechs Jahre später liegen wir bei mehr als 8 Milliarden € Schaden, wahrscheinlich werden wir für die Bankenrettungen weit über 20 Milliarden € kommen. Das heißt, das war natürlich eine ganz eklatante Fehleinschätzung.

Und ein zweites Zitat: „Dem Bund kann auch nicht zugebilligt werden, dass er seine Entscheidungen () zum Wohle () der Allgemeinheit getroffen hat.“ Das ist ein Zitat aus dem letzten Absatz der Zusammenfassung des Griss-Berichts, Sie kennen es.

Diese zwei Zitate umrahmen irgendwie den politischen Spannungsbogen der Tragik für den Steuerzahler und für die Steuerzahlerin. Wir werden das noch oft besprechen, und mir tut es schon selber weh, wenn ich bei uns im Klub anmelde, dass ich mich in der Debatte auch zu Wort melden möchte. Es ist schon vieles gesagt worden, und man muss sich wirklich zunehmend überwinden, hier zu kritisieren. Der Schaden wird lau­fend größer, und deswegen habe ich mir für heute vorgenommen, dass ich mich allein auf konkrete Vorschläge beschränke, wie man aus dieser elenden Situation zumindest noch ein bisschen etwas herausholen kann. Herr Bundesminister, ich bitte Sie, folgen­de sieben Punkte mitzuschreiben.

Erster Punkt: Schuldenbremse im Verfassungsrang. Das ganze Elend geht ja von ei­nem völlig verantwortungslosen Umgang mit Finanzen, mit Steuermitteln, aus. Wir ma­chen seit 52 Jahren hemmungslos Schulden. Wir zwingen die nächste Generation in eine Form von Unterwerfung, die brutal ist. Das muss ein Ende haben, ein Finanzmi­nister muss dem ein Ende setzen. Die Schweiz ist hier ein schönes Vorbild, wir brau­chen zumindest über den Konjunkturzyklus ein ausgeglichenes Budget. (Abg. Fekter: Da muss die Opposition zustimmen, dann können wir das machen!) – Das war Punkt eins.

Zweiter Punkt: den Föderalismus in Österreich neu ordnen. Wir haben heute wieder ge­fordert, dass Sie sich ordentlich auf die Verhandlungen zum Finanzausgleich vorberei­ten. Das sind harte Verhandlungen, Herr Bundesminister! In der Vorbereitung braucht es einen Föderalismuskonvent, auch diese Forderung haben wir mehrfach einge­bracht. Es wird keinen ordentlichen Fortschritt in den Finanzausgleichsverhandlungen geben, wenn Sie diesen nicht zur Vorbereitung abhalten, dann wird es die Fortsetzung eines weiteren Elends. Das war der zweite Punkt: Föderalismuskonvent.

Dritter Punkt: Wir brauchen natürlich ein Insolvenzrecht für Gebietskörperschaften, ins­besondere für die Bundesländer. Wir müssen die unverantwortlichen Landeshauptleute in die Pflicht nehmen, und die wohnen nicht nur in Kärnten, die wohnen auch in Tirol – Hypo Tirol –, auch hier ist Elend unterwegs, die wohnen in Niederösterreich, Stichwort Machenschaften dort (Abg. Rädler: Wo?), die natürlich den Steuerzahlern etwas kos­ten werden. Ja natürlich, Wohnbauanleihen et cetera. (Abg. Neubauer: ... Raika!) Wir müssen die Landeshauptleute endlich in die Pflicht nehmen. (Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Rädler.) Natürlich brauchen wir ein Insolvenzrecht für die Bundesländer, sonst werden am Ende des Tages wieder die Bürger, die Steuerzahlerinnen und Steu­erzahler zahlen. (Beifall bei den NEOS. Abg. Rädler: Geh Bäume umarmen!) Das war der dritte Punkt.

Vierter Punkt: Die Schulden und die Haftungen der Länder sind endlich offenzulegen. Herr Minister, ich habe Sie einmal als den besten NEOS in der Bundesregierung be­zeichnet. Ich werde Ihnen diesen Titel aberkennen, wenn Sie sich nicht für diesen Punkt einsetzen.


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Sie können – bitte notieren! – gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 des Finanzverfassungsgeset­zes, Kapitel Haushaltsrecht, per Weisung die Länder dazu anhalten, die Haftungen und Schulden offenzulegen. Sie brauchen dazu kein Gesetz, Sie brauchen den Rechnungs­hofpräsidenten, und der wird Ihnen die Zustimmung geben. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Schelling.) Eröffnen Sie diese Gespräche, Sie werden morgen die Zu­stimmung haben, übermorgen können Sie die Länder dazu anhalten. Wenn Sie keine Fußfessel von den Landeshauptleuten tragen, dann machen Sie das! Wenn Sie es nicht machen, haben Sie eine Fußfessel. (Beifall bei den NEOS. – Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten von FPÖ und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Fünfter Punkt: den Druck für ein modernes einheitliches Rechnungswesen der Länder erhöhen. Ich weiß, das haben wir im Frühjahr beschlossen. Aber natürlich müssen wir den Druck hier erhöhen, damit es auch in Gang kommt.

Sechster Punkt: Lassen wir den Rechnungshof endlich umfassend prüfen! Der Rech­nungshof darf bis 50 Prozent öffentliche Beteiligungen prüfen. Wir haben schon mehr­fach den Antrag eingebracht, das auf 25 Prozent zu senken, damit der Rechnungshof auch dort hineinschauen kann. Dort ist Geld des Bürgers und der Bürgerin veranlagt, dort wird mit Steuermitteln operiert, und deshalb hat auch eine Prüfung zu erfolgen. Ich weiß nicht, was dagegen spricht, außer ein Bestemm, das ich nicht verstehen kann, und wiederum Angst vor den Landesfürsten. (Abg. Kogler: Die Fürsten der Finsternis!)

Siebter Punkt, und der wichtigste für die Bürger und Bürgerinnen im Kontext der Hypo: das Geld zurückholen, wo es noch geht. Bei einem Schadensvolumen von bis zu 20 Milliarden € holen wir bisher150 Millionen. Was gilt es zu tun? Natürlich die Insol­venz. Herr Minister, so wie Ihre Amtsvorgängerin, Frau Fekter, bei Frau Barbara Stöckl im ORF gesagt hat, irgendwo wohnt die Insolvenz in ihrer Brust, haben auch Sie das angedeutet. Ja, dann machen Sie es! Wir geben Ihnen Gelegenheit mit einem Sonder­gesetz. Hoffentlich können wir es nächste Woche über den VfGH hebeln, dann gibt es die Lösung für die Insolvenz. Wir brauchen eine lückenlose Verfolgung der Geldbewe­gungen und forensische Analysen. Das geschieht nur lückenhaft. Wir tun da ein biss­chen herum.

Es wird aber nicht auf schweren Betrug untersucht, sondern mit den bei der Justiz lau­fenden Maßnahmen wird natürlich den Leuten auch ein bisschen Sand in die Augen gestreut. Das ist nicht okay! Ich will Kontensperren sehen, ich will Kontoabschöpfungen sehen, und die wird es wohl in dem Kontext brauchen. Kooperieren Sie mit österreichi­schen und internationalen Nachrichtendiensten und führen Sie vor allem schlussend­lich eine Sonderstaatsanwaltschaft ein! Wann, wenn nicht in diesem Fall, bei dem 20 Milliarden Schaden zu befürchten sind, ist so eine Sonderstaatsanwaltschaft ange­sagt? Diese Maßnahmen, sieben an der Zahl mit Unterpunkten, können Sie alle set­zen. Unsere Unterstützung haben Sie. (Beifall bei den NEOS.)

17.19


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Köchl. – Bitte.

 


17.19.33

Abgeordneter Matthias Köchl (Grüne): Geschätzte Zuseherinnen und geschätzte Zu­seher! Werte Menschen auf der Galerie und vor dem Fernsehapparat! Eine Frage stel­len sich, glaube ich, heute Zehntausende Menschen: Warum hat die Republik bei dem Bild, das wir heute abgeben, etwa 300 Millionen € Beraterhonorare aufgewendet? (Abg. Tamandl: Die hat die Republik nicht aufgewendet!) Diese Frage stellen sich sehr, sehr viele Menschen. 300 Millionen € Beraterhonorare – wobei man jetzt beim Griss-Bericht am ehesten sagen kann, der war sein Geld wert. Das kann man natürlich definitiv fest­stellen.

Ich habe das ja bereits im Juni aus dem Verwaltungsratsprotokoll aus Bayern durch ei­ne parlamentarische Anfrage offenlegen können; Kollege Matznetter hat daraus zitiert,


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das hätten Sie vor einem halben Jahr machen können. Ich habe das bereits im Juni of­fengelegt, das ist auf der Parlamentswebseite abrufbar.

Die Kollegin Greiner ist heute mit dem Beispiel gekommen, Kärnten würde pleitegehen, 4 300 Wohnhäuser könnten wegen der Wohnbauförderung nicht mehr weitergebaut werden. – Ja eh, 4 300 Wohnhäuser, aber „Hypotopia“ hätte 105 000 Wohnhäuser ge­habt. 105 000 Wohnhäuser! Das zeigt schon einen Teil des Problems. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Krainer: Das ist ein Blödsinn! !)

Wenn wir in der Chronologie zurückgehen, dann wissen wir Folgendes: Kollege Stra­che ist heute gekommen und hat behauptet – ich nenne das eine Schutzbehauptung –, also Kollege Strache hat heute gesagt, 1993 hat es unter Landeshauptmann Zernatto angefangen. (Abg. Podgorschek: 1991!) – Nein, es war bereits 1991 (Abg. Podgor­schek: Genau!), da war der Landeshauptmann noch Jörg Haider, drei Monate, bevor er wegen eines merkwürdigen Sagers abgesetzt wurde. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Aber damals war noch Landeshauptmann Haider im Amt, als das Kärntner Landeshol­ding-Gesetz und damit die Grundlage für die ganzen Bankgeschäfte des Landes Kärnten geschaffen wurde und auch die Haftungen in späterer Folge. (Abg. Neubauer: Sagen Sie die Wahrheit!) – Ich würde Sie bitten, zuzuhören, es geht nämlich um Mil­liarden. Da macht es keinen Sinn, mit Polemik aufzufallen, geschätzte FPÖ.

Sie haben damals schon das Problem gehabt. Jörg Haider ist ja dafür gestanden, dass er eine Bank nicht von einem Bankomaten unterscheiden konnte, aber das möchte ich jetzt nicht weiter ausführen, dafür gibt es genug Belege.

Wenn wir hier heute über das Thema reden, dann sollten wir danach trachten, eine möglichst steuerschonende Lösung zu finden, es geht nämlich um das Geld der acht Millionen Österreicherinnen und Österreicher. Da frage ich schon: Wo waren damals die Aufsichtskommissäre der Republik, als Rolf Holub bereits 2006 am Kontrollbericht gearbeitet hat, als Rolf Holub bereits 2006 als Ein-Mann- und Eine-Frau-Fraktion im Landtag ohne Klubstatus sehr viel in diesem Kontrollbericht offenlegen konnte? Wo waren sie 2010, als der ÖVP-Abgeordnete Tauschitz das Handtuch geworfen und Ho­lub den Vorsitz im Untersuchungsausschuss übernommen hat?

Da wurde sehr, sehr viel aufgezeigt, da war überhaupt keine Unterstützung seitens der Republik vorhanden. Die Unterlagen mussten wir uns in Bayern und überall anders su­chen, nur nicht in Österreich. Also hiemit ist eindeutig belegt, wer rechtzeitig aufgezeigt hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der NEOS.)

Kollege Holub hat gesagt, er hat damals nicht einmal einen Termin beim Finanzminis­ter bekommen. Er fragte sich, ob er sich überhaupt noch die Namen merken solle, weil die Finanzminister schon drei Mal von der ÖVP ausgetauscht wurden, bevor er über­haupt einen Termin bekommen hat, aber das ist ein anderes Thema.

Im Wesentlichen geht es jetzt einfach darum, dass wir eine Lösung mit möglichst wenig Polemik finden, aber natürlich auch faktenorientiert, und dass wir uns im Untersu­chungsausschuss unter Wahrheitspflicht die Fakten anhören können. Deswegen ist der Untersuchungsausschuss so wichtig, den wir nächstes Jahr starten werden. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der NEOS.)

17.23


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Holzinger zu Wort. – Bitte.

 


17.23.11

Abgeordnete Daniela Holzinger, BA (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Besuche­rInnen auf der Galerie! Geschätzte Bürgerinnen und Bürger, die via Fernsehen oder In-


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ternet dabei sind! Sehr geehrte KollegInnen! Herr Minister, Frau Ministerin! Ich möchte versuchen, die Diskussion, die hier schon wieder in alle möglichen Richtungen geht und sich stark im Bereich von Fingerzeigen und Beschuldigungen bewegt, auf eine an­dere, auf eine sachlichere Ebene zurückzuführen. Vorwürfe von Dilettantismus et cete­ra sind nur die Fortsetzung, denn schon die gestrige Aktuelle Stunde des Teams Stro­nach zum Thema „Hypo-Group Alpe-Adria“ hat gezeigt, dass es in einer Debatte, die unter dem Titel „Multiorganversagen des Rot-Schwarzen Systems“ geführt wird, nicht um eine sachliche Klärung von Fragen oder Entwicklungen geht. (Abg. Zanger: Naja!)

Damit schlägt das Team Stronach genau wieder in jene Kerbe, die die Bevölkerung in Österreich schon so dermaßen satt hat, den politischen Streit, die gegenseitige Anpat­zerei und das gegenseitige Fingerzeigen. Dem einzigen Interesse der BürgerInnen nach lückenloser Aufklärung der Sachlage und der politischen Verantwortung wird da­mit kein Dienst erwiesen, nein, das wird sogar ein Stück weiter verunmöglicht. (Abg. Schimanek: Sie haben gerade Sachlichkeit gefordert!)

Aber wie spätestens der Bericht der Griss-Kommission und in der Folge auch das The­ma der heutigen Dringlichen Anfrage der Grünen an Finanzminister Schelling zeigt, gibt es noch viele offene Fragen, die dringend einer sachlichen Klärung bedürfen. (Abg. Neu­bauer: Was sagt der Faymann?)

Ziel muss es sein, aus den Vorgängen jene Lehren ziehen zu können und für die Zu­kunft Regelungen schaffen und Vorgehensweisen wählen zu können, damit doch noch das Schlimmste, nämlich von der Bevölkerung, von jenen, die schlussendlich wieder zahlen müssen, abgewendet werden kann. Es braucht eine ehrliche, eine sachliche Untersuchung mit klar umrissenem Auftrag und der Möglichkeit, die Entwicklungen rund um die Hypo Alpe-Adria von ihren verhängnisvollen Anfängen in Kärnten, über die Verstaatlichung, bis hin schließlich zum heutigen Tag zu untersuchen und aufzuklären, um endlich einen definitiven Schlussstrich unter jedwede Vermutungen in dieser Ange­legenheit ziehen zu können.

Was wir aber nicht brauchen, werte Kollegen, sind starke politische Wertungen, sind Skandalisierungen oder Vorverurteilungen. Um herausfinden zu können, welche Moti­ve, welche politischen Interessen möglicherweise Ursache für Entscheidungen oder ge­wählte Vorgehensweisen waren, muss man eine Untersuchung überhaupt erst einmal im Vorhinein zulassen und das eben auch vonseiten der Opposition, wo ich hier noch­mal die Diskussion des Teams Stronach erwähnen möchte.

Als Sozialdemokratin war es mir von Anfang an besonders wichtig, diese essenzielle sachliche Aufklärung im Sinne der BürgerInnen zu unterstützen. Und mit der Reform der Untersuchungsausschüsse, die mit dem heute noch anstehenden Beschluss – das bitte zu bedenken! – zum Minderheitsrecht die Kontrollmöglichkeiten des Parlaments erheblich aufwerten wird, haben die Regierungsfraktionen auch gezeigt, dass sie eine sachliche Aufklärung unterstützen und an dieser ernsthaft interessiert sind. Es liegt nun eben an der Opposition, mit den neuen Möglichkeiten, mit diesen neuen besonderen Möglichkeiten und der einhergehenden Verantwortung in dem Maße umzugehen, wie sie es von der Regierung zu Recht einfordert.

So ist es an der Zeit, spätestens jetzt von allen Seiten sachfremde, politische Motive in den Hintergrund rücken zu lassen und die gemeinsame Aufklärung in den Vordergrund zu stellen. Besonders möchte ich meinen Appell hier an die Fraktion der Grünen richten, die ich darum ersuche, sich nicht von der FPÖ vor den Karren spannen zu las­sen (ironische Heiterkeit bei der FPÖ) und einer Ausklammerung der Zeit vor der Ver­staatlichung im Untersuchungsauftrag nicht zuzustimmen. Diese Phase ist zentral für das Verständnis aller weiteren Entwicklungen und ein Untersuchungsausschuss, der dies, aus welchen Gründen auch immer, nicht beleuchtet, ist nicht in der Lage, jenen


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Grad an Legitimität zu erreichen, der in dieser Frage zwingend notwendig wäre. (Abg. Podgorschek:  Griss-Bericht! Da ist es dabei!)

Ich möchte hier nur kurz zur Verdeutlichung den Finanzsprecher der FPÖ, Elmar Pod­gorschek, zitieren, der laut orf.at meinte, dass er eine große Gefahr sehe, dass man sich nicht mit eher unbedeutenden Sachen beschäftigen solle und das Wesentliche so­mit untergehe, weshalb er auch den Schwerpunkt der Untersuchung auf 2009 und die Folgejahre setzen wolle. – Das ist auf orf.at gestanden. (Abg. Podgorschek: Das war noch vor dem Griss-Bericht! Passt schon!)

Dasselbe gilt auch für die Aussagen der NEOS und des Teams Stronach, die eben­falls, laut den Kollegen Hable und Lugar, eine Analyse ab 2009 ins Auge fassen.

Wenn die gesamte Hypo-Causa eine Aufklärung erfahren soll – und davon gehe ich aus, dass wir das alle hier wollen –, wenn politische Motive und Interessenlagen ge­klärt werden sollen, dann ersuche ich auch darum, dass diese Untersuchung ganzheit­lich passiert.

Abschließend möchte ich in Anlehnung an die Worte des Kollegen Pilz von gestern, dass dieser erste Untersuchungsausschuss nach der neuen Geschäftsordnung eine Bewährungsprobe für das Parlament und jeden einzelnen Abgeordneten hier herinnen darstellen wird, sagen: Parlamentarische Kontrolle ist ernst zu nehmen und mit der Zu­stimmung zum Minderheitsrecht sind die Regierungsparteien hier eindeutig in Vorleis­tung gegangen, was es auch anzuerkennen gilt.

Ich würde es nun sehr begrüßen, wenn es uns gemeinsam gelänge, eine lückenlose Aufklärung im Sinne der Bevölkerung zu erreichen. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen. – Abg. Kitzmüller: Eine schöne Leseübung!)

17.28


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Tamandl zu Wort. – Bitte.

 


17.28.38

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Weitere Regierungsmitglieder! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie, an den Fernsehschirmen und via Live-Stream! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte anerkennen – und da möchte ich mich einmal beim Herrn Kolle­gen Strolz anschließen –, dass Herr Kollege Kogler, auch Herr Kollege Podgorschek und vereinzelt andere Oppositionspolitiker den Herrn Finanzminister nicht nur hier und heute, sondern auch im Budgetausschuss, wo wir ja immer wieder in der letzten Zeit auch über die Hypo gesprochen haben, als jemanden bezeichnet haben, der in dieser Phase der Lösungsorientierung eine gute Figur macht.

Herr Kollege Kogler hat das letzte Mal gesagt, der Minister mache eine gute Figur, indem er zeigt, ihm sei eine Lösung und die Zukunft wichtig. Er schalte sich selbst in Verhandlungen ein, was die Abwicklung der Bank und was den Verkauf des SEE-Netz­werkes betrifft. Das ist auch anzuerkennen.

Aber was die Opposition heute und auch immer wieder betreibt, jetzt liegt der Bericht von Frau Griss vor, 344 Seiten stark, einige werden ihn gelesen haben, einige noch nicht, einige kennen die Inhalte besser, einige nicht, eines ist klar: Nach Lesen des Be­richts – und das zieht sich durch wie ein roter oder schwarzer Faden, wie man das auch immer bezeichnen möchte (Abg. Rossmann: Rot-schwarz! – Abg. Schimanek: Rot-schwarzer Faden!) – ist es jetzt wesentlich einfacher zu wissen, wie es damals ei­gentlich gewesen ist. Das heißt, wir wissen heute, dass die Bayern einen Bluff gemacht und eine Strategie gefahren haben, über die wir damals überhaupt nicht Bescheid wussten. – Das war das Erste. (Anhaltende Zwischenrufe.)


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Wir wissen ganz genau, dass man es heute – wahrscheinlich –, weil wir ja viel mehr wissen und viele Unterlagen, Aufsichtsratsprotokolle und Protokolle von verschiedens­ten Besprechungen und Sitzungen haben, wohl ganz anders machen würde, als man das ja noch in dieser Nacht im Dezember 2009 gemacht hat. Und so bitte ich auch die Opposition einzusehen, dass uns diese Hätt-i-war-i-Politik eigentlich alle miteinander für die Zukunft nicht weiterbringt. (Abg. Strolz: Sieben konkrete Maßnahmen!)

Ja, Kollege Strolz, die Maßnahmen sind gut. Viele dieser Maßnahmen hat der Herr Fi­nanzminister schon seit seinem Amtsantritt erwähnt. (Abg. Meinl-Reisinger: Nicht ge­macht!) Da wäre einmal die Harmonisierung der Haushaltsrechte der Länder und Ge­meinden. (Abg. Strolz: Das haben wir schon beschlossen!) Da wäre einmal die Kom­petenzverteilung zwischen Bund und Ländern. Da wäre einmal die Harmonisierung be­treffend die Offenlegung der Schulden und Haftungen der Länder. (Abg. Strolz: Wo ist seine Weisung?) – Kollege Strolz, das wird alles kommen. Aber wir können heute nicht über die Hypo reden und du sagst uns hier, welche Maßnahmen der Herr Finanzminis­ter setzen soll. Er wird es machen, er ist ein Macher. Und er wird es auch machen. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber ich möchte schon noch ein paar Punkte einbringen, damit das heute nicht zu kurz kommt. Ich will kein Haider-Bashing betreiben, überhaupt nicht. Wir wissen sowieso, wer der verantwortliche Landeshauptmann war. Wir wissen auch, dass die Hypo Alpe-Adria für Landeshauptmann Haider und seine Mannen ja sowieso wie ein Bankomat verwendet worden ist. Wir wissen, welche Projekte ihm wichtig waren. Wir wissen, welche Expansion diese Bank hinter sich hatte und wie hoch die Haftungen waren, als er die Bank an die Bayern verkauft hat.

Aber eines ist auch klar – da appelliere ich an euer wirtschaftliches Verständnis, bei den Grünen, aber auch bei den Blauen –: Eine Bank zu verkaufen und die Haftungen zu behalten, das zeugt nicht von besonderer Wirtschaftskompetenz der Verantwortli­chen des Landes Kärnten, denn eigentlich hätte man die Haftungen den Bayern mitver­kaufen müssen und nicht behalten sollen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Podgorschek: , aber ist wurscht!)

Noch einmal zum Thema Verstaatlichung, warum und so weiter. Und: Was ist danach passiert? – Ich möchte schon betonen, dass – meine Kollegin Brigitte Jank hat es vor­hin schon gesagt – die Verantwortung der Organe der Bank, die Verantwortung der Ban­kenprüfer, die Verantwortung der Notenbank und die Verantwortung der FMA mitbe­leuchtet gehören. (Abg. Schimanek: Sehr gut!)

Wenn sich ein Eigentümervertreter – weil Frau Fekter immer angesprochen wird – nicht mehr auf die Organe der Bank, auf den Vorstand verlassen kann, der sagt, wir wollen sanieren, dann weiß ich nicht. Im Jahr 2011 wies die Bilanz eine schwarze Null auf. Die Wirtschaftsprüfer haben bis ins Jahr 2012 uneingeschränkt testiert. Es gab Manage­ment Letter, da ist drinnen gestanden: Das interne Kontrollsystem funktioniert nicht. Es gibt Schwächen überall, dort und da.

Warum haben all diese Bemerkungen nie zu einem Rederecht, zum Ausüben eines Rederechts geführt? Warum haben diese ganzen Mängel, die da aufgezeigt worden sind, nie zu einem eingeschränkten oder zu keinem Bestätigungsvermerk geführt? – Ich glaube, das ist auch zu untersuchen.

Zu sagen, die Politiker hätten entscheiden sollen, früher, oder sonst irgendetwas – also wenn man sich nicht mehr auf die Organe der Bank, auf einen Vorstand, auf einen Auf­sichtsrat, auf einen Wirtschaftsprüfer und andere verlassen kann, dann hört sich alles auf. Dann würde niemand mehr irgendwo investieren und als Eigentümer fungieren wollen.

In diesem Sinne hoffe und vertraue ich auf den Herrn Finanzminister, dass erstens ein­mal Konsequenzen aus diesen ganzen Vorkommnissen gezogen werden, die wir jetzt


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wissen. Nach der BAWAG-Geschichte haben wir auch Konsequenzen gezogen und die FMA reformiert.

Zweitens vertraue ich auf den Herrn Finanzminister, dass die Rolle der Bayern unter­sucht wird, die Abwicklung in einer geordneten Art und Weise und auch eine mögliche Anfechtung gut und doch verhandlungstechnisch erfolgreich über die Bühne gehen.

Drittens: Wenn es den Untersuchungsausschuss denn gibt, werde ich dabei sein. Und ich kann jetzt schon sagen: Ich hoffe, dass der Kollege Pilz recht hat, dass es eine He­rausforderung für uns wird, eine große Verantwortung ist und dass wir alle miteinander sachlich aufklären werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.34


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Angerer zu Wort. – Bitte.

 


17.34.52

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Ge­schätztes Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt sehr viele Menschen in diesem Land, die ein Erinnerungsfoto von Jörg Haider zu Hause haben. Dass der Herr Krainer auch eines hat, hat mich schon etwas gewundert. Ich würde nur sagen: Herr Krainer, wenn Sie in Zukunft jemanden angreifen, machen Sie das bei den Le­benden. Greifen Sie uns an, die Kärntner Freiheitlichen – und lassen Sie einen Toten bitte ruhen. Das ist pietätlos. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Krainer: Geh bitte! Über alle, die tot sind, darf man nicht mehr reden?!) – Sie kommen noch einmal dran, Sie werden sehen, Sie kommen noch einmal dran. (Abg. Schieder: Das heißt, Sie übernehmen die Verantwortung?! – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Es ist heute viel über die Geschichte der Kärntner Hypothekenbank gesprochen wor­den. Da muss man einiges geraderücken. Wenn man von der Geschichte spricht, sollte man schon alles erwähnen: 1990, bis dahin, hat es nämlich eine absolute Regierung in Kärnten gegeben. Es hat nur eine Partei in Kärnten gegeben, die eine Absolute hatte, das war die SPÖ. Wir haben ein Land übernommen, das damals knapp vor der Pleite stand. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Und die Hypo stand auch vor der Pleite, so wie die Magdalen-Pleite, so wie die BBU, die Sie in die Pleite geführt haben. Das war es. (Abg. Schieder: Es ist nicht Villacher Fasching! Keine Faschingsscherze mehr! – Ruf bei der SPÖ: Da müssen Sie selber lachen!)

Damals ist das Landeshypotheken-Gesetz im Kärntner Landtag beschlossen worden, das ist richtig, es wurde 1990 einstimmig im Landtag beschlossen. (Abg. Schieder: Ich glaube, Sie wissen schon, was da gelaufen ist!) Bis dahin war die Kärntner Landes­bank eine ganz normale Hypothekenbank. Es stimmt also auch nicht, dass es bis dahin Haftungen gegeben hat. Diese sind erst 1990 mit dem Gesetz ermöglicht worden. Und was in weiterer Folge auch stimmt: Ab 1993 sind Haftungen aufgenommen worden (Abg. Schieder: Das war nicht nur der Haider! Sie waren es auch!) – unter dem Lan­deshauptmann Zernatto, unter dem Finanzreferenten Max Rauscher, unter dem Fi­nanzreferenten Peter Ambrozy, jeweils SPÖ und ÖVP. Jörg Haider ist hier im Natio­nalrat gesessen. Das war einmal der erste Teil der Geschichte. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Matznetter: Wie hoch?)

Und 1991 mit diesem Beschluss (Abg. Matznetter: Wie hoch?) – Das spielt ja keine Rolle, es war die Grundlage. (Abg. Matznetter: Ja, das spielt keine Rolle!) Sie sitzen ja heute auch noch immer mit in der Regierung und haben alle Haftungen mitbeschlos­sen. Das hat ja der Griss-Bericht ergeben. Also Sie waren ja immer alle dabei. Der schwarz-rote Faden zieht sich durch bis heute. (Abg. Matznetter: Liebe Bürger, das spielt keine Rolle! – Das ist FPÖ!)


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Und 1991 wurde diese Bank dem politischen Einfluss entzogen, weil eine Aktiengesell­schaft gegründet worden ist. (Abg. Matznetter: Es spielt keine Rolle!) Sie müssten eigentlich das Aktienrecht kennen und wissen, wie in einem Aktienrecht Organe be­setzt und bestellt werden, wem sie unterliegen, wem gegenüber sie weisungsbefugt sind und von wem sie eine Weisung bekommen können.

Deshalb auch diese Einzeltäter-Theorie – ich habe eigentlich gedacht, Sie haben diese aufgegeben, immer zu sagen: Der Jörg Haider war es. Der Jörg Haider war es. – Er hatte keinen Einfluss auf diese Bank. (Ironische Heiterkeit bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Im Jahr 2004 haben Sie alle diese Haftungserweiterungen mitbeschlossen, das ist auch im Griss-Bericht nachzulesen. (Ruf bei der SPÖ: Wer hat Ihnen das aufgeschrieben?) Die sind von der EU deshalb eingefordert worden, weil man in diesen Haftungsprovi­sionen einen Vorteil für Banken gegenüber anderen Banken sah. Sie sind 2007 aus­gelaufen und bis dahin natürlich entsprechend nach oben gegangen.

Warum sind sie nach oben gegangen? Was haben dann die Bayern getan? – Sie ha­ben zwischen 2007 und 2009 ein unkontrolliertes Wachstum in dieser Bank vollzogen, die Bilanzsumme von 24 Milliarden auf 41 Milliarden € erhöht, Kredite von 10 Milliarden auf 18 Milliarden € erhöht und Leasing von 2 Milliarden auf 13 Milliarden € erhöht. Im Jahr 2009 haben die Bayern der Bank noch eine Milliarde Euro an Eigenkapital ent­zogen. Wenn das heute ein Privater machen würde, bevor er ein Unternehmen in Kon­kurs schickt, dann würde man von fahrlässiger Krida sprechen, meine Damen und Herren.

Dann haben Sie diese Bank verstaatlicht. Gestern hat der Herr Obernosterer gemeint: Die Kärntner haben dem auch noch zugestimmt und haben das befürwortet. – Die Kärnt­ner waren zu diesem Zeitpunkt nicht einmal mehr in die ganzen Verhandlungen einge­bunden. Das hat der Bund über das Finanzministerium alleine mit den Bayern ge­macht. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Und dann ist den Kärntnern mitgeteilt wor­den, dass sie diesen Beschluss zu fassen haben. Die hatten damals noch 12 Prozent. Das ist die Wahrheit.

Das alles können Sie aus dem Griss-Bericht herauslesen. Dass Ihnen das nicht gefällt, die Wahrheit, ist natürlich klar, dass Sie darüber schimpfen. Aber wir werden Gelegen­heit haben, das alles im Untersuchungsausschuss aufzuarbeiten und an den Tag zu bringen. (Abg. Rädler:  Fegefeuer!)

Ich hoffe, dass man den Schaden, den Sie seit 2009 angerichtet haben – denn seitdem sind Sie wieder als politische Parteien für diese Bank verantwortlich, davor war sie ma­nagementgeführt –, so gering wie möglich für den Steuerzahler halten kann. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.39


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Lu­gar. – Bitte. (Abg. Rädler: ... alles in Kärnten!)

 


17.40.01

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Meine Damen und Herren, ja, in der Sache haben wir einen Finanzminister, der nichts wissen kann, weil er damals nicht im Amt war. Wir haben Abgeordnete, die damals schon im Amt waren, aber sich anschei­nend nicht mehr erinnern können und auch nichts dazu sagen wollen. Stichwort: Ab­geordneter Rauch um nichts, denn mehr war das ja nicht, was da aus Herrn Rauch he­rausgekommen ist.

Dann haben wir jemanden hier sitzen wie Frau Fekter, die sehr wohl etwas zu dieser Sache beitragen könnte, aber Frau Fekter weigert sich beharrlich, Interviews zu geben, also bei Fernsehauftritten Erhellendes zu sagen. Sie weigert sich auch beharrlich, hier


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heute herauszukommen, sitzt auf ihrem Sessel wie ein betäubtes Faultier und will hier nicht herauskommen! (Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP.)

17.40.46*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter Lugar, ich erteile Ihnen für diese belei­digende Äußerung einen Ordnungsruf. Und ich bitte Sie eindringlich, sich in Ihren Äußerungen zurückzuhalten und den gegenseitigen Respekt, den hier in diesem Haus jeder verdient, walten zu lassen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

*****

 


17.41.14

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (fortsetzend): Vielen Dank, Herr Präsident. – Schau­en Sie, erstens ist an einem Faultier nichts Schlechtes.

 


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter! (Abg. Rossmann: Das geht aber schon zu weit! – Weitere Zwischenrufe.) Herr Abgeordneter, das Einzige, was jetzt ange­bracht wäre, wäre eine Entschuldigung und nicht eine Erläuterung. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)

 


Abgeordneter Ing. Robert Lugar (fortsetzend): Herr Präsident! Das Einzige, was jetzt angebracht ist, ist, dass Frau Fekter hier herauskommt ... (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter, so geht das nicht. So geht das nicht! Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass ich Ihnen gemäß Geschäftsordnung, wenn Sie so weitermachen, das Wort entziehen kann. Ich bitte Sie, jetzt wirklich zu einem sachlichen Stil, der durchaus angriffig sein kann, aber nicht beleidigend sein darf, zu­rückzukehren. Ich bitte Sie eindringlich darum!

 


Abgeordneter Ing. Robert Lugar (fortsetzend): Ja, Herr Präsident, was erwarten Sie jetzt von mir? (Rufe bei SPÖ und ÖVP: Eine Entschuldigung! – Weitere Zwischen­rufe.)

Also ich werde jetzt hier weitermachen, weil es meine Redezeit ist, und fordere hiermit Frau Fekter auf: Frau ehemalige Finanzministerin, Frau Abgeordnete Fekter, ich forde­re Sie auf, hier heute herauszukommen und etwas Erhellendes zu den Vorgängen zu sagen, für die Sie mitverantwortlich sind! Ihre beharrliche Weigerung, hier Auskunft zu geben, ist ein Skandal!

Jetzt kann man über meine Aussage denken, was man will ... (Abg. Lopatka: Schä­men Sie sich! – Ruf bei der ÖVP: Entschuldigen Sie sich! – Abg. Lopatka: Das ist ein Skandal!) Wer muss sich hier schämen? (Abg. Lopatka: Sie müssen sich schämen!) – Es müssen sich all jene schämen (Abg. Lopatka: Sie und Ihre Fraktion müssen sich schämen! Das ist eine Schande für das Haus!), die einen Schaden von bis zu 20 Mil­liarden angerichtet haben und nicht bereit sind, hier herauszukommen, um sich zu rechtfertigen! Das ist wirklich beschämend, das muss man auch hier einmal anspre­chen.

Wenn Sie von Ihrer Partei nicht herausgelassen werden, dann ist das wirklich sehr be­dauerlich. Wenn Sie es selbst nicht wollen, ist es mindestens genauso bedauerlich. Wenn Sie keine Redezeit mehr haben, setze ich mich gerne hin und schenke Ihnen meine Redezeit, damit Sie endlich darüber Auskunft geben, was damals passiert ist, denn Sie waren dabei!

Wenn dann Herr Strasser nach Ihnen herauskommt, der zu der fraglichen Zeit Bezirks­bauernkammerrat in Melk war, dann frage ich mich, was er zur Diskussion beitragen


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kann. Sie könnten etwas beitragen, Frau Fekter! Aber Sie wollen es nicht, und das ist wirklich bedenklich.

Weil es alle hier so gerne von mir hören wollen: Ich entschuldige mich für diesen Aus­druck. Aber ich bitte Sie trotzdem, Frau Fekter: Kommen Sie heraus, und machen Sie endlich Schluss mit diesem Versteckspiel!

Schauen Sie, es geht hier ja um 20 Milliarden. Es geht um Verluste, die dem Steuer­zahler umgehängt wurden. Wir können auch gern noch einmal darüber reden, wie das alles entstanden ist. Wenn Sie schon nicht herauskommen wollen und hier Erhellendes sagen, kann ich noch einmal Erhellendes sagen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Schauen Sie, entstanden ist das dadurch: Die Bayern wollten schon ein Jahr vor der Notverstaatlichung die Hypo loswerden. Ein Jahr vor der Notverstaatlichung! Dann sind die Bayern hergegangen und haben der Bank mehr als 1 Milliarde an Kapital entzogen. Jede Bank in dieser Situation wäre dann pleite! Das haben die Bayern ganz bewusst gemacht, weil sie damit den Österreichern das Messer ansetzen konnten. Alle haben gewusst, dass sie sie nicht pleitegehen lassen werden, denn wir wissen auch, dass bei einer Pleite zuerst die Bayern hätten zahlen müssen, weil das ja Ausfallshaftungen waren.

All das haben wir schon besprochen. Die Frage ist nur, warum sich die Österreicher das Messer haben ansetzen lassen. Das ist die zentrale Frage, und da kommt die Raiffeisen ins Spiel! Die Raiffeisen und auch Erwin Pröll aus Niederösterreich, der Angst hatte um seine Hypo-Landesbank, die er ja genauso missbraucht hatte, wie Hai­der das gemacht hatte. (Abg. Rädler: Ja sag einmal!) Das muss man ja auch einmal sagen. Auch die Hypo Niederösterreich wurde immer wieder missbraucht (Zwischen­rufe bei der ÖVP), hat Spekulationsgeschäfte gemacht. Dann gibt es Milliardenverluste.

All das wissen wir ja. (Abg. Rädler: Verfolgungswahn!) Da hat selbstverständlich der Onkel Erwin aus Niederösterreich Angst gehabt, dass mit einer Pleite auch er hier sein Spielzeug verliert. Deshalb ist er zu seinem Neffen gegangen und hat hier auch noch ein bisschen Druck ausgeübt (Zwischenrufe bei der ÖVP), genauso wie die Raiffeisen, die ja dann den Herrn Pröll auch versorgt hat. (Abg. Rädler: Dann kam das Rumpel­stilzchen!)

Auch das wird Teil des Untersuchungsausschusses sein. Da werden wir reinschauen! Wir werden uns anschauen (Zwischenrufe bei der ÖVP), warum sich die Österreicher das Messer ansetzen ließen, obwohl sie wussten, dass die Bayern das ja gar nicht ernst meinen konnten, weil sie bei einer Insolvenz natürlich auch fest mitgezahlt hätten und sogar noch mehr Schaden entstanden wäre.

Wenn Herr Krainer behauptet, dass die Bayern bei einer Insolvenz maximal 3 Milliar­den € verloren hätten (Abg. Matznetter: Das hat er nicht behauptet!) – manche sagen, 6 bis 8 Milliarden –, dann frage ich mich, wo die restlichen Milliarden herkommen. Ha­ben Sie schon einmal darüber nachgedacht? Haben Sie einmal darüber nachgedacht: Wenn die Bayern damals bei einer Insolvenz, wenn wir nicht notverstaatlicht hätten,
6 bis 8 Milliarden verloren hätten und wir jetzt 20 Milliarden € zahlen müssen, wie geht denn das? Wie geht das? – Ich kann Ihnen sagen, wie das geht: weil damals natürlich nicht alles bekannt war! Keine Frage.

Aber jetzt kann man auch sagen: Die armen Bayern, denen wurde diese böse Bank, diese böse Haider-Bank angedreht, die haben gar nicht gewusst, was sie da bekom­men. Wissen Sie, wie das war? – Die Bayern wollten die BAWAG kaufen. Erinnern Sie sich noch? – Das ist ein Hort der Stabilität gewesen (Abg. Matznetter: Ja!), die BAWAG, da hat es keine Spekulationsverluste gegeben. Erinnern Sie sich, ja? (Neuerlicher Zwi­schenruf des Abg. Matznetter.) – Ihre Gewerkschaftsbank, die wollten die Bayern da­mals kaufen.


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Sie haben aber die BAWAG nicht bekommen, und dann sind sie auf die Hypo losge­gangen, wobei jeder wusste und auch die Bayern wussten, dass das die wildeste Spe­kulationsbude überhaupt war. Der Clou an der Sache war ja der: Sie haben sie deshalb kaufen wollen! Sie wollten sie genau deshalb, weil sie so eine Spekulationsbank war und weil sie selbst nicht spekulieren durften. Die BayernLB war eine sehr seriöse und vor allem sehr konservative Landesbank. Die wollten mitmachen am Finanzkarussell, das durften sie aber nicht. Deshalb wollten sie die Hypo haben.

Dann hatten sie sie und haben natürlich durch die Finanzkrise gemerkt: okay, das kann auch in die Hose gehen!, und dann wollten sie sie wieder anbringen. Wer kommt dann daher? – Der Herr Pröll! Der Herr Pröll kommt und hat sie zurückgenommen, ohne Not. Absolut ohne Not! Das wissen wir heute.

Jetzt sind wir beim Punkt. Frau Tamandl hat gefragt, wo der rote Faden ist, der rot-schwarze Faden. Ich kann es Ihnen sagen. (Abg. Tamandl: Die hat überhaupt nicht gefragt ...!) Der rot-schwarze Faden läuft auf einer Linie, dass die Interessen von Raiff­eisen und dem Onkel Erwin aus Niederösterreich zehnmal so viel wert sind wie die In­teressen des Steuerzahlers. Das wissen wir jetzt. Nur damit Raiffeisen und Onkel Er­win aus Niederösterreich sich 2 Milliarden sparen, muss jetzt der Steuerzahler 20 Mil­liarden zahlen!

Das heißt, der rote Faden, der rot-schwarze Faden in dieser Bundesregierung lautet: Die Interessen von wenigen, in dem Fall von Onkel Erwin und Raiffeisen, sind genau zehnmal so viel wert wie die Interessen der Österreicher. Das ist wirklich ein Skandal! (Beifall beim Team Stronach. – Zwischenruf des Abg. Rädler.)

17.48


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Meinl-Reisinger. – Bitte.

 


17.48.52

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrte Mitglieder auf der Regierungsbank! Es ist immer eine Herausforde­rung, nach Kollegen Lugar zu sprechen. Ich wollte auf ein paar Dinge eingehen, die heute gesagt worden sind. (Zwischenruf des Abg. Krainer.) Das finde ich nett, dass Sie das sagen. Aber in 5 Minuten – oder 5 Minuten rede ich nicht, aber in 30 Sekunden schreien Sie mir sicher wieder rein, Herr Kollege Krainer! (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Frau Kollegin Holzinger, ich gebe Ihnen darin vollkommen recht, dass es natürlich wün­schenswert wäre, dass wir auch diese Zeit in Kärnten aufklären, keine Frage. Ich glau­be aber sehr wohl auch, dass es ganz wichtig ist, die Zeit 2009 und danach aufzu­klären. Das nicht zu tun, kommt nicht infrage, und ich möchte Sie darauf hinweisen, dass wir jetzt ein Minderheitsrecht bei so einem Untersuchungsgegenstand haben – also herzliche Einladung an dieser Stelle!

Ich wollte auf zwei Sätze eingehen, die Sie, Herr Minister, gesagt haben. Sie haben ge­sagt: Nicht jede Lösung ist richtig, die jemand vorschlägt. Sie haben auch gesagt, und das verstehe ich: Wie hätten Sie sich damals verhalten? – Das ist völlig richtig. Ich glaube, dass auch nach diesem Griss-Bericht unbestritten ist, dass nicht jede Lösung, die jemand vorschlägt, richtig ist, und auch nicht jede Lösung, die getätigt wurde, die richtige war. Die Frage, wie man sich verhalten hätte, ist eine durchaus berechtigte. Es ist immer leicht, im Nachhinein zu sagen, was richtig oder falsch gewesen wäre.

Fakt ist aber auch: Wir haben hier eine Verantwortung zu klären. Verantwortung heißt für mich schon auch, dass ich mich irgendwann hinstelle und sage: Diese Entschei­dung war falsch. – Das vermisse ich! Ich habe noch nicht gehört, dass der ehemalige


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Finanzminister Pröll gesagt hätte: Es war falsch, wie wir das gemacht haben. (Abg. Matznetter: Das wäre dann falsch, Frau Kollegin!) Ich habe noch nicht gehört, dass er gesagt hätte: Wir waren schlecht beraten, wir haben ein Auswahlverschulden, was die Berater angeht.

Ich habe auch – und das ist der einzige Punkt, wo ich dem Kollegen Lugar recht ge­be – von der ehemaligen Finanzministerin Fekter noch nicht gehört: Wir haben das ver­schleppt, wir hätten das früher angehen müssen. – Das ist das Thema. Die Verantwor­tung endet nicht, wenn das Amt aufgegeben wurde, beziehungsweise endet die Ver­antwortung nicht in dem Moment, in dem man die Entscheidung trifft.

Sie haben auch gesagt, Herr Minister: Wir gehen das professionell an. – Auch ich se­he, dass hier durchaus ein neuer Stil und vor allem auch eine neue Sprache da ist, seit Sie Minister sind. Aber ich möchte gerne etwas näher auf diesen Verkauf des Süd­osteuropa-Netzwerks eingehen und da wirklich die Frage stellen: Ist das jetzt wirklich ein professionelles Verfahren?

Keine Frage: Das Kernproblem ist auch hier wiederum dieser Verstaatlichungsvertrag, der den Bayern de facto ein Vetorecht einräumt, sodass eigentlich die Bayern jeglicher Strukturänderung zustimmen müssen. Das betrifft jetzt übrigens natürlich auch die gan­ze Frage der Abwicklung und des Abbaus über HETA und die FIMBAG, keine Frage.

Die Frage ist: Ist die Verhandlungsführung des ehemaligen Finanzministers Spindeleg­ger professionell gewesen, hier eine Lösung, eine Abwicklung vorzunehmen, ohne vor­her mit den Bayern gesprochen zu haben? Oder beispielsweise vielleicht sogar über­haupt schon einen Vergleich herbeizuführen? Ist es auch professionell, dieses Südost­europa-Netzwerk zu verkaufen, ohne darüber mit den Bayern gesprochen zu haben? Ist es professionell, dass man jetzt einen Reset-Knopf drückt und eigentlich wieder zwei neue, alte Bieter auftauchen?

Die haben jetzt gerade einmal – wie viel Zeit haben sie? – sieben Tage Zeit, in den Da­tenraum zu gehen und sich dieses Südosteuropa-Netzwerk anzuschauen, während Ad­vent zwei Monate damit verbracht hat, das alles zu prüfen. Ist das verantwortlich ge­genüber den Steuerzahlern? – Denn klar ist auch: Das Risiko ist enorm, und ein hohes Risiko bedeutet natürlich ein geringeres Angebot.

Daher glaube ich schon, dass hier die Nicht-Zustimmung der Bayern, die für viele schon aus heiterem Himmel gekommen ist, letztlich auch 2014 wieder einen enormen Scha­den für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler bedeutet. Ich stelle hier schon die Fra­ge in den Raum, ob da wirklich eine professionelle Verhandlungsführung und ein pro­fessionelles Verhalten an den Tag gelegt wird. – Danke. (Beifall bei NEOS und Grünen.)

17.53


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. – Bitte.

 


17.53.13

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Herren Bundesminister! Hohes Haus! Herr Präsident, ich gehe davon aus, dass, wenn ich jemandem sage, er verhält sich wie der Lugar, das ab jetzt ordnungsrufver­dächtig ist. Ich werde das daher vermeiden.

Wir haben eine etwas aufgeregte Debatte. Vor allem Klubobmann Strache – das haben ja Zuseherinnen und Zuseher erlebt – hat sehr hysterisch und aufgeregt allen anderen „Haider-Bashing“ vorgeworfen. Na gut, er hat ein bisschen Grund dafür. Normalerweise kann man ja niemanden daran hindern, jeden Tag ein bisschen gescheiter zu werden. Wenn jemand nur den gegenteiligen Weg beschreitet, sollte man ihn darauf hinweisen;


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ich tue das hiermit. Herr Strache hat das schon sehr vernünftig beim ersten Auftauchen der Probleme Hypo Alpe-Adria getan.

Werner Kogler hat vorhin daran erinnert, dass er und ich sehr kritisch nicht nur die Fra­ge der Spekulationsverluste 2004, sondern dieser gesamten, damals auf Südosteuropa aufgebauten Problembärenbank aufgezeigt haben. Aber wir waren nicht allein, Werner Kogler! In seiner Presseaussendung vom 31. März 2006, 10.39 Uhr, hat Herr Strache nämlich zusammengefasst, wer schuld war. Die Verantwortung, stellte Strache klar (Abg. Podgorschek: Das bestätigt unsere Meinung!), liege voll und ganz bei Landes­hauptmann Haider in seiner Eigenschaft als Finanzreferent.

Recht hat er gehabt! (Abg. Podgorschek: Völlig recht!) Und wieso hat er recht ge­habt? – Weil der Finanzreferent das einzige Organ war, die Sicherung, die zur Verfü­gung stand, um gegen die uneingeschränkte Haftung seitens des Steuerzahlers ein Nein zu sagen. (Abg. Podgorschek: Ja, Strache hat das damals schon erkannt!) Er hat nie Nein gesagt, er hat nichts unterbunden! Er hat, wie Strache in derselben Erklä­rung sagt, sich nicht darum gekümmert. – Jetzt heute herzugehen und zu sagen, das wäre Haider-Bashing, ist eigentlich unverantwortlich bis zum Letzten! (Abg. Podgor­schek: Sie sagen das jetzt nur, um abzulenken!)

Der Abgeordnete Angerer von Ihrer Fraktion auf den Zwischenruf, wie war denn 1999 die Haftung, was reden wir denn da, als Haider das zweite Mal Landeshauptmann wur­de: von 3,9 Milliarden, ist ja Wurscht; 20 Milliarden, Wurscht; 23 Milliarden – das war sein Ausdruck hier: Wurscht! (Abg. Darmann: Das hat er nie gesagt!) Die 23 Milliarden zahlen Österreicherinnen und Österreicher, die diese FPÖ-Politiker hier in den Sand gesetzt haben! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.) Sie zahlen es! Herr Podgorschek, es ist nicht Wurscht, die müssen es nämlich zahlen.

Ich komme zu den Gedanken zurück, die Kollegin Tamandl richtigerweise eingebracht hat: Wieso war im Jahr 2009 noch das Land in der Haftung, wenn die Mehrheit bei Bayern war? – FPÖ-Politiker erzählen uns hier am Pult dauernd, die Haftung wäre beim Freistaat Bayern gewesen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Sie war nie beim Frei­staat Bayern!

Wer hat denn da die Bankanteile verkauft? (Abg. Darmann: ... die Stadt Wien und die Bank Austria!) Wer hat denn den Herrn Berlin eingesetzt, wo dann seine Investoren­gruppe, wenn es angeblich eine geschminkte Leiche war, dort noch schnell einen drei­stelligen Millionenbetrag abgegriffen hat – bis heute nicht eingezahlt! Herr Berlin und seine Anleger könnten die Kontonummer von ihm erfragen und es dort einzahlen. (Abg. Podgorschek: Sie werden doch nicht sagen ...!)

Wer waren die, wer hat denn in München verhandelt? – Ich weiß, das ist schon wieder ein Haider-Bashing, wenn man darauf eingeht, dass er gleich noch gesagt hat, für ei­nen Fußballverein kriegen wir auch noch ein paar Millionen. Ich weiß schon (Abg. Kickl: Da sind wir aber ... sehr, sehr weit hinten!), das ist ja ein Toter, und das dürfen wir nicht untersuchen. Wir werden auch das untersuchen, meine Damen und Herren! (Abg. Podgorschek: Ja, werden wir eh!)

Da ist das Verschulden passiert. Hätte nämlich der Freistaat Bayern die Haftungen über­nommen oder dem Land Kärnten eine Rückhaftung gegeben, nämlich alles zu erset­zen, was im Rahmen seiner Haftung zu zahlen wäre, hätte der Sepp Pröll im Finanzmi­nisterium denen nicht einmal die Tür aufmachen müssen! Dann hätte man in München anrufen können. Dann würde die Bemerkung stimmen, Trichet hat seine Nummer ge­wählt. So hat er die richtige Nummer gewählt, denn dieses Land hat wegen Ihrem Ver­schulden die Haftung gehabt. Das werden wir aufklären, auch wenn Sie diesen Teil nicht hören und nicht aufgearbeitet haben wollen.


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Herr Angerer sagt, es ist Wurscht. Der andere sagt, es ist ein Haider-Bashing. Sie ha­ben es verursacht, Sie sind schuld daran, und auch diese politische Verantwortung wer­den wir genau bei Ihnen einlösen! – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Podgor­schek: Sie müssen zum Psychiater, Ihr Trauma abbauen!)

17.57


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Strasser zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


17.58.00

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kollegin­nen und Kollegen! Herr Kollege Lugar, es war an und für sich nach den bisherigen Auftritten Ihrer Person wahrscheinlich nichts anderes zu erwarten; aber Sie waren oder sind leider der negative Höhepunkt dieser durchaus sehr engagierten Debatte. Kollegin Maria Fekter hätte sich durchaus eine etwas engagiertere Entschuldigung verdient! (Bei­fall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren, am 25. März 2014 wurde die sogenannte Griss-Kom­mission von Finanzminister Michael Spindelegger eingesetzt. Wir alle können uns noch sehr genau an die abschätzigen Kommentare der Opposition erinnern. Aus heutiger Sicht drängen sich dazu einige Fragen auf: Unterlag die Opposition zu diesem Zeit­punkt den herkömmlichen politischen Reflexen? Hat man ganz einfach die Sachlage falsch eingeschätzt? Oder wurden diese Aussagen nach bestem Wissen und Gewis­sen gemacht?

Es sei dahingestellt, die Opposition hat ihre Meinung geändert. Das ist gut so, aber im Nachhinein bleibt: Was lernen wir daraus? – Im Nachhinein sind wir immer alle ge­scheiter. (Abg. Glawischnig-Piesczek: Was haben Sie daraus inhaltlich gelernt?) Frau Kollegin Glawischnig, im Nachhinein sind wir immer alle gescheiter. (Abg. Glawischnig-Piesczek: ... gescheiter geworden!)

Am 2. Dezember 2014 wird ein rund 400 Seiten starker Bericht von Frau Dr. Griss vor­gelegt. Die positiven und lobenden aktuellen Reaktionen aller Parteien – aller Partei­en! – sind uns bekannt. Der Bericht wird ein wesentliches Element für die weiteren Dis­kussionen der Hypo-Problematik sein, und das ist gut so. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Glawischnig-Piesczek.)

Ich möchte einen Satz aus der Dringlichen Anfrage der Grünen herausnehmen, und zwar heißt es da, dass Einzelgespräche und Kommissionsgespräche mit involvierten Personen oder ExpertInnen weniger relevant sind als schriftliche Unterlagen, Doku­mente und Urkunden. – Das ist sozusagen ein Hinweis auf die Arbeitsweise der Griss-Kommission, und im Hinblick darauf stellen sich mir folgende Fragen: Welche Rechts­vorstellung steht hier im Raum? Wenn die Aussagen von Personen als „weniger re­levant“ bezeichnet werden: Welchen Ausblick gibt uns das auf den bevorstehenden Un­tersuchungsausschuss?

Ich darf jetzt einen kleinen Schwenk ins Verwaltungsrecht machen: Hier gilt das Prinzip der Gleichwertigkeit von Beweismitteln. Im Hinblick darauf möchte ich in den Raum stellen, inwieweit es sich nicht doch um eine Vorverurteilung handelt, wenn jemand ganz persönlich eine Aussage macht. – Aber zum Glück gibt es das neue U‑Ausschuss-Recht, mit dem eine rechtsstaatliche Vorgangsweise und die Wahrung von Persönlich­keitsrechten gewährleistet wird.

Erlauben Sie mir noch einen kleinen Rückblick auf die Diskussionsrunde „Im Zentrum“ von vergangenem Sonntag und im Hinblick darauf ein kurzes Stimmungsbild der Situa­tion in unserem Land: Frau Dr. Griss, Dr. Androsch und Kollegen aus dem Parlament sowie eine beträchtliche Anzahl an Bürgerinnen und Bürgern waren geladen. Und stel-


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len Sie sich vor: Es gab eine Stunde lang keinen Applaus! Eine geschlagene Stunde kein Applaus! – Wer diverse Sendungen dieser Art im ORF kennt, weiß, dass es nur sehr selten vorkommt, dass sich ein Publikum in der Sendezeit so lange zu keiner Par­teilichkeit hinreißen lässt!

Aber dann kommt’s: Nach einer Stunde und dreißig Sekunden antwortet Frau Dr. Griss auf die Frage, welchen Ausblick sie für die nächste Zeit hat, Folgendes – ich zitiere –:

Bei jeder Diskussion – und ich habe das hier auch erlebt – da werden bei den Argu­menten, die gebracht werden, da spielen andere Interessen mit. Und dann wird der Sach­verhalt nicht ganz so wiedergegeben – ich will nicht sagen, bewusst –, aber er wird nicht so ganz wiedergegeben, wie er ist. Das führt dann zu einer Ausgangsbasis, die zu nix führt, denn wir reden über Sachen, die nicht so sind. Und man bekämpft Feind­bilder, die in Wahrheit gar nicht bestehen. Viel wichtiger wäre es in dieser Situation, die so viel Geld kostet, dass wir dieses politische Hickhack beiseitelassen. Zitatende.

An dieser Stelle gab es begeisterten Applaus. Ich glaube, der Applaus kam von gan­zem Herzen und mit voller Überzeugung! Ich bin mir ganz sicher, dieser Appell von Frau Dr. Griss und dieser Applaus sind als Aufforderung an die Regierungsparteien und an die Opposition zu verstehen, denn nur in diesem Sinn können wir jetzt den Schaden minimieren und für die Zukunft lernen. Agieren wir im Sinne von Frau Dr. Griss, im Sinne unseres Herrn Bundesministers Dr. Schelling und im Sinne unserer Bürgerinnen und Bürger! (Abg. Glawischnig-Piesczek: Entschuldigen Sie sich einmal bei der Op­position!) – Danke schön und alles Gute. (Beifall bei der ÖVP.)

18.03


Präsident Karlheinz Kopf: Der soeben angesprochene Herr Bundesminister hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister Schelling. (Abg. Kogler: Die ÖVP muss sich um unseren grünen Applaus keine Sorgen machen! Geht einmal mit mir auf Tour!)

 


18.03.28

Bundesminister für Finanzen Dr. Johann Georg Schelling: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Moser hat gemeint: Da schauen auch andere zu! – Und ich sage Ihnen: Nicht nur bei der Sendung „Im Zentrum“ schauen an­dere zu, sondern auch hier! Sie – alle zusammen – verbessern meine Position nicht mit diesen Anschuldigungen, die hier laufen. Sie verbessern meine Position in der Frage der weiteren Vorgangsweise betreffend SEE-Verkauf, Anfechtungsklage oder sonstige Instrumente nicht!

Daran ist überhaupt niemand schuld. Ich wollte Sie nur darauf aufmerksam machen, dass sich das natürlich in der Öffentlichkeit widerspiegelt. Sie wissen, wie sensibel die Verhandler sind. Sie wissen, wie sensibel die Finanzmärkte sind, und ich würde Sie ausdrücklich darum bitten, dass Sie hier sehr verantwortungsvoll mit Ihren Äußerungen umgehen, nicht mehr und nicht weniger!

Zweitens möchte ich in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass ich gerne be­reit wäre, Ihnen über die derzeitigen Vorgänge mehr zu sagen, wenn das nicht drama­tische Auswirkungen auf die Verhandlungspositionen, die wir derzeit haben, hätte. Da­her bitte ich um Verständnis, dass ich Ihnen zu diesen Fragen keine detaillierten Ant­worten geben kann. Aber ich bitte Sie darum, vorsichtig mit diesen so wichtigen Äuße­rungen in Richtung Finanzmarkt und in Richtung Verhandlungen zu sein. – Das sollte auch Sinn dieser Debatte sein!

Ich glaube, es ist ein sehr heftiger, emotionaler Austausch erfolgt, und ich sehe das so wie Frau Abgeordnete Moser: Viele Menschen schauen an den Bildschirmen zu. Es beobachten aber auch unsere Klagsgegner diese Debatte, und ich möchte nicht unbe-


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dingt, dass manche der Beiträge im Rahmen einer Gerichtsverhandlung vorgespielt wer­den! Das würde nämlich meine Verhandlungsposition nicht wirklich verbessern!

Ich ersuche Sie daher dringend, auch in Ihrer Wortwahl das Bestreben, eine gute Lö­sung zu finden, zu unterstützen und unsere Verhandlungsposition nicht zu beeinträch­tigen! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.05


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Darmann zu Wort. – Bitte.

 


18.05.51

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die Worte hörend und auch be­herzigend bin ich etwas über die Auftritte der Vertreterinnen und Vertreter der Regie­rungsfraktionen hier und heute in dieser Dringlichen verwundert. Es wurde nämlich heu­te, geschätzte Damen und Herren, dasselbe Bild vonseiten der SPÖ- und ÖVP-Redne­rinnen und -Redner hier gezeichnet wie gestern im Zuge der Aktuellen Stunde zur Hypo.

Ihre Verteidigungslinie ist, dass es zur damaligen Verstaatlichung keine Alternative ge­geben hätte und alles richtig gemacht worden sei. Und das zu einem Zeitpunkt, zu dem der geschätzte Herr Bundesminister tatsächlich nachvollziehbar und auch für uns schlüs­sig überlegt, Klage gegen die BayernLB im Sinne von Irrtumsanfechtung und Rückab­wicklung dieser Verstaatlichung zu führen. – Das heißt, die Linie der Parlamentsfrak­tionen SPÖ und ÖVP passt absolut nicht mit der Linie des Finanzministeriums zusam­men, sondern sie ist kontraproduktiv und praktisch ohne Nutzen, sondern vielmehr zum Schaden der Republik Österreich, werte Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten des Teams Stronach.)

Darum versuche ich, mit möglichst wenig Emotion auch meinerseits die Worte des Herrn Finanzministers zu unterstreichen: Die gegenseitige Schuldzuweisung bringt nichts. Das haben wir schon mehrfach gehört. Man braucht keine Fernsehsendung anzuschauen, keinen Bericht darüber zu lesen oder die Reaktionen der Bevölkerung vor Ort im Fern­sehstudio zu interpretieren, sondern man braucht nur ein bisschen in Österreich oder in seinem Bundesland unterwegs zu sein und im Speziellen mit der Bevölkerung zu re­den: Dann weiß man, dass hier Sachlichkeit oberste Priorität hat, um die Aufklärung voranzutreiben.

Es geht aber nicht nur um die Aufklärung der schadhaften Vorkommnisse für den Steu­erzahler in der Vergangenheit, sondern es sind Schlüsse daraus zu ziehen, was man für die Zukunft besser machen kann, denn wenn wir uns alle nur in der Vergangenheit verlieren, wird der Republik Österreich in Zukunft auch nicht geholfen sein, werte Kol­leginnen und Kollegen! (Beifall bei der FPÖ.)

Um der Wahrheit die Ehre zu geben, muss schon gesagt werden: Wenn Herr Matz­netter nichts Besseres zu tun gehabt hat, als wieder herauszukommen und das Bild einer Einzelperson in Kärnten zu zeichnen, die nicht mehr am Leben ist, die mit einer Partei verantwortlich für das ganze Hypo-Desaster sein soll, dann frage ich, wenn das die Hauptschlaglinie und Argumentationslinie der SPÖ im Hinblick auf Landeshaftun­gen und die Verantwortung dafür ist: Wann fordern Sie einen Parteiausschluss und den Rücktritt von Landeshauptmann Dr. Peter Kaiser sowie der Landeshauptmann-Stellver­treterin und derzeitigen Finanzreferentin Dr. Gabriele Schaunig von der SPÖ, die da­mals die höchsten Haftungen mitbeschlossen haben und mit in Verantwortung waren; geschätzte Damen und Herren? (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Auch der derzeitige Landtagspräsident Reinhart Rohr war in Verantwortung als Lan­desrat in der damaligen Landesregierung – und noch dazu in entsprechender Regie­rungskoalition in Kärnten.


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Geschätzte Damen und Herren! Die Freiheitlichen in Kärnten waren zu keiner Zeit mit absoluter Macht in Regierungsfunktion und hatten zu jeder Zeit die Notwendigkeit, sich eine Mehrheit zu beschaffen. – Es wird hier viel zu leicht herumlamentiert, das muss auch so hart gesagt werden. Drei Parteien hier, nämlich Rot, Schwarz und Grün, mei­nen jetzt, den Schwarzen Peter bei der FPÖ parken zu können, obwohl sie gemeinsam die Mehrheit im Kärntner Landtag hatten, um all diese Haftungen zu verhindern! Das heißt, Rot, Schwarz und Grün hätten zu jeder Zeit jede Haftung verhindern können, weil sie gemeinsam die Mehrheit dazu gehabt haben! Ich wiederhole das aufgrund der Wichtigkeit dieser Aussage.

Geschätzte Damen und Herren, um vom Themenkomplex der Haftungen nun etwas weiter in die Zukunft zu gehen: Warum haben Sie Jahr und Tag vergehen lassen, über 20 Mal gegen einen Untersuchungsausschuss gestimmt und die Gelegenheit ausge­lassen, schon viel früher das Themenfeld der Bayern-Verantwortung aufzuarbeiten, was nunmehr dem Finanzministerium bei den Verhandlungen auch in die Hand spielen würde?

Die Bayern haben nämlich im Jahr 2008 in Mehrheitseigentümerverantwortung die Bi­lanzsumme in einem Jahr um mehr als 37 Prozent ausgeweitet. Dazu muss man sich auch die vorige Woche durch das „profil“ veröffentlichten Unterlagen des Verwaltungs­rats der Bayern ansehen, die tatsächlich nahelegen, dass man nicht mit offenen Karten gegenüber der Republik Österreich bei den Verhandlungen über eine Verstaatlichung gespielt hat. Außerdem sollte man sich im Vorfeld dazu, werte Kolleginnen und Kol­legen, auch den heuer aufgetauchten und bis dahin geheimen Sideletter des damali­gen Vorstandes der Hypo, Herrn Pinkl, in Erinnerung rufen. Dieser wurde ihm vom Mehrheitseigentümer, den Bayern, gegeben, und zwar mit einer entsprechenden Prä­mie in Millionenhöhe für den Fall, dass er es schafft, die Hypo zu einem gewissen An­teil oder gesamt der Republik Österreich in weiterer Folge anzueignen.

Werte Damen und Herren, das Ganze ist doch offensichtlich ein Puzzle, das aber noch zusammengefügt und aufbereitet werden muss durch einen notwendigen Hypo-Unter­suchungsausschuss, den wir mit voller Inbrunst fordern und verlangen werden, und wir werden diese Themenaufarbeitung nicht nur begleiten, sondern mit Leidenschaft vo­rantreiben!

Dazu sage ich Ihnen aber: Dadurch, dass Sie über 20 Mal verhindert haben, dass eine rechtzeitig Aufklärung vorangetrieben wird, ist viel wertvolle Zeit dieser Republik ver­geudet worden, die dieses Finanzministerium unter diesem Finanzminister nunmehr bräuchte, um noch mehr Schaden von der Republik Österreich und damit vom Steuer­zahler abzuwenden. (Beifall bei der FPÖ.)

Lassen Sie deswegen, werte Damen und Herren, diese Parteipolitik! (Präsident Kopf gibt das Glockenzeichen.) – Ich komme zum Schlusssatz, Herr Präsident.

Lassen Sie es, diese nichtssagenden und dem Steuerzahler nichts bringenden Schuld­zuweisungen hier stets zu wiederholen, und helfen Sie stattdessen mit, den Schaden von der Republik und vom österreichischen Steuerzahler abzuwenden. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

18.12


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Loacker. – Bitte.

 


18.12.30

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Regierungs­mitglieder! Hohes Haus! Geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer! Es ehrt Kollegin Tamandl, wenn sie sich quasi wie eine Löwin vor die ehemalige Finanzministerin Fek-


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ter wirft und sagt: Die arme Frau Fekter konnte sich nicht auf die Leute verlassen, die mit ihr zusammengearbeitet haben.

Ich behaupte: Das Gegenteil ist der Fall! Sie hätte auf diese Leute hören sollen! Der Aufsichtsratsvorsitzende der Hypo, Johannes Ditz, ist nämlich zurückgetreten, weil er im Finanzministerium nicht gehört wurde und nicht, weil man dort so super auf ihn ge­hört hat. – So viel dazu, dass sie sich nicht verlassen konnte.

Die Frage ist immer: War diese – unter Anführungszeichen – „Notverstaatlichung“ alter­nativlos oder nicht? – Abgeordneter Krainer hat gesagt: Sie war nicht alternativlos, aber welche Alternativen es gegeben hat, kann mir keiner sagen. – Naja, jetzt (Abg. Krai­ner: Sagen Sie es uns!) – Ich versuche, das jetzt auszuführen, wenn Sie mir zwei Sät­ze Zeit geben, aber offensichtlich haben Sie die Zeit nicht.

Ein Jahr vor der Notverstaatlichung hat die Republik Partizipationskapital in Höhe von 900 Millionen € zugeschossen, um die Bank am Leben zu erhalten und zu stärken. Das ist nur ein Beispiel einer Maßnahme, die man setzen kann, wenn eine Bank in Schief­lage ist. Sie aber zeichnen ein Alles-oder-nichts-Szenario. Entweder ist die Einrichtung jetzt verstaatlicht, oder – wie Sie beziehungsweise Abgeordneter Matznetter immer sa­gen – es gehen in Kärnten die Lichter aus. – Das ist aber keine seriöse Darstellung der Dinge, weil  (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) – Sie haben schon öfter mit diesen Sätzen argumentiert: In Kärnten werden die Spitäler und die Schulen geschlossen. Es gehen die Lichter aus. (Ruf: Ja! So ist es!)

Das setzt ja voraus, dass in dieser Hypo alle Assets null wert sind, und wenn sie in In­solvenz ginge, dann würde gar nichts übrig bleiben und könnte niemand mehr dafür zahlen. Umgekehrt widerspricht dieser Darstellung die Regierungsdarstellung, dass die Abbaubank eigentlich eh kein Problem ist, weil da tolle Assets drin sind und der Steu­erzahler am Schluss gar nicht auf viel Schaden sitzen bleibt. – Es gibt also zwei Dar­stellungen von Regierungsseite, die einander diametral widersprechen. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Herr Abgeordneter Matznetter, wenn Sie mir einfach einmal zwei Minuten – viel Rede­zeit habe ich eh nicht – zuhören würden, dann könnten Sie auch etwas daraus mitneh­men!

Bei diesen Szenarien, die in Frage gekommen wären, um die Bank zu retten und viel­leicht nicht ins Staatseigentum zu übernehmen, waren die Bayern einfach schlauer, denn sie hatten laut Griss-Bericht vier Szenarien, als sie mit den Österreichern ins Ge­spräch gegangen sind, auf unserer Seite gab es hingegen offensichtlich nicht vier Sze­narien. Man hätte aber Liquidität zur Verfügung stellen können, man hätte das Eigen­kapital stärken können, und man hätte auch den Bayern, die 6 bis 8 Milliarden € in die­ser Bank hatten, sagen können: Leute, wir würden 1 Milliarde auf den Tisch legen, viel­leicht können wir da noch etwas machen! Man hätte nämlich auch mit Geld Zeit ge­winnen können, um eine andere Lösung zu finden, statt eine derartige Alles-oder-nichts-Lösung umzusetzen, wie das tatsächlich geschehen ist.

Wenn sich heute – es ist schon mehrfach angeklungen – die frühere Ministerin Fekter und die früheren Staatssekretäre Schieder und Lopatka in dieser Diskussion nicht zu Wort melden, dann mutet das schon eigenartig an. Aber es gilt ja bei uns der Grund­satz, dass niemand aussagen muss, wenn er sich dadurch selbst in eine nachteilige Si­tuation bringen könnte, und insofern muss man das Schweigen der Herrschaften ver­stehen. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Krainer: Hallo! Wir haben doch gestern in der Aktuellen Stunde darüber geredet!)

18.16


Präsident Karlheinz Kopf: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abge­ordneter Kucher zu Wort gemeldet.


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Herr Abgeordneter, Sie kennen die Bestimmungen der Geschäftsordnung: Wiederho­len Sie zuerst den Vorwurf oder den zu berichtigenden Sachverhalt und bringen Sie dann Ihre Korrektur. – Bitte.

 


18.16.51

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident. Ich möchte auf die Rede des Kol­legen Darmann eingehen, der hier wiederholt behauptet hat, Herr Landeshauptmann Peter Kaiser und die Landesfinanzreferentin und Landeshauptmann-Stellvertreterin Ga­by Schaunig hätten die Haftungen mitbeschlossen. – Das ist unrichtig.

Ich berichtige daher tatsächlich, dass Gaby Schaunig in der Kärntner Landesholding immer gegen die Ausweitungen der Haftungen gestimmt hat.

Dieser Beschluss aus dem Jahre 2004, den Sie immer wieder zitieren, hat sogar eine Einschränkung der Landeshaftungen herbeigeführt. Bei diesem Beschluss waren auch die anderen Kärntner Oppositionsparteien mit dabei. Dabei ging es um eine Einschrän­kung der Haftungen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Darmann.)

18.17


Präsident Karlheinz Kopf: Die vorläufig letzte Wortmeldung zu dieser Dringlichen An­frage kommt von Herrn Abgeordnetem Hagen. – Bitte.

 


18.17.41

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Bundesminister, Sie haben vor­hin etwas Unglaubliches gesagt, und mein kriminalistisches Ohr hat das so aufgefasst, dass Sie gesagt haben, wir sollten hier mit den Wortmeldungen vorsichtig sein, damit wir Ihre Verhandlungsposition nicht schmälern. – Das ist für mich ein Eingeständnis, dass Ihre Vorgänger massive Fehler gemacht haben!

Deswegen fordere ich jetzt: Wir wollen Frau Dr. Fekter hier hören, und wir wollen den Herrn Mag. Schieder hier hören. (Zwischenruf der Abg. Tamandl.)

Meine Damen und Herren, Herr Kollege Strasser, wir würden jetzt einen großen App­laus bringen, damit diese zwei Herrschaften hier von diesem Rednerpult aus die Wahr­heit sagen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

18.18


Präsident Karlheinz Kopf: Es folgt noch eine Wortmeldung des Herrn Abgeordneten Mag. Kogler. Restredezeit Ihres Klubs: 4 Minuten. (Abg. Rädler: Es wird immer schlim­mer! – Abg. Prinz: Schlimmer als das von Lugar kann es gar nicht mehr werden!)

 


18.18.41

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Mei­ne Damen und Herren! Ich glaube, es gibt keine Redeverpflichtung für Abgeordnete. Aber das kann man interpretieren.

Herr Bundesminister, das haben wir ja eingangs gesagt: Ich jedenfalls kann auch Ver­ständnis dafür aufbringen, dass hier nicht alles und jedes thematisiert werden kann, be­ziehungsweise kann es thematisiert, aber nicht in einer Art und Weise beantwortet wer­den, dass dann die Verhandlungsposition geschwächt wird. Das haben wir aber aus­drücklich vorausgeschickt.

Ich füge hinzu, dass wir beziehungsweise einzelne unserer Abgeordneten mit Ihrem Vorgänger eigentlich schon insofern verhandelt hatten, als sich abzeichnete, dass es einen solchen Untersuchungsausschuss geben könnte und auch die Verhandlungs­kapitel dort so gruppiert werden könnten, dass wir, wenn sich all das irgendwie aus­geht, aufgrund von entsprechenden Erkenntnissen nicht die Verhandlungsposition schwä­chen. Aber irgendwann wird das halt auch vorbei sein müssen!


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Zum jetzigen Angebot sage ich: Wenn die Regierungsfraktionen anständig mitdenken und mittun, dann könnten wir auch hier noch kooperieren. Allerdings war es schon ein bisschen seltsam, dass Klubobmann Lopatka gestern vorgeprescht ist und offensicht­lich eh in jede Himmelsrichtung und unabgesprochen Frau Griss jetzt zur Gallionsfigur seiner eigenen Fraktion erheben will, was auch für den U-Ausschuss möglicherweise nichts Gutes bedeutet hätte, weil wir Frau Griss anderswo brauchen werden.

Das sind keine guten Vorzeichen, aber vielleicht gelingt es ja trotzdem noch.

Apropos Abgeordnetenkollegen: Bei einem Beitrag der FPÖ hat man schon den komi­schen Eindruck gehabt, der Kärntner Landeshauptmann hätte nichts mit der Hypo zu tun gehabt. Wie muss man sich das vorstellen? (Abg. Podgorschek: So wie Pröll und die Hypo!) – Etwa so: Er geht über den Klagenfurter Hauptplatz, glüht am Lindwurm vorbei, betritt ein Institut – noch weiß er nicht, was es ist –, geht durch eine Kassenhal­le, alles fühlt sich schön an – da kommt Geld aus dem Bankomaten, hui! Und plötzlich hat der Herr Landeshauptmann von Kärnten eine Kenntnis: Hui, eine Bank, aber mit der haben wir nichts zu tun! (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)

Herr Kollege, wenn wir diesen Ausschnitt – nicht so viel Applaus, das haben wir vorhin schon gehört, das verbraucht sonst zu viel von meiner Redezeit – ausschnitzen und auf YouTube stellen, dann kriegen Sie mehr Klicks als die Lady Gaga. (Allgemeine Heiterkeit.)

Sehr seltsam war, dass jetzt der ehemalige Generalssekretär Rauch den ehemaligen Generalsekretär Lopatka in der Pflichtverteidigungsrolle abgelöst hat. Da hatte man wirklich den Eindruck – weil ich ja vorhin „ungetrübt von jedem Sachverstand“ gesagt habe, weil da immer die Sache eingefordert wird –, dass da eigentlich keine Benetzung vorgelegen hat, aber vielleicht war es ja auch so, dass er gemeint hat: Advent/EBRD hat etwas mit dem Adventmarkt da drüben zu tun, wo er gerade hergekommen ist. (Heiterkeit des Abg. Podgorschek.)

Insofern würde ich mir dann schon erwarten, dass man hier mehr Ernst zur Sache walten lässt, auch wenn ich das jetzt karikiert habe. Zu diesem Ernst: Was mich wirk­lich betroffen macht – und ich habe es versucht zu sagen, aber Sie sind kaum darauf eingegangen –, ist die Praxis hier im Haus. Und solange diese sich nicht ändert, bleibt halt wenig glaubwürdig. Ich habe sehr weit ausgeholt, weil ich nicht einsehe, dass Sie sich plötzlich alle wechselseitig in Demut üben, weil die Frau Griss einen an sich so gu­ten Bericht abgegeben hat. Ich habe noch einmal gesagt, wie das über die vielen Jahre war – aber darauf gehen Sie nicht ein –, in denen ÖVP und SPÖ leider auch alles ab­gewürgt haben, in denen wir mit Klagen eingedeckt oder zumindest damit bedroht wur­den, immer wieder.

Solange das schon her ist, so richtig ist es. Sie sagen nichts. Und Sie sagen nichts dazu, was die Motive dafür waren, dass der Banken-Untersuchungsausschuss abge­würgt wurde, als wir zur Hypo gekommen sind. Damals haben nämlich SPÖ-Abgeord­nete gesagt, sie halten den Druck von Raiffeisen nicht mehr aus und es droht eine Me­dienkampagne.

Das sind doch Gründe, auf die wir uns auch noch einmal konzentrieren müssen. Und daraufhin würde ich mir schon erwarten, dass, wenn schon nichts dazu gesagt wird, wir zumindest zukünftig ein anderes Verhalten haben. Mit dem Beschluss zum U-Aus­schuss haben wir da Voraussetzungen.

Letzter Punkt: Mit dem heutigen Beschluss zu einer Bankenabwicklung europäischen Musters ist doch auch erkennbar, dass eine geordnete, vernünftig organisierte Insol­venz für den Steuerzahler das viel Bessere ist. (Präsident Kopf gibt das Glockenzei­chen.)


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Danach sollten wir auch trachten, und deshalb war das Motto: Retten, was zu retten ist. – Untersuchen tun wir es sowieso. (Beifall bei den Grünen.)

18.23


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist somit geschlossen.

18.23.45Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Karlheinz Kopf: Ich nehme die Verhandlungen zu Tagesordnungspunkt 14 wieder auf.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Haider. – Bitte.

 


18.23.56

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Mei­ne sehr geehrten Damen und Herren! Medienkooperations- und -förderungs-Transpa­renz-Gesetz: Vor dreieinhalb Stunden haben meine beiden Vorredner, die Kollegen Un­terrainer und Obernosterer, kurz erklärt, worum es geht.

Ich denke, es ist notwendig, dass wir noch einmal kurz darüber sprechen, worum es bei dieser Gesetzesänderung geht. Man ist draufgekommen, dass durch die Anwen­dung des Medienkooperations- und -förderungs-Transparenz-Gesetzes unsere natio­nale Tourismusorganisation, die Österreich Werbung, einen administrativen Mehrauf­wand von mehr als 70 Millionen € – was ja auch ein Schaden ist – hat, indem sie be­kannt geben muss, welche Medienkooperationen sie im Ausland zur Bewerbung des Tourismusstandortes Österreich eingegangen ist.

Der zweite Nachteil aus der Anwendung dieses Gesetzes ist, dass jetzt jede andere ausländische nationale Tourismusorganisation genau nachschauen kann, wie es die Österreicher machen, die ja bekanntlich Tourismusweltmeister sind und sich da eine wirklich starke Position erarbeitet haben, und das dann ganz einfach und billig bei uns abkupfern kann. Das ist nicht Sinn der Sache. Das schädigt unsere eigenen Interes­sen, und daher bin ich auch Mitantragsteller dieses Abänderungsantrages.

Aber ich sage auch gleich dazu: Diese Gesetzesänderung ist mit Sicherheit nicht der Weisheit letzter Schluss, denn ich sehe, ehrlich gesagt, nicht ein, warum es sich da nur um die ausländischen Tourismusmarketingorganisationen oder die Kooperationen im Ausland handeln soll. Im Inland ist es dasselbe: Unsere Tourismusorganisationen lie­gen im Wettbewerb, im nationalen und im internationalen Wettbewerb, und warum sol­len zum Beispiel die Tourismusorganisationen vom Arlberg nachschauen können, wie und was die Kitzbüheler machen? Das ist eine eklatante Wettbewerbsverzerrung, aber nicht nur bei diesem Thema.

Ein anderes Thema ist mir besonders wichtig, weil ich auch Aufsichtsrat in einem lan­deseigenen Unternehmen bin und mir die Problematik auch selbst bekannt ist. Es gibt sehr viele Unternehmen im Besitz der öffentlichen Hand, beispielsweise in meinem Fall eine Therme in Oberösterreich, 99 Prozent in Landesbesitz, 1 Prozent in Streubesitz. Die­se haben keinerlei hoheitliche Aufgaben, liegen im nationalen und internationalen Wett­bewerb, sind gewinnorientiert, haben einen privatwirtschaftlichen Gegenstand, gehören dem Steuerzahler. Daher sollten wir sie unterstützen, möglichst viel für den Steuerzah­ler zu erwirtschaften. Mit diesem Gesetz zwingen wir sie aber  (Abg. Auer: Die be­kommen auch Landesförderung!) – Herr Kollege Auer, lassen Sie mich ausreden. Sie kriegen auch Landessubventionen.

Mit diesem Gesetz zwingen wir sie, offenzulegen. Damit kann der 20 Kilometer entfern­te privatwirtschaftlich orientierte Mitbewerber genau nachschauen, wie es der Markt-


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führer in Oberösterreich macht – und kann das abkupfern. Damit schädigen wir unsere eigenen Interessen und vor allem auch die Interessen des Steuerzahlers.

Abschließend: Ich bin daher der Meinung, diese Änderung, die wir heute beschließen, ist gut, ist in Ordnung, kann aber nur ein erster Schritt bei der Reparatur dieses wirklich in großen Bereichen schiefgegangenen Gesetzes sein. (Beifall bei der FPÖ.)

18.27


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Willi. – Bitte.

 


18.27.46

Abgeordneter Georg Willi (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Das, was wir gleich einstimmig beschließen werden, ist gut und richtig. Das Parlament hat bei der Festlegung der Transparenzregeln in einem kleinen Teilbereich ein bisschen über das Ziel hinausgeschossen. Vor allem bei der Tourismuswerbung im Ausland ist ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand entstanden, der nicht gut rechtfertig­bar ist, und dank der Initiative des Kollegen Obernosterer sanieren wir das jetzt. Schön und gut.

Was mich aber im Kern frustriert, ist etwas anderes. Hier sitzen viele Abgeordnete mit Ideen, wie wir das Haus Österreich verbessern können. Diese Idee stammte vom Kol­legen Obernosterer. Und in diesem Haus gibt es viel zu verbessern: Wie machen wir Österreich wohnlicher, leistbarer? Wie verbessern wir die Bildungseinrichtungen? Wie schaffen wir mehr Solidarität? – Es ist viel zu tun, und Sie, liebe Abgeordneten von al­len Fraktionen, haben gute Ideen und versuchen, diese im Haus durchzubringen, bei all den engen budgetären Rahmenbedingungen, die wir haben.

Von den Österreicherinnen und Österreichern verlangen wir, dass sie ihre privaten Haus­halte im Griff haben, dass sie ihre Mieten, ihre Steuern, Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Von den Unternehmern wollen wir, dass sie Arbeitsplätze erhalten und neue schaffen, brav ihre Steuern zahlen und auch noch innovativ sind – und wenn nicht, dann steht der Exekutor schnell vor der Haustüre.

Aber was ist mit unserer Bundesregierung? – Jetzt haben wir 3,5 Stunden lang über das Desaster bei der Hypo Alpe-Adria diskutiert. Begonnen hat das Ganze mit dem Grö­ßenwahn eines inzwischen verstorbenen Landeshauptmannes, ist dann weitergegan­gen, und jetzt – am Ende der Geschichte – haben wir bereits 5,5 Milliarden € an Steuer­geld in diese marode Bank hineinzahlen müssen; weitere 10 Milliarden € drohen. Und das Ganze, weil wir eine Bundesregierung mit ihren Verantwortlichen im Hintergrund ha­ben, die da wirklich auf ganzer Länge versagt haben.

Um bei diesem Bild „am Hause Österreich bauen“ zu bleiben: Was nützt es, wenn Sie alle mit vielen Initiativen versuchen, etwas zu verbessern, wenn die Bundesregierung ins Dach dieses Hauses ein riesiges Loch hineinschlägt, der Schuldenregen hineinrinnt und ganz vieles von dem, was möglich wäre, kaputt macht!

Das heißt, die vielen mühsam erarbeiteten Initiativen werden durch ein ganz großes Fehl­verhalten der Bundesregierung zunichte gemacht, dem die Opposition seit Monaten und Jahren gegenzusteuern versucht. Und das ist das Frustrierende, dass riesige Po­tenziale, die wir in Österreich hätten, durch das Fehlverhalten der Regierung zunichte gemacht werden.

Ich schließe mit einem Satz aus dem Griss-Bericht – Zitat –: „Dem Bund kann nicht zu­gebilligt werden, dass er seine Entscheidungen als Alleineigentümer der Hypo zum Wohle der Bank und der Allgemeinheit getroffen hat.“

Was Frau Dr. Griss so elegant sagt, heißt in Wahrheit: Die Beteiligten auf der Bundes­ebene haben gegen das Allgemeinwohl entschieden. Und es ist dann wirklich schwie-


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rig, hier im Parlament zu arbeiten, wenn die Bundesregierung gegen das Wohl der All­gemeinheit arbeitet. (Beifall bei den Grünen.)

18.31


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte.

 


18.31.51

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Zuseher auf der Tribüne und zu Hause an den Fernsehgeräten! Wir werden diesem Abände­rungsantrag selbstverständlich auch die Zustimmung erteilen.

Ich habe mich im Zusammenhang mit dieser Thematik auch eingehender mit der Situa­tion im Tourismus beschäftigt. Wir hatten ja gestern eine interessante Kammerdiskus­sion – Wirtschaftskammer, Landwirtschaftskammer, auch die Österreich Werbung darf ich hier erwähnen. Wir haben in diesem Land genug Institutionen, die alle irrsinnig wichtig sind, allerdings ist die Entwicklung im Tourismus leider sehr traurig, obwohl wir in einem Paradies leben. Österreichische Geschäftsleute, die im Ausland unterwegs sind, erzählen zwar, dass alle sagen, „Austria is small, beautiful, healthy, wonderful“, aber dann sehe ich in der Statistik, dass die Zahl der Tourismusbetriebe in den letzten 15 Jahren um 13 000 Betriebe abgenommen hat – minus 13 000 Betriebe!

In weiterer Folge hat mich das Ranking interessiert, auf welchem Platz Österreich im europäischen Vergleich wirklich rangiert. Und siehe da, Österreich liegt an 11. Stelle. Wir mit unseren super Voraussetzungen liegen bei der Gästebefragung im Ranking nur auf dem 11. Platz.

Daher denke ich, es ist höchst an der Zeit, dass wir uns, auch im Sinne der gesamten österreichischen Wirtschaft, auch im Sinne der Hotellerie und Gastronomie, Herr Kolle­ge Obernosterer, neu positionieren – als das Gesundheitsland Österreich, mit einer her­vorragenden Landschaft, mit hervorragender Wasser- und Luftqualität, mit hervorragen­den Lebensmitteln. (Abg. Obernosterer: Das machen wir schon lange!)

Ja, das stimmt. Ich kenne den Einkaufsradius von 30 Kilometern. Im Umkreis von 30 Ki­lometern findest du immer eine Metro-Zentrale, eine Wedl-Zentrale und eine AGM-Zen­trale. Outet euch endlich einmal selbst und sagt, welchen Anteil an Lebensmitteln mit österreichischer Qualität ihr auf den Tisch bringt! Machen wir keine komplizierten Al­lergenverordnungen mit zusätzlicher Bürokratie, sondern erledigen wir einmal die Haus­aufgabe, gehen wir eine faire Partnerschaft an, Hotellerie und Tourismus. Das betrifft durchaus auch die heimische Bevölkerung – Urlaub zu Hause und nicht irgendwohin fliegen! Genießen wir es, dass wir dieses Österreich auch wirklich als Vorbildland in Europa vermarkten.

Ziel muss es sein, die Nummer eins zu werden. Arbeiten wir in diesem Sinne zusam­men, damit wir Österreich auf diesen Platz bringen, auf den es gehört. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

18.34

18.34.10

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 431 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung diesem Gesetzentwurf zu­stimmen, um ein Zeichen. – Das ist wiederum einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

18.35.1815. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (322 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz und das Kunstför­derungsbeitragsgesetz 1981 geändert werden (376 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 25/A der Abgeordneten Mag. Dr. Wolf­gang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur sozialen Absicherung von Künstlerinnen und Künstlern geschaf­fen und das geltende Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz (K-SVFG) aufgeho­ben wird (377 d.B.)

17. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 530/A(E) der Abgeordneten Mag. Be­ate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend Selbstverpflich­tung der Kulturbetriebe für faire Arbeitsverhältnisse (378 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen nun zu den Punkten 15 bis 17 der Tagesord­nung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Mölzer. – Bitte.

 


18.36.23

Abgeordneter Wendelin Mölzer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Wir diskutieren heute hier die Novelle des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes, wel­che wir – wie auch schon im Ausschuss – ablehnen werden.

Das hat insbesondere zwei Gründe. Zum einen sind wir der Meinung, dass wir schon eine ausreichende bestehende Regelung haben und es ohnehin eine Bevorzugung von Kunstschaffenden gegenüber normalen selbständigen Einzelunternehmen gibt. Das an­dere ist, dass wir in den zwölf Jahren, seit es diesen Fonds gibt, eine Verdoppelung der Bezuschussung haben. Wenn man dann an Familienbeihilfen und andere öffentli­che Zuschüsse denkt, wo nichts dergleichen passiert, muss man sagen, dass das nicht unbedingt sein muss.

Ein anderer Punkt, der uns zur Ablehnung bewegt, ist der Umstand, dass mit dieser Novellierung die Abgaben auf TV-Geräte und Satellitenreceiver quasi in die Zukunft hi­nein fortgeschrieben werden. Wir sind grundsätzlich gegen solch pauschale Zwangs­abgaben, bei denen man mit der Gießkanne quasi alle zur Kasse bittet. Das ist einfach nicht gerecht und nicht fair, da gibt es auch völlig berechtigt entsprechenden Wider­stand aus dem Bereich des Handels. Und natürlich sind auch die Konsumenten nicht unbedingt erfreut. Außerdem muss man sagen, das ist natürlich irgendwie eine Dop­pelt- und Dreifachabzocke – das nenne ich jetzt bewusst so –, weil man ja, wenn man ein TV-Gerät kauft, in Österreich wahrscheinlich GIS-Gebühren bezahlt, über die be­kanntlich ja auch der ORF dann in weiterer Folge einen Kulturauftrag hat.

Um das zu finanzieren, werden also sozusagen Mehrfachabgaben eingehoben, und das ist uns nicht recht. Abgesehen davon muss man dann fragen, warum das nicht auch für


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Smartphones und dergleichen gilt, mit denen man auch Kultur beziehen kann. Das ist also unseres Erachtens nicht gut.

Wir Freiheitlichen sind aber natürlich der Meinung, dass der Staat und die öffentliche Hand in irgendeiner Form etwas dazu tun müssen, um Kunstschaffenden eine Hilfe zu geben. Wir haben von freiheitlicher Seite schon mehrfach – um nicht zu sagen, seit Jahr­zehnten – gefordert, Kunstsponsoring, aber auch Kultursponsoring steuerlich absetzbar zu machen, um es eben Künstlern zu erleichtern, wirtschaftlich zu überleben.

In diesem Sinne darf ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend steuerliche Absetzbar­keit von Kunst- und Kultursponsoring

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Kunst und Kultur, Ver­fassung und öffentlichen Dienst werden aufgefordert, entsprechende Maßnahmen zu set­zen, die eine Förderung des privaten Sponsorings zeitgenössischer Kunst und Kultur durch eine erweiterte steuerliche Absetzbarkeit privater Kunst- und Kulturausgaben be­wirken“

*****

Meine Damen und Herren, ich habe das schon mehrfach erläutert, ein ähnlich lauten­der Antrag liegt ja auch im Kulturausschuss, ist dort derzeit schubladisiert. Ich würde mich hier über eine Zustimmung freuen, weil man damit natürlich sehr viel bewirken könnte. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.39


Präsident Karlheinz Kopf: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Mölzer eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Mölzer und weiterer Abgeordneter betreffend steuerliche Absetzbar­keit von Kunst- und Kultursponsoring

eingebracht in der 55. Sitzung des Nationalrates, XXV. GP, am 11. Dezember 2014 im Zuge der Behandlung von TOP 15, Bericht des Kulturausschusses über die Regie­rungsvorlage (322 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Künstler-Sozialversicherungs­fondsgesetz und das Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981 geändert werden (376 d.B.)

Die Diskussion um geeignete Finanzierungskonzepte von Kunst und Kultur auf der ei­nen Seite, und die Frage der sozial angemessenen Absicherung von Kunst- und Kul­turschaffenden in Österreich bestimmt – speziell in Zeiten der Budgeterstellung - die österreichische Kulturpolitik.

Eines steht dabei aus der Erfahrung der vergangenen Jahrzehnte außer Zweifel: Ohne entscheidenden Kurswechsel bleibt Österreichs Kunst- und Kulturbetrieb intransparent und deren maßgebliche Proponenten von öffentlichen Subventionen und der politi­schen Entscheidungsbefugnis abhängig. Der Ausweg aus diesem Umstand kann nur eine grundlegende Reform der österreichischen Kunst- und Kulturförderung sein. Das


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derzeitige Subventionsmonopol der öffentlichen Hand führt zu offenen und versteckten Abhängigkeiten der österreichischen Kunst- und Kulturschaffenden. Während in Öster­reich der Begriff des „Staatskünstlers“ nach wie vor seine Berechtigung hat, erkennt man anderswo bereits den Vorteil und die positiven Ergebnisse einer zunehmend pri­vaten Kunstförderung, die einen großen Beitrag zur existenziellen Absicherung von Kunst- und Kulturschaffenden leisten kann.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Kunst und Kultur, Ver­fassung und öffentlichen Dienst werden aufgefordert, entsprechende Maßnahmen zu setzen, die eine Förderung des privaten Sponsorings zeitgenössischer Kunst und Kul­tur durch eine erweiterte steuerliche Absetzbarkeit privater Kunst- und Kulturausgaben bewirken“

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Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Hakel. – Bitte.

 


18.39.31

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Lie­be Kolleginnen und Kollegen! Ich bin jetzt seit fast genau einem Jahr Kultursprecherin, und natürlich trifft man sich als Kultursprecherin mit vielen Vertreterinnen, Vertretern aus Kunst und Kultur, mit Menschen, die im Kulturbereich arbeiten, und solchen, die Kunst produzieren.

Vor allem in den letzten Wochen war ich bei vielen Podiumsdiskussionen zur sozialen Lage der Künstlerinnen und Künstler. Ja, natürlich gibt es gerade in diesem Bereich sehr viele prekäre Arbeitsverhältnisse. Oft müssen die Menschen zwischen der Selb­ständigkeit und einem Angestelltenverhältnis switchen. Vor allem für SchauspielerIn­nen, Fotografen und Kameraleute bedeutet das große Probleme, was Anrechnungszei­ten, Versicherungsjahre, Sozialversicherung und Arbeitslosenversicherung betrifft.

Aber auch bildende KünstlerInnen, vor allem junge KünstlerInnen, die zu Ausstellungen eingeladen werden, können sich oft die Materialkosten für die Ausstellungen gar nicht leisten. Ich bin davon überzeugt, dass die Politik die Rahmenbedingungen schaffen muss, um Kunst und Kultur in Österreich zu ermöglichen und es vor allem den Künstle­rInnen zu ermöglichen, davon zu leben.

Im vergangenen Jahr ist in diesem Bereich einiges geschehen. Zum Beispiel haben wir das Film- und Fernsehabkommen gesetzlich verankert, wir haben eine Preisbindung für E-Books eingeführt, seit 1. Dezember ist sie in Kraft, wir haben eine Novelle der Film­förderung gemacht.

Es sind schon sehr viele gute Dinge gemacht worden und es ist auch schon viel vor­handen in diesem Bereich. Es gibt zum Beispiel eine Galerienförderung, es gibt den Ankauf von junger Kunst, Artothek, Fotosammlung. Es gibt jährlich 95 StartStipen­dien für junge KünstlerInnen mit jeweils 6 600 € pro Person.

Es gibt sehr viele Projektförderungen, bei denen speziell darauf geschaut wird, dass da auch der Nachwuchs vorkommt; und natürlich gibt es auch Wertschätzung und Aner­kennung, also sehr viele Auszeichnungen in diesen Bereichen.


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Was mir besonders wichtig ist, was schon sehr lange gefordert worden ist und was ich von Beginn meiner Tätigkeit als Kultursprecherin an immer wieder gehört habe, ist, dass eine Novelle des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes notwendig ist.

Deswegen freut es mich, dass es jetzt endlich geklappt hat. Wir haben sehr lange da­rüber gesprochen und verhandelt, aber ich bin stolz auf das, was wir heute hier hof­fentlich beschließen werden.

Was ist neu? – Die Definition des Künstlerbegriffes wird zeitgemäß, sie wird erweitert. Die Künstler haben zukünftig die Wahl, ob nur Einkünfte – das gab es auch bisher – oder auch Einnahmen – das ist neu – zur Erreichung des Anspruches herangezogen werden.

Die Untergrenze ist jetzt leichter zu erreichen. Ich gebe zu, ich hätte die Untergrenze gerne abgeschafft, aber das war so nicht möglich. Die Ausweitung der Obergrenze vom bisher 60-Fachen auf das 65-Fache der ASVG-Bemessungsgrundlage ist neu. Einzurechnen sind jetzt auch die Einnahmen aus selbständigen künstlerischen Neben­tätigkeiten, also Vermittlung und Lehre. Neu ist die Durchrechnungszeit, man hat also länger Zeit.

Ein Punkt, den ich ganz besonders hervorheben möchte, ist der Unterstützungsfonds, der eingerichtet wurde, mit einer Summe von 500 000 €. Es ist leider so, dass es im­mer wieder Künstlerinnen und Künstler gibt, die sich vielleicht die Miete oder den Strom plötzlich nicht mehr leisten können, und dann wird es ein bisschen knapp. Dieser Un­terstützungsfonds soll in diesen Fällen problemlos helfen können, und ich bin froh und stolz darauf, dass er auch noch eingerichtet worden ist. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Schönegger.)

18.43


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Zinggl zu Wort. – Bitte.

 


18.43.44

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Mei­ne Damen und Herren! Seit ich im Parlament bin – das sind jetzt ungefähr zehn Jah­re –, habe ich schon viele Novellierungen zum Künstler-Sozialversicherungsfondsge­setz – der Titel allein ist schon ein Wahnsinn – erlebt.

Wir haben den Novellierungen immer zugestimmt. Wir werden auch diesmal zustim­men, weil es langsam sukzessiv Verbesserungen sind, die sich dem nähern, was wir schon vor zehn Jahren gefordert haben. Gut Ding braucht Weile. Ich zähle jetzt nicht auf, was diesmal dazugehört, Kollegin Hakel hat das sehr gut gemacht.

Aber genauso lange weisen wir auch schon darauf hin, dass damit immer ein kleiner Mythos verbunden ist, nämlich der, dass damit eine Verbesserung der sozialen und fi­nanziellen Situation der Kunstschaffenden jetzt verbunden ist. Das ist es nämlich nicht.

Seit dem Jahr 2008, als die Studie zur finanziellen Lage der Kunstschaffenden veröf­fentlicht wurde, wissen wir, dass dazu dringender Handlungsbedarf bestünde. Wir wis­sen, dass ein Drittel der Kunstschaffenden weniger als 700 € im Monat verdient und dass das mittlere Einkommen bei 1 000 € liegt. Das war 2008. Es hat sich seither nichts getan, was die Verbesserungen betrifft. Daher ist nicht zu erwarten, dass sich an der finanziellen Lage der Kunstschaffenden etwas verbessert hat.

Ich glaube, dass der Staat und wir die Aufgabe vorfinden, in diesem Bereich ein absi­cherndes Netz aufzubauen, das auch wirklich hält, und solch ein Netz kann nicht nur mit punktuellen Zuwendungen geknüpft werden.


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Eine Aussage der ehemaligen Ministerin Schmied – das ist zwei Jahre her, ich habe es herausgesucht – widerspricht ein bisschen den Ausführungen der Kollegin Hakel. Aber das freut mich, weil ich Kollegin Hakel da recht gebe.

Schmied hat damals gesagt: „Dieses Thema werde ich nicht lösen können.“ – Also ei­ne Sozialdemokratin, die sich traut zu sagen, dass sie die soziale Lage von Kunst­schaffenden nicht verbessern kann, wäre ungefähr wie eine Sozialdemokratin, die in den 1920er Jahren das Krankengeld, die Arbeitslosenversicherung oder den Urlaubs­anspruch nicht in Angriff genommen hätte, weil es zu kompliziert ist.

Ich möchte darauf hinweisen, ich mache das seit zehn Jahren, ich mache es immer wieder, und wir werden nicht müde werden – bis vielleicht das eintritt, was auch im Zu­sammenhang mit der Künstler-Sozialversicherungsfonds-Gesetzgebung passiert ist, ei­nes Tages erleben wir vielleicht doch Weihnachten –, dass es Möglichkeiten gibt, das zu tun, nämlich mit einer Mindestsicherung.

Künstler haben eben ein höheres Risiko als andere Berufsgruppen, nämlich durch In­vestitionen sowohl zeitlicher als auch finanzieller Natur, so ähnlich wie im Sport. Das heißt, die, die es schaffen, können durchaus gut verdienen und bekannt, berühmt wer­den, aber das sind eben nur die Wenigsten. Und ähnlich wie beim Sport gibt es sehr viele, die da ein Leben lang irgendwie hineinackern und dann überhaupt nicht davon profitieren.

Ich glaube schon, dass man, wenn man auf der einen Seite stolz ist und sagt, wir sind Oscar, wir sind Mozart, wir sind Klimt und so weiter, auf der anderen Seite die, die nicht durchgekommen sind, ein bisschen absichern sollte. Leistung braucht schon so etwas wie Humus, wie Nährboden. Der Mythos, dass die Qualität in der Kultur erst durch Mangel entsteht, ist natürlich völliger Humbug.

Daher haben wir seit zehn Jahren, und wir verbessern das immer wieder, eine Ge­setzesinitiative in Richtung Mindestsicherung der Kunstschaffenden eingebracht. Sie wird heute wieder abgelehnt. Wir werden sie dann im Jänner gleich wieder einbringen, wieder mit Verbesserungen, weil ich nämlich glaube, dass da durchaus etwas machbar ist.

Es ist nicht so, dass dieses Thema nicht lösbar ist, sondern es braucht den politischen Willen. Ich hoffe auf Ihre Zustimmung. Ich weiß aus dem Ausschuss, dass ich sie nicht bekommen werde, aber wir bleiben dran. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.47


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Fekter zu Wort. – Bitte.

 


18.48.07

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Wir alle haben Freude am kulturellen Ge­schehen, an den unzähligen Aktivitäten, die in unserem Land stattfinden, sowohl in der Stadt als auch auf dem Land. Österreich ist ein Kulturland, mit einer unheimlich großen Zahl an kreativen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Kulturinstitutionen, ein Groß­teil ehrenamtlich, aber ein Großteil auch in prekären Arbeitssituationen.

So erfreulich dieses kulturelle Angebot ist, so bedauerlich ist die derzeitige Situation für viele Kulturschaffenden in der Arbeitswelt. Unser soziales Netz baut auf dauerhaften Arbeitsverhältnissen auf. Das heißt, Arbeitslosenversicherung, Krankenversicherung, Pensionsversicherung setzen voraus, dass es dauerhafte Arbeitsplätze gibt.

In der Kreativwirtschaft aber sind diese dauerhaften Arbeitsplätze nur teilweise vor­handen. Ein sehr großer Teil der Kreativen hat prekäre Arbeitsverhältnisse oder Mi­schungen aus Kurzzeit-Arbeitsverhältnis und angestellt und andererseits selbständig oder neue Selbständige, und das ist ein Mix daraus.


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Dieser Mix erlaubt in unseren Sozialsystemen nicht, dass sie gleichermaßen abgesi­chert sind wie Menschen, die eben angestellt sind und ein Jahresarbeitsverhältnis oder zumindest ein saisonales Arbeitsverhältnis haben, bei dem sie sozial abgesichert sind.

Diese Lücke in unserem System wurde dann geschlossen beziehungsweise versuchte man sie zu bereinigen, nämlich mit der Künstlersozialversicherung. Diese ist, wie Herr Kollege Zinggl gesagt hat, immer wieder etwas verbessert worden. Ich glaube aber, dass die heutige Verbesserung kein kleiner, sondern ein ganz, ganz großer Schritt ist.

Jetzt gibt es die Änderung, dass nicht die Einkünfte herangezogen werden – also Ein­nahmen abzüglich Kosten, und dann schauen wir, ob der Mensch Einkünfte gewerbli­cher Art hat –, sondern dass wir von den Einnahmen allein ausgehen. Diese neue Ge­setzeslage wird eine Vielzahl an Künstlerinnen und Künstlern berechtigen, zu Zuschüs­sen zu kommen.

Im Grunde genommen wurde die Bemessungsgrundlage bei der Einkommensgrenze angehoben. Es wurde die Zuschussobergrenze von 1 026 € auf 1 722 € erhöht. Gleich­zeitig haben wir einen Fonds eingerichtet, der in Notfällen aushelfen soll. Wenn eben aufgrund der prekären Situation die Erfordernisse nicht erfüllt werden können, soll trotz­dem geholfen werden können.

Ich glaube aber, dass wir kreativ darüber nachdenken müssen, wie wir mit Menschen in Situationen umgehen, die ihr Arbeitsumfeld nicht mehr in dauerhaften Arbeitsplätzen haben. Das betrifft nämlich nicht nur die Kreativwirtschaft, das betrifft auch sehr viele EPUs, im IT-Bereich et cetera, wo das sehr häufig vorkommt: kurzzeitige Beschäfti­gungsverhältnisse, zwischenzeitlich aber selbständige Tätigkeit. Darauf haben wir bis­her noch keine befriedigende Antwort. Es liegt an uns, daran zu arbeiten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.52


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Riemer zu Wort. – Bitte.

 


18.52.16

Abgeordneter Josef A. Riemer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich be­ziehe mich auf den Tagesordnungspunkt 16, über den schon Abgeordneter Zinggl ge­sprochen hat. Da geht es darum, den Künstlerinnen und Künstlern sozusagen einen fixen Zuschuss, der hier mit 1 500 € pro Monat definiert ist, zu geben – oder die Dif­ferenz dazu. Also wenn jemand 300 € einnimmt, wird ihm der Rest erstattet; oder re­den wir von 18 000 € jährlich, eben jedes Mal die Differenz dazu.

Ich habe das zuerst sehr leicht genommen, ich habe diesem Antrag gegenüber tiefen Respekt. Wenn ich ihn aber genau durchlese, möchte ich doch einige Punkte bemer­ken, zu denen ich einen anderen Zugang habe. – Ich habe aber trotzdem Respekt vor dem Grundgedanken, das möchte ich hier nicht verhehlen.

Der zweite Punkt, der mir aufgestoßen ist, war folgender Satz: „Künstler/in im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, wer () auf Grund künstlerischer Befähigung und Bemü­hung tätig ist und Kunst schafft.“ – Das erschien mir dann schon etwas zweifelhaft. In diese Begriffsbestimmung wurde dann noch eingeschoben: „in einer zeitgenössischen Form von Kunst“.

Damit habe ich mir ganz schwer getan, denn Kunst ist in meinem antiquierten Ver­ständnis von Kunst und Kultur „eine Tochter der Freiheit“. Ich bin selbst auch Literat gewesen und schreibe auch selber, aber ich musste mir das auch selber erarbeiten. Das ist nicht abwertend. Ich weiß, dass Kunstschaffende es heute sehr schwer haben. Ich weiß auch, dass diese Studie eindeutig aussagt, dass sehr viele, 30 Prozent, über­haupt armutsgefährdet sind.


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Ich darf aber auch fragen: Ist es der Sinn der Kunst, dass wir sie subventionieren? Kann man Künstler überhaupt subventionieren, oder beleidigt man einen echten Künst­ler damit? Ist der Künstler nicht ein Mensch, der nicht nur aus sich schafft, sondern auch der Selbstverwirklichung dient, ein Mensch, der das nicht nur für andere macht, der aber auch für die Gesellschaft tätig ist, auch in der Vergangenheit tätig war?

Wir kennen den Pygmalion-Effekt: Er hat eben sein Kunstwerk so hoch gesehen. Oder nehmen wir diese „Olimpia“ von E. T. A. Hoffmann. Aber wir sollten da auch die politi­sche Verantwortung nicht vergessen. Wir haben ja gerade jetzt diese Schlagzeilen ge­habt.

Wie schaut das aus mit der Freiheit der Kunst? Wann bekommt jemand Geld, wenn er zum Beispiel zum falschen Zeitpunkt für ein falsches System tätig ist? Auch das ist zu klären. Oder ist der Künstler frei? Ich denke da zum Beispiel an Ezra Pound oder Pablo Neruda. Sie waren politisch immer auf der falschen Seite, und das gibt es auch in der Jetztzeit.

Ich sage: Freiheit der Kunst! Wir brauchen in jedem Fall einen anderen Zugang, ande­re Förderungsmechanismen, wie sie Kollege Mölzer zum Beispiel sehr erfolgreich vor­geschlagen hat. (Abg. Meinl-Reisinger: Leider nicht erfolgreich!) – Es ist erfolgreich in diesem Haus, wenn man den Mut hat, einmal etwas gegen den Mainstream einzu­bringen. Das zeugt, glaube ich, schon von Mut heutzutage. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Meinl-Reisinger und Franz.)

Aber noch einmal: nicht übel! Claudia Schmied hat auch richtig gesagt: „Leider befin­den sich nach wie vor viele Künstler/-innen in einer schwierigen sozialen Lage.“ – Ich sage, den Künstlern müssen wir anders beikommen.

Ich wehre mich auch dagegen, dass man den Kunstbegriff definiert. Was heißt denn das bitte, zeitgenössische Kunst zu definieren, Subkulturen zu definieren? – Das ist ei­ne Beleidigung für jeden, der in einer U-Bahnstation – bitte ausschalten – verbotener­weise ein klasses Graffito sprüht. Damit beleidigen wir auch jeden Straßenzeichner, denn auch Straßenzeichner sind Künstler, auch sie haben ein Anrecht darauf, diese Förderung zu bekommen. Das geht mir an und für sich nicht weit genug.

Wir sollten andere Förderzugänge machen und nicht den Künstler zum Hofnarren ei­nes Staates degradieren. Übrigens, Schiller hat auch dazu ein wunderschönes Zitat, das würde ich zum Abschluss gerne bringen. Es gibt von ihm nicht nur das Zitat „Die Kunst ist eine Tochter der Freiheit“, sondern er hat auch gesagt: „Der Künstler ist zwar der Sohn seiner Zeit, aber schlimm für ihn, wenn er zugleich ihr Zögling oder gar noch ihr Günstling ist.“ Das wollen wir eigentlich nicht. Aber alle Hilfe den Künstlern! – Dan­ke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.56


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Franz zu Wort. – Bitte.

 


18.56.56

Abgeordneter Dr. Marcus Franz (STRONACH): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Seit 1982 ist die Freiheit der Kunst in der österreichischen Verfassung festge­schrieben. Das war nicht immer so. Ich denke, das ist ein ganz wichtiger Punkt, und ich denke, das ist gut so.

Warum? – Die Kunst gedeiht nur in der Freiheit. Jede staatliche Intervention in die Kunst wird die Kunst in irgendeiner Weise verbiegen. Das mögen vielleicht manche Künstler gern haben. Es gibt Künstler, die biegen gerne. Aber es wird längst nicht je­dem Künstler nützen. Es wird insgesamt der Kunst eher schaden.


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Schon in der Antike war es so. Mnemosyne, die Mutter der Musen, die alle Musen auf die Welt gebracht hat, die die Künste befördern und Symbolfiguren der Künste sind, war auch Symbol für die Freiheit. Man hat damals schon erkannt, wie wichtig die Frei­heit der Kunst ist.

Was geschieht mit den Künstlern, wenn wir den Staat immer mehr installieren als ein Instrument, das die Künstler in irgendeiner Weise alimentiert? – Sie werden sukzessive unfrei, staatsabhängig, Staatskünstler. Kollege Riemer hat es schon angesprochen: Da­bei entstehen durchaus problematische Karrieren und problematische Gesamtzustän­de, gerade für die Kunst, die für jedes Land, für jede Kultur so wichtig ist.

Ich sehe sogar die Gefahr eines totalitären Prinzips am Horizont herandräuen, wenn man die Kunst zu sehr in die staatliche Obsorge nimmt. Ich bin daher ein Gegner da­von, dass man zu viel Staatseinfluss in die Kunst hineinnimmt. (Beifall beim Team Stro­nach. – Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.)

Ich rechne dem Kollegen Zinggl hoch an, dass er sich immer wieder damit auseinan­dersetzt, auch wenn unsere Zugänge zur Förderung der Künstler vielleicht unterschied­lich sind. Denn was ich nicht haben möchte, ist, dass Künstler hungern müssen, leiden müssen, irgendwie sich „gfretten“ müssen und im Leben nicht gut zurechtkommen. Da­her müssen wir immer wieder die Systeme, die Künstler unterstützen, an die Gegeben­heiten der Zeit anpassen. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass das Wichtigste in der Kunst die Freiheit ist. Das sollte unsere oberste Maxime sein: Freiheit der Kunst, Selb­ständigkeit der Künstler.

Daher werden wir jetzt die Regierungsvorlage unterstützen und hoffen auf eine weitere Arbeit vom Kollegen Zinggl im Kulturausschuss, den ich sehr unterstützen werde. Aber diesen Antrag, in der gegenwärtigen Fassung können wir nicht unterstützen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

18.59


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Meinl-Reisin­ger zu Wort. – Bitte.

 


18.59.21

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrter Herr Minister! Ich bin als Pro-Rednerin gemeldet, wohl deshalb, weil ich dieser Vorlage zur Reform des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes zu­stimme. Ich habe aber auch einen Konterpart, ich bin nämlich natürlich gegen den ne­gativen Ausschussbericht, was meinen eigenen Antrag angeht, nur um das einmal klar­zustellen. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Ich begrüße diese Reform, weil ich tatsächlich glaube, dass der Künstler-, Künstlerin­nenbegriff bis dato zu eng gefasst war. Ich glaube, dass das tatsächlich ein Manko war. Worauf wir aber im Ausschuss hingewiesen haben, ist, dass die Finanzierung nicht ge­sichert ist. Es ist kostenneutral, im Prinzip wird das Fondsvermögen verwendet. Wir ha­ben darüber diskutiert, dass auch die Frage der Lukrierung der Einnahmen reform- oder diskussionsbedürftig ist. Eigentlich ist das jetzt eine Reform, die zumindest eines nicht sein wird, nämlich langfristig und nachhaltig. Jedenfalls ab 2018 wird es da große Frage­zeichen geben, wie das finanziert wird.

Frau Kollegin Hakel hat darauf hingewiesen – sie war bei vielen Diskussionen zur so­zialen Lage der Künstler –, es sei sehr viel passiert. – Ja, es wurden kleine Schritte ge­macht, auch die begrüße ich sehr, aber es ist eben eines nicht passiert, und deshalb unterstütze ich den Entschließungsantrag des Kollegen Mölzer sehr, und zwar ein grund­sätzliches Umdenken. Das sehe ich nicht so ultimativ wie Kollege Franz. Ich sage nicht, man darf überhaupt keine Förderungen mehr geben, es darf überhaupt keine staatli­chen Subventionen mehr für Künstlerinnen und Künstler geben. Das glaube ich nicht,


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denn Kunst und Kultur sind meritorische Güter. Es gibt auch ein Interesse der Allge­meinheit daran, dass das gefördert wird.

Ich glaube aber auch, dass Kunst auch Markt braucht. Wenn wir wirklich Künstlerinnen und Künstler wollen, die frei agieren können, dann müssen wir auch für das private Sponsoring, für die private Sammlungstätigkeit und für die private Subvention von Künst­lern zumindest Anreize setzen. Ich glaube, dass es auch dem Selbstbewusstsein der Künstlerinnen und Künstler entspricht, zu sagen, ich bin jetzt nicht nur – unter Anfüh­rungszeichen – „abhängig“ von Förderungen. Förderungen – das wissen wir – bilden auch einen kleinen Markt, und man produziert letztlich entlang der Frage, was geför­dert wird, und nicht entlang der Frage, was man selber tun will. Daher unterstützen wir diesen Antrag sehr.

Was unseren Antrag angeht, da kann man auch über die Formulierung diskutieren; da­rüber wurde schon im Ausschuss diskutiert. Aber worum geht es mir damit? – Ja, Kul­turtätigkeit basiert sehr oft auf ehrenamtlicher Tätigkeit, aber nicht nur. Wir haben teil­weise ein Riesenproblem bei der Zuordnung: Ist das jetzt eine selbständige Tätigkeit? Ist das eine unselbständige Tätigkeit? Sind beispielsweise im Bereich der darstellen­den Kunst Schauspielerinnen oder Opernsänger für die Zeit der Probe angestellt oder nur für die Zeit der Aufführung? Werden sie für den einen Abend angemeldet und dann wieder abgemeldet? Wir wissen, dass auch große Kulturinstitutionen damit Probleme haben. Ich weise da auf die Initiative „art but fair“ hin, die entstanden ist, weil es bei den Salzburger Festspielen eine Aufregung unter Künstlern gegeben hat.

Was wir anregen, ist eine Art Selbstverpflichtung, die erarbeitet wird, von mir aus von den beteiligten Institutionen: Wenn staatliches Geld genommen wird und wenn es sich eben nicht bloß um ehrenamtliche Tätigkeit handelt, sondern man Arbeitsverträge ein­geht, dann soll man schauen, dass das ordentlich gemacht wird. Ich weiß, Sie haben darauf hingewiesen, dass man ja eigentlich nur die Gesetze einhalten muss. Wir wis­sen aber auch, dass das nicht der Fall ist und dass das teilweise ein sehr weiter Inter­pretationsspielraum ist, weil es auch notwendig ist, weil es prekär ist.

Daher rege ich an, über eine Art Gütesiegel nachzudenken, denn wenn der Staat Geld gibt, dann, glaube ich, ist es legitim, zu fordern, dass auch bestimmte Regelungen ein­gehalten werden, und zwar nicht nur Regelungen gesetzlicher Natur, sondern auch ei­ne Art von Selbstverpflichtung.

Ich glaube aber auch, Frau Kollegin Fekter, dass wir ganz grundlegend eine Debatte über die Art des Vertrages brauchen. Wir müssen schon auch darüber nachdenken, ob es da vielleicht ein eigenes Vertragsinstrument braucht oder Schablonen, weil wir se­hen, dass wir mit den Kategorisierungen und vor allem bei den Krankenkassen an die Grenzen stoßen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

19.04


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Dr. Ostermayer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.04.13

Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien Dr. Josef Oster­mayer: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich bin etwas überrascht oder sogar erstaunt, dass sich sowohl Herr Abgeordneter Riemer als auch Herr Abgeordneter Dr. Franz hier hinstellen und glauben, mehrfach die Freiheit der Kunst betonen zu müssen. Ich erachte das als so selbstverständlich, dass ich nicht einmal auf die Idee käme, das infrage zu stellen, schon gar nicht im Konnex mit der Subvention von Kunst, weil ich der Meinung bin, dass es sinnvoll ist, dass die Republik Österreich bereit ist, Kunst zu unterstützen.


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Das führt dazu, dass eine lange Tradition erfolgreich fortgesetzt werden kann und dass viele Menschen die Möglichkeit haben, einen Zugang zur Kunst zu finden, entweder indem sie selber kreativ sind oder Kunst in den vielen Museen, Theatern, von Initiati­ven, die wir haben, konsumieren.

Ich bin ganz gegen ein Modell, das ausschließlich darauf abstellt, dass Kunst von Mä­zenatentum bestimmt wird oder dass Künstler und Künstlerinnen ausschließlich von Mäzenen abhängig sind. (Abg. Meinl-Reisinger: So sind sie aber vom Staat abhängig! Das ist auch nicht ideal!) Das hatten wir in vordemokratischen Zeiten. Ich sehe das nicht ausschließend. Ich sage nur, man muss das eine nicht gegen das andere aus­spielen.

Vorhin gab es zwei Positionen, die sich relativ stark gegen Subventionen gerichtet ha­ben, mit dem Argument, dass damit die Freiheit der Kunst beschnitten werden würde. Ich weiß, das gab es in der Vergangenheit. Ich kenne auch Menschen, die ganz gezielt in einem Bundesland aufgrund ihrer politischen Haltung von Subvention ausgeschlos­sen wurden. Wir haben ein System, in dem nicht die Politik entscheidet, wer subven­tioniert wird, sondern Fachbeiräte diese Entscheidung vornehmen. (Abg. Kickl: Haha! Das ist wirklich gut!)

Ich bin aber allen – die Gelegenheit möchte ich nutzen – sehr dankbar, die an der Vor­bereitung dieses Gesetzes mitgewirkt haben und die dann auch dazu beigetragen ha­ben, dass es letztendlich möglich war, dieses Gesetz zu beschließen. Ich möchte mich ganz besonders bei Präsident Leitl bedanken, der daran mitgewirkt hat, dass sozusa­gen ein Knopf gelöst werden konnte.

Zum Gesetz an sich will ich gar nicht mehr viel sagen. Es ist ohnehin alles Wesentliche gesagt worden. Dass die FPÖ auch schon im Ausschuss gezeigt hat, dass sie für die soziale Absicherung von Künstlerinnen und Künstlern nichts übrighat, muss man eben zur Kenntnis nehmen, müssen die Künstlerinnen und Künstler zur Kenntnis nehmen. (Abg. Kickl: Sind das dann die unabhängigen Künstler, die für die SPÖ inserieren?)

Ich bin froh, dass es trotzdem eine Mehrheit gibt. Ich bin auch dankbar, dass wir jetzt dieses Gesetz schaffen, neben einigen anderen, die wir schon gemeinsam auf den Weg gebracht haben: Das Filmförderungsgesetz und das Film/Fernseh-Abkommen wurden schon erwähnt, die international durchaus beachtete Buchpreisbindung für E-Books, die Sie hier beschlossen haben. Ich hoffe, dass wir ebenfalls einen möglichst breiten Kon­sens zu einer anstehenden Änderung des Bundestheaterorganisationsgesetzes zustan­de bringen werden. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.07


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort kommt nun Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


19.07.55

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Dieses Gesetz hat im Ausschuss eine breite Zustimmung gefunden. Es ist ein gutes Gesetz für die Künstler und Künstlerinnen, die, wie man es so sagt, eine brotlose Kunst ausüben, weil sie einfach zu Lebzeiten oft noch nicht so viel für ihr Werk erhalten; oft sind sie schon gestorben, wenn sie zu Weltruhm kommen.

Was mich besonders freut – das wurde jetzt noch nicht erwähnt –, ist, dass die Defi­nition des Künstlers in § 2 dieses Gesetzes ausgeweitet wird. Es ist nicht mehr not­wendig, dass man eine akademische Ausbildung hat, sondern es wird auf das Werk geschaut. Es wird darauf geschaut, wie das Werk geschaffen worden ist, und da wird angesetzt. Also der Künstlerbegriff wird erweitert, das ist ein positiver Punkt in diesem Gesetz.


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Ein weiterer positiver Punkt ist, dass die Anspruchsvoraussetzungen erweitert werden, das heißt, mehr werden davon profitieren können. Zum Beispiel wird jetzt – das wurde von Kollegin Hakel schon erwähnt – der erste Durchrechnungszeitraum erweitert. Fünf Jahre kann man jetzt erstmals ohne Nachweis den Zuschuss für die Sozialversiche­rung erhalten. Das ist ein wichtiger Aspekt für junge Künstler und Künstlerinnen. Es ist aber auch ein wichtiger Aspekt für KünstlerInnen, die sich zum Beispiel der Kinderer­ziehung widmen.

Damit komme ich auch zum Genderaspekt. Es ist wichtig für jene, die eben in dieser Zeit zum Beispiel Kinder erziehen, dass die Anspruchsberechtigung nicht erlischt und auch nicht zurückgezahlt werden muss, wenn kein Nachweis erbracht werden kann.

Man kann zwischen Einnahmen und/oder Einkünften wählen, auch das ist ein Vorteil für die KünstlerInnen. Wenn man den Genderaspekt beachtet, dann ist zu sagen, dass von jenen, die bisher teilgenommen haben oder Zuschüsse erhalten haben, 60 Prozent Männer sind und 40 Prozent Frauen. Also hier stimmt der Anteil, wenn man dieses Ge­setz nach Geschlechtergerechtigkeit bewertet. 10 Prozent mehr werden, so schätzt man, davon profitieren; auch das ist ein wichtiger Aspekt.

Dass jetzt Künstler und Künstlerinnen, die in Not geraten sind, in Krankheitsfällen oder auch in anderen Unglücksfällen, die das Leben oft mit sich bringt, durch den Sozial­fonds für KünstlerInnen – mit zirka 500 000 € pro Jahr soll er dotiert werden – unter­stützt werden können, ist auch eine wichtige Sache.

Dass wir jetzt mit diesem Gesetz dafür sorgen, dass zeitgenössische Kunst dann von der nächsten Generation auch angeschaut werden kann, weil sie nämlich entstehen kann, das ist die Hoffnung und daher eine Verbesserung für die Künstler und Künst­lerinnen in unserem Land. Dieses Gesetz ist ein weiterer Schritt dazu. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.11


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Karl. – Bitte.

 


19.11.49

Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die mit dem vorliegenden Gesetzentwurf vorgesehene breitere Absicherung der Künstlerinnen und Künstler ist natürlich zu be­jahen. Allerdings muss man auch berücksichtigen, dass mit einer solchen Absicherung auch die entsprechende Finanzierung gewährleistet sein muss. Was diese Finanzie­rung betrifft, so muss man auch den Technologiewandel in die künftigen Überlegungen mit einbeziehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie uns zurückblicken, wie es zu Be­ginn dieses Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes ausgesehen hat! Der Auslöser dieses Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes war das Arbeits- und Sozialrechts-Änderungsgesetz 1997. Bis dahin waren die freiberuflich tätigen Künstlerinnen und Künstler nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz voll- oder teilversichert. Durch dieses Arbeits- und Sozialrechts-Änderungsgesetz 1997 war es dann so, dass die frei­beruflich tätigen Künstlerinnen und Künstler sogenannte neue Selbständige nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG wurden, und damit hat sich auch ihr Beitrag in nicht unbeträchtlicher Höhe erhöht. Um diese höhere Beitragslast abzufedern, wurde ein Zuschuss zum Bei­trag zur Sozialversicherung vorgesehen. Das heißt, die Beschränkung der Beitragszu­schüsse auf freiberuflich tätige Künstlerinnen und Künstler ist sehr wohl sachlich ge­rechtfertigt.

Eine sachliche Rechtfertigung ist allerdings beim Antrag von Herrn Abgeordnetem Zinggl, Kolleginnen und Kollegen zu vermissen. Dort ist ausschließlich für freiberuflich tätige


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Künstlerinnen und Künstler eine Zuwendung bis zu einem Höchstbetrag von 1 500 € mo­natlich vorgesehen, es fehlt aber eine entsprechende Rechtfertigung für eine Differen­zierung zwischen selbständig erwerbstätigen und unselbständig erwerbstätigen Künst­lerinnen und Künstlern. Darüber hinaus wird man es anderen Erwerbstätigen, die zwar nicht Künstler sind, aber auch wenig verdienen, nicht erklären können, warum sie kei­nen Zuschuss zu ihrem Einkommen bis zur Höhe von 1 500 € erhalten werden. – Vie­len Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

19.14

19.14.10

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht eine der Berichterstatterinnen ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 15: Entwurf betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz und das Kunstförderungsbeitragsgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 322 der Bei­lagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend steuerliche Absetzbarkeit von Kunst- und Kultursponsoring.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 16: Antrag des Kultur­ausschusses, seinen Bericht 377 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 17: Antrag des Kultur­ausschusses, seinen Bericht 378 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

19.16.1818. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (299 d.B.): Abkommen über die Gemeinschaftsproduktion von Filmen zwischen der Regierung der Repu­blik Österreich und der Regierung des Staates Israel (379 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zum 18. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 210

19.16.41

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Die Unterzeichnung des Filmabkommens zwischen Öster­reich und Israel ist ein sehr erfreuliches Ereignis, das auf handfesten wirtschaftlichen und künstlerischen Interessen fußt. Aber es hat sicher auch eine politische Dimension, einen Mehrwert im Bereich der Völkerverständigung. Es geht in diesem Abkommen um nichts weniger als darum, dass zwei kontinuierlich aufstrebende Filmnationen durch bilaterale Erleichterungen einen zusätzlichen Branchenimpuls bekommen.

Das Filmabkommen ermöglicht neben der Erleichterung für die Produktion auch die Gewährung von Verwertungsförderungen, die auf Gegenseitigkeit beruht. Damit kann einem rein österreichischen Film der Zugang zu nichtösterreichischen Märkten erleich­tert und umgekehrt die Verbreitung von nichtösterreichischen Qualitätsfilmen in Öster­reich gefördert werden. Filme aus Gemeinschaftsproduktionen werden gleichgestellt und auch gleich gefördert.

Die österreichische Filmindustrie bestand 2012 aus über 2 200 Unternehmen und hat über 7 000 Beschäftigte gehabt. Das ist also eine aufstrebende und wichtige Branche. Es sind 53 Filme erstaufgeführt worden, und von der Filmwirtschaft ging ein starker Nachfrageimpuls aus. Im Vorjahr hat es eine Steigerung der Bruttoinvestitionen von über 23 Prozent gegeben.

Das Abkommen greift zu einem Zeitpunkt, zu dem in beiden Ländern eine aufstreben­de Filmwirtschaft reift. Die Zusammenarbeit zwischen den Ländern kann nicht auf eine Kontinuität zurückgreifen, aber es gibt und gab punktuell immer wieder Zusammen­arbeit. Der kritische Dokumentarfilm „Putins Spiele“ über die Olympischen Winterspiele in Sotschi ist eine österreichisch-israelisch-deutsche Koproduktion, die auch den Deut­schen Fernsehpreis erhielt. Im nächsten Jahr kommt der aufwendige Spielfilm „Baum­schlager“ auf den Markt, der staatsübergreifend entstanden ist.

Die Vermarktung und Veröffentlichung trägt sicher zur künstlerischen und wirtschaftli­chen Befruchtung der Filmbranche beider Länder bei. Sie fördert sicherlich auch die Internationalisierung herausragender Talente in einem anderen, friedlicheren Geist, als es der Regisseur Billy Wilder durch Vertreibung aus Österreich erfahren musste. Er hat aber auch gezeigt, zu welchem Höhenflug jüdischer Witz und die Jugend in Wien bei­getragen haben. Wir alle wissen, Billy Wilder hat sieben Oscars in Hollywood erhal­ten. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

19.19


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Sieber. – Bitte.

 


19.19.46

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Ge­schätzte Damen und Herren! Da wir heute am Nachmittag bei der Dringlichen doch eher ein Drama erlebt haben, haben wir mit dem vorliegenden Antrag etwas leichtere Kost. Ich frage in die Runde, ob Sie folgende Filme kennen: „Die Vermessung der Welt“ unter der Regie von Detlev Back oder den Dokumentarfilm „Alphabet“ unter der Regie von Erwin Wagenhofer; dieser Film wirft ein  (Zwischenrufe.) – Gut, er heißt Detlev Buck; ich nehme es zur Kenntnis, alles klar! (Beifall bei der ÖVP.)

Das jüngste Beispiel ist der Film „Das finstere Tal“ unter der Regie von Andreas Pro­chaska, in dem der hervorragende Tobias Moretti in der Rolle des Hans Brenner bril­liert. – Nun, diese Filme haben eines gemeinsam: Es sind Koproduktionen auf Basis von Abkommen wie dem vorliegenden.

Worum geht es nun? – Es soll ein Abkommen mit Israel getroffen werden, das bereits mit Deutschland, der Schweiz, Frankreich, Italien, Kanada, Luxemburg und auch Spa­nien besteht. Inhalt dieses Abkommens ist es, Erleichterungen für die Produktion von


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 211

Filmen und auch Verwertungsförderungen auf Gegenseitigkeit zu gewähren. Damit kann dem österreichischen Film, der in den vergangenen Jahren einen ungeheuren Aufschwung genommen hat, der Zugang zu nichtösterreichischen Märkten erleichtert werden. Gleichzeitig wird auch die Verbreitung von Qualitätsfilmen aus den Partnerlän­dern in Österreich gefördert. Filme, die in Gemeinschaftsproduktionen hergestellt wer­den, sind inländischen Filmen gleichgestellt und können die gleichen Förderungen er­halten, wie sie inländischen Filmen im jeweiligen Vertragsland zur Verfügung stehen.

In Österreich wurden im Jahr 2013 37 Kinofilmproduktionen, davon 15 internationale Ko­produktionen, mit einem Fördervolumen von über 9 Millionen € unterstützt. Demgegen­über kann erwähnt werden, dass aus der Vermarktung dieser Filme eine Wertschöp­fung von über 37 Millionen € erreicht werden konnte. Man sieht also, das Förderungs­programm Filmstandort Austria, kurz FISA genannt, hat eine starke Hebelwirkung. Ein Förder-Euro hat zu über 4 € Wertschöpfung geführt.

Die israelische Filmförderung beträgt pro Jahr rund 13 Millionen €, und im Durchschnitt werden 20 Spielfilme pro Jahr produziert. Israel hat mit 13 Staaten Abkommen wie das vorliegende, wobei die traditionell wichtigsten Partner Israels Frankreich, Deutschland und auch Kanada sind. Zwischen Israel und Österreich bestehen vor allem im Bereich des Dokumentarfilms einige Kontakte. (Beifall bei der ÖVP.)

Zusammenfassend möchte ich festhalten: Das israelische Filmschaffen hat – wie auch das österreichische – in den letzten Jahren stark an internationaler Anerkennung ge­wonnen. Derzeit ist Deutschland der größte Koproduzent für Israel. Österreich kann durch dieses bilaterale Abkommen Projekte und Umsätze realisieren, die bisher nahe­zu exklusiv den deutschen Unternehmen vorbehalten waren. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aus Sicht der Branche und auch der politisch Verantwortlichen ist es jedenfalls sinn­voll, die österreichische Wettbewerbsposition durch dieses Abkommen weiter zu ver­bessern und den erfolgreichen österreichischen Film in Zukunft noch stärker zu inter­nationalisieren. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.23

19.23.20

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Kulturausschusses, dem Ab­schluss des Staatsvertrages: Abkommen über die Gemeinschaftsproduktion von Fil­men zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Staates Israel, in 299 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

19.24.3419. Punkt

Dritte Lesung: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 719/A der Abgeordneten Mag. Andreas Schieder, Dr. Reinhold Lopatka, Heinz-Christian Strache, Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Ge­schäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird, sowie über den


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 212

Antrag 306/A der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsord­nung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird, und über den

Antrag 12/A der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäfts­ordnungsgesetz 1975) geändert werden (440 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 19. Punkt der Tagesordnung.

Die Voraussetzungen gemäß § 108 der Geschäftsordnung sind erfüllt.

Wir kommen zur Abstimmung.

Da dieser Entwurf gemäß § 82 Abs. 2 Z 2 der Geschäftsordnung nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Abgeordneten beschlossen werden kann, stelle ich diese fest.

Jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 440 der Beilagen auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Der vorliegende Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Le­sung mehrheitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest. (All­gemeiner Beifall.)

19.26.2020. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 833/A der Ab­geordneten Josef Muchitsch, August Wöginger, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird (447 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 20. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort ist dazu niemand gemeldet.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 447 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. (Rufe bei den Grünen: Namentliche! Namentliche! – Ruf bei der ÖVP: Bei der dritten Lesung dann!) – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden. (Ah-Rufe bei ÖVP und Grünen.) Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordneten­pulte und tragen den Namen der Abgeordneten sowie die Bezeichnung „Ja“ – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise „Nein“ – das sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 213

Ich ersuche jene Abgeordneten, die in dritter Lesung für den Gesetzentwurf in 447 der Beilagen stimmen, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen. Bitte achten Sie sorgfältig darauf, nur einen Stimmzettel einzu­werfen.

Ich bitte nunmehr die Schriftführerin, Frau Abgeordnete Mag. Musiol, mit dem Namens­aufruf zu beginnen; Herr Abgeordneter Buchmayr wird sie später dabei ablösen. – Bitte schön.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Musiol beziehungsweise den Schriftfüh­rer Buchmayr werfen die Abgeordneten ihren Stimmzettel in die Wahlurne.)

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.

Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 19.32 Uhr unterbrochen und um 19.35 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 160; davon „Ja“-Stimmen: 95, „Nein“-Stimmen: 65.

Der Gesetzentwurf in 447 der Beilagen ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Amon, Antoni, Aubauer, Auer;

Bacher Walter, Bayr, Becher Ruth, Berlakovich, Buchmayr, Bures;

Cap;

Darabos, Diesner-Wais, Durchschlag;

Ecker, Ehmann, El Habbassi, Eßl;

Feichtinger Klaus Uwe, Fekter, Fichtinger Angela;

Gerstl, Gessl-Ranftl, Greiner Karin, Grillitsch, Groiß, Grossmann, Gusenbauer-Jäger;

Hakel Elisabeth, Hammer Michael, Hanger Andreas, Haubner, Hechtl, Heinzl, Hell, Himmelbauer, Hofinger Manfred, Höfinger Johann, Holzinger, Huainigg;

Jank, Jarolim;

Karl, Kirchgatterer, Knes, Königsberger-Ludwig, Kopf, Krainer Kai Jan, Krist, Kucharo­wits, Kucher, Kuntzl, Kuzdas;

Lettenbichler, Lipitsch, Lopatka, Lueger Angela;

Matznetter, Mayer, Muchitsch, Muttonen;


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 214

Obernosterer, Ofenauer, Ottenschläger;

Pendl, Pfurtscheller, Plessl, Preiner, Prinz;

Rädler, Rasinger, Rauch Johannes;

Schieder, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger, Schopf, Schultes, Sieber Norbert, Singer Johann, Spindelberger, Steinacker, Strasser;

Tamandl, Töchterle, Troch;

Unterrainer;

Vogl;

Wimmer, Winzig, Wittmann, Wöginger, Wurm Gisela;

Yilmaz;

Zakostelsky.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Alm, Angerer;

Bösch, Brosz;

Darmann, Deimek, Doppler;

Ertlschweiger;

Franz, Fuchs;

Glawischnig-Piesczek;

Hable, Hafenecker, Hagen, Haider, Hauser, Hofer, Hübner;

Jannach;

Karlsböck, Kassegger, Kickl, Kitzmüller, Köchl, Kogler, Korun, Kunasek;

Lausch, Lichtenecker, Lintl, Loacker, Lugar Robert;

Maurer, Meinl-Reisinger, Mölzer, Moser, Mückstein, Mühlberghuber, Musiol;

Pirklhuber, Pock, Podgorschek;

Riemer, Rosenkranz Walter, Rossmann;

Schellhorn, Schenk, Scherak, Schimanek, Schmid Gerhard, Schmid Julian, Schrangl, Schwentner, Stefan, Steger, Steinbichler, Steinhauser, Strache;

Themessl;

Vetter;

Walser, Weigerstorfer, Wurm Peter;

Zanger, Zinggl.

*****

19.36.0421. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (347 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozessordnung 1975, das Ju­gendgerichtsgesetz, das Bewährungshilfegesetz, das Exekutivdienst- und Aner-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 215

kennungszeichengesetz und das Rechtspraktikantengesetz geändert werden (Straf­vollzugsreorganisationsgesetz 2014) (396 d.B.)

22. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (348 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 geän­dert werden (397 d.B.)

23. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (353 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Straf­sachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG), das Ausliefe­rungs- und Rechtshilfegesetz (ARHG) und das Strafregistergesetz 1968 geändert werden (EU-JZG-ÄndG 2014) (398 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 21 bis 23 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Steinacker. – Bitte.

 


19.37.10

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Mitbürgerinnen und Mitbürger! „Gefängnisse werden aus den Stei­nen der Gesetze errichtet“, das hat William Blake, ein englischer Dichter aus dem 18. Jahr­hundert, gesagt.

Der Wille der Gesetze für den Strafvollzug ist klar: Es geht um Prävention und um Op­ferschutz. Die Gesellschaft und das Opfer sollen vor neuen Straftaten geschützt wer­den. Es muss verhindert werden, dass der konkrete Straftäter wieder straffällig wird, und das nennen wir Spezialprävention; diese soll eben unterstützen, dass ein Täter nichts aufs Neue Verbrechen begeht.

Daneben soll eine Strafe die Menschen ganz grundsätzlich von der Begehung einer Tat abschrecken, das nennen wir vorbeugende Wirkung oder generalpräventive Wir­kung. Aus diesen Gründen gibt es in Österreich Geldstrafen und Freiheitsstrafen. Stra­fe und Strafvollzug müssen daher sein!

Der Herr Bundesminister hat das Thema Strafvollzug gleich am Beginn seiner Minis­terschaft zu einem seiner Schwerpunkte gemacht, denn die Bedeutung eines geordne­ten Strafvollzugs in Österreich ist enorm wichtig. Ich danke dem Herrn Bundesminister für sein sofortiges Einschreiten bei Bekanntwerden der Missstände im Strafvollzug und dafür, dass er diesen lückenlos nachgegangen ist und im konkreten Fall Maßnahmen gesetzt hat.

Zur Verbesserung der Kontrolle des Ablaufs der Freiheitsstrafen in den Gefängnissen haben wir nunmehr die vorliegende Regierungsvorlage, die heute zur Abstimmung steht. Es soll anstelle der bisherigen Vollzugsdirektion nunmehr direkt im Justizministerium eine Generaldirektion für den Strafvollzug und den Vollzug freiheitsentziehender Maß­nahmen eingerichtet werden.

Die neue Organisationseinheit wird sämtliche Kompetenzen haben, nämlich Planung, Organisation, Leitung, Steuerung, Rechtsschutz und Öffentlichkeitsarbeit. Sie wird in Ab­teilungen gegliedert sein, die alle sehr klare Aufgabenstellungen haben werden. Ziel der


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Strukturreform ist auch, dass es eben nur mehr eine Steuerungseinheit gibt und diese direkt effizient kontrolliert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Eine effizien­te gesetzliche Kontrolle im Strafvollzug schafft Vertrauen in die handelnden Personen, sie schafft Vertrauen in die Justizwache, sie stärkt das, was wir in einem so sensiblen Bereich brauchen, nämlich ein faires Miteinander in Österreichs Gefängnissen. – Dan­ke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

 


19.39.49

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Mei­ne Damen und Herren! Aufgrund der exzessiv umfassenden Darstellung meiner Vor­rednerin kann ich mich jetzt relativ kurz fassen. (Heiterkeit des Abg. Pendl.)

Wir wissen alle, es gibt Probleme im Strafvollzug. Es gibt keine kleinen Probleme im Strafvollzug, daher ist es notwendig, dass man ein vermehrtes Augenmerk auf die Ab­läufe legt. Wir haben zuletzt ja auch sexuellen Missbrauch in der Belegschaft gehabt, das will kein Mensch! Der Herr Bundesminister hat dankenswerterweise da die Not­bremse gezogen, das einzig Richtige gemacht und die Zuständigkeit sowohl für den operativen als auch für den strategischen Teil wieder zusammengeführt, und zwar im Justizministerium.

Wir sind froh, dass diese Regelung gekommen ist. Ich glaube, dass es jedenfalls zwangs­läufig zu einer Verbesserung kommt, über die wir uns alle freuen können. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.40


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Lausch. – Bitte. (Ruf bei der FPÖ – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Lausch –: Jetzt sag aber, wie’s wirklich ist! – Abg. Pendl: Der war gut!)

 


19.40.42

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesmi­nister! Hohes Haus! Auch wir begrüßen die Schließung der Vollzugsdirektion, das ist eine längst überfällige Sache. Das hätten auch schon die Vorgängerinnen, die das Jus­tizministerium geleitet haben, ins Auge fassen können. Das Einzige, was unsere Be­denken sind: Es nützt natürlich nichts, wenn man da statt der Vollzugsdirektion eine Generaldirektion macht, das im Ministerium ansiedelt und den Namen ändert, aber die Personen gleich lässt.

Ich glaube, das ist kein Problem des Namens, ob das jetzt Vollzugsdirektion oder Ge­neraldirektion heißt, sondern eine Verbesserung kann man nur erzielen, wenn man die handelnden Personen, die in den letzten Jahren in vielen Belangen des Strafvollzuges eindeutig versagt haben, auch austauscht. Das wäre natürlich eine wichtige Sache. Das muss man ins Auge fassen, Herr Bundesminister. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Meinl-Reisinger.)

Man muss natürlich auch ins Auge fassen, dass sich die Vollzugsdirektion die letzten Jahre administrativ doch sehr aufgeblasen hat, natürlich auch Geld, das im Strafvollzug dann fehlt, weggenommen hat. Wir hoffen auch, dass die Generaldirektion schlanker wird, effizienter wird, schlagkräftiger wird, handelnde Personen, wie gesagt, neu kom­men. Das ist der Wunsch, sage ich einmal, der freiheitlichen Fraktion. Nur so hat das einen Sinn, nur so kann das im Strafvollzug Positives bewirken. Da hoffen wir auf Sie.

Sie waren ja bis jetzt einer der Bundesminister, der eigentlich für den Strafvollzug Gu­tes getan hat, gute Ansätze gezeigt hat. Machen Sie weiter! Sehen Sie das nicht durch


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die parteipolitische Brille wie bisher, sondern für die Bediensteten, die Gutes leisten! Sie haben sich ja schon selbst in der einen oder anderen Justizanstalt ein Bild machen können, dass dort von den Bediensteten absolut gute Arbeit geleistet wird. Das, bitte ich Sie, im Auge zu behalten. Es ist wichtig, wenn man Neues schafft, das ordentlich von Grund auf anzugehen und einfach die Personen, die versagt haben, auszutau­schen. Das ist für uns alle das Wichtigste und auch, dass es weniger kostet.

Sie wissen, die Probleme haben schon Ihre Vorgänger gehabt, die liegen im Jugend­strafvollzug, die liegen im Maßnahmenvollzug. Diese Sachen gehören natürlich schleu­nigst angegangen. Wenn man durch die Schließung der Vollzugsdirektion, also durch eine Verschlankung Geld einsparen kann, dann kann man das natürlich auch wieder für dringend benötigte positive Dinge im Strafvollzug verwenden. Das wäre gut.

Wir hoffen auch, dass Sie weiterhin im Auge haben, dass die Justizwache schon seit Jahren mit Überstunden, mit Überbelastung kämpft und somit mehr Personal benötigt wird. Wir wünschen uns, dass wir nicht immer nur die Zahlen hören, 100 bis 120, 140, sondern dass endlich einmal Taten folgen, etwas kommt, was Sie mit dem Finanzmi­nister ausgehandelt haben. Das wäre auch eine wichtige Sache, eine wichtige Maß­nahme.

In diesem Sinne werden wir der Schließung der Vollzugsdirektion selbstverständlich zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

19.43


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Steinhau­ser. – Bitte.

 


19.44.02

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Justizminister! Wir werden dem Gesetz auch zustimmen. Es ist, glaube ich, grundsätzlich richtig, die operativen und strategischen Aufgaben im Strafvollzug in der Generaldirektion zusammenzuführen. Aber die Gefahr dieser Reform ist, dass man glaubt, mit dieser kleinen Verwaltungsbereinigung die Probleme im Strafvollzug zu lö­sen. Wenn wir über diese Reform reden, dann reden wir über ein Prozent der Proble­me, die es im Strafvollzug gegeben hat.

Bei der Vollzugsdirektion sind ja die Probleme sichtbar geworden, aber nicht die Voll­zugsdirektion selbst war das Problem. Wir alle wissen, wo die Probleme sind. Ich glau­be, ein Problem ist, dass sich jahrelang niemand für den Strafvollzug interessiert hat. Mit dem Strafvollzug kann man keine Wahlen gewinnen. Daher war er vielen Verant­wortlichen, politisch Verantwortlichen jahrelang egal, und die Ausgangssituation, die wir heute haben, ist ein hoher Häftlingsstand mit wenig Ressourcen, und das muss zu Pro­blemen führen.

Wenn man das zusammenfasst – und ich habe das im Ausschuss ohnehin schon mit Ihnen besprochen –, könnte man sagen: Im Gefängnis wird um 10.45 Uhr das Mittag­essen serviert, das Abendessen um 13.45 Uhr und um 14.30 Uhr werden die Zellen zugesperrt. Lange Einschlusszeiten bedeuten dann natürlich Übergriffe in Haft. In An­fragen ist das ja auch vom Justizministerium immer sehr detailliert beantwortet worden. Daher ist auch klar, dass man die Probleme kennt. Allein im Jahr 2013 hat es 710 straf­rechtlich relevante Übergriffe von Insassen auf Insassen gegeben.

Wenn wir von Beschäftigung im Strafvollzug reden, dann glaubt man immer, da geht es um eine 35-, 40-Stunden-Woche, aber eigentlich reden wir über durchschnittlich zwei Stunden Beschäftigung pro Tag für Häftlinge. Die gesetzlich verlangte Trennung der unterschiedlichen Tätergruppen kann nicht immer durchgehalten werden. In einzelnen Berufsgruppen, Sie wissen es, im Bereich der SozialarbeiterInnen, im Bereich der Psy-


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chiaterInnen gibt es massive Unterversorgung. Sie kennen das alles. In Stein gibt es einen Psychiater für 700, 800 Insassen. Das kann auf Dauer nicht gutgehen.

Und wir wissen auch, dass die Zahl der psychisch kranken Häftlinge – unter Anfüh­rungszeichen –„explodiert“. Im Jahr 2000 waren im Maßnahmenvollzug – auch diese Zahl kennen Sie, Herr Minister – 550 Insassen; jetzt sind es bereits 850. Das ist nicht nur teuer, sondern das führt auch dazu, dass wir die Probleme dort nicht mehr lösen können.

Die Aufgaben sind groß, und daher, Herr Minister, sind Sie auch gefordert, nach dieser kleinen Reform im Bereich der Verwaltung im Strafvollzug, die wir unterstützen, die großen Reformen folgen zu lassen. Sonst wird auch eine Generaldirektion in Zukunft nicht davor schützen, dass wir in Medien Meldungen über Vernachlässigungen, über Übergriffe, die nicht geahndet werden, et cetera lesen. Das wollen wir alles nicht, denn das ist ein menschenrechtliches Problem. Auch wenn jemand eine Straftat begeht und inhaftiert wird, muss es ein Recht darauf geben, dort anständig behandelt und versorgt zu werden. Das ist eine grundlegende Aufgabe, das ist eine grundlegende Verantwor­tung, die diese Republik übernommen hat, und diese ist sicherzustellen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Meinl-Reisinger.)

19.47


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Vetter. – Bitte.

 


19.47.26

Abgeordneter Dr. Georg Vetter (STRONACH): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Wir verhandeln ja jetzt drei Tagesordnungspunkte auf einmal, der Strafvollzug ist nur einer, der erste. Ich möchte das Augenmerk eher auf den zweiten Punkt legen. Da haben wir das Römer Statut umzusetzen, internationales Völkerstrafrecht. Da geht es um Kriegsverbrechen: Verschwindenlassen einer Person, Verbrechen gegen die Mensch­lichkeit, Kriegsverbrechen gegen Personen, Kriegsverbrechen gegen Eigentum und sons­tige Rechte, Kriegsverbrechen gegen internationale Missionen und Schutzzeichen, Kriegsverbrechen durch Einsatz verbotener Methoden der Kriegsführung, Kriegsver­brechen durch Einsatz verbotener Mittel der Kriegsführung. Das ist eine internationale Verpflichtung, der wir selbstverständlich nachkommen.

Das Einzige, was vielleicht anzumerken ist, ist Folgendes: Wir haben ein gewisses Sys­tem in unserem Strafrecht, das Strafgesetzbuch Allgemeiner Teil, Besonderer Teil. Das bringen wir im Besonderen Teil unter. Wir haben allerdings auch ein Militärstrafgesetz, und teilweise überschneidet sich das.

Was ich eigentlich sagen will, ist, dass die Ästhetik des Gesetzes da ein bisschen ver­letzt wird. Vielleicht können wir bei einer zukünftigen Reform da noch ein bisschen Ord­nung hineinbringen. Das ist ähnlich wie bei der Verfassung, wo wir ein Verfassungs­gesetz haben und dann viele zersplitterte Verfassungsgesetze. Die Autorität eines Ge­setzes wird schon ein bisschen unterminiert, wenn wir die Form nicht wahren, und da­rauf sollten wir in Zukunft auch schauen.

Im Übrigen bin ich der Ansicht, dass der Strafvollzug entsprechend dotiert gehört. – Danke. (Beifall beim Team Stronach sowie Beifall und Bravoruf des Abg. Pendl.)

19.49


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Meinl-Reisinger zu Wort. – Bitte.

 


19.49.28

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Ja, es ist schon viel gesprochen worden über die Überbe­legung im Strafvollzug, über Missstände, die herrschen, über grausame Berichte, seien


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es sexuelle Übergriffe von Insassen auf Insassen, aber auch tätliche Übergriffe auf In­sassen durch einzelne Personen – das möchte ich natürlich hervorstreichen: einzelne Personen – in der Justizwache.

Ich glaube auch, wie Kollege Steinhauser gesagt hat, dass das ein ganz kleiner Bau­stein einer generell notwendigen Reform des Strafvollzugs und vor allem auch des Maß­nahmenvollzugs ist. Wir NEOS haben uns in den vergangenen Monaten vor allem dem Thema Maßnahmenvollzug gewidmet, weil wir glauben – nicht zuletzt auch durch die Berichterstattung hinsichtlich Verwahrlosung einer untergebrachten Person in Stein, aber vor allem betreffend große menschenrechtliche Fragen, Stichwort „Abstandsge­bot“ in Österreich –, dass da etwas getan werden muss, weil die Zustände, wie sie dort sind, eines Landes wie Österreich einfach nicht würdig sind.

Wir haben in den siebziger Jahren große Reformen gemacht, und man könnte jetzt salopp sagen: Seitdem ist aber nichts mehr geschehen! Die Insassenanzahl genauso wie die Häftlingsanzahl sind massiv gestiegen. Wir haben vor einigen Wochen eine En­quete veranstaltet und werden mit Vorschlägen kommen, die durchaus umfangreicher sind, und zwar sowohl legistischer Natur als auch hinsichtlich der Frage – und das wur­de hier auch schon mehrfach erwähnt – der personellen Ausstattung.

Ich habe mir in der Justizanstalt Mittersteig selbst ein Bild gemacht. Es ist zum Beispiel ein Thema – auch wenn das jetzt nicht wirklich so gelebt wird, weil es offener ist –, dass dort theoretisch auch ab 14.30 Uhr eigentlich Schluss ist. Man muss auch sagen, das ist eine extrem schwierige Situation, das sind schwierige Bedingungen, unter de­nen die Justizwachebeamten und -beamtinnen dort arbeiten. Also ich mache jetzt ei­nen „Pendl“ (in Richtung des Abg. Pendl) und danke einfach den Mitarbeitern dort, weil ich gesehen habe, dass das wirklich schwierig ist und eigentlich bis dato keine wirk­liche Schulung vorhanden war, was den besonderen Umgang mit sogenannten geistig abnormen Rechtsbrechern betrifft. Also der Personalstand ist sicherlich zu niedrig, da muss dringend angesetzt werden.

Ich möchte auf einen Aspekt dieses Strafvollzugsreorganisationsgesetzes hinweisen, auf den ich auch im Ausschuss hingewiesen habe, und das ist die Frage der Geneh­migung der Hausordnung. Das ist nur ein kleiner Aspekt, deswegen stimmen wir trotz­dem zu. Aber es ist jetzt vorgesehen, dass diesen Hausordnungen jetzt nicht mehr von der Generaldirektion zugestimmt werden muss, sondern dass diese einfach in der Voll­zugsanstalt festgelegt werden. Das Problem ist, dass das bis zu einem gewissen Grad geschlossene Systeme sind. Und alles, was wir tun, um diese geschlossenen Systeme aufzubrechen und dort Kontrolle hineinzubringen, ist wichtig. Das möchte ich einfach nur noch abschließend sagen. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS sowie bei Ab­geordneten von Grünen und SPÖ.)

19.52


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Dr. Brandstetter zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


19.52.46

Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich bin sehr froh über und dankbar für all das, was bisher schon gesagt wurde, weil es auch zeigt, dass viele unter Ihnen sich wirklich auch mit den Problemen im Strafvollzug beschäftigen, und die sind nicht ge­ring, wie wir alle wissen.

Ich bin deshalb so froh darüber, weil ich von Anfang an gesagt habe, die Probleme in diesem Bereich sind so groß, dass deren Bewältigung die Kraft des Justizressorts al­leine übersteigt. Deshalb haben wir ja auch auf Regierungsebene schon mehrfach da­rüber gesprochen. Es wird doch ein mittelfristiges Programm notwendig sein. Man wird


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 220

sich hier wirklich einen Ruck geben müssen, um flächendeckend jenes Höchstmaß an Qualität sicherzustellen, das wünschenswert und auch notwendig ist, weil wir dazu auch international verpflichtet sind.

Ich muss ganz offen sagen, Herr Abgeordneter Lausch hat völlig recht, wenn er sagt, eigentlich gibt es doch in vielen Bereichen des Strafvollzugs hervorragende Arbeit, die von den dort Beschäftigten, von den Bediensteten geleistet wird. – Ja, das ist richtig. Wir haben uns ja – und ich erinnere mich gerne daran – erst vor relativer kurzer Zeit gemeinsam davon überzeugt, wie gut die Justizanstalt Sonnberg funktioniert, dass dort wirklich Vollbeschäftigung herrscht. Das ist ja ein ganz wichtiger Punkt im Strafvollzug.

Wir müssen ganz offen sagen: Wir haben sehr große Unterschiede in der Qualität un­serer Anstalten, und wir müssen einfach wirklich erreichen, dass wir am Ende dieser groß angelegten Reform flächendeckend jenes Höchstmaß an Qualität haben, das wir auch wirklich haben wollen und das unser Strafvollzug insgesamt auch verdient.

Ja, auch Herr Abgeordneter Steinhauser hat völlig recht, wenn er sagt, diese Reorgani­sation im Bereich der Organisation des Strafvollzugs, die Auflösung der Vollzugsdirek­tion, das ist nur ein kleiner Beitrag, ein kleiner Schritt. – Das ist richtig, das ist ein klei­ner, aber notwendiger Schritt für die anstehende Reform, denn letztlich braucht es, um diese Reform auch wirklich umsetzen zu können, kurze Entscheidungswege, straffere Strukturen. Ich will die Verantwortung für den Strafvollzug wieder im Justizministerium haben, ich will sie auch wahrnehmen.

Ich sage Ihnen ganz offen: Ich glaube auch zu wissen, was man tun muss, um diese Strafvollzugsreform auch wirklich umsetzen zu können. Ich sage das nicht, weil ich glaube, dass ich so gescheit bin und das alles weiß, nein, ich sage das aufgrund mei­ner jahrzehntelangen Erfahrung. Das macht mich sicher, dass wir das schaffen wer­den: die jahrzehntelange Erfahrung aus der Beschäftigung mit den Problemen des ös­terreichischen Strafrechts.

Der Umbau dieser Organisationsstruktur, der Wechsel von der Vollzugsdirektion als ei­ner eher ausgelagerten Institution wieder hin zu einer direkt im Ministerium angesiedel­ten Generaldirektion für den Strafvollzug ist eine wichtige und notwendige Vorausset­zung für all das, was noch kommen muss. Und es sind noch große Aufgaben, die vor uns liegen.

Da ja mehrere Tagesordnungspunkte zusammengefasst wurden, die die legistischen Vorlagen meines Hauses betreffen, vielleicht nur noch ein kurzes Wort zum nächsten Punkt, nämlich zur Umsetzung der entsprechenden Regelungen des Römischen Sta­tuts im Völkerstrafrecht. Herr Abgeordneter Vetter ist kurz darauf eingegangen. Wir ha­ben auch über diese Regelungen, über diese Gesetzesvorlagen im Justizausschuss bereits weitgehend Konsens gefunden. Es geht um einige notwendige Anpassungen, auf die ich, glaube ich, im Detail nicht mehr näher einzugehen brauche.

Es geht auch um Neuerungen im Bereich der Regelungen über die justizielle Zusam­menarbeit auf europäischer Ebene. Da geht es vor allem darum, dass Schutzanord­nungen zugunsten von Bürgern, die etwa in Österreich erlassen werden, künftig natür­lich auch wechselweise in anderen EU-Staaten Gültigkeit haben sollen. Das ist sicher­lich eine Vereinfachung für die Bürger, die so etwas benötigen, die auf so eine Schutz­anordnung angewiesen sind. So gesehen ist auch diese Regelung, die hier vorge­schlagen wird, etwas, wovon der Bürger wirklich etwas hat.

Ich kann daher zusammenfassend nur sagen, dass ich wirklich sehr froh darüber bin, dass mit diesen Regierungsvorlagen ganz hervorragende legistische Entwürfe unserer Legisten vorliegen. Meine Damen und Herren Abgeordnete, Sie haben die Gelegen­heit, hier wirklich ganz hervorragenden Regierungsvorlagen Ihre Zustimmung zu ertei­len, und ich bitte Sie darum. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.57



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 221

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Ofenauer. – Bitte.

 


19.57.27

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Meine Damen und Herren! Der Strafvollzug ist eine einschneidende Maßnahme für einen Menschen und deshalb äußerst sensibel. Unser Herr Justizminister Brandstetter hat bestehenden Handlungsbedarf erkannt und auch die entsprechenden Maßnahmen gesetzt. Eine davon ist eben die Auflösung der Vollzugsdirektion und die Schaffung einer zentralen Stelle für den Strafvollzug in Form der Generaldirektion für den Strafvollzug und den Vollzug freiheitsentziehender Maß­nahmen im Bundesministerium. Durch die Beifügung des Begriffes „Vollzug freiheits­entziehender Maßnahmen“ wird auch dem Maßnahmenvollzug eine besondere Bedeu­tung zuerkannt.

Die Sinnhaftigkeit der Umstrukturierung wurde bereits angeführt. Dies gewährleistet ei­ne effiziente Führung. Angesprochen wurde bereits, dass es dadurch eine Abteilung für den operativen Betrieb und eine Abteilung für die Strategie geben wird.

Ganz wesentlich werden aber sicherlich weiterhin auch die praktische Erfahrung der Beamten in der Generaldirektion und vor allem auch der Kontakt zu den Justizwache­beamten vor Ort sein.

Hinweisen möchte ich aber ganz besonders auch auf die neue Einrichtung eines chef­ärztlichen Dienstes, der jetzt auch gesetzlich verankert wird, wie das vom Rechnungs­hof schon seit Längerem gefordert wird. Damit wird ein zentraler ärztlicher Dienst ge­schaffen, der die Fachaufsicht über die ärztliche Tätigkeit in den Justizanstalten ausübt.

Ja, ich denke, diese Novelle hat wirklich Lob verdient und ist sicherlich wieder ein Schritt in Richtung Verbesserung des Strafvollzugs. (Beifall bei der ÖVP.)

19.59


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


19.59.10

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Minister, gleich beim Antrittsgespräch haben wir festge­stellt, dass du – und ich danke dir dafür – gleich die richtigen Schritte, was den Straf­vollzug betrifft, nicht nur erkannt, sondern vor allem auch eingeleitet hast.

Lassen Sie mich aber gleich zu Beginn folgende Feststellung machen: Es ist völlig in Ordnung, dass man falsche Entscheidungen revidiert, dass man das wieder hinein ins Ministerium holt, überhaupt keine Frage. Ich persönlich sage dazu, ich hätte gleich eine Sektion daraus gemacht, weil ich die Verwaltung kenne. Aber es ist richtig, dass du das jetzt wieder in das Haus zurückholst, weil ich glaube, dass der Strafvollzug, auch wenn er ein unbeliebtes Kind ist, eine wichtige Aufgabe in unserem gesamtgesellschaft­lichen Zusammenleben oder in unserer zwischenmenschlichen Beziehung hat.

Ich möchte eingangs aber auch um eines bitten. Wenn wir über Strafvollzug disku­tieren, muss man sich schon immer auch darüber im Klaren sein, dass der Großteil al­ler Beschäftigten, und zwar der überwiegende Großteil, eine hervorragende Dienstleis­tung erbringt. Ich halte nichts davon, wenn immer auf diese hingedroschen wird, von wem auch immer, ob es Politiker, ob es Journalisten, ob es sogenannte selbsternannte Fachleute sind. Es sind mehrere Berufsgruppen, die das betrifft, aber überbleiben tut immer die Justizwache. Das ist so etwas von unfair, ich sage das in aller Klarheit, denn niemand redet darüber, dass dort über viele, viele Jahre, schon seit Jahrzehnten – und das sollten wir auch einmal diskutieren, auch im Rahmen von Budgets –, eine Situation


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entstanden ist, dass wir einen Überbelag haben, der sich gewaschen hat. Unsere An­stalten sind nicht für diesen Belag ausgerichtet!

Wir sind froh, wenn der Herr Minister sagt, wo es gerade gut funktioniert, aber wenn wir von Strafvollzug reden, reden wir von Jugendlichen, von Frauen, von Männern, von U-Häftlingen, von Strafgefangenen, von Untergebrachten und, und, und. Und wer die Si­tuation in den Anstalten wirklich kennenlernen will, den lade ich ein, sich das vor Ort anzuschauen.

Ich spreche jetzt nur die Situation im Maßnahmenvollzug an. Auch da danke ich dir, dass du das sofort erkannt und angesprochen hast. Die Anstalten sind nicht dazu ge­eignet! Das muss man wissen. Und wir haben nicht nur zu wenig Geld für den Bau der Anstalten, sondern unser Personal – und da sage ich jetzt: alle, alle! – ist überbelastet, dass es höher nicht mehr geht.

Herr Bundesminister, wenn ich hier einen Wunsch aussprechen darf: Gehen wir wirk­lich schnell den Maßnahmenvollzug an! Ganz kurz nur: Wir haben ungefähr 900 Perso­nen allein nach § 21 Abs. 1 und § 21 Abs. 2 Strafgesetzbuch. In § 21 Abs. 1 geht es um „nicht zurechnungsfähig“, da brauchen wir nicht zu diskutieren, da haben wir, glaube ich, jetzt mit Asten ohnehin eine Lösung. Aber wir haben überhaupt keine Lösung für den § 21 Abs. 2. Und das sind Betreuungsgeschichten, das nützt nichts! In anderen euro­päischen Ländern sind diese Menschen im Gesundheitssystem untergebracht; nur da­mit wir wissen, wovon wir reden. Das ist bei uns alles bei der Justiz, und diese ist damit hoffnungslos überfordert. Unsere Leute sind teilweise total ausgepowert, sind rund um die Uhr im Dienst.

Es zeigt sich aber auch, Herr Bundesminister, dass wir wichtige Positionen hoheitlicher Natur auch hoheitlich besetzen müssen. Denn was sonst, wenn nicht die Tätigkeit ei­nes Chefarztes, ist eine hoheitliche Aufgabe?! Dann brauche ich dort keine Privatan­gestellten, und schon gar nicht über die Justizbetreuungsagentur! Ich sage das in aller Klarheit: Den Mut müssen wir haben, dass wir in so heiklen und sensiblen Bereichen nach wie vor hoheitlich besetzen! Das ist eine ureigene Aufgabe des Staates, und ich glaube, da wird ja niemand auf die Idee kommen, dass man leichtfertig damit umgeht.

Ich möchte aber bei dieser Gelegenheit wirklich allen Beschäftigten – und ich gehe da­von aus, Christian, dass wir das alle miteinander tun –, die im wahrsten Sinne des Wortes ihre Gesundheit, ihr Leben für die Österreicherinnen und Österreicher einset­zen, herzlich danken. Ich hoffe, ich kann das im Namen von allen Fraktionen sagen. – Alles Gute! Und ich bin überzeugt, dass wir es schaffen werden, Herr Minister. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

20.03


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Darmann. – Bitte.

 


20.03.18

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Werter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Lassen Sie mich, werte Kolleginnen und Kollegen, in aller gebotenen Kürze, aber mit umso mehr Nachdruck auf die justizielle Zusammen­arbeit im EU-Raum zu sprechen kommen, insbesondere auf den elektronischen Infor­mationsaustausch zwischen EU-Staaten betreffend Verurteilungen und Tätigkeitsver­bote wegen Sexualstraftaten an Kindern, hier insbesondere zur Vorlage an einen po­tenziellen Arbeitgeber.

Werte Damen und Herren, es ist kein Geheimnis, ich habe es hier schon im Plenum, aber auch im Ausschuss klargemacht, dass es sich hierbei nicht nur um ein Herzens-, sondern auch um ein Vernunftanliegen der freiheitlichen Fraktion handelt, in diesem Be-


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reich entsprechend harte und konsequente Maßnahmen zu setzen, wenn es darum geht, mögliche zukünftige Opfer in diesem Bereich zu verhindern.

Herr Bundesminister, ich habe es im Ausschuss auch schon in Ihre Richtung ange­sprochen, und ich nehme es für unsere Fraktion positiv zur Kenntnis, dass ich heute über die Medien vernommen habe, dass Sie auch eine Verschärfung mit einem spe­ziellen neuen Tatbestand im Sexualstrafrecht planen. Ich darf Sie aber im Zuge dieser Wortmeldung auch ersuchen, das Paket für diese Reform nicht schon zuzuschnüren, sondern noch offen zu lassen, um eventuell weitere notwendige Änderungen wie bei­spielsweise auch unseren hier in den Grundzügen zu erläuternden Antrag auf ein ge­nerelles Tätigkeitsverbot für Sexualstraftäter im einschlägigen Erziehungs- und Betreu­ungsbereich von minderjährigen, von wehrlosen, von psychisch beeinträchtigten Per­sonen mit aufzunehmen und umzusetzen.

Werte Kolleginnen und Kollegen, ich habe hier schon einmal versucht, auf eine eher ungewöhnliche Art Ihnen allen näherzubringen, worum es uns geht. Wir haben in Ös­terreich eine derzeit geltende Rechtslage, die es möglich macht, dass bereits verur­teilte Sexualstraftäter ihren zum Tatzeitpunkt ausgeübten Tätigkeiten im Bereich der Er­ziehung, der Ausbildung und Beaufsichtigung von Minderjährigen erneut nachgehen kön­nen, nach einer gewissen Zeit, die festgelegt ist, je nachdem, wie der Richter entschei­det, ob es sich um leichte Folgen oder auch um schwere Folgen für ein Opfer handeln kann.

Wir Freiheitlichen sagen, das ist eine Anmaßung des Gesetzgebers, hier überhaupt dem Richter eine Unterscheidung zu überantworten, denn: Wer kann sagen, ob gleich nach der erfolgten Sexualstraftat ein Opfer die Folgen zu spüren bekommt oder ob es auch erst später passieren kann?

Tatsache ist, hier gehören mögliche zukünftige Opfer nach allen Regeln der Kunst und auch des Gesetzgebers geschützt, und da kann es nur ein absolutes Tätigkeitsverbot in diesen Bereichen geben. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir alle, als Eltern, als Großeltern, als Onkeln, als Tanten, sind gefordert, hier unserer Vernunft und unserem Herzen zu folgen und mit einer in den Grundzügen erläuterten Reform dieses Tätigkeitsverbotes im Sexualstrafrecht sicherzustellen, dass hinkünftig in Sommercamps, bei privaten und öffentlichen Einrichtungen kein Sexualstraftäter mehr in diesem Bereich etwas zu tun hat, aber genauso auch, wenn es um die Be­treuung von wehrlosen und psychisch beeinträchtigten Personen geht.

Folgen Sie Ihrem Herzen, folgen Sie der Vernunft, und stimmen Sie diesem Antrag auf Zuleitung einer entsprechenden Reformmaßnahme durch die Regierung an uns hier im Parlament zu, um entsprechend klare und konsequente Regeln im Sexualstrafrecht zu determinieren. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter, der Antrag müsste noch einge­bracht werden; er müsste in den Grundzügen noch ein bisschen erläutert werden. Er wurde zwar verteilt, aber Sie müssen sagen, dass der Antrag eingebracht wird.

 


Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (fortsetzend): Hiermit stelle ich den Antrag, die­sen in den Grundzügen erläuterten Forderungen des Freiheitlichen Parlamentsklubs, überbracht durch die Abgeordneten Mag. Darmann, Mag. Stefan und weitere Abgeord­nete, näherzutreten. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ. – Seitens des Präsidiums wird Abg. Darmann bedeutet, das Wort „Entschließungsantrag“ zu verwenden.)

Dem Entschließungsantrag ist entsprechend näherzutreten.

Werte Damen und Herren, auch wenn das jetzt formal etwas ruppig war, wiederhole ich noch einmal mit Nachdruck, dass es hier wirklich um eine Reformmaßnahme geht,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 224

die seit Langem ansteht, und deswegen ersuche ich Sie wirklich, diesem Entschließungs­antrag des Freiheitlichen Parlamentsklubs näherzutreten. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

20.08


Präsident Ing. Norbert Hofer: Vielen Dank. Der Antrag wurde ja vorab zur Verteilung gebracht, wurde in den Grundzügen erläutert, ist ausreichend unterstützt und steht da­her mit in Verhandlung.

Ich bitte um Verständnis, dass die Geschäftsordnung manchmal gewisse Rituale erfor­dert.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Darmann, Mag. Stefan

und weiterer Abgeordneter

betreffend Maßnahmen zur Vorbeugung von sexuellen Übergriffen auf minderjährige, wehrlose sowie psychisch beeinträchtigte Personen in privaten und öffentlichen Be­treuungseinrichtungen und -organisationen durch Personen, die in der Erziehung, Aus­bildung oder Beaufsichtigung sowie sonstigen intensiven Kontakten mit Minderjährigen oder wehrlosen beziehungsweise psychisch beeinträchtigten Personen tätig sind (Ver­schärfung des Tätigkeitsbverbotes).

Eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Justizausschusses über die Re­gierungsvorlage (353 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die jus­tizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Uni­on (EU-JZG), das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz (ARHG) und das Strafregister­gesetz 1968 geändert werden (EU-JZG-ÄndG 2014) (398 d.B.) (TOP 23), in der 55. Sit­zung des Nationalrates am 11.Dezember 2014

Die justizielle Zusammenarbeit auf EU-Ebene in Strafsachen soll nun ausgedehnt und weiter verbessert werden. Neu ist auch die Bestimmung, wonach Informationen über Verurteilungen und Tätigkeitsverbote wegen Sexualstraftaten an Kindern zur Vorlage an den potenziellen Arbeitgeber nun auch im Wege des elektronischen Austausches aus dem Strafregister zwischen den EU-Mitgliedstaaten übermittelt werden können.

In Österreich sowie auch in den EU-Mitgliedstaaten muss es eine Verschärfung im Be­reich des Tätigkeitsverbotes geben. So eine Verschärfung würde den Schutz von Min­derjährigen, wehrloser beziehungsweisen psychisch beeinträchtigter Personen zu Gute kommen. In den EU-Mitgliedsstaaten bestehen unterschiedliche starke oder schwache nationale Regelungen betreffend das Tätigkeitverbot. Hier ist Österreich aufgerufen als Vorbild in der Europa voranzugehen und den Schutz der Minderjährigen, wehrloser be­ziehungsweisen psychisch beeinträchtigter Personen vor sexuellen Übergriffen zu ver­bessern.

In Österreich bestehende Regelung im Strafrecht ermöglicht es einschlägig vorbestraf­ten Sexualstraftätern erneut ihren zum Tatzeitpunkt ausgeübten Tätigkeiten der Erzie­hung, Ausbildung und Beaufsichtigung Minderjähriger nachzugehen. Die Berücksichti­gung eines auszusprechenden Tätigkeitsverbots im Bereich der Erziehung, Ausbildung und Beaufsichtigung wehrloser beziehungsweisen psychisch beeinträchtigter Personen ist im derzeit geltenden §220b StGB nicht vorgesehen.

Das Tätigkeitsverbot aufgrund strafbarer Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung einer minderjährigen oder wehrlosen beziehungsweisen psychisch beeinträchtigten Person muss absolut sein.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 225

Die Anmaßung des Gesetzgebers, bei strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Inte­grität und Selbstbestimmung von minderjährigen Personen, zwischen "bloß leichten Folgen" und "schweren Folgen" derartiger strafbarer Handlungen unter Ausnützung des bestehenden Vertrauensverhältnisses insbesondere in Erziehung, Ausbildung oder Beaufsichtigung Minderjähriger zu unterscheiden, hat bereits aus Respekt vor den Op­fern und nicht zuletzt aufgrund der notwendigen Prävention durch Abschreckung einer klaren, unmissverständlichen gesetzlichen Normierung zu weichen.

In dieser Norm muss im Sinne der Ausweitung des Schutzbereiches eine Berücksichti­gung wehrloser beziehungsweisen psychisch beeinträchtigter Personen Platz greifen.

Eltern, Großeltern und sonstige Obsorgeberechtigte müssen darauf vertrauen können, dass ihre Schutzbefohlenen bei der Erziehung, der Ausbildung und der Beaufsichti­gung in öffentlichen sowie auch in privaten Betreuungseinrichtungen und -organisa­tionen niemals sexuellen Übergriffen ausgesetzt sind; erst recht nicht sexuellen Über­griffen durch Wiederholungstäter.

Um diese Gefahr, insbesondere in diesem Bereich die Wiederholungstäterschaft, hint­anzuhalten, bedarf es eines lebenslangen Betätigungsverbotes für einschlägig vorbe­strafte Sexualstraftäter.

Da es auch im Sinne der Betreuungseinrichtungen und -organisationen ist, die ihnen anvertrauten Schutzbefohlenen vor jedweder Gefahr eines sexuellen Missbrauchs, ins­besondere durch Wiederholungstäter zu schützen, hat der Gesetzgeber ein sicheres Bewerbungsverfahren für die Bereiche der Erziehung, Ausbildung und Beaufsichtigung von minderjährigen oder wehrlosen beziehungsweise psychisch beeinträchtigten Per­sonen vorzusehen.

Dazu ist es notwendig, dass die oben genannten Betreuungseinrichtung und -organisa­tio­nen verpflichtet werden, im Zuge eines Bewerbungsverfahrens eine als solche de­klarierte und gesondert von der zuständigen Behörde geführte Strafregisterbescheini­gung „Sexualstraftaten gegen minderjährige, wehrlose sowie psychisch beeinträchtigte Personen“ vom jeweiligen Bewerber zu verlangen. Auch Leermeldungen sind vorzule­gen, um eine Umgehung der Vorlagepflicht hintanzuhalten.

Um das Wohl, besonders das Kindeswohl, hervorzuheben, die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung von minderjährigen aber auch die Unversehrtheit von wehrlosen so­wie psychisch beeinträchtigte Personen besser zu gewährleisten, ist es nicht nur not­wendig sondern auch ein „Muss“, dass Verurteilungen wegen Sexualstraftaten, unab­hängig von ihrer Strafhöhe, nicht getilgt werden.

Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Justiz wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Gesetzesvorla­ge zuzuleiten, die Maßnahmen zur Vorbeugung von sexuellen Übergriffen auf minder­jährige, wehrlose sowie psychisch beeinträchtigte Personen in privaten und öffentli­chen Betreuungseinrichtungen vorsieht. Diese Maßnahmen richten sich gegen Perso­nen, die in der Erziehung, Ausbildung oder Beaufsichtigung sowie sonstigen intensiven Kontakten mit Minderjährigen oder wehrlosen beziehungsweise psychisch beeinträch­tigten Personen zum Tatzeitpunkt tätig waren und einer Sexualstraftat gegen Schutz­befohlene überführt worden sind. Diese einschlägig verurteilten Sexualstraftäter sind auf Lebenszeit von der Erziehung, Ausbildung und Beaufsichtigung Minderjähriger so­wie wehrloser oder psychisch beeinträchtigter Personen auszuschließen.

Hierzu sind in der Gesetzesvorlage folgende Eckpunkte inhaltlich abzubilden:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 226

1. Lebenslanges Tätigkeitsverbot für einschlägig verurteilte Sexualstraftäterin Erzie­hung, Ausbildung und Beaufsichtigung, um einen größtmöglichen Schutz der Schutz­befohlenen zu gewährleisten und das Risiko widerholter sexueller Übergriffe zu mini­mieren.

2. Verurteilungen insbesondere nach den §§ 205, 206, 207, 207a, 207b, 208, 208a, 212, 213, 214 sowie 215a StGB sind im Strafregister lebenslang sowie gesondert in einer „Strafregisterbescheinigung Sexualstraftaten gegen minderjährige, wehrlose so­wie psychisch beeinträchtigte Personen“ auszuweisen. Diese ist ausschließlich für Be­werbungen bei privaten und öffentlichen Betreuungseinrichtungen und -organisationen, die in der Erziehung, Betreuung und Beaufsichtigung von minderjährigen, wehrlosen sowie psychisch beeinträchtigten Personen tätig sind, von der zuständigen Behörde auszugeben und als solche zu deklarieren.

3. Private und öffentliche Betreuungseinrichtungen und -organisationen werden ver­pflichtet, vor Einstellung einer Person für Tätigkeiten der Erziehung, Ausbildung oder Beaufsichtigung minderjähriger, wehrloser sowie psychisch beeinträchtigter Personen, eine als solche durch die ausstellende Behörde deklarierte „Strafregisterbescheinigung Sexualstraftaten gegen minderjährige, wehrlose sowie psychisch beeinträchtigte Per­sonen“ durch den Bewerber einzufordern. Leermeldungen sind ebenfalls vorzulegen.

4. Wenn nachträglich Umstände eintreten oder bekannt werden, bei deren Vorliegen im Zeitpunkt des Urteils kein Tätigkeitsverbot ausgesprochen worden wäre, hat das Ge­richt das Tätigkeitsverbot aufzuheben.

5. Konsequenzen für öffentliche und private Betreuungseinrichtungen und -organisatio­nen im Falle der Nichteinhaltung ihrer Verpflichtung einen Strafregisterbescheinigung „Sexualstraftaten gegen minderjährige, wehrlose sowie psychisch beeinträchtigte Per­sonen“ zu verlangen, müssen sich im Dienst- und Disziplinarrecht und im Verwaltungs­strafrecht wiederfinden.“

*****

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scherak. – Bitte.

 


20.08.11

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Mi­nister! Wir haben es ja schon gehört, wir beschließen heute auch Änderungen im Straf­gesetzbuch. Das sind im Wesentlichen Tatbestände, die im Rom-Statut drinnen ste­hen, und wir werden versuchen, sie jetzt in das österreichische Strafrecht, in das natio­nale Strafrecht zu implementieren.

Es gibt zwei Gründe, warum ich das für sehr gut und sehr wichtig halte. Es ist ja nicht so, dass wir dazu verpflichtet wären im wahrsten Sinne des Wortes, weil das interna­tionale Strafrecht ja sowieso gilt, ich halte es aber trotzdem für wichtig und notwendig.

Der erste Grund ist die Symbolik. Da geht es immerhin um die schlimmsten Verbre­chen, die weltweit geschehen, und es geht insbesondere darum, dass diese Verbre­chen gegen die Menschlichkeit und diese Kriegsverbrechen von Menschen begangen werden, die sich in vielerlei Hinsicht teilweise nicht einmal die Hände dabei schmutzig machen. Das sind nämlich die Anführer, die Vorgesetzten, die das nur befehlen oder zum richtigen Zeitpunkt wegsehen. Und deswegen ist es allein aus symbolischen Ge­sichtspunkten sehr, sehr wichtig, dass wir das auch ins nationale Strafrecht implemen­tieren.

Der zweite Grund ist der, dass das internationale Strafrecht und das humanitäre Völ­kerrecht an sich ein bisschen schwerfällig sind. Genau deswegen ist es auch gut, dass


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 227

wir das implementieren. Es gibt viele unterschiedliche Zugänge, viele Länder in Europa haben unterschiedliche Zugänge gewählt, wie man das implementieren kann. Es ist deswegen auch so wichtig, weil der Internationale Strafgerichtshof nur dann zuständig ist, wenn die nationalen Gerichte nicht zuständig sind. Und damit eben die österreichi­schen Gerichte in dem Zusammenhang tätig werden können, macht es Sinn, das ins nationale Strafrecht zu implementieren.

Ein weiterer ganz wichtiger Punkt ist, dass der Internationale Strafgerichtshof leider Gottes nicht unbedingt der effizienteste Gerichtshof ist. Das ist jetzt nicht unbedingt die Schuld des Internationalen Strafgerichtshofs, aber wenn man sich die Fakten an­schaut, gab es dort innerhalb von zehn Jahren oder mehr als zehn Jahren gerade ein­mal zwei Schuldsprüche, zwei Verurteilungen. Das hat viel damit zu tun, dass diese Verfahren äußerst komplex und dementsprechend auch sehr schwierig sind. Daher glaube ich, es ist wichtig, dass wir auch in Österreich dieses Völkerstrafrecht beschlie­ßen und dass die österreichischen Gerichte die Möglichkeit haben, solche Kriegsver­brecher zu verurteilen, wenn diese in Österreich sind.

Zum Abschluss noch eine Kleinigkeit, ein kleiner Wermutstropfen aus meiner Sicht: Das Rom-Statut wurde ja vor Kurzem in Kampala geändert, das Verbrechen der Ag­gression wurde, nach mehr als zehn Jahren, wo es nicht definiert war, dort eingefügt. Wir haben das jetzt nicht in dieser Regierungsvorlage drinnen. Ich kann die Gründe nachvollziehen, weil wir da sicher auch noch ein bisschen mehr juristische Expertise brauchen, auch vom Internationalen Strafgerichtshof. Ich finde es trotzdem schade und hoffe jedenfalls, dass wir das dann auch entsprechend in Österreich umsetzen werden, wenn es hier mehr Urteile oder Verfahren gibt, wo wir dann genau wissen, wie diese Regelung auszulegen ist, denn die Regelung liegt ja vor. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

20.11


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Berla­kovich. – Bitte.

 


20.11.15

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Die Waffen nieder!“ – Bertha von Suttner hat mit ihrem legendären Roman im 19. Jahrhundert Aufsehen er­regt. „Nie wieder Krieg!“ war die Maxime. Und leider ist ihr Thema heutzutage aktueller denn je. Wir gedenken ihres 100. Todestages, wir gedenken einer großen Österreiche­rin, Pazifistin, Friedensnobelpreisträgerin, die permanent gegen unsagbares Leid ange­kämpft hat. Im Jahr ihres Todes ist dann der Erste Weltkrieg ausgebrochen, und vor 75 Jahren der Zweite Weltkrieg mit unsagbarem Leid und unvorstellbaren Grausamkei­ten und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Die ersten Versuche, Kriegsverbrechen zu ahnden, hat es bereits nach dem Ersten Weltkrieg gegeben. Aber ein wirklicher Durchbruch war es meiner Meinung nach, die unvorstellbaren Gräueltaten im Zweiten Weltkrieg zu ahnden, nämlich in den Nürnber­ger Prozessen. Die Nürnberger Prozesse waren damit ein Wegbereiter für die interna­tionalen Kriegsverbrechertribunale, die im Rahmen der Vereinten Nationen abgehalten wurden. Ich halte das für notwendig, denn Krieg ist an sich schlimm genug. Kriege zu verhindern ist vielleicht Illusion, wie man heutzutage sieht, an Syrien oder am Irak, aber Kriegsverbrechen zu ahnden ist eine absolute Notwendigkeit. Die Menschen, die der­artige Verbrechen begehen, dürfen nicht die Gewissheit haben, dass diese nicht ge­ahndet werden, sondern müssen in der Furcht leben, dass ihre Taten Konsequenzen haben.

In der Folge hat es 1993 in Den Haag Tribunale gegeben, Stichwort Jugoslawien-Krieg, Ruanda, Kambodscha. Schließlich wurde 1998 in Rom beschlossen, den Internationa-


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len Strafgerichtshof zu gründen. Diese Einrichtungen sind aktuell wichtiger denn je: Der Kampf der Dschihadisten, unglaubliches Leid, Flüchtlingsströme und viele, viele Men­schen, die um ihr nacktes Leben kämpfen, sind ein Beleg dafür, dass Kriegsverbre­chen geahndet werden müssen. Daher ist es gut, dass wir hier die im internationalen Kontext bestehende Gesetzeslücke schließen und dass derartige Verbrechen entspre­chend geahndet werden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

20.13


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


20.13.42

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Minister hat schon darauf hingewiesen: Bei diesem Tagesordnungspunkt diskutieren wir über drei Regierungsvorlagen. Ich werde mich auf die Europäische Schutzanordnung konzentrieren.

Sehr geehrte Damen und Herren, mit der Umsetzung der EU-Richtlinie über die Euro­päische Schutzanordnung in österreichisches Recht setzen wir einen weiteren Schritt zur Verbesserung des Opferschutzes. In Zukunft werden Personen, die von Gewalt be­troffen sind – und das sind vor allen Dingen Frauen, also Bürgerinnen –, auch im Aus­land besser geschützt. Die Umsetzung der Schutzanordnung haben wir hier schon mas­siv diskutiert, und zwar im Rahmen des Nationalen Aktionsplans, den wir hier während der letzten Plenarsitzung diskutiert haben.

Maßnahmen zum Schutz von Opfern von strafbaren Handlungen, die gegen sie ge­richtet sind, wie zum Beispiel Betretungs-, Kontakt- und Näherungsverbote, haben wir in den österreichischen Gewaltschutzgesetzen schon seit mehr als zehn Jahren. Diese haben in Zukunft auch in anderen Mitgliedstaaten der EU Wirkung als in jenen, in denen sie zunächst erlassen wurden. Und das bedeutet konkret für die Opfer: Eine in Österreich angeordnete Maßnahme zum Schutz einer Person vor Gewalt kann im Ho­heitsgebiet eines anderen EU-Staats fortgeführt werden, und zwar durch eine nach dessen eigenem nationalen Recht geeignete Maßnahme. Für die betroffene Person entfällt die Notwendigkeit eines eigenen Verfahrens. Stattdessen wird der österreichi­sche Beschluss der zuständigen Behörde mitgeteilt und umgesetzt. Schutzmaßnah­men, die in einem Strafverfahren angeordnet wurden, sind somit durch den Wohnsitz- und Aufenthaltsstaat der geschützten Person anzuerkennen.

Der Schutz begleitet somit das potenzielle Opfer, das seinen Wohnsitz oder Aufenthalt in einen anderen Mitgliedstaat verlegt. Diese Verbesserung der justiziellen Zusammen­arbeit ist durchwegs positiv, denn zum einen wird der Gewaltschutz europäisiert, zum anderen gehen wir auf die wachsende Mobilität der Menschen ein. Auf diese Weise erhöhen wir die Sicherheit von Frauen über Grenzen hinweg. Der Rechtsschutz des Opfers bei familiärer Gewalt wird somit internationaler, das ist richtig und gut so.

Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich noch eines hinzufügen. Es wurden gerade vor Kurzem auch weltweit diesbezüglich Maßnahmen gesetzt. Zum Beispiel leg-
te Chinas Führung ein Gesetz zu häuslicher Gewalt vor. Ich sage das jetzt auch im Hin­blick auf den 20. Jahrestag der UN-Konferenz über Frauenrechte in Peking 1995. Es ist wichtig, dass weltweit häusliche Gewalt nicht mehr als Kavaliersdelikt gesehen wird, son­dern als strafrechtlicher Tatbestand. Das ist wichtig.

Und es freut mich, Herr Minister, es freut mich wirklich, dass Sie die Initiative gesetzt haben, auch der Petition Rechnung getragen haben, aber nicht nur der Petition, son­dern der allgemeinen Ansicht, dass der Straftatbestand der Vergewaltigung nicht mehr auf der Höhe der Zeit ist. Wenn so und so viele Anzeigen erfolgen und dann keine entsprechenden Verurteilungen ausgesprochen werden können, wenn die Rechtspre­chung so „funktioniert“, dann besteht hier wirklich Handlungsbedarf. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 229

Dass Sie jetzt diesbezüglich die Initiative ergriffen haben und das auch bei der Novel­lierung des Strafgesetzbuches andenken, freut mich sehr und ist ein weiterer wichtiger Schritt zur Bekämpfung der Gewalt im häuslichen Bereich einerseits, aber auch im Bereich der sexuellen Integrität. Und das ist ein sehr wichtiger Bestandteil im Straf­recht. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.18


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. – Bitte.

 


20.18.07

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei einer der Regierungsvorlagen geht es um die Implementierung von besonderen Tatbeständen der Verbrechen gegen die Menschlichkeit und der Kriegsverbrechen in unser Strafrecht und Strafprozessrecht im Sinne einer Universalität des Strafrechtes, im Sinne eines Völkerstrafrechtes, auch in Erfüllung internationaler Übereinkommen, des Römischen Statuts. Also höchst wichtige Maßnahmen, darüber scheint auch in diesem Haus Einigkeit zu herrschen, was sehr erfreulich ist. Die einzelnen Tatbestände wurden teilweise schon angesprochen. Ich möchte das aus Zeitgründen nicht alles noch einmal wiedergeben.

Ich möchte aber die Debatte hier zum Anlass nehmen, auch über einen Tatbestand zu sprechen, den meine Kollegin Gisela Wurm auch schon angesprochen hat, der eben nicht nur in kriegerischen Situationen Relevanz hat, nämlich den Tatbestand der Ver­gewaltigung. Hier fällt auf, dass wir nur in 10 Prozent der angezeigten Fälle auch tat­sächlich Verurteilungen feststellen können, wobei überhaupt schätzungsweise nur 10 Pro­zent angezeigt werden. Mangelnde oder zu geringe körperliche Gegenwehr wird sehr oft als Einwilligung interpretiert. Oft wird Gegenwehr aber auch deshalb unterlassen, weil eine pure Angst besteht, noch schwerer verletzt oder gar getötet zu werden. Des­halb sollten wir, und da schließe ich mich meiner Vorrednerin an, in der angekündigten umfassenden Strafrechtsreform eine realitätsnähere Neufassung dieses Vergewaltigungs­paragraphen vornehmen.

Ich bin auch sehr froh darüber, Herr Bundesminister, dass Sie im Ausschuss schon durchblicken haben lassen, dass Sie diesbezüglich sehr aufgeschlossen sind und im Zuge dieser Neufassung des materiellen Strafgesetzes auch Änderungen diesbezüg­lich andenken. Ich denke, das ist auch dringend notwendig. Schließlich und endlich muss ein Nein genügen. Damit würden wir auch der Istanbul-Konvention gerecht wer­den. An dieser Stelle möchte ich auch einen Dank aussprechen an unsere Kollegin Gi­sela Wurm (Beifall und Bravoruf des Abg. Pendl), die sich als Europaratsmitglied für diese Istanbul-Konvention besonders eingesetzt hat.

Vielen herzlichen Dank auch für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.20

20.20.49

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht eine der Berichterstatterinnen beziehungsweise der Berichterstatter das Schluss­wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 21: Entwurf betref­fend Strafvollzugsreorganisationsgesetz 2014 samt Titel und Eingang in 347 der Bei­lagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 230

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstim­mig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 22: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 ge­ändert werden, samt Titel und Eingang in 397 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstim­mig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 23: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz und das Strafregistergesetz 1968 geändert werden, samt Titel und Eingang in 398 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstim­mig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Darmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Vor­beugung von sexuellen Übergriffen auf minderjährige, wehrlose sowie psychisch beein­trächtigte Personen in privaten und öffentlichen Betreuungseinrichtungen und -organi­sationen durch Personen, die in der Erziehung, Ausbildung oder Beaufsichtigung sowie sonstigen intensiven Kontakten mit Minderjährigen oder wehrlosen beziehungsweise psychisch beeinträchtigten Personen tätig sind (Verschärfung des Tätigkeitsverbots).

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Der Antrag ist abgelehnt.

20.23.1624. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (366 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz und das Gerichtliche Einbringungs­gesetz geändert werden (Gerichtsgebühren-Novelle 2014 – GGN 2014) (399 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 24. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Himmelbauer. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


20.23.33

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Grundlage für den heutigen Beschluss und die Novelle des Gerichtsgebührengesetzes ist das im Regierungsprogramm verankerte Vorhaben, Gerichtsgebühren zu evaluieren und eine Steigerung des Zugangs zum Recht zu erreichen. Wir setzen nun in einem ersten Schritt im Pflegschaftsverfahren


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 231

sowie in familienrechtlichen Verfahren an, um Gebührenerleichterungen für die Betei­ligten zu erreichen und insbesondere die Gebühren für Minderjährige gänzlich zu strei­chen.

Im Jahr 2013 wurden in Österreich rund 16 000 Ehen geschieden, allein davon waren laut Statistik Austria rund 13 000 Kinder und Jugendliche im Alter von 0 bis 17 Jahren unmittelbar betroffen. Eine Scheidung, aber auch eine Trennung ist für die Eltern eine belastende Situation, aber noch viel mehr stellt es die involvierten Kinder und Jugendli­chen vor belastende Veränderungen in ihrem Leben. Gerade was Pflegschaftsverfah­ren betrifft, setzen wir nun seit Anfang des Jahres österreichweit auf entsprechende Unterstützung der FamilienrichterInnen durch SozialarbeiterInnen, PsychologInnen und PädagogInnen, um auch im Interesse der Kinder und Jugendlichen zu einer konflikt­freien Lösung zu kommen. Und wir setzen auch darauf, den eigenen Wünschen des Kindes oder des Jugendlichen mit Unterstützung von Beiständen zu entsprechen.

Zum Teil waren aber diese Verfahren oder die Beiziehung von Experten bis dato ge­bührenpflichtig. Mit der nun vorliegenden Novelle wollen wir in jenen Bereichen, in de­nen auch der Minderjährige im Mittelpunkt steht, konkret die Verfahren betreffend Kon­taktrecht und Vermögensverwaltung, von den Gerichtsgebühren befreien. In Fragen des Unterhalts, wo es bis dato auch zu Gebühren für Minderjährige gekommen ist, sol­len diese auch gänzlich gestrichen werden. Und auch die Beiziehung von Experten, also der Familiengerichtshilfe als Besuchsmittler oder auch der Kinderbeistände, wird fünf beziehungsweise sechs Monate gebührenfrei möglich sein.

Weil im Ausschuss die Frage gekommen ist, wieso gerade bei den Besuchsmittlern fünf Monate vorgesehen sind, darf ich noch ergänzen, dass dieser Zeitrahmen natür­lich auf Erfahrungswerten basiert. In der Regel sind vier bis fünf Monate ausreichend, danach – und das ist auch unsere Zielsetzung – wird die Regelung der Kontakte von den Eltern eigenverantwortlich wahrgenommen.

Erwähnen möchte ich noch, dass mit der vorliegenden Novelle nun auch wieder die Vo­raussetzung für eine Entrichtung der Grundbuch-Eintragungsgebühr gemeinsam mit der Grunderwerbsteuer im Falle einer Selbstberechnung ermöglicht wird. Diese ge­meinsame Anmeldung und Entrichtung trägt auch wesentlich zu einer Verwaltungsver­einfachung bei.

Ich darf ganz herzlich Danke sagen an den Herrn Minister – diese Gesetzesvorlage trägt im Zentrum das Wohl des Kindes, und ich glaube, das ist in unser aller Sinn! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jarolim.)

20.26


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


20.26.41

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist sicher sehr erfreulich, dass in Zeiten des Sparens eine Entlastung präsentiert wird, Herr Minister! Das ist eine erfreuliche Sache, eine Ent­lastung, die den Schwächeren in der Bevölkerung zugutekommt, nämlich den Minder­jährigen, die vor Gericht ihre Interessen durchzusetzen versuchen, beziehungsweise de­ren Eltern, die in dieser schwierigen Situation neben der emotionalen und zeitlichen Be­lastung auch noch eine finanzielle Kostenbelastung zu tragen haben.

Zur Gerichtsgebühren-Novelle 2014 – meine Kollegin hat es schon ausgeführt – kann man zusammenfassend sagen, es geht um Verfahren, in denen Kinder betroffen sind. Das Volumen dieser Entlastung beträgt in etwa 1,44 Millionen Euro.

Jetzt stellt sich die Frage, was die einzelnen Betroffenen davon haben. Ein paar Bei­spiele: Es sind 420 € bei der Unterstützung eines Besuchsmittlers, die erspart werden,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 232

441 € bei der Begleitung durch einen Kinderbeistand oder 128 € pro Antrag bei der Klärung von Kontaktrechten.

Die familienrechtliche Erleichterung durch diese Novelle ist aus sozialdemokratischer Sicht natürlich sehr erfreulich, da den Betroffenen in einer sehr schwierigen Lebenssi­tuation eine finanzielle Hürde zur Neuordnung ihrer Verhältnisse aus dem Weg ge­räumt wird.

Spielraum bei den Maßnahmen ist vielleicht noch vorhanden. Im Vorjahr wurden 19 Pro­zent mehr an Einnahmen getätigt, die Einnahmen aus Gerichtsgebühren sind also ge­stiegen, und wir denken, das sollte vielleicht genutzt werden, um weitere Reform­schritte zu setzen. Eine Möglichkeit wäre, diese langwierigen Verfahren in Unterhalts­vorschussfragen bei Scheidungen zu beschleunigen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.28


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Schrangl. – Bitte.

 


20.28.58

Abgeordneter Mag. Philipp Schrangl (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister, herzliche Gratulation zu diesem Gesetz! – Ja, auch das muss einmal gesagt werden, und zwar gerade dann, wenn freiheitliche Forderungen endlich umgesetzt werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Unzählige Male hat unser Justizsprecher Mag. Harald Stefan darauf hingewiesen, dass diese Gebühren in Pflegschaftsverfahren dazu führen, dass – ich sage es einmal so – finanziell schlechter Gestellten der Zugang zum Recht erschwert wird. Steter Tropfen höhlt den Stein – dies wird geändert. Gut so!

Ich habe mich ein bisschen gewundert über Sie, Frau Kollegin Himmelbauer! Sie ha­ben wahrscheinlich aus der letzten Rede des Herrn Mag. Harald Stefan zu diesem Thema zitiert, denn es war genau das, was er zu der Gebühren-Novelle gesagt hat. Sie hätten sich aber besser auch anschauen sollen, was Sie damals zu einem weiteren Punkt gesagt haben, nämlich zur Grundbuchsgebührennovelle.

Bei der Einführung dieser Bestimmung, die jetzt Gott sei Dank wieder abgeschafft wird, vor zirka zwei Jahren hat Ihnen – Sie erraten, was jetzt kommen wird – ebenfalls unser Justizsprecher Harald Stefan prophezeit, dass das ein Schildbürgerstreich ist, dass die Gerichte das selbst einheben. Damals haben Sie natürlich gesagt, nein, das ist ein ge­lungener Gesetzentwurf. Sie können das dann nachlesen, ich gebe es Ihnen – und ich lass’ das jetzt einfach einmal so im Raum stehen. Jetzt, zwei Jahre später, wird das Gott sei Dank wieder geändert, also man sieht, was für ein gelungenes Gesetz das war.

Ich möchte abschließend auch dem Herrn Bundesminister noch einen Vorschlag unter­breiten – und ich hoffe, dass die Umsetzung nicht zwei Jahre dauern wird –, und zwar: Es wird einmal selbst berechnet, aber es werden zwei Steuersätze und viele verschie­dene Bemessungsgrundlagen angewandt; auf der einen Seite Grunderwerbsteuer, auf der anderen Seite Eintragungsgebühr. Nicht, dass Sie jetzt auf die Idee kommen, ich sage, die Eintragungsgebühr muss auch 3,5 Prozent betragen – wenn, dann eher im Gegenteil, die Grunderwerbsteuer muss gesenkt werden –, aber ich finde, die begüns­tigten Übertragungen in der Familie gehören harmonisiert.

Sehr geehrter Herr Bundesminister, nehmen Sie das mit, denken Sie darüber nach und überzeugen Sie den Finanzminister, damit Übertragungen in der Familie nicht dem drei­fachen Einheitswert unterliegen! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

20.31



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 233

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Stein­hauser. – Bitte.

 


20.31.33

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Natürlich stimmen wir zu, wenn Gerichtsgebühren, die vor allem Kinder und besach­waltete Personen treffen, reduziert werden. Und ja, auch wir haben jahrelang die Höhe der Gerichtsgebühren kritisiert.

Ich muss aber die Feierstunde jetzt trotzdem ein bisschen stören, denn wenn wir über Gebühren reden und die Partei in Österreich, die die Gebührenbremse gefordert hat, die ÖVP, seit sechs Jahren in einem Ministerium die Verantwortung trägt, dann darf man sich, glaube ich, schon anschauen, wie sich die Gebührensituation in diesem Ministe­rium gestaltet.

Man muss wissen, für Österreich sind die Gerichtsgebühren ein profitables Einkommen, nämlich eine Cash-Cow. In Österreich wird nämlich mehr an Gerichtsgebühren einge­nommen, als die Gerichte tatsächlich kosten. Das heißt, ein profitables Unternehmen: Jeder Rechtsschutzsuchende zahlt mehr an Gerichtsgebühren, als die Gerichte die Re­publik tatsächlich kosten. Kein einziger Cent des Steuerzahlers fließt in die Gerichtsbar­keit hinein, das System erhält sich von selbst.

Jetzt kann man sagen, wunderbar, aber wenn das dazu führt, dass die Rechtsschutz­suchenden mehr zahlen, als sie an Leistung bekommen, dann würde ich das doch als durchaus fragwürdig bezeichnen, denn eine Gebühr sollte eigentlich ein Äquivalent für eine Leistung sein.

In Österreich nehmen wir 108 Prozent der Kosten der Gerichtsbarkeit über Gebühren ein, im europäischen Durchschnitt sind es 21 Prozent. Wenn wir uns das jetzt in abso­luten Zahlen anschauen, so gibt es ein Land, das in absoluten Zahlen mehr an Ge­richtsgebühren einnimmt als Österreich, und das ist Deutschland. An zweiter Stelle bei den Gerichtsgebühren in einem ÖVP-Ministerium – Sie widersprechen mir zwar immer, Herr Minister Brandstetter, und sagen, Sie sind unabhängig, aber Sie sind von der ÖVP nominiert und daher auch ihr zuzuordnen –, an zweiter Stelle kommt in absoluten Zahlen schon Österreich. Das heißt, Österreich nimmt mehr an Gerichtsgebühren ein – absolut – als Großbritannien. Österreich hat 8 Millionen Einwohner, Großbritannien 63 Mil­lionen, aber bei den Gerichtsgebühren liegen wir in absoluten Zahlen weit vorne. In Ita­lien wird weit weniger eingenommen, und, und, und.

Österreich ist die Nummer 2 hinter Deutschland bei den absoluten Einnahmen an Ge­richtsgebühren! Das heißt, die Gerichte sind eine Cash-Cow für den Justizminister und für den Finanzminister. Das ist ein Zustand, der längerfristig nicht tragbar ist. Sie haben das erkannt, das gestehe ich Ihnen zu, deswegen gibt es diesen ersten Schritt.

Der Grund dafür, dass ich diese Ausführung sozusagen etwas ausführlicher gestalte, ist erstens, um der ÖVP nahezulegen, dass die Gebührenbremse vielleicht auch ein­mal in Ihrem Bereich eingesetzt wird. Das heißt, dass mittelfristig eine Strategie ent­wickelt wird, dass der Rechtsschutzsuchende nicht zur Cash-Cow wird. Das ist schlicht unanständig. Man kann nicht für die Gebührenbremse eintreten und wettern und dann überall dort, wo man selbst die Verantwortung hat – Österreichische Volkspartei –, bei den Gebühren abzocken. Das ist unanständig. Das geht nicht von heute auf morgen, das ist mir aufgrund der Kostenstruktur klar, weil wir ja nicht bestimmte Justizleistun­gen einsparen können, aber mittelfristig wird es Ihre Aufgabe sein, diese Kosten zu senken. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 234

20.34


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Vetter. – Bitte.

 


20.34.57

Abgeordneter Dr. Georg Vetter (STRONACH): Herr Präsident! Herr Minister! Manch­mal führt der Zufall wirklich Regie: Vor ein paar Stunden hat mich ein Klient angerufen, der einen Bescheid für seine verstorbene Großmutter, die besachwaltet war, über meh­rere Tausend Euro bekommen. Mit der neuen Regelung hätte er diesen vermutlich nicht bekommen.

Ich möchte diesen Tagesordnungspunkt zum Anlass nehmen, zur Diskussion zu stel­len, auch andere Gebühren, die es gibt, nämlich ganz oben im Spitzensatz, weshalb in Österreich schon allein wegen der Gebühren nicht mehr prozessiert wird, zu senken. Ich möchte das Augenmerk darauf richten, dass unsere Gerichte, die staatlichen Ge­richte, in Konkurrenz zu privaten und institutionalisierten Schiedsgerichten stehen. Wenn wir prozentmäßig die Gerichtsgebühren so hoch ansetzen, dass wir schlicht und ein­fach nicht die entsprechenden Verfahren in Österreich haben, sind wir nicht konkur­renzfähig, und es entgeht uns eine Menge Geld. Wir sollten daher in die Richtung den­ken, eine gewisse Deckelung einzuführen.

Im Übrigen bin ich der Ansicht, dass der Rechtsanwaltstarif anzupassen ist und die Sachverständigenregelungen der StPO neu zu regeln sind. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

20.36


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Dr. Brandstetter zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister. (Abg. Jarolim – in Rich­tung des Abg. Vetter –: Was macht der Klient jetzt!)

Meine Damen und Herren, der Herr Bundesminister ist am Wort!

 


20.36.00

Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Kollege Jarolim soll schon noch aussprechen können. – Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Was diese Regierungsvorlage betrifft, die Gerichtsgebühren-Novelle 2014, so möchte ich kurz auf zwei Punkte hinweisen, und zwar zum einen auf die wirkliche Verwaltungsvereinfachung im Einbringungsverfahren durch die Zusam­menlegung der Entrichtung der Grundbuchseintragungsgebühren mit der Grunderwerb­steuer. Das ist eine im Wege der Selbstbemessung letztlich wirksam werdende wirk­liche Verwaltungsvereinfachung. Das macht Sinn. Ich sehe auch in anderen Bereichen Potenzial für Verwaltungsvereinfachungen in dieser Richtung. Ich habe da sehr gerne eine Anregung von Herrn Justizsprecher Harald Stefan aufgegriffen. Natürlich! Ich glau­be, das ist wirklich eine sinnvolle Vorgangsweise, und ich bin froh, dass wir das jetzt so rasch umsetzen können.

Der zweite Bereich – und dazu muss ich ganz ehrlich sagen: Das macht mir ganz be­sondere Freude! –: Wir sind jetzt in der Lage, Gebühren abzuschaffen und wirklich er­heblich zu reduzieren, und zwar im Bereich des Familienrechts. Das ist wirklich beson­ders erfreulich, das war mir ein Herzensanliegen. Warum? – Weil diese Gebühren Fa­milien und eigentlich auch Minderjährige treffen, die ohnehin besonders dadurch belas­tet sind, dass ihre familienrechtlichen Streitigkeiten letztlich vor Gericht ausgetragen werden müssen. Allein wenn man bedenkt, dass es ja im Falle von strittigen Auseinan­dersetzungen um das Besuchsrecht beim eigenen Kind dazu kommt, dass die Wahr­nehmung des Besuchsrechts unter gerichtlicher Mitwirkung gebührenpflichtig ist – also der Besuch beim eigenen Kind ist gebührenpflichtig –, dann muss man sagen: Das ist nur eines der Beispiele für Gebühren, von denen ich wirklich überzeugt bin, dass sie nicht sein müssen.

Ich sage aber auch dazu, dass es in den Gesprächen über diesen Punkt der Gebüh­renerleichterung im Familienrecht auch nicht schwer war, den Herrn Finanzminister da-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 235

von zu überzeugen, dass man diesen Einnahmenausfall einfach wirklich in Kauf neh­men muss. Da muss man Prioritäten setzen, und ich bin wirklich froh darüber, dass das gelungen ist.

Warum? – Eigentlich ist es doch sehr wichtig, sich leiten zu lassen von einem bekann­ten Grundsatz, der da lautet: Das Recht des Stärkeren ist das stärkste Unrecht. – So ist das! Das Recht ist vor allem für den Schwachen da, und die Schwächsten, das sind die Kinder, die Minderjährigen. Daher habe ich so große Freude, dass es gelingt, jetzt wenigstens in diesem Bereich die Gebühren entsprechend zu reduzieren. Das ist et­was, das mir sehr wichtig ist.

In diesem Zusammenhang möchte ich nur kurz darauf eingehen, was Kollege Stein­hauser gesagt hat. Ja, ich weiß, unsere Gebühren liegen an einer Obergrenze. Das ist mir bewusst. (Ruf: Über der Obergrenze!) – Na ja, das hängt davon ab, wie man es be­rechnet. Grundsätzlich hat der Herr Justizsprecher Steinhauser schon recht, wenn er sagt, eigentlich sollten Gebühren ja mehr oder weniger nach dem Kostendeckungs­prinzip aufgebaut sein. Das stimmt schon, da stehe ich auch voll dazu. Aber diese Be­rechnungen mit dem Kostendeckungsgrad und die internationalen Vergleiche hinken na­türlich immer ein bisschen.

Jetzt gestehe ich Ihnen schon zu, Herr Kollege Steinhauser: Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich!, aber Ihre Vergleiche mit anderen Ländern, die ganz anders strukturiert sind, was die Finanzierung des Justizsystems betrifft, sind natürlich nicht unbedingt so aussagekräftig für Österreich. (Abg. Steinhauser:  Studien der Europäischen Uni­on!) – Ja, ja.

Sie beziehen sich immer auf Einnahmen und Ausgaben der Gerichte, aber Sie dürfen eines nicht vergessen – und das ist jetzt auch die Brücke zum Familienrecht und den dort zu bewältigenden Aufgaben –: Wenn wir die Justiz insgesamt betrachten, mit all ihren Aufgaben, die sie zu bewältigen hat, dann geht das ja weit über die Gerichts­verfahren hinaus. Denken Sie nur an die vielen Aufgaben, die wir im Bereich der Op­ferhilfe wahrnehmen! Das wird von Jahr zu Jahr mehr, aber ich stehe dazu, denn das ist wichtig. Denken Sie nur an die Familiengerichtshilfe außerhalb des gerichtlichen Ver­fahrens! Wir haben so viele Aufgaben, die wir wahrnehmen müssen. Denken Sie an den Strafvollzug! Wenn wir das Justizsystem insgesamt betrachten, dann haben wir – auch das ist unbestritten – keinen Kostendeckungsgrad von 108 Prozent, sondern wir haben einen Kostendeckungsgrad von insgesamt knapp über 70 Prozent.

Ich sage noch einmal: Ich weiß, bei den Gebühren sind wir an einer Obergrenze. Ich muss aber auch hinzufügen, dass wir laufend auch neue Aufgaben im Bereich der Jus­tiz insgesamt zu erfüllen haben. Das führt natürlich dazu, dass wir schon immer auch Probleme haben, unser Budget wirklich zu erfüllen. Das ist nun einmal nicht einfach in budgetär schwierigen Zeiten und in Zeiten eines straffen Budgetvollzugs, aber ich bin natürlich bemüht, auch im Bereich der Gebühren dort, wo es möglich ist und wo es Sinn macht – wie hier vor allem bei den Minderjährigen und im familienrechtlichen Be­reich –, Erleichterungen zu ermöglichen. Selbstverständlich.

Ich würde ja gerne, jeder würde hier gerne mehr tun, aber ich habe auch die Verant­wortung für ein Ressort, das durch viele Aufgaben, die es wahrzunehmen hat, auch entsprechend hohe Kosten abdecken muss.

Insgesamt glaube ich, dass man wirklich sagen kann, dass gerade diese Gebührenge­setznovelle etwas ist, wogegen eigentlich niemand sachlich irgendetwas, im Sinne von Kritik, haben kann. Das ist natürlich nicht das Ende der Bemühungen, das gestehe ich schon zu, aber es ist, glaube ich, einmal ein wichtiger Punkt, ein wichtiger Anfang.

Und das Schöne daran ist: Es ist ein schönes Signal dafür, dass man auch in budgetär schwierigen Zeiten entsprechende Prioritäten setzen kann und auch setzen muss. Da-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 236

her bitte ich auch bei dieser Gesetzesnovelle um Ihre Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ sowie des Abg. Steinhauser.)

20.42


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Strasser. – Bitte.

 


20.42.33

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bun­desminister! Kolleginnen und Kollegen! In aller Kürze: Es ist eine sehr gute Entwick­lung, wenn die Gerichtsgebühren dort, wo es um Pflegschaftsangelegenheiten und fa­milienrechtliche Verfahren geht, gestrichen werden oder gesenkt werden, denn jede Ent­lastung, die wir unseren Familien zukommen lassen können, ist sehr positiv. Speziell in schwierigen Situationen, wenn am Gericht Projekte laufen, aufgrund derer man verun­sichert ist, ist jede finanzielle Unterstützung sehr, sehr wichtig.

Herzlichen Dank an alle Damen und Herren, die in diesem Haus an diesem Beschluss mitgearbeitet haben! Herzlichen Dank, Herr Bundesminister!

Und vielleicht ein kleiner Nachsatz zum Kollegen Steinhauser, der uns sozusagen als ÖVP angesprochen hat: Ich möchte jetzt nicht wissen, wie überdeckt der Gebühren­haushalt in der Stadtgemeinde Wien ist (Abg. Steinhauser: Eben nicht!), und ersuche die Grüne Partei dort, wo sie Verantwortung trägt, im Sinne unserer Bürgerinnen und Bürger Verantwortung zu übernehmen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Rossmann: In wie vielen Gemeinden sind die Gebühren überdeckt, Herr Kollege?) In meiner nicht! (Zwi­schenruf des Abg. Matznetter. – Abg. Tamandl: Aber das Valorisierungsgesetz kommt euch ganz schön zugute! – Gegenruf des Abg. Walter Rosenkranz in Richtung ÖVP. – Weitere Zwischenrufe.)

20.43


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte.

 


20.43.53

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Dass bei diesem Tagesordnungspunkt über­haupt Aufregung aufkommen kann, ist ja ein Wunder. Wenn sich alle beruhigt haben, möchte ich dazu sagen: Ein sehr positiver Antrag! Man sieht die Praxisbezogenheit des Ministers in all diesen Fragen.

Einerseits die Zusammenlegung von Gerichtsgebühren und Eintragungsgebühren. Über deren Notwendigkeit haben wir uns oft unterhalten. Die bisherige Situation war ja Ar­beitsbeschaffung – genau das Gegenteil von Verwaltungsreform. Gott sei Dank wurde das wieder eingefangen.

Auf der anderen Seite die Befreiung von Gebühren bei Kindern – ein nur unterstützens­werter Zugang! Ich glaube nicht, dass diese Maßnahme Unsummen bringen wird, weil viele natürlich mit Verfahrenshilfe gearbeitet haben, aber es ist alleine schon ein Akt des demonstrativen positiven Zugangs zur Gebührensenkung, daher absolut positiv.

Ich sehe das Problem, das Kollege Steinhauser aufgeworfen hat, ein bisschen anders, nämlich als ein bisschen schwieriger. Wir beginnen im Justizbereich, das Justizsystem über die Gebühren zu finanzieren, was meiner Meinung nach ein verfassungsrechtli­ches Problem aufwerfen kann, nämlich im Sinne der Frage, ob das nicht eine Steuer ist. (Demonstrativer Beifall des Abg. Steinhauser.)

Wenn ich nämlich auf Dauer einen überzogenen Gebührenansatz wähle, ist das keine Gebühr mehr, sondern eine Steuer. Ich weiß natürlich, dass man das Budget braucht


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 237

und haben muss – da bin ich ganz anderer Ansicht –, denn wenn man sich das Justiz­system in Italien anschaut und unsere Effizienz damit vergleicht, dann sind die Gebüh­ren gut angelegt!

Das Problem ist Folgendes: Wenn das einmal jemand aufgreift und wir über Jahrzehn­te einen Überschuss an Gebühren im Bereich der Gerichtsgebühren haben, dann ist das nicht mehr als Gebühr zu betrachten, sondern als Steuer. Und wenn das dann ein­mal jemand verfassungsrechtlich aufwirft, dann frage ich mich, wie wir das Justizsys­tem aufrechterhalten. Das Geld brauchen wir, denn dieses Geld ist ja nicht weg, son­dern gut und auch sehr effizient angelegt im Justizbereich, aber trotzdem ist es ein strukturelles Problem, das man mit bedenken sollte. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Ab­geordneten der ÖVP.)

20.46

20.46.10

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 366 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstim­mig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

20.47.1025. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (367 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Unternehmensgesetzbuch, das Aktiengesetz, das GmbH-Ge­setz, das Genossenschaftsgesetz, das Genossenschaftsrevisionsgesetz 1997, das SE-Gesetz, das Vereinsgesetz und das Einkommensteuergesetz 1988 geän­dert werden (Rechnungslegungs-Änderungsgesetz 2014 – RÄG 2014) (400 d.B.)

 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 25. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Vetter. – Bitte.

 


20.47.26

Abgeordneter Dr. Georg Vetter (STRONACH): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Wir diskutieren unter diesem Tagesordnungspunkt das Rechnungslegungs-Än­derungsgesetz 2014. In diesem Rechnungslegungs-Änderungsgesetz gibt es sozusa­gen zwei Pakete: Das eine ist die Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinie, und das andere sind hausgemachte Änderungen. Ein bisschen grob möchte ich sagen: Den hausgemachten Änderungen trete ich gerne näher, den Umsetzungsregelungen der EU trete ich nicht näher, da bin ich skeptisch.

Bei den hausgemachten Regelungen haben wir zum Beispiel eine Neuerung hinsicht­lich der Strafen von GmbH-Geschäftsführern und Gesellschaften, wenn sie den Rech­nungsabschluss nicht rechtzeitig einbringen.

Da war es bisher so, dass pauschal eine Strafe von 700 € verhängt wurde, nämlich sowohl über die Gesellschaft als auch über den Geschäftsführer. Das waren 1 400 €


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 238

insgesamt, und darüber ließ sich auch nicht reden. Das hat insbesondere den kleinen GmbHs, die viel arbeiten, aber sich vielleicht nicht ganz an die entsprechenden Termi­ne gehalten haben, wirklich wehgetan. Da haben wir eine Verbesserung, indem die Strafe nur mehr 350 € beträgt und es auch Ermessensspielräume gibt, sodass das nach­gesehen werden kann. Dieser Punkt hat sehr viel Unruhe gebracht.

Ein Punkt, den ich kritisch sehe, ist folgender: Da gibt es einen Verein, den das Parla­ment vor knapp zehn Jahren ins Leben gerufen hat, das Österreichische Rechnungsle­gungskomitee, das AFRAC – Austrian Financial Reporting and Auditing Committee –, das sich auch sehr bemüht hat, in diesen Rechnungslegungsprozess eingebunden zu werden. Darüber gab es nicht einmal eine Diskussion bei uns im Ausschuss. Gerade wenn das Parlament so einen Expertenrat seinerzeit ins Leben gerufen hat, der auch öffentlich unterstützt wird und der dazu da ist, die Ministerien zu beraten, was Rech­nungslegungsfragen betrifft, hätte ich mir erwartet, dass man diesen nun auch gesetz­lich berücksichtigt.

Das passt allerdings in ein Bild, wo die Kammern und die Ministerien einen engeren Zirkel bilden und einen solchen Verein eben nicht entsprechend berücksichtigen.

Was mich aber besonders stört, ist, dass über diese EU-Richtlinie erweiterte Berichts­pflichten kommen, die wieder mehr Bürokratie für Unternehmen bedeuten – zwar dies­mal nur für große, aber wie ich die Wirklichkeit kenne, wird man dann in ein paar Jah­ren sagen: Na, das hat sich ja bewährt bei den großen Unternehmen, das machen dann auch die mittleren und die kleinen!

Die Weltwirtschaft hat einen wirklichen Schwachpunkt, das ist die europäische Wirt­schaft. Wir stehen in Konkurrenz mit anderen Kontinenten. Wir stehen beispielsweise auch in Konkurrenz mit den Chinesen. Wenn wir hier unseren Unternehmen weitere Bürokratie aufbürden, dann nehmen wir wieder in Kauf, dass deren Wettbewerbsposi­tion geschwächt wird. Es mag ein kleiner Punkt sein, aber wir müssen genau in die an­dere Richtung gehen: Wir müssen in Richtung Entbürokratisierung gehen und nicht in Richtung Bürokratisierung, die weitere Kostennachteile mit sich bringt. Daher werden wir diesem Punkt unsere Zustimmung versagen.

Im Übrigen verweise ich auf meine Meinungen, die ich bisher geäußert habe. – Danke. (Beifall beim Team Stronach. – Ruf bei der ÖVP: Das weiß ich aber nicht mehr!)

20.51


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Mag. Groiß. – Bitte.

 


20.51.30

Abgeordneter Ing. Mag. Werner Groiß (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Kollegin­nen und Kollegen! Liebe Unternehmerinnen und Unternehmer – denn Sie betrifft die­ses Gesetz hauptsächlich, und auch alle, die Bilanzen gerne lesen möchten und dürfen.

1990 wurde das Rechnungslegungsgesetz erstmalig von der EU übernommen und grundsätzlich geändert. Ich war damals noch Student und dann Berufsanwärter und durfte bei der ersten Einführung dieses Gesetzes damals in meinem Unternehmen ak­tiv mitarbeiten. Es war damals sehr mühsam, denn die Umsetzung der Richtlinie war so, dass zwar alles drinnen stand, aber man musste ganz genau suchen: Wo findet sich der richtige Paragraph? Was ist für mein Unternehmen anwendbar? Für welche Größenordnung passt es im Endeffekt?

Jetzt erfolgt mit diesem Rechnungslegungs-Änderungsgesetz eine Neuregelung. Es handelt sich zwar um die Umsetzung einer Richtlinie, aber diese wurde so umgesetzt, dass es gut verständlich ist. Es ist kein Flickwerk, und es hat sehr positive Aspekte.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 239

Einerseits gibt es – das hat es bisher schon gegeben und gibt es natürlich auch jetzt – Unterschiede zwischen kleinen, mittleren und großen Unternehmen. Neu hinzu kom­men noch die Kleinstunternehmen.

Was das Besondere an diesem Gesetz ist und was ich daher speziell hervorheben möchte, das ist die Lesbarkeit des Gesetzes. Es ist so geschrieben, wie es dem Motto „Think small first“ entspricht. Das heißt, der kleine Unternehmer beginnt am Anfang zu lesen und liest seine Paragraphen, die für ihn zutreffend sind. Wenn sein Unternehmen wächst, muss er weiterlesen und muss die späteren Paragraphen zur Anwendung bringen.

Was sehr, sehr positiv ist – und wo ich Herrn Vetter nur widersprechen kann –: Es ist eine massive Verwaltungsvereinfachung vor allem für die Kleinstunternehmen. Es kommt hier zu einer Umsetzung eines Mikroregimes, wo Kapitalgesellschaften mit bis zu 700 000 € Umsatz, 350 000 € Bilanzsumme und 10 Mitarbeitern als Kleinstunterneh­men gelten. Diese Kleinstunternehmen haben Riesenvorteile: Sie brauchen keinen An­hang mehr zu machen. Damit sparen sie sich wesentliche Herstellungskosten des Jah­resabschlusses und damit auch Kosten beim Steuerberater, Kosten in den eigenen Büros.

Auch die Senkung der Zwangsstrafen ist sehr begründbar, denn es macht einen Unter­schied, ob ein großer Konzern seinen Veröffentlichungspflichten nicht nachkommt oder der kleine Bäcker vor Ort, wo das allgemeine Interesse wahrscheinlich endend sein wird.

Es kommt auch zu einer Erleichterung bei normalen kleinen GmbHs, wo sich auch der Anhang um 50 Prozent reduziert.

Es erfolgt auch eine Modernisierung des Steuerrechts. Es fallen die österreichischen Spezifika wie unversteuerte Rücklagen weg, die man international nicht verstanden hat. Es sind neue Bewertungsgrundsätze, neue Abschreibungszeiten darin enthalten. Auch die Schwellenwerte wurden entsprechend angehoben.

Eine Zielvorstellung dieses Gesetzes ist die Harmonisierung des Unternehmensrechts und des Steuerrechts. Es wird ein Grundsatz der verlässlichen Schätzung eingeführt, und es erfolgen neue Definitionen. Es werden die Aufwandsrückstellungen definiert, Ab­zinsungen, latente Steuern. Und auch die Zuschreibungen, falls einmal eine außerordent­liche Abschreibung war, werden neu definiert und vernünftig geregelt.

Kollegen und Kolleginnen, es liegt an uns, dass wir hier als Nationalrat, als Einkom­mensteuergesetzgeber und Körperschaftsteuergesetzgeber diese Harmonisierung wei­ter betreiben und im Rahmen der Steuerreform auch diesen Teil mit übernehmen, denn auch hier handelt es sich um einen Wegfall von Ausnahmebestimmungen und um eine Vereinfachung, wenn immer weniger Rechnungen anfallen.

Mit diesem Gesetz ist aber auch eine Erhöhung der Transparenz verbunden – durch bessere internationale Vergleichbarkeit, länderbezogene Berichterstattung, mehr Aus­sagekraft bei den Bestätigungsvermerken. Auch dieses Thema hatten wir heute schon: Bis jetzt konnte der Wirtschaftsprüfer nur sagen: Ja, ich erteile den Bestätigungsver­merk!, oder: Ich erteile ihn nicht!, jetzt können im Bericht dementsprechende Inhalte transportiert werden, damit es Aussagen gibt, sodass der Bilanzleser entsprechende Inhalte mitbekommt. Und es gibt klare Regelungen bei der Konsolidierung.

Kolleginnen und Kollegen, das Rechnungslegungsgesetz ist wahrscheinlich jene tro­ckene Materie, die nicht alle hier herinnen interessiert. Aber was können wir daraus ler­nen? – Auch so eine trockene Materie kann man so umsetzen, dass es für den Rechts­anwender so ausgelegt wird, dass er sie versteht, dass es mit Augenmaß gemacht wird, dass die kleineren Unternehmen leichtere Anwendungsmöglichkeiten haben und bei den größeren mehr transparent ist.

Es konnten viele Wünsche, langjährige Wünsche der Wirtschaftstreuhänderkammer mit umgesetzt werden. Es wurden im Begutachtungsverfahren die Anregungen aufgenom-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 240

men und umgesetzt. Und was ganz besonders ist: Das Gesetz beschließen wir heute, und wir haben jetzt ein Jahr lang Zeit, das umzustellen. Das heißt, alle Betriebe können sich so vorbereiten, dass mit der Bilanz 2016 genau dieses Gesetz gilt.

Sehr geehrter Herr Minister, herzlichen Dank für diese Umsetzungsarbeit! Danke an dei­ne Mitarbeiter für diese Richtungsentscheidung! Ich wünsche mir, dass die Gesetze häufig mit diesem Augenmerk und in diese Richtung dargelegt werden, dass die Rechts­anwender die Information haben, die sie brauchen, und dass alle Einwendungen mit umgesetzt werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

20.57


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Meinl-Reisin­ger. – Bitte.

 


20.57.42

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Wir haben im Ausschuss darauf hingewiesen, dass wir grundsätzlich dieser Initiative der Angleichung der Regelungen des UGB und des EStG sehr positiv gegenüberstehen. Auch die positiven Aspekte, die mein Vorredner erwähnt hat, die Erleichterungen vor allem für die kleinen Unternehmen, finden wir gut. Wir ha­ben aber auch im Ausschuss darauf hingewiesen – und das ist eine Anmerkung gewe­sen, die nicht übernommen wurde –, dass es einen Bestandteil gibt, nämlich eine Än­derung des § 6 Z 13 EStG, der in Wirklichkeit eine Steuererhöhung für Unternehmen durch die Hintertür bedeutet. Warum? – Weil diese Änderung bedeutet, dass Wertstei­gerungen im Anlagevermögen verpflichtend zugeschrieben werden müssen.

Jetzt muss man wissen, das bezieht sich auf § 208 UGB. In diesem Paragraphen wur­den im Zuge der Finanzkrise Ausnahmen ermöglicht, was Zuschreibungen angeht, da­mit diese nicht steuerwirksam sind. Wenn diese Ausnahmen jetzt gestrichen werden – das ist sehr technisch –, heißt das aber in Wirklichkeit, dass die Steuerbemessungs­grundlage steigt.

Herr Abgeordneter Groiß hat, glaube ich, auch im Ausschuss darauf hingewiesen – ich weiß nicht, ob Sie es waren oder Ihr Kollege –, dass es erst langfristig steuerwirksam wird. Das ist richtig, aber trotzdem ist es eine Steuererhöhung. Unsere Meinung, die Meinung von NEOS ist, dass die Krise nicht vorbei ist, sondern die wirtschaftliche Si­tuation nach wie vor angespannt ist, und deshalb ist eigentlich eine Steuererhöhung für Unternehmen durch die Hintertür abzulehnen. Dem stehen wir sehr kritisch gegenüber, weshalb wir auch eine getrennte Abstimmung in diesem Punkt verlangen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

20.59


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

 


20.59.33

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Mei­ne Damen und Herren! Herr Kollege Groiß hat ja sehr umfassend ausgeführt, was Ge­genstand dieser Novelle ist. Ich glaube, es ist sehr gut, dass wir damit insbesondere auch im Rahmen der internationalen Vergleichbarkeit eine Harmonisierung sicherstel­len, weil natürlich gerade bei großen Unternehmen die internationale Vergleichbarkeit in den Bilanzansätzen ganz wesentlich ist.

Daher kommt es hier natürlich auch zu einer Änderung und daher auch zu der, wie sie genannt wurde, Steuererhöhung durch die Hintertür, die als solche allerdings nicht in­tendiert ist, sondern die sich automatisch aus den Ansatzänderungen ergibt.

Dass das ausgewiesen wird, ist mehr oder weniger das Ergebnis der Bilanzierung, das Ergebnis der Transparenz. Und jetzt herzugehen und zu sagen: Wir weisen zwar etwas aus und damit machen wir das auch erkennbar, aber gleichzeitig ist es nicht steuerbar,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 241

wäre aus meiner Sicht inkonsequent. Und ich glaube, dass es auf die Dauer, wo das wirklich wirksam ist, auch rechtfertigt, dass man hier von einem durchaus akzeptablen Vorgehen sprechen kann.

Es ist eigentlich eine Vollharmonisierung, also insofern haben wir europarechtlich gese­hen auch nicht wahnsinnig viel Spielraum. Ich glaube auch, dass es ein sinnvolles Un­terfangen ist, dass zukünftig bei rohstoffverbrauchenden Unternehmen ein eigener An­satz auszuweisen ist, nämlich insbesondere für die eigene Bevölkerung, die sich ja dann auch ungefähr ausrechnen kann, wie ein Unternehmen mit den eigenen Boden­schätzen umgeht. Und wir kennen eine Reihe von Ländern, wo das eigentlich beim Volk nicht wirklich ankommt, und dazu sollte das dienen. Das ist insofern auch eine Weiter­entwicklungshilfe, wenn man das so nennen will, damit das so ankommt, daher würde ich das unterstützen.

Wir unterstützen auch insgesamt die Vorlage. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.01


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs. – Bitte.

 


21.01.34

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man den Ministerialent­wurf zum Rechnungslegungs-Änderungsgesetz 2014 mit der Regierungsvorlage ver­gleicht, so fällt einem sofort auf, dass Art. 6, nämlich die „Änderung des Privatstiftungs­gesetzes“, in der Regierungsvorlage nicht mehr enthalten ist. Daher haben wir heute ei­nen entsprechenden Initiativantrag eingebracht.

Nach dem Ministerialentwurf hätten Privatstiftungen, die einen Konzernabschluss auf­stellen, diesen auch veröffentlichen müssen, so wie jeder andere Konzern auch. Die Offenlegungsbestimmungen in § 19 Privatstiftungsgesetz hätten die Publizität und die Transparenz von Privatstiftungen erhöht, die einen Konzernabschluss aufstellen. Kon­solidierte Finanzinformationen sollten nämlich stets an der Konzernspitze ermittelt und veröffentlicht werden, zumal gerade an dieser Stelle gruppeninterne Transaktionen zwi­schen der Privatstiftung an der Spitze und dem darunterliegenden Teilkonzern das Bild des Gesamtkonzerns wesentlich verändern können. (Präsidentin Bures übernimmt wie­der den Vorsitz.)

Durch gruppeninterne Transaktionen kann nämlich eine bewusste Ergebnissteuerung betrieben werden, insbesondere durch Management- und Lizenzverträge oder grup­peninterne Fremdfinanzierung. Zudem kann das Eigenkapital oder das Fremdkapital der Privatstiftung umgewandelt und in der jeweils anderen Form dem Teilkonzern zur Verfügung gestellt werden. Damit wären das Ergebnis und die Eigenkapitalquote des Teilkonzerns für die wirtschaftliche Lage des Gesamtkonzerns nicht repräsentativ.

Es ist wirklich sehr bedenklich, dass auf dem Weg zwischen Ministerialentwurf und Re­gierungsvorlage Stiftungslobbys unangenehme Vorschriften einfach herausreklamieren können, ohne dass es der breiten Masse auffällt.

Völlig unverständlich in diesem Zusammenhang ist auch die Stellungnahme des ÖGB vom 20. Oktober 2014, unterschrieben von Präsident Foglar, dem die Offenlegungsver­pflichtung der Privatstiftung im Ministerialentwurf offenbar auch zu weit ging und der stattdessen lediglich die Umsetzung des OGH-Urteils vom 1. Dezember 2005 empfahl.

Die FMA hat eine umfassende Offenlegungsbestimmung für Privatstiftungen in ihrer Stel­lungnahme vom 16. Oktober 2014 ausdrücklich begrüßt – der ÖGB leider nicht.

Ich vermisse hier die kritischen Stimmen der sozialdemokratischen Abgeordneten. – Dan­ke. (Beifall bei der FPÖ.)

21.04



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 242

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster hat sich Herr Bundesminister Dr. Brandstetter zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


21.04.29

Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich kann mich nach dem, was bereits ge­sagt wurde, sehr kurz fassen.

Diese Regierungsvorlage für ein Rechnungslegungs-Änderungsgesetz ist auch ein Ge­setz für die Kleinen. Es ist vor allem als Entlastung für die Kleinstunternehmen ge­dacht, das ist sein primärer Zweck, und ich bin überzeugt – vor allem auch nach dem, was Abgeordneter Groiß bereits ausgeführt hat –, dass das mit dieser Novelle auch wird gelingen können. Dass Änderungen im Bilanzrecht, das, wie wir alle wissen, nach wie vor als eher kompliziert zu bezeichnen ist, natürlich auch steuerrechtliche Impli­kationen haben können, das ist normal, das ist richtig, das liegt in der Natur der Sache, aber dieses Gesetz ist kein Steuererhöhungsgesetz. Es ist auch kein Gesetz für oder gegen Privatstiftungen, es ist ein Gesetz zur Entlastung von Kleinstunternehmen.

Auf einen Punkt möchte ich noch eingehen, nämlich auf die Kritik des Herrn Abgeord­neten Vetter, die er auch schon im Justizausschuss geäußert hat, wo er eben meinte, die Erhöhung der Berichtspflicht in diesem Gesetz würde ihn stören. – Da möchte ich schon wirklich sagen, dass es schade wäre, wenn eine Zustimmung zu diesem Ge­setzentwurf an diesem Punkt scheitern würde, weil eines ganz klar ist: Diese erhöhte Berichtspflicht ist ein wichtiger Beitrag zur Erhöhung der Transparenz und betrifft nur sehr große Unternehmen, die im Rohstoffsektor tätig sind.

Das ist genau der Teil, wo es um die Umsetzung von EU-Vorgaben geht. Und ich halte es auch für sinnvoll, dass man diesbezüglich entsprechende Regelungen hat, mit de­nen solche Unternehmen – und es sind überhaupt nur ganz wenige in Europa, die da­von betroffen sind – dann auch verpflichtet sind, offenzulegen, welche Beträge sie an staatliche Stellen in jenen Ländern zahlen, deren Rohstoffe sie ausbeuten.

Das ist der Punkt, um den es hier geht, und darin sehe ich jetzt kein Problem unter dem Aspekt Verwaltungsaufwand! – Nein, das ist ein Plus an Transparenz, von dem nur sehr große im Rohstoffsektor tätige Unternehmen betroffen sind, und ich halte es für sinnvoll, dass in Umsetzung von EU-rechtlichen Vorgaben auch eine solche Rege­lung in dieses Gesetz hineinkommen soll.

So gesehen denke ich, dass Herr Abgeordneter Vetter im Übrigen im Lichte dieser Ar­gumente vielleicht sein Abstimmungsverhalten doch noch einmal überdenken sollte. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

21.06


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Köchl. – Bitte.

 


21.07.09

Abgeordneter Matthias Köchl (Grüne): Geschätzte Kolleginnen, geschätzte Kollegen! Wir tragen den Vorschlag der Regierung mit, was das Rechnungslegungs-Änderungs­gesetz betrifft. Das ist einfach eine Angleichung, eine Modernisierung. Und an die NEOS gewandt sei gesagt: Mit ein bisschen Europäisierung, wenn man das aus euro­päischer Sicht betrachten kann, kann man dem als europäische Partei schon zustimmen.

Gleichzeitig haben wir aber auch drei Anliegen.

Das wäre zunächst, um es ganz konkret zu benennen, eine degressive Abschreibung, die vielfach helfen würde.

Wir hätten auch den Vorschlag, eine pauschalierte Absetzbarkeit für Arbeitszimmer im Wohnungsverband zu schaffen, weil das derzeit sehr bürokratisch gehandhabt wird.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 243

Wenn ich ein Beispiel bringen darf: Sie sind Fachjournalist, verdienen damit 4 000 €, gleichzeitig sind Sie Vortragender und verdienen damit 10 000 €. In diesem Fall sagt der Gesetzgeber: Nein, mit 10 000 € wird der überwiegende Teil mit externer Tätigkeit als Vortragender lukriert, und Sie haben keine Möglichkeit, das Arbeitszimmer im Woh­nungsverband steuerlich geltend zu machen. – Das wird also sehr bürokratisch admi­nistriert, und es wäre eine wesentliche Erleichterung, wenn man hier eine pauschalierte Absetzbarkeit für Arbeitszimmer im Wohnungsverband schaffen würde.

Und wir wünschen uns – last but not least – auch einen Gewinnvortrag, der es in den vielen Ein-Personen-Unternehmer ermöglichen soll, in guten Jahren sozusagen einen Notgroschen steuerfrei rückzustellen, ein paar tausend Euro, die man in einem schlech­ten Jahr dann wieder sozusagen gewinnerhöhend einbringt.

Das wären drei Konkrete Anliegen der Grünen. Ich würde Sie bitten, diese zu berück­sichtigen.

Im Übrigen haben Sie unsere Zustimmung. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen.)

21.08

21.08.10

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 400 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Mag. Meinl-Reisinger vor. Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Verlangen auf ge­trennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Art. 1 Ziffern 22 und 23 sowie Art. 8 Zif­fer 2 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die diesen Teilen Ihre Zustimmung ge­ben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Damit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür Ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

21.10.2126. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (368 d.B.): Bundesge­setz, mit dem das Urheberrechtsgesetz geändert wird (Urheberrechtsgesetz-Novel­le 2014 – UrhG-Nov 2014) (401 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zum 26. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Steinacker. 4 Minuten frei­willige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 244

21.10.54

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Bürgerinnen und Bürger! „Alle Belohnung muss bis zum Urheber gehen.“ – Wenn Sie jetzt sagen: No na!, dann darf ich Ihnen sagen, dieses Zitat stammt von Lü Buwei, einem chinesischen Politiker und Philosophen, der im 3. Jahrhundert vor Christus – vor Christus! – gelebt hat. Man sieht, der Grundgedanke, dass sich Leistung lohnen muss, war damals schon aktuell, und er ist es bis heute – und er hat sich bewährt.

Die Urheber erbringen eine wertvolle Leistung, und das muss sich auch im Urheber­recht abbilden. Das österreichische Urheberrecht ist aus derzeitiger Sicht, wie ich den­ke, reformbedürftig. Es sind einige Dinge zu klären. Wir müssen zukünftige notwendige Änderungen sorgfältig diskutieren; es ist eine sehr komplexe Materie mit vielen Facetten.

Mit der Novelle zu den verwaisten Werken erfolgt ein erster Schritt – ein erster Schritt zu einem modernen Urheberrecht auf der Höhe der Zeit. Die Definition lautet folgen­dermaßen:

„Ein verwaistes Werk ist ein Werk, dessen Rechtsinhaber auch durch eine sorgfältige Suche nicht festgestellt oder ausfindig gemacht werden konnte.“

Wir setzen hiermit eine EU-Richtlinie um. Diese bringt eine Vereinfachung bei der Rech­teerklärung an diesen verwaisten Werken. Künftig sollen öffentliche Einrichtungen wie Bibliotheken, Museen oder Archive die Möglichkeit haben, diese verwaisten Werke eben der Öffentlichkeit zu präsentieren, insbesondere auch im Internet. Die gleichen Rechte haben auch öffentlich-rechtliche Rundfunkunternehmen.

Es muss laut der Richtlinie und unserer nunmehrigen Gesetzesnovelle der Urheber ge­sucht werden, und zwar gründlich gesucht werden. Wenn er nicht ausfindig gemacht wird, muss das in einer europaweiten Datenbank aller verwaisten Werke abgespeichert werden.

Die gegenseitige Anerkennung aller EU-Mitgliedstaaten ist hier vorgesehen, und ich denke, wichtig ist auch, dass, sollte wider Erwarten doch ein Urheberrechtsinhaber ge­funden werden, er diesen Status des verwaisten Werkes über diese Datenbank dann eben entsprechend abändern kann.

Sehr geehrte Mitglieder des Hohen Hauses, durch Ihre heutige Zustimmung ermögli­chen Sie das einfache und kostenlose öffentliche Nutzen zahlreicher Werke. Es stärkt die Digitalisierung und Verbreitung europäischen Kulturgutes.

Und für unsere geschätzten Bürgerinnen und Bürger möchte ich sagen, dass Ihnen die Novelle einen erweiterten modernen und sicheren Zugang zu vielen Büchern, Bildern, zu viel Musik und vielem mehr bringt. Wir freuen uns auf diese Möglichkeit. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.13


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Troch. – Bitte.

 


21.13.49

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! 300 000 Fotos stehen im Kriegsarchiv des Österreichischen Staats­archivs bereit, 300 000 Fotos von österreichischen Soldaten, von Zivilpersonen, von Kriegsgefangenen des Ersten Weltkriegs.

Dieser spezielle und wertvolle Bestand ist im hundertsten Jahr des Beginns des Ersten Weltkrieges im Staatsarchiv höchst nachgefragt. Ein Großteil davon ist ja bereits digi­talisiert, könnte also sofort online gestellt werden, Faktum ist aber, dass ein Gutteil die-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 245

ser Fotos als verwaiste Werke gilt, das heißt, es ist nicht geklärt, wer die Inhaber der Urheberrechte sind.

Wir beraten heute hier im Nationalrat eine zeitgemäße Regelung nicht nur von Kriegs­fotos. Bei der Umsetzung dieser EU-Richtlinie zur Nutzung verwaister Werke geht es um eine moderne, offene, niederschwellige Nutzung jenes europäischen Kulturgutes, das unter den Begriff „Verwaiste Werke“ fällt.

So wie das Österreichische Staatsarchiv warten Tausende Bibliotheken, Museen und Archive auf eine klare gesetzliche Regelung, ja sogar auf eine europaweit einheitliche Regelung in allen Mitgliedstaaten. Ich meine, das ist höchst zeitgemäß und es ist ei­gentlich ganz einfach userfreundlich. Gemeinnützige Kultureinrichtungen, allerdings auch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten, können dann Werke aus ihren Sammlungen online stellen, damit der Allgemeinheit – uns allen – zur Verfügung stellen und eben auch der nichtkommerziellen Nutzung zuführen.

Im Justizausschuss gab es diesbezüglich eine breite Zustimmung, bloß eine Partei stimmte dagegen, das war die FPÖ. Das überraschte mich sehr, denn ein blaues Mit­glied des Europäischen Parlaments meinte dazu Folgendes – Zitat:

„Ich habe für den Bericht gestimmt, da ich der Ansicht bin, dass es Zeit wird, auch im Internet Rechtsicherheit für die User zu schaffen, die über die Grenzen der einzelnen Mitgliedsstaaten geht.“

Nun, wen habe ich da zitiert? – Es war Andreas Mölzer, der bei der Beschlussfassung dieser EU-Richtlinie im Europäischen Parlament dafür gestimmt hat. (Zwischenruf der Abg. Kitzmüller.) Und Franz Obermayr, ebenfalls FPÖ, hat auch nicht dagegen ge­stimmt, sondern sich der Stimme enthalten. Die FPÖ hat allerdings im Justizausschuss dagegen gestimmt, das heißt, sie hat in dieser Frage wohl keine Linie oder schlingert halt ein bisschen dahin.

Wir setzen heute hier den ersten Schritt zu einer Neugestaltung des Urheberrechts. Der Zugang zu einem beträchtlichen Teil des kulturellen Erbes Europas wird so für uns alle immens erleichtert, und Europa, die Geschichte Europas, heißt Holocaust, Völker­mord im Zweiten Weltkrieg. Das heißt, die Bedeutung und der Umfang verwaister Wer­ke ist auf unserem Kontinent natürlich enorm groß. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.17


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. – Bitte.

 


21.17.16

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Al­so grundsätzlich ist das Urheberrecht als europäisches Grundrecht natürlich nicht zur Disposition zu stellen. Der Schutz des geistigen Eigentums ist selbstverständlich – Frau Steinacker, da haben Sie ja recht, das ist keine Frage –, aber es ist so ähnlich wie mit den Medikamenten und der Dosierung: Eine zu hohe Dosis kann die Wirkung des Me­dikaments ins Gegenteil verkehren, und zu viel urheberrechtlicher Schutz kann durch­aus auch die Möglichkeit der Nutzung von Werken beeinträchtigen oder sogar verhin­dern – genau die Nutzung, die ja eigentlich die Intention der Urheber ist. Wenn ein Werk nicht veröffentlicht wird, ist das ganz selten im Interesse der Urheber und Urhe­berinnen.

Diese jetzt vorliegende Gesetzesnovellierung ist also ein Paradebeispiel dafür, wie ei­ne ganz bestimmte Sorte von Werken urheberrechtlich ein bisschen weniger geschützt wird, nämlich die verwaisten Werke – das sind Werke, deren Urheberschaft nicht ge­klärt worden ist oder nicht geklärt werden kann. Damit diese nicht im Tresor vergam­meln und für immer weg sind, gibt es seitens der EU jetzt diese Richtlinie, die wir nun


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 246

umsetzen. Allerdings ist diese EU-Richtlinie in sich schon fast dazu geeignet, als totes Recht oder als Möglichkeit, totes Recht zu schaffen, bezeichnet zu werden, denn was wir da verabschieden, bringt nicht wirklich die Möglichkeit einer Verbesserung der Nut­zung von Werken.

Theoretisch ermöglicht sie schon die Vervielfältigung und die Veröffentlichung, aber nur für Einrichtungen, die dem Gemeinwohl verpflichtet sind – das ist zunächst einmal schon okay, dann fehlt aber jede Art von Anreiz, sich genau auf dem Sektor zu en­gagieren, weil man nämlich mit diesen verwaisten Werken keine Einnahmen lukrieren darf, außer zur Abdeckung der Digitalisierung und der Zurverfügungstellung. Und be­treffend die Abdeckung der Digitalisierung frage ich mich schon – diese Frage habe ich auch im Ausschuss gestellt und keine Antwort darauf bekommen –, wie das sein soll, wenn der Erste das Werk nutzt. Zahlt er dann die kompletten Kosten für die Digita­lisierung, oder wird da für die Zukunft hochgerechnet, wie viele das nutzen werden, und dann dividiert? – Egal, es sind ohnehin vernachlässigbare Größen.

Dem Ganzen steht aber etwas anderes entgegen, nämlich dass hier auch ein großes Risiko damit verbunden ist, und zwar in dem Augenblick, wo der Urheber/die Urheberin auftritt und sagt: Hoppala, da wurde mein Werk jetzt vervielfältigt und veröffentlicht!, denn dann wird sofort diese Schranke wieder geschlossen, und die urheberrechtliche Abgeltung kommt zur Geltung. Das wird, glaube ich, sehr viele daran hindern, ein Risi­ko einzugehen.

Unabhängig von all diesen Geschichten, Herr Minister – weil gerade mein Lamperl leuch­tet –: Wie schaut es aus mit der wirklichen Reform des Urheberrechts? Wie schaut es aus vor allen Dingen mit der Novellierung des Urhebervertragsrechts? Wie schaut es aus mit der Novellierung der Verwertungsgesellschaftengesetze? Wie schaut es aus mit der Rechtssicherheit, die uns noch immer fehlt, und mit der Schrankenerweiterung der freien Werke?

Sie, Herr Minister, sagen immer, wir werden darüber diskutieren. Welche Meinung ha­ben Sie dazu? Sagen Sie uns vielleicht einmal etwas dazu, bitte! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.21


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Alm. Ich erteile es ihm.

 


21.21.09

Abgeordneter Mag. Nikolaus Alm (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Mi­nister! Zur Umsetzung dieser Richtlinie wurde jetzt schon ziemlich alles gesagt, was man sagen konnte – ist gut, erfolgt spät, aber doch! Der Zugang zu den Werken über öffentliche Einrichtungen ist natürlich zu begrüßen. Wir werden sehen, wie sehr von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wird.

Ich möchte aber eigentlich dort fortsetzen, wo Wolfgang Zinggl aufgehört hat. Interes­sant ist, was in dieser Urheberrechtsgesetz-Novelle nicht passiert ist, nämlich die echte Urheberrechtsreform. Da gibt es eine Reihe von Fragen, die zu klären wären, wie Urhe­bervertragsrecht, cessio legis, Use-it-or-lose-it-Klausel, Zweckübertragungsgrundsatz, Creative Commons, Leistungsschutzrecht, und, und, und. Da gibt es eine Reihe von Dingen, die aufgearbeitet werden müssen. De facto gibt es aber einen großen Punkt, an dem alles hängt, das ist die Vergütung des Rechts auf die Privatkopie. Und genau in diesem Punkt sind die Fronten mehr als nur verhärtet.

Wir haben auf der einen Seite Künstlerinnen und Künstler, die Gegenargumenten zu einer Festplattenabgabe, die im Raum steht, überhaupt nicht mehr zugänglich sind. Es ist auch kein Wunder, dass sie diesen nicht mehr zugänglich sind, das kann ich nach-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 247

vollziehen, denn sie bekommen Jahr für Jahr weniger Geld aus der Leerkassettenver­gütung, und es gibt keine Nachfolgeregelung.

Auf der anderen Seite stehen unter anderem auch politische Parteien, die in dieser Fra­ge in sich gespalten sind, weil die Festplattenabgabe zwar logisch klingt, aber in Wirk­lichkeit keine gute Lösung ist. Die besondere Eleganz der Leerkassettenvergütung fin­det sich in der Festplattenabgabe einfach nicht, weil sie nicht diese Treffsicherheit auf­weist und weil sie vor allem das Volumen des Schadens nicht festzumachen vermag. Das heißt: Wir wissen heutzutage nicht einmal mehr, wie hoch der Schaden aus der Nutzung der legalen Privatkopie – ein Pleonasmus! – ist. Das heißt, wir müssen diesen Schaden, um eine Lösung zu finden, zunächst einmal feststellen.

Da würden wir anregen, eine Studie durchzuführen.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Durchführung ei­ner Studie zur Evaluierung des Anspruchs auf Vergütung aus Privatkopien

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Studie durchzuführen, die Auskunft gibt über das Nutzungsverhalten in Bezug auf Privatkopien und Rückschlüsse auf den da­raus entstehenden Anspruch auf Vergütung zulässt.“

*****

Dass hier noch immer keine zustimmungsfähige Lösung auf dem Tisch liegt, ist inso­fern absurd, als wir uns ja alle in der Sache einig sind, dass hier ein Anspruch auf Ab­geltung zu Recht besteht. Wir wissen also, dass dieser Anspruch besteht, wir wissen, dass die derzeitige Lösung nicht greift, den SKE-Fonds geht das Geld aus, aber die Regierungsparteien finden noch immer keine Lösung. Das ist nicht die Schuld der Op­position!

Da möchte ich insbesondere an Kollegin Fekter appellieren, die gemeinsam mit Kol­legin Himmelbauer einen Runden Tisch einberufen hat. Tiervergleiche verbieten sich ei­gentlich, aber ich möchte bitten, dass Sie wie eine Löwin kämpfen, in der ÖVP Ihre Mei­nung durchzusetzen, damit wir hier zu einer konsensualen Lösung kommen.

Wir sprechen hier volkswirtschaftlich von einer recht kleinen Summe. Also es gibt kei­nen Grund, den Kulturschaffenden dieses Geld vorzuenthalten. Die Zeit läuft uns hier davon! – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

21.24


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag des Abgeordneten Alm ist ord­nungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Niko Alm, Kollegin und Kollegen betreffend die Durchführung einer Studie zur Evaluierung des Anspruchs auf Vergütung aus Privatkopien

eingebracht im Zuge der Debatte über Regierungsvorlage (368 der Beilagen): Bun­desgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz geändert wird (Urheberrechtsgesetz-No­velle 2014 – UrhG-Nov 2014)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 248

Die von der Bundesregierung angekündigte Reform des Urheberrechts wird Medienbe­richten und eigenen Aussagen des Justizministers zu Folge auch eine Anpassung im Bereich der Leerkassettenvergütung beinhalten. In diesem Zusammenhang wird häufig von der Einführung einer Festplattenabgabe gesprochen. Das Bundeskanzleramt hat da­zu eine Prüfung durch den Verfassungsdienst in Bezug auf allfällige Alternativmodelle veranlasst. Aus unserer Sicht kann eine faktenbasierte Diskussion über allfällige Alter­nativen nur stattfinden, wenn klar ist, wie hoch der Anspruch auf Vergütung aus Pri­vatkopien tatsächlich ist. Weiter muss auch die Treffsicherheit der einzelnen Modelle analysiert werden. Dazu ist eine Evaluierung des Nutzungsverhalten betreffend Privat­kopien unbedingt notwendig.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Studie durchzuführen, die Auskunft gibt über das Nutzungsverhalten in Bezug auf Privatkopien und Rückschlüsse auf den da­raus entstehenden Anspruch auf Vergütung zulässt.“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Brand­stetter. – Bitte, Herr Minister.

 


21.24.30

Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich wollte nur nicht, dass die Frage des Herrn Abgeordneten Zinggl im Raum stehen bleib, die da lautet: Wie sieht es denn mit dem Urheberrecht über die jetzt notwendige und auch wirklich schon zeitlich überfällige Erfüllung und Umsetzung dieser Richtlinie betreffend verwaiste Werke hinaus aus? Die Antwort darauf hat eigentlich Abgeordneter Alm mit seiner Wortspende von vorhin schon gegeben, indem er sehr genau und präzise geschildert hat, wie sich die Situa­tion momentan darstellt.

Ja, es gibt den Vergütungsanspruch zugunsten der Künstler. Der ist auch höchstge­richtlich eindeutig festgestellt. Dazu kommt noch eine juristische Ergänzung auf euro­päischer Ebene durch den EuGH. Offen ist noch die Diskussion darüber, wie man den Künstlern diesen Vergütungsanspruch auf möglichst effektive Art und Weise auch zu­kommen lassen kann.

Dazu gibt es verschiedene Meinungen. Die Diskussion darüber läuft. Es haben sich dankenswerterweise auch schon viele Abgeordnete dazu eingebracht. Einige Dinge wurden gerade vorhin vom Herrn Abgeordneten Alm erwähnt. Und wir haben erst kürz­lich im Justizministerium eine Veranstaltung dazu gemeinsam mit dem Kollegen Oster­mayer gehabt.

Wir sind auf der Suche nach der bestmöglichen Lösung, um diesen Vergütungsanspruch für die Künstler auch tatsächlich zu erfüllen. Die Gespräche darüber sind noch offen. Wir haben jetzt die Umsetzung dieser Richtlinie vorgezogen, weil einfach die Frist dafür sonst schon abgelaufen wäre.

Natürlich gehen die Gespräche und die Bemühungen um eine bestmögliche Lösung zugunsten des Vergütungsanspruchs für Künstler weiter. Wir arbeiten wirklich intensiv daran. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.26

21.26.03

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 249

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 368 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Mag. Alm, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Durchführung einer Studie zur Evaluierung des Anspruchs auf Vergütung aus Privatkopien.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

21.27.1527. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (370 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 15. Feber 1972 über den Übergang der Zivil- und Strafsachen und die Änderung der Zuständigkeit bei der Auflassung von Bezirksgerichten geändert und das Bundesgesetz über die Organisation der Bezirksgerichte in Graz aufgehoben wird (402 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zum 27. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Schönegger. Ich stelle die Uhr auf 4 Mi­nuten ein. – Bitte.

 


21.27.52

Abgeordneter Mag. Bernd Schönegger (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Diese in Verhandlung stehende Vorlage würde es ohne Zweifel her­geben, dass man sie sehr lang, breit und kompliziert erörtert und herleitet. Auf der an­deren Seite kann man sie aber auch sehr kurz, knapp und einfach erklären. Ich habe mich für die zweite Variante entschieden, weil die Rechtsunterworfenen nicht wirklich etwas aufgrund dieser Änderung merken werden.

Es geht hier um einen Akt der Bereinigung der Rechtsordnung, wo zwei parallel bestehen­de Regelungen zur Gerichtsorganisation in Graz zu einer zusammengeführt werden. Das ist eine klassische Bereinigung der Rechtsordnung. Die einzige faktische inhaltli­che Auswirkung ist, dass diese Regelung nun auch für das Bezirksgericht in Linz gilt.

Das ist im Grunde von allen Parteien im Ausschuss so zur Kenntnis genommen wor­den. Daher gehe ich jetzt davon aus, dass das so auch beschlossen wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 250

21.29


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Feichtinger. – Bitte.

 


21.29.08

Abgeordneter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsiden­tin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Kollege Schönegger hat es gera­de in aller zu dieser Tageszeit gebotenen Kürze ausgeführt.

Es handelt sich hierbei um eine rein technische Novellierung, die bereits im Justizaus­schuss einmütige Zustimmung gefunden hat. Sie betrifft das Bezirksgericht beziehungs­weise die Organisation der Bezirksgerichte in Graz. Das Bundesgesetz über den Orga­nisationsinhalt der Bezirksgerichte Graz kann jetzt in diesem Falle aufgehoben werden, weil wir hier in diesem Bereich eine Rechtsbereinigung vornehmen, wiewohl einige zu­ständigkeitsrechtliche und organisationsrechtliche Regelungen im Interesse der Rechts­sicherheit aufrecht bleiben, weil sie erst ab 1. Jänner 2007 getroffen wurden, nämlich Übergangs- und Zuständigkeitsbestimmungen. Diese betreffen insbesondere den Au­ßerstreitbereich, der ja ein sehr sensibler Bereich ist, in dem gerichtliche Verfahren ty­pischerweise länger anhängig sein können. Somit muss für derartige Fallkonstellatio­nen vorgesorgt sein, dass diese sozusagen auch länger dort entsprechend anhängig bleiben können.

Im Justizausschuss hat es bereits einhellige Zustimmung zu dieser Vorlage gegeben, und ich ersuche um ebensolche hier im Plenum. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.30

21.30.41

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 370 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist Einstim­migkeit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

21.31.2728. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über die Regierungsvorlage (352 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz und das Wohnungseigentumsgesetz 2002 geändert werden und eine Regelung über die Erhaltung von Wärmebereitungsgeräten im Teilanwendungsbereich des § 1 Abs. 4 MRG getroffen wird (Wohnrechtsnovelle 2015 – WRN 2015) (386 d.B.)

29. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 798/A(E) der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gebührenzahlung auf Grund nachträglicher Zurechnung der Kellerabteile zur Wohnnutzfläche (387 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zu den Punkten 28 und 29 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Schrangl. Ich stelle 3 Mi­nuten Redezeit ein. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 251

21.32.17

Abgeordneter Mag. Philipp Schrangl (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Jetzt kommt wieder ein bisschen ein Pep: Mietrechtsre­form – ein ideologischer Grabenkampf!

Die Korrektur des WEG war dringend notwendig. Die Blockade der SPÖ, um von der ÖVP ein Zugeständnis im MRG zu erhalten, ist schön, weil es endlich einmal diese Heiz­thermenregelung gegeben hat, notwendig war das aber nicht.

Genauso nicht notwendig sind späte planwirtschaftliche Phantasien rund um Mietpreis­obergrenzen. Dieses ökonomische Prinzip gibt es nicht nur in der Geschichte, sondern ist jetzt gerade wieder in Venezuela nicht schön anzusehen.

Natürlich hätte jeder lieber, wenn er etwas billiger bekommt. Auch ich selber bin Mieter und würde mich über eine günstigere Miete freuen. Aber noch viel mehr freue ich mich darüber, dass ich überhaupt eine Wohnung in Wien gefunden habe. In Wien – Sie wis­sen es, meine sehr geehrten Damen und Herren – wurden in den letzten Jahren jähr­lich zirka 3 000 Wohnungen zu wenig gebaut – ich betone: 3 000 Wohnungen zu we­nig! –, um mit dem Zuzug aus den Bundesländern und aus dem Ausland Schritt zu hal­ten. Das ist deshalb so, weil in Wien das Medizinstudium Numerus-Clausus-Flüchtlinge anlockt – aus vielen anderen Gründen auch immer noch – und weil in Wien Gemeinde­wohnungen gebaut werden, die eigentlich für sozial Schwache da sind, in denen aber auch immer noch reich gewordene Aufsteiger leben, und zwar trotz ihres Nationalrats­bezuges. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Weil, weil, weil – die Liste lässt sich lange fortsetzen. Und wer ist dafür verantwort­lich? – Ein roter Bürgermeister in Wien und ein roter Bundeskanzler in der Bundesre­gierung.

Ich wiederhole: Es gibt in Wien 3 000 Wohnungen jährlich zu wenig! Und nun legen Sie allen Ernstes ein Universalmietrecht vor, das völlig an den Menschen vorbeigeht – ein absolut absurdes Planwirtschaftsprojekt wie in der völlig gescheiterten Sowjetunion!

Junge Menschen brauchen gut ausgestattete Kleinwohnungen, die sie sich leisten kön­nen. Hofratswitwen brauchen leistbare Kleinwohnungen, damit sie in ihrer billigen Alt­mieten-Wohnung nicht den ganzen Tag mit Putzen beschäftigt sind. Und Familien brau­chen leistbare Großwohnungen mit guter Infrastruktur.

Liebe SPÖ! Stellen Sie sicher, dass in Wien nicht am Bedarf vorbeigebaut wird! Wie das geht, können Sie sich bei einem Landesrat aus Oberösterreich anschauen. (Zwi­schenruf bei der SPÖ.) Aber verschonen Sie uns mit Ihrem 5,50-€-Plan! – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

21.35


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Sin­ger. – Bitte.

 


21.35.22

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zur vorliegenden Wohnrechtsnovelle zurückkommen. Diese Novelle schafft in zwei Berei­chen Rechtssicherheit. Der eine Bereich betrifft den Wohnungseigentumsmarkt im Hin­blick auf das Zubehörwohnungseigentum. Was ist damit gemeint? – Das sind Gara­genplätze, Kellerabteile, Gartenanteile und so weiter. Über viele Jahrzehnte hinweg wurde dieses Zubehör nicht gesondert im Grundbuch eingetragen, sondern der Woh­nungseigentumsvertrag beinhaltet dieses Zubehör, das gleichzeitig ins Wohnungseigen­tum übertragen wurde.

Durch eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes entstand insofern Unsicherheit, als das Höchstgericht für die wirksame Begründung von Wohnungseigentum eine ge-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 252

sonderte Einverleibung im Grundbuch verlangte. Die vorliegende Reparatur des Woh­nungseigentumsgesetzes stellt nun klar, dass sich die Eintragung der Wohnung im Grundbuch gleichsam automatisch auch auf dessen Zubehör erstreckt. Voraussetzung dafür ist natürlich eine entsprechende vertragliche Festlegung.

Das gibt wieder Rechtssicherheit für viele betroffene Wohnungseigentümer. Ich freue mich, dass diese Klarstellung zustande gekommen ist. Damit gehört dem Wohnungsei­gentümer, was er im guten Glauben vom Verkäufer gekauft beziehungsweise erhalten hat. – Das zur Frage des Zubehörs.

Zum Zweiten wurde auch geklärt, ob nun den Vermieter oder den Mieter die Pflicht zur Erhaltung einer mitgemieteten Heiztherme oder eines Warmwasserboilers trifft. Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes war da auch in der Vergangenheit unein­heitlich, und das führte zur Verunsicherung sowohl der Mieter als auch der Vermieter. Eine diesbezügliche Änderung trifft nun die Klarstellung, dass für die Erhaltung der Heiztherme, des Warmwasserboilers und anderer Wärmebereitungsgeräte jetzt der Ver­mieter zuständig ist. Für die Wartung dieser Geräte ist weiterhin der Mieter zuständig.

Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dieser heutigen kleinen Wohnrechtsnovelle be­steht Rechtssicherheit für Wohnungseigentümer, für Vermieter und für Mieter. Ich stelle aber auch klar, dass weitere Reformen folgen müssen, damit das Wohnrecht für die Bevölkerung gerechter, verständlicher, transparenter und auch leistbarer wird. – Herzli­chen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Becher.)

21.38


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Vet­ter. Ich erteile es ihm.

 


21.38.33

Abgeordneter Dr. Georg Vetter (STRONACH): Frau Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Wir haben zwei Bereiche, die neu geregelt werden: Der eine betrifft das Woh­nungseigentumsrecht, der andere das Mietrecht.

Die Regelung im Wohnungseigentumsgesetz hat jetzt drei Jahre warten müssen. Seit der ominösen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im Jahr 2011 haben wir alle gewusst, dass das repariert gehört. Warum ist es nicht repariert worden? – Wegen ei­nes politischen Tausches: weil die Sozialdemokraten eine Änderung des Mietrechts­gesetzes hinsichtlich der Therme haben wollten. Ich halte es für einen Tiefpunkt des Parlamentarismus, wenn man eine Regelung, die sachlich völlig außer Streit steht, mit einer anderen Regelung, wo man durchaus unterschiedlicher Meinung sein kann, kop­pelt.

Jetzt, da die Verjährung gedroht hat, ist es endlich so weit gekommen, dass man eine neue Regelung gemacht hat. Viele Leute sind schon nervös geworden und haben sich gefragt: Gehört mir der Keller jetzt nicht? Oder: Gehört die Garage dazu? Und wenn sie verkaufen wollten, haben sie nicht gewusst: Ist das jetzt mitverkauft worden oder nicht? – Also: Dieser Teil des Wohnungseigentumsgesetzes hätte schon längst repa­riert gehört!

Auf der anderen Seite haben wir die Regelung betreffend Therme im Mietrechtsgesetz, nämlich dass die Eigentümer das zahlen sollen. Viele reden hier davon, dass Rechts­sicherheit gekommen ist. Ich gehöre zu jenen, die glauben, dass nicht alles im Gesetz geregelt werden muss. Es gibt ja schließlich auch Mietverträge, meine Damen und Her­ren, und man darf auch im Mietvertrag gewisse Dinge regeln. Das wird jetzt nicht mehr möglich sein.

Der Ausdruck Rechtssicherheit ist ja ein Synonym auch für die Regelungswut des Staates, wenn ich so sagen darf. Warum sollen sich nicht Mieter und Vermieter ent-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 253

scheiden können, welche Seite jetzt dafür verantwortlich ist? (Beifall beim Team Stro­nach.)

Auf der einen Seite vielleicht ein höherer Mietzins, auf der anderen Seite ein niedriger Mietzins, es kommt ganz darauf an, ob man die Therme nimmt oder nicht.

Es ist ja bei Gott nicht so, dass jetzt auf einmal die Thermen gratis wären. Das ist ein Wunsch ans Christkind. Es gibt zwar Leute, die sagen, dann sollen halt die Vermieter auch die Grundsteuer zahlen, dann sollen sie auch die Geschirrspüler zahlen und so weiter und so fort. Das ist eine völlig weltfremde Sicht, dass hier der Markt ausge­schaltet wäre. Wenn sich das Vermieten nicht mehr auszahlt, dann gibt es einfach weniger Wohnraum, der gebaut wird, und das Mieten wird schlicht und einfach teurer, meine Damen und Herren.

Es ist eine Illusion, zu glauben, dass man mit einem oktroyierten Mietzins den Markt ausschalten kann. Im Gegenteil, es gibt ihn natürlich nach wie vor. Es schreibt schon Adam Smith über den Zins, wenn der Zins abgeschafft wird, und die Kirche hat das einmal versucht, dann existiert er natürlich weiter. Der Markt kann nicht ausgeschaltet werden. Und wir alle, die wir uns ein bisschen an die älteren Zeiten erinnern können, wissen vielleicht noch, als die Mietzinsregelungen noch viel rigoroser waren, als sie es heute sind, Kategoriemietzinse, gab es en masse die illegalen Ablösen. Diese sind nur deshalb verschwunden, weil wir jetzt den Richtwertzins haben. Sie sind noch nicht zur Gänze verschwunden, ja wir haben immer noch regulierte Teilmärkte. Wir haben ja völ­lig zersplitterte Märkte. Wir haben Stadt – Land, Wien gegen den Rest Österreichs. Wir haben in Wien zersplitterte Mietverhältnisse, Vollanwendungsbereich, Teilanwendungs­bereich des Mietrechts, wir haben den freien, den angemessenen, wir haben den Richtwertmietzins, also völlig zersplittert und letztlich unfaire Ergebnisse.

Einen Mietzins von 5,50 € jetzt pauschal anzunehmen geht ja völlig am Markt vorbei, der immer existieren wird.

Es ist auch kein Ersatz, Selbstständige durch die Änderung der KMU-Anleihe dazu zu bringen, jetzt Wohnbauanleihen zu kaufen, nur damit dieser Markt künstlich angeregt wird. Wir müssen schlicht und einfach akzeptieren, dass es hier den Markt gibt, und das ist auch gut so. Je mehr Angebot und Nachfrage da entsprechen können, desto mehr haben Sie auch das Angebot und letztlich einen günstigeren Mietzins.

Ich weiß, dass das für ideologisch gefestigte Menschen vielleicht etwas schwieriger ist zu verstehen (Abg. Steinhauser: „Ideologisch gefestigt“!), aber treten Sie dem Gedan­ken näher, wenn Sie wirklich einen niedrigeren Mietzins haben wollen. – Danke schön. (Beifall beim Team Stronach.)

21.43


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Be­cher. – Bitte.

 


21.43.39

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Herr Kollege, eine Antwort, glaube ich, sind Sie bis jetzt immer schuldig geblieben: Den Markt, wo Mieten ausgeglichen sind, auch zugunsten der Mieter, gibt es nicht. Dieses Beispiel habe ich noch nie gehört, wo es einen ausgeglichenen Markt gibt, wo die Mieter nicht benachteiligt sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber nun zurück zur Novelle. Es handelt sich um zwei Gesetzesreparaturen, die heute vorgenommen werden. Beide, sowohl die Erhaltungsfrage als auch die Frage des Zu­behörs, sind im Koalitionsübereinkommen enthalten, und man hat sich vorgenommen, diese in dieser Legislaturperiode auch zu behandeln. Erfreulicherweise liegt die Repa­ratur beider Bereiche heute auch vor.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 254

Zur Frage der Erhaltung von Warmwasserbereitungsanlagen, wenn ich jetzt diesen Oberbegriff verwende, gab es in den letzten Jahren bereits mehrere OGH-Urteile, wo­bei in einem Urteil ausgeführt wurde, dass die Lösung dieser Frage nicht der Recht­sprechung überlassen werden soll, sondern dass der Gesetzgeber eben die Aufgabe hat, hier für Klarheit zu sorgen.

Insgesamt war es eine unbefriedigende Situation. Die Mieter, die eine Wohnung mit Therme gemietet haben, die also ein Kriterium war, und Miete dafür bezahlt haben, die Miete war ja somit auch höher, mussten aufgrund von OGH-Urteilen, wonach die Ver­mieter nicht zuständig sind, jetzt die Therme selbst reparieren, also wiederherstellen lassen.

Seit dem letzten Urteil war den Mietern auch nicht eine Mietzinsminderung erlaubt. Es war also insgesamt eine sehr unfaire Situation, dass man für die Erhaltung zu bezahlen hatte, obwohl man nicht dafür zuständig war, und auch für etwas Miete zu bezahlen hatte, was man nicht hatte. Also es ist insgesamt eine wichtige Sache, dass es hier wieder Rechtssicherheit gibt.

Seitens der Immobilienwirtschaft wird diese Regelung immer wieder kritisiert. Und da möchte ich auch klar festhalten, der Gesetzgeber hat ursprünglich beim Mietrecht nicht dazu tendiert, dass für Ausstattungskriterien die Mieter selbst aufkommen müssen. Die Situation hat sich erst aufgrund von OGH-Urteilen ergeben, und der heutige Beschluss führt eigentlich zu den Wurzeln des Gesetzes zurück und ist im Sinne der Rechtssi­cherheit für die Mieter eine sehr wichtige Sache.

Insgesamt 40 Prozent aller Rechtsverhältnisse sind in Österreich Mietwohnungen, im städtischen Bereich sind es sogar 75 Prozent. Ich hoffe, dass dies heute die letzte No­velle ist, die wir in diesem Bereich des Mietrechts beschließen. Der große Wurf wird in der Zukunft liegen, wenn wir ein einheitliches Mietrecht beschlossen haben.

Ich glaube, Sie haben das völlig falsch verstanden. Mein Vorschlag geht in Richtung ei­ner Basismiete, wo sehr wohl Zu- und Abschläge möglich sind, nur sind diese trans­parent und nachvollziehbar. Aber es werden auch weitere Bereiche der Erhaltung gere­gelt sein. (Beifall bei der SPÖ.)

In diesem Sinne freue ich mich sehr über diese positive Novelle, die wir heute be­schließen. (Beifall bei der SPÖ.)

21.47


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dopp­ler. – Bitte.

 


21.47.47

Abgeordneter Rupert Doppler (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Nachträgliche Zurechnung der Kellerabteile zur Wohnfläche: Die Eintragung des Pfandrechtes ins Grundbuch ist bei einer geför­derten Wohnnutzfläche von unter 130 Quadratmetern gebührenfrei. Ist die Fläche grö­ßer, werden Gerichtsgebühren fällig, in der Regel zwischen 4 000 und 8 000 €.

Das Gericht in Salzburg, meine sehr geehrten Damen und Herren, erhebt derzeit, wie groß die Wohnnutzfläche von vielen Haus- und Reihenhausbesitzern ist, die mit Mitteln aus einer Wohnbauförderung gebaut oder errichtet worden sind. Da, geschätzter Herr Minister, ist das Problem und vor allem die Ungerechtigkeit. Gehört der Keller zum Wohnraum oder nicht? Den Keller muss man fünf Jahre im Rohzustand belassen, da­mit dieser nicht zum Wohnraum gezählt wird, und das wird auch vorher den Häusel­bauern, Reihenhausbauern nicht erklärt.

Im Keller, meine sehr geehrten Damen und Herren, darf nichts gelagert werden. Die Wände dürfen nicht verputzt werden, das Rad darf man nicht hineinstellen, die Schi


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 255

nicht, Autoreifen und dergleichen mehr oder gar den Müll auch nicht. Das darf man nicht, denn sonst zählt diese Fläche zur Wohnnutzfläche. Das versteht niemand, meine sehr geschätzten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Minister, der Vizepräsident des Landesgerichtes Salzburg erklärt, wir müssen über­prüfen, ob die Voraussetzungen, die zum Zeitpunkt der grundbücherlichen Eintragung vorlagen, nicht binnen fünf Jahren weggefallen sind. Die Kriterien sind relativ streng, das ist mir schon klar, aber wir sind hier nur eine Instanz und haben das umzusetzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, viele betroffene Menschen sind jetzt natürlich sehr empört.

Es kann doch nicht sein, dass man einem Häuselbauer zumutet, den Keller fünf Jahre lang nicht zu benützen, das ist ja unmöglich, ansonsten wird er zur Wohnnutzfläche da­zugezählt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir von der FPÖ lehnen eine solche Vor­gangsweise zur Geldbeschaffung des Bundes entschieden ab. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

21.50


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. Ich erteile es Ihnen.

 


21.50.35

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Selbstverständlich stimmen wir den Novellen zu, dass das Wohnungseigentum auch auf Zubehör erstreckt wird. Auch dass die Erhaltungspflichten hinsichtlich Thermen vom Vermieter getragen werden, ist logisch, denn der Vermieter preist die funktionierende Therme ja auch in den Mietpreis ein.

Das ist ja wieder wie bei allen anderen Justizmaterien, die wir heute diskutiert haben, nur ein kleiner Schritt dort, wo großer Reformdruck herrscht. Aber die große und zen­trale Frage, die wir hier diskutieren müssen, ist die Frage der Leistbarkeit des Woh­nens. Und wenn ich jetzt der FPÖ und dem Team Stronach zuhöre, beide vermeintli­che Vertreter des kleinen Mannes, dann besteht die Voodoo-Ökonomie darin, dass man sagt, wenn wir den Mietpreis freigeben, wenn jeder verlangen kann, was er will, dann wird es billiger. (Abg. Schrangl: Mehr Wohnungen bauen!)

Das ist Voodoo-Ökonomie, das wird nicht funktionieren, und zwar folgt das einem ganz einfachen ökonomischen Gesetz. Wenn ein Gut knapp ist und jemand dieses Gut kon­sumieren muss, weil Wohnen ein Grundbedürfnis ist, weil er sich nicht aussuchen kann wie bei einem Fernseher oder bei einem Auto, ob er dieses Produkt konsumiert, dann wird das zwangsläufig dazu führen, dass Wohnen teurer wird.

Jetzt präsentiert uns Kollege Schrangl den Wohnungsbau als Lösung. Natürlich braucht es einen Mix, es braucht Neubau, aber es braucht auch Mietzinsregulierung. Warum der Neubau alleine nicht funktionieren kann, hat einen einfachen Grund. In Wien zie­hen jährlich 20 000 Personen zu. Damit der Neubau am Markt zu einer Mietzinssen­kung führen würde, bräuchten Sie einen enormen Neubau, denn dies müsste ja dazu führen, dass es einen Leerstand gibt. Nur wenn es einen Leerstand gibt, führt das da­zu, dass der Mietpreis sinkt. Das ist schlicht unmöglich. Daher braucht es diesen Mix einerseits aus einer Regulierung und andererseits aus dem Neubau.

Eines sage ich Ihnen, ich bin stolz darauf, dass wir in Wien noch keine Situation haben wie in London und Paris, dass sich die Mittelschicht innerhalb des Gürtels und in ge­wissen Außenbezirken, die nachgefragt sind, keine Wohnungen mehr leisten kann. Selbst in München, 300 Kilometer von Wien entfernt, ist dies so. Kein Münchner wird realistischerweise nach einer Wohnung in Zentrumsnähe fragen. Das ist dort schlicht nicht mehr finanzierbar. Und das sind Zustände, die wir nicht wollen.


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Ich bekomme Anrufe von Familien, die sagen, wir verdienen 2 000 € und bekommen nur mehr eine Wohnung um 1 000 €. Wie soll sich das ausgehen? Und hier ist die Poli­tik gefordert. Das geht nicht mit der Voodoo-Ökonomie der FPÖ und des Teams Stro­nach, sondern das geht nur mit einem konkreten Maßnahmenmix. (Beifall bei den Grü­nen.)

So, Herr Minister, und jetzt muss ich zu Ihnen kommen. Sie haben sich aufgrund des kleinen Duells innerhalb der Opposition bisher zurücklehnen können, sollen sich aber bei diesem Thema nicht zurücklehnen. Ich glaube, das ist eine der wichtigsten und zentralsten Aufgaben, die Sie legistisch in Ihrem Ministerium angesiedelt haben. Mit Ihrer bisherigen Bilanz bin ich beim Thema Wohnen schlicht nicht zufrieden. Sie haben in anderen Themengebieten klare Reformvorstellungen präsentiert, beim Mietrecht fehlt das.

Ich muss Ihr Schaffen folgendermaßen zusammenfassen: Die Expertengruppe ist ge­scheitert. Dann haben Sie noch gesagt, das Mietrecht ist ein extrem dickes Brett aus Hartholz und Sie können keine Gesetze erzwingen. Das ist grundsätzlich richtig, davon haben wir allerdings noch nichts. Dann haben Sie noch gesagt, Sie können keinen Termin für Reformen nennen und Sie überlassen die Klärung den Bautensprechern von SPÖ und ÖVP im Parlament. Das Parlament ist immer zuständig, aber das Minis­terium und Sie dürfen sich nicht aus dem Spiel und nicht aus der Verantwortung neh­men.

Mich würde schlicht und einfach interessieren: Was sind Ihre Vorstellungen in diesem Wettstreit der Ideen, wie Wohnen leistbar und billig werden kann? Im Wahlkampf hat es ein vermeintliches Feuerwerk an Ideen gegeben. Da ist den Wählerinnen und Wäh­lern von ÖVP und SPÖ vorgegaukelt worden, Wohnen wird morgen billiger werden. Al­le haben so getan, als hätten sie den Stein der Weisen. Die SPÖ hat jetzt ihr Konzept vorgelegt, das ich in vielen Punkten sehr gut finde, aber von Ihnen, Herr Justizminister, weiß ich nicht, wo es hingehen soll. Es kann aber keine Reform ohne Vorgaben geben. Und es kann keine Reform geben, ohne dass Zielvorstellungen formuliert werden. Das haben Sie bei diesem Thema vermissen lassen.

Da Sie aber die positive Eigenschaft haben, dass Sie Fragen beantworten, frage ich Sie und ersuche Sie, das heute ganz präzise zu beantworten: Welche Reformen im Mietrecht planen Sie? Wann kommen sie? Was sind die wichtigsten Eckpunkte für Sie, wie eine Mietrechtsreform ausschauen kann?

Die SPÖ hat sie ziemlich konkret präsentiert. Die Vorschläge der Grünen liegen schon lange auf dem Tisch. Zu den Vorschlägen von Team Stronach und FPÖ: Neubau ist nicht falsch, wird allerdings alleine nicht helfen. Aber was sind die Vorstellungen des zuständigen Justizministers? Sich zurückzuziehen und zu sagen, das Parlament ist für Gesetze zuständig, das geht bei diesem sensiblen Thema nicht, denn Sie tragen im Ministerium trotzdem eine legistische Verantwortung dafür, dass bei einem derart schwie­rigen Thema etwas weitergeht. Daran werden wir Sie auch messen. Aber bitte, ich las­se mich überraschen, vielleicht gibt es heute konkrete Ankündigungen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

21.55


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Loacker. Ich erteile es Ihnen und mache Sie darauf aufmerksam, 2 Minuten ist die Restredezeit Ihrer Fraktion. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


21.55.59

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Ja, Kollegin Mag. Becher hat gesagt, sie kennt keinen Markt, der im Sinne der Mieter funktioniert. Der Markt funktioniert immer, er ist nämlich immer ein Ergebnis.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 257

Und wenn das, was wir uns alle wünschen, nämlich günstige Mieten, nicht heraus­kommt, dann liegt es am fehlenden Angebot. (Beifall bei den NEOS.)

Dieses Angebot erhöhen Sie jedenfalls nicht, wenn Sie rückwirkende Regelungen vor­schlagen. Und das hat die Regierung gemacht. Das, was Sie für das Mietrechtsgesetz ursprünglich ventiliert hatten, hätte zurückgewirkt, und damit schüren Sie Rechtsunsi­cherheit bei allen am Markt Beteiligten.

Zwei Stunden vor der Ausschusssitzung reichen die Mehrheitsparteien eine Korrektur des eigenen Salats ein, damit diese Rückwirkung bereinigt wird. Wie soll man da von legistischer Qualitätsarbeit sprechen? Da darf man sich nicht wundern, wenn nichts Gescheites herauskommt.

Auf den Abtausch hat Kollege Vetter richtig hingewiesen, die ÖVP hat sich über den Tisch ziehen lassen, denn diese Korrektur im Wohnungseigentumsgesetz hätte sowie­so kommen müssen. Aber die ÖVP hat sich von der SPÖ den Deal aufschwatzen las­sen, ihr seid für die Wohnungseigentümer und wir sind für die Mieter. Die ÖVP hat al­lerdings nicht überrissen, dass es viel mehr Wohnungseigentümer als ÖVP-Wähler gibt und dass Sie eigentlich locker sagen hätten können, Entschuldigung, das betrifft uns alle und das müssen wir sowieso machen. Und wir brauchen losgelöst davon eine Miet­rechtsnovelle, die viel größer sein müsste.

Noch einen Satz zum Antrag der FPÖ. Da haben sich Leute an Regelungen gehalten und haben deswegen kleiner gebaut und Förderungen bekommen. Und die, die größer gebaut haben und jetzt Strafen bekommen, wollen Sie schützen und machen damit alle, die sich an die Gesetze gehalten haben, zu Idioten. (Beifall bei NEOS und Team Stronach.)

21.57


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Sie­ber. – Bitte.

 


21.57.57

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben eine Wohnrechtsnovelle vorliegen, die in den Grundzügen bereits eingehend erläutert wurde. Ich kann mich deswegen da­zu relativ kurz halten.

Beim Wohnungseigentumsgesetz machen wir eine Rechtsbereinigung. Aufgrund eines OGH-Erkenntnisses lag einfach ein Rechtsmangel vor, der immense Verunsicherung bei den Eigentümern verursacht hat.

Es ist durchaus so, dass die Einschätzung, wie wichtig diese Novelle ist, unterschied­lich ausgeprägt ist, um es einmal so zu nennen, aber klar ist, dass, wenn wir hier nicht eine Regelung zuwege gebracht hätten, die Anwälte mit Klagen in den Startlöchern ge­sessen wären und wir eine Flut von Klagen zu erwarten gehabt hätten. Deswegen bin ich froh, Herr Minister, dass wir diese Novelle auf den Weg gebracht haben und hier ei­ne umfassende Rechtssicherheit wiederherstellen.

Zum Mietrechtsgesetz insgesamt hat mein Kollege Hans Singer schon einiges gesagt. Wir brauchen dringend eine umfassende Novellierung. Und, Frau Becher, Ihr Vor­schlag dazu ist eine Vorgabe, auf deren Basis es doch noch einiges an Diskussions­bedarf geben wird. Wir verschließen uns der Diskussion nicht, aber es wird noch ein ge­höriges Stück an Arbeit vor uns liegen.

Und zu den Vorschlägen des Kollegen Steinhauser nur in aller Kürze: Im öffentlichen Wohnbaubereich kann das funktionieren, aber den privaten Wohnbaubereich unterlau­fen Sie mit Ihren Forderungen massiv. (Beifall bei der ÖVP.)

21.59



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 258

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Troch. – Bitte.

 


21.59.38

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren, können Sie sich vorstellen, in einer Wohnung ohne Warmwasser und ohne Heizung zu leben?

So etwas gibt es aber in Österreich, in diesem reichen Österreich! Vielen Menschen geht die Heizung oder Therme kaputt, und sie können sich eine Reparatur oder den Austausch dieser defekten Geräte nicht leisten.

Es konkreter Fall aus Simmering, dem 11. Wiener Bezirk: In der Wohnung einer Allein­erzieherin mit vier Kindern in der Simmeringer Hauptstraße ist die Therme kaputt. Mo­natelang können die Familienmitglieder nicht baden, und das Waschen mit Kaltwasser ist für die Kinder gerade im frostigen Winter ein täglicher Schrecken! Die Reparatur der Therme ist für die Mutter unerschwinglich, und in der Schule trauen sich die Kinder nicht, zu sagen  (Abg. Schrangl: Weil der Heizkostenzuschuss fehlt!) – Es geht um die Therme! Bitte mir zuzuhören!

In der Schule trauen sich die Kinder nicht, zu sagen, dass sie zu Hause nur Kaltwasser haben, Kaltwasser und eine kalte Wohnung. Das ist Armut! Frieren und schlechte Hy­giene: Das ist Armut! Schließlich kann die Volkshilfe dieser Familie helfen. Der Kauf und der Einbau der Therme kosteten 1 800 €. – Das war ein konkreter Fall vor drei Jah­ren. Das hat nichts mit dem Heizkostenzuschuss zu tun, sondern die Therme war ganz einfach kaputt, das war das Problem! (Abg. Schrangl: Ohne Therme ist es auch kalt!)

In Zukunft wollen wir aber diese spezielle Form von Armut verhindern. Mit dieser No­velle des Mitrechtsgesetzes schaffen wir Rechtsklarheit. Die Kosten für die Reparatur beziehungsweise den Austausch der Heiztherme liegen nicht beim Mieter, sondern beim Vermieter beziehungsweise Hausbesitzer. Damit ist die Erhaltungspflicht klar ge­regelt. Diese Lösung ist sozial und eigentlich auch logisch, denn der Mieter zahlt ja die Grundausstattung der Wohnung mit der Miete mit.

Ich freue mich, dass somit ein wichtiger Punkt des Regierungsprogrammes von SPÖ und ÖVP und auch des Wahlprogramms der SPÖ für die Mieter umgesetzt werden kann, und ich danke allen, die mitgegangen sind. Mein besonderer Dank gilt der Bau­tenausschuss-Vorsitzenden Ruth Becher als ausdauernder und konsequenter Ver­handlerin und auch Bundesminister Brandstetter, der sich in sozialen Fragen durchaus kompromissbereit zeigt.

Im Übrigen: Die sehr, sehr marktliberale Haltung der Kollegen Vetter und Loacker grenzt für mich an Naivität oder soziale Kälte. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Ab­geordneten der ÖVP.)

22.02


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Steinacker. – Bitte.

 


22.02.39

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Mitbürgerinnen und Mitbürger! Den Raum für Freiheit zu schaffen, ist Aufgabe der Politik. – Das ist ein juristischer Lehrsatz. Und in diesem Freiraum soll auch Platz für das Wohnen sein.

Zur Freiheit gehören für mich die Freiheit des Eigentums, die Vertragsfreiheit, die per­sönliche Freiheit. Das derzeitige Miet- und Wohnrecht bietet den Bürgern keineswegs


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 259

ausreichend Freiheit und Klarheit. Kein anderer Wirtschaftszweig ist so stark reguliert wie das Mietrecht. Es scheint, dass der kriegswirtschaftliche Geist und die Maßnahmen der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg im MRG noch immer nachwirken.

Im Regierungsprogramm haben wir uns dem leistbaren Wohnen verschrieben, und da­zu bekennen wir uns auch. Aber leistbares Wohnen erreichen wir sicherlich nicht aus­schließlich durch die Reform des Mietrechts. Es gilt, auf das Normungswesen, auf die Bauordnungen, auf Finanzierungsmodelle, auf die Flächenwidmung und natürlich auf das Mietrecht hinzuschauen. Wir schaffen heute einen ersten Schritt in Richtung leist­bares Wohnen durch die Reform des Wohnungseigentumsgesetzes und des Miet­rechts, denn es werden in jeder Hinsicht Rechtssicherheit und Klarheit geschaffen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das Kapitel Wohnen ist mit dieser Novelle sicherlich nicht abgeschlossen. Wir haben zwei rechtliche Klarstellungen vorgenommen. Wir müssen in Zukunft das Mietrecht einfacher, transparenter und nachvollziehbarer für un­sere Bürger machen. Wir müssen das Wohnrecht neu denken – ohne alle Scheuklap­pen, und zwar in alle Richtungen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.04


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kucha­rowits. – Bitte.

 


22.04.32

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Die erste eigene Wohnung zu beziehen ist für die meisten jungen Leute unfassbar, und zwar natürlich in erster Linie im positiven Sinn, weil man eigenständig wird. Es ist aber auch in zweiter Linie unfassbar, weil das Ganze mit einem unglaublichen Finanzierungsauf­wand verbunden ist, es kostet einfach enorm viel. Denken wir an Eigenmittel, an Kau­tionen, an Geräte, an die Einrichtung und vieles, vieles mehr! Daher kommt es oft da­zu, dass sich junge Leute schon sehr früh verschulden.

Deshalb ist es sehr erfreulich, dass mit dem heutigen Beschluss betreffend eine Än­derung im Mietrecht künftig – wie schon oftmals erwähnt – die Erhaltung und Reparatur von Heizthermen, Wasserboilern und Co. nicht mehr von den Mieterinnen und Mietern zu bezahlen sind, sondern die Vermieterinnen und Vermieter dafür verantwortlich sind. Das ist wirklich eine enorme finanzielle Entlastung und super für viele, viele Menschen.

Ich möchte aber die heutige Debatte auch dafür nützen, um das konkrete Problem oder auch das gesamtheitliche Problem für viele junge Leute zu thematisieren. Man stelle sich vor: Ein Mann oder eine Frau ist 20, 30 oder 27 Jahre alt – wie auch immer – und möchte endlich heraus aus dem Hotel Mama oder auch Papa. Und schon steht man vor der ersten Herausforderung, Stichwort Eigenmittel. Eigenmittel in Höhe von 40 000 € kann sich kein junger Mensch mehr leisten, das kann niemand finanzieren! Wir brau­chen dringend geringere Eigenmittel, daher muss die Höhe der Eigenmittel gesenkt werden.

Andererseits sind wir auch von monatlichen Mieten von einem Viertel des Einkommens schon lange weg. Wir liegen heute bei 50 Prozent. Meine Kollegin Ruth Becher hat ver­gangene Woche den SPÖ-Vorschlag präsentiert und mit der Basismiete von 5,50 € wäre vielen Leuten wirklich geholfen.

Auch möchte ich erwähnen, dass wir Startwohnungen bräuchten. Wir haben das schon einmal diskutiert: Das ist wirklich sehr dringend notwendig. Ich unterstütze im Übrigen auch die heute schon, allerdings nicht befürwortend genannte – soweit ich es verstan­den habe – Forderung nach einer Leerstandsabgabe. Ich finde auch, es ist super, dass


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 260

man in Wien jetzt gesagt hat: Wir werden einmal prüfen, wie viele Wohnungen wirklich freistehen.

Abschließend noch eine Bemerkung: Ich weiß, dass all das nicht unmittelbar mit dem Justizressort zu tun hat, aber das Thema Wohnen ist auf Bundes- und natürlich auch auf Landesebene sehr breit gefächert. Jedenfalls möchte ich aber festhalten, dass wir dringend wieder die Zweckwidmung brauchen. Diese Bemerkung richte ich im Speziel­len auch an den ÖVP-Finanzminister, der sich nämlich in einer Anfragebeantwortung gegen die Zweckwidmung ausgesprochen hat. Ehrlich gesagt: Wohnbaufördermittel, die von ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen bezahlt werden, sind ausschließlich für Wohnungen zu verwenden und für nichts anderes!

Liebe Länder! Liebe Landeshauptleute! Holt euch diese Gelder für diesen Zweck ab, denn junge Leute brauchen bezahlbare Wohnungen nicht übermorgen, sondern heu­te! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

22.07


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kirch­gatterer. – Bitte.

 


22.07.33

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Mei­ne Damen und Herren! Die Novelle wurde schon erörtert. Sie kommt vielen Österrei­cherinnen und Österreichern zugute.

Vor allem ist es erfreulich, dass unsere Bereichssprecherin dieses Werk erarbeitet hat. Es ist dies eine sehr wertvolle Grundlage für die Diskussion, sie enthält sehr viele sehr wichtige Punkte, die in die gesamte Diskussion hier im Haus einfließen werden. Bitte, nehmen Sie die Materie auch entsprechend unter die Lupe, und diskutieren Sie darü­ber! Sie werden sehen: Viele Österreicherinnen und Österreicher finden ihre Anliegen dort widergespiegelt. Diese sehr gute Unterlage enthält auch entsprechende Lösungs­vorschläge, und ich denke, sie ist die beste Diskussionsgrundlage zu diesem Themen­bereich.

Einen Punkt muss ich erwähnen: In der Diskussion wurde von einem Vorredner das Beispiel Oberösterreich sehr positiv erwähnt. – Fragen Sie die Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher, was sie dazu sagen! Wen trifft denn die Kürzung der Förder­mittel und der Unterstützungen? Jene, die es am notwendigsten brauchen! Von sozia­ler Wärme ist da nichts zu spüren! In der Praxis verhält es sich anders als auf Ihren Plakaten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.09


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Feichtinger. – Bitte.

 


22.09.16

Abgeordneter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsiden­tin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der technische Inhalt der Novelle wurde von den Vorrednerinnen und Vorrednern bereits klargestellt. Es geht um zwei Änderungen, eine im WEG und eine im Mietrechtsgesetz beziehungsweise im WGG.

Kollege Loacker! Nur ein Kommentar zu Ihren Anmerkungen: Es hat einen Politiker ge­geben, der einmal gesagt hat: Nichts hindert mich daran, über Nacht klüger zu wer­den. – Die im Vorfeld geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich einer Rückwirkung wurden noch vor Beschlussfassung im Ausschuss in die Novelle einge­baut.

Das Inkrafttreten mit 1. Jänner dient der Rechtssicherheit, damit sind hoffentlich alle Bedenken ausgeräumt. Was die Erhaltungspflicht der Thermen beziehungsweise der Boiler oder anderen Wärmebereitungsgeräte betrifft, so wird damit auch die bisher vom


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 261

OGH vertretene Judikatur-Linie einmal auf die eine und einmal auf die andere Seite klargestellt und damit Rechtssicherheit für die Vermieter, aber auch für die Mieter ge­schaffen, auch wenn das aus Sicht der Vermieter sicher nur mit Bauchweh zu akzep­tieren ist; das ist schon richtig.

Vielleicht noch ein letzter Satz zum Thema leistbares Wohnen: Es gibt auch eine an­dere Reaktionsmöglichkeit auf die Tatsache, dass sich die Menschen das Wohnen auf­grund der gestiegenen Wohnkosten fast nicht mehr leisten können. In der Steiermark hat die Reformpartnerschaft den Beschluss gefasst, ab 1. Jänner die Wohnbeihilfe zu erhöhen.  Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Zanger: Mit welchem Geld?!)

22.11

22.11.09

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zuerst zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 28: Entwurf betreffend Wohnrechtsnovelle 2015 in 386 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Dr. Vetter vor.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Verlagen auf getrennte Abstim­mung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Tei­le des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Art. 3 in der Fassung des Ausschuss­berichts.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die diesen Teilen ihre Zustimmung ge­ben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig und damit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richts.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetz­entwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 29: Antrag des Bau­tenausschusses, seinen Bericht 387 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

22.12.5430. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungs­hofes, Reihe Bund 2013/10 (III-23/407 d.B.)

31. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungs­hofes, Reihe Bund 2014/6 (III-63/408 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zu den Punkten 30 und 31 der Ta­gesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 262

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Zanger. – Bitte.

 


22.13.42

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Frau Präsident! Herr Präsident des Rech­nungshofes! An dieser Stelle sprechen wir über zwei Berichte des Rechnungshofes, die wir im Ausschuss sehr eingehend debattiert haben. Man kann wieder einmal mo­nieren: Schade, dass es so spät ist. Dadurch verbleibt relativ wenig Redezeit, und es wäre doch angenehmer gewesen, sich diesen Kapiteln ein bisschen eingehender zu widmen. So konzentriere ich mich auf die Pensionsgeschichten in der Nationalbank, die der Rechnungshof geprüft hat.

Vorweg: Wir haben uns entschlossen, in diesem Fall gegen die Kenntnisnahme des Berichtes zu stimmen. Das ist nicht immer üblich, hat aber seine Gründe. Es geht nicht darum, einen Bericht des Rechnungshofs nicht zur Kenntnis zu nehmen, sondern im Prinzip darum, hinsichtlich dessen, was der Rechnungshof darin aufgezeigt hat, einmal zu sagen: Nein, so geht’s nicht!

Die Pensionen in der Oesterreichischen Nationalbank machen im Schnitt 87 800 € pro Jahr aus und sind höher als der Aktivbezug von 86 300 €. Freilich wird sich das jetzt ein bisschen ändern, weil man ja ein Gesetz geschaffen hat, durch das man die Son­derpensionen ein bisschen einschleift. Aber wir wissen ja – und das hat Kollege Kickl damals im Juni, als das beschlossen wurde, hervorragend ausgeführt –, dass das trotz­dem zahnlos ist. Der tatsächliche Rückgang dieser Pensionen beläuft sich nämlich zum Beispiel bei einer Nettopension von 4 000 € auf gerade einmal 70 oder 80 €. Das ist in solchen Höhen gar nichts, das ist nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein. Das heißt, das wirkt sich de facto überhaupt nicht aus, und das ist etwas, womit wir überhaupt nicht einverstanden sind.

Im Vergleich dazu: „Normale“ Bundesbeamte haben eine Durchschnittspension von 37 200 €; da sind 50 000 € Unterschied. Das muss man sich einmal plastisch vorstel­len. Wenn ich dann noch davon spreche, was die normale Alterspension in Österreich für den einfachen Arbeitnehmer durchschnittlich ausmacht, dann sind wir bei 1 132 € monatlich. Da sage ich: Da müssten die Einschnitte oben doch ein bisschen heftiger ausfallen, damit man von einem Solidareffekt reden kann. Damit sind wir also nicht ein­verstanden. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Amon.)

Gar nicht berührt von irgendwelchen Pensionsreformen sind die Bediensteten der Dienst­bestimmungen III. Das haben wir sehr ausführlich diskutiert, und der Herr Präsident hat das auch sehr gut erklärt.

Weil da nichts passiert, haben wir uns entschlossen, folgenden Antrag dazu einzu­bringen:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Zanger und weiterer Abgeordneter betreffend die Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofes aus dem Bericht Bund 2014/6 bzgl. des Pensions­rechtes der Bediensteten der Oesterreichischen Nationalbank.

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, jene Empfehlungen des Rech­nungshofes des Berichts Bund 2014/6, welche die Dienstbestimmungen III des Pen­sionsrechtes der Bediensteten der Österreichischen Nationalbank betreffen, umzusetzen.“

*****


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 263

Ich bitte um Ihre Zustimmung.

Der zweite Punkt, bei dem wir gesagt haben, das kann es nicht sein, ist eine Stel­lungnahme der Nationalbank gegenüber dem Rechnungshof, wo geschrieben wird: „Aus all den Vorschlägen im Prüfbericht wird klar, dass diese nicht – wie vorgegeben – pri­mär auf die Harmonisierung der Pensionssysteme abzielen, sondern nur von der Ziel­vorstellung getragen sind, größtmögliche Einschnitte in die Pensionsrechte der OeNB-Dienstnehmer herbeizuführen.“

Also wenn man so mit einem Instrument des Nationalrates umgeht, sage ich: Nein! Ein ordentlicher Ton ist immer angemessen, auch wenn man glaubt, man ist die hohe Oes­terreichische Nationalbank und kann da vom hohen Ross zu den sozusagen kleinen Prüfern des Rechnungshofes heruntersprechen. Das kann es nicht sein. Das ist un­ser Organ. Wir sagen, was der Rechnungshof zu prüfen hat, und wir interpretieren sei­ne Ausführungen. Und da haben diejenigen, die geprüft werden, sich solch eines To­nes nicht zu befleißigen. Auch das nehmen wir in diesem Fall nicht zur Kenntnis.

Was wir noch nicht zur Kenntnis nehmen, das ist letztendlich, wie die Bundesregierung untätig zuschaut, wie sich oben die Pensionsmillionäre noch fett bedienen, während der kleine Pensionist unten sich schon fast die Fingernägel von den Fingern kauen kann, weil ihm nichts mehr zum Leben bleibt.

Da hat mir heute Kollege Neubauer – das muss ich jetzt auch noch zeigen – schöne Bilder mitgebracht. (Der Redner hält zwei Tafeln in die Höhe, die die genannten Perso­nen sowie Informationen über deren Einkommen zeigen.) Das ist euer Herr Schulz mit 24 000 € Nettoeinkommen, und das ist euer Herr van Rompuy, der dreimal jährlich 758 000 € Abfertigung für seine ach so hervorragende Tätigkeit in der EU bekommt. Da frage ich euch jetzt wirklich einmal: Wo bleibt da die soziale Komponente? Wo bleibt die Solidarität mit dem eigenen Bürger? (Beifall bei der FPÖ.)

22.18


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Wolfgang Zanger und weiterer Abgeordneter

betreffend die Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofes aus dem Bericht Bund 2014/6 bzgl. des Pensionsrechtes der Bediensteten der Österreichischen Natio­nalbank

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Rechnungshofausschusses be­treffend den Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2014/6 (III-63/408 d.B.) (TOP 31), in der 55. Sitzung des Nationalrates, am 11. Dezember 2014

Der Rechnungshof stellte fest, dass die jährliche Anpassung der OeNB-Pensionen in Anlehnung an den Kollektivvertrag der Banken erfolgte. Die Mehrkosten dieser Rege­lung gegenüber jener der gesetzlichen Anpassung der ASVG-/Beamtenpensionen be­trugen von 2002 bis 2013 zumindest 80 Mio. EUR.

Daher fordert der Rechnungshof in seinen Empfehlungen, unter anderem weitergehen­de Reformen des Pensionsrechts auf gesetzlicher Grundlage vorzunehmen als bisher beschlossen. Konkret fordert der Rechnungshof die Dienstbestimmungen III ab 2015 den Regelungen zur Neuberechnung der OeNB-Pensionshöhe den Dienstbestimmun­gen II als Grundlage der Berechnung der Vergleichspension anzupassen.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgenden


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 264

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, jene Empfehlungen des Rech­nungshofes des Berichts Bund 2014/6, welche die Dienstbestimmungen III des Pen­sionsrechtes der Bediensteten der Österreichischen Nationalbank betreffen, umzusetzen.“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte.

 


22.19.03

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Präsi­dentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich muss es ganz schnell machen wegen der geringen Restredezeit, die wir haben. Unsere Ordner schauen ganz scharf darauf.

Ich darf zu dem, was die Münze Österreich betrifft, was ich im Ausschuss vertreten ha­be, auf die Kollegin Greiner verweisen, die dann speziell darauf eingehen wird.

Das Zweite, zum Kollegen Zanger: Es wundert mich ein bisschen, weil Kollege Zanger heute einen Antrag zur Kenntnisnahme ablehnt, aber gleichzeitig einen Antrag einbringt, man möge zustimmen, dass wir das umsetzen, was da drinnen ist. – Das ist ein biss­chen oberflächlich. (Abg. Zanger: Du hast es schon verstanden, was ich gesagt habe!)

Das Dritte: Ich halte nichts davon, wenn man einander Altrechnungen aufrechnet. Aber ich denke, unter Schwarz-Blau hätte es unter einem blauen Finanzminister die Mög­lichkeit gegeben, solche Dinge anzugehen. Ich bin froh, dass wir mit dem Sonderpen­sionsgesetz wenigstens einmal einen ersten Schritt gesetzt haben. Selbst der Rech­nungshofpräsident sagt, das ist ein erster Schritt, aber ein wichtiger Schritt, dass man diese Privilegien eindämmt, die jedem sauer aufstoßen. Das ist überhaupt keine Frage, das gehört abgestellt.

Die Schritte sind eingeleitet, und die muss man auch setzen, aber ich denke da an Karl-Werner Rüsch, den FPÖ-Politiker aus Vorarlberg, der Vizepräsident der Oesterreichi­schen Nationalbank war. Was wollen wir denn da aufrechnen? Was wir tun müssen, ist, diese Dinge für die Zukunft abzustellen, sodass sie nicht mehr passieren können und wirklich jeder Euro, den jemand in eine Pension einzahlt, gleich viel wert ist. Ich glaube, das muss das Ziel sein, für das wir gemeinsam kämpfen sollten. – Danke schön. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

22.20


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Let­tenbichler. – Bitte.

 


22.20.32

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Rechnungshofpräsident! Hohes Haus! Da zuvor unter anderem auf das Pensionsrecht der Nationalbank eingegangen wurde, darf ich mich in meinem Beitrag auf die Münze Österreich konzentrieren. Dieser Rechnungshofbericht war ja durchaus spannend zu lesen, wenn ich das anmerken darf, wenngleich die beschriebenen Zustände zum Teil ja haarsträubend waren.

Es wurden einerseits fragwürdige Geschäfte angeführt, die in Syrien und Aserbaid­schan getätigt wurden und im Zuge derer enorme Provisionssummen geflossen sind, insgesamt in etwa eine halbe Million Euro. Auch wurde erwähnt, dass ein fünfstelliger


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 265

Betrag von einem Mitarbeiter der Münze Österreich vorausbezahlt wurde, der nicht mehr weiterverfolgt werden konnte. Und überhaupt gab es, so wurde festgestellt, keine lücken­lose Dokumentation dieser Geschäftsfälle, was ein wesentlicher Kritikpunkt des Rech­nungshofes war, wie auch, und da komme ich zu meinem zweiten Punkt, Vorgänge im Bereich Personalia. Da gab es einerseits Ungereimtheiten bei Verrechnungskonten, andererseits geht es um nicht nachvollziehbare einvernehmliche Trennungen von lei­tenden Angestellten.

Im Konkreten erachtete eine Anwaltskanzlei eine fristlose Entlassung als gerechtfertigt, sah aber eine gewisse Rechtsunsicherheit und gab die Empfehlung ab, man möge sich einigen. Die Einigung sah dann aber so aus, dass es neben der gesetzlichen Abferti­gung auch noch freiwillige Zahlungen in beträchtlichem Ausmaß an scheidende Mitar­beiter gegeben hat, was für mich und auch für die Prüfer des Rechnungshofes ange­sichts der Malversationen völlig unverständlich war.

Es gäbe noch einige Verfehlungen, die angeführt werden könnten, das werden aber noch meine Kolleginnen und Kollegen machen.

Ich will aber auch noch auf die aktuelle Situation der Münze Österreich eingehen und die Aufarbeitung der Missstände ansprechen. Wie Sie wissen, liegt der Zeitraum der Prüfung ja schon einige Jahre zurück. Mittlerweile, und das haben uns der Aufsichts­ratsvorsitzende wie auch der Vorstand im Ausschuss versichert, ist einiges geschehen: Von den 52 Empfehlungen wurden 50 Empfehlungen bereits umgesetzt. Das, was An­lass für die schärfsten Kritikpunkte gab, wurde bei der Münze Österreich mittlerweile abgestellt.

So wurde unter anderem eine völlige Neuausrichtung des Unternehmens begonnen. Man konzentriert sich wieder auf die Kerngeschäfte wie Münzprägung und Geldversor­gung, auch die Anteile an den Casinos Österreich will man daher verkaufen.

Eine Konzernrevision wurde eingeführt, eine Geschäftsfeldanalyse durchgeführt sowie die Veranlagungsstrategie erneuert. Wichtig ist für mich in diesem Zusammenhang auch, dass gerade, wie auch im Rechnungshofbericht empfohlen wurde, keine Handelsagen­ten mehr eingesetzt werden und somit auch keine Provisionszahlungen mehr fließen sollen. Auch ist die Geschäftstätigkeit mittlerweile auf westliche Industriestaaten be­schränkt, wodurch Geldwäsche und Schmiergeldzahlungen verhindert werden sollten.

Der Bericht des Rechnungshofes, aber auch Prüfungen des Finanzministeriums, die ei­niges ans Tageslicht gebracht haben, waren einmal mehr sehr positiv und haben zur Aufarbeitung und zur Neustrukturierung der Münze Österreich wesentlich beigetragen, sodass diese mittlerweile wieder auf einem gesunden Weg ist. – Herzlichen Dank. (Bei­fall bei der ÖVP.)

22.24


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Mo­ser. – Bitte. (Abg. Zanger in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Moser, die die beiden Rechnungshofberichte unter dem Arm trägt : Nicht zu schwer tragen, Frau Kollegin! Abg. Moser: Sind das jetzt 2 Kilo oder 3 Kilo?)

 


22.24.23

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Präsident! Es ist jetzt 22.25 Uhr, jeder von Ihnen will sicherlich noch recht­zeitig nach Hause. Auf der anderen Seite – ich habe die beiden Rechnungshofberichte extra mitgenommen – haben wir einen Prüfungsumfang von etwa 5 Zentimetern; so dick sind die beiden Bände. (Abg. Kogler: 1,5 Kilo!) – Danke, Rechnungshof! Diese gründli­che Prüfungstätigkeit ist die Grundlage jeder parlamentarischen Kontrolle.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 266

Wir haben Prüfungsintensitäten in Bereichen, die dringend reformbedürftig sind. Die Stichworte fielen ja schon: Pensionen der Nationalbank, Münze Österreich oder auch Austrian Institute of Technology GmbH. Also der Rechnungshof hat ein breites Feld, beginnend bei den ganz Obersten, den feudalen Herrschern auf Nationalbankebene – so muss man das ja wirklich nennen –, die sich ihre Einzelverträge da in goldener Aus­führung gestalten ließen, wo die Durchschnittspension in den höheren Regionen Ihr Nationalratsgehalt beträgt. – Das ist dort die Durchschnittspension gewesen! Es gibt jetzt gewisse Besserungen, und auch die Vertreter der Nationalbank im Rechnungshof­ausschuss haben uns versichert, dass sie die Empfehlungen ernst nehmen und auch bis auf zwei schon umgesetzt haben. Aber trotzdem, alleine die Tatsache, dass das möglich war, sollte jetzt trotz später Stunde Anlass zu einer gewissen Empörung ge­ben.

Gut, die Milch wurde verschüttet, jetzt wird verbessert. Es wird dank des Rechnungs­hofberichtes auch hier reformatorisch angesetzt. Auf der anderen Seite, bei der Münze Österreich, ist ein gerichtliches Verfahren anhängig. Ausschlaggebend war auch eine Prüfung des Finanzressorts, sodass die Malversationen gewisser Kreise aus dem Be­reich Münze Österreich – wiederum eine Tochter der Nationalbank – dann auch offen­sichtlich wurden. Der Rechnungshof hat auch hier seine Lupe genauer auf die Fak­tizitäten gelenkt und gewisse Vorschläge gemacht, die jetzt auch endlich wieder einmal fruchten.

Darum bin ich guter Dinge, obwohl natürlich das Grundproblem – ich habe es auch mit dem Herrn Finanzminister im Ausschuss diskutiert – darin liegt, dass die Aufsichtsrätin­nen und Aufsichtsräte ihrem ursprünglichen Auftrag, ihrem von der Funktionsbezeich­nung her klaren Auftrag – Aufsichtsrat heißt Aufsicht nehmen – nicht nachgekommen sind. Das ist ja oft das Problem bei diversen Rechnungshofberichten, dass wir immer wieder sehen, dass sich die republikseigenen Institutionen oder die nahestehenden Institutionen, wo wir erhebliche Anteile haben, in Aufsichtsratsebene ihrer eigentlichen Verpflichtung entschlagen. Letztlich ist dann der Rechnungshof die letzte Instanz, die noch ein Auge darauf hat, wobei die erste Instanz der Aufsichtsrat wäre. Und wir im Parlament dürfen dann zu später Stunde noch einen Blick auf die Fehlleistungen von Aufsichtsräten lenken.

Mein letzter Beitrag bezieht sich auf das Austrian Institute of Technology. Da zeigt sich wieder, dass der Aufwand von finanziellen Mitteln im Vergleich dessen, was jetzt echt in Technologie und Forschung geleitet wird und was auf der anderen Seite bei der Ver­waltung hängenbleibt, ungleich ist. Viel zu viel bleibt im Verwaltungsbereich, im büro­kratischen Bereich und wird nicht dem eigentlichen Ziel entsprechend verwendet, näm­lich Innovation und Forschung zu fördern.

Auch auf diesen Bereich hat der Rechnungshof sein Augenmerk gelenkt, und auch hier haben die geladenen Auskunftspersonen reuevoll bekannt, sie wollen sich bessern. Das würde ich mir von uns allen wünschen, vor allem auch von den Abgeordneten der Mehr­heitsfraktionen: Besserung im Hinblick auf die Bereitschaft zur Kontrolle und zum La­den von Auskunftspersonen. Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

22.28


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte.

 


22.28.53

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Frau Präsidentin! Herr Rechnungshof­präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit diesen beiden Berich­ten – ich beziehe mich jetzt auf den Bericht über die Münze Österreich beziehungs­weise die Pensionen bei der Oesterreichischen Nationalbank – hat der Rechnungshof


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 267

einmal mehr sehr eindrucksvoll aufgezeigt, wie in staatsnahen Stellen mit Steuergeld umgegangen wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte trotz vorgeschrittener Zeit schon etwas näher auf die beiden angesprochenen Berichte eingehen.

Die Münze Österreich – eine Tochter der Oesterreichischen Nationalbank – wurde ge­prüft. Da gab es hauptsächlich Bemängelungen, was Provisionen und Abfertigungszah­lungen an Vorstandsmitglieder ohne Gründe betrifft.

Die Provisionen sind zweigeteilt, wenn man das so nennen kann: Einmal wurden bei Geschäften mit Syrien und Aserbaidschan rund 85 000 € Provisionen gezahlt und ein­mal 450 000 €. Da fehlt ein konkreter Leistungsnachweis, wie der Rechnungshof fest­stellt. Aber das ist, was die Provisionen betrifft, noch nicht die Spitze des Eisbergs, denn, wie ebenfalls aus dem Bericht hervorgeht, flossen im Zeitraum 2006 bis 2010 1,8 Millionen € an Provisionen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Diese wurden weder lückenlos dokumentiert, noch gab es dafür ausreichend Nachweise, wie der Rech­nungshof festgestellt hat.

Weiters möchte ich, wie ich schon eingangs erwähnt habe, das – ich nenne es einmal so – eigenartige Personalwesen ansprechen, wo Entlassungen stattgefunden haben, die nachträglich wieder zurückgenommen wurden, und Abfertigungszahlungen geflossen sind. Und das, meine Damen und Herren, alles auf Kosten des Steuerzahlers.

Die Auskunftspersonen haben im Ausschuss zugesagt, dass die Vorschläge des Rech­nungshofs ernst genommen werden. Es wurde von einer Neuausrichtung der Mün­ze Österreich gesprochen, von der Umsetzung der Empfehlungen. Man darf gespannt sein, was dabei herauskommen wird. Rechnungshofpräsident Moser hat uns im Aus­schuss auch mitgeteilt, dass im nächsten Jahr eine Follow-up-Prüfung der Münze Ös­terreich stattfinden wird. Dann werden wir sehen, wie ernst es denn mit der Umsetzung dieser Empfehlungen ist und wie es dann aussieht.

Nun möchte ich zu den Pensionsprivilegien der Oesterreichischen Nationalbank kom­men. Die Pensionsprivilegien und die Privilegien generell sind ein Mediendauerbrenner und ziehen sich leider wie ein roter Faden durch. Wenn man sich vor Augen hält, dass 2012 die Jahrespension bei der Oesterreichischen Nationalbank 87 800 € betragen hat, dazu im Vergleich die Durchschnittspension bei den Bundesbediensteten 37 200 €, dann ist das schon ein enormer Unterschied. Den muss man hier schon ansprechen, und das muss man sich auch vor Augen führen.

Zumal möchte ich noch anmerken: Was haben denn die Bauern, die Landwirte für eine durchschnittliche Pension? – Die haben im Monat rund 880 €. Aufs Jahr gesehen, kann man sich dann ausrechnen, sind es vielleicht 12 000 €. Und was leisten sie? Was ha­ben sie für einen Aufwand, für eine körperliche Anstrengung? – Sie sind am Ende ihres Lebens fertig vor lauter Arbeit. (Beifall beim Team Stronach sowie der Abgeordneten Auer und Doppler.)

Der Pensionsbetrag, den Landwirte bekommen, ist sehr, sehr gering, ich würde fast sa­gen, beschämend gering, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Der Rechnungshofpräsident hat auch den Vergleich angestellt und uns im Ausschuss Folgendes mitgeteilt, was die Senkung der Pensionen betrifft: Während die Pensionen bei den Bundesbediensteten auf maximal 50 Prozent des Letztgehalts gesenkt wurden, wurden sie bei der Nationalbank nur von 85 auf 82,5 Prozent gesenkt. Da muss man sich den Unterschied und auch die Differenz ansehen.

Einen wichtigen Punkt möchte ich noch ansprechen, der auch eine besondere Spezia­lität ist, nämlich die Witwenpension in der Oesterreichischen Nationalbank. Ehepartner von verstorbenen Mitarbeitern bekommen laut alten Dienstbestimmungen 60 Prozent


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 268

des Einkommens des verstorbenen Ehepartners. Das ist gestaffelt, dieser Satz erhöht sich nach zehnjähriger Ehe auf 63 Prozent und nach zwanzigjähriger Ehe auf 66 Pro­zent. Und jetzt kommt es, meine sehr geehrten Damen und Herren: Die Witwenpen­sion, die die Oesterreichische Nationalbank auszahlt, ist nicht vom Eigeneinkommen der Witwe oder des Witwers abhängig. Das ist auch ein Punkt, der angesprochen wer­den muss. (Heiterkeit der Abg. Gisela Wurm.) – Ich weiß nicht, was da so lustig ist, lie­be Gisela Wurm!

Ich finde das nicht lustig, wenn da solche Privilegien zu finden sind, wenn sich die Ös­terreicherinnen und Österreicher, der normale kleine Mann, von dem wir immer so ger­ne reden, und die normale kleine Frau, das Leben nicht mehr leisten können, die Hei­zung nicht mehr leisten können, die Wohnung nicht mehr leisten können; in der vorigen Debatte haben wir es gehört. Da ist es schon ein Wahnsinn, was in der Nationalbank noch an Privilegien vorhanden ist. Und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, muss geändert werden!

Der Rechnungshof hat auch gesagt, dass die gesetzlichen Bestimmungen, die wir hier im Nationalrat beschlossen haben (Zwischenruf der Abg. Gisela Wurm), nicht ausrei­chend sind. Hier muss es ein gerechtes System geben. Die Nationalbank muss noch Änderungen vornehmen, damit der ASVG-Bereich, der Beamtenbereich und auch der Bereich der Nationalbank näher zusammenkommen und es nicht so große, gravieren­de und ungerechte Unterschiede gibt. – Danke. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Auer.)

22.34


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Grei­ner. – Bitte.

 


22.35.00

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rech­nungshofs! Hohes Haus! Was springt bei dem vorliegenden Bericht zur Münze Öster­reich AG sofort ins Auge? – Das sind die gewaltigen Umsätze und die zahlenmäßig gu­te Bilanz. Von 2006 bis 2012 erreichte die Münze Österreich AG eine Umsatzsteige­rung von über 800 Prozent, möglich durch die verstärkten Gold- und Silberanlagen im Umfeld der Krise. Aber die Prüfung durch den Rechnungshof hat gravierende Mängel zutage gebracht. Viele haben wir heute schon gehört. Ich erwähne nur einige wenige angesichts der späten Stunde.

Es war die Rede von fehlenden Dokumentationen von Geschäftsfällen, von fehlenden Sitzungsprotokollen, von der Umgehung des Stellennachbesetzungsgesetzes, von gra­vierenden Mängeln in der Risikoabschätzung. Es gab keine Veranlagungsstrategie et cetera, et cetera.

Der Rechnungshof hat 52 Empfehlungen abgegeben. Nahezu alle sind mittlerweile re­alisiert worden. Im Ausschuss hat uns die Führungscrew der Münze Österreich AG be­stätigt, dass das System im Unternehmen drastisch umgestellt wurde, mittlerweile auch eine Strategie vorliegt, das interne Kontrollsystem laufend adaptiert wird, mittlerweile eine adaptierte Geschäftsordnung für den Vorstand existiert und demnächst auch eine für den Aufsichtsrat.

Die weitere Vorgangsweise liegt darin: Es wird nächstes Jahr eine Follow-up-Prüfung geben. Dann wird man sehen können, wie weit die Nachhaltigkeit der vorgeschlagenen Empfehlungen gegeben ist. Und bei dieser Prüfung wird man ganz gezielt darauf ach­ten, ob das Stellennachbesetzungsgesetz tatsächlich eingehalten werden wird. – Dan­ke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.36



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 269

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ku­cher. – Bitte.

 


22.36.57

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Rechnungs­hofpräsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ja, auch ich persönlich stelle mir unter Pensionsgerechtigkeit und Fairness etwas anderes als diese Sonderpensionsre­gelungen vor, die es bei der Oesterreichischen Nationalbank gegeben hat. Im Unter­schied zum Kollegen Zanger bin ich aber in die Politik gegangen, weil ich die Einstel­lung habe, wenn es Ungerechtigkeiten gibt, dann hilft es nichts, dass man nur darüber jammert und sich beklagt, man sollte auch etwas tun.

Vor wenigen Monaten sind alle Fraktionen hier im Hohen Haus zusammengesessen und haben gemeinsam überlegt, wie man eine Lösung finden kann, dass man dieses Problem der Sonderpensionen in den Griff bekommt. Alle Fraktionen haben dann ge­meinsam beraten; es hat Möglichkeiten gegeben, die verfassungskonform sind, dass man eben die Sonderpensionen in gewissen Bereichen um bis zu 25 Prozent kürzt, dass es Höchstbeiträge und Höchstpensionen gibt und man hier wirklich harte Grenzen einzieht.

Die FPÖ war da nicht dabei. Ich glaube, das Jammern bringt einfach nichts. Man muss sich aktiv einbringen. Ihr hättet auch die Zeit gehabt, während eurer Regierungsbeteili­gung durchaus in diesem Bereich etwas zu machen. Man kann nicht immer nur über Gerechtigkeit diskutieren, man muss auch etwas tun. Ich glaube, das wäre eine Mög­lichkeit gewesen. Ihr habt den Finanzminister und den Sozialminister gestellt. Da ist gar nichts passiert! (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ihr seid nur hineingefahren bei den kleinen Pensionen, bei den ASVG-Pensionen, bei den Eisenbahnern. Da seid ihr hi­neingefahren. Bei den Sonderpensionen habt ihr gar nichts gemacht. Heute seid ihr wieder nicht dabei. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben eine Lösung gefunden, die auch der Rechnungshof durchaus positiv bewer­tet hat. Bei der Nationalbank hat sich einiges getan. Es gibt neue schärfere Regelungen. Wir haben auch ganz detailliert nachgefragt. Der Herr Rechnungshofpräsident wird das in einer Follow-up-Überprüfung kontrollieren. Das darf in Zukunft nicht mehr vorkom­men. Wir werden ganz genau schauen. Aber wir schauen nicht nur, wir tun auch etwas. Ich darf Sie herzlich einladen: Tun Sie auch ein bisschen mit, nicht nur reden! Das ist ein bisschen zu wenig. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Zanger.)

22.38

22.38.30

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 30: Antrag des Rech­nungshofausschusses, den Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2013/10 (III-23 d.B.), zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 31: Antrag des Rech­nungshofausschusses, den Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2014/6 (III-63 d.B.), zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 270

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Umsetzung der Empfehlun­gen des Rechnungshofes aus dem Bericht Bund 2014/6 bezüglich des Pensionsrech­tes der Bediensteten der Oesterreichischen Nationalbank.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

22.40.2932. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungs­hofes, Reihe Bund 2011/12 (III-7/409 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zum 32. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


22.40.52

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Der Bericht, der heute diskutiert wird, betreffend die Schließung von Post­filialen beleuchtet Vorgänge, die bereits über fünf Jahre zurückliegen. Der Börsengang der Post erfolgte im Jahre 2006, als ein großer struktureller Umbau vorangetrieben wur­de, der enorme Ausmaße hatte. Die Post blieb aber hinter ihrem eigenen Plan zurück, was auch zum Entfall von Einsparungen führte. Auch bei der Auswahl der zu schlie­ßenden Standorte ergaben sich laut Rechnungshofbericht Ungereimtheiten, weil die Post nicht nur Filialen mit dem größten negativen Deckungsgrad auswählte, um sie in Post Partner umzuwandeln. Die endgültige Bilanz haben aber nicht nur die Rechnungs­hofprüfer zu ziehen, sondern auch die Kunden der Post selbst.

Da stehen negativen Eindrücken auch positive Entwicklungen gegenüber. Die gesetz­lich vorgesehene Versorgungsdichte von zwei Kilometern im städtischen Bereich ist laut Post AG übertroffen. Das deckt sich jedoch auch nicht immer mit den Wahrneh­mungen der Bevölkerung oder mit meinen eigenen Beobachtungen, zum Beispiel in meinem Wahlkreis.

Der vorliegende Rechnungshofbericht zeichnet ein durchaus durchwachsenes Bild. Je­denfalls gilt es aber, das Engagement der jetzigen Post-Führung bei der Umsetzung der Vorschläge des Rechnungshofes zu würdigen. Dem Unternehmen ist bei seiner weiteren Reise das Beste zu wünschen, zumal ja die Republik auch als Teileigentü­merin immer noch an der Entwicklung der Österreichischen Post AG mitpartizipiert. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

22.42


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ot­tenschläger. – Bitte.

 


22.43.00

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Rechnungshof­präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Becher hat einiges zum Thema Österreichische Post vorweggenommen. Prüfungsziele waren unter anderem auch die Wirtschaftlichkeit der Neustrukturierung des Vertriebsnetzes beziehungsweise die Ein­haltung der gesetzlich formulierten Zielsetzungen.

Ein paar Fakten dazu: Derzeit gibt es eigentlich mehr Filialen und Post Partner, als das Gesetz vorschreibt: 523 eigenbetriebene Filialen, 1 307 Post Partner, somit insgesamt 1 830 Geschäftsstellen. Wie wir in der letzten Ausschusssitzung gehört haben, ist die


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 271

Zielsetzung der Post, 2 000 Geschäftsstellen zu erreichen. Das ist durchaus positiv zur Kenntnis zu nehmen.

Darüber hinaus schreibt aber – die Kritikpunkte wurden erwähnt, diese möchte ich jetzt nicht wiederholen – der Rechnungshof in seinem Bericht, dass sich der Konzern im überprüften Zeitraum relativ stetig positiv entwickelt hat. Auch das soll man hier erwäh­nen. Und was auch interessant ist, ist, dass die Akzeptanz der Kunden, was die Post Partner betrifft, laut den Studien groß ist. Hauptgründe für die hohe Zustimmungsrate sind unter anderem längere beziehungsweise attraktivere Öffnungszeiten, zum Teil auch an Samstagen. Die Ergebnisse der Qualitätsprüfung waren in weitesten Bereichen posi­tiv zu sehen.

Ich glaube, man kann zur Kenntnis nehmen, dass die Systemänderung bei der Öster­reichischen Post gut und wichtig ist, und ich hoffe, dass die Entwicklung so weiterge­hen wird.

Nun kurz zum Bericht über die Generalsanierung des Standorts Himmelpfortgasse 6-8, sprich des Hauptsitzes des Finanzministeriums: Sie alle wissen, das war ein schwie­riges Unterfangen. Es gibt hier große Kritik seitens des Rechnungshofes, zum Teil si­cher auch berechtigt. Ich möchte zum Beispiel zwei Dinge erwähnen. Das eine betrifft die Einbindung der Mitarbeiter, dass man sie nämlich früher einbindet, um auch die Planung entsprechend vornehmen zu können, das andere die Reserven für Valorisie­rungen: Bei solchen Projekten ist es angebracht, Reserven für Valorisierungen im Sin­ne der Kostenwahrheit von Planungsbeginn an auszuweisen.

Auf eines möchte ich hier noch hinweisen: Dieses Projekt ist sehr komplex gewesen, unter anderem auch deswegen, weil natürlich der Denkmalschutz eine wesentliche Rolle gespielt hat. Im Rechnungshofbericht ist auch beschrieben, dass die Kosten des Be­triebes, die sowieso anfallen, beziehungsweise andere Kosten, die nicht unmittelbar mit der Generalsanierung zu tun hatten, in diesen exorbitanten Kostensteigerungen darge­stellt werden. – Da bin ich anderer Meinung. Diese Kosten gehören hier herausgerech­net. Es bleibt aber trotz alledem übrig, dass natürlich eine erhebliche Kostensteigerung bei diesem Projekt ausgewiesen wird. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

22.46


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Hauser. – Bitte.

 


22.46.43

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es wurde zwar schon zweimal festgehalten – einmal vom Kollegen Zanger und einmal richtigerweise von Kollegin Dr. Moser –: Ich bedauere es auch sehr, dass die Rech­nungshofberichte zu später Stunde diskutiert werden, wenn man nahezu ein schlech­tes Gefühl hat, wenn man noch lange spricht, weil grundsätzlich jeder auf die Uhr schaut und sagt: Wir sind froh, wenn die Sitzung dann zu Ende geht!

Das ist wirklich schade, denn da geht es um viel Geld. Der Rechnungshof ist ein Organ des Nationalrats, er ist ein Organ, das uns zuarbeitet, das uns, Herr Präsident Moser, perfekt zuarbeitet und uns Zahlenmaterial liefert, mit dem wir tatsächlich auch in der Politik Änderungen herbeiführen können. Herr Kollege Kucher, da Sie festgestellt ha­ben, wer was in der Vergangenheit nicht getan hat, so sage ich, das bringt uns ja über­haupt nicht weiter.

Fakt ist – das wurde im Rechnungshofausschuss von Präsidenten Moser festgestellt –, dass die Oesterreichische Nationalbank nach wie vor Pensionen ausbezahlt, die weit über das Normale hinausgehen. Das ist nach wie vor ein Pensionsprivilegienstadel, ob-


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wohl Änderungen vorgenommen wurden. Allein in der Dienstklasse I können im Zeit­raum zwischen 2015 und 2026 100 Millionen € eingespart werden. Das ist unglaublich viel Geld. (Abg. Wittmann: Das war der Punkt vorher!) – Herr Kollege, schauen Sie ein­mal her, das haben wir von Präsidenten Moser im Rechnungshofausschuss bekom­men! So schaut die Sache aus. (Der Redner hält eine bunte Grafik in die Höhe.)

Das blaue Profil sind die Empfehlungen des Rechnungshofes in Sachen Pensionsan­passungen, in Rot festgehalten ist die Zielerreichung, das, was derzeit mit den gesetzli­chen Vorschriften in der Oesterreichischen Nationalbank erreicht wird. (Abg. Wittmann: Falscher Tagesordnungspunkt!) – Ich weiß schon. – Da gibt es noch eine große Diffe­renz, wo es nachzuarbeiten gilt. Deswegen ist es auch wichtig, dass wir genügend Zeit haben, das zu diskutieren. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wittmann.) – Beruhigen Sie sich, ich weiß schon, dass das nicht zur Post gehört!

Nun kurz einige Worte zur Post (Abg. Wittmann: Bravo! Wir sind beim Thema!) – Herr Kollege, melden Sie sich bitte dann zu Wort! –: Diese Postschließungen wurden von uns nicht gewollt. (Beifall bei der FPÖ.) Postschließungen führen auch zu einer Aus­dünnung im ländlichen Raum. Wenn man das Glück hat, einen Post Partner zu ha­ben – Gott sei Dank gibt es viele gute Post Partner, die viele Dienstleistungen mitüber­nommen haben, aber nicht alle –, kann man sich wirklich glücklich schätzen.

Wichtig ist, dass wir darauf schauen, dass der ländliche Raum nicht weiter ausgedünnt wird und dass vor allem die Rentabilität der Post Partner erhalten bleibt. Wenn nämlich diese Rentabilität wegfällt, fehlen Post Partner vor Ort, und damit wird der ländliche Raum weiter ausgedünnt. Es ist unsere Aufgabe, dies zu verhindern. – Ich danke. (Bei­fall bei der FPÖ.)

22.50


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Mo­ser. – Bitte.

 


22.50.20

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Präsident! Meine Da­men und Herren! Es ist wirklich müßig: Wir haben einen Bericht aus dem Jahr 2011; drei Jahre später sollen wir jetzt, zu der Zeit, noch seriös über Bereiche der Bundesim­mobilien reden.

Himmelpfortgasse, Sitz des Finanzministers: Das war ein großes Geschäft auch für In­sider, für Menschen, die wussten, dass ein Gebäude verkauft werden könnte, dass ein anderes renoviert wird, dass ein drittes – Riemergasse – vielleicht ausgesiedelt wird, dass das vielleicht auch wieder auf den Markt kommen könnte. Dankenswerterweise hat der Herr Präsident beziehungsweise haben seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Insidergeschäft von Plech und Grasser in ihrem Bericht sehr deutlich umrissen, schlicht mit den Worten – ich zitiere –:

„In den Entscheidungsprozess für den Verkauf zog das BMF ohne jede vertragliche Ver­pflichtung ein Bau- und Projektentwicklungsunternehmen und einen Immobilienmakler bei. Da bei beiden ein schriftliches Vertragsverhältnis fehlte, konnten sie ihr Know-how auch für ihre weitere Geschäftstätigkeit nutzen.“

Damit hat der Rechnungshof einen sehr wesentlichen Beitrag auch für die strafrechtli­chen Ermittlungen geleistet, die ja nach wie vor im Gange sind und wo wir nach wie vor im Justizressort einen Vorhabensbericht liegen haben, der auch andere Immobilienbe­reiche der Republik, sprich bundeseigene Wohnbaugesellschaften, umfasst, und wo nach wie vor nicht entschieden worden ist, ob jetzt ein Prozess stattfinden wird oder nicht, ob eine Anklage kommt oder nicht. Einer der Schauplätze dieser Freunderlwirtschaften war auch die Himmelpfortgasse, war das jetzige Finanzministerium, das dann zum Teil


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zum Museum umgewidmet wurde. – So viel zu dem einen Bereich, aufgrund der vorge­schrittenen Zeit belasse ich es bei diesen Hinweisen.

Zur Post nur zwei Sätze: Der Rechnungshof hat die Wirtschaftlichkeit untersucht, hat also auch darauf hingewiesen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen vonseiten des BMVIT mit der Universaldienstverordnung und mit dem Postmarktgesetz gegeben wa­ren. Natürlich, die Leidtragenden sind schon die Menschen vor Ort! Aber es war ein po­litischer Wille und eine politische Entscheidung, unter diesen Rahmenbedingungen dann die Post AG agieren und ihr Schließungskonzept durchsetzen zu lassen.

Das Schließungskonzept hat nur geringe Kritik erfahren. Man hätte anders vorgehen können, nach sozusagen wirtschaftlicheren Gesichtspunkten und nicht nach personal­politischen Gesichtspunkten. Aber unterm Strich leiden wir gerade jetzt in der Vorweih­nachtszeit oft darunter, dass es zu wenige Postämter gibt und dass diese Postdienst­leistungen bei den Post Partnern unzulänglich sind.

Herr Präsident, Danke für Ihre wertvolle Arbeit, vor allem auch die Ihrer Mitarbeiter in allen Bereichen! Es tut mir immer wieder leid, dass wir zu später Stunde über Ihre Be­richte diskutieren müssen, obwohl wir als kontrollaufgabenorientierte Abgeordnete ei­gentlich um 9 Uhr in der Früh oder um 10 oder 12 Uhr, am besten im Beisein eines Mi­nisters, darüber reden sollten. Aber glücklicherweise – und damit schließe ich – gibt es Follow-up-Prüfungen, die dann vielleicht nicht um Mitternacht diskutiert werden. – Dan­ke. (Beifall bei den Grünen.)

22.53


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl. – Bitte. (Abg. Zanger: Sie sind so ...!)

 


22.54.05

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Rech­nungshofpräsident! Hohes Haus! Lieber Kollege Zanger, zwischen März und Juni 2010 überprüfte der Rechnungshof die Gebarung der Österreichischen Post Aktiengesell­schaft hinsichtlich der Schließung von Postfilialen. Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2006 bis Mitte 2010. Der Rechnungshof gab insgesamt 13 Empfehlungen an die Österreichische Post AG ab – Empfehlungen, die laut Herrn Post-Generaldirektor Georg Pölzl bereits umgesetzt worden sind.

Aus dem Rechnungshofbericht geht hervor, dass ab dem Jahr 2009 defizitäre Kleinst­filialen mit Öffnungszeiten von 25 bis 30 Wochenstunden bevorzugt in Post Partner um­gewandelt worden sind, um Kündigungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu ver­meiden.

Auf Seite 143 des Rechnungshofberichtes wird in Absatz 19.1 die Post-Partner-Akzep­tanz näher erläutert. Im Jahr 2010 wurde von der Post AG eine Studie durchgeführt, diese besagt, dass acht von zehn telefonisch Befragten mit den Leistungen des Post Partners zufrieden sind. Die Hauptgründe waren die längeren und attraktiveren Öff­nungszeiten, zum Teil auch an Samstagen. Hinsichtlich der Beratungskompetenz der Post Partner zeigte sich aber noch Optimierungsbedarf.

Post-Generaldirektor Georg Pölzl führte im Rechnungshofausschuss auch aus, dass nur Filialen mit negativem Betriebsergebnis geschlossen werden, dass das Netz der Post heute dichter denn je sei, die Kundenzufriedenheit mittlerweile gut sei und auch ständig zunehme.

Abschließend möchte ich noch bemerken, dass es auch für mich wichtig ist, dass die flächendeckende Versorgung der Menschen mit Postdienstleistungen, insbesondere in strukturschwachen Regionen, gesichert ist. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Zanger: Wie war das jetzt mit der Frauenquote in der Post ...?)

22.56



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 274

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dopp­ler. – Bitte.

 


22.56.26

Abgeordneter Rupert Doppler (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Präsident! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Rechnungshofbericht betreffend Sanierungskosten des Fi­nanzministeriums: Die Generalsanierung des Standorts Himmelpfortgasse erwies sich als teurer als ursprünglich veranschlagt. In der Anfangsplanung war man noch davon ausgegangen, dass man die Sanierung aus den Verkäufen von Liegenschaften für den Bund kostenneutral durchführen kann, so der Rechnungshofpräsident. – Das ist leider nicht der Fall, meine sehr geehrten Damen und Herren: Gesamtkosten von mehr als 198 Millionen €, massive Kostenüberschreitung in jeder Hinsicht!

Auf der einen Seite, meine sehr geehrten Damen und Herren, hält sich das Ministerium nicht an die vorgegebenen Kosten. Auf der anderen Seite werden, wie wir heute schon gehört haben, die Häuslbauer oder Eigentumswohnungsbesitzer, denen der Keller zum Wohnraum dazugerechnet wird, zur Kasse gebeten. Ich frage, wo hier der Gleichheits­grundsatz ist. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

22.57

22.57.20

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-7 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

22.58.0033. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (762/A)

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zum 33. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste hat sich Frau Abgeordnete – jetzt – Schimanek zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


22.58.22

Abgeordnete Carmen Schimanek (FPÖ): Frau Präsidentin! Unser Antrag betreffend 1:1-Zählregel in jedem Bus – jedem Kind seinen Platz im Autobus ist nicht neu, diese Debatte begleitet uns schon seit Jahren. Ich glaube aber, sie ist notwendiger denn je, denn laut Kuratorium für Verkehrssicherheit gab es in Österreich in den Jahren 2003 bis 2013 290 Unfälle mit Schulbussen, und dabei wurden 515 Kinder verletzt. Das heißt, das waren 515 Kinder zu viel! (Beifall bei der FPÖ.)

Knapp 1,2 Millionen Schüler sind täglich unterwegs zum Unterricht. Davon sind mehr als die Hälfte in Schulbussen und öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs. Dabei treten sie eine gefährliche Reise an, und ihr Schutzengel hat dabei sehr viel Arbeit.

Wie Ihnen allen bekannt ist, haben wir in Österreich die Regelung, dass in Linienbus­sen drei Kinder auf zwei Sitzplätzen sitzend transportiert werden dürfen. Das führt zu heillos überfüllten Schulbussen. Besonders absurd ist natürlich auch die Tatsache, dass


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Kinder in privaten Pkws angeschnallt sein und einen Kindersitz haben müssen und dass die Eltern 72 € zahlen müssen, wenn sie das nicht einhalten.

Auch die Volksanwaltschaft hat sich jetzt dieses Themas angenommen. Unser Volks­anwalt Dr. Fichtenbauer hat nun ein Prüfverfahren zur Sitzplatzzählung in Schulbussen eingeleitet. Bereits in den Parlamentsberichten der Jahre 1980, 2001, 2008 und 2009 kritisierte die Volksanwaltschaft diese Beförderungsbestimmungen im Kraftfahrgesetz. Dennoch hat sich die Situation für unsere Kinder in Österreich nicht geändert. Leider hat das Verkehrsministerium lediglich die Aufstockung der Schulbusflotte durch die Länder gefordert. Ich persönlich glaube, dass das schwer durchzusetzen ist, aber wir sind als Gesetzgeber einfach dazu verpflichtet, für unsere Kinder einen sicheren Schul­weg zu gewährleisten. (Beifall bei der FPÖ.)

Deshalb freut es mich besonders, dass in den Vorgesprächen mit den Verkehrsrefe­renten Signale da waren, dass es endlich zu einer sinnvollen und endgültigen Lösung dieses Problems kommen kann. Ich hoffe auf eine gute und konstruktive Diskussion im Ausschuss und auf eine endgültige Lösung für unsere Kinder, die täglich mit den Schul­bussen unterwegs sind. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

23.01


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.

 


23.01.47

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Her­ren! Hohes Haus! Größtmögliche Sicherheit im Straßenverkehr für die schwächsten Ver­kehrsteilnehmer, nämlich für unsere Kinder, ist uns allen natürlich ein wichtiges verkehrs­politisches Anliegen.

Nur zur Erinnerung: Fast 90 Prozent aller im Straßenverkehr verunglückten Kinder wa­ren mit dem Pkw, mit dem Rad oder zu Fuß unterwegs. In den letzten Jahren wurde betreffend die Verkehrssicherheit für Kinder schon sehr viel getan: Radhelmpflicht, Schulungen, Bewusstseinsbildung und so weiter. Natürlich dürfen wir aber auch das Thema Sicherheit unserer Kinder in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht unter den Tisch fallen lassen. Sie wissen, bereits seit Längerem gilt für Schüler im Gelegenheitsverkehr die sogenannte 1:1-Zählregel. Die Erfahrungen damit sind durchwegs positiv.

Busse im Linienverkehr, welche größtenteils im städtischen Bereich unterwegs sind, verfügen über Stehplätze und keine Gurte. Das ist anders als im sogenannten Gele­genheitsverkehr. Das heißt – so sagen uns die Verkehrsexperten (Beifall des Abg. Ja­rolim) –, der Sicherheitsgewinn für die Kinder ist nicht wirklich gegeben, wenn das Kind zwar sitzt, es aber keinen Sitzgurt gibt.

Trotzdem: Eine Debatte über die Einführung der 1:1-Zählregel für Schüler im Linienver­kehr ist grundsätzlich sinnvoll. Im Übrigen und abschließend könnte meiner Meinung nach eine generelle Regelung der 1:1-Zählregel für Schulbusse im Linienverkehr nur un­ter Einbindung der Länder, Städte und Gemeinden erfolgen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Sicherheit der Kinder ist uns allen ein Anlie­gen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

23.03


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Otten­schläger. – Bitte.

 


23.03.38

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Kollegin­nen und Kollegen! Zu später Stunde ein wichtiges Thema, gar keine Frage! Frau Kolle-


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gin Schimanek hat es schon erwähnt: Es sind fast 1,2 Millionen Schülerinnen und Schü­ler täglich auf dem Weg, davon fahren etwa 660 000 mit dem öffentlichen Linienver­kehr. Wir müssen nur unterscheiden zwischen dem Gelegenheitsverkehr und dem Li­nienverkehr; sprich, bei Transporten beispielsweise zu Skikursen oder Ausflügen gibt es bereits die 1:1-Regel. Ich möchte das hier nur erwähnen.

Wir müssen uns natürlich gemeinsam eine praktikable Lösung überlegen. Der Nach­denkprozess wird sicher nicht von heute auf morgen zu Ende gehen können, weil wir vor vielen Herausforderungen stehen. Auf der einen Seite müssen wir einmal die Da­tenlage klären. Vor allem müssen wir uns anschauen, in welchen Regionen diese Pro­blematik besteht, denn es gibt natürlich schon Praxisprobleme. Überlegen Sie sich, wie das zum Beispiel in der Stadt ist, hier in der Nähe, beim 13A: Wie gehen wir dort mit diesem Thema um? Wie gehen wir – gesellschaftspolitisch – mit älteren Menschen, mit anderen, die einen Sitzplatz brauchen, um?

Ich glaube, insgesamt sind wir uns einig, dass es ein komplexes Thema ist. Es ist auch ein Thema, bei dem es um erhebliche finanzielle Mittel geht. Es ist ein Thema, bei dem wir gemeinsam mit den Regionen, mit den Ländern etwas erarbeiten müssen. Ich den­ke mir, der Verkehrsausschuss ist der richtige Ort, um das gemeinsam zu erörtern – für die Sicherheit unserer Kinder.

An dieser Stelle darf ich Ihnen allen ein gesegnetes Weihnachtsfest wünschen, so wir uns in diesem Rahmen nicht mehr sehen, und hoffe auf Gesundheit und Kraft für ein gutes neues Jahr! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

23.05


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Mo­ser. – Bitte. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


23.05.00

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! Wir wissen ja schon seit Jahr und Tag Bescheid über die Missstände bei den Fahrten von Schülerinnen und Schülern zur Schule. Wir Grüne haben, glaube ich, schon in drei Perioden, ich persönlich habe in der Vergangenheit schon in allen drei Perioden immer wieder – Frau Präsidentin, Sie sind meine Kronzeugin – entsprechende Anträge im Verkehrsressort eingebracht.

Wir haben es auch im Ausschuss diskutiert, und jedes Mal hat es wieder geheißen: Ja meine Güte, es ist eine Frage des Geldes! Sprich: Der Familienlastenausgleich muss ja diese Schülertransporte auch mitfinanzieren. Es ist auf der anderen Seite eine Frage der Kapazität der Unternehmungen, sprich Zahl der Busse, sprich Zahl der Fahrer, und da ja zu wenig Geld da ist, ist es eben, wie es ist.

Nur: Wie es ist, ist es schlecht! Das sage ich schlichtweg, denn ich kann es auch nicht verantworten, dass im normalen Pkw jede Fahrerin, jeder Fahrer Strafe zahlen muss, ein Organmandat erhält, wenn ein Kleinkind nicht angegurtet ist, wenn eine 6-Jährige oder ein 10-Jähriger nicht angegurtet ist. Dort dürfen auch nicht fünf oder sechs 6-Jäh­rige auf dem Rücksitz sitzen, das ist auch verboten. Aber in den öffentlichen Verkehrs­mitteln, in den Schulbussen gilt ein anderes Gesetz, gilt eine andere Regel, die jedem Vernunftgedanken widerspricht.

Deshalb unterstützen wir natürlich den Vorstoß der Frau Kollegin aus Tirol und sagen: Ja, das Problem kennen wir, das Problem ist seit Jahr und Tag – ich glaube, jetzt schon mindestens 20 Jahre – auf dem Tisch. Nun soll im 21. Jahr endlich einmal das entspre­chende Geld zur Verfügung gestellt werden, damit die Menschen, falsch, die Kinder, so muss man es richtig sagen, gefahrenärmer zur Schule oder zu ihren sonstigen Ver-


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pflichtungen transportiert werden. Das wäre doch eine Selbstverständlichkeit! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der FPÖ.)

23.07


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Stein­bichler. – Bitte. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


23.08.05

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe parlamentarische Mitarbeiter! Wir vom Team Stronach wünschen allen Schülerinnen und Schülern – egal, ob im Gelegenheitsver­kehr oder im Linienverkehr – unfallfreie Fahrten.

Ich darf aber die Gelegenheit nützen, im Namen des Teams Stronach allen Kollegin­nen und Kollegen besinnliche und frohe Weihnachten im Kreise der Familie und einen guten Rutsch ins neue Jahr zu wünschen. – Danke. (Beifall bei Team Stronach, SPÖ und ÖVP.)

23.08


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 762/A dem Verkehrsausschuss zu.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

23.08.49Abstimmung über einen Fristsetzungsantrag

 


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich ersuche Sie kurz um Aufmerksamkeit, wir haben noch abzustimmen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Schie­der und Dr. Lopatka, dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über die Regie­rungsvorlage betreffend ein Fortpflanzungsmedizinrechts-Änderungsgesetz 2015 eine Frist bis 19. Jänner zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

23.09.27Einlauf

 


Präsidentin Doris Bures: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 834/A bis 852/A(E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 3281/J bis 3312/J eingelangt.

*****

23.10.01Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls

 


Präsidentin Doris Bures: Es liegt mir das schriftliches Verlangen von 20 Abgeordne­ten vor, die vorgesehene Fassung des Amtlichen Protokolls hinsichtlich des Tagesord­nungspunktes 3 zu verlesen, damit dieser Teil mit Schluss der Sitzung als genehmigt gilt.

Ich werde daher so vorgehen und verlese nunmehr den entsprechenden Teil des Amtli­chen Protokolls.


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„TO-Punkt 3: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (345 d.B.): Bun­desgesetz über österreichische Beiträge an internationale Finanzinstitutionen (IFI-Bei­tragsgesetz 2014) (434 d.B.)

Abstimmung:

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 434 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung mehrstimmig angenommen.

Es liegt ein Verlangen gemäß § 51 Abs. 6 GOG von 20 Abgeordneten auf Verlesung des Amtlichen Protokolls hinsichtlich des Tagesordnungspunktes 3 (Beilage III/1) vor.“

*****

Erheben sich Einwendungen gegen die Fassung oder den Inhalt dieses Teils des Amt­lichen Protokolls? – Das ist nicht der Fall.

Dieser Teil des Amtlichen Protokolls gilt daher gemäß § 51 Abs. 6 der Geschäftsord­nung mit Schluss dieser Sitzung auch als genehmigt.

23.11.23Schlussworte der Präsidentin

 


23.11.25

Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Trotz der vorge­rückten Zeit möchte ich die schöne Tradition fortführen und das Ende der letzten Sit­zung im Kalenderjahr nutzen, um mich bei allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Hauses, bei den parlamentarischen Klubs und bei den parlamentarischen Mitarbeitern herzlich für ihre engagierte und professionelle Arbeit zu bedanken. (Allgemeiner Bei­fall.)

Ich möchte mich auch persönlich für die gute und konstruktive Zusammenarbeit beim Zweiten Präsidenten des Nationalrates Karlheinz Kopf und beim Dritten Präsidenten des Nationalrates Norbert Hofer sowie bei allen Mitgliedern der Präsidialkonferenz be­danken.

Über dem Ende des heurigen Jahres hängt ein dunkler Schatten. Am 2. August ist eine große Parlamentarierin, die Präsidentin des Nationalrates Barbara Prammer, verstor­ben, wir mussten von ihr Abschied nehmen, und ich weiß: Das ist ein Abschied, der uns allen sehr schwergefallen ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde jetzt nicht aufzählen, was Sie alles im letzten Jahr geleistet haben, wie viele Plenarsitzungen und Ausschusssitzungen ab­gehalten und wie viele Gesetze beschlossen wurden. Es war zweifelsohne ein arbeits­intensives, arbeitsreiches und lebendiges Parlamentsjahr, und ich denke, im Jah­re 2015 warten viele neue Herausforderungen auf uns alle: Wir werden zwei Enquete-Kommissionen abhalten, und nach dem heutigen Beschluss können wir aller Voraus­sicht nach auch davon ausgehen, dass es den ersten Untersuchungsausschuss mit diesem neuen Regelwerk geben wird.

Ich danke Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, für Ihre Tätigkeit, und ich wünsche Ihnen und Ihren Familien schöne, erholsame Feiertage, und ich wünsche Ih­nen ein gutes, gesundes und erfolgreiches neues Jahr. (Allgemeiner Beifall.)

23.14

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Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 279

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 23.14 Uhr ein; das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung.

Diese Sitzung ist geschlossen.

23.14.14Schluss der Sitzung: 23.14 Uhr

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Parlamentsdirektion

1017 Wien