Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll72. Sitzung / Seite 51

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nialistisch!) Ebenso wird es wichtig sein, dass von Österreich aus der Beitrag für die Entwicklungszusammenarbeit aufgestockt wird. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

16.43


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Korun zu Wort. – Bitte.

 


16.44.02

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Dame und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Besuchergalerie und vor den Bildschirmen, die uns zuschauen und zuhören! Der Herr Bundeskanzler, der jetzt leider nicht mehr unter uns ist, hat unter anderem gesagt: Das Mittelmeer ist zur gefährlichsten Grenze der Welt geworden. Das ist eine völlig richtige Analyse, nur: Das Mittelmeer ist nicht erst seit einer Woche zur gefährlichsten Grenze der Welt geworden, auch nicht seit einem Jahr. Seit 20 Jahren arbeiten EU-Staats- und Regierungschefs gemeinsam an einer Abwehrpolitik gegen Schutzsuchende. Ich frage Sie, Herr Bundeskanzler: Wo waren Sie eigentlich die letzten Jahre gegen diese Politik? Was haben Sie gemacht, damit das Mittelmeer nicht zur gefährlichsten Grenze der Welt wird oder damit es diese nicht bleibt? – Der Bundeskanzler kann es leider nicht beantworten, er ist nicht da.

Er hat auch gesagt, es habe auf dem EU-Gipfel, von dem er berichtet hat, Einigkeit geherrscht, dass Lebensrettung an erster Stelle steht und dass sie jetzt angegangen werden muss. Da würde ich ihm gerne glauben. Ich kann es leider nicht, weil bei diesem EU-Gipfel kein echtes Lebensrettungsprogramm für das Mittelmeer beschlos­sen wurde, sondern sogar die Verdreifachung der Gelder für ein EU-Grenzschutz­programm. Dieses Programm schützt nicht die Flüchtlinge vor dem Ertrinken, sondern die EU-Grenzen vor den Flüchtlingen. Es kann also nicht sein, dass bei diesem EU-Gipfel wirklich Einigkeit darüber geherrscht hat, dass die Lebensrettung tatsächlich an erster Stelle kommt.

Ich kann mich auch an die Mahnwache erinnern, die es vor circa zehn Tagen bei uns in Wien gegeben hat – also ein paar Tage, nachdem fast auf einen Schlag über 800 Men­schen, Flüchtlinge, im Mittelmeer ertrunken sind. Da waren mehrere Mitglieder unserer Bundesregierung am Ballhausplatz beziehungsweise am Minoritenplatz, haben betrof­fene Mienen gezeigt, haben teilweise betroffene Reden gehalten. Am nächsten Tag haben sie beim Ministerrat die nächsten Asylverschärfungen beschlossen.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir müssen schon so ehrlich sein, zuzugeben: Für die toten Flüchtlinge haben die EU-Staats- und Regierungschefs und die Innenminister und Innenministerinnen sehr viel Trauer übrig. Für die lebenden Flüchtlinge haben sie hauptsächlich Abwehr übrig. (Ruf bei der SPÖ: Das ist aber jetzt Zynismus! – Abg. Steinhauser: ... Zynismus!) – Nein, das ist konkrete Politik, die auf dem EU-Gipfel beschlossen wurde. Schauen Sie sich diese zehn Punkte an! Der einzig positive Punkt, der vielleicht mittel- und langfristig etwas verändern könnte, ist der Punkt für Neu­ansiedlungsprogramme, und dieser Punkt wurde nicht zufällig auf bloße Freiwilligkeit aufgebaut. Das heißt, bei dem, was Sie die ganze Zeit fordern – europäische Soli­da­rität, wir sollten gemeinsam Verantwortung übernehmen, gleichmäßige Verteilung, und alle sollten an Neuansiedlungsprogrammen teilnehmen –, da bleibt es bei Lippen­bekennt­nissen!

Schauen Sie sich die Beschlüsse des EU-Gipfels an, schauen Sie sich Ihre konkrete Politik der letzten Jahre an! Warum ist die Frau Innenministerin nicht da? Sie spricht zwar seit eineinhalb Jahren von solidarischem Aufteilungsschlüssel und solidarischer


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