Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll73. Sitzung, 20. Mai 2015 / Seite 289

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Judith Purkarthofer arbeitet am Institut für Sprachwissenschaft der Universität Wien und sagt: „Sprachverbote richten nur Schaden an.“ (Zwischenruf des Abg. Peter Wurm.)

Und was sagt der gesunde Menschenverstand, Herr Kollege? – Natürlich wollen wir, dass alle Kinder bei uns Deutsch lernen und Deutsch können, aber mit Verboten werden wir nicht weiterkommen (Abg. Neubauer: Wie lange sind Sie noch bei 10 Prozent!), mit der freiheitlichen Art und Weise, mit diesen Problemen umzugehen, wer­den wir nicht erfolgreich sein. Aber zum Glück sind Sie dort, wo Sie in diesem Haus mit solchen Vorschlägen hingehören, nämlich völlig im Abseits, völlig isoliert. (Neuer­liche Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Alle anderen Parteien wissen, was in diesem Zusammenhang zu tun ist. Und in diesem Abseits werden Sie bleiben, auch wenn Sie sich noch so sehr aufregen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.55


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Dr. Strolz. – Bitte. (Ruf bei der FPÖ: Am 31. Mai machen wir wieder weiter!)

 


21.55.38

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen vor den Bildschirmen! Wir werden diesem Antrag der FPÖ auf Deutsch als Pausensprache auch nicht zustimmen.

Es klingt sehr plausibel auf den ersten Blick (Zwischenruf des Abg. Peter Wurm), aber es rentiert sich halt immer, zweimal hinzuschauen.

Natürlich führt es zu Konflikten, wenn man sich das so vorstellt, wie in den Schulen verschiedene Sprachen gesprochen werden. (Zwischenrufe der Abgeordneten Walter Rosenkranz und Peter Wurm.) Das ist aber so. Ich finde es ideal, wenn man gerade in der Schule den Umgang mit Konflikten übt. Ich glaube nicht, dass per se der Umstand, dass verschiedene Sprachen gesprochen werden, einen Konflikt auslöst; aber natürlich kann das in einer Konfliktdynamik auch eine Rolle spielen.

So, und jetzt suchen wir nach Lösungen – und kommen auf die einfache Lösung: Na dann verbieten wir halt die anderen Sprachen! Aber damit verschwinden ja die Konflikte nicht. Ich glaube, dass wir in der Gesellschaft, in der wir heute leben, wo gerade in Wien mittlerweile mehr als die Hälfte der Kinder in der Volksschule Migra­tions­hintergrund haben (Ruf aus der FPÖ: 60 Prozent!), andere Antworten suchen und finden müssen. (Abg. Walter Rosenkranz: Welche?) Ganz klar ist – bereits bei Philosophen nachlesbar –: Jede Sprache eröffnet ein neues Universum!

Da kommen also junge Menschen sozusagen mit einem Zusatzuniversum in unsere Schulen – und was machen wir? Wir verbieten ihnen das Universum – oder wie? (Abg. Kickl: Möglicherweise Fundamentalistische!) Ich wünsche für meine Kinder, dass sie von den Zusatzuniversen, die hier die Migrantenkinder einbringen, gleichfalls profitie­ren. (Neuerliche Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das ist auch nie ein Problem, denn alle Expertinnen und Experten sagen – ja, auch ich bin sehr dafür, dass die Kinder in der Schule natürlich Deutsch können und Deutsch sprechen –: Die Absprungbasis sozusagen für gelingendes Deutsch ist für Migrantenkinder natürlich die Erstsprache, die Muttersprache. Das Problem ist doch, dass bei uns oft türkische Kinder nicht gescheit Türkisch können und nicht gescheit Deutsch. Und das fängt damit an, dass sie eben nicht gescheit Türkisch können. Ich wünsche mir, dass sie gescheit Türkisch lernen! Diesen Mut sollten wir haben, auch in Wien. Da ist leider die ÖVP Wien nicht


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