144/A(E)-BR/2005

Eingebracht am 21.07.2005
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

 

 

der Bundesräte Schimböck

und GenossInnen

betreffend Unterstützung der Bemühungen des Oberösterreichischen und des Niederösterreichischen Landtages zur Verhinderung der EU-Dienstleistungsrichtlinie

 

 

 

Der Oberösterreichische Landtag hat folgenden Antrag beschlossen:

 

 

„Die Oö. Landesregierung wird aufgefordert,

1.       sich in ihrer Stellungnahme an den Bund dafür einzusetzen und sich gegenüber der Bundesregierung nachdrücklich bemühen, dass im Zusammenhang mit dem Entwurf der Kommission betreffend eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Dienstleistungen im Binnenmarkt

*        bei den Verhandlungen des Europäischen Rates diesem vorliegenden Entwurf nicht zugestimmt wird,

*        die schrankenlose Einführung des Herkunftslandprinzips zu Lasten der Bürger(innen) bzw. kleiner- und mittlerer Unternehmen abgelehnt wird und stattdessen Maßnahmen zur Koordinierung und Harmonisierung der Standards auf hohem Niveau gesetzt werden,

*  Handlungsspielräume der Mitgliedsstaaten und ihrer Gebietskörperschaften im Hinblick auf Definition und Ausgestaltung von Dienstleistungen im Allgemeininteresse (Daseinsvorsorge), wozu etwa Gesundheits- und Sozialdienstleistungen, Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung, Abfallwirtschaft, Bildung, Kultur und andere infrastrukturelle Einrichtungen zählen, vertraglich abgesichert werden,

*        kein Verwaltungsmehraufwand dadurch entsteht, dass ein aufwändiges neues System von Informationspflichten und Qualitätssicherungsmaßnahmen geschaffen werden muss,

2.       auf die Mitglieder des Europäischen Parlaments einzuwirken, die Intentionen dieses Antrages zu unterstützen.“

 

 

Die Begründung zu diesem Antrag lautet wie folgt:

 

„Am EU-Gipfel von Lissabon im Juni 2000 wurde vereinbart, dass die Politik der EU einer sektoralen Liberalisierung jeweils einzelner öffentlicher Dienstleistungsbereiche fortgesetzt werden soll. Seither sind Vorstöße zur Liberalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs, einer Marktöffnung des Wassersektors und zuletzt auch betreffend sozialer Dienstleistungen

unternommen worden.

 

Zeitgleich aber gibt es den Versuch der Europäischen Kommission, durch eine einzige Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt nicht mehr Sektor für Sektor vorzugehen, sondern praktisch alle Dienstleistungen von allgemeinem Interesse weitgehend zu liberalisieren, wovon auch die Leistungen der Daseinsvorsorge betroffen wären. Dieser Antrag wendet sich nicht gegen das grundsätzliche Ziel eines Richtlinienvorschlages, im grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr, weil sich im gemeinsamen Binnenmarkt auch Chancen für heimische Betriebe ergeben.

 

Da sich der Vorschlag aber nicht mit den ausdrücklichen Zielen der Lissabon-Strategie deckt (effiziente Verschränkung der Wirtschafts-, Umwelt-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik), sondern als zentrales Ziel Dienstleistungen ohne Rücksichtnahme auf Unternehmen und Arbeitsplätze liberalisieren will, ist vorweg eine ausdrückliche Ausnahme der Leistungen der Daseinsvorsorge zu fordern und das uneingeschränkte Herkunftslandprinzip in der vorliegenden Form abzulehnen.

 

Dieses Prinzip sagt aus, dass künftig für Erbringer(innen) einer Dienstleistung weitgehend nur noch die Gesetze und Vorschriften ihres EU-Herkunftslandes gelten sollen und nicht wie bisher die Rechtsnormen vor Ort. 

Das bedeutet konkret unter anderem,

*        die hohen österreichischen Standards - zum Beispiel bei Berufsausbildung, beim Einkommen, bei Qualität der Dienstleistung oder bei arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen - werden in Frage gestellt,

*        zur Umgehung hoher Anforderungen im eigenen Staat wird es möglich, über den Umweg einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat (der solche Anforderungen nicht stellt), die Dienstleistung zu niedrigeren Standards auszuführen,

*        für inländische Anbieter, die sich an hohe Qualitäts-, Sozial-, Gesundheits-, Umwelt- und Verbraucherschutzstandards halten, wird es einen erheblichen Wettbewerbsnachteil geben,

*  Behörden wird zudem die Möglichkeit genommen, von unternehmerischen Tätigkeiten überhaupt Kenntnis zu erlangen;

*        die Verfolgung von Gesetzesverstößen eines EU-Dienstleisters wäre nicht dem Land, in dem die Dienstleistung erbracht wird, sondern den Behörden seines Herkunftslandes zu übertragen.

 

Derzeit laufen die Beratungen im Europäischen Parlament und auf Ratsebene. Im Interesse der österreichischen Arbeitnehmer(innen) und Unternehmer(innen) sollte jetzt darauf hingearbeitet werden, dass die Dienstleistungsrichtlinie in der vorliegenden Form nicht beschlossen wird.

 

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass gemäß Art. 5 des LVG über die Beteiligung des Landes Oberösterreich an der Europäischen Integration der Oö. Landtag seinen Standpunkt zu einem Vorhaben im Rahmen der Europäischen Integration äußern kann, welchen die Landesregierung bei der Darlegung des Landesstandpunktes gegenüber dem Bund zu berücksichtigen hat.“

 

 

Ebenso hat der Niederösterreichische Landtag einen Antrag zu diesem wichtigen Thema beschlossen, der wie folgt lautet:

 

 „Die niederösterreichische Landesregierung wird aufgefordert, an die Bundesregierung mit dem Ersuchen heranzutreten, bei den Verhandlungen des Rates auf allen Ebenen den vorliegenden Vorschlag der Kommission betreffend einer Richtlinie über die Dienstleistungen im Binnenmarkt in der vorliegenden Form abzulehnen.

 

Weiters soll die Bundesregierung aufgefordert werden, sich für die Umsetzung folgender Maßnahmen im Zusammenhang mit der vorliegenden Dienstleistungsrichtlinie einzusetzen:

1.       Es soll in der Richtlinie über die Dienstleistungen im Binnenmarkt klar gestellt werden, dass Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, so genannte Dienstleistungen der Daseinsvorsorge, insbesondere Gesundheits- und Sozialdienstleistungen, die Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung, Abfallwirtschaft, Bildung und Kultur ausgenommen sind.

2.       Eine durch die schrankenlose Einführung des Herkunftsland-Prinzips bewirkte  ‚InländerInnendiskriminierung’, die zum einen durch geringere Befähigungsnachweise aus dem Herkunftsland zu einer Diskriminierung der heimischen Dienstleister führt, zum anderen zu einer weit reichenden Rechtsunsicherheit auf Seiten der Leistungsempfänger führt, soll hintangehalten werden.

3.       Es sollen keine Maßnahmen gesetzt werden, die zu einem erheblichen Verwaltungsmehraufwand und damit zu erhöhten Kosten führen, insbesondere soll einem aufwendigen neuem System von Informationspflichten und Qualitätssicherungsmaßnahmen wie in der vorliegenden Form nicht zugestimmt werden.

4.   Ausreichend lange Übergangsbestimmungen und Fristen sollen vorgesehen werden, damit für die innerstaatliche Rechtsumsetzung genügend Zeit vorhanden ist.

5.       Die Bestimmungen der Entsenderichtlinie für die im Zusammenhang mit der Erbringung grenzüberschreitender Dienstleistungen entsendeten Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer sollen vollständig aufrechterhalten werden.“

 

Um die Bemühungen der genannten Landtage zu unterstützen, stellen die unterzeichneten Bundesräte daher folgenden

 

 

Entschließungsantrag:

 

 

Der Bundesrat wolle beschließen:

 

 

Entschließung

 

 

Der Bundesrat hat beschlossen:

 

Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich in der EU dafür einzusetzen, die Inhalte der in der Begründung wiedergegebenen Beschlussanträge der Landtage von Oberösterreich und Niederösterreich betreffend Verhinderung der EU-Dienstleistungsrichtlinie umzusetzen.

 

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Wirtschaftsausschuss