405/A(E)-BR/2023

Eingebracht am 07.12.2023
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

 

der Bundesrät:innen Mag.a Daniela Gruber-Pruner,

Genossinnen und Genossen

betreffend Kinderrechte von intergeschlechtlichen Kindern und Jugendlichen schützen – medizinisch nicht-notwendige Operationen verbieten

Bis heute erleben intergeschlechtliche Kinder und Jugendliche in vielen Staaten der Welt und auch in Österreich medizinisch nicht-notwendige Operationen an ihren Geschlechtsmerkmalen. Solche Eingriffe, die ohne voll-informierte und persönliche Einwilligung erfolgen, dienen rein der chirurgischen Angleichung dieser Minderjährigen an ein Geschlecht und können langfristige, psychische und physische Folgen haben, die Betroffene ihr Leben lang einschränken und verfolgen. Aus diesem Grund werden derartige medizinisch nicht-notwendige Eingriffe inzwischen zu Recht als grober und fahrlässiger Eingriff in die Menschenrechte dieser Kinder und Jugendlichen, insbesondere in den Anspruch auf Schutz und die Fürsorge gem. Art. 1 BVG-Kinderrechte, eingestuft.

Der Einsatz gegen derartige Kinderrechtsverletzungen wird insbesondere auch vom UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes eingefordert, der Österreich 2020 aufforderte, nicht-notwendige und nicht-konsensuelle medizinische Eingriffe und Behandlungen an Kindern zu verbieten. Er hielt explizit fest, dass es sich dabei um eine "schädliche Praxis" handle und verwies auf die Ausführungen des UN-Ausschuss gegen Folter (CAT) aus dem Jahre 2015.[1] Bereits 2015 wurde Österreich vom CAT für derartige Praktiken gerügt. Der CAT stufte diese Eingriffe als grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlungen im Sinne der UN-Antifolterkonvention ein.[2] Auch die europäische Menschenrechtsplattform ILGA kritisierte Österreich 2023 für das komplette Fehlen von gesetzlichen Schutzmaßnahmen für intergeschlechtliche Kinder und Jugendliche im europäischen Vergleich. Maßnahmen aus dem Bereich „Intersex bodily integrity” würden in Österreich, anders als in immer mehr anderen EU-Staaten, weitgehend fehlen. Dazu gehören: “Prohibition of medical Intervention before child is able to informed consent; Universality of prohibition of medical interventions; Existence of effective monitoring mechanism; Access to justice for victims and reparations.”[3] Darüber hinaus wurde Österreich auch im Rahmen der Periodic Human Rights Review der Vereinten Nationen dazu aufgefordert, den Schutz der Kinder- und Menschenrechte intergeschlechtlicher Kinder und Jugendlicher endlich umfassend zu schützen. Bisher blieben all diese Appelle leider erfolglos.

Andere Staaten wie Malta, Griechenland, Portugal oder Deutschland haben eine derartige Regelung längst umgesetzt. In Österreich aber hängt die rechtliche Gewährleistung der medizinischen Unversehrtheit intergeschlechtlicher Kinder anscheinend an parteipolitischen Verhandlungen. Die Europäische Union hat durch die LGBTIQ Equality Strategy der Kommission ebenfalls europaweite Verbote von nicht medizinisch notwendigen und nicht-konsensualen Operationen an intergeschlechtlichen Kindern und Jugendlichen gefordert. Es ist höchste Zeit, dass Österreich diesen internationalen Rufen nachkommt und eine notwendige gesetzliche Regelung erlässt, um die Menschenrechte intergeschlechtlicher Personen in unserer Republik und insbesondere ihre körperliche Unversehrtheit wirksam zu schützen!

Dabei beschloss der Nationalrat schon im Juni 2021 einstimmig einen Entschließungsantrag zum „Schutz von intergeschlechtlichen Kindern und Jugendlichen vor medizinisch nicht notwendigen Behandlungen an den Geschlechtsmerkmalen“. Darin wurde die Bundesregierung aufgefordert, „Maßnahmen zu setzen, um intergeschlechtliche Kinder und Jugendliche und ihre körperliche Unversehrtheit wirksam vor medizinischen Eingriffen zu schützen, die kein dauerhaftes körperliches Leiden, eine Gefährdung des Lebens oder die Gefahr einer schweren Schädigung der Gesundheit bzw. starker Schmerzen abwenden“.[4]

Zweieinhalb Jahre später sind weder diese noch andere im Entschließungsantrag aufgelistete Forderungen – insbesondere bez. Schaffung „der notwendigen Aufklärungs-, Beratungs- und Unterstützungsstrukturen“ und Übermittlung relevanter „Zahlen über Anzahl, Indikation, Alter der Betroffenen und Qualitätssicherung“ umgesetzt. Das Muster einer Geringachtung parlamentarischer Beschlüsse durch die Bundesregierung zeigt sich schließlich nicht nur beim Schutz intergeschlechtlicher Kinder vor medizinisch nicht notwendigen Operationen, sondern auch beim Kampf gegen Hasskriminalität oder dem Verbot von Konversionstherapien. Obwohl insbesondere beim Schutz der Kinderrechte von intergeschlechtlichen Kindern und Jugendlichen inzwischen ein fertiger Gesetzesantrag im Justizministerium erarbeitet wurde, konnte dieser dem Parlament bis heute nicht übermittelt werden.

Die unterfertigten Bundesrätinnen und Bundesräte stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt, werden aufgefordert, dem Nationalrat und dem Bundesrat umgehend eine gesetzliche Regelung zur Gewährleistung des Schutzes intergeschlechtlicher Kinder und Jugendlicher vor medizinisch nicht-notwendigen, nicht-konsensualen Operationen zum Beschluss zu übermitteln und damit die Kinderrechte von intergeschlechtlichen Kindern und Jugendlichen wirksam zu schützen.“

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Kinderrechte



[1] UN. Dok. CRC/C/AUT/CO/5-6 (Jänner2020), Abs. 27: “Prohibit the performance of unnecessary medical or surgical treatment on intersex children where those procedures may be safely deferred until children are able to provide their informed consent”.

[2] UN Dok. CAT/C/AUT/CO/6, Abs. 45

[3] ILGA Europe, Rainbow Europe Map (2023)

[4] 1594/A(E) XXVII. GP