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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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832. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

 

Donnerstag, 24. Juli 2014

 

 


Stenographisches Protokoll

832. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 24. Juli 2014

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 24. Juli 2014: 9.03 – 23.13 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Schaffung einer Abbaueinheit (GSA), das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Abbau-Holdinggesellschaft des Bundes für die HYPO ALPE-ADRIA-BANK S.P.A. (HBI-Bundesholdinggesetz), das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Abbaubeteiligungsaktiengesellschaft des Bundes (ABBAG-Gesetz) und das Bundesgesetz über Sanierungsmaßnahmen für die HYPO ALPE ADRIA BANK INTERNATIONAL AG (HaaSanG) erlassen werden und mit dem das Finanzmarktstabilitätsgesetz und das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geändert werden

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Börsegesetz 1989, das E-Geldgesetz 2010, das Finanzkonglomerategesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehör­dengesetz, das Investmentfondsgesetz 2011, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Zahlungsdienstegesetz und das Zentrale Gegenparteien-Vollzugsgesetz geändert werden

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz, das Investment­fonds­gesetz 2011, das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz und das Immobilien-Investmentfondsgesetz geändert werden

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Finanzstrafgesetz geändert wird (Finanz­strafgesetznovelle 2014 – FinStrG-Novelle 2014)

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Elektrizitätsabgabegesetz geändert wird

6. Punkt: Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen in der Fassung des am 1. Juni 2011 in Kraft getretenen Protokolls

7. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Vogtei Guernsey über den Informationsaustausch in Steuersachen

8. Punkt: Protokoll zur Unterbindung des unerlaubten Handels mit Tabakerzeugnissen

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz geändert wird

10. Punkt: Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über eine Änderung der Verein­barung gemäß Artikel 15a B-VG über den Ausbau des institutionellen Kinderbetreu­ungsangebots


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 2

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Energieeffizienzgesetz, das Bundes­gesetz, mit dem der Betrieb von bestehenden hocheffizienten KWK-Anlagen über KWK-Punkte gesichert wird, und das Bundesgesetz, mit dem zusätzliche Mittel für Energieeffizienz bereitgestellt werden, erlassen sowie das Wärme- und Kälte­leitungsausbaugesetz und das KWK-Gesetz geändert werden (Energieeffizienzpaket des Bundes)

13. Punkt: Bundesgesetz über die Sanierung des Parlamentsgebäudes (Parlaments­gebäudesanierungsgesetz, PGSG)

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 geändert wird

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geändert wird

16. Punkt: Bericht der Bundesanstalt für Verkehr über technische Unterwegskontrollen im Jahr 2013

17. Punkt: Jahresbericht der Schienen-Control GmbH 2013

18. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz und das Sozial­minis­teriumservicegesetz – SMSG geändert werden

19. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden

20. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Bauarbeiter-Schlechtwetter-Entschädigungsgesetz 1957, das Allgemeine Sozial­versicherungsgesetz und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden

21. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucher­schutzgesetz geändert sowie das Bundesgesetz über das Verbot des In-Verkehr-Bringens von kosmetischen Mitteln, die im Tierversuch überprüft worden sind, und die Verordnung über den Verkehr mit Essigsäure zu Genußzwecken aufgehoben werden

22. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Personalvertretungsgesetz geändert wird

23. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das ORF-Gesetz geändert wird

24. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesbezügegesetz und das Parlaments­mitarbeiterinnen- und Parlamentsmitarbeitergesetz geändert werden

25. Punkt: Kulturbericht 2012

26. Punkt: Kulturbericht 2013

27. Punkt: Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG, mit der bisherige Vereinbarungen über den Ausbau ganztägiger Schulformen geändert werden

28. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung, das Vollzugsgebüh­rengesetz, das Rechtspflegergesetz, das Gerichtsgebührengesetz und die Insolvenz­ord­nung geändert werden (Exekutionsordnungs-Novelle 2014 – EO-Nov. 2014)

29. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Jugendge­richtsgesetz 1988, das Suchtmittelgesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Ge­schworenen- und Schöffengesetz 1990 und das Gebührenanspruchsgesetz geändert werden (Strafprozessrechtsänderungsgesetz 2014)


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 3

30. Punkt: Kündigung des Europäischen Übereinkommens zum Schutz des archäo­logischen Erbes

*****

Inhalt

Bundesrat

Antrittsansprache der Präsidentin Ana Blatnik ........................................................ 16

Erklärung des Landeshauptmannes von Kärnten Dr. Peter Kaiser gemäß § 38 Abs. 3 GO-BR zum Thema „Starke Länder für ein soziales Österreich in einem gemeinsamen Europa“ – Bekanntgabe                       19

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 38 Abs. 4 der Geschäfts­ordnung                   19

Landeshauptmann Dr. Peter Kaiser .......................................................................... 19

Debatte:

Günther Novak ........................................................................................................ ..... 25

Christian Poglitsch ................................................................................................. ..... 27

Gerhard Dörfler ....................................................................................................... ..... 30

Dr. Heidelinde Reiter .............................................................................................. ..... 34

Landeshauptmann Dr. Peter Kaiser ..................................................................... ..... 36

Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Wiedernominierung von Herrn Kommissar Dr. Johannes Hahn für die Funktion eines Mitglieds der Europäischen Kommission (1. November 2014 bis 31. Oktober 2019) gemäß Artikel 23c Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz .............................................................. 59

Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Nominierung von Bürgermeister Hanspeter Wagner als Mitglied des Ausschusses der Regionen gemäß Artikel 23c Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz               61

Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten gemäß Artikel 50 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz betreffend Erteilung der Vollmacht zur Aufnahme von Verhandlungen über eine Änderung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und Kanada im Bereich der Sozialen Sicher­heit durch den Herrn Bundespräsidenten ....................................................................................... 64

Verlangen auf Durchführung einer Besprechung der schriftlichen Anfrage­beantwortung 2786/AB-BR/2014 gemäß § 60 Abs. 2 GO-BR ............................................................................................ 70

Besprechung der schriftlichen Anfragebeantwortung 2786/AB-BR/2014 gemäß § 60 Abs. 5 GO-BR     ............................................................................................................................. 153

Redner/Rednerinnen:

Gerd Krusche .......................................................................................................... ... 153

Bundesminister Dr. Wolfgang Brandstetter ....................................................... ... 157

Günther Köberl ....................................................................................................... ... 159

Richard Wilhelm ..................................................................................................... ... 161

Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................. ... 162

Werner Herbert ....................................................................................................... ... 163

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ... 165

Reinhard Todt ......................................................................................................... ... 165


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 4

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung ...........................  99, 178

Unterbrechung der Sitzung ...............................................................................  100, 178

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 16

Ordnungsrufe ......................................................................................................  206, 207

Aktuelle Stunde (28.)

Thema: „Für mehr Zuversicht in Österreich: Kaufkraft stärken, Wirtschaft unterstützen, Beschäftigung schaffen!“ ........................................................................................... 37

Redner/Rednerinnen:

Sonja Zwazl ............................................................................................................. ..... 38

Reinhard Todt ......................................................................................................... ..... 40

Mag. Reinhard Pisec, BA ....................................................................................... ..... 42

Dr. Heidelinde Reiter .............................................................................................. ..... 45

Staatssekretärin Mag. Sonja Steßl ....................................................................... ..... 47

Mag. Klaus Fürlinger .............................................................................................. ..... 50

Ilse Fetik ................................................................................................................... ..... 52

Gerd Krusche .......................................................................................................... ..... 53

Marco Schreuder .................................................................................................... ..... 54

Mag. Gerald Zelina .................................................................................................. ..... 56

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt von Mitgliedern der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union .................................................  67, 68, 69

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .......................................................................... 70

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 58

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Hans-Jörg Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Inneres betreffend illegale österreichisch-türkische Doppelstaats­bürger (3020/J-BR/2014) .........              133

Begründung: Hans-Jörg Jenewein ............................................................................ 133

Bundesminister Dr. Wolfgang Brandstetter ........................................................... 137

Debatte:

Werner Herbert ....................................................................................................... ... 139

Franz Perhab ........................................................................................................... ... 141

Stefan Schennach ................................................................................................... ... 141

Efgani Dönmez, PMM .......................................................................................  143, 150

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ... 146

Marco Schreuder ........................................................................................................ 149

Bundesminister Dr. Wolfgang Brandstetter ....................................................... ... 150

Hans-Jörg Jenewein ............................................................................................... ... 152


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 5

Verhandlungen

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Schaffung einer Abbaueinheit (GSA), das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Abbau-Holdinggesellschaft des Bundes für die HYPO ALPE-ADRIA-BANK S.P.A. (HBI-Bundesholdinggesetz), das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Abbaubeteiligungs­aktiengesell­schaft des Bundes (ABBAG-Gesetz) und das Bundesgesetz über Sanierungs­maßnahmen für die HYPO ALPE ADRIA BANK INTERNATIONAL AG (HaaSanG) erlassen werden und mit dem das Finanzmarktstabilitätsgesetz und das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geändert werden (178 d.B. und 188 d.B. sowie 9200/BR d.B. und 9206/BR d.B.) ................................................................................................................. 70

Berichterstatter: Michael Lampel ................................................................................. 71

Redner/Rednerinnen:

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ..... 71

Christian Poglitsch ................................................................................................. ..... 76

Marco Schreuder .................................................................................................... ..... 78

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 80

Mag. Gerald Zelina .................................................................................................. ..... 82

Staatssekretärin Mag. Sonja Steßl ....................................................................... ..... 83

Mag. Klaus Fürlinger .............................................................................................. ..... 86

Gerhard Dörfler ....................................................................................................... ..... 88

Günther Novak ........................................................................................................ ..... 94

Gerhard Dörfler (tatsächliche Berichtigung) ................................................................ 97

Hans-Jörg Jenewein .................................................................................................... 97

Antrag der Bundesräte Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen, gegen den Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Schaffung einer Abbaueinheit (GSA), das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Abbau-Holdinggesellschaft des Bundes für die HYPO ALPE-ADRIA-BANK S.P.A. (HBI-Bundesholdinggesetz), das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Abbaubeteiligungsaktiengesellschaft des Bundes (ABBAG-Gesetz) und das Bundesgesetz über Sanierungsmaßnahmen für die HYPO ALPE ADRIA BANK INTERNATIONAL AG (HaaSanG) erlassen werden und mit dem das Finanzmarktstabilitätsgesetz und das Finanzmarktaufsichtsbehörden­gesetz geändert werden (178 d.B. und 188 d.B. sowie 9200/BR d.B. und 9206/BR d.B.), gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR Einspruch zu erheben – Ablehnung (namentliche Abstimmung) ...........................................  75, 100

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung .................................... 100

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 101

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Börsegesetz 1989, das E-Geldgesetz 2010, das Finanzkonglomerategesetz, das Finanzmarktaufsichts­behör­dengesetz, das Investmentfondsgesetz 2011, das Wertpapieraufsichts­gesetz 2007, das Zahlungsdienstegesetz und das Zentrale Gegenparteien-Vollzugsgesetz geändert werden (162 d.B. und 189 d.B. sowie 9207/BR d.B.) ............................................................... 101

Berichterstatterin: Ingrid Winkler ................................................................................ 102


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 6

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz, das Investmentfonds­ge­setz 2011, das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz und das Immobi­lien-Investmentfondsgesetz geändert werden (176 d.B. und 190 d.B. sowie 9201/BR d.B. und 9208/BR d.B.) ............................................................................................................... 101

Berichterstatterin: Ingrid Winkler ................................................................................ 102

Redner/Rednerinnen:

Marco Schreuder .................................................................................................... ... 102

Edgar Mayer ............................................................................................................ ... 103

Mag. Gerald Zelina .................................................................................................. ... 104

Michael Lampel ....................................................................................................... ... 105

Mag. Reinhard Pisec, BA ....................................................................................... ... 106

Staatssekretärin Mag. Sonja Steßl ....................................................................... ... 107

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 2, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 108

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 3, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 108

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Finanzstrafgesetz geändert wird (Finanzstrafgesetz­no­velle 2014 – FinStrG-Novelle 2014) (177 d.B. und 191 d.B. sowie 9209/BR d.B.) ...................................................................................... 109

Berichterstatter: Michael Lampel ............................................................................... 109

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Elektrizitätsabgabegesetz geändert wird (163 d.B., 342/A und 192 d.B. sowie 9210/BR d.B.)                    109

Berichterstatter: Michael Lampel ............................................................................... 109

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend Über­einkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen in der Fassung des am 1. Juni 2011 in Kraft getretenen Protokolls (179 d.B. und 193 d.B. sowie 9211/BR d.B.) ...................................................................................... 109

Berichterstatter: Michael Lampel ............................................................................... 109

7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Vogtei Guernsey über den Informa­tions­austausch in Steuersachen (143 d.B. und 194 d.B. sowie 9212/BR d.B.) .................................................................................................... 109

Berichterstatter: Michael Lampel ............................................................................... 109

8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend Protokoll zur Unterbindung des unerlaubten Handels mit Tabakerzeugnissen (135 d.B. und 195 d.B. sowie 9213/BR d.B.)                         109

Berichterstatter: Michael Lampel ............................................................................... 109

Redner/Rednerinnen:

Gerd Krusche .......................................................................................................... ... 110

Dr. Magnus Brunner, LL.M .................................................................................... ... 111

Marco Schreuder .................................................................................................... ... 112


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 7

Christian Füller ....................................................................................................... ... 114

Staatssekretärin Mag. Sonja Steßl ........................................................................... 115

Ing. Eduard Köck ........................................................................................................ 117

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 4, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 118

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 5, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 118

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 6, 1. gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen .............. 118

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 7, 1. gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen .............. 119

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 8, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 119

9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz geändert wird (489/A und 222 d.B. sowie 9214/BR d.B.) ......... 119

Berichterstatter: Günther Novak ................................................................................ 119

Redner/Rednerinnen:

Dr. Heidelinde Reiter .............................................................................................. ... 120

Ing. Eduard Köck .................................................................................................... ... 120

Bundesminister Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter ................................................... ... 121

Richard Wilhelm ..................................................................................................... ... 121

Gerd Krusche .......................................................................................................... ... 122

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 122

10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2014 betreffend Verein­barung gemäß Artikel 15a B-VG über eine Änderung der Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über den Ausbau des institutionellen Kinderbetreuungs­ange­bots (187 d.B. und 254 d.B. sowie 9229/BR d.B.) .................. 122

Berichterstatter: Ing. Andreas Pum ............................................................................ 122

Redner/Rednerinnen:

Gottfried Kneifel ......................................................................................................... 123

Johanna Köberl .......................................................................................................... 124

Monika Mühlwerth ..................................................................................................... 125

Efgani Dönmez, PMM ................................................................................................ 126

Mag. Ernst Gödl ...................................................................................................... ... 128

Bundesminister Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter ................................................... ... 130

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 131


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 8

11. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (517/A und 255 d.B. sowie 9230/BR d.B.)               ............................................................................................................................. 132

Berichterstatterin: Angela Stöckl ................................................................................ 132

Redner/Rednerinnen:

Sonja Ledl-Rossmann ............................................................................................... 132

Ilse Fetik ....................................................................................................................... 165

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 166

12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Energieeffizienzgesetz, das Bundesgesetz, mit dem der Betrieb von bestehenden hocheffizienten KWK-Anlagen über KWK-Punkte gesichert wird, und das Bundesgesetz, mit dem zusätzliche Mittel für Energieeffizienz bereitgestellt werden, erlassen sowie das Wärme- und Kälte­leitungsausbaugesetz und das KWK-Gesetz geändert werden (Energie­effi­zienzpaket des Bundes) (182 d.B. und 205 d.B. sowie 9204/BR d.B. und 9222/BR d.B.) ................................................................................. 166

Berichterstatter: Walter Temmel ................................................................................ 166

Redner/Rednerinnen:

Cornelia Michalke ................................................................................................... ... 167

Dr. Magnus Brunner, LL.M .................................................................................... ... 169

Mag. Josef Taucher ................................................................................................ ... 171

Dr. Heidelinde Reiter .............................................................................................. ... 174

Franz Perhab ........................................................................................................... ... 175

Bundesminister Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter ................................................... ... 176

Antrag der Bundesräte Cornelia Michalke, Kolleginnen und Kollegen, gegen den Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Energieeffizienzgesetz, das Bundesgesetz, mit dem der Betrieb von bestehenden hocheffizienten KWK-Anlagen über KWK-Punkte gesichert wird, und das Bundesgesetz, mit dem zusätzliche Mittel für Energieeffizienz bereit­gestellt werden, erlassen sowie das Wärme- und Kälteleitungsausbaugesetz und das KWK-Gesetz geändert werden (Energieeffizienzpaket des Bundes) (182 d.B. und 205 d.B. sowie 9204/BR d.B. und 9222/BR d.B.), gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR Einspruch zu erheben – Ablehnung (namentliche Abstimmung) .......................  168, 178

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung .................................... 178

Annahme des Antrages des Berichterstatters, 1. gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungs­mäßige Zustimmung zu erteilen ............................................... 179

13. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2014 betreffend ein Bun­desgesetz über die Sanierung des Parlamentsgebäudes (Parlamentsgebäude­sanie­rungsgesetz, PGSG) (491/A und 206 d.B. sowie 9223/BR d.B.) ............................................................................................................... 180

Berichterstatterin: Anneliese Junker .......................................................................... 180

Redner/Rednerinnen:

Martin Preineder ..................................................................................................... ... 180

Mag. Reinhard Pisec, BA .......................................................................................... 181


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 9

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 181

14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 geändert wird (464/A und 232 d.B. sowie 9215/BR d.B.)                    181

Berichterstatterin: Johanna Köberl ............................................................................ 182

Redner/Rednerinnen:

Wolfgang Beer ........................................................................................................ ... 182

Gerhard Schödinger ............................................................................................... ... 183

Werner Herbert ....................................................................................................... ... 183

Bundesministerin Doris Bures ............................................................................. ... 184

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 184

15. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2014 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geändert wird (463/A und 233 d.B. sowie 9216/BR d.B.) ........... 184

Berichterstatterin: Johanna Köberl ............................................................................ 184

Redner/Rednerinnen:

Dr. Heidelinde Reiter .............................................................................................. ... 185

Wolfgang Beer ........................................................................................................ ... 185

Ing. Andreas Pum ................................................................................................... ... 186

Werner Herbert ....................................................................................................... ... 186

Bundesministerin Doris Bures ............................................................................. ... 187

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 188

16. Punkt: Bericht der Bundesanstalt für Verkehr über technische Unter­wegskontrollen im Jahr 2013, vorgelegt von der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie (III-524-BR/2014 d.B. sowie 9217/BR d.B.) ............................................................................................................... 188

Berichterstatter: Wolfgang Beer ................................................................................. 188

Redner/Rednerinnen:

Werner Stadler ........................................................................................................ ... 188

Anneliese Junker .................................................................................................... ... 190

Hermann Brückl ...................................................................................................... ... 191

Dr. Heidelinde Reiter .............................................................................................. ... 193

Bundesministerin Doris Bures ............................................................................. ... 194

Entschließungsantrag der Bundesräte Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen betreffend deutsche Mautpläne – Ablehnung .......................................................................................  193, 196

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-524-BR/2014 d.B. zur Kenntnis zu nehmen        ............................................................................................................................. 195

17. Punkt: Jahresbericht der Schienen-Control GmbH 2013 (III-525-BR/2014 d.B. sowie 9218/BR d.B.)             ............................................................................................................................. 196

Berichterstatter: Wolfgang Beer ................................................................................. 196

Redner/Rednerinnen:

Michael Lampel ....................................................................................................... ... 196

Friedrich Reisinger ................................................................................................. ... 198


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 10

Gerd Krusche .......................................................................................................... ... 199

Dr. Heidelinde Reiter .............................................................................................. ... 201

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-525-BR/2014 d.B. zur Kenntnis zu nehmen        ............................................................................................................................. 202

Gemeinsame Beratung über

18. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2014 betreffend ein Bun­des­gesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz und das Sozialministerium­ser­vicegesetz – SMSG geändert werden (144 d.B. und 235 d.B. sowie 9202/BR d.B. und 9219/BR d.B.) ........................................................ 202

Berichterstatter: Rene Pfister ..................................................................................... 202

19. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2014 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (236 d.B. sowie 9203/BR d.B. und 9220/BR d.B.)              ............................................................................................................................. 202

Berichterstatter: Rene Pfister ..................................................................................... 202

Redner/Rednerinnen:

Richard Wilhelm ..................................................................................................... ... 203

Josef Saller .............................................................................................................. ... 204

Dr. Dietmar Schmittner .......................................................................................... ... 204

Ilse Fetik ................................................................................................................... ... 205

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 18, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ............................................................. ... 206

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 19, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ................................................................ 206

20. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2014 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Bauarbeiter-Schlechtwetter-Entschädigungsgesetz 1957, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden (167 d.B. und 242 d.B. sowie 9221/BR d.B.) ............................................................... 207

Berichterstatterin: Ilse Fetik ......................................................................................... 207

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dietmar Schmittner .......................................................................................... ... 207

Rene Pfister ............................................................................................................. ... 208

Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................. ... 208

Bundesminister Rudolf Hundstorfer ................................................................... ... 209

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 209

21. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2014 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz geändert sowie das Bundesgesetz über das Verbot des In-Verkehr-Bringens von kosmetischen Mitteln, die im Tierversuch überprüft worden sind, und die Verordnung über den Verkehr mit Essigsäure zu Genußzwecken aufgehoben werden (184 d.B. und 209 d.B. sowie 9225/BR d.B.) .................................................................................................... 210

Berichterstatter: Martin Preineder .............................................................................. 210


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 11

Redner/Rednerinnen:

Gerd Krusche .......................................................................................................... ... 210

Adelheid Ebner ....................................................................................................... ... 210

Friedrich Reisinger ................................................................................................. ... 211

Dr. Heidelinde Reiter .............................................................................................. ... 212

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ............................................................... ... 212

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 214

22. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2014 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Bundes-Personalvertretungsgesetz geändert wird (183 d.B. und 257 d.B. sowie 9226/BR d.B.)              ............................................................................................................................. 214

Berichterstatter: Josef Saller ...................................................................................... 214

Redner/Rednerinnen:

Elisabeth Grimling .................................................................................................. ... 214

Ing. Bernhard EbnerMSc ..................................................................................... ... 215

Werner Herbert ....................................................................................................... ... 217

Bundesminister Dr. Josef Ostermayer ................................................................ ... 217

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 218

23. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2014 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das ORF-Gesetz geändert wird (185 d.B. und 258 d.B. sowie 9227/BR d.B.) ........................... 218

Berichterstatter: Josef Saller ...................................................................................... 218

Redner/Rednerinnen:

Hans-Jörg Jenewein ............................................................................................... ... 219

Elisabeth Grimling .................................................................................................. ... 219

Mag. Christian Jachs .............................................................................................. ... 220

Dr. Heidelinde Reiter .............................................................................................. ... 220

Gottfried Kneifel ..................................................................................................... ... 221

Ana Blatnik .............................................................................................................. ... 222

Bundesminister Dr. Josef Ostermayer ................................................................ ... 223

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 224

24. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbezügegesetz und das Parlamentsmitarbei­terinnen- und Parlamentsmitarbeitergesetz geändert werden (465/A und 259 d.B. sowie 9205/BR d.B. und 9228/BR d.B.) ......................... 225

Berichterstatter: Josef Saller ...................................................................................... 225

Redner/Rednerinnen:

Werner Herbert ....................................................................................................... ... 225

Reinhard Todt ......................................................................................................... ... 226

Franz Perhab ........................................................................................................... ... 227

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 228

Gemeinsame Beratung über


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 12

25. Punkt: Kulturbericht 2012 der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur (III-499-BR/2013 d.B. sowie 9231/BR d.B.) .................................................................................................... 228

Berichterstatterin: Elisabeth Reich ............................................................................. 228

26. Punkt: Kulturbericht 2013 des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und öffentlichen Dienst (III-523-BR/2014 d.B. sowie 9232/BR d.B.) .................................................................. 228

Berichterstatterin: Elisabeth Reich ............................................................................. 228

Redner/Rednerinnen:

Stefan Schennach ................................................................................................... ... 229

Gottfried Kneifel ..................................................................................................... ... 230

Mag. Reinhard Pisec, BA ....................................................................................... ... 232

Marco Schreuder .................................................................................................... ... 234

Bundesminister Dr. Josef Ostermayer ................................................................ ... 237

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 25, den Bericht III-499-BR/2013 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ......................................................................................................................... 238

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 26, den Bericht III-523-BR/2014 d.B. zur Kenntnis zu nehmen ......................................................................................................................... 238

27. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2014 betreffend Verein­barung gemäß Artikel 15a B-VG, mit der bisherige Vereinbarungen über den Ausbau ganztägiger Schulformen geändert werden (199 d.B. und 256 d.B. sowie 9233/BR d.B.) ...................................................................................... 238

Berichterstatterin: Elisabeth Grimling ....................................................................... 239

Redner/Rednerinnen:

Elisabeth Reich ....................................................................................................... ... 239

Angela Stöckl .......................................................................................................... ... 240

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ... 241

Efgani Dönmez, PMM ............................................................................................. ... 241

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 242

28. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2014 betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem die Exekutionsordnung, das Vollzugsgebührengesetz, das Rechtspflegergesetz, das Gerichtsgebührengesetz und die Insolvenzordnung geändert werden (Exekutionsordnungs-Novelle 2014 – EO-Nov. 2014) (180 d.B. und 202 d.B. sowie 9234/BR d.B.) ............................................................................... 242

Berichterstatter: Stefan Schennach ........................................................................... 242

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 242

29. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Jugendgerichts­gesetz 1988, das Suchtmittelgesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Ge­schworenen- und Schöffengesetz 1990 und das Gebührenanspruchsgesetz geän­dert werden (Strafprozessrechtsänderungsgesetz 2014) (181 d.B. und 203 d.B. sowie 9235/BR d.B.) ...................................................................................... 243

Berichterstatterin: Brigitte Bierbauer-Hartinger ....................................................... 243


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 13

Redner/Rednerinnen:

Marco Schreuder .................................................................................................... ... 243

Bundesminister Dr. Wolfgang Brandstetter ....................................................... ... 244

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................. 245

30. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2014 betreffend Kündigung des Europäischen Übereinkommens zum Schutz des archäologischen Erbes (133 d.B. und 252 d.B. sowie 9224/BR d.B.)           ............................................................................................................................. 245

Berichterstatter: Ing. Eduard Köck ............................................................................. 245

Annahme des Antrages des Berichterstatters, 1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorlie­genden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen ......................................... 245

Eingebracht wurden

Anfragen der Bundesräte

Hans-Jörg Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Verhaftung eines Ukrainers in Wien (3015/J-BR/2014)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Verwendung eines Blaulichts auf dem Dienstwagen des NÖ-Landes­hauptmannes (3016/J-BR/2014)

Monika Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend: Lebensmittelkennzeichnung darf heimische Wirtshauskultur nicht zerstören (3017/J-BR/2014)

Sonja Ledl-Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Kompetenzübertragung auf das Sozialministeriumservice (3018/J-BR/2014)

Efgani Dönmez, PMM, Mag. Gerald Zelina, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Verantwortung und Rolle des Bundesministers für Finanzen und des Rechnungshofpräsidenten (3019/J-BR/2014)

Hans-Jörg Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend illegale österreichisch-türkische Doppelstaatsbürger (3020/J-BR/2014)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Polizeibashing durch Juristen im Bundeskanzleramt (3021/J-BR/2014)

Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend durch Heirat erschlichene Aufenthaltstitel (3022/J-BR/2014)

Hans-Jörg Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Zentrales Waffenregister (3023/J-BR/2014)

Hans-Jörg Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend INDECT und Sicherheitsprojekte der Europäischen Union (3024/J-BR/2014)


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 14

Gerd Krusche, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­ver­teidigung und Sport betreffend Militärluftfahrtausstellung ZELTWEG (3025/J-BR/2014)

Hans-Jörg Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­desverteidigung und Sport betreffend Ersatz der Saab 105 (3026/J-BR/2014)

Hans-Jörg Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Ausschreibung Pinzgauer (3027/J-BR/2014)

Hans-Jörg Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Inserate und Werbung im Internet (3028/J-BR/2014)

Hans-Jörg Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­desverteidigung und Sport betreffend Eingriff in militärische Kernkompetenzen durch Einsparungen (3029/J-BR/2014)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Bundesräte Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzflüsse in die Bundesländer von 2009 bis 2012 exklusive der Finanzausgleichszahlungen (2779/AB-BR/2014 zu 3005/J-BR/2014)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzflüsse in die Bundesländer von 2009 bis 2012 exklusive der Finanzausgleichszahlungen (2780/AB-BR/2014 zu 3002/J-BR/2014)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Bundesräte Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzflüsse in die Bundesländer von 2009 bis 2012 exklusive der Finanzausgleichszahlungen (2781/AB-BR/2014 zu 3003/J-BR/2014)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Bundesräte Dr. Magnus Brunner, LL.M, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzierung der Vorbereitungslehrgänge auf den Pflichtschulabschluss (2782/AB-BR/2014 zu 3001/J-BR/2014)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Bundesräte Mag. Christian Jachs, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kasernenschließungen (2783/AB-BR/2014 zu 3007/J-BR/2014)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Bundesräte Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzflüsse in die Bundesländer von 2009 bis 2012 exklusive der Finanzausgleichszahlungen (2784/AB-BR/2014 zu 3006/J-BR/2014)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesräte Gottfried Kneifel, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzflüsse in die Bundesländer von 2009 bis 2012 exklusive der Finanzausgleichszahlungen (2785/AB-BR/2014 zu 3004/J-BR/2014)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Gerd Krusche, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anhaltezentrum Vordernberg (2786/AB-BR/2014 zu 3008/J-BR/2014)


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der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen betreffend Postenschließungen und exekutiven Außendienst (2787/AB-BR/2014 zu 3009/J-BR/2014)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Hans-Jörg Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderbericht 2012 (2788/AB-BR/2014 zu 3010/J-BR/2014)


 


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 16

09.03.30 Beginn der Sitzung: 9.03 Uhr

 


Präsidentin Ana Blatnik: Guten Morgen! Dobro jutro vam vsem! Ich eröffne die 832. Sitzung des Bundesrates.

Erlauben Sie mir, dass ich zu Beginn einige Damen und Herren recht herzlich in unserer Runde begrüße. Recht herzlich willkommen, prisrcno pozdravljen, mein und unser Landeshauptmann von Kärnten Dr. Peter Kaiser. (Allgemeiner Beifall.)

Ich begrüße den Klubvorsitzenden der SPÖ Mag. Andreas Schieder – schön, dass du da bist! (Allgemeiner Beifall.)

Ich begrüße den Fraktionsvorsitzenden außer Dienst Professor Albrecht Konecny, meinen Wegbegleiter! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Zelina.)

Ich begrüße den SPÖ-Klubobmann aus Kärnten Herwig Seiser mit seinem Team – Herwig, schön, dass du da bist! (Allgemeiner Beifall.)

Ich begrüße meine Familie, meine Freundinnen und Freunde aus meiner Heimat­ge­meinde Ludmannsdorf/Bilcovs – schön, dass ihr da seid! (Allgemeiner Beifall.)

Und ich begrüße die Künstlerin Tanja Prušnik, die sowohl den Vorraum des Bundes­rates als auch mein Büro verschönert hat. Ich lade euch ein: Schaut euch diese wunderschönen Bilder an! Danke vielmals, hvala lepa, Tanja Prušnik! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Zelina.)

*****

Das Amtliche Protokoll der 831. Sitzung des Bundesrates vom 26. Juni 2014 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Dr. Andreas Köll, Peter Oberlehner und Mag. Nicole Schreyer.

09.05.45Antrittsansprache der Präsidentin

 


9.05.48

Präsidentin Ana Blatnik: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Spoštovane dame in gospodje! Drage kolegice in kolegi! Erinnern, Versöhnen, Zukunft gestalten – diesen Leitfaden habe ich für die nächsten sechs Monate gewählt, wenn Kärnten den Vorsitz in der Länderkammer führt. So steht 2014 im Zeichen Gedenkens: 100 Jahre nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs, 75 Jahre nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, 80 Jahre nach den Februar­kämpfen und 25 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs. Dieses Gedenken spiegelt sich in einer Reihe von Veranstaltungen wider, unter anderem in einer Wan­der­ausstellung mit dem Titel „Zwangsweise Aussiedlung slowenischer Familien aus Kärnten“.

Erinnern und Versöhnen im Rahmen einer intensiven Auseinandersetzung mit der Vergangenheit bildet eine wesentliche Voraussetzung für den Blick nach vorne. Eine vielschichtige Beschäftigung mit Spuren der Geschichte in Gegenwart und Zukunft kann auch nicht an Staatsgrenzen enden, sondern kommt in Zeiten eines vereinten Europas erst durch die Möglichkeit einer internationalen Perspektive zur Entfaltung. Zu einer grenzüberschreitenden Zusammenschau soll daher unter anderem eine Kon­ferenz im Oktober dieses Jahres beitragen, die den Titel „Balkan als Chance“ trägt und


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 17

an der Referentinnen und Referenten aus Österreich, Slowenien, Kroatien, Serbien und Bosnien-Herzegowina teilnehmen werden.

Wenn wir heuer die Erinnerung an historische Ereignisse wachhalten, rücken wir damit auch den unschätzbaren Wert des Friedensprojektes Europäische Union in den Mittelpunkt, zugleich aber auch die Aufgabe und Herausforderung, diese EU weiter­zuentwickeln. Auch die Länderkammer trägt Mitverantwortung dafür, wie der gemein­same europäische Weg fortgesetzt wird. Nicht zuletzt deshalb ist es mir eine beson­dere Ehre und Freude, im kommenden Halbjahr die Bundesratspräsidentschaft übernehmen zu dürfen.

Was bedeutet „Zukunft gestalten“ in einer modernen, offenen, sozialen Gesellschaft? – In meinen Augen heißt das, sich in einer Zeit, in der die Kluft zwischen Arm und Reich wächst und Gleichstellung zwischen Mann und Frau nach wie vor nicht realisiert ist, konsequent für die Chancengleichheit einzusetzen. Kärnten entsendet zum fünften Mal eine Frau an die Spitze des Bundesrates: Helene Tschitschko bekleidete das Amt drei Mal, Dr. Helga Hieden-Sommer hatte es in der zweiten Hälfte des Jahres 1987 inne.

Die Präsenz von Frauen in der Politik macht den Anspruch auf Gleichberechtigung immer wieder sichtbar. Sie ruft uns in Erinnerung, was durch beharrliches Ringen um Fortschritt erreicht worden ist, aber auch, wie viel noch zu tun ist.

Es gibt eine Reihe von Ebenen, auf denen Frauenförderung geschieht und weiter forciert werden muss. Ich möchte während meiner Präsidentschaft unter anderem auch den Blick auf den Bildungsbereich lenken. Noch immer ist es trotz intensiven Bemühens, Veränderungen herbeizuführen, Realität, dass sich eine Mehrheit der Mädchen bei der Berufswahl auf typische Frauenberufe wie Friseurin, Verkäuferin oder Sekretärin beschränkt. Ich möchte betonen: Das sind sehr wichtige Berufe, aber auch solche, die schlecht bewertet werden, dadurch niedrig entlohnt sind und nur wenig Karrierechancen bieten.

Dies hat weitreichende Konsequenzen, schlägt sich in der Einkommensschere zwischen Mann und Frau nieder und hat Auswirkungen auf die Möglichkeiten der Alterssicherung. Daher gilt es verstärkt Anstrengungen zu unternehmen, Frauen für technische und naturwissenschaftlich ausgerichtete Ausbildungszweige zu interes­sieren.

Wir müssen uns aber auch fragen, welche Rahmenbedingungen erforderlich sind, damit junge Mädchen neue Wege gehen können. Vielfach sind Frauen deshalb vorwiegend in bestimmten Berufssparten anzutreffen, weil sie sich erhoffen, diese Tätigkeiten besser mit einer Familie in Einklang bringen zu können. Ihnen neue Chancen zu eröffnen bedeutet daher, ein adäquates Kinderbetreuungsangebot zur Verfügung zu stellen. Eine Enquete mit dem Schwerpunkt duale Ausbildung, für die ich Sie schon heute um Ihre Zustimmung bitte, soll alle Facetten dieser Problematik beleuchten und Impulse für Veränderungen geben.

Eine gerechte, zukunftsorientierte Gesellschaft ist für mich aber auch eine, die sich ihrer jüngsten Mitglieder annimmt. Ich werde mich daher dafür einsetzen, dass Kinderrechte nicht mehr unter „ferner liefen“ – unter Anführungszeichen – vorkommen, sondern mehr Gewicht erhalten. Um dies zu gewährleisten, möchte ich die Einrichtung eines eigenen Ausschusses, der sich damit beschäftigen soll, anregen.

Was bedeutet „Zukunft gestalten“ für den österreichischen Bundesrat? – In der Ver­gangenheit ist die Länderkammer oft infrage gestellt worden. Aus meiner Sicht sollten wir uns in Österreich nicht darauf konzentrieren, wie wir den Parlamentarismus und Föderalismus schwächen, sondern wie wir diese beiden Pfeiler unserer Demokratie stärken können. Die Länderkammer wirkt als wichtiges Bindeglied zu den Gemeinden,


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 18

zum Land, zur Bundesregierung und zur europäischen Ebene. Sie bildet aber auch einen zentralen Baustein, um ein lebendiges Europa der Regionen am Puls der Bedürfnisse seiner Bürgerinnen und Bürger mitzugestalten.

Der Bundesrat leistet wertvolle Arbeit. Wenn über Kompetenzen im demokratischen Gefüge diskutiert wird, schwingen im Hintergrund immer auch Fragen der Macht­verteilung und Konkurrenz mit. Wird die Stärkung der Länderkammer diskutiert, gilt es daher abzuwägen, was realistisch, was konkret umsetzbar ist. Da gibt es mehrere Ansätze. Der Bundesrat kann sich selbst aufwerten, indem er in noch größerem Ausmaße als bisher die Themenführerschaft übernimmt, wenn es um Materien geht, die die Angelegenheiten der Länder berühren.

Die Möglichkeit, entscheidende Themen zu besetzen, hat der Bundesrat vor allem auch in seiner Rolle als Europakammer. Durch den EU-Vertrag von Lissabon ist der Bundesrat mit zusätzlichen Kompetenzen ausgestattet worden, die er schon bisher intensiv genützt hat und die es weiterhin bestmöglich auszuschöpfen gilt. Nur Schweden hat laut einem Ranking mehr Stellungnahmen im EU-Gesetzge­bungs­verfahren eingebracht als der österreichische Bundesrat. Unser EU-Ausschuss ist höchst aktiv.

Wir sollten uns aber auch fragen, wie wir diese wichtige Tätigkeit für die Öffentlichkeit wahrnehmbarer machen können. Zu mehr Transparenz würde es etwa beitragen, wenn zum Beispiel der Bericht des EU-Ausschusses im Plenum diskutiert werden würde. Ich trete außerdem dafür ein, dass der Bundesrat mittels eines Stellungnahme­rechts bereits in der Kreativphase der Gesetzwerdung eingebunden wird. Anregungen zu Veränderungen in Gesetzentwürfen würden so in einem frühen Stadium des demokratischen Prozesses berücksichtigt werden. Auf diese Weise ließe sich auch das Gesetzgebungsverfahren beschleunigen. Sinnvoll wäre es außerdem, wenn die Länder­kammer die Möglichkeit von Teileinsprüchen hätte, damit sie nicht nur eine Sammelnovelle als Gesamtes, sondern einzelne Artikel befürworten oder ablehnen kann.

Ein weiterer zentraler Punkt ist meiner Meinung nach ein Rederecht von Bundes­rätinnen und Bundesräten im Landtag, was in mehreren Bundesländern – auch in Kärnten – noch nicht verwirklicht wurde.

Der Länderkammer sollte ferner ein Mitspracherecht bei der Bestellung der Volks­anwältinnen und Volksanwälte gewährt werden, die schließlich auch mit Ländermate­rien betraut sind.

Auch eine Verlängerung der Präsidentschaft im Bundesrat wäre ein großer, positiver Fortschritt.

Die Rolle des Bundesrates wird auch wesentlich davon geprägt, über wie viel Rückhalt er in den Ländern verfügt.

Für deine Bemühungen um eine Stärkung der Länderkammer und deine engagierte Vorsitzführung möchte ich dir, lieber Michael Lampel, recht, recht herzlich danken. Du hast mir einen wunderbaren Weg vorbereitet, danke vielmals! (Allgemeiner Beifall.)

Die Zukunft lässt sich aus meiner Sicht nur dann gestalten, wenn man das große Ganze, wie es sich auf verschiedenen demokratischen Ebenen darstellt, nicht aus den Augen verliert. Das Motto des Kärntner Vorsitzes der Landeshauptleutekonferenz „Starke Länder für ein soziales Österreich in einem gemeinsamen Europa“ macht dies deutlich.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor uns liegen viele Herausforderungen, allein kann man/frau dies nicht umsetzen. Ich möchte Sie dazu einladen, die Aufgaben, die auf uns


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 19

zukommen, im Geist eines von gegenseitiger Wertschätzung getragenen Miteinanders zu bewältigen.

Ein Miteinander äußert sich für mich auch in Offenheit für kulturelle und sprachliche Vielfalt.

„Sprache und Kultur sind nicht zu trennen. Sie sind eine ständige Quelle der Kreativität, Liberalität und Aufklärung, ein Mittel der Verständigung, des Fortschritts und der Humanisierung der Gesellschaft.“ – So formulierte dies der Historiker Dr. Hellwig Valentin.

Meine sprachliche und kulturelle Identität lebe ich in diesem Haus schon seit zehn Jahren, und ich bin dankbar, dass ein gemeinsamer Beschluss mir dies ermöglicht hat. Deshalb folgt wie immer eine kurze Zusammenfassung meiner Rede in meiner Muttersprache, in slowenischer Sprache.

(Die Präsidentin setzt ihre Rede in slowenischer Sprache fort.)

Danke. Hvala. Auf gute Zusammenarbeit! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

9.20

Ankündigung einer Erklärung des Landeshauptmannes von Kärnten gemäß § 38 Abs. 3 der Geschäftsordnung

 


Präsidentin Ana Blatnik: Ich begrüße nochmals den Herrn Landeshauptmann von Kärnten Dr. Peter Kaiser sehr herzlich hier bei uns im Bundesrat und gebe bekannt, dass er seine Absicht bekundet hat, zum Thema „Starke Länder für ein soziales Österreich in einem gemeinsamen Europa“ eine Erklärung gemäß § 38 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates abzugeben.

Es liegt mir hiezu ein schriftliches Verlangen im Sinne des § 38 Abs. 4 GO-BR vor, im Anschluss an die vom Herrn Landeshauptmann abgegebene Erklärung eine Debatte durchzuführen. Da das Verlangen ausreichend unterstützt ist, werde ich diesem ohne Weiteres stattgeben.

09.21.53Erklärung des Landeshauptmannes von Kärnten zum Thema
„Starke Länder für ein soziales Österreich in einem gemeinsamen Europa“

 


Präsidentin Ana Blatnik: Ich erteile nun Herrn Landeshauptmann Dr. Kaiser zur Abgabe seiner Erklärung das Wort. – Bitte, Herr Landeshauptmann.

 


9.22.02

Landeshauptmann von Kärnten Dr. Peter Kaiser: Sehr geehrte Frau Präsidentin des Bundesrates! Hohes Präsidium! Geschätzte Mitglieder der Länderkammer! Herr Klubobmann Schieder! Lieber Freund Albrecht Konecny! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen aus dem Kärntner Landtag! Liebe Daumen haltende, mitfiebernde Landsleute aus Ludmannsdorf/Bilcovs! Geschätzte Damen und Herren! „Starke Länder für ein soziales Österreich in einem gemeinsamen Europa“ – unter diesem Leitsatz, mit diesem Auftrag und auch mit diesem Amtsverständnis nimmt Kärnten seine Vorsitz­führung in der Landeshauptleutekonferenz wahr. Wir unterstreichen damit – und das ist für mich essenziell  den Willen, in einem föderalen System lokal, regional, national und EU-weit abgestimmt politisch zum Wohle der Menschen zu agieren.

Daher werden wir versuchen, dem bemerkenswerten Beschluss der Landeshaupt­leute­konferenz vom November 1990, der da lautete – ich zitiere wörtlich –: Der jeweilige Vorsitzende wird ersucht, „für die ganze Dauer seines Vorsitzes das Gewicht seiner Autorität zum Schutz der Interessen der Länder, auch in Bezug auf Angriffe über die


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 20

Medien einzusetzen“, in engster Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Ebenen gerecht zu werden.

Ich habe das auch deswegen zitiert, geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses, weil hier eine gewisse Identität, das Wohl der Länder zwischen Ihrer Aufgabe und meiner Aufgabe spürbar ist, obwohl gesetzgebende und exekutierende Körper­schaften immer zweierlei Aufgabenstellungen nachzukommen haben.

An dieser Stelle ist es mir besonders wichtig, etwas ganz explizit festzuhalten. Unter Stärke der Länder, die auch apostrophiert wurde, verstehe ich nicht explizit politische Macht. Unter Stärke der Länder verstehe ich in meiner Wahrnehmung, dass Men­schen, die auf Landes- und lokaler Ebene tätig sind, den Vorteil haben, näher an der Bevölkerung, ihren Sorgen, ihren Nöten, aber auch ihren Problemen zu sein und daher auch eher agieren, reagieren zu können und politisch Gegenmaßnahmen dann einzuleiten, wenn es notwendig ist.

Ich glaube, dass die Landespolitik diesen Vorteil – und unter Landespolitik subsumiere ich auch die kommunale Politik – ganz einfach hat und dass das einer jener Bereiche ist, die regionale Politik näher an Bürgerinnen und Bürger bringen. Und diese Nähe ist – das gebe ich auch aus langer Erfahrung zu – ein Vorteil. Es muss aber nicht immer nur ein Vorteil sein, denn diese Sensibilität, die man durch die Nähe hat, kann sich unter bestimmten Voraussetzungen auch in das Gegenteil verkehren, nämlich dann, wenn ich beispielsweise daran denke, dass Länder die Steuerhoheit haben, haben sollten, wie es manche verlangen, und dann natürlich durch diese Nähe in die Gefahr kommen, im Sinne der Nähe zur Bevölkerung auch da und dort gewissem Drängen und Drücken nachzugeben, was unter den Prämissen eines föderalen Systems dazu führen könnte, dass sich dies zu einem Steuereinhebungs­dumping­wettbewerb zwischen Bundesländern letztendlich zum Nachteil des Staates entwickelt.

Daher, so meine ich, ist ein wesentliches Merkmal des Föderalismus, diese Chance der Nähe, aber auch die notwendige Distanz so auszugleichen, dass sie zwischen den einzelnen politischen Ebenen auch ihre Realisierung finden kann. Für mich ist bei manchen Maßnahmen die Nähe wichtig, bei manchen Maßnahmen ist es aber auch wichtig, dass wir auf nationaler Ebene mit dem notwendigen Distanzgefühl politische Entscheidungen treffen.

Ich bekenne mich uneingeschränkt zum Föderalismus, meine geschätzten Damen und Herren. Zukunftsorientierter Föderalismus muss aus meiner Sicht das Institutions­bezogene und das Standespolitische, manchmal auch mit Scheuklappen Behaftete ablegen. Es geht nicht um Machtverlust oder Imagegewinn für die einzelnen politischen Ebenen, sondern es geht darum, ein System weiterzuentwickeln, welches den Menschen in ihren Lebensverhältnissen nützt, ihnen hilft und sie letztendlich auch stützt. Das ist für mich die Aufgabenstellung der einzelnen politischen Ebenen in einem föderalen System.

Kärnten wird einige wichtige Themen, die wir teilweise von unserem Vorgänger­vorsitzland Burgenland mit übernommen haben, auch in der zweiten Jahreshälfte ganz im Sinne dieses Mottos „Starke Länder für ein soziales Österreich in einem gemeinsamen Europa“ aufgreifen, weiterführen und da und dort auch neue Themen­schwerpunkte setzen.

Ein zentraler Bestandteil unserer Aufgabenstellung ist der Bereich der Bildung. Ich darf Sie informieren, dass es in dieser Periode der Vorsitzführung Kärntens erstmals auf Einladung eines Bundeslandes zu einer Bildungsreferentinnen- und –referentenkon­ferenz kommen wird. Wir werden dort auch versuchen, derzeit dräuende Fragen, wie beispielsweise die Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern, sehr objektiv zu bewerten. Ich halte aber dabei fest, dass die Grundsatzgesetzgebung, was den Bil-


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dungsbereich, den Schulbereich betrifft, klar, eindeutig und unmissverständlich Bun­desangelegenheit ist.

Die Vorstellung, neun unterschiedliche Bildungsziele, Abläufe, Ausbildungsbereiche für Pädagoginnen und Pädagogen zu haben, ist etwas, was den Entwicklungen der Zeit, der Pädagogik, aber auch moderner Politik nicht entspricht. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

Ich möchte in diesem Zusammenhang aber auch auf etwas hinweisen, was als weiteres Thema mit zu berücksichtigen sein wird. Wir möchten vonseiten der Länder wichtige pädagogische Elemente wie beispielsweise den sonderpädagogischen Förder­bedarf hinsichtlich ihrer Aktualität, hinsichtlich ihrer Entsprechung bei dem, was sich real in unseren Schulen abbildet, auch überprüft sehen.

Ich kann Ihnen von Kärnten sagen, dass wir 178 Lehrerinnen und Lehrer über den normalen Plan hinaus beschäftigen, um dem tatsächlichen sonderpädagogischen Förderbedarf entsprechen zu können. Das ist nicht Schlampigkeit der Länder, das ist kein über den normalen Bedarf hinaus Beschäftigen von Menschen, wobei auch das im pädagogischen Bereich nichts Schlechtes wäre, sondern dies ist schlichtweg die Notwendigkeit, auf veränderte gesellschaftspolitische Verhältnisse zu reagieren, die sich auch in unseren Kindern, der Zukunft unseres Landes, in den Schulen wider­spiegeln. Und daher sage ich: Jeder in die Bildung investierte Schilling und Euro, auch wenn er weit über das hinausgeht, was vielleicht vom Bund über den Finanzausgleich refundiert wird, ist wichtig, richtig und eine große Investition in die Zukunft. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Gestatten Sie mir auch, dass ich eine Lanze für das breche, was Sie, was wir, was die Politik täglich tut.

Demokratie muss – und ich zitiere Oskar Negt – täglich neu erarbeitet werden.

Ich möchte daher auch im Rahmen dieser sechs Monate deutliche Akzente dahin­gehend setzen, dass politische Bildung zu einem Pflichtfach ab der fünften Schulstufe wird. Ich halte das für eine der wesentlichsten Investitionen in das, was wir täglich tun, in die Zukunft der Demokratie und ihre weitere Entwicklung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Der Bereich der Gesundheit entwickelt sich in eine neue Ära. Mit dem Bekenntnis, dass das Gesundheitssystem als einer der wichtigsten Bereiche wächst, aber eine gewisse finanzielle Grenze hat, die bei 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegt, stehen wir vor großen Herausforderungen, insbesondere angesichts neuer medizini­scher, für die Lebenserhaltung wichtiger Entwicklungen.

Ich glaube, dass hier ganz entscheidend sein wird, dass Bund, Länder und Gemeinden ineinandergreifen, dass aber auch die Standesvertretungen ihrer Verantwortung ge­recht werdend versuchen, das gemeinsame Gesellschaftliche in den Mittelpunkt zu rücken und Eigeninteressen hintanzustellen.

Wir werden uns auch sehr kritischen Fragen widmen müssen, die letztendlich auf ihrer Ebene, auf nationaler Ebene zu entscheiden sein werden, aber ihre Auswirkungen werden die Länder treffen. Ich spreche damit beispielsweise den Zugang zum Medizin­studium an, die Notwendigkeit, dass wir auch für Österreicherinnen und Österreicher da und dort Studienzugangserleichterungen brauchen werden, um dem wachsenden Bedarf an Medizinerinnen und Medizinern in den Gesundheitsbereichen entsprechend Rechnung tragen zu können.

Und ich verweise darauf, dass wir uns auch modernen Entwicklungen vermehrt stellen werden müssen. Die Salutogenese, die sich mit den Auswirkungen von sozialen, bil-


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dungsmäßigen Lebensumständen auf die Gesundheit der Menschen beschäftigt, gewinnt tagtäglich mehr an Bedeutung. Ich denke, dass wir hier von Österreich ausgehend gute Chancen haben, dieses so hervorragende Gesundheitssystem auch im Sinne des von mir bisher Gesagten weiterzuentwickeln.

Geschätzte Damen und Herren, auch im Hinblick auf soziale Fragen stehen wir vor wichtigen Weichenstellungen. Es wird notwendig sein, sich intensiv mit der Zukunft der Pflege und ihrer Finanzierbarkeit zu beschäftigen. Da und dort werden auch neue Wege einzuschlagen sein, damit wir den sich verändernden Ausgangspositionen gerecht werden können. Wir werden erfreulicherweise – und das ist doch das schönste Zeugnis, das wir alle uns in Österreich selbst ausstellen können – älter. Was wir schaffen müssen, ist, dass dieses Älterwerden, dass dieses Mehr an Jahren auch von Lebensqualität begleitet ist. Diese Lebensqualität dann bereitzustellen, wenn man nicht mehr selbst vollständig in der Lage ist, sich diese selbst zu ermöglichen, bedarf entsprechender pflegender, betreuender, helfender Einrichtungen. Diese von der Politik aus sicherzustellen sehe ich als eine der modernsten und zukunftsträchtigsten Aufgaben eines Staates. Dies wird nur in engstem Zusammenwirken zwischen europäischer, nationaler und regionaler Politik möglich sein.

Armutsbekämpfung ist aus meiner Sicht etwas, was man sehr rasch an die Seite schiebt. Wir leben in einer Gesellschaft, die man als Wohlstandsgesellschaft bezeich­net, und trotzdem gibt es bei uns Menschen, die am Abend schlafen gehen und nicht wissen, ob der nächste Tag einer sein wird, der sie von gewissen Existenzsorgen freihalten wird.

Ich denke, dass es auch der Wert einer Gesellschaft ist, sich so zu entwickeln, dass man auch bei vielen neuen Herausforderungen auf das Basale, nämlich Existenz­grundlagen für alle in Österreich sicherzustellen, niemals verzichten darf und das auch niemals aus den Augen verlieren darf. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Ich möchte mich ganz explizit beim österreichischen Bundesrat dafür bedanken, dass er auch die Initiativen, die wir auf Landesebene, auf Ebene der Landeshauptleute gesetzt haben, so eindrucksvoll unterstützt. Damit meine ich mehr Transparenz bei der Debatte auch auf europäischer Ebene bei wichtigen, für die Zukunft ganz ent­scheidenden Fragen, wie Freihandelsabkommen, TTIP. All diese Bereiche erwarten letztendlich auch eine öffentliche Diskussion.

Ich kenne Geheimhaltungsbereiche, ich kenne Vertraulichkeiten, aber, meine Damen und Herren, wenn es um entscheidende Weichenstellungen für die Zukunft geht, die nicht nur uns, sondern auch unsere Kinder und die nächsten Generationen ent­scheidend beeinflussen und beeinträchtigen werden, dann haben wir die Verpflichtung, auch als Vertreterinnen und Vertreter der Bevölkerung Österreichs, und das gilt auch für alle anderen 27 EU-Staaten, so transparent zu kommunizieren, dass jeder und jede, der jemals in einen Abstimmungsprozess mit einbezogen wird, das mit bestem Wissen und Gewissen und nach Prüfung dessen, was man selbst in der Lage ist zu prüfen, tun kann. Das zu erreichen wird eine der wichtigsten Aufgaben sein, der wir alle nur gemeinsam und geschlossen nachkommen werden können. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Ich hatte gestern erstmals die Gelegenheit, in meiner Funktion als Sprecher der Landeshauptleute an einer wichtigen Weichenstellung für die Menschen Österreichs, für den Standort Österreich als Industrieland, aber auch für Österreich als ein Land, das sich neuen Technologien nicht verschließt, beizuwohnen. Es war der runde Tisch zum Breitbandausbau, wo es gelungen ist, doch endlich auch jene notwendigen Inves­titionsmaßnahmen sicherzustellen, die uns letztendlich auch im dritten Jahrtausend ankommen lassen oder, etwas technischer ausgedrückt, die es ermöglichen sollen,


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dass wir bis zum Jahr 2020 überall, in allen Gemeinden – und ich betone: in allen Gemeinden Österreichs! – eine bundesweite Versorgung mit technologischen Auto­bahnen, Datenautobahnen sicherstellen.

Ich bedanke mich ausdrücklich bei den verhandelnden Ministern. Das ist ein wichtiger Schritt, ohne diesen würden wir in vielen Bereichen den Anschluss an die modernen Technologien in Österreich und vor allem in den ländlichen Regionen verlieren. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Meine Damen und Herren, den inhaltlichen Kanon möchte ich mit einer ganz wichtigen Frage, die überall in Österreich debattiert wird, abschließen, ohne damit den Anspruch auf Vollständigkeit zu erfüllen. Eine ganz entscheidende Bedeutung für die Menschen in Österreich hat die bereits sehr weit diskutierte Steuerreform. Ich habe in einem Interview vor Kurzem gesagt und daraufhin sehr viele positive Rückmeldungen bekom­men, dass es vielleicht einmal gut wäre, bei einer inhaltlichen Frage nicht das Trennende in den Mittelpunkt zu stellen, sondern einmal zu subsumieren, was bereits gemeinsamer akkordierter Zugang ist.

Gemeinsamer akkordierter Zugang ist für mich quer durch bei allen politischen Repräsentantinnen und Repräsentanten, die auch hier im Bundesrat abgebildet sind, dass man will, dass die Österreicherinnen und Österreicher mehr Netto vom Brutto im Geldbörserl haben.

Fix ist und außer Frage gestellt ist, dass der Faktor Arbeit zu entlasten ist. Fix ist, dass in letzter Konsequenz jede und jeder möchte, dass die Kaufkraft der Österreicherinnen und Österreicher gesteigert wird. Mathematischer Logik würde auch entsprechen, dass die einfachste und das jederzeit sicherstellende Maßnahme eine Senkung des Eingangssteuersatzes ist.

Wir haben hier bereits vier Elemente, die automatisch ein fünftes Element, das auch außer Streit steht, zur Folge haben, denn von einer Steigerung der Kaufkraft, insbe­sondere der niedrigen und mittleren Einkommen, profitiert am meisten unsere doch klein- und mittelständisch orientierte Wirtschaft. Es wird niemand bei einem Einkom­men, dessen Höhe knapp an jener des Mindesteinkommens liegt, ein bisserl mehr habend eine Südseereise buchen, sondern man wird Güter des täglichen Bedarfes nachkaufen. Diese werden erfahrungsgemäß im Besonderen wiederum von der heimischen Wirtschaft produziert. Das heißt, wir haben hier eine Win-win-win-Situation, wo ich doch glaube, dass wir gemeinsam mehr erreichen können, wenn wir mit gutem Willen auf einander zugehen und vielleicht da oder dort gewisse vermeintlich fest­geschriebene und festgefahrene Grundsätze einer besseren Entwicklung opfern. Die Österreicherinnen und Österreicher, meine Damen und Herren, ich erwähne da insbesondere die Kärntnerinnen und Kärntner, brauchen eine solche „Mehr Netto vom Brutto im Geldbörsel“-Politik dringendst! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Im Bereich der immer wieder zitierten Verwaltungs- und Aufgabenreform möchte ich dem Prinzip, aus positiven Beispielen auch anderer zu lernen, folgen. Haushalts­reformen, Zentralisierung einzelner Aufgaben bei Bezirkshauptmannschaften oder auch der Wegfall von Instanzenzügen, wie wir sie bei den Landesverwaltungshöfen bisher sehr erfolgreich umgesetzt haben, animieren dazu, diesen Weg sehr kon­sequent fortzusetzen.

Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte mich um ein Thema nicht herumdrücken, das diese Republik seit einiger Zeit beschäftigt. Es ist die Frage der Hypo. Es ist die Frage einer Causa, die sich für ganz Österreich sehr negativ auswirkt, zu der ich sehr offen und sehr ungeschminkt in ganz deutlichen Worten eines sage: Diese Hypo-Affäre ist letztendlich auf politischen Größenwahn und kriminelle, zockende Energien von


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Leuten, die in insgesamt 103 gerichtsanhängigen Prozessen per heutigem Tag behandelt werden, zurückzuführen.

Kontrollinstanzen – egal, auf welcher Ebene – haben versagt oder wurden nicht informiert. Ich komme aus einem Bundesland, in dem es drei Jahre lang keinen Rech­nungsabschluss gegeben hat, in dem die Haftungen, ihre Volumina auszuweisen gewesen wären. Wir haben aber auch andere Kontrollinstrumente in dieser Republik, die nicht, auch wenn sie es vielleicht da und dort gesehen haben, die notwendigen Maßnahmen zumindest aufgezeigt oder eingeleitet hätten.

Ich erkläre auch dezidiert, dass ich jede Kollektivschuld für ein Bundesland und seine Menschen zurückweise. Ich nütze die Gelegenheit, heute hier vor Ihnen sprechen zu können, aber auch dafür, ein weiteres Mal darauf hinzuweisen, dass die neue Kärntner Landeskoalition bereit ist, Verantwortung auch für Vergangenes zu übernehmen – in einem Ausmaß, das auch dem Bemühen Kärntens Rechnung trägt, Kärnten so weiterzuentwickeln, dass es Zukunftsfähigkeit und Zukunftschance hat. Wir können nicht auf irgendwelche Forderungen einsteigen, die letztendlich eine negative Entwicklung Kärntens bedeuten würden.

Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen. Wir werden auch in gewissem Sinne dort beitragen, wo es kausale Zusammenhänge gibt. Wir werden aber eines nicht machen, und ich ersuche Sie dafür um Verständnis: ein Land opfern für das, was in der Vergangenheit passiert ist. Das ist nicht zukunftsorientierte Politik.

Und ich möchte mich abschließend ganz explizit auch bei der Bundesregierung bedanken. Sie hat Mut bewiesen, mit einem Hypo-Sondergesetz, das unterschiedlich bewertet wird, sicherzustellen, dass es zu keiner Insolvenz eines Bundeslandes kommt. Dafür Respekt und Dank! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren! Zum Ende kommend: Es werden im nächsten halben Jahr zahlreiche Landesreferentinnen-, Landesreferententagungen in unserem Bundes­land stattfinden. Wir werden diese gemeinsam mit Symposien, Enqueten zur polit­ischen Weiterentwicklung der Länder, der Republik nützen, und wir wollen Ihnen allen zeigen, welche aktive internationale, interregionale Rolle wir in Kärnten versuchen ein­zunehmen und damit auch eine Politik über den eigenen Bereich hinaus im Besonderen zu betonen.

Ich möchte, dass viele meiner Kolleginnen und Kollegen aus den Bundesländern sehen, dass Kärnten eine große Zukunftsfähigkeit hat, dass es ein Land ist, in dem die Menschen sich bemühen, Dinge, so gut es geht, zu machen, weiterzuentwickeln, wo sie sicher sein können, wenn sie zu uns nach Kärnten kommen, dass sie auf Freundinnen und auf Freunde treffen.

Wir machen – zusammengefasst – in der Zukunftskoalition eine Politik, die versucht, die drei negativen A: Armut, Arbeitslosigkeit und Abwanderung, durch drei zukunfts­trächtige I: Internationalität, Investition und Innovation, ins Positive zu entwickeln. Wir werden das mit einer gewissen Kärntner Charmeoffensive machen, bestehend aus Ratio, aber auch – das ist auch eine unserer Stärken – der Emotio.

„Starke Länder für ein soziales Österreich in einem gemeinsamen Europa“ – ich bin guter Dinge, dass wir ein kleines Stück dazu beitragen können, diesen Leitsatz auch zu erfüllen. Ich hoffe, dass Sie als Mitglieder der Länderkammer in uns und wir in Ihnen Partner sehen, Partner finden und das in den nächsten sechs Monaten auch beweisen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit, und ich wünsche Ihnen für Ihre wichtige Arbeit für Österreich alles Gute und viel Kraft. (Anhaltender Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

9.44



BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 25

Präsidentin Ana Blatnik: Ich danke dem Herrn Landeshauptmann für seine Aus­führungen.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Novak. Ich erteile es ihm.

 


9.45.05

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Herr Klubobmann! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal und vor den Bildschirmen zu Hause! Mit großer Freude, Dankbarkeit, aber auch mit ein wenig Demut stehe ich heute hier an diesem Rednerpult. Dies deshalb, weil ich Teil dieser historischen Sitzung sein darf. Das ist nämlich die erste Bundesratssitzung unter Kärntner Vorsitz nach der Lösung der leidigen Kärntner Ortstafelfrage, die 2011 dank der Vermittlung des jetzigen Kanzleramtsministers Dr. Ostermayer zustande kam.

Vorbei sind zum Glück in Kärnten die Zeiten, in denen eine Partei mit ihrer Brot-und-Spiele-Politik die Bevölkerung am Schmäh hielt, die politische Kultur im Bundesland mit Füßen trat und Kärnten als Selbstbedienungsladen betrachtete. Die Demokratie hat dafür gesorgt, dass dieses politische Intermezzo Geschichte ist.

An den Nachwirkungen leidet das Bundesland jedoch noch immer. Der Herr Landeshauptmann hat es schon angesprochen: Stichwort Hypo-Bank. Allerdings, so mein Befund, ist die Kärntner Bevölkerung, was die Politik anlangt, mittlerweile sehr sensibel geworden, aber auch gereift. Sie hat realisiert, dass es nicht angeht, dass eine politische Bewegung die Kärntner Symbole wie die Fahne und die Tracht für sich und ihre Zwecke vereinnahmt. Ein Auseinanderdividieren der Menschen gelang zum Glück nicht. Heute ist es vielmehr so, dass viele Menschen des südlichsten Bundes­landes die Zweisprachigkeit als Bereicherung und zusätzliche Chance sehen bezie­hungsweise wahrnehmen, und das, meine Damen und Herren, ist gut im Sinne eines zusammenwachsenden Europa. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

Blickt man von der Ringstraße Richtung Parlamentsgebäude, so kann man in Grund­zügen das ablesen, was die Bevölkerung zu Recht von den politischen Akteuren erwartet, auch von der Kärntner Vorsitzführung im Bundesrat und in der Landes­hauptleutekonferenz. Vor dem Parlamentsportal stehen in Bronzeguss ausgeführte Rossebändiger, die als Symbol für die Bezähmung der politischen Leidenschaften gelten. Peter Kaiser wird, das traue ich mich zu sagen, der Landeshauptleutekonferenz mit großer Sachlichkeit und über die tagespolitische Aktivität hinausgehendem Weit­blick vorsitzen.

Das neue politische Klima und die neue politische Kultur, die in der Kärntner Koalition unter Landeshauptmann Kaiser in den letzten eineinhalb Jahren gepflogen wurden, stimmen mich sehr zuversichtlich. Viel wurde in eineinhalb Jahren in Kärnten im Sinne der Bevölkerung umgesetzt, zum Beispiel die Abschaffung des Pflegeregresses oder ein verantwortungsbewusster Umgang mit Steuergeld. Mehrere Millionen wurden im Bereich der Parteienförderung und in den Regierungsbüros eingespart. Das Vertrauen in den Unternehmensstandort Kärnten wächst. Millioneninvestitionen im Bereich von Infineon, Mondi, Flextronics wurden getätigt. Unter unserer Finanzreferentin Landes­hauptmann-Stellvertreterin Schaunig erreicht Kärnten ein positives Maastricht-Ergebnis und trägt auch zu einem positiven Bundesergebnis bei. Noch nie zuvor haben so viele Botschafter unserem Landeshauptmann ihre Aufwartung gemacht.

Die Liste könnte man noch lange fortsetzen, und es wird auch noch sehr viel Positives geschehen.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 26

Am Dach des Parlamentsgebäudes weht jetzt bis Ende Dezember neben der EU-Fahne und jener der Republik Österreich auch die von Kärnten, stellvertretend für alle übrigen Bundesländer. Gestatten Sie mir als Bürgermeister einer Kärntner Gemeinde, dass ich mir auf dem Dach auch noch die Fahne meiner Heimatgemeinde Mallnitz dazudenke. (Heiterkeit.) Damit wäre dann nämlich exakt jener Bereich abgesteckt, in dessen Spannungsfeld die Arbeit des Bundesrates zu erfolgen hat. Er hat die Inter­essen der Bundesländer und ihrer Gemeinden gegenüber dem Bund und gegenüber der EU zu vertreten beziehungsweise zu artikulieren und im Bedarfsfall auch vermittelnd tätig zu werden.

Somit kommt dem Bundesrat eigentlich eine unglaublich wichtige Funktion zu, nicht zuletzt auch deshalb, weil ja die Europäische Union immer wieder ein Europa der Regionen propagiert. Die politische Wirklichkeit sieht vielfach allerdings leider anders aus. Denken wir etwa nur an die derzeitigen Verhandlungen – der Herr Landes­hauptmann hat es schon erwähnt – zwischen Europa und den USA bezüglich eines Handelsabkommens, des Transatlantic Trade and Investment Partnership, das derzeit unter dem Kürzel TTIP durch die Medien geistert. Es wird von einer auflagenstarken Zeitung jeden Tag promotet. Anstatt diese Verhandlungen mit größtmöglicher Trans­parenz unter Einbindung regionaler Gremien, wozu auch der Bundesrat zu zählen wäre, durchzuführen, finden die Verhandlungen hinter verschlossenen Türen statt.

Kann es sein, dass der Europäischen Union die Interessen der multinationalen Kon­zerne wichtiger sind als jene der eigenen Regionen und der dort lebenden Menschen? Die derzeitige Vorgangsweise lässt jedenfalls einen Schluss zu: In dieser Causa sind meiner Meinung nach nun die Bundesregierung und die Wirtschaftskammer gefordert, hier helfend oder ausgleichend einzugreifen.

Als Vertreter einer Region kann ich dazu nur sagen, dass solch ein Handeln der Europäischen Union à la longue in die Sackgasse führen wird.

Dasselbe trifft übrigens auch auf den Bund zu, wenn beispielsweise von Wiener Schreib­tischen aus ohne Rücksicht auf lokale und regionale Gegebenheiten zum Beispiel Postämter oder Polizeistationen geschlossen werden. Aus Sicht jenes Tun­nelblicks, den man möglicherweise in den langen Korridoren der Wiener Ministerien entwickelt, mag es schon stimmen, dass Polizisten Schreibtische bewacht haben. Aus der Perspektive eines Bürgermeisters einer Landgemeinde kann ich diese Sichtweise ganz und gar nicht teilen, denn meine Wahrnehmung – und auch jene vieler anderer Bürgermeister – war eine völlig andere.

Angesichts des eben Angesprochenen darf es nicht verwundern, wenn in den Bun­desländern draußen über die in Wien und die in Brüssel geschimpft wird. In einem föderalen Gebilde müsste sich eine Zentrale meiner Meinung nach eigentlich eher als Vermittlungs- und Koordinationsstelle zwischen den einzelnen Regionen, sprich Bundesländern, verstehen denn als Einrichtung, die über die Interessen der Regionen drüberfährt.

Der Bundesrat ist das berufene Gremium, dies aufzuzeigen. Die Verbitterung über die da in Wien darf nicht, wie in Kärnten vor wenigen Jahren geschehen, so weit führen, dass Freistaatphantasien entwickelt werden.

Um erst gar nicht das Klima für solche Bestrebungen entstehen zu lassen, ist eine Aufwertung des Bundesrates dringend notwendig. Ideen dafür gibt es genug; sie werden schon seit Jahren immer wieder genannt. Zuletzt bei der im heurigen Frühjahr stattgefundenen Enquete, deren Resultate Gott sei Dank jetzt in die richtige Richtung weiter bearbeitet werden. Mit dem Kärntner Vorsitz im Bundesrat und in der Lan-


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deshauptleutekonferenz verknüpfe ich die Zuversicht, dass hier weitere Schritte im Sinne der Aufwertung des Bundesrates gesetzt werden, nachdem ja unter dem bur­genländischen Vorsitz bereits die Zentralismusdebatte angestoßen wurde.

Die Kommunen, Regionen und Bundesländer sind überschaubare, gestaltbare Lebens­räume. Sie sind ein weitgehend stabiles Lebensumfeld geblieben, in dem Menschen in einer bewegten Zeit Rückhalt, Sicherheit und so etwas wie Heimatgefühl finden. Wir leben heute, meine sehr verehrten Damen und Herren, in unserer globalisierten Welt, in der, wie es schon gesagt wurde, die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden, in einer sehr bewegten Zeit.

Zukunftsorientierter Föderalismus – da bin ich voll beim Kärntner Landeshauptmann Dr. Peter Kaiser – muss ideologische und standespolitische Scheuklappen ablegen. Es geht nicht um Machtverlust oder Imagegewinn, sondern ausschließlich darum, ein System weiterzuentwickeln, welches den Menschen in ihrer konkreten Lebensrealität nützt, hilft und sie stützt.

Packen wir es an! Treten wir mutiger jenen entgegen, die die Bedeutung des Bun­desrates kleinreden wollen!

Schließen möchte ich meine Rede mit einem Willkommensgruß, der an einen Titel einer von der Europäischen Union geförderten und im ORF Kärnten ausgestrahlten Sendung angelehnt ist und der mich in diesen Momenten auch an unsere Freunde südlich der Kärntner Grenze, zu denen wir heute ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis pflegen, denken lässt. In diesem Sinne begrüße ich den Kärntner Vorsitz im Bundesrat mit einem kräftigen: Servus, Srecno, Ciao! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

9.55


Präsidentin Ana Blatnik: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Poglitsch. Ich erteile es ihm.

 


9.55.34

Bundesrat Christian Poglitsch (ÖVP, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Werte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe die Ausführungen unseres Landeshauptmannes Dr. Peter Kaiser sehr genau verfolgt, und ich kann mich mit vielem, sehr vielem identifizieren, aber nicht mit allem.

Einen Satz habe ich mir besonders gemerkt. Dr. Kaiser hat gesagt, ich habe mir das aufgeschrieben: Ich bekenne mich uneingeschränkt zum Föderalismus und zum Bundesrat. – Herr Landeshauptmann, das haben wir wohlwollend zur Kenntnis ge­nommen, wir werden dich an den Taten messen.

Was ich nicht verstehe, ist die Aussage, die du zur Bildungspolitik gemacht hast, dass du gesagt hast, dass die Bundesländer irgendwann einmal gefordert haben sollen, dass die Bildungskompetenz auf Bundesländerebene kommen soll. Ich glaube, das hat nie jemand gesagt, das ist nie gefordert worden. (Bundesrätin Kurz: Sicher! Sicher! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Nein, das hat nie jemand in der Form gesagt, es ist nie zur Sprache gekommen, dass die Bildungskompetenz in Bundesländer­kom­petenz kommen soll.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich ein paar Sätze zum Föderalismus/Parlamentarismus sagen. Ich behaupte einmal hier von dieser Stelle aus, dass wir sicherlich die beste demokratische Form haben, um unser Österreich zu regieren. Es ist nur nicht sonderlich populär, und das sollte uns bewusst sein. In der Bevölkerung haben der Föderalismus und der Parlamentarismus keinen guten Stand.


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Warum? – Ich glaube, das müssen wir alle uns selbst fragen, warum das so ist. Die Politik generell, der Politiker selbst hat keinen guten Stand.

Es gibt eine Umfrage aus Deutschland, das möchte ich hier ansprechen, und diese ist für uns äußerst interessant, denn auch Deutschland hat ein föderales System. Man muss sich vorstellen, dort sagt jeder Vierte – jeder Vierte! –, dass die Bundesländer überflüssig sind, und 40 Prozent der Menschen sagen, dass eine Zusammenlegung der Bundesländer als positiv zu sehen ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Daran gilt es zu arbeiten, dass wir hier die Meinung dieser Menschen ändern und ihnen zeigen, dass es gerade die Vielfalt der Länder, die Vielfalt der Regionen in ihren Kulturen und in ihren Brauchtümern, die unterschiedlichen Gegebenheiten sind, die unser Europa ausmachen – ein Europa der Regionen, ein Europa der Länder und nicht ein Europa der Bundesstaaten. Wir sprechen immer von einem Europa der Regionen, und daran sollten wir auch arbeiten und uns da auch weiterentwickeln.

Auch sollten wir endlich wieder den Mut haben – da danke ich dir, lieber Herr Landeshauptmann –, stolz auf unsere Länder zu sein. Wir sollten stolz sein auf unsere Länder, und ich bin stolz, ein Kärntner zu sein, mit all seinen Gegebenheiten und manch­mal vielleicht auch mit all seinen Fehlern. Ich bin stolz, ein Kärntner zu sein, und ich bin stolz, ein Österreicher zu sein, und ich bin ein glühender Europäer. Das sollten wir auch immer mehr nach außen tragen.

Österreich ist ein relativ kleiner Staat im Herzen von Europa, der aber unter nicht leichten Voraussetzungen extrem vieles und viel Positives geleistet hat. Geschichtlich leidgeprüft haben die Menschen in diesem Land sehr, sehr viel erreicht. Man muss sich nur erinnern: 1945 das Land in Trümmern. Es ist in den letzten 60, 70 Jahren aufge­baut worden. Angesichts dessen sollte man vielleicht auch einmal von diesem hohen Niveau des Jammerns runterkommen. Leben wir nicht alle gemeinsam in einem Wohlfahrtsstaat, wo wir soziale Absicherung genießen können, wo es ein Pensions­system gibt, das seinesgleichen sucht?!

Ich glaube, wenn wir immer nur jammern und uns gegenseitig nur die Fehler vor­werfen, dann werden wir bei der Bevölkerung nicht punkten. Es sollte normalerweise alles eitel Wonne sein, allerdings haben wir in der Bevölkerung, was die Politik betrifft, einen unglaublichen Vertrauensverlust eingefahren, und das ist etwas, was für mich unverständlich ist, da wir in einem absolut gut geführten Staat leben.

Ich meine, das zu beherzigen gilt gerade auch für die Reden, die an diesem Red­nerpult gehalten werden, und deswegen verurteile ich auch jene, die sich hier immer nur in politischer Polemik ergehen. Ich glaube, wir sollten vielmehr unsere Beiträge wieder auf die sachliche Ebene zurückführen.

Es sind heute einige Sätze gefallen, in denen Polemik enthalten war. Ich denke nur an die Ortstafelfrage, da wurde Staatssekretär Ostermayer gedankt, aber ich möchte schon dazusagen: Es waren auch andere an der Lösung beteiligt. Ich bin nicht mit allem einverstanden, was unser ehemaliger Landeshauptmann Gerhard Dörfler in Kärnten gemacht hat, aber in der Ortstafelfrage hat er entscheidend mitgewirkt, und deswegen sollte der Dank hier nicht nur Staatssekretär Ostermayer gelten, sondern man sollte auch dem ehemaligen Landeshauptmann Gerhard Dörfler Dank aussprechen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten von SPÖ und FPÖ.)

Etwas, das für mich immer enttäuschend ist, ist, dass die Politik ständig Erwartungen erweckt, die sie dann nicht erfüllen kann. Das Einzige, das wir damit produzieren, ist eine herbe Enttäuschung und ein Vertrauensverlust in der Bevölkerung. Versprechen wir doch nicht immer zu viel! Wenn wir das, was wir versprechen, nicht einhalten


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können, dann verlieren wir massiv an Vertrauen in der Bevölkerung, gerade in Wahl­kampfzeiten. Denken wir nur an den letzten Nationalratswahlkampf und daran, was da alles versprochen worden ist, auch im Europawahlkampf! (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Bei vielen Dingen hat man eigentlich schon im Moment des Versprechens gewusst, dass sie gar nicht realisierbar sind. Und da sollten wir den Menschen die Wahrheit sagen.

Die Menschen wollen, dass von der Politik Entscheidungen getroffen werden, auch wenn sie nicht immer populär sind. Sie sind auch bereit, diese Entscheidungen zu akzeptieren, auch wenn sie nicht immer unmittelbar positiv sind, solange sie für das Land und für die Menschen langfristig das Beste bewirken. Die Menschen wollen einfach nur, dass diese Entscheidungen gerecht sind.

Deswegen stellt sich auch die Frage, die du angesprochen hast, Herr Landeshaupt­mann, als du von der Steuer und der Entlastung der Menschen gesprochen hast: Selbstverständlich wollen wir alle, dass es eine Entlastung gibt – das will jeder –, aber die Frage ist, wie wir das finanzieren können. Eines sage ich von diesem Rednerpult aus ganz offen: Eine Finanzierung durch die Einführung von neuen Steuern wird es mit uns nicht geben! Wir müssen in ganz anderen Bereichen mit dem Sparen ansetzen. Speziell im Verwaltungsbereich kann vieles eingespart werden, aber wieder nur neue Steuern einzuführen, um woanders zu entlasten, das werden die Menschen nicht verstehen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der FPÖ.)

Politik braucht mehr Mut. – Das sage ich so in den Raum hinein. Auch wir hier im Bundesrat brauchen mehr Mut. Auch wir wissen, dass es in der föderalen Struktur und im Bundesrat Änderungen geben muss, die Frage ist nur, welche Änderungen. Ich sage es auch von dieser Stelle aus – Herr Landeshauptmann, du hast es indirekt auch schon erwähnt –: Wir müssen den Bundesrat, wir müssen uns selbst wieder stärken! In der Gesetzgebung muss der Bundesrat wieder etwas mehr Macht in die Hände bekommen, denn ich glaube, dass gerade wir als Ländervertreter, die bei den Men­schen draußen sind, die in den Regionen zu Hause sind, die überall tief verwurzelt sind, ganz genau wissen, wie es mit der Gesetzgebung in Österreich weitergehen soll. Deswegen brauchen wir hier nicht weniger Bundesrat, sondern mehr Bundesrat.

Wir brauchen mehr Kompetenzen in den Entscheidungen, speziell in der Gesetz­gebung, und das verlange ich auch. Nur eine starke Mitwirkung der Länder kann ein starkes Österreich und in Zukunft auch ein starkes Europa bedeuten, das wir ja alle wollen.

Ich habe eingangs schon gesagt: Auch Europa, auch unser Europa, auf das wir alle stolz sind, braucht eine starke Länderkammer. Auch wir draußen in den Regionen wissen, was in Europa gut ist. Europa bezeichnet sich selbst immer als ein Europa der Regionen. Ich glaube, dass gerade der österreichische Bundesrat – das ist heute schon von dieser Stelle aus gesagt worden – kein schlechtes Standing hat. Immerhin haben wir im Ranking der Aktivitäten im Rahmen der Subsidiaritätskontrolle den zweiten Platz erreicht, und das ist keine Kleinigkeit.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin fest davon überzeugt, dass die Länder mit ihrer föderalen Struktur hier in Österreich sehr, sehr viel zur Zukunft in Europa, in Österreich beitragen können. Gehen wir es gemeinsam an, scheuen wir Entscheidungen nicht, auch wenn sie oft unpopulär sind, haben wir den Mut, den Menschen die Wahrheit zu sagen, dann gibt es auch weiterhin ein schönes und ein gutes Österreich! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten von SPÖ, FPÖ und Grünen.)

10.04

 



BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 30

Präsidentin Ana Blatnik: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Dörfler. Ich erteile es ihm.

 


10.04.27

Bundesrat Gerhard Dörfler (FPÖ, Kärnten): Geschätzte Frau Präsidentin! Lieber Herr Landeshauptmann! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Viele Besucher aus Kärnten sind heute anwesend, einen stolzen Vater sehen wir hier: Ogi, es ist ein schöner Erfolg für eine Familie, die Verbindung immer in den Vordergrund gestellt hat – dieser Tag für euch als Familie!

Ich möchte 100 Jahre nach Sarajevo schon auch diese Sitzung heute zum Anlass nehmen, die Konfliktgeschichte, die gerade uns Kärntner so erschüttert und hundert Jahre beschäftigt hat, kurz auszuleuchten. Das ist mir auch sehr wichtig. Das ist nicht irgendein Vorsitz, der heute übernommen wurde, sondern das ist eigentlich ein Ankommen in einer gemeinsamen Normalität, dass wir in Kärnten nicht eine ins Eck gestellte Minderheit haben, sondern eine selbstbewusste Volksgruppe. Das ist auch zu beleuchten.

Ich war auf Einladung des Staatspräsidenten Bakir Izetbegović am 28. Juni in Sarajevo. Dort ist in trauriger Weise Zeitgeschichte entstanden: Erster Weltkrieg, für uns Kärntner dann der Abwehrkampf – da sind wir vielen Kärntnern auch dankbar dafür, dass sie für ein gemeinsames Kärnten gekämpft haben –, die Kärntner Volks­abstimmung, die auch deshalb ein positives Ergebnis gebracht hat – und das wird gerne von manchen in Kärnten ausgeblendet –, weil auch viele Kärntner Sloweninnen und Slowenen, damals als Windische bezeichnet, für Österreich und für Kärnten gestimmt haben. Auch das gehört der Geschichte dieses Konfliktes hinzugefügt.

Übrigens gab es im Ersten Weltkrieg zwölf Garnisonssprachen, eine davon war Slowenisch. Ich war letztes Wochenende auf dem Pot miru, auf dem Friedensweg, von Log pod Mangartom, das ist unter dem Mangart an der slowenischen Grenze, bis Kobarid unterwegs, und wenn man dort die Ruinen des Krieges, die heute noch sichtbar sind, betrachtet, dann weiß man, dass wir Frieden nicht als Floskel verstehen sollten, und gerade wir Kärntner sind gebrannte Kinder.

Im Zweiten Weltkrieg hat man der Volksgruppe schweres Leid zugefügt. Es ist unverzeihlich, was man der Volksgruppe angetan hat. Ich darf aber auch festhalten, dass gerne ausgeblendet wird, was im Mai 1945 Tito-Partisanen an Völkermord zu verantworten haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Mit Sicherheit mehr als hunderttausend Menschen wurden jenseits der Kärntner Landesgrenze umgebracht und verscharrt, und das nach Kriegsende. – Auch das hat man nicht zu vergessen, auch das sind Opfer.

1945 bis 1955 – und das ist eben aus meiner Sicht die schwierigste Zeit des Konfliktes, den es in Kärnten viel zu lange gegeben hat – war natürlich die Sorge der Landes­bevölkerung groß, egal ob deutschsprachige Mehrheitsbevölkerung oder auch Volks­gruppe, dass es doch noch einmal dazu kommt, dass Tito aufgrund der Kriegs­ergebnisse in der Lage ist, einen Teil Kärntens an sich zu reißen. Das sollte man auch nicht ausblenden, das hat auch zu diesem Konflikt beigetragen.

Der 6. Juli ist nicht nur der Geburtstag meiner Frau, meiner Tochter und des Dalai Lama, sondern am 6. Juli 1972 wurde auch unter Bruno Kreisky das erste Ortstafel­gesetz beschlossen, das letztendlich zum Ortstafelsturm in Kärnten geführt hat.

Glauben Sie mir, mir war es in meiner Amtszeit als Landeshauptmann das Wichtigste, dieses Konfliktfeld zu beseitigen. Wenn es dir, Günther Novak, heute so schwerfällt, anzuerkennen, dass zwei Personen diesen Konflikt führend gelöst haben, gemeinsam mit den Volksgruppenvertretern, dann nehme ich für mich einfach in Anspruch: Es war


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meine große Leidenschaft, diesen Jahrhundertstreit in unserem Lande vernünftig zu beenden.

Ich bin heute stolz, durch Südkärnten zu fahren, und zur Aufklärung: Es sind nicht 164 Ortstafeln, es sind über 600 Ortsschilder und Hinweisschilder aufgestellt worden. Das heißt, es gibt in dem Land, das größten Respekt vor der Volksgruppe hat, eine topographische Sichtbarkeit, und es wurde letztendlich auch gezeigt, dass wir uns keine Minimalvariante, sondern die Mitte der Brücke als Ziel gesetzt haben. Ich bedanke mich heute noch bei allen damaligen Parlamentsparteien dafür, dass sie dem entsprechenden Gesetz im Nationalrat und auch im Bundesrat zugestimmt haben. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Es war mir aber auch wichtig, und das ist vielleicht auch ein Kennzeichen der heutigen Politik: Ich durfte zwölf Jahre Regierungsmitglied sein, ich bin heute quasi Oppo­sitioneller, ich kenne daher beide Seiten. Die Regierung kann die Opposition oft nicht verstehen, die Opposition versteht zu Recht oft nicht alles, was die Regierung ent­scheidet. Wir sollten über unser politisches Tun hinaus letztendlich gemeinsame Ziele festschreiben.

Wollen wir nicht alle, dass es den Österreichern besser geht? Wollen wir nicht alle Frieden? Wollen wir nicht alle, dass wir konfliktfrei gestalten können? Aber wir wollen auch alle eine entsprechende Breite der Demokratie, und da darf es verschiedene Anschauungen zu Sachthemen und zu politischen Themen geben. Wir sollten nicht jede Auseinandersetzung, die eine qualitative, leidenschaftliche Diskussion zu politi­schen Anliegen sein muss, als Streit bezeichnen.

Wir liefern den Medien täglich das Programm der bösen Schlagzeile und wundern uns dann, wenn uns der Bürger einfach nicht mehr akzeptieren will, denn in den Umfragen, welches Image wir Politiker haben, sind wir nicht unbedingt Weltmeister. Ich glaube, das betrifft uns alle. Niemand geht aus einer Situation, in der wir täglich den anderen befeuern, als Gewinner hervor.

Ich halte fest: Es muss eine kritische Diskussion geben, die Frage ist nur, mit welchen Worten man sie führt und ausfüllt.

Wie gesagt, 2011 kam es zu dieser Lösung, und heute ist eine Kärntner Slowenin, eine Frau, Bundesratspräsidentin. Somit ist klargestellt, dass wir in Kärnten auf gleicher Höhe in die Zukunft gehen. Das ist das Erfolgreiche an diesem Tag.

Ana, ich darf dir alles Gute wünschen. Wir beide haben auch nicht immer die gleiche politische Meinung, Stichwort Brennnesselsuppe; ich kann mich noch gut daran erinnern. Ich esse sie heute noch gerne. Ich bin wirklich ein Grüner, auch beim Sup­pen­essen.

Ich wünsche dir alles Gute. Ich wünsche dir, dass es dir auch gelingt, damit das Selbstbewusstsein der Volksgruppe entsprechend darzustellen.

Lieber Peter Kaiser, jetzt zu der Situation, die du geschildert hast: der Föderalismus, der Zentralismus, die Globalisierung, unser Europa. Ja, wir haben Frieden erreicht, aber wenn ich heute nach Syrien oder in die Ukraine blicke und sehen muss, dass dort Hunderte Menschen ermordet werden – ich nenne das so, denn da gibt es keine Entschuldigung dafür –, dann sind das Dramen, die sich heute an den Grenzen Europas abspielen (Bundesrat Schreuder: In! In Europa!) – in Europa –, und ich behaupte, dass gerade an der Krise in der Ukraine Europa nicht ganz unschuldig ist. Wir sollten alles zur Deeskalation tun, und man sollte wirklich versuchen, die beiden Weltkriege, die wir hatten, als warnenden Hinweis zu verstehen und Frieden nicht so lapidar als Selbstverständlichkeit zu betrachten, denn wir müssen auch nach Syrien und in andere Krisenregionen blicken oder auch nach Bosnien-Herzegowina.


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Zu Kärnten: Peter, hinsichtlich deiner Ziele bezüglich Arbeit, Abwanderung und Armut ist noch viel zu tun. Die Arbeitslosigkeit ist in ganz Österreich und auch in Kärnten gestiegen. Die Abwanderung steigt weiter, und mit der Arbeitslosigkeit auch die Armut. Das sind die großen Herausforderungen. Ich bin auch bezüglich der Forderung bei dir, dass die Einkommen entsprechend steigen müssen, aber zur Steuerreform: Ich halte nichts von dieser Neiddiskussion. Ich fürchte aber und habe große Sorge, dass es darum geht, auch jeden Hausbesitzer zum Millionär zu erklären und ihn auch zu besteuern.

Schauen wir uns einmal einen typischen Häuslbauer an: Bruttolohn, Nettolohn. Der Nettolohn wird auf das Sparkonto eingezahlt oder auf den Bausparvertrag gelegt – Kapitalertragsteuer! Irgendwann hat man das Geld für ein Grundstück – Grund­erwerbsteuer und Grundsteuer. Dann kommen all die Anschlussgebühren Kanal, Wasser und Co –, dann braucht man einen Kredit, da zahlt man Kreditsteuer, und dann wird alles, was man bei den Investitionen in das Haus schon mehrfach versteuert hat, noch einmal mit der Mehrwertsteuer belastet. Und am Ende des Tages zahlt man dann Vermögensteuer!  Das ist das Ziel dahinter, vor dem ich warne. (Beifall bei der FPÖ, bei Bundesräten der ÖVP sowie des Bundesrates Dönmez. Bundesrat Taucher: Das ist ein Märchen!)

Deshalb befürchte ich, dass die Steuerdiskussion nicht dazu führt, dass dort die Schrauben gedreht werden, wo es darum geht, den Staat effizienter zu machen. Da bin ich durchaus auch Zentralist, Peter! In Fragen der Bildung sind wir beide Zentralisten, und zur ÖVP: Es ist schon anzumerken, dass „Onkel Erwin“ ganz vehement mit seinen oberösterreichischen Kollegen eine Verländerung der Bildung haben will. Da geht es ja auch darum, Posten zu verteilen. (Widerspruch bei der ÖVP. Bundesrat Kneifel: Aber nicht bei der Grundsatzgesetzgebung!) – Bitte, ich habe allen Rednern zugehört. Die Aufregung ist eben sehr groß, wenn man auch die Wahrheit aushalten muss. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP. Bundesrat Kneifel: Stimmt ja nicht!)

Ich sage, die Bildung ist nationale Aufgabe. Ich sage aber auch, dass zum Beispiel die Kinderbetreuung nationale Aufgabe ist, und da füge ich gleich hinzu: Es ist nicht haltbar, dass zwei Kinderbetreuerinnen 25 Kinder betreuen. Wenn wir eine vorschu­lische Bildungsqualität wollen, dann muss, gerade wenn ich Wien als Beispiel nehme, wo in einer Kindergartengruppe viele Sprachen vorhanden sind, auch klar sein, dass wir einen wesentlich höheren Betreuungsschlüssel brauchen. Zwei zu zehn zum Beispiel würde eine hohe Qualität möglich machen.

Erklären Sie einer Mutter wie sie zehn Kinder alleine beschäftigen und unterhalten soll! Das ist nicht machbar. Das heißt, hier ist eine nationale Kraftanstrengung nötig. Es stellt sich auch die Frage nach dem Jugendschutz, nach der Bauordnung, und viel­leicht werden wir auch einmal darüber nachdenken, ob die Schihelmpflicht wirklich Ländersache sein soll, denn es kann einem passieren, dass man auf der Turrach in Kärnten beim Schifahren einen Helm tragen muss und auf der steirischen Seite nicht. Das sind genau die Gesetze, bei denen der Mensch kein Verständnis für ein föderales Handeln hat, sondern da braucht es ein entsprechendes österreichweites Agieren.

Auch noch zum Thema Kärnten, Peter: Ja, es ist einiges so gelaufen, wie wir es alle nicht wollten. Aber ich darf schon daran erinnern: Gestern waren 29 000 Menschen im Klagenfurter Wörthersee-Stadion, das viele nicht wollen. Ich bin immer überrascht, wenn Rolf Holub als Grüner im Stadion zu Besuch ist, so auch gestern, wo die Grünen doch das Stadion massiv bekämpft haben.

Es wird immer wieder behauptet, es sei Hypo-Geld, das im Stadion steckt. Ich darf festhalten: kein Euro! Bauherr des Stadions war die Stadt Klagenfurt, mit dem ÖVP-Bürgermeister Harald Scheucher. Für die Stadien Salzburg, Innsbruck, Wien und


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Klagenfurt hat es eine Artikel-15a-Vereinbarung zwischen Bund, Ländern und Städten gegeben. – Damit das auch einmal klargestellt ist, dass kein Hypo-Cent im Stadion Klagenfurt steckt. (Bundesrat Schreuder: Aber gesponsert war es schon!) – Gesponsert ist aber auch Rapid Wien mit Abfangjäger-Geld vom Herrn Edlinger! (Bundesrat Schreuder: Ja, aber Sie sagen, es war nicht ...!) Der Herr Edlinger holt sich ein paar Millionen Abfangjäger-Geld, und das regt niemanden auf. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben in Kärnten nicht nur das schönste Stadion Österreichs, wir haben auch das modernste Krankenhaus Österreichs, vielleicht sogar Europas. Das hat 350 Millionen € gekostet, und das ist eine Investition in die Zukunft dieses Landes unter unserer politischen Führung gewesen, in Partnerschaft mit der SPÖ in diesem Fall.

Wir haben die Koralmbahn durchgesetzt, und ich habe in Europa – und nicht in Wien! – erfolgreich durchgesetzt, dass wir im europäischen Hochleistungsbahnnetz ent­sprechend mitfinanziert werden. Wir haben die Infrastruktur ausgebaut. Ich denke nur an die Pack- und an die Tauernautobahn. Wir haben mit Veneto und Friaul die Euregio „Senza Confini“ gegründet, das war mir ein großes Anliegen, und jetzt – Peter, ich gratuliere dir – kommt auch noch Istrien dazu. Das ist genau die Aufgabe, die die Länder auch föderal-nachbarschaftlich haben, dass sie ein Europa der Regionen statt eines Zentralstaates Europa auf der regionalen Nachbarschaftsebene entwickeln.

Der Lakeside Park in Klagenfurt ist – du hast es selbst gesagt – ein Riesenerfolg. Von wem gegründet? – Von Jörg Haider! Heute arbeiten dort tausend Forscher und Entwickler. Das ist auch ein Erfolg. Nennen Sie mir ein Projekt in Österreich, durch das in kürzester Zeit tausend junge Menschen Arbeit im Forschungs- und Entwick­lungs­bereich gefunden haben!

So könnte ich noch viele Beispiele dafür aufzählen, dass es so ist, dass du ein Land übernommen hast, Peter, in dem viele Startrampen gelegt waren, wie Infineon, Bosch Mahle, das Klinikum in Klagenfurt, das schöne Stadion, das auch dir viel Spaß macht, wie ich weiß. Es ist in diesem Land in den letzten Jahren vieles geschehen, was dazu geführt hat, dass wir Kärntner stolz auf unser Land sind. Ich bin auch stolz darauf, dass die Fahne am Parlament wieder einmal die Kärntner Fahne ist.

Ich möchte am Ende meiner Rede auch noch ein paar Worte dem Gedenken an Peter Mitterer widmen, der leider nicht mehr lebt. Schade, Ana, dass du nur die Frauen erwähnt hast. (Bundesrätin Johanna Köberl: Schade, dass du die Brennnesselsuppe erwähnt hast ...!) Auch Peter Mitterer war ein Kärntner Präsident des Bundesrates, der seine Aufgabe mit einer politischen und menschlichen Herzlichkeit erledigt hat. Wir sollten uns heute auch an diesen Tag im Jahr 2009 erinnern, der ihn so gefreut hat.

Peter, ich wünsche dir als Landeshauptmann alles Gute. Wir haben keine Rivalität, das ist ja das Schöne, denn ich bin Sportler. Ich habe Siegen und Verlieren gelernt. Es geht um unser Land. Es geht um ein föderales, starkes Österreich. Es geht um eine Buntheit, in Europa wie in Österreich. So wie ich einen Zentralstaat Brüssel ablehne, so lehne ich auch einen Zentralismus ab, welcher Länderaufgaben schwächt. Aber ich halte fest, dass es gemeinsame nationale, gemeinsame europäische, gemeinsame föderale und gemeinsame nachbarschaftliche Aufgaben gibt. Das muss unser Ziel sein. Ich will ein buntes Österreich. Ich will selbstbewusste Steirer, selbstbewusste Tiroler, Salzburger, Wiener, Kärntner sowieso und auch alle anderen. Das ist das Substrat einer vitalen österreichischen Republik.

In diesem Sinne, Ana, dir alles Gute, und Peter, dir eine gute Hand für unser Land! (Beifall bei der FPÖ sowie bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)

10.18



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Präsidentin Ana Blatnik: Als Nächste hat sich Frau Bundesrätin Dr. Reiter zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr dieses.

 


10.18.43

Bundesrätin Dr. Heidelinde Reiter (Grüne, Salzburg): Hohes Präsidium! Herr Lan­deshauptmann! Werte Kollegen und Kolleginnen sowie Zuseher und Zuseherinnen an den Fernsehgeräten! Es gibt noch keine grüne Bundesrätin aus Kärnten, weshalb meine Rede sich auch nicht auf Kärnten in diesem Sinne beziehen wird, sondern auf den Leitsatz: „Starke Länder für ein soziales Österreich in einem gemeinsamen Europa!“ Die Länder sind stark. Sie haben erhebliche Kompetenzen im Bereich Sozi­ales. Sie sind in diesem Bereich sehr stark. Die Länder sind jedoch sehr uneinheitlich – „schwach“ wäre sicher nicht das richtige Wort dafür – in der Umsetzung dieser Kom­petenzen.

Sie erfolgt oft im Interesse der Kostenminimierung – verständlich – statt der Problem­lösung, und benachteiligte Gruppen kommen dabei unter Umständen auch unter die Räder.

Ein Beispiel: Spitalskostenbeitrag für Kinder, für Mitversicherte: geschaffen im Jahr 1990 im Zuge des Finanzausgleichs, und alle Bemühungen, diese Strafsteuer für kranke Kinder wieder abzuschaffen, scheiterten bisher am hinhaltenden Widerstand der Länder.

Oder: Mindestsicherung. – Es gibt den Artikel-15a-Vertrag, ob und wie die Länder sich aber daran halten, liegt in deren Ermessen, einheitliche Rahmenbedingungen gibt es nicht. Es ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich, wer unter welchen Bedin­gungen diese Mindestsicherung erhält. Die Interpretationen sind von Vorarlberg über Oberösterreich, wo behindertenspezifische Unterstützungsleistungen angerechnet werden, unterschiedlich, für Selbständige ist es in manchen Bundesländern unmöglich, Unterstützung zu bekommen.

Beratung und Betreuung und ein ausreichendes Unterstützungsangebot für sozial Schwache und für Problemfälle – das Leitprojekt dafür oder das Musterbundesland in diesem Bereich kann ich nicht wirklich ausmachen. Es gibt immer wieder große bürokratische Hindernisse, auch im Bereich Pflege und Betreuung, und oft ist es notwendig, dass ein Sachwalter eingreift, um Menschen, die Unterstützung brauchen, zu den entsprechenden Unterstützungen zu verhelfen; Wohnungslosenhilfe ohne Rechtsanspruch und so weiter.

Ein konkretes Beispiel möchte ich aus Salzburg anführen. Salzburg hat im Gebirge, also nicht im Zentralraum, gemeinsam mit der VAMED, also einem privaten Betreiber, und hohen finanziellen Mitteln des Landes, verbunden mit 70 Arbeitsplätzen, 120 Bet­ten, eine neue onkologische Rehabilitationsstätte gebaut. Ein Patient dort erzählt, er wurde vom AKH in Wien nach Hause geschickt, austherapiert. Er ist mit einer Lebenserwartung von nur mehr wenigen Monaten nach Salzburg gegangen, dort operiert worden und eben in diese Reha-Klinik gekommen. Er ist begeistert von den sozialen Einrichtungen Salzburgs.

Eine andere Patientengruppe dort unterhält sich bei Tisch darüber, wie sie gedenkt, ihr Geld auszugeben, anzulegen, was sie damit tun wird – mit dem vordringlichen Ziel, ja dem Finanzminister nichts davon abzugeben, und das sozusagen als „Kunde“ einer Einrichtung, die in hohem Maß aus Steuermitteln und natürlich aufgrund der Bereit­schaft vieler Menschen, das Ihre zum Funktionieren dieses Staates beizutragen, errichtet wurde.

Das nur ein bisschen zur Stimmungslage draußen zu diesen Fragen.


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Ich bin davon überzeugt, dass es tiefgreifende Reformen braucht, um die weitere Finanzierbarkeit gerade auch im Sozialbereich zu gewährleisten, um das Engagement, das es braucht, aufrechtzuerhalten und auszubauen, um Transparenz herzustellen und auch um nicht Unsummen in Transfers zu versenken, da ja Steuern und Abgaben zum großen Teil zentral eingenommen werden, um dann über ein doch sehr hoch kom­plexes System – genannt: Finanzausgleich – wieder verteilt zu werden. Seit den 1970-er Jahren gibt es Kritik an Fehlentwicklungen dieses Systems. Es gibt zahlreiche Reformvorschläge, aber die letzten Finanzausgleiche waren geprägt von einem tiefen Misstrauen zwischen den Finanzausgleichspartnern. Und dieses Misstrauen geht über die Mittelverteilung weit hinaus und manifestiert sich im föderalen System, manifestiert sich auch in Blockaden wichtiger Reformen im Bereich Bildung, im Bereich Gesundheit, im Bereich Kinderbetreuung, im Förderwesen.

Ich bin aber auch davon überzeugt, dass es starke Länder braucht, insbesondere im Bereich Soziales. Damit die Länder und vor allem auch die Gemeinden diese Rolle wahrnehmen können, braucht es, so bin ich überzeugt, eine tiefgreifende Föderalis­musreform und eine Reform des Finanzausgleichs. Das kann nur mit den Menschen vor Ort funktionieren, nicht für sie, sondern nur mit ihnen. Punktuelle Maßnahmen verkomplizieren das System nur noch mehr, erhöhen in den meisten Fällen die Bürokratie, die Vorschriften und damit die Kosten und verringern Effizienz und Trans­parenz.

Darum glaube ich, es wäre eine wichtige und eine wünschenswerte Rolle für den Bundesrat, diesen Prozess in den Ländern zu starten, nämlich dort zu erfahren und klarzulegen: Was wollen die Menschen dort erledigen? Was wollen sie selbst gestalten, und was brauchen sie dazu? Wie kann dann Kooperation mit den anderen Ebenen der Politik sichergestellt und organisiert werden?

Ich glaube, wir müssen in dieser Frage viel stärker als bisher auf moderne Organi­sationsformen, viel stärker auf moderne Methoden der Kommunikation zurückgreifen, um diesen Prozess zu organisieren und dann umzusetzen. Aber dem Ziel Subsidiarität, dem sich der Bundesrat so stark verschrieben hat und das auch so ein wichtiges Schlagwort der EU ist, muss Leben eingehaucht werden. Reformföderalismus ist nur mit neuen Strukturen möglich, und das ist Voraussetzung für eine Erneuerung des Finanzausgleichs.

Gerade in Kärnten, aber auch in Salzburg – zwei Länder in einer dramatischen Schul­denkrise – hat sich die Bevölkerung etwas anderes verdient als Klagen über leere Kassen. Vor allem im sozialen Bereich muss es zu linearen Kürzungen kommen, und so weiter. Wenn es gelingt, gerade in diesen Fällen ein großes neuartiges Föderalis­musprojekt zu etablieren, das zeigt, wozu eine an einem Strang ziehende koordinierte Politik von Bund, Ländern und Gemeinden fähig ist, dann könnte man zeigen, dass all das, was die Europäische Union den südeuropäischen Ländern von wenig bis gar nicht angedeihen ließ und lässt, durch Zusammenarbeit exemplarisch möglich ist.

In der Not wächst die Solidarität zwischen den Menschen. Die Konsolidierungspolitik, die die Bundesregierung auf Basis der neuen Economic Governance dem gesamten Staat verordnet hat, bringt, so fürchte ich, Kärnten kein nachhaltiges Wachstum, son­dern weiter sinkende öffentliche Investitionen und unter Umständen zunehmende Arbeitslosigkeit und auch Abwanderungen. Die Schulden werden hoffentlich relativ leicht sinken, aber durch Budgetkonsolidierung und durch anhaltende Blockaden der föderalen Politik werden unter Umständen viele Chancen nicht genutzt.

Das heißt, ein rascher, von Solidarität getragener nachhaltiger Impuls für einen neuen Föderalismus kostet wenig Geld, wäre aber wichtig für die Demokratie. Den Erfor­dernissen der Bürger und Bürgerinnen würde besser entsprochen, die Nutzen von


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Landesaktivitäten und deren Kosten würden klarer. Es ist in Kärnten, aber auch in Salzburg bereits gelungen, in vielen Bereichen wesentlich größere Transparenz herzu­stellen, und wenn das in allen Bundesländern gelingt und auch weiterhin entsprechend betrieben wird, dann wäre auch ein demokratiepolitisch wichtiger Vergleich der Politikergebnisse in den verschiedenen Ländern möglich. Und das ist notwendig! (Beifall bei den Grünen.)

Ich hoffe auf den Bundesrat als Reformmotor des Föderalismus und für starke Länder in der Zukunft. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)

10.29


Präsidentin Ana Blatnik: Bevor ich Herrn Landeshauptmann Dr. Peter Kaiser noch einmal das Wort erteile, möchte ich in unserer Runde Frau Staatssekretärin Mag. Sonja Steßl begrüßen. Recht herzlich willkommen! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Bitte, Herr Landeshauptmann.

 


10.30.01

Landeshauptmann von Kärnten Dr. Peter Kaiser: Danke für die insbesondere kritischen Anmerkungen, die es gegeben hat, danke natürlich auch für das Lob, auch das ist natürlich tägliches Brot von politisch Tätigen. Ich möchte die Zeit nicht überstrapazieren, daher nur einige wenige Anmerkungen.

Zur Ortstafellösung. – Da ist Gerhard Dörflers Verdienst völlig zweifelsfrei. Ich habe das coram publico bei der ersten 10.-Oktober-Feier nach dem Regierungswechsel auch gewürdigt und wiederhole es hier. Er hat sehr, sehr großen Anteil, ich bedanke mich dafür. Es war wichtig, dass diese Ortstafellösung für die betroffene Bevölkerung, für Kärnten, aber auch für Österreich erledigt wurde.

Zur Frage Föderalismus, die Kollege Poglitsch angeschnitten hat. – Auch da ein klares Bekenntnis zu einem Europa der Regionen. Ich habe versucht, das auch dadurch zu unterstreichen, dass ich persönlich das Mandat im Ausschuss der Regionen wahr­nehme. Dort merke ich auch, wie wichtig es ist, dass es eine beratende, die regionale Sicht einbringende Komponente auch auf europäischer Ebene zu Rat, Kommission und Parlament gibt. Wir leben die Euroregion auch im Kleinen. Das Verbindungsbüro Kärntens wird mit dem Kanton Sarajevo, mit der Gespanschaft Istrien und mit Friaul-Julisch Venetien geteilt – alle unter einem Dach, gemeinsame, abgestimmte Politik dort, wo es Gemeinsames gibt.

Dass wir bei der Steuerreform ideologische Unterschiede haben, ist klar, aber vielleicht hilft der Ansatz, dass das, was Österreich auch im Vergleich zu vielen anderen Ländern positiv auszeichnet, nämlich zwischen niedrigstem und höchstem Einkommen eine ungefähre Relation zu haben, als Maßzahl gelten soll und wir dann versuchen, von diesem aus Lösungen zu entwickeln, die vielleicht in der einen oder anderen Frage leichter zu erreichen sind.

Ich nenne nur eine Überlegung, die in den bisherigen Debatten kaum angesprochen worden ist, obwohl auf der Seite 1 eines Wochenmagazins sogenannte Reiche zitiert worden sind, die gesagt haben, sie wären gerne zu mehr bereit, um mehr soziale Gerechtigkeit zu haben. Überlegen wir doch einmal auch, ob der Spitzensteuersatz so sakrosankt ist oder ob man an dieser Schraube mit allen anderen Verbindungen nicht doch einmal drehen könnte.

Ein letzter Punkt, den ich noch ansprechen möchte: Frau Kollegin Reiter von den Grünen, ich teile Ihre Meinung, was die Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen in Bezug auf deren hohen und wichtigen Stellenwert betrifft. Auch Kollege Dörfler hat das


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angesprochen. Ich denke, dass wir alles zu tun haben, dass wir die Lehrerinnen- und Lehrerausbildung NEU auch um die von Kindergärtnerinnen und Kindergärtnern erweitern. Wenn ich Kindergärtner betone, dann, weil ich glaube, dass wir versuchen sollten, mit ernsthaften Maßnahmen Zivildienende vermehrt auch in die Kinderbetreu­ung einzubinden, die vielleicht später auch die Notwenigkeit sehen und die Bereitschaft zeigen, auf dem zweiten Bildungsweg einen kindergartenpädagogischen Beruf zu erlernen. Ich glaube, dass das ein richtiger Schritt sein könnte.

Zur Bürgerbeteiligung und dazu, wie Föderalismus neu zu leben ist. – Ja, wir ver­suchen auch in Kärnten mit einem Zukunftsbüro diese Bürgerinnen- und Bürgerbetei­ligung weiterzuentwickeln. Ich glaube, dass partizipative Demokratie kein Schlagwort sein kann. Es müssen nur die Voraussetzungen geschaffen werden, und dann muss die Politik auch den Mut haben, vielleicht auch Maßnahmen, Vorschlägen, die nicht ihren Parteilinien oder sonstigen Überlegungen entsprechen, Rechnung zu tragen.

Letzter Punkt, den ich noch kurz ansprechen möchte: Wir haben unsere Sparpolitik, die notwendig ist – in Kärnten, in Salzburg vielleicht mehr als in anderen Bundesländern –, so formuliert: Wir werden versuchen, intelligent zu sparen. Dort, wo gespart werden muss, sollen nicht jene, die sowieso schon am Rand, an der Kippe der Gesellschaft stehen, im Besonderen zu Schaden kommen. Daher ist unser Motto: Drei harte Jahre für dreißig bessere Jahre!, eines, das wir zu realisieren versuchen. Wir, die neue Koalition, haben uns auch nicht eingebildet, dass wir allein die Weisheit gepachtet haben. Erstmals in der Geschichte Österreichs sind die Sozialpartner, nämlich Industri­ellen­vereinigung, Wirtschaftskammer und Landwirtschaftskammer, sowie Österreichi­scher Gewerkschaftsbund, Arbeiterkammer und zusätzlich das AMS in jeder sechsten Regierungssitzung mit dabei, und wir versuchen gemeinsam, Dinge, die für Kärnten wichtig sind, zu entwickeln.

Abschließend: Herzlichen Dank für Ihre Einladung. Ich hoffe, ich konnte mit einigen Überlegungen auch darstellen, dass wir wirklich versuchen, Gemeinsamkeiten in den Mittelpunkt zu stellen. Ein Zusammenspiel auf lokaler, regionaler, nationaler und internationaler Ebene ist Gebot der Stunde. Wenn es wechselseitiger Unterstützung zwischen Ländern und Bundesrat bedarf, dann können Sie sicher sein, bei (in Richtung vorsitzführende Präsidentin Blatnik) diesem Kärntner Gespann sind Sie in guten Händen. – Herzlichen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

10.34


Präsidentin Ana Blatnik: Danke, hvala lepa, Herr Landeshauptmann! Wir wünschen dir viel Energie und Durchsetzungskraft – gemeinsam werden wir es schaffen! Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

10.35.37Aktuelle Stunde

 


Präsidentin Ana Blatnik: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde zum Thema

„Für mehr Zuversicht in Österreich: Kaufkraft stärken, Wirtschaft unterstützen, Beschäftigung schaffen!"

mit Frau Staatssekretärin Mag. Sonja Steßl, die ich noch einmal recht herzlich bei uns willkommen heiße. (Allgemeiner Beifall.)


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 38

In der Präsidialkonferenz wurde Einvernehmen über folgenden Ablauf erzielt: Zunächst kommt je ein Redner/eine Rednerin pro Fraktion zu Wort, dessen beziehungsweise deren Redezeit jeweils 10 Minuten beträgt. Sodann folgt die Stellungnahme der Frau Staatssekretärin, die ebenfalls 10 Minuten nicht überschreiten soll. Danach folgt wiederum je ein Redner/je eine Rednerin der Fraktionen sowie anschließend eventuell eine Wortmeldung des Bundesrates ohne Fraktionszugehörigkeit mit jeweils einer 5-minütigen Redezeit. Zuletzt kann noch eine abschließende Stellungnahme der Frau Staatssekretärin erfolgen, die nach Möglichkeit 5 Minuten nicht überschreiten soll.

Als Erste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Zwazl. Ich erteile es ihr und mache darauf aufmerksam, dass entsprechend der Vereinbarung in der Präsidial­konferenz die Redezeit 10 Minuten beträgt. – Bitte.

 


10.36.53

Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Danke schön, Frau Präsident, ich werde mich daran halten! Frau Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Unser unternehmerischer Mittelstand ist das Rückgrat unserer Gesellschaft. Die heimi­schen Unternehmerinnen und Unternehmer beschäftigen über zwei Millionen Men­schen und sind somit der größte Arbeitgeber in unserem Land. Sie sind es, die mit ihrer Steuerleistung unser breites Sozialsystem finanzieren.

Wenn man sich mit der Stärkung der heimischen Kaufkraft und der Unterstützung der Wirtschaft auseinandersetzt, so kommt man ganz einfach an den wesentlichen Kenn­zahlen nicht vorbei. Die Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft haben 2013 108 Milliarden € an Löhnen und Gehältern als Gegenleistung für die wertvolle Arbeitsleistung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausgezahlt. Das entspricht zirka 34 Prozent des österreichischen Bruttoinlandsprodukts. 6 von 10 € verdienen wir aus dem Export, zwei Drittel davon in Europa. (Vizepräsident Himmer übernimmt den Vorsitz.)

Highlight ist bei uns, und dafür werden wir europaweit beneidet, unsere duale Aus­bildung. Fast 34 000 Betriebe übernehmen die Ausbildung von 120 000 Lehrlingen. Wir bilden damit den qualifizierten Nachwuchs für unsere Unternehmen von morgen aus, und damit schaffen wir es auch, ein wirklich wertvolles wirtschaftliches Mitei­nander zu haben.

Die Gründungsdynamik ist ebenso ein Signal für die Entwicklung eines Standortes. Im Jahr 2013 hatten wir 465 000 Unternehmen, davon 40 000 Neugründungen. Unsere Unternehmen haben im letzten Jahr, und das ist schon eine ganz beachtliche Zahl, 34 Milliarden € investiert.

Das sind ganz einfach Fakten, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, die wir berück­sichtigen und die wir auch fördern müssen – zur Stärkung der Wirtschaft, aber auch zur Stärkung unserer Kaufkraft. Es gibt eine aktuelle Kaufkrafterhebung der RegioData, die unterstreicht, dass mit den jährlichen Lohnerhöhungen die Inlandsnachfrage nicht mehr gesteigert werden kann. Im Vorjahr ist die Kaufkraft pro Kopf in Österreich um 2 Prozent gestiegen; das entspricht der offiziellen Inflationsrate. Diese Entwicklung ist sowohl für die Wirtschaft als auch für die Konsumenten unbefriedigend, sie kann aber auch nicht mit wechselseitigen Schuldzuweisungen gelöst werden.

Unsere vielfach international verflochtenen Unternehmen haben bei den Lohnerhö­hungen nur einen sehr geringen Spielraum. Es gibt Branchen, in denen Lohn­erhöhungen nur noch durch effizientere Arbeitsweisen verdient werden können, und den internationalen Geschäftspartnern unserer Betriebe sind unsere Lohnerhöhungen herzlich egal.


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Die regional tätigen Unternehmungen müssen Lohnerhöhungen durch Preis­erhö­hungen an Konsumenten weitergeben. Unsere Betriebe zahlen gutes Geld für gute Leistung, aber sie sind ganz einfach am Limit – mehr geht nicht.

Ich freue mich sehr, dass Sie heute bei uns sind, Frau Staatssekretär, denn wir stehen heute mehr denn je vor einer Wegkreuzung, wo Entscheidungen, wesentliche Ent­scheidungen zu treffen sind; Entscheidungen, die wieder zu mehr Wachstum führen und damit Kaufkraft und Beschäftigung erzeugen. Aber wir brauchen auch eine Steuerreform, die diesen Namen verdient. Wir wollen nicht andere Steuern. Wir wollen nicht neue, erhöhte Steuern. Wir wollen weniger Steuern. Und es geht nicht um Umschichtung von Steuereinnahmeposten, der Wirtschaft geht es um die gesamte Entlastung unseres Mittelstands, und das sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer natürlich genauso wie unsere Unternehmen.

Vermögensteuern sind hier eindeutig der falsche Weg. Es werden immer wieder internationale Vergleiche zur Vermögensbesteuerung herangezogen, und das ergibt ein verzerrtes Bild. Viele öffentliche Leistungen in Österreich sind durch auf Vermögen gelegte Gebühren finanziert und nicht durch Steuern. Es kann nicht in unserem Sinne sein, dass wir niedrige Steuern auf den Arbeitslohn durch höhere Steuern auf geschaffene Werte, die ja geschaffen wurden durch versteuertes Geld, ausgleichen und damit geschaffenes Vermögen, das da ist, minimieren.

Es geht uns um eine Senkung der Steuern insgesamt, aber speziell auf Arbeitslöhne. Und diese Senkung, das ist uns klar, muss durch Einsparungen finanziert werden. Unser Ziel muss es sein und ist es, die Abgabenquote von 45,4 Prozent zu senken. Ich habe hier ein sehr plakatives, aber nachvollziehbares Beispiel: 1 Prozent Einsparung pro Jahr bei den Ausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden ermöglicht uns, den Eingangssteuersatz bis 2016 von 36,5 auf 25 Prozent zu senken und damit die Kaufkraft zu stärken.

Ich verstehe auch nicht, warum es uns nicht möglich ist, Prämien für besondere Leistungen, die wir Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bezahlen, bis zu einer gewissen Höhe abgabenfrei zu stellen. Selbst wenn ich einem Lehrling eine Prämie geben will, wird die volle Latte der Abgaben fällig. Auch solche Anreize würden die Kaufkraft stärken.

Nicht unerwähnt möchte ich die kalte Progression lassen, also die Nichtanpassung der Steuertarife an inflationsbedingte Einkommenszuwächse. Das führt zu einem Anstieg des Durchschnittssteuersatzes, wobei die Steigerungen bei den unteren Einkommen stärker ausfallen als bei den höheren Einkünften. Dadurch fließen über 2 Milliarden jährlich nicht in die Kaufkraft, sondern ins Budget. Es kann nicht länger sein, dass unsere Betriebe immer höhere Löhne zahlen, davon aber nichts oder nur wenig bei den Beschäftigten ankommt und eben die Kaufkraft stärkt.

Ich glaube, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, es ist nicht nur die Steuer­reform, die uns bewegt. Entlastung der Wirtschaft bedeutet auch Befreiung von bürokratischen Hürden. Wir werden auch heute wieder neue bürokratische Auflagen beschließen, wenn ich zum Beispiel nur an das Energieeffizienzpaket denke – Aufla­gen, die wir zwar in der letzten Minute auf das geringste notwendige Maß reduziert haben; wir sind aber gemeinsam Gesetzgeber und müssen uns wieder viel mehr der Verantwortung bewusst sein, welchen Aufwand wir mit Gesetzen auslösen können. So waren es sehr zähe Verhandlungen, dass wir beim Reverse Charge, bei den Metallen, doch noch eine 5 000-€-Freigrenze erreicht haben. Das ist eine große Unterstützung gerade für unsere kleinen Betriebe.

Es wurden die Aufzeichnungspflichten über die Jahre hinweg immer wieder verschärft. Und deshalb nutze ich die Gelegenheit, hier einen Appell an Sie zu richten, Frau


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Staatssekretär: Bitte lassen Sie ab von der Idee der Registrierkassenpflicht bei den kleinsten und kleinen Unternehmern in Handel, Gastronomie und Gewerbe! Ich habe dafür so absolut kein Verständnis, denn das ist eine Belastung für unsere Unter­nehmer. Und ich bin es auch ehrlich gesagt leid und halte nichts davon, dass wir immer alle Unternehmerinnen und Unternehmer in Bausch und Bogen quasi als Steuerhin­terzieher hinstellen.

Dazu habe ich mir Folgendes überlegt, nämlich wie es denn eigentlich mit dem inter­nationalen Internethandel ausschaut. Ich habe versucht zu eruieren, wie viele Steuern wir in Österreich so lukrieren – es war mir nicht möglich, das herauszufinden; vielleicht können Sie mir da eine Antwort geben –, weil dieser Internethandel Mehr­wert­steuerbeträge von unserer Bevölkerung, von unseren Konsumenten einhebt. Aber ich weiß nicht, wie viel Geld dann eigentlich zu uns in die Staatskasse, ins Budget fließt.

Sehr erfreulich ist die Idee des Handwerkerbonus. Da ist ein Schritt gemacht worden, um den Pfusch einzudämmen. Ich weiß, es ist ein kleiner Schritt, aber es ist schön, dass es ein Schritt in die richtige Richtung ist. Ich hoffe, dass wir dann in Zukunft einen großen Schritt machen werden.

Wenn ich so nachdenke und zusammenfasse, dann stehen uns an der Kreuzung, die ich angesprochen habe, zwei Wege zur Verfügung: Der eine Weg ist gepflastert mit Eigentumssteuern, bürokratischen Belastungen. – Das ist ein Irrweg. Ich denke, es ist für uns alle gut, den Weg zu nehmen, wo jedem vom Bruttoeinkommen mehr im Börsel bleibt, damit die Kaufkraft gestärkt wird, den Weg einer Steuerreform, die durch Ein­sparungen und Wachstumsimpulse finanziert wird – der Weg, der uns Optimismus und Zukunft gibt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

10.46


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Es haben uns ja heute schon einige besucht. Ich darf jetzt auch eine ehemalige Kollegin, Frau Christine Fröhlich, herzlich begrüßen. – Christl, herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Todt. – Bitte, Herr Kollege.

 


10.46.56

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! In einigen Punkten bin ich mit Ihnen, Frau Präsidentin, schon einer Meinung, vor allem, was die Frage der Kaufkraftstärkung betrifft. Da, glaube ich, haben wir nicht viele Differenzen. Aber ich werde noch näher darauf eingehen.

Aber es steht fest und außer Frage, dass unser Land zur Spitze Europas zählt, was die Beschäftigungspolitik, was den Kampf gegen Arbeitslosigkeit betrifft. Und in Sachen Produktivität und Lebensqualität dürfen wir uns sogar zu den Weltmeistern zählen. Diese Spitzenposition ist aber keinesfalls Produkt glücklicher Fügung, sondern das Ergebnis der Politik der letzten Jahre.

Als die von Amerika ausgehende Finanz- und Wirtschaftskrise die ersten dunklen Schatten auf Europa zu werfen begann, reagierten die meisten Länder mit rigorosen Sparprogrammen. Sie kürzten Ausgaben für den Arbeitsmarkt, für Bildung, für Pen­sionen und begannen die Sozial- und Gesundheitssysteme auszuhöhlen – und damit de facto das Kaputtsparen. Die Folgen: Rekordarbeitslosigkeit, einbrechendes Wirt­schaftswachstum, steigende Armut, eine Jugend ohne Perspektiven und Unruhen auf den Straßen und in der Gesellschaft selbst.

Die Bundesregierung hat diesem Weg des unsozialen Kaputtsparens von Anfang an eine klare Absage erteilt. Zielgerichtet investieren, sozial ausgewogen Ausgaben reduzieren – so lautet der Weg.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 41

Während andere Länder den Sparstift im Sozialbereich, im Arbeitsmarkt und bei den Pensionen ansetzten, damit die Kaufkraft schwächten und auch ihre Wirtschaftsleis­tung zerstörten, wurden in Österreich zwei große Konjunktur- und Arbeitsmarktpakete geschnürt und unser Sozialnetz unter anderem durch die Einführung der bedarfs­orientierten Mindestsicherung sogar noch dichter geknüpft und noch sicherer gemacht.

Die Bundesregierung unter Bundeskanzler Werner Faymann hat Österreich mit sicherer Hand durch stürmische Zeiten gesteuert und damit erreicht, dass unser Land vergleichsweise glimpflich durch die dramatische Finanz- und Wirtschaftskrise gekommen ist.

Jetzt gilt es, die Poleposition zu nutzen und Wirtschaft, Arbeitsmarkt und damit auch Österreichs Wettbewerbsfähigkeit in Europa noch weiter zu stärken.

Ja, natürlich darf unsere Schuldenquote auch nicht außer Acht gelassen werden, aber wir müssen uns dem Krankreden Österreichs entschieden in den Weg stellen, denn wohin Krankreden und schlussendlich Kranksparen führt, das hat das Schicksal zahlreicher europäischer Länder in der Wirtschaftskrise auf dramatischem Weg ge­zeigt, denn Sozialabbau führt letztlich dazu, dass sich immer mehr Menschen immer weniger leisten können. Das schwächt die Kaufkraft und damit auch die Wirtschaft, gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt und damit ganz Österreich.

Fakt ist, Österreichs Schuldenquote ist fast identisch mit jener von Deutschland, dem wirtschaftlich stärksten Land in Europa. Daher müssen wir die Schuldenquote natürlich senken, aber vor allem darauf achten, dass Österreich seine Spitzenposition in Sachen Wirtschaftskraft, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit behält.

Und wir müssen vor allem die Fairness stärken, denn das soziale Ungleichgewicht in Österreich nimmt immer stärker zu – eine Entwicklung, der wir dringend entgegen­halten müssen. In Österreich sind die Vermögen und die Steuerlasten ungleich verteilt. So geht aus dem aktuellen Valluga-Vermögensreport hervor, dass Österreichs Millionäre so reich wie nie zuvor sind, dass 2013 ihr Vermögen um 7 Prozent auf 260 Milliarden € anwuchs, die Zahl der Millionäre im Jahr 2013 um 4 600 auf 82 300 gestiegen ist.

Laut einer aktuellen Studie der Europäischen Zentralbank besitzt das reichste Prozent der Österreicherinnen und Österreicher unglaubliche 36 Prozent, die reichsten 5 Prozent der Österreicher bis zu 55 Prozent des Gesamtvermögens. Und während diese wenigen Superreichen immer reicher werden und ihr Vermögen kaum besteuert wird, bleibt Arbeitern, Angestellten und PensionistInnen auch durch den hohen Ein­stiegssteuersatz, die kalte Progression immer weniger Geld im Börsel.

Diese aktuelle Studie zeigt schwarz auf weiß: Österreich liegt im europäischen Ver­gleich auf Platz eins, was Ungleichgewicht bei Vermögen betrifft. Daher muss eine Steuerreform kommen, und zwar rasch. Von einer Steuerreform würde unser Land in vielfacher Hinsicht profitieren. (Ruf bei der ÖVP: Was kostet sie?) Eine rasche Ent­lastung ist nicht nur ein Gebot der Fairness, sondern würde auch die Wirtschaftskraft stärken, neue Arbeitsplätze schaffen und die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes ankurbeln, denn alle Untersuchungen belegen, dass sich steuerliche Entlastungen eins zu eins auf den Inlandskonsum und damit auch auf Ihren Betrieb auswirken und so wieder direkt in die Wirtschaft fließen. Das ist Umwegrentabilität, wenn man von den Kosten redet. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schreuder.)

Sehr verehrte Damen und Herren! Sie wissen, ich bin auch Generalsekretär des Pensionistenverbandes Österreichs, und erlauben Sie mir, dass ich an dieser Stelle als Vertreter der älteren Generation auch zu Ihnen spreche. Der Österreichische Seniorenrat mit Präsident Karl Blecha und Präsident Dr. Andreas Khol hat erreicht,


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dass den Pensionistinnen und Pensionisten ab 2015 die Teuerung wieder abgegolten wird. Dafür gab es im heurigen Jahr zum ersten Mal überhaupt bereits im Juli, also lange vor der gesetzlichen Frist, eine Zusage.

Jetzt darf es aber nicht geschehen, dass der hohe Einstiegssteuersatz und die Krankenversicherungsbeiträge den Pensionistinnen und Pensionisten gleich wieder die Hälfte der Anpassung wegfressen. Die Anpassung muss den Pensionisten zugutekom­men. Sie müssen dadurch spürbar mehr Geld zur Verfügung, mehr Geld im Börsel haben. Es muss zu einer raschen Steuerentlastung kommen!

Wir haben uns seit Monaten vehement für eine Steuerreform starkgemacht, von der auch Pensionistinnen und Pensionisten profitieren müssen, denn die ältere Generation hat durch die Dämpfung der Pensionsanpassung in den letzten Jahren genug Opfer gebracht. Wir haben also zur Sanierung des Budgets sehr viel mit beigetragen. Wir treten daher mit voller Kraft für eine Steuerreform ein.

Wir fordern unter anderem die rasche Absenkung des unverhältnismäßig hohen Ein­stiegssteuersatzes von 36,5 auf 20 Prozent, die Abflachung der Steuerstufen und damit die deutliche Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen und die Entlastung der Pensionen. (Beifall bei der SPÖ.)

Um diesen Druck auch zu erhöhen, haben wir eine Unterschriftenaktion für „Mehr Geld im Börsel“ gestartet. Eine steuerliche Entlastung der Pensionistinnen und Pensionisten ist ein Schritt in die richtige Richtung, ein Schritt in Richtung eines sozialen und fairen Österreichs. Das stärkt unseren Wirtschaftsstandort, denn Österreichs 1,9 Millionen Pensionistinnen und Pensionisten sind auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Die Gene­ration 50plus verfügt über eine Kaufkraft von 68 Milliarden €, das sind 44,3 Prozent der gesamten Kaufkraft. Somit fließt der Großteil der steuerlichen Entlastungen für Pensionistinnen und Pensionisten direkt wieder in den Konsum.

Sehr verehrte Damen und Herren! Die Kompassnadel immer auf soziale Gerechtigkeit gerichtet hat Österreich die Wogen und Stürme der Vergangenheit gemeistert. Jetzt gilt es, diesen erfolgreichen Kurs konsequent beizubehalten, zielgerichtet zu investieren und bei den Einnahmen und Ausgaben stets auf die soziale Ausgewogenheit zu achten. Wir müssen Arbeitsplätze schaffen, die Kaufkraft stärken und Bildung und In­no­vation fördern. Österreich braucht Beschäftigung, Wirtschaftswachstum und Wettbe­werbsfähigkeit, ebenso wie soziale Gerechtigkeit und gesellschaftlichen Zusammen­halt. Die Stärkung, der Schutz dieser Grundpfeiler, die hohe Lebensqualität in unserem Land zu stützen, das muss oberstes Ziel unserer politischen Arbeit sein! (Beifall bei der SPÖ.)

10.57


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Pisec. – Bitte.

 


10.57.28

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Ergebnis einer funktionierenden Wirtschaft zeigt sich in den beiden Kennzahlen, die das Thema beinhalten, nämlich in hoher Kaufkraft und geringer Arbeitslosigkeit im Sinne eines hohen Beschäftigungsgrades. Eine so prosperierende Wirtschaft hat bereits die Zuversicht verinnerlicht und wird von der Politik unterstützt und gefördert, und das wäre der Output. Warum „wäre“? – Weil das in Österreich nicht der Fall ist.

Österreich hat für uns Unternehmer, für uns Wirtschaftstreibende keine optimalen Spielregeln, keine optimalen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, damit wir diese


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 43

Kriterien, die uns hier in dieser heutigen Aktuellen Stunde vorgegeben werden, erfüllen und erzielen können.

Anhand von drei Beispielen möchte ich die Behinderung unserer österreichischen Unternehmenslandschaft aufzeigen: Wir haben keine Vertragssicherheit. Das aktuelle Enteignungsgesetz anlässlich der Hypo Alpe-Adria-Sanierung erhöht und verteuert die Kredite für alle unsere Unternehmen. Zweitens haben wir eine untätige Wettbewerbs­behörde, ein wettbewerbsverzerrendes Förderungs-Wirrwarr und Kartellbildungen und Machtmonopole in Wien; und drittens ein chaotisches und viel zu hohes Besteu­erungssystem, das unsere Unternehmen belastet.

Ich komme zum ersten Beispiel, zur reduzierten Vertragssicherheit: Von einem Finanzminister könnte man erwarten, dass er die Zusammenhänge von Wirtschaft und Kapitalmarkt versteht und auch danach handelt. In der Praxis ist das leider nicht der Fall, was sich in den letzten Tagen massiv gezeigt hat.

Der Finanzminister behauptet, das Enteignungsgesetz, das vor Kurzem im Ministerrat und im Nationalrat beschlossen wurde und heute auch hier im Bundesrat auf der Tagesordnung steht, beeinflusse den Finanzmarkt nicht. Er behauptet weiters, die Bonität Österreichs sei durch die Ratingagenturen nicht beeinflusst. – Beides ist falsch, beides ist unrichtig. Es gibt massive Rückkoppelungseffekte und negative Einfluss­wirkungen auf die österreichische Wirtschaft.

Am Tag dieser Beschlussfassung im Ministerrat vor wenigen Wochen – das kann man in der Praxis sehr gut sehen – ist über Nacht die Rendite für die Anleihen, der Spread für Anleihen gegenüber deutschen Anleihen, gestiegen. Das heißt nichts anderes als: diese Anleihen sind im Kurs gefallen, und zwar um 10 Basispunkte. In Zahlen verin­nerlicht: Bei 240 Milliarden € österreichischer Staatsverschuldung sind das jährliche Zusatzkosten von 240 Millionen € für den österreichischen Staatshaushalt – eine jährliche Mehrbelastung, durch die wir alle zum Handkuss kommen aufgrund einer höheren Steuerlast, von der wir in der Folge betroffen sein werden.

Zweitens: Standard & Poor’s. Es wurde gesagt, ein Downgrading der österreichischen Bankenlandschaft erfolgt vorwiegend aufgrund eines EU-Gesetzes von 2016, das vielleicht, möglicherweise kommen wird und die Haftungen des österreichischen Staates für Banken außen vor lässt. Das ist sicherlich gut, aber man kann doch hier nicht zwei Jahre vorher eingreifen und mit einem Enteignungsgesetz eine Ver­unsicherung auf dem Finanzmarkt hervorrufen – den wir alle brauchen. Denn der Finanzmarkt, der Kapitalmarkt ist ja per se nichts Schlechtes. Wir alle brauchen als Unternehmen den Finanzmarkt und den Kapitalmarkt zur Refinanzierung – und damit benötigen wir eine gesunde, breit aufgestellte Bankenlandschaft. (Beifall bei der FPÖ.)

Der Finanzminister glaubt, er kann uns damit täuschen. Das kann er auch in diesem Fall nicht. Man braucht sich nur den Bericht von Standard & Poor’s durchzulesen, in dem klar steht:

„We are placing on CreditWatch negative our ratings on seven Austrian banks, …“

Dies ausschließlich aufgrund des Enteignungsgesetzes! Die Ratings dieser Banken werden um zwei Bonitätsstufen herabgesetzt! Das bedeutet eine unglaubliche Mehrbelastung für die Bankenlandschaft.

Das könnte uns allen wurscht sein – es heißt ja immer, die großen Banken sind uns eh wurscht –, ist unseren Unternehmern aber nicht wurscht, weil sich die Kreditkosten dadurch verteuern. Daher lehnen wir dieses Gesetz massiv ab! (Beifall bei der FPÖ.)

Wie könnte man es anders machen? – Es gibt genügend Beispiele, die das zeigen. So ist zum Beispiel vor wenigen Jahren die US-Millionenstadt Detroit bankrottgegangen.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 44

Hat sich auf dem amerikanischen Kapitalmarkt etwas getan? – Nichts! Null! Die haben nach Chapter 12 ein Insolvenzverfahren eingeleitet, haben sich entschuldet und kön­nen neu beginnen, ohne dass der Finanzmarkt, der Kapitalmarkt oder gar die amerikanische Unternehmenslandschaft beeinflusst worden wäre.

Genauso hätte man es mit der Hypo Alpe-Adria machen sollen: in Konkurs gehen lassen im Rahmen eines geordneten, juristisch einwandfreien Insolvenzverfahrens – und keiner hätte etwas gesagt. Aber so – entschuldige – plump, unsensibel, patschert in den Finanzmarkt einzugreifen, das hat es international betrachtet überhaupt noch nicht gegeben, und es ist ein Novum in der Europäischen Union. Das muss man hier festhalten. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Perhab.)

Ich freue mich jetzt schon auf die Klagen, die der Herr Finanzminister von der Weltbank, von der Deutschen Bank, von der Uniqa bekommen wird, und ich wünsche mir, dass der Herr Finanzminister selber im Gerichtssaal Platz nimmt, und freue mich schon, zu hören, wie er sich da herausreden wird. Das wird er nämlich nicht schaffen. Das ist aber ein anderes Thema.

Leider leiden wir Steuerzahler alle darunter, denn uns betrifft das alle. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist ein absolut beispielloser Akt der Enteignung. So etwas hat es in Österreich noch nie gegeben und auch in ganz Europa noch nicht.

Beispiel 2: die Wettbewerbsbehörde. Als Vorsitzender der Freiheitlichen Wirtschaft, von „FPÖ pro Mittelstand“, erlaube ich mir, hier darauf hinzuweisen, dass die Stadt Wien der größte Auftraggeber für die Wiener Wirtschaft ist. Das ist ja per se nichts Schlechtes, nur wünscht man sich als Unternehmer, dass man mehrere Möglichkeiten hat, einen Auftrag zu erhalten.

Hier sollte die Wettbewerbsbehörde tätig werden, um in diese Monopole, diese Kartell­bildungen, deren Auswirkungen auch in Form überhöhter Preise, beispielsweise Lebensmittelpreise sichtbar werden, massiv einzugreifen – im juristischen Sinn würde man sagen: sie einfach zu zerschlagen. Kartellbildungen sind für eine Wirtschaft nie etwas Gutes, Monopolbildungen schon gar nicht. Wir verlangen daher einen freien und einen leichteren Zugang für unsere Wiener Betriebe auf dem Wiener Markt.

Das dritte Beispiel der nicht funktionierenden Spielregeln im Bereich der ordnungs­politischen Rahmenbedingungen in Österreich ist das Steuersystem. Es ist völlig chaotisch, undefinierbar, unerkennbar (Bundesrat Füller: Nimm dir einen Steuer­berater!) und gepaart mit einem Förderungswirrwarr (Bundesrat Füller: Da musst du dir einen Steuerberater nehmen!), was zu Wettbewerbsverzerrungen führt und keine gleichen Rahmenbedingungen für alle schafft. Das nämlich wollen wir Unternehmer, wir Wirtschaftstreibende, wir KMU-Betriebe: Wir wollen Zugang haben, wir wollen gleiche Start- und gleiche Gründungsvoraussetzungen!

Wie sieht die Abgabenquote aus? – Sie beträgt bereits 48 Prozent! Wie schaut der OECD-Durchschnitt aus, denn die Regierung beruft sich ja immer auf die OECD? – Schauen wir uns das einmal an: 35,2 Prozent ist der OECD-Durchschnitt. Und das fordern wir Freiheitliche: Wir fordern die Anpassung an den OECD-Durchschnitt! Da möchte ich mich gar nicht auf Einzelsteuern, auf all das, was da heute angesprochen worden ist, einlassen, denn es geht immer um die Gesamtsteuerbelastung. Diese zählt, das ist das Entscheidende! Für welche Produkte, für welches Gut ich Steuer zahlen muss, ist eigentlich vernachlässigbar. Es zählt immer die Gesamtsteuer­belas­tung, und die ist in Österreich viel, viel zu hoch.

Fazit: Damit mehr Zuversicht aufkommt, wie uns ja der Bundesminister für Finanzen vorgibt, benötigen wir viel mehr Freiheit, viel mehr Freiheit für uns Unternehmer, viel


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 45

mehr Unabhängigkeit. Uns Freiheitlichen, uns von „FPÖ pro Mittelstand“ ist die Freiheit des Einzelnen wichtig, und das gilt besonders für Ein-Personen-Unternehmen und für Kleinstunternehmen.

Wir wollen Vertragssicherheit! Ich habe berichtet vom Antipoden – Enteignungs­ge­setz –, was dort in den letzten Tagen gerade wieder passiert.

Wir wollen keine Monopole, wir wollen keine Kartelle, vor allem in Wien nicht.

Wir wollen eine radikale Senkung der Steuern und eine radikale Senkung der Abgaben. Die Abgaben sind gerade in Wien in den letzten Jahren massiv und ohne irgendwelchen sinnhaften Hintergrund um bis zu 1 000 Prozent erhöht worden.

Über all dies hinaus wollen wir einen Unternehmensverband, eine Wirtschaftskammer, die nicht fett, sondern fit ist! (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und Heiterkeit bei Bundesräten der FPÖ.) Wir wollen eine Kammer, die sich um Verbesserungen kümmert, die Interessen der KMU-Betriebe seriös nach außen vertritt, die die Unter­nehmenslandschaft auch wahrnimmt und die, wenn es einmal nicht funktioniert, dies auch beim Namen nennt und nicht Parteipolitik in einem Kammerverband verankert – das wollen wir nicht.

Es bedarf anderer Spielregeln, es bedarf anderer ordnungspolitischer Vorausset­zungen, damit wir zu mehr Kaufkraft, zu mehr Beschäftigung und damit zu einer prosperierenden Wirtschaft für alle österreichischen KMU-Betriebe kommen können. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.08


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich darf bei uns im Saal den Pensionisten­verband Gutenbrunn-Martinsberg mit seiner Obfrau Erna Ebner herzlich willkommen heißen. (Allgemeiner Beifall.)

Nun gelangt Frau Bundesrätin Dr. Reiter zu Wort. – Bitte, Frau Kollegin.

 


11.08.41

Bundesrätin Dr. Heidelinde Reiter (Grüne, Salzburg): Hohes Präsidium! Frau Staatssekretärin! Werte Kollegen und Kolleginnen und Zuhörer und Zuhörerinnen! Ich war ja schon sehr neugierig, mit welcher Zuversicht wir hier herausmarschieren, welche Zuversicht hier in den Raum gestellt wird, denn ich halte es für sehr wichtig für die Wirtschaft, für das Funktionieren der Wirtschaft in einem Land, dass es Zuversicht gibt. Ich finde mich damit eigentlich in einer Steuerdiskussion wieder, die ich als wenig zuversichtsvermittelnd empfinde (Bundesrat Stadler: Das wird schon!), also die Zuversicht stützende Maßnahme fehlt mir noch. (Bundesrat Stadler: Das kommt schon noch!) Ich habe sie nicht von der Opposition erwartet, aber sie fehlt mir insbesondere von den Regierungsparteien.

Wenn es darum geht, die Wirtschaft zu stärken, dann ist es schon so, dass immer noch ein Bild von Unternehmern vorherrscht, die jedoch, so glaube ich, in dieser Form kaum mehr existieren. Ich möchte da auf einen Bereich hinweisen, und zwar auf die EPUs, die Ein-Personen-Unternehmen. Auch das sind Unternehmer, immerhin inzwischen 240 000 in Österreich. Ihr Anteil an den Wirtschaftskammermitgliedern beträgt, glaube ich, jetzt 56 Prozent (Bundesrätin Zwazl: ...! Bei uns sind es 51!) – dann sind es in Salzburg wahrscheinlich 56 Prozent; das ist die Zahl, die ich im Kopf habe –, also auf alle Fälle über 50 Prozent. Dazu kommen noch 137 000 Kleinstunternehmen, also mit weniger als 10 Beschäftigten, und zusammen stellen diese Unternehmen 92 Prozent aller Unternehmen in Österreich dar.

Diese EPUs entsprechen nicht dem traditionellen Bild des Unternehmers, sondern zählen tendenziell zu den unteren und mittleren Einkommensbeziehern. Jeder zweite


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 46

SVA-Versicherte bezieht weniger als 700 € im Monat netto. 10 bis 15 Prozent liegen unter der Armutsgrenze. Diese Gruppe kämpft mit hohen monatlichen Mindestbei­trägen für die Sozialversicherung. – Da sprechen wir noch nicht über die Besteuerung, sondern über den ganzen Bereich der Sozialversicherungsabgaben. Sie kämpft damit, dass die Tatsache des oft sehr unregelmäßigen Einkommens keine Berücksichtigung findet, das heißt, dass man eben nach ertragsstarken Zeiten oft einkommensschwache Zeiten hat und dann sehr hohe Steuern und Abgaben fällig werden. Das führt zum Beispiel dazu, dass Sozialversicherungsbeiträge dann nicht pünktlich gezahlt werden. 2011 fielen allein an Verzugszinsen in diesem Bereich 31,8 Millionen € an. (Bun­desrätin Zwazl: Aber da kann man ein Ratenansuchen machen, dann zahlst du das nicht!)

Das sind also sehr schwierige Bedingungen für eine sehr große Gruppe von Men­schen, die auf der anderen Seite aber sehr innovativ unterwegs sind, denn die Unternehmensgründungen erfolgen eben sehr oft in diesen Bereichen, als EPUs und als Kleinunternehmen.

Ein anderer Punkt ist dann die Finanzierung von innovativen Unternehmen und von Unternehmensgründern. Die schwierige Kreditsituation ist hier schon angesprochen worden. Gleichzeitig sind wir aber bei anderen Formen der Finanzierung, wie Crowd­funding und so weiter, weit davon entfernt, wirklich Zuversicht gebende Bedingungen vorzufinden, sondern da werden große Hürden und Probleme aufgebaut. Ich glaube daher, dass hier Handlungsbedarf besteht, gerade in diesen innovativen Bereichen. (Beifall des Bundesrates Schreuder.)

Ein anderer Bereich wäre die Entrümpelung und Modernisierung der Gewerbeordnung. Die Gewerbeordnung ist in die Jahre gekommen, und es fehlt hier die Zeit, um all die skurrilen Fälle aufzuzählen, wie zum Beispiel dass eine Nageldesignerin zwar Fingernägel lackieren darf, aber keine Zehennägel, denn dafür braucht sie eine Kon­zession als Kosmetikerin. Es gibt viele solche Beispiele dafür, dass neue Unter­nehmen in die Gewerbeordnung nicht hineinpassen, Konzessionen aus verschie­densten Be­reichen brauchen, um das tun zu können, um das anbieten zu können, was sie tun und anbieten möchten.

Die Gewerbeordnung ist historisch gewachsen, aber sie ist viel zu bürokratisch, sie ist viel zu protektiv, was ja auch in weiten Bereichen im EU-Raum nicht mehr zu halten ist. Sie schützt – das hat ja auch Karl Aiginger als Direktor des Wirtschafts­forschungs­instituts festgestellt – die Wettbewerber und nicht den Wettbewerb, und sie reduziert die Chancen junger Unternehmer und Arbeitnehmer. Eine entsprechende Modernisie­rung und auch Liberalisierung bei Beibehaltung der Qualität könnte die gesamtwirt­schaftliche Produktivität mittel- bis langfristig um 0,4 Prozent rascher wachsen lassen.

Ich glaube, es gibt auch viel Handlungsbedarf abseits der Steuerdiskussionen, die derzeit geführt werden, wobei unsere Meinung ist, dass das Steuersystem wirklich umgebaut werden muss, und zwar ganz stark in Richtung Ressourcenbesteuerung, weg von der Arbeitsbesteuerung. Das, denke ich, ist ein großes Kapitel, wo es auch gelten würde, mehr Zuversicht zu vermitteln und auch ökologisch nachhaltig zu steuern. – Danke. (Beifall des Bundesrates Schreuder.)

11.15


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu einer einleitenden Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Frau Staatssekretärin Steßl. Ich erteile ihr das Wort und bitte auch sie, ihre Redezeit auf 10 Minuten auszurichten.

 



BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 47

11.15.18

Staatssekretärin im Bundesministerium für Finanzen Mag. Sonja Steßl: Herr Präsident! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Meine geschätzten Damen und Herren, Sie sind als Vertreter Ihrer Bundesländer ja sehr häufig in den Wahl­kreisen unterwegs und suchen natürlich auch das Gespräch mit den Menschen, reden mit den Bürgerinnen und Bürgern, treffen die Menschen direkt in ihrem Lebensumfeld an (Bundesrat Schreuder: Sie nicht?) – nein, ich spreche sie direkt an; glauben Sie, ich habe Angst vor den Leuten?; sicherlich nicht! –, und die Menschen wollen sicherlich nicht hören: Es läuft alles so schlecht; wir können uns eine Steuerreform nicht leisten; Österreich kann sich beispielsweise den Ausbau des öffentlichen Verkehrs nicht leisten; wir können nicht mit einem Wirtschaftsaufschwung rechnen.

In all diesen Sätzen kommen nämlich, wie Sie vielleicht bemerkt haben, die Wörter „nein“, „nicht“ oder „unmöglich“ vor. Ich frage Sie: Wie kommt das bei den Menschen an, insbesondere auch nach sieben Jahren Krise? Wollen die Menschen in den Betrieben, in den Unternehmen oder auch vor Ort in den Dörfern, in den Städten, in den einzelnen Bundesländern nicht vielmehr hören: Wir Politiker und Politikerinnen haben Ideen, wir haben Vorschläge, wie wir die steuerliche Entlastung für Sie schaffen! Wir haben Ideen, wie wir mehr Kräfte bündeln können, um etwa auch die Wirtschaft zu stärken! Wir haben Ideen, wie wir den öffentlichen Verkehr noch schneller, noch kostengünstiger ausbauen können! Wir Politiker und Politikerinnen haben Ideen zur Umsetzung, wie wir auch das staatliche Pensionssystem absichern können, ohne dass wir auf die Kapitalmärkte Rücksicht nehmen müssen oder von ihnen abhängig sein müssen! Wir haben Ideen, wie wir die Wirtschaft wieder ankurbeln, damit Arbeitsplätze geschaffen werden, damit die Beschäftigung in Österreich floriert, damit unsere Republik wieder einen Wirtschaftsaufschwung hat, weil wir wollen, dass die Arbeit­nehmerin, der Arbeitnehmer sich wieder etwas leisten kann, sich vielleicht wieder einen neuen Boden in die Wohnung legt oder ein Fahrrad für die Kinder kauft oder sich im Haus eine neue Couch leistet! Oder: Liebe Unternehmerin oder lieber Unternehmer, wir wollen, dass du wieder investierst, wir wollen, dass du wieder neue Arbeitsplätze schaffst!

Ich glaube, das ist es, was wir Politiker und Politikerinnen den Menschen auch wieder einmal geben müssen: Zuversicht und einen Optimismus, etwa auch im Hinblick darauf, wie man die Ressourcen optimal nutzen kann, wie wir alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten einsetzen können, weil wir eben auch das größere Bild vor uns haben – nicht wie ein Pessimist, der den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht.

Kurz gesagt, ein Pessimist sieht in allem und jedem eine Schwierigkeit und ein Prob­lem, ein Optimist hingegen eine Möglichkeit, trotz mancher Schwierigkeit. Das zu vermitteln, meine sehr verehrten Damen und Herren, eine gewisse Zuversicht, einen gewissen Optimismus, das ist die Aufgabe der gesamten Bundesregierung, über alle Parteigrenzen hinweg, aber auch von all jenen aus den Bundesländern dieser Republik, die hier im Bundesrat vertreten sind, dass wir also den Menschen nach so vielen Jahren der Krise, nach so vielen Jahren der Unsicherheit, weltwirtschaftlich gesehen – Wirtschaftskrise, Bankenkrise –, ein wenig Optimismus vermitteln. Das ist eine wesentliche Aufgabe für das zweite Halbjahr, meine sehr verehrten Damen und Herren, für die gesamte Bundesregierung, nämlich Zuversicht zu schaffen, Vertrauen zu schaffen, Hoffnung und Zukunftsglauben zu stärken und einen Optimismus zu ver­breiten, kurz gesagt, die Stimmung im Land zu verbessern, damit sich auch die Wirtschaft wieder erholen kann, damit wir die Wirtschaftsprognosen nicht immer nach unten revidieren müssen, sondern vielleicht auch einmal nach oben revidieren können.

Natürlich haben wir im Finanzministerium einige konkrete Vorhaben für das zweite Halbjahr, vom Bankeninsolvenzrecht über die Steuerreform und die Hypo-Abbaueinheit


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 48

bis hin zu der Verschärfung des Kampfes gegen den Steuerbetrug, aber, meine ge­schätzten Damen und Herren, das wesentliche beziehungsweise eines der wichtigsten Themen für das zweite Halbjahr – das wurde auch von einigen Rednerinnen und Rednern heute schon angesprochen – ist die Steuerreform. Ich sehe die Steuerreform auch als das Leitprojekt dieser Bundesregierung.

Und ja, es gibt da unterschiedliche Standpunkte, und ja, es gibt vielleicht noch keine gemeinsamen oder nur wenige gemeinsame Positionen, aber lassen Sie mich kurz erläutern, warum ich der Meinung bin, dass eine Beschlussfassung einer Steuerreform für 2015 notwendig ist: weil wir den Menschen möglichst bald vermitteln müssen, wann sie mit einer Entlastung in einem gewissen Ausmaß rechnen können. (Bundesrätin Mühlwerth: Rechtzeitig vor der Wahl!)

Meine persönliche Zielsetzung, Frau Kollegin, lässt sich in einigen Eckpunkten erklä­ren. Es sind mindestens 4 Milliarden €, die wir als Entlastung benötigen – besser, es reden auch einige in der Wirtschaft davon, wären 6 Milliarden € –, damit die Menschen eine spürbare Entlastung haben.

Ich habe ein Modell vorgestellt, in dem wir den Eingangssteuersatz auf 25 Prozent senken und zwei weitere Tarifstufen einführen, wodurch wir eine zielgenaue Entlastung der kleineren und mittleren Einkommen schaffen. Unser Modell ist zwar nicht das gleiche wie jenes, das beispielsweise die Industriellenvereinigung vorgelegt hat, die ja mit einer Senkung des Eingangssteuersatzes auf 10 Prozent rechnet, aber in der Ge­samt­entlastung, nämlich bei den 4 Milliarden €, treffen sich unsere Meinungen. So hat etwa Georg Kapsch, der IV-Präsident Folgendes gemeint – lassen Sie mich ihn kurz zitieren:

„Wenn man eine wirklich gute, also spürbare Steuerentlastung will, muss man schon vier bis sechs Milliarden Euro bewegen.“

Auch Landeshauptmann Wallner und andere Landeshauptleute haben in das gleiche Horn gestoßen, und Wallner hat gefordert:

„Eine Entlastung für die arbeitenden Menschen muss es so bald wie möglich geben.“

Kommen wir jetzt zum Knackpunkt, der uns beim Thema Steuerreform nicht vereint, nämlich zum Teil der Gegenfinanzierung. Ein guter Teil ... (Zwischenruf des Bundes­rates Pisec.) – Weil Sie sich gerade zu Wort melden: Ihnen wollte ich auch noch etwas sagen.

Die Zinsen für Staatsanleihen sind mit derzeit 1,39 Prozent auf einem historischen Tiefststand; vor wenigen Jahren waren es 3 bis 5 Prozent. (Neuerliche Zwischenrufe des Bundesrates Pisec.) So viel zu Ihrer apokalyptischen Darstellung, dass wir nun eine neue Krise herbeireden, wo wir doch jetzt auch in dieser Aktuellen Stunde versuchen, für Zuversicht und für Optimismus zu werben. (Bundesrat Pisec: Das habe ich schon im Finanzausschuss gehört! – Zwischenrufe der Bundesrätin Mühlwerth.)

Ein guter Teil der Steuerreform, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist natürlich auch – konservativ gerechnet zirka 15 Prozent – durch steigende Steuereinnahmen, der sogenannte Budgeteffekt, ein guter Teil ist durch Maßnahmen gegen Steuerbetrug hereinzuholen. Und weil Sie, Frau Kollegin Zwazl, es angesprochen haben – das möchte ich hier auch noch einmal wirklich dezidiert festhalten, und das habe ich auch bereits im Nationalratsplenum erwähnt –: Mir geht es nicht darum, Unternehmerinnen und Unternehmer oder einzelne Sparten zu kriminalisieren, mir geht es um einen gerechten und fairen Wettbewerb.

Dafür müssten Sie vonseiten der Wirtschaftskammer eigentlich auch sein (Bundesrätin Zwazl: Für das bin ich auch!), dass man sagt: Wir sind gegen Wettbewerbs­verzer-


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rungen und wir sind für den ehrlichen Unternehmer, der seine Steuern bezahlt, und wir sind nicht für diejenigen, die ihre Steuern nicht bezahlen. (Ruf bei der ÖVP: Das hat niemand gesagt!) Das ist das einzige Anliegen, das ich habe.

Ich lasse mir auch vonseiten der Wirtschaft nicht immer wieder unterstellen, dass ich etwa einzelne Handelssparten kriminalisieren würde. Das liegt mir fern! (Bundesrätin Zwazl: Aber in den Medien, Frau Staatssekretärin, wird das so transportiert!) Es geht mir da um Gerechtigkeit zwischen den einzelnen Unternehmerinnen und Unterneh­mern, denn wir haben so viele gerade kleinere und mittlere Unternehmen, die die Wirtschaft stützen, die die Steuer- und Abgabenquote erfüllen, die die Steuern bezah­len. Mir geht es um diejenigen, die das eben nicht machen, und da müssen wir darum kämpfen, dass wir auch jene Einnahmen für den Staatshaushalt erhalten, die diese nicht bezahlen.

Da reden wir nicht von irgendwelchen kleinen Lächerlichkeiten, sondern etwa bei den Registrierkassen von 500 bis 800 Millionen €. Das ist nicht wenig, das ist über eine halbe Milliarde Euro, die dem Budget jedes Jahr entgeht. Heute haben wir auch die Reform der Selbstanzeigen auf der Tagesordnung, und auch da erwarten wir seitens des Finanzministeriums Mehreinnahmen von 150 Millionen €. Ich denke, wenn wir von Steuerreform, wenn wir von Entlastung sprechen, sollten wir alle Mittel dazu nützen, unseren Staatshaushalt zu sanieren, aber auch, Abgaben zu erhalten.

Eines, meine sehr verehrten Damen und Herren, darf ich auch klarstellen und betonen: Die Steuerreform werden sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht wieder selbst bezahlen. Das heißt, wir von der Sozialdemokratischen Partei sind gegen eine Besteuerung des 13. und 14. Monatsgehaltes oder auch andere Dinge. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht da auch – gerade weil heute die ungerechte Vermögensbesteuerung in Öster­reich angesprochen wurde – darum, dass wir einen Teil der Steuerreform durch vermö­gensbezogene Steuern wie etwa eine Millionärsabgabe finanzieren könnten. In der Bevölkerung haben wir für diesen Weg zwar eine Mehrheit, aber im Parlament und in der Regierung noch nicht.

Schauen Sie sich den internationalen Vergleich an! Heute war ein sehr kritischer Artikel in der „Presse“, wo wieder vermögensbezogene Steuern diskutiert wurden, aber darunter hat man eine sehr schöne Tabelle gesehen, wie sich die Vermögensbe­steuerung und die Besteuerung des Faktors Arbeit wirklich zueinander verhalten und wo Österreich im internationalen Vergleich liegt. Schauen wir uns die Studien etwa der OECD oder des WIFO oder auch des IWF oder selbst die Vorschläge der Euro­päischen Kommission für unser Steuersystem an, wo etwa gesagt wird, die Besteu­erung des Faktors Arbeit ist zu hoch und andere Abgaben zu niedrig, wie die für Vermögen. Diese nennen diese Schieflage sehr wachstumsfeindlich, und ich glaube, dass wir mit Maßnahmen zur Steuergerechtigkeit, aber auch anderen entlastenden Maßnahmen wieder mehr Zuversicht und mehr Optimismus schaffen können.

Nur mit einem Wachstum unserer Wirtschaft können wir auch wieder in Kinderbe­treuungseinrichtungen, in Schulen, in Universitäten, in Energie, in Infrastruktur, in Pflege- und Sozialeinrichtungen investieren, und in einem Land, das sich solche Investitionen auch leisten kann, in einem solchen Land leben dann auch trotz Krise, trotz Sparwillens und trotz Strukturwandels, der in unserem Land natürlich auch benötigt wird, zuversichtliche Menschen.

In diesem Zusammenhang wird mir jeder recht geben, wenn ich sage, dass Eltern, die ihre Kinder beispielsweise gut betreut wissen, es sich auch leisten können, sich im Job nebenbei weiter auszubilden oder etwa auch eine Umschulung zu machen oder einen Bildungsabschluss nachzuholen. An einer Stärkung der Kaufkraft sind wir alle inter-


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essiert, egal ob das die Wirtschaft ist oder ob das die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind, denn wenn mehr im Geldbörsel bleibt, wenn trotz der Teuerung etwas übrig bleibt, dann wird es auch wieder aufwärts gehen, dann werden wir auch wieder Beschäftigung haben und wieder für die Wirtschaft Impulse setzen können.

In unserem Modell kommt es darauf an, je nach Gehaltshöhe, wie ...

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Frau Staatssekretärin, bitte auch zum „Lan­deanflug“ zu kommen! Wir stehen schon bei 15 Minuten Redezeit.

 


Staatssekretärin im Bundesministerium für Finanzen Mag. Sonja Steßl (fort­setzend): Okay, ich werde den „Landeanflug“ sofort veranlassen, aber, geschätzter Herr Präsident, da ich doch auf einige Debattenbeiträge eingehen wollte, sei mir das verziehen.

Ich glaube, meine sehr verehrten Damen und Herren, der beste volkswirtschaftliche Faktor insgesamt und vor allem Multiplikator für eine gesunde Volkswirtschaft ist ein gesunder Optimismus; das ist für jeden eine Win-win-Situation.

In diesem Sinne werbe ich auch über alle Partei- und Ländergrenzen hinweg um Ihre Unterstützung, dass wir den Menschen nach sieben Jahren Krise wiederum ein wenig mehr Zuversicht geben können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

11.30


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Herzlichen Dank für Ihre Ausführungen, Frau Staatssekretärin.

Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit der weiteren Teilnehmer an der Aktuellen Stunde gemäß Beratungen der Präsidialkonferenz 5 Minuten nicht über­steigen darf.

Ich darf an dieser Stelle auch darauf hinweisen, dass für den heutigen Plenartag weitere 111 Redner zu Wort gemeldet sind, um die Motivation auch ein bisschen zu erhöhen, die Redezeit einzuhalten.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Fürlinger. Ich erteile es ihm.

 


11.31.09

Bundesrat Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Da Sie einen sehr prompten Landeanflug hinter sich haben, sei Ihnen die Erholung gegönnt. Ich werde raketenartig starten, damit wir die bloß 5 Minuten, die ich habe, irgendwie sinnvoll nutzen können. (Staats­sekretärin Steßl: War das nicht sinnvoll, oder wie?) – Nein, nein, um Himmels willen! Damit ich meine 5 Minuten sinnvoll gestalten kann. Ich bitte um Nachsicht! (Zwi­schenrufe der Bundesrätinnen Michalke und Mühlwerth.)

Ich danke allen: Erstens einmal danke ich Ihnen, Frau Staatssekretärin, für den Aufruf zu mehr Zuversicht – den habe ich als sehr positiv empfunden; der gehört in der politischen Debatte durchaus gepflogen –, zum Zweiten, Danke an alle, diese breite Mehrheit, die jetzt endlich einmal initiiert, dass es in Österreich eine Steuer-, Lohnsteuer-, Einkommensteuer-, Abgabensenkung geben soll. Das ist ein ganz, ganz wichtiger Input, den wir da haben. Das ist etwas, auf das wir schon lange warten.

Wir müssen das Ganze allerdings gesamtheitlich betrachten. Es gibt ja nicht nur die Lohnsteuer, es gibt die Lohn- und Einkommensteuer – das ist ein und dasselbe Gesetz. Es gibt nicht nur Arbeitnehmer, die einkaufen gehen, wenn man die Kaufkraft überhaupt als das einzig Seligmachende des Menschen bezeichnet – aber für einen philosophischen Exkurs fehlt uns hier die Zeit –, es gibt eben auch Leute, die Ein-


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kommensteuer zahlen und die genauso gerne einkaufen gehen, und ein großes Thema sind die Abgaben.

Wir diskutieren hier zunächst über die Menschen in niedrigen Einkommensbereichen, die etwa 1 200 €, 1 300 €, 1 400 €, 1 500 € einnehmen und die tatsächlich sicherlich mehr im Börsel brauchen können, die zahlen aber keine Lohnsteuer. Da bin ich vielmehr dort, wo ich einmal darüber nachdenken muss, ob man nicht auch Sozialver­sicherungsbeiträge oder andere Zwangsabgaben ein bisschen senken kann, weil es eine Notwendigkeit ist und weil wir uns das wahrscheinlich leisten können, wenn wir das in der Verwaltung der entsprechenden Träger ordentlich hinkriegen.

Was ich Ihnen sagen will, ist, dass wir in dieser Republik kein Einnahmenproblem haben, wir haben definitiv ein Ausgabenproblem. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben kein zweckmäßiges Controlling. Wir wissen – da brauchen wir uns auch nicht in die Tasche zu lügen – nicht, was der Bund ausgibt, was die Länder ausgeben, was die Gemeinden ausgeben. Ich sage immer nur das Stichwort Förderungen. (Bundesrätin Mühlwerth: Transparenzdatenbank!) – Ob man das jetzt mit Transparenz überschreibt, Frau Kollegin Mühlwerth, ist für mich nebensächlich. (Bundesrat Füller: Aber die ÖBB hat über Nacht 600 Millionen gespart!) Fest steht, dass wir endlich einmal ein Controlling schaffen müssen, und über dieses Controlling, meine Damen und Herren, werden wir es auch schaffen, dass wir jene 6 Milliarden, 7 Milliarden ganz, ganz locker einsparen können, ohne dass wir irgendjemandem wehtun. (Bundesrat Füller: Die ÖBB hat jetzt 600 Millionen gespart, von einer Nacht auf die andere!)

Ich beziehe mich hier kurz auf meine Zeit in der Regionalpolitik. Ich habe in dieser Zeit in der Regionalpolitik miterlebt, welche Projekte gefördert wurden; deren Zweck und Nutzen war für die Allgemeinheit von äußerst eingeschränktem Umfang, aber keiner hat danach gefragt, warum ein und dasselbe auf drei Ebenen gefördert worden ist und die am Schluss mehr Geld gehabt haben, als sie gebraucht haben. Wenn wir das einmal in den Griff kriegen, wenn wir endlich einmal erfassen können, wohin das Geld dieser Republik rinnt, das bei der linken Tasche hineingesteckt wird und bei der rechten wieder hinausrinnt, dann werden wir einen ganz großen Schritt weiterkommen und dann werden wir diese Entlastung mit links hinkriegen.

Dieses Ausgabenproblem müssen wir in den Griff kriegen; ich nenne nur ein Beispiel: Wir nehmen an Lohn- und Einkommensteuer – ich glaube, Sie kennen die Zahlen noch besser als ich, Frau Staatssekretärin – rund 80 Milliarden € ein. Fest steht, dass auf allen drei Ebenen an direkten und indirekten Förderungen die gleiche Summe ausgegeben wird. Das ist zumindest Resultat eines Finanzausschussberichtes des Nationalrates vom vergangenen Jahr. Damit wissen wir, wo wir ansetzen müssen.

Wenn wir jetzt bereits im Vorfeld diskutieren, wie wir wieder irgendwelche neuen Steuern erfinden können, dann werden wir die Zuversicht relativ schnell verlieren. Ich habe mir nämlich einmal darüber Gedanken gemacht: Bei den ungefähr 300 Milliarden an Außenständen, die diese Republik hat, könnte ich jetzt natürlich hergehen und sagen: Na, Herr Mateschitz oder Frau Flick oder Herr Wlaschek oder wie sie alle heißen, gebt uns euer ganzes Geld! – Wenn die Vermögen ungefähr stimmen, werden das ungefähr 35 bis 40 Milliarden € sein, und selbst dann haben wir von den 300 Milliarden € Schulden nur 40 abgedeckt. Die liefern uns in der Folge keine Ertragssteuern mehr ab, wir haben auf der anderen Seite bei den Einnahmen wieder ein Leck – abgesehen davon, dass ein Betrieb wie Red Bull, wenn wir ihn völlig zu enteignen beginnen, wohl abwandern wird. (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder. – Bundesrat Beer: Deswegen zahlen sie ...! – Bundesrat Füller: Steuerbeiträge sind nicht unbedingt eine Enteignung!) – Verlangt wird eine teilweise Enteignung, Herr Kollege Schreuder. Ich habe nur 5 Minuten und ersuche Sie höflich, das nachher mit


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mir zu diskutieren, weil ich aufgrund der Zeit auf Ihre Zwischenrufe nicht im Detail eingehen kann.

Ich glaube – das sage ich ganz klar –, dass wir das ausgabenseitig für alle mit links schaffen, wir müssen uns nur bemühen. Jenen, die diesen einfachen Lösungen und den Schalmeientönen das Ohr leihen, die glauben, dass wir das mit Enteignungen auf der anderen Seite wieder zusammenbringen werden, halte ich einen Spruch des 16. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika hin. Abraham Lincoln hat Folgen­des gesagt:

„Wir werden die Schwachen nicht stärken, indem wir die Starken schwächen.“

Und wir werden die Armen nicht reicher machen, wenn wir die Reichen ausmerzen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.36


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste ist Frau Bundesrätin Fetik zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


11.36.36

Bundesrätin Ilse Fetik (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegin­nen und Kollegen! Ich bin meinem Vorredner unglaublich dankbar, denn es könnte keinen besseren Einstieg geben, als zu sagen: Ich teile Ihre Meinung absolut nicht! Wir haben auch ein Einnahmenproblem, wir haben nicht nur ein Ausgaben­problem, denn es geht sehr wohl auch darum, wo denn das Geld herkommt oder, wie jemand bei Ihnen einmal gesagt hat: Wo kommt die Marie her? (Zwischenruf des Bundesrates Tiefnig.)

Unser Dogma ist überhaupt nicht, den Reichen etwas wegzunehmen, sondern es geht darum, dass auch jene, die Vermögen haben, etwas beitragen müssen (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schreuder), wenn es darum geht, sinnvoll zu investieren, wenn es darum geht, die richtigen Maßnahmen zu setzen.

Heute ist ja offenbar der Tag der vielen Zitate, deswegen zitiere ich Gabriel Zucman, einen Professor der London School of Economics, der offenbar, wir er schreibt, inter­nationale Kapitalströme analysiert und einmal geschaut hat, wie viel Geld denn sozusagen versteckt wird. Da kam er auf die beachtliche Summe von 4 700 Milliar­den. – 4 700 Milliarden! (Ruf: Nicht in Österreich!)

Ich frage mich, wie viel Geld wir lukrieren könnten, wenn wir zu unseren bereits gesetzten und ohne Zweifel sinnvollen Maßnahmen, Steuerbetrug und Steuerhinter­ziehung noch ein wenig schwieriger zu machen, zusätzlich mehr Geld zur Verfügung hätten. Ich kann mir gar nicht vorstellen, Frau Präsidentin Zwazl, dass wir da nicht einer Meinung wären: Es geht nicht darum, jene Unternehmen hier anzuprangern, die ihre Beiträge ordentlich zahlen, sondern es geht um jene Unternehmen, aber auch Private, die das eben nicht tun. (Bundesrätin Zwazl: Aber wie kann man dann errech­nen, wenn man jemandem nichts unterstellt, welche Summe an Steuermitteln ...? – Unruhe im Sitzungssaal.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Am Wort ist Frau Bundesrätin Fetik!

 


Bundesrätin Ilse Fetik (fortsetzend): Selbstverständlich gibt es Handlungsbedarf. Die Zinsen in Europa sind auf einem historisch niedrigen Niveau. Wir haben ein niedriges Potenzialwachstum. Nach der letzten Rezession 2008/09 ist die Verschuldensquote um fast 10 Prozentpunkte gesunken. Wir haben eine sinkende Nachfrage. Lassen Sie mich hier wieder zum Thema Einnahmenproblem zurückkommen: Wir haben schon ein Einnahmenproblem, weil erstmals die Einnahmen aus der Lohnsteuer höher waren als


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jene aus der Mehrwertsteuer. Das zeigt ja auch, dass eben unsere Nachfrage aufgrund vieler, vieler Faktoren entsprechend gesunken ist.

Wir haben ein zu geringes Wirtschaftswachstum, um Beschäftigung ausreichend anbieten zu können. Auch wenn Österreich hinsichtlich der Vergleichszahlen betref­fend die Arbeitslosenquote immer noch beachtlich gut dasteht, ist zweifelsohne jede Arbeitslose/jeder Arbeitslose eine/einer zu viel.

Wir haben diese kritischen Jahre, 2008 und die darauffolgenden, gut bewältigt. Reden wir unseren Wirtschaftsstandort nicht schlecht, aber machen wir Schluss mit diesem absoluten Spardogma, investieren wir nachhaltig – nachhaltig! – in gute Beschäftigung, in Bildung, Gesundheit, Pflege, Innovation, Forschung und Umwelt! Machen wir keine Initiativen dafür, Wachstum um jeden Preis zu erzielen!

Die EU-Kommission verspricht sich zum Beispiel vom TTIP einen positiven Effekt für die europäische Wirtschaft und prognostiziert für Europa ein Potenzial von 119 Milliar­den € pro Jahr. Ich denke, bei den geheimen Verhandlungen, die da geführt werden, besteht ein absolut enormes Demokratiedefizit, und ich frage mich, wo diese Inves­titionen stattfinden sollen, in welche Bereiche investiert werden soll und mit welchen Auswirkungen auf Beschäftigung.

Zum Schluss kommend möchte ich sagen, die Initiativen, die gesetzt wurden, wie zum Beispiel mit dem Handwerkerbonus, wie zum Beispiel mit den Schritten in Richtung Beendigung des Lohn- und Sozialdumpings, in Richtung Maßnahmen gegen Steuer­hinterziehung, Steuerbetrug, sind richtig, aber schaffen wir gute Beschäftigung! Und die Verteilungsfrage ist nach wie vor eine drängende. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.41


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Krusche. – Bitte.

 


11.41.52

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Die Frau Staatssekre­tärin ist momentan entfleucht. Meine Damen und Herren! Als ich den Titel dieser Aktuellen Stunde gesehen habe: „(…) Kaufkraft stärken, Wirtschaft unterstützen, Beschäftigung schaffen!“, habe ich mir gedacht: Na ja, wenn jetzt Kollege Danninger auf dieser Seite (in Richtung Regierungsbank aufseiten der ÖVP weisend) hier sitzen würde, dann würde das wahrscheinlich heißen: Wirtschaft entfesseln.

Und ich habe den Verdacht gehabt, dass es sich bei diesem Thema um eine Art Autosuggestion handelt, und mein Verdacht hat sich durch die Ausführungen der Frau Staatssekretärin, die jetzt leider nicht anwesend ist, vollinhaltlich bestätigt, denn ihr Rezept für die Wirtschaft in Österreich ist: Wir brechen jetzt die Sitzung ab, gehen alle hinaus und erzählen den Menschen, wie gut es ihnen geht, und verbreiten Optimismus! (Beifall bei der FPÖ.)

Von einer Staatssekretärin im Finanzministerium hätte ich mir eigentlich etwas mehr erwartet. Ich werde mir ein bisschen schwertun, einem Arbeitslosen zu erklären, wie gut es ihm eigentlich geht.

Herr Kollege Todt hat ja gemeint, dass wir Weltmeister sind, dass wir nicht krank­jam­mern sollen, aber, Herr Kollege Todt, man sollte sich nicht immer an den Schlechtesten orientieren, sondern an den Besten. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Todt.)

Wenn ich mir die Indikatoren für 2014 für Österreich anschaue, dann muss ich sagen, so rosig schauen diese nicht aus. Wir haben eine Rekordarbeitslosigkeit mit einer Steigerung im Juni von 16,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr, bei den Lehrstellen-


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suchenden einen Zuwachs von 46,3 Prozent und einen Rückgang der offenen Stellen um 4,3 Prozent.

Die Abgabenquote wurde bereits mehrmals angesprochen, da liegen wir an fünfter Stelle im Negativranking innerhalb der EU, und auch hinsichtlich der Kaufkraft ist für das Jahr 2014 ein Rückgang prognostiziert.

Das Wirtschaftswachstum wird laufend nach unten revidiert, da liegen die Prognosen jetzt bei 1,2, 1,4 Prozent. Wir wissen, dass das zu wenig sein wird, um die Arbeits­losigkeit zu bekämpfen, dafür brauchen wir mindestens 2,5 Prozent.

Das reale Nettoeinkommen wird um voraussichtlich 0,3 Prozent sinken.

Vom Schuldenstand – er liegt bei zirka 80 Prozent – brauchen wir gar nicht zu reden, und wir sind auch dabei, uns bei unserem Ranking betreffend die Standortqualität laufend zu verschlechtern. Und laut den Meldungen, die vorgestern gekommen sind, schaut es den Tourismus betreffend auch nicht gerade rosig aus.

Da wäre es doch schön, beispielsweise ein Wachstum von 2,8 Prozent zu haben bei einem Defizit von 1,5 Prozent und einem Verschuldensgrad von 40 Prozent. (Zwi­schenruf des Bundesrates Mayer.) Wer hat das? – Schweden hat das. Und warum spreche ich Schweden an? – Weil gerade für die Sozialdemokratie, für Ihre Partei, Frau Staatssekretärin (Staatssekretärin Steßl: Die haben die höchste Jugendarbeits­losigkeit!), Schweden immer ein solch großes Vorbild war. Die Schweden haben erkannt, dass sie in die Irre gelaufen sind, und haben rechtzeitig die Notbremse gezo­gen, haben geschützte Branchen liberalisiert, Staatsbetriebe privatisiert, die Einkom­men­steuern gesenkt und die Vermögensteuern gestrichen und sind sehr rigoros beim Pensionsantrittsalter. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Diskussion hier ist nichts anderes als ein Pingpongspiel, das ohnehin schon jedem bekannt ist: Jede der beiden Regierungsparteien sagt: Wir brauchen eine Steuer­reform, mehr Netto vom Brutto!, aber die Positionen sind diametral, sind unterschied­lich. Sie (in Richtung SPÖ) wollen es mit neuen Steuern finanzieren, wobei Ihre Beispiele dort, wo es Vermögensteuern gibt, sehr wohl hinken. Betrachten Sie die Gesamtsteuerbelastung beispielsweise in den USA! Dort gibt es eine Vermögensteuer, ja, aber die Gesamtsteuerbelastung ist wesentlich niedriger als bei uns.

Bei uns wird diese Gegenfinanzierung nicht zum Ziel führen, und von den Millionären, von denen Sie immer reden, werden Sie die Budgetsanierung nicht hereinbringen.

Kollege Fürlinger hat in seiner Rede einige sehr gute Ansätze gebracht, ich frage mich nur, warum nichts weitergeht, obwohl ihr ja offensichtlich wisst, wie man diese Milliarden, die wir brauchen, einspart. Ihr werdet wahrscheinlich sagen, die SPÖ blockiert – und so kommen wir in diesem Land nicht weiter.

Daher können Sie auch nicht von uns verlangen, dass wir bei den Menschen draußen Optimismus verbreiten. (Bundesrat Todt: Das habt ihr noch nie gemacht! Optimismus verbreitet habt ihr noch nie!) Solange diese Regierung im Streit versinkt und nichts Konkretes weiterbringt, können Sie nicht verlangen, schon gar nicht von uns als Opposition (Bundesrat Todt: Na eh nicht! Das tun wir auch gar nicht!), dass wir Optimismus verbreiten! (Beifall bei der FPÖ.)

11.47


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schreuder. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Krusche, alter Schwede!)

 


11.47.55

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Voller Optimismus bin ich in diese Debatte gegangen. (Heiterkeit.)


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 55

Nein, ganz im Ernst, als ich in der Präsidiale gehört habe, was das Thema der heutigen Aktuellen Stunde sein wird, habe ich mir gedacht: Na, schau! Wir sehen und lesen ja in den Medien über die Diskussion betreffend die Steuerreform, die zwischen der SPÖ und der ÖVP abläuft, und meistens ist es ja so, dass wir in den Aktuellen Stunden Feel-good-Themen serviert bekommen, wo man sich gegenseitig auf die Schulter klopft und sagt, wie toll man ist, und dann geht man ganz hoch erhobenen Hauptes wieder hinaus. Und man kann hier nicht über das diskutieren, worüber die Dis­kussionen laufen, wo gerade wirklich ein Konflikt herrscht, worüber die Leute draußen diskutieren.

Insofern fand ich es gut, dass wir heute hier dieses Thema diskutieren, auf der anderen Seite habe ich den Verlauf dieser Debatte nicht so besonders toll gefunden, und es ist eigentlich genau das passiert, was ich befürchtet habe: Die SPÖ macht ihr Ding, die ÖVP macht ihr Ding, die FPÖ schimpft über alles, liefert aber keine Lösung, und die Leute draußen, die sich diese Debatte anschauen – bei diesem schönen Wetter werden es nicht so viele sein –, werden sich nachher denken: Welch trauriges Schauspiel bieten uns die Politikerinnen und Politiker, anstatt um eine Lösung zu ringen, die uns allen etwas bringt, hauen sie sich die Schädel ein, wer was macht!

Und dann kommen auch noch, Herr Kollege Fürlinger, solche Aussagen wie: Ent­eignung von Red Bull. Ich frage: Wer in diesem Haus hat denn bitte die Enteignung von Red Bull gefordert? – Das ist unredlich, das ist ein unredlicher Debattenbeitrag (Zwischenruf des Bundesrates Fürlinger), bringt uns in keiner Weise nach vorne, und ich finde das nicht in Ordnung!

Die Leute draußen denken sich tatsächlich ... (Bundesrat Fürlinger: Da müssen Sie zuhören, …!) – Dann haben Sie die Firma Red Bull namentlich erwähnt, Entschul­digung, Sie haben so getan, als wolle man die Firma enteignen. Das ist einfach Quatsch, Entschuldigung! (Bundesrat Fürlinger: Von der Firma Red Bull …!)

Ich möchte hier schon betonen: Die Wahrheit ist, und das haben die Gewerkschafter zu Recht gesagt – ich bin ja kein Sozialdemokrat, also nehme ich einmal in Anspruch, hier eine neutrale Instanz zu sein (Zwischenruf bei der SPÖ) –: Wenn man aus den Lohnnebenkosten mehr Einnahmen als aus der Mehrwertsteuer hat, dann hat ein Land ein Problem! – Das ist eine richtige Diagnose. Und das ist de facto der Fall.

Und wenn das der Fall ist, dann sollten sich die Regierungsparteien zusammensetzen und fragen: Wir haben ein Problem, wie lösen wir dieses Problem?, anstatt sich gegenseitig ständig Vorhaltungen zu machen und anzugreifen. Also ich finde, dieser großkoalitionäre Steuerstreit, den wir jetzt gerade erleben, ist ein Trauerspiel der österreichischen Politik, zeigt, dass es wirklich um die eigene Klientel, um die eigenen Interessen geht, nicht um das Suchen von Lösungen für die Bürger und Bürgerinnen in dieser Republik. Und ich finde das beschämend.

Dass wir, die Grünen, für Vermögensteuern sind, dass wir, die Grünen, für reformierte Erbschafts- und Schenkungssteuern sind, für die Einbeziehung von Vermögen aus Privatstiftungen, das ist kein Geheimnis. Dass wir die Lohnnebenkosten senken wollen, ist auch kein Geheimnis. Was ich nicht verstehe, ist, wie eine Partei – und das richte ich ganz konkret an die ÖVP –, die immer behauptet, sie sei die Partei, die Leistung belohnen will, genau dort, wo Leistung stattfindet, tatsächlich die höchsten Steuern einheben kann, nämlich Steuern, die sowohl die Arbeitnehmer und -nehmerinnen als auch die Arbeitgeber und -geberinnen zahlen müssen, nämlich dort, wo Wirtschaft de facto passiert. Und Wirtschaft passiert sicher nicht, wenn ich ein Millionenerbe habe, denn da habe ich auch nichts geleistet. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Das ist nicht unglaublich, das ist die Wahrheit.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 56

Entschuldigen Sie, diese Vermögensteuern gibt es (Bundesrat Fürlinger: … einen Haufen herinnen sitzen!), und wenn wir sie nur in der Höhe des OECD-Durchschnitts einführen würden, würden wir 5 Milliarden mehr einnehmen. Und das ist kein marxistisches Gedankengut, sondern das hat Großbritannien, das haben die USA, das haben Länder, die nun wirklich nicht ein Hort des Marxismus, Kommunismus und Sozialismus aus Ihrer Sicht wären. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich finde, diese Debatte ist beschämend, sie ist unredlich, sie ist unehrlich, und sie setzt sich leider fort. – Danke. (Beifall der Bundesrätin Reiter sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

11.52


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Mag. Zelina. – Bitte.

 


11.52.45

Bundesrat Mag. Gerald Zelina (STRONACH, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Frau Staatssekretärin! Liebe Mitglieder des Bundesrates! Die Kauf­kraft der Bürger zu stärken ist eine der wichtigsten politischen Aufgaben zum Vorteil aller. Aber analysieren wir zunächst einmal die wirtschaftliche Ist-Situation.

Wir leisten uns einen völlig überteuerten, dicken, fetten Staatsverwaltungsapparat, der eine Schlankheitskur benötigt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) „Fit statt fett!“, das gilt nicht nur für die Wirtschaftskammer, sondern das gilt für den gesamten Verwaltungsapparat. (Beifall bei Bundesräten der FPÖ.)

Unser Staat konsumiert zu viel und investiert zu wenig. Wir haben Geldverschwen­dungsministerien und eine Selbstbedienungsmentalität anstatt investitionsorientierter Zukunftspolitik. Anstatt unternehmerisch sinnvoll verstärkt in unsere Kinder, in Bildung, neue Technologien, Forschung und Infrastruktur zu investieren, vergeuden wir zu viel Steuergeld in personell aufgeblähten Verwaltungsstrukturen mit Luxusgehältern, Luxus­pensionen und Frühpensionsprivilegien. (Bundesrätin Grimling: … keine Ah­nung! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir sind ein völlig überschuldetes Land mit einem Rekordverschuldungsgrad von nahezu 90 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und mit annähernd 300 Milliarden Schulden. Viel Spaß beim Zurückzahlen! Wenn das Zinsniveau wieder steigt, zerreißt es uns. Jeder Zinsanstieg um 1 Prozentpunkt kostet uns zusätzliche 3 Milliarden.

Sie haben die Zuversicht angesprochen, Frau Staatssekretärin. Die Zuversicht ist wichtig, aber bei diesem „dicken Staat“ und diesem überschuldeten Land tue ich mir ein bisschen schwer. Was soll ich sagen? – Ich bin dick, ich bin fett, das ist super!? Ich bin total verschuldet, hurra!?

Die Folgen dieser politischen Misswirtschaft sind: eine Rekordbelastung unserer Bürger durch enorm hohe Steuern. Ergänzend haben wir eine Rekordbelastung durch überhöhte Gebühren bei Strom, bei Gas, bei Wasser, bei Müll, bei den Parkscheinen. Und über diese Gebühren werden verdeckte Steuern eingehoben. Obendrauf werden unsere Bürger von den Regierenden durch ein unfaires Eurogeldsystem abermals verdeckt besteuert und ihre Sparguthaben schleichend enteignet. Für Einlagen auf Sparbüchern werden unseren Bürgern keine Zinsen mehr bezahlt, oder es gibt sogar negative Realzinssätze, die unter der Inflationsrate liegen.

Die Inflation, durch Gelddruckerei bewusst geschaffen, beraubt uns unserer Spargut­haben, unserer Kaufkraft, führt zu ständig steigenden Mietpreisen, steigenden Heiz- und Benzinkosten und steigenden Lebensmittelpreisen. Bürgerabzocke und Kaufkraft-


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reduzierung herrschen an allen Ecken und Enden. Und das wiederum führt zu aus­bleibendem Wirtschaftswachstum und einer Rekordarbeitslosigkeit von 9,5 Prozent. Jeder zehnte Österreicher ist arbeitslos. 400 000 Österreicher haben keinen Job!

Um diese Probleme in den Griff zu bekommen, brauchen wir Wirtschaftswachstum. Und wenn wir Wirtschaftswachstum wollen, dann müssen wir die Kaufkraft der Bürger stärken, damit die Konsumausgaben und die Nachfrage nach Produkten und Dienst­leistungen unserer Betriebe wieder erhöht werden. Wir müssen für unsere Betriebe investitionsfreundliche Rahmenbedingungen herstellen. Wir brauchen eine attraktive Standortpolitik mit Investitionsanreizen für Unternehmen. Unternehmensinvestitionen in Österreich schaffen Arbeitsplätze, Kaufkraft, Wirtschaftswachstum und Wohlstand. Wir müssen auch unsere Exporte steigern und staatliche Infrastrukturinvestitionen forcieren, in neue Technologien, auch in Breitband und in Elektromobilität. (Bundesrat Stadler: Du hast den gestrigen Tag nicht miterlebt! Warst du gestern untergetaucht?)

Die Wirtschaft wächst nur dann, wenn die Unternehmen investieren und die Bürger konsumieren.

Noch einmal: Die Stärkung der Kaufkraft ist die wichtigste politische Aufgabe. Ohne Arbeitsplätze gibt es keine Kaufkraft. Wir brauchen zusätzliche Arbeitsplätze durch verstärkte Exporte. Ein verstärkter Verkauf von innovativen österreichischen Pro­dukten, die in Preis und Qualität international wettbewerbsfähig sind, führt zu höheren Unternehmensinvestitionen und schafft zusätzliche Arbeitsplätze.

Wir brauchen faire Löhne für unsere Mitarbeiter – faire Löhne sind ein Garant für Kaufkraft. Und wer arbeitet, muss von seiner Arbeit auch leben können.

Wir brauchen niedrige Lohnsteuersätze. Die Lohnsteuersätze für Arbeitnehmer sollten langfristig auf das Niveau der Kapitalertragsteuer fallen. Fangen wir einmal beim Eingangssteuersatz an, und arbeiten wir uns dann zum Höchststeuersatz vor!

Das Team Stronach fordert auch ein Familienbesteuerungsmodell mit einer gemein­samen niedrigeren Familiengesamteinkommenslohnsteuer für Familien ab zwei Kindern. (Bundesrat Füller: Am besten „chippen“! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das Team Stronach rät zu Mitarbeiterbeteiligungen am Unternehmensgewinn. Mitar­beiter sollen 10 Prozent des Unternehmensgewinns bekommen, und Gewinnbeteiligun­gen sollen steuerbegünstigt mit nur 25 Prozent lohnversteuert werden.

Zusätzlich zur Lohnsteuer müssen auch die Sozialversicherungsabgaben gesenkt werden, um die Kaufkraft unserer Bürger zu erhöhen. Da gibt es viel Einsparungs­poten­zial.

Die Pensionsbeiträge gehören gesenkt, finanziert durch die Streichung sämtlicher Frühpensionsprivilegien, die Krankenkassenbeiträge gehören gesenkt, finanziert durch Zusammenlegung der 22 Krankenversicherungen.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich bitte, die Redezeit einzuhalten, Herr Kollege.

 


Bundesrat Mag. Gerald Zelina (fortsetzend): Ich komme zum Schluss: In Summe muss unseren Bürgern mehr Netto vom Brutto bleiben. Es kann nicht sein, dass 65 Prozent jeder Gehaltserhöhung in die Kasse des Staates fließen.


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Erhöhen wir die Kaufkraft der Bürger, dann kurbeln wir die Wirtschaft an. Erhöhen wir die Kaufkraft der Bürger, dann schaffen wir zusätzliche Arbeitsplätze. Erhöhen wir die Kaufkraft der Bürger, dann schaffen wir Wohlstand für alle. (Rufe bei der SPÖ: Amen!)

Steuer- und Abgabensenkungen für die Bürger zur Kaufkraftstärkung begleitet von Effizienzreformen in der staatlichen Verwaltung sind das beste Konjunktur- und Beschäftigungsprogramm. Das Gebot der Stunde lautet daher: Schuldenbremse, Ver­waltungsreform in Richtung schlanker Staat und Steuerreform in Richtung niedriger Steuersätze. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

11.59


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Die Frau Staatssekretärin hat auf eine ab­schließende Stellungnahme verzichtet.

Die Aktuelle Stunde ist damit beendet.

12.00.16Einlauf und Zuweisungen

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältigten und verteilten Anfragebeantwortungen 2779/AB-BR bis 2788/AB-BR beziehungsweise

jener Schreiben des Bundeskanzlers gemäß Art. 23c Abs. 5 B-VG betreffend Vor­schlag für eine Wiedernominierung des Herrn Kommissars Dr. Johannes Hahn für die Funktion eines Mitglieds der Europäischen Kommission (1. November 2014 bis 31. Ok­tober 2019) und

Vorschlag für eine Nominierung von Bürgermeister Hanspeter Wagner als Mitglied des Ausschusses der Regionen sowie

des Schreibens des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG betreffend die Aufnahme von Verhandlungen über eine Änderung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und Kanada im Bereich der sozialen Sicherheit und

des Schreibens des Bundeskanzleramtes betreffend den Aufenthalt von Mitgliedern der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union

verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Die schriftlichen Mitteilungen haben folgenden Wortlaut:

Liste der Anfragebeantwortungen (siehe S. 14)

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Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Nominierungen gemäß Art. 23c Abs. 5 B-VG:


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Schreiben des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:


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Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend Aufenthalt von Mitgliedern der Bundesregierung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union:


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Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Der eingelangte Jahresbericht der Schienen-Control GmbH 2013 wurde dem Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie zugewiesen.

Eingelangt sind und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Berichte des Nationalrates beziehungsweise jene Berichte, die jeweils Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind. Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet.

Behandlung der Tagesordnung

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich habe die zuvor genannten Verhandlungs­gegenstände auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Es ist dies nicht der Fall.

Aufgrund eines mir zugekommenen Vorschlages beabsichtige ich, die Debatte über die Tagesordnungspunkte 2 und 3, 4 bis 8, 18 und 19 sowie 25 und 26 unter einem durchzuführen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Dies ist nicht der Fall. Wir werden daher so vorgehen.

12.02.02 Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, gebe ich bekannt, dass ein Verlangen im Sinne des § 61 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage 3020/J-BR/2014 der Bundesräte Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend illegale österreichisch-türkische Doppelstaatsbürger an die Frau Bundesminister für Inneres vorliegt.

Im Sinne des § 61 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Bundesrates verlege ich die Behandlung an den Schluss der Sitzung, aber nicht über 16 Uhr hinaus.

Verlangen auf Durchführung einer Besprechung der schriftlichen Anfragebeantwortung 2786/AB-BR/2014

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, gebe ich weiters bekannt, dass das gemäß § 60 Abs. 2 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen der Bundesräte Krusche, Kolleginnen und Kollegen vorliegt, eine Be­sprechung der schriftlichen Anfragebeantwortung 2786/AB-BR/2014 der schriftlichen Anfrage 3008/J-BR/2014 an die Frau Bundesminister für Inneres durchzuführen.

Im Sinne des § 60 Abs. 3 der Geschäftsordnung verlege ich die Besprechung an­schließend an die Behandlung der Dringlichen Anfrage.

12.03.061. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Schaffung einer Abbaueinheit (GSA), das Bundes­gesetz über die Einrichtung einer Abbau-Holdinggesellschaft des Bundes für die HYPO ALPE-ADRIA-BANK S.P.A. (HBI-Bundesholdinggesetz), das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Abbaubeteiligungsaktiengesellschaft des Bundes


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(ABBAG-Gesetz) und das Bundesgesetz über Sanierungsmaßnahmen für die HYPO ALPE ADRIA BANK INTERNATIONAL AG (HaaSanG) erlassen werden und mit dem das Finanzmarktstabilitätsgesetz und das Finanzmarktauf­sichtsbe­hördengesetz geändert werden (178 d.B. und 188 d.B. sowie 9200/BR d.B. und 9206/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gehen in die Tagesordnung ein und kom­men zum 1. Punkt.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Lampel. Bitte um den Bericht.

 


12.03.30

Berichterstatter Michael Lampel: Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Schaffung einer Abbaueinheit, das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Abbau-Holdinggesellschaft des Bundes für die HYPO ALPE-ADRIA-BANK S.P.A., das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Abbaubeteili­gungs­aktiengesellschaft des Bundes und das Bundesgesetz über Sanierungsmaßnahmen für die HYPO ALPE ADRIA BANK INTERNATIONAL AG erlassen werden und mit dem das Finanzmarktstabilitätsgesetz und das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz geändert werden. (Vizepräsidentin Posch-Gruska übernimmt den Vorsitz.)

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Juli 2014 mit Stim­menmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Mühlwerth. Ich erteile ihr dieses.

 


12.04.43

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal und zu Hause an den Bildschirmen! Zum Ersten möchte ich mein Befremden darüber zum Ausdruck bringen, dass heute nicht der Herr Finanzminister hier ist, obwohl bezüglich der Aktuellen Stunde schon lange ausgemacht war, dass der Finanzminister kommt und dass er auch nicht zu diesem Sondergesetz, das mein Kollege Pisec zu Recht als „Enteignungsgesetz“ bezeichnet hat, hier Rede und Antwort steht, also zu einem Gesetz, das sein Ministerium verbrochen hat. (Bundesrat Schennach: Sie müssen schon auf die andere Seite schauen!)

Das ist jetzt nichts gegen Sie persönlich, Frau Staatssekretärin, aber trotzdem würde ich meinen: Wir brauchen uns gar nicht über die Wertigkeit des Bundesrates zu unter­halten und darüber, welche Kompetenzen wir noch brauchen, damit wir nach außen hin besser wahrgenommen werden, wenn Ihre eigenen Minister trotz Termin­verein­barung nicht in den Bundesrat kommen. Minister Spindelegger wusste ja, wann die heutige Sitzung stattfindet. Dann wirft das einfach ein schlechtes Licht auf Sie als Partei, aber auch auf uns alle als Bundesrat. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Mayer.) – Ein Enteignungsgesetz kann man nicht anders bezeichnen. (Bundesrat Kneifel: Es gibt schon Parlamentarische Staatssekretäre, die in der Lage sind, Bundesminister zu vertreten!)

Aber bei so wichtigen Angelegenheiten würde ich doch meinen, dass es der Finanz­minister, der dieses Gesetz zu verantworten hat, auch politisch wagen kann, hier


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herzukommen und dieses Gesetz mit uns auch als zweiter Kammer, als Länder­kammer zu diskutieren. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie beschließen nämlich heute ein Gesetz – mehrheitlich wohlgemerkt –, zu dem Ihnen die Experten, schon bevor die Beschlussfassung im Nationalrat erfolgt ist, ausgerichtet haben, dass da eine Klagswelle auf Österreich zuzurollen droht. Unter anderem hat der Verfassungsexperte Heinz Mayer, der Ihnen ja nicht unbekannt sein dürfte, in einem ORF-Interview Folgendes gesagt: 

„Jeder Jurist, der seine Lektionen halbwegs gelernt hat, muss wissen, dass das“ – dieses Gesetz – „eine extreme Gratwanderung ist – wahrscheinlich mit tödlichem Ausgang.“

Die „Frankfurter Rundschau“, die sich auch mit diesem Thema beschäftigt hat, hat am 14. Juni 2014 geschrieben, dass „Finanzmarktexperten außerdem einen gefährlichen Glaubwürdigkeitsverlust für Österreich als Schuldner befürchten“.

Da heißt es:

„Vor allem Landeshaftungen würde in Zukunft wohl kaum ein Anleger mehr ernst nehmen, wenn diese jederzeit per Sondergesetz für null und nichtig erklärt werden können. Tatsächlich hat die US-Ratingagentur Standard & Poor’s bereits den Ausblick für vier österreichische Bundesländer auf ,negativ’ gesetzt und droht ihnen mit einer schlechteren Bonitätsnote.“

Ich darf weiter aus der „Frankfurter Rundschau“ zitieren:

„Und selbst der mächtige Raiffeisensektor, auf das Engste mit der konservativen Regierungspartei ÖVP verbunden, spart nicht mit Kritik am schwarzen Vizekanzler und Finanzminister. Von einem ,verfassungs- und EU-rechtswidrigen Enteignungsgesetz’ spricht etwa“ Andreas „Brandstetter, Chef der zu Raiffeisen gehörenden Uniqa-Versicherung, und kündigt“ auch entsprechende Schritte an.

35 Millionen hat die Uniqa in die Hypo-Anleihen gesteckt. Und da sagt er – auch das ist interessant, dass das einmal nicht die Oppositionsparteien sagen, sondern in dem Fall die Uniqa –:

„Geld von rund 1,1 Millionen Versicherten, das zur Deckung ihrer Lebensver­siche­rungen in die dank Landeshaftung vermeintlich sicheren Hypo-Papiere investiert wurde.“

„Die Regierung“ – also Sie und Sie (auf ÖVP und SPÖ weisend) – „enteignet damit nicht etwa … (Bundesrat Kneifel: Wir sind nicht die Regierung!)

Ihr seid die Vertreter der Regierungsparteien. (Bundesrat Kneifel: Wir sind nicht die Regierung! Legislative und Exekutive auseinanderhalten!) – Aber ihr seid die Vertreter der Regierungsparteien. Wollt ihr da jetzt vielleicht Kindesweglegung betreiben und so tun, als ob ihr mit der Regierung rein gar nichts zu tun hättet? (Zwischenrufe bei SPÖ, ÖVP und FPÖ.) Wenn Sie das wollen, dann zeigen Sie doch einmal Mut und machen einen Einspruch! Dann seien Sie mutig und gehen heute bei dem Antrag von meiner Kollegin Michalke beim Energieeffizienzgesetz mit! Dann seid mutig, wenn ihr mit der Regierung ja eh gar nichts zu tun habt! (Bundesrat Kneifel: Wir stehen auf dem Boden der Verfassung!) Das Gegenteil ist der Fall, aber es kommt halt darauf an, wenn es unangenehm wird, dann wollen wir sie nicht und ansonsten finden wir sie eigentlich ganz gut. (Beifall bei der FPÖ.)

Brandstetter sagt:


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„Die Regierung enteignet damit nicht etwa Finanzspekulanten, sondern hunderttau­sende Österreicher, die somit doppelt bestraft werden: als Steuerzahler“ – der dafür zu blechen hat – „und als Versicherungsnehmer“.

„Dieses Gesetz verdient den Kafka-Preis für Surrealismus.“

Sehr interessante Wortmeldung, muss ich sagen. (Beifall bei der FPÖ.)

Da entsteht ein Schaden, den Sie ja angeblich abwenden wollten, als wir uns darüber unterhalten haben. Es gibt ja auch viele Experten, die dafür waren, die Hypo in Insolvenz zu schicken. (Bundesrat Kneifel: Wer hat die Hypo in den Graben gefahren?) Da gab es viele Experten, die das durchaus richtig gefunden hätten.

Und Sie sind ja allen Aufrufen, auch der Opposition – wir sind nicht die einzige Oppositionspartei, die einer Insolvenz das Wort geredet hätte –, nicht gefolgt. Der Schaden kommt jetzt aber auf Sie zu. Die 890 Millionen €, die Sie sich von den nachrangigen Anleihen nehmen, machen das Kraut nicht fett. Das kann ich Ihnen sagen. Diese Gläubiger haben nach Ihrem Dafürhalten einfach Pech gehabt, denn für die 17 Milliarden €, die jetzt in die Bad Bank hineinfließen, muss ja der Steuerzahler geradestehen.

Ihr Finanzminister hat gesagt: Wir haben ja eh geschaut, dass wir das möglichst mini­mieren. – Also minimiert hat man da nur sehr wenig. Im Falle einer Pleite hat man Ihnen ja vorgerechnet – auch damals haben Ihnen die Experten das schon vorgerech­net –, es würde in etwa 10 Milliarden € kosten.

Die Zahlen sind ein bisschen auseinandergegangen, die einen haben 12 Milliarden gesagt, die anderen haben 10 Milliarden gesagt, wie das oft bei solchen Einschät­zungen ist, aber das wäre immer noch billiger gewesen.

Dass das Bundesland Kärnten komplett pleitegegangen wäre, das bezweifeln nicht nur wir, sondern auch Experten. Das ist bei jedem Konkurs so, abgesehen davon, dass es keine ordentliche Bundeskonkursordnung gibt; es ist aber für die Gemeinden sehr wohl geregelt, dass sie ihren öffentlichen Aufgaben natürlich nachkommen müssen. Das heißt, Kärnten wäre ja davon nicht betroffen gewesen. Es wäre nicht so gewesen, dass Kärnten zugesperrt hätte und von der Landkarte verschwunden wäre. Das wäre nicht geschehen, aber man hätte das wesentlich besser, mit mehr Anstand, und auch steuerschonender für den Steuerzahler machen können. Aber das wollten Sie ja überhaupt nicht machen. Ich weiß nicht warum. Es ist mir wirklich ein Rätsel, warum man nicht gerade diese Lösung genommen hat, sondern sich für die teuerste Lösung entschieden hat.

Wenn man über die Hypo redet: Die Haftungen, die übernommen worden sind – natür­lich waren die fast 25 Milliarden €, die da eingegangen worden sind, nicht in Ordnung. Darüber brauchen wir gar nicht zu reden. Auch wir haben aber immer gesagt: Untersuchen wir das doch! Schauen wir uns doch an, was da tatsächlich geschehen ist!

Wer war ewig dagegen, dass ein Untersuchungsausschuss kommt? – Es war ja nicht die FPÖ die einzige Oppositionspartei, die einen Untersuchungsausschuss wollte. Alle Oppositionsparteien haben in 23 Anträgen im Nationalrat verlangt, dass ein Unter­suchungsausschuss eingesetzt wird, und 23 Mal ist das von den Regierungsparteien abgelehnt worden.

Warum eigentlich? – Wenn Sie sich doch ohnehin so sicher sind, dass die FPÖ beziehungsweise das BZÖ für diesen ganzen Schlamassel verantwortlich sind, dann hätte es doch für Sie Weihnachten, Ostern und Geburtstag in einem sein müssen, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, in dem Sie nachweisen können, dass die


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FPÖ und das BZÖ alleine daran schuld sind. Das wäre doch ein Feiertag für Sie gewesen.

Wenn Sie so permanent nicht zustimmen, dann stellt sich einem die Frage, ob man will oder nicht: Warum nicht? Welche Interessen vertreten die Regierungsparteien? Wen versuchen Sie zu schützen? Was könnte noch unter der Decke sein, von dem wir gar nichts wissen, und dass Sie den Deckel darauf halten und sagen: Da wollen wir nicht, dass das an die Öffentlichkeit kommt?! Also da können Sie sich schon auch an der eigenen Nase nehmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Noch einmal zu den Haftungen. Okay, die Kärntner Haftungen, die sind aus Übermut, Protzsucht, was weiß ich, entstanden, aber ich möchte Sie schon daran erinnern, sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP und von der SPÖ, dass auch andere Bundesländer Haftungen für ihre Hypo-Banken übernommen haben, die auch nicht so ohne sind. (Bundesrat Schreuder: Niederösterreich!) Die Bundesländer haften mit 50 Milliarden, nach einem neuen Bericht sind es sogar 60 Milliarden. Aber wollen wir uns jetzt nicht auf Zahlenspiele einlassen, 50 Milliarden sind schon genug. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Bundesräten Jenewein und Perhab.)

Da ist jetzt Kärnten dabei, aber auch Tirol und Vorarlberg, wo die jeweiligen Haftungen für die Landesbanken die Jahreseinnahmen bei Weitem übersteigen. Da steht zum Beispiel:

„Würde beispielsweise die Vorarlberger Hypo ein ,Kärnten-Problem‘ bekommen, wären im Ländle die Einnahmen von vier Jahren weg.“ – So heißt es im Staats­schul­den­bericht. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.)

Wien haftet immer noch für die Verbindlichkeiten der Bank Austria. Wien haftet mit 8,6 Milliarden für die Bank Austria. Und da reden wir jetzt noch gar nicht von der AVZ-Stiftung, die dann in eine Privatstiftung umgewandelt worden ist, mit einer Vermögens­vernichtung von 1,7 Milliarden, die da drinnen waren, jetzt auf 28 Millionen geschrumpft sind, wo man also mit dem Geld und mit Spekulationen auch sehr locker umgegangen ist. Das kommt noch dazu.

Dazu hat Wien noch einen Schuldenstand von 4,6 Milliarden €, und auch da ist man nicht so weit, dass man sagt: Wir wollen die Schulden abbauen. – Nein, die Stadträtin für Finanzen, Frau Brauner, hat gesagt, nein, sie will noch mehr Schulden machen. Sie findet das völlig in Ordnung. Also zu den 4,6 Milliarden kommt noch einiges dazu – das ist schon interessant –, das sollten Sie nicht vergessen.

Das sind jetzt nur die Haftungen für die Banken. Es kommen noch andere Haftungen dazu. Salzburg hat beispielsweise keine Bankenhaftungen, aber Salzburg kommt für andere Haftungen mit 1,5 Milliarden auf und hat übrigens noch immer den Finanz­skandal am Hals, der noch nicht aufgearbeitet ist. Oberösterreich hat 10,3 Milliarden, Niederösterreich hat 12,8 Milliarden, die Steiermark hat fast 4,8 Milliarden. (Bundesrat Perhab: 5 Milliarden …!) – Das alles habe ich mir nicht aus der Nase gezogen. Das steht im Staatsschuldenbericht.

Ich kann Ihnen nur eines sagen: Ja, wir sind an der Aufklärung der Hypo-Causa höchst interessiert, aber lassen wir doch die Kirche im Dorf. Kehren Sie einmal vor Ihrer eigenen Türe! Schauen Sie sich einmal Ihre Haftungen an, wie es damit ist! Ich finde das vom Argument her interessant, denn auch die Kärntner Landeshaftungen wären nur schlagend geworden – die übrigens SPÖ und ÖVP mitbeschlossen haben; auch das wollen wir nicht vergessen, auch wenn Sie immer behaupten, das wäre nicht so gewesen –, die wären ja nur schlagend geworden, wenn die Hypo wirklich pleite gegangen wäre.


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Aber Sie haben das ja sowieso mit Ihrer Notverstaatlichung ohne Not verhindert. Heute steht in der „Zeit“, dass jetzt auf schweren Betrugsverdacht untersucht wird, weil nämlich die Münchner die Wiener angelogen haben, weil sie gewusst haben, sie wollen die Hypo eigentlich wieder loswerden. Sonst hätten sie ja das Geld, damals 900 Mil­lionen €, nicht bekommen, wenn Österreich gewusst hätte, dass sie das eigentlich abstoßen wollen. – Also da ist auch nicht alles im Reinen.

Die Notverstaatlichung war nach unserem Dafürhalten einfach ohne Not. Das müssen Sie jetzt einmal mit sich selber ausmachen. Erklären Sie dem Steuerzahler, warum er für Ihre Fehlentscheidungen zahlen muss (Zwischenruf des Bundesrates Perhab – Bundesrat Jenewein: Der meldet sich noch zu Wort! Keine Sorge!), aber sonst interessanterweise: Bei der EFSF und beim ESM haben Sie uns doch immer erklärt, wenn wir gesagt haben, Wahnsinn, wie viele Milliarden an Haftungen es überhaupt gesamt gibt, wie viele Milliarden Österreich schon hineingezahlt hat, mit wie viel wir noch haften, da haben Sie immer die Beruhigungspillen an die Opposition ausgeteilt und haben gesagt: Das wird ja nur schlagend, wenn irgendetwas passiert.

Das wäre bei Kärnten auch der Fall gewesen. Da messen Sie mit zweierlei Maß. Auch da ist es so: Wie es Ihnen gerade passt, nehmen Sie das eine Argument aus der einen Tasche, und wenn es gerade nicht passt, kommt ein anderes Argument aus der anderen Tasche.

Sie spielen hier ja auch nicht mit offenen Karten. Darum sage ich Ihnen: Stimmen Sie jetzt endlich einmal einem Untersuchungsausschuss zu! Das wäre nämlich jetzt wirklich einmal eine Ansage, wo auch Sie sagen: Ja, wir sind um Aufklärung, was alles betrifft, bemüht.

Ich darf noch einen Einspruchsantrag einbringen, den wir heute zum Hypo-Gesetz quasi als verschärftes Instrument nutzen. Er ist schriftlich eingebracht, aber ich muss ihn hier am Rednerpult vorlesen und darf dies hiemit tun. Das ist ein Antrag, dass der Bundesrat beschließen möge, gegen den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 mit folgender Begründung Einspruch zu erheben: 

„Das Gesetz ist nach Meinung der meisten führenden Verfassungsexperten bis hin zum Berater des Bundespräsidenten, dem früheren Vorsitzenden des Verfassungs­gerichtshofes, Dr. Ludwig Adamovich, verfassungswidrig. Der Bundespräsident hat aus diesem Grund bereits in Aussicht gestellt, seine Unterschrift wegen offensichtlicher Verfassungswidrigkeit zu verweigern.

Insbesondere die Eingriffe in das Eigentumsrecht in Gestalt der Streichung der Forderungen …“ (Staatssekretärin Steßl spricht mit dem Präsidium.) – Frau Staats­sekretärin, Sie dürfen sich dann ohnehin noch zu Wort melden. 

„Insbesondere die Eingriffe in das Eigentumsrecht in Gestalt der Streichung der Forde­rungen der Nachranggläubiger entsprechen einer Enteignung und widersprechen daher dem Staatsgrundgesetz, der Menschenrechtskonvention und der Europäischen Grundrechtscharta, wenn nicht ein ausreichendes öffentliches Interesse daran besteht.

Dieses öffentliche Interesse aber ist aufgrund vorhandener Alternativen, die für die Öffentlichkeit sogar vorteilhafter als die gegenständliche Lösung wären – zum Beispiel Insolvenz –, offenkundig nicht gegeben, sodass davon auszugehen ist, dass im Fall einer anzunehmenden Anfechtung das gegenständliche Gesetz aufgehoben werden wird.

Da zum Zeitpunkt der zu erwartenden Aufhebung aber der Schaden – Experten sprechen von 1,5 Milliarden € an Zinskosten alleine für österreichische Banken pro Jahr –, der durch die Erschütterung des Vertrauens der Anleger in die Bereitschaft der Republik Österreich, eingegangene Verpflichtungen einzuhalten, durch den gesetz-


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lichen Schuldenschnitt bereits eingetreten sein wird, erscheint es geboten, diesen Schaden durch Einspruch des Bundesrates von Österreich abzuwenden.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

12.21


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Der von den Bundesräten Mühlwerth, Kolle­ginnen und Kollegen eingebrachte Antrag gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates mit der beigegebenen Begrün­dung Einspruch zu erheben, ist genügend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Poglitsch. – Bitte.

 


12.21.42

Bundesrat Christian Poglitsch (ÖVP, Kärnten): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Ja, ich habe heute schon einmal den Mut ange­sprochen: dass die Politik Mut braucht und dass die Regierung Mut braucht, um die Zukunft in diesem Land gestalten zu können. Dieses Gesetz zeigt, dass es Mut gibt, nicht nur im Parlament, sondern auch in der Regierung, dass dieses Gesetz gestaltet worden ist, um – und das sage ich hier ganz offen – den Steuerzahler in Österreich zu schützen! Das war der wesentliche Punkt, warum man sich hier den Mut genommen hat, ein solches Gesetz zu gestalten.

Frau Mühlwerth, ich muss Ihnen schon eines sagen: Wenn Sie heute hergehen und die anderen Bundesländer mit Haftungen nennen, die sie für ihre diversen Landesbanken auch ausgegeben haben, dann haben Sie vollkommen recht – nur mit einem einzigen Unterschied: Kärnten hat 24 Milliarden € an Haftungen bei 2,2 Milliarden € an Einnahmen gehabt. Das ist mehr als das Zehnfache! Das heißt ganz einfach, wenn ich das als Betrieb machen würde, dass ich solche Haftungen übernähme, dass ich sage, ich hätte 1 Million € an Umsatz und übernähme 10 Millionen € an Haftungen, dann bin ich konkursreif! (Bundesrätin Mühlwerth: Wien hat 122 Milliarden ...!)

Wenn Sie sich heute hier herstellen und in den Mund nehmen, dass man Kärnten ohne Weiteres hätte in Konkurs gehen lassen können – das wollen Sie in Wirklichkeit –, dann muss ich Sie schon fragen: Wissen Sie, welche ungeahnten Folgen das für Kärnten gehabt hätte? Erklären Sie den 580 000 Kärntnerinnen und Kärntnern (Zwi­schenrufe bei der FPÖ), dass sie alle Leistungen, die freiwillig sind, in einem Moment verloren hätten? – Das ist eine Unverschämtheit, wie Sie hier gegenüber Kärnten vorgehen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Bundesrätin Mühlwerth: Das stimmt ja nicht!)

Es ist auch unglaublich, was für eine Kindesweglegung die Freiheitliche Partei hier betreibt. Ich darf euch nur daran erinnern, dass euer Bundesparteiobmann am 21. März 2006 eine OTS-Meldung herausgegeben hat – ich hoffe, ihr kennt diese Meldung –: Haider ist voll und ganz verantwortlich für die Schwierigkeiten bei der Hypo. – Da waren die ersten Schwierigkeiten absehbar, als die Swap-Verluste gekom­men sind. (Bundesrätin Mühlwerth: Warum stimmt ihr dann einem Untersuchungs­ausschuss nicht zu?)

Gehen wir ein bisschen in die Vergangenheit: Reden wir einmal über die, die das angezündet haben! Reden wir einmal über die Brandstifter, warum wir heute so ein Malheur mit der Hypo haben und so ein Gesetz brauchen. Das ist alles damals entstanden, weil ein Landeshauptmann in Kärnten gemeint hat (Bundesrätin Mühlwerth: Nein, das ist 2009 entstanden!), die Hypo ist sein Eigentum – das hat er


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gemeint – und er kann mit ihr alles finanzieren. (Bundesrat Jenewein: Wer war der Eigentümervertreter?) – Lassen Sie mich ausreden! Sie können nachher reden, wenn Sie am Rednerpult sind. (Bundesrat Jenewein: Der Einzige, der bis jetzt verurteilt ist ...!)

Die 500-Millionen-Wandelschuldverschreibung, reden wir einmal über die! Wer hat denn die in Kärnten beschlossen? – Wir waren damals nicht dabei bei den 500 Mil­lionen. Das war ein Vorgriff auf den Börsegang der Hypo, das muss man auch einmal in diesem Saal sagen. Dieses Geld ist direkt in das Landesbudget gekommen. (Bun­desrat Jenewein: Ihr habt profitiert!) Ich kann mich erinnern: „Kärnten ist reich“, hat der Landeshauptmann damals plakatieren lassen. (Bundesrat Jenewein: Der Strasser hat verkauft! Ihr habt profitiert davon!) Dann sind die Swap-Verluste aufgeflogen, die schon zwei Jahre vorher passiert sind, über 300 Millionen €, und auf einmal war die Hypo nicht mehr börsenfit.

Jetzt hat man ein riesiges Problem in Kärnten in der Landesregierung gehabt: Wie kommen wir zu den 500 Millionen, die wir brauchen, um 2008 diese Wandel­schuld­verschreibung zu tilgen? – Dann ist man auf die Idee gekommen, weil es sich vorne und hinten nicht mehr ausgegangen ist: Die Bank wird verkauft. An sich ja nichts Schlechtes, aber ein Riesenfehler geschieht beim Verkauf: Man kann eine Bank schon verkaufen, aber nicht die Haftungen beim Land lassen! Das ist der schlagende Moment: Diese Haftungen sind beim Land geblieben! (Ruf bei der ÖVP: Genau!) Die Bayern haben sich dann ganz ... (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Dann kommen wir ein bisschen weiter, und dann muss man einmal auf die Not­verstaatlichung kommen. Ihr redet immer davon, dass das alles falsch gemacht worden ist. Aber was hätte denn die Regierung machen sollen? – Die Bayern haben einen gewaltigen Joker in der Hand gehabt, nämlich die 24 Milliarden an Haftungen des Landes Kärnten – und die wären schlagend geworden, wenn die Bank als Aktien­gesellschaft in Konkurs gegangen wäre! (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Die wären schlagend geworden, und Kärnten wäre über Nacht pleite gewesen. Diese Bundes­regierung hat sich schützend vor das Land Kärnten gestellt und hat hier eine Notverstaatlichung durchgezogen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Die Bundesregierung hat da eine Notverstaatlichung durchgezogen und das Land Kärnten und die Bevölkerung geschützt. Heute hier herzugehen und denen, die als Feuerwehr agiert haben, die versucht haben, diesen Riesenbrand zu löschen, der da entstanden ist über dem Land Kärnten, hier mehr oder weniger das Vertrauen wegzu­nehmen und zu sagen, ihr habt das falsch gemacht, lieber Herr Pröll und Finanz­minister und wer alles dabei war – die haben in gutem Glauben für das Land Kärnten und für die Republik das Beste machen wollen, und das haben sie auch gemacht! (Bundesrat Jenewein: Vor allem das Beste für Raiffeisen ...! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Jetzt in der Abwicklung wart ihr immer die Ersten – und auch die Grünen –, die gesagt haben: Man muss eine Bad Bank machen, man muss das ordentlich abwickeln und, und, und. Jetzt wird durch dieses Gesetz das Ganze ermöglicht, und es passt euch wieder nicht! Also da muss ich schon fragen: Was wollt ihr denn? (Bundesrätin Mühlwerth: Einen Untersuchungsausschuss!)

Heute ist hier ein Satz gefallen, der es mir ganz kalt über den Rücken laufen lässt, einen Schauer: Die Insolvenz des Landes Kärnten und die Insolvenz der Hypo wäre gerade recht. – Bitte, lieber Gerhard Dörfler, erkläre du den Kärntnerinnen und Kärnt­nern (Bundesrat Dörfler: Das werde ich erklären ...!), dass ihr das Land in den Konkurs schicken wollt! (Bundesrat Dörfler: ... dann werdet ihr schlecht schlafen!)


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Ja, und weil ihr auch die Rating-Agentur angesprochen habt: Liebe Freunde, es hat gerade ein Rating gegeben, und wir haben ausgezeichnete positive Aussichten für Österreich! Wir haben bei den Anleihen einen niedrigen Zinssatz, den wir noch nie gehabt haben. Die Rating-Agenturen verstehen es, dass das eine absolute Sonder­maßnahme zum Schutze der Steuerzahler ist! (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Das ist für uns eindeutig die beste Lösung. Mit diesem Gesetz wurde Mut bewiesen. Ich gratuliere der Regierung dazu und gratuliere dem Parlament, dass sie es beschlos­sen haben. Wir von der ÖVP werden dieses Gesetz heute selbstverständlich auch mittragen: im Sinne der Steuerzahler in Österreich, im Sinne des Landes Kärnten, dass man heute und auch in Zukunft in Kärnten ruhig schlafen kann und dass wir nicht ein Pleitekandidat sind, so wie ihr es wollt. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.27


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schreuder. Ich erteile ihm dieses.

 


12.27.56

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Danke, Frau Präsidentin – heute die zweite neue Präsidentin, die uns ans Redepult holt, das finde ich sehr schön! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Leider ist nach der Aktuellen Stunde jetzt auch diese Debatte wieder ausgeartet in eine Schuldzuweisungsfrage auf einer rein parteipolitischen Ebene, was ich sehr bedauerlich finde, weil es hier schon um eine ganz grundsätzliche Frage geht, die sich nicht nur in Österreich, sondern weltweit stellt.

Vor allem nach den Erfahrungen mit der Pleite der Lehman Brothers – das gab es natürlich im 19. Jahrhundert auch schon, da war es übrigens eine österreichische Bank, die damals, in den 1870er Jahren, für eine Weltwirtschaftskrise sorgte – ist es natürlich eine Frage: Wie geht man mit Pleitebanken um? Wie geht man mit Banken um, die de facto in Insolvenz sind? Wer haftet wofür? Und wer soll dafür zahlen?

Gleich 2008, als die Krise ausgebrochen ist, gab es ja weltweit Demonstrationen, wo Leute zu Recht gesagt haben: Wir zahlen nicht für eure Krise! – Ich finde diesen Satz eigentlich immer noch ganz gut, denn „die Krise“, das wird ja immer so gesagt, als ob alle an dieser Krise Beteiligten irgendwie schuld wären. Aber es war eine Krise der Finanzindustrie, und es ist nach wie vor eine ungelöste Krise der Finanzindustrie!

Es ist keine Wirtschaftskrise, es ist keine Staatskrise. Es ist nach wie vor eine Finanz­industriekrise, die natürlich derart verwoben ist mit Staatsfinanzen, mit all dem, was wir kennen, mit der Realwirtschaft, die wiederum von den Krediten abhängig ist. Das ist natürlich ... (Bundesrat Kneifel: Eine Schuldenkrise!) Nein, das ist keine Schuldenkrise allein. Es ist keine Schuldenkrise allein!

In der Frage der Hypo Alpe-Adria stellte sich ganz einfach und tatsächlich sehr intensiv die Frage: Retten oder pleitegehen lassen? – Das waren im Grunde die zwei Hauptoptionen, die zur Verfügung standen. Eines stimmt nicht, Herr Kollege Poglitsch: Es wurde nicht Kärnten gerettet mit diesem Gesetz, und es wird nicht Kärnten gerettet mit diesem Gesetz, so wie auch Griechenland nie gerettet wurde mit irgendwelchen Hilfsmaßnahmen, sondern immer nur die Investoren, die Geld investiert hatten und drohten, dieses viele Geld zu verlieren. (Bundesrat Poglitsch: Die Steuerzahler wurden gerettet!) Die wurden gerettet! Und wir retten hier vor allem Gläubiger! Bei einer Insolvenz hätten die Gläubiger das zahlen müssen, so wie bei jeder Insolvenz die Gläubiger zahlen müssen.

Zu Recht ist natürlich die Frage zu stellen: Wie gehen wir mit den Landeshaftungen Kärntens um? – Dass diese Landeshaftungen in einer Zeit entstanden sind, als


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Kärnten auch dachte, diese Bank gehört quasi ihnen, das ist so eine Haus- und Hof­bank der Landesregierung unter Jörg Haider – so war ja diese Stimmung –, als Abermilliarden investiert wurden in irgendwelche mafiotischen Strukturen und irgend­welche mafiotischen Wirtschaftsbetriebe am Balkan. Das muss hier auch ganz klar festgehalten werden: dass da der Ursprung der Probleme zu finden ist und dass wir jetzt am Ende des Tages rund um die Hypo Alpe-Adria eines der größten Verbrechen in dieser Republik an den Steuerzahlern und Steuerzahlerinnen haben!

Eine Landeshaftung, die zehnmal das Landesbudget übertrifft, ist natürlich tatsächlich ein Irrsinn, der abgestellt werden muss. Aber vollkommen zu Recht hat Frau Kollegin Mühlwerth – und da hat sie recht – auch auf die anderen Landeshaftungen hinge­wiesen, und tatsächlich stellt sich die Frage: Was tust du wirklich bei einer Bank, einer Landesbank, wenn diese hohen Landeshaftungen da sind, wenn die insolvent wird? – Dann kann ja gar keine Landesbank mehr in Insolvenz gehen, weil immer irgendwo ein Land haftet!

Es gab von den Grünen schon sehr oft den Vorschlag, so wie es das bei den Gemein­den auch gibt: Es ist vollkommen richtig – das muss man vor allem hier in der Länderkammer einmal ganz laut und deutlich sagen –, wir brauchen ein Insolvenzrecht für Bundesländer! Wir können Bundesländer nicht im Stich lassen, das ist das Wesent­liche daran.

Aber eines kann ich euch garantieren – das ist auch an Sie gerichtet, Herr Kollege Poglitsch –: Die Steuerzahler und Steuerzahlerinnen wären sofort solidarisch gewesen und hätten diese Summen, die wir heute beschließen und die der Steuerzahler für die Investoren zur Verfügung stellt, sicher viel lieber zur Bezahlung ausgegeben, von den Kindergartenpädagogen angefangen über die Krankenhausangestellten bis hin zum Land Kärnten. Da wäre Österreich solidarisch gewesen, davon bin ich hundert­pro­zentig überzeugt. Niemand hätte das Land Kärnten allein gelassen, würde es ein vernünftiges Insolvenzrecht für Bundesländer geben – so wie es das übrigens für Gemeinden sehr wohl gibt.

Was wir heute beschließen, ist eine typisch österreichische Lösung. Die zwei Lösun­gen, die es gibt, sind ja immer: pleitegehen lassen, oder der Steuerzahler und die Steuerzahlerin zahlt. Jetzt nimmt man ein bisschen die Gläubiger mit hinein, und der Steuerzahler und die Steuerzahlerin zahlen trotzdem das meiste.

Warum ist das trotzdem eine falsche Lösung? – Weil dieses Gesetz in den nächsten, ich schätze einmal, zehn Jahren, wenn es nicht fünfzehn Jahre sind, sofern es der VfGH nicht schon vorher aufhebt, eine derartige Flut an Klagen zur Folge haben wird, dass die Sicherheit, ob das überhaupt hält, was wir heute beschließen, im nächsten Jahrzehnt vermutlich nicht garantiert ist. Es ist nicht garantiert, dass das dort, wo die Gläubiger jetzt doch zur Kasse gebeten werden – immerhin werden sie bis zu einem gewissen Grad auch zur Kasse gebeten –, halten wird. Dann kann es durchaus passieren – und das ist leider sogar sehr wahrscheinlich –, dass erst recht der Steuerzahler und die Steuerzahlerin wieder einspringen müssen.

Eines muss man auch sagen: Die Insolvenzfrage, ob man die Hypo Alpe-Adria nicht wirklich in die Pleite schickt, ist de facto verschleppt worden und nie wirklich behandelt worden von all den Finanzministern und -ministerinnen, die wir jetzt hatten. Man kann vielleicht Spindelegger noch zugutehalten, dass jetzt wenigstens etwas passiert. Auf der anderen Seite war er vorher auch Vizekanzler und hatte er nicht gerade einen verantwortungslosen Job, sage ich einmal, in der Zeit, in der man etwas hätte tun können.

Dieses Gesetz wird also die Gerichte beschäftigen. Die Steuerzahler und Steuerzah­lerinnen werden – eigentlich absurderweise – mit diesem Gesetz keine Rechtssicher-


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heit haben, dass auch die Gläubiger überhaupt einen Beitrag leisten. Das Ganze ist aus unserer Sicht der falsche Weg, wir hätten die Insolvenz gewählt. Wir werden diesem Gesetz daher keine Zustimmung geben können. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und FPÖ.)

12.35


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Schennach. Ich erteile es ihm.

 


12.35.20

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Frau Staatssekretärin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Lieber Marco Schreuder, wenn man so etwas aufarbeitet, dann muss man einfach an die Wurzeln zurückgehen und auch den Ursachen auf den Grund gehen. Ich finde es ja ... (Bundesrat Schreuder: Habe ich ja getan!) Ja, ja, ich rede auch jetzt, weil du gesagt hast, was wir hier versäumen.

Aber, liebe Monika Mühlwerth, ich finde es einfach eine Chuzpe, wie die FPÖ – egal, ob sie einmal ein bisschen orange eingefärbt war oder tiefes Blau hat – in dieser Sache die Verantwortung über den größten Finanzskandal dieser Republik einfach abstreift und leugnet! (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Aber es ist ja klar: Wenn etwas aus einem Größenwahn heraus passiert ist (Bundesrat Jenewein: Die Notverstaatlichung, da haben Sie recht! Die Notverstaatlichung war ein Skandal!), aus einem Größenwahn der freiheitlichen Verantwortung passiert ist (Bundesrat Jenewein: Da war Pröll ...!), dann ist die Erkenntnis natürlich sehr schwer zu erlangen.

An eines müssen wir einfach erinnern: Was wir hier als den Hypo-Skandal haben, ist, dass eine Bank von einem Landeshauptmann praktisch als Privatbank zur Verwirk­lichung seiner wahnsinnigen Projekte missbraucht wurde! Da Haider ja immer gerne in der ersten Reihe gesessen ist: Im Hypo-Prozess wäre er mit Sicherheit, aber im Gericht, in der ersten Reihe gesessen! Und wäre er heute nicht tot, würde er wahr­schein­lich mit Herrn Kulterer die Zelle teilen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Man muss sich das einmal vorstellen – und deshalb möchte ich auch ganz kurz auf Marco Schreuder eingehen –: Landeshaftung ist nicht Landeshaftung. Im Falle von Kärnten ist das eine freiwillige Landeshaftung. Im Falle zum Beispiel der Stadt Wien ist das nach dem Sparkassengesetz! (Ironische Heiterkeit des Bundesrates Jenewein.) Lachen Sie nicht so blöd! Erkundigen Sie sich: Der Verkauf der AVZ ist nach dem Sparkassengesetz. (Bundesrat Jenewein: ... in Wien verspekuliert!) Was Sie können, ist immer nur grölen, und das sind eben die Kenntnisse der FPÖ. (Bundesrat Jenewein: 1,7 Milliarden haben Sie verspekuliert! Die SPÖ Wien!) Sie haben in Kärnten gegrölt, und deshalb muss jetzt ein ganzes Land an diesem Milliardendesaster beteiligt sein. (Bundesrat Jenewein: Ihre SPÖ war das!)

Nein, die AVZ-Haftung ist nach dem Sparkassengesetz! (Bundesrat Jenewein: 1,7 Milliar­den verspekulieren ...!) Wenn man bedenkt, dass ein Land mit einem Zwei-Milliarden-Budget Finanzschulden von 1,4 Milliarden hat, dann wissen Sie, was es für die Reformregierung von heute bedeutet, dieses Desaster freiheitlich-BZÖlerischer Regierungsverantwortung aufzuarbeiten!

Was Sie heute hier unter dem großen – wie haben Sie gesagt? – Diebstahl … (Bundesrätin Mühlwerth: Nein, Enteignung!) – Hier geht es um nachrangige Anleihen! Es geht hier um Anleihen von 890 Millionen €. Und das ist ein absoluter Sonderfall.

Wenn Sie nur einmal für 5 Groschen Ihre ganzen Ganglien zusammenhalten: Hätte man 2009, am Höhepunkt der Krise in der Welt, hätte man da eine Bank, die nicht in Österreich Systembank ist, aber in den umliegenden Ländern und dadurch für die


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wichtigen Wirtschaftsbeziehungen Österreichs zu Kroatien, Serbien, Slowenien und Italien, hätte man eine solche Bank in den Konkurs schicken können? Mit 23,7 Milliar­den € an Landeshaftung bei einem Budget von 2 Milliarden €? – Das ist das Zehnfache des Budgets, das das Land Kärnten im Jahr hat! So eine Misswirtschaft muss man sich einmal vorstellen. (Bundesrat Jenewein: Bei 122 Milliarden an Haftungen der Stadt Wien!) So eine Misswirtschaft muss man sich einmal vorstellen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Was der blauen Seite völlig schnurzegal ist: Hätte man damals 7 000 bis 8 000 Mit­arbeiter und Mitarbeiterinnen der Hypo einfach in die Arbeitslosigkeit schicken sollen? – Ihnen ist das ja egal. Ihr Zynismus gegenüber den Menschen spricht ohnedies Bände. (Abg. Jenewein: Und wieso gewinnen wir dann alle Wahlen – und ihr verliert alle!)

Wenn wir einmal diese ganze Misswirtschaft anschauen, diesen Despotismus, der auf Pump, mit Saus, Braus und Flops regiert (Abg. Jenewein: Denken wir nur an die „Konsum“-Pleite!), haben wir da nicht nur die Hypo Alpe-Adria – die ist ja nur die Spitze des Eisbergs –, sondern da haben wir auch das Wörthersee-Stadion, das im Größenwahn „Wir brauchen das schönste und größte EM-Stadion“ erbaut wurde. Bis heute zahlt der Steuerzahler dafür über 90 Millionen €. Dann gibt es auch ein paar größenwahnsinnige Projekte, die Gott sei Dank am Widerstand der Bevölkerung gescheitert sind, wie zum Beispiel die Seilbahn vom Stadion zur Ostbucht. Dann gibt es noch die Seebühne. Wie viel hat die Seebühne das Land gekostet? Sie ist ein absoluter Flop. Magna-Werk Klagenfurt. Was ist davon geblieben? Dass Herr Stronach jetzt privat – derzeit wird da wegen Korruption ermittelt (Abg. Michalke: Das Verfahren wurde eingestellt! – Abg. Jenewein: Informieren Sie sich!) – das Schloss Reifnitz besitzt. Das ist Tatsache.

Das Tibet-Zentrum in Hüttenberg, der Seenkauf, die Sonderanstalt auf der Saualm, die Styrian Spirit. Bei der kam die Pleite wenigstens nach einem Jahr. Das Land hat 3 Millionen € in eine marode Fluglinie gesteckt. (Abg. Jenewein: Skylink!) Der SK Austria Kärnten, ein Retortenklub, für den man sich damals von Oberösterreich die Lizenz gekauft hat. Die ganze Affäre um den Einstieg in die Formel 1 mit Patrick Friesacher. Das Nassfeld. (Abg. Dörfler: Wollt ihr uns das jetzt auch noch weg­nehmen? – Heiterkeit bei der FPÖ.) Was hat denn das Museum Moderner Kunst … Sie können lachen! Das ist die Bilanz der FPÖ-Regierung in Kärnten, ob sie einmal FPÖ oder dann wieder BZÖ geheißen hat.

Das Schlosshotel Velden, das Museum Moderner Kunst. Allein die Eremiten-Aus­stellung kostete das Land 1,6 Millionen €. Alles Flops! Und die Kärntner und Kärntnerinnen müssen dafür haften, deshalb ist das Land überschuldet, und gleich­zeitig wurde die Hypo gezwungen, das zu finanzieren, durch direkte Anrufe des Landeshauptmanns.

Ein Despot liebt es auch, in Fürstenmanier die Menschen antreten zu lassen. Ich erinnere nur an den Teuerungsausgleich, das Muttergeld. Am liebsten wurden die den Menschen persönlich ausgehändigt und die Menschen auch noch gedemütigt. Deshalb: Sie haben keine Achtung vor den Menschen! Man musste quasi vor dem Landeshauptmann hinknien, damit man Geld bekommen hat. (Abg. Jenewein: Und darum hat er dann auch die Wahlen gewonnen!)

Daher ist auch verständlich, dass man drei Jahre in diesem Bundesland keinen Rechnungsabschluss präsentiert hat. Gott sei Dank haben wir international aus dieser Krise gelernt. Einen fehlenden Rechnungsabschluss wie in Kärnten gibt es nicht mehr. Wir schreiben aber das Jahr 2009. Weder Deutschland noch Österreich hatten damals Erfahrungen, wie man eine Bank in dieser Krise abwickelt. Das Prozedere ist erst dann


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in der Folge entstanden. Heute reden wir natürlich mit weit mehr Kenntnissen davon. Deutschland hat eine Bank abgewickelt, und wir sind nun dabei, eine Bank, die durch Misswirtschaft einen Schaden von ungefähr 23 Milliarden € produziert hat, abzu­wickeln. 2009 hätte das jedoch eine Krise in Mitteleuropa angeheizt, hätte die Arbeitslosigkeit zum Explodieren gebracht. Und deshalb war es damals – und ich bin auch damals hier am Rednerpult gestanden – richtig, das Land Kärnten nicht in den Konkurs zu schicken, diese Bank zu retten und auch zu versuchen, stabilisierend nicht nur auf Kärnten, nicht nur auf die Nachbarländer, sondern insgesamt in der Krisenbewältigung stabilisierend auf die europäische Politik einzuwirken.

Jetzt haben wir den ESM, den die FPÖ fürchtet wie der Teufel das Weihwasser. Jetzt wissen wir, wie Banken abgewickelt werden können, ohne dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zum Handkuss kommen. Was nunmehr geschieht, und wofür die Österreicher und Österreicherinnen aufgefordert werden, auch einen Anteil beizu­tragen, dafür sollen sie die Rechnung an die FPÖ schicken, denn dort liegen der Grund und die Ursache. (Abg. Jenewein: Deshalb gewinnen wir alle Wahlen!)

Weil Sie Sand in die Augen streuen! Das werden wir noch sehen, ob Sie die Wahlen gewinnen werden, aber Ihnen gehört jedenfalls diese Rechnung präsentiert. Trotzdem werden wir dieser Reform zustimmen. Schöner wäre es gewesen, hätten wir das schon zwei Jahre früher gehabt. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Jenewein: Nach den nächsten Wahlen ist Schennach ohnehin nicht mehr Bundesrat!)

12.45


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Zelina. – Bitte.

 


12.46.08

Bundesrat Mag. Gerald Zelina (STRONACH, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Frau Staatssekretärin! Marktwirtschaft funktioniert so, dass Inves­toren für ihre Projekte Risiken eingehen und bei positivem Ausgang dafür mit einer risikoabhängigen überdurchschnittlichen Rendite auf ihr eingesetztes Kapital belohnt werden, aber bei negativem Projektausgang durch schmerzvollen Kapitalverlust bestraft werden. Durch die Wahrscheinlichkeit des Kapitalverlustes bei Misserfolg werden nur kalkulierbare Risiken eingegangen. Sobald ein Investor davon ausgehen kann, dass der Staat oder Steuerzahler bei negativem Ausgang eines Investitions­projektes seine Kapitalverluste übernimmt, steigen die eingegangenen Risiken ins Unermessliche und Unkalkulierbare. Die freie kapitalistische Marktwirtschaft und ihr selbstbereinigendes System, das sich ohne Staatseingriff wieder selbst ins Gleich­gewicht bringt, kann nur dann funktionieren, wenn Insolvenzen zugelassen werden und Investoren bei Misserfolg auch ihr eingesetztes Kapital verlieren.

Wir brauchen ein Bankeninsolvenzrecht und ein Insolvenzrecht für Gebietskörper­schaften. Jeder Investor muss wissen, dass er Haus und Hof, sein ganzes einge­setztes Kapital verliert, wenn er zu hohe Risiken eingeht. Jeder Bankeigentümer muss wissen, dass er seine Bank verliert, wenn er zu hohe Risiken eingeht. Jeder Anlei­hebesitzer muss wissen, dass er sein Geld verlieren kann, wenn er es Firmen mit extrem riskanten Geschäftsmodellen borgt. Jedes Bundesland muss wissen, dass es seine Finanzautonomie und Entscheidungsfreiheit verliert, wenn es zu hohe Haftungs­risiken und Schulden übernimmt. Jede Gemeinde muss wissen, dass sie ihre Ent­scheidungsfreiheit verliert, wenn sie zu hohe Haftungsrisiken und Schulden übernimmt. Und der Bund muss wissen, dass er nicht nur die Souveränität Österreichs, sondern auch das Privatvermögen der Österreicher aufs Spiel setzt, wenn er zu hohe ESM-Haftungsrisiken und Schulden übernimmt.


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Seitens der Regierung wurde bisher versucht, bei Bankeninsolvenzen Bankeigen­tümer, Anleihe-Besitzer, Anleihe-Gläubiger und internationale Finanzfonds auf Kosten unserer Steuerzahler schadlos zu halten. Das ist eine völlig verfehlte und unfaire Klientelpolitik zugunsten der Finanzlobby. Das Team Stronach ist wichtig für Österreich. Wir sind die Beschützer der Steuerzahler und nicht der Finanzindustrie.

Die Eigentümer der Banken und alle Großgläubiger einer Bank müssen bei einer Bankinsolvenz in die Pflicht genommen werden und nicht die Steuerzahler. Daher brauchen wir ein Bankeninsolvenzrecht, das die Beteiligung der Aktionäre, der Inves­toren und Großgläubiger an der Sanierung einer zahlungsunfähigen Bank festschreibt, die kleinen Sparer schützt und die Steuerzahler aus der Haftung nimmt. Das Bankensystem soll für seine Pleiten selbst haften und nicht der Steuerzahler. Ein von den Banken selbst gespeister Bankenpleite-Abwicklungsfonds und eine Bankenabgabe sind gute Instrumente dafür.

Das Team Stronach steht für Gläubiger-Bail-in statt für Gläubiger-Bail-out.

Herr Finanzminister! Enteignen Sie nicht ausgewählte Gläubiger, sondern nehmen Sie sämtliche Gläubiger der Hypo in die Haftung, indem Sie diese zu Miteigentümern machen! Unser Lösungsvorschlag wäre, das Fremdkapital der Hypo-Gläubiger soll per Debt-Equity-Swap in Eigenkapital der Bank umgewandelt werden. Die ehemaligen Hypo-Gläubiger werden so zu Miteigentümern der Bank, und die Hypo ist entschuldet. Aufgrund der Miteigentümerstellung hat dann jeder höchstes Interesse, die verblei­benden Hypo-Assets möglichst profitabel zu verwerten. Der Veräußerungserlös wird als Dividende an die Miteigentümer ausgeschüttet. Das Eigenkapital ist handelbar, und wer möchte, kann seine Anteile jederzeit verkaufen.

Dem vorliegenden Gesetz können wir nicht zustimmen. Jede bevorzugte Befriedigung einzelner Gläubiger und Schlechterstellung anderer Gläubiger entspricht keiner geord­neten fairen Insolvenz und ist äußerst problematisch, da sich hieraus Anfechtungs­tatbestände ergeben. – Danke.

12.51


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Staats­sekretärin Mag. Steßl. – Bitte.

 


12.51.10

Staatssekretärin im Bundesministerium für Finanzen Mag. Sonja Steßl: Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zum Hypogesetz: Die Bundesregie­rung hat die Verantwortung übernommen für eine Lösung, für ein Herunterfahren der Hypo Alpe-Adria, für eine bestmögliche Verwertung der Assets, aber auch für eine Beteiligung der Nachranggläubiger. Eine Insolvenz der Hypo, die von so manchen hier auch heute wieder gefordert wurde, mit ihren unmittelbaren Folgen für das Land Kärnten wurde vermieden.

Geschätzte Damen und Herren! Ich glaube nicht an eine geordnete Insolvenz. Ich weiß nicht, wer von Ihnen schon einmal bei einer Insolvenz dabei war. Ich meine, es gibt natürlich das Insolvenzrecht, zwar nicht für Bundesländer, aber es gibt das Insolvenzrecht für Firmen. Da gibt es dann einen Masseverwalter, der alle Vermö­genswerte verwertet. Da wird kein Unterschied gemacht, ob das ein Vermögenswert ist, der im allgemeinen öffentlichen Interesse ist oder nicht, sondern man gibt in weiterer Folge dann auch den Schlüssel des Landes Kärnten an einen Massever­walter.

In der gegebenen Situation gibt es keine guten oder populären Lösungen im Fall Hypo. Die beste, einfachste und für den Steuerzahler und für die Steuerzahlerin billigste oder steuerschonendste Lösung wäre gewesen, wenn es den Fall, nämlich dieses


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Finanzdebakel der Hypo Alpe-Adria nie gegeben hätte. Wir sind aber nun einmal vor dem Problem gestanden und mussten eine Lösung finden in Zusammenarbeit mit der Task-Force, die die Bundesregierung beauftragt hat. Die hat natürlich sämtliche Möglichkeiten untersucht, abgewogen.

Eines möchte ich noch in die Diskussion miteinfließen lassen: Es ist nicht unbedingt nur ein betriebswirtschaftliches Problem, sondern wir stehen vor einem gesamtvolks­wirtschaftlichen Problem. Das kann man nicht einfach mit betriebswirtschaftlichen Ver­hältnissen vergleichen, wenn man sich zum Beispiel nicht sicher ist, ob man damit dann in weiterer Folge nicht auch das Bundesland Kärnten in Konkurs geschickt hätte. Welche volkswirtschaftlichen Interessen wären dadurch beeinträchtigt und welche volkswirtschaftlichen Schäden angerichtet worden?

Es wurde schon angesprochen: Auch ich halte die damaligen Haftungsübernahmen durch das Land Kärnten und durch die FPÖ-geführte Landesregierung für einen umfassenden Skandal. Ich glaube, da sind wir uns in den meisten Fällen auch heute hier im Bundesrat einig. Bei einem Minimalbudget wurden immense Haftungen über­nommen. In Spitzenzeiten 24 bis 25 Milliarden €! Jeder von uns, der hier heute sitzt, der im Nationalrat vertreten ist oder auch die Bürgerinnen und Bürger, die vor den Fernsehschirmen zuhören, wüssten genau, was wir mit den 4 Milliarden €, die wir im Budget 2014 bereitzustellen haben, machen würden. Da sind wir uns wohl alle einig.

Nur: Es hilft nichts, wir müssen jetzt eine Lösung finden, eine Bad Bank machen. Wir müssen diese Bad Bank herauslösen. Wir müssen schauen, dass die nicht mehr unter das Bankwesengesetz fällt, damit wir eben diese Nachschussverpflichtung nicht mehr haben, so wie wir sie bis dato hatten. Wir mussten Eigenkapitalzufuhren erbringen. Alleine für die Hypo hatten wir bis dato schon zirka 5,5 Milliarden € Kosten. Das muss man sich einmal vorstellen!

Deswegen ist es wichtig und richtig, dass wir jetzt seitens der Bundesregierung eine Lösung vorschlagen. Wir haben es im Ministerrat und auch im Nationalrat beschlossen. Es sind vier neue Gesetze beschlossen worden, nämlich das Bundesgesetz über Sanierungsmaßnahmen für die HYPO ALPE ADRIA BANK INTERNATIONAL AG, ein Bundesgesetz zur Schaffung einer Abbaueinheit, ein Bundesgesetz über die Einrichtung einer Abbau-Holdinggesellschaft des Bundes für die HYPO ALPE-ADRIA-BANK S.P.A. (Italien), ein Bundesgesetz über die Einrichtung einer Abbaubeteili­gungsaktiengesellschaft des Bundes. Es werden auch zwei bestehende Gesetze geändert, nämlich auf der einen Seite das Finanzmarktstabilitätsgesetz und auf der andere Seite das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz.

Worauf beruft sich dieses Gesetz? Wie gestaltet sich dieses Gesetz zur Sanierung der Hypo? Das Sanierungsgesetz beruft sich auf eine Richtlinie, auf eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2001, die beispielsweise auch in Island angewandt wurde. Gemäß der gab es auch bereits in Island einen Schnitt für Bankgläubiger. Die Löschung von Anleihen wurde hier heute auch kritisiert, nämlich: sie würde einen Eingriff in Eigentumsrechte darstellen. Die Bundesregierung und auch die befassten Stellen, die dieses Gesetz vorlegen, sind der Meinung, dass dieser Eingriff im Hinblick auf die Kosten, die für die Republik schon entstanden sind – ich habe gerade vorhin die 5,5 Milliarden € erwähnt, und es werden noch weitere hinzukommen –, verhältnismäßig ist und auch im öffent­lichen Interesse liegt. Es ist ein absoluter Sonderfall, für den wir das beschließen. Die 1,7 Milliarden €, die gelöscht wurden, werden der Bank als Eigenkapital zugeführt, denn sonst müssten wir wieder Eigenkapital zuschießen, bis wir die Abbaueinheit schaffen, was wiederum der Steuerzahler und die Steuerzahlerin zahlen müssten.

Natürlich müssen wir auch mit dem Alteigentümer Bayern einen Vergleich schließen. Alle Anleiheneigentümer haben in der Vergangenheit von den Unterstützungsmaß-


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nahmen der Bundesregierung profitiert. Die Gläubiger werden auch nicht schlechter gestellt als in einem Konkursfall, denn sollten wider Erwarten Vermögenswerte übrigbleiben, werden diese ja auch unter den Nachranggläubigern verteilt.

Lassen Sie mich zur Kritik noch einige Worte sagen: Selbstverständlich gibt es weder in Island, wo diese Richtlinie bereits angewendet wurde, noch in Irland, wo bereits Banken erfolgreich saniert wurden, Anleihen mit Landeshaftung, die einem Schnitt unterzogen worden wären, weil in diesen Ländern keine Landeshaftungen existieren. Die Hypo Alpe-Adria und die Haftungen des Bundeslandes Kärnten sind ein absoluter Sonderfall. Es gibt auch nirgendwo ein Bundesland, das so verantwortungslos agiert und ein solches Erbe hinterlassen hätte.

Ich möchte auch die aktuellen Diskussion zu den Weltbankanleihen noch kurz ansprechen, weil das auch in der Presse erwähnt wurde: Sowohl die Weltbank als auch der IWF haben an sich einen Preferred Creditor Status. Sie werden also nicht einem Schnitt unterzogen, sondern voll bedient, dies aber nur dann, wenn sie im Rahmen eines Hilfsprogramms an ein Land Kredite gewähren. Der Kauf von Anleihen der Hypo erfolgte jedoch nicht im Rahmen eines IWF-Programms. – So viel zur Klarstellung.

Im Finanzmarktstabilitätsgesetz, das geändert wird, wird auch der Beihilfenbescheid der Europäischen Kommission abgebildet.

Was einige Rednerinnen und Redner richtigerweise angesprochen haben: Wir sollten nicht nur in die Vergangenheit schauen – schon auch, aber nicht nur –, sondern wir sollten uns vor allem zukunftsfit machen für weitere Aufgaben.

Deswegen spreche ich dezidiert an: Wir haben zwar die Hälfte des neuen Banken­insolvenzrechts bereits umgesetzt, aber die wichtigere Hälfte, nämlich die sogenannten Bail-in-Regelungen, haben wir noch nicht umgesetzt.

Die Gläubigerbeteiligung beziehungsweise so ein Gläubigerschnitt wird dann in weiterer Folge auch nach EU-Recht kein Sonderfall sein. Das ist ein unbedingt wichtiger Schritt, ein Projekt, das wir uns jetzt im Herbst vornehmen müssen, denn Bail-in-Regelungen sehen vor, dass nicht immer wieder der Steuerzahler/die Steuerzahlerin für die Kosten der Banken aufkommen muss.

Ein anderer wichtiger Schritt ist natürlich auch die gemeinsame europäische Bankenunion, die mit einer gemeinsamen europäischen Aufsicht einhergeht. Wir müssen natürlich auch darauf aufpassen – auch weil jetzt verschiedenste Frei­handels­abkommen diskutiert werden –, dass wir eben nicht zulassen, dass etwa Finanz­dienstleistungen, Finanzprodukte und der gesamte Markt wieder dereguliert und ausgehöhlt werden.

Vielmehr müssen wir darauf achten, dass wir die richtigen Lehren aus der Krise gezogen haben; und natürlich müssen wir bei der Europäischen Union und insbe­sondere bei der Europäischen Kommission auf unser österreichisches Bankensystem achtgeben.

Wir haben ja nicht Investmentbanken in Österreich, so wie es in anderen europäischen und anderen Ländern der Fall ist, sondern wir haben heimische Banken. In der Europäischen Union werden diese Banken als „Boring Banks“ bezeichnet. Wir haben über 800 Banken in Österreich, die natürlich nicht ein Investmentgeschäft wie andere Banken in der Europäischen Union oder auf dem internationalen Kapitalmarkt machen.

Da müssen wir darauf achten, dass es nicht so ist, dass bei den ganzen Regeln rund um die europäische Bankenunion gerade unsere Banken nicht das Nachsehen haben,


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nur weil sie vielleicht keine Lobby haben, die vergleichbar wäre mit jener der anderen Investmentbanken, deren Lobbyisten in Brüssel schon scharenweise aktiv sind.

Ich möchte mich noch ausdrücklich bedanken für die Wortmeldungen seitens der sozialdemokratischen Fraktion und der Österreichischen Volkspartei. Ich glaube, zusammenfassend kann gesagt werden: Es ist nicht unbedingt das Beste, aber eine gute oder bessere Lösung kann es in diesem Zusammenhang nicht geben. Wichtig ist jedenfalls, dass es eine Lösung gibt und dass wir jetzt schnell darangehen, dieses Hypo-Problem zu lösen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.02


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster ist Herr Bundesrat Fürlinger zu Wort gemeldet. Ich erteilte es ihm.

 


13.02.54

Bundesrat Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Ich habe sofort meine Rede gekürzt, weil ich annehme, dass auch ich zahlreiche Zwischenrufe zu hören bekomme (Bundesrat Jenewein: Wieso? – Heiterkeit bei der FPÖ), wie es auch bei der Rede des Herrn Kollegen Schennach der Fall war. Ich bin gerüstet und bereite mich darauf vor.

Ich möchte, weil vieles schon gesagt wurde, den Blick noch einmal hinlenken auf die Situation, in der das Ganze in die Luft gegangen ist. Ich nehme mit einem Anflug von Mitmenschlichkeit zur Kenntnis, dass das Kind weggelegt werden soll, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von BZÖ, FPÖ und revolvierend hin und retour.

Mir ist klar, dass es für den Menschen immer schwierig ist, eigene Fehler zuzu­gestehen, und da ist der Politiker auch nicht anders. Aber wie ich aus verlässlicher Quelle gehört habe, hat der damalige Landeshauptmann Dörfler dringend interveniert beim Finanzminister Pröll, dass der Staat Österreich die Bank und damit die Haftungen übernimmt. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wenn man in diesen Stunden heute hört, dass Ihre Partei die Notverstaatlichung kritisiert, dann möchte ich den Blick ein bisschen auf diese Stunden lenken, die da seinerzeit waren.

Es waren damals mehrere Menschen in diese Verhandlungen eingebunden; zu einem Zeitpunkt, als diese Bank nicht eine kleine Kärntner Regionalbank, sondern aufgrund verfehlter Geschäftspolitik eine ganz maßgebliche in Südosteuropa war; zu einem Zeitpunkt, als die europäische Gemeinschaftswährung auf der Kippe stand und die EZB beziehungsweise ihr Präsident interveniert hat, damit Österreich diese Bank nicht pleitegehen lässt, weil damals befürchtet worden ist, meine Damen und Herren, dass dies ein Tropfen gewesen wäre, der das Fass zum Überlaufen hätte bringen können.

Wenn man dann die Situationen in der Nachbetrachtung als Fehler darstellt, dann hätte ich gerne gesehen, wie die Großsprecher, allen voran der Herr Klubobmann Strache, in dieser Situation reagiert hätten, nämlich unter diesem massiven Druck, in dem letztlich aus unserer Sicht immer noch die bessere Entscheidung für das Land Kärnten und für Österreich getroffen worden ist. Ich sage das als Steuer zahlender Bürger, der genauso mit drankommt. Ich sage, all die Wunschvorstellungen im Nachhinein, alles, was damals anders hätte laufen können, wäre sicherlich nicht besser gewesen.

Und infolge dieser Rettung der Bank, die vollkommen zu Recht erfolgt ist, stehen wir natürlich heute da und haben die Wahl zwischen Pest, Ruhr und Cholera. Wir können uns das aussuchen, was vielleicht am ehesten heilbar ist.

Wenn ich die ganze Zeit in der Debatte den Begriff „geordnete Insolvenz“ höre, kommt mir ein bisschen das Schmunzeln ins Gesicht, aber zum Schmunzeln bin ich viel zu besorgt. Ich würde mich, auch wenn ich beruflich ab und an am Rande mit Insolvenzen zu tun habe, zweifelsfrei nicht als Experte für dieses Recht bezeichnen, aber eines,


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meine Damen und Herren, ist sicher: Wenn ich dieses Glas nehme (der Redner hält ein Wasserglas in die Höhe) und es zu Boden fallen lasse, dann wird es zerbrechen, und keiner hier kann mir sagen, wo die Scherben hinfallen. (Zwischenrufe der Bundesräte Schreuder und Jenewein.)

Wenn das Glas besonders groß ist und auch noch gefüllt mit Dingen, die wir nicht auf dem Boden haben wollen, dann werden die Scherben sehr, sehr weit fliegen und jeden von uns treffen. Keiner kann das prognostizieren. Im Zusammenhang mit einer solchen Bank, nämlich mit einem Bilanzvolumen von 23 Milliarden €, von einer geordneten Insolvenz zu sprechen, meine Damen und Herren, das ist ein Widerspruch in sich. Das Begriffspaar „geordnet“ und „Insolvenz“ funktioniert nicht.

Selbstverständlich wären dann alle Landes- und Bundeshaftungen schlagend gewor­den, und letztendlich hätte wieder der Steuerzahler die gesamte Malaise gezahlt. Bitte, ich sage das dazu, auch wenn hier nach mir sicherlich noch jemand anderes erklären wird: Die Insolvenz ist in diesem Fall ein so hohes Risiko gewesen, dass wir das als Mitglied der Europäischen Union, als Österreich und als mit Kärnten solidarische Mitbundesländer nicht verantworten hätten können.

Es gibt auch die zweite Lösung, nämlich die Anstaltslösung. Dann schiebt man auto­matisch ohne jedes weitere Risiko das gesamte Geld in die Bank, und der Steuerzahler zahlt zu 100 Prozent.

Jetzt gibt es eine Mittellösung. Da möchte ich gerade diejenigen, die immer so laut nach der Insolvenz und nach der Gläubigerbeteiligung schreien – beispielsweise Kollege Schreuder sagt immer, dass man da die anderen Anleger und nicht die Steuerzahler schützt –, darauf hinweisen: Da passiert gerade die Mitte, es wird das Risiko genommen, und in der Insolvenz ist es nichts anderes.

Wenn sie einen Ausgleich haben, dann werden sie auf 20 Prozent, 30 Prozent oder 40 Prozent gekürzt, und wenn sie eine Insolvenz haben, kann die Masse auch null betragen. Die werden als Nachranggläubiger per Gesetz dorthin gekürzt. Da sie ja nach Ansicht vieler Experten zu diesem Zeitpunkt bereits wissen hätten müssen, dass man dort nicht mehr anlegt, werden sie in die Verantwortung genommen.

Das ist ein Versuch. Es ist natürlich richtig gesagt worden, dass diese trotzdem ver­suchen werden, sich das zu holen. Aber ungeachtet dessen ist es diesen Versuch schon wert, nämlich in der Mitte durchzugehen, nicht alles beim Steuerzahler zu belassen, aber doch nicht das unabsehbare Risiko einer Insolvenz einzugehen.

Ich mache jetzt einen Exkurs dazu, von dem ich weiß, dass er mir auch Zwischenrufe eintragen wird, aber da wähne ich mich schon als Sprecher der Mehrheit der Bevölkerung. Bei aller Solidarität unter den Bundesländern und gerade hier herinnen im Bundesrat: Leider ist der Kärntner Landeshauptmann nicht mehr da. Eines würde ich ihm schon heute mitgeben, nämlich: Dass die 500 Millionen € Erlös nicht in diesem Gesetz sind, dass sie nicht zu denen fließen, die haften müssen, halte ich für falsch.

Warum? – Es ist nicht so, dass wir das Land Kärnten gnadenlos zwingen wollen, bankrottzugehen, aber Politik lebt auch ein bisschen von der Symbolik. Und diese Symbolik, zu sagen, ich behalte mir den Erlös, erinnert mich ein bisschen an den Einbrecher oder Dieb, der mit den paar Tausend Euro, die er erbeutet hat, vor dem Richter steht und sagt: Ja, es tut mir leid, ich bekenne mich schuldig. Selbst­ver­ständlich gehe ich gerne für ein Jahr ins Gefängnis. Aber wo ich die Beute habe, sage ich euch nicht, denn ich muss ja von etwas leben, wenn ich aus dem Gefängnis wieder herauskomme.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 88

Das ist, glaube ich, der falsche Ansatz. Man hätte sich über den Finanzausgleich das Ganze durchaus wieder zurückholen können. Die Symbolik ist falsch. (Zwischenruf des Bundesrates Lindinger.)

Abschließend möchte ich sagen: Ich bewundere natürlich, Herr Kollege Dörfler, deinen Mut, dass du hier heute anwesend bist. (Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Ich tue ja devotest meine Bewunderung kund. Ich bewundere dich dafür, dass du nach mir an dieses Rednerpult gehen wirst, weil wir natürlich alle zu­tiefst gespannt sind, wie es ist, wenn zum ersten Mal ein Politiker hier herausgeht und sagt: Mea culpa, meine Damen und Herren, liebe Österreicherinnen und Österreicher, es tut mir leid, für mein politisches Versagen müsst ihr mitzahlen! – Das ist ein ganz entscheidender Punkt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wenn du also diesen Mut hier heute aufbringst, verneige ich mich vor dir. Nur für den höchst unwahrscheinlichen Fall, dass du herauskommst und uns erklärst, dass das Land ohnehin nicht gehaftet hätte oder dass das nur Ausfallsbürgschaften waren und dass alles nur halb so wild war (Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ) – was ich hier auch schon gehört habe –, nur für diesen Fall, lieber Gerhard Dörfler, sage ich dir: Bitte begib dich nicht auf juristisches Glatteis! Auch auf dem könntest du ausrutschen.

Abschließend: Wenn sich Herr Klubobmann Strache bei dieser Debatte im Nationalrat mit Handschellen ans Rednerpult stellt (Zwischenruf des Bundesrates Dörfler), dann, lieber Herr Kollege Dörfler, sage ich dir: Leider war ein Paar zu wenig. Wenn er die letzten Kärntner Finanzreferenten alle mitgenommen hätte mit drei oder vier Paar Handschellen, dann hätten wir wenigstens die Schuldigen direkt am Pult draußen gehabt, und die Sache wäre aufgeräumt gewesen. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

13.10


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster ist Herr Bundesrat Dörfler zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 


13.11.05

Bundesrat Gerhard Dörfler (FPÖ, Kärnten): Herr Kollege Fürlinger, zur Wahrheit braucht man keinen „Mut“! Ich würde mir von einem Juristen erwarten, dass er die Wahrheit spricht.

Zum Thema Pröll. Die Behauptung, ich hätte Herrn Pröll zu etwas ersucht – das ist erlogen, das ist die Unwahrheit. Ich bitte darum, mir das schriftlich vorzulegen – ein Protokoll, ein Gespräch oder irgendetwas. Sie werden nichts finden.

Ich wurde vom Herrn Finanzminister Pröll am Samstag, den 13. Dezember 2009 per SMS gebeten, nach Wien zu kommen, denn es gäbe Probleme mit der Hypo. Dann habe ich Ihrem Herrn Parteikollegen erklärt, dass der Eigentümervertreter ein gewisser Herr Dr. Martinz, der Parteiobmann der ÖVP-Kärnten, ist. Der war nämlich der Vorsitzende der Kärntner Landesholding im Aufsichtsrat und hat mit Herrn Haider die Hypo auch verkauft. – So viel nur gleich als schnelle Antwort.

Man muss aber zur Geschichte der Hypo etwas ausholen. Wie ist dieses Thema entstanden? Kollege Schennach, der immer doziert, hat von der Wurzel gesprochen. Kommen wir zu den Wurzeln.

In den 1990er Jahren haben alle Bundesländer beschlossen, die Haftungsrahmen für ihre Landesbanken zu übernehmen. Damals hat es keinen Haider als Landes­hauptmann gegeben. Dann hat ein gewisser Dr. Zernatto, Landeshauptmann der ÖVP in Kärnten, einen gewissen Herrn Dr. Kulterer zum Vorstandsvorsitzenden der Hypo-Bank gemacht.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 89

Dann kam 2003 das nächste Dilemma auf diese Bank zu, nämlich dieser Swap-Betriebsunfall in der Höhe von über 300 Millionen €. Wissen Sie, wer dafür verant­wortlich war? – Christian Rauscher, Sohn des ehemaligen SPÖ-Finanzreferenten von Kärnten, Max Rauscher.

Der hat in seiner Alleinverantwortung seine Zuständigkeiten überzogen und diesen Schaden von mehr als 300 Millionen € angerichtet – nicht ein Herr Haider, nicht ein Herr Martinz, nicht ein Herr Ambrozy. – So viel auch dazu.

2004 gab es dann die berühmt-berüchtigte Chianti-Koalition zwischen einem gewissen Herrn Jörg Haider und Peter Ambrozy. Die beiden haben mit Herrn Kulterer vereinbart, dass als Vorgriff auf einen Börsengang eine sogenannte Wandelschuldverschreibung – das heißt, ein Vorschuss – von 500 Millionen € für das Land Kärnten aus der Hypo herausgenommen wird.

Jetzt zur SPÖ: Das war eine Idee Peter Ambrozys. Er hat nämlich damals Geld gebraucht: für seinen Rot-Kreuz-Hubschrauber, für die „Kärntner Tageszeitung“, KTZ, und für Manzenreiter in Villach; denn der musste viele Millionen € für das Projekt Therme Warmbad bekommen, damit der „Manze“ ruhig gehalten wird, damit Ambrozy mit Haider schön Politik machen kann. – Das ist die nächste Wahrheit.

Dann geht es weiter. Im April 2004 kam es zu diesem berühmten Haftungsbeschluss, und Peter Kaiser – mit dem verstehe ich mich auch persönlich gut, wir sind beide Sportler, keine Kontrahenten und schon gar nicht Feinde – gab zum Thema dieser Haftungen neulich der „Kleinen Zeitung“ ein Interview, dessen Aussage in der Überschrift „Kein Mea Culpa, sondern Gesamtschuld“ zusammengefasst wurde.

Wer hat am 22. April 2004 die Landeshaftungen beschlossen? – Der heutige Landes­hauptmann Peter Kaiser, der heutige Landesrat und damalige SPÖ-Abgeordnete Gerhard Köfer, die heutige Landeshauptmann-Stellvertreterin Beate Prettner – eben­falls von der SPÖ –, Herwig Seiser – der heutige Klubobmann der Kärntner SPÖ –, Ferdinand Hueter – der heutige Klubobmann der ÖVP –, Rolf Holub – der heutige Landesrat der Grünen –, und Barbara Lesjak – die heutige Klubobfrau der Grünen. Es hat damals auch ein Freiheitlicher mitgestimmt, der heute in der Regierung sitzt, nämlich Christian Ragger.

Ich war nie Gesetzgeber und habe nichts beschlossen. Ich darf für mich auch fest­halten, dass es zwei Untersuchungsausschüsse in Kärnten gegeben hat und ich zu keinem geladen wurde. Das sage ich Ihnen, Herr Kollege Fürlinger, und für das Plenum. Das heißt, ich hatte weder eine Funktion in der Kärntner Landesholding, noch war ich jemals Finanzreferent. (Zwischenruf des Bundesrates Gödl.) – Landes­haupt­mann war ich dann, dazu komme ich noch. Nur nicht hektisch werden.

Was diese Landeshaftungen betrifft – und da steht es in der „Presse“ so schön: „Kärnten ist (fast) überall“ –, dazu ganz kurz: 19 Milliarden € Haftungen hat es leider in Kärnten gegeben, in Niederösterreich 13 Milliarden, in Oberösterreich 10 Milliarden, in Wien sind es 8,7 Milliarden € – noch.

Zu Wien ist aber Folgendes festzuhalten: Da gibt es einen Bericht, nämlich den Finanz­schuldenbericht der Stadt Wien. Darin wird festgehalten, dass im Jahr 2001 die Stadt Wien für die Bank Austria mit 122 Milliarden € gehaftet hat. – Und, Herr Fürlinger, und auch in Richtung SPÖ, das ist keine Erfindung von mir. Ich kann immer alles belegen. Ich bin kein Dozent, der irgendetwas erzählt. Das nicht stimmt.

Das heißt im Grunde, dass diese Haftungen leider Gottes so etwas wie ein kühner Alltag waren, weil alle politisch Verantwortlichen in gutem Glauben waren – ich nicht, ich habe nie mitgestimmt, ich war nie Gesetzgeber, aber andere, die die dafür Sorge getragen haben, dass diese Haftungen entstanden sind.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 90

Dann kam das Jahr 2007. Politischer Eigentümer der Hypo-Anteile war der Landes­holdingvorsitzende Dr. Josef Martinz, Parteiobmann der ÖVP und Landesrat der ÖVP. Und da hat es den großen Wettbewerb zwischen Martinz und Haider gegeben. Die sind im Flieger zwischen München und Klagenfurt hin und her geflogen. Es gibt ein berühmtes Foto, wo der Sepp mit dem schwarzen Koffer aus dem Flieger steigt, und er hat die Hypo verkauft, zur besten Zeit, zum besten Preis. Kollege Poglitsch wird das auch bestätigen.

Das heißt, es gibt für mich eine politische Partnerschaft, einmal mit Rot, einmal mit Schwarz, die dafür Sorge getragen hat, dass es Haftungsbeschlüsse gegeben hat und auch dass diese Bank dann an die Bayern verkauft wurde.

Zum Verkauf dieser Bank: Bayern wollte die BAWAG haben. Über die Sünden der SPÖ können wir, Kollege Schennach, übrigens auch stundenlang diskutieren. Ich will aber die Worte BAWAG, ÖGB und „Konsum“ gar nicht in den Mund nehmen. Das haben wir längst vergessen. (Bundesrat Beer: Beim BAWAG-Skandal hätte ich gerne gewusst: Was für ein Steuergeld ist da geflossen? – Bundesrat Jenewein: Wer hat bei der Länderbank die Verluste gezahlt?) Faktum ist: Was da bei der BAWAG und beim ÖGB an Steuergeld und an Arbeitnehmergeld vernichtet wurde, waren auch Milliarden. (Anhaltende Rufe und Gegenrufe zwischen Bundesräten von FPÖ und SPÖ.)

Frau Präsidentin, können Sie die Herrschaften ein bisschen zur Ruhe rufen? Ich erzähle ausschließlich Fakten. Also genau das habe ich erwartet, nämlich dass man sich beim Zuhören, wenn man die Wahrheit hören muss, etwas schwertut. Aber ich habe auch zugehört.

Nun muss man auch festhalten, dass damals dieser Verkauf an die Bayerische Landesbank ein Must-have für die Bayern war. Sie haben auch zwischen Signing und Closing – das Signing war im Sommer 2007 und das Closing wäre im Oktober gewe­sen – die Prüfungsinstrumente, die sie gehabt hätten, gar nicht genutzt, weil sie so gierig danach waren, diese Bank endlich zu besitzen; weil ihnen die bayerische Politik vorgeworfen hat, sie seien zu blöd gewesen, die BAWAG zu kaufen.

Und da kann man doch dem Verkäufer nicht vorwerfen, dass er gut verkauft hat. Die damalige SPÖ in Kärnten hat heftig kritisiert, die Hypo sei zu billig verkauft worden.

Dann wird es interessant. Wenn man dann schaut, was in dieser Bank passiert ist, welche unverständlichen Besetzungsmanöver stattgefunden haben, so schreibt darüber das Wirtschaftsmagazin „FORMAT“:

„Der Gottseibeiuns der Austrobanker heißt Franz Pinkl. Seit mehr als fünf Jahren verbreitet der 58-Jährige Angst und Schrecken in der Branche. Auch im Finanzminis­terium und in der Finanzmarktaufsicht wird er gefürchtet. Als böses Omen gilt seine Beteiligung am Bankmanagement: Die Kommunalkredit, wo er Aufsichtsratsvor­sitzen­der war, musste im Herbst 2008 notverstaatlicht werden.“

Und die Volksbanken AG wurde 2010 teilverstaatlicht. Da hat es übrigens keine Kärntner Landeshaftungen gegeben, nur ist die Republik Österreich mit Milliarden ein­gesprungen. – Dies vielleicht auch zur Wahrheitsfindung der Probleme der österreichi­schen Bankenlandschaft.

Und jetzt haltet euch fest. Dieser Herr Pinkl, der vorher die Volksbank in den Wasser­graben fährt und die Kommunalkredit gleich mitnimmt, Milliardenschäden anrichtet, wird der gloriose Vorstandsvorsitzende der im bayerischen Besitz befindlichen Hypo Group Alpe Adria.

Sein Vorstandsvertrag: Jahresgage 500 000 €; Jahresbonus – ich frage mich, wofür, bei einer Pleitebank – 500 000 €, Wechselprämie 250 000 €. Und da gab es dann


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 91

einen Sideletter am 27. Mai 2009, in dem zwischen der Bayerischen Landesbank und dem Herrn Pinkl festgehalten wird, dass er, wenn er die Hypo der Republik Österreich umhängt, eine Prämie von 1,875 Millionen € bekommt. Die hat er auch abkassiert.

Da frage ich mich dann: Was ist denn passiert? Dieser Herr Pinkl, der vorher die Volksbank und die Kommunalkredit zugrunde richtet, sodass der Steuerzahler mit Milliarden einspringen muss, hat einen unglaublichen Prämienvertrag für den Fall, dass er den Österreichern, den Dummköpfen sozusagen, die Bank anhängt.

Ich möchte wissen: Was ist passiert zwischen der Installierung Pinkls und Dezember 2009, bis zu diesem SMS am Samstag, als ich um 9 Uhr von Sepp Pröll die Einladung zu Hypo-Gesprächen bekommen habe und ich ihn erst aufklären musste, dass ja Landesrat Martinz zuständig ist und nicht ich?

Jetzt zu diesen Verhandlungen: Ich war um zirka 14 Uhr in Wien, und dann ist eine Riesenshowtime mit Blitzlichtgewitter angesagt gewesen. Ich habe gedacht, ich bin da bei irgendeinem internationalen olympischen Hundertmeterfinale. Ich war der Meinung, es geht um ein Gespräch. Dass es bei der Hypo Probleme gibt, war bekannt, aber es gab keinen Brief, kein E-Mail, kein Fax, keine Vorgespräche durch das Finanzminis­terium oder durch den Finanzminister oder durch den Staatssekretär Schieder. Wir wurden ausschließlich dafür nach Wien zitiert, um uns die 500 Millionen € aus dem Zukunftsfonds zu nehmen und um 700 Millionen € für unsere Energiebeteiligung an der KELAG herauszupressen. Das war die Absicht. Wir haben nie mitverhandelt!

Ich frage mich: Wo sind die Protokolle? Warum gibt es keinen Untersuchungs­ausschuss? Diese Materie ist ja hochspannend.

Und jetzt komme ich schon auch noch dazu: Da gab es, wie das „FORMAT“ schreibt, Einflüsterer der BayernLB. Ein gewisser Herr Dr. Kranebitter hat ein Papier verfasst, wie man die Bank loswerden kann an die Republik Österreich. Und dieser Kranebitter wird dann vom Herrn Pröll als Vorstandsvorsitzender zur Hypo geholt. – Das ist ja kühn.

Das heißt, der Einflüsterer der BayernLB wird dann vom österreichischen Finanz­minis­ter zum Vorstandsvorsitzenden der Hypo gemacht. Das ist mehr als hochinteressant: gerade der, der uns diesen Scherben mit angedreht hat!

Und jetzt komme ich zur weiteren Problematik: Notverstaatlichung ohne Not.

Es ist immer verdächtig, wenn in Österreich eine Zeitung groß aufzeigt und andere nichts schreiben. Da wollten einige nichts wissen. Vielleicht Giebelkreuz und Co?

Man muss schon festhalten: Zu Beginn des Dezembers 2009 hat es eine Aussprache der Gremien der Bayerischen Landesbank gegeben. Und da steht – ich zitiere –:

In der Aussprache hat Dr. Kemmer die Möglichkeit einer Insolvenz der Hypo Group Alpe-Adria als vollkommen ausgeschlossen bewertet.

Wörtlich: Mit einer derartigen Entscheidung würde die BayernLB den ganzen Balkan anzünden und Österreich noch dazu.

Das heißt, zu Beginn des Dezembers 2009 hatte die Bayerische Landesbank bezie­hungsweise der Freistaat Bayern gar nicht daran gedacht, dass sich die Republik Österreich diese Bank umhängen lässt.

Da frage ich mich: Was haben Pinkl, Kranebitter, Pröll, Schieder, und da gibt es noch einen Peschorn oder wie sie noch alle heißen, für Gespräche geführt? Wo sind die Protokolle? Wer hat was entschieden? Wie kam es zu dieser Zuspitzung, dass vom 1. Dezember 2009 bis zum 14. Dezember angeblich diese Bank in die Pleite geführt werden muss? – Die Bayern haben gepokert!


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 92

Es war peinlich, zuhören zu müssen, als damals Nowotny in den Raum kam, in dem die Begrüßungsrunde tagte, wo man darüber gestritten hat, wo die Systemrelevanz überhaupt liegt – und dann kleinlaut sagte: Trichet, der Präsident der EZB, hat ihm telefonisch erklärt, dass die Systemrelevanz in Österreich gegeben ist, weil der Konzernsitz in Klagenfurt ist.

Auf einmal sind die Bayern zwei Meter größer geworden. Einige Zeit später haben sie erklärt, sie lassen die Bank pleitegehen. Sie haben gepokert! Die Republik Österreich war völlig unvorbereitet. Dem Herrn Schieder ist es darum gegangen, uns zu demütigen. Damals waren wir halt das blaue Kärnten, also: Machen wir es kaputt! – Und heute will die ÖVP anscheinend das rote Kärnten kaputt machen.

Kein Cent aus diesem Zukunftsfonds steht der Republik Österreich zu als Wieder­gutmachung, denn das, was da passiert ist zwischen 2007 und 2009, ist der größte Finanzskandal der Zweiten Republik, verursacht durch ein unfähiges Verhandlungs­team! (Beifall bei der FPÖ.)

Es gibt in Klagenfurt den bekannten Wirtschaftstreuhänder und Freiheitlichen-Kritiker – das sage ich gleich dazu – DDr. Neuner. Und der gab am 16. Juni sechs Antworten auf Hypo-Fragen. Ich werde nicht alle zitieren, aber einige sind schon wichtig.

Wann wären die Haftungen des Landes Kärnten schlagend geworden? – Die Antwort von DDr. Neuner: 

„Das Land Kärnten hat für Verbindlichkeiten der Hypo – so wie im Übrigen auch andere Bundesländer – eine Ausfallsbürgschaft übernommen. Eine Inanspruchnahme wäre somit nur im Insolvenzfall möglich. Dieses Szenario haben nicht einmal die Bayern in Erwägung gezogen. Georg Fahrenschon, der damalige bayerische Finanzminister,“ – er hat übrigens zu mir gesagt, die Bayern haben weder die Bank noch den Markt verstanden, sind aber zu spät draufgekommen – „hat vor dem Landesgericht in München als Zeuge unter Wahrheitspflicht ausgesagt, dass man zu keinem Zeitpunkt daran gedacht hat, die Hypo Pleite gehen zu lassen.“

Und jetzt haben wir die Pleite, weil Pröll, Schieder und Co mit all diesen Herren Experten Kranebitter und sonstigen Exoten dafür gesorgt haben, dass dieser Brand, den Martinz und Haider durch den Verkauf gelöscht haben (Zwischenrufe bei der ÖVP), zu einem Großbrand angezündet wurde. Eine Ausfallsbürgschaft hätte bedeutet: Wäre die Hypo pleitegegangen, wären in der Kaskade der Haftungen die Bayerische Landesbank, dann der Freistaat Bayern und dann erst wir drangekommen. Das ist die Wahrheit! (Bundesrat Kneifel: Das ist ja eine Ungeheuerlichkeit! – Weitere Zwischen­rufe bei der ÖVP.)

Das müsst ihr aushalten! Das müsst ihr aushalten! Die SPÖ hat mit Ambrozy gesün­digt, indem man 500 Millionen € damals gegen den Willen der ÖVP – das muss ich festhalten – herausgenommen hat. Dann haben wir die 500 Millionen Spielkapital gehabt zwischen Haider und Ambrozy. Da haben sie eine Gaudi gehabt zum Politik­machen. (Bundesrätin Grimling: Die habt ihr auch gehabt!) Der Rot-Kreuz-Hubschrauber vom Ambrozy ist herumgeflogen. Es ist hochinteressant, dass in keiner Kärntner politischen Diskussion zurückgeblickt wird auf diese Zeit, wo dieses 500-Millionen-Thema überhaupt erst entstanden ist. (Bundesrat Füller: Ich bin neugierig, ob der Wagner auch noch herhalten muss! – Zwischenruf des Bundesrates Stadler.)

Jetzt zu den Sünden, die danach gemacht wurden: Über 300 Millionen €, also Milliar­den Schillinge, wurden ab 2009 an Beraterhonorar gezahlt. Bis heute kann man aber nicht festhalten: Was ist jetzt wirklich? Wie schauen die Bilanzen aus? Was ist wo und wie, und wer haftet und wer haftet nicht, und so weiter?


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 93

Das heißt, die Republik Österreich beziehungsweise das Finanzministerium haben diese Honorare zu verantworten – also kein Wunder, dass die Frau Minister Fekter „Bauchweh“ hat. Wahrscheinlich hat auch der Herr Spindelegger ein bisschen Bauchweh und ist heute nicht da. Ja, ich hätte gerne mit ihm diskutiert. Über 300 Millionen € – da haben sich Berater dumm und dämlich verdient! Und bis heute kann keiner hier im Parlament oder sonst wo sagen, wie es wirklich rund um diese Bilanzen überhaupt ausschaut.

Die nächsten Sünden: Wofür haben wir in Österreich eine Finanzmarktaufsicht? Wofür haben wir eine Nationalbank? – Ja, die haben wir dafür, dass es Luxuspensionen gibt, aber nicht, dass sie österreichische Banken kontrollieren – weder die Volksbank noch vorher die BAWAG, noch die Kommunalkredit, noch die Hypo, noch andere.

Ich will gar nicht in die Ukraine schauen, wenn da die Kredite schlagend werden. Wenn Putin so weitermacht, dann wird, sagt mir Frau Professor Griss, das Problem der Hypo ein kleines der österreichischen Bankgeschichte sein. Hoffen wir, dass es dort Frieden gibt, generell! Und ich hoffe, dass damit nicht ein Schaden auf Österreich zukommt, der für Österreich nicht mehr beherrschbar wäre.

Die Sünde Pinkl: Also bitte! Das kann mir doch niemand erklären, was den Bayern da eingefallen ist. Aber die Absichten sind schon logisch mit diesem Sondervertrag von 1,9 Millionen €: Schau, dass du die Bank den Österreichern wieder umhängst!

Die Sünde Kranebitter: Das ist der Nächste, der zuerst die Bayern berät und dann von Herrn Pröll zum Vorstandsvorsitzenden bestellt wird. – Völlig unverständlich.

Die größte Sünde, die sogenannte Notverstaatlichung – ein Verstaatlichung ohne Not. Pröll, Schieder werden es in U-Ausschüssen schon erklären müssen. Warum verwei­gert man ihn denn so lange? In Kärnten hat es zwei U-Ausschüsse rund um die Hypo gegeben. Ich wurde nie als Zeuge eingeladen. Das ist schon spannend. Ich würde gerne einmal auch in einem U-Ausschuss in Wien etwas dazu sagen. (Zwischenruf des Bundesrates Kneifel.)

Dann die Sünde Fekter: Ja, die hat ja wirklich geglaubt, das ist ein Sparverein und das sitzen wir einfach aus. Die Europäische Kommission hat mehr oder weniger heftig Frau Fekter dazu zwingen müssen, sich endlich einmal irgendwann zu überlegen, was sie mit dieser Bank tut.

Experten sagen, dass Milliardenschäden dadurch angerichtet wurden, dass es keine Bad-Bank-Lösung zur rechten Zeit gegeben hat. Das heißt, in Wahrheit ist das Hinausschieben des Problems ein Milliardenschaden, den Finanzministerin Fekter dem Steuerzahler umgehängt hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Der Sündenfall U-Ausschuss, der wird sich jetzt ohnehin von selbst lösen.

Der Herr Finanzminister Spindelegger soll nicht uns Kärntnern sagen, dass er von uns noch Geld will. 200 Millionen haben wir damals Sanierungsbeitrag geleistet. Und wir haben ausschließlich dem Team Pröll/Schieder zu verdanken, dass der österreichische Steuerzahler überhaupt zuständig für dieses Problem ist, denn das Problem hätten sie in Bayern lassen können.

Damit ist alles einmal aus meiner Sicht gesagt. (Bundesrat Kneifel: Die Redezeit ist eh schon überschritten!) Ich habe ein gutes Gewissen, weil ich persönlich in keiner Weise verstrickt bin. Es ist ein bisschen einfach, wie es Kollege Schennach auch gemacht hat, so quasi von „Jörg Haiders Sparkasse“ zu reden. Er hat keine Bank geführt. (Zwischenruf.) – Ich bin nicht sein Pflichtverteidiger. Ich bin nicht mit allem, was er gemacht hat, einverstanden. (Bundesrätin Grimling: Jetzt auf einmal!) Aber das, was man jetzt tut, einen, der sich dazu nicht äußern kann, sozusagen zum Obergeneral-


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 94

bankdirektor zu machen, der er nicht war, und dauernd davon zu reden, das ist nicht okay.

Ich habe heute schon das Stadion Klagenfurt angesprochen. Da ist kein Cent Hypo-Geld drinnen und trotzdem wird immer wieder behauptet, es sei eine „Sparkasse“ gewesen. (Präsidentin Blatnik übernimmt wieder den Vorsitz.)

Oder das Thema Nassfeld. Na, wer hat denn das Nassfeld großgemacht? Die SPÖ und der Finanzreferent Max Rauscher aus Hermagor, der die Millionen hingepumpt hat. Und das kritisiert dann Kollege Schennach. Das ist aber kühn. (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.) Ich finde, das war eine grenzüberschreitend kluge Tourismus-Großinvestition.

Also für mich steht eines fest: Es wird ein U-Ausschuss Interessantes aufklären. Interessant wird auch sein: Welche Rolle haben die Banken gespielt, besonders eine Bank? Ich will nicht dauernd Werbung fürs Giebelkreuz machen, aber die mussten 1,2 Milliarden € an Haftung nicht setzen, weil Pröll und Schieder die Bank übernommen und das Risiko den Steuerzahlern weitergegeben haben.

Ich behaupte und habe die These, dass die Giebelkreuzer gesagt haben: Dann wird uns der Herr Pröll die Bank schön herrichten, dann werden wir sie billig abkassieren, denn der Südosteuropa-Markt wäre doch auch spannend gewesen, irgendwann wird sich die Krise ja vielleicht zu einer Chance verändern.

Das waren wohl auch die Hintergründe, denn es ist mir ja bekannt, dass Spitzen­banker – und nicht nur der Herr Bundeskanzler Faymann – in geheimen Räumen sozusagen darüber befunden haben, wie man diesen Blödsinn anstellt. Also gibt es eine Mitschuld, die so komplex ist, und da habe ich nichts zu verbergen und kann nur sagen: Ich freue mich auf einen U-Ausschuss, damit endlich einmal dieser größte Finanzskandal, den es in Österreich jemals gegeben hat, dieser Keller, mit viel Licht ausgeleuchtet wird und damit die Dummheiten und die Schäden, die man angerichtet hat, aufgedeckt werden. (Beifall bei der FPÖ.)

13.31


Präsidentin Ana Blatnik: Als Nächster hat sich Herr Bundesrat Novak zu Wort gemel­det. Ich erteile es ihm.

 


13.31.19

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Zur Rede des Herrn Altlandeshauptmannes Dörfler fällt mir Folgendes ein: Du hast die Taktik eines alten Kriegers angewandt, also so nach dem Motto: Angriff ist die beste Verteidigung! (Bundesrat Dörfler: Die Wahrheit ist zumutbar!, ist mein Motto!)

Da gehört schon eine gewisse Dreistigkeit dazu, sich herauszustellen und zu sagen, rund herum, jetzt packe ich alle zusammen, einen Schwarzen noch dazu und einen Roten dazu (Bundesrätin Mühlwerth: Ihr wart ja alle mit dabei! – Bundesrat Kneifel: Und ihr nicht?), und damit das zu löschen versuchen, was die Freiheitlichen im Grunde genommen im Land Kärnten angestellt haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Es hilft nichts, was die ganze politische Verantwortung anbelangt, es ist unstrittig, dass der Altlandeshauptmann – es ist einfach so – diese Partei, damals FPÖ und BZÖ, als Handkassa betrachtet hat. Man braucht ja nur zu schauen – heute habe ich einmal ein paar Zeitungsartikel mitgebracht –, was im Umfeld passiert ist. (Der Redner hält zwei Seiten einer Tageszeitung in die Höhe.) Bis jetzt sind es 33 Jahre Haft, 33 Jahre Haft. (Bundesrat Dörfler: Wer ist eingesperrt? – Ein Schwarzer! – Bundesrat Jenewein: Wer noch? Sag die Namen!) – Nein, überhaupt nicht! (Bundesrat Jenewein: Wieso nicht?)


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 95

Schau, weil ich das nicht mache. Du brauchst ja nur in der „Kronen Zeitung“ nach­zuschauen. Das sind ja nicht nur höchste Hypo-Vorstände, die auch zu den Frei­heitlichen gerechnet werden. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das brauche ich nicht zu sagen. Das weiß ich schon, das werde ich aber hier nicht machen. Vorstände etwa, die dazu gehören, und das sind 33 Jahre. Dann kommen noch 10, 20 Jahre dazu, liebe Freunde. – Ihr müsstet mit einem Büßergewand durch Kärnten gehen, um bei den Kärntnerinnen und Kärntnern Abbitte zu leisten. Das müsstet ihr machen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wenn ich mir das jetzt anhöre, was du, Gerhard, gesagt hast, was Peter Ambrozy und wie sie auch immer heißen, da mitgemacht haben, dann kann ich nur sagen: Ja, bitte gar schön, dass wissen wir wohl alle, wenn man gemeinsam irgendwo regiert und ein Budget hat, dass das eine Budget für – sage ich jetzt einmal – den Sozialbereich oder einen anderen Bereich verwendet wird und das andere halt für andere Budgetposten.

Aber eines muss ich einmal ganz klar und deutlich darstellen und klarstellen: Am 22. April 2014 ist der Beschluss im Kärntner Landtag dahin gehend ausgelegt worden, dass die Haftungen bis zum Jahr 2017 abzubauen sind. Da hat die ÖVP, da haben die Grünen und da haben die Sozialdemokraten mitgestimmt. Und da hat man keine Haftungshöhe beschlossen, was immer von euch Freiheitlichen behauptet wird, denn im Jahre 2003 betrug die Landeshaftung – und das habe ich mir herausgeschrieben – für die Hypo 8,4 Milliarden €. Damals hat dann die EU gesagt: Jetzt ziehen wir die Notbremse.

Was ist passiert? – Das, was ich vorhin erklärt habe. Wir reifen ab von 2007 bis 2017.

Was ist denn dann passiert? – Wir haben 2006, 2007, 2008 keinen Jahresabschluss mehr. Ja, was ist passiert? – Wir haben die Haftungen erhöht, ohne dass irgendeiner etwas gewusst hat – Finanzlandesrat Pfeifenberger beziehungsweise Haider. (Bun­desrätin Mühlwerth: Das haben alle anderen Bundesländer auch gemacht! – Zwi­schen­rufe bei der ÖVP.) Die Haftungen sind explodiert: vom Jahr 2004 von 15,1 Milliar­den auf 19,9 Milliarden im Jahr 2005, 2006 auf 24,7 Milliarden und dann sind es wieder 22,6 Milliarden. Kein Rechnungsabschluss! Als das Ganze dann hopsgegangen ist beziehungsweise – was der Herr Landeshauptmann in Ruhe, mein Kollege vorhin erzählt hat – als das Ganze dann vom Bund aufgefangen worden ist, dann ist dieser Abschluss gemacht worden.

Eines muss ich dir, Gerhard, auch noch sagen, und das hast du zu erwähnen verges­sen: Wir hatten eigentlich den Auftrag, keine Landeshaftungen mehr in Anspruch zu nehmen beziehungsweise es abreifen zu lassen. Du hast dann irgendwann einmal 2009, bevor das Ganze explodiert ist, bei der BayernLB, beim Mehrheitseigentümer, gesagt, dass für eine 700 Millionen € schwere Anleihe eine Landeshaftung zu übernehmen ist. Das hast du auch gemacht. Das muss man auch ganz klar und deutlich sagen. (Bundesrat Stadler: Uhhh, das hat er vergessen!) Das hast du hier auch nicht gesagt. (Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP.)

Ich komme ganz kurz zu unserer Landeshauptmann-Stellvertreterin Dr. Gaby Schaunig. Gaby Schaunig, damals als Landesrätin, hat immer gewarnt. Sie war im Aufsichtsrat der Hypo. Sie hat immer gewarnt vor diesen Swap-Verlusten, sie hat im Ausschuss gesagt: Berufen wir Kulterer ab! Sie war gegen einen Wechsel vom Vorstand – durch diese Swap-Verluste – in den Aufsichtsrat. Sie hat gewarnt vor Tilo Berlin als Vorstand. Sie hat gewarnt vor dem Verkauf an die Bayerische Landesbank und wurde als Aufsichtsratsmitglied mehrmals geklagt, kritisiert und beleidigt. Sie wurde sogar als „Quak-Ente“ bezeichnet. Diese Frau ist jetzt unsere Landeshaupt­mann-Stellvertreterin und zuständig für Finanzen. Sie kann jetzt diesen Scherben-


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haufen, den ihr verursacht habt, aufkehren und schauen, dass Kärnten nicht in den Konkurs geht. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Eine dieser Wortspenden hast Du ja schon vorhin gegeben, ich möchte aber trotzdem noch einmal eine von Wolfgang Kulterer nennen hinsichtlich dieses unsäglichen Verkaufs der Hypo. Am 21. Mai 2007 hat Wolfgang Kulterer gesagt: „Superdeal. Das wird man aber erst in fünf Jahren kapieren.“ – Das war 2007, na super!

Landeshauptmann Haider hat am 24. Mai 2007 gesagt – ich schreibe mir die Sachen auf, so wie du, du nimmst das auch immer mit, handschriftlich –: „Es gibt keine Invest­mentbank, die uns nicht schon gratuliert hat. Der Neid der Besitzlosen soll unsere Freude nicht trüben“, dass sich noch die nachfolgenden Kinder und Generationen im Land Kärnten an diesen Superdeal erinnern und sich dafür bedanken werden. (Bundesrat Füller: Vergessen werden sie ihn nicht!) Na gut, die bedanken sich wirklich dafür! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Bundesrat Stadler: Bravo! Danke!)

Ich werde noch ganz kurz zu jener super Aussage, die ihr heute schon getätigt habt, das Ganze in Konkurs gehen zu lassen, drei, vier Punkte aus einem Schreiben heraus zitieren, was denn passiert, wenn das Land Kärnten pleitegeht. Ich weiß es nicht, Gerhard, ich glaube nicht, dass du auch der Meinung bist, dass es pleitegehen soll. Das glaube ich nicht. (Bundesrat Dörfler: Das Land Kärnten wird nie pleitegehen!) – Wenn man eine Insolvenz verhängt und wenn es einen Masseverwalter gibt, dann geht es pleite und dann wird verwertet. Da wird verwertet, was nicht niet- und nagelfest ist, das wissen wir.

Das heißt – Kollege Poglitsch hat es ohnehin schon gesagt –, wenn man ein Budget von 2,2 Milliarden € – 12 bis 13 Milliarden € haben wir derzeit an Haftungen – hat, dann könnt ihr euch vorstellen, was da passiert. Ihr könnt euch das vorstellen. Diese Forderungen sind niemals erfüllbar. Es wird zwangsvollstreckt. Rund 1,4 Milliarden € der Ertragsanteile – bei einem Budget von 2,2 Milliarden € des Kärntner Budgets – wären jährlich zwangsvollstreckbar. Stellt euch das vor!

Das Landesbudget würde sich sofort um zwei Drittel reduzieren, sich von 2,2 Milliar­den € auf 800 Millionen € senken. Das heißt, menschliche Schicksale wären damit verbunden, Beamte würden entlassen werden, zahlreiche Schulen und Kinder­gärten müssten zusperren, bei den Krankenhäusern, bei den Wohnbauförderungen hätten wir die größten Probleme. (Bundesrätin Mühlwerth: Wer sagt das?) Ein Dankeschön an euch Freiheitliche dafür, was ihr für uns Kärntner tut! Danke, Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

So, genug geredet, es ist ohnehin schon sehr viel gesagt worden, aber ich glaube, das, was du, Gerhard, vorhin erzählt hast, kann man nicht alles im Raum stehen lassen. Ich sage an dieser Stelle ein Danke an den Nationalrat, ein Danke an die Bundesregie­rung, dass es diesen Beschluss gibt. Klar wird man versuchen, über diese 500 Millio­nen € – du hast richtigerweise gesagt, dass 200 Millionen € schon bezahlt worden sind – und das eine oder das andere auch noch zu verhandeln. Das ist keine Frage, das wird sich der Herr Finanzminister mit unserem Landeshauptmann und mit unserer Finanzreferentin ausmachen. Aber noch einmal: Wir stehen zu diesem Beschluss, der im Nationalrat diesbezüglich gemacht worden ist. (Beifall bei der SPÖ.)

13.41


Präsidentin Ana Blatnik: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bun­desrat Dörfler zu Wort gemeldet. Ich weise darauf hin, dass eine tatsächliche Berichtigung die Dauer von 5 Minuten nicht überschreiten darf. Sie hat sich überdies auf die Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung und auf die Darstellung des berichtigten Sachverhaltes zu beschränken.


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Ich erteile Herrn Bundesrat Dörfler das Wort. – Bitte.

 


13.42.06

Bundesrat Gerhard Dörfler (FPÖ, Kärnten): Lieber Günther Novak, zu diesem ominö­sen Brief darf ich festhalten – das habe ich bereits getan –, dass dieser weder von mir unterschrieben noch geschrieben noch in meinem Büro hergestellt worden ist. Er scheint eine Fälschung zu sein. Der ORF hat den sozusagen in die Welt gesetzt. Es ist mir wichtig, klarzustellen, dass ich der Bayerischen Landesbank niemals irgendwelche Zusagen gemacht habe, weder von mir unterzeichnet noch von meinem Büro. Sie wurde auch nicht von mir geschrieben. Das möchte ich ein für alle Mal klarstellen. Ich habe mit dieser Causa Hypo nichts zu tun, bis heute nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

13.42


Präsidentin Ana Blatnik: Als Nächster ist Herr Bundesrat Jenewein zu Wort gemel­det. – Bitte.

 


13.42.49

Bundesrat Hans-Jörg Jenewein (FPÖ, Wien): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Staatssekretärin! Frau Präsidentin! Ich weiß ja gar nicht, wo ich anfangen soll. Es sind ja so viele Fachleute hier. Besonders lustig habe ich gefunden, dass Kollege Poglitsch gleich am Anfang von der Pre-IPO gesprochen hat. Das erfüllt mich sogar ein bisschen mit Stolz, denn das erste Mal, dass das in diesem Hause besprochen wurde, war vor ziemlich genau einem Jahr, nämlich am 4. Juli 2013. Das war meine Jungfernrede im Nationalrat, und zwar genau zu diesem Thema, darum kenne ich mich ein bisschen aus, denn damals habe ich mich noch sehr intensiv darauf vorbereitet.

Wenn wir darüber sprechen, wenn Sie hier heute hervorgehen, dann muss man das schon im Gesamten betrachten. Diese Pre-IPO ist damals entstanden – für die, die nicht wissen, was das ist: Das ist eine Wandelanleihe, eine Anleihe, die vor dem Börsengang steht; diese Anteile hätten dann eben in Aktien umgewandelt werden sollen, darum heißt das Wandelanleihe –, das ist entstanden in der Zeit der blau-roten Regierung in Kärnten, also während der Chianti-Koalition.

Interessant dabei ist allerdings, dass diejenigen, die wirklich davon profitiert haben, eher bei der ÖVP zu verorten sind. Übrigens für die, die es interessiert: Auf der Parla­ments­homepage ist diese Pre-IPO abrufbar, ich habe seinerzeit nämlich auch eine schriftliche Anfrage dazu gemacht. Interessant wird es, wenn Sie hier dann schauen, wer die Garantin für diese Pre-IPO ist. Das ist nämlich nicht nur das Bundesland Kärnten, sondern das ist auch die Republik Österreich. Das ist schwarz auf weiß nachzulesen.

Ein weiterer Punkt, der bei dieser Geschichte auch nicht ganz unrelevant ist, ist, dass das Ganze, über die Vertriebspartner, das Lead Management die Vienna Capital Partners innehatte. Vienna Capital Partners im Jahr 2005, wer war denn das? Das muss man schon wissen. Ich weiß nicht, ob euch der Name Ernst Strasser noch etwas sagt, der war damals nämlich der Chef von Vienna Capital Partners. Derjenige, der das Ganze eingefädelt hat, war ein gewisser Herr Christoph Ulmer, das war der ehemalige Kabinettschef des Herrn Ernst Strasser, der im Jahr 2004 zur HSBC nach London gegangen ist und im Jahr 2005 diese Pre-IPO über die HSBC London abgewickelt hat. So war das. Und zusätzlich haben wir noch Vertriebsprovisionen gehabt in einer Höhe von über 2 Prozent. Von jedem Anleger, mit dem Sie sprechen, werden Sie hören, dass bei einer Anleihe, für die eine Republik, ein Staat, ein Land haftet, Vertriebs­provisionen von 2 Prozent völlig irrwitzig sind.


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Das heißt, da ist schon auch die Gefahr dahinter, da ist schon auch der Verdacht dahinter, dass hier illegale Parteienfinanzierung passiert ist. Es ist schon interessant, dass das gerade diejenigen waren, die sich heute hier herstellen und gerade diese Pre-IPO, diese Wandelanleihe als einen der größten Sündenfälle darstellen. Das sind nämlich diejenigen, die da mitverdient haben, und darüber sollten wir auch sprechen.

Interessant ist im Übrigen auch – es wäre nur wegen der Transparenz, Herr Kollege –, wo denn diese Pre-IPO gelistet worden ist. Wo ist die denn aufgelegt worden? – Nicht etwa in Österreich, nicht etwa am Börsenplatz in Österreich, nicht etwa in Wien. Das war in Luxemburg. Warum war es in Luxemburg? – In Luxemburg hat es damals noch keine Prospektpflicht gegeben; das ist der Grund. Das heißt Luxemburg ist ein wunderbarer Platz, um so etwas mit öffentlichen Mitteln oder mit halböffentlichen Mitteln an der Öffentlichkeit ein bisschen vorbeizumanövrieren.

Es ist auch interessant, dass wir hier als Einzelstückelung 100 000-€-Anteile haben. Das heißt, das ist nicht unbedingt eine Anleihe, wo sich dann die Großmutter für die Pensionsvorsorge einen Anteil kauft. Wer hat denn 100 000 € so nebenbei liegen? Das war die kleinste Stückelung. Bei 100 000 €, da können Sie an fünf Fingern abzählen, welche Österreicher, welche Menschen die Möglichkeit haben, sich da Anteile zu kaufen. Wir wissen ja, dass nur ein geringer Prozentsatz im Streubesitz war. Mehr­heitlich war da die Grazer Wechselseitige Versicherung dabei und mehrheitlich waren auch noch andere Institutionen dabei. Ich habe mir ein paar Sachen hier aufge­schrieben, ich komme aufgrund der beschränkten Redezeit aber gar nicht dazu.

Es ist auch sinnlos, das hier in dieser Breite vorzubringen, weil das nämlich in Wirklichkeit ein Fall für eine Untersuchung ist. Dabei rede ich natürlich auch von einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss, das ist keine Frage, aber in Wirklichkeit ist es eine Frage für das Gericht, denn man sollte nie das Parlament mit einem Gerichtssaal verwechseln. Diese Geschichte wird noch gerichtsanhängig sein.

Ich verstehe natürlich schon auch die Nervosität bei manchen Leuten. Es lichten sich ja langsam die Nebel, und daher verstehe ich natürlich auch diese Entrüstung, die teilweise hier vom Rednerpult und auch teilweise von der Regierungsbank kommt. Ich verstehe diese Entrüstung, denn Sie versuchen natürlich auch seit geraumer Zeit, zumindest seit dem Jahr 2009, diesen Skandal der FPÖ umzuhängen, quasi den Skandal umzudrehen, der FPÖ vor die Füße zu knallen, in der Hoffnung, dass das bei Wahlauseinandersetzungen in weiterer Folge auch Auswirkungen hat. Aber genau das Gegenteil passiert, und da ist es natürlich verständlich, dass die Entrüstung dann groß ist.

Ich sage Ihnen aber auch eines, und das sage ich hier im vollen Bewusstsein und Vollbesitz meiner geistigen Kräfte, das heißt, Sie können mich da schon beim Wort nehmen; ich bin wirklich nicht einer, der hier sagt, wir haben mit dem Ganzen nichts zu tun, das sind alles die anderen und das war überhaupt kein freiheitlich geführtes Bundesland, das sage ich nicht. Was ich aber sehr wohl sage, ist, dass es damals in den frühen 2000er Jahren gängige Praxis war, dass Landeshaftungen in exorbitanter Höhe eingegangen worden sind. Wir müssen gerade bei Kärnten nicht darüber reden, dass bei einem Landesbudget von knapp 2 Milliarden € eine Haftung von über 20 Milliarden € ein gigantisch hoher Betrag ist.

Aber wer, bitte schön, erklärt mir, wie die Stadt Wien auf die Idee kommt, über 122 Milliarden € an Haftungen zu übernehmen? (Bundesrätin Grimling: Warum kommt immer die Stadt Wien ins Gerede?) Was wäre gewesen, wenn seinerzeit der Bank Austria etwas passiert wäre? Wäre dann das Bundesland Wien in Konkurs gegangen? Ich will das nicht behaupten. (Bundesrat Schennach: Das war das Sparkassen-


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gesetz!) – Ja, ja, zu Ihnen wollte ich eigentlich auch etwas sagen, Herr Kollege, nur fällt mir, ehrlich gesagt, nichts mehr ein. Wir sprechen hier über die großen Fragen dieser Republik, und Sie spielen hier Mickey Mouse. Das ist auch etwas, das auf Dauer nicht so funktioniert. Sie können sich nicht da herstellen wie der Landpfarrer, mit den Händen reiben und erklären, was denn nicht alles hier vonseiten der FPÖ passiert ist, und das eigene Sündenregister völlig ausblenden. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich könnte mich jetzt auch da herstellen, wissen Sie, Herr Kollege Schennach, ich könnte anfangen, vom „Konsum“ zu reden, das wäre auch kein Problem. Wir könnten auch von den Malversationen der SPÖ in der jüngsten Vergangenheit sprechen. Reden wir über den Skylink in Wien! Reden wir überhaupt über Wien! Reden wir über die Finanzen in Wien! Reden wir darüber, dass die jetzige Finanzstadträtin Brauner – ja, das wollen Sie nicht hören, ich weiß schon, aber wir sind in der Länderkammer, Sie müssen es sich anhören – jetzt durch die Bezirke tourt und sich mit 25 Millionen € bezahlen lässt, um den Bürgern in Wien das Budgetminus zu erklären! Auch darüber können wir sprechen.

Das sind eben Ihre Sachen, und ich weiß, dass Sie mit einer Hypothek in die Landtags­wahlen in Wien gehen. In der SPÖ brodelt es ja von vorne bis hinten. Da geht es munter und lustig zu. Das stört mich nicht weiter. Sie werden spätestens nächstes Jahr ja ohnehin die Rechnung präsentiert bekommen. Man muss eigentlich nicht groß in die Kristallkugel schauen, um zu wissen, wie diese Wahl ausgeht. (Bundesrat Taucher: Themenverfehlung!)

Abschließend möchte ich Ihnen schon sagen: Im Jahre 2007 hat Jörg Haider diese Bank verkauft, das war vor der Wirtschaftskrise, und er hat 800 Millionen € fürs Land lukriert. (Bundesrätin Grimling: Ach so! Die ist von heute auf morgen gekommen?!) Ein paar Monate später lag er tot im Straßengraben. Im Jahre 2009 hat Herr Pröll diese Bank ohne Not zurückgekauft und ist dann relativ weich ins Faulbett der Raiffeisen­bank gefallen. Er ist nicht hart gefallen, und wir wissen ja im Endeffekt, wie die Ge­schenke natürlich auch von dieser Seite aussehen.

Es kann sich jeder einen Reim darauf machen, wie da wirklich gearbeitet wurde. (Beifall bei der FPÖ. )

13.51

13.51.10

 


Präsidentin Ana Blatnik: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist geschlos­sen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Es liegt ein Antrag der Bundesrätin Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen vor, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates mit der beigegebenen Begründung Einspruch zu erheben.

Es ist hiezu namentliche Abstimmung verlangt worden. Da dieses Verlangen von 5 Bundesrätinnen und Bundesräten gestellt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung durchzuführen.

Ich gehe daher so vor: Im Sinne des § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung erfolgt die Stimmabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge münd­lich mit „Ja“, das heißt Einspruch, oder mit „Nein“. Ich bitte um deutliche Stimmabgabe.


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Ich ersuche nunmehr die Schriftführung um den Aufruf der Bundesrätinnen und Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge.

*****

(Über Namensaufruf durch den Schriftführer Lindinger geben die Bundesrätinnen und Bundesräte ihr Stimmverhalten mündlich bekannt.)

*****

 


Präsidentin Ana Blatnik: Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich unterbreche die Sitzung zur Auszählung der Stimmen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Die Stimmenzählung wird vorgenommen. – Die Sitzung wird um 13.56 Uhr unterbrochen und um 13.58 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsidentin Ana Blatnik: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt:

Demnach entfallen auf den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss mit der beigegebenen Begründung Einspruch zu erheben – bei 58 abgegebenen Stimmen –, 13 „Ja“-Stimmen und 45 „Nein“-Stimmen.

Der Antrag auf Erhebung eines Einspruches ist somit abgelehnt.

Mit „Ja“ stimmten die Bundesrätinnen und Bundesräte:

Brückl;

Dönmez, Dörfler;

Herbert Werner;

Jenewein;

Krusche;

Michalke, Mühlwerth;

Pisec;

Reiter;

Schmittner, Schreuder;

Zelina.

Mit „Nein“ stimmten die Bundesrätinnen und Bundesräte:

Beer, Bierbauer-Hartinger, Blatnik, Bock, Brunner;

Ebner Adelheid, Ebner Bernhard;

Fetik, Füller, Fürlinger;


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 101

Gödl, Grimling;

Himmer;

Jachs, Junker;

Kneifel, Köberl Günther, Köberl Johanna, Köck, Kurz;

Lampel, Ledl-Rossmann, Lindinger;

Mayer;

Novak;

Perhab, Pfister, Poglitsch, Posch-Gruska, Preineder, Pum;

Reich, Reisinger;

Saller, Schennach, Schödinger, Stadler, Stöckl;

Taucher, Temmel, Tiefnig, Todt;

Wilhelm, Winkler;

Zwazl.

*****

 


Präsidentin Ana Blatnik: Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Ausschuss­antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche jene Bundesräte und Bundesrätinnen, die diesem Antrag ihre Zustimmung erteilen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

13.59.482. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Börsegesetz 1989, das E-Geldgesetz 2010, das Finanzkonglomerategesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Investmentfondsgesetz 2011, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Zah­lungsdienstegesetz und das Zentrale Gegenparteien-Vollzugsgesetz geändert werden (162 d.B. und 189 d.B. sowie 9207/BR d.B.)

3. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz, das Investmentfondsgesetz 2011, das Alter­native Investmentfonds Manager-Gesetz und das Immobilien-Investment­fonds­gesetz geändert werden (176 d.B. und 190 d.B. sowie 9201/BR d.B. und 9208/BR d.B.)

 


Präsidentin Ana Blatnik: Wir kommen zu den Punkten 2 und 3 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatterin zu diesen beiden Punkten ist Frau Bundesrätin Winkler. Ich bitte um die


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Berichte.

 


14.00.25

Berichterstatterin Ingrid Winkler: Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Börse­ge­setz 1989, das E-Geldgesetz 2010, das Finanzkonglomerategesetz, das Finanzmarkt­auf­sichtsbehördengesetz, das Investmentfondsgesetz 2011, das Wertpapieraufsichts­ge­setz 2007, das Zahlungsdienstegesetz und das Zentrale Gegenparteien-Vollzugs­gesetz geändert werden.

Der Antrag liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich darf daher gleich zur Antragstellung kommen:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Juli 2014 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich darf gleich zum Bericht zu Tagesordnungspunkt 3 kommen: Bericht des Finanz­ausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz, das Investmentfondsgesetz 2011, das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz und das Immobilien-Investment­fonds­gesetz geändert werden.

Der Antrag liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form vor; ich darf daher gleich zur Antragstellung kommen:

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Juli 2014 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsidentin Ana Blatnik: Danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schreuder. – Bitte.

 


14.02.21

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Es ist schon 14 Uhr, und wir sind erst bei Tagesordnungspunkt 2 – ich glaube, ich werde dem Wunsch des Herrn Vizepräsidenten, sich kurz zu fassen, entsprechen. Bei TOP 3 werden wir zustimmen, bei TOP 2 würden wir zustimmen, allerdings muss ich sagen – wenn man uns vorwirft, demonstrativ dagegen zu stimmen –: Ja, wir werden demonstrativ dage­gen stimmen, und zwar aus einem ganz einfachen Grund. Das Europaparlament konnte für sich im Zusammenhang mit dem gemeinsamen Aufsichtsmechanismus eine ganze Reihe von Rechten erwirken, und das sind doch sehr erhebliche Rechte, die es bekommen hat.

Welche Rechte hat das Europaparlament gegenüber der EZB?

Erstens: Die EZB muss dem Europäischen Parlament die wichtigsten Infos aus den Protokollen des Rates, der Aufseher zur Verfügung stellen.

Zweitens: Die EZB hat sich aufgrund dieses Rechtes bereit erklärt, die Protokolle transparent zu machen, zu veröffentlichen.

Drittens: Die EZB muss dem Europaparlament gegenüber mündliche und schriftliche Anfragen beantworten, ja sogar vertrauliche Anfragen von Parlamentariern und Parlamentarierinnen muss die EZB beantworten. Natürlich müssen dann die ent­sprechen­den Antworten auch vertraulich behandelt werden, aber die Parlamentarier und Parlamentarierinnen haben da ein absolutes Kontrollrecht, auch bei den ver­traulichen Punkten.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 103

Viertens: Die EZB muss das Europaparlament regelmäßig über Aufsichtstätigkeiten informieren und unterrichten.

Diese Transparenz würden wir uns für das nationale Parlament, für die beiden Kammern im nationalen Parlament auch wünschen. Immer wenn es um so etwas geht, wird eine der wichtigsten Säulen der Demokratie, nämlich die Legislative, vergessen. Wir möchten das auch im Nationalrat und im Bundesrat, und deswegen werden wir dagegen stimmen. – Danke schön. (Beifall der Bundesrätin Reiter.)

14.04


Präsidentin Ana Blatnik: Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Bun­desrat Mayer. – Bitte.

 


14.04.31

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein herzliches Grüß Gott allen an den Bildschirmen zu Hause! Etwas ins Detail kann man ja gehen Kollege Schreuder, es geht ja nicht nur um die Aufsichtspflicht, sondern es geht auch um die Bankwesengesetz-Novelle und die Novelle des Alternative Investmentfonds Manager-Gesetzes.

Man kann da natürlich schon ein bisschen über das Thema referieren: Beim Bank­wesen­gesetz geht es um die Umsetzung einer EU-Verordnung. Die Bandbreite der Möglichkeiten ist da groß, und bei objektiver Betrachtung, Kollege Schreuder, geht die vorliegende Novelle schon in die Richtung, diese Bandbreite der Möglichkeiten zu nutzen. Im parlamentarischen Prozess wurde an der Regierungsvorlage noch einiges abgeändert, adaptiert, um den österreichischen Finanzmarkt gegenüber den anderen Mitgliedstaaten zu stärken.

Bei diesem von dir angesprochenen einheitlichen Aufsichtsmechanismus gibt es schon notwendige Anpassungen, was natürlich auch eine wesentliche Säule dieser Banken­union ist. Konkret geht es auch um den Übergang der Aufsichtskompetenz für sieben österreichische Banken, was ab November stattfinden soll. Diese europaweite Aufsicht ist auch ein Resultat der Finanzkrise, weil für europaweit agierende Institute die Aufsicht angepasst gehört. Da sind wir längst nicht mehr en vogue, das heißt, da sind einfach Anpassungen erforderlich.

Ein weiterer Schwerpunkt der BWG-Novelle ist die festgelegte Neuregelung der Bankenprüfung. Wie vorhin erwähnt, hat es da einige Adaptierungen gegeben, man hat auch verhindert, dass es zu einer Ausdehnung der Prüftätigkeit, also der Bürokratie kommt, denn ursprünglich war angedacht, das bei bis zu 1 Milliarde € Bilanzsumme zu machen; das konnte im Finanzausschuss des Nationalrates auf 5 Milliarden € erhöht werden. Das spart natürlich Kosten, und ich denke, das ist eine sinnvolle Berichtigung im Sinne der Verhältnismäßigkeit, und auch der Proportionalität wird damit Rechnung getragen. Wir sollten schon zwischen kleinen, regionalen Instituten, Banken und Sparkassen und international agierenden Großbanken unterscheiden. Das bedeutet auch, dass auf die kleinen Institute nicht zusätzliche Kosten zukommen werden.

Wir sind also der Auffassung, mit dem Aufsichtsgesetz ein qualitativ gutes Produkt geschaffen zu haben und auch für die Anleger Klarheit und Sicherheit zu gewährleis­ten. Wenn wir über diese Prüfungsmöglichkeit oder Aufsichtspflicht, was das Europä­ische Parlament anbelangt, reden, so muss man sagen, da sind wir sicher auf einem guten Weg. Es gibt vielleicht noch Möglichkeiten, das zu adaptieren, aber für unsere Abgeordneten im Europäischen Parlament ist damit die Möglichkeit gegeben, dies zu prüfen.


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Abschließend ein paar Bemerkungen zum Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz: Bekanntlich will die Kommission mit dieser Richtlinie erreichen, dass bislang unregulierte und risikoreiche Finanzprodukte nur von legitimierten Managern zu verwalten sind; somit war es auch Aufgabe der Regierung, einen klaren und nach­vollziehbaren Rahmen für die Regulierung und die Beaufsichtigung von alternativen Investmentfonds in Österreich zu schaffen. Das scheint, wie wir im Finanzausschuss gehört haben, durchaus gelungen zu sein. Wir sind damit auf dem richtigen Weg und werden gerne zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.08


Präsidentin Ana Blatnik: Als Nächster hat sich Herr Bundesrat Mag. Zelina zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.08.30

Bundesrat Mag. Gerald Zelina (STRONACH, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Frau Staatssekretärin! Das Kontrollversagen unserer Aufsichts­organe und Kontrolleinrichtungen ist eines der größten Probleme unserer Republik. Macht braucht nicht nur Kontrolle, sondern vor allem politisch unabhängige Kontrolle. Ohne funktionierende Kontrolle ufern Korruption und eingegangene Risiken der Regierungen aus.

Echte Demokratie setzt eine funktionierende Gewaltenteilung voraus. In der öster­reichischen Realität funktioniert Gewaltenteilung jedoch nur beschränkt. Jede Kon­trolle, jede Aufsicht wird von den Regierenden sofort zu unterwandern versucht, und zwar so, dass sie nicht mehr unabhängig ist und die Regierenden letzten Endes sich selbst kontrollieren. Politisch bestellte Richter, politisch besetze Kontroll- und Aufsichts­organe – die schwarzen Gemeinden haben eine schwarze Gemeindeaufsicht, die roten Gemeinden eine rote Gemeindeaufsicht. (Bundesrat Stadler: Wo ist das? In Oberösterreich ist es aber umgekehrt, Herr Kollege! – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Der Rechnungshofpräsident ist mit einfacher Regierungsmehrheit jederzeit abwählbar. Das Parlament ist mehr politische Show als Kontrollorgan der Regierung, Unter­suchungs­ausschüsse können mit einfacher Regierungsmehrheit jederzeit abgedreht werden.

Unser Hypo-Banken-Desaster zeigt das Nichtfunktionieren sämtlicher Aufsichtsorgane als Fallbeispiel besonders gut auf: innerbankliches Risikomanagement – funktioniert nicht, läutet bei Gefahr nicht Alarm; die Innenrevision der Bank – funktioniert nicht, läutet bei Gefahr nicht Alarm. Der Bankvorstand übernimmt keine Haftung für Bilanzen mit falschen Bewertungsansätzen. Faule Kredite, von denen man weiß, dass sie faul sind, werden nicht abgeschrieben und weit über Wert bilanziert.

Die Wirtschaftsprüfer, die die Bilanzen prüfen sollen, schweigen zu offensichtlichen Kreditrisiken und setzen trotz falscher Kreditbewertungen überall ihren Bestätigungs­vermerk darunter. Der Aufsichtsrat der Bank funktioniert nicht, kontrolliert nicht den Vorstand, sondern deckt den Vorstand. Unsere Aufsichtsräte sind nur an ihren Tan­tiemen interessiert, und ihre Hauptqualifikation besteht darin, Kumpel des Vorstands­chefs zu sein und ihn schön in Ruhe zu lassen.

Die österreichische Finanzmarktaufsicht funktioniert nicht. Statt Banken auf faule Kredite und ausreichendes Eigenkapital zu prüfen, verfolgt man mit 400 Mitarbeitern lieber monatelang einen kleinen Schuhmacher im Waldviertel, der es gewagt hat, bankenunabhängig Kredite aufzunehmen. Die österreichische Finanzmarktaufsicht kontrolliert nicht unsere Banken, sondern schützt sie vor neuem Wettbewerb – das ist


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ihre wahre Aufgabe, wenn man sie an ihren Handlungen misst. Bankenprobleme werden nicht aufgedeckt, sondern vertuscht und zugedeckt.

Die Oesterreichische Nationalbank funktioniert auch nicht als Bankenaufsicht, auch die Nationalbank deckt Bankenprobleme lieber zu als auf. Ein Untersuchungsausschuss zur Hypo wird von der Regierung nicht zugelassen. Ein Interesse, diese ganze kriminelle Energie und die Hypo-Machenschaften aufzudecken, ist seitens der Regie­rung anscheinend nicht gegeben.

Da kann man eigentlich nur froh sein, dass die Bankenaufsicht nun zur EZB, zur Europäischen Zentralbank auf überstaatliche europäische Ebene wandert. Ob die EZB als oberste Bankenaufsicht unabhängiger agieren wird, bleibt abzuwarten. – Vielen Dank.

14.12


Präsidentin Ana Blatnik: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Lampel. – Bitte.

 


14.12.32

Bundesrat Michael Lampel (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die Aussagen meines Vorredners haben mich als Bürgermeister schon etwas überrascht. Ich bin Bürgermeister einer Gemeinde, die SPÖ-dominiert ist, und vor wenigen Monaten gab es eine Gebarungs­prüfung durch die dafür zuständige Gemeindeabteilung. Die Gemeinden unterstehen im Burgenland politisch Landeshauptmann-Stellvertreter Steindl, und man kann nicht sagen, dass Steindl einer roten Fraktion angehört. Also ich weiß nicht, wie Sie darauf kommen, dass rote Prüfer rote Gemeinden prüfen. (Bundesrat Zelina: Burgenland ist ein Vorbild …! – Zwischenruf des Bundesrates Stadler.)

Aber jetzt zum Thema, das wir heute debattieren – ich werde mich in meinen Ausführungen sehr kurz halten –, zum Bereich Finanzmarktaufsicht: Einer meiner Vorredner hat das bereits ausgeführt, es ist ganz klar, dass die heute immer wieder erwähnte Finanz- und Wirtschaftskrise, die Vorfälle bei den Banken natürlich zur Folge hatten, dass über Aufsicht und Kontrolle von Banken diskutiert werden musste. Das heißt, dass auch die Kontrolle der Banken, die Aufsicht der Banken neu geregelt werden muss, um ähnliche Vorfälle beziehungsweise erforderliche Rettungspakete für Banken hinkünftig zu vermeiden.

Durch dieses heute zu beschließende Gesetz wird daher die Bankenaufsicht neu geregelt. Die Europäische Zentralbank übernimmt ab November 2014 die Aufsicht über heimische Kreditinstitute, wobei man schon sagen muss – und das hat einer meiner Vorredner auch gesagt –, dass nur die bedeutenden und systemrelevanten Banken geprüft werden, zum Beispiel die Erste Group, die Bank Austria über die UniCredit oder auch die Raiffeisen Zentralbank, um nur einige zu nennen. Die kleinen Bankinstitute werden weiterhin durch die Oesterreichische Nationalbank und die Finanzmarktaufsicht geprüft, denn würden diese auch durch die EZB geprüft werden, würde das einen nicht umsetzbaren Verwaltungsaufwand für die kleinen Kreditinstitute bedeuten.

Die Regelungen zur neuen Bankenaufsicht auf europäischer und nationaler Ebene sind eine ganz klare Richtungsentscheidung, eine Richtungsänderung der bisherigen europäischen Bankenpolitik.

Die Banken sollen sich wieder auf die klassischen Geschäftsgrundlagen konzentrieren. Ich möchte betreffend den Begriff „Bank“ aus Wikipedia zitieren, wo es heißt:

„Geld, das nicht unmittelbar gebraucht wird, kann von den Haushalten zur späteren Verwendung gespart werden. Unternehmen, die große Investitionen tätigen, können diese in der Regel nicht vollständig aus eigenen Mitteln finanzieren. Durch Aufnahme


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von Krediten können Investitionen zum Teil fremdfinanziert werden. Die Entgegen­nahme von Spareinlagen und anderen Vermögenswerten zur sicheren Verwahrung und die Kreditvergabe bilden die klassische Geschäftsgrundlage einer Bank.“

Das Ziel muss also hinkünftig sein, dass wir sowohl in Österreich als auch in Europa eine wirksame Finanzmarktaufsicht haben, in Europa einen sicheren und soliden Finanzsektor vorfinden, einen stabilen Finanzmarkt, vor allem im Interesse der Sparer und der Steuerzahler. Daher wird meine Partei diesem Gesetz auf jeden Fall die Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

14.16


Präsidentin Ana Blatnik: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Pisec. – Bitte.

 


14.16.44

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Staats­sekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin, ich möchte meine Wertschätzung dafür ausdrücken, dass du als eine der wenigen hier im Bundesrat meinen slowenischen Namen richtig aussprichst. Das wollte ich einmal betonen, und ich freue mich auf eine gelungene Präsidentschaft Kärntens. Auch meinem Vorredner, Kollegen Michael Lampel, möchte ich zu seiner gelungenen Präsidentschaft wirklich sehr herzlich gratulieren.

Dieses Gesetz ist ein gutes Gesetz, dem stimmen wir zu. Ich möchte die Kritik, die etwas zu harsche Kritik meines Vorvorredners, des Herrn Kollegen Zelina, nicht teilen. Sie war zum Zeitpunkt des Höhepunktes oder der Ursache der Finanzkrise 2008 vielleicht berechtigt, als eine Reihe von europäischen Banken – österreichische Banken waren sicher auch dabei – Asset-Backed Securities, mündelsichere Wertpapiere in ihre Assets gebucht haben, die sich dann als Totalausfall herausgestellt haben, weil die Banken das Underlying, also den Basiswert nicht geprüft haben.

Die Banken haben daraus gelernt, haben Schaden erlitten, haben daraufhin Com­pliance-Vorschriften erstellt und sind wirklich auf dem Weg der Besserung. Ich würde das nicht so kritisch sehen; abgesehen davon sind Compliance-Vorschriften nicht Teil des parlamentarischen Diskurses, weil sie Angelegenheit der internen österreichischen Bankenlandschaft sind.

Dieses Gesetz ist deswegen ein gutes Gesetz, weil Aufgaben der Oesterreichischen Nationalbank und der Finanzmarktaufsicht an die EZB übertragen werden. Damit werden aber auch die Aufgaben der Oesterreichischen Nationalbank reduziert, und in diesem Sinne muss man sich langsam die Frage stellen: Was sind denn überhaupt die Aufgaben der Oesterreichischen Nationalbank, und brauchen wir so einen aufgebläh­ten Apparat hier in Österreich überhaupt noch? – Ich meine: Nein.

Die Geldpolitik ist bei der EZB, die Aufbewahrung der Währungsreserven ist bei der EZB, und eine parteipolitische Versorgungsanstalt, wie sie die Oesterreichische Nationalbank leider, leider geworden ist, brauchen wir hier nicht.

Die FMA hingegen braucht noch mehr Mitarbeiter. 400 klingt viel, um einen Kapitalmarkt, um einen Finanzmarkt seriös beaufsichtigen zu können, besteht aber noch weiter Bedarf. Es ist zu hoffen, dass der Insiderhandel von der Bankenaufsicht – mit Übertragung von Kompetenzen an die EZB – in Österreich vermehrt kontrolliert und hintangehalten wird, vor allem bei staatsnahen Betrieben war das in den letzten Jahren sehr auffällig.

Ein anderer Punkt dieser Tagesordnung betrifft das Risikokapital, betrifft Private Equity: Private Equity ist wichtig für Neugründungen von Unternehmen, wichtig für die Kreativwirtschaft, wichtig für innovative junge Unternehmen, damit sie Risikokapital


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bekommen – das erhält man heute aufgrund der Kreditklemme, sage ich einmal, von den Banken nicht mehr so leicht als Unternehmer, als Unternehmen. Private Equity hat aber auch einen Risikobezug für Privatinvestoren.

Deswegen ist es ein gutes Gesetz, denn einerseits wird das Volumen von Risikokapital erweitert, indem private Investoren daran teilnehmen dürfen, andererseits aber auch mit einem Betrag von 100 000 € limitiert.

Beteiligungskapital, Private Equity, ist nicht handelbar, hat keinen Börsenplatz, man kann leicht einen Totalverlust erleiden, auf der anderen Seite kann man natürlich auch enorme Gewinne einfahren. Daher ist dies hier ein ambivalentes Spiel: einerseits Öffnung, andererseits aber auch Schutz des Privatanlegers vor den Kräften des Finanzmarktes.

Für Kleinanleger würde ich etwas anderes empfehlen, nämlich eine einfache Aktie zu kaufen, weil meine Kollegin Zwazl, die jetzt nicht hier ist, im Finanzausschuss gefordert hat, dass kleinere Stückelungen platziert werden und somit auch erworben werden können sollten. Eine einfache Aktie ist wertbeständiger als so manch anderes Risikoprodukt, Risikokapital.

Eine namhafte Investmentbank hat errechnet – weil heute schon der Begriff 1914 gefallen ist, das hundertjährige Gedenkjahr –, hätte man 1914 100 US-Dollar – ich darf es deswegen in US-Dollar nennen, weil es sich auf den amerikanischen Markt bezieht – in Aktien angelegt, hätte man heute 1,3 Millionen US-Dollar, also 1 Million €. Hätte man 1914 100 US-Dollar in einer Wohnimmobilie angelegt, hätte man 80 000 US-Dol­lar. Hätte man 1914 eine Anleihe im Wert von 100 US-Dollar gekauft, hätte man heute 12 800 US-Dollar. Man sieht also, wie leicht und wie interessant es auch für den Kleinstanleger ist, in Aktien zu investieren.

Dies nur als Beispiel dafür, dass man vielleicht den Wertpapiermarkt, den Kapitalmarkt nicht nur verteufeln, nicht nur dämonisieren sollte, sondern auch für Unternehmer und für private Investments auch von Kleinstanlegern nützen sollte. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

14.22


Präsidentin Ana Blatnik: Als Nächste hat sich Frau Staatssekretärin Mag. Steßl zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr dieses.

 


14.22.13

Staatssekretärin im Bundesministerium für Finanzen Mag. Sonja Steßl: Frau Präsidentin! Vorab bedanke ich mich für die sehr sachliche Diskussion zu diesen beiden Tagesordnungspunkten. Auf der Tagesordnung steht die Novellierung des Bankwesengesetzes und anderer Aufsichtsgesetze, die auch einen sehr wichtigen Bereich abdecken, nämlich die Umsetzung von nationalen Begleitmaßnahmen im Rahmen von bestimmten Aufgaben der Bankenaufsicht durch die Europäische Zentralbank.

Ich glaube – wir haben das heute auch schon in der Früh kurz diskutiert –, die Euro­päische Bankenunion und auch die gemeinsame Europäische Bankenaufsicht sind ein wichtiger Schritt, damit man aus der Finanz- und Wirtschaftskrise auch die richtigen Lehren ziehen kann. Auch bei diesem Gesetz gilt, dass die Aufsichtsbehörden reibungslos zusammenarbeiten können, also einerseits die Europäische Zentralbank und andererseits die Finanzmarktaufsicht und die Oesterreichische Nationalbank.

Zu den Ausführungen von Bundesrat Zelina nur ganz kurz: Ich glaube, dass gerade in so sachlichen Diskussionen pauschale Verurteilungen oder pauschale Vorwürfe an unsere Aufsichtsbehörden nicht dienlich sind. Ich meine, dass unsere Aufsichtsbe­hör-


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den sehr, sehr gut funktionieren, sowohl die Oesterreichische Nationalbank als auch die Finanzmarktaufsicht.

Der zweite Hauptpunkt in dieser Novelle, meine geschätzten Damen und Herren, ist die Überarbeitung des bankaufsichtlichen Prüfberichts, wo eben auch verwaltungs­refor­matorisch eingegriffen werden wird.

Einen wichtigen Punkt hat der Vorredner auch angesprochen, nämlich das sogenannte AIMFG, also das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz. Wir haben eigentlich zwei Ziele mit diesem Gesetz verfolgt. Das eine Ziel ist, dass man neue Voraus­setzungen für den Zugang zu Anteilen an Finanzierungsgesellschaften für Privatan­leger schafft, es ist auch so im Regierungsprogramm vereinbart. Ich glaube, dass wir damit auch die Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen erhöhen. Und mir war es auch ein besonders wichtiges Anliegen, den Kleinanlegerschutz umzusetzen, denn alternative Investmentformen sind nun einmal risikoreicher und teilweise nicht sehr gut handelbare Investitionsformen. Kleinanleger haben oft nicht denselben Informations­stand wie etwa sehr, sehr professionelle Anleger oder Anlegerinnen, die bereits am Markt investiert haben. Daher wurde hier auch eine Form geschaffen, dass etwa auch der qualifizierte Privatanleger und andere Privatanleger in einer Mindesthöhe von 100 000 € in Private Equity-Dachfonds investieren können.

Und das zweite Ziel dieser Novelle des AIMFG war es, dass der übermäßige Rückgriff auf die AIF-Manager, auf Ratingagenturen verringert werden soll. Was heißt das jetzt? – Die Verwalter von Pensionskassen, von alternativen Investmentformen sollen künftig nicht mehr ausschließlich auf externe Ratings von Agenturen Bezug nehmen, sondern eben mit der gebotenen Sorgfalt auch eigene Prüfungen durchführen müssen. Dementsprechend werden dann auch die Risikomanagementsysteme angepasst werden. Ich bedanke mich auch hier für Ihre Zustimmung. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.26


Präsidentin Ana Blatnik: Ich danke dir, liebe Frau Staatssekretärin.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist ge­schlossen.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz und weitere Gesetze geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz und weitere Gesetze geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 109

14.27.534. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzstrafgesetz geändert wird (Finanzstrafgesetznovelle 2014 – FinStrG-Novelle 2014) (177 d.B. und 191 d.B. sowie 9209/BR d.B.)

5. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Elektrizitätsabgabegesetz geändert wird (163 d.B., 342/A und 192 d.B. sowie 9210/BR d.B.)

6. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen in der Fassung des am 1. Juni 2011 in Kraft getretenen Protokolls (179 d.B. und 193 d.B. sowie 9211/BR d.B.)

7. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Vogtei Guernsey über den Informations­aus­tausch in Steuersachen (143 d.B. und 194 d.B. sowie 9212/BR d.B.)

8. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend Protokoll zur Unterbin­dung des unerlaubten Handels mit Tabakerzeugnissen (135 d.B. und 195 d.B. sowie 9213/BR d.B.)

 


Präsidentin Ana Blatnik: Wir kommen nun zu den Punkten 4 bis 8 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu diesen Punkten ist Herr Bundesrat Lampel. Ich bitte um die Be­richte.

 


14.28.48

Berichterstatter Michael Lampel: Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzstrafgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Juli 2014 mit Stim­menmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich komme zum nächsten Bericht: Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Elektri­zitäts­abgabegesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen ebenfalls in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antragstellung.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 110

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Juli 2014 mit Stim­menmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich komme zum nächsten Bericht: Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuer­sachen in der Fassung des am 1. Juni 2011 in Kraft getretenen Protokolls.

Der Bericht liegt Ihnen ebenfalls schriftlich vor, ich komme daher gleich zur Antragstel­lung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Juli 2014 mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 2 Ziffer 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich komme zum nächsten Bericht: Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Vogtei Guernsey über den Informationsaustausch in Steuersachen.

Der Bericht liegt Ihnen ebenfalls schriftlich vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Juli 2014 mit Stim­menmehrheit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 2 Ziffer 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich komme zum nächsten Bericht: Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend Protokoll zur Unterbindung des unerlaubten Handels mit Tabakerzeugnissen.

Der Bericht liegt Ihnen ebenfalls schriftlich vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Juli 2014 mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsidentin Ana Blatnik: Ich danke für die Berichte.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Krusche. Ich erteile ihm dieses.

 


14.31.36

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Frau Präsident! Frau Staatssekretär! Meine Damen und Herren und Zuseher zu Hause! Wir haben es hier im Rahmen dieser Debatte mit insgesamt fünf Gesetzen zu tun. Vier davon finden unsere Zustim­mung, auf diese werde ich daher auch nicht näher eingehen.

Eines allerdings, nämlich das Elektrizitätsabgabegesetz, können wir nicht in der vorlie­genden Form gutheißen. Im Vorblatt des Entwurfes zu diesem Gesetz ist die „Förde­rung der umweltfreundlichen Erzeugung elektrischer Energie“ als Ziel definiert. Das klingt eigentlich in Anbetracht der Tatsache, dass in Wahrheit jene, die für den Eigen-


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bedarf Energie produzieren und diese Energie selbst verbrauchen, auch noch dafür bezahlen müssen, eher zynisch.

1,5 Cent pro Kilowattstunde, allerdings erst ab 25 000 Kilowattstunden pro Jahr. Das ist ausreichend für ein Einfamilienhaus, das in etwa einen Bedarf von 4 000, 4 500 Kilo­wattstunden pro Jahr hat. Aber es gibt doch auch sehr viele Verbraucher, die grünen Strom für den Eigenbedarf produzieren. Ich denke da an Bauern, Gewerbe­betriebe, aber auch Kommunen und Genossenschaften beispielsweise, die dann da voll in die Pflicht kommen und für das, was sie selbst produziert haben und in das sie auch ihr Geld investiert haben, eine Abgabe zahlen müssen.

Ich darf nur vielleicht ein kleines Beispiel nennen. Wir in Leoben haben jetzt ein For­schungsprojekt im Laufen. Das nennt sich STELA, das heißt Smart Tower Enhance­ment Leoben Austria. Das ist ein durchaus innovatives Projekt, wo es um größere Mehrparteienhäuser geht, also fünf-, sechsgeschoßige Wohnblöcke aus den siebziger Jahren, die nicht nur, wie es bisher üblich war, umfassend gedämmt und saniert wer­den sollen, damit Energie gespart wird, sondern hier ist sehr viel Innovation dahinter. Es sollen Pufferelemente vorgesetzt werden, die auch dazu dienen, die Wohnqualität zu verbessern, zusätzlichen Wohnraum zu schaffen und natürlich auch mit einer Photovoltaikanlage Strom zu produzieren. Das soll dann auch noch mit e-mobility in Verbindung gebracht werden. Das heißt, in so einem Haus gibt es dann ein Elektro­fahrzeug, das dort aufgetankt wird. Und das können die Bewohner in einer Art Sharing dann benützen. Also ein wirklich umweltbewusstes Projekt.

Aber glauben Sie mir, es ist schwierig genug, die Mieter davon zu überzeugen, dass sie sich da beteiligen, weil sie natürlich Angst haben, dass zusätzliche Kosten auf sie zukommen. Einerseits wird womöglich die Fläche, für die sie Miete zu bezahlen haben, größer. Es sind die Investitionskosten. Und jetzt kommt auch noch die Angst dazu, dass sie für den Strom, den sie selbst produzieren, quasi Strafe zahlen müssen.

Deshalb sehen wir diesen Gesetzentwurf als kontraproduktiv im Sinne der umwelt­bewussten Energieproduktion an. Und ich bin auch schon gespannt, welche Verren­kun­gen mein Nachredner aus Vorarlberg machen wird, oder vielleicht wird er diesem Gesetz auch die Zustimmung verweigern, denn schließlich hat die Vorarlberger Landes­regierung eine Stellungnahme dazu abgegeben, die sich mit unseren Argu­menten weitgehend deckt, und gesagt, in Anbetracht der angestrebten Energie­auto­nomie des Landes Vorarlberg sei dieses Gesetz kontraproduktiv. Deshalb werden wir auch nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.36


Präsidentin Ana Blatnik: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Brunner. Ich erteile ihm dieses.

 


14.36.20

Bundesrat Dr. Magnus Brunner, LL.M (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zuerst werde ich natürlich auch auf das Gesetz eingehen, das vom Kollegen Krusche angesprochen worden ist. Was mich etwas in der Argumentation verwundert, ist, vor zwei Jahren hat die FPÖ gegen die große Novelle des Ökostromgesetzes, gegen den Ausbau von erneuerbaren Energien gestimmt, und heute tut man bei verschiedenen Gesetzen so, auch noch später beim Energieeffizienzgesetz, als würden wir da etwas verhindern. Also diesen Zusam­men­hang, lieber Kollege Krusche, verstehe ich nicht. (Beifall des Bundesrates Schreuder. – Zwischenruf des Bundesrates Krusche.) Auf der einen Seite dagegen sein, wenn es um den Ausbau von Erneuerbaren geht, wenn es um Energieeffizienz geht, und dann die Ausführungen zu diesem Tagesordnungspunkt, das ist doch etwas seltsam. (Zwi­schenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Ja, natürlich.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 112

Zu dem vom Kollegen Krusche angesprochenen Punkt, was die Landesregierung betrifft: Ich kann natürlich inhaltlich einige deiner Argumente auch nachvollziehen, das ist überhaupt keine Frage. Natürlich ist der Eigenverbrauch beispielsweise für die Stabilisierung der Netze sehr, sehr wichtig. Auch die Amortisationszeit für Photo­voltaikanlagen hätte sich verlängert, wenn man den Erlass mit den 5 000 Kilowatt­stunden übernommen hätte.

Dieser – und das ist heute eigentlich der Punkt – Photovoltaik-Erlass des Finanzminis­teriums von Ende Februar hat für große Kritik gesorgt, hat große Aufregung auch in der Branche verursacht, obwohl es diese Elektrizitätsabgabe schon seit den neunziger Jahren gibt. Bisher hat sich niemand aufgeregt. Allerdings hat sich jetzt die Situation verändert, weil die Photovoltaik ausgebaut wird und auch, und das erst seit letztem Jahr, weil es aufgrund der gesunkenen Einspeisetarife jetzt im Wesentlichen interes­santer ist, den Strom selbst zu verwenden und erst das, was man nicht mehr selbst braucht, einzuspeisen. Das ist eigentlich der Grund.

Da hat es Diskussionen gegeben. Das Finanzministerium hat diese Kritik gleich aufgegriffen. Es hat auch einen sehr konstruktiven runden Tisch gegeben, wo die federführenden Beamten – sie sind auch heute hier anwesend – auch sehr konstruktiv mitverhandelt und nach Lösungen gesucht haben. Und diese Lösung bedeutet eben, dass die Grenze von 5 000 Kilowattstunden auf 25 000 Kilowattstunden pro Jahr ange­hoben worden ist, was zur Folge hat, dass bis zu 25 000 Kilowattstunden keine Steuer zu bezahlen ist und dann sozusagen nur der Überling berechnet wird. Und es wurden auch Bagatellgrenzen eingezogen. Wenn beispielsweise pro Monat unter 50 € an Steuern anfallen würden, dann hat man es nur jährlich zu zahlen. Oder wenn im Jahr nur 50 € insgesamt anfallen, dann muss man gar nichts zahlen. Also hier gibt es eine sehr konstruktive Lösung, wie ich meine.

Schulen, Gemeindehäuser, Mittelbetriebe, auch landwirtschaftliche Betriebe fallen jetzt großteils nicht mehr unter die Steuerpflicht, weil eben die 25 000 Kilowattstunden an Eigenverbrauch, es geht um den Eigenverbrauch, nicht erreicht werden.

Ich darf zum Abschluss den Präsidenten des Photovoltaikverbandes zitieren, der bei diesen Verhandlungen mit dabei war und diese Lösung auch mitverhandelt hat, so wie auch die Landwirtschaftskammer und andere Stakeholder in diesem Bereich. Alle sind mit dieser Lösung sehr zufrieden. Der Präsident der PVA Hans Kronberger hat gemeint: „Die Entscheidung des Parlaments war eine Sternstunde des Hausver­stands.“

Ich glaube, es schadet auch in der Politik nicht, wenn man ab und zu diesen Haus­verstand einsetzt. Und das tun wir mit diesem Gesetz. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

14.40


Präsidentin Ana Blatnik: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schreuder. Ich erteile ihm dieses.

 


14.40.34

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Es sind ja, wie gesagt, viele Gesetze, die wir jetzt besprechen, und wie es halt so üblich ist, spricht man immer lieber über das, was einem nicht gefällt, als über das, was einem gefällt. So ist das in der Politik.

Also gleich zum ersten Punkt, dem Finanzstrafgesetz. Dem werden wir unsere Zustimmung nicht geben können. Um es ganz kurz zu machen, warum das so ist: Wir lehnen es deswegen ab, weil das im internationalen Vergleich wirklich ein erster kleiner, zögerlicher Minischritt ist hin zu mehr Steuergerechtigkeit.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 113

Wenn man sich die Debatten in Deutschland anschaut – was natürlich sicher auch an den Promifällen liegt, keine Frage –, wie es da erst zu einer Strafbefreiung bei Selbst­anzeigen kommt, und da will man noch mehr machen und noch schärfer vorgehen: Die würden über das, was wir in Österreich da machen, lachen, zumal es in Deutsch­land ja nur dann eine Strafbefreiung bei Selbstanzeige gibt, wenn die Betriebsprüfung noch nicht angekündigt wurde. Wir machen das jetzt möglich, wenn die Prüfer schon im Haus stehen. Also das ist schon ein ziemlich großer Unterschied.

Zum TOP 5, das ist der Bereich, über den jetzt ohnehin schon sehr viel diskutiert worden ist: Wir stimmen dem zu. Und da unterscheiden wir uns vielleicht ein bisschen von der FPÖ. Ich teile Ihre Kritik in einem großen, erheblichen Maß, aber bei Abwä­gung der Frage: Ist das ein guter Schritt vorwärts oder bin ich so dagegen, weil es ganz anders sein soll?, meine ich, das ist ein großer Schritt vorwärts, auch wenn ich mir mehr gewünscht hätte. Deswegen werden wir sehr gerne zustimmen, auch – und das ist ganz kurz zusammenfassbar – wenn unser Wunsch natürlich wäre, dass der Eigenverbrauch aus erneuerbarer Energie von der Elektrizitätsabgabe, auch als Steuerinstrument und als Lockmittel sozusagen, grundsätzlich befreit wäre.

Ich möchte mich aber auch noch bei den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen vom Finanzministerium bedanken. Wir hatten ja noch eine Frage im Vorfeld, weil das für uns aus dem Gesetz nicht ganz klar ersichtlich war, ob jetzt diese Anhebung pro Anlage gilt oder pro Zähler. Das ist ja doch ein sehr erheblicher Unterschied. Dazu wurde mir mittlerweile gesagt, dass es da einen Erlass gibt, dass es pro Anlage gilt. Da hätten wir uns natürlich pro Zähler gewünscht. Das ist keine Frage. Wir sind nun einmal Grüne, und je mehr Anreize man da schafft, umso lieber ist es uns.

Aber wie gesagt, es ist ein guter Schritt vorwärts, ein unterstützenswerter Schritt vorwärts. Deswegen werden wir diesen Schritt unterstützen, auch wenn man Kritik üben kann und man mehr haben möchte.

Dem nächsten Punkt und auch dem TOP 8 stimmen wir uneingeschränkt zu, aller­dings: Das Abkommen mit der Steueroase Guernsey müssen wir unbedingt ablehnen. Da gibt es für uns keinen Grund, das als Schritt vorwärts zu sehen und zu sagen: Ja, das finden wir super.

Über Guernsey weiß ja jeder, der sich ein bisschen mit Steueroasen beschäftigt, Bescheid. Dort gibt es oft in einem Gebäude 20 000 angemeldete Firmen, die weltweit Bananen exportieren – von der Kanalinsel Guernsey. Diese Geschichten kennen wir.

Grundsätzlich ist es ein Fortschritt oder wäre es gut, wenn es zwischen sogenannten Steueroasen und Österreich oder noch besser der Europäischen Union Informations­abkommen gäbe, nur können wir die Ernsthaftigkeit dieses Abkommens nicht sehen, zumal eine ganze Reihe von Steuern oder eigentlich die wesentlichsten Steuern bei diesem Abkommen ausgenommen sind: Umsatzsteuer, Mehrwertsteuer, Vermögen­steuer. Die sind hier ja ausgeklammert.

Darüber hinaus gibt es ein Problem, das ja ein grundsätzlicheres Problem ist. Für uns ist dieses Abkommen auch totes Recht, aus einem ganz einfachen Grund: Es wird ja die Amtshilfe in diesem Abkommen festgehalten. Allerdings hat auch der Rechnungs­hof mittlerweile festgestellt, dass Österreich noch nie, kein einziges Mal Amtshilfe oder Auskünfte bei solchen Abkommen in Anspruch genommen hat. Und es ist leider nicht zu erwarten, dass sich das ändern wird.

Wenn man so viel ausklammert wie bei diesem Guernsey-Abkommen – und die schließen momentan viele bilaterale Abkommen –, dann muss man schon ganz klar sagen, dass hier ein Offshore Financial Center suggerieren möchte, jetzt transparent zu sein und gegen Steuerbetrug oder Steuerhinterziehung vorgehen zu wollen. Ich


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emp­finde das Ganze bei diesen Ausklammerungen schon ein wenig als PR-Gag, auf den die Republik aus unserer Sicht eigentlich nicht hätte eingehen sollen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

14.46


Präsidentin Ana Blatnik: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Füller. Ich erteile ihm dieses.

 


14.46.06

Bundesrat Christian Füller (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist – und ich halte es für besonders wichtig, dass bei uns im Steuerwesen Gerechtigkeit vorherrscht – für die Masse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, der Unterneh­me­rinnen und Unternehmer, der Landwirte, die tagtäglich im Arbeitsleben stehen, eine Selbstverständlichkeit, auch wenn es nicht immer lustig ist, ihre Steuern zu begleichen.

Aber es gibt auch einen Unterschied: Diese Menschen haben ja auch nicht die Mög­lichkeit, in irgendeiner Form Steuern zu hinterziehen. Einerseits wird die Steuer gleich vom Lohn abgezogen, andererseits wird ein Teil der Steuern – ich denke an die Mehrwertsteuer – gleich direkt an der Verkaufskassa eingehoben. Aber eine kleine Minderheit schafft es immer wieder, Geld am Finanzamt vorbei in irgendwelche Steuerparadiese zu verschieben. Das ist für mich – wenn wir schon oft die Debatte über Sozialschmarotzertum führen – ein Akt von wirklichem Schmarotzertum.

Steuern sind ja per se nichts Schlechtes. Sie schaffen letztendlich unsere Infrastruktur im Bereich der Bildung, im Bereich des Verkehrs oder machen die heute auch schon mehrmals erwähnte Breitbandmilliarde für den flächendeckenden Internetzugang möglich und vieles andere mehr, damit wir eben als Land erfolgreich dastehen können. Diese Infrastruktur wird von allen genutzt, daher ist es auch nur recht und billig, dass alle ihren dementsprechenden Anteil dazu leisten.

Mit der uns heute vorliegenden und am 10. Juni im Ministerrat beschlossenen Novelle werden die Bestimmungen für Selbstanzeigen anlässlich von Finanzprüfungen, also Nachschauen oder Betriebsprüfungen, ab 1. Oktober 2014 verschärft. Ich möchte aber auch betonen, dass eine Selbstanzeige nicht automatisch ein schuldhaftes Verhalten darstellt oder ein solches vorliegen muss. Wir haben das hinreichend im Ausschuss vorgestern diskutieren können.

Die strafbefreiende Wirkung einer Selbstanzeige bei vorsätzlichen oder grob fahr­lässigen Finanzvergehen bleibt zwar erhalten, es wird jedoch in Zukunft ein Zuschlag eingehoben. Also der hinterzogene Abgabenbetrag plus Zuschlag. Das macht zum Beispiel bei einem Betrag von 250 000 € einen Zuschlag von 30 Prozent aus.

Wurde bereits einmal hinsichtlich des gleichen Tatbestandes eine Selbstanzeige erstattet, hat die wiederholte Selbstanzeige keine nochmalige strafbefreiende Wirkung.

Laut Finanzministerium werden hier bis 2018 Mehreinnahmen von 205 Millionen € erwartet.

Mit dem im zuständigen Ausschuss des Nationalrates eingebrachten Abänderungs­antrag soll zudem ermöglicht werden, dass die Bescheidausfertigung bei Selbstanzei­gen in Zukunft verwaltungsökonomischer passiert.

Trotz vieler Diskussionen um Verwaltungsreform – Kollege Zelina hat es heute schon angesprochen –, um schlanker Staat, dicker Staat, fetter Staat und so weiter, was da alles immer wieder kommt, möchte ich aber hier auch darauf hinweisen, dass es wichtig ist, dass es bei den Betriebsprüferinnen und Betriebsprüfern auch dement­sprechende Ressourcen gibt, sowohl in personeller Hinsicht als auch was die


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Ausstattung anbelangt, denn sämtliche Daten zeigen uns, dass die Prüferinnen und Prüfer ein Vielfaches von dem an Steuermitteln einbringen, was sie kosten. Ich habe da eine Zahl im Kopf von zwischen 1,3 Millionen und 1,4 Millionen € pro Prüfer und Jahr.

Offensichtlich hat man auch im Zuge des Ausbaus der KIAB und der Finanzpolizei letztendlich festgestellt, dass es wichtig ist, eine entsprechende Anzahl von Prüfe­rinnen und Prüfern zu haben und dass die Prüfungsdichte erhöht werden muss. Früher hat man einige Jahre gehabt, in denen die Anzahl der Prüferinnen und Prüfer abge­nom­men hat. Jetzt versucht man wieder verstärkt, Leute auszubilden. Die Praxis zeigt, dass dort jahrelange Erfahrung und Sachkenntnis notwendig sind, um sich dement­sprechend einarbeiten zu können. Jetzt versucht man, wie gesagt, wieder verstärkt, Prüferinnen und Prüfer auszubilden. Wir müssen aber davon ausgehen, dass diese letztendlich nur die Abgänge in Richtung Pension ersetzen werden.

Ich komme nun zum Tagesordnungspunkt 5. Es ist heute schon sehr umfassend über das Elektrizitätsabgabegesetz diskutiert worden. Da kann ich mich nur den Kollegen Dr. Magnus Brunner und Marco Schreuder anschließen. Es wurde sehr umfassend darüber berichtet, und im Sinne der Zeitökonomie habe ich mich entschlossen, meinen Beitrag dazu zu streichen. (Beifall des Bundesrates Günther Köberl.) – Danke, Kollege Köberl.

Unter TOP 6 diskutieren wir das multilaterale Abkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen. Dieses wird von den Mitgliedstaaten des Europarats und der OECD unterzeichnet. Es soll einfach die Zusammenarbeit zwischen den Steuer­behörden im Bereich des Informationsaustausches, der Vollstreckungshilfe und der Zustellung von Schriftstücken regeln.

In Ergänzung zu den bereits vorhandenen Doppelbesteuerungsabkommen Öster­reichs – rund 90 an der Zahl – ist dieses Abkommen auch relevant für Mitgliedstaaten des Europarates, der OECD, mit denen Österreich noch kein bilaterales Abkommen geschlossen hat. Innerhalb der EU erfolgt ja die Amtshilfe auch über die Betreibungs­richtlinie und die Amtshilferichtlinie.

Wir halten dieses multilaterale Abkommen, aber auch die anderen Tagesordnungs­punkte für wichtig. Wir unterstützen diese und werden diesen Gesetzesvorlagen, allen diesen Tagesordnungspunkten unsere Zustimmung erteilen, weil wir sie für richtig und wichtig halten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.52


Präsidentin Ana Blatnik: Als Nächste hat sich Frau Staatssekretärin Mag. Steßl zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.

 


14.52.13

Staatssekretärin im Bundesministerium für Finanzen Mag. Sonja Steßl: Frau Präsidentin! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Es freut mich persönlich sehr, dass der Nationalrat bereits im Juli die Verschärfung bei den Selbstanzeigen beschlossen hat und dass diese Novelle heute dem Bundesrat zur Beschlussfassung vorliegt. Denn erst Mitte März habe ich als Staatssekretärin dem Finanzminister einen Vorschlag unterbreitet, und nicht einmal fünf Monate später stehen wir heute hier vor der Beschlussfassung und ist der Gesetzgebungsprozess beinahe finalisiert.

Das ist nicht selbstverständlich, und daher möchte ich auch die Gelegenheit nützen, mich ausdrücklich für die Unterstützung seitens des Finanzministers und auch der Kolleginnen und Kollegen im Finanzministerium zu bedanken. Bedanken möchte ich mich aber auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Kabinetten sowie bei


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den Nationalräten und auch hier bei den Bundesräten, die dieses Vorhaben unter­stützen.

Ich darf Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, noch einmal darlegen, warum ich diese Initiative vor vier Monaten gestartet habe. Die SPÖ hat bereits bei den Regie­rungsverhandlungen darauf aufmerksam gemacht, dass man die Bestimmungen zu den Selbstanzeigen verschärfen sollte. Das erfolgt jetzt, und ich glaube, das ist ein wichtiger und richtiger Schritt.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Die Selbstanzeige an sich ist ein durchaus sinnvolles Instrument und bleibt ja auch bestehen. Sie ist auch eine Brücke zur Steuerehrlichkeit und auch ein wichtiger Bestandteil der österreichischen Rechtsord­nung. Aber in der bisherigen Regelung bestand quasi eine Gleichbehandlung von steuer­ehrlichen und steuerunehrlichen Personen. Zog der Steuerpflichtige im Rahmen einer Betriebsprüfung eine Selbstanzeige aus der Schublade heraus, trat völlige Straffreiheit ein. Die Abgabenschuld war nachzuzahlen mit Verzugszinsen von 1,9 Pro­zent, und das ist weitaus günstiger als so mancher Hypothekarkredit.

Eines möchte ich hier auch noch einmal klarstellen: Mir geht es bei dieser Verschär­fung nicht darum, zu kriminalisieren oder etwa den Wirtschaftstreibenden etwas zu unterstellen, sondern ich bin der festen Überzeugung, dass wir in einem freien Wett­bewerb, in einem freien Markt jegliche Wettbewerbsverzerrung hintanhalten müssen, und eine Wettbewerbsverzerrung sehe ich hier insbesondere darin, dass steuer­ehrliche Unternehmerinnen und Unternehmer da benachteiligt werden gegenüber jenen, die eben ihre Steuerschuld nicht entrichten und sich hier etwas, ganz salopp formuliert, herausschlagen.

Mit der heute vorliegenden Beschlussfassung geht es mir auch nicht darum, soge­nannte kleinere Fische oder Buchungsfehler härter anzugehen, sondern es geht mir hier wirklich um jene, die Steuerhinterziehung betreiben und bei denen eine Steuer­hinterziehung manchmal auch Teil einer Unternehmensstrategie ist. Und das ist leider so, es sind wenige Prozent, aber es kommt vor. Um die steuerehrlichen Unternehmer und Unternehmerinnen zu unterstützen, haben wir nun die vorliegende Verschärfung der Selbstanzeigen im großen Wettbewerb umgesetzt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Bundesräte, wir haben im Regierungs­programm auf Seite 107 stehen, dass die österreichische Bundesregierung „auch im Inland das Vorgehen gegen Steuerbetrug verschärfen und nationale Lücken schließen“ wird. Mit diesem Vorhaben haben wir nun einen wichtigen und richtigen Schritt in diese Richtung getan, und ich kann Ihnen auch versprechen, dass ich mich persönlich für weitere Regelungen, die der Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung dienlich sind, sehr einsetzen werde.

Zum zweiten Thema, das heute diskutiert wird, nämlich der Novelle des Elektrizitäts­abgabegesetzes. Ich muss sagen, ich habe selten zu einem Thema so viele Mails, Bürgeranfragen, schriftliche Anfragen wie zu dieser Novelle bekommen, denn in manchen Medien wurde es so dargestellt, als würde auf einmal der Sonnenstrom be­steuert werden. Die ganze Diskussion kam in Fahrt und in Schwung mit einem Erlass des Finanzministeriums, denn man muss ja der guten Ordnung halber dazusagen, dass die Elektrizitätsabgabe bereits seit 1996 besteht.

Mir war es wichtig in dieser Diskussion, dass man alle Aspekte bewertet, dass man auch darauf schaut, wer die Nutznießer und Nutznießerinnen dieser Regelung sind. Es gab natürlich auch Kritikpunkte, etwa dass nur einige wenige davon profitieren würden, wie beispielsweise Landwirte oder Gewerbetreibende. Man muss dazusagen, ein privater Häuselbauer hat einen Eigenverbrauch von rund 3 500 Kilowattstunden. Man muss sich die Relationen anschauen, aber, meine sehr verehrten Damen und Herren,


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 117

die Zeiten sind dynamisch, die Zeiten sind anders, und wir müssen natürlich auch unsere gesetzlichen Rahmenbedingungen den neuen Zeiten und dem technologischen Fortschritt anpassen. Die Unterstützung der sogenannten grünen Energien ist natürlich wichtig, und daher haben wir jetzt eine Ausweitung der Freigrenze von 5 000 auf einen Freibetrag – das ist ja auch wichtig zu erwähnen – von 25 000 Kilowattstunden beschlossen.

Mir war es wichtig, im Verhandlungs- und im Einigungsprozess zu erreichen, dass sehr viele Kommunen, sehr viele Schulen, Feuerwehrhäuser und andere Einrichtungen, wo wirklich sehr, sehr viele Photovoltaikanlagen installiert und finanziert wurden, hiervon profitieren. Die Branche der umweltfreundlichen Energien ist außerdem ein wichtiges Zukunftsfeld, und in diesem Zukunftsfeld können auch sehr viele neue wichtige Arbeits­plätze hier in Österreich entstehen.

Ich bin also für dieses positive energiepolitische Signal und hoffe, dass es auch hier im Bundesrat eine breite Zustimmung findet. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

14.59


Präsidentin Ana Blatnik: Nächster Redner: Herr Bundesrat Ing. Köck. – Bitte.

 


15.00.16

Bundesrat Ing. Eduard Köck (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsident! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren, auch zu Hause vor den Bildschirmen! Ich möchte auch noch einmal auf die vorliegenden Gesetze eingehen, die den Steuerbetrug eindämmen sollen.

Beim Gesetz zur Amtshilfe in Steuersachen und dem Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Vogtei Guernsey geht es darum, die Steuerflucht einzu­dämmen, und wir denken schon, dass damit der Ring wieder einmal enger gezogen wird.

Finanzministerin Fekter hat ja vor einigen Jahren damit begonnen, Steuerflüchtlinge dingfest zu machen und zur Steuerleistung anzuhalten und wurde damals von der Opposition und auch von den Medien belächelt – und letzten Endes kamen dann doch jene Beträge herein, die auch erwartet wurden. Ich denke, dass es wichtig und gut ist, dass die Regierung in diese Richtung weiterarbeitet, diesen Ring auch auf interna­tionaler Ebene immer enger zu ziehen, damit in Zukunft Steuerflucht nicht mehr mög­lich ist, denn gerade das ist es, was sich die Bürger von uns erwarten: dass es sich eben die Reichen nicht richten können.

Hinsichtlich des unerlaubten Tabakhandels ist zu sagen, dass es natürlich wichtig ist, diesen einzustellen, weil dem Staat durch ihn auf der einen Seite Steuereinnahmen entgehen, auf der anderen Seite aber auch der Tabakverbrauch nicht kontrolliert werden kann, was wir aber wollen, damit wir den Tabakverbrauch senken können, um unser Gesundheitssystem weiterhin aufrechterhalten und finanzieren zu können.

Bei den Änderungen beim Finanzstrafgesetz geht es vor allem darum, bewusster Steuerhinterziehung weniger Raum zu lassen, auf der anderen Seite aber bei kleinen Verfehlungen nicht zu kriminalisieren. Das ist ein schmaler Grat, auf dem man sich da bewegen muss, und ich denke, das ist mit diesem Gesetz sehr gut getroffen worden. Es gibt ja auch noch eine Frist, bis zu der man seine Angelegenheiten regeln kann.

Alles in allem sind die Gesetze, die hier vorliegen, sehr gute Maßnahmen, um unsere Arbeit ordentlich zu machen, und ich denke, dass das auch der richtige Weg ist: einmal die Hausaufgaben zu erledigen, einzusparen und dann erst wieder über zusätzliche Ausgaben nachzudenken, wie das ja heute auch schon im Raum gestanden ist.


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Steuerbetrug gibt es in allen Facetten. Es ist nicht wahr, dass die meisten Leute, wie Kollege Füller gesagt hat, keinen Steuerbetrug begehen können, weil sie ja die Steuer schon durch die Lohnsteuer abgezogen bekommen. Man kann ja auch schwarz arbeiten und auf diese Weise Steuerbetrug begehen.

Ich denke also, wir müssen in allen Facetten gut arbeiten, um die Steuersenkungen, die von manchen für die nächste Zeit gefordert werden, auch finanzieren zu können. Diese Gesetze sind, wie ich meine, gut für dieses Anliegen, und daher werden sie von unserer Fraktion auch unterstützt. Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

15.03


Präsidentin Ana Blatnik: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Bevor wir zur Abstimmung kommen, möchte ich noch unseren Herrn Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Andrä Rup­prechter recht herzlich bei uns im Bundesrat begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Die Abstimmung über die gegenständlichen Beschlüsse des Nationalrates erfolgt getrennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzstrafgesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Elektrizitätsabgabegesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen in der Fassung des am 1. Juni 2011 in Kraft getretenen Protokolls.

Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungs­bereiches der Länder regelt, bedarf dieser der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss des Natio­nal­rates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des National­rates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 119

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Vogtei Guernsey über den Informationsaustausch in Steuersachen.

Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungs­bereiches der Länder regelt, bedarf dieser der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des Natio­nalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungs­mäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend Protokoll zur Unterbindung des unerlaubten Handels mit Tabak­erzeug­nissen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

15.08.009. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz geändert wird (489/A und 222 d.B. sowie 9214/BR d.B.)

 


Präsidentin Ana Blatnik: Wir gelangen nun zum 9. Tagesordnungspunkt.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Novak. Ich bitte um den Bericht.

 


15.08.27

Berichterstatter Günther Novak: Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe Ihnen den Bericht des Umweltausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 8. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz geändert wird, zur Kenntnis.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antrag­stellung.

Der Umweltausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Juli 2014 mit Stim­menmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer (den Vorsitz übernehmend): Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Reiter. – Bitte.

 



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15.09.19

Bundesrätin Dr. Heidelinde Reiter (Grüne, Salzburg): Herr Präsident! Werte Kollegen und Kolleginnen! Herr Minister! Werte Zuseher und Zuseherinnen! Dieses Gesetz kommt im Auftrag der steirischen Reformpartnerschaft, im Rahmen derer einige Gemeinden fusioniert werden.

Für Gemeindefusionierungen kann es gute Gründe geben – und die gibt es auch wirklich –, aber es kann auch ziemlich danebengehen, wenn die Bevölkerung nicht ausreichend eingebunden und beteiligt wird, und dafür finden sich in der Steiermark auch einige Beispiele.

Die Grünen waren und sind der Überzeugung, dass über Menschen gerade im Fall der Gemeindefusionierungen nicht drübergefahren werden sollte, sondern dass eine so weitreichende und emotional aufgeladene Entscheidung partizipativ getroffen werden muss und mit einer Abstimmung abgesichert werden soll.

Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die gestrige Feier anlässlich der Übernahme der Präsidentschaft durch Kärnten und daran, wie wichtig es war, dass aus der Heimatgemeinde der Frau Präsidentin Bürgermeister, Chöre und so weiter anwesend waren. Frau Präsidentin Blatnik hat ja auch betont, wie sehr sie das in ihrem Heimatgefühl bestärkt hat und wie wichtig das alles für ihre Identität ist.

Gemeinde ist Heimat – und damit ist man emotional sehr stark verbunden.

Leider konnten die Grünen keine Mehrheit dafür finden, dass man bei Fusionierungen gerade in diesem Bereich sehr vorsichtig, sehr partizipativ vorgehen sollte. Wir sehen aber gerade auch bei diesem Gesetz, dass Fakten, ja Druckmittel geschaffen werden. Es ist daher unserer Meinung nach wenig geeignet, dazu beizutragen, dass in einer Gemeindezusammenlegung ein Start für eine erfolgreiche Kooperation gesehen wird, ein Start in eine verheißungsvolle Zukunft, sondern mit solchen Maßnahmen werden solche Ergebnisse weiter minimiert.

Aus diesem Grunde lehnen wir diesen Gesetzbeschluss ab. (Beifall bei den Grünen.)

15.11


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Köck. – Bitte.

 


15.12.11

Bundesrat Ing. Eduard Köck (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Vizeprä­sident! Herr Minister! Hohes Haus! Es geht hier um die Änderung des Wasser­rechts­gesetzes und nicht um eine Verordnung für Gemeindestrukturreformen.

Diese Änderung des Wasserrechtsgesetzes halte ich für sehr wichtig, weil so eine Lücke geschlossen wird, zu der es bei dieser Strukturreform gekommen wäre, sodass alle Rechtssituationen weiterhin von der neuen Gemeinde übernommen werden können und keine Verunsicherung stattfindet: weder bei Betreibern noch bei der Gemeinde und letztendlich auch nicht bei den Bürgern. Deshalb ist diese Gesetzes­vorlage wichtig und findet unsere Unterstützung.

Zur von Ihnen angesprochenen Gemeindestrukturreform: Ich bin Bürgermeister einer Gemeinde, wo vor 40 Jahren eine Reform stattgefunden hat. Keine dieser neun ehe­maligen Gemeinden wäre heute überlebensfähig. Aber natürlich geschieht so eine Zusammenführung nie friktionsfrei, und das kann es auch gar nicht sein, wenn es beispielsweise neun „Häuptlinge“ gibt, die zusammenfinden sollen. Das aber hier so darzustellen, als wäre Druck ausgeübt worden, ist nicht richtig.

Wie gesagt: Wenn man solche Reformen angeht, gibt es eben auch diverse „Nebengeräusche“, aber ich denke doch, dass das die Steiermark doch relativ gut


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 121

hinübergebracht hat. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

15.13


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Rupprechter. – Bitte, Herr Minister.

 


15.13.59

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Die vorgesehene Neuregelung des Wasserrechtsgesetzes geht auf eine Initiative des Nationalrates zurück, eine Regelung, in der im Zusammenhang mit der Rechtsnach­folge von Wassernutzungsrechten in fusionierten Gemeinden Begleitmaßnahmen vorge­sehen werden und Rechtssicherheit geschaffen wird. Wir haben das im Nationalrat ja ausführlich diskutiert. Aus meiner Sicht erfüllt diese Novellierung die sachliche Rechtfertigung, schafft Klarheit in der Rechtsnachfolge – und das in einem unbürokratischen Modus, ohne zusätzliches Verfahren. Somit erfüllt diese Gesetzes­novelle einerseits das Erfordernis der sachlichen Rechtfertigung und andererseits jenes der Nachvollziehbarkeit aus Sicht der Verwaltung und wird daher von mir ausdrücklich unterstützt und befürwortet. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

15.15


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Wilhelm. – Bitte.

 


15.15.05

Bundesrat Richard Wilhelm (SPÖ, Steiermark): Werter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wie bekannt, findet in der Steier­mark eine Gemeindestrukturreform statt, die ab 1. Jänner 2015 abgeschlossen sein soll. Zu Beginn der Legislaturperiode 2010 hatte die Steiermark 542 Gemeinden, und im Jahre 2015 sollen es nur noch 288 Gemeinden sein, wobei sich so die durch­schnittliche Einwohnerzahl von 1 750 auf 3 300 erhöht.

Nun stellt man sich die Frage, was eine Gemeindestrukturreform mit dem Wasserrecht zu tun hat. – Das ist auf die steirische Gemeindeordnung zurückzuführen, die besagt, dass bei Fusionen die Rechte und Pflichten im Sinne der Gesamtrechtsnachfolge auf die neugegründeten Gemeinden übertragen werden können; das gilt jedoch nicht beim Wasserrecht. Derzeit ist es nicht möglich, jene Rechte zu übertragen, die die Wasserbenützung betreffen.

Das Wasserrechtsgesetz regelt die Nutzung und Bewirtschaftung sowie die Rein­haltung, weiters den Schutz der Gewässer und des Grundwassers. Daher ist diese Änderung so wichtig, denn nur so ist gewährleistet, dass die Wasserversorgung für die steirische Bevölkerung gesichert ist.

In der Steiermark gibt es über 110 Wasserverbände, wie zum Beispiel Hochwas­ser­schutzverband, Abwasserverbände sowie Reinhalteverbände, wodurch klar ersichtlich ist, wie wichtig es ist, dass Normen zur Sicherung unseres qualitativ hoch­wertigen Wassers festgelegt werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundes­räten der ÖVP.)

15.16


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Krusche. – Bitte, Herr Kollege.

 



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15.16.47

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Warum wir dieses Gesetz heute vorliegen haben, ist ja bereits hinlänglich erklärt worden. Es muss das Parlament nicht als Feuerwehr, sondern sozusagen als Wasserrettung für die Steiermark ausrücken. In ihrer Kritik gebe ich Frau Kollegin Reiter natürlich völlig recht. Wir sind auch gegen diese Zwangs­fusionierungen, nur ist zu bedenken, es sind auch freiwillige Fusionen dabei, die von dieser Regelung betroffen sind.

Kollege Köck hat vorhin nicht ganz recht gehabt, dass das nie friktionsfrei geht. – Es geht sehr wohl friktionsfrei, wenn das alles freiwillig geschieht, wenn das auf Grund einer demokratischen Legitimation, sprich einer Bürgerbefragung stattfindet. Solche Beispiele haben wir ja genug in der Steiermark.

Sie, Kollege Köck, können den Kopf schütteln, aber: Sie sind Niederösterreicher, ich bin Steirer und weiß daher, wovon ich rede. Glauben S’ mir das! (Zwischenruf des Bundesrates Köck.)

Wir werden diesem Gesetzentwurf aber trotzdem zustimmen, und zwar einfach des­halb, weil wir sagen, wir können nicht aufgrund des Drüberfahrens der sogenannten Reformpartner die Bürger weiter bestrafen und benachteiligen und Probleme mit der Wasserversorgung verursachen. Deshalb werden wir Ja dazu sagen. Man wird ja dann sehen, was der Verfassungsgerichtshof zu diesen Gemeindefusionierungen zu sagen hat: ob sie bleiben oder ob einige wieder rückgängig gemacht werden müssen. Ich weiß nicht, ob wir uns dann noch einmal mit dem Wasserrecht befassen müssen, hoffe aber nicht. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

15.18


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

15.19.1810. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2014 betreffend Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über eine Änderung der Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über den Ausbau des institutionellen Kinderbetreuungsangebots (187 d.B. und 254 d.B. sowie 9229/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen nunmehr zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Ing. Pum. Ich bitte um den Bericht.

 


15.19.40

Berichterstatter Ing. Andreas Pum: Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolle­gen des Bundesrates! Ich erstatte den Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2014 betreffend Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über eine Änderung der Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über den Ausbau des institutionellen Kinderbetreuungsangebots.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 123

Der Ausschuss für Familie und Jugend stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Juli 2014 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kneifel. – Bitte, Herr Kollege.

 


15.20.36

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir befinden uns mitten in der Abarbeitung der Tagesordnung, und zur Diskussion steht jetzt die institutionelle Kinderbetreuung, der Ausbau der Kinderbetreuung in Österreich. Ich glaube, man kann mit Fug und Recht behaupten, dass diese Regelung, die im Einvernehmen mit den Bundesländern erzielt wurde, der stärkste Anstoß und die stärkste Anstrengung zum Ausbau der institutionellen Kinderbetreuung in Österreich überhaupt ist. Das ist gut investiertes Geld, um das es da geht, denn unsere Kinder sind unsere Zukunft. Ich meine, dass es keine sinnvolleren Investitionen als solche in diesem Bereich gibt.

Es ist wirklich ein großer Fortschritt, wenn in den nächsten vier Jahren beispielsweise 305 Millionen € für die Kinderbetreuung vom Bund bereitgestellt werden. Das Geld kommt nicht aus einer Hand, sondern es gibt auch eine Kofinanzierung der Bun­desländer, die in dieser Zeit ebenfalls beträchtlich ist. Man muss sagen, dass die Bundesländer gemeinsam mit den betroffenen Gemeinden für diese gute Initiative jährlich rund 2 Milliarden € bereitstellen. Das ist eine beachtliche Anstrengung, die die Länder und die Gemeinden jetzt auch gemeinsam mit dem Bund für die Zukunft unserer Kinder leisten.

Ich glaube, dass damit nicht nur eine quantitative Verbesserung im Sinne von Ausbau der Betreuungseinrichtungen selbst, sondern auch ein Qualitätsschub für die Betreuung der Kinder erreicht wird. Man kann die Gruppen verkleinern, es kann mehr für Kinder mit Behinderung gemacht werden. All diese Ziele können etappenweise, wie das im Regierungsprogramm vorgesehen ist, erreicht werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich nenne diese Zahlen auch deshalb mit einem gewissen Stolz in der Länderkammer, weil ich in dieser Vereinbarung zwischen Bund und Ländern auch einen Beweis dafür sehe, dass die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern in unserer Republik sehr gut funktioniert.

Ich erinnere an die Serie von Übereinkommen und Abkommen, die die Republik mit den Bundesländern in den vergangenen Monaten, in den vergangenen zwei Jahren ungefähr geschlossen hat. Wir erinnern uns in diesem Zusammenhang an das Projekt der Pflegefinanzierung, an die Polizeireform, an die Gesundheitsreform, an das Bun­desamt für Asyl, an die Umsetzung von rund 200 Deregulierungsvorschlägen, die der Rechnungshof gemacht hat. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Einführung der Transparenzdatenbank und ich erinnere auch an die Einführung der Landes­verwaltungsgerichte, die mit 1. Jänner in allen Bundesländern gestartet sind. Man könnte das noch ausweiten, es gab zum Beispiel auch die Vereinbarung zur Errichtung der Medizinischen Fakultät in Linz und vieles andere mehr.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Diese Bilanz ist ein deutlicher Beweis dafür, dass bei gutem Willen und bei Verhandlungen auf gleicher Augenhöhe zwischen Bund und Ländern sehr wohl Vorteile für die Bevölkerung, für die Menschen in dieser Republik, in den Bundesländern, in den Gemeinden erzielt werden können. Diese Reformbilanz, das muss man auch sagen, straft auch jene Lügen, die die Bun­desländer immer wieder als Reformverweigerer und Blockierer brandmarken wollen


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 124

oder den Föderalismus überhaupt als Grundübel der Verfassung gesehen haben. Das ist der Beweis dafür, dass es in Zusammenarbeit und mit einem klaren Ziel vor Augen sehr wohl möglich ist, Österreich wieder ein Stück familienfreundlicher zu machen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

15.25


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bun­desrätin Köberl. – Bitte, Frau Kollegin.

 


15.25.41

Bundesrätin Johanna Köberl (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Im Jahr 2007 wurde hier im Plenum bereits eine Artikel-15a-Vereinbarung über den Ausbau des institutionellen Kinderbetreuungsangebotes und über die Einführung der verpflichtenden sprachlichen Frühförderung sowie die Schaffung eines bundesweiten vorschulischen Bildungsplans beschlossen, und damals wurden vom Bund 45 Millio­nen € an Kostenbeteiligung bereitgestellt.

Für eine teilweise Kostenabdeckung des Aufwandes der Länder und Gemeinden stellte der Bund in der Zeit zwischen 2011 und 2014 insgesamt 55 Millionen € zur Verfügung. Die Länder wurden auch verpflichtet, Maßnahmen zu setzen und das Barcelona-Ziel der Europäischen Union anzustreben, welches eben besagt, dass für 33 Prozent der unter Dreijährigen und für 90 Prozent der Drei- bis Sechsjährigen Betreuungsplätze zur Verfügung zu stellen sind. Durch diese gemeinsame Ausbauinitiative seit 2008 konnten über 30 000 zusätzliche Betreuungsplätze geschaffen werden. Das heißt, die Betreu­ungsquote konnte für die unter Dreijährigen von 14 auf 22,9 Prozent gesteigert werden.

Mit dem heutigen Beschluss wird die Vereinbarung bis zum Jahr 2017 verlängert. Das heißt – wie mein Vorredner schon gesagt hat –, in Summe werden 305 Millionen € in die Hand genommen und in die Kinderbetreuung und Kinderbildung investiert. Das ist ein wichtiger Schritt für unsere Kinder und unsere Jungfamilien im Interesse von Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Ein sehr wichtiger Bestandteil sind meiner Meinung nach die Öffnungszeiten. Es soll längere Öffnungszeiten geben, und jene Kindergärten und Krippen, die längere Öff­nungs­zeiten haben, werden mit höheren Förderungen bedacht. Das heißt, jene Einrich­tungen, die mit einer Vollbeschäftigung beider Elternteile vereinbar sind, also mindestens 47 Wochen im Jahr und mindestens 45 Wochenstunden geöffnet haben, werden in Zukunft die meisten Zuschüsse erhalten. Gefördert werden laut dieser Vereinbarung aber auch Projekte, die generations- und gemeindeübergreifend sind, sowie die Tageseltern.

Es wird mit dieser Vereinbarung also nicht nur der Ausbau von mehr Plätzen gefördert, sondern es wird auch in die Qualität investiert, und das bedeutet auch eine Ver­besserung des Betreuungsschlüssels. Die Kofinanzierung der Länder soll nicht mehr wie bisher zu gleichen Teilen erfolgen, sondern bis zum Jahre 2017 auf einen Zuschuss der Länder von 35 Prozent reduziert werden.

Es handelt sich also insgesamt um eine Verbesserung der Lebensbedingungen unse­rer Familien, und ich hoffe, dass durch diese Änderungen die Länder und Gemeinden das Geld vom Bund auch abholen können, um unseren MitbürgerInnen eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ermöglichen.

In diesem Zusammenhang hören wir immer wieder von Wahlfreiheit der Familien. Ich frage mich, ob es diese Wahlfreiheit für unsere Familien gibt. Die Kinderbetreuung ist in Österreich nach wie vor Frauensache. 81 Prozent aller Teilzeitkräfte in Österreich sind weiblich, und einer Studie zufolge sind 37 Prozent lediglich deshalb in Teilzeit,


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weil sie Betreuungsaufgaben übernehmen. Die Entscheidung, wer, ob Vater oder Mutter, wie lange in Karenz geht, wird doch meist auf Grundlage der ökonomischen und sozialen Abhängigkeiten getroffen.

Es ist in diesem Bereich schon einiges geschehen. Die Einführung des Kinderbetreu­ungsgeldes mit verschiedenen Varianten, mit kürzerer Bezugsdauer und höherer Geld­leistung, hat seit 2008 zu einem – unter Anführungszeichen – „sprunghaften“ Anstieg der Väterkarenz geführt. Auch die Elternteilzeit wird von einigen Vätern in Anspruch genommen. Mit dem Pensionsharmonisierungsgesetz 2005 wurde die Möglichkeit des Pensionssplitting geschaffen. Daran, dass dies nur 150 Paare in ganz Österreich in Anspruch nehmen, sieht man, dass das auch nicht das Gelbe vom Ei ist.

Das steirische Frauenressort hat eine Studie in Auftrag gegeben, die sich damit befasst, wie man zu echter Wahlfreiheit kommt. Die Autorinnen setzen sich darin sowohl mit der historischen Entwicklung als auch mit internationalen Vergleichen der politischen Ansätze im Umgang mit Betreuungsaufgaben auseinander. Ich denke, das ist eine gute Diskussionsgrundlage. Wichtig in diesem Zusammenhang ist ein gemeinsames Vorgehen aller politisch Handelnden im Hinblick auf eine Verbesserung für die kommenden Jahre.

Wir haben in der Familienpolitik also noch viel zu tun, aber der heutige Beschluss ist sicherlich ein wichtiger Teil für unsere Familien. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.30


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte, Frau Kollegin.

 


15.30.56

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren hier und zu Hause! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind uns einig, dass wir auch institutionelle Kinderbe­treu­ungseinrichtungen brauchen. Meine Kritik – obwohl wir diesem Gesetz zustimmen, möchte ich voranstellen – ist zum einen allerdings, dass von ursprünglich geplanten 400 Millionen im Juni 2013 im Regierungsprogramm dann nur mehr 350 Millionen und am Ende des Tages 305 Millionen übrig geblieben sind, also fast 100 Millionen weniger, die für diese Einrichtungen ausgegeben werden. Das finde ich schade, vor allem deshalb, weil meine Vorredner so sehr betont haben, wie wichtig das ist und wie sehr wir das brauchen.

Wir wissen auch, dass es da sehr große regionale Unterschiede gibt. Es gibt immer noch vor allem in den Städten – auf dem Land wahrscheinlich auch, aber in den Städten ist das nicht so ohne – Kinderbetreuungseinrichtungen, für die man sich am besten schon während der Schwangerschaft anmeldet, wenn man dort ein halbes oder ein Jahr nach der Geburt einen Platz bekommen will. Das finde ich schade.

Das Wort „Wahlfreiheit“ ist ja schon gefallen – das ist immer mein Stichwort, auch wenn wir es aus unterschiedlichen Ansätzen heraus sehen –, und ja, ich sage, jene Frauen, die das wollen und die das brauchen, brauchen natürlich auch einen qualitäts­vollen Kinderbetreuungsplatz.

Der Ansatz für diese Anschubfinanzierungen ist durchaus löblich. Es ist sehr wichtig, dass der Betreuungsschlüssel geändert wird. Daran könnte sich übrigens Wien ein Beispiel nehmen, da ist der Schlüssel nämlich immer noch wirklich sehr unbefrie­digend. Also von 1 : 10 bei den Drei- bis Sechsjährigen ist man noch weit entfernt. Bei den ganz Kleinen ist es ganz besonders wichtig, dass wirklich wenig Kinder auf eine Betreuungsperson kommen. Also der Ansatz ist durchaus in Ordnung; auch die Personalzuschüsse für mehr qualifiziertes Personal.


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Was mir schon wieder ein bisschen sauer aufstößt, ist das Ungleichgewicht: 40 Pro­zent für Tageseltern, aber 100 Prozent für institutionelle Kinderbetreuungseinrich­tun­gen. Ich glaube, dass Tageseltern eine sehr gute Alternative zu einer institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung sind, und auch da ist die Wahlfreiheit das Wesentliche, dass man sich aussuchen kann, wo man sein Kind hingeben möchte.

Die Transparenzdatenbank ist heute vom Kollegen Kneifel angesprochen worden. – Ich reklamiere es gerne wieder, ich weiß nicht, zum fünften, zum siebten Mal. Es ist schön, wenn man sich hier herstellt und sagt: Wir haben sie erfunden!, aber sie ist noch nicht mit Leben erfüllt worden. Sie ist immer noch quasi totes Recht, und ich bin gespannt, wann sie endlich einmal mit Leben erfüllt werden wird.

Zur Wahlfreiheit gehört für mich aber auch, dass man Kinder eine gewisse Zeit innerfamiliär betreuen kann, ohne sie in eine institutionelle Betreuungseinrichtung geben zu müssen. In diesem Fall beinhaltet Wahlfreiheit für uns Freiheitliche, dass man es sich auch leisten kann. Es gibt sehr viele vor allem Frauen – die Frauen wollen es wirklich mehr als die Männer –, die in Teilzeit arbeiten wollen, vor allem bis das Kind drei Jahre alt ist und in den Kindergarten geht. Andere aber, und das ist eine überwiegende, schon fast eine Zweidrittelmehrheit, eine ganz erkleckliche Mehrheit von Müttern würden gerne zu Hause bleiben, bis das Kind in die Schule geht. Das geht aber nicht immer, weil oft ökonomische Gründe dagegensprechen.

Daher treten wir nach wie vor dafür ein, dass fehlende Zeiten berechnungsmäßig auch für die Pension anerkannt werden, und zwar ohne dass es gleich wieder heißt, wir wollen alle Frauen zurück an den Herd schicken. Nein, das wollen wir nicht. Es wäre auch wichtig, dass für die Vorrückungen bei den Gehaltsstufen die Zeit, in der die Frauen in Karenz oder bei ihren Kindern zu Hause sind, mit berücksichtigt wird. Das wäre auch eine große Hilfe. Es ist wichtig für jene, die einige Zeit zu Hause bleiben – wenn sie es dann einmal können, wenn es wirklich einmal Wahlfreiheit gibt –, dass es entsprechende Förderprogramme auch durch das AMS gibt, was Weiterbildung, mögliche Umschulung et cetera anlangt, das wäre etwas, das den Frauen helfen würde, und dass die innerfamiliäre Betreuung über Pensionsbeiträge entsprechend garantiert wird.

Wir sind uns in dem Punkt einig, dass Kinder wichtig sind, dass es wichtig ist, dass sie gut aufgehoben sind. Es scheiden sich zwischen uns und Ihnen die Geister, ob das jetzt besser in der Familie oder in einer institutionellen Einrichtung ist. Bei manchen wird es tatsächlich so sein, dass sie in einer institutionellen Einrichtung besser aufge­hoben sind, das bezweifle ich gar nicht. Aber wir dürfen jetzt auch nicht so tun, als ob die Familie der schrecklichste Hort für Kinder wäre. Ganz im Gegenteil! Also machen wir doch beides möglich, sodass die Frauen dann wirklich einmal eine echte Wahlfreiheit haben! (Allgemeiner Beifall.)

15.36


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dönmez. – Bitte, Herr Kollege.

 


15.36.41

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Vieles wurde schon gesagt, daher möchte ich mich nur auf das Wesentliche konzentrieren.

Eines haben meine VorrednerInnen meines Erachtens noch nicht erwähnt: Ja, es gibt viele Verbesserungen, es geht vieles in die gewünschte Richtung, aber das, was meines Erachtens berechtigterweise schon kritisiert werden kann und insbesondere aus der Länderkammer heraus, ist, dass wir dennoch sozusagen Empfehlungen sei-


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tens des Bundes haben, was die Qualitätssicherung betrifft und wie viel Geld man sich sozusagen abholen kann. Das ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Daher ist meines Erachtens nach wie vor schon ausschlaggebend, in welchem Bun­des­land und unter welcher Postleitzahl die Familien und die Kinder leben. Und das kann es nicht sein, dass da unterschiedliche Standards vorgegeben sind, auch dann nicht, wenn man sich vor Augen führt, dass man bis 2016 zumindest einheitliche Standards erreichen möchte.

Ein privates Beispiel: Morgen ist der letzte Kindergartentag meiner Kinder, der Kinder­garten hat dann mehrere Wochen geschlossen. Wir sind gezwungen beziehungsweise wir müssen uns nach einem anderen Kindergarten umsehen. Allein die Ummeldung, also die Anmeldung bei einem anderen Kindergarten kostet pro Kind 50 €. Unsereiner kann sich das ohne Problem leisten. Aber es gibt viele, viele Familien, für die das ein Problem darstellt, sofern sie überhaupt einen Kindergartenplatz für die Ferienzeit finden. Sie wissen alle, wie viel Urlaubsanspruch ein Arbeitnehmer/eine Arbeitneh­merin, ein Angestellter/eine Angestellte hat, und wenn man dem die Schließtage gegenüberstellt, dann kann sich das nicht ausgehen.

Es wurde auch schon mehrmals von meinen VorrednerInnen betont, dass es auch bezüglich der Öffnungszeiten zu einer Ausdehnung kommen muss. Das ist begrüßens­wert, das ist auch angestrebt.

Weiters ist es sehr, sehr wichtig, dass man beim Betreuungsschlüssel ansetzt, weil der Betreuungsschlüssel doch ein massives Merkmal für die Qualität ist, die man in der Arbeit leisten kann. Es macht einen wesentlichen Unterschied, ob man vier Kleinkinder in einer Gruppe zu betreuen hat oder zehn. Dass sich das dann auf die Qualität der Betreuung auswirkt, na no na net, das liegt ganz klar auf der Hand. Das heißt, es geht einerseits um die im Feld tätigen Pädagoginnen – und jetzt sage ich ganz bewusst Pädagoginnen, weil es nach wie vor ganz, ganz wenige Männer in diesem Beruf gibt. Das kommt aber auch nicht von ungefähr, denn bis vor Kurzem waren die Pädago­ginnen wirklich noch sehr schlecht bezahlt. Es hat in Oberösterreich zum Glück eine Anpassung nach oben gegeben.

Nichtsdestotrotz: Der Idee, dass man zum Beispiel auch Zivildiener in Kindergärten beschäftigen könnte, kann ich doch etwas abgewinnen, denn wenn ich mir meine eigene Berufslaufbahn ansehe, dann muss ich sagen, das war der ausschlaggebende Grund dafür, warum ich in den Sozialbereich gekommen bin. Als Techniker habe ich vorher nichts mit dem Sozialbereich zu tun gehabt, und ich bin genau über diese Schiene in den Sozialbereich gekommen. Ich glaube, das könnte auch für viele junge Männer die Schiene sein, wo sie dann vielleicht in den pädagogischen Beruf hineinfinden und dann berufsbegleitend auch ihre Ausbildung machen.

Jetzt wäre ich beim nächsten Punkt: Es gehört auch die Ausbildung vereinheitlicht, auf ein anderes Niveau gesetzt. (Demonstrativer Beifall der Bundesrätin Blatnik.) Es kann nicht sein, dass wir in einem kleinen Land wie Österreich unterschiedliche Bildungs­niveaus haben, insbesondere wenn es um Kindergartenpädagoginnen oder hoffentlich in Zukunft auch -pädagogen geht.

Wir werden dem natürlich zustimmen, es geht in die richtige Richtung. Aber ich denke, wir sind noch lange nicht am Ende. – Danke vielmals für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

15.40


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Mag. Gödl. – Bitte, Herr Kollege.

 



BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 128

15.41.10

Bundesrat Mag. Ernst Gödl (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine werten Damen und Herren! Aus zeitökonomischen Gründen wollte ich mich vorhin zur Debatte um die Gemeindefusionen nicht extra melden, aber ich möchte als ein Betroffener oder als einziger Betroffener der Gemeindefusion doch ein paar Dinge ins richtige Licht rücken. Ich bin nämlich wirklich Betroffener, ich habe das, glaube ich, schon das letzte Mal erzählt. Meine Gemeinde, in der ich seit 20 Jahren Bürgermeister bin, wird mit Jahresende aufgelöst und mit einer Nachbarge­meinde zusammengelegt.

Frau Dr. Reiter, Sie sind wahrscheinlich nicht ganz informiert, und Herr Krusche, der jetzt nicht da ist, hat auch einiges sehr vereinfacht dargestellt.

Ich möchte nur kurz darauf zurückkommen: Es sind von dieser Gemeindereform 382 der 542 Gemeinden betroffen. Und 303 von diesen 382 Gemeinden haben Gemein-deratsbeschlüsse gefasst. Also jetzt hier herzugehen und zu sagen, da wird nur drübergefahren, ist absolut nicht richtig. Das muss man eindeutig zurückweisen.

Das mit den Umfragen, ja, das klingt im ersten Moment sehr plausibel, dass man sagt, die Gemeinden, die Bevölkerung sollen selbst entscheiden. Das ist aber gar nicht so einfach, denn es hat ja in vielen Gemeinden Umfragen gegeben, und es hat sich eines gezeigt: Die Bürgerinnen und Bürger haben immer so abgestimmt, wie es die Bürger­meister empfohlen haben, weil natürlich der Bürgermeister ein gewisses Informations­monopol in der Hand hat und natürlich auch mit Argumenten, wobei die Gegen­argu­mente nicht immer dargestellt werden, dementsprechend in der Lage ist, Umfragen – sagen wir einmal so – zu beeinflussen.

Man darf auch eines nicht vergessen: Es waren immer die Landtage die Gemeinde­organisationsgesetzgeber. Und was die Steiermark betrifft, muss man natürlich in diesem Bereich auch auf die historische Facette hinweisen, Sie wissen das wahr­scheinlich – und Sie ganz sicher, Frau Dr. Reiter. Sie sind, glaube ich, Historikerin? (Zwischenruf der Bundesrätin Reiter.) – Nicht? Dann habe ich das falsch … (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Reiter.) – Nur hobbyweise Historikerin ... (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.)

Es war so: Als die Gemeinden 1848/49 unter Kaiser Franz Josef eingerichtet wurden, hat dieser Kaiser Franz Josef damals in§ 1 Gemeindepatent geschrieben: Jede Katastralgemeinde soll eine eigene Gemeinde werden, außer wenn mehrere Katastralgemeinden schon eine Einheit bilden. Und schon damals waren die Landtage dafür zuständig, die erste Gemeindeeinteilung zu machen.

Tatsächlich haben die Landtage damals unterschiedliche Wege gewählt. Die west­lichen Bundesländer haben eher größere Gemeinden eingerichtet, zum Beispiel Salzburg, und die östlichen Bundesländer, also die Steiermark und auch Niederöster­reich, haben wirklich jedes Dorf zur Gemeinde gemacht.

Aus diesem historischen Befund ergibt sich heute eine gewisse Strukturdebatte, gerade in der Steiermark, der wir uns heute stellen müssen. Das wollte ich sagen, um einfach die Dinge ins rechte Licht zu rücken, weil natürlich diese Gemeindereform schon ein ganz großer Reformschritt in der Steiermark ist. Und wie gesagt, da ich selbst davon betroffen bin, kann ich wirklich auch authentisch davon berichten.

Selbst betroffen bin ich auch, so wie mein Vorredner, bei dem Thema, das jetzt zur Debatte steht, nämlich bei der Frage der Kinderbetreuung. Ich habe auch zwei kleine Kinder, sechs und drei Jahre alt. Ein Kind war bislang im Kindergarten, und meine kleinere Tochter ist derzeit bei einer Tagesmutter in Betreuung, in einer sehr, sehr guten Betreuung.


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Ich möchte wirklich der Ministerin, die heute nicht dabei sein kann, sehr herzlich danken, genauso wie allen anderen, die an dieser Artikel-15a-Vereinbarung mitgewirkt haben. Das ist wirklich ein sehr, sehr großer und wichtiger Schritt für ganz Österreich. Diesen Ausbau zu forcieren ist auch die richtige Methode, um Kinderbetreuung im Allgemeinen besser zu gestalten.

Es gefällt mir auch sehr gut, dass Frau Ministerin Karmasin versucht, das Thema Familie wirklich ganzheitlich anzugehen – einerseits die direkte Unterstützung für Familien, mit Juli ist ja die Erhöhung der Familienbeihilfe in Kraft getreten, aber auch die gesamte Debatte um Kinderbetreuungsgeld, Karenz, Mutterschutz und dergleichen. Es hat sich in den letzten Jahren auf Bundesebene viel getan. Ich denke an die vier verschiedenen Kinderbetreuungsmodelle – ganz wichtig.

Ich bin selbst vor nunmehr zwei Jahren in Väterkarenz gegangen. (Beifall der Bundes­rätin Blatnik.) Das ist übrigens als Bürgermeister gar nicht einfach gewesen. Wenn man in Väterkarenz gehen und das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld in Anspruch nehmen will, dann darf man kein Einkommen haben. Jetzt war ich aber Bürgermeister, und man kann als Bürgermeister nicht auf das Einkommen verzichten. Somit musste ich quasi mit einem Geschäftsordnungstrick arbeiten. Das Amt der Steiermärkischen Landesregierung hat gesagt, ich kann mich als Bürgermeister beurlauben lassen, um eben die Karenz in Anspruch nehmen zu können. Und so war ich dann zwei Monate zu Hause bei meiner Tochter, was eine sehr, sehr schöne Zeit war, und habe für diese zwei Monate den Schlüssel der Gemeinde dem Vizebürger­meister übergeben.

Der dritte Punkt beim ganzheitlichen Denken betreffend Unterstützung der Familien ist der Ausbau der Kinderbetreuung, und auch der muss in die Breite gehen, in die geographische Breite, meine ich. Es muss natürlich Angebote im ländlichen Bereich genauso wie im städtischen Bereich geben.

Es ist von Frau Bundesrätin Köberl richtig gesagt worden, dass die Wahlfreiheit, wie ich mein Kind betreut haben möchte, impliziert, dass es auch breite Angebote geben muss. Möchte ich es selbst betreuen oder doch in eine institutionelle Betreuung geben? Möchte ich es nur tageweise betreut haben? Dann brauche ich das flexible Angebot der Tagesmütter. Möchte ich es durchgehend betreut haben, weil zum Beispiel beide Elternteile ganztägig berufstätig sind? Dann brauche ich natürlich Institutionen wie Kinderkrippen und Kindergärten.

Und in die Breite bei der Kinderbetreuung gehen heißt natürlich auch, die Angebote hinsichtlich der Öffnungszeiten neu zu organisieren und neu zu denken. Natürlich brauchen wir heute auch in ländlichen Gemeinden Ganztagsangebote, weil es immer öfter der Wunsch der Eltern oder auch notwendig ist, dass beide Elternteile einer Beschäftigung nachgehen.

Unser oberstes Ziel muss trotzdem sein – und ich glaube, dass das auch gerade von der Frau Ministerin richtig verfolgt wird –, den Familien nicht vorzuschreiben, wie sie leben sollen, sondern die Familien sollen sich ihr Lebensmodell, ihren individuellen Lebensentwurf wirklich aussuchen können. Aber dafür braucht es eben das entsprechende, richtige Angebot in der vollen Breite. Das ist an sich kein Wider­spruch – Frau Mühlwerth ist jetzt, glaube ich, nicht im Raum – und soll auch kein Widerspruch sein: Betreuung in der Familie oder Kinderbetreuung außer Haus, sondern Kinderbetreuungseinrichtungen sind natürlich eine Ergänzung und eine Unterstützung des privaten, individuellen Familienlebens.

Das zweite Ziel muss Qualität sein, auch das wurde von meinen Vorrednern ange­sprochen, Qualität in der Ausbildung. Es ist übrigens nicht richtig, dass es unterschied­liche Ausbildungsniveaus gibt, denn die Ausbildung für KindergartenpädagogInnen in


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den BAKIPs ist einheitlich geregelt. Die Frage ist, ob man das auf Hochschulniveau heben soll. Das muss man diskutieren, keine Frage. Das gilt es auch inhaltlich durchzudiskutieren.

Es ist ein Frage des Betreuungsschlüssels.

Die Qualität bei der Kinderbetreuung, in den Kindergärten ist im Übrigen auch eine Frage des Dienstrechtes. In Wien zum Beispiel haben KindergartenpädagogInnen meines Wissens 5 Stunden Vorbereitungszeit in der Woche und 35 Stunden Kinder­dienst. In der Steiermark sind wir Vorreiter in dieser Hinsicht. Da gibt es 10 Stunden Vorbereitungszeit in der Woche und 30 Stunden Kinderdienst. Also auch das ist eine Qualitätsfrage: Wie kann sich die Kindergartenpädagogin auf die aktuelle Gruppe Woche für Woche auch vorbereiten?

Das dritte Ziel muss Flexibilität sein, und darauf zielt auch diese Artikel-15a-Verein­barung ab. Es braucht Flexibilität, wie ich schon angesprochen habe, Tageseltern wählen zu können, wenn man zum Beispiel nur Teilzeit berufstätig ist, etwa zwei, drei Tage in der Woche – dann brauche ich keine ganze Woche Betreuung, das wollen manche Eltern auch nicht, dann brauchen sie das Angebot der Tageseltern. Wenn sie die ganze Woche eine Betreuung benötigen, werden sie eher eine Kinderkrippe oder einen Kindergarten in Anspruch nehmen. Es ist wichtig, uns in diese Richtung weiter­zuentwickeln.

Zum Schluss: Ja, die Öffnungszeiten im Sommer, das ist gar nicht so ohne. Und auch da trifft sich die Gemeindereform in unserem Fall ganz gut. Unsere Zusammenlegung mit der Nachbargemeinde Dobl bewirkt zum Beispiel, dass wir bereits ab diesem Som­mer – dadurch dass wir jetzt zwei Kindergärten haben, einen bei uns, einen in der Nachbargemeinde – acht von neun Wochen geöffnet haben. Acht von neun Wochen Sommerferien bieten wir den Eltern Kinderbetreuung an.

Allerdings, und das sei auch ehrlich dazugesagt, der Bedarf ist gering, aber trotzdem halten wir offen. Von den insgesamt 118 Kindern, die wir in den beiden Kindergärten haben, haben wir in manchen Wochen jetzt im Sommer – man kann sich nämlich wochen­weise anmelden – nur 12 bis 13 Kinder, und das, obwohl wir ganztags anbieten, mit Mittagessen und allem. Also auch da sieht man: Der Bedarf ist natürlich sehr schwankend. Aber trotzdem, glaube ich, ist es wichtig, vor Ort ein gutes Angebot zu schaffen.

So gesehen ist diese 15a-Vereinbarung mit den Bundesmitteln, die ausgeschüttet werden, ein guter Schritt in die Zukunft. In Summe übrigens, das sei auch noch erwähnt, geben Länder und Gemeinden jährlich 2 Milliarden € für Kinderbetreuung aus. Unser Ziel in der Steiermark ist es, und so soll es auch in ganz Österreich sein, starke Gemeinden zu haben, Frau Dr. Reiter, und wir wollen natürlich auch starke Familien, und dazu dient diese Artikel-15a-Vereinbarung auch. – Alles Gute. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

15.51


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Rup­prechter. – Bitte.

 


15.51.39

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Mir als vierfachem Familienvater ist der Ausbau der institutionellen Kinderbetreuung sehr wichtig, und ich bin daher froh, dass ich heute die Kollegin Karmasin, die sich ja die Ver­dienste um diese Verhandlung der Artikel-15a-Vereinbarung erworben hat, hier vertreten darf. Das ist mir ein besonderes Anliegen.


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Die Kinderbetreuung erfüllt ja eine doppelte Aufgabe: einerseits die Unterstützung, wie es ja schon gesagt wurde, der Familien bei der Vereinbarkeit zwischen Familie und Beruf und andererseits die Unterstützung der frühkindlichen Bildung und Förderung. Ich habe selbst diese Erfahrung bei meinen beiden unter vierjährigen Söhnen gemacht. Wir haben in Belgien beide in frühkindlicher Ausbildung und Betreuung gehabt.

Der Ausbau der Kinderbetreuungsangebote einschließlich der Forcierung der Tages­elternbetreuung und der Fortführung der Gratispflichtkindergärten ist ein Schwerpunkt der familienpolitischen Ausrichtung und Arbeit der Bundesregierung. Von 2008 bis 2013, also in den letzten fünf Jahren, hat der Bund insgesamt 85 Millionen € in den Ausbau der Kinderbetreuung investiert. Die Länder und Gemeinden haben das durch immerhin 100 Millionen € ergänzt. Damit konnten seit 2008 fast 40 000 Plätze geschaf­fen werden, und die Betreuungsquote bei den unter Dreijährigen konnte immerhin von 14 auf 25 Prozent angehoben werden. Bei den Drei- bis Sechsjährigen ist die Betreu­ungsquote mittlerweile 93 Prozent.

Im Regierungsprogramm wurde festgelegt, dass die qualitätsvolle Kinderbetreuung und die elementare Bildung gefördert und die Elementarpädagogik gestärkt werden sollen. Hiefür stellt der Bund bis 2017 in Summe 350 Millionen € zur Verfügung, wobei 305 Millionen € als Anschubfinanzierung für den Ausbau und 45 Millionen € für die sprachliche Frühförderung verwendet werden. Und gerade die sprachliche Frühförde­rung – auch da habe ich eigene Erfahrungen gemacht – ist für Kleinkinder sehr nützlich und sehr sinnvoll.

Der Ausbau des Kinderbetreuungsangebotes, insbesondere für die unter Dreijährigen, soll beschleunigt und auch die Betreuungsqualität nachhaltig verbessert werden. Ziel ist die Erreichung des Barcelona-Ziels auch für die unter Dreijährigen, die Verlänge­rung von Öffnungszeiten, die Forcierung des Tageselternangebotes und die Verbes­serung der Betreuungsqualität durch den schon angesprochenen besseren Betreu­ungs­schlüssel.

Die wichtigsten Förderungsmaßnahmen sind – noch einmal – der Ausbau der institu­tionellen Betreuungsangebote sowie die Steigerung der Betreuungsqualität, Stichwort Betreuungsschlüssel, das ist schon angesprochen worden. Auch der barrierefreie Umbau ist mit Investitionszuschüssen vorgesehen. Die Verlängerung der Öffnungs­zeiten um mindestens fünf Wochenstunden mittels Personalkostenzuschüs­sen und die Anstellung von Tageseltern sind ein wichtiger Ansatz des Ausbaus in diesem Zusammenhang. Und schließlich sind es auch die bewusstseinsbildenden Aktivi­täten, um die Bewerbung des Berufs des Kindergartenpädagogen beziehungs­weise der Kindergartenpädagogin zu forcieren.

Insgesamt ist die Artikel-15a-Vereinbarung ein großer familienpolitischer Wurf, auch ganz im Sinne der Multilevel Governance. Und ich bin überzeugt davon, dass diese Artikel-15a-Vereinbarung auch in diesem Hohen Haus eine breite Unterstützung finden wird. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten von SPÖ und Grünen.)

15.55


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.


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15.56.2611. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (517/A und 255 d.B. sowie 9230/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen jetzt zum 11. Punkt der Tagesord­nung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Stöckl. – Bitte um den Bericht.

 


15.56.45

Berichterstatterin Angela Stöckl: Hohes Präsidium! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird, zur Kenntnis.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Familie und Jugend stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Juli 2014 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Ledl-Rossmann. – Bitte. Ich darf Sie aber gleich darauf hinweisen, dass wir dann um 16 Uhr die Debatte wegen der Dringlichen Anfrage unterbrechen werden.

 


15.57.38

Bundesrätin Sonja Ledl-Rossmann (ÖVP, Tirol): Herr Präsident! Geschätzte Herren Minister! Kolleginnen und Kollegen! Arbeiten bedeutet Lebensqualität – ich denke, für uns alle, aber ganz besonders für Menschen mit Behinderungen. Und wenn gerade jene Menschen keine einfachen Startvoraussetzungen haben oder schwierigere Bedin­gungen, ist es doch wichtig, sie auf dem Weg zu unterstützen. Es sind ganz besondere Menschen, sehr lebensfrohe, humorvolle, mit vielen Talenten und Fähig­keiten, die sie auch gerne einbringen wollen und vor allem auch im Berufsleben einbringen wollen.

Für Menschen mit Behinderungen ist es wichtig, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, und wenn sie die Chance bekommen, zu arbeiten, dadurch auch ihr Selbst­bewusstsein zu stärken. Leider können es die Klienten nicht alleine oder selten alleine schaffen, den Weg in die Berufswelt zu finden. Daher bin ich dankbar, dass es ganz viele gibt, die diesen Weg in ganz Österreich im Zuge der Arbeitsassistenz unter­stützen.

Stellvertretend dafür möchte ich eine Einrichtung beziehungsweise ein Projekt beson­ders hervorheben, das in Wahrheit Vorreiter für ganz Österreich sein sollte, nämlich die „Job.Chance.Tirol“. Das ist ein Projekt der „Lebenshilfe Tirol“ mit Unterstützung vom Sozialministerium, das ein umfangreiches Beratungspaket für den behinderten Menschen selbst bietet, aber auch für die Betriebe. Sie beraten umfassend in allen rechtlichen und finanziellen Belangen, begleiten den Menschen, stabilisieren ihn am Arbeitsplatz und begleiten die Familie und Kolleginnen und Kollegen auch mit. Das hat eine sehr hohe Qualität, weil es auch immer, während der ganzen Dauer, den gleichen Ansprechpartner für die Betroffenen gibt.

2013 waren 114 Personen in diesem Beschäftigungsprogramm. Von den 60, die neu dazugekommen sind, konnten 35 erfolgreich in eine Beschäftigung begleitet werden.


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Erfolgreich heißt in diesem Sinne aber, dass die Menschen zumindest drei Monate in einer Beschäftigung tätig waren. Nach zwölf Monaten sind es meistens noch 50 Pro­zent, die nach wie vor ein Beschäftigungsverhältnis haben.

Wie man anhand dieser Zahlen schon sehen und erkennen kann, ist es sicherlich für viele schwierig, diesen Weg zu gehen, und umso mehr ist es, glaube ich, für uns alle wichtig, dass wir die Menschen auf diesem Weg unterstützen. Mit der vorliegenden Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes wird ein wesentlicher Schritt dazu getan, dass die Rechtssicherheit wieder gegeben ist und dass Menschen, die vorher als erwerbsunfähig eingestuft worden sind, auch nach einem gescheiterten Arbeits­versuch wieder den Anspruch auf die erhöhte Familienbeihilfe haben. – Genauso wichtig ist eine Gesetzesänderung, die heute noch später auf die Tagesordnung kommt, gemäß welcher auch das Rückkehrrecht in die Waisenpension möglich ist.

Ich glaube, das sind ganz klare Zeichen, die wir setzen können, und ich bin dankbar, dass wir das über alle Parteigrenzen hinweg tun, denn gerade diese besonderen Menschen haben unsere Unterstützung verdient. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

16.01


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich danke für die Zeitdisziplin und unterbreche nun die Verhandlungen zur Tagesordnung.

16.01.01Dringliche Anfrage

der Bundesräte Hans-Jörg Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bun-desministerin für Inneres betreffend illegale österreichisch-türkische Doppel­staats­bürger (3020/J-BR/2014)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die Dringliche Anfrage der Bundesräte Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Frau Bundesminister für Inneres.

Da die Dringliche Anfrage inzwischen allen Mitgliedern des Bundesrates zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Herrn Bundesrat Jenewein als erstem Anfragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort. – Bitte, Herr Kollege.

 


16.01.31

Bundesrat Hans-Jörg Jenewein (FPÖ, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Vorfeld der heutigen Sitzung, die eine relativ dichte Tagesordnung hat, habe ich auch schon zwischen den Zeilen vernommen, ob es wirklich notwendig ist, dass wir heute eine Dringliche machen. – Ich sage Ihnen, dass dieses Thema wirklich dringlich ist und ich mir eigent­lich gewünscht hätte, dass sich der Nationalrat in den letzten Sitzungen damit aus­einandersetzt. Da das aber nicht geschehen ist, muss der Bundesrat diese Verant­wortung übernehmen.

Ich werde Ihnen gleich sagen, worum es geht: Es geht nicht nur um den Inhalt der Dringlichen Anfrage, den Sie vor sich liegen haben, im Allgemeinen.

Wir hatten vor ein bisschen mehr als einem Monat Wahlen zum Europäischen Parla­ment. Am 2. Juni 2014 titelt die österreichische Tageszeitung „Die Presse“: „Doppelt hält schlecht: EU-Wahl ungültig? Millionen Doppelpassbesitzer […] konnten […] man­gels Kontrollen zweimal wählen.“ – Es gibt also Millionen Doppelpassbesitzer!


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Den Stein ins Rollen gebracht hat ein gewisser Herr Giovanni di Lorenzo, Chef­redakteur der deutschen Zeitung „Die Zeit“, der vor laufender Kamera im Livestudio erklärt hat, dass er zweimal seine Stimme abgeben konnte, weil er zwei Reisepässe innehat. – Das hat ihm mittlerweile ein Verfahren der Staatsanwaltschaft Hamburg eingebracht. Und auch Herr Hans-Jürgen Papier, der Ex-Präsident des deutschen Ver­fassungsgerichtshofes, hat in einer Stellungnahme in der Wochenzeitung „Der Spiegel“ die rhetorische Frage gestellt, ob diese EU-Wahl denn überhaupt noch rechtmäßig ist, wenn Millionen von Doppelstaatsbürgern möglicherweise ihr Wahlrecht doppelt und damit illegalerweise in Anspruch genommen haben.

Das hehre Prinzip, das da lautetet „One man,“ – oder one woman – „one vote“, ist damit ausgehebelt worden, und zwar zum ersten Mal.

Damit kommen wir auch schon wieder zurück nach Österreich und direkt zur Dringlichen Anfrage des heutigen Tages: Wir hatten am 19. Juni dieses Jahres einen Auftritt von Herrn Erdoğan hier in Wien, der auf seiner Tour quer durch Europa auch die österreichische Bundeshauptstadt besucht hat. Vorher war er in Köln und hat auch noch ein paar andere Städte besucht, aber er war auch in Wien.

Ich will jetzt gar nicht allzu sehr ins Detail gehen, vielleicht ergibt sich noch die Möglichkeit, darüber zu sprechen. – Unabhängig von den Aussagen, die Erdoğan in der Eishalle im Wiener 22. Bezirk gemacht hat, stellt sich aber doch auch die Frage: Warum kommt ein türkischer Ministerpräsident, der sich im Wahlkampf befindet, nach Österreich und spricht hier zu einer Community, hinsichtlich deren man eigentlich davon ausgehen müsste, dass diese mittlerweile mehrheitlich ohnehin aus österreichi­schen Staatsbürgern besteht, die sich mehrheitlich für den Wahlkampf des Herrn Erdoğan gar nicht mehr sonderlich interessieren müssten beziehungsweise würden?

Es hat sich allerdings gezeigt – auch darüber hat die Tageszeitung „Die Presse“ ge­schrieben –, dass mehrere Zehntausend – Schätzungen sprechen von rund 80 000 – Personen mittlerweile eine Doppelstaatsbürgerschaft besitzen. Das heißt, sie besitzen einerseits die türkische Staatsbürgerschaft, andererseits aber die österreichi­sche Staatsbürgerschaft.

Wie ist das möglich? – Prinzipiell ist das gar nicht möglich! So gesehen bin ich gar nicht unfroh, dass heute der Herr Justizminister da ist. Er ist zwar an sich ein Strafrechtler, daher geht das ein bisschen an seinem Themenbereich vorbei, trotzdem ist das aber natürlich auch ein Thema der Justiz.

Wenn heute jemand österreichischer Staatsbürger werden möchte, dann muss er be­weisen, dass er alles unternommen hat, um die Ursprungsstaatsbürgerschaft zurückzulegen. Das wird im Zuge eines Prüfverfahrens geprüft, und dann wird ihm die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen.

In diesem Zusammenhang tritt allerdings zutage, dass wir – und damit sind wir schon im Strafrecht – offenbar ein Problem mit den türkischen Konsulaten in diesem Land haben. So wissen nämlich etwa die „Vorarlberger Nachrichten“ zu berichten, dass von den türkischen Konsulaten eine Initialzündung in der Form kommt, dass jene Leute, die die österreichische Staatsbürgerschaft bekommen haben, angehalten werden, un­mittel­bar nach Erhalt des Verleihungsdekrets wiederum um die türkische Staatsbürger­schaft anzusuchen, das heißt, einen vorsätzlichen Rechtsbruch zu begehen, sodass sie dann als Zweipassbesitzer – es ist nämlich im österreichischen Gesetz nicht vorgesehen, dass es danach noch irgendeine Überprüfung gibt – beide Staatsbürger­schaften haben.

Das hat für die Doppelpassbesitzer natürlich Vorteile, aber auch Nachteile, und Letztere vor allem für die männlichen Doppelpassbesitzer. Wir hören immer wieder


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davon, dass österreichische Staatsbürger bei der Einreise in die Türkei länger auf­gehalten werden, weil auch die Fragen gestellt werden, wie es mit dem Wehrdienst ausschaut und ob der Wehrdienst abgeleistet wurde. Und wenn er dann im Computer als türkischer Staatsbürger aufscheint, der seinen Wehrdienst noch nicht abgeleistet hat, dann hat er ein Problem. Das ist auch klar.

Aber es hat natürlich auch Vorteile, wenn man einerseits als österreichischer Staats­bürger völlig rechtmäßig sämtliche Leistungen des hiesigen Staates in Anspruch nehmen kann, andererseits aber sein Wahlrecht nicht nur in Österreich, sondern auch in der Türkei ausüben kann. Und das weiß Herr Erdoğan natürlich ganz genau, weil man davon ausgehen kann, dass es sich bei diesen Doppelstaatsbürgerschaften um eine institutionelle Sache handelt: Dass es diese gibt, ist nicht einfach ein Zufall, sondern es wird ganz bewusst von der türkischen Regierung versucht, jene Türken, die die Staatsbürgerschaft europäischer Länder erworben haben, dazu anzuhalten, die türkische Staatsbürgerschaft wiederum zu bekommen, um auch das Wahlergebnis in der Türkei zu beeinflussen.

Die derzeitige politische Lage in der Türkei soll heute nicht unser Thema sein. Wir kennen die gegenwärtige politische Lage, ich kenne sie auch persönlich, weil ich mehrmals als Wahlbeobachter auch in Kurdistan war. Ich war mit einer offiziellen Delegation der Stadt Wien in Diyarbakir, habe mir das angesehen und habe dort auch gesehen, wie zum Beispiel mit dem Bürgermeister von Diyarbakir umgegangen wird, weil er sich „erdreistet“, auf seiner Amtstüre die Bezeichnung „Bürgermeister“ nicht nur in türkischer Sprache, sondern auch in kurdischer und in englischer Sprache anzubringen: Das hat dazu geführt, dass gegen ihn ein Verfahren eröffnet wurde. – Nur so viel zur Rechtssituation in der Türkei. Das ist völlig unakzeptabel!

Jedenfalls ist es aber notwendig, dass wir uns – wie ich zuerst schon gesagt habe – jetzt damit beschäftigen, also auch an einem Tag wie heute und natürlich auch in diesem Hause, weil hier die gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden müssen, um diesen Missbrauch abzustellen. Das wünsche ich mir nicht nur von der österreichi­schen Bundesregierung, sondern das fordere ich von der österreichischen Bundes­regierung! Es geht nämlich nicht an, dass solche Trennlinien, die oftmals so dargestellt werden, als würden sie zwischen Österreichern und Zuwanderern beziehungsweise in diesem Fall zwischen Österreichern und Türken verlaufen, eigentlich auch durch die türkische Community verlaufen.

Es hat sich nämlich gerade bei dieser Veranstaltung von Erdoğan gezeigt: Die Gegen­demonstranten hatten zwar nicht die Stärke wie jene, die an der Veranstaltung in der Eishalle teilnahmen – das ist schon klar –, es wurde dabei aber auch ein deutliches Zeichen gegeben und eine laute Stimme für Demokratie und gegen Unterdrückung und gegen Ausgrenzung erhoben.

Klar ist nämlich auch: Wenn die europäischen Werte ständig angesprochen werden – und es gibt kaum eine politische Debatte in diesem Haus oder sonst wo, in der es nicht auch um Europa geht –, dann kann man es sich nicht erlauben, diese europäischen Werte auszublenden. Im Hinblick darauf müssen wir natürlich gerade bei einem Staat, der Mitglied der Europäischen Union werden möchte, diese Werte ganz eindeutig in den Vordergrund stellen.

Da genügt es nicht, dass den Kurden unmittelbar vor einer Wahl ein Radiosender genehmigt wird und man sagt: Wir lassen ihnen ohnehin die Medienfreiheit! Liebes Europa, schaut euch das an, wir sind ohnehin ganz gute Menschen!

Das genügt nicht! Vielmehr müssen die 130 000 oder 140 000 armenischen Bewohner in der Türkei jene Rechte bekommen, die ihnen zustehen, anstatt dass diesen Leuten von Herrn Erdoğan ausgerichtet wird, dass es ja eigentlich nur 70 000 türkische Staats-


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bürger sind und man den restlichen 70 000 oder 80 000 Armeniern empfehlen müsste, in ihr Heimatland zurückzukehren.

All das muss in dieser europäischen Wertedebatte ebenfalls angesprochen werden. Ich weiß allerdings aus eigener Erfahrung, dass man dann sehr leicht in ein Fahrwasser kommt beziehungsweise sofort hier in ein Eck gedrängt wird, in das man eigentlich gerade in dieser Diskussion nicht gehört. Diese Diskussion hat nämlich nichts mit einer pro- oder antitürkischen Stimmung zu tun. (Bundesrat Schennach: Hat sie nicht?)

Nein! Aber es ist schön, Herr Kollege, dass Sie mir das Stichwort geben! Ich wollte das hier eigentlich sehr nüchtern abführen! Aber wir sprechen natürlich auch von Inte­grationsmöglichkeiten, die dadurch auch untergraben werden. So kommt zum Beispiel der Vizechef des SPÖ-Wirtschaftsverbandes, Herr Ekrem Gönültaş, als Mitglied der Islamischen Föderation, die der militärischen Bewegung nahesteht, auf einmal auf knapp 14 000 Vorzugsstimmen, und in Anbetracht dessen stelle ich mir schon die Frage, ob wirklich alle Parteien diese Integrationsbestrebungen ernsthaft verfolgen oder ob die SPÖ nicht auch auf Stimmen schielt. Sie verliert nämlich dermaßen viele Stimmen Richtung FPÖ und Richtung Grüne, dass sie sich ganz einfach anderswo Stimmen holen muss, und da passt es vielleicht sogar, dass man mit irgendwelchen vorderasiatischen Diktatoren zusammenarbeitet! Das kann ich mir vorstellen, und Sie zeigen auch eindeutig und eindrucksvoll, wie das funktioniert! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)

Selbstverständlich! Was verfolgen diese Leute denn? – Sie haben ja nicht europäische Werte im Hintergrund, sondern denen geht es eindeutig darum, dass hier lautstark protestiert wird, und das geschieht leider! So habe ich zum Beispiel bisher von der SPÖ noch nichts zu den Ausschreitungen vernommen, die es jetzt bei dem Fußball­match in Bischofshofen gegeben hat, wo eine Auswahl ... (Bundesrat Pfister: Lesen! – Zwischenruf des Bundesrates Schennach.) Das kann sein! Aber das ist trotzdem ein ernsthaftes Thema!

Sie kennen die Debatten rund um den VSStÖ: In den letzten Tagen, als wir uns damit auseinandergesetzt haben, wie denn derzeit die militärische Auseinandersetzung im Gazastreifen verläuft, sind hier eindeutig antisemitische Äußerungen gekommen. Und bei diesem Fußballspiel einer Auswahl von Maccabi Haifa‑Spielern haben Palästina­sympathisanten das Spielfeld gestürmt und dort Leute verprügelt, weil sie einer anderen Religionsgemeinschaft angehören. – In Anbetracht dieser Vorfälle gewinnt man manchmal den Eindruck, dass die SPÖ gern zumindest nicht so genau hinschaut. Und wenn wir gerade bei der Wiener SPÖ sind … (Bundesrat Stadler: Da müssen Sie aber genau recherchieren, Herr Kollege!) Ich habe sehr gut recherchiert!

Im Wiener Landtagswahlkampf 2010 hat die SPÖ einen Song für Wien von einem gewissen Rapper Nazar aufnehmen lassen, und was hat dieser Herr Rapper Nazar gesungen?  – Er hat den 11. September abgefeiert! Das sind eure Leute! Mit diesen legt ihr euch ins Bett! (Bundesrätin Grimling: Das ist eine Frechheit sondergleichen!)

Ich sage Ihnen: Das ist auch ein Grund, warum wir diese Integrationspolitik der Wiener SPÖ ablehnen. Das hat nämlich in Wahrheit mit Integrationspolitik nichts zu tun! Das ist hinausgeschmissenes Geld! Das fängt damit an, dass man den Leuten hier eben auch einmal sagen muss, dass sie, wenn sie hier leben wollen, auch in unserer Gesell­schaft ankommen müssen. Und wenn sie das nicht tun, dann wird man ihnen sagen müssen, dass sie auf Dauer nicht hier sein können! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich möchte zum Abschluss dieser Debatte … (Bundesrat Stadler: Gott sei Dank!) – Ich kann auch noch weiterreden, ich habe noch ein paar Minuten. Aber wenn Ihnen, Herr Kollege, nichts anderes zu diesem wirklich wichtigen Thema, bei dem es um unser Wahlrecht und im Endeffekt um unsere Demokratie und unsere demokratischen Instru-


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mente geht, nichts anderes einfällt, als zu rufen: Gott sei Dank sind Sie fertig!, dann sagt das jedenfalls weit mehr über Sie aus als über mich! Das möchte ich Ihnen auch sagen!

Ein Punkt, der wirklich genauer betrachtet werden muss, ist dieser von mir erwähnte politische Auftrag, den die türkischen Konsulate in Österreich offenbar haben. Im Hinblick darauf wünsche ich mir beziehungsweise fordere ich von der österreichischen Bundesregierung politische Aktivitäten. Ich wünsche mir etwa auch, dass mit dem türkischen Botschafter in Österreich einmal deutlich gesprochen wird, um auch über die Rechtslage aufzuklären, denn es kann nicht sein, dass man sich bei einer ähnlichen Debatte, die im Nationalrat geführt wurde, darauf ausgeredet hat, dass man die Kollegen aus dem Ausland, sprich aus der Türkei, ohnedies immer wieder über die österreichische Rechtssituation informiert.

Das kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein! Wir dürfen uns gerade in dieser Frage nicht auf der Nase herumtanzen lassen, denn das, was in diesem Zusam­menhang geschieht, schaut nach einem institutionellen Missbrauch der österreichi­schen Gesetzeslage aus, und das geht uns alle an, denn da ist die Demokratie in diesem Land gefährdet. Da wird die Demokratie in diesem Land mit Füßen getreten!

Es hat sich bei den letzten Wahlkämpfen und bei den letzten Wahlauseinan­der­set­zungen gezeigt, dass es diesbezüglich immer wieder zumindest Auffälligkeiten gibt. Gerade im Zusammenhang mit dem von mir angesprochenen SPÖ-Kandidaten gibt es immer wieder Hinweise darauf, dass Gruppen von Menschen Wahlkarten beantragen und diese von einer Stelle ausgefüllt werden.

Derartige Vorkommnisse können und wollen wir in unserem Land nicht akzeptieren! Im Hinblick darauf wäre auch die SPÖ – auch wenn sie sich jetzt hier ein bisschen auf den Schlips getreten fühlt – dringend gefordert, das abzustellen. Man sollte wirklich einmal eine Mehrparteienvereinbarung treffen, dass man sich auch mit diesem Aspekt des Wahlrechts auseinandersetzt, denn diesbezüglich geht es – das muss ich Ihnen sagen – in die völlig falsche Richtung in unserem Land. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

16.16


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich darf zunächst Herrn Bundesminister für Justiz Dr. Brandstetter in Vertretung der Frau Bundesminister für Inneres sehr herzlich begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Ich erteile ihm nun das Wort zur Beantwortung der Anfrage. – Bitte, Herr Minister.

 


16.16.56

Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Bundesrates! Ich habe Ihre Ausführungen, Herr Bundesrat Jenewein, jetzt aufmerksam verfolgt. Diese waren sehr breit gestreut. – Ich bin hier, um Frau Innenministerin Mikl-Leitner bei der Beantwortung dieser Dringlichen Anfrage zu vertreten, die Ihnen allen auch schriftlich vorliegt, und die Fragen sind dort natürlich um einiges enger gefasst als das, was Sie in Ihrem Beitrag jetzt ausgeführt haben.

Zur Rechtslage – um das vorwegzunehmen – ist nicht viel zu sagen. Sie haben natür­lich in einem Punkt völlig Recht, Herr Bundesrat Jenewein: Wenn jemand – und das gilt ganz generell, unabhängig davon, woher er kommt und wer er ist – die österreichische Staatsbürgerschaft hat und eine fremde annimmt, dann verliert er die österreichische Staatsbürgerschaft ex lege. So steht es im Staatsbürgerschaftsgesetz, und daran ist auch nicht zu rütteln, das ist kein Thema. Und wenn es solche Fälle gibt, wie Sie sie


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geschildert haben, dann wird man entsprechende Konsequenzen ziehen müssen, das ist an sich eine ganz klare Sache.

Allerdings ist die Vollziehung des Staatsbürgerschaftsgesetzes in diesem Bereich Sache der entsprechenden Behörden der Länder, und vieles von dem, was Sie angesprochen haben, betrifft insbesondere die Konsularbehörden, die Sie erwähnt haben, und das ist Sache des Außenamtes. Daher bitte ich um Verständnis: Ich kann Kollegin Mikl-Leitner, so gern ich das auch tue, nur im Rahmen der Kompetenzen vertreten, die sie selbst hat.

Daher kann ich grundsätzlich nur sagen: Wenn es Fälle gibt, dass jemand als öster­reichischer Staatsbürger eine fremde Staatsbürgerschaft annimmt, dann verliert er ex lege die österreichische Staatsbürgerschaft, keine Frage. So ist es im Gesetz vorge­sehen. Die wenigen Ausnahmefälle, in welchen es eine Doppelstaatsbürgerschaft gibt, bedürfen de facto eines Ministerratsbeschlusses. Ich kenne keine anderen Fälle, insofern ist die Rechtslage vollkommen klar.

Die Antworten auf Ihre Dringliche Anfrage liegen Ihnen ja auch schriftlich vor. Ich kann aber gerne kurz auf Fragen eingehen, soweit sie sich auf die Kompetenz der von mir vertretenen Innenministerin beziehen.

So ist etwa zu Frage 2, wie viele türkische Staatsbürger in den letzten 20 Jahren die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten haben, eine klare Antwort möglich: In den letzten 20 Jahren waren es 120 549 türkische Staatsangehörige, denen die österreichi­sche Staatsbürgerschaft verliehen wurde.

Zu den Fragen 4 bis 11, 14, 15, 18 und 19 kann man nur zusammengefasst in dem Sinn antworten, dass es im Rahmen der regelmäßigen Konsularkonsultationen mit der Türkei ein Gespräch am 5. Juli 2014 gegeben hat, das zuständigkeitshalber aber vom Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres organisiert und geleitet wurde, an dem auch ein Vertreter des Bundesministeriums für Inneres teilgenommen hat.

Da wurde diese Thematik angesprochen, und, wie gesagt, sie betrifft primär das Außenamt. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Wahrnehmung der bilateralen außen­politischen Kontakte und konsularischen Angelegenheiten nicht in den Zustän­dig­keitsbereich des BMI fällt, und das ist auch so. Und der Vollzug des Staatsbürger­schaftsrechts liegt nun einmal bei den Ländern. Das ist eben der Grund, weshalb ich natürlich auch nur im Rahmen der Kompetenzen des Innenressorts hier antworten kann.

Im Übrigen kann ich zu den Fragen 12 und 13 nur sagen, es gibt keine bekannten Fälle von denen, die Sie hier angesprochen haben.

In Frage 12 sprechen Sie von Fällen von jungen männlichen Doppelstaatsbürgern, die beim Heimaturlaub Probleme wegen des Militärdienstes bekamen, und fragen, ob das dem BMI bekannt ist. Ich kann nur sagen: Nein, das ist nicht bekannt.

Zur Frage 13, ob dem Ressort, also konkret dem BMI bekannt ist, wie viele Türken mit österreichischer Staatsbürgerschaft ihren Militärdienst in der Türkei versehen, lautet die Antwort: Nein, ist nicht bekannt.

Zu den Fragen 16 und 17 kann man nur noch einmal sagen, dass der Vollzug des Staatsbürgerschaftsrechts in den Vollzugsbereich der Länder fällt und nicht die Kompe­tenz des BMI betrifft.

Daher kann ich beim besten Willen zu Ihrer Anfrage nicht mehr sagen als das, was ich jetzt ausgeführt habe. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

16.21



BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 139

Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Herbert. – Bitte, Herr Kollege.

 


16.21.39

Bundesrat Werner Herbert (FPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Justizminister, ich anerkenne den Umstand, dass Sie uns hier leider nur ersatzweise, an Stelle der Frau Innenminister, zur Verfügung stehen und dass Sie uns natürlich ob der Komplexität dieses Themas wahrscheinlich hier nicht die gewünschten Auskünfte in entsprechender Präzision geben könnten. Aber das, was Sie uns an Antworten gegeben haben, ist, so meine ich, doch eine eher dürftige Angelegenheit. Ich hätte mir schon zumindest mehr erwartet, nämlich wenn es insbesondere um die Frage geht, wie es mit der Setzung von Maß­nahmen gegen diese missbräuchlichen Doppelstaatsbürgerschaften, in Bezug auf den Austausch der Daten für die Bekämpfung dieser strafrechtlich relevanten Tatbestände aussieht.

Es gibt ja in anderen Bereichen der Kriminalitätsbekämpfung mit vielen anderen Staaten ähnlich gelagerte Abkommen. Da hätte ich mir zumindest erwartet, dass man sagt, ja, man versucht zumindest, hier so ein Abkommen in Gang zu setzen, so ein Abkommen zustande zu bringen, damit man zumindest für die Zukunft eine Option hat, das abstellen zu können. Das ist offensichtlich nicht der Fall, vielleicht auch gar nicht gewünscht – das weiß ich nicht, das interpretiere ich jetzt einmal so.

Und auch was die Maßnahmen betrifft, wie man dem von unserer Seite zukünftig begegnen könnte, so weiß ich schon, nicht vorhandene Informationen sind immer eine schlechte Ausgangsbasis, aber nur zu sagen: Ja, das ist nun einmal so, die anderen geben uns die Informationen nicht, und wir sitzen nun einmal so da, und daher machen wir einmal nichts!, das ist eine Zukunftsoption aus sicherheitspolizeilicher Sicht, die ich auch nicht so zur Kenntnis nehmen möchte. Immerhin ist das ja nicht nur ein vordergründiges Problem von unterschiedlichen Rechtslagen in verschiedenen Staa­ten – nämlich im konkreten Fall zwischen Österreich und der Türkei, weil hier auch der Besuch von Erdoğan angesprochen wurde –, sondern es betrifft ja auch die Frage: Wie gestalte ich Integrationspolitik?

Wenn ich sehe, dass von den Inhabern der insgesamt 120 549 erteilten Staatsbürger­schaften dem Vernehmen nach 80 000, also zwei Drittel, eine Doppelstaatsbürger­schaft besitzen sollen und damit konkret nicht nur gegen österreichisches Recht verstoßen, sondern auch gegen den Willen, die eigene heimatliche Vergangenheit zurück­zulassen und in Österreich neue Wurzeln zu schlagen und hier nicht nur das österreichische Recht zu achten, sondern auch quasi der Republik Österreich und dem Land hier eine entsprechende Wertschätzung im Sinne des Beginnen eines neuen Lebensabschnittes entgegenzubringen, dann denke ich schon, dass das gerade in Bezug auf die Integrationspolitik doch ein wichtiges Faktum ist und dass daher nicht allein, und losgelöst davon, nur die strafrechtliche Komponente dessen zu betrachten ist. Ich sehe es nämlich schon so, dass das nicht so passiert, dass man eben sagt: Na, jetzt fliegt mir quasi die alte Staatsbürgerschaft, nachdem ich die neue, österreichische Staatsbürgerschaft erhalten habe, schwuppdiwupp wieder in den Schoß!, sondern es werden ja aktive Schritte gesetzt, damit man seine alte – in dem Fall, wie ange­sprochen, die türkische – Staatsbürgerschaft wiedererlangen kann.

Ich denke, das ist schon ein Fall, wo man sich legitimerweise nicht nur die Frage zu stellen hat: Geht man so mit seiner neuen österreichischen Heimat um – wissend, dass man damit nicht nur gegen österreichisches Recht verstößt, sondern dass man damit seiner neu gewonnenen Heimat quasi nicht gerade wertschätzend begegnet?, denn ich orte hier auch, dass man die eigenen, die alten Wurzeln, das, wo man herkommt, bewusst nicht verlassen möchte und die österreichische Staatsbürgerschaft nur zu


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dem Zweck erlangt hat, um hier am sozialen und am finanziellen Wohlstand Öster­reichs teilhaben zu können, und dass es denjenigen, die diese Doppelstaats­bürger­schaft unter diesem Aspekt anstreben, nicht so sehr darum geht, dass man hier in Österreich, in unserer schönen Republik eine neue Heimat gefunden hat, sondern dass es hier nur um die wirtschaftlichen Interessen geht, dass es hier nur darum geht, die Möglichkeiten, die Österreich gegenüber einem anderen Staat – beispielsweise, weil angesprochen, der Türkei – in finanzieller, in sozialer, in steuerrechtlicher, in unterstüt­zungstechnischer Hinsicht bietet, auskosten zu können, und dass es nicht so sehr darum geht, bewusst hier eine neue Heimat zu suchen und eine neue Heimat zu finden.

Es ist auch eine Frage des sozialen Friedens, nämlich innerhalb der österreichischen Gesellschaft, und zwar im Zusammenwirken unterschiedlicher Kulturen, und es ist natürlich schon für jene Menschen, die hier aufgewachsen sind, die quasi die – ich sage es einmal so – autochthone Bevölkerung darstellen, ein sehr unangenehmes Gefühl, wenn man dann wahrnehmen kann, so wie es Kollege Jenewein auch darge­stellt hat, dass ein ausländischer Ministerpräsident in Österreich offensichtlich Wahlwer­bung betreibt, und das nur deshalb, weil er weiß, dass hier jene Wahlbe­rechtigten sitzen, die ihn dann bei seiner Wahl zu Hause auch wieder unterstützen.

Hier nur zu sagen: Na ja, das ist halt eine kleine Randerscheinung, ein bisschen ein politisches Problem vielleicht, aber hauptsächlich ein Problem, das wir nicht lösen können, weil wir halt einfach die Daten nicht haben!, das ist eine Darstellung des BMI, oder in dem Fall von Ihrer Seite, der ich nicht folgen kann und der ich auch nicht folgen will.

Eines sollte schon klar sein: Wenn es hier keine Bereitschaft gibt, eine Brücke zu schlagen zwischen den unterschiedlichen Kulturen, nämlich der neuen Heimat Öster­reich und der alten Heimat, wo der oder die Betreffende herkommt, wenn es diese Bereitschaft nicht gibt, sich hier zu integrieren, und wenn es die Bereitschaft nicht gibt, sich hier an die österreichischen Regeln und an die österreichischen Gesetze zu halten, dann haben diese Menschen hier bei uns nichts verloren – da kann man argumentieren, was man will –, denn alles andere wäre eine Verhöhnung der eigenen Menschen, die hier in Österreich groß geworden sind und die hier leben.

Man kann ja hier nicht für die Zuwanderer – egal, aus welchen Gründen, auch durch­wegs anerkennungswürdigen Gründen sie hier bei uns zuwandern – eine Ausnahme machen und Sonderregelungen schaffen gegenüber den eigenen hier lebenden Menschen! Das kann es nicht sein und das darf es nicht sein.

Ich darf Sie daher auffordern – wie das Kollege Jenewein schon gesagt hat; ich möchte diese Aufforderung unterstreichen –, sich hier nicht einfach mit einer – verzeihen Sie mir diese harte Ausdrucksweise – billigen Erklärung aus der Diskussion stehlen zu wollen, sondern in rechtlicher Hinsicht alles zu unternehmen, damit man hier eine entsprechende rechtliche Möglichkeit findet, gegen eine derartige missbräuchliche Verwendung von Staatsbürgerschaften von österreichischer Seite her vorgehen zu können, und dass es auch im Sinne eines sozial gerechten Zusammenlebens zwi­schen autochthoner Bevölkerung, eingebürgerten Zuwanderern und jenen, die noch kommen, möglich ist, eine gemeinsame Basis zu finden, hier eine Brücke schlagen zu können, wo alle die gleichen Rechte, aber auch alle die gleichen Pflichten haben.

Das ist die Grundvoraussetzung, um die es bei diesem Antrag geht. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

16.30


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Perhab zu Wort. – Bitte, Herr Kollege.

 



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16.30.22

Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin nicht ganz schlau geworden aus der Begründung dieser Dringlichen Anfrage, Herr Kollege Jenewein. Ich glaube, du hast da alles für die Wiener Landtagswahl hineingepackt. Ich habe das Instrumentarium einer Dringlichen Anfrage eigentlich vom Parlamentarismus her anders verstanden.

Es ist nicht nur die Begründung eine ganz eigenartige, sondern es sind auch Schön­heitsfehler drinnen, und nicht nur Schönheitsfehler, sondern auch gravierende Fehler, würde ich sagen. Ich habe gar nicht gewusst, dass Bundesminister Klug unser neuer Außenminister ist. Ich lese da nämlich:

„Bundesminister Klug antwortete auf eine entsprechende Frage von Abg. Hübner in der Fragestunde am 10. Juli …“, und so fort.

Ich glaube, dass der Außenminister der Republik Österreich immer noch Sebastian Kurz heißt. – Das ist einmal das Erste. (Bundesrat Jenewein: Der hat das aber so beantwortet!)

Das Zweite ist, dass die Dringliche Anfrage wahrscheinlich auch an das falsche Ministerium gestellt wurde. Das Bundesministerium für Inneres ist nur in einem Teilbereich zuständig, bitte! Bei den Promi-Einbürgerungen ist das Innenministerium zuständig – immer eine große Debatte –, aber sonst schon gar nicht. Und in der Vollziehung sind die Ämter der Landesregierung zuständig. Und wenn das Bundes­ministerium für Inneres konkrete Zahlen vom Außenministerium oder von Behörden bekommt, wie viele und welche Personen die Doppelstaatsbürgerschaft illegalerweise in Anspruch genommen haben, dann gibt es einen Feststellungsbescheid über die Ämter der Landesregierung, und die österreichische Staatsbürgerschaft wird damit entzogen. So einfach ist de iure die Situation.(Vizepräsidentin Posch-Gruska über­nimmt den Vorsitz.)

Warum Sie hier dann an einem Tag, an dem wir über die Hypo und sonstige staats­entscheidende Dinge diskutieren, so eine Dringliche Anfrage machen, bei so einer Tagesordnung, das ist mir unverständlich, und das kann ich auch nicht nachvollziehen. Vielleicht ist es ein weiterer Versuch, ein paar Nebelgranaten zu werfen, um die Hypo-Problematik von der FPÖ wegzubekommen. (Bundesrätin Mühlwerth: Ah geh! Das haben wir gar nicht nötig!) – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

16.32


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­des­rat Schennach. Ich erteile es ihm.

 


16.32.36

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Nachdem Herr Kollege Perhab sozusagen die inhaltliche Substanz der Dringlichen Anfrage des heutiges Tages als erschöpft und erledigt bezeichnet hat, kann ich mich auf eine kleine Aufgabe beschrän­ken, nämlich den rhetorischen Müll des Kollegen Jenewein noch vom Rednerpult abzuräumen. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP. – Bun­desrätin Mühlwerth: Ihr seid aber bei der Wortwahl nicht sehr zimperlich!)

Unter dem rhetorischen Müll des Kollegen Jenewein war, die SPÖ habe zu den Übergriffen in Bischofshofen kein Wort gesagt. (Ruf bei der FPÖ: … Sympathisanten …? Es ist ja so!)


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Schauen Sie, Herr Jenewein sitzt hier, um zu provozieren und zu provozieren und zu provozieren. (Bundesrat Brückl: Und ihr steigt darauf ein!) Die FPÖ tut provozieren, ernennt einen Hetzer und Rassisten mit 21 zum stellvertretenden Stadtschulrats­präsidenten in Wien (Bundesrat Jenewein: Das trauen Sie sich aber auch nur am Rednerpult!) – einen Hetzer und Rassisten! (Bundesrat Jenewein: Das trauen Sie sich auch nur am Rednerpult, gell?) – Ich bin ein bisschen besser vorbereitet als Sie, Kollege Jenewein:

Am 26. Juni hat dieser Hetzer und Rassist gesagt, es soll zu einer Ausweisung von allen Zuwanderern mit türkischem Blut aus Österreich kommen. (Bundesrätin Mühlwerth: Die sich nicht integrieren wollen!) – Was ist das?

Weiters hat er den Bürgermeister von Wien als den „Türken-Bürgermeister“, der befehlsabhängig ist, bezeichnet.

Er hat, als Außenminister Kurz der ältesten nicht-katholischen Religionsgemeinde in Österreich – das ist jene islamischen Glaubens – zum Ramadan seine Glückwünsche übermittelt hat, von einer Unterwürfigkeit des Außenministers gesprochen und von einem Anbiedern und Schielen nach Wählerstimmen. (Bundesrätin Mühlwerth: Ist das jetzt rassistisch?)

Und so geht das weiter (Bundesrat Jenewein: Das stimmt ja! Sie machen es ja!), was dieser 21-jährige „Krauss-Kopf“ alles bisher schon gesagt hat. Wenn Sie da einen Strich drunterziehen, dann gibt es nur ein Resultat: ein Hetzer und Rassist.

Und Sie machen dasselbe hier! Sie haben gesagt, die SPÖ habe kein Wort zu den Übergriffen in Bischofshofen gesagt. Um 9 Uhr in der Früh – jetzt haben wir 16.30 Uhr, bis jetzt müssten Sie also des Lesens mächtig gewesen sein – hat Bundeskanzler Faymann das klar verurteilt (Bundesrat Jenewein: Nein, 11 Uhr war es!), eine Stunde später der Sicherheitssprecher der SPÖ Pendl. Aber bereits am Vormittag – das hätten Sie auch lesen können – hat die gesamte SPÖ-Fraktion des Bundesrates durch Herrn Reinhard Todt das verurteilt und weiters der Klubobmann der SPÖ Schieder das verurteilt, alles im Laufe des Vormittags. – Wow, da schauen wir, gell? (Bundesrat Jenewein: …! Sie sind ja dauernd draußen!)

Weiters hat Herr Jenewein hier gesagt, die SPÖ biedere sich bei vorderasiatischen Diktatoren an. – Also ich kenne nur Ihren größenwahnsinnigen Ex-Obmann, der sich ganz lieb bei Gaddafi und Saddam Hussein angebiedert hat. Und die „neue FPÖ“, wie Sie ja unter Strache so oft sagen, fährt dann nach Tschetschenien, fährt zur extremen russischen Rechten. Die biedert sich nicht an?!

Und jetzt kommt es noch: Ihre beiden Vertreter im Europarat haben sich bereits vier Mal um die Aufnahme in die EDG bemüht – es ist immer gescheitert. In dieser sitzen die ganz rechten Erdoğan-Leute! Da wollten der Herr Martin … (Bundesrat Mayer: Graf!) Graf – danke! – und der Herr Hübner immer hin. Da wären sie dann ganz mittendrin bei den rechten Erdoğan-Leuten. Die hätten sie auch aufgenommen! Andere waren dagegen. – So schaut es aus mit Anbiedern bei vorderasiatischen Diktatoren! (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Bundesräten der Grünen.)

Aber natürlich müssen wir über Doppelstaatsbürgerschaften reden; in Europa müssen wir darüber reden. Also wenn ich mir die Freunde und Freundinnen meines Sohnes anschaue, da ist alles mit Doppelstaatsbürgerschaften: englisch-österreichisch, griechisch-österreichisch (Bundesrätin Kurz: Amerikanisch!), amerikanisch-öster­reichisch. Das sind alles nette Wiener und Wiener Kinder, für die sich das irgendwie durch Zufall ergab, weil wir einfach in einer Welt leben, die sich bewegt! Wir sind nicht in einer Welt des Nationalismus, die Stefan Zweig als „Die Welt von gestern“ beschrieben hat, sondern wir sind in der Welt von heute! Und Menschen heiraten, wir


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haben ganz viele EU-Bürger und -Bürgerinnen in Österreich, und Österreicher sind in Deutschland und in der Schweiz. Und es gibt einfach viele Kinder, und ich würde sagen, ein Viertel locker hat diese Staatsbürgerschaft. Wir müssen uns ein bisschen davon lösen, dass wir diese Staatsbürgerschaft so auf den „Thron“ hinaufheben, denn wir haben ja die zwei: das eine ist vom Blut, das andere vom Boden.

Mein Patenkind ist zufällig im siebenten Monat zu früh auf die Welt gekommen und ist Amerikaner, weil damals eine Zwischenlandung in Chicago erfolgte. Blöd wäre er, würde er seine amerikanische Staatsbürgerschaft zurückgeben! Beide Eltern sind Österreicher. Jetzt ist er Amerikaner aufgrund eines liberalen Rechtes, und er ist natürlich Österreicher auch. – Und so geht das dahin, und da müssen wir uns eben diese Frage stellen.

Es gibt einen springenden Punkt, ja: Bei den Mädels fragt ohnedies niemand nach 18, aber bei den Burschen, wenn es nämlich um die Wehrpflicht geht. Da gibt es nur das Problem mit Staaten, in denen es auch eine Wehrpflicht gibt – in Staaten, in denen es keine Wehrpflicht gibt, ist es ja kein Problem –, denn dann kommen wir in eine Verletzung der Neutralität. Das ist eigentlich das ganz große Problem.

Und hinsichtlich dessen, was Sie da groß geschildert haben, die Europäische Union betreffend: Wir brauchen ein Wahlrecht im Rahmen der Europäischen Union, das so ausschaut, dass man nur in dem Land, in dem man derzeit den Hauptwohnsitz hat, wählen kann. Aus, Punkt! Dann ist diese Frage von Doppelstaatsbürgerschaften innerhalb der EU auch kein Riesenthema mehr, wenn man sagt: Dort, wo du gemeldet bist, kannst du wählen. Wenn du ein Deutscher bist und du bist in Österreich, kannst du an der EU-Wahl nur in Österreich teilnehmen. Du kannst nicht noch schnell mit dem Zug nach Bayern fahren und noch einmal wählen. – Das ist ganz einfach zu regeln.

Und was die anderen Dinge anlangt: Wir müssen, Edgar Mayer, die Konvention des Europarates zur Vermeidung der Doppelstaatsbürgerschaften, die aus den siebziger Jahren ist, einfach unter einem neuen Licht überdenken. Gleichzeitig hat der Europarat ja verabschiedet, dass wir endlich von diesen Staatsbürgerschaften wegkommen zu Wohnbürgerschaften, damit die Menschen sich viel leichter integrieren können und in den Kommunen – zum Beispiel in der schönen Stadt Freistadt – viel schneller integriert sind und auch als Bürger und Bürgerinnen am politischen Leben viel schneller teilnehmen.

Also herunter mit der Aufregung! Schauen wir, was die eigentliche Substanz ist! Es gibt ja, glaube ich, im Nationalrat im Herbst im Innenausschuss sogar ein eigenes Sym­posium dazu oder einen Sonderausschuss, in dem diese Dinge geregelt werden. Bundesrat Perhab hat gesagt, substanziell misten, und jetzt ist der Mist, der sonst noch hier am Rednerpult war, auch weg. Das wäre es. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder. – Bundesrat Jenewein: Ja, jetzt geht er gerade, der Mist!)

16.41


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dönmez. Ich erteile es ihm.

 


16.41.22

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde jetzt nicht in die Polemik zwischen FPÖ und SPÖ einsteigen.

Es gibt Probleme. Ich war und bin einer der schärfsten Kritiker dieser Entwicklungen – und bitte, Herr Minister, nehmen Sie das nicht persönlich –, aber ich finde, dass dieses Thema wahrlich nicht dringlich ist. Dringlich wäre für mich, wenn heute hier der Außen-


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minister sitzen würde und wir zur Thematik, was in Syrien passiert, was im Nahen Osten passiert oder auch, was in der Ukraine passiert, diskutieren würden. Das wäre für mich viel dringlicher als diese Diskussion um die türkischen Staatsbürgerschaften oder auch Nicht-Staatsbürgerschaften. – Das einmal zum einen.

Wir befinden uns im internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe der Welt, das ist unbestritten. Unsere Wirtschaft braucht gute Facharbeitskräfte, und da gibt es jetzt unterschiedliche Möglichkeiten, wie wir zu diesen guten Facharbeitern und auch Wissenschaftlern und Experten beziehungsweise Expertinnen kommen können. Eine der Möglichkeiten wäre, wenn wir die doppelte Staatsbürgerschaft ermöglichen wür­den. Auch wenn es manchen von uns ideologisch nicht passt, aber die deutschen Kollegen haben es uns vorgelebt. Sie haben vor Kurzem beschlossen, dass jene Staatsbürger, die bis zum 21. Lebensjahr eine andere Staatsbürgerschaft gehabt haben, nun die Möglichkeit haben, sich auch um die deutsche Staatsbürgerschaft zu bemühen.

Lassen Sie mich so offen sein, Kritik in Richtung Regierung, aber auch Kritik in Richtung der Linken, der SPÖ und auch der Grünen anzubringen: Einen Automatismus zu entwickeln bei der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft in Anlehnung an die Aufenthaltsdauer ist meiner Meinung nach ebenso ein Fehler, wie man diese an eine Mindestaufenthaltsdauer knüpfen würde.

Ich bin beruflich und auch privat wirklich mit sehr vielen Menschen aus unterschied­lichen Ländern, Kulturen und Religionen in Kontakt. Ich kann Ihnen eines garantieren: weder die Aufenthaltsdauer noch das Herkunftsland noch die Religionszugehörigkeit sind ausschlaggebend für die Einstellung, für die Geisteshaltung, die diese Menschen mitnehmen. Es ist einzig und allein der Zugang und die Haltung, die man mitbringt. Das hat nichts damit zu tun, ob man 30 Jahre in Österreich ist oder drei Tage, denn die Demonstrationen, die organisiert wurden – diese antiisraelischen Demonstrationen, aber auch diese Pro-Erdoğan-Kundgebungen –, wurden von Leuten organisiert, die schon in der dritten Generation in Österreich leben und auch die österreichische Staatsbürgerschaft haben. Also die österreichische Staatsbürgerschaft und die Aufent­haltsdauer sind kein Garant dafür, dass man sich mit diesem Land identifiziert.

Welche Frage wir uns aber schon auch ganz kritisch stellen müssen, ist: Warum gibt es dennoch in unserer Gesellschaft eine gewisse Anzahl von Menschen, die sich von einem autoritären islamisch/islamistisch geprägten Führungsstil angezogen fühlen? – Vielleicht sind diese Menschen jahrelang von der Politik nicht beachtet worden, vielleicht haben sie auch im alltäglichen Zusammenleben Ausgrenzungserfahrungen erlebt. Deswegen ist es – und da muss ich jetzt die SPÖ, aber auch die ÖVP kriti­sieren – zwar gut, wichtig und richtig, dass wir Menschen mit Migrationshintergrund auch in den unterschiedlichen politischen Gremien in Funktionen haben, aber meines Erachtens sollten es wirklich nur jene sein, die sich auch mit den Werten der jeweiligen Partei identifizieren.

Damit komme ich jetzt zum springenden Punkt: Sowohl in der SPÖ als auch in der ÖVP gibt es Leute, die den Werten, die Ihre Parteien vertreten, wirklich diametral entgegenstehen. (Bundesrätin Grimling: Und bei den Grünen?) Aus einer kurzfristig gedachten politischen Haltung heraus werden Leute auf die unterschiedlichsten Listen gesetzt, weil diese eben 10 000, 14 000, 15 000 Vorzugsstimmen hereinholen, aber längerfristig betrachtet werden Sie verlieren, denn Sie werden der österreichischen Bevölkerung nicht erklären können, warum Sie türkische Nationalisten oder Pro-Erdoğan-Leute aus diesem Umfeld – und das sind keine Unterstellungen und Behauptungen, das sind Fakten – auf ihren Listen zum Nationalrat, zur Wirtschafts­kam­merwahl, zu den Wahlen für Arbeitnehmervertretungen haben.


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Das ist ein Spagat, der geht nicht zusammen, daher appelliere ich an die Vernünftigen in allen Parteien. Ich bekenne mich dazu und ich trete wirklich dafür ein, dass wir Menschen sichtbar an den unterschiedlichen Stellen in der Partei, auch in ihren Vorfeldorganisationen installieren, aber wirklich nur jene, die sich auch mit unseren Werten – mit den Werten der Christlich-Sozialen, mit den Werten der Sozialdemo­kratie, aber auch der der Grünen – identifizieren. In der Türkei ein Rechtsnationalist oder ein Islamist, Pro-Erdoğan zu sein, und dann auf der Liste der SPÖ oder auch auf der Liste der ÖVP aufzutauchen, das ist ein Widerspruch in sich.

Die Menschen sind nicht dumm! Das ist der Grund, warum sich die FPÖ – und das sage ich jetzt auch in aller Offenheit – ganz relaxed zurücklehnen kann, denn solange wir solche Zustände haben, solange solche Aufmärsche in Wien oder sonst wo in Österreich organisiert werden, so lange wird es einer einzigen Partei nutzen, weil Ihr die Einzigen seid, die das thematisiert.

Aber jetzt wende ich mich mit meiner Kritik auch euch zu: Ihr differenziert nicht, ihr schmeißt alle in einen Topf. Das beste Beispiel war die Presseaussendung Ihres Partei­obmannes vor zwei Tagen, der angesichts dieser bedenklichen Entwicklungen bezüglich Pro-Erdoğan- und Anti-Israel-Demonstrationen gefordert hat, das Assozi­ierungs­abkommen mit der Türkei aufzulösen.

Wissen Sie, was das bedeuten würde? – Das würde bedeuten, dass viele, viele tausend Menschen, die so denke wie ich, von zwei Seiten in die Mangel genommen werden, weil diese Gruppierungen auch aus dem Herkunftsland unter Druck kommen. Und wenn sie durch derartige Forderungen dann auch noch die durch dieses Assoziierungsabkommen erhaltenen Rechte verlieren würden, sind das genau jene, die dann doppelt und dreifach verlieren.

Man muss schon differenzieren: Wer hat diese Demonstrationen organisiert? Wer verbreitet welches Gedankengut und welche Stimmung? (Bundesrätin Mühlwerth: Das sagen wir schon!) Und wie kommt es dazu, dass österreichische Jugendliche, die hier aufgewachsen sind, dann in den Syrienkrieg ziehen unter dem – unter Anführungs­zeichen – „Heiligen Djihad“? Wie kann es sein, dass man einen derartigen Nährboden aufbereitet?

Wir haben viele, viele Gruppierungen und Strömungen, die wirklich bedenklich sind – nicht alle, aber es gibt einige –, das sind Vertreter des politischen Islams. Und wenn man Kritik übt, dann muss man eindeutig unterscheiden zwischen einer religiösen Haltung aus dem Glauben heraus und auch Menschen, die den Glauben, die religiösen Gefühle der Menschen instrumentalisieren, um damit politisches Kleingeld zu schla­gen. Diese Leute aus dem Umfeld der UETD, dem verlängerten Arm der AKP, sind Menschen, sind Vertreter, die die religiösen Gefühle der Menschen instrumentalisieren und missbrauchen, um Politik zu betreiben. Das gilt es entschieden in die Schranken zu weisen. Da darf auch keine falsch verstandene Toleranz gelebt werden. Wir müssen denen ganz klar kommunizieren: Wer in Österreich lebt, der muss sich auch mit unseren demokratischen Grundrechten und mit unserem Rechtsstaat identifizieren.

Die Bürgerinnen und Bürger müssen sich selbst die Frage stellen und die Entschei­dung treffen, ob sie in archaischen Gesellschaftsvorstellungen leben möchten, ob sie in einem „Gottesstaat“ oder in einem Rechtsstaat leben möchten. – Ich bin dafür, dass diese Entscheidung niemandem abgenommen werden darf und soll. Diese Ent­scheidung müssen sie selbst treffen, aber wir als Politiker haben die Aufgabe, auch ganz klar zu kommunizieren, dass wir auf der Seite jener sind, die sich mit Österreich identifizieren. Das heißt nicht, dass man seine Herkunft verleugnen muss, dass man sich für seine Religion schämen muss – im Gegenteil! –, sondern das heißt, dass das


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wertvoll ist, dass wir gerade solche Leute brauchen, die eine Brücken zu den Her­kunftsländern schlagen.

Unsere Wirtschaft lebt zum Großteil vom Export. Da braucht es Menschen, die diese Brücke schlagen können, aber das darf nicht unter einer falsch verstandenen Toleranz passieren. Wenn wir – und da spreche ich insbesondere die SPÖ und auch meine grünen KollegInnen an –, den Kopf in den Sand stecken und das Feld der FPÖ überlassen, dann wird sie das nur in ihrem Sinne thematisieren, und das ist nicht im meinem Sinne und das darf nicht in unserem Sinne sein (Zwischenruf der Bundesrätin Michalke), denn das geht alle etwas an: die SPÖ, die ÖVP, die FPÖ und auch die Grünen.

Daher müssen wir das wirklich mit großer Sorgfalt beobachten, antisemitischen Entwicklungen ganz entschieden entgegentreten und klar sagen – die Religion, und der Islam ist eine anerkannte Religionsgemeinschaft, hat Rechte und Pflichten, auch da gibt es meiner Meinung nach massiven Aufholbedarf –, dass wir gewisse Entwick­lungen in Österreich nicht tolerieren werden.

Bezüglich dieser Klarheit erhoffe ich mir, dass sie nicht nur von einigen wenigen kommt, sondern von uns allen. Ich habe mir die letzten zwei, drei Jahre wirklich den Mund fusselig geredet, und mittlerweile können auch Blinde erkennen, dass wir hier ein Problem haben, dass wir darauf reagieren müssen und dieses Feld nicht der politi­schen Rechten überlassen dürfen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)

16.51


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächste ist Kollegin Mühlwerth zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr. (Ruf: Jetzt geht es wieder los!)

 


16.51.39

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Nein! Keine Unmutsbekundungen, bevor ich überhaupt begonnen habe.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Schennach hat sich heute wieder und damit nicht zum ersten Mal hier am Rednerpult selbst disqualifiziert, indem er vom „Müll“ gesprochen hat, den er da wegräumen muss, den der Kollege Jenewein angeb­lich hinterlassen hat. – Das ist letztklassig, Herr Kollege, aber das erlebe ich bei Ihnen des Öfteren. So gesehen sind Sie also ein Wiederholungstäter, und das ist nichts Neues. Eine intellektuelle Meisterleistung war das nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Und Kollege Schennach darf auch ungestraft den von uns nominierten Vizepräsidenten des Stadtschulrats für Wien als „Hetzer und Rassisten“ beschimpfen, und die neu gewählte Vizepräsidentin sitzt oben am Präsidium, ist offensichtlich froh, dass sie Vize­präsidentin ist und hier am Podium sitzen darf, und sagt genau nichts. – Das, Frau Präsidentin, ist ein Straftatbestand, und da hätten Sie mindestens mit einem Ordnungsruf eingreifen müssen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich stelle also fest: Ihre Amtszeit ...

 


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Frau Kollegin, ich darf Sie darauf aufmerksam machen: Ich habe das Stenographische Protokoll angefordert.

 


Bundesrätin Monika Mühlwerth (fortsetzend): Sehr gut, aber trotzdem hätten Sie ihn mäßigen können. Es wäre Ihre Aufgabe gewesen, ihn darauf hinzuweisen, dass er sich ein bisschen mäßigt, weil nämlich „Hetzer und Rassist“ noch dazu nicht stimmt.

Ich weiß, man liest immer das, was man gerne lesen möchte, und man hört auch gerne das, was man gerne hören möchte. So geht es auch dem Herrn Kollegen Schennach.


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Das erwähnte „mit türkischem Blut“ des Herrn Krauss stammt aus einem Beitrag der Sendung „Report“, wo anlässlich der Pro-Erdoğan-Demonstration nach diesen De­monstrationen in Istanbul jugendliche Türken befragt worden sind, und die gesagt haben: Ich habe türkisches Blut, und ich weiß überhaupt nicht, warum ich mich hier integrieren soll!

Daraufhin hat Herr Krauss eine Presseaussendung gemacht und hat unter Anführungs­zeichen, nämlich Bezug nehmend auf jene Jugendlichen, die gesagt haben, sie haben türkisches Blut, gesagt: Wenn die türkisches Blut haben und sich hier ohnehin nicht integrieren wollen, dann sollen sie nach Hause fahren. – Ich weiß jetzt nicht, was daran falsch sein soll. Das ist eine Aussage, die auch ich unterstütze. (Beifall bei der FPÖ.)

Kollege Dönmez, auch du hörst ganz gerne das, was du hören möchtest, und das, was du nicht hören möchtest, hörst du eben nicht – es geht vielen Leuten so, ich weiß; ja, es passiert mir auch manchmal (Bundesrätin Zwazl: Ja!) –, aber gerade, was die Integration anlangt, weiß ich nicht, wie oft H.-C. Strache das noch sagen soll. Er hat das ja oft schon in Wahlversammlungen am Viktor-Adler-Markt und überall, wo er aufgetreten ist (Bundesrat Füller: Ibiza!), gesagt: Erstens einmal Respekt vor dem Islam als Religion.

Wir haben immer, so wie du auch – vielleicht ein bisschen pointierter – gegen diesen politischen Islamismus gewettert, und das tun wir nach wie vor. Wir haben immer gesagt: Respekt vor der Religion Islam. Das hat H.-C. Strache immer wieder betont, und er sagt auch immer wieder, es sind all jene willkommen, die bereit sind, sich hier zu integrieren, die sich hier etwas aufbauen und etwas schaffen wollen.

Von den Konventionsflüchtlingen oder von denen, die politisch, rassisch et cetera ver­folgt werden, reden wir ja gar nicht, da sind wir uns ja sowieso einig. Es geht ja um die, die zuwandern wollen, oft genug auch unter dem vorgeschobenen Titel, sie seien verfolgt. Auch diesbezüglich wissen wir, dass es genügend Beispiele gibt, wo das einfach erstunken und erlogen ist. Die wollten das eben einfach so machen, weil sie gewusst haben, mit Einwanderung haben sie keine Chance. Auch diese Missbrauchs­fälle gibt es, auch diese Missbrauchsfälle sind von den Ämtern dokumentiert.

Das ist nichts, wo die FPÖ ... (Bundesrat Schreuder: ... so, dass man glaubt, ganz ...! Das ist ganz bewusst so formuliert!) – Ja, auch der Kollege Schreuder gehört zu denen: Auch er hört nur, was er hören möchte. (Neuerlicher Zwischenruf des Bun­desrates Schreuder.) Auch Sie folgen Ihrer Ideologie, und alles, was darin nicht Platz hat, ist halt rechtsextrem. Das kennen wir schon, das ist nichts Neues. (Bundesrat Schreuder: Warum schreibt ihr dann „Daham statt Islam“, wenn ihr sagt, ihr habt Respekt vor der Religion?) – Geh bitte, das war ein Wahlkampfplakat im Wiener Wahlkampf 2005. Auf einem Wahlplakat wird es immer sehr pointiert dargestellt.

Ich finde das jetzt nicht so schlimm: „Daham statt Islam“. Die Leute, die uns mit 13 Pro­zent gewählt haben, haben ganz genau gewusst, was sie davon zu halten haben. (Ironische Heiterkeit des Bundesrates Stadler. – Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.) Sie lachen jetzt, Herr Kollege Stadler, aber bei der nächsten Wahl wird Ihnen das Lachen wieder einmal mehr vergehen.

Die Leute, die einheimische Bevölkerung hat einfach genug von einer überbordenden Zuwanderung derer, die sich nicht integrieren wollen und die uns auch durch ihre Kleidung, durch ihr Benehmen, durch ihr Verhalten, durch ihre Sprache ganz deutlich zeigen (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling), dass sie hier mit dem Land überhaupt nichts zu tun haben wollen. (Beifall bei der FPÖ.) Und Sie bekommen es von Wahl zu Wahl zu spüren und lernen nichts daraus.


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Der Kollege Schreuder versucht es dann eben immer auf irgendein Fuzi zu reduzieren und glaubt, dass er damit auch erfolgreich ist. (Bundesrat Schreuder: Was für ein „Fuzi“?) – Dein Einwurf vorhin. (Bundesrat Schreuder: Was ist ein „Fuzi“? Das Plakat, das viele Menschen sehen auf der Straße, ist ein „Fuzi“?) Also die Leute, die sich hier integrieren wollen: ja; die, die sich hier nicht integrieren wollen: nein. Die sollen wieder nach Hause fahren. Selbst der Kollege Dönmez hat schon gesagt, ein One-Way-Ticket wäre nicht schlecht für sie. Also wovon reden wir?

Und die SPÖ muss sich natürlich diesen Vorwurf gefallen lassen – das hat ja der Kollege Dönmez auch gesagt –, dass Sie Leute auf ihren Listen haben, die durchaus auch radikal sind. Der Herr, den der Kollege Jenewein genannt hat, nämlich Resul Ekrem Gönültaş (Bundesrat Stadler: Und die Leute, die drei Wochen vor der Wahl von der Liste herunten gewesen sind?), der ist Mitglied der Islamischen Föderation. (Bundesrat Schreuder: ... Faschismus!)

Diese Islamische Föderation – ich weiß, ihr wollt das alles nicht hören – arbeitet wieder mit der Milli-Görüş-Bewegung zusammen. Die Milli-Görüş-Bewegung in Deutschland wird dort vom Verfassungsschutz beobachtet unter anderem auch – und das sollte auch Ihnen zu denken geben! – wegen antisemitischer Äußerungen. Sie sind ja sonst auch immer so heikel, aber komischerweise, wenn irgendein Islamischer antisemit­ische Äußerungen macht oder vielleicht auch andere, es gibt auch linke Antisemiten, dann sagt keiner etwas, dann ist das alles gar nicht so schlimm, obwohl Sie sonst zu Recht immer besonders darauf achten, aber da ist es plötzlich nichts mehr, weil die ja auch alle in Ihrem Dunstkreis sind.

Diese Milli-Görüş-Bewegung hat immerhin 44 Vereine in Österreich und davon 15 Mo­scheen in Wien. Und das ist nun einmal etwas, wo Sie wegschauen, womit Sie sich nicht auseinandersetzen wollen.

Und Ihr Totschlagargument ist dann immer, wie es der Kollege Schreuder ja so gerne benützt, „rechtsextrem“, „rassistisch“ und was sonst noch alles dazukommt. – Das ist eine Killerphrase, die mit dem eigentlichen Thema und mit der Problematik nichts zu tun hat. (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.) Also kommt einmal heraus aus eurem linksideologischem Eck und setzt euch doch einmal damit auseinander, und reden wir darüber, wo die Integration gut gelaufen ist und wo die Fehler sind! Aber das ist ja etwas, worüber Sie normalerweise gar nicht reden wollen, also kann ich Ihnen den Vorwurf nicht ersparen, dass Sie in der Integration deshalb säumig sind, weil Sie sich einfach nicht damit auseinandersetzen wollen.

Da möchte ich noch eine Deutschtürkin zitieren, Necla Kelek, die in ihrem Buch „Die verlorenen Söhne“ geschrieben hat – sie sagt etwas meiner Meinung nach vollkommen Richtiges, aber sie hat es ja auch selbst erlebt –: Wenn wir das Patriarchat in dieser türkischen Kommune nicht aufbrechen, wo es nicht nur darum geht, dass der Vater den Töchtern sagt, was sie zu tun haben, und sie in die Türkei oder mit einem Türken verheiratet, sondern wo er ein Clanchef ist und jeder in dem Clan funktionieren muss, sonst ist er nämlich aus der Gesellschaft draußen.

Wie Necla Kelek in diesem Buch schreibt, ist es ihr selbst so ergangen, als sie gesagt hat, dass ihr die westlichen Werte lieber sind und sie so, wie sie es gewohnt war, nicht leben möchte. Necla Kelek sagt das ja auch! Also, warum greifen wir das nicht an?

Kollege Dönmez macht das immer ziemlich vernünftig. Er ist ein Partner, mit dem ich schon öfter abseits des Rednerpults darüber gesprochen habe. Wir konnten uns da locker verständigen, aber alle anderen bekommen sofort einen Tunnelblick und sagen, dass die FPÖ rechtsextrem ist, und damit ist sowieso jede Diskussion am Ende. Und


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das, sehr geehrte Damen und Herren, vor allem jene von der SPÖ, ist schon Ihre Schuld und nicht unsere! (Beifall bei der FPÖ.)

17.01


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Schreuder. Ich erteile es ihm.

 


17.01.12

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte hier wirklich nur ganz kurz etwas sagen. Offensichtlich wird nicht ver­standen, dass es, wenn man behauptet, man würde differenzieren, und dann tut man das genau in dem Augenblick, in dem Wahlen anstehen und Plakate plakatiert werden, nicht mehr, sondern spielt ganz bewusst Ressentiments gegeneinander aus, genau das Gegenteil von Differenzieren ist.

Sie werden in uns (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth) – Herr Kollege Dönmez hat vollkommen recht – einen Partner finden – egal, die Regierung, die Zivilgesell­schaft, die Wähler und Wählerinnen, die sind ja viel wichtiger als wir, die wir hier sitzen –, wenn es um den Kampf gegen Extremismus, gegen Faschismen, welcher Art auch immer (Bundesrätin Mühlwerth: Linke auch?), gegen Rassismen ... – Ja, gerade ich bin – wenn Sie mich ein bisschen kennen würden, wüssten Sie das – ein Kämpfer gegen linken Antisemitismus, denn diesen gibt es auch in der antiimperialistischen Linken und er ist unerträglich. Und diesen Antisemitismus bekämpfe ich genauso wie ich rechten Antisemitismus bekämpfe, denn ich halte das für total wichtig. (Beifall des Bundesrates Dönmez.)

Ich finde es auch wichtig, dass sich heute Menschen aller politischen Couleurs zu Wort gemeldet und gemeint haben, dass diese antiisraelischen und antisemitischen De­monstrationen der letzten Tage und jene, die wir leider auch am Samstag, am al-Quds-Tag, wieder zu erwarten haben, in dieser Republik so nicht geduldet werden können, beziehungsweise gibt es das Demonstrationsrecht, da muss man natürlich genau abwägen, das ist nicht so einfach, das wissen wir alle, aber in dem Augenblick, in dem Menschen der Tod gewünscht wird – und es wurde bei diesen Demonstrationen den Israelis und sogar allen Juden der Tod gewünscht –, können wir nicht tatenlos zu­schauen, sondern müssen hier als Bundesrat auch alle sagen: Nein, das geht nicht! Ganz egal, ob es Islamisten sind, ob es Faschisten sind, ob es linke Antiimperialisten sind, die da mitmarschieren und das mitrufen, wir lehnen das ab! – Das ist einmal wichtig.

Aber zu behaupten, wir könnten nicht differenzieren, ist nicht richtig. – Das Problem in dieser Republik ist schon seit vielen Jahren, dass ihr von der Freiheitlichen Partei angefangen habt, nicht mehr zu differenzieren, mit ganz klar rassistischen Ressen­timents in den Wahlkampf gezogen seid, sodass sich natürlich irgendjemand schüt­zend vor manche Menschen stellen musste, denn sonst wären sie dieser Jagd hilflos ausgeliefert gewesen. Und das Ganze hat tatsächlich zu einer schwierigen Situation geführt, dass man quasi Menschen verteidigen musste und nicht mehr über die Ideologie diskutieren konnte, die dahintersteckt. Über die sollten wir aber eigentlich diskutieren. Und wenn das von der Freiheitlichen Partei nicht verstanden wird, dann bedauere ich das sehr.

Es wäre tatsächlich dringend an der Zeit, viel offener, viel direkter, auch die Probleme beim Namen nennend zu diskutieren, da gebe ich ohnehin allen recht. Aber solange rassistische Politik (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth) oder mit Ressentiments oder mit dem gegeneinander Ausspielen Politik gemacht wird, wird es auch immer Menschen geben müssen, die sich schützend vor Menschen stellen.


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Ich selbst habe immer gesagt, ich persönlich als liberaler, homosexueller, offener, weltoffener Mensch kann das Tragen eines Kopftuches nicht verstehen, aber ich werde alles tun, damit die Frau, die ein Kopftuch trägt, nicht diskriminiert wird. Das halte ich für ganz wichtig.

Wenn eine Religion zu einer Ideologie wird und zu einer antidemokratischen Gesin­nung führt, kann man das diskutieren – und darüber müssen wir diskutieren. Das gibt es im Übrigen nicht nur beim Islam, solche Leute gibt es auch beim Christentum. Manchmal sollten wir auch vor der eigenen Tür einmal kehren, sage ich dazu.

Aber ich halte es für unerträglich, dass einzelne Menschen so attackiert werden, dass sie ihrem Nachbarn erklären müssen, wer sie sind, dass sie von ihrem Nachbarn angegriffen werden, dass sie auf dem Markt angegriffen werden. Und das gilt im Übrigen für unsere jüdischen Mitbürger und Mitbürgerinnen genauso, die derzeit tat­sächlich nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa wirklich Angst haben, in Europa Angst haben müssen, weil sie Jude/Jüdin sind. Das ist wohl das Letzte, das wir akzeptieren können.

Hier müssen wir ganz klar aufstehen und uns schützend vor unsere jüdischen Mitbür­ger und Mitbürgerinnen stellen. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

17.06


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Dönmez. – Bitte.

 


17.06.16

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Ganz kurz, ich habe nämlich vorhin etwas vergessen, was ich noch erwähnen möchte, weil Sie hier sind, Herr Minister Brandstetter.

Ich möchte Sie, Herr Minister, in Ihrem Vorhaben bekräftigen und unterstützen, dass diese Hetzposting-Geschichte schärfer geahndet wird, weil das wirklich ein riesen­großes Problem ist. Was sich da, das passt zu unserer Diskussion, in den sozialen Netzwerken tut, ist ein Wahnsinn.

Ich kann Ihnen als selbst Betroffener sagen: Selbst wenn man Personen ausfindig macht – allein das ist schon schwierig genug –, dies zur Anzeige bringt, gibt es nach wie vor nicht wenige Staatsanwälte, die das Verfahren wegen Überarbeitung einstellen. Und das ist – ich sage das wirklich, und diese Thematik und Problematik betrifft nicht nur mich, sondern uns alle – ein Freibrief an Verrückte, die Mandatare und Funktions­träger, die in der Öffentlichkeit tätig sind, zum Freiwild erklären können.

Und wenn wir dadurch, dass die Verfahren, die wenigen Fälle, in denen das überhaupt zu einem Verfahren gebracht wird, eingestellt werden oder nicht weiter verfolgt werden, auch noch dieses Signal geben, ist das äußerst fatal. Dem müssen wir wirklich einen Riegel vorschieben, sonst bekommen nicht nur einige wenige ein großes Problem, sondern über kurz oder lang wir alle.

Daher: Danke. Absolut wichtig und richtig. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

17.07


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desminister Dr. Brandstetter. Ich erteile es ihm.

 


17.07.58

Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Hohes Präsidium! Meine Damen und Herren Bundesräte! Sie brauchen nicht Sorge zu haben, dass ich mich jetzt inhaltlich an Ihrer Diskussion beteiligen möchte, obwohl ich heute nichts mehr vor-


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 151

habe. Ich hätte nichts dagegen. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Bei den Themen, die heute auf der Tagesordnung stehen und mein Ressort betreffen, tue ich das sicherlich sehr gerne und freue mich auf eine entsprechende Diskussion.

Ich freue mich auch über das, was hier zuletzt gesagt wurde, was ja eines unserer Vorhaben betrifft.

Ich kann nur sagen, es ist das schon eine sehr interessante Diskussion, die ich hier verfolgt habe. Wenn ich vielleicht nur einen Punkt herausgreifen darf, bevor ich auf einige Dinge zu sprechen komme, die Herr Bundesrat Herbert von sich gegeben hat und die ich für, sagen wir einmal, korrekturbedürftig halte, auch aus meiner Sicht.

Vielleicht wäre es auch ganz gut – es ist, bitte, nicht meine Absicht und steht mir auch gar nicht zu, hier irgendwelche Empfehlungen abzugeben, das wäre völlig vermes­sen –, einmal daran zu denken, dass die Abrüstung der Worte auch hier im Saal beginnen könnte. Die Bemerkung von Ihnen, Herr Bundesrat Jenewein:  „Ja, jetzt geht er gerade, der Mist!“, als der Kollege das Rednerpult verlassen hat, war auch nicht gerade etwas, was einen ... (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth) – Ja, ja, ich weiß, da sind einige Äußerungen gefallen, die unter dem Aspekt vielleicht überprü­fungs­bedürftig wären. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) – Mein Gott, ich sage es nur, weil es mir aufgefallen ist.

Es geht mir nur um einen einzigen Punkt: Wenn Herr Bundesrat Herbert meint, meine Erklärung wäre eine billige Erklärung gewesen, die nicht zufriedenstellen würde, dann möchte ich dazu Folgendes festhalten: Es ist hier im Zuge der Debattenbeiträge so vieles an interessanten Dingen gesagt worden, aber eigentlich habe ich mich manch­mal – nicht böse sein – schon gefragt, was das noch mit dem eigentlichen Thema der Dringlichen Anfrage zu tun hat.

Ich bin im Rahmen des parlamentarischen Interpellationsrechtes hierher gekommen, um eine Anfrage in Vertretung der Kollegin Mikl-Leitner zu beantworten. Das ist meine Aufgabe, das tue ich auch, und da gehe ich auch nicht darüber hinaus – außer später bei den Justizthemen, da ist es etwas anderes. Aber ich muss schon sagen: Der Vorwurf der billigen Erklärung ist da wirklich nicht gerechtfertigt, Herr Bundesrat Herbert, und diesen möchte ich auch zurückweisen. Vielleicht liegt die Unzufriedenheit mit einer Antwort manchmal auch an der Insuffizienz der Fragestellung, und da muss ich Ihnen schon einen Vorwurf machen. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wissen Sie, ich habe auch Ihnen sehr genau zugehört und ich kann Ihnen eines sagen, aus der Sicht meines Ressorts und in meiner Verantwortung: Wenn Sie einen einzigen Fall haben, ganz konkret, von dem Sie der Meinung sind, da geht es um einen strafrechtlich relevanten Sachverhalt im Zusammenhang mit dem Staatsbürgerschafts­recht, dann sage ich: Her damit! Wir werden ihn selbstverständlich auch entsprechend behandeln! Natürlich.

Ich habe diesen Fall nicht gehört, ich habe ihn nicht gesehen. Wenn Sie ihn haben, dann stellen Sie ihn bitte zur Verfügung, Sie können sicher sein, dass dieser Fall entsprechend überprüft wird und auf seine strafrechtliche Relevanz selbstverständlich untersucht wird.

Aber das Thema ist illegale österreichisch-türkische Doppelstaatsbürger. Das, was ich von Ihnen gehört habe, waren aus meiner Sicht viel zu wenig Daten und Fakten. Ich habe genau aufgepasst, in Ihrer Rede ist immer wieder die Floskel „dem Vernehmen nach“ vorgekommen. Bitte nicht böse sein, aber mit „dem Vernehmen nach“ kann ich als Justizminister nichts anfangen. Machen Sie von mir aus eine Anzeige, in die Sie „dem Vernehmen nach“ hineinschreiben, aber da wird nicht viel herauskommen. Ich brauche Daten und Fakten. Aber das kann ich Ihnen versprechen: Wenn ich die habe,


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 152

dann wird entsprechend verfolgt! Na selbstverständlich. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Dönmez.)

Aber ich weiß schon, Herr Bundesrat Herbert, woher diese Polemik mir gegenüber kommt. Ich weiß es natürlich, ich habe ja auch Ihre heutige Aussendung gelesen. Ich würde normalerweise auf so etwas nicht reagieren, aber wenn ich schon die Gelegenheit habe, endlich auch ein Gesicht zu diesen Äußerungen zu haben: Ich weiß, Sie sind mir ein bisschen böse wegen der Suspendierungen von Justizwachebeamten in Stein, zu denen Sie offenbar ein Naheverhältnis haben. Ist so, ja. Das erklärt auch, weshalb Sie hier meine Äußerungen als billige Erklärung qualifiziert haben. Das halte ich aus.

Mir ist nur eines wichtig: dass man bei den Daten und Fakten bleibt; ich tue es auch. Und wenn bei den Daten und Fakten Ihrerseits gewisse Insuffizienzen da sind, dann werde ich auch darauf hinweisen. Ich habe auch umgekehrt kein Problem damit, wenn Sie es tun. Aber bitte bleiben wir bei den Daten und Fakten, dann haben wir beide kein Problem miteinander. – Danke. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

17.12


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Jenewein. Herr Bundesrat, Ihre Restredezeit beträgt 7 Minuten. – Bitte.

 


17.12.55

Bundesrat Hans-Jörg Jenewein (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister, Ihre Anregung nehme ich doch gerne auf.

Ein konkreter Fall, und zwar geht es genau um jene Stimmen von jenem Fall, den ich vorhin gerade hier erörtert habe. Ich habe da Anzeige erstattet, wurde vom Bundesamt für Verfassungsschutz auch einvernommen, und das Ganze ruht seither. Seither passiert nichts.

Jetzt haben Sie gerade das Angebot gemacht, wir sollen Ihnen doch einen konkreten Fall nennen, und das ist der konkrete Fall. Es gab damals einige Zeitungsberichte, das „profil“ habe ich im Hinterkopf. Da gibt es übrigens auch eine Aussage des Herrn Kollegen Dönmez dazu, im „profil“ zitiert. Und ich habe das zum Anlass genommen, der Staatsanwaltschaft eine Sachverhaltsdarstellung zu übermitteln, wurde dazu einvernommen, seither Schweigen im Walde.

Jetzt stelle ich mir natürlich die Frage: Was passiert damit? – Und wenn es jetzt hier schon dieses nette und freundliche Angebot des Herrn Bundesministers gibt, dann packe ich die Gelegenheit doch gleich beim Schopf und frage bei ihm gleich nach: Was passiert da?

Zweiter Punkt, und das möchte ich auch nicht so einfach hier stehen lassen: Einer meiner Vorredner von dort drüben (in Richtung ÖVP) hat gemeint, er findet es so lustig, dass jetzt Bundesminister Klug Außenminister ist. – Das steht da nicht drinnen.

Es war leider Gottes damals so, dass Herr Klug den Außenminister vertreten hat. Das sollte man aber wissen, bevor man polemisiert, Herr Kollege Perhab. Und das kann ich nicht so stehen lassen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Aber es ist egal, nimm es einfach zur Kenntnis, es war wirklich so – ich habe im Protokoll jetzt extra noch nach­ge­schaut –, sonst hätte ich es jetzt hier nicht gesagt. So, das ist das eine.

Und was die Ineffizienz – oder was haben Sie gesagt?; wurscht –, was die schlechte Fragestellung – ich deutsche es aus; in meiner volkstümlichen, naturalistischen Art deutsche ich es ein bisschen aus –, also was diese schlechte Fragestellung betrifft (neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP), die Sie hier verorten: Ja, ich weiß, ich drücke


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mich nicht immer sehr sublim aus – das ist etwas, das haben wir gemeinsam, Herr Kollege –, aber ich kann mich auch sublimer ausdrücken.

Was die Fragestellung betrifft, möchte ich schon sagen: Es ist natürlich schon ein bisschen ein Problem, wenn wir hier über Doppelstaatsbürgerschaften sprechen und wenn wir hier fragen: Was gedenkt die Regierung – jetzt nicht Sie im Konkreten, das weiß ich schon – zu tun?, und dann, jetzt fasse ich es wieder ein bisschen polemisch zusammen, gesagt wird: Ja was sollen wir machen? Dann muss ich sagen: „Ja was sollen wir machen?“, ist jetzt nicht die Antwort, die ich mir auf eine konkrete Frage erwarte.

Da würde ich mir schon erwarten, dass man hier zumindest den politischen Willen erkennen lässt – formulieren wir es einmal positiv so – und sagt: Ja, wir werden uns das anschauen und wir werden darüber sprechen! Ob es dabei bleibt beziehungsweise ob da mehr herauskommt, möchte ich ja gar nicht in den Raum stellen, denn bei der sonstigen Arbeitsbilanz, die die Bundesregierung bisher abgeliefert hat, ist man ja schon froh, wenn man mit einer Frage überhaupt wahrgenommen wird. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

17.15


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? (Bundesrätin Mühlwerth: Was ist jetzt mit dem Protokoll?) – Das Protokoll ist in Arbeit und noch nicht da. Das muss geschrieben werden, Frau Kollegin.

Wünscht jetzt noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

17.16.01Besprechung der schriftlichen Anfragebeantwortung 2786/AB-BR/2014

 


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Wir gelangen nunmehr zur Besprechung der schriftlichen Anfragebeantwortung 2786/AB-BR/2014 der Frau Bundesministerin für Inneres.

Da die Anfrage und die dazugehörige Anfragebeantwortung inzwischen allen Bundes­räten und Bundesrätinnen zugegangen sind, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Bevor ich dem ersten Redner das Wort erteile, mache ich darauf aufmerksam, dass gemäß § 60 Abs. 5 der Geschäftsordnung die Redezeit eines jeden Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Krusche. Ich erteile es ihm.

 


17.16.45

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren Zuseher zu Hause! Schauen wir einmal, ob die Debatte jetzt wieder so emotional wird wie vorher, es geht ja im weitesten Sinne um ein artver­wandtes Thema, es hat etwas mit Ausländern zu tun.

Es geht um die Beantwortung einer Anfrage zum Schubhaftzentrum Vordernberg, das ja jetzt gerade wieder in aller Munde ist, und zwar nicht deswegen, weil ich diese Anfrage gestellt habe, sondern weil einerseits die Volksanwaltschaft tätig ist und Frau Volksanwältin Brinek vor zwei Tagen erst wieder gesagt hat, dass aus ihrer Sicht der Vertrag mit dem privaten Unternehmen Group 4S in der Art und Weise nicht in Ordnung ist, da die Trennung zwischen hoheitlichen Aufgaben und solchen, die diese


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private Gruppe erfüllt – aber darauf komme ich noch zu sprechen – zu unscharf ist, und weil andererseits die chronische Unterbelegung seit Inbetriebnahme und die hohen Kosten dieser Einrichtung und auch die enttäuschten Erwartungen der Bevölkerung in Vordernberg wieder in den Fokus geraten sind. Es hat vorgestern oder vor drei Tagen in der „ZiB 2“ einen Bericht darüber gegeben, es gab diverse Medienmeldungen.

Das führt mich jetzt schon zur Frage 10, die von mir gestellt wurde, die da lautete: „Mit welchen Unternehmen wurden Verträge für die laufende Versorgung, wie Reinigung, Wäscherei, Verpflegung etc. abgeschlossen?“ – Da geht es genau auch um die Frage: Was hat jetzt eigentlich die Bevölkerung davon?

Ich darf in diesem Zusammenhang auf ein Papier des Innenministeriums verweisen (der Redner zeigt ein Schriftstück) – das ist zwar ohne Datum, dürfte aber aufgrund der Chronologie so im Jahr 2010 herausgekommen sein –, in dem zu lesen ist:

„Seitens des BM.I wird besonders darauf hingewiesen, dass wesentliche Vorteile für die Region in mehrfacher Weise entstehen. Durch das Zentrum wird die regionale Wirt­schaft entsprechend gestärkt, der regionale Wertschöpfungseffekt wird mit 10,1 Millio­nen Euro beziffert.

Es ist eine größtmögliche Vergabe nicht hoheitlicher Dienstleistungen an regionale Unternehmen (…) geplant.“

Und weiter heißt es: „Das Schubhaftzentrum ist ein Wirtschaftsfaktor, der Wertschöp­fungseffekte in der Region in der Höhe von ca. € 13 Mio. und rund 180 krisenfeste Arbeitsplätze schafft.“

Vor allem der Punkt „größtmögliche Vergabe an regionale Unternehmen“ ist wichtig – und dann bekommt die Group 4S diesen Auftrag; das S steht für „Securitas“.

Nach eigenen Angaben ist dieses Unternehmen das weltweit größte Sicherheits­unter­nehmen, das sich auf das Outsourcing von Sicherheitsleistungen spezialisiert hat, tätig in 120 Ländern, 618 000 Mitarbeiter.

Und das ist das ideale Unternehmen, das sich um die lokale Wirtschaft in Vordernberg kümmern wird!

Man hat es ja im „ZiB 2“-Beitrag – dieser war in ähnlicher Form auch auf „Steiermark heute“ im ORF zu sehen – gesehen. Die Bevölkerung merkt nichts von dem tollen wirtschaftlichen Aufschwung. Selbst der Bürgermeister sagt, die Steuereinnahmen sind gestiegen, die Wasserversorgung und das Kanalnetz sind jetzt besser ausgelastet.

Faktum ist, dass der einzige Nahversorger in diesem Ort nur durch eine Bausteinaktion der Bevölkerung gerettet werden konnte und die Volksschule ihre Pforten endgültig schließt.

Das führt mich zur Frage 7 nach den Kosten, die bisher für diese GS4, für die nicht­hoheitliche Betreuung angefallen sind, beziehungsweise welche anfallen.

Die Beantwortung der Frage 7 durch das Bundesministerium – übrigens dieselbe auf drei weitere Fragen – lautet: Das „fällt nicht in den Vollzugsbereich des Bundesminis­teriums für Inneres, da durch die Republik Österreich, diese vertreten durch das Bundesministerium für Inneres, dieses vertreten durch die Landespolizeidirektion Steiermark mit der Marktgemeinde Vordernberg ein Generalunternehmervertrag über die Erbringung von Dienstleistungen (…) abgeschlossen wurde.“

Also da macht man es sich schon sehr leicht: So als wenn die Kosten nicht schluss­endlich doch vom Ministerium getragen werden würden, hat man hier Schachtelver­träge gemacht und sagt dann, das geht uns nichts mehr an.


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Man erfährt ja doch ab und zu ein bisschen etwas. In einer früheren Anfragebeant­wortung, die ungefähr drei Monate vor meiner Anfrage erfolgte, hat es geheißen, die maximalen Kosten betragen 461 270 € monatlich.

Der Herr Bürgermeister Hubner von Vordernberg hat in einer Anfragebeantwortung im Gemeinderat gesagt, die maximalen Kosten sind 469 000 €, derzeit 443 000 €, und in der „ZiB 2“ hat es geheißen, es sind 447 000 €.

Ich weiß also nicht, was tatsächlich stimmt, wie hoch diese Kosten sind. Aber wie auch immer, es ist hier offensichtlich auch der „Zeit im Bild“ ein Fehler unterlaufen, denn sie hat berichtet, dass das ungefähr die Gesamtkosten seien, die dieses Schubhaft­zentrum an laufenden Aufwendungen verursacht.

Das ist aber weit gefehlt, denn zu dieser Summe – bleiben wir jetzt einmal bei den 443 000 €; bei den Summen ist das schon egal – kommt noch etwas dazu. Zur Frage 3 betreffend Hauptmietzins, den das Innenministerium an die BIG zahlt, beläuft sich dieser auf 180 000 € im Monat, die Betriebskosten belaufen sich auf zirka 65 000 €, und die Kosten für die Polizeibeamten, die die hoheitlichen Aufgaben wahrnehmen – das war die Frage 14 –, belaufen sich auf 165 000 € monatlich.

Wir haben also nach dieser Rechnung Gesamtkosten von 853 000 €. Da ist allerdings noch nicht klar, ob auch die medizinische Betreuung damit abgedeckt ist. Ich habe in der Frage 12 nach den Kosten für die medizinische Betreuung gefragt. Da hat es auch genauso geheißen, das ist outgesourct, das geht uns nichts an.

In der seinerzeitigen Anfragebeantwortung wurde gesagt, dass es da einen Vertrag mit Human Care gäbe. – Jetzt heißt es, davon weiß man nichts. Sind nun konkret die Kosten für die medizinische Versorgung bei der GS4 dabei, oder kommen die noch einmal extra dazu? Wie hoch sind sie? – Das weiß man nicht.

Wenn man das Ganze jetzt, sich aus der Frage 15 ergebend, dass nämlich mit Stich­tag 17. Juni 2014 14 Häftlinge dort untergebracht sind, hochrechnet, so kostet bei die­ser Belegung von 14 Häftlingen ein Häftling ein bisschen etwas über 2 000 € pro Tag.

Vielleicht ist es ein glücklicher Zufall, Herr Minister Brandstetter, dass Sie zwar nicht direkt für diese Haftanstalt zuständig sind, aber möglicherweise haben Sie dann die Vergleichszahlen parat, was in einer Justizvollzugsanstalt ein Häftling am Tag den Steuerzahler kostet. Das wäre noch ein interessanter Vergleich in diesem Zusam­menhang.

Auf die Frage 16, wie viele Personen bisher angehalten wurden – auch wieder Stichtag 17. Juni 2014, das waren 99 Betriebstage seit der ersten Belegung –, heißt es, 50 Personen waren es insgesamt. In den Medien wurde von 81 berichtet. Aber ich weiß nicht, welcher Stand das jetzt ist. Ob das ein aktuellerer Stand ist, kann ich nicht sagen.

Es ergibt sich auch noch eine Unklarheit aus der Beantwortung der Frage nach der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer, die mit 29 Tagen beziffert wurde. Wenn ich diese aber auf die 99 Betriebstage hochrechne, dann käme ich auf eine durchschnittliche Belegung von 15. In Wirklichkeit ist aber bekannt, dass bis vor Kurzem immer unter zehn Schubhäftlinge dort eingesessen sind.

Auch die Antwort auf die Frage 17 nach der Aufschlüsselung, wie viele Familien, wie viele Frauen, wie viele Kinder, ist interessant. Es hat nämlich bei diesen 50 Personen, die zum Stichtag insgesamt dort waren, genau 48 Männer, zwei Frauen, keine Kinder und keine Minderjährigen gegeben.

Zur Erinnerung, was das Ministerium in seinem Bericht, in seinem Vorbericht gesagt hat:


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„Zweck dieser Einrichtung soll sein, für rund 220 Personen – Frauen, Männer und Familien –“ eine Stätte für die Abschiebung zu schaffen.

Weiters heißt es: Es wurden dort Aufenthaltsbereiche gebaut mit vier Männergruppen, einer Frauengruppe, einer Männer- und Frauengruppe, einer Gruppe für junge Men­schen und einer Familiengruppe.

Diese Bereiche scheinen nach der tatsächlichen Belegung ziemlich überflüssig zu sein.

Interessant waren auch die Antworten auf die Fragen 18 bis 20. Die haben sich auf die Transporte bezogen. Wie, von wo sind die Häftlinge nach Vordernberg transportiert worden und wohin sind sie wieder überstellt worden? – Es hat insgesamt 51 Dienst­fahrten mit Polizeifahrzeugen gegeben, offensichtlich zum Herbringen, und 25 Fahrten zum Abschieben.

Dazu ist im Bericht des Ministeriums gestanden, warum Vordernberg ja so toll als Standort für dieses Zentrum geeignet sei: 

„… wurde von den Fachleuten der Standort in der Region Leoben, nicht nur aufgrund seiner zentralen geografischen Lage (Transportwege … und Personalressourcen, Flug­hafen Graz-Thalerhof, Zeltweg, Autobahnanschluss, Bahnverbindungen), als optimale Location befunden.“

Es wurde kein einziger Häftling zum Flughafen nach Graz oder nach Zeltweg gebracht. Es wurde auch kein einziger Häftling mit der Bahn transportiert, sondern alle mit Polizeiautos. Deswegen ist Vordernberg wirklich „großartig“ geeignet.

Zur Frage 21: Es gibt insgesamt 64 Schubhäftlinge in ganz Österreich.

Das würde also, wenn man all diese in Vordernberg unterbringen würde, nicht einmal eine dreißigprozentige Auslastung bedeuten.

Vieles erklärt eigentlich die Beantwortung der letzten Frage, nämlich der Frage 22, wo ich gefragt habe, wie hoch die zu erwartende Zahl an Schubhäftlingen im Anhalte­zentrum Vordernberg für das laufende Jahr sein wird.

Da habe ich zur Antwort bekommen: „Meinungen und Einschätzungen sind nicht Gegen­stand des parlamentarischen Interpellationsrechtes.“

Diese Beantwortung spricht Bände, denn ich habe nicht nach Meinungen und Ein­schätzungen, sondern nach Planungen gefragt. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.) Die hatte man ja offensichtlich, denn im Jahr 2010 hat man auf drei Seiten erläutert, warum die Errichtung dieses Schubhaftzentrums so wichtig ist. Und jetzt kann man überhaupt nichts mehr dazu sagen, außer dass wir immense Kosten zu tragen haben.

Da ergibt sich natürlich die Frage: Wie geht es weiter mit diesem Schubhaftzentrum? Wie wollen Sie den Menschen erklären, was hier für Kosten entstehen? Vergleichen wir das einmal mit einem Heimplatz für eine Person in Pflegestufe 7. Da bekommt der Betreiber zirka 170 € am Tag, hier haben wir 2 000 € am Tag für einen Schubhäftling übrig.

In weiterer Folge hat es ja gefährliche Drohungen der Frau Innenminister gegeben, indem sie die Erstaufnahmezentren auflösen und die Aufgaben den Bundesländern umhän­gen will. Da möchte ich schon konkret wissen: Welche Rolle spielt bei diesen Überlegungen Vordernberg?

Es wird immer wieder kolportiert, auch aus Polizeikreisen, dass es das Naheliegendste wäre, dort ein Erstaufnahmezentrum zu machen, denn es steht ja eh leer. (Zwischenruf des Bundesrates Perhab.) Das ist mir auch schon von Polizisten gesagt worden. Die


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Problematik ist natürlich auf der anderen Seite noch, dass in der Stadt Leoben die Polizei unterbesetzt ist und kaum mehr ihren Aufgaben, nämlich für Sicherheit und Ordnung zu sorgen, nachkommen kann, weil die Beamten alle in Vordernberg sind und derzeit schon einen Unterstand von sieben Polizisten haben, und weitere fünf warten nur darauf, dass sie nach Vordernberg kommen, die dann aber noch zusätzlich durch die Aufgriffe in den Zügen belastet sind.

Mir ist auch nicht ganz klar aus dieser 15a-Vereinbarung, die es ja zwischen Bund und Ländern gibt, dass die Unterbringung von Flüchtlingen in den Ländern – das kommt so heraus – ausnahmsweise auch direkt vom Ministerium gemacht werden kann. Heißt das jetzt, so wie die Frau Minister – vor drei Tagen ist das in der „Kleinen Zeitung“ gestanden – gesagt hat, sie wird Quartiere in den Bundesländern suchen, nämlich in jenen, welche die Quote nicht erfüllen? Das ist also eine gefährliche Drohung und steht in gewissem Widerspruch mit anderen Vereinbarungen im Rahmen dieser Artikel-15a-Vereinbarung, nämlich dass das nicht über die Köpfe der Länder hinweg zu geschehen hat.

So war auch diese Anfragebeantwortung in vielen Punkten sehr kryptisch. Deswegen haben wir sie heute hier behandelt. Ich glaube, das ist ein Thema, das die Menschen sehr wohl interessiert. (Beifall bei der FPÖ.)

17.34


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desminister Dr. Brandstetter. Ich erteile es ihm.

 


17.35.06

Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Hohes Präsidium! Meine Damen und Herren Bundesräte! Was diese Thematik betrifft, habe ich natürlich schon gewisse Erfahrungen und Vergleichswerte aus den Justizanstalten aufzuweisen. Ich möchte nur auf eines hinweisen, nämlich gerade deshalb möchte ich darauf hinweisen: Es war zuletzt in Bezug auf Vordernberg die Rede von einer Haftanstalt, das hat der Kollege wörtlich so formuliert.

Da muss man aufpassen, das ist es eben gerade nicht. Das ist ein ganz wesentlicher Unterschied von den Rechtsgrundlagen her. Das ist eben gerade keine Haftanstalt und muss daher ganz anderen … (Bundesrat Krusche – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: „Schubhaftzentrum Vordernberg“! Das ist ein Papier des BMI!) – Ja, aber es ist keine Haftanstalt. Eine Haftanstalt im Bereich des Strafvollzugs schaut ganz anders aus und hat andere Rechtsgrundlagen. Ich komme gleich darauf zurück, aber der Vergleich da oder dort ist schon sinnvoll und macht auch sicher.

Konkretes Beispiel: Ich war heute Vormittag wieder in der Strafanstalt Stein, um mit dem sehr engagierten und tüchtigen Anstaltsleiter gemeinsam zu überlegen, wie wir das Beschäftigungsmaß der Insassen in den Werkstätten und in den Betrieben möglichst hoch halten können.

Das war ein sehr konstruktives Gespräch. Da haben wir gute Lösungen gefunden. Bei dieser Gelegenheit sagt er mir – das ist jetzt der Punkt, auf den ich kommen möchte –: Zufälligerweise ist heute in unserer Krankenabteilung niemand, sie ist momentan nicht belegt, weil niemand krank ist und niemand sie braucht.

Wenn ich jetzt Ihrer Logik folge, Herr Kollege Krusche: Deshalb, weil die Kranken­anstalt nicht belegt ist, vielleicht ein paar Tage oder Wochen nicht belegt ist, kann ich auch nicht daraus schließen, wir brauchen keine. – Natürlich brauchen wir sie, aber momentan ist sie nicht belegt. Und das Anhaltezentrum Vordernberg beruht auf einer Planung, in der man mit knapp über 200 Insassen gerechnet hat.


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­Wie man es macht, ist es falsch: Wenn man es zu klein dimensioniert, kommt sofort die Kritik, man habe nicht vorausschauend gearbeitet. Wenn man etwas vorausschauend macht und mit entsprechenden Kapazitäten rechnet, noch dazu nach noch gar nicht allzu langer Betriebsdauer, dann kommt sofort die Kritik, die Kapazitäten würden nicht ausgeschöpft. Man kann das in Wirklichkeit nicht so genau voraussagen.

Wenn ich heute den Anstaltsleiter in Stein gefragt hätte: Was erwarten Sie denn in den nächsten Tagen und Wochen, wie viele Leute werden denn in der Krankenabteilung sein?, dann hätte er mir mit Recht gesagt: Nicht böse sein, Herr Bundesminister, aber die Frage verstehe ich nicht. Wie soll man das wissen? – Das kann man nicht wirklich vorhersehen.

Folgendes möchte ich schon sagen: Den Fragen, die auch schriftlich so beantwortet wurden, kann ich nichts hinzufügen, außer einer Aktualisierung: Es befinden sich derzeit 22 Personen im Anhaltezentrum, die dort angehalten werden. Das ist der tagesaktuelle Stand, der sich ja täglich auch ändert, ist ja auch völlig normal, keine Frage. Aber der wesentliche Punkt – und da bitte ich schon darum, dass man sich das auch einmal überlegt – ist: Die Schubhaft, um die es hier geht, ist keine Strafhaft, das ist ganz etwas anderes.

Da geht es um die Anhaltung von Personen, die nach fremdenrechtlichen Ge­sichtspunkten ausreisen müssen. Das heißt, ich habe hier ganz andere Kriterien als in Anstalten des Strafvollzugs, und dem muss ich auch Rechnung tragen. Anhaltevollzug ist ganz etwas anderes, muss entsprechend hohen internationalen Standards genü­gen, muss auch entsprechend menschenrechtskonform sein.

Es geht hier um ein modernes Anhaltezentrum, wo man sagen muss, da war Öster­reich in gewisser Weise wegweisend, vorausschauend. Ja, das ist so. Jetzt kommt aber noch etwas dazu – und das ist eigentlich das Einzige, was ich konkret dazu sagen möchte, weil ich es für besonders wichtig halte und weil es so aktuell ist.

Jetzt kann man natürlich fragen: Haben wir das wirklich gebraucht, war das in dieser Qualität notwendig und sinnvoll? – Na ja, da war eben Österreich einmal vielleicht der Zeit voraus, aber Tatsache ist: Jetzt erst, vor wenigen Tagen, am 17. Juli 2014, hat der Europäische Gerichtshof ein Urteil zur Unterbringung von Schubhäftlingen gefällt. Er hat entschieden, dass die Verpflichtung, Schubhäftlinge in speziellen Schubhaft­an­stalten unterzubringen, alle Mitgliedstaaten der EU trifft, und zwar unabhängig davon, was jetzt der hier Angehaltene für Wünsche hat. Das heißt konkret – und das war auch Gegenstand dieser Entscheidung des EuGH –: Auch die Einwilligung eines Schub­häftlings, in einer gewöhnlichen Haftanstalt untergebracht zu werden, ist dabei unbe­acht­lich.

Was heißt das? Bitte, ganz aktuelle internationale Judikatur! – Das heißt, man sieht auch hier – etwas, was ich im Strafvollzug ja auch habe und was ich immer wieder beto­nen muss –: Wir unterliegen da einer internationalen Kontrolle. Es gibt hiezu internationales Regelwerk, das auch international mehr oder weniger durch die Judi­katur exekutiert wird. Das muss man auch akzeptieren und anerkennen.

Wir sind hier nicht einfach in einer Situation, in der man sagen kann, da können wir machen, was wir wollen. So ist es nicht. Das Anhaltezentrum Vordernberg ist eine hochmoderne Institution, die den modernsten und neuesten Ansprüchen genügt, wenn man so will, und war insoweit auch seiner Zeit voraus. Aber wie man sieht, gibt die aktuelle Judikatur auf europäischer Ebene, die ja für uns verpflichtend ist, dem Konzept durchaus recht. So gesehen, muss ich sagen, sind eigentlich alle Argumente, die Sie vorgebracht haben, aus meiner Sicht auch durchaus zufriedenstellend beantwortet.


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Es ist eine Einrichtung, die, wie gesagt, den letzten und modernsten Standards international genügt. Das ist ja auch letztlich das, was wir uns überall vor Augen halten müssen. Unsere Anstalten, in denen wir Menschen anhalten müssen auf rechtlicher Grundlage, müssen internationalen Standards genügen. Was Vordernberg betrifft, ist das in höchstem Maße gelungen. In anderen Bereichen, für die ich zuständig bin – über die reden wir ein anderes Mal –, liegt da noch viel Arbeit vor uns. Aber insgesamt kann ich nur sagen, dass abgesehen von dieser Aktualisierung, was die Zahl der dort angehaltenen Personen betrifft, meines Erachtens alle Fragen entsprechend beant­wortet wurden.

Ein weiterer Punkt, weil Sie auch etwas länger darüber gesprochen haben, ist, dass man bestimmte Aufgabengebiete auslagert, sie letztlich auch im Rahmen von Pau­schalverträgen so regelt, dass es einen Pauschalbetrag gibt, im konkreten Fall für die Gemeinde, die sich dann um alles andere kümmert. Das ist eine durchaus normale Vorgangsweise und letztlich auch etwas, was oft gefordert wird: Machen wir doch moderne Regelungen, lagern wir Dinge doch aus, arbeiten wir möglichst mit privat­wirtschaftlichen Instrumentarien! – Wenn es dann geschieht, ist es auch wieder ein Gegenstand von Kritik.

Ich glaube, alles in allem muss man schon sagen, dass dieses Anhaltezentrum – wie gesagt, eines der modernsten in Europa – wirklich richtungsweisend etwas ist, was sich jedenfalls bis jetzt bewährt hat. Es ist noch nicht so lange in Betrieb, dass man sagen kann, die Kapazität wird nie ausgeschöpft werden. Niemand von uns kann wissen, wann wirklich der Zeitpunkt kommt, an dem vielleicht sogar Vordernberg – ich wünsche es mir nicht – an seine Kapazitätsgrenze gelangt.

Das Zweite möchte ich nur erwähnen, es hat mit dem Thema und mit der Frage eigentlich gar nichts zu tun. Aber weil Sie es erwähnt haben und weil ich mich hier schon auch verpflichtet fühle, auf alles zu antworten, kurz zu dem, was Kollegin Mikl-Leitner betrifft: Ich meine, wir haben – Sie haben es ja angesprochen – die Verträge zwischen Bund und Ländern bezüglich der Zurverfügungstellung von Plätzen für Asylwerber entsprechend bestimmten Quoten. Ich glaube, da genügt ein Hinweis, und da sind wir uns ja wohl alle einig: Wenn diese Verpflichtungen von beiden Seiten hun­dertprozentig erfüllt werden würden, dann hätten wir kein Problem. Weil das aber nicht so ist, hat Kollegin Mikl-Leitner ein Problem. Da muss man schon einmal klar sagen, wo die Ursache und der Grund für dieses Problem liegt. – Danke für Ihre Aufmerk­samkeit. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.42


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Köberl. Ich erteile es ihm.

 


17.42.57

Bundesrat Günther Köberl (ÖVP, Steiermark): Geschätzte Frau Präsidentin! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! 17.43 Uhr, eingeschoben nach dem Tagesordnungspunkt 11 von insgesamt 30 der heutigen Sitzung – ich bemühe mich in meinem Beitrag, auf das Wesentliche zu kommen.

Mir geht es schon um etwas Grundsätzliches. Die Möglichkeit, eine Debatte über eine Anfragebeantwortung abzuhalten, ist ein legitimes Mittel. Ich habe aber persönlich den Zugang, dass man diese Vorgangsweise wählt, wenn Fakten fehlerhaft, wesentlich unvollständig oder grundsätzlich erklärungsbedürftig sind. (Bundesrat Krusche: Ja, habe ich aufgelistet!) Das habe ich in diesem Fall nicht vorgefunden. (Bundesrat Krusche: Ich weiß noch immer nicht, wer die medizinische Betreuung macht!) Ich vermute auch deswegen, Herr Kollege Krusche – und gehen wir vielleicht gemeinsam ein bisschen in die Geschichte dieses Anhaltezentrums zurück –, dass es doch auch


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politische Motive sind, und ich werde hier nicht sehr falsch liegen, wie wir gemeinsam zu einem Schluss kommen werden.

Tatsache ist, meine Damen und Herren, dass rund um das Jahr 2006 die Diskussion um ein neues Anhaltezentrum in Österreich geführt wurde, ursprünglich geplant und konzipiert für Leoben. Das wissen Sie, Herr Kollege Krusche; und warum und wer in Leoben verhindert hat, das anschließend zum neuen Justizzentrum zu bauen, das wissen Sie besser als ich. (Bundesrat Krusche: Die Bevölkerung! – Ironische Heiter­keit bei ÖVP und SPÖ.) Herr Kollege Krusche, Sie wissen, was ich meine, wer hier organisiert und mobilisiert hat. (Bundesrätin Mühlwerth: Na und?)

Das Zweite ist, dass der Standort Vordernberg – vielleicht nicht für alle, aber doch für die meisten von uns eine Information – eine Gemeinde etwa 20 Kilometer nördlich von Leoben ist, noch in den sechziger Jahren rund 3 000 Einwohner hatte und jetzt auf einem Einwohnerstand von rund 1 000 ist, also eine klassische Abgangsgemeinde. Es ist eine einst stolze Bergwerksregion, die mit vielen Problemen zu kämpfen hat, sodass sich dort der Bürgermeister und die Gemeindeführung dafür ausgesprochen haben, dieses Anhaltezentrum als Chance zu sehen.

Weil Sie das Wort Bürger in den Mund genommen haben, Herr Kollege Krusche: Es hat eine Bürgerbefragung dazu gegeben, ob Vordernberg der richtige Standort ist. Beteiligung: 60 Prozent! Das würden wir uns heute bei Wahlen wünschen, nehme ich an. Mit einer Mehrheit von 70 Prozent – zirka 69 und ein paar Zerquetschte, darf ich sagen – hat sich die Bevölkerung für die Errichtung dieses Anhaltezentrums in Vordernberg ausgesprochen. (Bundesrat Krusche: Mit einer unzulässigen Frage­stellung nach Volksrechtegesetz!) Herr Kollege Krusche, Sie wissen das und müssen es auch zur Kenntnis nehmen. (Bundesrat Krusche: Ich weiß es!)

Es hat darauf aufbauend die weiteren Schritte gegeben. Es ist zu Verzögerungen gekommen, möglicherweise auch zu Kostenüberschreitungen, die aber nicht im gravierenden Bereich sind.

Jetzt wurde dieses Schubhaftzentrum, so würde man sagen, „Schubhaft“ ist das falsche Wort, Anhaltezentrum, wie wir gehört haben, am 15. Jänner dieses Jahres eröffnet, eigentlich mit einer sehr positiven Stimmung. Ich möchte nur den Bürger­meister zitieren, der damals laut „Kleiner Zeitung“ vom 28. Feber gesagt hat: „Alles, was ausverhandelt war, ist eingetreten. Dass es auch Steine gibt, die aus dem Weg geräumt werden müssen, ändert nichts an der Richtigkeit der Projekts.“ – So weit Herr Bürgermeister Walter Hübner aus Vordernberg.

In der Zwischenzeit hat sich aber auch – das werden Sie auch wissen, wenn Sie sich auf Ihren Debattenbeitrag gewissenhaft vorbereitet haben – bei der Unterbringung in dem sogenannten Anhaltezentrum eine grundsätzliche Linie durchgesetzt, dieses erst als letztes Mittel greifen zu lassen, sodass die Planungen aus dem Jahr 2006 und von früher beziehungsweise bis hinein ins Jahr 2009 in der Praxis nicht mehr jene Umsetzung erfahren, wie sie damals konzipiert wurde. (Bundesrat Krusche: Ja, da sagt man dann Fehlplanung dazu!)

Herr Kollege Krusche! Fehlplanungen – da bin ich beim Vergleich von unserem Bundesminister: Dann müssten Sie jede Feuerwehr als Fehlplanung abtun, wenn wir sie nicht brauchen; wir sind aber sehr, sehr froh, dass es sie gibt, wenn wir sie brauchen! Es kann niemand sagen, wie sich aufgrund der internationalen Lage in den nächsten ein, zwei Jahren die Entwicklung bei den Flüchtlingen in Österreich darlegt. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich bin froh, wenn wir eine geringe Auslastung haben, denn das zeigt, dass wir auch im Bereich der sogenannten Anhalte Vorsorge getroffen haben.


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Warum das notwendig und richtig war, hat auch der Herr Bundesminister aufgrund eines Urteils des EuGH vom 17.7. bereits dargelegt. Es ist nicht zulässig, dass Anhaltezentren in den dislozierten Stationen geführt werden. Deutschland hat den EuGH diesbezüglich angerufen, und es wurde die Gültigkeit für alle europäischen Länder erwähnt, sodass es eine zentrale Anlage geben soll.

Ich bin aber noch bei einem Pressebericht, der ziemlich aktuell sein dürfte, den werden Sie auch kennen. Es ist der „Standard“ vom 15. Juli dieses Jahres, der hier von 27 Per­sonen spricht. Es ändert sich täglich, wie wir gehört haben. Da gibt es eine klare Aussage von den Herren, die dafür zuständig sind, wie die Abwicklung erfolgt. Ich darf hier Herrn Fritz Grundnig von der Landespolizeidirektion in der Steiermark zitieren: „Dass das Schubhaftzentrum in ein Erstaufnahmezentrum – wie jenes in Traiskirchen – umgewandelt werden könnte, stehe nicht zur Diskussion: ‚Es handelt sich dabei um zwei grundlegend verschiedene Angelegenheiten. Ein Erstaufnahmezentrum betreut Hilfesuchende, wogegen ein Anhaltezentrum Personen verwahrt, die bereits einen rechtskräftigen Abschiebebescheid erhalten haben‘“.

Das heißt also, diesem politischen Argument, dass man sagt, bitte passt auf, das werden sie jetzt in ein Erstaufnahmezentrum umwandeln, ist klar eine Absage erteilt worden. Ich glaube, das ist das Wesentliche, und das steckt auch hinter Ihrer Frage.

Die anlaufenden Kosten, umgerechnet auf eine geringe Auslastung, sind hoch, da bin ich bei Ihnen. Man kann diese Zahlenspiele jetzt so betreiben und sie so darstellen. Ich denke aber, dass wir erst Gewissheit darüber haben, ob es eine Fehlplanung ist – als die Sie es bezeichnen –, wenn wir hier zumindest einen zwei- oder dreijährigen Betrieb haben, in dem sich die Dinge wirklich eingependelt und eingespielt haben.

Noch einmal – das klarzustellen, war mir wichtig –: Vordernberg wollte dieses Anhalte­zentrum. Es war aufgrund einer Entscheidung auf Ebene des Europäischen Gerichts­hofes notwendig. Es wird nicht in ein Erstaufnahmezentrum umgewandelt. Ich glaube, das sollten wir der Bevölkerung und den SteirerInnen auch sagen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.51


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­des­rat Wilhelm. Ich erteile es ihm.

 


17.51.11

Bundesrat Richard Wilhelm (SPÖ, Steiermark): Werte Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Vorwurf erging immer an die Politik, Schubhäftlinge zum Teil in eigentlich untauglichen Unterbringungen zu halten. Auch wurden Schubhäftlinge, oft unbemerkt von der Bevölkerung, in Orts- oder Stadt­polizeidienststellen aufbewahrt. So war es auch im Bezirk Leoben.

Das große soziale Problem bei den Schubhäftlingen war aber unter anderem auch das, dass Familien getrennt wurden. Somit wurde der gerechte, notwendige Ruf nach einem zeitgemäßen humanitären Schubhaftzentrum immer lauter. So ist eigentlich das Schubhaftzentrum Vordernberg, das Anhaltezentrum Vordernberg entstanden.

Die Bevölkerung ist naturgemäß nicht daran interessiert, dass so ein Anhaltezentrum randvoll gefüllt ist. Aber der gegenteilige Effekt ist – das wurde auch bereits ange­sprochen –, dass ein nicht ausgelastetes Anhaltezentrum ebenso Geld kostet: Be­triebs­kosten, Personal et cetera, wie Kollege Krusche schon betont hat. Wir sind aber nicht in der Lage vorherzusehen, wie die Situation der Belegung in Vordernberg bleibt. Das kann sich relativ schnell ändern, sodass innerhalb von ein, zwei Jahren die Situation eine komplett andere ist und das Schubhaftzentrum zum Teil vielleicht überbelegt ist.


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Die primäre Aufgabe der Politik ist es aber, die Verfahren schnell abzuwickeln und somit das Anhaltezentrum nicht aufzufüllen, sondern die Schubhäftlinge schnell außer Landes zu bringen. Das ist unsere Aufgabe, und diese Aufgabe wird momentan voll erfüllt. Von März 2014 bis heute wurden 1 451 Zwangsabschiebungen durchgeführt. Man stelle sich vor, was 10 bis 20 Prozent weniger an Abschiebungen für das Schubhaftzentrum/Anhaltezentrum Vordernberg bedeutet hätte: Es wäre überfüllt!

Für die Bevölkerung ist, glaube ich, die Situation, wie sie sich jetzt darstellt, sicher erträglicher. Ich möchte aber die Diskussion gar nicht hören, die es gäbe, wenn das Anhaltezentrum jetzt überfüllt wäre! Ein Schubhaftzentrum ist aber eben kein Hotel, das eine entsprechende Buchungsauslastung benötigt. (Bundesrat Krusche: Die Kosten sind aber höher als in einem Hotel!) – Die Kosten sind hoch, ja. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

17.53


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Dönmez. Ich erteile es ihm.

 


17.53.41

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir ein funktionie­rendes Asylsystem möchten – und ich glaube, das möchten wir alle –, dann gehört es natürlich auch dazu, dass wir Menschen außer Landes bringen müssen. Bevor es aber so weit kommt, dass Menschen in einem Anhaltezentrum landen, gibt es vorher zahlreiche Aufforderungen, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen. Wer dem nicht nachkommt, bei dem ist klar, dass dann die Fremdenpolizei vorfahren muss und diese Menschen in die Anhaltezentren bringt. Dazu kann man stehen, wie man möchte.

Was ich aber kritisieren möchte – und ich glaube, zu Recht –, zeigt sich, wenn man sich ansieht, wer neben dem Justizwachepersonal noch aller tätig ist. Dann ist es doch sehr bemerkenswert, dass da Sicherheitspersonal einer privaten Firma angestellt ist. Ich zitiere jetzt aus der Ausschreibung: Lohn- und Arbeitsstunden, Verwendungs­gruppe A für einen Wachdienst. Grundlohn: 7,90 € brutto die Stunde. Einsatzzeiten: zwischen 0 Uhr und 24 Uhr, je nach Einteilung bis zu 12 Stunden, Montag bis Sonntag. Bei 52 Wochenstunden beträgt der durchschnittliche Mindest-Bruttomonatsverdienst 1 779 €.

Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! (Bundesrat Dörfler: Wie wird denn das ...?) Das ist meistens nicht einmal so viel wie das, was unsere Spesenabrechnung im Monat betrifft. Von dem müssen diese Leute leben. Und: Wir sagen ja immer, wir brauchen da gut geschultes Personal. Die müssen medizinisch gesund sein, fachlich und sozial kompetent. – Pflanzen können wir uns selber auch: Um diesen Betrag bekommen Sie kein geschultes Personal! Es gäbe genügend Sozialarbeiter/Sozialarbeiterinnen und so weiter, die dort auch Dienst verrichten könnten.

Der zweite große Kritikpunkt von mir ist – und ich glaube, das sehen wirklich alle so –: Diese Menschen können bis zu zehn Monate im Anhaltezentrum angehalten werden. Wissen Sie, was sie dort machen können? – Diesen hier: Däumchen drehen. (Der Redner führt die entsprechende Geste vor.)

Das sind aber Menschen, die aus Krisengebieten kommen, wo teilweise die Infra­struktur, das Land, alles darniederliegt. Wir könnten diese Zeit dafür nutzen, dass wir diese Menschen in der Zeit, in der sie angehalten werden, oder auch all jene, die in den Unterkünften auf den Ausgang ihres Asylverfahrens warten, dahin gehend befä­higen, dass sie irgendein Handwerk erlernen, sodass sie, wenn sie dann hierbleiben können, erstens ihre Existenz selbst bestreiten; und zweitens haben sie, wenn sie


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zurückkehren müssen, weil das Asylverfahren rechtskräftig negativ ist, dann zumindest Fähigkeiten und Kenntnisse erlernt, um am Aufbau ihres Landes mitzuwirken.

Was wir gegenwärtig haben – und das ist eine Problematik, die sich nicht auf Öster­reich allein beschränkt, sondern gesamteuropäisch ist –, ist, dass wir hier sehr viel Zeit verstreichen und auch Potenziale brachliegen lassen. Diese könnten wir viel, viel besser nutzen, wenn wir diese Menschen dahin gehend befähigen, dass sie irgend­etwas erlernen, damit sie, wenn sie dann zurückgehen, daran mitwirken können, ihr Land, das in Trümmern liegt, wiederaufzubauen. Das wäre vernünftig, das wäre weit­sichtig. Das würde meiner Meinung nach auch viel mehr zu einer Kostenreduktion beitragen, weil der Migrationsdruck in diesen Ländern nicht so groß wäre, wenn dort halbwegs fähige Leute wären, die ein bisschen etwas aufbauen könnten.

Das in aller Kürze zu dieser Thematik. – Danke. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)

17.57


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als nächster Redner ist Herr Bundesrat Herbert zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 


17.57.24

Bundesrat Werner Herbert (FPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich auf die Sache eingehe, noch ein Wort zu Ihnen, Herr Bundesminister, nur eine Klarstellung: Ich habe mit Ihnen kein Problem, Sie genießen die gleiche Wertschätzung wie alle Mitglieder der Bundesregie­rung bei mir. (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.) Aber ich nehme mir doch im Rahmen meiner politischen Tätigkeit heraus, jene Kritik und jene Ansatzpunkte inhaltlicher Natur Ihnen gegenüber vorzutragen, die ich für richtig und für notwendig halte und die auch im Sinne meiner Fraktion sind, die ich hier vertrete.

In der Sache selbst wurde heute schon viel gesagt. Vordernberg wurde als Schub­haftstandort oder -zentrum explizit schon ausführlich diskutiert. Gestatten Sie mir daher abschließend noch eine grundsätzliche Bemerkung.

Egal, ob wir uns wie heute vordergründig Vordernberg, Traiskirchen oder auch Thal­ham anschauen, die Art und Weise, wie Flüchtlingspolitik in Österreich umgesetzt und exekutiert wird, wie mit Flüchtlingen schlussendlich auch umgegangen wird, ist eigent­lich, sagen wir es einmal so, eine nicht gerade visitenkartenmäßige für die Republik. Ich denke, nicht zuletzt diese drei Standorte, wo Flüchtlinge abgeschoben werden, auf die Abschiebung warten oder auch untergebracht werden, zeigen es einmal mehr: Die Asyl- und Flüchtlingspolitik dieser Bundesregierung ist gescheitert! (Beifall bei der FPÖ.) Das ist eine Feststellung und Schlussfolgerung, zu der man, wenn man sich die Diskussion heute angehört hat, einmal mehr kommen muss.

Grundsätzlich habe ich gedacht, als die Frau Innenministerin gesagt hat, die Flücht­lings­politik müsse auf neue Beine gestellt werden, das ist ein guter Ansatz. Dann habe ich aber wahrgenommen oder mitbekommen, dass sie eigentlich am ursprünglichen Konzept festhält, nämlich: Jeder darf herein, und wir teilen die Flüchtlinge einfach nur auf alle Bundesländer gleichmäßig auf, oder je nachdem, in welchen Länder­verein­barungen wir uns schlussendlich wiederfinden.

Ich könnte jetzt vielleicht auch überspitzt sagen: Wir verstecken sie nicht auf drei Stand­orten, sondern versuchen, sie auf mehreren kleineren Bundesländerstandorten zu verstecken, damit die Bevölkerung vielleicht noch weniger mit den Problemen, die es tagtäglich bei den bisherigen Zentren gibt, wo Schubhäftlinge, aber auch Flüchtlinge untergebracht werden, konfrontiert wird. Alles in allem ist dies eine höchst unzufrie­denstellende Situation und eine Politik, wie gerade wir von meiner Fraktion her sie


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nicht für gut halten, aber auch nicht für sinnvoll und zweckmäßig im Sinne der Bevöl­kerung.

Die wichtige Frage ist daher nicht, wie bringe ich die Flüchtlinge am besten in Umlauf, sondern: Wie minimiere ich den Zulauf der Flüchtlinge nach Österreich? Da gibt es drei Punkte, die wesentlich sind und die ich hier noch einmal festhalten möchte. Das Asylrecht ist ein temporäres Recht auf Schutz für eine bestimmte Zeit. Es ist ein wichtiges Recht. Österreich hat eine jahrzehntelange gute Tradition, Flüchtlinge aufzu­nehmen. Wir haben in der Vergangenheit oft bewiesen, dass wir bereit sind, in schwierigen Situationen Flüchtlinge bei uns aufzunehmen, aber momentan ist es doch so, dass dieses Recht von vielen Asylsuchenden missbraucht wird. Wenn ich mir anschaue, dass im vergangenen Jahr drei Viertel aller Asylanträge negativ beschieden wurden und dass die überwiegende Anzahl aller Asylansuchen darauf abzielte … (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl. Warten Sie, Frau Präsidentin! Lassen Sie mich einmal reden! – Dass also die überwiegende Anzahl der Asylansuchen nicht darauf ausgerichtet ist, das Asylrecht in Anspruch zu nehmen, sondern einen wirtschaftlichen Vorteil durch einen neuen Lebensabschnitt hier in Österreich zu erlangen, dann ist das ein falscher Ansatz. Das gehört korrigiert. (Bundesrat Kneifel: Die gehören alle abgeschoben!)

Genau! Darum haben wir auch fast keine bei uns in Österreich, Kollege Kneifel! Lesen Sie den Asylbericht des Innenministeriums! Dort steht ganz genau, wie viele wir haben und wie viele wir tatsächlich wieder „angebracht“ haben. (Präsidentin Blatnik über­nimmt wieder den Vorsitz.)

Der zweite wesentliche Punkt, den es festzuhalten gilt, ist eine restriktive Einhaltung des Dublin II-Abkommens. Das Dublin II-Abkommen – nur eine kurze Erläuterung – besagt, dass jener EU-Staat, in dem der Asylsuchende das erste Mal Grund und Boden der EU betreten hat, für die Abwicklung des Verfahrens zuständig ist, sodass jemand, der durchgereist ist, wieder dorthin zurückgeschoben werden kann. (Ruf bei der ÖVP: Wir reden aber von Vordernberg!)

Momentan ist es gelebte Praxis, dass dieses Dublin II-Abkommen in Österreich fast nicht umgesetzt wird. Es ist so, dass eigentlich der Logik halber, da wir ja durchwegs von EU-Staaten umgeben sind – jetzt einmal die Schweiz und Liechtenstein ausge­nommen –, ein Asylsuchender nur auf dem Wasserweg oder per Flugzeug nach Öster­reich gelangen kann. Genau das Gegenteil ist der Fall! Die meisten kommen auf dem Landweg. Umso verwunderlicher ist es, dass die dann bei uns landen und nicht zurückgeschickt werden. Daher fordere ich ein, dass seitens der Bundesregierung dieses Dublin II-Abkommen effizient umgesetzt wird.

Der dritte Punkt, der wichtig und notwendig ist, ist eine zügigere administrative Abwick­lung der Asylansuchen. Wir wissen, dass wir eine Menge an Altlasten vom alten Bundesasylgerichtshof mitgenommen haben. Mit der neuen Bundesgerichtsbarkeit und auch mit dem neuen Bundesamt für Fremdenrecht und Asyl ist doch ein Lichtschimmer am Horizont erkennbar.

Herr Bundesminister! Als Vertreter der Innenministerin fordere ich Sie auf, nachhaltig darauf hinzuwirken, dass möglichst alle Ressourcen der Bundesgerichtsbarkeit ausge­schöpft werden, damit auch etwas weitergeht im Sinne einer effizienteren Flüchtlings­politik, einer effizienteren Umsetzung der rechtlichen Bestimmungen und vor allem aber auch in der faktischen Umsetzung, sodass zwar diejenigen, die Recht auf Asyl brauchen, das auch bekommen, aber die vielen anderen, die nur den wirtschaftlichen Vorteil in Österreich suchen, wieder zurückgeschickt werden. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Kollege, nicht nervös werden! Ich bin gleich fertig. – Wieder in ihr Heimatland,


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wo sie hergekommen sind, zurückgeschickt werden. Asyl für den, der es braucht, Ja – für den, der es missbraucht, Nein. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

18.04


Präsidentin Ana Blatnik: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Frau Bundesrätin Mühlwerth.

 


18.05.00

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Danke für die Worterteilung. Ich möchte diese Gelegenheit nützen und noch einmal nach­fragen, was jetzt mit dem Protokoll ist, denn ich finde nicht, dass man es dem Kollegen Schennach einfach so durchgehen lassen kann, zu sagen, er müsse den „Mist“ wegräumen. Das hat jeder gehört, da brauche ich kein Protokoll.

Wenn wir schon dabei sind (Zwischenruf bei der SPÖ) – darf ich ausreden, darf ich nur noch zu Ende reden?! –, möchte ich auch noch anmerken, dass eine Verballhornung des Namens des nominierten Stadtschulratsvizepräsidenten Krauss in „Krausskopf“ auch nicht wirklich gut ist. Auch das hat Schennach gesagt. – Dass das Protokoll so lange braucht, kann ich gar nicht glauben.

18.05


Präsidentin Ana Blatnik: Es tut mir furchtbar leid, Frau Kollegin Mühlwerth. Das Protokoll ist noch nicht da. Wenn das Protokoll da ist, dann werden wir das selbst­verständlich nachlesen. Ich bitte um Verständnis. Es ist noch nicht da, und wenn es dann da ist, werden wir das selbstverständlich behandeln.

Nächster Redner: Herr Kollege Todt. – Bitte.

 


18.05.42

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Ich beantrage ebenfalls einen Ordnungsruf für Herrn Jenewein für seinen Zwischenruf: Jetzt tritt er ab, der Mist! Da brauchen wir auch das Protokoll dazu.

18.06


Präsidentin Ana Blatnik: Danke. Auch das werden wir … (Bundesrat Jenewein: Werden Ordnungsrufe jetzt beantragt?) – Gut. Wir warten bitte auf das Protokoll.

Gibt es sonst noch Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlos­sen.

18.06.18Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsidentin Ana Blatnik: Wir setzen die Verhandlungen über den Tagesordnungs­punkt 11 fort.

Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Fetik. – Bitte.

 


18.06.40

Bundesrätin Ilse Fetik (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Nachdem inzwischen zwei Stunden vergangen sind, darf ich noch einmal auf den Tagesordnungspunkt zurückkommen, in dem es um die Änderung des Familien­lastenausgleichsgesetzes geht. Vielleicht können wir jetzt auch wieder zu einer sachlichen Diskussion und zu unserer eigentlichen Aufgabe zurückkehren.

Der vorliegende Beschlussantrag ist ein weiterer wichtiger Schritt der österreichischen Bundesregierung zur Umsetzung des Nationalen Aktionsplans Behinderung 2012–


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2020. (Unruhe im Sitzungssaal.) – Vielleicht könnten mir auch die Kollegen der Frei­heitlichen Partei zuhören. Es würde mich sehr freuen.

Es gibt viele Anliegen, wenn es um das Recht auf einen adäquaten Arbeitsplatz für Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen geht, das Recht, den Lebensunter­halt durch Arbeit zu verdienen in einem offenen, integrativen und für Menschen mit Behinderung zugänglichen Arbeitsmarkt und Arbeitsumfeld zu erreichen. Menschen mit Behinderungen haben oft Schwierigkeiten, Zugang zum Arbeitsmarkt zu finden. Sie sind länger arbeitslos als andere. Ihr Anteil an NotstandshilfebezieherInnen ist auch größer. Es gibt eine immer größere Anzahl von Menschen mit einer Leistungsmin­derung von 50 Prozent und mehr.

Die Einschränkungen in der Durchlässigkeit vom dritten zum ersten Arbeitsmarkt und die Sorge um den Verlust von Transferleistungen sind erhebliche Hinderungsgründe trotz Leistungswille, trotz dem Wunsch nach Selbstwert und Selbstbestimmung, trotz der Bereitschaft, vorhandene Probleme zu überwinden, einen Arbeitsversuch zu starten, auch wenn die Gefahr des Scheiterns gegeben ist. Unser aller Aufgabe ist es, diese Menschen bestmöglich zu unterstützen, und zwar tatsächlich und wirksam und nicht nur auf dem Papier.

Dennoch: Gesetze sind nun einmal eine wichtige Basis. Daher erhebt meine Fraktion gegen die mit Beschluss des Nationalrates vorliegende Änderung des Familienlasten­ausgleichsgesetzes im Sinne einer Klarstellung keinen Einwand. Ziel des Nationalen Aktionsplans ist Inklusion als Menschenrecht. Ich appelliere fraktionsübergreifend zur Unterstützung auch für noch viele weitere notwendige Schritte. Wir haben auch heute auf der Tagesordnung noch etwas im Sinne des Nationalen Aktionsplans umzusetzen, und es geht vor allem auch noch darum, die weiteren diesbezüglichen Anliegen zu unterstützen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.09


Präsidentin Ana Blatnik: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist geschlos­sen.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche, jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist das die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nom­men.

18.10.2012. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Energieeffizienzgesetz, das Bundesgesetz, mit dem der Betrieb von bestehenden hocheffizienten KWK-Anlagen über KWK-Punkte gesichert wird, und das Bundesgesetz, mit dem zusätzliche Mittel für Energieeffizienz bereitgestellt werden, erlassen sowie das Wärme- und Kälteleitungsaus­bau­gesetz und das KWK-Gesetz geändert werden (Energieeffizienzpaket des Bun­des) (182 d.B. und 205 d.B. sowie 9204/BR d.B. und 9222/BR d.B.)

 


Präsidentin Ana Blatnik: Wir gelangen nunmehr zum 12. Tagesordnungspunkt.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Temmel. Bitte um den Bericht.

 


18.10.33

Berichterstatter Walter Temmel: Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Wirt-


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schaftsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Energieeffizienzgesetz, das Bundesgesetz, mit dem der Betrieb von bestehenden hocheffizienten KWK-Anlagen über KWK-Punkte gesichert wird und das Energieeffizienzpaket des Bundes zur Kenntnis.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Wirtschaftsausschuss stellt den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

 


Präsidentin Ana Blatnik: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Michalke. – Bitte.

 


18.11.48

Bundesrätin Cornelia Michalke (FPÖ, Vorarlberg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuschaue­rinnen und Zuschauer an den Fernsehgeräten, sofern Sie die heißen Debatten bisher gut überstanden haben. Zu diesem neuen Gesetz ist zu sagen, dass Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz natürlich grundsätzlich zu begrüßen sind. Mit diesem Gesetz wurde aber unter dem Deckmantel der Energieeffizienz ein Belastungs­paket geschnürt, für das funktionierende Energieversorger wie zum Beispiel unsere Vorarlberger Illwerke/VKW-Gruppe, aber auch die heimische Wirtschaft und letztend­lich auch die Stromkunden im Lande die Zeche bezahlen müssen.

Kernpunkt unserer Kritik ist, dass man im Gegensatz etwa zu Deutschland auf einen bürokratischen Bestrafungsprozess mit bis zu sechsstelligen Strafen setzt, anstatt Anreize für Betriebe zu schaffen, Energie möglichst effizient zu verwenden. Diese zusätzlichen Belastungen, die auf Betriebe zukommen, sind gerade in Zeiten der noch längst nicht überwundenen Krise das falsche Signal und drohen, zu Arbeitsplatzverlust durch Abwanderung der Betriebe in Länder mit attraktiveren Rahmenbedingungen zu führen.

In dem Zusammenhang darf ich auf den Hinweis unserer Kollegin Zwazl aufmerksam machen, die bereits in der Aktuellen Stunde darauf hingewiesen hat, dass wir heute im Zuge der Debatte noch mehrere bürokratische Hürden beschließen werden, die unsere Industrie und unsere Unternehmen entsprechend belasten werden. Das betrifft, wie sie das auch richtig bereits in ihrer Feststellung zu Beginn gemeint hat, unter anderem dieses Energieeffizienzgesetz.

Darüber hinaus drohen aufgrund der Belastungen für die Energieversorger auch höhere Strompreise für die Haushalte. Das Ziel – Energieeinsparungen von 1,5 Pro­zent des jährlichen Energieabsatzes – muss nicht zwingend über ein Energieeffizienz­verpflichtungssystem erreicht werden. Die Energieeffizienz-Richtlinie erlaubt alternativ dazu auch, das genannte Ziel durch andere strategische Maßnahmen zu erfüllen. Bei der Einführung eines solchen Verpflichtungssystems werden Endverbraucher doppelt belastet, und zwar einerseits durch strategische Maßnahmen wie zum Beispiel Steuern und andererseits durch das neue Verpflichtungssystem, also höhere Energiepreise. Eine Doppelbelastung ist aber absolut nicht erforderlich.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 168

Auch aus der Perspektive der Förderung erneuerbarer Energie herrscht große Unzu­friedenheit, etwa weil zwar unrentable KWK-Anlagen, also der Verbrauch fossiler Energieträger gefördert wird, nicht aber Ökostromanlagen, die mangels entsprechen­der Einspeisetarife unrentabel sind. Wir wollen kein bürokratisches Gesetz und neue Verwaltungsstrukturen, sondern konkrete Anreize und Maßnahmen, die besser zum Ziel der Energieeffizienz führen.

Ein weiterer Punkt in diesem Gesetz ist uns ebenfalls ungut aufgestoßen, und zwar: Aus der Perspektive der Länderkammer kommt hinzu, dass mit der Generalklausel des § 1 die Kompetenzverteilung laut Bundes-Verfassungsgesetz ausgehebelt wird, was in dieser generellen Form äußerst bedenklich erscheint. Auf Nachfrage im Ausschuss haben die Beamten in der Hinsicht kein Problem gesehen. Ich möchte hiezu jedoch aus der Stellungnahme der Vorarlberger Landesregierung zitieren, in der es zu diesem Punkt heißt:

„Der vorliegende Entwurf sieht mangels ausreichender Bundeskompetenzen eine Kompetenzdeckungsklausel vor. Die Landesenergiereferentenkonferenz hat bereits mit Beschluss vom 1. Oktober 2012 (und neuerlich vom 7. April 2014) den Bund aufge­fordert, dass die Umsetzung der Richtlinie 2012/27/EU unter Bedachtnahme auf die geltende Kompetenzverteilung zu erfolgen habe, wobei Eingriffe in die Landeskom­petenzen nur im Einvernehmen mit den Ländern vorgenommen werden dürfen. Das Einvernehmen wurde nicht hergestellt.“

Das ist ein wichtiger Punkt, weshalb die Vorarlberger Landesregierung diesem Ener­gie­effizienzpaket nicht zustimmt. Vielleicht bekomme ich anschließend dazu noch eine Erklärung. Ich habe mir also noch einmal den allgemeinen Teil von diesem Gesetz angeschaut, und da heißt es zum Beispiel im § 1 (Verfassungsbestimmung):

„Die Erlassung, Änderung, Aufhebung und Vollziehung von Vorschriften, wie sie in diesem Bundesgesetz enthalten sind, sind auch in den Belangen Bundessache, hinsichtlich derer das B-VG etwas anderes bestimmt. Die in diesen Vorschriften gere­gelten Angelegenheiten können in unmittelbarer Bundesverwaltung besorgt werden.“

Für mich ist also nicht klar, wie die Kompetenzverwaltung in den Ländern zu sehen ist, wenn zum Beispiel in Bauverordnungen Verweise auf bestimmte Richtlinien gemacht werden und die Kompetenz dafür nicht mehr klar ist.

Aus diesem Grund lehnen wir dieses Gesetz ab, und ich habe diesbezüglich bereits einen Antrag schriftlich abgegeben, der da lautet:

Antrag

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Gegen den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2014 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundes-Energieeffizienzgesetz, das Bundesgesetz, mit dem der Betrieb von bestehenden hocheffizienten KWK-Anlagen über KWK-Punkte gesichert wird, und das Bundesgesetz, mit dem zusätzliche Mittel für Energieeffizienz bereit­gestellt werden, erlassen sowie das Wärme- und Kälteleitungsausbaugesetz und das KWK-Gesetz geändert werden (Energieeffizienzpaket des Bundes)

wird gemäß Art. 42 B-VG mit folgender Begründung Einspruch erhoben:

Der gegenständliche Gesetzesbeschluss hat Regelungen zum Inhalt, die entgegen den ursprünglichen Zielsetzungen möglichst sinnvollen und nachhaltigen Umgangs mit Ener­gie ein bürokratisches Strafsystem, das Wirtschaft wie Bevölkerung Österreichs belasten würde, bedeuten.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 169

Der gegenständliche Gesetzesbeschluss ist aber auch in technischer Hinsicht kritik­würdig, weil die generelle Außerkraftsetzung der Kompetenzverteilung des B-VG aber auch die Verpflichtung künftiger Bundesregierungen zu Gesetzesinitiativen zumindest unüblich und daher speziell aus der Perspektive von Ländervertretern inakzeptabel sind.“

*****

Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.19


Präsidentin Ana Blatnik: Der von den Bundesräten Michalke, Kolleginnen und Kolle­gen eingebrachte Antrag gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates mit der beigegebenen Begründung Ein­spruch zu erheben, ist genügend unterstützt und steht demnach in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Brunner. – Bitte.

 


18.19.45

Bundesrat Dr. Magnus Brunner, LL.M (ÖVP, Vorarlberg)|: Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Bei allem Verständnis, Conny Michalke, für deinem Wahlkampmodus, den du mittlerweile eingelegt hast, auch in der medialen Öffentlichkeit in Vorarlberg, die Länderkammer war immer dafür bekannt, auch etwas Sachlichkeit walten zu lassen. Was du hier machst, Conny, ist wirklich, so schätze ich das ein, wahlkampfbedingter Populismus. Man muss wissen, Kollegin Conny Michalke kandidiert ja auch an vorderster Front bei den Landtags­wahlen in Vorarlberg.

Es beginnt dieser Populismus damit, Conny, dass du mit einer Stellungnahme des Landes Vorarlberg argumentierst, die vom 26. Mai dieses Jahres stammt, das war der Begutachtungsentwurf. Es haben sich aber in der Zeit vom 26. Mai bis heute unzählige Dinge geändert. Es wurden intensive Verhandlungen geführt, sodass es auch zu einer massiven Verbesserung für die Wirtschaft, für die Energieversorger und für die Bevöl­kerung insgesamt gekommen ist. Das muss man wissen.

Daher würde ich dir wirklich empfehlen, auch in Zeiten der Wahlauseinandersetzungen diese inhaltlichen Dinge anzuschauen, vielleicht auch die Dokumente und Gesetzes­vorschläge, die dann wirklich eingebracht worden sind, im Detail zu lesen.

Es sind nämlich verschiedene Argumente in deinem Antrag dabei, die so einfach nicht stimmen. Beispielsweise § 19 KWK-Gesetz, das ist keine Verfassungsbestimmung mehr, wie du schreibst. Und so sind viele weitere Punkte dabei! Ich gehe jetzt gar nicht so ins Detail, weil, wenn man es durchgeht, ein Punkt nach dem anderen nicht mehr so beschlossen werden, wie du glaubst.

Das gilt auch für deine Argumente zur Vorarlberger Stellungnahme. Da sind so viele Gespräche geführt und so viele Änderungen durchgesetzt worden, dass das mit deinem Antrag einfach nicht mehr zusammenpasst. Das kannst du auch die zuständigen Beamten des Ministeriums, die da hinten sind, gerne im Detail fragen. Aber wie gesagt, auf diese Details und auf diese Diskussion möchte ich mich eigentlich gar nicht einlassen.

Was das KWK-Gesetz und die Argumentation betrifft, ist es interessant, dass du schreibst, man solle mehr in den Ausbau von Ökostrom investieren, auf der anderen Seite werden aber dieses Ökostromgesetz und der Ausbau der erneuerbaren Energie abgelehnt. Also, das passt einfach alles nicht zusammen.


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Wenn man gegen den Ausbau von Ökostrom ist, wenn man gegen Energieeffizienz­maßnahmen und dadurch auch gegen die Energiewende insgesamt ist, dann soll man es bitte einfach klar sagen.

Aber genug der Einleitung, kommen wir zu den Fakten, nur ganz allgemein. Die Steige­rung der Energieeffizienz ist wohl unbestritten eine der wichtigsten Herausforderungen, die wir für eine zukünftige und nachhaltige Energieversorgung haben, und damit auch für eine erfolgreiche Energiewende, die wir, glaube ich, alle wollen, und über die du gesagt hast, dass das für dich ein wichtiger Punkt ist. Ohne Energieeffizienz wird das wohl schwer möglich sein.

Mit diesem Energieeffizienzgesetz setzt Österreich die entsprechenden EU-Vorgaben beziehungsweise EU-Richtlinien um, auch um beispielsweise Strafzahlungen zu vermeiden. Es gibt dazu Fristen, die man einhalten muss. (Zwischenruf der Bundes­rätin Michalke.) Mit diesem Gesetz wird Österreich diesen Anforderungen gerecht. Man berücksichtigt auch die Kritik der Wirtschaft, die Kritik der Energieversorger. Da wurde, wie gesagt, auch einiges im Begutachtungsverfahren geändert.

Die Energieeffizienz ist eine der kostengünstigsten Optionen, die wir für Treibhaus­gasminimierungen und andere Dinge haben. Wenn wir da nichts tun, dann lassen wir Chancen liegen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wir werden mit diesem Gesetz auch die Abhängigkeit von Energieimporten deutlich reduzieren. Auch das ist ein wichtiges Ziel, das wir durch dieses Gesetz erreichen wollen. Diese vermiedenen Importkosten können wir für Investitionen nutzen, die der Volkswirtschaft zugutekommen, für lokale Wertschöpfung, um Arbeitsplätze zu schaffen. Gerade in der jetzigen Zeit mit der Russland-Ukraine-Krise müssen wir diese Abhängigkeit von den Energieimporten dringend reduzieren.

Im Energieeffizienzgesetz – und auch das hat nicht ganz gestimmt – werden nicht nur Maßnahmenverpflichtungen dargestellt, sondern es ist ein Bündel von Maßnahmen, die hier greifen, um die Energieeffizienz eben zu steigern. Dazu gehören auch strategische Maßnahmen, die im Gesetz vorgesehen sind.

Es sind Maßnahmenverpflichtungen für die Energielieferanten dabei, das stimmt. Aber auch da wurden Erleichterungen für die Energieversorger – darauf komme ich noch – in einem Punkt geschaffen. Es sind auch Energiemanagementsysteme und Ener­gieaudits vorgesehen. Also ein Bündel von Maßnahmen, die in diesem Energieef­fizienzgesetz vorkommen.

Es steht immer wieder die Behauptung im Raum, dass die Energieversorger künftig gezwungen werden, weniger Energie zu verkaufen. Das ist natürlich eine totale Fehl­einschätzung. Vielmehr sind sie als kundennaher Dienstleister angehalten, Aktionen zu setzen, die sie – weil du die Illwerke VKW genannt hast – zum Teil schon machen.

Diese Maßnahmen aus der Vergangenheit werden zu einem großen Teil auch ange­rechnet. Also ich weiß nicht, ob du in den letzten Tagen mit Vertretern der Illwerke VKW gesprochen hast, ich schon. Vor zwei Monaten waren sie mit diesem Gesetz natürlich nicht zufrieden, aber jetzt hat sich da so vieles geändert, es sind viele Änderungen erfolgt. Diese Servicedienstleistungen, die die Energieversorger aufgebaut haben, das alles fließt in dieses Energieeffizienzgesetz auch ein.

Ein wichtiger Punkt, eine zentrale Verbesserung für die Energieversorger ist die schuld­befreiende Ausgleichszahlung. Das ist keine Strafzahlung, sondern schuld­befreiend. Und diese Mittel von den Ausgleichszahlungen werden dann wieder zweckgebunden für Energieeffizienzmaßnahmen eingesetzt. Ich gehe jetzt nicht mehr darauf ein, aber es gibt Hunderte Argumente, die deinem Antrag widersprechen.


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Ich möchte – und das ist mir wichtig – zum Abschluss auf das Thema Kompetenz­deckungsklausel eingehen. Das ist natürlich eine eher heiklere Frage. Es ist auch nicht unbedingt ein Feiertag, wenn der Bund Kompetenzen an sich zieht, die er nicht unbe­dingt braucht, überhaupt keine Frage.

Ich möchte auch im Namen unserer Fraktion klar festhalten, dass solche dynamischen Kompetenzdeckungsklauseln nicht erwünscht sind. Das soll jetzt hier nicht zur Dauereinrichtung werden. Mit diesem Thema wird sich deshalb auch die nächste Landeshauptleutekonferenz befassen.

Dieser Punkt gibt uns wieder einmal die Möglichkeit, über die Kompetenzen des Bun­des­rates zu reden, und ich möchte das auch zum Anlass nehmen, eine Forderung von uns zu wiederholen: Wenn wir hier zum Beispiel ein Teileinspruchsrecht oder ein Teilzustimmungsrecht hätten, könnte man heute anders agieren. Also diese Forderung des Teileinspruchsrechtes, des Teilzustimmungsrechtes ist unbedingt aktuell und sollte in einer Bundesratsreform auch wieder diskutiert werden. Das zeigt uns auch dieses Gesetz heute.

Klar ist für uns aber auch – und das ist auch in den Stellungnahmen der Länder, insbe­sondere in der Tiroler Stellungnahme klar ausgedrückt worden –, dass grundlegende Änderungen dieses Gesetzes, also systematische Änderungen, aber auch inhaltliche Änderungen, die über den jetzt vorgegebenen Rahmen hinausgehen, jedenfalls zu einer neuen Absicherung durch eine auch neu zu beschließende Kompetenzdeckungs­klausel führen. Das ist in der verfassungsrechtlichen Judikatur und auch in der Literatur begründet.

Aber man muss auch bei dieser Kompetenzdeckungsklausel die Kirche im Dorf lassen. Es wurde nämlich in den Erläuterungen klargestellt, dass nicht in einem unzu­reichen­den Maße in Länderkompetenzen eingegriffen wird, und es kann kein Eingriff in Kom­petenztatbestände erfolgen. Das ist eigentlich auch die Antwort auf die Frage, die du hier am Schluss gestellt hast:

Es kann kein Eingriff in Kompetenztatbestände erfolgen, die von diesem Gesetz nicht direkt berührt sind. In die Bereiche Raumordnung und Bauwesen wird also nicht eingegriffen. Das ist klargestellt und ist auch in den Erläuterungen dezidiert erwähnt. Aber auch da sind die Erläuterungen in den letzten zwei Monaten entstanden und das hätte man vielleicht auch in deinem Antrag, liebe Kollegin Michalke, berücksichtigen müssen.

Zusammengefasst ist dieses Gesetz aus meiner Sicht ein sehr guter Kompromiss, der auch eine richtungsweisende Systemänderung mit sich bringt. Die Energieeffizienz ist das wichtigste Kraftwerk, das wir in der Zukunft haben. Wir brauchen dringend eine signifikante Steigerung in diesem Bereich, um die Energiewende zu schaffen, und das natürlich gemeinsam mit Maßnahmen zum Ausbau der erneuerbaren Energien. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.29


Präsidentin Ana Blatnik: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Taucher. Ich erteile es ihm.

 


18.30.18

Bundesrat Mag. Josef Taucher (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Umweltminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mein Vorredner hat gesagt: Energieeffizienz ist das Kraftwerk der Zukunft. Ich glaube, wir sollten alle im Sinne der Energiesuffizienz ein bisschen bescheidener leben und vielleicht zu Hause die auf Standby geschalteten Geräte ganz ausschalten.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 172

Auch das ist ein Kraftwerk der Zukunft, denn wir in Wien verbrauchen ein Donau­kraftwerk nur für den Standby-Betrieb von Geräten. Auch da sollten wir eine Initiative starten. Die Industrie muss dazu angehalten werden, die Geräte so zu produzieren, dass man sie ausschalten kann und nicht, dass man sich eine Steckerleiste kaufen muss, damit man den Fernseher vom Strom nimmt. Also auch das wäre vielleicht eine wichtige Ergänzung, und man könnte viel Energie dort einsparen.

Aber ich möchte auf das Energieeffizienzgesetz zu sprechen kommen. Intensive Ver­handlungen und, ich glaube, ein großer Mut zur Einigung haben dieses Gesetz und den Schritt, dieses Gesetz zu formulieren, geprägt. Die Regierungsparteien haben mit der Opposition verhandelt, und die Grünen sind auch mitgegangen.

Ich glaube, das war aufgrund der unterschiedlichen Werte und Zugänge für alle nicht leicht; aber ich glaube, alle drei Parteien sind ein Stück über die Linie gegangen, sodass etwas Gescheites herauskommt, das wir heute hier diskutieren.

Ich denke, dies ist auch nicht abseits der EU zu diskutieren. Die EU hat uns ja auch Ziele vorgegeben, nämlich die sogenannten 20-20-20-Ziele, also 20 Prozent weniger CO2-Ausstoß, 20 Prozent mehr Energieeffizienz und 20 Prozent erneuerbare Energie. Wir haben seit vielen Jahren Förderprogramme in diesem Bereich,

Vom Ministerium gefördert wird beispielsweise der ÖkoBusinessPlan. Da geht es darum, dass Umwelt und Wirtschaft zusammengehen sollen und wir österreichweit Beratungsprogramme für die Betriebe haben. Aber es ist zu wenig gewesen. Diese Anreizsysteme, diese Förderprogramme waren noch immer zu wenig für diese Ziele, die wir erreichen müssen; nämlich unsere Umwelt zu erhalten, um gesunde Luft atmen zu können, um unsere Kinder großziehen zu können, um in einer gesunden Umgebung Freizeit verbringen und arbeiten zu können.

Wenn wir diese Ziele erreichen wollen, müssen wir mehr tun. Deswegen begrüße ich es auch, denn ich glaube, als Politiker und auch als Regierung muss man manchmal ordnungspolitische Maßnahmen treffen, das heißt, Verpflichtungen schaffen. Und wenn es mit dem guten Zureden nicht geht, was zieht im Kapitalismus besser als eine Geldstrafe? (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.) – Also ja, jetzt kommen gerade Sie als Unterstützung für meine Rede. Das freut mich.

Deswegen glaube ich an die Sinnhaftigkeit dieser ordnungspolitischen Maßnahme, bei der große Energieproduzenten und Energielieferanten herangezogen werden, wenn sie da nicht mittun. Sie sollten in die Pflicht genommen werden, Ersatzzahlungen zu leisten, und diese Gelder sollen wieder für Förderprogramme und andere Energie­effizienzprogramme verwendet werden.

Was aber mich als Sozialdemokraten besonders an diesem Gesetz freut, ist, dass auch auf soziale Aspekte Rücksicht genommen wurde. Ich habe mir die National­ratssitzung, bei der dieses Gesetz diskutiert wurde, angehört. Ich bin wirklich verwun­dert gewesen, dass ich in einem Gesetz den Begriff „Energiearmut“ finde, dass das mitdiskutiert wird, dass das ein Thema ist.

Da geht es um diese über 200 000 Menschen, die so von Armut betroffen sind, dass sie ihre Energierechnungen nicht mehr zahlen können, dass sie entscheiden müssen, ob sie heizen oder essen, dass sie in feuchten, schimmligen Wohnungen leben müs­sen, dass sie bedroht sind von der Energieabschaltung oder schon abgeschaltet sind und hohe Schulden, auch Energieschulden haben und sich das nicht mehr leisten können und auch nicht mehr wissen, wie sie da herauskommen. Dass das im Macht­zentrum der Politik, im Parlament angekommen ist, ist gut. Ich glaube, auch das müssen wir bei diesem Thema mitbedenken.


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Dieses Gesetz nimmt Rücksicht darauf, dass große Energielieferanten jetzt verpflichtet werden, Ombudsstellen einzurichten, wo es um Energieberatung geht, wo es um Effizienz, Suffizienz und Dämmgeschichten, um Fragen geht wie: Wie heize ich rich­tig?, Wie lüfte ich richtig?.

Heute müssen wir den Leuten – vielleicht am Land nicht so, aber in der Stadt zum Teil sehr wohl – beibringen, wie man richtig kocht: dass man auf einen Topf einen Deckel drauf tut und dadurch Geld spart, dass man den Kühlschrank einmal im Jahr vorzieht und hinten das Gitter putzt.

All das sind Energiesparmaßnahmen, die man die Menschen lehren und ihnen nahe­bringen muss; und das können diese Ombudsstellen sehr gut vermitteln. Zum Teil ist es ja in Wien im Wien Energie-Haus passiert. Ich kann nur als Wiener Mandatar sprechen. Vielleicht gibt es das auch in Niederösterreich. In Vorarlberg gibt es Energie­checks, dabei werden die Leute beraten.

Da gibt es also vielfältige Maßnahmen. Da wurde schon versucht, über Bewusstseins­bildung und über Informationstransfer zu den Menschen, etwas zu tun. Wenn dieses Gesetz das jetzt noch unterstützt, ist es superbegrüßenswert.

Ich möchte auf zwei kleine Maßnahmen hinweisen, die wir in Wien auch machen. Da wären einerseits die „Energiepartner von nebenan“, wo wir Umwelt und Soziales sehr stark verbinden, wo wir in den Wohnungsbereich gehen, in den Wiener Gemeindebau, wo wir Mieterbeiräte beziehungsweise Mieter jetzt schon seit drei Jahren als Energie­berater ausbilden, damit sie in der Nachbarschaft sozusagen vom Gleichen zum Gleichen Energieberatung machen.

Denn wir haben gesehen: Energieberatung ist etwas sehr, sehr Persönliches. Es hat einen großen Auftrag gegeben – ich glaube, der war vom Sozialministerium –, nämlich an eine Firma. Dabei ging es um Energieberatung in armutsgefährdeten Haushalten. Die haben den Auftrag zurückgegeben, weil die Menschen sie in ihre Privatsphäre, in die Wohnung nicht hineingelassen haben. Deswegen muss man sehr stark in der Nachbarschaft ansetzen, und mit solchen Peer-to-Peer-Modellen schafft man es eben eher, in die Wohnungen zu kommen, bei den Leuten Vertrauen zu gewinnen und die Leute zu schulen.

Ein zweites Projekt, das bei der Jugend ansetzt und sehr, sehr toll ist, bei dem sehr viele Lehrlinge mitmachen – ich glaube, auch Rewe macht jetzt mit seinen Lehrlingen mit –, ist der Energieführerschein. Dabei werden junge Leute ausgebildet, nämlich in Energiesparmaßnahmen, Energieeffizienzmaßnahmen im Haushalt, aber auch für den Arbeitsplatz, wo man kleine Maßnahmen treffen kann, um einiges zu sparen.

Dieser von der Wiener Umweltschutzabteilung beziehungsweise Energieplanungs­abtei­lung geplante Lehrgang und dieses Zertifikat trägt bei der nächsten Generation schon sehr viel dazu bei, dass ein ganz anderer Umgang und ein Bewusstsein für dieses kostbare Gut Energie geschaffen wird.

Ich komme zum Schluss. Ich denke, dieses Energieeffizienzgesetz ist ein wichtiger weiterer Baustein auf dem Weg zu einer nachhaltigen Zukunft, zu einer Lebensqualität für diese Generation und für die folgenden Generationen, denn denen soll es auch einmal so gut gehen wie uns. Viele Dinge, die wir heute verbrauchen, haben mit Wohl­stand nichts mehr zu tun, sondern das ist Unachtsamkeit. Die können wir weglassen und effizienter werden.

Deswegen möchte ich – weil mein Abschluss so in die Zukunft gerichtet ist, für unsere Kinder und Kindeskinder – mit einem Zitat von Willy Brandt enden: „Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist, sie heute zu gestalten.“ Und mit diesem Gesetz hat die


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Bundesregierung gemeinsam mit den Grünen das gemacht. Wir werden diese Geset­zesvorlage unterstützen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.38


Präsidentin Ana Blatnik: Als Nächste hat sich Frau Bundesrätin Dr. Reiter zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr dieses.

 


18.39.01

Bundesrätin Dr. Heidelinde Reiter (Grüne, Salzburg): Frau Präsidentin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Ich werde Ihre Energie nicht überstrapazieren. Wir stimmen diesem Gesetz gerne zu, weil wichtige und langjährige grüne Forderungen Eingang in diese Bestimmungen gefunden haben und weil damit die Weichen für die so notwendige Energieeffizienz gestellt sind.

Nur wenn ich daran denke, dass bereits 1995 Ernst Ulrich von Weizsäcker und andere in ihrer Schrift „Faktor Vier“ an den Club of Rome nachgewiesen haben, dass selbst bei einer Reduktion des Ressourcenverbrauches um den Faktor 2 der Wohlstand verdop­pelt werden kann.

Das heißt, es geht hier eben nicht darum, die Wirtschaft zu schädigen, zu bremsen, sondern im Gegenteil, es geht darum, die Wirtschaft auszubauen, Arbeitsplätze zu schaffen und das Ganze in eine andere Richtung zu bringen.

Diese Arbeiten wurden noch ausgeweitet und auch in vielerlei Hinsicht vom Wuppertal Institut verbessert. Da gibt es den Faktor 10, 2010 die Schriften Faktor 5. Aber die praktische Umsetzung all dieser theoretischen Untersuchungen ist ausgeblieben. Das Wirtschaftswachstum blieb an den steigenden Energieverbrauch gekoppelt. Da gilt es sozusagen umzusteuern und umzudrehen.

Es waren ja selbst marginale Korrekturen in diesem Bereich immer wieder unmöglich. In Salzburg zum Beispiel haben wir Grüne immer wieder versucht, den Landes­energie­versorger einerseits zu Sparzielen zu verpflichten, andererseits auch nur kleine Anreiz­systeme für die Kundschaft zu schaffen; zum Beispiel Freistromtage für Kunden, die ihren Energieverbrauch konstant halten und ähnliches. Das ist alles nicht gelungen.

Aber jetzt wird es bis 2020 tatsächliche Einsparungen geben, nicht nur eine Stabili­sierung. Einsparungen in einer Größenordnung, die es auch notwendig macht, im Verkehrssektor etwas zu tun, der in Österreich einfach der wichtigste Klimatreiber und sozusagen der größte Verhinderer für das Erreichen der Klimaziele ist.

Ölheizungen sind nicht mehr anrechenbar ab 2018. Hier läuft tatsächlich eine fossile Ära aus. Ja, auch erneuerbare KWK-Anlagen können jetzt gefördert werden, nicht nur fossile. Es gibt kein Freikaufen der verpflichteten Energielieferanten mehr, und höchs­tens ein Drittel der Verpflichtungen können über Ausgleichszahlungen abge­golten werden, die aber wieder zu 34 Prozent Energieeffizienzmaßnahmen im Bereich erneuerbare Energien zugutekommen.

Und: Umwelt- und Wirtschaftsminister werden ein gemeinsames Energieeffizienz-Förderprogramm auflegen, das hoffentlich ein gutes und unbürokratisches und gut zu handhabendes sein wird. Das werden wir aber auch wissen und prüfen können.

Es wird einen jährlichen Bericht über die Wirksamkeit des Gesetzes auf alle drei Klima- und Energieziele geben. Bei drohender Zielverfehlung müssen dann Maßnahmen, Vorschläge zur Korrektur gemacht werden.

Es wird eine Nationale Energieeffizienz-Monitoringstelle geben und eingerichtet werden.

Wir hoffen, dass sich unsere Erwartungen erfüllen.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 175

Weil hier erwähnt worden ist, das Energieeffizienzkraftwerk sei das billigste: Schon vor über 20 Jahren, im Zuge der Diskussion um die Salzachkraftwerke haben wir eine entsprechende Untersuchung in Auftrag gegeben, mit der wirklich monetär nachge­wiesen wurde, dass das eingesparte Kilowatt wesentlich billiger ist als das in einem Salzachkraftwerk produzierte Kilowatt.

Gut Ding braucht offensichtlich Weile. Aber wir stimmen heute gerne zu. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)

18.43


Präsidentin Ana Blatnik: Als Nächster hat sich Herr Bundesrat Perhab zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses.

 


18.43.38

Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! 20-20-20, die EU-Ziele sind vorgegeben, das ist Fakt.

20 Prozent erneuerbare Energie, 20 Prozent CO2-Einsparung, 20 Prozent Energieeffi­zienz, das sind 1,5 Prozent der Gesamtenergieleistung, das sind 5 Petajoule. Das sind ungefähr 14 Donaukraftwerke.

Also so gering, wie Sie, Frau Kollegin Reiter, sagen, ist dieses Einsparungspotenzial nicht. Das muss man erst in der Wirtschaft irgendwo organisieren beziehungsweise umsetzen.

Ich bin nicht ganz so optimistisch wie Sie. Wenn ich mir die Geschichte unseres Energieeffizienzgesetzes anschaue, so erinnere ich mich, im Oktober vor der Nationalratswahl im letzten Jahr waren wir auch so weit. Dann ist das gescheitert, weil die Grünen abgesprungen sind und wir diese Zweidrittelmehrheit benötigt haben.

Nun sind die Grünen im Boot und aus Sicht der Wirtschaft ein paar sehr schwer verschmerzbare Dinge enthalten, das ist ja ganz klar. Dass wir hier einen natürlichen Interessenkonflikt in gewissen Fragen haben, ist für mich systemimmanent.

In unserer Erstbegutachtung in der Wirtschaftskammer haben wir uns über diesen Gesetzentwurf nicht positiv geäußert, das muss man hinzufügen. Später, durch Verhandlungen, konnte dem freiheitlichen Abgeordneten Themessl im Nationalrat widersprochen werden, denn er hat als Argumente immer angeführt, die ÖVP habe ihre Wirtschaftskompetenz abgegeben, der Wirtschaftsbund sei abgetreten in der ÖVP, wir belasten die Wirtschaft und so weiter.

Genau das Gegenteil haben wir erreicht, wir haben durch zähe Verhandlungen und gute Argumente erreicht, dass Betriebe unter 250 Mitarbeitern aus diesem Audit­verfahren herausgenommen werden, dass wir bei unter 25 GWh die Energielieferanten herausbekommen haben und so weiter, und dass wir doch einige bürokratische Hürden verhindert und Erleichterungen zumindest für die kleineren Betriebe durch­gesetzt haben.

Für mich noch nicht ganz nachvollziehbar ist die Umsetzung beispielsweise für den Energielieferanten: Wenn ich 5 000 Kunden habe, muss ich alle 5 000 Kunden dazu bewegen, dass sie mit mir gemeinsam als Energielieferant 1,5 Prozent bis 2020 einsparen.

Das klingt hervorragend, wird aber in der Praxis alles andere als leicht sein. Denn letzten Endes kann ich dem Konsumenten nicht vorschreiben, wie viel Energie er verbraucht. Ich kann nur argumentieren, dass er sich entweder etwas erspart oder dass er sich vielleicht technisch so ausrüstet, dass das automatisch geht.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 176

Es steht in Zukunft der Einsatz der Smart Meter bevor, das wird auch eine zusätzliche Belastung werden, die nicht nur die Energielieferanten treffen wird, sondern auch den Konsumenten, denn niemand kann diese Smart Meter allein den Produzenten finanziell aufhalsen. Das ist schon einmal ganz klar.

Weil wir gerade von den Anreizsystemen gesprochen haben, wir haben vor 14 Tagen eine CDU/CSU-Delegation im ÖVP-Klub gehabt, und wir haben uns sehr eingehend mit einem bayerischen Abgeordneten darüber unterhalten.

Sie sind so weit, dass sie mit dem Anreizsystem auch nicht mehr durchkommen. Das ist klar. Sie überlegen ebenfalls legistische Maßnahmen, um dieses Energieziel, 20-20-20 zu erreichen.

Außerdem braucht man für Anreizsysteme irgendwoher Geld. Wir haben ja sowieso nicht zu viel Geld, also braucht man einen Fonds oder sonst etwas, womit wir diese Anreize auch in Zukunft finanzieren können.

Nicht möglich wäre es uns gewesen, einer Strafzahlung zuzustimmen. Eine Straf­zahlung für ein Unternehmen, das Energie produziert und diese Ziele nicht erreicht, wäre für die Wirtschaftskammer und für die Wirtschaftsinteressenvertretung in unserer Partei nicht möglich gewesen. Der Kompromiss ist die Ausgleichszahlung, die zweck­gewidmet in diesen Topf geht, um weitere Effizienzmaßnahmen zu finanzieren.

Ich denke, es ist summa summarum ein guter Kompromiss, mit dem beide Seiten leben können. Ich hoffe, die österreichischen Konsumenten ziehen auch mit. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

18.48


Präsidentin Ana Blatnik: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Rupprechter. Ich erteile ihm dieses.

 


18.48.26

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Lassen Sie mich in aller Kürze zum vorliegenden Energieeffizienzpaket Stellung nehmen.

Dieses Paket, das vom Nationalrat verabschiedet wurde, stellt einen wirklich wichtigen Beitrag und wichtigen Schritt zur Erreichung der 20:20:20-Ziele des Europäischen Rates dar.

Mit der Einsparung von Energie werden Energie- und Kosteneinsparungspotentiale immerhin in einem Volumen von 2,3 Milliarden € pro Jahr für die Endverbraucher ausgenützt und gleichzeitig die Umwelt aufgrund der Reduktion von Treibhausgasen geschont.

Gerade die aktuelle Situation in der Ukraine und in Russland zeigt, wie abhängig wir in Europa und auch in Österreich nach wie vor von fossilen Rohstoffen und Energie­trägern sind und wie wichtig es ist, dass wir uns mehr und mehr unabhängig davon machen und die Energiewende auf die erneuerbaren nachwachsenden Rohstoffe und Energieträger ausrichten.

Österreich will mit einem Mix aus Lieferantenverpflichtung und strategischen Energie­effizienzmaßnahmen das Energieeffizienzziel von 1 050 Petajoule, das sind fast 300 000 Gigawattstunden, im Jahr 2020 erreichen.

Damit werden wir auch wieder zu Vorreitern auf europäischer Ebene.

Energielieferanten mit über 25 Gigawattstunden werden zu Energieeffizienzmaßnah­men verpflichtet. Maßnahmen mit geringer Energieeffizienz, wie zum Beispiel der Einbau von Ölheizungen oder der Tausch von Ölheizungen, werden explizit ausge-


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schlos­sen. Und es war wichtig, Ersatzzahlungen vorzusehen für den Fall, dass Energielieferanten die Verpflichtungen nicht erfüllen.

Insgesamt ist damit ein sehr umfassendes, rundes Programm von Energieeffizienz­maßnahmen vorgesehen.

Die Einhaltung der Verpflichtungen wird, wie schon angesprochen, von der Nationalen Energieeffizienz-Monitoringstelle überprüft. Darüber hinaus werden Unternehmen mit über 250 Mitarbeitern und 50 Millionen € Umsatz zur Implementierung eines Energie­managementsystems beziehungsweise alternativ dazu zu einem Energieaudit alle vier Jahre verpflichtet.

Der Bund verpflichtet sich zur Sanierung von 3 Prozent aller Gebäudeflächen und führt damit eine Endenergiesteigerung bis 2020 von immerhin fast 50 Gigawattstunden durch. Die Gebäudeflächen der Bundesimmobiliengesellschaft müssen im Ausmaß von 125 Gigawattstunden saniert werden.

Das Paket umfasst weiters ein Fördergesetz für Energieeffizienzmaßnahmen, den Ausbau des Fernwärme- und auch des Fernkältenetzes und die Verlängerung der Förderung für Kraft-Wärme-Kopplungen; also ein insgesamt wirklich rundes Paket.

Der vernünftige Umgang mit Ressourcen und die Reduktion der weiteren Erderwär­mung ist ein globales Anliegen, ist ein Anliegen auch der Schöpfung und ist ein Anliegen im Sinne unserer Kinder und muss daher auch im Interesse aller Wirtschafts­beteiligten, aller Stakeholder sein.

Als Umweltminister bin ich froh darüber, dass es gelungen ist, in Österreich einen nationalen Schulterschluss mit der Wirtschaft und den Energieunternehmen in dieser wirklich ausgewogenen Programmatik zu erreichen und ein ausgewogenes, rundes Paket zu schnüren und damit sowohl aus umwelt- als auch aus energie-, aus sozial- und aus wirtschaftspolitischer Sicht einen wichtigen Meilenstein zu beschließen, denn die grüne Kraft des Umweltsektors wird der Motor für Beschäftigung und Wachstum in Zukunft sein.

Zur angesprochenen Frage der Kompetenzdeckelungsklausel muss ich dahingehend nur klarstellen, sehr geehrte Frau Abgeordnete, dass es hier gleichlautende Bestim­mungen etwa bei der Erdölbevorratung, beim Akkreditierungsgesetz oder auch beim Agrarmarkt Austria-Gesetz gibt. Weitergehende Beeinträchtigungen der Länderkompe­tenz sind selbstverständlich nicht vorgesehen. Ich darf hier ganz deutlich auf die diesbezüglichen Erläuterungen zum § 1 des Energieeffizienzgesetzes hinweisen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

18.53

18.53.20

 


Präsidentin Ana Blatnik: Danke, Herr Minister.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Der gegenständliche Beschluss bedarf nach Art. 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz der Zustimmung des Bundesrates bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder des Bundesrates und einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abge­gebenen Stimmen.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates fest.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 178

Es liegt ein Antrag der Bundesrätin Michalke, Kolleginnen und Kollegen vor, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates mit der beigegebenen Begründung Einspruch zu erheben.

Es ist hierzu eine namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von fünf Bundesräten gestellt wurde, ist gemäß § 54 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Im Sinne des § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung erfolgt die Stimmenabgabe nach Aufruf durch die Schriftführung in alphabetischer Reihenfolge mündlich mit „Ja“ – Einspruch, oder „Nein“ – kein Einspruch. Ich bitte um deutliche Wortmeldung.

Ich ersuche nunmehr die Schriftführung um den Aufruf der Bundesrätinnen und Bundesräte in alphabetischer Reihenfolge.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Junker geben die Bundesrätinnen und Bundesräte ihr Stimmverhalten mündlich bekannt.)

*****

 


Präsidentin Ana Blatnik: Ich mache von meinem Stimmrecht Gebrauch und stimme mit „Nein“.

Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich unterbreche zur Auszählung der Stimmen kurz die Sitzung.

*****

(Die Stimmenzählung wird vorgenommen. – Die Sitzung wird um 18.57 Uhr unter­brochen und um 18.59 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsidentin Ana Blatnik: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Demnach entfallen auf den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates vom 9. Juli 2014 betreffend ein Energieeffizienzpaket des Bundes mit der beigegebenen Begründung Einspruch zu erheben, bei 54 abgegebenen Stimmen 10 „Ja“-Stimmen und 44 „Nein“-Stimmen.

Der Antrag auf Erhebung eines Einspruches ist somit abgelehnt.

Mit „Ja“ stimmten die Bundesrätinnen und Bundesräte:

Brückl;

Dörfler;

Herbert Werner;

Jenewein;

Krusche;


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 179

Michalke, Mühlwerth;

Pisec;

Schmittner;

Zelina.

Mit „Nein“ stimmten die Bundesrätinnen und Bundesräte:

Beer, Bierbauer-Hartinger, Bock, Brunner;

Ebner Adelheid, Ebner Bernhard;

Fetik, Füller, Fürlinger;

Gödl, Grimling;

Jachs, Junker;

Kneifel, Köberl Günther, Köberl Johanna, Köck, Kurz;

Lampel, Ledl-Rossmann, Lindinger;

Novak;

Perhab, Pfister, Poglitsch, Posch-Gruska, Preineder, Pum;

Reich, Reisinger, Reiter;

Saller, Schennach, Schödinger, Schreuder, Stadler, Stöckl;

Taucher, Temmel, Tiefnig, Todt;

Wilhelm, Winkler;

Zwazl.

*****

 


Präsidentin Ana Blatnik: Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Ausschuss­antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag die Zustimmung erteilen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Nunmehr lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss gemäß Artikel 44 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag die Zustimmung erteilen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit.

Der Antrag ist somit unter Berücksichtigung der besonderen Beschlusserfordernisse angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 180

19.01.2413. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz über die Sanierung des Parlamentsgebäudes (Parlamentsgebäudesanierungsgesetz, PGSG) (491/A und 206 d.B. sowie 9223/BR d.B.)

 


Präsidentin Ana Blatnik: Wir gelangen nun zum 13. Tagesordnungspunkt.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Junker. Ich bitte um den Bericht.

 


19.01.40

Berichterstatterin Anneliese Junker: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich berichte aus dem Wirtschafts­ausschuss.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor, ich komme daher sogleich zur Antragstellung:

Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Juli 2014 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsidentin Ana Blatnik: Danke, Frau Bundesrätin, für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Preineder. – Bitte.

 


19.02.15

Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Ich darf zu einem Gesetz Stellung nehmen, das schon sehr lange in Arbeit ist. Jetzt ist es zu einem guten Abschluss gekommen. In Anbetracht der vorgeschrittenen Zeit und dem Zustand des Hauses entsprechend, fasse ich mich kurz. (Heiterkeit im Sitzungssaal.)

Es ist ein gutes Signal, dass es hier eine einhellige Zustimmung gibt, weil es ein guter Vorschlag ist, nämlich einer nachhaltigen Sanierung dieses Hauses näherzutreten. Nachhaltig heißt, dass die Mängel behoben werden, und zwar in bautechnischer, aber auch in sicherheitstechnischer Hinsicht, aber es wird auch die Nutzung verbessert, der Zeit angepasst, Räume wie etwa das Erdgeschoß, die als Lagerräume genutzt werden, sollen sinnvoller genutzt werden. Ich glaube, das ist in unser aller Sinn, damit wir ein modernes, gutes Gebäude haben. Es ist auch klar, dass für die Bedeckung der Kosten vorgesorgt ist: 352 Millionen € sind für die Sanierung vorgesehen und 51 Millionen € für die Übersiedlung.

Damit darf ich auch schon zu unseren Dankesworten kommen, meinen und jenen, die mir Kollege Reinhard Todt mitgegeben hat, der auf seine Wortmeldung verzichtet: Wir möchten uns gemeinsam bei der Frau Präsidentin Prammer und bei ihren Mitarbeitern dafür bedanken, dass sie diesen Prozess so gut organisiert haben. Wir bedanken uns auch bei unserem Kollegen Gottfried Kneifel, der die Interessen des Bundesrates im Baukomitee wahrgenommen hat.

Diese Sanierung sollte aber auch, glaube ich, ein Zeichen der Stärkung des Parla­mentarismus sein, einer Stärkung, bei der auch der Bundesrat einen festen Platz hat. Das ist das Haus der Demokratie. Das ist ein Haus, das eine lange und gute Ge­schichte hat und auch eine lange und gute Zukunft haben wird. – Danke schön und alles Gute! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

19.04


Präsidentin Ana Blatnik|: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Pisec. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 181

19.04.35

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Also wenn die Hitze, nicht nur die klimatische, sondern auch die der Debattenbeiträge zunimmt, dann wandere ich manchmal in den historischen Sitzungssaal, das kühlt ab. Da kann man die Aura der Antike, die Aura der Neo-Renaissance, den Historismus Wiens, die imperiale Kultur richtig inhalieren, richtig genießen. Das schafft neue Frische, neue Energie. Das kann ich jedem empfehlen. (Bundesrätin Zwazl: Harmonie!) – Harmonie auf jeden Fall, Einheit und Kreativität auf jeden Fall, das könnte man als Unternehmer nur begrüßen.

Wir sind hier im Vestibül des ehemaligen Herrenhauses. Der Bundesrat ist ja im weitesten Sinn die Nachfolge des Herrenhauses der Habsburger-Monarchie. Drüben ist der historische Sitzungssaal, dort war das Abgeordnetenhaus, und der Saal ist im römischen Stil. Das Herrenhaus wurde im Zweiten Weltkrieg zerbombt, es war im griechischen Stil. Die griechische Mythologie, die griechischen Allegorien sieht man überall, an jeder Ecke in diesem wunderschönen Haus, das dem Parthenon in Athen nachempfunden ist und von Theophil Hansen geplant wurde.

Ich habe mir erlaubt, den Gesetzestext zu genau zu lesen. Das war vielleicht etwas naiv. Da steht: die Wiedererrichtung und die Behebung aller Schäden und Mängel. Ich lese das so, dass auch die Schäden des Zweiten Weltkrieges behoben werden sollten. Es wäre doch eine Idee, dass man die gesamten Kosten eines Architekten, die ja eh nur Millionen Euro verursachen, spart – Österreich hat sowieso wenig Geld, wie wir alle heute zur Genüge gehört haben – und einfach die alten Pläne auspackt und einfach diesen alten wunderschönen Saal wiedererrichtet, denn der dänische Architekt Theophil Hansen hat sich bei diesem Gebäude etwas gedacht, als er die beiden Häuser so geplant hat, dass in der Mitte, im Portikus, die 24 korinthischen Säulen so platziert sind, dass sich eben beide Häuser treffen. Es wäre eine Überlegung wert, dies in einer Restauration wieder zu errichten, genauso wie das beschädigte Fries in der wunderschönen Säulenhalle. Hier fehlt die gesamte Darstellung im Mittelbau der antiken Säulenhalle.

Darüber wäre nachzudenken, denn das, was Wien, was Österreich ausmacht, ist die Kultur der k.u.k. Monarchie, von der wir alle leben, vor allem der Tourismus. – Danke. (Beifall bei FPÖ, SPÖ und ÖVP.)

19.07


Präsidentin Ana Blatnik: Danke, Herr Bundesrat Pisec.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

19.07.5414. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 geändert wird (464/A und 232 d.B. sowie 9215/BR d.B.)

 


Präsidentin Ana Blatnik: Wir gelangen nunmehr zum 14. Tagesordnungspunkt.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 182

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Köberl. Ich bitte um den Bericht.

 


19.08.12

Berichterstatterin Johanna Köberl: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kollegin­nen und Kollegen! Liebe Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gelegenheitsverkehrs-Ge­setz 1996 geändert wird.

Dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher sogleich zur Antragsstellung:

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Juli 2014 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsidentin Ana Blatnik: Danke, Frau Bundesrätin für den Bericht.

Bevor wir in die Debatte eingehen, möchte ich Frau Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures recht herzlich in unserer Mitte begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Beer. – Bitte.

 


19.09.23

Bundesrat Wolfgang Beer (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Rund 70 Prozent der Schülerbeförderung findet im Rahmen des Gelegenheitsverkehrs statt, also in Pkws und Kleinbussen. In Summe werden fast 2 Millionen Kilometer Woche für Woche zurückgelegt, um Schülerinnen und Schüler in ihre Schulen zu bringen. Nur 30 Prozent davon erfolgt in großen Bus­sen. Es ereignen sich Gott sei Dank nur 25 Unfälle im Jahr, obwohl das auch tragisch genug ist.

Mit dieser Novelle wollen wir in erster Linie die großen Kapazitätsprobleme im länd­lichen Bereich beseitigen. Bis dato gibt es das Problem, dass Schülerbeförderungen nicht im Rahmen des Taxigewerbes erbracht werden können. Besonders im ländlichen Raum kommt es daher immer wieder zu Kapazitätsproblemen.

Wurde der Schülertransport im Rahmen eines Beförderungsvertrages zwischen dem zuständigen Finanzamt und einem Taxi- oder Mietwagenunternehmen finanziert, konnte er nicht im Rahmen des Taxigewerbes erfolgen. Aus diesem Grund wird nun die Definition des Taxigewerbes im Gelegenheits-Verkehrsgesetz um die Durchführung von Schülertransporten aufgrund besonderer Aufträge erweitert.

Aber nicht nur Schülerinnen und Schüler sind von diesem Problem betroffen, sondern auch ältere und gebrechliche Menschen. Beförderungsleistungen für Untersuchungen im Krankenhaus auf Kosten der Krankenkasse – im ländlichen Bereich sind das nicht wenige Kilometer, weil die Versorgung durch die Spitäler nicht so sehr gegeben ist – können in Zukunft in bestimmten Fällen von einem Taxi durchgeführt werden.

Diese Novelle hat aber nicht nur eine Verbesserung der Beförderungsrichtlinien zum Gegenstand, sondern es soll damit auch die Sicherheit erhöht werden. Bis jetzt gilt für das Lenken von Kleinbussen und Personenkraftwagen bei Schülertransporten eine Promillegrenze von 0,5 Promille. In Zukunft wird diese Promillegrenze an das Niveau der Vorgabe für Buslenker angepasst, und dort gilt eine Grenze von 0,1 Promille.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 183

Die Novelle tritt vor dem 1. September in Kraft, also noch vor Schulbeginn. Ich glaube, dass wir dadurch auch eine Erhöhung der Sicherheit unserer Kinder erreichen. Daher bin ich eigentlich stolz, dass wir heute diese Novelle beschließen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.12


Präsidentin Ana Blatnik: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Schödinger. – Bitte.

 


19.12.40

Bundesrat Gerhard Schödinger (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mein Vorredner hat schon die rechtlichen Rahmenbestimmungen genau ausgeführt, wes­wegen ich mich nur mehr auf einige Zusatzpunkte konzentrieren will, die die Novel­lierung des Gelegenheits-Verkehrsgesetzes für mich ausmachen.

Das ist vor allem, dass wir heute die Möglichkeit schaffen, dass Taxis Schüler­trans­porte übernehmen. Das ist für die ländlichen Gebiete und für die strukturschwachen Gebiete, wo es nicht mehr so viele Schüler gibt, ein großer Vorteil, weil sonst irgend­wann zur Diskussion stehen würde, dass wir vielleicht noch mehr Schulen zusam­menlegen müssen und die Fahrtstrecken der einzelnen Schüler noch weiter wären. Dem haben wir damit einen Riegel vorgeschoben, das ist ganz im Interesse unseres Bundeslandes Niederösterreich, wo unser Landeshauptmann doch immer wieder gesagt hat, wir versuchen, die Schulen zu den Schülern zu bringen und nicht um­gekehrt. Das ist ein wichtiger Punkt, ein wichtiger Schritt in diese Richtung.

Das Zweite, was ich noch anmerken will, ist die Senkung der Alkoholgrenze auf 0,1 Promille. Das ist selbstredend und von unserer Seite sehr, sehr zu befürworten, weil es doch dabei um die Sicherheit unserer Kinder geht, und deswegen bedarf das auch nicht einer langen Diskussion.

Ich glaube, dass wir mit dieser Novelle dem ländlichen Raum wirklich eine Unterstüt­zung zukommen lassen, um die strukturschwachen Regionen zu stärken, um den Leuten und Eltern das Gefühl zu geben, dass wir in diesem Punkt wirklich für die Kinder, für die Eltern da sind und das Leben auf dem Land dementsprechend erhalten können. Ich danke für diesen Beschluss. Ich glaube, dass es ein einstimmiger Be­schluss ist. Unsere Fraktion wird dem auf jeden Fall zustimmen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

19.14


Präsidentin Ana Blatnik: Als Nächster zu Wort kommt Herr Bundesrat Herbert. – Bitte.

 


19.14.42

Bundesrat Werner Herbert (FPÖ, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Aufgrund dessen, dass das ohnedies eine Konsensmaterie ist, und angesichts der vorgeschrittenen Zeit und der gebotenen Zeitökonomie darf ich mich kurzhalten. Meine beiden Vorredner haben schon das Wesentliche erklärt und den inhaltlichen Teil abgesteckt. Das ist eine wichtige, eine sinnvolle und in ländlichen Bereichen notwendige Maßnahme. Mit der zusätzlichen Möglichkeit der Schülertransporte durch das Taxigewerbe einerseits, aber auch durch die Absenkung der Promillegrenze für die Lenker und Lenkerinnen von Schülertrans­porten andererseits haben wir eine sichere, gute und wichtige Maßnahme geschaffen, der wir gerne unsere Zustimmung geben werden.

Aus diesem Grunde werden wir uns dieser wichtigen und, wie ich meine, auch not­wendigen Bestimmung nicht verwehren. – Danke schön. (Beifall bei FPÖ, ÖVP und SPÖ.)

19.15



BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 184

Präsidentin Ana Blatnik: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schreuder. – Er ist nicht anwesend.

Als Nächste kommt Frau Bundesministerin Bures zu Wort. – Bitte.

 


19.15.47

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich auch kurzhalten und mich für die breite Zustimmung bedanken. Ich glaube, es ist eine ganz wichtige Maßnahme, die wir damit setzen, um unsere Kinder noch sicherer von zu Hause in die Schule zu bringen und dann auch wieder zurück.

Das hat sehr viel damit zu tun, dass natürlich irgendwie in den Köpfen verankert ist, dass, wenn man mit einem Schulbus in die Schule fährt, es sich um einen großen Autobus handelt. Dort haben wir all diese Regelungen, beispielsweise 0,1 Promille. Aber man muss wissen, dass 70 Prozent der Schülerinnen- und Schülertransporte in Kleinbussen oder in Pkws stattfinden. Daher ist es, um auch da die Sicherheit zu geben und dafür zu sorgen, dass es da strengere Regelungen gibt, gut, dass wir gemeinsam diese 0,1-Promille-Grenze beschließen können.

Ich bedanke mich für die Zustimmung und glaube, dass es auch gut ist, dass wir das so zügig und rasch machen. Momentan genießen die Kinder ihre Ferien (Bundesrat Stadler: Gott sei Dank!), und das ist gut so. Aber mit 1. September, wenn der erste Schulbus sich wieder in Bewegung setzt, tritt das in Kraft. Herzlichen Dank dafür. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Team Stronach.)

19.17


Präsidentin Ana Blatnik: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nom­men.

19.17.4315. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geändert wird (463/A und 233 d.B. sowie 9216/BR d.B.)

 


Präsidentin Ana Blatnik: Wir gelangen zum 15. Tagesordnungspunkt.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Köberl. – Bitte um den Bericht.

 


19.17.59

Berichterstatterin Johanna Köberl: Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme gleich zur Antragstellung:


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 185

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Juli 2014 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsidentin Ana Blatnik: Danke, Frau Bundesrätin.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Reiter. – Bitte.

 


19.18.48

Bundesrätin Dr. Heidelinde Reiter (Grüne, Salzburg): Hohes Präsidium! Werte Kollegen und Kolleginnen! Wir sehen in diesem Führerscheingesetz ein Gesetz der versäumten Gelegenheiten. Auch wir finden es recht nett, dass sich im Zuge der Novelle Führerschein-Aspiranten 35 € ersparen, weil die Gesundheitsuntersuchung beim Militär jetzt eben auch gilt. – Wo die Frauen bleiben, weiß ich nicht, wo es für sie Einsparpotenzial gäbe. (Bundesrat Kneifel: Die können auch zum Bundesheer gehen!)

Aber viel wichtiger wäre für uns gewesen, das Vormerksystem zu reformieren, denn dabei geht es ganz konkret um weniger Verkehrsunfälle, weniger Verletzte, weniger Tote, dabei geht es um Menschenleben. Geschwindigkeitsübertretungen werden in unserem Land nach wie vor in zu geringem Ausmaß bestraft. Geschwindigkeits­übertretungen als Vormerk-Delikt, das wäre dringend notwendig.

40 Unfälle pro Tag geschehen aufgrund von Ablenkung, und einer der wichtigsten Faktoren dabei ist das Telefonieren mit dem Handy. Jeder, der mit dem Auto unter­wegs ist, sieht, wie viel am Steuer telefoniert wird. Die Exekutive klagt, weil sie praktisch machtlos ist, weil sie dem Auto folgen, den Fahrer anhalten und in flagranti erwischen muss, und die Strafen sind relativ niedrig.

Wir würden dafür plädieren, dass auch Handy am Steuer ein Vormerkdelikt wird, ebenso wie Geschwindigkeitsübertretungen, so wie in vielen anderen europäischen Staaten. Eine Bewusstseinskampagne ist in unseren Augen zu wenig, und das ist der Grund, warum wir dieser Vorlage nicht zustimmen werden.

19.20


Präsidentin Ana Blatnik: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Beer. – Bitte.

 


19.20.43

Bundesrat Wolfgang Beer (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollegin Reiter, ich gehe auf Ihre Ausführungen jetzt nicht ein, denn diese sind fast identisch mit einer anderen Rede, die im Nationalrat gehalten wurde. Es ist keine versäumte Chance; wir haben erst vor Kurzem die Strafen angehoben – das ist vielleicht vergessen worden, aber es ist so.

Unser Thema ist aber – wie sie im Volksmund heißt – die Führerscheinuntersuchung. Wie war es eigentlich bisher? – Bisher wurde die Führerscheinuntersuchung von einem praktischen Arzt durchgeführt, es wurde die gesundheitliche Eignung für das Führen von Kraftfahrzeugen festgestellt. Neben der Führerscheinprüfung, der Überprüfung der Verkehrszuverlässigkeit und dem Erste-Hilfe-Kurs ist sie eine wichtige Voraussetzung für das Erlangen der Lenkerberechtigung.

Nicht alle praktischen Ärzte sind zur Durchführung dieser Untersuchung berechtigt. Es muss der richtige Arzt gefunden werden, es darf zum Beispiel nicht der mich behandelnde Arzt sein oder ein Arzt, der mich in den letzten fünf Jahren behandelt hat – daher geht man sich einen Arzt aussuchen. Fahrschulen sind manchmal sehr


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 186

hilfreich und bestellen Ärzte zu bestimmten Terminen in die Fahrschule, damit sie dort diese Untersuchungen durchführen können.

Für Brillenträger gibt es besondere Hindernisse: Es muss ein Befund eines Augen­arztes vorgelegt werden, dieser darf nicht älter als sechs Monate sein; es muss von einem Optiker die Brillenglasbestimmung durchgeführt werden, diese darf auch nicht länger als sechs Monate zurückliegen.

Was kostet diese Untersuchung? – Es gibt da unterschiedliche Tarife, das kommt auch auf die Klasse des Führerscheins an; der Preis bewegt sich so zwischen 30 und 50 € – und das für eine Untersuchung, die normalerweise nur wenige Minuten dauert.

Wie lange ist das Gutachten gültig? – Es ist 18 Monate gültig.

Mit der Novellierung des Führerscheingesetzes werden jetzt auch jene Untersuchun­gen, die im Rahmen der Stellung – also einer militärärztlichen Feststellung der gesund­heitlichen Eignung – durchgeführt werden, anerkannt, auch diese sind 18 Monate gültig. Für einige ist es sicherlich eine Vereinfachung und für einige auch eine Kosten­ersparnis, daher kann man dieser Novellierung eigentlich nur zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.23


Präsidentin Ana Blatnik: Zu Wort gemeldet hat sich als Nächster Herr Bundesrat Ing. Pum. – Bitte.

 


19.24.03

Bundesrat Ing. Andreas Pum (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf dieses Thema – auch im Sinne einer Verwaltungsreform – heute ganz einfach positiv in den Raum stellen. Schwer­punktmäßig ist ja die Verwaltungsreform das große politische Thema, und ich sehe es als kleinen Schritt, der trotz alledem eine sehr sinnvolle Auswirkung hat, dass man zukünftig gerade dieses militärärztliche Stellungsgutachten auch zur Erlangung eines Führerscheins heranziehen kann. Das kommt rund 40 000 jungen stellungspflichtigen Männern zugute. Es gilt eine Frist von 18 Monaten.

Junge Menschen wollen mobil sein, und der Führerschein ist gerade in jungen Jahren eine sehr, sehr große Investition; er ist letztlich eine Notwendigkeit, wenn es darum geht, mobil zu sein, sich weiterzuentwickeln und vor allem einen Job zu erledigen. Daher sehe ich diese Novellierung, diese Änderung des Führerscheingesetzes als eine sehr sinnvolle Erweiterung, kann das in dieser Form nur begrüßen und hoffe auf weitere kleine Maßnahmen mit guten Auswirkungen in verschiedensten politischen Bereichen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

19.25


Präsidentin Ana Blatnik: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Herbert. – Bitte.

 


19.25.36

Bundesrat Werner Herbert (FPÖ, Niederösterreich)|: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich mache es kurz: Auch wir werden diese gute und sinnvolle Regelung – nämlich dass für die Feststellung der gesundheitlichen Eignung zur Lenkung eines Kraftfahrzeuges nunmehr auch die militärärztliche Feststellung als ärztliches Gutachten gilt – gerne mittragen, weil wir erkennen, dass das im Sinne einer Verwaltungsvereinfachung wie auch einer Kosten­ersparnis für die betroffenen Führerscheinbewerber eine gute und sinnvolle Ergänzung darstellt.

Noch ein Wort zu den Ausführungen von Frau Dr. Reiter: Ganz verstehe ich das Argu­ment der Grünen nicht, dass man diese – wie wir meinen – gute Regelung in Konnex


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 187

setzt mit den auch berechtigten Forderungen nach einer Novellierung des Vormerk­systems. Das eine schließt ja das andere faktisch nicht aus, daher, denke ich mir, hätte man durchaus das eine weiterverfolgen und dem anderen hier zustimmen können – aber das ist die Entscheidung Ihrer Fraktion. Für mich ist das nicht ganz nachvoll­ziehbar.

Unsere Position ist diesbezüglich klar: Wir werden diesem Gesetzesantrag zustim­men. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.26


Präsidentin Ana Blatnik: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesminis­terin Bures. – Bitte.

 


19.26.59

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich schließe mich dem Unver­ständnis an, warum die grüne Fraktion dieses Hauses immerhin 40 000 jungen Men­schen, die beim Bundesheer eine Gesundenuntersuchung machen, nicht die Möglich­keit geben will, nicht nur 35 € zu sparen – das wäre für junge Leute schon Grund genug und ist auch kein Grund, sich über die Größenordnung lustig zu machen –, sondern auch Amtswege, Terminvereinbarungen, Bürokratie.

Es ist nicht notwendig, dass man zweimal den Blutdruck misst, zweimal die Bewe­gungs­fähigkeit überprüft, Hörtests macht, Sehtests macht – völlig sinnlos –, und daher kann ich es nicht nachvollziehen – und das habe ich auch im Nationalrat schon gesagt, wo die grüne Fraktion dann ein bisschen unterschiedlich abgestimmt hat –, dass man angesichts dieser 40 000 jungen Menschen ganz einfach sagt: Nein, sie sollen zweimal zum Arzt gehen, sie sollen 35 € zahlen, und sie sollen auch mit diesen Amtswegen, Terminvereinbarungen und mit dieser Bürokratie belastet werden. Es mag noch andere Wünsche geben, dass man im Führerscheingesetz etwas ändert, aber das ist für mich nicht nachvollziehbar. Das ist das eine, was ich sagen wollte, und ich bedanke mich bei allen anderen Fraktionen im Namen dieser jungen Menschen dafür, dass man ihnen bürokratische Wege und unnötige Gesundenuntersuchungen in Zukunft ersparen kann – wie gesagt: 40 000 junge Menschen sind das jedes Jahr.

Das Zweite – nur damit das nicht im Raum stehen bleibt –, was mir wichtig ist, betrifft die Frage des Vormerksystems und den Umgang mit Rasern. Wir haben erst vor zwei Jahren eine gesetzliche Regelung beschlossen und haben gerade beim Rasen, nämlich Geschwindigkeitsüberschreitungen in einem großen Ausmaß, noch härtere Maßnahmen gesetzt. Wir wissen aus der Unfallstatistik, dass wir mit all diesen Maßnahmen – und das sind viele Mosaiksteine im Bereich der Verkehrssicherheit –, die in den letzten Jahren gesetzt wurden, auf gutem Wege sind.

Es gibt immer wieder Rückschläge, es ist immer wieder ähnlich: Das Frühjahr beginnt, das Wetter ist schön – es kommt zu einem Anstieg bei Motorradunfällen. Auch da werden wir weiter Maßnahmen setzen, um die Verkehrssicherheit auch tatsächlich zu erhöhen. Aber was das Rasen betrifft, meine sehr geehrten Damen und Herren: Natürlich kann man das ins Vormerksystem reingeben – das bedeutet aber keine schärfere Bestrafung, sondern es würde eigentlich zum Gegenteil dessen führen, was Sie ausgeführt haben.

Ich bringe in Erinnerung, dass es im Vormerksystem, wenn wir da Delikte aufnehmen, drei Maßnahmen gibt: Das Erste ist die Strafe und eine Vormerkung, das Zweite ist eine Geldstrafe und eine Maßnahme – ein psychologischer Test zum Beispiel –, das Dritte ist eine Strafe und der Führerscheinentzug. Bei einer Geschwindigkeitsüber-


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 188

schreitung von 40 oder 50 km/h – 50 auf der Autobahn, 40 in den anderen Bereichen – gibt es nicht eine Strafe und eine zweite Strafe und eine dritte Strafe, sondern da ist der Führerschein sofort weg; und im Wiederholungsfall ist er für sechs Monate weg.

Es war mir wichtig, das zu sagen, damit nicht der Eindruck entsteht, man könne das abtauschen und wir würden nicht genug Maßnahmen dagegen setzen. Wir haben gesetzlich immer klar festgelegt: Rasen ist kein Kavaliersdelikt, dagegen gehen wir vor, da geht es um Menschenleben, da gibt es keine Toleranz.

Nichtsdestotrotz sollten wir 40 000 jungen Menschen die Möglichkeit geben, nicht nur bei der Verwaltungsreform „mitzuwirken“, sondern selber auch etwas davon zu haben. – Danke vielmals. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesräten der ÖVP sowie des Bundesrates Zelina.)

19.30


Präsidentin Ana Blatnik: Danke, Frau Bundesministerin.

Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

19.31.2516. Punkt

Bericht der Bundesanstalt für Verkehr über technische Unterwegskontrollen im Jahr 2013, vorgelegt von der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie (III-524-BR/2014 d.B. sowie 9217/BR d.B.)

 


Präsidentin Ana Blatnik: Wir gelangen zum 16. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Beer. – Bitte um den Bericht.

 


19.31.48

Berichterstatter Wolfgang Beer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundes­minis­terin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der gegenständliche Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung:

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Juli 2014 den Antrag, den Bericht der Bundesanstalt für Verkehr über technische Unterwegskontrollen im Jahr 2013 zur Kenntnis zu nehmen.

 


Präsidentin Ana Blatnik: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Stadler. – Bitte.

 


19.32.21

Bundesrat Werner Stadler (SPÖ, Oberösterreich)|: Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir, Frau Präsidentin, dass ich – bevor ich zum eigentlichen Tagesordnungspunkt komme – einen Dank aus­spreche, und zwar der Frau Ministerin für die Initiative, die sie immer stark vertreten hat, betreffend den Breitbandausbau, die Breitbandmilliarde. Ich glaube, das ist wirklich ein Erfolg, und ich möchte dir herzlich Danke sagen. Ich komme aus einer ländlichen Region, und es hat so ausgeschaut, als wäre dieser Ausbau noch in weiter, weiter Ferne, aber das ist ein Lichtblick, ein Licht am Ende des Tunnels. Ich darf dir sehr


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 189

herzlich danken, im Namen aller und besonders im Namen der ländlichen Regionen, danke schön! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

Damit komme ich nun zum eigentlichen Tagesordnungspunkt: Uns ist von der Frau Bundesministerin der Bericht über technische Unterwegskontrollen im Jahr 2013 vorge­legt worden, und ich möchte mich eingangs im Namen meiner Fraktion bei allen, die dazu beigetragen haben, diesen Bericht zu verfassen, für den informativen Bericht sehr herzlich bedanken. Es handelt sich im Wesentlichen um einen statistischen Bericht über die Tätigkeit der Bundesanstalt für Verkehr im vergangenen Jahr.

Selbstverständlich ist es auch für uns gut und wichtig, dass dieser Bericht dem Parlament vorgelegt wird, weil die Daten, die darin festgehalten sind, für uns eine Hilfe sind, vor allem dahin gehend, an welchen Hebeln wir zukünftig ansetzen müssen, um mehr Straßenverkehrssicherheit zu erreichen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, der vorliegende Bericht zeigt uns eines ganz deutlich: dass die durchgeführten Unterwegskontrollen ganz wichtig sind und auch in Zukunft ganz wichtig sein werden; am Ende meiner Ausführungen werde ich das mit ein paar Daten belegen. Es ist daher zu begrüßen und dir, geschätzte Frau Bundes­ministerin, zu danken, dass – obwohl in allen Ministerien immer wieder das Wort „Sparen“ fällt – der Beitrag für die Bundesanstalt für Verkehr im Jahr 2013 erhöht und im Jahr 2014 ein zusätzliches mobiles Kontrollfahrzeug angeschafft wurde. Somit bil­den in unserem Land 13 mobile Prüffahrzeuge gemeinsam mit den fixen Kontroll­plätzen der ASFINAG ein gutes System, und Fahrzeuge mit groben technischen Mängeln können sofort aus dem Straßenverkehr gezogen werden. Das ist, wie ein­gangs schon gesagt, ein wichtiger Beitrag für mehr Verkehrssicherheit auf unseren Straßen. Je weniger auffällige Fahrzeuge bei einer annähernd gleich bleibenden Kontrolldichte ausgeleitet werden müssen, je weniger Mängel dabei festgestellt werden, umso höher kann die Wirkung dieser Tätigkeit bewertet werden.

Nun, wie angekündigt, kurz einige Zahlen aus dem Bericht für das Jahr 2013: Die Prüftätigkeit ist im Jahr 2013 gegenüber dem Vergleichsjahr 2012 in allen Bereichen gestiegen. So ist die Zahl der Einsätze insgesamt von 2 750 im Jahr 2012 auf 2 946 und die Anzahl der geprüften Fahrzeuge von 32 046 auf 33 994 gestiegen. Der Anteil der Fahrzeuge, bei denen Gefahr im Verzug vorlag, stieg leider auch in allen Bereichen: bei in Österreich zugelassenen Fahrzeugen, bei in der EU zugelassenen Fahrzeugen und ganz deutlich oder drastisch auch bei Fahrzeugen aus Drittländern.

Die genauen Zahlen dazu nach Herkunftsland: Von den zirka 21 600 geprüften Fahrzeugen aus Österreich war bei 17,95 Prozent Gefahr in Verzug; das ist ein leichter Anstieg von 1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Von zirka 11 100 geprüften Fahrzeu­gen aus der EU, ohne die in Österreich zugelassenen, war bei 26,87 Prozent Gefahr in Verzug; das ist ein Anstieg von etwa 1,2 Prozent. Von 1 214 geprüften Fahrzeugen aus Drittländern war bei 32,05 Prozent Gefahr in Verzug; das ist gegenüber dem Vorjahr, wo wir schon nahe bei 30 Prozent waren, ein Anstieg um 2,39 Prozent. Das heißt, dass bei fast einem Drittel der geprüften Fahrzeuge aus Drittländern gravierende Mängel vorgefunden wurden – diese Fahrzeuge durften nicht mehr am Straßenverkehr teilnehmen –, und das ist meiner Meinung nach ein wirklich alarmierend hoher Anteil.

Die häufigsten Mängel, die festgestellt wurden, waren nicht oder nicht einwandfrei funk­tionierende Bremsanlagen, Schäden an der Achsaufhängung, der Bereifung, den Leuchten und der Beleuchtung, Schäden am Fahrgestell und Rahmen sowie defekte Lenkanlagen. Ich glaube, ich wiederhole mich, wenn ich sage, die aktuellen Zahlen unterstreichen meiner Ansicht nach die Notwendigkeit der Aufrechterhaltung einer hohen Kontrolldichte in Österreich. Geschätzte Damen und Herren! Die Kontrollen sollen meiner Meinung nach noch verstärkt werden, denn es ist unverantwortlich –


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 190

schaut man sich die aufgedeckten Mängel an –, dass solche Fahrzeuge überhaupt im Straßenverkehr unterwegs sind.

Die SPÖ-Fraktion wird diesen Bericht natürlich zur Kenntnis nehmen.

Einen Satz noch zu dem uns vorliegenden Antrag des Kollegen Brückl von der FPÖ – er wird ihn dann einbringen, glaube ich –: Ich komme wie Kollege Brückl aus einer Grenzregion, und in seinem Antrag geht es um die Maut beziehungsweise die geplante Maut in der Bundesrepublik Deutschland. Ich muss sagen, ich kann mich dir, Frau Bundesministerin, nur anschließen. Du hast bereits Kontakt mit dem Kollegen aus Deutschland aufgenommen, damit dieser von diesem Vorhaben vielleicht noch Ab­stand nimmt.

Ich meine, das ist der richtige Weg; es hat sicher keinen Sinn, wenn man sagt, weil die von uns etwas verlangen, verlangen wir auch etwas – so wie im Kindergarten: Wenn du mir meinen Lollipop wegnimmst, dann nehme ich dir deinen auch weg. Das ist sicher nicht der richtige Weg. Es ist besser, die Zeit zu nützen und Gespräche zu führen – gerade auch im Sinne der guten Nachbarschaft und gerade in der Grenz­region, wo wir herkommen, auch im Sinne der Wirtschaft, speziell der deutschen Wirtschaft: sei es der Tourismus, sei es die Gastronomie oder auch der Handel. Wenn die Österreicher Maut zahlen müssten, würde das den Tourismus im Grenzraum sicher beeinträchtigen, wenn nicht zum Erliegen bringen. Das wäre für die Wirtschaft und für die Leute im Grenzraum sicher nicht gut.

Deswegen, glaube ich, ist es besser, wir verhandeln weiter und kontaktieren noch weitere Personen, anstatt jetzt damit zu beginnen, danach zu suchen, was wir jemand anderem zu Fleiß machen könnten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.40


Präsidentin Ana Blatnik: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Junker. Ich erteile ihr dieses.

 


19.40.31

Bundesrätin Anneliese Junker (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Mein Kollege Werner Stadler hat bereits über die Daten und Fakten der technischen Unterwegskontrollen 2013 auf das Genaueste berichtet. Ich glaube, es ist wichtig und notwendig, dass die technischen Unterwegskontrollen von Nutzfahrzeugen auf unseren Straßen gemacht werden, vor allem auf unseren Gebirgsstraßen. Auf der Brenner Autobahn ist der Transitverkehr vorherrschend. Ein Großteil der Lkws, die durch unser Land Tirol fahren, weist große Mängel auf. Es sind vor allem Lkws, die aus Drittländern stammen. Das Gefälle vom Brenner nach Innsbruck beträgt 8 Prozent, teilweise sogar 11 Prozent. Ein Brems­manöver gelingt den Fahrern von Lkws mit Mängeln oft nur noch mit Hilfe der Not­bremswege.

Aber eines gebe ich schon zu bedenken, was den Ziel- und Quellverkehr betrifft: Das sind unsere eigenen Gewerbebetriebe, die täglich mehrmals die gleiche Strecke auf der Autobahn befahren, wobei unter Umständen ein und dasselbe Auto zwei Mal geprüft wird, auch wenn keine Mängel oder nur ganz geringfügige Mängel festgestellt werden. Das sind Zeit und Geld, die da die Unternehmer verlieren. Da möge man schon danach trachten, dass man da ein bisschen einen Unterschied macht und mehr ausländische Lkws kontrolliert und im Ziel- und Quellverkehr einen Lkw nur einmal am Tag kontrolliert, wenn keine schweren Mängel aufgetreten waren. Die Fahrtauglichkeit muss auch bei den einheimischen Fahrzeugen gegeben sein.

Zum Entschließungsantrag von Bundesrat Brückl: Da darf ich die Position der Tiroler Volkspartei kundtun, denn die Tiroler Volkspartei ist am 9. Juli im Parteivorstand


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 191

übereingekommen, dass man die Mautsituation schon überdenken soll, dass Verkehrs­ministerin Bures nicht nur mit der Klagskeule drohen und in Verhandlungen mit Deutschland eintreten soll, sondern dass man schon auch überdenken soll, ob das jetzige Mautsystem noch zeitgemäß ist, ob dies nicht vielleicht besser gelöst werden und man nicht auch für unsere Bürgerinnen und Bürger eine Entlastung herbeiführen könnte. Das wäre für unsere ländlichen Regionen, die durch die Mautflüchtlinge schwer beeinträchtigt werden, sicher von Vorteil.

Das Wipptal ist einfach eng und verliert noch an Fläche durch die Autobahn und den Zugverkehr, was eine zusätzliche Einschränkung darstellt. Vielleicht könnte man sich weiterhin den Kopf darüber zerbrechen, wie man die Situation verbessern und auch die Sondermauten, die wir in Tirol haben, wieder eliminieren könnte, um somit für die Bevölkerung eine lebenswertere Umwelt zu schaffen und vor allem mehr Chancen für die Wirtschaft, denn dies kostet total viel Geld. Wir haben im Wipptal keine riesigen Unternehmen. Aber ein Unternehmer, 80 Mitarbeiter, zahlt jährlich zirka 80 000 € Maut, was schon einen entscheidenden Kostenfaktor darstellt. Es wäre eine enorme Erleichterung, würde die Sondermaut für diese Unternehmer auch im Ziel- und Quellverkehr einfach wieder eliminiert oder zumindest verringert. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

19.43


Präsidentin Ana Blatnik: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Brückl. Ich erteile es ihm.

 


19.44.06

Bundesrat Hermann Brückl (FPÖ, Oberösterreich): Frau Präsident! Geschätzte Frau Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich mich mit dem Antrag befasse, der schon angesprochen wurde, möchte ich kurz auf den Bericht eingehen. Es werden in Österreich gemäß den Vorgaben der Richtlinien der Europäischen Kommission von Sachverständigen der Länder und der Bundesanstalt für Verkehr gemeinsam mit der Polizei sogenannte technische Unterwegskontrollen durchgeführt.

Wenn man sich den Bericht wirklich durchliest, dann erfährt man natürlich erstens einmal, wie diese Prüfungen inhaltlich aufgebaut sind, was und wie geprüft wird, aber vor allem erkennt man sehr rasch auch die Notwendigkeit dieser Überprüfungen und Kontrollen, nämlich für die Sicherheit im österreichischen Straßenverkehr.

Die Zahlen im Bericht zeichnen eigentlich ein erschreckendes Bild, insbesondere wenn es um die Überwachung der Sozialvorschriften geht. Da werden knapp 140 000 Fahr­zeuge genannt, die überprüft wurden, die überwiegend dem Gütertransport dienen, und bei diesen 140 000 Kontrollen wurden nahezu 175 000 Verstöße gegen Sozial­vorschriften festgestellt, das heißt Verletzung der Ruhezeiten, Verletzung der Lenk­zeiten oder auch Manipulationen an den Fahrtenschreibern. Daran zeigt sich schon, wie wichtig diese Kontrollen sind. (Vizepräsident Himmer übernimmt den Vorsitz.)

Hohes Haus! Ich komme aus einer Region, die an einer der meistbefahrenen Transit­strecken Österreichs beziehungsweise Europas liegt. Das ist die A8, die Innkreis Autobahn, die mitten durch unseren Bezirk Schärding führt. Dieser Abschnitt von der Grenze Suben vor allem bis Wels und Linz wird sehr gerne von Lkws, vor allem ausländischen Lkws auf Ausweichrouten umfahren, wobei insbesondere die B137 stark frequentiert ist. Da werden mittlerweile auch regelmäßig Kontrollen durchgeführt, worüber vor wenigen Wochen in der regionalen Presse berichtet wurde. Und ich darf da ganz kurz zitieren:

„Vermeintliche ,Mautpreller‘ sorgen auf B137 für Unmut“, „Pendler mokieren sich über Flut an ausländischen LKW’s auf der B137. Ruf nach mehr Kontrollen wird laut. (…)


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 192

‚Ich benutze beinahe täglich die B137 und traue mir zu behaupten, dass annähernd zwei Drittel aller LKW’s hier eigentlich nichts verloren haben’, so ein genervter Pendler aus dem Bezirk (…).

Dahinter vermutet der Pendler LKW’s, welche die B137 als Ausweichroute wählen, um so der Autobahnmaut zu entgehen.“

Das wird dann auch im Bericht bestätigt, und es heißt dann:

„Dass es sich auf der Strecke von Schärding nach Grieskirchen um eine viel befahrene handelt – auch hinsichtlich Schwerverkehr – verhehlt auch Bezirkspolizeikommandant Matthias Osterkorn nicht.“

Und am Ende des Berichts heißt es:

„,Aber die LKW-Fahrer sind gut untereinander vernetzt. Kontrollen werden über Funk schnell weitergegeben und dementsprechend umfahren‘, gibt Osterkorn allerdings zu bedenken.“

Wenn ich diesen Bericht in der Zeitung lese, dann weiß ich zwar, dass diese Unter­wegs­kontrollen, über die wir auch in diesem Bericht sprechen, die Sicherheit auf den Straßen Österreichs auf jeden Fall heben, aber nicht dazu beitragen, dass wir solche Mautpreller zurück auf die Autobahnen bringen. Und ich denke, das sollte auch ein Ziel solcher Kontrollen sein.

Jetzt komme ich zu meinem Antrag. Die Bundesrepublik Deutschland zeigt uns vor, wie man es machen kann, wie man die eigene Bevölkerung vor Belastungen schützt und gleichzeitig eine Entlastung der Bürger herbeiführt. Wenn man dieses Modell auch auf Österreich umlegen würde, dann hätte das durchaus auch eine Reihe von Vorteilen für unser Land. Und da ist nicht der Grund, dass ich hier jemandem etwas zu Fleiß machen will, Kollege Werner Stadler, wie du das sagst, sondern das bringt zum einen eine Reduktion der Kfz-Steuer, insbesondere auch für Unternehmen, und zwar in einer Höhe, die der Höhe der Maut entsprechen würde. Andererseits würde dadurch gefördert, dass im Ausland gemeldete Fahrzeuge nach Österreich zurückkommen. Oder dies würde auch, wie bereits gesagt, ein probates Mittel darstellen, um Lkws, sogenannte Mautflüchtlinge, wieder zurück auf die Autobahnen zu bringen.

Mir ist völlig klar, dass die derzeitige Vorgangsweise der deutschen Bundesregierung aus Sicht der österreichischen Autofahrer, vor allem der Pendler, und das sind in Oberösterreich alleine etwa 5 700 Personen, äußerst ärgerlich ist. Andererseits darf man aber nicht vergessen, dass Österreich ungleich stärker von diesem Problem betroffen ist. Auf Österreichs Straßen sind nämlich verhältnismäßig mehr ausländische Autos unterwegs, als das in der Bundesrepublik Deutschland der Fall ist. Also sollte Österreich durchaus ein Interesse daran haben, eine ähnliche Regelung zu treffen, statt diese in Deutschland zu torpedieren. Kollegin Anneliese Junker hat das auch bereits sozusagen indirekt bestätigt, indem sie sagt, die Tiroler Landesregierung vertritt in dieser Frage eine ähnliche Meinung.

Das Ganze wäre umso leichter machbar, als die Kfz-Steuer in Deutschland zur Kom­pensation gesenkt wird. In Österreich ist diese Steuer wesentlich höher, sodass also eine Senkung durchaus im Interesse der Autofahrer und vor allem auch der Trans­portunternehmen wünschenswert wäre. Das gilt dann natürlich auch hinsichtlich der steuerlichen Belastung der Lkws, die vielfach zum sogenannten Ausflaggen in billigere Länder geführt werden, was sich im Übrigen auch in der aktuellen Kontrollstatistik widerspiegelt. Und da wäre es durchaus von Interesse, hier die Steuern zu senken.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 193

Geschätzte Damen und Herren! Aus den dargelegten Gründen und im Interesse der österreichischen Bevölkerung erlaube ich mir daher, folgenden Entschließungsantrag der Bundesräte Brückl, Kolleginnen und Kollegen einzubringen:

Der Bundesrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, im Zusammenhang mit der angekündigten Einfüh­rung der Pkw-Maut in Deutschland eine analoge Entlastung der österreichischen Autofahrer durchzuführen und das Prinzip der inländerschonenden Maut gegebenen­falls auch für den Schutz Österreichs vor dem Lkw-Transitverkehr anzuwenden.

*****

Ich ersuche hier um Zustimmung und darf sagen, dass ich meine, dass ich mich da in guter Gesellschaft befinde. Unter anderem hat der oberösterreichische Verkehrs­landesrat Reinhold Entholzer verlangt, eine flächendeckende Maut zu ermöglichen, genauso wie der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl, nachzulesen in der „Presse“ vom 4. April 2014.

Hohes Haus, am Schluss darf ich sagen, dass wir den Bericht zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)

19.51


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Der von den Bundesräten Brückl, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend deutsche Mautpläne ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Reiter. – Bitte.

 


19.51.31

Bundesrätin Dr. Heidelinde Reiter (Grüne, Salzburg): Hohes Präsidium! Werte Kollegen und Kolleginnen! Frau Minister! Vielen Dank auch von unserer Seite für den aussagekräftigen und guten Bericht, wenngleich ich dessen Inhalt eigentlich erschüt­ternd finde, weil es immer noch deutlich mehr Fahrzeuge gibt, die aufgrund Gefahr in Verzug aus dem Verkehr gezogen werden, als solche ohne Mängel, wo also 15,34 Prozent 22,64 Prozent gegenüberstehen.

Technisch einwandfreie Lkws sind natürlich ganz wichtig im Sinne der Verkehrs­sicherheit. Immerhin werden bei genaueren Untersuchungen bei 60 Prozent der Unfälle technische Mängel am Fahrzeug festgestellt. Ein technisch mangelhaftes Fahr­zeug verlangt auch mehr Konzentration und Aufmerksamkeit. Und da sind wir, glaube ich, bei einer weiteren wichtigen Unfallursache, dies zu 70 Prozent, nämlich Unauf­merksamkeit und Ablenkung. In diesem Zusammenhang ist natürlich auch die Kontrolle der Sozialvorschriften beziehungsweise der Kontrollgeräte im Hinblick auf Manipulation ganz zentral. Und auch da gibt es eine Vielzahl von Verstößen. Das wurde hier schon erwähnt. Auch das ist erschütternd.

Die Kontrollen auch in diesem Bereich sind einerseits wegen der Verkehrssicherheit, aber auch aufgrund der Wettbewerbssituation Schiene/Lkw so wichtig, aber auch deswegen, weil es doch unser Anliegen sein muss, den Arbeitsplatz hinter dem Lenk­rad einen guten Arbeitsplatz sein zu lassen. Und das bedeutet eben, nicht diesen enormen Druck, unter dem diese Lenker stehen, aufrechtzuerhalten, sondern eben wirklich sicherzustellen, dass sie ausgeruht sind, dass Ruhezeiten und so weiter eingehalten werden. Also der Arbeitsplatz hinter dem Lenkrad eines Lkws ist leider schon lange nicht mehr das, was er früher einmal war, wo die Leute wirklich gut verdient haben, Helden der Landstraße gewesen sind, sondern er ist in vielen Be-


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reichen beinhart geworden, sehr, sehr schwierig geworden, sehr, sehr belastend ge­wor­den.

Dieser Bericht zeigt ganz klar, dass parallel zum Anstieg der Zahl der Kontrolleinsätze um zirka 7 Prozent auch die Zahl der Mängel gestiegen ist. Das heißt, wir haben noch nicht den Plafond erreicht, sodass es mit mehr Kontrollen auch tatsächlich gelingt, mehr mangelhafte Lkws oder Probleme bezüglich der Einhaltung der Sozialvorschriften herauszufiltern. Und deshalb vielen Dank dafür, dass die Kontrollen verstärkt statt­finden und noch weiter intensiviert werden! Der Bericht zeigt ganz klar, dass das weiter notwendig ist und dass wahrscheinlich immer noch viele Lenker mit defekten Fahr­zeugen und auch übermüdete Lenker die Chance haben, Österreich zu passieren. Und dem ist im Sinne der Verkehrssicherheit, aber auch im Sinne eines fairen Wettbewerbs zwischen Schiene und Straße Einhalt zu gebieten.

Zum Antrag vonseiten der FPÖ: Auch in Salzburg sind wir ja massiv betroffen von den bayerischen Mautplänen mit dem kleinen deutschen Eck und dem großen deutschen Eck, aber auch betroffen von einem massiven Ausweichverkehr auf unseren eigenen Straßen, und zwar vom Ausweichverkehr, was die Westautobahn betrifft, wo selbst für kurze Strecken von 10, 12 Kilometern die Bundesstraße genutzt wird, um der Bezahlung von Maut auszuweichen. Das ist ein massives Problem, weshalb auch im Salzburger Landtag schon die Forderungen gestellt wurden, eben auch die Bundes­straßen entsprechend zu bemauten, um diesen Ausweichverkehr hintanzuhalten.

Ich glaube, die sinnvollste Entwicklung wäre, auf europäischer Ebene ein ent­sprechendes Mautsystem zu erarbeiten, auch aufgrund von Wettbewerbsfragen, ein Mautsystem, das kilometerabhängig ist. Das Einfachste wäre eigentlich die Mineralöl­steuer als Mautsystem. Das würde viele komplizierte Systeme ersparen und wäre kilometerabhängig. Wer mehr fährt, bezahlt eben auch mehr. Und es ist sicher, wie eben auch in der Schweiz, notwendig, auch niederrangigere Straßen entsprechend zu bemauten. Wenn das nicht in Form eines Austausches von Unhöflichkeiten und Ungleich­behandlungen zwischen den Ländern, sondern in Kooperation zwischen den Staaten ausgearbeitet werden könnte, so wäre das natürlich die zielführendste und wünschenswerteste Möglichkeit für ein ökologisches Mautsystem auf Europas Straßen, das aber auch Kostenwahrheit im Verkehr bringt. Auch das ist ein wichtiger Punkt, was die Situation Schiene und Straße betrifft.

Wir werden den Bericht gerne zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

19.57


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundes­minister Bures. – Bitte.

 


19.57.16

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Zwei Sätze zur Mautdiskus­sion, obwohl dies nicht direkt auf der Tagesordnung steht, aber zweifelsohne ein ganz wichtiges Thema ist.

Punkt eins ist, dass Österreich ein Mautsystem hat, das in der Bevölkerung hohe Akzeptanz genießt, wobei wir im Bereich Lkw eine Ökologisierung der Maut, also eine kilometerabhängige Maut haben, während wir im Bereich des Pkws eine Vignetten­regelung haben. Das sind ganz unkomplizierte Systeme mit einer hohen Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung. Dies führt dazu, dass wir in Österreich nicht eine Dis­kussion wie andere europäische Länder darüber haben, ob wir mit Mitteln aus dem öffentlichen Haushalt unser Straßennetz noch instand halten, die Autobahnen


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ausbauen und Investitionen in die Verkehrssicherheit tätigen können, weil kein Cent aus dem Budget in den Erhalt und Ausbau unserer Autobahnen und Schnellstraßen fließt, sondern dies ausschließlich über die Einnahmen aus der Bemautung erfolgt.

Man sieht auch daran, wie ich meine, dass das ein positives System ist, weil wir in ganz Europa zu jenen Ländern gehören, die die bestausgebaute Infrastruktur haben. Und das ist für einen Wirtschaftsstandort und einen Tourismusstandort in Kombination natürlich mit der Schieneninfrastruktur etwas ganz Wesentliches.

Und das Zweite, was mir im Zuge der Diskussion mit unseren Nachbarn wichtig ist, ist, dass ich immer klar gesagt habe: Jedem Land ist es unbenommen, Mautsysteme einzuführen, wir haben in Europa ganz unterschiedliche. Wir kennen unser System, viele von uns kennen das System unserer Nachbarn in Italien mit den Mautstellen. Da würden die Deutschen schön schauen, wenn in Italien eine Spur wäre, wo „Nur für Italiener, freie Fahrt für Italiener“ stehen würde.

Also ich glaube, das verstehen sie schon, dass das, was sie vorschlagen, nicht mit dem Europarecht kompatibel ist, dass das einem der Grundsätze der Europäischen Union, nämlich dem der Nichtdiskriminierung – einer der Grundsätze in Europa ist Gleichheit und Fairness in allen Lebensbereichen – widerspricht. Da ich das eben für diskriminierend halte, halte ich nichts davon, dass Österreich mit einer diskrimi­nie­renden Regelung antwortet.

Ich habe immer klar gesagt, ein Foul beantwortet man nicht mit einem Gegenfoul, man tritt in Diskussion, und das habe ich gemacht. Ich bin in enger Abstimmung mit dem deutschen Verkehrsminister. Und wenn es notwendig ist, dann werden wir halt eine europarechtliche Überprüfung dieser Regelung, wenn eine auf dem Tisch liegt, vornehmen. Das ist keine Keule, sondern das ist ein Weg, der in Europa so auch vorgesehen ist, und den wird Österreich selbstbewusst, wenn auch als kleines Land gegenüber einem großen Land, auch ergreifen.

Das Zweite nur in aller Kürze, was den Bericht der Bundesanstalt für Verkehr betrifft: Da schließe ich mich all jenen an, die sich für diesen Bericht bedanken. Es ist so, dass es in den letzten Jahren wirklich gelungen ist, einen Rückgang von schweren Ver­kehrs­unfällen mit Lkws in Österreich zu haben. Es stimmt zwar, wir haben mehr Mängel festgestellt, aber das hat damit zu tun, dass wir im Jahr 2013 um 2 000 Kontrollen mehr als noch im letzten Jahr durchgeführt haben. Aber die Unfälle mit schweren Lkws sind um 21 Prozent zurückgegangen. Das geschieht mit Hilfe der Bundesanstalt für Verkehr, die die Lkws einer technischen Prüfung im Hinblick auf Mängel, Gebrechen und Schäden unterzieht.

Ich bedanke mich bei allen Beamten und Beamtinnen und Beschäftigten der Bun­desanstalt für Verkehr für diesen informativen und guten Bericht, der immer wieder eine Grundlage für uns ist, weitere Maßnahmen im Bereich der Verkehrssicherheit zu setzen. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

20.01


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Ich stelle Stimmeneinhelligkeit fest. Der Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 196

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Brückl, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Ent­schließung betreffend deutsche Mautpläne vor. Ich lasse über diesen Ent­schließungs­antrag abstimmen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist daher abgelehnt.

20.02.3417. Punkt

Jahresbericht der Schienen-Control GmbH 2013 (III-525-BR/2014 d.B. sowie 9218/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir kommen zum 17. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Beer. – Bitte um den Bericht.

 


20.02.43

Berichterstatter Wolfgang Beer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Bericht des Ausschusses für Verkehr, Innovation und Technologie über den Jahresbericht der Schienen-Control GmbH 2013 liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antrag­stellung:

Der Ausschuss für Verkehr, Innovation und Technologie stellt nach Beratung der Vor­lage am 22. Juli 2014 den Antrag, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Lampel. – Bitte.

 


20.03.28

Bundesrat Michael Lampel (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es liegt uns hier der Jahresbericht der Schienen-Control GmbH aus dem Jahr 2013 vor, und ich werde mich auf einige wesentliche Punkte beziehen.

Ich möchte aber zunächst ein herzliches Dankeschön für den Bericht und für die engagierte Arbeit der Schienen-Control GmbH aussprechen.

Auch im Jahr 2013 konnte man erfreulicherweise feststellen, dass der Schienenverkehr in Österreich, insbesondere der Personenverkehr, weiter im Aufwind ist. Immer mehr Menschen nutzen das Angebot der Bahn, eines der umwelt- und klimafreundlichsten Mobilitätsanbieter Österreichs. Insgesamt wurden im Jahr 2013 274 Millionen Rei­sende befördert. Das ist gegenüber dem Vorjahr ein Anstieg um 12,4 Millionen Reisen­de beziehungsweise rund 5 Prozent, wobei die ÖBB ein Plus von 4 Prozent, die Privaten sogar ein Plus von 9,3 Prozent verzeichneten, was mich als Privatbahner natürlich besonders freut. Diese Zuwächse im Personenverkehr sind vor allem auf den Nahverkehr zurückzuführen, während der Fernverkehr durchwegs unverändert blieb.

Die positiven Fahrgastzahlen wirken sich natürlich auch auf die Verkehrsleistungen – das ist jene Strecke, die Passagiere in Summe zurückgelegt haben – aus. So konnte die Anzahl der Personenkilometer von 11,2 Milliarden auf 12,1 Milliarden gesteigert werden.

Um die seit Jahren positiven Ergebnisse im Personenverkehr auch weiterhin zu stei­gern, gilt es vor allem, das System im Sinne der Reisenden weiter zu verbessern, das Angebot, die Fahrgastrechte und vor allem auch die Infrastruktur. So brachten zum


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 197

Bei­spiel die Eröffnung der Neubaustrecke Wien–St. Pölten und die damit verbundenen massiven Fahrzeitverkürzungen für das Ergebnis im Personenverkehr natürlich sehr positive Effekte.

Apropos Fahrgastrechte: 2013 gab es mehr Rechte für Bahnfahrer, ist doch im Juli 2013 ein neues Fahrgastrechtegesetz in Kraft getreten, welches auf eine Initiative der Frau Bundesministerin zurückzuführen ist und wir gemeinsam hier im Bundesrat beschlossen haben. Das brachte vor allem wesentliche Vorteile für Jahreskarten­be­nützer. Diese laufende Stärkung beziehungsweise Ausweitung der Fahrgastrechte führt vor allem auch dazu, dass das Service der Bahnen in Österreich, das Angebot, die Kundenbetreuung, das Online-Buchungssystem, das Beschwerdemanagement et cetera laufend verbessert wird.

Diese positiven Veränderungen im Kundenservice haben anscheinend auch zur Folge, dass es 2013 einen deutlichen Rückgang von Beschwerden bei der Schlichtungsstelle der Schienen-Control gegeben hat: 772 Beschwerden, das sind beachtliche 21,7 Pro­zent weniger als im Vorjahr. Von den 772 Beschwerden wurde in 633 Fällen das Schlichtungsverfahren eingeleitet, 98 Prozent davon wurden positiv abgeschlossen.

In der Reihe der wichtigsten Beschwerdegründe waren Verspätungen, gefolgt von Inkassoforderungen aufgrund von Strafen.

Betreffend Verspätungsfälle möchte ich natürlich auch zum Thema Pünktlichkeitsgrad Stellung nehmen. Gerade die Pünktlichkeit eines Beförderungsmittels ist selbstver­ständlich immer von großem Interesse für die Millionen von Fahrgästen. Um sich auf einen Mobilitätsanbieter verlassen zu können, sollte dieser die höchsten Pünktlich­keitswerte aufweisen können. Hier hat sich erfreulicherweise die bereits hohe Pünkt­lich­keit im gesamten Personenverkehr mit 95,9 Prozent nur minimal verändert, wobei natürlich auch Unwetterkatastrophen diesen Pünktlichkeitsgrad besonders beeinflus­sen, wie zum Beispiel das Hochwasser im Juni des Vorjahres, wodurch der Pünkt­lich­keitsgrad auf 93,5 Prozent sank. Das war der schlechteste Wert des vorigen Jahres.

Im Nahverkehr, den die meisten Fahrgäste benutzen, beträgt der Pünktlichkeitsgrad sogar 96,4 Prozent.

Ein positives Ergebnis wie im Personenverkehr ist im Güterverkehr aufgrund der wirtschaftlichen Lage der Länder nicht zu verzeichnen. Auch im Jahr 2013 ist in der Jahresbetrachtung ein Rückgang gegenüber dem Jahr 2012 um 1,4 Millionen Nettotonnen zu verzeichnen, womit der Rückgang gegenüber den vergangenen Jahren weniger stark ausfiel. Das heißt, der Güterverkehr erholt sich langsam, wobei zu sagen ist, dass dieses negative Ergebnis vor allem auf die Resultate des ersten Halbjahres zurückzuführen ist, während im dritten und vierten Quartal bereits ein leichter Anstieg verzeichnet werden konnte.

Die nähere Betrachtung der Ergebnisse im Güterverkehr zeigt deutlich, dass der Ganzzugverkehr weiter zunimmt, dass der Anteil der Ganzzüge im ÖBB-Netz inzwischen bei 55 Prozent liegt. Bei den privaten Eisenbahnverkehrsunternehmen liegt dieser Wert sogar bei über 97 Prozent, bei der RCA bei 45 Prozent. Bei der Betrachtung der Ergebnisse bezogen auf die Streckenkategorien ist vor allem im Bereich der Brennerachse als auch auf der Westbahn der Wettbewerb im Güterverkehr ersichtlich. Insgesamt betrachtet beträgt der Marktanteil der Mitbewerber im Ganzzug­bereich bereits über 33 Prozent.

Diese Werte der Ganzzüge bedeuten aber auch, dass der Verkehr von Einzelwagen beziehungsweise Wagengruppen sowie die Flächenbedienung, die einen höheren Aufwand für die Eisenbahnverkehrsunternehmen verursachen würden, größtenteils von der RCA abgewickelt werden.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 198

Abschließend möchte ich noch auf die Infrastruktur zurückkommen. Das Jahr 2013 stand bei der Infrastruktur vor allem unter dem Motto „Rund um die Bahn“. So konnten neben dem weiteren Ausbau von Strecken am Bahnhof Hall ein Busterminal sowie eine neue Park&Ride-Anlage eröffnet werden. In St. Pölten und Vöcklabruck wurde mit dem Bau leistungsfähiger Park&Ride-Anlagen begonnen, ebenso entlang der steiri­schen Ostbahn.

Diese Investitionen in die Infrastruktur sind erfreulich, aber auch besonders notwendig, denn einerseits bedeuten sie eine Ankurbelung der Wirtschaft, verbunden mit Arbeits­plätzen, und andererseits eine Steigerung der Qualität bei der Bahn für die Fahrgäste und Kunden. Denn, wie auch die Frau Bundesministerin in ihrem Statement im Jahresbericht 2013 mitteilte: Eine funktionierende Schieneninfrastruktur ist das Rück­grat für ein umweltfreundliches, leistungsfähiges und effizientes Verkehrssystem.

Zum Schluss möchte ich ein besonderes Dankeschön den österreichischen Eisen­bahn­unternehmen und ihren Bediensteten für ihre Leistungen aussprechen, ihnen zum Abschluss der Gehaltsverhandlungen herzlich gratulieren. Ich möchte mich im Namen der SPÖ-Fraktion bei der Schienen-Control nochmals für die tolle Arbeit, für die engagierte und erfolgreiche Arbeit bedanken.

Meine Fraktion wird diesem Bericht auf jeden Fall zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.11


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Reisinger. – Bitte.

 


20.11.34

Bundesrat Friedrich Reisinger (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Bericht zeigt sehr deutlich den großen und auch wichtigen Arbeitsbereich der Schienen-Control GmbH auf. Er zeigt auch, dass hier sehr zielorientiert und auch sehr erfolgreich gearbeitet wird. Dazu darf auch ich seitens unserer Fraktion den Mitarbeitern und vor allem auch den Verantwortlichen der Schienen-Control GmbH sehr herzlich gratulieren und auch ein Danke sagen.

Die positiven Seiten des Berichtes wurden von meinem Vorgänger schon aufgezeigt. Das sind die bereits seit 2013 wirksamen Fahrgastrechte, die sich besonders positiv auswirken, was die Pünktlichkeit im Personenverkehr betrifft, aber auch die Trans­parenz in der Preisgestaltung und vor allem auch die Abwicklung von verschiedenen Beschwerdefällen.

Es freut mich auch, dass es wieder leichte Zuwächse im Personenverkehr gibt. Allerdings gehen diese von einem eher niedrigen Niveau aus. Was besonders schade ist, ist, dass es im Güterverkehr leider stagnierende Zahlen gibt. Hier gelingt es anscheinend nicht, mehr Güter von der Straße auf die Schiene zu bringen, und ich glaube, das hat mehrere Ursachen.

Eine der Ursachen ist bestimmt darin zu sehen, dass es in den vergangenen Jahren eine Reihe von Einstellungen von Nebenbahnen und auch eine Reduzierung der Verladebahnhöfe gegeben hat. Damit fehlen wichtige Zubringer zum Hauptschienen­netz. Es ist, glaube ich, klar, dass eine Ware, welche die ersten 10, 20 Kilometer auf einem Lkw transportiert wird, für die nächsten 50, 60 oder 100 Kilometer nicht mehr auf die Bahn verladen wird. Ganz deutlich sehen wir das beim Rundholztransport, wo Verladebahnhöfe in letzter Zeit leider geschlossen wurden, weshalb das Rundholz verstärkt direkt von der Forststraße in das Sägewerk per Lkw transportiert wird.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist natürlich die Preisgestaltung. Ich sage einmal, für einen normal zahlenden Gelegenheitsfahrer ist es preislich nicht wirklich attraktiv, mit der


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 199

Bahn zu fahren. Da gehört eine gewisse Liebe dazu, dass man es trotzdem tut. Man muss die Vorteile, die das Bahnfahren bietet, wirklich auch erkennen und einmal erleben. Und ich glaube, es ist sehr wichtig, dass man, wenn man diese Liebe zur Bahn bei den Menschen wecken möchte, bei den jungen Menschen damit beginnt.

Es gibt da einige sehr gute Beispiele wie das Jugendticket. Leider wird es nur von einigen Bundesländern angeboten und nicht bundesweit – und leider auch nicht für Studierende. Dieses Jugendticket gilt nur für Schüler und Lehrlinge. Ich glaube, es wäre ein ganz großer Wurf, wenn es uns gelänge, hier eine bundesweite Lösung zustande zu bringen. Das wäre auch ein wichtiger Schritt gegen die Entsiedelung des ländlichen Raumes, weil Studierende dann weiter in ihrer Heimatgemeinde wohnen könnten und nicht unbedingt in die Universitätsstädte ziehen müssten, in die sie ja mit Lockmaßnahmen seitens der Städte gelockt werden, vor allem was U-Bahn-Tickets und dergleichen betrifft. Es wäre dies auch eine große Hilfe für eine Gruppe von Menschen, die Studenten, die ohnehin jeden Cent zweimal umdrehen müssen.

Natürlich stellt sich hier gleich die Frage der Finanzierung. Wir alle wissen, dass die Bahn sehr viel an öffentlichen Geldern bekommt und auch benötigt. Und ich glaube, wenn das schon so sein muss, dann sollen vor allem auch die Menschen und die Kunden davon wirklich profitieren. Ich denke, dass das eine wichtige Investition in die zukünftige Kundenbindung wäre.

Stichwort Investition. Ein wichtiger Bereich ist natürlich der Ausbau des Schienen­netzes. Da gibt es tolle Erfolge, was die Koralmbahn betrifft, aber auch den Sem­mering-Basistunnel, wenngleich es hier nach wie vor immer wieder zu Verzögerungen kommt, weil es Einsprüche gibt; Einsprüche, die man sich vielleicht hätte ersparen können, wenn man von vornherein die Betroffenen besser eingebunden hätte. Man würde sich viele Kosten ersparen, wenn es nicht zu diesen Verzögerungen kommen würde.

Wichtig für die Zukunft ist eine stärkere internationale Vernetzung des Schienennetzes, woran auch intensiv gearbeitet wird, weil ich glaube, dass die Bahn gerade im Fernverkehr wesentliche Vorteile hat.

Insgesamt gesehen, glaube ich, hat die Schienen-Control eine wichtige Aufgabe zu erfüllen in Bezug auf Fahrgastrechte und Kundenfreundlichkeit, aber insbesondere auch in Bezug auf Wettbewerb und Liberalisierung, und ich wünsche dazu weiterhin viel Erfolg und alles Gute. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

20.17


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Krusche. – Bitte, Herr Kollege.

 


20.17.23

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Auch wir werden diesem Bericht unsere Zustimmung erteilen. Unsere Zustimmung ist vor allem adressiert an die Arbeit der Schienen-Control und an den vorliegenden sehr informativen und umfangreichen Bericht.

Was die ÖBB selbst betrifft, gibt es doch einige Kritikpunkte anzumerken. Kollege Reisinger hat hier bereits wichtige Punkte genannt, die ich nicht wiederholen möchte. Ich kann die Argumentation des Kollegen Lampel nicht ganz teilen, wenn er sagt, dass die Servicequalität so toll wäre, denn schließlich und endlich gibt es sehr wohl Kritikpunkte, die auch die Schienen-Control feststellt, beispielsweise die Veröffent­lichung der Personentarife betreffend. Da ist ja sogar ein Verfahren anhängig.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 200

Ich habe mir das im Detail auf der Homepage der ÖBB angeschaut. Ironischerweise unter dem Punkt „Services“, Unterpunkt „Tarifbestimmungen“, Unterpunkt „Relations­preise“ findet man 23 PDF-Tabellen mit insgesamt 480 Megabyte. Ich habe mir den Buchstaben S angeschaut, der hat 15 405 Seiten Tabellen, von wo man wohin fährt und wie viel das kostet, erste Klasse und zweite Klasse. Ich habe da etwas wahllos herausgegriffen. Wenn man von Simbach am Inn nach Innsbruck-Hauptbahnhof fahren will – auf Seite 6760 steht das, unter S –, dann gibt es drei Möglichkeiten, je nachdem, wie man fährt: einmal um 50,30 €, einmal um 56,70 € und einmal um 60,10 €.

Schaut man dann aber im Online-Reservierungssystem Scotty nach, dann kostet das 39,60 €. Da steht aber der Vermerk dabei, dass für eine Teilstrecke die Ticketbuchung nicht möglich ist, das muss man gesondert kaufen, und das kann Zusatzkosten verursachen.

Also spätestens dann, wenn ich mir das angeschaut habe, bin ich so weit, dass ich sage: Liebe ÖBB, habt’s mich gern, ich setz’ mich ins Auto!

Dass es auch anders geht, beweist die Schweiz. Die SBB hat ihre Tarife auf insgesamt dreieinhalb DIN-A4-Seiten veröffentlicht, von denen eineinhalb Seiten Rechenbeispiele sind.

Diese Art der Verschleierungstaktik der Preispolitik – auf den Tickets werden ja auch keine Preise mehr aufgedruckt, angeblich wegen der besseren Lesbarkeit – ist mir unklar.

Auch die Servicequalität der Österreichcard – die kostet immerhin 1 640 € – wurde deutlich verschlechtert. Im November letzten Jahres ist ein Schreiben an die Besitzer ergangen, in dem lakonisch mitgeteilt wird, dass unter anderem die Zahlungsfunktion der Österreichcard mit 15. Jänner eingestellt wird – das wird mit der SEPA-Umstellung begründet –, und dann fällt auch noch das Club-Bonus-Programm, das häufig verwen­det wurde, weg. Es gibt dann noch eine Reihe von Verschlechterungen, die nicht in diesem Brief stehen: Der Zutritt zu Lounges auf den Bahnhöfen wurde gestrichen, auch die Gratisplatzreservierung für Nachtzüge, und überhaupt hat die Zahl der teilneh­menden Verkehrsunternehmen abgenommen.

Die Verschleierungstaktik scheint bei den ÖBB überhaupt System zu haben, denn im Gegensatz zu früheren Berichten der Schienen-Control findet man keine detaillierte Aufstellung mehr über die gemeinwirtschaftlichen Leistungen in den einzelnen Bundesländern, und im Ausschuss hat es auf diese Frage die Antwort gegeben, es fehlen die Daten seitens der ÖBB. Die letzte Information an den Nationalrat erging für das Jahr 2011.

Bei der Pünktlichkeitsstatistik und den Beschwerden schaut es ja ganz gut aus, die Frage ist jedoch, ob die ÖBB einsichtiger geworden sind und vielleicht sehr viele Entschädigungen abhandeln, ohne dass es zu einer Beschwerde bei der Schienen-Control kommen muss, und hinsichtlich der Pünktlichkeitsstatistik stellt sich auch die Frage, ob die nicht auch durch gewisse Toleranzen in den Fahrplanreserven erkauft wird. (Bundesrätin Kurz: Geh bitte, was soll das heißen?)

Abschließend noch zu einer Frage, die im Ausschuss gestellt wurde, dort nicht beantwortet werden konnte und zu der jetzt die Antwort gekommen ist, nämlich warum die Personalkosten bei gleichbleibendem Personalstand gestiegen sind. Es wurden jetzt einige Punkte angeführt. Ein Punkt ist mir jedoch nicht klar, vielleicht kann mir das noch jemand erklären, nämlich was Sozialkosten zur Vorbereitung des Outsourcings der EDV-Betreuung sind, die zu einer Steigerung der Personalkosten beitragen.

Summa summarum ist natürlich auch der Ausbau der Südbahnstrecke positiv zu beurteilen, gerade für mich als Steirer. Ich weiß, es gibt da Probleme mit den Geneh-


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 201

migungen am Semmering. Natürlich muss man den ÖBB in diesem Falle zugutehalten, dass solch komplexe Verfahren nicht so einfach abzuwickeln sind. Wir hoffen, dass es zügig weitergeht.

Summa summarum werden wir dem Bericht zustimmen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

20.24


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Dr. Reiter. – Bitte.

 


20.24.14

Bundesrätin Dr. Heidelinde Reiter (Grüne, Salzburg): Hohes Präsidium! Frau Minister! Werte Kollegen und Kolleginnen! „Zügig“ geht es auf alle Fälle weiter, wir behandeln ja gerade den Schienen-Control-Bericht. (Heiterkeit.) Ich werde jetzt aber nicht die Zahlen und das, was hier an Problemen schon aufgerollt worden ist, wie­derholen.

Das mit den Tarifproblemen verstehe ich nicht ganz. Ich bekomme eigentlich immer, wenn ich auf der Website bei den Fahrplanauskünften hineingehe, den Tarif der Tickets mitgeliefert – eigentlich auf zwei Mausklicks. Ich denke, das funktioniert sehr gut.

Auf der Westbahnstrecke bin ich auch ein sehr zufriedener Kunde der ÖBB bezie­hungsweise der Bahn allgemein, auch der WESTbahn. Weniger gut schaut es mit anderen Strecken aus oder auch in der Fläche. Der größte Kritikpunkt ist natürlich, dass es ja sehr hochfliegende Träume gibt, von Ihnen, Frau Ministerin, aber auch von den Grünen, den Umweltbewegten, den Sonntagsrednern der Antitransitkämpfer und der lärm- und abgasgeplagten Anrainer von Straßen, und das seit vielen Jahrzehnten, nämlich die Verlagerung von der Straße auf die Schiene. Der Anteil der Schiene am Gesamtgüterverkehr sollte ja bis 2025 auf 40 Prozent steigen. Derzeit liegt er jedoch bei 30 Prozent und sinkt leicht.

Ich hatte dazu auch persönliche Erlebnisse in Salzburg: Ein Recyclingbetrieb, bei dem das Land auch das Anschlussgleis gefördert hat und der 15 Jahre auf der Schiene transportiert hat, ist heuer auf die Straße umgestiegen, weil das den Preis halbiert hat. Das heißt, die Schiene war doppelt so teuer als das, was er jetzt bezahlt. Da kann man ihm, auch wenn man noch so umweltbewegt ist, keinen Vorwurf für diesen Umstieg machen. Aber für das Gesamtsystem ist das bitter.

Der Wettbewerb auf der Schiene ist gestiegen, vor allem eben auf den wichtigen Verbindungen. Es werden ein Viertel der Güter und jeder siebente Fahrgast inzwischen von Privatbahnen befördert. Das finde ich bemerkenswert, aber im Lichte der vorlie­genden Zahlen, was den Güterverkehr betrifft, sollten meiner Meinung nach die großen Tunnelprojekte und ihre Notwendigkeit erneut hinterfragt werden, denn die werden alle mit den exorbitanten Zunahmen des Bahngüterverkehrs argumentiert, die offensichtlich nicht eintreten, und zwar nicht nur wegen der Krise. Auch das geht eigentlich aus diesen Zahlen hervor.

Das heißt, wir bräuchten diese Investitionen wahrscheinlich viel dringender für einen wirklich integrierten Taktverkehr in ganz Österreich. Wir bräuchten sie auch, um die Schiene in der Fläche zu behalten, was einfach notwendig ist, um den Menschen auch wirklich den Umstieg zu ermöglichen; aber auch die Schweiz hat ja mit ihren großen Tunnelprojekten und ihrer Auslastung durchaus Schwierigkeiten.

Aber danke für den sehr guten Bericht. Wir werden ihn gerne zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)

20.27

 



BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 202

Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Damit gelangen wir zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Ich stelle Stimmeneinhelligkeit fest. Der Antrag ist somit angenommen.

20.28.4018. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz und das Sozialministeriumservicegesetz – SMSG geändert werden (144 d.B. und 235 d.B. sowie 9202/BR d.B. und 9219/BR d.B.)

19. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialver­siche­rungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (236 d.B. sowie 9203/BR d.B. und 9220/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir kommen jetzt zu den Punkten 18 und 19 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu diesen beiden Punkten ist Herr Bundesrat Pfister. Bitte um den Bericht.

 


20.29.05

Berichterstatter Rene Pfister: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Minister! Der Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz und das Sozialministeriumservicegesetz geändert werden, liegt in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Juli 2014 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Der nächste Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsu­men­tenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Bericht liegt euch ebenfalls in schriftlicher Form vor; ich komme daher sogleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Juli 2014 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.

Zur Debatte über diese Tagesordnungspunkte darf ich sehr herzlich Herrn Bun­desminister Rudolf Hundstorfer bei uns hier im Bundesrat begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 203

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Wilhelm. – Bitte.

 


20.30.19

Bundesrat Richard Wilhelm (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Bereits seit längerer Zeit wird von Vertretern von Menschen mit Lernbeeinträchtigungen die Einräumung von Sitz und Stimme im Bundesbehindertenbeirat gefordert. Es ist zu begrüßen, dass dem Bun­desbehindertenrat nun in Zukunft acht statt sieben Behindertenvertreterinnen und -vertreter angehören werden. Diese Entwicklung geht in die richtige Richtung.

Menschen mit Behinderung und deren Vertreterorganisationen sind eigentlich eine geeignete Plattform, um die Behindertenpolitik in Österreich mitzugestalten und um mitzubestimmen. Menschen mit Behinderung sind kein Objekt der Wohlfahrt. Viele Handlungen waren oft darauf ausgerichtet, sie wohl zu versorgen und sie zu beschützen. Das hat aber zur Konsequenz, dass die Fähigkeiten von Menschen mit Behinderungen oft unbeachtet blieben.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen bietet eine Vielzahl von Dienstleistungen und Beratungsleistungen an, durch die Menschen mit Behinderung unterstützt werden sollen, sei es in beruflicher oder gesellschaftlicher Integration oder durch Unterstützungen und Leistungen.

Sehr zu begrüßen ist das Wiederaufleben von Sozialleistungen, wie zum Beispiel der Witwen- und Waisenpension, nach einem gescheiterten Arbeitsversuch. Lediglich in Wien gab es den Arbeitskreis Rückversicherung, der sicherstellte, dass auch nach einem gescheiterten Arbeitsversuch die erhöhte Familienbeihilfe sowie die Witwen- und Waisenpension wieder in Kraft traten.

Ich glaube, dass viele Menschen im Unterbewusstsein Angst hatten, am Arbeitsplatz zu versagen, wodurch die Waisenrente weg gewesen wäre, wenn sie aus dem Arbeitsprozess ausgeschieden wären. Das wird nun bereinigt. Es ist meiner Meinung nach ein großer Erfolg. Danke an alle, die daran mitgewirkt haben, dass diese Ände­rung beschlossen wurde.

Erstmals werden im Bundesbehindertengesetz Assistenz- sowie Therapiehunde als Unterstützungsmaßnahme für Menschen mit Behinderungen definiert. Bisher gab es nur für Blindenhunde eine klare Definition. Als Assistenzhunde sind solche Hunde zu bezeichnen, die Menschen mit Behinderungen zum Beispiel im Bereich der Mobilität unterstützen oder für andere Hilfeleistungen, wie zum Beispiel Warnungen bei epilep­tischen Anfällen und dergleichen, eingesetzt werden. Jetzt wird für Blindenführhunde, für Servicehunde sowie für Signalhunde der Oberbegriff „Assistenzhunde“ eingeführt, wobei jeder gewisse Kriterien erfüllen muss, um aus öffentlichen Mitteln gefördert zu werden.

Werte Kollegen, wir haben dafür Sorge zu tragen, dass Menschen mit Behinderung die bestmögliche Teilhabe am Arbeits- sowie am gesellschaftlichen Leben erfahren kön­nen. Mit diesem Gesetz wird eine zielgerichtete Unterstützung für Menschen ange­boten, die es wirklich brauchen.

Von meiner Seite noch einen schönen wohlverdienten Urlaub! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 204

20.33


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Saller. – Bitte.

 


20.33.29

Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Wie wir wissen, gibt es gravierende Änderungen in der Altersstruktur der Bevölkerung. Auf der einen Seite werden die gesunden Leute immer älter, und auf der anderen Seite wird die Zahl derer, die Hilfe brauchen, der pflegebedürftigen Menschen mit einer Behinderung, immer größer. Es gilt daher, alles zu tun, um die Lebens­situation dieser Mitbürger mit Behinderung zu verbessern.

Der vorliegende Gesetzentwurf bringt eine Reihe solcher Verbesserungen. Gott sei Dank spielte hier nicht Parteipolitik eine Rolle, sondern das gemeinsame Ziehen an einem Strang. Gerade im Behindertenbereich ist der Bürokratismus hintanzustellen. Die Verwaltungsvereinfachung muss Priorität haben. Ich stehe nicht an, dem Herrn Minister und der Beamtenschaft für diese Vorlage sehr herzlich zu danken.

Die Neueinstufung ist leichter zu erreichen, der Behindertenpass bekommt Bescheid­charakter, man braucht nicht mehr extra die Ausstellung eines Bescheides zu beantragen. Das alles ist wieder ein Schritt weniger Bürokratie und erspart Mittel, die man wieder woanders verwenden kann. Das gesparte Geld kann man etwa für Assis­tenzhunde – die diesbezügliche Festlegung neuer Kriterien wurde schon genannt – sowie für weitere Maßnahmen zur Qualitätssicherung verwenden.

Ebenso zu begrüßen ist die Ausweitung des Behindertenbeirates sowie die positive Bestellung des Behindertenanwaltes. Ich bin auch sehr froh darüber, dass im Zuge der Sanierung des Parlaments Erhebliches für die Behinderten umgesetzt und verändert wird. Wie ist es jetzt? – Die Besuchergalerie, die Ministerbänke, nichts ist barrierefrei. Das wird sich alles ändern. Alle Funktionen werden barrierefrei ausgeübt werden können.

Abschließend möchte ich noch sagen: Das Augenmerk ist auch auf die Arbeitsplätze für Behinderte zu richten. Ich appelliere an den öffentlichen Dienst und an Betriebe, Behinderte einzustellen. Tun wir künftig alles für Menschen, die es im Leben nicht leicht haben. Damit sind wir, glaube ich, wirklich gut beraten, und wir tun ein gutes Werk. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

20.36


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundes­rat Dr. Schmittner. – Bitte.

 


20.36.13

Bundesrat Dr. Dietmar Schmittner (FPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Die Debatten sind heute schon sehr emotional verlaufen, sogar hitzig. Ich stehe aber nicht an, Herr Bundesminister, mich heute im Namen eines Bauarbeiters aus Stuhlfelden bei Ihnen zu bedanken. Ich habe für ihn interveniert. Er hat vor einem halben Jahr einen Arbeitsunfall gehabt, und die BVA und die AUVA haben ihn im Kreis geschickt. Durch Ihr Zutun darf er am Montag die Kur antreten. Ich glaube, so etwas muss man auch einmal erwähnen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Bundesräten von ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Die FPÖ wird bei den Tagesordnungspunkten 18 und 19 selbstverständlich zustimmen. Es ist klar, ich habe selbst schon Erfahrung bei Interventionen, und da dieser Behinder­tenpass bisher keinen Bescheidcharakter gehabt hat, waren die Beschwerdemög­lichkeiten sehr, sehr zäh, sodass es sehr von Vorteil ist, dass er jetzt Bescheid­charakter hat.

Das nächste Thema: Die vermehrte Transparenz bei der Bestellung des Behinder­tenanwaltes kommt ein bisschen spät, weil der Herr Buchinger, Ex-Soziallandesrat und Ex-Sozialminister, erst vor Kurzem wiederbestellt worden ist. Ich kann seine Arbeit


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 205

nicht beurteilen. Er ist ja sehr viel in Väterkarenz. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Sehr viel, eigentlich schon; relativ oft, sagen wir so. Ich bin ihm aber nicht neidig wegen der Potenz, das muss ich auch sagen. (Bundesrätin Kurz: Na geh, was ist da los!) Er ist auch schon in einem hohen Alter. (Bundesrätin Zwazl: Na geh bitte! Weitere Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) – Okay.

Was natürlich auch sehr wesentlich ist: Dank Ihres Zutuns bleibt für behinderte Menschen, die sich am Arbeitsmarkt vergeblich um einen Job bemühen, der Anspruch auf Waisenrente aufrecht. Das ist, glaube ich, eine sehr wesentliche und positive Neuerung.

Zum Punkt Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz ... (Bundesrätin Michalke: Der kommt erst!) – Na kann ich es nicht ...? Wir haben eh ... (Allgemeine Heiterkeit. – Bundesrat Kneifel: Dann hast du es hinter dir! Mach es jetzt gleich!) Heute ist schon so viel durcheinandergegangen, aber bitte: Die FPÖ stimmt diesem Gesetzentwurf zu, und zum Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz melde ich mich noch zu Wort. (Beifall bei der FPÖ sowie des Bundesrates Dönmez.)

20.38


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Fetik. – Bitte.

 


20.39.04

Bundesrätin Ilse Fetik (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute schon über einige Themenstellungen beziehungsweise gesetzliche Grundlagen diskutiert, um die Situation von behinderten Menschen zu verbessern. Das ist wichtig, das ist richtig, aber ich schließe mit meinem Beitrag nahtlos an jene der Bundesräte Wilhelm und Saller an und möchte deren Appell verstärken, dass sich Unternehmen nicht mit einer Strafzahlung dem Auftrag entziehen dürfen, Menschen mit gesundheitlichen Ein­schränkungen zu beschäftigen.

Dabei geht es mir sowohl um Neuaufnahmen als auch um die aufrechtzuerhaltenden Beschäftigungsverhältnisse von Menschen, die im Laufe ihres Erwerbslebens vorübergehend oder sogar chronisch erkranken. Es geht darum, sie auch dann weiter in Beschäftigung zu halten, wenn sie ihre bisherige Tätigkeit nicht in der bisherigen Form ausüben, aber vielleicht andere Aufgaben oder in einer anderen Form wahrneh­men können. Es ist klar, dass für die Menschen, wenn sie immer länger in Beschäf­tigung bleiben können und sollen, die Arbeitsbedingungen so zu gestalten sind, dass dies auch möglich ist.

Naturgemäß muss der Anteil an Menschen mit Behinderung steigen, wenn das Durchschnittsalter der Beschäftigten steigt, genauso wie der Anteil chronisch Kranker steigen muss. Das muss aber nicht unbedingt bedeuten, dass Menschen mit Ein­schränkungen nicht auch einen wichtigen Beitrag in einem Unternehmen leisten können. Im Gegenteil! Menschen mit Behinderungen sind leistungswillig und leistungs­bereit. Aus eigener Erfahrung als Betriebsrätin weiß ich, dass es oft nur einer Einstellungsänderung von Unternehmen bedarf, eine inklusive Gesellschaft nicht nach dem Florianiprinzip bei anderen zu verlangen, sondern selbst damit zu beginnen, damit konkrete Fortschritte erreicht werden können.

Betriebliche Gesundheitsförderung, das Programm fit2work und die Gesundheitsstraße sind wichtige Initiativen, um Menschen und Unternehmen in ihren Bedürfnissen bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen, der Arbeitsumgebung und der Arbeitsabläufe zu unterstützen. Bereits erwähnt wurde die Initiative des Landes Wien mit dem Arbeits­kreis Rückversicherung. Modelle der Durchlässigkeit bei Arbeitsversuchen, ein weiterer


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 206

Ausbau integrativer Berufsausbildung und der Entwicklung von Modellen inklusiver Arbeit unter Beteiligung Betroffener sowie die zweckorientierte Abstimmung finanzieller Mittel und die Hinterfragung der Abgrenzung von Bundes- und Landeskompetenzen sind konkrete Lösungsansätze, die unser aller Unterstützung benötigen. Ein wichtiges Anliegen ist mir dabei auch die Förderung von arbeitsmarktfernen Frauen mit Behin­derung.

Mit Ihrer Unterstützung können wir mit jenen Gesetzen, die wir heute beschließen, auch in der Umsetzung zu wirksamer Beschäftigung verhelfen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.42

20.42.20

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wir gelangen daher zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und weitere Gesetze geändert werden.

Ich ersuche abermals jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustim­men, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist wieder Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

*****

Zwischenzeitlich hat das Stenographische Protokoll den Präsidiumstisch erreicht, und ich darf festhalten:

Herr Bundesrat Schennach hat folgendermaßen formuliert:

„(…) kann ich mich auf eine kleine Aufgabe beschränken, nämlich den rhetorischen Müll des Kollegen Jenewein noch vom Rednerpult abzuräumen.“

„Unter dem rhetorischen Müll des Kollegen Jenewein war, die SPÖ habe zu den Übergriffen in Bischofshofen kein Wort gesagt.“

„Die FPÖ tut provozieren, ernennt einen Hetzer und Rassisten mit 21 zum stellver­tretenden Stadtschulratspräsidenten in Wien (…) – einen Hetzer und Rassisten!“

In Abstimmung mit Präsidentin Blatnik und Vizepräsidentin Posch-Gruska erteile ich Herrn Bundesrat Schennach dafür einen Ordnungsruf.

Ich möchte darauf hinweisen, dass wir uns schon die Norm anlegen sollten, dass Formulierungen, die nicht unter dem Schutz der Immunität vom Rednerpult aus erfolgen und dann als Verleumdungen, eigentlich als Beleidigungen eingeklagt werden können, unterlassen werden.

*****

Als Herr Schennach das Rednerpult verlassen hat, hat sich Kollege Jenewein noch mit einem Zwischenruf bemüht und gesagt: „Ja, jetzt geht er gerade, der Mist!“


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 207

Dafür erteile ich ebenfalls in Abstimmung mit Präsidentin Blatnik und Vizepräsidentin Posch-Gruska Herrn Bundesrat Jenewein einen Ordnungsruf.

20.45.5820. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Bauarbeiter-Schlecht­wetter-Entschädigungsgesetz 1957, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden (167 d.B. und 242 d.B. sowie 9221/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen nun zum 20. Punkt der Tagesord­nung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Fetik. – Bitte um den Bericht.

 


20.46.16

Berichterstatterin Ilse Fetik: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie bereits angesprochen hat sich der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz am 22. Juli mit dem Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Bauarbeiter-Schlechtwetter-Entschädigungs­gesetz 1957, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Arbeitslosenver­siche­rungsgesetz 1977 geändert werden, auseinandergesetzt.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, und Sie haben es sich zu dieser Stunde verdient, dass ich diesen nicht näher erläutere.

Wir haben ausführlich darüber diskutiert, und der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Juli 2014 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. – Danke. (Beifall der Bundesrätin Kurz.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Schmittner. – Bitte.

 


20.47.34

Bundesrat Dr. Dietmar Schmittner (FPÖ, Salzburg): Die FPÖ ist gegen dieses Gesetz – das ist auch nicht verwunderlich –, aber nicht nur wegen der Bauarbeiter-Urlaubskasse. Ich sehe keinen großen Vorteil für einen Bauarbeiter. Erstens verfällt der Urlaubsanspruch jetzt nach drei Jahren, vorher waren es zehn Jahre. (Zwi­schenrufe bei der SPÖ.) – Ja, zehn Jahre. Die Ministerialbeamtin, ich weiß nicht, wer das war, hat mir am Dienstag zur Antwort gegeben: Es dient der Angleichung oder Harmonisierung der Berufsgruppen. (Bundesminister Hundstorfer: Ja!) Ich glaube, das ist richtig; ja, Herr Bundesminister, aber für mich ist ein Bauarbeiter – gerade am Dienstag hat es geschüttet wie nur was – ein bisschen anders zu bewerten als ein Schalterbeamter bei der Gebietskrankenkasse.

Das muss ich Ihnen schon sagen: Wir haben noch überall Privilegien, ob bei den ÖBB oder sonst wo, und bei den Bauarbeitern nimmt man die – unter Anführungszeichen – „Privilegien“ weg. Meines Erachtens ist das nicht der richtige Weg, und darum ist die FPÖ nicht dafür. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

20.48


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Pfister. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 208

20.48.52

Bundesrat Rene Pfister (SPÖ, Niederösterreich): Ich werde mich kurz halten. Wenn wir über dieses Gesetz reden, dann geht es um ein paar Präzisierungen. Ich möchte hervorheben, dass es nun klare Übergangsregelungen für die Einführung der Urlaubs­ersatzleistungen gibt, dass die Schaffung eines Härtefonds möglich ist, dass natürlich auch das Dauerrecht kommt. Und in Bezug auf Urlaubsharmonisierung sieht das Urlaubsgesetz vor, dass nach drei Jahren für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh­mer in ganz Österreich nicht verbrauchter Urlaub verfällt.

Zu den positiven Dingen, die da sehr wohl hervorzukehren sind, gehört eine breite Sozialpartnereinigung. Bereits im Jahr 2013 wurde dieses Gesetz beschlossen, und jetzt geht es um eine Präzisierung und um eine Klarstellung.

Positiv ist natürlich auch zu erwähnen für die Kolleginnen und Kollegen, dass die kollektiv­vertragliche Lohnerhöhung während des Bezugs von Überbrückungsgeld berücksichtigt wird und dass auch dementsprechend valorisiert wird. Teilzeitbeschäf­tigten steht das Überbrückungsgeld aliquot zu. Während des Überbrückungsgeld­bezuges ist eine geringfügige Beschäftigung neben dem ASVG zulässig. Und natürlich gibt es auch bei den Überbrückungsgeldbeziehern die Abfertigungsregelung alt und neu, die ebenfalls einbezogen wird.

Auch erstmals: Die entsendeten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben nach Erfüllung sämtlicher Voraussetzungen Anspruch auf dieses Überbrückungsgeld.

Das ist ein positives Gesetz für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, das auf breiter Basis mit den Sozialpartnerinnen und Sozialpartnern verhandelt wurde, die sich dazu bekennen und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dementsprechend schützen und es auch verbessern wollen. Natürlich stehen wir gemeinsam dazu.

Die Überbrückungsgeld-Finanzierung ist auch etwas Einzigartiges: Zu 95 Prozent kommen die Arbeitnehmer für dieses Überbrückungsgeld auf. Das ist eine schöne Lösung für die Kolleginnen und Kollegen, denn jeder Kollege, der 44 Jahre lang am Bau gearbeitet hat, wird sagen: Mir ist es lieber, ich bekomme Überbrückungsgeld, bevor ich in die Arbeitslose gehe oder irgendwelche Urlaube, die ich angespart habe, die ich sowieso nicht nehmen kann, gar nicht bekomme. (Beifall bei der SPÖ.)

20.51


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Ich darf Herrn Bundesrat Dönmez das Wort erteilen. – Bitte.

 


20.51.21

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Auch wir werden dem zustimmen, weil wir auch ganz klare Verbesserungen für die Bauarbeiter erkennen. Wir unterstützen die Vorschläge, bei denen es um die Verbesserung der Arbeits- und der Entlohnungs­bedingungen geht und auch die Ausstiegsszenarien für die Bauarbeiter verbessert werden.

Es ist auch ausdrücklich zu begrüßen, dass sämtliche Maßnahmen im Kampf gegen die Schwarzarbeit und auch gegen Lohn- und Sozialdumping verbessert werden. Dafür ist allen Beteiligten zu gratulieren.

Was ich schon auch erwähnen möchte, sehr geehrter Herr Minister: Sie wissen um die Problematik der Subfirmen. Da kommt es zu sehr vielen – wie soll ich sagen? – Ungereimtheiten, was Beschäftigungs- und Arbeitszeiten und so weiter betrifft. Es wäre sicher noch sinnvoller, wenn man die Finanzpolizei und auch die sonstigen Kontrol­leure mit mehr Rechten ausstatten könnte, damit man gegen diesen Unfug und gegen diese Ausbeutung, die es leider Gottes gibt, noch effizienter vorgehen kann.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 209

Aber im Großen und Ganzen herzlichen Dank, wir werden unsere Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ.)

20.52


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Hundstorfer. – Bitte, Herr Minister.

 


20.52.49

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich mache es ganz kurz, nur zwei Dinge.

Meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, ich würde Sie dringend bitten, Ihre Argumentation zu überdenken! Sie sind ja die Anti-Privilegien-Partei und stellen sich auf einmal hierher und sagen, wir müssen ein Privileg erhalten, ein Privileg, das in Wahrheit keines ist. Es ist keines! Das gesamte österreichische Arbeitsrecht sieht drei Jahre für den Verbrauch des Urlaubs vor. Punkt! Das führen wir jetzt zusammen, damit das für alle 3,5 Millionen Beschäftigten in diesem Land gleich ist. Darum geht es. Das ist ein vollständig ausgehandelter Sozialpartnerkompromiss.

Auch zum Überbrückungsgeld ist noch eine Klarstellung notwendig. In Wahrheit werden Sie keinen Bauarbeiter finden, der über diese Regelung unglücklich ist. Reden Sie sich das bitte nicht krampfhaft ein! Es hilft Ihnen nichts, diese Stimmen sind für Sie verloren, nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schreuder.)

Zur Verbesserung der Überprüfungsaktivitäten darf ich darauf verweisen, wir haben am Dienstag – viele meinen, in der Bundesregierung wird viel gestritten – gemeinsam eine Novelle in die Begutachtung gebracht, in der es unter anderem um eine Verschärfung des Lohn- und Sozialdumpinggesetzes geht, weil wir natürlich auch wollen, dass jene Baufirmen, die transparent arbeiten, die ordnungsgemäß arbeiten, die angemeldet arbeiten, noch besser geschützt sind als jene Baufirmen, die das alles nicht machen. Das Lohn- und Sozialdumpinggesetz wird entsprechend novelliert werden, und ich gehe davon aus, Sie werden es dann irgendwann im November hier im Bundesrat vorliegen haben, wenn der Fahrplan hält, der geistig vorhanden ist. Spätestens im Dezember werden Sie es haben, und dann wird auch das ein weiterer Schritt sein.

Wir sind auch dabei, die Frage des Billigst- und Bestbieterprinzips entsprechend weiterzuentwickeln. Wir sind auch dabei, in der Frage von Sub-Sub-Sub-Sub eine verbesserte Regelung zu finden, denn, nein, das ist nicht immer das Beste. Es gibt große Übereinstimmung auch mit dem Gewerbe – ich muss das so betonen –, mit dem Gewerbe, und es gibt noch gewisse Überzeugungsarbeit mit der Bauindustrie, um das offen darzulegen. In diese Richtung werden wir weitermachen.

In diesem Sinne danke ich Ihnen schön, und Sie gestatten mir, Ihnen einen wun­derschönen Sommer 2014 zu wünschen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)

20.55


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 210

20.55.55 21. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz geändert sowie das Bundesgesetz über das Verbot des In-Verkehr-Bringens von kosmetischen Mitteln, die im Tierversuch überprüft worden sind, und die Verordnung über den Verkehr mit Essigsäure zu Genußzwecken aufgehoben werden (184 d.B. und 209 d.B. sowie 9225/BR d.B.)

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Wir gelangen zum 21. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Preineder. – Bitte um den Bericht.

 


20.56.17

Berichterstatter Martin Preineder: Geschätzte Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz geändert sowie das Bundesgesetz über das Verbot des In-Verkehr-Bringens von kosmetischen Mitteln, die im Tierversuch überprüft worden sind, und die Verordnung über den Verkehr mit Essigsäure zu Genußzwecken aufgehoben werden.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Juli 2014 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Danke für die Berichterstattung.

Zur Debatte über diese Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates darf ich sehr herzlich Herrn Bundesminister Alois Stöger begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Krusche. – Bitte, Herr Kollege.

 


20.57.21

Bundesrat Gerd Krusche (FPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Bei diesem Gesetz handelt es sich überwiegend um Anpassungen an Unionsrecht und Anpassungen zur Vermeidung von Auslegungsschwierigkeiten. Inhaltlich per se sind die einzelnen Punkte – es sind ja sehr viele in diesem Gesetz – durchaus in Ordnung. Aber leider Gottes steht dieses Gesetz in Verbindung mit einer überbordenden Büro­kratie und damit auch hohen Kosten. Allein über 100 000 € pro Jahr für alle Betrof­fenen an Verwaltungskosten und auch noch sonstige Auswirkungen in Höhe von 2,5 Millionen sind hier ausgewiesen.

Wir haben heute ganz zu Beginn dieser Sitzung – man kann sich schon kaum mehr daran erinnern, weil es schon so lange her ist – in der Aktuellen Stunde darüber geredet, dass wir entlasten müssen, dass wir eine zu hohe Belastung der Wirtschaft haben. Deswegen können wir nicht Maßnahmen und Gesetzesänderungen zustimmen, die wieder zusätzliche Kosten für unsere Wirtschaft und für unsere Betriebe zur Folge haben. Bevor nicht Maßnahmen gesetzt werden, um endlich diesen Streit zu beenden und wirklich nachhaltige Steuerentlastungen durchzusetzen, können wir keinen weite­ren Belastungen unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei der FPÖ.)

20.59


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Ebner. – Bitte, Frau Kollegin.

 


20.59.10

Bundesrätin Adelheid Ebner (SPÖ, Niederösterreich)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Beim Verbraucherschutz und auch bei der Lebens­mittelsicherheit gibt es in Österreich Gott sei Dank sehr hohe Standards. Ich möchte


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 211

daher heute die Gelegenheit nutzen, all jenen Dank auszusprechen, die sich tagtäglich um den Schutz der österreichischen Verbraucherinnen und Verbraucher verdient machen. Dazu zählen beispielsweise auch unsere Lebensmittelkontrolleure.

Es ist absolut zu begrüßen, wenn jetzt mit dieser Gesetzesnovelle das System der Lebensmittelkontrolle noch engmaschiger wird, denn in Hinkunft können zusätzlich zu den Lebensmittelaufsichtsorganen beauftragte amtliche Tierärzte für diese Hygiene­kontrollen in allen zugelassenen Betrieben herangezogen werden. Dies ist gerade bei den Bundesländern ein Vorteil, wo nicht immer genügend Personalressourcen vorhan­den sind.

Wie umfangreich diese Kontrollen auch im Jahr 2013 waren, kann man dem kürzlich vorgelegten Lebensmittelsicherheitsbericht entnehmen. Laut diesem Bericht hat es im vergangenen Jahr in Österreich 73 308 Betriebskontrollen gegeben und sind 31 333 Proben gezogen worden. Lediglich 0,4 Prozent aller Proben, also 117, wurden als gesundheitsschädlich eingestuft, und 3,6 Prozent aller Proben, also 1 137, wurden für den menschlichen Verzehr beziehungsweise für den bestimmungsgemäßen Gebrauch als ungeeignet erachtet. Das ist ein leichter Rückgang.

Ziel muss es jedoch sein, unsere Lebensmittel auch in Zukunft sicherer und genuss­taug­licher für den menschlichen Verzehr zu produzieren. Wenn nun beim Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz Änderungen vorgenommen werden, so hat das primär mit den notwendigen Anpassungen an das EU-Recht zu tun, und damit können Adaptierungen beziehungsweise Auslegungsschwierigkeiten vermie­den werden.

Betreffend die geänderten Punkte habe ich bereits auf das Stichwort „Hygienekontrolle“ durch den amtlichen Tierarzt hingewiesen. Erwähnen möchte ich noch einen anderen Punkt, der anschaulich zeigt, wie wichtig Adaptierungen beziehungsweise Klarstellun­gen im Gesetzestext sind.

Laut einer EU-Verordnung werden Personen, die berufsbedingt kosmetische Mittel verwenden, wie etwa FrisörInnen und FußpflegerInnen, als EndverbraucherInnen betrachtet. Die Anwendung dieser kosmetischen Mittel an die KundInnen wird also nicht als Inverkehrbringen gesehen, weshalb im Gesetz nun eine entsprechende Klarstellung zu treffen ist. Das ist eine Kleinigkeit für den Gesetzgeber, aber für die betroffenen Personen stellt dies für ihre Berufsausbildung einen wichtigen Punkt bezüglich der Rechtssicherheit dar.

Bei den Produkten, die Handel- und Gastgewerbe feilbieten, muss es für die Kon­sumentinnen und Konsumenten die Sicherheit geben, dass diese bedenkenlos sind. In Österreich kann diese Erwartung aufgrund der Gesetzeslage in einem hohen Maß auch erfüllt werden.

Es bleibt zu hoffen, dass dieser hohe Standard durch den im Raum stehenden Handelsvertrag zwischen der Europäischen Union und den USA nicht gefährdet, sondern beibehalten wird, wobei er noch weiter ausgebaut werden sollte.

Unsere Fraktion stimmt gerne dieser Gesetzesvorlage zu. (Beifall bei der SPÖ.)

21.03


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Reisinger. – Bitte, Herr Kollege.

 


21.03.09

Bundesrat Friedrich Reisinger (ÖVP, Steiermark): Geschätzte Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Österreich


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 212

wird zu Recht immer wieder als Feinkostladen Europas bezeichnet. Dafür, dass das so ist, gibt es im Wesentlichen, glaube ich, drei Begründungen.

Erstens ist es der Umstand, wie unsere Lebensmittel von unseren Bäuerinnen und Bauern produziert werden. Zweitens ist es der Umstand, wie unsere Lebensmittel verarbeitet und vermarktet werden. Und drittens geht es darum, wie glaubwürdig gesetzliche, aber auch freiwillige Qualitätskriterien umgesetzt werden. Und da spielt natürlich auch die Qualitätskontrolle eine ganz wesentliche Rolle.

Es geht sozusagen um das gesamte Zusammenspiel von der Produktion bis zur Vermarktung oder, wie es oft gesagt wird, um den Weg vom Feld bis zum Teller. Und damit das auch so gut bleibt, wie es bei uns ist, braucht es wesentliche gesetzliche Rahmenbedingungen, denn nur dann ist auch gewährleistet, dass unsere Produkte nach wie vor im europäischen Raum angeboten werden können, dass wir diese auch entsprechend exportieren können. Und sie werden auch sehr gerne europaweit gekauft. Dazu ist es notwendig, dass die Bestimmungen auch europaweit ent­sprechend harmonisiert sind.

Vor allem ist aber durch diese Novelle gewährleistet, dass wir alle uns auch in Zukunft darauf verlassen können, dass österreichische Lebensmittel von höchster Qualität sind. Wir werden daher diesem Gesetz sehr gerne zustimmen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

21.05


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bun­desrätin Dr. Reiter. – Bitte, Frau Kollegin.

 


21.05.09

Bundesrätin Dr. Heidelinde Reiter (Grüne, Salzburg): Herr Minister! Hohes Präsi­dium! Werte Kollegen und Kolleginnen! Aus unserer Sicht geht das Gesetz in die richtige Richtung, und wir werden ihm zustimmen. Wichtig ist uns allerdings, dass in der Vollziehung, insbesondere im Bereich der Wirte und der Allergeninfor­mations­fragen, mit Augenmaß vorgegangen wird, um einerseits die europäische Norm zu erfüllen und mehr Verbrauchersicherheit herzustellen, andererseits aber die Akteure nicht zu überfordern. (Beifall der Bundesrätin Zwazl.)

Ich glaube, es ist ganz zentral, dass Speisekarten nicht wie Medikamentenbeipack­zettel aussehen und es auch für kleine Betriebe möglich ist, sich gesetzeskonform zu verhalten und zu handeln. (Beifall bei Grünen und ÖVP, bei Bundesräten der SPÖ sowie der Bundesrätin Mühlwerth.)

21.06


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Stöger. – Bitte, Herr Minister.

 


21.06.00

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist mir eine Freude, Ihnen heute diesen Gesetzesbereich darzulegen und Sie um die Zustimmung zu bitten, weil wir damit etwas erreichen, was in Österreich einen zentralen Standard ausmacht. Stellen Sie sich vor – und viele Menschen erleben das jetzt –: Sie fahren ins Ausland auf Urlaub und sind sich nicht sicher, ob sie die Lebensmittel, die sie bekommen, auch tatsächlich vertragen! Das ist eine Qualität, die wir in Österreich haben: dass unsere Lebensmittel in einer guten Qualität zur Verfügung stehen!

Ich bedanke mich bei allen, die in dieser Kette der Lebensmittelproduktion – Herr Bundesrat Reisinger hat es gesagt: vom Feld bis zum Teller – daran arbeiten, dass die


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 213

Lebensmittel für die österreichische Bevölkerung in dieser Qualität auch zur Verfügung stehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man kann Qualität nicht „erprüfen“, man muss sie erzeugen. Wir brauchen aber die Prüfung, damit erstens diejenigen, die es nicht so genau nehmen, genauer unter die Lupe genommen werden, und zweitens, damit wir die Glaubwürdigkeit in die österreichischen Lebensmittel auch sicherstellen können und so die Bevölkerung die Gewissheit hat, dass sie dann, wenn sie ein Lebensmittel in einem österreichischen Handelsbetrieb kauft, sie sicher sein kann, dass dieses Lebensmittel verträglich und nicht gesundheitsgefährdend ist.

Wir überprüfen zielorientiert. Wir haben ein Überprüfungssystem aufgebaut, wo wir ganz bewusst sagen: Dort, wo die größeren Gefahren liegen, prüfen wir spezieller, und dort, wo wir die Erfahrung haben, dass weniger Gefährdung vorliegt, wird in längeren Intervallen geprüft.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir erkennen an den Lebensmittelkontrollen, dass nur 0,4 Prozent der kontrollierten Lebensmittel gesundheitsschädlich waren. Und ich sage: Wir kontrollieren risikobasiert. Wir haben viele Kontrollen, wo wir meinen, da könnte etwas schiefgehen. Dort wird kontrolliert, und trotzdem haben wir nur 0,4 Pro­zent an nicht genussfähigen Lebensmitteln im Handel vorgefunden. Ich denke, das ist wichtig, und man soll auch erkennen, dass wir genau diese Aktivitäten brauchen.

Der Lebensmittelbericht, der auch schon angesprochen wurde, sichert auch die Infor­mation der Bevölkerung. Damit wird das Vertrauen in die österreichischen Lebensmittel noch einmal gestärkt.

Entscheidend ist auch das Wasser, es ist eines der zentralen Lebensmittel. Wir haben jetzt strenge Wasserkontrollen entwickelt, und eine Regelung ist auch die, dass wir Bürokratie abbauen, nämlich dass der Trinkwasserbericht, die Unterlagen in Zukunft nur mehr elektronisch verarbeitet werden, damit wir auch schnellen Zugang zu diesem Bereich haben.

Insgesamt haben wir im Vorjahr die Anzahl der Betriebskontrollen um 5 Prozent erhöht. Das bedeutet, dass die Österreicherinnen und Österreicher wissen, ihre Lebensmittel sind sicher. (Vizepräsidentin Posch-Gruska übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte noch darauf eingehen, wie wir mit der Allergeninformation umgehen. Uns, gerade dem Bundesministerium für Gesundheit war es wichtig, da im Einvernehmen mit den betroffenen Personen praktikable Lösungen zu schaffen. Ich bedanke mich auch bei den Betrieben in der Gastronomie, die dazu bereit waren.

Ich denke, es ist gelungen, diese europäische Verordnung so umzusetzen, dass sie in den Betrieben praktikabel ist, dass aber dem Ziel entsprechend die Bevölkerung auch weiß, wo Allergenstoffe möglicherweise auftreten werden. Da soll die Bevölkerung wissen, wo das der Fall ist. Wir wollen aber nicht die Bürokratie auf der Speisekarte erfinden, sondern praktikable Vorschläge machen. Es hat dem auch die Fachgruppe in der Wirtschaftskammer durchaus wertschätzend zugestimmt. In diesem Sinne ersuche ich Sie um die Zustimmung zu diesem Gesetz. (Beifall bei der SPÖ.)

21.11


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Danke, Herr Minister.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 214

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

21.11.4422. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Personalvertretungsgesetz geändert wird (183 d.B. und 257 d.B. sowie 9226/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Wir gelangen nun zum 22. Punkt der Tages­ordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Saller. Ich bitte um den Bericht.

 


21.12.02

Berichterstatter Josef Saller: Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Personalvertretungsgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher sogleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung am 22. Juli den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Grimling. – Bitte.

 


21.12.46

Bundesrätin Elisabeth Grimling (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Das aus dem Jahr 1967 stammende und seither wiederholt geänderte Bundes-Personal­vertretungsgesetz regelt die Aufgaben, Rechte und Pflichten der Personalvertretung im Bundesdienst und bedarf dann einer strukturellen Anpassung, wenn sich Umbildungen in der Ressortverteilung durch die Änderung des Bundesministeriumgesetzes oder Maßnahmen der Verwaltungsreform, etwa durch Auflassung per Zusammenlegung behördlicher Einrichtungen, ergeben.

Man darf dabei aber nicht übersehen, dass derartige Veränderungen oft einschnei­dende Folgen für die betroffenen Bediensteten haben. Viele politische Maßnahmen des letzten Jahrzehnts haben das Berufsbild der Bundesbediensteten stark verändert und bei den Betroffenen Sorgen und Unmut hervorgerufen.

Die gewählten Personalvertreter waren und sind als einzige gesetzlich berufene Instanz, neben der freiwilligen Mitgliedschaft bei der gewerkschaftlichen Vertretung, mehr als je gefordert, mit Rat und Tat beizustehen. Da ich selbst seit vielen Jahren als Personalvertreterin österreichweit tätig bin, weiß ich, wo der Schuh drückt. Als kritische Punkte nenne ich erstens den Aufnahmestopp beziehungsweise die Zurückhaltung bei der Nachbesetzung frei werdender Planstellen beziehungsweise deren Streichung bei gleichbleibenden Aufgaben und deren Aufteilung auf die restliche Kollegenschaft ohne Aufwertung.

Zweitens geht es um die ständige Verschiebung ganzer Organisationseinheiten in ein anderes Ressort oder in eine ausgegliederte Einrichtung. Diese vernichten Kontinuität


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 215

und persönliche Karriereplanung. Oft genug finden die Betroffenen in der aufneh­menden Stelle neue Vorgesetzte und hierarchische Gliederungen vor, die ihrem Selbstwertgefühl als Fachkraft vielfach widersprechen.

Drittens: Personalengpässe durch Lehrlinge und Assistenten auszugleichen, wird als kurzsichtig empfunden, da es sich um befristete Maßnahmen handelt und auch für die Betroffenen selbst bei Bewährung keine Gewissheit einer dauernden Anstellung besteht.

Am 26. und 27. November 2014 finden die nächsten bundesweiten Personal­vertre­tungswahlen statt. Bei deren Ergebnissen werden die aufgezählten Probleme ihren Niederschlag finden. Die vorliegende Änderung des Personalvertretungsgesetzes kann freilich diese Probleme nicht aus der Welt schaffen. Was zur Durchführung der kommenden Wahlen aber notwendig ist, ist die Zusammenlegung der Zentral­ausschüsse im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasser­wirtschaft und die Senkung des passiven Wahlalters vom vollendeten 19. auf das vollendete 15. Lebensjahr, um die Vertretung der Interessen aller jugendlichen Bundes­bediensteten zu gewährleisten.

Die Anknüpfung an das vollendete 15. Lebensjahr erfolgt deshalb, weil das Vertrags­bedienstetengesetz 1948 als Aufnahmevoraussetzung in den Bundesdienst ein Lebensalter von mindestens 15 Jahren vorsieht.

Zusammenfassend kann ich also sagen: Es handelt sich bei der vorliegenden Novel­lierung um eine sinnvolle Neuregelung. Daher wird meine Fraktion dieser Novellierung ihre Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.17


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Ich danke, Frau Kollegin.

Ich darf Herrn Bundesminister Dr. Josef Ostermayer recht herzlich bei uns hier im Bundesrat begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Ebner. – Bitte.

 


21.17.26

Bundesrat Ing. Bernhard Ebner, MSc (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Ich möchte aus dieser Novellierung des Gesetzes einen Punkt herausgreifen, der mir wichtig erscheint. Neben all dem, was bereits meine Kollegin Grimling gesagt hat, was die Änderungen im Gesetz betrifft, möchte ich den Punkt der Wahlaltersenkung herausgreifen.

Mit dem vorliegenden Gesetz wird das Mindesteintrittsalter im öffentlichen Dienst zum Mindestwahlalter bei den kommenden Personalvertretungswahlen im Herbst. Damit können alle öffentlich Bediensteten unabhängig von ihrem Alters ihre Personalver­treterinnen und Personalvertreter wählen. Und damit werden die Personalvertretungs­wahlen im Spätherbst dieses Jahres eigentlich zu Vorbildwahlen – zu Vorbildwahlen deswegen, weil Österreich einmal schon Vorbild in diesem Bereich war.

Ich erinnere an das Jahr 2007. Im Jahr 2007 war Österreich das erste Land, das eine Wahlaltersenkung auf 16 eingeführt hat. Und 2008 war es Niederösterreich als erstes Bundesland, das bei einer Landtagswahl das Wahlalter auf 16 gesenkt hat. Danach folgten natürlich Bundeswahlen, Nationalratswahlen, Bundespräsidentenwahlen, Euro­pa­parlamentswahlen und viele mehr, wo eben das Wahlalter auf 16 gesenkt und somit auch Jugendlichen die Chance gegeben wurde, mitzubestimmen.

Der öffentliche Dienst führt jetzt als erster Arbeitgeber im Arbeitnehmer­vertre­tungsbereich Arbeitnehmerwahlen ab einem Wahlalter von 16 Jahren ein. Das ist


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 216

beispielgebend für andere Arbeitsvertretungswahlen. Es fehlen da nur zwei große, die noch nachziehen müssen. Das eine ist die Betriebsratswahl, und das andere ist die Arbeiterkammerwahl. Bei beiden gibt es noch kein fixes Wahlalter mit 16. Bei den Betriebsratswahlen dürfen zwar junge Menschen ab 18 wählen, die Lehrlinge dürfen einen Jugendvertrauensmann wählen, der aber leider kein Stimmrecht hat, sondern nur ein Sitzrecht im Betriebsrat. Und bei den Arbeiterkammerwahlen ist es so, dass zwar jugendliche Lehrlinge wählen dürfen, die sich aber reinreklamieren müssen. Die haben ein Problem: Damit sie dementsprechend ihr Stimmrecht wahrnehmen können, müssen sie zuerst aufzeigen und sagen: Ich möchte wählen! Ein fixes Wahlrecht für Lehrlinge gibt es nicht.

Während junge Menschen einen Bundespräsidenten, einen Bundeskanzler, einen Landeshauptmann oder einen Europaparlamentarier wählen dürfen, dürfen sie ihren Arbeiterkammerpräsidenten oder ihren Betriebsrat nicht wählen beziehungsweise nur dann wählen, wenn sie zuvor aufzeigen.

Wir haben heute schon vom Fach Politische Bildung gehört. – Der Landeshauptmann von Kärnten hat gesagt, dass er „Politische Bildung“ ab der fünften Schulstufe haben möchte. – Das ist gescheit!

Im Regierungsprogramm steht, dass die Einführung des Fachs „Politische Bildung“ ab der sechsten Schulstufe umgesetzt werden soll. Viele Länder haben dem auch schon Genüge getan. Das ist wichtig, um jungen Menschen die Wichtigkeit der Politik näherzubringen. Die Arbeiterkammer und der ÖGB in Niederösterreich betreiben jetzt eine Offensive an den Schulen, um den Jugendlichen auch in den Schulen Demokratie und Politik in stärkerem Maß näherzubringen.

Das ist gescheit. Dafür sind wir auch! Allerdings ist es ein bisschen komisch, wenn man den Jugendlichen sagt: Demokratie ist zwar wichtig, ihr dürft aber eigentlich nicht wählen! – Das ist komisch, und das gehört geändert.

In ganz Österreich werden auf Bundes- und Gemeindeebene Jugendparlamente und Jugendkongresse gebildet, bei welchen es darum geht, jungen Menschen zu zeigen, dass ihre Anliegen uns wichtig sind, dass wir alles, was sie sagen, berücksichtigen und sie in unsere kommunale Arbeit einfließen lassen wollen. – Wählen dürfen die jungen Leute die Arbeitnehmervertretungen aber erst ab 18 Jahren.

Ich lade daher alle, die hier sitzen, auch den Herrn Bundesminister, der das bitte auch an den zuständigen Bundesminister Stöger weitergeben möge, ein, mitzuhelfen, dass auch in den letzten Bereichen, also auch für Arbeiterkammer- und Betriebsratswahlen das Wahlalter auf 16 gesenkt wird, und zwar im Interesse unserer jungen Menschen, die zu den Entscheidungsträgern der Zukunft gehören, im Interesse der politischen Beteiligung als Ganzes – wir alle kennen das Problem der Politikverdrossenheit  – und auch im Interesse der Legitimation der Arbeitnehmervertreter. Wir alle kennen ja die Wahlbeteiligung bei der letzten Arbeiterkammerwahl!

Es ist dies ein Gesetz, bei welchem der öffentliche Dienst wieder einmal als Vorreiter dient, und ich bin überzeugt und gehe davon aus, dass er nicht nur Vorreiter ist, sondern auch Wegbereiter für zukünftige Arbeitnehmervertretungswahlen!

Seitens der ÖVP werden wir natürlich diesem Gesetz zustimmen, und ich freue mich, wenn auch die anderen nachziehen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 217

21.22


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Herbert. Ich erteile ihm dieses.

 


21.22.50

Bundesrat Werner Herbert (FPÖ, Niederösterreich)|: Frau Präsidentin! Frau Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Auch wir werden dieser Gesetzes­vorlage unsere Zustimmung geben, und zwar nicht nur deshalb, weil darin erforderliche redaktionelle Anpassungen betreffend Bezeichnungsänderungen oder auch Zuständig­keitsänderungen der Bundesministerien, aber auch betreffend die Verwaltungsgerichts­barkeit und die Personalvertreteraufsichtsbehörde, die ja ihre neue Tätigkeit aufge­nommen hat, ihren Niederschlag finden, sondern auch deswegen, weil es auch wichtige Neuerungen und gute neue Inhalte in diesem Gesetz gibt.

Die Senkung des Wahlalters wurde von meinem Vorredner bereits angesprochen und argumentiert. Es gibt aber auch zahlreiche andere inhaltliche Anpassungen und Verbesserungen, die die Arbeit der Personalvertretungsgremien leichter macht, etwa die jetzt neue Einholung der Zustimmung von Personalvertretungsgremien im Umlauf­beschluss oder auch die Herabsetzung der Fristen bei der Anrufung der Verwaltungs­behörden, wenn es beispielsweise um die Feststellung der Wahllisten geht.

Alles in allem ist das eine gute Sache. Es gibt allerdings einen kleinen Schönheits­fehler. Wir haben das auch im Ausschuss diskutiert: Die Frage, warum man dem Militärischen Managementzentrum den Stellenwert eines Fachausschusses geben muss, konnte auch dort nicht klar geklärt werden. Es handelt sich dabei um eine Besonderheit, denn gerade dieses Militärische Managementzentrum ist weder eine Dienstbehörde, noch verfügt es über nachgeordnete Dienststellen, und so gesehen ist eigentlich nicht ganz klar, warum diese trotzdem den Status eines Fachausschusses genießt.

Ich gehe einmal davon aus – und so wurde es auch im Ausschuss vermittelt –, dass das ein Auswuchs der alten Aufteilung ist, die in der sozialpartnerschaftlichen Rege­lung dieser Republik ihre Grundlage hat. Das gefällt mir persönlich zwar nicht, das tut aber an und für sich diesem guten Gesetz inhaltlich keinen Abbruch, und deshalb werden wir, wie gesagt, diesem Gesetz unsere Zustimmung nicht verwehren.

Am Abschluss meiner Rede möchte ich meinen Dank und meine Anerkennung allen öffentlich Bediensteten aussprechen. Der öffentliche Dienst leistet, egal in welcher Sparte, ob bei der Polizei, bei der Gerichtsbarkeit, beim Bundesheer, im Justizwesen, bei der Lehrerschaft oder auch als Teil der Verwaltung, einen wichtigen und wertvollen Beitrag dazu, dass das Gefüge der Republik in den einzelnen Stufen der Bundesver­waltung, aber natürlich auch in den Landes- und Gemeindeverwaltungen so gut und reibungslos funktioniert. Das muss auch einmal erwähnt werden, und ich darf daher an dieser Stelle meinen besonderen Dank und meine besondere Anerkennung allen öffentlich Bediensteten aussprechen.

Ich wünsche diesen für die kommenden Personalvertretungswahlen, dass eine gute und weise Entscheidung getroffen werden wird, denn immerhin wird sie dieses Gremium die nächsten fünf Jahre begleiten. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

21.26


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desminister Dr. Ostermayer. Ich erteile ihm dieses.

 


21.26.23

Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und öffentlichen Dienst Dr. Josef Ostermayer: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Bundesrätinnen und Bundesräte! Ich schließe mich dem Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes selbstverständlich an, und ich danke auch dafür, dass es eine so große Zustimmung zu diesem Gesetz gibt. Im Nationalrat wurde dieses ja einstimmig


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 218

beschlossen, und es wurde – das möchte ich hier auch betonen – im Konsens mit den anderen Ministerien einerseits und den Sozialpartnern andererseits erarbeitet.

Das gilt für alle Punkte: für den Punkt betreffend das Sparen von Kosten, betreffend praxisgerechte Anpassungen und Vereinfachungen, betreffend Gebührenfreiheit, betref­fend die Möglichkeit, dass die Personalvertretungsausschüsse Beschlüsse auch im Umlaufwege fassen können, aber auch für all die anderen Punkte, also natürlich auch für die Herabsetzung des Wahlalters, so dass alle Bediensteten im Bereich des Bundes auch berechtigt sind, zu wählen.

In dem einen Punkt, den Herr Bundesrat Herbert jetzt angesprochen hat, hat dieser Konsens nicht stattgefunden, und zwar aus zwei Gründen, nämlich: weil einerseits keine Anregung in diese Richtung vom Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport gekommen ist und weil andererseits auch keine Anregung von den Dienst­nehmervertretern gekommen ist. Daher haben wir das auch in dieses Paket nicht auf­genommen.

Es gab, wie ich weiß, auch schon diesbezügliche Diskussionen im Nationalrat und im Ausschuss, aber wir waren bestrebt, ein Bundes-Personalvertretungsgesetz logischer­weise im absoluten Konsens mit den Personalvertretern zu machen. Daher ist dieses Gesetz so, wie es hier vorliegt, in schöner sozialpartnerschaftlicher Manier zustande gekommen, und ich danke für die große Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

21.28


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Danke, Herr Minister.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

21.28.56 23. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ORF-Gesetz geändert wird (185 d.B. und 258 d.B. sowie 9227/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Wir gelangen nun zum 23. Tagesordnungs­punkt.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Saller. Ich bitte um den Bericht.

 


21.29.10

Berichterstatter Josef Saller: Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über den Beschluss des Nationalrates betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ORF-Gesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung am 22. Juli den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 



BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 219

Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Jenewein. Ich erteile ihm dieses.

 


21.29.47

Bundesrat Hans-Jörg Jenewein (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Herr Bundesminister! Wir werden dieser Gesetzesvorlage unsere Zustimmung nicht geben, wobei ich – das habe ich auch vorgestern im Aus­schuss so begründet – eindeutig festhalten möchte, dass ich nicht gegen die Film­förderung bin. Ganz im Gegenteil: Wir halten diese an sich für eine richtige Sache. Das Problem und die Symbolik, die sich dadurch ergeben, sind aber, dass es wiederum um politische Einflussnahme auf den ORF geht. Wir wissen, dass es da eine – sagen wir einmal – interne Auseinandersetzung gibt, weil der ORF gerne eine Gebührenrefun­dierung bekommen würde, die er aber aus Spargründen nicht mehr bekommt, und so gesehen versucht halt jetzt die Politik wiederum, Einfluss zu nehmen, indem sie sagt: Wir machen jetzt eine Novellierung des ORF-Gesetzes, und ihr müsst diese 8 Millionen € für die Filmförderung verwenden.

Das ist prinzipiell von der Idee her richtig, von der Ausführung her aber falsch, weil es nicht so sein kann, dass die Politik laufend mit Gesetzesnovellierungen Einfluss auf das Unternehmen ORF nimmt. Das halten wir für grundlegend falsch, und darum werden wir dagegen stimmen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

21.31


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Frau Bundesrätin Grimling ist als Nächste zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr dieses.

 


21.31.07

Bundesrätin Elisabeth Grimling (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Dem österreichischen Parlamentarismus wird immer wieder vorgeworfen, dass große Reform­pakete oft nur langsam und zögernd in Angriff genommen und umgesetzt werden. Man übersieht dabei in der Öffentlichkeit gerne die Vielzahl von Rechtsbereini­gungen, Verbesserungen oder Neuregelungen, die das Parlament laufend vornimmt, die aber, wenn dagegen nicht aus irgendeinem Grund unsachlich polemisiert wird, unbeachtet bleiben, obwohl sie auch sehr wichtig sind.

Dies gilt auch für die unter diesem Tagesordnungspunkt behandelte Gesetzesmaterie. Sie beinhaltet eine neuerliche Ergänzung des heuer bereits einmal geänderten ORF-Gesetzes. Es geht um die Erfordernis einer Absicherung der Förderung der österreichi­schen Filmwirtschaft.

Die Zusammenarbeit zwischen Film und Fernsehen war bisher auf gesetzlicher Basis materiell nur bis 2013 geregelt. Nunmehr wird eine gesetzliche Absicherung des Film/Fernseh-Abkommens ab 2014 mit zumindest gleichbleibender Dotierung durch die Sicherstellung des Beitrages, den der ORF im Wege über das eingehobene Pro­gramm­entgelt einbehält, vorgesehen. Die vorgeschlagene Änderung soll den ORF motivieren, im Rahmen des Film/Fernseh-Abkommens weiterhin zum Erfolg bei der Herstellung österreichischer Filme beizutragen. Nachdem der ORF hier gesetzlich angehalten wird, jährlich mindestens acht Millionen zur Verfügung zu stellen, sollte es neuerlich zur berechtigten Diskussion über die Refundierung der Gebührenbefreiung kommen.

Aus sozialdemokratischer Sicht ist diese Förderung des österreichischen Films sehr zu begrüßen. Meine Fraktion wird dem die Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.33



BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 220

Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­des­rat Jachs. Ich erteile ihm dieses.

 


21.33.32

Bundesrat Mag. Christian Jachs (ÖVP, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr und Frau Oberösterreicher, Österreicher … (Zwischenruf des Bundesrates Kneifel.) Das gilt nicht nur für Oberösterreich! Herr und Frau Österreicher haben im Schnitt gut fünf Stunden täglich frei und zur eigenen Verfügung, und wenn man Herrn und Frau Österreicher fragt, wie sie ihre Freizeit am liebsten verbringen, dann antworten 65 Prozent der Österreicher: Am liebsten verbringe ich meine Freizeit vor dem Fernsehgerät.

Leider überträgt der ORF unsere Bundesratssitzung heute nicht. (Bundes­rätin Grimling: Nicht mehr!) Ja, nicht mehr! Eine Liveberichterstattung wäre aber wünschenswert, denn 65 Prozent verbringen ihre Freizeit am liebsten vor dem Fern­seher, und daher muss es uns ein Anliegen sein, dass wir den Österreicherinnen und Österreichern eine gute Kost servieren, und das muss auch dem ORF etwas wert sein. Daher unterstützen wir die ORF-Gesetz-Novelle, weil es darum geht, dass der österreichische Film auch in Zukunft eine Chance hat und vom ORF mit gefördert wird.

Der österreichische Film ist ein Kulturgut ersten Ranges. Wie die Literatur und die Musik ist heute auch der Film ein Exportschlager. Die österreichischen Filme feiern Erfolge weltweit, in Cannes, in Los Angeles, in Berlin, in München, in Venedig, und daher muss es uns ein Anliegen sein, diese Kreativität und dieses künstlerische Potenzial auch in Zukunft zu fördern und zu unterstützen! Das muss unserem Staatsfunk, unserem Staats-ORF auch etwas wert sein. Er muss als großer Sender auch mit fördern und sich gemeinsam mit dem Bund, den Ländern und den Gemeinden in der Filmförderung engagieren.

Österreich ist ein großartiges Filmland, und ich lade Sie ein: Gehen Sie ins Kino! Schauen Sie sich die tollen Filme nicht nur im Fernsehen an, und besuchen Sie, wenn Sie Zeit haben, nicht nur das Filmfestival in Wien vor dem Rathaus, sondern auch das Filmfestival Ende August in Freistadt!

Wir von der ÖVP-Fraktion stimmen dieser ORF-Gesetz-Novelle gerne zu. (Beifall bei der ÖVP.)

21.36


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Dr. Reiter. Ich erteile ihr dieses.

 


21.36.15

Bundesrätin Dr. Heidelinde Reiter (Grüne, Salzburg): Hohes Präsidium! Herr Minister! Werte Kollegen und Kolleginnen! Irgendwie entsteht jetzt der Eindruck, dass das eigentlich eine sehr planvolle Vorgangsweise bei einer ORF-Reform wäre. – Ich glaube nicht, dass dem so ist! Wir stimmen dem Gesetz zu. Ich möchte aber ausdrücklich festhalten, dass wir das Anliegen des ORF im Hinblick auf Refundierung als berechtigt erachten, wir jedoch den Versuch ablehnen, das auf Kosten der Kunstproduktion zu erzwingen.

Die Kultur in Geiselhaft des ORF, dem jetzt nach der Wahl Millionen entzogen werden: Das geht vor allem auf Kosten der Menschen im Kulturbetrieb, und diesen sollten solche Spielereien und solche Vorgänge erspart bleiben. Aus diesem Grund stimmen wir diesem Gesetz zu, halten das aber leider nicht für eine sehr planvolle Vorgangs­weise im Bereich Kunstförderung oder auch ORF-Finanzierung. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

21.37



BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 221

Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kneifel. Ich erteile ihm dieses.

 


21.37.35

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Groß war die Freude vor rund fünf Jahren, als Verhandlungen der Parlamentsdirektion und der Bundesratsdirektion im Besonderen – ich war damals Präsident des Bundesrates – mit dem ORF zu dem Erfolg geführt haben, dass auch Sitzungen des Bundesrates auf ORF III übertragen werden. – Ich halte das für einen Fortschritt, und ich halte das insbesondere für einen Vorteil für jene Österreicherinnen und Österreicher, die am demokratischen Prozess teilnehmen wollen, die sich ein abgerundetes Bild machen wollen, wie ihre gewählten Vertreter agieren, wie sie reden, wie sie handeln und was sie bewirken. Daher war es eine große Überraschung, als wir zum vergangenen Jahreswechsel zur Kenntnis nehmen mussten, dass ORF-Generaldirektor Wrabetz die Weisung erteilt hat, nicht mehr jede Sitzung des Bundesrates zu übertragen, sondern nur mehr ausgewählte Sitzungen, also jede zweite oder dritte Sitzung.

Ich glaube, dass die Journalistinnen und Journalisten, die Redakteurinnen und Redak­teure des ORF in diesem Bereich sehr gute Arbeit leisten, dass sie sich entsprechend dem Redakteursstatut und dem ORF-Gesetz bestens informieren und verhalten und ihre Arbeit ganz toll leisten. Ihre Arbeit stößt aber an Grenzen, wenn es eine Weisung des Generaldirektors gibt, dass manche Sitzungen des Bundesrates nicht mehr übertragen werden.

Ich glaube, dass es auch falsch ist, dass wir in Geiselhaft genommen werden, dass die Ländervertretung, die Länderkammer in Geiselhaft genommen wird, weil die Gebüh­ren­rückvergütung nicht im Ausmaß dessen erfolgt, wie sich der ORF das vorstellt, oder, wie Generaldirektor Wrabetz in seiner Antwort an den verdienten Vorgänger im Präsidium, Michael Lampel, mitgeteilt hat, dass der ORF diese Sitzungen deshalb nicht mehr übertragen kann, weil ein besonderes Gedenkjahr ist und viele Gedenkver­anstaltungen zu übertragen sind und deshalb nicht alle Bundesratssitzungen, sondern nur mehr ausgewählte übertragen werden.

Was können wir als Länderkammer dafür, dass gerade vor 100 Jahren der Erste Weltkrieg ausgebrochen ist, dass es ein Jubiläum des Zweiten Weltkriegs gibt, dass es andere Gedenkjahre gibt?! Das kann man, glaube ich, der Länderkammer nicht aufrechnen, wenn es darum geht, die Grundsätze des ORF-Gesetzes einzuhalten. Und ich verweise darauf, dass es in § 1 Abs. 3 des ORF-Gesetzes heißt:

„Der Österreichische Rundfunk hat bei Erfüllung seines Auftrages auf die Grundsätze der österreichischen Verfassungsordnung, insbesondere auf die bundesstaatliche Gliederung nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Länder sowie auf den Grundsatz der Freiheit der Kunst, Bedacht zu nehmen …“

Und weiters heißt es in der Bestimmung zum öffentlich-rechtlichen Kernauftrag, im § 4 des ORF-Gesetzes:

„die umfassende Information der Allgemeinheit über alle wichtigen politischen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und sportlichen Fragen“.

Die umfassende Information – damit sich der Staatsbürger ein Bild machen kann, wie die Bundesgesetzgebung erfolgt. Und ein Gesetz ist erst ein Gesetz, wenn es auch den Bundesrat passiert hat! (Beifall bei Bundesräten von ÖVP und SPÖ sowie der Bundesrätin Mühlwerth.)

Außerdem ist der ORF in seinem öffentlich-rechtlichen Kernauftrag verpflichtet, „die Förderung des Verständnisses für alle Fragen des demokratischen Zusammenlebens“


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 222

in dieser Republik zu behandeln und umfassend darüber zu berichten. – Ich vermisse das, und ich halte es wirklich für eine Zumutung für das Parlament, dass ein ORF-Generaldirektor sich anmaßt, manche Akte der Gesetzgebung und manche Sitzungen der Länderkammer im Zuge der Bundesgesetzgebung zu übertragen und manche nicht! (Beifall bei Bundesräten der FPÖ sowie der Bundesrätin Blatnik.)

Das ist meine Meinung dazu, und ich ersuche, in Zukunft vollständig über die Arbeit des Parlaments – und „Parlament“ ist das Haus; in diesem Haus sind zwei Kammern: der Nationalrat und der Bundesrat, die Länderkammer –, vollständig über den Gesetz­gebungsprozess im ORF zu berichten. Das ist mein Anliegen, und ich ersuche Sie, das auch zu unterstützen.

Ich bedanke mich noch bei Präsident Michael Lampel für seine Vorstöße beim ORF, beim Generaldirektor, auch für die Zusage der derzeitigen Präsidentin Ana Blatnik, in diesem Sinne fortzufahren. Ich glaube, es ist unser gemeinsames Anliegen, dass möglichst viele Bürgerinnen und Bürger über die Arbeit der Länderkammer auch entsprechend informiert werden. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Bundesräten der FPÖ.)

21.43


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundes­rätin Blatnik. Ich erteile es ihr.

 


21.43.44

Bundesrätin Ana Blatnik (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Gospa president! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Gospod zvezni minister! Liebe Kolle­ginnen und Kollegen! Drage kolegice in kolegi! Ich kann dich voll unterstützen, ich kann dich voll verstehen. Ich habe heute bei meiner Antrittsrede einen Satz gesagt, den ich wirklich ernst nehme. Dieser Satz lautet:

„Wir sollten uns aber auch fragen, wie wir diese wichtige Tätigkeit für die Öffentlichkeit wahrnehmbarer machen können.“ – Wahrnehmbarer machen können für die Bürger und Bürgerinnen!

Als der Bundesratspräsident außer Dienst Michael Lampel die ersten Gespräche mit dem ORF geführt hat, hat es eine Weisung gegeben, die lautete auf null: Keine einzige Übertragung sollte stattfinden! – Aufgrund der guten Gespräche mit dem ganzen Präsidium wurde beschlossen, dass 50 Prozent oder 60 Prozent oder 40 Prozent – die genaue Zahl ist mir nicht bekannt – übertragen werden.

Ich muss euch ehrlich etwas sagen: Wenn wir unsere Arbeit im Bundesrat ernst nehmen, dann darf für uns darüber überhaupt keine Diskussion stattfinden. Unsere Arbeit ist es wert, vom ORF übertragen zu werden, und wir sind es auch wert, weil unsere Arbeit sehr, sehr gut ist, und die Bürger und Bürgerinnen haben ein Recht auf die Übertragung unserer Sitzungen. Daher die Bitte: Alle Sitzungen sollen übertragen werden, und das nicht nur bis 20 Uhr, sondern bis zum Schluss.

Lieber Herr Minister! Ich als Präsidentin bitte dich, weil ich ganz einfach unsere Arbeit schätze, weil unsere Arbeit gut ist – und wir werden uns für keine Arbeit mehr rechtfertigen, wir werden wahrnehmbarer werden, wenn der ORF alle unsere Sitzun­gen, und das wirklich bis zum Schluss, überträgt –, ich bitte da um deine Hilfe.

(Die Rednerin setzt ihre Ausführungen in slowenischer Sprache fort. – Bundesrat Schmittner: Es hört eh keiner mehr zu!)

Danke. – Hvala lepa. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.46



BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 223

Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desminister Dr. Ostermayer. Ich erteile ihm dieses.

 


21.46.37

Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und öffentlichen Dienst Dr. Josef Ostermayer: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Bundesrätinnen und Bundes­räte! Eigentlich ist ein anderer Tagesordnungspunkt jetzt Gegenstand der Verhand­lungen, nämlich die Frage, welchen Beitrag der Österreichische Rundfunk zum österreichischen Film leisten soll. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Nein, es geht – um ein Missverständnis aufzuklären – um Kinofilm. Ich hätte es auch gerne dem Herrn Bundesrat Jenewein erklärt, wie die Filmförderung in Österreich funktioniert und warum ich der Meinung war und daher auch diese Position vertreten habe, dass es wichtig ist, dass dieser heutige Gesetzesbeschluss zustande kommt.

Aber zu dem, was die Frau Präsidentin und auch Herr Bundesrat Kneifel gesagt haben: Es gibt ein Bundesverfassungsgesetz, das den ORF unabhängig stellt. Es gibt im ORF-Gesetz Gremien, die – mit der Geschäftsführung auf der einen Seite und dem Stiftungsrat und Publikumsrat auf der anderen Seite – zuständig sind für die Program­mierung, für die Programmgestaltung. Und wenn jemand der Meinung ist, dass die Programmgestaltung nicht dem öffentlich-rechtlichen Auftrag des ORF entspricht, so möchte ich darauf hinweisen, wir haben – also nicht „wir“; ich habe es eingebracht, aber Sie haben es letztendlich dann auch beschlossen – im Jahre 2010 bei der letzten größeren ORF-Reform ein Gremium geschaffen – das, ich glaube, neun Jahre lang diskutiert worden war, aber nicht zustande kam, dann ist es zustande gekommen, und zwar mit Verfassungsmehrheit, weil das notwendig war –, eine verfas­sungsrechtlich unabhängig gestellte Behörde geschaffen, die KommAustria. Das ist die zuständige Stelle, wenn es um inhaltliche, programmatische Themen geht, und ich bitte um Verständnis, dass ich, auch als jemand, der in der Bundesregierung für Verfassung zuständig ist, diesen Weg empfehle.

Jetzt zur Filmförderung. Die Argumentation ist schon bemerkenswert, zu sagen, man unterstützt den österreichischen Film, und gleichzeitig zu sagen, wir tragen nicht den Beschluss mit, den österreichischen Film zu unterstützen. Von Herrn Bundesrat Jenewein ist jetzt das Argument gekommen: weil damit in den ORF eingegriffen wird. Da hätte ich ihm gerne erklärt, was wir uns diesbezüglich überlegt haben. Es ist bemerkenswert, dass jemand nach seinem Statement den Diskurs verweigert und aus dem Saal verschwindet. Im Nationalrat ist die Argumentation etwas anders gewesen, da wurde gesagt: Gebühren senken statt Filmförderung! Ich habe dort argumentiert und ich argumentiere auch jetzt, warum wir diesen Schritt vorgeschlagen haben, der dankenswerterweise im Nationalrat schon beschlossen wurde und hoffentlich hier im Bundesrat auch beschlossen werden wird.

Man muss sich überlegen: Wie funktioniert Filmförderung? – Filmfinanzierung funk­tioniert, man kann das eigentlich so sagen, im Wesentlichen in Europa nur, wenn auch entsprechende Förderungen gegeben werden. Das ist übrigens auch ein Thema bei TTIP, also beim Freihandelsabkommen, weil, wenn das beschlossen würde, die Gefahr gesehen wird, dass damit der europäische Film verdrängt wird, weil die Gefahr besteht, dass dann die Filmförderung als unzulässiger Eingriff in den Wettbewerb erachtet werden würde. Genau deshalb haben sich viele Kollegen und Kolleginnen Kulturminis­ter und -ministerinnen in Europa dagegen ausgesprochen, dass das Teil des Verhand­lungsmandates wird, und sie waren auch erfolgreich. Ich habe auch mit eini­gen Kolle­ginnen und Kollegen von mir schon darüber gesprochen, auch mit der noch zustän­digen Kommissarin Vassiliou, und wir sind uns alle einig, dass unser Ziel sein muss, den europäischen und damit auch den österreichischen Film zu beschützen.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 224

Unsere Aufgabe ist aber auch, wenn wir wollen, dass der europäische beziehungs­weise der österreichische Film weiterhin so erfolgreich ist, wie er es in den letzten Jahren war, dass wir ihn nicht nur beschützen, sondern ihn auch unterstützen. Wir haben daher die öffentliche Filmförderung des Bundes schon in den letzten Jahren von 13 auf 20 Millionen € ausgeweitet. Wenn man sich überlegt, was inzwischen passiert ist: „Revanche“ war nominiert für den Oscar, Michael Haneke hat den Oscar gewon­nen, Stefan Ruzowitzky hat mit dem Film „Die Fälscher“ den Oscar gewonnen, wir waren nominiert im Wettbewerb bei der Berlinale. Der letzte, aktuelle Film von Jessica Hausner war der einzige deutschsprachige Film, der in Cannes nominiert war – ich war dort. Wir haben jetzt wieder eine Nominierung bei der Biennale in Venedig, wo ein österreichischer Film im Wettbewerb läuft, und so weiter. – All diese Erfolge!

Es ist auch schon gesagt worden, dass der österreichische Film sozusagen ein Kultur-Exportprodukt ist. – Ja, das stimmt: Nach dem Neujahrskonzert und der Übertragung des Sommernachtskonzertes ist der österreichische Film das erfolgreichste Kultur­produkt im Ausland. Das würde nicht funktionieren, wenn es nicht die öffentliche Filmförderung gäbe, und es würde auch nicht funktionieren, wenn es nicht eine entsprechende Kofinanzierung, Koproduktion durch den ORF gäbe. Warum durch den ORF? – Weil die anderen Fernsehsender, die es in Österreich gibt, nicht diese Marktstellung haben, dass sie das schaffen könnten.

Jetzt ist in den letzten Jahren sozusagen parallel zur Anhebung der öffentlichen Filmförderung auf die 20 Millionen € das Film/Fernseh-Abkommen angehoben worden auf 8 Millionen €. Im heurigen Jahr ist es reduziert worden auf 4 Millionen €. Und wenn wir nicht wollen, dass die öffentliche Filmförderung durch den Bund nicht funktioniert, müssen wir dafür sorgen, dass die Filmförderung des ORF in gleicher Höhe dotiert ist. Wir haben uns gründlich überlegt, ob wir verfassungsrechtlich, ob wir europarechtlich dazu befugt sind, das mittels einfachgesetzlicher Materie – also Gesetz mit einfacher Mehrheit – zu tun.

Ich habe bei uns den Verfassungsdienst beauftragt, sich sehr gründlich mit der Frage auseinanderzusetzen, und die Argumentation und die Schlussfolgerung des Verfas­sungsdienstes war, dass es in diesem speziellen Fall möglich ist. Ansonsten würde die öffentliche Filmförderung nicht in dem Ausmaß funktionieren, wie wir das wollen. Genau deshalb haben wir diesen Vorschlag gemacht, und man kann es auf den Punkt bringen: Wer will, dass in Zukunft der österreichische Film genauso erfolgreich ist wie in der Vergangenheit, dass er genauso in dieser hohen Qualität, auch künstlerischen Qualität produziert werden kann, der muss diesem Gesetz zustimmen. Und wer das nicht will, wer kein Interesse am österreichischen Film hat, der kann auch dagegen stimmen. Die Entscheidung treffen Sie. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

21.54


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Herzlichen Dank, Herr Bundesminister.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 225

21.55.1924. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbezügegesetz und das Parlamentsmitarbeiterinnen- und Parla­mentsmitarbeitergesetz geändert werden (465/A und 259 d.B. sowie 9205/BR d.B. und 9228/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Wir gelangen nunmehr zum 24. Tagesord­nungs­punkt.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Saller. Ich bitte um den Bericht.

 


21.55.37

Berichterstatter Josef Saller: Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch dieser Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; ich komme daher gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung am 22. Juli den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Herbert. Ich erteile ihm dieses.

 


21.56.15

Bundesrat Werner Herbert (FPÖ, Niederösterreich)|: Frau Präsidentin! Meine Herren Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir werden dem hier in Rede stehenden Gesetz unsere Zustimmung nicht geben. Bei aller Wertschätzung, bei allem Verständnis für die gute und inhaltlich wichtige Arbeit der parlamentarischen Mitar­beiter, deren Einsatz und Leistung wir auch in besonderem Maße schätzen, glauben wir aber, dass es zwei Gründe gibt, die dagegen sprechen.

Zum einen wird argumentiert, dass diese Erhöhung der Aufwendungen für die parla­mentarischen Mitarbeiter – die, wie ich bereits erwähnt habe, eine wichtige und auch unverzichtbare Arbeit für die Abgeordneten hier im Hohen Haus leisten – hauptsächlich deswegen notwendig ist, weil es einerseits schon so lange keine Gebührenanpassung gegeben hat – aber da gibt es auch viele andere Berufsgruppen im privaten Bereich, denen in den letzten Jahren keine üppigen Gehaltserhöhungen zugekommen sind –, und zum anderen wird auch damit argumentiert, dass in Zukunft – Stichwort: Unter­suchungsausschüsse – sehr viel Mehrarbeit auf diese parlamentarischen Mitarbeiter zukommt.

Da sehen wir das erste Problem, nämlich das Problem, dass man hier, wenngleich berechtigterweise, eine Berufsgruppe im Hohen Haus herausnimmt, aber eine andere, nämlich die Bediensteten hier im Hohen Haus, die ja genauso von den zukünftigen Herausforderungen und zukünftigen Aufgaben des Parlamentarismus und der Arbeit der Mitglieder der beiden Kammern betroffen sind, einfach links liegen lässt. Da, glaube ich, ist es nicht klug und auch nicht angebracht, dass man aufseiten der Politik eine nicht gerade maßvolle Lohnerhöhung – denn immerhin handelt es sich um eine Erhöhung um fast 30 Prozent – einer Berufsgruppe zugesteht, nämlich dem politischen Teil der Mitarbeiter, die diese Arbeit zu leisten haben, und den anderen, nämlich den Hausbediensteten, um es einmal verkürzt so darzustellen, die genauso betroffen sind von der Tätigkeit der Abgeordneten in diesem Haus, diese Wertschätzung in finan­zieller Hinsicht nicht zukommen lässt. Eine Ungleichbehandlung, wie ich meine, die sich einfach nicht gehört und die auch nicht gerecht und nicht nachvollziehbar ist!


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 226

Der zweite Grund, warum ich mich gegen die Zustimmung ausgesprochen habe, ist der Umstand, dass es ein denkbar schlechtes Zeichen ist, wenn man sich seitens der Politik, in diesem Fall zwar „nur“ – unter Anführungszeichen – über die parlamenta­rischen Mitarbeiter, aber trotzdem seitens Politik einmal mehr – ich sage es einmal ganz salopp – bedient, während ein Großteil der Bevölkerung in dieser Republik die Notwendigkeit des Sparens in Zeiten wie diesen als wichtigste praktische Aufgabe zu meistern gelernt hat, in Zeiten von Rekordarbeitslosigkeit oft kaum genug Einkommen zum Auskommen hat und bei allen anderen Berufsgruppen, speziell im privaten Bereich, brutalste Einsparungsprogramme laufen.

Also ich denke, das ist die falscheste politische Botschaft, die man nur an die Bevöl­kerung schicken kann, und aus diesem Grunde, glaube ich, ist es auch nicht wirklich ein Zeichen der Zeit und auch kein gutes Zeichen nach außen, diesem Gesetz hier zuzustimmen.

Ich denke, man kann über die Tätigkeiten der Angestellten, der Bediensteten hier im Hause natürlich reden, selbstverständlich kann man wieder in einen Diskussions­prozess eintreten, aber nicht in dieser Einseitigkeit und vor allem nicht mit dieser in Zeiten wie diesen fatalen Botschaft an die Bevölkerung draußen, nämlich außerhalb dieses Hohen Hauses. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

22.01


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster ist Herr Bundesrat Todt zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses.

 


22.01.15

Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Kollege Herbert, dir ist aber schon bekannt, dass die Be­diensteten hier im Hause entweder Beamte oder Vertragsbedienstete sind (Bundesrat Herbert: Ja!) und dass diese Beamten und Vertragsbediensteten durch die Per­sonalvertretung bestens vertreten sind (Bundesrat Herbert: Trotzdem ... eine 30-prozentige Gehaltserhöhung!) – Punkt eins – und – Punkt zwei – über die Lohnver­handlungen der Beamtengewerkschaft mit dem öffentlichen Dienst ebenfalls selbst­verständlich ihre normalen Gehaltserhöhungen bekommen? Darüber hinaus haben Beamte und Vertragsbedienstete auch Biennalsprünge und vieles andere mehr.

Was mir nicht gefallen hat, war, dass du bezüglich der parlamentarischen Mitarbeiter gemeint hast, sie bedienen sich. – Die haben seit sehr langer Zeit überhaupt keine Erhöhung bekommen, und vom Grundsatz her sollte man hier eine andere Regelung finden, die im Prinzip eine logische Erhöhung ergibt, und zwar im Beamtenbereich.

Aber ich möchte meinen Redebeitrag zu diesem Tagesordnungspunkt auch nutzen, um den parlamentarischen Mitarbeitern, die zwar uns nicht zur Verfügung stehen, aber den Abgeordneten zum Nationalrat, zu danken, denn sie sind diejenigen, die ihre Arbeit für uns Parlamentarier, und damit meine ich alle, machen.

Was wäre der parlamentarische Alltag ohne sie? Sie halten, wie man so schön sagt, das Werkel am Laufen. Sie sind für alle Abgeordneten zum Nationalrat permanent im Einsatz, leisten wertvolle Arbeit und bleiben meistens unsichtbar. Sie recherchieren für alle Kolleginnen und Kollegen im Nationalrat, sind an deren Seite. Sie organisieren den parlamentarischen Alltag für sie und begleiten sie zu den Terminen. Kurz: Was wäre die parlamentarische Arbeit ohne sie?

Daher möchte ich mich an dieser Stelle bei allen parlamentarischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und auch bei allen, die uns zu Diensten sind, bei den Beamtinnen und Beamten, bei den Vertragsbediensteten, für ihre Arbeit bedanken.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 227

Wir stimmen diesem Gesetz natürlich zu, wir haben es ja auch ausgehandelt. Wir Bundesräte sind da mit den Nationalratsabgeordneten solidarisch. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

22.04


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster ist Herr Bundesrat Perhab zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses.

 


22.04.38

Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Hohes Präsidium! Meine Herren Minis­ter! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Werner Herbert, Kollege Todt hat Sie gerade darüber aufgeklärt, dass die beamteten Mitarbeiter dieses Hauses sehr wohl ihre jährlichen Lohnerhöhungen, ihre Biennalsprünge und vor allem ihre zukünf­tige berufliche Sicherheit und Absicherung haben. All das haben die parlamentarischen Mitarbeiter natürlich nicht. Im Gegenteil, sie sind mit der Abwahl ihres Betreuungs­man­datars in vielen Fällen arbeitslos beziehungsweise auf Arbeitssuche und haben daher ein erhöhtes Risiko, das auch aus meiner Sicht als Arbeitgebervertreter durchaus abgegolten werden kann. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

Ein bisschen kommt mir die Diskussion und die Debatte im Bundesrat aber doch wie eine Phantomdiskussion vor, denn ich hätte, wenn der ORF noch übertragen hätte, gerne die Gelegenheit genützt, unsere Bevölkerung darüber zu informieren, dass die Bundesräte keine Mitarbeiter haben (neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Mühl­werth), dass auch das Gehalt, das wir als Bundesräte beziehen, immer brutto ange­geben wird – 4 300 €, schauen Sie auf Ihren Lohnzettel –, und dass wir in der öffentlichen Darstellung als überbezahlt gelten. Netto bekommen wir auch nicht viel mehr als 2 300 €!

Jetzt war wieder die Debatte, die wir heute schon gehabt haben: mehr Netto. Mehr Netto heißt aber noch mehr Brutto – das ist ja klar! – für den Dienstgeber. Also ich denke, anhand dieses Beispiels könnten wir viel Aufklärungsarbeit leisten.

Aber hier geht es um 200 parlamentarische Mitarbeiter. Und wenn man das ver­gleicht – ich habe das schon öfter gesagt, weil wir schon ein paar Fact Finding Missions im deutschen Bundesrat und im Deutschen Bundestag gehabt haben –, wenn man die Möglichkeiten sieht, sieht, was andere Parlamente in Europa haben (Bundesrätin Mühlwerth: Ja, aber dann muss man das System ändern!), dann muss man sagen, wir sind ein durchaus schlankes Parlament, und wir sollten unsere Mitarbeiter – die weni­gen, die wir haben – doch leistungsadäquat bezahlen. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

Parlamentarische Mitarbeiter haben ja de facto einen All-in-Vertrag, ihnen wird nichts extra abgegolten. Das ist natürlich eine Kooperation beziehungsweise ein Vertrag zwischen dem Abgeordneten und seinem Mitarbeiter. Es wird auch das Gehalt nicht dem Abgeordneten überwiesen und der überweist es dem Mitarbeiter, sondern das geht direkt zum Mitarbeiter. (Bundesrätin Mühlwerth: Genau!)

Daher ist dieses Arbeits- und Dienstverhältnis durchaus als all-in zu sehen, und ich glaube, dass ein junger Akademiker, der gerade in Familiengründung ist oder gerade am Beginn seiner Berufslaufbahn steht, mit 2 300 € maximal nicht überbezahlt ist.

Ich glaube, wir sollten uns die besten Köpfe in diesem Land suchen, um für unsere Abge­ordneten die beste Leistung zu bekommen. (Bundesrätin Mühlwerth: System­änderung, Systemänderung!) Ich denke, das ist ein wichtiger Schritt.

Wenn man bedenkt, dass 1992 das Parlamentsmitarbeitergesetz beschlossen wurde und 2005 die letzte Gehaltsanpassung war – freiwillig kann jeder Abgeordnete mehr zahlen, freilich, keine Frage; wenn er mehr fordert oder noch mehr von ihm verlangt,


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 228

dann muss er das ohnehin selbst leisten –, dann ist es, denke ich, an der Zeit, nach fast zehn Jahren wieder eine Gehaltsanpassung durchzuführen. Wir wollen ja keine Leute für die Mitarbeit finden, die sagen: Es ist so gut, dass man im Parlament einen Job hat, der vielleicht ein gutes Sprungbrett ist!, sondern wir wollen in Zukunft qualifi­zierte mehrsprachige und bestens ausgebildete parlamentarische Mitarbeiter haben.

Die müssen wir auch leistungsadäquat bezahlen, daher stimmen wir dieser Änderung selbstverständlich zu. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Bravoruf des Bundesrates Kneifel.)

22.08


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, darf ich Herrn Minister Dr. Wolfgang Brandstetter wieder recht herzlich bei uns begrüßen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesrätin Mühlwerth.)

22.08.4825. Punkt

Kulturbericht 2012 der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur (III-499-BR/2013 d.B. sowie 9231/BR d.B.)

26. Punkt

Kulturbericht 2013 des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und öffentlichen Dienst (III-523-BR/2014 d.B. sowie 9232/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Wir gelangen nun zu den Punkten 25 und 26 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatterin zu diesen beiden Punkten ist Frau Bundesrätin Reich. – Bitte um die Berichte.

 


22.09.16

Berichterstatterin Elisabeth Reich: Geschätztes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht des Ausschusses für Unterricht, Kunst und Kultur über den Kulturbericht 2012 der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur liegt schriftlich vor; ich komme gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Juli 2014 den Antrag, den Kulturbericht 2012 der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur zur Kenntnis zu nehmen.

Ich darf auch gleich den zweiten Antrag stellen.

Der Bericht des Ausschusses für Unterricht, Kunst und Kultur über den Kultur­bericht 2013 des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und öffentlichen Dienst liegt schriftlich vor; ich komme gleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Juli 2014 den Antrag, den Kulturbericht 2013 des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und öffentlichen Dienst zur Kenntnis zu nehmen.

 


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Danke für den Bericht.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 229

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


22.10.31

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­schätzter Herr Minister! Sehr geschätzter Herr Minister! Sie sind zwar noch Gastminis­ter, aber bald in Aktion. (Bundesrat Schreuder: Er interessiert sich sicher auch für Kultur!) Es ist ein bisschen schwer: Ich spüre ja auch den Druck, jetzt nicht zu lange über die zwei Berichte zu reden. Das ist für jemanden, der selber mitten im Kultur­schaffen steht, immer schwierig.

Der erste Bericht, den wir jetzt, mitten in der Hochzeit der Festivals – Bregenz, Salz­burg –, hier diskutieren, behandelt das Jahr 2012. Und wenn wir das vor dem Hinter­grund sehen, wie es denn so in Europa im Bereich der Kultur aussieht, dann müssen wir sagen, dass Österreich in einer formidablen, wahnsinnigen Situation ist, nämlich im positiven Sinne.

Wenn wir uns anschauen, wie viele Neuproduktionen die Scala in Mailand noch machen kann, wie es denn mit den Museen auf Sizilien aussieht – die sind allesamt noch unter Berlusconi geschlossen worden, weil kein Geld mehr da ist; die meisten Häuser in Italien können überhaupt nur mehr abgespielte Produktionen einkaufen –, wenn wir uns die Situation in Griechenland anschauen – zum Beispiel ist das berühmte Theater in Nafplion geschlossen –, dann, muss man sagen, sieht das in Österreich vollkommen anders aus.

Es gab im Jahre 2012 – und deshalb auch noch einmal ein Dank an die Vorgängerin unseres Bundesministers – doch einige wichtige Entscheidungen, zum Beispiel für Kinder und Jugendliche bis 19 Jahre die Museumsbesuche kostenlos zu machen. Schon im Jahre 2012 waren es 950 000 Kinder und Jugendliche, die die österreichi­schen Museen besucht haben. Das ist ein unfassbarer Wert, der sich dann in dem Bericht, den uns der Herr Minister vorgelegt hat, schon im Jahre 2013 auf über eine Million gesteigert hat – und schon 55 Prozent der Museumsbesucher sind junge Menschen. Wo haben wir das in Europa, dass solche Entscheidungen getroffen werden?

Oder nehmen wir zum Beispiel nur einmal das Obere Belvedere her: Da hat sich vom Jahr 2011 zum Jahr 2012 die Besucheranzahl von 540 000 auf fast 820 000 verviel­facht! Das sind unglaubliche Erfolge! Und wenn wir uns in der Albertina zum Beispiel die Ausstellung mit dem Titel „Monet bis Picasso“ anschauen, die hoffentlich viele von Ihnen gesehen haben – sie ist auch einen ganz langen Zeitraum gelaufen –, so sind das unglaubliche Möglichkeiten, die unser Land da bietet.

Aber ich möchte noch einen Schritt zurückgehen, denn gerade in der Musik ist es so wichtig, die Kinder ganz früh zu begeistern. Allein im Jahre 2012 haben 7 000 Kinder die „Zauberflöte“ in der Staatsoper gesehen – 7 000 Kinder! Das sind ganz frühe Möglichkeiten und eine ganz frühe Faszination.

Da lernt der Bund sicher auch viel von Oberösterreich, muss man dazusagen, das diesbezüglich ja ohnedies für alle anderen Bundesländer uneinholbar ist (Beifall des Bundesrates Jachs) – na, das darf man ja sagen – und dessen Musikschulwerk in Oberösterreich wahrscheinlich einzigartig in Europa ist. Und wenn wir heute die Symphoniker, die Wiener Philharmoniker – es ist egal, welches Orchester Sie hernehmen, auch ein Drittel der freien Szene, in der ich mich natürlich auskenne, in der Barockmusik – anschauen, finden wir Oberösterreicher ohne Ende – und Oberöster­reicherinnen. Das ist in dem Fall sehr wichtig, weil Oberösterreich die Frauen in diesem Bereich auch sehr fördert.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 230

Schauen wir uns aber auch die Bundestheater an, bitte! 1,3 Millionen Zuseher in den Bundestheatern! Und unser Minister hat im Bericht 2013, der ja noch in die Vergan­genheit weist, mutig einen wichtigen Absatz der augenblicklichen Diskussion vorweg­genommen, nämlich dass Österreich natürlich geschockt war über die Situation und die Vorgänge im Burgtheater – Josef Ostermayer hat ja dort in einer relativ schnel­len und beeindruckenden Art und Weise ein Konfliktmanagement aufgezogen. Er schreibt auch, dass ein „effizientes und transparentes Management“ und ein „verbind­liches Regelwerk“ notwendig sein werden, und diese Transparenz ist im Kulturbereich immer wieder notwendig.

Die Bundesmuseen haben im Jahre 2013, im letzten Jahr, mit 4,65 Millionen Besucher und Besucherinnen den bisherigen Höchststand an Besuchern und Besucherinnen erreicht. Ich möchte einmal mehr – ich sage es dem Herrn Minister Ostermayer, ich sage es aber auch Ihnen – anregen, dass wir beim Kulturbericht vielleicht doch ein oder zwei Seiten auf die Effekte der „Langen Nacht der Museen“ verwenden könnten, denn in der „Langen Nacht der Museen“ kommt es oft zum ersten Kontakt. Ich glaube, dass die „Lange Nacht der Museen“ in ihrer Wechselwirkung durchaus auch für spätere Kunden- und Interessentenbindungen von ganz besonderer Wichtigkeit ist.

Aber lassen Sie mich noch kurz zwei Dinge, die ich sehr beeindruckend finde, erwäh­nen: In vielen Häusern – das höre ich auch immer wieder; wir haben auch im Kultur­ausschuss des Europarates die Diskussionen – fehlt die Möglichkeit der Neuzugänge. Die Albertina hatte 2012 611 Neuzugänge und 2013 fast 1 000 Neuzu­gänge. Das heißt, das Sammeln geht weiter – ein ganz, ganz wichtiger Impuls.

Beeindruckend sind die Zahlen aber auch bei speziellen Museen wie zum Beispiel dem Technischen Museum, das 2013 bereits 364 000 Besucher und Besucherinnen hatte. Und jetzt kommen die neuen Technologien, und die Benützung der Mediathek nimmt, und das hat auch viel mit jungen Menschen zu tun, extrem zu.

In diesem Sinne bitte ich Sie, beide Berichte positiv zur Kenntnis zu nehmen. Und Ihnen, lieber Herr Minister Ostermayer, wünsche ich viel Kraft auch bei der Bewälti­gung dessen, was man transparentes und effektives Management nennt. – Danke. (Bei­fall bei SPÖ und ÖVP.)

22.18


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster ist Herr Bundesrat Kneifel zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses.

 


22.18.15

Bundesrat Gottfried Kneifel (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Meine Herren Bundesminister zur rechten und zur linken Seite! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich kann es relativ kurz machen, mein Vorredner hat ja schon sehr viele Details dieses Kulturberichtes gewürdigt.

Es stimmt: Was Steuern und was kulturelle Standards betrifft, haben wir in Österreich ein sehr hohes Niveau. Die Kultur ist natürlich traditionell sehr weit vorne.

Ich möchte mich für dieses Spiegelbild der Bundeseinrichtungen im kulturellen Bereich bedanken, die aus diesem Bericht klar erkennbar sind. Ich glaube, dass sich diese Leistungsbilanz der Bundeskultureinrichtungen und von allem, was in die Bundes­kompetenz fällt, dass sich also dieser Bericht sehen lassen kann.

Ich möchte auch allen danken, die dazu beitragen, diesen Kulturbericht zu verfassen. Das ist eine enorme Arbeit und ein Aufwand, aber ich glaube, es steht dafür, weil man damit etwas hat, das man herzeigen kann und das sich sehen lassen kann.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 231

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Kulturbericht bietet aber auch die Gelegenheit, in der Länderkammer nicht nur die hauptamtlichen Mitarbeiter der sogenannten Hochkultur in Österreich zu würdigen. Die Kultur in Österreich ist ja sehr vernetzt, sie besteht aus einem großen Netzwerk mit vielen Bestandteilen. Ich denke an die Landeskultureinrichtungen, an die Landesausstellungen, an die Landesgalerien, an die Musikschulen und, und, und. Ich könnte das jetzt bis auf die Volks­kultur­einrichtungen hinunterbrechen, auf die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter, die mithelfen, damit die gemeinsame Kulturarbeit in dieser Republik gelingt. Da sind wir wirklich gut unterwegs.

Ich glaube, unsere Kulturarbeit braucht beides, braucht den Bereich, der im Kultur­bericht behandelt wird, der im Kulturbericht detailliert gewürdigt wird, der mit Zahlen und Daten versehen ist, und das Kulturnetzwerk auf dem sogenannten flachen Land, in den Ländern, in den Gemeinden, bis hinunter in die Vereine, die unsere Kultur lebens­wert machen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein sehr gescheiter Mensch hat einmal gesagt – dieses Zitat ist nicht von mir –: Die Wirtschaft brauchen wir zum Leben, die Kultur brauchen wir zum Erleben. Der Mensch braucht auch Erlebnisse. Der Mensch braucht mehr als nur die Wirtschaft und die Arbeit. Die Arbeit ist Mittel zum Zweck, auch um Kultur zu erleben, wenn man sich weiterentwickelt.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch sagen – ich möchte auch einen anderen Teil herausgreifen, den Denkmalschutz, der auch sehr wertvolle Arbeit leistet und auch in Ihr Ressort fällt –, dass ich bedauere, dass im Bereich des Denkmalschutzes das Unter-Schutz-Stellen meistens die Hauptarbeit ist, dass man aber der Finanzierung dieser Projekte nicht ganz so nachkommt wie dem Unter-Schutz-Stellen.

Ich bin der Meinung, wenn wir sagen, dass ein Objekt im allgemeinen Interesse erhalten werden soll und bestimmte Beschränkungen für dieses Objekt auferlegt werden, dann muss die öffentliche Hand bereit sein, die entsprechenden Erhaltungs­maß­nahmen zu einem großen Teil mitzufinanzieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kultur ist alles, was das Notwendigste und das Notwendige überschreitet. Und wir sind in diesem Bereich wirklich sehr gut unter­wegs.

Ich möchte noch eine Anmerkung machen: Herr Bundesminister, ich habe gemeinsam mit Kollegen Todt vor vielen Jahren – es war am 20. Juli 2007 – einen Entschließungs­antrag eingebracht, nämlich das Anliegen von drei Landeshauptleuten in Österreich, von Landeshauptmann Häupl, Landeshauptmann Pröll und Landeshauptmann Püh­ringer – alle sind noch im Amt und haben immer noch dieses Ansinnen –, dass der Donaulimes zum Weltkulturerbe erklärt werden soll. Der Entschließungsantrag wurde in der Länderkammer – sehr symbolhaft, weil das auch mehrere Länder betrifft – einstimmig beschlossen.

Wir haben, Herr Kollege Todt, vor zwei Jahren auch eine Erinnerung eingebracht. Und Ihre Vorgängerin, Herr Bundesminister, hat gesagt, dass das unmittelbar vor dem Abschluss steht, nämlich dieses Projekt Donaulimes als Weltkulturerbe einzureichen. In der Zwischenzeit haben wir erfahren, dass die österreichische Mehlspeisküche jetzt Weltkulturerbe geworden ist, hinsichtlich des Donaulimes warten wir noch immer darauf. (Zwischenruf.) – Eine positive Sache, selbstverständlich. Wir konnten gestern beim Kärntner Abend ja wieder einen Teil der österreichischen Mehlspeisküche ge­nießen.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 232

Aber ich würde bitten, Herr Bundesminister, hier etwas Tempo zu machen, damit dieses Anliegen der Länderkammer zu einem Erfolg geführt werden kann, und be­danke mich für die Bemühungen im Voraus sehr herzlich. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

22.24


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Pisec. Ich erteile es ihm.

 


22.24.44

Bundesrat Mag. Reinhard Pisec, BA (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit „Donaulimes“ meinst du, lieber Kollege Kneifel, wahrscheinlich die römischen Ausgrabungen. (Bundesrat Kneifel: Donaulimes!), zum Beispiel am Michaelerplatz. Ich erinnere mich, weil ich fast täglich am Michaelerplatz vorbeigehe, dort durfte ja der „wunderbare Architekt“ – unter Anführungszeichen – Hans Hollein eine architektonische Gestaltung für bereits erfolgte Ausgrabungen aus dieser Zeit machen. Und jeden Tag wundern und fragen sich Touristen, die dort vorbeigehen, was sie dort sehen. Es war alles ausgegraben und wurde wieder zugeschüttet.

Wenn du also beantragst, dass der Donaulimes zum Weltkulturerbe erklärt werden soll – ich befürworte das sehr –, dann musst du aber auch garantieren, dass die archäologischen Ausgrabungen für die Öffentlichkeit sichtbar und zugänglich gemacht werden und dass nicht irgendwelche pseudoarchitektonischen Künste, die durch einen fantasievollen Kunstarchitekten à la Hollein geschaffen wurden, gezeigt werden, weil diese kein Mensch braucht. Punkt eins. (Bundesrat Kneifel: Ich habe da keinen Auftrag erteilt, gell? – Ruf: Mir gefällt es!) – Diese Idee mit dem Weltkulturerbe ist nicht schlecht, aber es gehört einmal der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das ist eine super Idee, nicht? Wie gesagt, heute Thema römische Antike.

Zu den Ausführungen des Kollegen Schennach: Dass in Österreich die Jugendlichen freien Zugang zu den Museen haben, ist toll und begrüßenswert. Es gibt aber eine noch größere Zielsetzung: British Museum: seit 1753 der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich. Und damit komme ich wieder zu dir, lieber Kollege Kneifel: Sehr wohl besteht zwischen Wirtschaft und Museen und Kultur ein Zusammenhang, denn einen öffentlichen Zugang kann man sich nur leisten, wenn der Staat, wenn der Bund ordentlich wirtschaftet. (Beifall bei der FPÖ.)

Österreich wirtschaftet, wie bekannt ist, nicht so gut. Daher ist der öffentliche Zugang, wie von Kollegen Schennach zu Recht gefordert – aber ich fordere es noch mehr –, für alle eben nicht durchsetzbar.

Jetzt komme ich zum Bericht. Der Bericht ist 300 Seiten stark und eigentlich sehr umfangreich – ein Hochglanzpapier, muss sehr teuer gewesen sein. Aber, wie gesagt, Kultur kann man ja auch wirtschaftlich strapazieren. Was mir fehlt, ist aber ein Sach­register. Sehr geehrter Herr Minister! Es ist fast unmöglich, solch einen Bericht von 300 Seiten ohne 100 Lesezeichen konstruktiv durchzugehen. Und das will ich nicht. Ich will nicht permanent Lesezeichen setzen, sondern ich möchte hinten ein Sachregister haben, wo ich dann nachblättern kann, was ich gelesen habe, wo ich hin- und herblättern kann. Das ist der Sinn eines Buches. Das ist kein Onlinebuch, sondern das ist ein Buch, in dem man nachschlagen muss und kann.

Ihre Mitarbeiter haben da wirklich tolle Arbeit geleistet, das muss man sagen, und das Sachregister wäre hier draufzusetzen. Darum würde ich ersuchen. Ich spreche jetzt vom Kulturbericht 2013.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 233

Zum Bericht allgemein: Der Bericht ist durch eine aktuelle Meldung überlagert wor­den – ich halte mich hier an den Text der heutigen Ausgabe des „Standard“ –, es heißt:

„Alle wussten vom Bundestheater-Desaster“ – offensichtlich nicht die Regierung.

„Controlling-Mängel, Planungsfehler, zu hohe Ausgaben und eine eher sinnlose Effizienzanalyse“.

Ich zitiere weiter: „Der lang erwartete Rechnungshofbericht“ – er ist gestern oder vor­gestern eingetroffen – „über die Bundestheaterholding fiel wie angekündigt aus. Ver­nichtend.“

Und weiters: „Weit massiver fällt die mannigfaltige Kritik am Kulturressort aus – also an Claudia Schmied“.

Zu Claudia Schmied im Zusammenhang mit der Kommunalkredit kann ich jetzt nichts sagen, da habe ich keine Erinnerungswerte beziehungsweise habe ich mir das nicht angesehen, aber hier im Bundesrat ist mir ihr Desinteresse am Denkmal aufgefallen. Es gibt den Tag des Denkmals, aber das hat sie gar nicht gewusst.

Weiters wird hier ausgeführt: „Wie bereits davor unter ÖVP-Kunststaatssekretär Franz Morak wurde der Vertrag von Springer ohne vorherige Ausschreibung verlängert.“ – Franz Morak war offensichtlich ein besserer Popstar. Sein Lied „Wo ist der Chef dieser seltsamen Anstalt“ klingt mir heute noch im Ohr und trifft offensichtlich auf dieses Bundestheater-Desaster zu, mit dem wir uns heute hier bemühen müssen.

Wir könnten sagen, das ist uns alles wurst, ist es aber nicht, denn es geht immer um Steuergeld, das wir da bezahlen müssen.

Nun zum Bericht, ich schlage Seite 131 auf – es ist, wie gesagt, äußerst mühsam, all das zu finden. Ich bitte wirklich, sehr geehrter Herr Minister, ein Sachregister zur Verfügung zu stellen. (Bundesrat Kneifel: Hat er eh schon aufgeschrieben!) – Danke vielmals, dass du mich hier ergänzt.

Der Bericht über die Bundestheater Holding GmbH besteht aus sechs Seiten. Der Rechnungshofbericht über das Bundestheater ist insgesamt so dick wie dieser gesamte Bericht. Auf diesen sechs Seiten sind drei Seiten Stricherlliste, wer ist ein Mann und wer ist eine Frau. Ist das so wichtig? – Okay.

Dann verlange ich zumindest, dass das andere, das Bundestheater-Desaster, genau analysiert wird. Sie beziehungsweise der dafür Verantwortliche schreibt hier – das überschneidet sich ja mit Ihrer Vorgängerin –: „Zu den Hauptaufgaben der Bundestheater Holding zählen:“ – und dann – „das konzernweite Controlling“.

Ich möchte keiner der hier genannten Personen nahetreten, aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die hier angeführten Personen ein konzernweites Controlling verantworten können. Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.

Sie müssen Kunst und Wirtschaft trennen! Das ist der springende Punkt, beide bedingen einander, aber es gehört getrennt. Das ist also wie ein Hohn, ein Slapstick dieser Aufführungen.

Konzernweites Controlling muss outgesourct werden, weg von der Kunst. Das ist jetzt kein Angriff gegen die Kunst, sondern das gehört einfach weg. Das gehört zu einem Wirtschaftsprüfer – ich möchte jetzt hier keinen nennen und keinen strapazieren – oder zu Unternehmensberatungsagenturen, aber bitte nicht hier herein. (Präsidentin Blatnik übernimmt wieder den Vorsitz.)

Zum Burgtheater – ich gehe ja oft vorbei, aber ich habe, ehrlich gesagt, kein Bedürfnis, dort hineinzugehen. Dass ich das letzte Mal dort in einer Vorstellung war, das liegt


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 234

schon länger zurück, ich bin in der Halbzeit gegangen, weil es einfach schwach war. Daher wundert es mich auch nicht, dass der jetzt – ohne den Namen zu nennen – von Ihnen zu Recht gefeuerte Direktor ein Regiehonorar in der Höhe von 40 000 € bekom­men hat. (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.) – Ich zitiere, ja. (Bundesrat Schreuder: Wie heißt er?) – Matthias Hartmann, aber ich glaube, du kennst ihn.

Ich würde hier doch Internationalität vorschlagen, wie das üblich ist. Solch ein Spielplan mit permanentem Wechsel, importierten Schauspielern, das ist ein Kommen und Gehen, ist unheimlich teuer. In London wird ein Stück angesetzt und für mehrere Jahre gespielt. Das sollte auch für das Burgtheater gelten. (Bundesrat Schennach: Aber nein!) Man sollte weniger Stücke machen, die ständig gespielt werden, aber es sollte kein permanentes Kommen und Gehen sein. Und die Auslastung ist noch dazu extrem gering.

Nehmen Sie das English Theatre. Das English Theatre ist ein kleiner Betrieb, ein Familienbetrieb (Bundesrat Schennach: Ja, aber es gibt in England ein Theater, und da spielen sie seit … Jahren das gleiche Stück, aber das ist kein großes Haus!), mit fast 100 Prozent Auslastung, und das ist zehnmal besser. Ein privat organisiertes Theater ist oftmals besser als ein staatliches, ein mit Steuern finanziertes Theater, das praktisch zum Selbstbedienungsladen mutiert.

In einem Punkt gebe ich dir recht, Kollege Schennach: Es gehören mehr Mittel für die Erweiterung der musealen Sammlungen hier in Österreich aufgestellt. Wir brauchen ein größeres Budget, wir brauchen Erweiterungen. Fast alle musealen Sammlungen Österreichs und Wiens stammen noch aus der Monarchie. Ich erinnere an das Natur­historische Museum, das ausschließlich aus der Privatsammlung des Kaisers Franz Stephan von Lothringen stammt.

In diesem Sinne ersuchen wir um eine Umschichtung.

Der Bericht ist nicht schlecht, ich möchte ihn jetzt nicht schlechtmachen. Er ist gut formuliert, er ist umfangreich. Er zeigt, dass Österreich wirklich viel Kultur hat, ein Kulturerbe hat, auf das wir stolz sein können. Aber eine Veruntreuung, eine, ja, eine Verunreinigung im Sinne des Rechnungshofberichts in jeder Hinsicht (Bundesrätin Grimling: Was?), dieses lehnen wir auch in jeder Hinsicht ab. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Grimling: Was?)

22.32


Präsidentin Ana Blatnik: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schreuder. Ich erteile es ihm.

 


22.32.51

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Herr Minister Oster­mayer! Herr Minister Brandstetter! Also ich bin von der vorhergehenden Rede ein bisschen irritiert, muss ich ehrlich gestehen. (Bundesrätin Grimling: Ja! – Bundes­minis­ter Ostermayer: Das verstehe ich!) Wobei ich natürlich auch den Rechnungs­hofbericht zum Thema machen wollte, no na net, wir sind ja Opposition, das eint uns.

Allerdings gibt es eine Sache, Herr Kollege, etwas, das ein Kulturpolitiker nie machen darf: den persönlichen Geschmack als Maßstab nehmen. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf: Genau! – Bundesrätin Kurz: So ist es!)

Es gibt Dinge, die mag ich auch nicht. Mir gefällt auch manchmal etwas nicht, ich bin auch schon manchmal in der Pause gegangen und habe gehofft, das fällt niemandem auf. Ich war auch manchmal begeistert und traurig, dass etwas vorbei war. Aber das ist der persönliche Geschmack. Das ist der individuelle Zugang zu Kunst und Kultur.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 235

Aber die Kulturpolitik hat eine andere Aufgabe, nämlich Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Kunst und Kultur frei und kreativ überraschen können, sich frei ent-wickeln können und uns immer wieder erfreuen können. Das halte ich für ganz wichtig.

Und zu dem Wechselspiel zwischen Kultur und Wirtschaft sei auch noch eine ganz wesentliche Sache gesagt: Also jetzt zu behaupten, man könne Kultur erst ermöglichen, wenn die Wirtschaft funktioniert, ist natürlich auch unlogisch. Es gibt unzählige Studien, die sagen, wie viel die Kultur Österreich wirtschaftlich bringt. Es gibt Wien betreffend die Studie, die ist ganz bekannt: Jeder in die Kultur investierte Euro kommt zweieinhalbfach wieder zurück. (Bundesrat Kneifel: Richtig!)

Es würde ohne Kultur in Wien kein Tourismus stattfinden. Die Leute kommen nicht nach Wien, um sich FPÖ-kulturpolitische Reden anzuhören, sondern weil sie ins Museum gehen wollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich muss auch ganz ehrlich sagen: Sie kommen auch nicht nach Wien, um grüne kulturpolitische Reden zu hören. So ehrlich muss man sein. (Heiterkeit.)

Ich möchte jetzt gar nicht über den Kulturbericht 2012 reden – erstens weil wir schon 2014 haben, und zweitens müssten wir jetzt darüber reden, was Sie quasi geerbt haben. Deswegen finde ich es viel wichtiger, darüber zu reden, was aus dem aus der Vergangenheit sozusagen als Anleitung oder als Chance für die Zukunft zu sehen ist.

Wie ja die meisten von euch wissen, war ich selbst Regiestudent am Max Reinhardt Seminar, und zwar in den frühen neunziger Jahren. Und damals, als wir im Max Reinhardt Seminar waren, gab es diese großen Diskussionen – späte achtziger, frühe neunziger Jahre, Sie erinnern sich, Peymann kam nach Wien, Zadek inszenierte viel und so weiter –, gab es eine ganz intensive Auseinandersetzung darüber, wie teuer Theater sein darf. Und wir Studenten und Studentinnen führten diese, unabhängig von den Professorinnen und Professoren. Die haben sich gewundert, dass wir darüber diskutierten. Aber wir, eine relativ junge Generation, die eigentlich schon wieder gegen die 68er-Generation angetreten war – die war ja damals schon älter als die Generation, gegen die sie damals wiederum angetreten war –, haben damals als Studenten und Studentinnen wahrgenommen, dass es – da gab es auch ein paar Architekten, nicht? – ein bisschen einen Größenwahn gab; ich nenne es einmal so. Es konnte nichts teuer genug sein.

Ich kann mich noch erinnern: Da gab es eine Musical-Inszenierung am Theater an der Wien, da hat man nur für diese eine Inszenierung eine riesige neue Hydraulik gebaut. Sie wird jetzt noch immer benutzt, also auf lange Sicht war es vielleicht ja eh gescheit, aber wir Studenten und Studentinnen im Reinhardt Seminar haben das damals abgelehnt und haben gesagt: Nein, Theater muss Geschichten erzählen, und zum Geschichtenerzählen braucht man nicht viel Geld. – Das war unsere Prämisse!

Und unsere „Bibel“ – das muss man sich vorstellen, dieses Buch ist so alt wie ich, also 45 Jahre alt – war das Buch von Jerzy Grotowski und Peter Brook, und passenderweise hieß das Buch „Das arme Theater“.

Wer Peter-Brook-Inszenierungen jemals gesehen hat, zum Beispiel „Der Sturm“, wird das wissen: Das war damals interessant, denn „Der Sturm“ gab es damals bei den Festwochen von Peter Brook inszeniert und knapp davor im Burgtheater, und im Burgtheater war das eine bombastische Inszenierung, wirklich teuer, aber schön. Es war schön, ja, aber teuer. Und Peter Brook hatte nur Schauspieler auf einer Bühne, kein Bühnenbild, gar nichts. Und die Schauspieler konnten nur mit zwei Bambus­stangen das Meer darstellen, das Schiff darstellen, die Insel darstellen, wie man dort landet – mit in Wirklichkeit nichts, mit nur zwei Bambusstangen. Und das war für mich ein Schlüsselerlebnis, deswegen bin ich in das Reinhardt Seminar gegangen und habe


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 236

die Aufnahmeprüfung einmal probiert, weil ich so fasziniert war von dieser Möglichkeit, Geschichten zu erzählen.

Warum erzähle ich jetzt diese persönliche Geschichte? – Ich glaube, dass es tat­sächlich an der Zeit ist, vor allem nach diesem Rechnungshofbericht, über die Vertei­lung, wie viel Geld wir für welche Institutionen zur Verfügung stellen, ganz grundsätz­lich zu diskutieren. Und das ist ja das, was wir aus dem Rechnungshofbericht lernen. Ich könnte jetzt auch viele Anschuldigungen machen, dazu sind jetzt schon genug OTS hinausgejagt worden, das interessiert mich jetzt aber nicht. Ich finde, viel interessanter, als Vorwürfe zu machen, ist die Frage: Was können wir daraus lernen? Das ist doch viel interessanter.

Ich glaube, diese doch schon sehr lange vorhandene Idee: Wenn mein Geld nicht reicht, werden die Subventionen schon erhöht werden!, geht nicht mehr. Eine Institution wie die Bundestheater kann nicht im Grunde genommen fast das gesamte oder den Großteil der Subventionen für die Darstellenden auffressen und dann immer noch mehr brauchen. Das erinnert mich ein bisschen an diesen berühmten Spruch: Wurscht wie viel du verdienst, Schulden machst du immer!, oder: Wurscht wie viel du verdienst, du gibst es immer aus!

Und so ähnlich kam mir das schon auch vor, wenn man dann auch sieht, wie kleine Bühnen, kleine Theater mit ganz wenig Geld – auch nicht immer gut – bezaubernde Dinge machen.

Natürlich kann man die Staatsoper oder das Burgtheater nicht zusperren. Wäre ja auch blöd. – Nein, nein, das sind wunderbare Bühnen. Das Burgtheater war auch ein Grund dafür, warum ich ans Reinhardt Seminar gegangen bin. Gert Voss – erinnern wir uns bitte an ihn! –: ein großer Schauspieler!

Die Thomas Bernhard-Inszenierungen. – Oh, wie habe ich damals in meiner Jugend dadurch eigentlich das Theater kennengelernt. (Bundesrat Pisec: Keine Wertung!)

Nein, ich will damit nur sagen, es muss für Sie ja nicht Thomas Bernhard sein. Es kann für Sie eine Shakespeare-Inszenierung sein. Es kann für Sie eine Mozartoper in der Staatsoper sein. Es kann für jemanden anderen ein zeitgenössisches Stück in einem Kellertheater sein.

Ich will nur sagen, der Zugang zur Kultur kann die Menschen ja auch dazu bringen, das kennenzulernen. Ich will ja auch nicht werten im Sinne von, was nicht gefördert werden soll und was gefördert werden soll, sondern, was Kultur und Kunst auch kann.

Aber ich glaube nicht, dass Geld das Wichtigste ist. Es ist aber so, dass immer mehr Subventionen verlangen, dass immer mehr inszenieren, dass es immer größere Inszenierungen, dass es immer teurere Bühnenbilder gibt. Ich kann mich erinnern, bei den Salzburger Festspielen – das ist auch schon länger her, das gebe ich zu – hat ein Regisseur auf Folgendes bestanden: Weil ihm der Kunstregen nicht gefiel, hat er Kontaktlinsen regnen lassen, weil das besser aussah. Das kostete alleine, ich weiß nicht wie viele Tausende von Euro. Es stellt sich auch manchmal die Sinnfrage, sage ich einmal.

Manchmal wünschte ich mir, alle Kulturpolitiker und Kulturpolitikerinnen, aber vor allem auch die Intendantinnen und Intendanten von großen Häusern, würden dieses alte Buch „Das arme Theater“ aus dem Jahr 1969 von Jerzy Grotowski und Peter Brook noch einmal lesen, weil ich glaube, dass es noch reicher macht, wenn wir mit vorhandenen Möglichkeiten, die wir fair verteilen, gut umgehen, dass auch die klei­neren Bühnen, auch die kleineren Museen, auch die kleineren Kunstschaffenden und vor allem die kreativen Köpfe etwas davon haben, dass auch Mittel in die Ausbildung


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 237

dieser kreativen Köpfe hineinfließen und nicht alles in großen Institutionen, wie wir jetzt wissen, leider auch versickert.

Das war es. Ich bin leidenschaftlich, wenn es um Kultur geht, ich gebe es zu. Ich bin gespannt, wie Sie das lösen, Herr – jetzt hätte ich beinahe wieder Staatssekretär gesagt, alte Gewohnheit. Herr Minister, Entschuldigung! Ich bin gespannt, wie Sie mit diesem Erbe umgehen. Ich will Ihnen persönlich, auch wenn ich mir jetzt mehr Trans­parenz in der ganzen Abwicklung wünsche, wirklich wünschen, dass das so gehandelt wird, dass auch ein neuer Esprit, auch durch die großen Kunsthäuser geht, dass es nicht immer um den Apparat selber geht, sondern um die Kunst, die man schafft. Und die kann man manchmal mit ganz einfachen Mitteln machen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten von SPÖ und ÖVP.)

22.43


Präsidentin Ana Blatnik: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bun­desminister Dr. Ostermayer. Ich erteile ihm dieses.

 


22.43.17

Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und öffentlichen Dienst Dr. Josef Ostermayer: Hochgeschätzte Frau Präsidentin! Hochgeschätzter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Bundesrätinnen und Bundesräte! Eigentlich wollte ich mich nach Stefan Schennach und Gottfried Kneifel zu Wort melden und mich für die Worte, auch für die vielen positiven Worte bedanken.

Herrn Bundesrat Kneifel wollte ich noch mittteilen – weil ich damit gerechnet habe, dass das Thema römischer Limes kommen könnte –, dass das Ministerium sehr intensiv daran arbeitet, dass aber die Einreichungskriterien für die Verleihung des Siegels „Weltkulturerbe“ komplexer geworden sind, dass intensive Vorarbeiten ge­macht werden, dass derzeit an der exakten Abgrenzung der Kern- und Pufferzonen gearbeitet wird und so weiter. Also die Vorarbeiten laufen, weil wir die Absicht haben, dass noch in dieser Legislaturperiode die Einreichung stattfindet, so früh wie möglich.

Ich wollte mich auch deshalb kurzhalten, obwohl ich – ich gestehe es Ihnen – mit, glaube ich, viel Empathie sehr lange anlässlich dieser Berichte über Kunst- und Kultur reden könnte, aber aus Rücksicht auf Herrn Bundesminister Brandstetter, der schon einige Zeit wartet, würde ich mich gerne kurzhalten. (Heiterkeit.)

Gerade hat – das kenne ich und ich weiß, dass das sehr ausgeprägt ist – Herr Bun­desrat Schreuder Gert Voss und dessen schauspielerischen Qualitäten erwähnt. Ich habe Gert Voss als Schauspieler schätzen gelernt, und ich durfte ihn im März auch als Mensch persönlich kennenlernen und hatte seither regelmäßig Kontakt. Ich hätte mein nächstes Treffen mit ihm am 3. September gehabt, wenn er nicht vorigen Sonntag leider viel zu früh, verstorben wäre.

Wenn man sich all diese Dinge vor Augen führt, dann hätte ich gehofft, dass ich mich verhört habe, als Sie (in Richtung des Bundesrates Pisec) im Zusammenhang mit Kunst und Kultur das Wort „Verunreinigung“ verwendet haben. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth. – Bundesrat Kneifel: Das hat er aber gesagt!)

Ich habe es leider nicht überhört und habe mich leider nicht verhört. Aber es gibt ja die These, dass nur das herauskommen kann, was auch drinnen ist. Ich hoffe, dass das nicht zutrifft.

Aber ich wollte mich schon am Beginn, als Sie zu reden begonnen haben, zu Wort melden, weil Sie gesagt haben: irgendein Kunstarchitekt Hollein. – Hans Hollein war der bisher einzige österreichische Architekt, der den Pritzker-Preis bekommen hat. Der Pritzker-Preis ist so etwas wie der Nobelpreis für Architektur. (Bundesrat Pisec: Ich weiß!)


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 238

Hans Hollein ist vor wenigen Wochen gestorben. Ich halte es für sehr pietätlos, diese Wortwahl zu treffen, und ich würde Ihnen empfehlen, dass Sie sich bei seinen Kindern, bei Lilli und Max Hollein, seinen Angehörigen und seinen Mitarbeitern entschuldigen. (Bundesrat Pisec: Es geht um das Objekt!)

Dieser großartige Architekt, international viel beachtet, hat wahnsinnig viel für dieses Land getan, an internationaler Reputation, an Reputation in der Welt – und dann zu sagen: irgendein Kunstarchitekt. (Bundesrat Pisec: Es geht ums Objekt!) – Da geht es nicht mehr ums Objekt, wenn Sie „irgendein Kunstarchitekt“ sagen.

Ich bitte Sie: Entschuldigen Sie sich wenigstens bei den Angehörigen! Die haben viel mitgemacht in letzter Zeit. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie von Bundes­minister Brandstetter.)

Ich finde es der Würde des Hauses, der Würde der Länderkammer nicht angemessen, so im Zusammenhang mit Kunst und Kultur zu reden. Mehr will ich, wie gesagt, aus Rücksicht auf Herrn Bundesminister Brandstetter nicht mehr dazu sagen.

Zum Thema Burgtheater, zum Thema Bundestheater-Holding habe ich schon oft genug Stellung genommen. Herr Bundesrat Schreuder, ich habe bisher in der möglichen Transparenz und Offenheit – es ist dabei immer auch zu berücksichtigen, dass kein weiterer Schaden für die Republik entsteht –, in größtmöglicher Offenheit agiert. Ich will das auch in Zukunft tun.

Schönen Sommer! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

22.48


Präsidentin Ana Blatnik: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Die Abstimmung über die gegenständlichen Berichte des Nationalrates erfolgt ge­trennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Kulturbericht 2012 der Bun­des­ministerin für Unterricht, Kunst und Kultur.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Kulturbericht 2013 des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und öffentlichen Dienst.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

22.49.3827. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2014 betreffend Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG, mit der bisherige Vereinbarungen über den Ausbau ganz­tägiger Schulformen geändert werden (199 d.B. und 256 d.B. sowie 9233/BR d.B.)

 


Präsidentin Ana Blatnik: Wir gelangen nunmehr zum 27. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Grimling. Ich bitte um den


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 239

Bericht.

 


22.50.08

Berichterstatterin Elisabeth Grimling: Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Der gegenständliche Bericht des Ausschusses für Unterricht, Kunst und Kultur liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher sogleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Juli 2014 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsidentin Ana Blatnik: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Reich. Ich erteile es ihr.

 


22.50.51

Bundesrätin Elisabeth Reich (SPÖ, Oberösterreich): Geschätztes Präsidium! Werte Herren Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Die vorliegende Regierungsvorlage beschäftigt sich in dieser Artikel-15a-Vereinbarung mit den öster­reichischen Bundesländern mit dem Ausbau der ganztägigen Schulformen in den nächsten Jahren. Die Vereinbarungen sind aus dem Bestreben getroffen worden, die Quote der ganztägigen Betreuung der österreichischen Schülerinnen und Schüler bis 2018/19 zu erhöhen.

Nun wurde die vom Bund zur Verfügung gestellte sogenannte Anschubfinanzierung in den Jahren 2011/2012 von einem Teil der Bundesländer nicht in Anspruch genommen und daher nicht ausgeschöpft. Mit diesem vorliegenden Beschluss soll nun eine Verschiebung der Auszahlung der Mittel von 2014 und 2015 in die Jahre 2017 und 2018 möglich sein.

Ich möchte hier an dieser Stelle aber ganz besonders betonen, dass die Gesamthöhe des vom Bund zur Verfügung gestellten Betrages in voller Höhe erhalten bleibt. Dafür und für den Einsatz zum Zustandekommen dieser, glaube ich, sehr vernünftigen Lösung, auch zur Budgetkonsolidierung, möchte ich mich bei Frau Bildungsministerin Heinisch-Hosek recht herzlich bedanken.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Als Leiterin einer Ganztagsschule und auch als Vizebürgermeisterin möchte ich noch betonen, dass wir nun zirka 37 Millionen € an Bundesmitteln auch in die Verbesserung der Infrastruktur einbringen können, was natürlich für die Gemeinden, die Tagesbetreuungsschulen führen oder auch einzelne Gruppen führen, eine wesentliche Entlastung und auch weiters ein Ansporn zur Eröffnung neuer Gruppen ist.

So kann ich aus meinem Bezirk, werte Kolleginnen und Kollegen, der mit Ganztags­schulen nur ganz spärlich ausgerüstet ist, berichten, dass ich bei der letzten Leiter-Dienstbesprechung des Bezirkes ganz verwundert war, wie viel Interesse plötzlich bei den Direktorinnen und Direktoren an neuen Ganztagsschulgruppen besteht, wenn­gleich dies auch aus den verschiedensten Gründen möglich sein kann.

Dies wird auch durch einen Artikel in einem Regionalmedium untermauert, das auf der Titelseite am 3. Juli 2014 schreibt: Ganztägige Betreuung sehr gefragt. Sinkende Schüler- und Lehrerzahlen erfordern neue Wege. Pflichtschulinspektor sieht Zukunft in Qualität und schulischer Tagesbetreuung. – Zitatende.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gut ausgestattete Kreativräume, Speiseräume, die zum Verweilen und Kommunizieren anregen, motivierende Bewegungsgeräte und kindgerechte Außenanlagen für die verschiedensten Freizeitbereiche für Mittags­stunden, freundliche Chill Areas, wie bei uns die Rückzugsräume heißen, aber natür­lich auch vom Betreuungskonzept überzeugte und engagierte Lehrerinnen und Lehrer


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 240

erleichtern die Betreuung für Schülerinnen und Schüler und ermöglichen auch vielleicht noch etwas skeptischen Eltern einen positiven Zugang zur Ganztagsbetreuung.

Diese Vereinbarung, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ist für mich sehr positiv, wird auch von allen Fraktionen mitgetragen. Ein aufrichtiges Danke noch einmal an die Frau Ministerin für ihr Bemühen, diese Vereinbarung mit den Ländern zuwege zu bringen.

Wir werden natürlich gerne zustimmen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

22.54


Präsidentin Ana Blatnik: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Stöckl. Ich erteile ihr dieses.

 


22.54.39

Bundesrätin Angela Stöckl (ÖVP, Niederösterreich): Hohes Präsidium! Meine Herren Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr gut, der Ausbau der ganztägigen Schulformen wird nun forciert, die Betreuungsquote soll bis zum Ende der Legislatur­periode auf 30 Prozent erhöht werden.

Ja, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf liegt uns allen sehr am Herzen, aber den­noch ist es uns wichtig, dass die Wahlfreiheit für die Eltern gegeben bleiben muss. Wir unterscheiden bei den ganztägigen Schulformen die getrennte und die verschränkte Schulform, wobei bei der getrennten Schulform eben nach dem Vormittagsunterricht die Nachmittagsbetreuung erfolgt, die nur an einigen Tagen der Woche genutzt werden kann, im Gegensatz zur verschränkten Schulform, bei der Unterrichts-, Lern- und Freizeit während des Tages mehrmals wechseln. Die Entscheidung, welche Form der ganztägigen Schulform gewählt wird, erfolgt mittels Bedarfserhebung durch den Schul­leiter. Und zwei Drittel der Erziehungsberechtigten und des Lehrpersonals müssen der verschränkten Form zustimmen.

Ich möchte aber nicht außer Acht lassen, dass es trotz allem viele Eltern gibt, vor allem auf dem Land oder in Kleinstädten, die ihre Kinder auch im Familienverband betreuen möchten – und diese Form sollte auch weiterhin möglich sein.

Vier Wochen Schulferien sind nun in Niederösterreich fast vorbei, und auch über die Feriengestaltung und die Betreuung in den Ferien müssen wir uns Gedanken machen. Eine pädagogische Ferienbetreuung ist für Eltern mit mehreren Kindern kaum leistbar. Außerdem ist das steuerliche Absetzen der Kinderbetreuung bis 2 400 € pro Jahr nur bis zum vollendeten 10. Lebensjahr des Kindes möglich. Da stelle ich schon die Frage: Was ist danach?

Meine jüngste Tochter wird heuer im September 10 Jahre alt. Soll ich sie alleine zuhause lassen? Die steuerliche Absetzbarkeit der Kinderbetreuung sollte bis zum 14. Lebensjahr des Kindes ausgedehnt werden. Da ist großer Handlungsbedarf gege­ben. Da müssen wir rasch etwas tun.

Ja, viel Arbeit wartet noch auf uns, es läuft sicher noch nicht alles optimal, aber ein weiterer Schritt in die richtige Richtung ist getan. Wir begrüßen die Forcierung der ganztägigen Schulformen, wobei es, wie gesagt, wichtig ist, unsere Familien aus den Betreuungsformen frei wählen zu lassen. Diese Wahlfreiheit setzt aber auch eine Wahlmöglichkeit voraus.

In diesem Sinne: Danke schön. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesräten der SPÖ sowie der Bundesräte Mühlwerth und Dönmez.)

22.57



BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 241

Präsidentin Ana Blatnik: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Mühlwerth. Ich erteile es ihr.

 


22.57.22

Bundesrätin Monika Mühlwerth (FPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren Minister! Meine Vorrednerinnen haben das jetzt wirklich schon perfekt ausgeführt, vor allem Kollegin Stöckl hat mir fast schon aus der Seele gesprochen, also das vorweggenommen, was ich normalerweise sage. (Demonstrativer Beifall bei Bundesräten der ÖVP.) Bei diesem Hinweis auf die Wahlfreiheit sind wir uns vollkom­men einig.

Ich glaube, dass der Ausbau der Ganztagsbetreuung durchaus sinnvoll ist. Wir haben es ja heute beim Thema Kinderbetreuung schon gehört, nämlich dass es auch Kinder gibt, denen das guttut. Und es gibt Eltern, die das brauchen, weil sie den ganzen Tag berufstätig sein müssen oder auch wollen, aber es soll nicht eine Institutionalisierung werden, wo selbstverständlich ist, dass alle in die Ganztagsschule gehen müssen. Es ist ja auch von euch (in Richtung ÖVP) schon das Wort „Zwangstagsschule“ verwendet worden.

Ich glaube, solange die Wahlfreiheit gegeben ist, nämlich dass jene Eltern, die ihre Kinder am Nachmittag selbst betreuen wollen, dies tun können, und jene, die sie tage­weise in die Nachmittagsbetreuung geben wollen oder die den verschränkten Unter­richt den ganzen Tag haben wollen, die Möglichkeit dazu haben, also quasi alles bedient wird, sind wir bildungsmäßig auf einem guten Weg. (Beifall bei der FPÖ sowie des Bundesrates Dönmez.)

22.58


Präsidentin Ana Blatnik: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dönmez. Ich erteile es ihm.

 


22.58.40

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Vorrednerinnen haben schon sehr vieles gesagt, daher in aller Kürze: Wir müssen im Bildungsbereich neben den Gebäuden auch andere Themenbereiche verändern, unter anderem zum Beispiel die Lerneinheiten im 50-Minuten-Takt. Das ist auch etwas, was eigentlich der Vergangenheit angehören sollte. Die Hirnforschung sagt, dass es ein Blödsinn ist, wenn man 50 Minuten Mathematik, dann Geschichte, dann Physik hat. Das bringt gar nichts.

Wir müssen projektorientiertes Lernen mehr forcieren, wir müssen natürlich viel mehr Unterrichts-, Betreuungs- und auch Erholungsphasen in der Schule ermöglichen und auf die unterschiedlichen Bedürfnisse eingehen. Wir dürfen nicht nur immer den Fokus auf die schlechter begabten Schüler und Schülerinnen richten, sondern müssen ihn auch auf jene richten, die sehr talentiert sind, denn auch die stehen vor vielen Prob­lemen, auch die gehören gefördert und unterstützt. Also da gibt es sozusagen noch sehr viel zu tun.

Wir brauchen mehr Verantwortung, Verantwortung dort, wo auch die Entscheidungen getroffen werden. Das ist nun mal in den Schulen. Der Schuldirektor und die Leh­rer/Lehrerinnen wissen sehr genau, was für ihren Standort am geeignetsten ist, und sie wissen auch, welches Personal sie brauchen. Das heißt, sie bräuchten auch in der Personalentscheidung viel mehr Autonomie. Daher müsste meiner Meinung nach die Verantwortung viel mehr dorthin verlagert werden, wo auch die Entscheidungen getroffen werden, und nicht irgendwo zentral angesiedelt sein.

Kollege Kneifel hat das Beispiel einer HTL angeführt, wo man seit über zwei Jahren auf die Bestellung eines Schulwarts wartet. Das sind Zustände, die einfach kritisiert


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 242

gehören, und das zu Recht. Daher noch einmal das Plädoyer: Die Standorte und die Entscheidungsträger – das sind in den meisten Fällen die Direktoren/Direktorinnen – gehören viel mehr gestärkt!

In diesem Sinne werden wir dem natürlich auch unsere Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

23.00


Präsidentin Ana Blatnik: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.

23.01.2428. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung, das Vollzugsgebührengesetz, das Rechtspfleger­gesetz, das Gerichtsgebührengesetz und die Insolvenzordnung geändert werden (Exekutionsordnungs-Novelle 2014 – EO-Nov. 2014) (180 d.B. und 202 d.B. sowie 9234/BR d.B.)

 


Präsidentin Ana Blatnik: Wir gelangen nunmehr zum 28. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Schennach. Ich bitte um den Bericht und (in Rich­tung Bundesminister Ostermayer) wünsche unserem Herrn Bundesminister einen schönen Sommer.

 


23.01.44

Berichterstatter Stefan Schennach: Frau Präsidentin! Ich erstatte den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung, das Vollzugsgebührengesetz, das Rechtspflegergesetz, das Gerichtsgebührengesetz und die Insolvenzordnung geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich darf daher sogleich zur Antrags­stellung kommen.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Juli mit Stimmen­einhel­ligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Ein­spruch zu erheben.

 


Präsidentin Ana Blatnik: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 243

23.03.0029. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Jugendgerichtsgesetz 1988, das Sucht­mittelgesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Geschworenen- und Schöffen­gesetz 1990 und das Gebührenanspruchsgesetz geändert werden (Strafprozess­rechts­änderungsgesetz 2014) (181 d.B. und 203 d.B. sowie 9235/BR d.B.)

 


Präsidentin Ana Blatnik: Wir gelangen nunmehr zum 29. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Bierbauer-Hartinger. Ich bitte um den Bericht.

 


23.03.24

Berichterstatterin Brigitte Bierbauer-Hartinger: Geschätztes Präsidium! Werter Herr Bundesminister! Ich möchte zuvor vielleicht für die nächste Präsidiale anregen, dass wir versuchen, wenn wir sehen, dass wir 122 Redner haben, in der Präsidiale zu beschließen, die Redezeit zu beschränken. Es kann nicht sein, dass wir unsere Staatssekretärin und unsere Bundesminister um eine Einhaltung der Redezeit ersuchen müssen, und wir Kollegen und Kolleginnen halten uns oft selber nicht daran.

Ich glaube, das ist auch dann ein demokratischer Prozess, wenn bei 122 vor­gesehenen Rednern wir alle uns bei der Redezeit einschränken. Dann wird es nicht passieren, dass vorbereitete Reden nicht gehalten werden, weil man aus Rücksicht auf die Anwesenden und auf die vorgeschrittene Zeit ... (Bundesrat Krusche: Da wären wir schon fertig! – Bundesrat Schreuder: Sie sind die Berichterstatterin! – Weitere Zwischenrufe.) – Gut.

Jetzt zum Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2014 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Jugendgerichtsgesetz 1988, das Suchtmittelgesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Geschworenen- und Schöffengesetz 1990 und das Gebührenanspruchsgesetz geändert werden.

Der Bericht des Justizausschusses liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher verzichte ich auf dessen Verlesung und stelle sogleich den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wenn ich gewusst hätte, dass jetzt alle Anwesenden wieder munter werden, hätten wir unsere Berichte doch halten können. – Danke.

 


Präsidentin Ana Blatnik: Danke vielmals. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schreuder. – Bitte.

 


23.05.14

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Bei der strengen Berichterstatterin traue ich mich ja nichts mehr zu sagen! (Heiterkeit und Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.) Okay, ich melde mich nur ganz kurz zu Wort. (Bundesrat Kneifel: Sie macht es jetzt nicht leicht, dieses Nachreden!) Nein? – Aber wir schaffen das schon, Herr Kollege!

Ich möchte mich ganz kurz zu Wort melden, weil in der Ankündigung bei den Grünen ja noch ein „c“ für Contra-Rede steht. Wir haben das in der Grünen-Fraktion kurz besprochen, also die Kritikpunkte. Um es kurz zu machen: Ich verweise auf das Protokoll der Nationalratsrede von Albert Steinhauser. Die Kritikpunkte bleiben natür­lich aufrecht, nämlich: Eine Zwei-Wochen-Begutachtungsfrist haben wir nicht gut gefunden. Allerdings ist, wie auch Albert Steinhauser gesagt hat, manchmal die Abwä­gung, stimmt man für etwas oder gegen etwas, ganz schwierig, und bei dem war es ganz schwierig.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 244

Wir wollen genau deswegen, weil im Nationalrat dagegen gestimmt worden ist, sozusagen als versöhnlichen Abschluss des heutigen Abends jetzt kundtun, dass wir dafür stimmen werden, weil natürlich auch die Fortschritte einmal in den Vordergrund gerückt werden sollten, dass viel Gutes drinsteht. – Danke schön. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)

23.06


Präsidentin Ana Blatnik: Weitere Wortmeldungen? – Bitte, Herr Bundesminister.

 


23.06.46

Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren im Bundesrat! Selbstverständlich werde ich mich jetzt besonders kurz fassen, das kann ich ja auch. Ich bedanke mich auch an dieser Stelle und auch bei Ihnen persönlich für das so konstruktive Klima im Justizausschuss.

Es ist diese Strafprozess-Novelle wirklich eine doch größere Änderung, die wir hier durchführen wollen. Letztlich steht sie unter dem Aspekt der Verfahrensbe­schleuni­gung – das ist notwendig –, aber auch der Stärkung der Rechte der Verfahrens­beteiligten. Insofern ist es doch eine runde Sache.

Ich sage gleich dazu: Wir haben hier einen Entwurf vorgelegt, der aus meiner Sicht wirklich bemerkenswert ist. Aber auch das sage ich gleich dazu – Stichwort „Konsens­klima im Justizausschuss“; ich halte das doch für wichtig –: Selbstverständlich haben wir um des Konsenses willen auch gerne Änderungen vorgenommen, auf Anregung von verschiedenen Seiten. Das führt eben dazu, dass das, was jetzt daliegt, ein sehr rundes Ding ist, dem man wirklich mit bestem Gewissen zustimmen kann.

Ich freue mich darüber und möchte bei dieser Gelegenheit schon auch bemerken, dass wir diese Änderung und diesen aus meiner Sicht wirklich hervorragenden Entwurf vor allem auch meinem hervorragenden Team im BMJ verdanken. Das möchte ich auch deshalb sagen, weil die Spitzenexponenten dieses Teams, die Herren Sektionschefs Kathrein, Exekutionsordnung, und Sektionschef Pilnacek für Strafrecht, heute auch hier sind. Ich danke ihnen auch an dieser Stelle ganz, ganz herzlich! Im Übrigen kann ich mich jetzt auch deshalb kurz fassen, weil die beiden Herren Sektionschefs und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus meinem Kabinett heute natürlich noch unbegrenzt für Detailfragen zur Verfügung stehen. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wie gesagt, es ist ein gelungenes Werk, das heute hier beschlossen werden kann, und ich freue mich wirklich darüber. Jetzt fasse ich mich tatsächlich kurz: Es gäbe noch viel dazu zu sagen, aber das mache ich nicht, noch dazu, weil ich ja auch weiß – wissen Sie, ich komme gerade vom Rathausplatz. Glauben Sie mir: Es gibt ein Leben nach dem Bundesrat. (Heiterkeit. – Beifall des Bundesrates Schreuder.) Ja, wirklich, und wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Ich möchte daran nicht schuld sein. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

23.08


Präsidentin Ana Blatnik: Danke, Herr Bundesminister, für Ihren Beitrag.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 245

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

23.09.3530. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2014 betreffend Kündigung des Euro­päischen Übereinkommens zum Schutz des archäologischen Erbes (133 d.B. und 252 d.B. sowie 9224/BR d.B.)

 


Präsidentin Ana Blatnik: Wir kommen nunmehr zum 30. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Ing. Köck. Ich bitte um den Bericht.

 


23.09.55

Berichterstatter Ing. Eduard Köck: Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrte Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für aus­wärtige Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 10. Juli 2014 betreffend Kündigung des Europäischen Übereinkommens zum Schutz des archäologi­schen Erbes.

Der Bericht liegt in schriftlicher Form vor, ich komme daher sogleich zur Antragstellung.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage am 22. Juli 2014 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte, darüber abstimmen zu lassen. – Danke.

 


Präsidentin Ana Blatnik: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungs­bereiches der Länder regelt, bedarf dieser der Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung darüber, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Nun lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des Nationalr­ates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.


BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 246

23.12.03Einlauf

 


Präsidentin Ana Blatnik: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungs­weise in der heutigen Sitzung insgesamt 15 Anfragen, 3015/J-BR/2014 bis 3029/J-BR/2014, eingebracht wurden.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin ist Donnerstag, der 9. Oktober 2014, 9 Uhr, in Aussicht genommen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen insbesondere jene Beschlüsse in Be­tracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit diese dem Ein­spruchs­recht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, den 7. Oktober 2014, ab 14 Uhr vorgesehen.

Bevor ich die Sitzung schließe, möchte ich euch allen einen wohlverdienten Sommer wünschen. Erholt euch gut, dass wir uns im September oder Oktober wieder mit voller Energie sehen! – Danke. Hvala lepa. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Die Sitzung ist geschlossen.

23.13.31Schluss der Sitzung: 23.13 Uhr

 

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