19.01

Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Ich verzei­he Ihnen den Lapsus. (Heiterkeit der Rednerin.)

Meine Herren Volksanwälte! Werte Kollegen! Ich möchte in meiner Rede noch einmal auf die Erkenntnisse und Empfehlungen der Volksanwaltschaft betreffend die Jah­re 2018 und 2019 im gesamten Alten- und Pflegebereich eingehen, wobei ich ehrlich sagen muss: In meiner Vorbereitung hat mich das ein bisschen befremdet, dass die Volksanwaltschaft deshalb Alten- und Pflegeheime sozusagen überprüfen und kontrollieren darf, weil sie als potenzielle Orte des Freiheitsentzuges gelten. Das klingt für mich eigentlich sehr traurig, weil es ja eigentlich Orte des Wohlfühlens, der Betreu­ung, der Behütung sein sollten; aber wie dem auch sei, ich finde es sehr wichtig, dass es diese Möglichkeit überhaupt gibt.

Wie gesagt, es sind sehr, sehr viele Bereiche und Anregungen, die im Bericht vorkom­men, und vor allem eines ist ganz, ganz wichtig: Wie wahrscheinlich alle wissen, läuft der Pflegegeldfonds 2021 aus, und der wiederum ist die finanzielle Basis und Grund­stütze dafür, dass die Länder Gelder zur Verfügung bekommen, um die Aufwendungen im Zusammenhang mit der ganzen Thematik rund um die Alten- und Pflegeheime über­haupt finanzieren zu können.

Die Volksanwaltschaft hat einige Anregungen und bedauerlicherweise auch einige Män­gel in ihren Berichten aufgezeigt. Unter anderem sagt sie, dass es in diesem Bereich vermehrt zu einem vorzeitigen Berufsausstieg kommt, der sicherlich nicht damit zu tun hat, dass diese Menschen nach einer bestimmten Zeit auf einmal draufkommen, dass sie den falschen Beruf gewählt haben, sondern damit, dass die Rahmen- und Arbeits­bedingungen speziell in diesem Berufsfeld äußerst prekär und nach wie vor nicht dem Berufsfeld angepasst sind.

Deshalb wäre es wirklich ganz, ganz wichtig, dass in diesem Bereich auf alle Fälle end­lich pflegesensible Arbeitszeiten kommen, dass es eine allgemeine Wertschätzung durch die Gesellschaft für dieses Berufsbild gibt, und natürlich müssen wir auch eine dementsprechende ordentliche Bezahlung sicherstellen, was unter anderem schon eine sehr, sehr lange Forderung von uns ist.

Kollegin Hauschildt-Buschberger hat in ihren Ausführungen erwähnt, dass gerade in Coronazeiten das Pflegesystem als solches sozusagen nicht gut durch diese Krise ge­kommen ist. Ich bin überzeugt, dass es nicht um das System geht, sondern dass die Rahmenbedingungen rundherum dafür verantwortlich waren, dass gerade in diesem Be­reich in der Krise besonders klar wurde, wo unsere Mängel sind.

Für mich stellt sich immer wieder die Frage, warum es eigentlich bei uns in Österreich möglich ist, dass zum Beispiel Alten- und Pflegeheime als Investment angeboten wer­den, wobei man Investoren Renditen verspricht. Man muss sich das wirklich vor Augen führen, dass wir in Österreich solche Geschäftsmodelle haben! Da darf in einem der Bereiche mit der wichtigsten gesellschaftlichen Verantwortung spekuliert werden, man kann in diesen Bereich Investments tätigen!

Natürlich darf man sich dann nicht wundern, dass die Investoren, wenn ihnen Renditen von 5 Prozent, 6 Prozent oder gar 10 Prozent versprochen werden, dafür sorgen, dass die Verantwortlichen das so gewinnorientiert führen. Und wie kann man da am besten Gewinnorientierung umsetzen? – Natürlich indem man am Personal, an der Qualität und an vielen anderen Dingen spart. Deshalb würde ich mir persönlich wirklich wünschen, dass wir in Österreich endlich ein Gesetz haben, das solche Geschäftsmodelle verbietet, aus! Das wäre wirklich, wirklich wichtig! (Beifall bei der FPÖ.)

Es gibt auch viele andere Möglichkeiten. Man kann auch städtisch, kommunal oder länd­lich geführte Institutionen nicht unbedingt gewinnorientiert, aber wirtschaftlich gut führen. Das zeigt zum Beispiel meine Heimatstadt Graz. Dort gibt es die Geriatrischen Gesund­heitszentren, und die können hinsichtlich der Qualitätssicherung und der Ausbildung der Mitarbeiter wirklich hervorragende Preise vorweisen. Es ist wirklich eine Vorzeigeklinik, die unter anderem eine sogenannte Mobilitätsklinik beheimatet.

Das heißt, wir müssen uns natürlich auch Gedanken darüber machen, was wir gemein­sam als Gesellschaft, als Politik für die Rahmenbedingungen tun können, damit Men­schen vielleicht nicht so schnell in die Obhut von Alten- und Pflegeheimen kommen müs­sen. Diese Mobilitätsklinik hat das Ziel, vor allem ältere Menschen, wenn sie aus irgend­einem Grund kurzfristig einen Pflegebedarf haben oder kurzfristig in ihrer Mobilität einge­schränkt sind – ein häufiger, ja klassischer Fall ist ab einem gewissen Alter der soge­nannte Oberschenkelhalsbruch, den sehr, sehr viele ältere Menschen erleiden, der die Mobilität stark einschränkt –, eine gewisse Zeit lang dahin gehend zu unterstützen, dass wieder ein selbstbestimmtes Leben zu Hause möglich ist. Das Traurige an der Ge­schichte ist: Das können sich leider nur Menschen mit guten Pensionen leisten, weil diese Kosten von den Krankenkassen bedauerlicherweise – ich sage es jetzt optimis­tisch – derzeit noch nicht übernommen werden.

Es gäbe also sehr, sehr viele Dinge.

Zum Abschluss möchte auch ich mich noch recht herzlich bei allen drei Volksanwälten bedanken. Besonders möchte ich die Qualität und die Aufbereitung ihrer Berichte her­vorheben und loben. Ich kenne sehr, sehr viele Berichte, aber dieser Bericht ist sehr übersichtlich und wirklich prägnant, man kann wirklich sehr vieles sehr gut herauslesen.

Auch wenn mir die Volksanwälte im Ausschuss leider bestätigen mussten, dass ihre Empfehlungen und Anregungen nicht die Durchschlagskraft haben, bin ich davon über­zeugt, dass wir alle, die wirklich bewusste Politiker sind, vielleicht doch zur Umsetzung der einen oder anderen dieser Empfehlungen und Anregungen beitragen können. (Bei­fall bei der FPÖ.)

19.08

Präsident Robert Seeber: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Volksanwalt Werner Amon. Ich erteile es ihm.