19.08

Volksanwalt Werner Amon, MBA: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich mich für die sehr intensive Diskussion und Debatte über die Jahresberichte 2018 und 2019 sehr herzlich bedanken. Letztlich steht ja auch der Sonderbericht zur Situation von Menschen mit Behinderung und deren Integration in den Arbeitsmarkt auf der Tagesordnung.

Wir haben insbesondere für die beiden Berichte 2018 und 2019 von Ihrer Seite sehr viel Lob erfahren. Dafür möchte ich mich bedanken, wenngleich ich einschränkend hinzufü­gen möchte, dass das Lob zum überwiegenden Teil unseren Vorgängerinnen und Vor­gängern sozusagen geschuldet ist. Wir werden es selbstverständlich an sie weiterleiten. Wir zeichnen ja eigentlich nur für das zweite Halbjahr 2019 verantwortlich, also für ein Viertel der beiden Berichte.

Dennoch danke ich herzlich für die eigentlich sehr positive Kritik, die wir hier erfahren durften. Wir werden das selbstverständlich an unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Haus der Volksanwaltschaft weitergeben. Ich möchte hinzufügen, dass wir – und da sind wir drei eines Sinnes, die Kollegen werden sich ja noch zu Wort melden – eine unglaubliche Expertise im Haus der Volksanwaltschaft vorgefunden haben, auf die wir zurückgreifen können. Das sind ganz, ganz tolle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit sehr, sehr viel Erfahrung. (Allgemeiner Beifall.)

Wie Sie wissen – und ich glaube, Herr Bundesrat Schwindsackl hat das auch angespro­chen – ist der in der Öffentlichkeit bekannteste Teil, den die Volksanwaltschaft zu leisten hat, die sogenannte nachprüfende Kontrolle. Das ist das, was über die Sendung „Bürger­anwalt“ öffentlich wird.

Diese nachprüfende Kontrolle ist ein ganz wichtiges Element, weil wir eben auf allen Ebenen aller Gebietskörperschaften – Bundesebene, Landesebene und Gemeindeebe­ne – die Verwaltung kontrollieren. Wir versuchen – auch das ist in der Debatte angespro­chen worden – einen sehr niederschwelligen Zugang für die Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen, damit sich eben, wenn sich jemand nicht gerecht behandelt fühlt, wenn eine Behörde zu langsam ist, wenn eine Behörde möglicherweise einen Fehler gemacht hat, tatsächlich jeder im Bundesgebiet Befindliche an die Volksanwaltschaft wenden kann.

Diese Beschwerden nehmen wir durch die Bank ernst. Wir haben in beiden Berichtsjah­ren – die Zahlen wurden vielfach genannt – jeweils rund 16 000 Beschwerden entgegen­genommen; das sind so zwischen 60 und 80 Beschwerden am Tag. Das klingt gar nicht so wenig, das ist eine ordentliche Anzahl. Natürlich müsste man diesen Zahlen, um sie zu objektivieren, alle Entscheidungen der Verwaltung, die im Laufe eines Jahres so ge­troffen werden, gegenüberstellen. Österreich ist ja ein sehr gut verwaltetes Land – man­che sagen, vielleicht auch überverwaltet. Jedenfalls müsste man die Beschwerden den ganzen Verwaltungsaktivitäten gegenüberstellen, um tatsächlich sagen zu können, wie gut die Verwaltung ist. Das ist statistisch gar nicht so einfach festzumachen.

Ich möchte auch darauf hinweisen, auch das ist angesprochen worden, dass wir ja im Bereich der Landesverwaltung – außer für die Bundesländer Tirol und Vorarlberg – auch die Landesvolksanwaltschaften sind; das ist im jeweiligen Landesverfassungsgesetz so geregelt. Deshalb freut es mich besonders, dass wir auch mit dem Bundesrat eine sehr enge Zusammenarbeit pflegen. Auch wenn wir mit dem Bericht 2018 etwas spät dran sind, sind wir dafür mit dem Bericht 2019 etwas früher dran. Im Nationalrat wurde der Bericht 2019 nämlich im Plenum noch nicht debattiert, er ist also sozusagen fast druck­frisch, und es freut mich, dass wir uns heute damit auseinandersetzen können.

Neben der nachprüfenden Kontrolle hat die Volksanwaltschaft ja noch eine Fülle weiterer Aufgaben. Es wurde der Nationale Präventionsmechanismus zum Schutz der Men­schenrechte angesprochen. Das ist eine ganz wichtige Angelegenheit, dieses soge­nannte Opcat-Mandat, dieses Optional Protocol to the Convention against Torture, also das Fakultativprotokoll zum Schutz der Menschenrechte, das in Österreich im Verfas­sungsrang ratifiziert ist und es uns ermöglicht, mit unseren Kommissionen, sechs an der Zahl, die interdisziplinär besetzt sind, Orte nicht nur der Freiheitsentziehung, sondern auch Orte der Freiheitsbeschränkung – das ist nämlich der Unterschied, denn es gibt da natürlich unterschiedliche Graduierungen auch der Freiheitsbeschränkung –, und zwar öffentliche wie private Einrichtungen, zu überprüfen.

Das ist sehr entscheidend, weil natürlich gilt: Unabhängig davon, ob es sich um öffentli­che oder private Einrichtungen handelt, müssen sie sich selbstverständlich an die ge­setzlichen Vorschriften halten. Wir haben im Hinblick auf die Berichte die Möglichkeit, uns an die jeweiligen Aufsichtsbehörden zu wenden.

Es wurden auch der Bereich der Gemeindeverwaltung und der Bereich der Justiz ange­sprochen; beide Bereiche fallen in meinen Geschäftsbereich. Ich möchte hier auch ein wenig unser Amtsverständnis darstellen, das wir drei bei unserem Antritt deutlich ge­macht haben: Wir betrachten uns nicht als Gegner der Verwaltung, sondern vielmehr als Partner der Bürgerinnen und Bürger. Manche Fehler passieren – insbesondere auch auf der Gemeindeebene, wenn es um, ich weiß nicht, Fragen der Flächenwidmung oder der Raumordnung geht – ja nicht aus einer Bösartigkeit heraus, sondern weil einerseits die Rechtsmaterien mittlerweile sehr komplex geworden sind und andererseits insbeson­dere in kleineren Gemeinden nicht unmittelbar eine entsprechende juristische Expertise vorliegt. Wenn solche Fehler passieren, gibt es dann eben die Möglichkeit, im Rahmen der nachprüfenden Kontrolle solche Probleme auszumerzen. Ich möchte wirklich sagen, dass hier zumeist auch mit den Gemeinden ein gutes Einvernehmen herstellbar ist.

Insofern möchte ich sagen, dass unsere Arbeit nicht, wie angesprochen worden ist, eine Sisyphusarbeit ist – es geht also nicht nur um das Hinaufrollen von Steinen, die dann nicht liegen bleiben –, sondern ich würde das eher als Arbeit im Sinne von Max Weber sehen – so wie auch Ihre Arbeit –: Es ist ein „Bohren von harten Brettern“ im Versuch, die Verwaltung besser zu machen und Best-Practice-Modelle zu entwickeln.

Dazu dient auch die internationale Vernetzung. Wie Sie wissen, ist die österreichische Volksanwaltschaft auch Sitzstaat des International Ombudsman Institutes, jener globa­len Organisation, unter deren Dach sich mittlerweile über 200 Organisationen, parlamen­tarische Ombudseinrichtungen aus über 100 Staaten befinden, also einer ganz wesentli­chen Organisation. Etwa die Hälfte dieser Mitgliedsorganisationen nimmt auch im jewei­ligen Land das von mir schon angesprochene sogenannte Opcat-Mandat wahr.

Zur Justiz noch einen Satz: In der Tat ist es so, dass wir im Justizbereich tatsächlich eine sich zuspitzende Situation haben. Es ist dezidiert festgestellt worden, was wir auch bei unserem Pressegespräch dargestellt haben, dass teilweise die Unterbringung in den Gefängnissen unter jedem Maß von Mindeststandards, die man erwarten könnte, ange­siedelt ist. Das halten wir für problematisch und dem Klima in den Justizanstalten nicht zuträglich.

Wir haben uns entschieden, verstärkt Sprechtage in den Justizanstalten abzuhalten, weil in einer angespannten Situation – Personalmangel, bauliche Probleme – halt auch die Gefahrensituation zunimmt. Da ist es auch eine Aufgabe der Volksanwaltschaft, danach zu trachten, dass es in diesem Bereich zu Verbesserungen kommt. Das Justizressort hat jetzt auch angekündigt, dass es zu einer Renovierungsoffensive in den Anstalten kommen soll. Wir unterstützen das ausdrücklich, damit da sozusagen unserer Kritik Rechnung getragen wird.

Insgesamt möchte ich mich beim Parlament für die gute Zusammenarbeit sehr herzlich bedanken. Die Volksanwaltschaft ist eine parlamentarische Einrichtung, wir sind ein Hilfsorgan des Parlaments, daher sind wir natürlich auch offen für Ihre Anregungen. Wenn Sie meinen, dass wir bei unseren Berichten Dinge noch besser machen können, dann lassen Sie uns das bitte wissen. Umgekehrt hoffen wir natürlich auch auf Ihre Un­terstützung, wenn wir mit Vorschlägen wie etwa in der Frage der Prüfkompetenz an das Hohe Haus, an den Nationalrat, an den Bundesrat, herantreten.

Damit komme ich zum Schluss. Es ist für uns entscheidend, dass wir im Bereich von ausgegliederten Einrichtungen insbesondere der Kommunen, aber auch der Länder die Möglichkeit erhalten, wenn sie zum überwiegenden Teil im Eigentum der Gebietskörper­schaft stehen und auch der Daseinsvorsorge dienlich sein sollen, eben zu prüfen. Das funktioniert derzeit zwar relativ gut, ist aber formalrechtlich nicht abgesichert. Wir würden uns sehr wünschen, dass es zu dieser formalrechtlichen Absicherung kommt. – Ich dan­ke Ihnen für die Aufmerksamkeit. (Allgemeiner Beifall.)

19.19

Präsident Robert Seeber: Danke, Herr Volksanwalt.

Zu Wort gemeldet hat sich nun Herr Volksanwalt Mag. Bernhard Achitz. Ich erteile ihm dieses.