22.30

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Lieber Herr Gesundheits­minister! Zu meiner Vorrednerin möchte ich sagen: Ihre Rede hat mir sehr gut gefallen – Frau Steiner hat überzogen, indem sie gemeint hat, die EU habe komplett versagt –, denn die EU ist noch immer die Summe ihrer Mitgliedsländer, und wenn die Mitglieds­länder plötzlich anfangen, den Soloweg und nicht die Abstimmung zu wählen, ist das eben so. Im Hintergrund hat die EU da sehr wohl gewirkt, dass diese Abschottung der einzelnen Nationalstaaten eine vorübergehende ist, aber sie kann nicht mehr sein als die Summe ihrer Mitgliedsländer. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Die Gesundheitskommissarin, Stella Kyriakides, ist ja eine sehr, sehr enge Freundin von mir (Zwischenruf des Bundesrates Rösch), und ich weiß, dass sie wirklich mit allem das Ziel verfolgt – ich war gerade in einer Videokonferenz zur Überwindung der Covid-Pan­demie-Krise seitens europäischer Gesundheitsexperten und -expertinnen mit Stella –, und ich denke, da wird einiges kommen, und auch der Europarat bereitet derzeit sechs entsprechende Resolutionen vor.

Was die vorliegende Jahresvorschau betrifft, muss ich sagen – ich habe es zwar schon einmal gesagt –, die Gründe dafür, dass wir hier eine reduzierte Fassung vorliegen ha­ben und es kürzer ist, sind: Zu diesem Zeitpunkt hat es noch keine Kommission gegeben, die musste erst gebildet werden. Im heimischen Bereich hat es noch keine Bundesregie­rung gegeben, die musste erst noch gebildet werden. Das heißt, wir hatten die Über­gangsbundesregierung, und Frau Bundeskanzlerin Bierlein hat dann eine Fristerstre­ckung gemacht.

Das ist aber nicht das Programm des Ministeriums, das ist das Vorhaben der Kom­mission und das ist das Vorhaben der jeweiligen Ratspräsidentschaft; allein die Über­schriften der kroatischen Ratspräsidentschaft: die Bewältigung der demografischen He­rausforderungen – hallo, wie kann man das in einer Pandemiezeit machen? –, die Förde­rung der Geschlechtergleichstellung und die Stärkung der Frauen, die Stärkung des Wohlbefindens von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern am Arbeitsplatz und die Ent­wicklung von Fähigkeiten für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation. Das haben die Kroa­ten vorgehabt. Ich nehme an, vieles davon werden die Deutschen übernehmen und wei­terführen. Wie ich von Kollegen Buchmann weiß, werden wir in Kürze im EU-Ausschuss den deutschen Botschafter empfangen, und dann können wir ganz intensiv über die Vor­haben der Deutschen während ihrer Präsidentschaft sprechen.

Ich möchte hier nur auf drei Verordnungen eingehen: erstens: HTA, also Health Tech­nology Assessment. Das erspart vieles. Das ist eine Bewertung von Gesundheitstechno­logie, Vermeidung von Doppelarbeit, und – für jene, die die Subsidiarität als heilig emp­finden – die ökonomische Frage, der Einsatz dieser Technologie bleibt national.

Zweitens: die Koordinierung der sozialen Sicherheit. Da gibt es die Modalitäten der Durchführung und den Teil des Mobilitätspaktes. Da kommen Arbeitslosenversicherung, anwendbares Recht und die Familienleistungen hinein. Wir hören – und das steht in diesem Bericht, liebe Frau Steiner –, dass der Trilog eine vorläufige Einigung gebracht hat.

Jetzt kommen wir zu jener, die dem Bundesrat so ans Herz gewachsen ist: die Be­schränkung und Untersagung von gentechnisch veränderten Lebens- und Futtermitteln. Dazu haben wir als Bundesrat einen Einspruch erhoben, also Gelb gezeigt, weil wir da Folgendes feststellen: eine Scheinsubsidiarität – die Kommission sagt, wenn sie das zulässt, dann hat sie schon alle Risken abgecheckt; und die Scheinsubsidiarität sagt, jeder Mitgliedstaat kann das selbst beurteilen, aber das geht nicht mehr, weil die Kom­mission ja schon behauptet, dass alles bereits berücksichtigt ist. Das heißt, im Mit­gliedsland kann da gar keine Rechtfertigung mehr erfolgen.

Wir haben Einspruch erhoben, aber die Mehrheit der Mitgliedstaaten auch – richtig, Karl Bader, du schaust mich so intensiv an, ja –, und seither - - (Bundesrat Bader: ... mehr Selbstbewusstsein!) – Na ja, ich habe mir gedacht, ich sage etwas Falsches, wenn mich der mächtige Fraktionsvorsitzende so ansieht. Ich habe genug Selbstbewusstsein, ich halte das schon aus.

Was wichtig ist, liebe Frau Kollegin Steiner, und was da sehr wohl drinnen steht, ist, dass die europäische Säule der sozialen Gerechtigkeit Stück für Stück gefüllt wird; das eine ist die Frage der gerechten Mindestlöhne, das andere ist die Strategie zur Gleichstellung der Geschlechter und zur gleichen Entlohnung.

Wovon wir heute auch schon gehört haben, denn Herr Anschober ist ja auch Verbrau­cher- und Verbraucherinnenschutzminister, ist die Strategie Vom Hof auf den Tisch.

Heute, liebe Frau Steiner, heute – wenn Sie in die Post schauen, sehen Sie das – ist der neue Vorschlag für den Europäischen Sozialfonds Plus, ESF+, übermittelt worden. Heu­te – das betrifft auch den Verbraucherschutzminister – ist der neue Vorschlag betreffend Einlagensicherheit in Europa übermittelt worden. Es sind noch andere Sachen übermit­telt worden, aber das, was noch in den Bereich des Verbraucherschutzministers gehört, ist: die Richtlinie zur Verbandsklage zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher und Verbraucherinnen; auch das haben wir.

Nebenbei: Eine Richtlinie, mit der wir uns auch befasst haben, ist die Richtlinie über das Klonen von Rindern, Schafen, Ziegen, Schweinen für landwirtschaftliche Zwecke und für die Reproduktion. Dem hat der EU-Ausschuss des Bundesrates ebenfalls klipp und klar eine Absage erteilt. Und die Blue-Card-Richtlinie ist auch heute eingetroffen. Das heißt, jetzt kommen die Befüllungen.

Die Pandemie tritt langsam, Schritt für Schritt, nach einer erfolgreichen Bekämpfung in den Hintergrund. Ich nehme an, die Europäische Kommission, aber auch der Rat und das Europäische Parlament werden Lehren daraus ziehen, wie man mit einer solch pan­demischen Krise in Zukunft gemeinschaftlich und nicht solistisch besser fährt. Da werden in nächster Zeit einige Vorschläge auf den Tisch kommen, die uns unser Minister für Gesundheit und Soziales dann sicher auch präsentieren wird. Diesen Bericht kann man jetzt einmal zur Kenntnis nehmen als ein Papier, das in einer schwierigen Zeit entstan­den ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.38

Präsident Robert Seeber: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Rudolf An­schober. Ich erteile ihm dieses.