12.29

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir behandeln sehr unterschiedliche Punkte zusammen­ge­fasst im Rahmen einer Debatte. Ich kann es in einigen Teilen ein bisschen kürzer machen, weil einige Inhalte bereits erklärt worden sind. Kurz zum AWG: Die Fristver­län­gerungen sind angesprochen worden.

Wichtig ist mir, dazuzusagen, dass mit der Ausweitung von Lagerkapazitäten eine Anzeigepflicht verbunden ist – man kann das also nicht einfach so machen, sondern muss es bei der Behörde anzeigen – und an den abfalltechnischen Auflagen nichts geändert wird. Es kommt also zu keiner Lockerung im Umgang mit Abfällen. Ich denke, es ist wichtig, das dazuzusagen.

Diese Ausnahmemöglichkeit, die es seit Frühling gibt, ist in diesem Zeitraum übrigens siebenmal in Anspruch genommen worden, und nun wird sie verlängert. Es geht darum, die Abfallbehandlung aufrechtzuerhalten und das Leben der betroffenen Betriebe zu erleichtern. Das soll sein, zumal keinerlei Schaden entsteht, weder für die Umwelt noch für die Mitarbeiter, und diese Ausnahmemöglichkeit mit April ein Ablaufdatum hat.

Beim Ökostromgesetz und beim Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz geht es ebenso um Frist­verlängerungen, sowohl was die Gewährung von Tarifförderungen als auch Inves­titions­förderungen betrifft. Auch das ist grundvernünftig. Es wäre schließlich nicht besonders sinnig, dass Ökostromanlagen nicht errichtet werden oder die Betreiber um ihre Unter­stützung umfallen, wenn die Inbetriebnahme durch äußere Umstände, für die die Betreiber ja nichts können, verzögert wird.

Ein wichtiger Punkt, der angeschnitten worden ist, ist die Verlängerung der Möglichkeit, eine Förderung für Fotovoltaikanlagen zu beantragen und gereiht zu werden, in das Jahr 2021 hinein. Auch das ist sehr erfreulich für den Ökostromausbau und natürlich auch für das Vertrauen in die Rahmenbedingungen. So soll es auch sein. Es gibt übrigens in einer Übergangsphase, bis das neue EAG in Kraft treten wird, umfangreiche Mittel für die Förderung von Ökostromanlagen. Es wird also keinen Stillstand geben, ganz im Gegenteil. Ich habe auch viele Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern der Branche geführt, und für sie ist wichtig, dass sie wissen, dass es diese Mittel gibt und sie auch mit Sicherheit und in einem hinreichenden Ausmaß zur Verfügung stehen. Das wird der Fall sein.

Beim ElWOG handelt es sich tatsächlich um eine größere Novelle. Es gibt eine Reihe von neuen Akzenten, die die Versorgungssicherheit stärken. Die Versorgungssicherheit ist zweifelsfrei eine entscheidende Bedingung für jedwede Energieversorgung: Es ist ja nicht so lustig, wenn der Strom immer wieder einmal ausfällt oder gerade kein Kraftwerk zur Verfügung steht, wenn es eng wird. Das ist bei der Stromversorgung besonders brisant, weil es dabei in jedem Moment, in jeder Sekunde – mit einer engen Toleranz – ein Gleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch geben muss. Die Balance muss immer stimmen. Was beim Strom noch dazukommt, ist, dass die Speicherbarkeit elek­trischer Energie ziemlich begrenzt ist. Darum sind letztlich auch ein sehr, sehr hoher Planungsaufwand und ein regulatorischer Aufwand erforderlich, damit das funktioniert. Planerisch geht es bei den Änderungen im ElWOG darum, in einer Vorschau stets genügend Kraftwerkskapazitäten und Kraftwerksreserven zur Verfügung zu haben und den rechtlichen Rahmen dafür zu verändern beziehungsweise zu verbessern.

Die Herausforderungen bei genau dieser Aufgabe steigen, nicht zuletzt deswegen, weil die Nutzung erneuerbarer Energieträger massiv ausgebaut wird, aber erneuerbare Energieträger auch die Eigenschaft haben, dass sie stark fluktuieren. Sie kennen das: Das Winddargebot schwankt sehr stark, auch das Sonnendargebot kann stark schwanken.

Mittlerweile haben wir eine Situation, in der die Menge des aus Sonne, Wind und Wasser erzeugten Ökostroms sogar höher als der Stromverbrauch insgesamt ist. Vielleicht nur zwei Zahlen, um die Dimension zu sehen, die wir mittlerweile in Europa haben – auch wenn noch viel zu tun ist –: Zum Beispiel beim Wind gibt es mittlerweile 192 000 Me­ga­watt, das ist energetisch sozusagen der Gegenwert von 200 Atomkraftwerksblöcken – das ist schon etwas, da hat sich viel getan. Ebenso gibt es in Europa zum Beispiel 150 000 Megawatt aus Fotovoltaik. Um Ihnen einen Vergleich zu geben: Wenn man die Leistung aller Laufkraftwerke in Österreich zusammenzählt, sind es knapp 6 000 Mega­watt. Da ist in den letzten Jahren schon einiges erreicht worden.

Das heißt, es ist eine völlig neue Situation: Es geht nicht mehr nur darum – das regelt jetzt auch das ElWOG –, Reserven zu haben, um vom Kraftwerk mehr Leistung zu bekommen, sondern es geht auch darum, Verbraucher zuschalten zu können, wenn betreffend Ökostrom das Angebot einmal größer als der Verbrauch ist. Diesen Strom, der dann quasi überschüssig ist, könnte man zum Beispiel für Wasserstoffproduk­tions­anlagen verwenden.

Was es übrigens auch braucht, sind sehr gute Prognosemodelle. Damit das möglichst kosteneffizient und zu möglichst geringen Kosten für die KonsumentInnen funktionieren kann, braucht es eine gute Vorhersage, gerade auch was die Erzeugung betrifft, und auch da hat sich sehr viel getan.

Was auch wichtiger werden wird, ist der überregionale Austausch von Strom – jedenfalls auf europäischer Ebene. Dazu braucht es eine sehr weitreichende Kooperation, um bei Schwankungen zwischen großen Erzeugungsgebieten – beispielsweise Wind in Deutsch­land, Sonne im Süden – ausgleichend wirken zu können. Deswegen setzt die EU zum Beispiel auch einen Rahmen, dass bestimmte Kapazitäten im Austausch über Grenzen hinweg immer freigehalten werden müssen. Das wiederum hat direkten Ein­fluss auf die Bereithaltung von Leistungsreserven.

Die Eckpunkte sind – ich versuche, das verständlich rüberzubringen, und nehme einige heraus –: Der Regelzonenführer muss in Hinkunft jährlich eine umfassende System­analyse mit einer Vorschau über zwei Jahre machen, muss sich auf Basis dessen die Reserveleistung reservieren und Verträge dazu abschließen. Es muss transparent ausgeschrieben werden – das ist völlig neu.

Vielleicht kurz zur Erklärung, was Regelzonenführer sind: Das gesamte europäische Netz ist in sogenannte Regelzonen eingeteilt. In Österreich gibt es mittlerweile nur noch eine Regelzone, früher gab es drei. Die Regelzonen haben die Aufgabe, die Frequenz im Netz konstant zu halten, und die Frequenz hängt von der Belastung des Netzes, von der Leistungsbilanz ab. Genau das ist eben der Job der Regelzonenführer, und genau auf diese zielt das ElWOG sehr stark ab. In Österreich ist das übrigens die APG, die Austrian Power Grid.

Neu ist – und das ist wirklich sehr erfreulich –, dass es jetzt die Möglichkeit gibt, zu poolen. Das heißt, kleine Erzeuger können sich zusammenschließen und gemeinsam ein Angebot machen, Netzreserve bereitzustellen. Das ist, finden wir, ganz, ganz wichtig. Es ist auch eine Demokratisierung der Stromversorgung. Wir merken, dass es ganz, ganz viele Kraftwerksbetreiber mit ganz vielen kleinen Kraftwerken gibt, und die können sich jetzt zusammentun und auch am Markt mitspielen – ein totales Novum und ein großer Schritt. Selbstverständlich – weil es da Bedenken gegeben hat – sind alle Fern­wärmebetreiber, alle Kraft-Wärme-Kopplungen wie beispielsweise in Wien, berechtigt, daran teilzunehmen.

Das klingt alles ein bisschen technisch – das ist es auch. Das Ziel ist ja, dass man davon nichts merkt, dass das ganze System gut funktioniert, dass die Stromversorgung stabil ist und dass wir darauf vertrauen können, dass das Licht nicht ausgeht.

Ich möchte noch ein paar Sätze zur Entwicklung des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes sagen, weil es mehrfach angesprochen worden ist: Das EAG ist eines unserer Kern­pro­jekte, das ist ja kein Geheimnis. Es ist wirklich ein großes Paket, es beinhaltet die Novel­lierung mehrerer Gesetze, und ich kann Ihnen versichern, dass es gut werden wird. Es stimmt, dass es sich verzögert hat. Der Plan ist, das wirklich sehr früh im nächsten Jahr in den parlamentarischen Prozess einzubringen. Ich verwehre mich auch ein bisschen gegen die Behauptung, dass man darüber nicht miteinander reden will. Das stimmt definitiv nicht. Es gibt permanent Gespräche mit allen möglichen Stakeholdern. Es gibt Gespräche mit der SPÖ, mit ihren Vertretern im Nationalrat – das wissen Sie –, es gibt Gespräche mit der SPÖ nahestehenden Energieversorgern und so weiter.

Das ist alles nicht ganz trivial, weil die Qualität passen muss – das steht ganz oben. Nebenbei muss auch noch mit der Europäischen Kommission eine Einigung gefunden werden, damit das Ganze selbstverständlich auch EU-rechtskonform ist und man nicht in irgendetwas hineinrennt, was wir nicht wollen.

Damit bin ich am Ende angelangt. Es sind sehr schöne und erfreuliche Verbesserungen, die wir heute beschließen, und auch wir freuen uns auf ein gutes EAG, das wir in Bälde in diesem Raum diskutieren werden. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

12.40

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Peter Raggl. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.