18.02

Bundesrätin Mag. Sandra Gerdenitsch (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuse­herinnen und Zuseher zu Hause! Zunächst einmal: Neben meiner Funktion im Bundesrat übe ich auch jene der Landesfrauengeschäftsführerin der SPÖ Frauen Burgenland aus. Ich darf kurz zur Kritik von Türkis-Grün bezüglich der Frauenbudgets in den rot geführten Ländern Wien und Burgenland Stellung nehmen.

Die grüne Frauensprecherin im Nationalrat, Frau Disoski, kritisiert offenbar aufgrund eines Facebook-Postings ihrer grünen Kollegin im Burgenland Regina Petrik das Frauenbudget im Burgenland und auch in Wien. Ich kann Ihnen sagen, dass die Unter­stützung der Frauenberatungsstellen auch in Coronazeiten gewährleistet ist. Die Frau­en­beratungsstelle Der Lichtblick im Bezirk Neusiedl bekommt 2021 sogar um 6 000 Euro mehr als im Vorjahr, weil sie einen Fokus auf Maßnahmen gegen sexualisierte Gewalt legt. Jede Frauenberatungsstelle wurde zum Schutz der Frauen im Burgenland im April mit einer Coronasonderförderung unterstützt. Wenn es die Situation verlangt, gibt es also auch noch zusätzliches Geld. Auch die Alleinerziehendenförderung wurde erhöht. Das Frauenhaus und das Sozialhaus Burgenland werden ab 1.1.2021 auf Wunsch des Betreibervereins in das Land eingegliedert. Es ist also eine Win-win-Situation für alle Beteiligten. Insgesamt nimmt das Land dafür 540 000 Euro in die Hand.

Das im Facebook-Posting angesprochene Projekt Frauen(ar)mut gibt es nicht mehr, das ist richtig. Es war ein EU-gefördertes Projekt, das ausgelaufen ist, weshalb es auch nicht mehr aufscheint.

Die türkise Kollegin Pfurtscheller schlägt in die gleiche Kerbe. Natürlich kann man auch von der Koalitionskrise im Bund ablenken, indem man fast gleichlautende Presse­sen­dungen hinaushaut.

Einige Worte zum Frauenbudget Wien: 2019 betrug es 8,799 Millionen Euro, 2020 betrug es 9,638 Millionen Euro und 2021 werden es 10,155 Millionen Euro sein. Das Budget im Bund beträgt – zum Vergleich – 14,65 Millionen Euro. Sagen Sie also noch einmal, Wien sei keine Stadt der Frauen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ihr sei ins Stammbuch geschrieben: Man sollte vielleicht einmal besser hinschauen und sich besser informieren – aber der Kollegin Disoski passiert das ja nicht zum ersten Mal.

Nun zum Mutterschutzgesetz und zum Kinderbetreuungsgeldgesetz: Die Kollegin hat es vorhin schon erwähnt – vielen Dank –, sie erkennt auch, dass es da noch Adaptierungs­bedarf gibt.

Frau Ministerin, Sie haben im Nationalrat erwähnt, dass Kinder das Wertvollste sind, das es gibt. Daraus leite ich ab, dass Mütter und ihre ungeborenen Kinder besonders schützenswert sind. Die Novelle betreffend Mutterschutz sieht vor, dass Schwangere, die bei der Arbeit physischen Kontakt mit anderen Personen haben, künftig ab Beginn der 14. Schwangerschaftswoche bei voller Lohnfortzahlung freizustellen sind. Wir haben gehört, für wen das gelten wird. Es muss allerdings auch klar sein, für welche Lehre­rinnen das gelten wird – das muss schnellstens behoben werden. Wir sind dafür, dass das umgesetzt wird, aber es ist leider nur ein halber Schritt in die richtige Richtung. Es gibt Luft nach oben, es sollten nämlich alle schwangeren Frauen berücksichtigt werden (Beifall bei SPÖ und FPÖ), denn – das wissen wir nun – bei fortgeschrittener Schwan­ger­schaft steigt das Risiko für die Frau, bei einer Erkrankung auf die Intensivstation zu müssen.

Ich bin mit einer Hebamme befreundet, da musste man eine Schwangere intubieren und mit dem Hubschrauber ins AKH bringen, weil es echt sehr kritisch war. Es ist nicht sehr schön, wenn man da zuschauen muss, hat sie mir berichtet.

Es muss aber auch für die Handelsangestellten oder für die Frauen in der Industrie möglich sein, präventiv geschützt zu werden.

Heute kam ein Mail vom Dachverband der gehobenen medizinisch-technischen Dienste, dieser begrüßt die Regelung, ortet aber auch eine Ungleichbehandlung, nämlich in Bezug auf freiberuflich tätige schwangere Berufsangehörige. Diese sind ja mitunter denselben Risiken ausgesetzt. MTD Austria macht sich stark dafür, dass man auch da diese Ungleichbehandlung abfedert.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten begrüßen auch, dass die Berechnung des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes auf Basis der Einkünfte von 2019 vorgenommen wird. Lassen Sie mich auch an dieser Stelle kurz erwähnen, so wie ich es im Oktober bereits gemacht habe, dass es da noch einige Baustellen gibt; da gibt es auch Adaptierungsbedarf, Reformbedarf. Die diversen Varianten machen es den Familien nicht einfach, sich ohne Beratung auf eine Variante festzulegen, an der auch beide Elternteile beteiligt sind.

Dass die Berechnung des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes nun eben auf Basis der Einkünfte von 2019 vorgenommen wird, ist richtig und wichtig, denn damit wird auf die Einkommenseinbußen aufgrund der aktuellen Coronakrise reagiert. Die Krise hat die Familien nach wie vor fest im Griff. Wir, die Kinderfreunde Burgenland, haben gerade eine Hilfsaktion für Weihnachten gestartet. Sie können sich nicht vor­stellen, was einem da unterkommt (Bundesministerin Aschbacher: Kann ich schon!), da geht es um Spiele um 20, 30 Euro, die sich die Familien nicht leisten können. – Bitte stellt euch das einmal vor!

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie muss und soll gerade auch jetzt in der Krise thematisiert werden. Da geht es um die Lebensrealitäten von Familien; und es geht natürlich auch darum, dass man aus der Krise gut herauskommt, und darum, Per­spektiven zu schaffen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie weiter voranzu­treiben. Was wir heute sehen, ist eigentlich eine Rolle rückwärts, eine Rolle in die falsche Richtung. Es gibt auf ORF Wien heute einen Bericht, in dem Frauenorganisationen Alarm schlagen. Die Coronakrise wird zu einer sozialen Krise für Frauen, vor allem für die Alleinerziehenden. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Coronakrise zeigt, dass die Ungleichheiten massiv verstärkt werden, und die Coro­na­krise darf nicht zu einer Krise der Frau werden. Wir bewegen uns wirklich mit Riesen­schritten darauf zu beziehungsweise sind wir eh schon da.

Ich darf gleich zum Thema der Vereinbarkeitsmilliarde kommen. Diese soll Infrastruktur schaffen, in Ausbildungen investieren, Jobs schaffen  also eine Win-win-Situation sowohl für Familien als auch für Unternehmen. Die Vereinbarkeitsmilliarde möchte man nicht, das ist insofern bemerkenswert, als diese auf der Grundlage einer Einigung von Sozialpartnern und Industriellenvereinigung zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie basiert. Das muss mir einmal jemand erklären, warum das im Nationalrat abgelehnt wurde. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Frauen leisten noch immer den Großteil der Betreuungsarbeit. Noch einmal: Die Krise ist weiblich, vor allem erwerbstätige Mütter sind von der Coronakrise doppelt betroffen. Durch die Unvereinbarkeit von Beruf und Familie werden diese Frauen auch sukzessive aus dem Arbeitsmarkt gedrängt. Das darf nicht sein, das haut uns um Jahrzehnte zurück. Das werden Sie als Frau auch selbst nicht unterstützen wollen.

Investitionen in Kinderbetreuung und Vereinbarkeit sind Investitionen in die Zukunft. Österreich hat beim Schließen der Gehaltsschere noch viel nachzuholen. Wir erinnern uns daran: Equal-Pay-Day war am 22. Oktober; eigentlich sollte er erst am 31.12. sein, das wäre das erklärte Ziel. Jetzt liegt mit der Vereinbarkeitsmilliarde ein konkreter Vorschlag auf dem Tisch, greifen Sie den doch bitte ernsthaft auf!

Um die Chancengleichheit voranzutreiben braucht es den ehrlichen politischen Willen und natürlich auch die notwendigen finanziellen Mittel. Wir wissen, dass die Familien durch die Coronakrise in prekäre Situationen geraten sind, und zum Thema Unterstützung von Familien in der Coronakrise ist auf Ihrer Homepage zu lesen: „Es ist uns ein Anliegen Familien, die durch die Corona-Krise unverschuldet in finanzielle Schwierigkeiten ge­raten sind, bestmöglich in dieser schweren Zeit zu unterstützen. Daher stellt das Bundes­ministerium für Arbeit, Familie und Jugend 100 Millionen Euro aus dem Familienlasten­ausgleichsfonds für den Corona-Familienhärtefonds zur Verfügung.“

Sie wissen, die Volksanwaltschaft hat etliche Missstände beim Corona-Familienhärte­fonds festgestellt, deshalb fordern wir von Ihnen bitte die schnellstmögliche Umsetzung der Empfehlungen der Volksanwaltschaft ein. Diese Empfehlungen müssen so schnell wie möglich umgesetzt werden, und angesichts der andauernden Krise ist eine grund­sätzliche Reform des Corona-Familienhärtefonds längst überfällig.

Zusammengefasst sei gesagt: Die Politik in der Coronapandemie darf nicht nur eine Krisenbewältigung sein, sondern sie muss auch die Zukunft gestalten und vor allem die Frauen, die ja die Mütter der Familien sind, unterstützen. (Beifall bei der SPÖ.)

Nicht die Konzerne oder die Großspender der ÖVP sind die Stützen dieses Landes, die Familien sind es. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

18.11

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser. – Bitte, Frau Bundesrätin, ich erteile es Ihnen.