13.35

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Als Freund der Steiermark darf ich natürlich ganz herzlich von Wien aus grüßen und alles Gute für die Vorsitzfüh­rung wünschen. Auf ein produktives halbes Jahr, das wir gemeinsam verbringen werden!

Sehr geehrte Frau Ministerin, auch von meiner Seite natürlich herzliche Gratulation! Ich kann Ihnen nicht beschreiben, wie es nachher wird, ich bin kinderlos. Ich bin auch keine Frau, aber als jemand, der sehr lange dafür gekämpft hat, dass Regenbogenfamilien als Familien anerkannt werden, erlaube ich mir sehr gerne, mich zu diesem Thema heute auch zu Wort zu melden.

Vorab möchte ich aber schon auch sagen, dass es mir heute Morgen sehr ähnlich ging wie meiner Kollegin Frau Gruber-Pruner. Als ich die Bilder aus Wien-Simmering von heute Morgen gesehen habe, ist es mir nicht gut gegangen. (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Ich habe ab den frühen Morgenstunden schlecht geschlafen. Ich habe ein Facebook-Posting einer Bekannten gelesen, deren Tochter mit einem der Kinder, die gestern Ös­terreich verlassen mussten, sehr gut befreundet war. Ich weiß natürlich gleichzeitig: Das war ein ausjudizierter Fall. Ich will mich hier überhaupt nicht über den Rechtsstaat erhe­ben. Die Entscheidung basiert auf Gesetzen, die nicht wir beschlossen haben, sondern die einst von SPÖ und ÖVP beschlossen worden sind. Ich weiß allerdings auch, dass es keine Verpflichtung zu einer Abschiebung gibt, und ich wollte hier in dieser Kammer als produktiven Ansatz einbringen: Das Bleiberecht war einmal Länderkompetenz. Es ist durchaus auch die Frage – die ich jetzt einfach ganz offen stelle –, ob es nicht auch sinnvoll ist, dass die Entscheidung dort getroffen wird, wo die Menschen sich gut kennen; die Entscheidung über Menschen, die hier gut integriert sind, Menschen, die hier gebo­ren sind und eigentlich woanders kaum noch Perspektiven haben, zumal wenn sie die­ses Land, in das sie geschickt werden, nicht einmal kennen. – So viel dazu. (Beifall bei den Grünen sowie des Bundesrates Novak.)

Die Agenden Familie und Frauen zusammenzulegen ist, wie wir schon gehört haben, in einigen Ländern durchaus üblich, zum Beispiel in Kärnten. Da ist, würde ich sagen, eher die gemachte Politik entscheidend und nicht, welches Label man wo hinhängt. Ich denke, dass uns in der Familienpolitik sehr, sehr viel gelungen ist, und ich möchte mich auch ausdrücklich dafür bedanken. Wir haben die Mittel im Familienhärtefonds in der Covid-Krise laufend erhöht, und ich glaube nicht, dass das irgendeine Perspektive aus einer Blase oder aus einer privilegierten Ebene wäre, wie das vorgeworfen worden ist. Dieser Familienhärtefonds ist tatsächlich für die Härtefälle gedacht, da haben wir sehr viel ge­holfen, und ich bin ausdrücklich dankbar dafür.

Wir tun viel gegen die Belastungen der Familien. Wir wissen alle, dass diese Covid-Krise Menschen in ungeahnter Weise trifft, vor allem Alleinerziehende, die zu Hause, oft nur in einem Raum, Homeoffice und Kinderbetreuung und Homeschooling vereinbaren müs­sen. Das ist alles andere als lustig, und keiner von uns möchte das tun, es ist nur leider notwendig, weil wir uns in einer Pandemie befinden. Manchmal habe ich wirklich den Eindruck - - Herr Kollege Steiner verdreht schon die Augen. (Bundesrat Steiner: Die Kinderpsychiatrie ist überfüllt!) – Ja, das ist völlig richtig, aber es ist leider so, dass wir Menschen derzeit vor der Coronainfektion schützen müssen, es hilft nichts. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Bundesrat Steiner: Und was machen wir mit den Kindern?)

Tatsache ist auch, dass Frauen da definitiv eine Hauptlast tragen, und dem muss man natürlich auch Rechnung tragen.

Ein wichtiger Punkt, den wir hier auch behandeln können und müssen, ist natürlich die Jugendarbeitslosigkeit. Ich bin sehr froh, dass die Szenarien, die ja noch von den Exper­tinnen und Experten prophezeit worden sind, nicht in dieser Form und dieser Härte schla­gend geworden sind. Wir haben auch viel für die Lehrlinge gemacht, und darauf können wir auch wirklich stolz sein. Wir haben vielen Jugendlichen ganz massiv geholfen, und wir werden nicht lockerlassen. Wir werden weiterhin stark sein müssen und solange die­se Krise anhält diesen Leuten helfen müssen. Wir tun es, und ich bin stolz darauf, dass diese Bundesregierung diese Verantwortung übernimmt.

Kinderarmut ist natürlich gerade jetzt in der Covid-Krise auch eine der ganz großen Herausforderungen. Wir haben jetzt eine neue Studie in Auftrag gegeben. Man glaubt es ja kaum, wir hatten noch immer Daten aus dem Jahr 1964. Es ist umso schöner, dass wir hier nun gemeinsame Anstrengungen unternehmen und die Daten aktualisieren, weil man dann natürlich auch viel besser politisch agieren kann – daher auch von meiner Seite ein herzliches Dankeschön dafür!

Wir werden jetzt sehr bald sehr oft über Konjunkturpakete sprechen. Natürlich ist die Investition in Lehrlinge, in Schülerinnen und Schüler, in Studentinnen und Studenten die nachhaltigste Investition. Ich sage das jetzt ein bisschen ungern, wenn es um Menschen geht, aber das ist schon Humankapital der Zukunft. Das ist eine sehr nachhaltige und sehr sinnvolle Investition.

Ich erlaube mir, mich als Mann auch zur Frauenpolitik zu Wort zu melden, denn Frauen­politik ohne Männer ist sinnlos. Sie muss auch von den Männern mitgetragen werden, und ich halte als Mann auch den Feminismus sehr gerne hoch. Das sage ich ganz be­wusst. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Wir haben auch Dinge gendergerechter gemacht, was auch nicht alle hier im Haus teilen. Ich bin schon stolz darauf, dass wir das Pensionssystem gendergerechter gemacht haben (Bundesrätin Schumann: Geh bitte!), dass wir mit der Ausgleichszulagener­höhung und mit dem FrühstarterInnenbonus hier eindeutig für andere Erwerbsbiografien und besonders für Frauen viel erreicht haben. Darauf bin ich besonders stolz. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP. – Zwischenrufe der Bundesrätinnen Schartel und Schumann.)

Dass wir das Frauenbudget um 43 Prozent erhöht haben – ich habe es jetzt nicht über­prüft, aber ich glaube es –, ist einmalig in der Zweiten Republik, und das hat diese Bun­desregierung gemacht. Vielen Dank, Frau Ministerin! (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Wir haben eine Arbeitsmarktstiftung mit 700 Millionen Euro gegründet – ich meine, das ist nicht nichts –, bei der wir insbesondere einen Schwerpunkt für Frauen in der Arbeits­losigkeit gesetzt haben. Das Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz – ein Thema, das ja immer wieder besonders Frauen betroffen hat – bedeutet auch eine Stärkung der Frau­enrechte, die wir auf jeden Fall unterstützen. Und eine Kleinigkeit wie die Senkung der Umsatzsteuer bei Hygieneartikeln für Frauen ist auch wirklich sehr wichtig. (Bundesrätin Schumann: Aber leider für die Binden nicht!)

Ich glaube, wir sind hier auf einem guten Weg. Wir werden weiter über verschiedene Konzepte von Familienpolitik und Frauenpolitik streiten, und das ist auch gut so. Ich glaube, wir sind aber auf einem guten Weg, und ich wünsche Ihnen für die zusätzlichen Agenden, die Sie jetzt übernommen haben, alles erdenklich Gute. (Beifall bei den Grü­nen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

13.43

Präsident Mag. Christian Buchmann: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Dr. Susanne Raab. – Bitte, Frau Bundesministerin.