20.36

Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesmi­nister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Beginnen wir mit dem Beschluss des Na­tionalrates, mit dem das Depotgesetz geändert werden soll. Inhaltlich geht es um so etwas Unverfängliches wie digitale Sammelurkunden, in denen physische Wertpapiere en bloc verwahrt werden können.

Wie anscheinend heutzutage alles mit Covid begründet wird, wird auch da in den Erläu­terungen schon mit der Behauptung argumentiert, man wolle das Ansteckungsrisiko ver­mindern. Diese Begründung ist gelinde gesagt an den Haaren herbeigezogen.

Unsere Kritik ist dahin gehend, dass eine analoge Mindestinfrastruktur bei Finanzdienst­leistern erhalten bleiben muss. Eine vollständige Digitalisierung liegt weder im Interesse der Konsumenten noch der Sicherheit des Finanzplatzes. Zudem sollen die Finanz­dienstleister selber und nicht die AnlegerInnen die Risken der Digitalisierung tragen. Au­ßerdem muss bei den digitalen Sammelurkunden die Datenschutz-Grundverordnung eingehalten werden. Aus den angeführten Gründen können wir dem Tagesordnungs­punkt 16 nicht unsere Zustimmung erteilen.

Zum Tagesordnungspunkt 17: Mit 31.3. laufen zahlreiche steuerliche Maßnahmen für gesetzliche Fristverlängerungen aus, diese werden nun bis Ende Juni 2021 verlängert. Aus unserer Sicht erscheint diese Befristung als zu kurz. Auch wenn wir uns alle wün­schen würden, dass diese Krise bis zur Jahreshälfte vorbei wäre, entspricht dies an­scheinend dem türkisen Wunschdenken. Dies sollte jedoch keine Grundlage für realpoli­tische Legistik sein.

Mit dem Abänderungsantrag wurden auch wichtige Stundungen im Steuerrecht bis 31.5. verlängert und gleichzeitig auch die Sozialpartnereinigung zur Homeofficeregelung er­gänzt. So gibt es 300 Euro Homeofficepauschale des Arbeitgebers sowie zusätzliche Ermäßigungen für ergonomische Büromöbel. Daher erfolgt zu diesem Tagesordnungs­punkt unsere Zustimmung.

Abschließend noch zum Tagesordnungspunkt 18, zum Bundesgesetz über eine COVID-19-Förderung für betriebliche Testungen: Wie wir nunmehr im Finanzausschuss erfahren haben, bekommen Betriebe für jeden durchgeführten Test 10 Euro. Diese Entschädi­gung für die Betriebe wird über die Wirtschaftskammer abgewickelt. – Ja, es ist wirklich schön, dass die ÖVP dabei nicht auf die Wirtschaftskammer vergessen hat.

Wir sind uns darüber einig, dass Testungen in Betrieben gut sind, und es soll für die Testung auch Entschädigungen geben. Was ist aber ein Betrieb? – Es gibt in unserer Republik mehr als nur Betriebe, die Mitglieder bei der Wirtschaftskammer sind. Diese können Förderungen nicht in Anspruch nehmen. Wie sieht es aber mit den Universitäten, den Fachhochschulen, Theatern und Museen, dem Tourismus, Gastronomie, Hotellerie, den Gemeinden und deren Grundversorgungseinrichtungen aus? Da wurden wieder viele im Stich gelassen. Schaffen wir doch die Grundlage dafür, dass die Selbsttests im Vieraugenprinzip auch da anerkannt werden! Das war ja heute schon einmal länger das Thema, und leider konnte unser Antrag keine Mehrheit finden.

Ich kann euch das Thema jetzt nicht ersparen: Im Finanzausschuss waren wir alle einer Meinung; auch Kollegin Zwazl und Kollege Seeber, die ich persönlich sehr schätze, wa­ren der gleichen Meinung wie wir, wurden aber heute eigentlich von ihren Fraktionsvor­sitzenden desavouiert. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist ein eigenes Sittenbild, bei dem Antrag mit der Begründung, es komme dann eh irgendwann einmal in die Regierung, nicht mit uns mitzugehen. Das ist enttäuschend für den Parlamentarismus hier in diesem Haus, und es war auch für die Österreicherinnen und Österreicher enttäuschend, dass hier nichts einstimmig über die Bühne gehen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben vonseiten der ÖVP immer das Motto gehört: gemeinsam und miteinander. Wenn von uns die Vorschläge kommen, gilt dieses hehre Ziel offenbar nicht. Die Forde­rungen der SPÖ dürfen halt nicht umgesetzt werden, sondern werden dann selbst er­funden und präsentiert. Wenn es wirklich und schnell kommen sollte, können wir auch damit leben. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Schennach: Das ist ja schon öfter vorge­kommen!)

Es ist wieder einmal typisch, dass es verschiedene Abrechnungsmodelle für die Ent­schädigungen für die durchgeführten Tests gibt. Für die betrieblichen Testungen gibt es zum Beispiel eine Entschädigung von 10 Euro, die Apotheker erhalten 29 Euro und die Ärzte zwischen 50 und 60 Euro für die Tests. Natürlich unterstützen wir diese Förderung, da sie im Sinne der gesundheitlichen Sicherheit der Arbeitnehmer, der Unternehmer, aber auch der Kunden in den Betrieben ist.

Herr Bundesminister, eine offene Frage möchte ich schon noch ansprechen: Wir be­schließen hier im Parlament im Zuge der Pandemie Zuschüsse und Ausgaben in Milliar­denhöhe. Es ist höchst an der Zeit, sich raschest darüber Gedanken zu machen, wer diese Krise bezahlen soll. Es gibt wie in jeder Krise Gewinner, und diese sollten auch ihren entsprechenden Anteil abliefern. Es kann nicht sein, dass es sich die Reichen wie­der richten und die Kleinen es dann wieder bezahlen müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister, kommen Sie aus Ihrem Schneckenhaus heraus und gehen Sie die Themen Steuerabgaben von internationalen Konzernen und Millionären endlich an! Es ist höchst an der Zeit!

Als kleiner Denkanstoß dazu: Die reichsten 1 000 Menschen weltweit haben ihre wirt­schaftlichen Verluste aus der Pandemie innerhalb von neun Monaten ausgeglichen. Die 100 reichsten Männer – in diesem Fall brauche ich nicht zu gendern, denn es gibt dabei keine einzige Frau – haben seit Feber 2019 ihr schon bestehendes Vermögen um 0,5 Billiarden US-Dollar vermehren können.

Wie gesagt, es ist höchst an der Zeit, neue Umverteilungsmaßnahmen zu setzen. Herr Bundesminister, Sie sind in der Verantwortung, Sie sind am Zug. Wir sind schon sehr gespannt auf Ihre innovativen Vorschläge. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

20.43

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: In der Zwischenzeit ist das Stenographische Protokoll mit dem zweiten beanstandeten Redebeitrag von Kollegen Sebastian Kolland eingetroffen. Ich habe mir die beiden beanstandeten Stellen des Protokolls genau ange­sehen und bin zu dem Schluss gekommen, dass es sich in beiden Fällen um sehr all­gemeine, wenn auch subjektive Äußerungen handelt, die aber keines Ordnungsrufes bedürfen.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Elisabeth Mattersberger. – Bitte, Frau Bundesrätin.