11.47

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Hübner hat mich zu dieser spontanen Wortmeldung veranlasst, weil Sie in Ihrer Rede bewiesen haben, dass Sie einfach nichts verstanden haben, aber wirklich nichts! (Beifall bei SPÖ und Grünen, bei BundesrätInnen der ÖVP sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

30 Frauenmorde in Österreich allein in diesem Jahr müssten auch bei Ihnen die Alarm­glocken läuten lassen (Zwischenruf des Bundesrates Bernard), und gerade wenn man sich auch die Hintergründe dieser Taten ansieht, erkennt man, dass alle ein gleiches Bild zeichnen: Die Ursache sind patriarchale Strukturen. Diese Frauen wurden ermordet, weil sie Frauen sind, weil sie als Eigentum ihrer Männer, Lebensgefährten, was auch immer, erachtet, angesehen wurden. Das war der Grund, dass diese Frauen ihr Leben verloren haben. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Ja, aber man kann nicht einfach sagen: Männer sind schlecht!)

Die gefährlichste Zeit für Frauen ist die Zeit der Trennungsphase, wenn sie sich aus einer – sagen wir einmal – toxischen Beziehung, wie das so oft genannt wird, lösen wollen. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Man kann nicht pauschal sagen: Männer sind schlecht!) Das ist die gefährlichste Zeit, und da müssen alle Maßnahmen gesetzt wer­den, damit solche Gewalthandlungen nicht passieren. (Beifall bei SPÖ und Grünen, bei BundesrätInnen der ÖVP sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Diese Morde sind nur die Spitze des Eisberges. Wenn wir uns die vielen Statistiken, auch der Gewaltschutzzentren, ansehen – schauen Sie sich die alljährliche Berichts­legung der Gewaltschutzzentren in den Bundesländern an, das ist wirklich eine lesens­werte Lektüre! –, dann erkennen wir, dass sich ein ganz klares Bild abzeichnet: dass es viele, viele Gewalthandlungen gibt und dass diese Morde, wie gesagt, die Spitze des Eisberges sind, aber dass alle eine Vorgeschichte haben. (Zwischenruf des Bundesrates Hübner.) Die meisten haben eine Vorgeschichte, und, wie gesagt, es steht dahinter ein patriarchalisches Familienbild, ein patriarchalisches Gesellschaftsbild.

Da kann man nur mit Prävention wirken, und deshalb braucht es da auch mehr Mittel. Man muss bei den Gewaltbeziehungen genauer hinschauen, die Zivilcourage stärken, und man muss die Betroffenen stärken, sich auch Hilfe zu holen. Man muss die Frauen stärken und ermutigen, sich zu wehren, aber auch die Männer brauchen entsprechende Hilfe, wenn sie in schwierigen, belastenden Lebenssituationen sind, und auch die Män­ner müssen ermutigt werden, sich helfen zu lassen.

Deshalb muss auch die Männerberatung dringend gestärkt werden, nicht nur im Akutfall, sondern auch im Präventivfall, damit Männer in schwierigen Lebenssituationen sich auch trauen, sich an Anlaufstellen zu wenden. Wir haben sehr gute Einrichtungen in Öster­reich, die aber allesamt über Geldmangel klagen, weil sie dem großen Bedarf einfach nicht nachkommen können. (Bundesrat Hübner: Wer in Österreich klagt nicht über Geldmangel?) Männern dabei zu helfen, das patriarchale Gesellschaftsbild zu verlassen und sich einer kooperativen Konfliktlösung anzunähern, das sind Maßnahmen, die von der Politik unterstützt werden müssen, und dafür braucht es, wie gesagt, Geld.

Im Akutfall müssen die Opfer entsprechend unterstützt werden, man kann sie nicht allein lassen. Annäherungs- und Betretungsverbote sind dafür wichtige Instrumente. Sie wur­den von sozialdemokratischen Ministerinnen eingeführt und sind ganz, ganz wichtig, es braucht aber natürlich auch entsprechende Begleitmaßnahmen. Wird ein Betretungs- oder Annäherungsverbot ausgesprochen, so muss natürlich auch dessen Einhaltung kontrolliert werden, das Opfer muss entsprechend geschützt werden und natürlich muss darauf geachtet werden, dass der mutmaßliche Täter die entsprechenden Trainings wahrnimmt. Es braucht außerdem Folgeberatungen. Man kann Menschen in einer solch schwierigen Lebenssituation nicht allein lassen.

Dass Sie hier pauschal alles infrage stellen, was bisher eigentlich schon Common Sense war, das wirft, das katapultiert uns zurück. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Man darf aber auch nicht pauschal alle Männer verurteilen!) Das ist, würde ich sagen, ein zivilisato­rischer Rückschritt, gegen den man sich zur Wehr setzen muss. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen von ÖVP und Grünen. – Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.) Das hat mich dazu veranlasst, herauszukommen und das Wort zu ergreifen.

Es sind einige weitere Schritte gesetzt worden, die zu begrüßen sind. Das zeigt, dass es ein laufender Prozess der Weiterentwicklung ist und dass man niemals stehen bleibt. Wir in Österreich haben das traurige Alleinstellungsmerkmal – im europäischen Ver­gleich, ja sogar im weltweiten Vergleich –, dass wir mehr Frauenmorde als Morde an Männern zu beklagen haben. Jeder Mord ist dramatisch, aber bei diesem Alleinstel­lungs­merkmal Österreichs gilt es genauestens hinzuschauen.

Ja, es werden bereits Maßnahmen gesetzt. Bei genauerem Hinsehen merkt man aber, dass das vor allem in den Ländern durch die jeweils politisch Verantwortlichen passiert. In der Steiermark haben wir für Gewaltopfer beispielsweise einen Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe, auch auf Unterbringung in einem Frauenhaus. Diesbezüglich müssen die entsprechenden Kapazitäten österreichweit ausgeweitet werden. In einigen Bundes­ländern gibt es da immer noch große Probleme. Wien schreitet da positiv voran und weitet das Platzangebot in Frauenhäusern stetig bedarfsgerecht aus. Das ist ganz, ganz wichtig.

In der Steiermark haben wir – auch das ist, denke ich, für alle Bundesländer nachah­menswert – regionale Notwohnungen eingerichtet, weil es eben nicht sein kann, dass Frauen und Kinder, die von Gewalt betroffen sind, ihr gewohntes Umfeld verlassen müssen. Die Kinder müssten sonst eventuell aus der Schule genommen werden und würden ihren gesamten Freundeskreis verlieren. Die Familie würde noch weiter stigma­tisiert. Daher sind wir in der Steiermark dazu übergegangen, in den Bezirken und in den Regionen Notwohnungen einzurichten, von denen immer welche frei sein sollten. Dabei wird auch mit Genossenschaften zusammengearbeitet, damit im Bedarfsfall rasch und unbürokratisch eine Unterkunftsmöglichkeit zur Verfügung gestellt werden kann.

Ich würde Sie bitten, auch in Ihren Bundesländern darauf zu schauen, dass das realisiert wird. Ich glaube oder ich hoffe ja doch – Sie tragen ja heute auch den entsprechenden Sticker, und das verbindet uns ja alle –, dass wir alle gegen Gewalt auftreten. Als Bun­desrat sollten wir ein geschlossenes Zeichen nach außen, in Richtung der Bevölkerung setzen. (Bundesrat Spanring: Ich bin froh, dass die moralische Überlegenheit der SPÖ uns sagt, was wir machen müssen!) Und das sollten wir nicht nur mit dieser Plakette tun, sondern mit unseren Redebeiträgen und vor allem mit unseren Handlungen. – In diesem Sinne: Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ, bei BundesrätInnen von ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

11.54

Vizepräsident Günther Novak: Abschließend zu Wort gemeldet hat sich Herr Bun­desminister Mag. Gernot Blümel. – Bitte, Herr Finanzminister.