19.12

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Liebe Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Der ÖBB-Rahmenplan, der bereits von Norbert Hofer vorbereitet wurde, ist sicherlich ein guter Plan, und Sie, Frau Minister, konnten auf ein solides Fundament aufbauen. Der ÖBB-Rahmenplan, Frau Minister – und in diesem Bereich gehen unsere Vorstellungen kilometerweit auseinander – deckt aber nur einen Teilbereich der benötigten Verkehrsinfrastruktur ab.

Frau Minister, Sie geben in den nächsten sechs Jahren für einen Teil der Bevölkerung im Bereich von Ballungszentren und entlang von Hauptstrecken 18,2 Milliarden Euro aus, und Sie wollen eine Ermächtigung zum Eingehen von Vorbelastungen für Verträge mit der ÖBB-Infrastruktur in der Höhe von 46,58 Milliarden Euro. Frau Minister, ich möchte Sie nur darauf hinweisen, dass das nicht Ihr Geld ist, sondern das ist das Steuergeld aller Österreicher! (Bundesrat Schreuder: Das weiß sie!) Wir fordern Sie daher auf, Ihre Verkehrspolitik zu ändern. Sie blenden ja in Ihrer Politik einen ganz, ganz großen Teil der Bevölkerung aus: Sie blenden den ländlichen Raum aus, in dem allerdings die Hälfte aller Österreicher zu Hause ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Anstatt die Bevölkerung des ländlichen Raums zu bestrafen, Frau Minister, wäre es vernünftig, zum Beispiel zu prüfen, wie viele von den in Niederösterreich von der ÖVP mutwillig geschlossenen 26 von 28 Nebenbahnen reaktiviert werden könnten, bevor alle Trassenbänder verkauft sind.

Als Praxisbeispiel, Frau Minister, um Ihnen zu zeigen, dass Sie als Verkehrsministerin nicht geeignet sind – schön ausgedrückt wegen der Weihnachtssitzung –, Folgendes: Ein Gemeindebürger aus Poysdorf in meinem Heimatbezirk Mistelbach (Heiterkeit bei der ÖVP) fährt zu seinem Arbeitsplatz in der Wiener Gebietskrankenkasse – jetzt die Österreichische Gesundheitskasse – am Wienerberg. Wenn er die öffentlichen Ver­kehrsmittel benutzt, sind es 2:15 Stunden in eine Richtung, sprich insgesamt ein Zeit­aufwand von 4:30 Stunden täglich; mit dem Auto fährt er gesamt 2 Stunden. Großartiger­weise belohnen Sie ihn mit einem Klimabonus von 200 Euro.

Natürlich kann er sich auch ein Klimaticket kaufen, aber dadurch kommt er auch nicht schneller hin und zurück. Natürlich, Frau Minister, belohnen Sie ihn mit dem auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschobenen zweigleisigen Ausbau der Laaer Ostbahn. Natür­lich, Frau Minister, belohnen Sie ihn – es versteht sich von selbst, wegen der Lenkungs­maßnahmen, wie es ein Experte Ihres Hauses in einer der letzten Ausschusssitzungen mitteilte – mit der Erhöhung der motorbezogenen Versicherungssteuer, mit der Erhö­hung der Mineralölsteuer, mit der Erhöhung der NoVA und, und, und.

Das aber, Frau Minister, ist noch nicht genug: Als sogenanntes Weihnachtsgeschenk – aber nicht nur für den einen Poysdorfer, Frau Minister, ich weiß, Sie sind ja nicht so geizig – beschenken Sie die ganze Ostregion mit der Nichtdurchführung wichtiger Straßenbauprojekte. Frau Minister, wie fühlen Sie sich dabei, wenn Sie Ihrem Hass gegen alle Autofahrer freien Lauf lassen? Frau Minister, Sie vernichten Millionen an Steuergeldern, die bis jetzt in die Planungen dieser Projekte geflossen sind!

Frau Minister, Sie stellen sich im Rahmen einer Pressekonferenz hin und beerdigen die S 8, die Marchfeld-Schnellstraße, stoppen die Klagenfurter Schnellstraße und die B 317. Sie streichen die S 34 im Traisental zusammen und beerdigen den Lückenschluss der S 1 mit dem Lobautunnel. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Minister, noch etwas: Wir sind vollkommen davon überzeugt, dass Sie mit diesen Maßnahmen, mit der Streichung dieser Verkehrsprojekte absolut entgegen der Rechts­ordnung handeln. Ich möchte in Erinnerung rufen, dass es zwei Nationalratsbeschlüsse gibt, die Sie mit Füßen treten – einen vom 28.2.2002 und einen vom 6.7.2011 –, mit denen diese Projekte vom Nationalrat klar in Auftrag gegeben wurden.

Ich möchte Ihnen noch etwas sagen: Sie handeln auch der Rechtsprechung des Ver­waltungsgerichtshofs zuwider, denn der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 10.10.1990 klargestellt, dass es der Verwaltung untersagt ist, nach Belieben Projekte, die im Parlament beschlossen wurden, zu stoppen. Ich bin aber gespannt, wie sich die ÖVP-Bundesräte heute in Bezug auf unseren Antrag in diesem Zusammenhang verhalten.

Mit dem rund 19 Kilometer langen gegenständlichen Abschnitt wird eines der wichtigsten Straßenbauprojekte in Wien und Niederösterreich, nämlich der Straßenring, Regio­nenring, um Wien geschlossen und eine Verknüpfung mit der geplanten Stadtstraße in Richtung A 23 Südosttangente Wien und der geplanten S 8 Marchfeld-Schnellstraße ermöglicht. Die Trasse der S 1, Schwechat bis Süßenbrunn, beginnt an der A 4 Ost-Autobahn beim Knoten Schwechat und führt künftig als Tunnel unter der Donau, der Neuen Donau und dem Nationalpark Donau-Auen in Richtung Norden, wo sie im Knoten Süßenbrunn an das bestehende Straßennetz anbindet.

Durch den Lückenschluss der S 1 werden die Ortskerne von Essling, Aspern, Groß-Enzersdorf und Raasdorf entlastet und damit die Verkehrssicherheit erhöht. Weniger Verkehr bedeutet auch weniger Lärm- und Luftschadstoffemissionen in der Region. Das Projekt sollte in zwei Etappen realisiert werden. Mit dem Bau des rund 10 Kilometer langen Abschnitts von Groß-Enzersdorf bis zum Knoten Süßenbrunn sollte 2022 begon­nen werden. Im Anschluss daran ist die Errichtung des rund 9 Kilometer langen Ab­schnitts von Schwechat bis Groß-Enzersdorf mit dem Tunnel Donau-Lobau geplant.

Dieses Projekt wurde mit dem Beschluss des Nationalrates – ich will es noch einmal sagen – vom 28.2.2002 in das Bundesstraßengesetz 1971 aufgenommen. Mit dem Beschluss vom 6.7.2011 wurde die Beschreibung den aktuellen Gegebenheiten angepasst. Am 1.12. verkündeten Sie, Frau Minister, das aus Ihrer Sicht endgültige Aus der Fertigstellung der S 1 Wiener Außenring-Schnellstraße. Jahrzehntelange Vorarbeit und an die 150 Millionen Euro wurden in einer kurzen Pressekonferenz Ihrerseits in den Sand gesetzt. Gestoppt wurde nicht nur der Lobautunnel, sondern auch die Schnell­straße von Raasdorf nach Süßenbrunn. Einzig die Stadtstraße und Spange Aspern, die auf den Raasdorfer Feldern praktisch im Nichts endet, dürfte errichtet werden. Das ist alles nur mehr eine einzige Pflanzerei. (Beifall bei der FPÖ.)

Aufgrund dessen stellen wir folgenden Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umsetzung der S 1 Wiener Außenring Schnellstraße – ,Lobau-Tunnel‘“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie werden aufgefordert, die ‚S 1 Wiener Außenring Schnellstraße‘ wieder in das ASFINAG-Bauprogramm aufzunehmen, und dafür Sorge zu tragen, dass es zu keinen weiteren – von der Bundesregierung verur­sachten – Bauverzögerungen bei der ‚S 1 Wiener Außenring Schnellstraße‘ kommt.“

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(Beifall bei der FPÖ.)

19.21

Präsident Dr. Peter Raggl: Ich begrüße die bereits mehrfach angesprochene Bundes­ministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, Frau Ministerin Leonore Gewessler, bei uns im Bundesrat. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Der von den Bundesräten Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Ent­schließungsantrag betreffend „Umsetzung der S 1 Wiener Außenring Schnellstraße – ,Lobau-Tunnel‘“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Eduard Köck. Ich erteile ihm dieses.